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Welche Merkmale hat Mariendistel? | Die Körbe sind 4 bis 5 cm lang, sind eiförmig und stehen einzeln[2] auf langen, aufrechten, manchmal mit wenigen kleinen Hochblättern besetzten Stielen.[1] Die Hüllblätter besitzen ein 8 bis 15 mm langes und 6 bis 10 mm breites,[1] dornig gezähntes Anhängsel, das in einen 2 bis 5[1] Zentimeter langen, kräftigen, zurückgebogenen, rinnigen[1] Dorn ausläuft.[2] Sie sind kahl.[3] Die purpurfarbene Krone ist tief fünfspaltig.[2]
Die 6 bis 8 × 2,5 bis 4 mm großen Achänen sind glänzend schwarz mit grauen Flecken. Sie wiegen im Durchschnitt 32,4 mg.[4] Der weiße Pappus ist 15 bis 20 Millimeter lang.[3][1]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34.[1] |
Wie wird Mariendistel taxonomisch eingeordnet? | Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Carduus marianus durch Carl von Linné in Species Plantarum, Tomus II, S. 823. Die Neukombination zu Silybum marianum (L.) Gaertn. wurde 1791 durch Joseph Gärtner in De fructibus et seminibus plantarum, Band 2, S. 378 veröffentlicht. Weitere Synonyme für Silybum marianum (L.) Gaertn. sind: Silybum pygmaeum Cass., Mariana lactea Hill.[7] |
Wie wird Mariendistel verwendet? | Anbau und Ernte
Für den medizinischen Gebrauch wird die Mariendistel auf Feldern in Österreich (Waldviertel), Ungarn, Deutschland (Westerwald), Argentinien, Venezuela und China angebaut. Die Früchte werden im Monat August reif und anschließend geschwadet (= geschnitten und abgelegt) und nach einigen Tagen mit herkömmlichen Mähdreschern geerntet. In einigen Ländern ist auch der Direktdrusch verbreitet. Nach der Ernte erfolgt die Reinigung der Früchte.
Die Stängel werden im Kaukasus gegessen.[8] |
Wo wird Mariendistel angewendet? | Mariendistel wurde seit der Antike als Heilmittel eingesetzt, zum Beispiel empfahl Pedanios Dioskurides sie gegen Schlangenbisse und Plinius der Ältere zur „Gallenabfuhr“. Seit dem Mittelalter wird die Fechdistel (von althochdeutsch fehdistil zu fēh „ungleich, verschieden“, hier im Sinne von „fleckig“), in älteren Texten auch vechdistel oder vehedistel,[9][10] bzw. Mariendistel (mittelhochdeutsch ab 1500 niederalemannisch auch unser vrouwen distel[11]) bei Leberleiden verordnet.[12] In moderner Zeit gibt es neben den getrockneten Pflanzen auch standardisierte Präparate mit dem Wirkstoffkomplex Silymarin bzw. dessen Hauptwirkstoff[13] Silibinin als „leberschützendes“, entgiftendes Agens.[14][15] Für die USA wurde der Markt für entsprechende Produkte für 2020 auf über 100 Millionen US-Dollar beziffert. Nach Umsatz in spezialisierten Geschäften für Nahrung und Ergänzungsmittel rangierte die Mariendistel unter den zehn beliebtesten Rohdrogen-Pflanzen für Phytopharmaka.[16] Alternativmediziner führen die leberschützende Wirkung auf antientzündliche und antifibrotische Flavonoide zurück; zu den modernen damit behandelten Diagnosen zählt deshalb vor allem die Leberzirrhose.[17] Die Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien sind widersprüchlich, berichtete positive Wirkungen konnten nicht reproduziert werden, dabei scheint die Anwendung zumindest ungefährlich zu sein.[18] Allerdings enthält Silymarin einen starken Hemmstoff des Schilddrüsenhormon-Transporters MCT8.[19] Auch die Daten zu der erhofften krebshemmenden Wirkung sind sehr schwach.[20] Eine gewisse Bedeutung hat die Mariendistel als Gegengift gegen Amatoxinvergiftungen (das Gift der Knollenblätterpilze); Silymarin soll die Aufnahme des Giftstoffs in den Leberzellen kompetitiv hemmen.[21]
Aufgrund ihrer positiven Wirkungen in der Medizin wurde sie 2021 in Österreich zur Arzneipflanze des Jahres gekürt.[22] |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Mariendistel? | Volker Fintelmann, Rudolf Fritz Weiss: Lehrbuch der Phytotherapie. Georg Thieme Verlag, 2006. ISBN 978-3-8304-5345-1. S. 114 ff.
J. Hölzl: Bildung und [14C]-Markierung der Flavonolignane (Silymarin) bei Silybum marianum (Haller). In: Zeitschrift für Naturforschung C. 29, 1974, S. 82–83 (online).
Heinz Schilcher: Leitfaden Phytotherapie. 3. Auflage, Elsevier, 2007. ISBN 978-3-437-55348-6. S. 174 f.
Wolfgang Steglich, Burkhard Fugmann, Susanne Lang-Fugmann: Römpp Lexikon Naturstoffe. Georg Thieme Verlag, 2014. ISBN 978-3-13-179291-4. S. 590.
Cardui mariae fructus. In: Max Wichtl: Herbal Drugs and Phytopharmaceuticals: A Handbook for Practice on a Scientific Basis. CRC Press, 2004. ISBN 978-0-8493-1961-7. S. 107 ff.
Heinrich Marzell: Zur Geschichte der Mariendistel (Silybum Marianum Gärtn.) als Heilmittel. In: Sudhoffs Archiv. Band 32, 1939, S. 94–103.
Weblinks
Commons: Mariendistel (Silybum marianum) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikispecies: Mariendistel – Artenverzeichnis
Silybum marianum (L.) Gaertn. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 17. Juni 2016.
Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
A–Z der Nutzpflanzen bei der Universität Hamburg.
Mariendistel. Kooperation Phytopharmaka (ohne Datum).
Mariendistel als Heilpflanze.
Einzelnachweise |
Wie kann man Mönchspfeffer beschreiben? | Habitus des Mönchspfeffers
Blütenstand
Blätter
Der laubabwerfende Strauch oder Baum kann eine Höhe von über 5 Metern erreichen und hat hellbraune, vierkantige und fein behaarte Zweige.
Die aromatischen, gestielten Blätter stehen kreuzgegenständig und sind handförmig (drei) fünf- bis sieben (neun)zählig gefingert. Der Blattstiel ist bis 7 Zentimeter lang. Die eilanzettlichen bis lanzettlichen und spitzen bis zugespitzten, meistens ganzrandigen, bis zu 11 Zentimeter langen Fingerblättchen sind kurz gestielt und unterseits heller sowie kurz filzig behaart.
Die duftenden Blüten stehen in dichten Scheinquirlen in endständigen, fein behaarten Blütenständen und haben eine violette, blaue, rosa oder weiße Farbe. Die kleinen, kurz gestielten Blüten sind zwittrig mit doppelter Blütenhülle. Der kleine, becherförmige Kelch mit kurzen Zipfeln ist außen fein gräulich behaart. Die außen fein gräulich behaarte Krone ist zweilippig, der mittlere Unterlappen ist vergrößert. Die 4 didynamischen Staubblätter sind vorstehend. Der Fruchtknoten ist oberständig mit langem, schlankem Griffel und zweilappiger Narbe. Es ist ein Diskus vorhanden. Optisch ist der Mönchspfeffer wegen der Blätter dem Hanf und in der Blüte dem Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) ähnlich, weshalb es leicht zu Verwechselungen kommen kann.
Die rundliche, dunkelbraune Frucht ist eine etwa 2–3 mm große, bis viersamige und glatte, harte Steinfrucht mit einem haltbaren hellbräunlichen Kelch. Der becherförmige Kelch bedeckt die Frucht bis etwa zur Hälfte bis zwei Drittel.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.[2]
Blütezeit ist Juli bis August.
Die Treibzeit ist je nach Ortsbedingungen unterschiedlich, meist von April bis Juni. Die bevorzugten Standorte sind feuchte Plätze und Flussufer. |
Wo wächst Mönchspfeffer? | Der ursprüngliche Verbreitungsraum des Mönchspfeffers erstreckt sich vom Mittelmeerraum über Südwestasien bis zur Krim und bis Pakistan.[3] |
Welche Blüten hat Mönchspfeffer? | Früchte des Mönchspfeffers
Geschichte
Die griechische Göttin Hera war der Legende nach auf Samos unter einem Keuschbaum (Lygos) geboren worden.[4] Einmal im Jahr vereinigte sie sich auf Samos mit ihrem Gatten Zeus unter einem Keuschbaum. Ein Bad im Imbrasos erneuerte danach ihre Jungfräulichkeit. Die Feiern der Tonaia, τωναία, bei denen das Kultbild der Göttin mit Keuschbaumzweigen umwunden wurde, erinnerten an dieses Ereignis. Dieser Baum, früher auch „Athenbaum“[5][6] genannt, stand am Altar in Heraion auf Samos und wurde unter anderem von Pausanias beschrieben.[7] Den Griechen galt Mönchspfeffer damit als Symbol der keuschen Ehe.
Dioscurides beschreibt den auch als „Meerweide“ (lateinisch Salix marina)[8] bezeichneten Keuschbaum als Anaphrodisiakum. |
Wie wird Mönchspfeffer verwendet? | Franz von Sales (1567–1622) erwähnt die Anwendung von Agnus Castus (Mönchspfeffer) in seinem Büchlein Philothea im 13. Kapitel (Ratschläge zur Bewahrung der Keuschheit): |
Wie wird Mönchspfeffer verwendet? | Medizinische Verwendung
Mönchspfeffer ist eine Arzneipflanze, deren Früchte (Agni casti fructus) zur Behandlung des prämenstruellen Syndroms (PMS) eingesetzt werden können. Wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe sind bizyklische Diterpene, Iridoidglykoside, lipophile Flavonoide, Triglyceride, Öl- und Linolsäure sowie ätherische Öle.[10][11]
Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (HMPC) an der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat in seiner Monografie für Mönchspfefferfrüchte die Anwendung in Form von Trockenextrakten (DEV 6-12:1, Auszugsmittel Ethanol 60 %) zur Anwendung bei prämenstruellem Syndrom als medizinisch anerkannt bewertet (well-established use), weitere Extrakte bekamen eine Bewertung als traditionelle Arzneimittel und können zur Behandlung leichter prämenstrueller Beschwerden verwendet werden.[12][13]
Mönchspfeffer fördert die Hormonregulation bei unregelmäßigem Zyklus. Getestet wurde u. a. die Wirkung bei Mastodynie. Hierbei zeigte sich unter Behandlung mit Agnus-Castus-Präparaten eine Besserung der prämenstruellen Mastodynie, die wahrscheinlich dem Ansteigen des Progesteronspiegels geschuldet ist.
Da Mönchspfeffer die Bildung des Gelbkörperhormons fördert, werden die entsprechenden Arzneimittel mit zum Teil belegbaren Erfolgen auch bei Unfruchtbarkeit infolge von Gelbkörperschwäche oder erhöhten Gelbkörperspiegeln angewendet. Eingesetzt wird industriell hergestellter und standardisierter Extrakt, der kontinuierlich während des gesamten Menstruationszyklus eingenommen wird. Als Nebenwirkung kann es zu Juckreiz kommen. Durch die gestagenartige Wirkung verlängert sich häufig die Follikularphase, sodass der Nutzen bei verlängerten Zyklen fraglich ist.
Für eine Anwendung während des Klimakteriums oder bei Kinderwunsch fehlen die klinischen Belege, ebenso bei der seit der Antike bekannten Verwendung zur Reduzierung des Sexualtriebs. Bei Frauen ist eine Senkung der Libido allerdings als eine seltene unerwünschte Wirkung dokumentiert.[14] Die Anwendung von Teeaufgüssen, wie in populären Ratgebern teils propagiert, ist nicht zielführend, da nicht ausreichend Wirkstoffe aus den Früchten gelöst werden.[10][12]
Außerdem wurde eine vertreibende Wirkung (als Repellent) gegen Zecken und andere blutsaugende Arthropoden nachgewiesen.[15] |
Welche Nebenwirkungen hat Mönchspfeffer? | In der Schwangerschaft sollte Mönchspfeffer aufgrund möglicher Komplikationen nicht eingenommen werden.[21][22] Mädchen und stillende Frauen sollten ebenfalls keinen Mönchspfefferextrakt einnehmen. Die anerkannte Anwendung als Prolaktinsenker bei PMS widerspricht der traditionellen Anwendung zur Milchbildung.[14] Frauen mit Krankheiten, deren Verlauf von Geschlechtshormonen beeinflusst werden kann, wie Brustkrebs und Tumoren der Hirnanhangdrüse, dürfen Mönchspfefferextrakt nicht einnehmen. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Mönchspfeffer? | Paul Wagler: Agnos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,1, Stuttgart 1893, Sp. 832–834.
Norbert M. Borengässer: Agnus castus – Ein Kraut für alle Fälle. In: F. S. Chartulae, W. Speyer (Hrsg.): Jahrbuch für Antike und Christentum. Erg.-Band 28. Münster 1998, S. 4–13 (mit Literatur).
Norbert M. Borengässer: Keuschlamm. In: Reallexikon für Antike und Christentum. Band XX, 2004, S. 800–803 (mit Literatur).
Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. Band 3, 2017, S. 250.
Marilena Idžojtić: Dendrology. Academic Press, 2019, ISBN 978-0-444-64175-5, S. 707.
Henri Alain Liogier: Descriptive Flora of Puerto Rico and Adjacent Islands. Band 4. UPR, 1995, ISBN 0-8477-2337-2, S. 387–388.
A. Pulle: Flora of Suriname. Band 4, Teil 2. Bussy, 1938, S. 304–307.
Weblinks
Commons: Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel: Agni casti fructus European Medicines Agency, 7. Mai 2020.
Kooperation Phytopharmaka: Mönchspfeffer.
Kulturhistorisches Porträt der Forschergruppe Klostermedizin.
Mönchspfeffer im Heilpflanzenlexikon, awl.ch, abgerufen am 3. Juni 2018.
Kommission für Phytotherapie (Kommission E) des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes (BGA), heute Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): Monographie Agni casti fructus (Keuschlammfrüchte). Bundesanzeiger 226, 2.12.1992. – www.heilpflanzen-welt.de.
Einzelnachweise |
Welche Geschichte hat Physiotherapie? | Altertum bis zur Neuzeit
Viele Verfahren der Physiotherapie haben ihren Ursprung weit zurückliegend. Archäologische Funde zeigen, dass Thermal- und Mineralquellen bereits in frühgeschichtlicher Zeit genutzt wurden. Verschiedene Formen der Massage und von medizinischen Bädern kannte man bereits vor ca. 4000 Jahren in China.
Aus der Antike sind gezielte gymnastische und diätetische Erziehungsideale überliefert. Die Athleten der antiken Olympischen Spiele hatten speziell ausgebildete Trainer, die über die so genannte „Körperhygiene“ ihrer Schützlinge wachten. Damit taten sie für die Gesundheit und Vitalität der jungen Leute oft mehr als jeder Arzt.
Auch der griechische Arzt Hippokrates vertrat verschiedene medizinische Auffassungen, die sich heutzutage in der Physiotherapie wiederfinden. Er verstand den lebendigen Leib als Organismus, Gesundheit als Gleichgewicht und Krankheit als gestörten physischen und psychischen Gesamtzustand. Seine Überzeugung war, dass die Natur eine Heilkraft besitzt. Hippokrates und sein späteres römisches Pendant Galen hoben die gesundheitliche Wirkung aller „Leibesübungen“ hervor.
Das uralte Yoga lässt sich ebenfalls hier einstufen, mit seinen präzisen Asanas wie als passive Massage. In China findet sich das Qigong als Übungsmethode zur Selbstregulation und die Tuina-Anmo Therapie als manuelle Behandlungsmethode.
Schon früh nutzte man die positiven Beobachtungen zur Gesundheitsberatung der Bevölkerung. Man empfahl regelmäßige Bewegung in Form von Spaziergängen, Schwimmen, Laufen, Reiten, Spielen und Tanzen. Auch die erholsame und heilende Wirkung von Massagen und Heilbädern ist seit der Antike bekannt. Die Diätetik bezog sich nicht nur auf eine gesunde Ernährung. Ebenso wurde auf ein ausgewogenes Verhältnis von Wachen und Schlafen geachtet.
Bis ins hohe Mittelalter hinein änderte sich daran wenig, die „Rezepte“ blieben die gleichen. Eher war es so, dass durch den kirchlichen Einfluss das Wissen über den Körper in Vergessenheit geriet; u. a. hätten gottesfürchtige Geschöpfe das Leben und Leiden als schicksalhaft zu betrachten.[5] Dies änderte sich erst mit der Renaissance, in der die antiken Ideale wiederentdeckt wurden. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Physiotherapie? | Tierphysiotherapie
Neues Denkmodell in der Physiotherapie
Physiotherapeut
Naturheilkunde
Weitere Methoden
Osteopathie
Sensomotorische Aktivierung (z. B. Eutonie, Feldenkrais-Methode, Semota, Kinästhesie, Kognitives Training nach Perfetti)
Literatur
Wolfgang Heipertz: Geschichte der Krankengymnastik. In: August Rütt (Hrsg.): Geschichte der Orthopädie im deutschen Sprachraum. Enke, Stuttgart 1993, ISBN 3-432-25261-7, S. 87–97.
Malte Bühring: Physiotherapie, Physikalische Therapie. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1159–1161.
Weblinks
Commons: Physiotherapie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Physiotherapie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Berufsbild Physiotherapeut/in Arbeitsagentur
Einzelnachweise |
Welche Geschichte hat Naturheilkunde? | Im hippokratischen Verständnis, welches in Antike und Mittelalter die Basis der akademischen Medizin war (vgl. Humoralpathologie), wurde die Natur als Lebenskraft und als Heilkraft aufgefasst. Die Genesung des Patienten wurde durch die Natur bewirkt, der Arzt war lediglich Behandler: Medicus curat, natura sanat.
Eine erste (alternativmedizinisch-)naturheilkundliche Bewegung in Schlesien löste der schlesische Predigermönch und Dichterarzt[5] Nicholaus Polonus (genannt auch Niklas von Mumpelier),[6][7] aus dem Dominikanerkloster Krakau, um 1275 aus, dessen therapeutisches Konzept[8] antigalenische und antischolastische Inhalte aufwies.[9]
Der Begriff Naturheilkunde wurde erstmals 1839 von Johann Baptist Gross in der 3. Auflage seines Werkes Das kalte Wasser als vorzügliches Beförderungsmittel der Gesundheit und ausgezeichnetes Heilmittel in Krankheiten verwendet: |
Wo gibt es Naturheilkunde? | Grundsätzlich ist zwischen der ärztlichen Anwendung, Behandlungen nach dem Heilpraktikergesetz und der Selbstbehandlung zu unterscheiden. Vor allem in der niedergelassenen Ärzteschaft und in der Rehabilitationsmedizin sind naturheilkundliche Verfahren durchaus verbreitet. In Deutschland sind rund 14.000 Ärzte in ärztlichen Fachgesellschaften für Naturheilverfahren organisiert. Zum Vergleich sind es 28.000 bei der Akupunktur, 8.000 in der Manuelle Medizin, 6.000 in der Homöopathie und mehr als 5.000 in sonstigen Verfahren der komplementären Medizin.
In Deutschland gibt es nach der abgeschlossenen Facharztausbildung die Möglichkeit die durch die Ärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren zu erlangen. Zum Erwerb der Zusatzbezeichnung sind vier Kurse mit zusammen 160 Unterrichtseinheiten sowie eine 12-wöchige Praxis-Hospitation bei einem weiterbildungsermächtigten Arzt erforderlich. Die Praxis-Hospitation ist durch die 80 Stunden Fallseminare einschließlich Supervision ersetzbar.
Die Weiterbildung beinhaltet den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in |
Wie kann Naturheilkunde eingesetzt werden? | Hydrotherapie und Balneotherapie – Wasseranwendungen (Wärme- und Kältetherapie, „Wasserkuren“)
Bewegungstherapie[28]
Ernährungstherapie – Unterstützung der Behandlungen durch eine gesunde Kost und eine dem Krankheitsbild angepasste Diät
Ordnungstherapie – Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, um die Gesundheit von Körper, Geist und Seele auf eine positive Art zu beeinflussen.
Naturheilkundliche Methoden der Alternativmedizin
Oft werden auch folgende Methoden der Alternativmedizin als naturheilkundlich bezeichnet: |
Wie kann man Schwarzer holunder beschreiben? | Illustration aus dem Atlas des plantes de France
Vegetative Merkmale
Der Schwarze Holunder ist ein sommergrüner bis 7 Meter hoher, reichverzweigter Strauch oder bis 10 Meter hoher, breit ausladender, kleiner Baum mit überhängenden Zweigen.[1] Die dickeren Äste sowie der Stamm haben eine längsrissige, graubraune Borke, die sich in Streifen ablöst.[1] Die jüngeren Zweige sind zunächst grün, später graubraun und an ihrer Oberfläche von zahlreichen Korkporen übersät, die als graue Erhebungen ins Auge fallen.[1][2] Die Zweige besitzen ein weiches, weißes Mark.[1][2] Der Holunder ist ein Flachwurzler mit weitreichendem Wurzelwerk. Der Schwarze Holunder kann etwa 100 Jahre alt werden.
Die gegenständigen Laubblätter sind unpaarig gefiedert. Die einzelnen Fiederblätter sind bis zu 30 Zentimeter lang und bestehen aus meist fünf,[1][3] seltener sieben[3] Teilblättern, den sog. Fiederblättchen. Der Stiel des Fiederblatts ist 4–10 Zentimeter lang und oberseits rinnig.[3] Die Fiederblättchen sind 10–15 Zentimeter lang,[3] besitzen eine elliptische Form und sind lang zugespitzt.[1] Ihr Blattrand ist grob gesägt.[3] Das Endfiederblättchen ist deutlich gestielt, das obere Fiederblättchenpaar ist meist sitzend und das untere meist gestielt.[3] Die Blattoberseite ist tief- bzw. dunkelgrün und kahl und die Blattunterseite ist heller, bläulich- graugrün, sowie anfangs behaart.[1][3] Am Blattgrund befinden sich kleine, nebenblattartige Anhängsel, die eine Nektardrüse tragen.[1][2] Die Laubblätter entwickeln sich sehr früh im Jahr, etwa im März bis April und lange vor den Blüten.[2] |
Welche Merkmale hat Schwarzer holunder? | Ab Mai bis in den Juli erscheinen an den Zweigen endständige, aus vielen und dichtstehenden Einzelblüten bestehende, flache Schirmrispen mit einem Durchmesser von 10–15 Zentimeter.[1][2] Ihr frischer, fruchtiger Duft ist unverwechselbar und typisch für den Holunder. Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig und bestehen aus einer doppelten Blütenhülle mit einem unscheinbaren Kelch.[1] Die flach ausgebreitete Krone ist weiß oder gelblichweiß und besitzt einen Durchmesser von 6–9 Millimeter.[1][2] Die Krone besteht aus fünf miteinander verwachsene Kronblättern. Es sind fünf Staubblätter mit gelben Staubbeuteln vorhanden. Der Fruchtknoten ist halbunterständig, der Griffel ist kurz und die Narbe ist dreiteilig.[4] Ein kleinerer Teil der Blüten ist jedoch auch vierzählig. Zerreibt man ein Blatt zwischen den Fingern, riecht es auch leicht nach den Blüten; so kann Holunder auch einfach erkannt werden, wenn er keine Blüten oder Früchte trägt.
Der Schwarze Holunder bildet Steinfrüchte, die häufig als „Beeren“ oder „Fliederbeeren“ bezeichnet werden. Sie reifen von August bis September und färben sich während des Reifens von anfangs grün über rot zu einer glänzenden, fast schwarzen Farbe. Sie sind saftreich, kugelig und besitzen einen Durchmesser von 5–6 Millimeter. Die Früchte enthalten meist drei Samen.[1]
Während die Früchte reifen, färben sich auch die Stiele, an denen sie sitzen, rötlich.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 36.[5] |
Wie wird Schwarzer holunder taxonomisch eingeordnet? | Sambucus nigra wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum, Band 1, Seite 269–270 erstbeschrieben.[6]
Neben dem Typ werden einige Unterarten geführt, die je nach Autor auch als eigenständige Arten beschrieben werden: |
Welche Inhaltsstoffe enthält Schwarzer holunder? | Holunderblüten (Sambuci flos), bestehend aus den getrockneten Blüten des Schwarzen Holunders:[10] |
Wie wird Schwarzer holunder verwendet? | Holunder findet in der Pflanzenheilkunde sowie als Lebensmittel und Färberpflanze vielfache Verwendung. |
Wie wird Schwarzer holunder verwendet? | Schwarzer Holunder in Form der Blütendroge (Sambuci flos)
Vom Schwarzen Holunder können Blüten, Früchte, Blätter und Rinde arzneilich genutzt werden.[26] Heutzutage werden hauptsächlich die Blüten und Früchte genutzt. Der Schwarze Holunder wurde vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2024 gekürt.[27] In der Begründung heißt es, den Schwarzen Holunder nutzen „viele als Beerensaft oder Blütentee bei Erkältungskrankheiten“. |
Welche Blüten hat Schwarzer holunder? | Die Holunderblüten besitzen eine schweißtreibende, die Bronchialsekretion vermehrende, schleimlösende, immunstimulierende, entzündungshemmende, harntreibende und antioxidative Wirkung.[26][28][29]
Ihr Hauptanwendungsgebiet ist der sehr warm getrunkene Schwitztee bei fieberhaften Erkältungskrankheiten. Weniger stark aufgebrüht und nur lauwarm getrunken wird der Holunderblüten-Tee auch als Mittel gegen Erkältungskrankheiten und Grippe genutzt.[26] Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Katarrhe der Atemwege und trockener Reizhusten. Für diese Erkankungen der Atemwege kann es die dabei auftrenden Symptome lindern.[30] Volksmedizinische Anwendungsgebiete sind zudem Hautunreinheiten, Rheuma und Gicht sowie die Nutzung als harntreibendes und blutreinigendes Mittel.[26][28] Die Drogenbezeichnung für die getrockneten und abgerebelten Holunderblüten ist Sambuci flos (früher Flores sambuci).[10][26]
Für die Anwendung bei Erkältungskrankheiten liegt eine Positiv-Monograpie der Kommission E von 1986 vor.[29] Zur Linderung der frühen Symptome einer Erkältung wird diese als Traditionelles pflanzliches Arzneimittel durch die EMA anerkannt.[31] Die Grundlage für diese Bewertung beruht auf eine langjährige Anwendungserfahrung, jedoch nicht durch Wirksamkeitsnachweise in Form klinischer Studien. |
Wie wird Schwarzer holunder verwendet? | Die Früchte des Schwarzen Holunders enthalten mehrere Farbstoffe, die sich u. a. zum Färben von Lebensmitteln und Textilien eignen. Die Hauptfarbstoffe sind die zu den Anthocyanen gehörenden Cyanidin-Glycoside mit den Hauptkomponenten Cyanidin-3-O-glucosid (Chrysanthemin), Cyanidin-3-O-sambubiosid (Sambicyanin) und Cyanidin-3-O-sambubiosid-5-O-glucosid sowie das Flavonol Quercetin und seine Glycoside, z. B. Rutin.[32]
Sambicyanin befindet sich überwiegend in den Schalen der Beeren (bis zu 60 %) und soll als Radikalfänger auch das Risiko von Herz-/Kreislauferkrankungen und Krebs senken.
Die Beeren wurden früher zum Färben von Haaren und Leder eingesetzt. Mit dem Saft färbte man auch Rotwein.
Der burgunderrote Saft der Beeren des Schwarzen Holunders ist aus Textilien kaum auswaschbar.
Nachdem sowohl die Konsumenten als auch die Lebensmittelindustrie inzwischen höhere Ansprüche an Färbemittel und Farbstoffe stellen, gewinnt dieser natürliche Farbstoff heute wieder an Wert. Er wird für Süßigkeiten und Molkereiprodukte in der Lebensmittelindustrie sowie in der Textilindustrie verwendet. |
Wie wird Schwarzer holunder verwendet? | Sowohl die Blütenstände als auch die daran gereiften Früchte lassen sich zu Lebensmitteln verarbeiten. Die Beeren sind nach dem Abkochen oder Vergären essbar. |
Welche Blüten hat Schwarzer holunder? | Hollerkiachal
Eine bekannte Zubereitungsform für die Blüten sind ausgebackene Holunderblüten, die im deutschen Sprachraum als Hollerküchel, Holunderpfannekuchen, Holunderküchle, Hollerkiachal (Bayern), Hollerschöberl, Holdertrauben[33] oder (in Österreich) als Hollerstrauben bezeichnet werden. Zur Herstellung dieses saisonalen Schmalzgebäcks werden die Blüten (Schirmrispe) in einen dünnflüssigen Teig aus Mehl, Eiern, Bier oder Prosecco und weiteren Zutaten getaucht, in der Pfanne gebacken oder frittiert, die dickeren Teile der Rispenstengel mit einer Schere abgeschnitten oder als Greifmöglichkeit am Gebäckstück belassen. Vor dem Servieren werden die Kiachal häufig mit Puderzucker bestäubt.[34]
Darüber hinaus werden die Blüten als geschmacksgebende Komponente für Getränke verwendet. Besonders weit verbreitet sind Holunderlimonade bzw. -sirup und Holundersekt. Die Blüten werden in eine Zuckerlösung gelegt und nach einigen Tagen abfiltriert. In dieser Zeit hat die Zuckerlösung das Holunderblütenaroma angenommen. |
Woher stammt der Name Schwarzer holunder? | Der Name Holunder (bzw. Holder) ist mittelhochdeutsch belegt als holunter und holder, althochdeutsch holuntar, holantar;[40] urgermanisch *xulun + -ðra- ‚Baum‘, vgl. dänisch hyld, norwegisch hyll und lässt sich auf indogermanisch *kl̥-n̥- ‚dunkel‘ zurückführen, vgl. russisch калина (kalína) ‚Schneeball, Wasserholder‘.[41]
Flieder als Bezeichnung für den Schwarzen Holunder kommt aus dem Niederdeutschen Flieder, Fleder ‚Holunder‘, mittelniederdeutsch vlēder, vlieder, altsächsisch *fliodar (belegt in dem Ortsnamen Fliadarlōh ‚Holunderwald‘, um 890), urgermanisch *flioþra-, auch niederländisch vlier, westfriesisch flear. Zugrunde liegen indogermanisch *pelh₁i- ‚grau‘[42] und das Baumnamensuffix -ðra (wie bei Wacholder, Ulmen).[43] Später wurde der Name auf den seit dem 16. Jh. aus Südosteuropa eingeführten Flieder (Syringa) übertragen.[44] |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Schwarzer holunder? | Gesa Bartig: Heilsamer Holunder. Köller, Schacht-Audorf 1997, ISBN 3-928143-28-X
Rita Pilaske: Natürliche Hausapotheke – Holunder. Fraund, Mainz 2002, ISBN 3-921156-60-2
Kristiane Müller-Urban: Kochen und Backen Holunder. Weltbild, Augsburg 2002, ISBN 3-89604-358-7
Hanspeter Hemgesberg: Natürlich gesund mit Holunder. Midena, Augsburg 1998, ISBN 3-310-00414-7
Uschi Ostermeier-Sitkowski: Die Heilkraft des Holunder. Heyne, München 1998, ISBN 3-453-14786-3
René Prümmel: Holunder. Südwest, München 1999, ISBN 3-517-08067-5
Axel und Linda Waniorek: Holunder. Alte Kräfte neu entdeckt. mvg, Landsberg am Lech 1998, ISBN 3-478-08605-1
Bayerischer Forstverein (Hrsg.): Sträucher in Wald und Flur. ecomed, Landsberg 1998, ISBN 3-609-69880-2, S. 197–201
Heinrich Lehmann: Beiträge zur Geschichte von Sambucus nigra, Juniperus communis und Juniperus sabina. (Philosophisch-naturwissenschaftliche Dissertation Basel) Zofingen 1935.
Einzelnachweise |
Welche Geschichte hat Spagyrik? | Paracelsus
Die Arzneimittelherstellung und Therapie nach den weltanschaulichen und praktischen Regeln der Alchemie geht auf Theophrastus von Hohenheim (1493–1541), genannt Paracelsus, zurück, von dem der Begriff überliefert ist: |
Welche formen der Traditionelle chinesische medizin gibt es? | Zu den therapeutischen Verfahren der TCM zählen vor allem die Arzneimitteltherapie und die Akupunktur sowie die Moxibustion (Erwärmung von Akupunkturpunkten). Zusammen mit Massagetechniken wie Tuina Anmo und Shiatsu, mit Bewegungsübungen wie Qigong und Taijiquan und mit einer am Wirkprofil der Arzneien ausgerichteten Diätetik werden die Verfahren heute gerne als die „fünf Säulen“ der chinesischen Therapie bezeichnet. Die TCM ist die traditionelle Heilkunde mit dem größten Verbreitungsgebiet, besonders die Akupunktur wird heute weltweit praktiziert.[9] Ursprünglich hatten die zahlreichen Modalitäten ein Verbreitungsgebiet im ostasiatischen Raum, insbesondere Vietnam, Korea und Japan. Auf dieser Grundlage entwickelten sich spezielle Varianten in diesen Ländern, wie zum Beispiel die japanische Kanpō-Medizin.
Von wissenschaftlicher Seite wird eine therapeutische Wirksamkeit vieler Behandlungsmethoden der TCM bestritten und etliche Behandlungsmethoden werden als pseudowissenschaftlich betrachtet.[10][11] Generell widersprechen die Annahmen der TCM den heutigen Fakten über Physiologie oder der Anatomie des Menschen.[6]
Zudem ist die Nutzung der traditionellen Heilkunde in der Volksrepublik China eine Ursache für den illegalen Wildtierhandel sowie das Töten und Schmuggeln gefährdeter Tierarten. So wird Elfenbein als chinesisches Potenzmittel und Aphrodisiakum genutzt, was ein Grund für die Gefährdung der Population afrikanischer Elefanten, aber auch von Nashörnern ist.[12][13]
Trotzdem unterstützt Xi Jinping, jetziger Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und „Überragender Führer“, die traditionelle chinesische Medizin und nennt sie ein „Juwel“ gegenüber der „westlichen Medizin“. Die Regierung will deren Nutzung ausweiten und die Zahl der Heilpraktiker erhöhen. Studenten der TCM müssen keine medizinischen Prüfungen auf der Grundlage der westlichen Medizin mehr ablegen, sondern lediglich eine Lehrlingsausbildung absolvieren. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass Produzenten von TCM-Arzneimitteln nach wie vor mit deren Unbedenklichkeit zu kämpfen hätten, da toxische Inhaltsstoffe vorkommen können; eine Minimierung von Anforderungen an klinische Studien könne mehr Patienten in Gefahr bringen. Zensoren der Regierung entfernen Internetinhalte, welche die TCM in Frage stellen.[14] |
Welche Geschichte hat Traditionelle chinesische medizin? | Altchinesische Medizin
Als legendärer Verfasser einer (Heil-)Pflanzenkunde um 3700 v. Chr. gilt der Kaiser Shennong. Um 2600 v. Chr., zur Zeit des Kaiser Huangdi, wurde eine nach Hungdi benannte Heilkunde geschaffen.[15] Die Blütezeit der chinesischen Medizin begann in der Zeit der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) Das historische Quellenmaterial altchinesischer[16] Heilkunde und traditioneller chinesischer Medizin erstreckt sich über mehr als drei Jahrtausende. Diese Zeitspanne ist grob in drei Sozialepochen zu gliedern: |
Woher kommt der Name für Traditionelle chinesische medizin? | Schien zuvor der Einfluss von Dämonen allgegenwärtig, so waren in der sich entwickelnden entsprechungssystematischen Medizin Einflüsse und Ausstrahlungen aller nur erdenklichen Naturphänomene zu berücksichtigen: Himmelsrichtungen, Gestirne, Lebensmittel, Himmel und Erde, Regen und Wind, Hitze und Kälte. Es wurde weniger eine exakte Anatomie in diesem Heilsystem entwickelt, sondern eher ein hoch kompliziertes spekulatives System physiologischer Vorgänge, das die Wirkungen und Wandlungen der vielfältigen Einflüsse und Ausstrahlungen mit den weltanschaulichen Konzepten der Yin-Yang-Lehre und der Lehre von den Fünf-Elemente-Wandlungsphasen zu verbinden suchte. |
Welche formen der Traditionelle chinesische medizin gibt es? | Vorbeugungs- und Heilmaßnahmen wurden entsprechend dieser Systematik entwickelt. Grundsätzlich ging es darum, Überflusserscheinungen „abzuleiten“ und Mangelerscheinungen „aufzufüllen“. Ziel war eine Harmonisierung der Strömungen und Wandlungen im Organismus. Dies entsprach den Vorstellungen der Konfuzianer zur sozialen Ordnung. So lange der Konfuzianismus in China bestimmend war, schützte die herrschende Schicht die entsprechende Medizin als die offiziell einzig zulässige. Dadurch wurde ein archaisches Heilsystem bis in die Neuzeit hinübergerettet. Das klassische schriftliche Zeugnis Huang-ti nei-ching oder Huangdi Neijing stammt etwa aus dem 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. An Heiltechniken werden hier vor allem die wahrscheinlich der Dämonenmedizin entlehnten Verfahren des Nadelns und Brennens dargelegt. Einige Passagen enthalten Hinweise auf Massage, Waschungen und heiße Pressungen. Es werden auch einige Arzneidrogen erwähnt. Deren Anwendung war jedoch offensichtlich noch nicht gemäß den theoretischen Grundlagen der entsprechungssystematischen Medizin vorgesehen. Die versuchsweise systematische Integration bestimmter Arzneidrogen in dieses Heilsystem erfolgte erst anderthalb Jahrtausende später.
Zu den „Vier Herausragenden Ärzten“ der Jin- und Yuan-Dynastien zählen im 12. Jahrhundert Liu Wansu und sein Schüler Zhang Yuansu[22] sowie dessen Schüler Li Gao (1180–1251)[23] und im 15./16. Jahrhundert Zhu Zhenheng (1563–1640).[24] |
Welche Traditionen der Traditionelle chinesische medizin gibt es? | Nach der Gründung der Volksrepublik China kam es unter Mao Zedong zu einer staatlich vorangetriebenen Gegenbewegung. Es galt nun, die ländliche Bevölkerung eines riesigen Reiches bei begrenzten Mitteln ärztlich zu versorgen. Die Lösung sah man in der Pflege und Kontrolle der althergebrachten Heilkunst, die gerade in der ländlichen Bevölkerung verbreitet war. Neue Hochschulen für die chinesische Medizin wurden gegründet, alte Klassiker neu entdeckt und für die Moderne aufbereitet. Mit den „Barfußärzten“ – in Kurzlehrgängen ausgebildeten TCM-Ärzten – wurde die medizinische Versorgung flächendeckend organisiert.
Erst jetzt verbreitete sich die Bezeichnung „chinesische Medizin / chinesische Heilkunde“ (中醫學 / 中医学), in der englischen Übersetzung mit dem Zusatz „traditional“ und der Abkürzung „TCM“. In China bezog sich der Begriff oft weniger auf die traditionelle Medizin im umfassenden Sinn als auf das neu geschaffene Gesundheitswesen. Vor dieser Einführung wurde des heute etablierten Begriffs Zhonyi, also „TCM“ (中醫 / 中医) in China waren Begriffe wie Guoyi (國醫 / 国医)[35] oder Hanyi (漢醫 / 汉医) üblich.[36]
Die TCM ist ein vollständig institutionalisierter Teil des chinesischen Gesundheitswesens. Im Jahr 2006 versorgte der TCM-Sektor über 200 Millionen ambulante und etwa 7 Millionen stationäre Patienten, was 10 % bis 20 % der Gesundheitsversorgung in China ausmacht.[37] |
welche rolle spielt Traditionelle chinesische medizin? | Über 90 chinesische Heilpflanzen beinhalten Giftstoffe. Es gab Berichte von Vergiftungsfällen bei der Anwendung von chinesischen Arzneien, zum Beispiel durch Aconitin.[70] In Deutschland gelten aufgrund eines Stufenplanverfahrens von 1981 Aristolochiasäure-haltige Arzneimittel als bedenklich, ihr Inverkehrbringen ist gemäß § 5 AMG verboten.[71]
Von einigen Kritikern wurden Bedenken erhoben, dass die chinesischen Arzneien, auch kunstgerecht gehandhabt, zu Leberschäden führen könnten. Eine „Langzeitstudie über mögliche Nebenwirkungen der chinesischen Kräuter“ vom Förderverein Chinesische Medizin in Deutschland e. V. kommt allerdings zu dem Schluss, dass sie den „oft erhobenen Vorwurf der Lebertoxizität chinesischer Kräuter“ widerlegen konnte.[72] Dem entgegen steht eine Untersuchung durch eine Gruppe um Rolf Teschke vom Klinikum Hanau, die bei der Auswertung der wissenschaftlichen Literatur von 2011 bis 2014 zu dem Ergebnis kam, dass 18 der in der TCM verwendeten klassifizierten Kräutermischungen, einige unklassifizierbare Mischungen und 39 individuelle TCM-Kräuter zu Leberschäden führen können. In den meisten der Fälle konnten sich die Betroffenen zwar erholen, allerdings wurden auch einige Fälle erfasst, bei denen die Leber dauerhaft geschädigt wurde und eine Transplantation des Organs erforderlich wurde. In seltenen Fällen kam es sogar zum Tod des Patienten.[73]
2013 wurde bei einer Untersuchung von chinesischen Heilkräutern in 17 von 36 Proben Pestizidrückstände festgestellt, die von der Weltgesundheitsorganisation als extrem gefährlich oder gefährlich eingestuft werden. 26 der 36 Proben wiesen Rückstände oberhalb der in der EU zugelassenen Höchstmengen auf.[74]
Das Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA), ein Zusammenschluss der wesentlichen Fachgesellschaften für chinesische Arzneitherapie in Deutschland sowie von Einzelpersonen, bemüht sich um eine sichere Therapie mit chinesischen Heilmitteln.[75]
Zur Weiterbildung in TCM werden verschiedene Qualifikationen und Fortbildungen angeboten, die wegen fehlender Standards nicht miteinander vergleichbar sind. Die Akupunktur ist eine durch die jeweiligen Landesärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung. Auf dem Deutschen Ärztetag 2003 wurde die Zusatzbezeichnung Akupunktur neu in die Weiterbildungsordnung eingeführt. Ziel der Zusatzweiterbildung ist die Erlangung der fachlichen Kompetenz und der praktischen Fähigkeiten in Akupunktur nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit und Weiterbildungsinhalte sowie der Weiterbildungskurse.[76] |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Traditionelle chinesische medizin? | Chinesische Augenheilkunde
Gua Sha
Liste von Materia Medica der traditionellen chinesischen Medizin
Schmerzpuppe
Traditionelle japanische Medizin
Literatur
Claudia Focks (Hrsg.), Norman Hillenbrand: Leitfaden Chinesische Medizin. 4. Auflage. Urban & Fischer, München/ Jena 2003, ISBN 3-437-56481-1.
Fritz Friedl: Einführung in die Chinesische Medizin. In: E. A. Stöger, F. Friedl (Hrsg.): Arzneibuch der chinesischen Medizin. 2. Auflage. Deutscher Apotheker-Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-7692-1965-1.
Johannes Greten: Kursbuch traditionelle chinesische Medizin: TCM verstehen und richtig anwenden. Thieme, Stuttgart/ New York 2003, ISBN 3-13-121661-1.
Giovanni Maciocia: Die Grundlagen der chinesischen Medizin. Ein Lehrbuch für Akupunkteure und Arzneimitteltherapeuten. Verlag für traditionelle chinesische Medizin Dr. Erich Wühr, Kötzting 1994, ISBN 3-927344-07-9.
Erhard Rosner: Wege der Diagnostik in der traditionellen chinesischen Medizin. In: Christa Habrich, Frank Marguth, Jörn Henning Wolf (Hrsg.) unter Mitarbeit von Renate Wittern: Medizinische Diagnostik in Geschichte und Gegenwart. Festschrift für Heinz Goerke zum sechzigsten Geburtstag. München 1978 (= Neue Münchner Beiträge zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften: Medizinhistorische Reihe. Band 7/8), ISBN 3-87239-046-5, S. 51–60.
Christian Schmincke: Chinesische Medizin für die westliche Welt. Springer, Heidelberg 2004, ISBN 3-540-00058-5.
Paul U. Unschuld: Traditionelle Chinesische Medizin. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65602-6.
John Zhou: Chinesische Medizin, Kompendium: mit 3 Registern; [Heilverfahren, Geschichte, Philosophie]. 1. Auflage. OZV, Bad Pyrmont/ Beijing 2004, ISBN 3-9809443-0-1.
Weblinks
Commons: Traditionelle Chinesische Medizin – Sammlung von Bildern und Videos
Literatur von und über Traditionelle chinesische Medizin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
The Chinese Medicinal Material Images Database – 中藥材圖像數據庫. In: School of Chinese Medicine der HKBU (chinesisch, englisch)
The Chinese Medicine Formulae Images Database – 中藥方劑圖像數據庫. In: School of Chinese Medicine der HKBU (chinesisch, englisch)
Tanja Wolf: Was du schon immer über TCM wissen wolltest. In: Quarks, 1. Mai 2022
Liste aller 361 TCM-Punkte – mit chinesischem Namen und deutscher Bedeutung. In: tcm.hantrainerpro.de (TCM-Wörterbuch)
Einzelnachweise |
Welche Traditionen der Traditionelle thailändische medizin gibt es? | Für die Thais haben Pflanzen eine spirituelle Bedeutung. So gibt es in jedem Thai-Haus Plätze, wo Pflanzen wachsen sollen. Bäume, welchen energetische Kräfte nachgesagt werden, müssen sich an der Vorder- oder Rückseite des Wohnhauses befinden.
Während durch die Kolonialmächte Frankreich (Indochina) und England (Indien) das fernöstliche Heilwissen dieser Länder früh in den Westen gelangte, geschah dies in Thailand nicht. Erst seit dem Vietnamkrieg hatten westliche Forscher die Möglichkeit, sich die Volksmedizinen Thailands anzusehen. Laut Pharmakopoe leben in Thailand etwas über 15.000 Pflanzenarten, in ganz Europa nur etwa 3.000. Damit erklärt sich eine lange Tradition der Phytotherapie.
Die getrockneten Fruchtschalen von Garcinia atroviridis (thailändisch: som khaek – ส้มแขก) sind das meistverkaufte Heilkraut Südostasiens zur Behandlung von Übergewicht und erhöhten Blutfettwerten. Thunbergia laurifolia (thailändisch: rang tschut) soll leberentgiftende und antiallergische Wirkung haben. Andrographis paniculata (thailändisch: fa thalai chon – ฟ้าทะลายโจร) ist ein Mittel gegen grippale Infekte. Zingiberacea-Gewächse werden wegen ihrer Rhizome als wirksam gegen Krebs angesehen. Auch ein Kraut namens Murdannia loriformis (thailändisch: ja pak-king – หญ้าปักกิ่ง) soll gegen verschiedene Krebsarten helfen. Als harntreibendes Mittel ist Orthosiphon aristatus („indischer Nierentee“) gebräuchlich. Aloe vera (thailändisch: ว่านหางจระเข้), eine südostasiatische Heilpflanze, stammt aus Thailand und wird dort seit circa 6.000 Jahren in verschiedenen Anwendungsformen gebraucht. Zwei Pflanzen, welche ausschließlich in Thailand wachsen sind Pueraria mirifica (thailändisch: kwao khruea khao – กวาวเครือขาว, gegen Wechseljahresbeschwerden) und Butea superba (thailändisch: kwao khruea daeng oder kwao khruea dam – กวาวเครือแดง bzw. กวาวเครือดำ, ein auch als „thailändisches Viagra“ bezeichnetes Potenzmittel).
Im letzten Jahrzehnt gibt es eine „Rückbesinnung“ auf die thailändische Volksmedizin im breiten Ausmaß. Es wurde mit staatlicher Hilfe ein universitäres Primary Health Care System ins Leben gerufen, um der Bevölkerung pflanzliche Heilmittel nahezubringen, welche den zunehmenden Zivilisationskrankheiten Herr werden sollen. Diese Initiative wurde vom Königshaus finanziell unterstützt. Neu ist auch ein Home Garden Program, welches die Thailänder auffordert, sich in Hausgärten, aber auch auf Balkonen und Veranden Heilkräuter zu pflanzen, um Kosten im Gesundheitswesen zu sparen. |
Woher kommt der Name für Weißdorne? | Der deutsche Trivialname Weißdorn (bzw. lateinisch spina alba[3]) weist entweder auf die weißen Blüten des besonders im Freistand üppig blühenden Strauchs und die vorhandenen Sprossdornen[4] oder auf die helle Rinde im Gegensatz zur Schwarzdorn genannten Schlehe hin.[5]
Der botanische Name Crataegus geht zurück auf griechisch κράταιγος (krataigos). Mit diesem Namen bezeichnete der Naturphilosoph Theophrast eine Strauchart mit essbaren Früchten, die am Berg Ida in Kleinasien wuchs. Welche botanische Art mit diesem Namen gemeint war, ist aus dem Text nicht mehr zu klären[6], es handelte sich aber vermutlich um eine Weißdornart mit essbaren Früchten, zum Beispiel den Azaroldorn (Crataegus azarolus), möglicherweise aber auch um die Mispel. Das altgriechische krataiós bedeutet „stark“ oder „fest“ und bezieht sich auf das harte Holz dieser Pflanze.
Neben der zum wissenschaftlichen Standard gewordenen Bezeichnung Weißdorn gibt es landläufig eine Vielzahl von anderen deutschen Namen wie Hagedorn (von mittelhochdeutsch hagendorn[7] bzw. hagdorn[8]), Heckendorn, Weißheckdorn; regional auch Christdorn, Hagapfel, Hagäpfli, Heinzelmännerchen, Mehlbeerbaum, Mehlbeere (nicht zu verwechseln mit den eigentlichen Mehlbeeren (Sorbus spec.)), Mehldorn, Mehlkübeli, Mehlfässel, Mehlfässl, Mehlfässchen, Mehlwieken, Wibelken, Wubbelken, Wyßdorn, Zaundorn. Alle diese Namen beziehen sich auf die einheimischen Arten. Hag leitet sich dabei etymologisch von Hag (von einem von Hecken umstandenen Gelände) ab.
Rotblühende Exemplare werden landläufig – besonders im Gartenbau – auch Rotdorn genannt. Man begegnet ihnen in letzter Zeit seltener, auch weil sie teils von Feuerbrand befallen wurden. |
Wie kann man Weißdorne beschreiben? | Als Gattung sind Weißdorne vergleichsweise einheitlich und einfach zu bestimmen. Weißdorne finden sich in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel in Wäldern und Gebüschen, kultiviert auch in Parks und Gärten.
Die einzelnen Arten sind schwer zu unterscheiden, da sie sich zum einen in viele Unterarten und Varietäten aufspalten (Sippenbildung), zwischen denen es wiederum Übergangsformen gibt, und zum anderen sämtliche Arten – zumindest innerhalb der einzelnen Regionen – leicht und oft miteinander bastardieren. Je nach Zählung kann sich so die in Beschreibungen der Gattung angegebene Zahl der Arten bis auf ein Mehrfaches des oben angegebenen Zahlenbereichs von 200 bis 300 steigern. |
Welche Merkmale hat Weißdorne? | Fächerblatt-Weißdorn (Crataegus flabellata) im botanischen Garten in München
Weißdorn-Arten sind meist sommergrüne, selten immergrüne Sträucher oder kleine Bäume.[1] Sie sind oft dicht verzweigt. Sie sind meist dornig, selten ohne Dornen.[1] Ihre Rinde ist glatt, grün-braun bis dunkelbraun und im Alter schuppig-rissig. Die Stämme alter Bäume sind oft spannrückig, längswülstig und tief gefurcht. Ihr Holz ist hart und schwer. Die Knospen sind eiförmig oder fast kugelig.[1]
Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite ist einfach. Die Blattränder sind häufig auffällig gesägt, tief eingeschnitten oder gebuchtet, gelappt, selten glatt. Es sind Nebenblätter vorhanden.[1] |
Welche Merkmale hat Weißdorne? | Blüten des Fächerblatt-Weißdorns (Crataegus flabellata)
Die Blüten stehen in schirmrispigen Blütenständen zusammen, selten stehen die Blüten einzeln.[1] Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die Blütenkronen weisen einen Durchmesser von 0,7 bis 2,5 Zentimetern auf. Die fünf auffälligen Kronblätter sind weiß, seltener rosafarben oder rot.
Die manchmal „Beeren“ genannten, relativ kleinen Apfelfrüchte sind 0,7 bis 2,0 Zentimeter groß und normalerweise rot oder orangefarben, bei einigen Arten blau, schwarz oder gelb. Sie enthalten einen bis fünf aneinandergeballte Steinkerne. Ihr „Fruchtfleisch“ ist meist trocken und mehlig, nur bei wenigen Arten auch saftig. |
Beschreibe die Systematik von Weißdorne? | In der externen systematischen Einordnung der Gattung Weißdorn ist die Zuordnung zur Unterfamilie und zur Tribus unumstritten. Nach morphologischen und molekularen Ergebnissen eng verwandt ist die Mispel (Mespilus germanica). Die monotypische Gattung Mespilus (eine vermutete zweite Art, Crataemespilus × canescens (ursprünglich Mespilus canescens) genannt, erwies sich als Hybrid aus eingeführten europäischen Mispeln und einer nordamerikanischen Weißdornart) wird sogar oft in die Gattung Crataegus mit einbezogen; dies ist aber umstritten.[9] Folgt man der Auffassung, wäre die Mispel eine weitere Weißdornart, dann Crataegus germanica (L.) K.Koch, in der (monotypischen) Sektion Mespilus.[10] Nächstverwandt zur Gattung der Weißdorne im weiteren Sinne ist, nach molekularen Daten, die morphologisch stark abweichende Gattung Amelanchier (Felsenbirnen) (inkl. zwei kleine, nahe verwandte Gattungen).
Als schwierig hat sich dagegen die innere systematische Aufteilung der Gattung erwiesen, was in den 1940er Jahren W. H. Camp zur Schöpfung des Begriffs „Crataegus-Problem“ veranlasste. |
Wie wird Weißdorne taxonomisch eingeordnet? | Crataegus wattiana kommt in Pakistan vor
Typusart der Gattung Crataegus ist Crataegus oxyacantha L. Dies ist ein problematischer Name, der von verschiedenen Autoren im Lauf der Zeit unterschiedlich aufgefasst worden ist. Untersuchungen anhand des Typmaterials im Herbarium Linnés haben ergeben, dass es sich um eine Pflanze handelt, die später als Crataegus calycina subsp. curvisepala (heute: Crataegus rhipidophylla) erneut beschrieben worden ist[11] (nicht, wie vorher lange geglaubt, Crataegus laevigata). Der Name Crataegus oxyacantha wurde aufgrund dieser Unklarheiten von der ICBN unterdrückt (nomen utique rejiciendum, nom.rejic.), er bezeichnet seither keine Art mehr.
In der traditionellen Taxonomie wird die Gattung Weißdorn in ungefähr 15 Sektionen und diese wiederum in eine Vielzahl von Serien unterteilt. Die Abgrenzung der Sektionen und Serien ist dabei seit langem umstritten und nicht abschließend geklärt. Ältere Systeme wie das noch länger verwendete von Phipps und Kollegen 1988[12] sind dabei heute überholt und nur noch von wissenshistorischem Interesse, sie unterschied 15 Sektionen mit 40 Serien. Grundlage der modernen Gliederung ist das darauf aufbauende System von Phipps und Kollegen 2003.[13] Demnach kommen 4 Sektionen mit gut 60 Arten in der Alten Welt vor, während in der Neuen Welt 11 Sektionen mit deutlich mehr als 100 Arten leben. Diese Gliederung wurde zu großen Teilen bei phylogenomischen Untersuchungen (anhand des Vergleichs homologer DNA-Sequenzen) bestätigt.[14] Als problematisch erwies sich allerdings die Gliederung der Artengruppen aus dem östlichen Nordamerika, die trotz substantieller morphologischer Unterschiede genetisch alle nahe verwandt sind. Dafür sind verschiedene Gründe denkbar, am wahrscheinlichsten ist aber eine lange zurückreichende, umfangreiche Hybridisierung von Arten verschiedener Sektionen untereinander. Für wenige stark abweichende Arten mit unklarer Zuordnung könne eine Entstehung durch erst kurz zurückliegende Hybridisierung amerikanischer Arten mit eingeführten europäischen Weißdornen wahrscheinlich gemacht werden.
Die im Folgenden dargestellte Gliederung in Sektionen, die auf den genannten Quellen aufbaut, ist nicht gesichert, es kann an einigen Stellen in den kommenden Jahren noch Veränderungen geben. Die Gliederung in der Flora of North America (durch James B. Phipps)[2] ist vergleichbar. Alle europäischen Arten gehören dabei der Sektion Crataegus an:[15] |
Wie kann man Weißdorne beschreiben? | Die mitteleuropäischen Weißdornarten sind sich sehr ähnlich: Carl von Linné selbst ging von der Existenz nur einer Art aus, die er Crataegus oxyacantha nannte – ein Artname, der später wegen der unklaren Zuordnung zu einer bestimmten Pflanze vom Internationalen Botanischen Kongress zurückgewiesen wurde.[17] Sie lieben Sonnenlicht, gedeihen aber auch gut im Halbschatten und kommen in Hecken, Gebüschen, lichten Laub- und Kiefernwäldern sowie Gärten und Parks vor. Sie wachsen als Sträucher oder kleine Bäume, können mehrere Meter hoch sowie bis zu 500 Jahre alt werden und sind stets mit bis zu 2,5 cm langen Dornen bewehrt. Ihre Laubblätter sind ei- bis rautenförmig, am Grunde keilförmig, schwach bis tief gebuchtet mit drei bis fünf, seltener bis sieben Lappen und meist auch etwas gesägt. Sie blühen im Mai und im Juni meist weiß, seltener rot; die Blüten sind 0,7–1,5 cm breit und riechen auffällig nach Mäuseurin (Definition des Deutschen Arzneibuchs). Die Apfelfrüchtchen reifen im August und September und bleiben oft bis in den Frühling hinein am Baum. Sie sind rot, fast kugelig, 0,7–1,2 cm lang, enthalten 1 bis 3 Kerne, und schmecken säuerlich-süß; das Fruchtfleisch ist gelb und mehlig. (Zu den Unterschieden zwischen den Arten – siehe in den jeweiligen „Art-Artikeln“, soweit vorhanden.) |
Wie wird Weißdorne verwendet? | Verwendung von Früchten, Blüten, Blättern und Holz
Viele Früchte der Weißdorne sind roh essbar und schmecken säuerlich-süß, sind allerdings sehr mehlig. Sie können zu Kompott oder Gelee verarbeitet werden und eignen sich dabei zum Mischen mit anderen Früchten, da sie gut gelieren. Gemischt mit anderen Früchten lassen sie sich auch zu vitaminreichem Saft oder Sirup verarbeiten. In Notzeiten wurden die Früchte als Mus gegessen und das getrocknete Fruchtfleisch als Mehlzusatz beim Brotbacken verwendet. Die Kerne dienten als Kaffeeersatz. Die getrockneten Blüten, Blätter und Früchte werden als Tee oder alkoholischer Auszug bei Herz- und Kreislaufstörungen angewendet (siehe Abschnitt: Verwendung in der Medizin (Phytotherapie)). In China werden die Früchte von Crataegus pinnatifida oft zu Süßigkeiten verarbeitet.
Das Holz ist sehr hart und fest (Rohdichte 0,8–0,9 g/cm³) und wurde früher häufig für Werkzeugstiele (z. B. in der Schmiede für die Gesenkhämmer) verwendet, gelegentlich auch für Schnitz- und Drechslerarbeiten. |
Wie wird Weißdorne verwendet? | In Gärten und Parks sind verschiedene Weißdorne aufgrund ihrer schönen Form und Blätter und wegen des üppigen Blüten- und Fruchtschmucks beliebte Zierpflanzen, die in vielen Kultursorten gezüchtet werden. So gibt es neben einfachen weißblühenden Ein- und Zweigriffeligen Weißdornen auch rotblühende Sorten (Rotdorn), Sorten mit gefüllten Blüten, ebenfalls in weiß (Crataegus laevigata ‚Plena‘) und rot (Crataegus monogyna ‚Karmesina Plena‘, Crataegus laevigata ‚Paul’s Scarlet‘), Sorten mit schmaler, aufrechter Form (Crataegus monogyna ‚Stricta‘) und viele andere. Verwendet wird der Weißdorn sowohl als Solitärpflanze wie als Heckenpflanze. Er ist ein hervorragendes Heckengehölz, das auch strengen Schnitt sehr gut verträgt; dann blüht er allerdings nicht so üppig. Der ökologische Wert des Weißdorns ist sehr hoch; er ist ein bedeutender Nahrungsspender und Lebensraum für zahlreiche Kleintiere. In Mitteleuropa bietet er rund 150 Insektenarten, gut 30 Singvogel-Arten und vielen kleinen Säugetieren eine Lebensgrundlage (zum Vergleich: Eichen (Quercus spec.) ca. 300, Hainbuchen (Carpinus betulus) ca. 30 Insektenarten).
Als Zierpflanzen werden auch gerne asiatische und nordamerikanische Arten verwendet. Sie haben oft größere Früchte und eine bessere Herbstfärbung. Beliebt sind der Hahnensporn-Weißdorn (Crataegus crus-galli L.) mit den längsten Dornen (bis 8 cm) aller Weißdorne und der Scharlach-Weißdorn (Crataegus pedicellata Sarg.) aus Nordamerika. Ihr ökologischer Wert ist allerdings vergleichsweise gering. Allein 32 Vogelarten fressen die Früchte des heimischen eingriffeligen Weißdorns; die Früchte des im Gartenbau oftmals verwendeten nicht heimischen Lederblättrigen Weißdorns, auch „Lavalles Weißdorn“ genannt (Crataegus × lavallei Herincq ex Lavallée), werden dagegen nur von drei Vogelarten gefressen.[19]
In ländlichen Räumen war der Weißdorn (Crataegus monogyna) aufgrund seiner Langlebigkeit, sehr guten Schnittverträglichkeit und natürlich seiner Dornen eine wichtige Pflanze der Grenzhecken, die Felder, Wiesen, Wege und Grundstücke voneinander trennten. Davon ist nicht viel geblieben (siehe oben – „Der Weißdorn in Mitteleuropa – mitteleuropäische Arten“).
Der Eingriffelige Weißdorn ist auch als Veredelungs-Unterlage für Birnen, Quitten und Mispeln geeignet; da er aber für Feuerbrand anfällig ist, sind viele Baumschulen von ihm abgekommen. |
Wie wird Weißdorne verwendet? | Als Heilmittel wird Weißdorn im europäischen Kulturraum erstmals im 1. Jahrhundert nach Christus von Pedanios Dioscurides erwähnt. Die Verwendung von Heilkräutern wie Weißdorn ist aber auch Bestandteil anderer Medizinsysteme wie etwa der Traditionellen Chinesischen Medizin; auch von indigenen Völkern in Amerika ist bekannt, dass sie Weißdorn verwendeten.
In der Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) werden verwendet: |
Welche Blüten hat Weißdorne? | Die Scheinfrüchte (crataegi fructus)
Inhaltsstoffe sind oligomere Procyanidine (OPC), glykosidische Flavone wie Vitexin und Vitexin-Rhamnosid sowie glykosidische Flavonole wie Rutin und Hyperosid; außerdem finden sich mit einem Gehalt von 0,5 bis 1 % Gerbstoffe.[20]
Haupt-Indikation ist die chronische Myokardinsuffizienz mit daraus resultierendem zu niedrigem Blutdruck in den Stadien I und II nach Definition der New York Heart Association (NYHA).[21] Volkstümlich finden Weißdorn-Blätter mit Blüten aber auch breitere Anwendung – zum Beispiel bei Nervosität.[22] Die vom Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel der europäischen Arzneimittelagentur erstellte Monografie umfasst die Verwendung von Weißdornblätter- und Blütenzubereitungen zur Linderung von Symptomen vorübergehender nervöser Herzbeschwerden, leichten Symptomen von psychischem Stress und zur Unterstützung des Schlafes aufgrund langjähriger Verwendung („traditionelle Verwendung“).[23]
Zweigriffeliger und Eingriffeliger Weißdorn[24] steigern einerseits die Kontraktionskraft des Herzens, man spricht hier von einem positiv inotropen Effekt, andererseits erweitern diese Weißdornarten die Gefäße, insbesondere Herzkranzgefäße, und verbessern so die Sauerstoffversorgung des Herzmuskels.[25] Viele Herzerkrankungen sind auf einen Sauerstoffmangel des Herzmuskels zurückzuführen. Insbesondere Angina pectoris und der Herzinfarkt gelten als Durchblutungsstörungen des Herzmuskels. Die Wirkung ist also einerseits teilweise mit Digitalis (positiv inotrop), andererseits mit einem ACE-Hemmer (gefäßerweiternd und darum durchblutungsfördernd) vergleichbar, allerdings über völlig andere Wirkmechanismen und bei anscheinend viel besserer Verträglichkeit, da die unerwünschten Wirkungen (u. a. Kumulierung) der Herzglykoside entfallen.[26][22]
Die Wirkung beruht hauptsächlich auf oligomeren Proanthocyanidinen (OPC)[27] und tritt im Vergleich zu anderen herzwirksamen Substanzen verzögert ein. Zur Herstellung werden die Enden der Zweige mit den Blüten und Blättern abgeschnitten und getrocknet, um daraus Fertigpräparate oder Tee herzustellen.[22] Das auf Weißdornfrüchte-Extrakt beruhende Präparat Korodin ist zugelassen zur Behandlung von hypotonen und orthostatischen Kreislaufregulationsstörungen.[28] Der Weißdorn wurde im Jahre 1990 zur Heilpflanze des Jahres gekürt und war 2019 Arzneipflanze des Jahres.
In der Homöopathie wird Crataegus gelegentlich bei Herzinsuffizienz und Pulsunregelmäßigkeit mit Schmerz unter dem linken Schlüsselbein, brennendem Ausschlag und Verschlimmerung durch Wärme verwendet.[29] |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Weißdorne? | Heilpflanze des Jahres
Liste von Bäumen und Sträuchern in Mitteleuropa
Quellen und weiterführende Literatur
Literatur
Gregor Aas, Andreas Riedmüller: GU-Naturführer Bäume : Laub- und Nadelbäume Europas erkennen und bestimmen. Gräfe und Unzer (GU), München 1995, ISBN 978-3-7742-1016-5 (GU Naturführer).
C. Frank Brockman (Autor), Rebecca Marrilees (Illustratorin): Trees of North America. St. Martin’s Press, New York 2001, ISBN 978-1-58238-092-6.
Eve Marie Helm: Feld-, Wald- und Wiesenkochbuch. 5. Auflage. Heyne, München 1983, ISBN 978-3-453-66005-2.
Hugh Johnson: Das große Buch der Bäume. Hallwag, Bern 1974, ISBN 978-3-444-10153-3.
Bruno P. Kremer, Gunter Steinbach: Strauchgehölze. Eugen Ulmer; Mosaik, Niedernhausen 2002, ISBN 978-3-8001-4275-0 (Steinbachs Naturführer).
Christoph Needon: Wildfrüchte-Büchlein. 2. Auflage. Verlag für die Frau, Leipzig 1996, ISBN 978-3-7304-0347-1.
Ursula Nikla-Pahlow: Wildfrüchte-Kompaß. Gräfe und Unzer, München 1982, ISBN 978-3-7742-3811-4.
Einzelnachweise |
Welche Geschichte hat Apitherapie? | Früher war die Apitherapie eher ein Nebenprodukt der Imkerarbeit und darüber hinaus kaum bekannt. Heute ist sie, vor allem in den letzten Jahren, mehr und mehr ins Blickfeld der Forschung geraten und könnte Relevanz bei der Bekämpfung von multiresistenten Bakterienstämmen sowie schwer heilenden Wunden haben.
In Russland führte Dinara Usbekowa Apitherapie-Fortbildungskurse für Ärzte ein. |
Wo wird Apitherapie angewendet? | Propolis
Propolis wirkt bakterizid und antiviral. Das Harz legt zusätzlich einen dünnen Film über die behandelte Stelle. Es können Unverträglichkeiten auftreten; besonders bei häufigen großflächigen Kontakt kann es zu Kontaktallergien kommen. |
Welche Geschichte hat F.-x.-mayr-kur? | Die Kur geht auf den Militärarzt Franz Xaver Mayr zurück, hierbei griff Mayr die sogenannte „Zell-Milieu-Theorie“ Alfred Pischingers auf. Mayrs Therapie wurde unter dem Namen Milch-Semmel-Kur bekannt, obwohl er der Art der Ernährung mehr Bedeutung einräumte als dem Nahrungsmittel selbst. Die vorübergehende Monotonie der Kost sei ein wichtiger Heilfaktor und verhelfe dem Organismus nach einiger Zeit zu vollständiger Verdauung einer naturbelassenen Kost. Außerdem hat die trockene Semmel die Funktion, das gründliche Kauen zu trainieren und den so wichtigen Speichelfluss anzuregen, der die erste Stufe der Verdauung ist. |
Wie kann man Eichenrinde beschreiben? | Vegetative Merkmale
Eichen-Arten sind sommergrüne oder immergrüne Bäume, seltener auch Sträucher. Die wechselständig und spiralig an den Zweigen angeordneten Laubblätter sind meist in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die dünnen bis ledrigen, einfachen Blattspreiten sind gelappt oder ungelappt. Die Blattränder sind ganz oder teils stachel- oder grannenspitzig, gezähnt bis gekerbt. Die unscheinbaren, extrapetiolaren Nebenblätter fallen früh ab (nur bei Quercus sadleriana sind sie auffälliger). Bei einigen Arten kommt Marzeszenz bei den Blättern vor.
Je nach Standort und Sorte kann eine Eiche etwa 30 bis 50 Meter hoch und in manchen Fällen über 1000 Jahre alt werden. |
Welche Merkmale hat Eichenrinde? | Eichen-Arten sind einhäusig gemischtgeschlechtig (monözisch). Die meist zu mehreren an der Basis junger Zweige sitzenden Blütenstände sind eingeschlechtig. Die Blüten sind sehr einfach gebaut, wie es bei windbestäubten (anemophilen) Taxa häufig der Fall ist. Die männlichen Blüten sind in hängenden Blütenständen (Kätzchen) zusammengefasst. Die Blütenhüllblätter sind verwachsen. Die männlichen Blüten enthalten meist sechs (zwei bis zwölf) Staubblätter, es sind manchmal reduzierte Pistillode (sterile Stempel), in Form von Haarbüscheln, vorhanden. Die weiblichen Blüten enthalten meist drei (bis sechs) Fruchtblätter und einen Stempel mit mehreren Griffeln. Jede Cupula (Fruchtbecher, Hütchen) enthält nur eine weibliche Blüte.
Eichen sind insbesondere an ihrer Frucht, der Eichel (von althochdeutsch eihhila „das Junge der Eiche“), früher auch Ecker und lateinisch glans genannt, zu erkennen und in den einzelnen Arten zu unterscheiden. Die Eichel ist eine Nussfrucht. Sie reifen im ersten oder zweiten Jahr nach der Bestäubung. Jede Nussfrucht ist von einem Fruchtbecher umgeben.
Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 12. |
Wo gibt es Eichenrinde? | Bei dem römischen Autor Quintus Ennius (239–169 v. Chr.) findet sich der früheste literarische Beleg für den lateinischen Namen einer Quercus-Art, 'quercus'. Die Gattung Quercus wurde durch Carl von Linné 1753 in Species Plantarum, Tomus II, S. 994 und 1754 in Genera Plantarum, 5. Auflage, S. 431 aufgestellt.
Die Gattung Quercus wird bei Denk et al. 2017 in die (primär) neuweltliche Untergattung Quercus (Diversitätsmaximum in Nord- und Mittelamerika, ~ 30 Arten in Europa und Asien) mit fünf Sektionen, Quercus (Weißeichen im engeren Sinne), Lobatae (Roteichen), Ponticae, Protobalanus und Virentes (Engl. live oaks), und die altweltliche Untergattung Cerris mit drei Sektionen, Cerris (Zerreichen im engeren Sinne), Cyclobalanopsis und Ilex, unterteilt. Die klassische Unterteilung des letzten Jahrhunderts in zwei Untergattungen (oder Gattungen), zurückgehend auf Andres Sandø Ørsted, Cyclobalanopsis (sektion Cyclobalanopsis) und Quercus (alle anderen Eichen) fand keine Entsprechung in molekular-phylogenetischen Stammbäumen.
Quercus-Arten gibt es in Nordamerika, Mexiko, auf den Karibischen Inseln, in Zentralamerika, in Südamerika nur in Kolumbien, in Eurasien und in Nordafrika. Quercus ist die wichtigste Laubbaumgattung der Nordhalbkugel. Ein Schwerpunkt der Artenvielfalt ist Nordamerika.
Die Gattung Quercus enthält 400 bis 600 Arten, davon mindestens 280 in der Untergattung Quercus und mindestens 140 in der Untergattung Cerris. Hier eine Arten-Auswahl: |
Was wissen wir über das Leben von Eichenrinde? | Antikes Griechenland: dem Zeus geweiht bei den Griechen (Eichenorakel von Dodona)
Rom: dem Jupiter geweiht bei den Römern,
Kelten: Dem Himmelsherrscher und Wettergott Taranis gewidmet. Durch den römischen Geschichtsschreiber Plinius dem Älteren ist überliefert, dass die Kelten ohne Eichenlaub keine kultischen Handlungen vollzogen. Nach einer Herleitung könnte das Wort Druide für Priester von der festlandkeltischen Wurzel dru abgeleitet sein.
Germanen: dem Gewittergott Donar (= Thor) geweiht. Der Legende nach fällte der heilige Bonifatius (Apostel der Deutschen) im Jahr 723 die Donareiche bei Geismar, um den zu bekehrenden Heiden zu beweisen, dass ihr Gott ein ohnmächtiges Wesen sei, das nicht einmal seinen Baum schützen könne. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Eichenrinde? | Carl August Bolle: Die Eichenfrucht als menschliches Nahrungsmittel. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Band 1, 1891, S. 138–148.
T. Denk, G. W. Grimm, P. S. Manos, M. Deng, A. L. Hipp: An Updated Infrageneric Classification of the Oaks: Review of Previous Taxonomic Schemes and Synthesis of Evolutionary Patterns. Oaks Physiological Ecology. Exploring the Functional Diversity of Genus Quercus L. Springer International Publishing, 2017.
Joachim Krahl-Urban: Die Eichen. Forstliche Monographie der Traubeneiche und der Stieleiche. Parey, Hamburg 1959.
Wolf Dieter Becker: Von verkohlten Nahrungsvorräten, geheimnisvollen Wällen und bitteren Mahlzeiten – Archäobotanische Untersuchungen in Westfalen. (S. 191–194) In: Ein Land macht Geschichte Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Köln 1995, ISBN 3-8053-1801-4. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Eichenrinde? | Einträge zu Quercus bei Plants For A Future
Material Archiv: Eiche
Bestimmungsschlüssel und Beschreibung der Eichenarten der iberischen Halbinsel bei Universidad Autónoma de Madrid. (spanisch, PDF; 1,34 MB).
Alle Quercusarten mit vielen Beschreibungen bei Oaks of the World, abgerufen am 21. November 2018.
Quercus Portal – A european genetic and genomic web resources for Quercus von INRA.
Peter Riede: Eiche. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart, März 2018 |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Dekokt? | Willem Frans Daems: Arzneiformen. In: Lexikon des Mittelalters. Band 1, Sp. 1094–1096, hier: Sp. 1094.
Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch. 255. Auflage, De Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-007916-X, S. 328 (Decoctio). |
Welche Geschichte hat Naturheilverfahren? | Im hippokratischen Verständnis, welches in Antike und Mittelalter die Basis der akademischen Medizin war (vgl. Humoralpathologie), wurde die Natur als Lebenskraft und als Heilkraft aufgefasst. Die Genesung des Patienten wurde durch die Natur bewirkt, der Arzt war lediglich Behandler: Medicus curat, natura sanat.
Eine erste (alternativmedizinisch-)naturheilkundliche Bewegung in Schlesien löste der schlesische Predigermönch und Dichterarzt Nicholaus Polonus (genannt auch Niklas von Mumpelier), aus dem Dominikanerkloster Krakau, um 1275 aus, dessen therapeutisches Konzept antigalenische und antischolastische Inhalte aufwies.
Der Begriff Naturheilkunde wurde erstmals 1839 von Johann Baptist Gross in der 3. Auflage seines Werkes Das kalte Wasser als vorzügliches Beförderungsmittel der Gesundheit und ausgezeichnetes Heilmittel in Krankheiten verwendet: |
Wo gibt es Naturheilverfahren? | Grundsätzlich ist zwischen der ärztlichen Anwendung, Behandlungen nach dem Heilpraktikergesetz und der Selbstbehandlung zu unterscheiden. Vor allem in der niedergelassenen Ärzteschaft und in der Rehabilitationsmedizin sind naturheilkundliche Verfahren durchaus verbreitet. In Deutschland sind rund 14.000 Ärzte in ärztlichen Fachgesellschaften für Naturheilverfahren organisiert. Zum Vergleich sind es 28.000 bei der Akupunktur, 8.000 in der Manuelle Medizin, 6.000 in der Homöopathie und mehr als 5.000 in sonstigen Verfahren der komplementären Medizin.
In Deutschland gibt es nach der abgeschlossenen Facharztausbildung die Möglichkeit die durch die Ärztekammern anerkannte Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren zu erlangen. Zum Erwerb der Zusatzbezeichnung sind vier Kurse mit zusammen 160 Unterrichtseinheiten sowie eine 12-wöchige Praxis-Hospitation bei einem weiterbildungsermächtigten Arzt erforderlich. Die Praxis-Hospitation ist durch die 80 Stunden Fallseminare einschließlich Supervision ersetzbar.
Die Weiterbildung beinhaltet den Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in |
Wie kann Naturheilverfahren eingesetzt werden? | Hydrotherapie und Balneotherapie – Wasseranwendungen (Wärme- und Kältetherapie, „Wasserkuren“)
Bewegungstherapie
Ernährungstherapie – Unterstützung der Behandlungen durch eine gesunde Kost und eine dem Krankheitsbild angepasste Diät
Ordnungstherapie – Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, um die Gesundheit von Körper, Geist und Seele auf eine positive Art zu beeinflussen. |
Welche Methoden der Naturheilverfahren sind bekannt? | Oft werden auch folgende Methoden der Alternativmedizin als naturheilkundlich bezeichnet: |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Naturheilverfahren? | Pflanzenheilkunde
Ernährungswissenschaft
Ökotrophologie
Deutscher Naturheilbund
Gesellschaft für Phytotherapie
Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Naturheilverfahren? | Maximilian Alexander: Geschichte der Naturheilkunde, ISBN 3-8118-5830-0.
M. Augustin, V. Schmiedel: Praxisleitfaden Naturheilkunde. Urban & Fischer, München.
Friedrich Eduard Bilz: Das neue Heilverfahren. Lehrbuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege. Bilz, Dresden 1888. (spätere Ausgaben unter dem Titel: Das neue Naturheilverfahren. Lehr- und Nachschlagebuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege)
Alfred Brauchle: Die Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern. Zweite, erweiterte Auflage von „Große Naturärzte“. Reclam-Verlag, Stuttgart 1951.
Alfred Brauchle: Handbuch der Naturheilkunde. Stuttgart 1952 (8. Auflage)
Alfred Brauchle: Das große Buch der Naturheilkunde. 1957; Neuausgabe Gütersloh 1977.
Klemens Dieckhöfer: Kleine Geschichte der Naturheilkunde. Hippokrates Verlag, Stuttgart 1985.
Uwe Heyll: Wasser, Fasten, Luft und Licht. Die Geschichte der Naturheilkunde in Deutschland. Campus Verlag, Frankfurt New York 2006, ISBN 3-593-37955-4.
Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C. H. Beck Verlag, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 27–32 („Naturheilkunde“ kontra „naturwissenschaftliche“ Medizin (1850–1880)) und S. 115–178 (Naturheilverfahren).
Robert Jütte: Naturheilverfahren. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1025–1027.
Josef Karl: Neue Therapiekonzepte für die Praxis der Naturheilkunde. Pflaum Verlag, München 2004, ISBN 978-3-7905-0685-3.
Manfred Köhnlechner (Hrsg.): Handbuch der Naturheilkunde. I–II. 3. Auflage. Köln 1986.
Karin Kraft, Rainer Stange: Lehrbuch Naturheilverfahren. Hippokrates, Stuttgart 2009. ISBN 3-8304-5333-7.
Heinrich Lahmann: Die wichtigsten Kapitel der natürlichen (physikalisch-diätethischen) Heilweise. 3. Auflage der „Physiatrischen Blätter“. Stuttgart 1897.
K.F. Liebau: Handbuch für die Naturheilkunde. Pflaum, München.
Maria Lohmann: Therapiehandbuch Naturheilkunde. Urban & Fischer, München.
Maria Lohmann: Einstieg in die Naturheilpraxis. Urban & Fischer, München 2007, ISBN 3-437-55262-7.
Pschyrembel Naturheilkunde und alternative Heilverfahren. 3. Auflage. De Gruyter, Berlin 2006, ISBN 978-3-11-018524-9.
I. Richter: Naturheilkundliche Therapieverfahren. Urban & Fischer, München.
Ergänzend zu speziellen, wichtigen Teilgebieten: |
Welche Geschichte hat Apothekergarten? | Der Apothekergarten geht auf die Klostergärten des Mittelalters zurück, in denen Pflanzen auch zu medizinischen Zwecken angebaut wurden. Über einen Kräutergarten hinausgehend enthielt der mittelalterliche Arzneigarten auch neben den typischen Arzneipflanzen weitere Pflanzen, denen medizinische Wirkungen zugesprochen wurden (zum Beispiel Sellerie, Lupinen und Spinat), und auch geschmackgebende und (als „Salsamenta“) würzende Pflanzen und Kräuter (etwa Dill, Knoblauch, Majoran, Raute und Salbei). Seit dem 16. Jahrhundert wurden sie auch von Apothekern angelegt, so beispielsweise 1539 von Johannes Ralla in Leipzig und 1540 in der Freien Reichsstadt Nürnberg vom Besitzer der Apotheke Zum weißen Schwan, Georg Öllinger. Dieser belieferte auch die Botaniker Hieronymus Bock und Otto Brunfels mit seltenen Pflanzen aus eigener Zucht. Ebenfalls in Nürnberg entstand 1613 der Hortus Eystettensis durch Basilius Besler als erstes botanisches Werk eines Apothekers. Besler hatte zuvor den verwilderten Garten des Arztes Camerarius wiederhergestellt und den Bestand aufgezeichnet. Ende des 16. Jahrhunderts besaß auch die Ratsapotheke in Hannover zwei Gärten, die so groß waren, dass ab dem 17. Jahrhundert mehrere Gärtner dort fest beschäftigt wurden. Während des Barocks wurde das Anlegen solcher Gärten regelrecht zur Marotte, die aber auch dem ernsthaften Studium der Botanik diente. Beispiele für damals angebaute, aber heute teils nicht mehr verwendete Heilpflanzen sind Rittersporn, Akelei, Mohn, Schwertlilie und die Weiße Lilie. Zu dieser Zeit entstanden auch botanische Gärten in Berlin und Halle, die als Mustergarten für praktische Medizin bzw. Arzneigarten angelegt wurden. Der Garten in Halle erlangte durch Kurt Sprengel Bekanntheit in ganz Europa.
Aber auch Klöster beherbergten reine Apothekergärten, was im Falle der Abtei Seligenstadt durch einen Kupferstich von Johann Stridbeck aus dem Jahre 1712 belegt ist. Abt Peter IV. gründete dort im frühen 18. Jahrhundert eine Klosterapotheke, die der Versorgung der gesamten Umgebung diente. Eine historische Apotheke und der Garten mit etwa 200 Heilpflanzen, sortiert nach Anwendungsgebieten, sind heute wieder öffentlich zugänglich. Nach kurzer Blüte verschwanden solche Klosterapotheken aber im Zuge der Säkularisation ab 1803 sehr schnell wieder. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Apothekergarten? | Basilius Besler: Der Garten von Eichstätt. Nachdruck nach der handkolorierten Erstausgabe (1613) mit einem Vorwort von W. Dressendörfer und K. W. Littger. Taschen, Köln 2000, ISBN 3-8228-6576-1.
Franz-Christian Czygan: Arzneipflanzengärten – Objekte der Kunst. In: Zeitschrift für Phytotherapie. Band 11, 1990, S. 185–194.
Friedrich Gottlieb Dietrich: Der vollständige Apotheker-Garten. Neue vermehrte Ausgabe. Ebner, Ulm 1856.
Hermann Jäger: Der Apothekergarten: Anleitung zur Kultur und Behandlung der in Deutschland zu ziehenden medizinischen Pflanzen. Für Apotheker und Gärtner, Land- und Gartenbesitzer. Verlag von Otto Spamer, 1859. Digitalisat
Werner Gaude: Die alte Apotheke: eine tausendjährige Kulturgeschichte. Verlag Koehler & Amelang, Leipzig 1985.
Johannes Gottfried Mayer: Klostermedizin: Die Kräutergärten in den ehemaligen Klosteranlagen von Lorsch und Seligenstadt. Verlag Schnell und Steiner 2002, ISBN 978-3-7954-1429-0.
Weleda AG (Hrsg.): Das Wissen der Weleda Gärtner. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-8186-0900-9. |
Welche Geschichte hat Blutreinigungstee? | Zu Beginn des 19. Jahrhunderts vertrieb der in Würzburg geborene, ab 1895 Veitshöchheimer Apotheker Carl Reichel (1843–1916) einen Blutreinigungstee nach einer Rezeptur seines in von 1833 bis 1875 in Würzburg und danach in Veitshöchheim als Kaufmann (unter anderem als „Colonialwaarenhändler und Essigfabrikant“ sowie Hersteller pharmazeutischer Präparate) tätigen Vaters Martin Reichel (1800–1887). Bestellungen von „Martin Reichels Blutreinigungstee“ erfolgten zwischen 1901 und 1914 nicht nur aus Bayern und Mitteldeutschland, sondern beispielsweise aus mehreren Städten Österreich-Ungarns. „Martin Reichel's Blutreinigungs-Tee“ wurde auch später noch von Carl Reichels Schwiegersohn Hermann Lockner (1850–1928) und seinem Enkel Hermann Lockner (1894–1980) bis 1944 von Würzburg aus (Bestelladresse: Ludwigstraße 7) vertrieben. Ein in einer alten Ausgabe des Schweizer Arzneibuchs (Pharmacopoea Helvetica V, 1933) monografierte Blutreinigungstee (Species depurativae) enthält Sassafraswurzel, Walnussblätter, Schlehdornblüten, Sennesblätter, Stiefmütterchenkraut, Guajakholz, Fenchelsamen, Süßholzwurzel und Sarsaparillenwurzel. |
Woher kommt der Name für Faulbaumrinde? | Die Gewöhnliche Traubenkirsche (Prunus padus) wird wegen ihrer brüchigen Zweige und ähnlicher Borke ebenfalls als Faulbaum bezeichnet. Zur Gattung Rhamnus gehören auch der Afrikanische Faulbaum (Rhamnus prinoides) und der Amerikanische Faulbaum (Rhamnus purshiana). |
Wie kann man Faulbaumrinde beschreiben? | Erscheinungsbild
Der Faulbaum ist ein mehrstämmiger, unregelmäßig verzweigter Strauch, der meist Wuchshöhen von 2 bis 4 Metern erreicht. Die Stämmchen weisen einen Durchmesser von etwa 5 Zentimetern auf. Besonders auf nassen Standorten wächst er vielstämmig. Selten wächst er als kleiner Baum, der Wuchshöhen von bis zu 8 Metern und dann Brusthöhendurchmesser von höchstens 15 Zentimetern erreicht. Junge Sträucher sind schnellwüchsig. Die Zweige sind nur schwach behaart. |
Welche Blüten hat Faulbaumrinde? | Zwei bis zehn Blüten stehen in einem seitenständigen trugdoldigen Blütenstand zusammen. |
Welche Blüten hat Faulbaumrinde? | Die Blütezeit reicht von Ende Mai/Anfang Juni bis in den September. Die Bestäubung erfolgt durch Bienen, Hummeln, Schlupfwespen und Käfer. |
Wo gibt es Faulbaumrinde? | Der Faulbaum ist in Europa weit verbreitet. Er fehlt im Süden der Balkanhalbinsel, auf Sizilien, Sardinien und Korsika sowie den südöstlichen Teilen der Iberischen Halbinsel ebenso wie in den nördlichen Teilen Skandinaviens und in Schottland. In Irland ist er selten, in England und Wales hingegen häufig. Im Osten reicht das Verbreitungsgebiet bis zum Ural und Westsibirien. Vorkommen gibt es auch im Kaukasus und in Anatolien. In Nordafrika gibt es Vorkommen in Marokko. Im östlichen Nordamerika ist der Faulbaum ein Neophyt.
Der Faulbaum bevorzugt subkontinentale bis subozeanische Klimaverhältnisse. Er wächst vorwiegend auf frischen, wechselfeuchten und feuchten Böden, meidet aber Staunässe. Die Art liebt tiefgründige saure Lehm-, Sand- und Tonböden. Obwohl sie häufig in Erlenbrüchen, in Birkenmooren und in Auwäldern wächst, gedeiht sie auch auf trockeneren Standorten. Gegenüber pH-Wert und Lichtverhältnissen ist der Faulbaum indifferent. Er ist eine schwache Charakterart der Ordnung Alnetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Ordnungen Prunetalia, Fagetalia, Quercetalia roboris, in denen der Klasse Vaccinio-Piceetea oder des Verbands Erico-Pinion vor.
In den Alpen kann der Faulbaum bis in Höhenlagen von 1500 Meter (im Gebiet der Churfirsten) vorkommen, in Anatolien bis 1700 Meter. In den Allgäuer Alpen steigt er in Bayern am Zipfelschrofen oberhalb Hinterstein bis zu einer Höhenlage von 1130 Metern auf.
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w+ (feucht aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (Subozeanisch bis subkontinental). |
Beschreibe die Systematik von Faulbaumrinde? | Die Erstveröffentlichung erfolgte 1753 unter dem Namen (Basionym) Rhamnus frangula durch Carl von Linné in Species Plantarum, S. 193. Das Synonym Frangula alnus veröffentlichte 1768 Philip Miller in The Gardeners Dictionary ed. 8: n.º 1. Ein weiteres Synonym von vielen ist Frangula dodonei Ard. nom. inval. Je nach verwendeter Systematik wird diese Art zur Gattung Rhamnus oder Frangula gestellt.
Man kann folgende Unterarten unterscheiden, beispielsweise falls man Frangula als Gattung verwendet mit den Namen: |
Wie wird Faulbaumrinde verwendet? | Holzkohle
Das Holz des Faulbaums ergibt eine hochwertige Holzkohle mit geringem Ascheanteil. Diese war besonders in der Vergangenheit begehrt zur Herstellung von Schwarzpulver. Auf diese Nutzung geht der Trivialname „Pulverholz“ für die Art zurück. |
Woher kommt der Name für Flohsamenschalen? | Ein ähnliches Produkt wird unter dem Namen Indische Flohsamenschalen als Lebens- und Heilmittel vertrieben; die Stammpflanze Plantago ovata wird hauptsächlich in Indien und Pakistan angebaut. |
Wie wird Flohsamenschalen verwendet? | Flohsamenschalen werden gelegentlich als pflanzliches Quellmittel oder Stuhlaufweicher bezeichnet und dementsprechend als Darmregulans eingesetzt, wobei sie sowohl bei Verstopfung als auch bei Durchfall helfen können. Die in den Flohsamenschalen enthaltenen pflanzlichen Ballaststoffe, die sogenannten Flosine-Schleimpolysaccharide, sind in der Lage, mehr als das 50-Fache an Wasser zu binden (Quellzahl > 40), was zu einer Volumenzunahme des Stuhls im Darm führt, durch den entstehenden Druck auf die Darmwand die Peristaltik anregt und schließlich den Darmentleerungsreflex auslöst. (Bei Paracelsus wird ein aus den Samen der Pflanze hergestellter Schleim, Mucilago seminis psyllii, erwähnt.) Zudem wird dadurch die Darmaktivität (Motilität) reguliert und die Transitzeit (Verweildauer) aufgenommenen Wassers im Darm verlängert, was auch die Wirksamkeit bei Durchfall erklärt.
Die Europäische Arzneimittelagentur hat Flohsamenschalen im Mai 2013 die Sicherheit und Wirksamkeit bei chronischer Verstopfung und als Stuhlaufweicher in Form eines „Community Herbal Monograph“ bescheinigt. Eine Metaanalyse von klinischen Studien aus dem Zeitraum 1966 bis 2003, die sich traditionellen Therapien der chronischen Obstipation widmete, ergab für Flohsamenschalen einen mittleren Wirkungsnachweis (moderate evidence).
Zudem fördern Flohsamenschalen wahrscheinlich das Wachstum darmfreundlicher Bakterien
und können möglicherweise entzündliche Prozesse im Magen-Darm-Trakt schneller zurückbilden. Sie werden aufgrund ihrer Quellwirkung im Magen auch zur Unterstützung der Gewichtskontrolle und Adipositasbehandlung eingesetzt.
Durch die Dickdarmbakterien werden die löslichen Ballaststoffe zu kurzkettigen Fettsäuren umgewandelt, und diese sollen dann in der Lage sein, die Cholesterin-Synthese in der Leber zu hemmen und somit den Cholesterinspiegel im Blut zu senken. Außerdem sollen die löslichen Ballaststoffe der Flohsamen die fäkale Gallensäure binden, wodurch es zu einer erhöhten Cholesterinausscheidung komme. Diese beiden letztgenannten Wirkungen sind bislang jedoch nicht ausreichend belegt und daher überwiegend Gegenstand alternativmedizinischer Anwendungen.
Der in den Flohsamenschalen enthaltene Staub kann beim Einatmen allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock auslösen. Trockene Einnahme soll deshalb vermieden werden. |
Wie wird Flohsamenschalen verwendet? | Aus Flohsamenschalen wird ein Bindemittel für den Straßen- und Wegebau hergestellt, das die Belastbarkeit von Schotterstraßen und -wegen erhöhen soll, ohne die Versickerung von Regenwasser zu behindern, wie dies mit Pflaster oder Asphalt der Fall wäre. |
Welche Inhaltsstoffe enthält Fitoterapia? | Der Impact Factor lag im Jahr 2014 bei 2,345. Nach der Statistik des ISI Web of Knowledge wird das Journal mit diesem Impact Factor in der Kategorie Pharmakologie und Pharmazie an 130. Stelle von 254 Zeitschriften und in der Kategorie medizinische Chemie an 31. Stelle von 59 Zeitschriften geführt. |
Welche Traditionen der Fuchsleber gibt es? | Bei Plinius (in Naturalis historia) und Marcellus kommt getrocknete und geriebene Fuchsleber ebenso wie Fuchslunge (Pulmo vulpis) als Heilmittel gegen die Tuberkulose vor. Noch in der Oeconomischen Encyclopädie wird ihr eine solche Wirkung zugeschrieben.
Im 19. Jahrhundert galt Fuchsleber in Deutschland noch als Brechmittel, ebenso wie sie in der Volksheilkunde des Orients eine solche Anwendung fand. |
Wie kann man Fichtenspitzen beschreiben? | Fichtenspitzen sind die jungen, hellgrünen Triebe, die im Frühjahr an den Enden der Äste von Fichtenbäumen sprießen. Diese Triebe sind weich und haben einen harzigen, frischen Geschmack. |
Wie wird Fichtenspitzen verwendet? | In der Kräutermedizin werden Fichtenspitzen für ihre heilenden Eigenschaften geschätzt. Sie werden oft in Form von Sirup verwendet, der helfen kann, Husten und Halsschmerzen zu lindern. Die Spitzen werden auch zur Herstellung von Tinkturen und Tees verwendet, die bei Atemwegserkrankungen unterstützend wirken sollen. Die heilenden Kräfte der Fichtenspitzen beruhen auf ihren antibakteriellen und entzündungshemmenden Eigenschaften. Sie enthalten auch ätherische Öle, die beim Einatmen durch Dampfinhalation helfen können, die Atemwege zu befreien. |
Welche Geschichte hat Grüner tee? | Die Teepflanze wird seit mehreren tausend Jahren in China angebaut. Dort entwickelte sich im 6. Jahrhundert v. Chr. auch diese Variante der Verarbeitung von Tee. Zur Zeit der chinesischen Tang-Dynastie wurde der zu Ziegeln oder anderen Formen gepresste Tee geröstet, zu Pulver gerieben und mit kochendem Wasser zubereitet. Der Dichter Lu Yü hat dies 780 n. Chr. in seinem Werk Chajing ausführlich beschrieben. Die Zubereitung wurde in der nachfolgenden Song-Dynastie noch verfeinert; die Teeblätter kamen nach dem Dämpfen und Trocknen direkt in Steinmühlen und wurden zu Pulver gemahlen. Im 8. Jahrhundert brachten buddhistische Mönche Tee von China nach Japan. Die damals in China übliche Form der Teezubereitung mit gemahlenem Grüntee wurde in Japan seit der Nara-Zeit zur japanischen Teezeremonie weiterentwickelt. Hierbei werden traditionell in Steinmühlen staubfein gemahlene Teeblätter (Matcha) mit einem Teebesen in heißem Wasser aufgeschlagen. Zur Zeit der Ming-Dynastie kam die Methode auf, Teeblätter direkt in einer Teekanne aufzubrühen – heute die weltweit üblichste Form der Zubereitung. In dieser Zeit (16. und 17. Jahrhundert) verbreitete sich der grüne Tee auch in Europa. |
Welche Inhaltsstoffe enthält Grüner tee? | Der wichtigste Inhaltsstoff des Tees ist das anregende Coffein, das früher im Zusammenhang mit Tee auch als Tein, Teein oder Thein bezeichnet wurde. Der Coffeingehalt variiert je nach Grünteesorte sehr deutlich. Grundsätzlich weisen die japanischen Sorten Gyokuro und Sencha im Teewasser die höchsten und Kukicha und Bancha die niedrigsten Werte auf. Weitere Bestandteile der Teeblätter sind Catechine, davon als wichtigste Vertreter Epicatechin (EC), Epicatechingallat (ECG), Epigallocatechin (EGC) und Epigallocatechingallat (EGCG). Die meisten gesundheitsfördernden Wirkungen des Grüntees werden den Catechinen zugeschrieben. Allerdings sind die Catechine auch die Stoffe, die dem Tee den bitteren Geschmack verleihen.
Wichtig für den Geschmack eines Grüntees sind die Aminosäuren in den Teeblättern, allen voran das Theanin. Die Aminosäuren machen bis zu sechs Prozent der Trockenmasse der Teeblätter aus. Der Gehalt an Aminosäuren lässt sich gezielt beim Anbau erhöhen, indem man die Teepflanzen im Frühjahr beschattet.
Andere Inhaltsstoffe sind Vitamin A, Vitamin B2, 1-Methylnicotinamid, Calcium, Kalium, Phosphate, Magnesium, Kupfer, Zink, Nickel, Carotine und Fluorid.
Grüner Tee enthält mehr Gerbstoffe (Tannine) als schwarzer Tee, deshalb schmeckt er herber als dieser. Die Gerbstoffe wirken bei nervösem Magen und Darm beruhigend und bei trägem Darm stopfend. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Grüner tee? | Aleíjos: T'U CH'UAN. Grüne Wunderdroge Tee. Schicksal einer Heilpflanze in fünf Jahrtausenden. 4. Auflage. Wilhelm Braumüller Verlag, Wien 1998, ISBN 3-7003-1217-2.
B. E. Sumpio, A. C. Cordova, D. W. Berke-Schlessel, F. Qin, Q. H. Chen: Green tea, the "Asian paradox", and cardiovascular disease. In: Journal of the American College of Surgeons. Band 202, Nummer 5, Mai 2006, S. 813–825, doi:10.1016/j.jamcollsurg.2006.01.018. PMID 16648021. (Review).
Jutta Wellmann: Grüner Tee. Jungbrunnen für Körper und Seele. Wilhelm Goldmann Verlag, München 1999, ISBN 3-442-16179-7.
Jörg Zittlau: Gesundheit aus der Natur. Grüner Tee. Südwest Verlag, München 1998, ISBN 3-517-08028-4. |
Wie wird Kanadabalsam verwendet? | Gereinigter und gefilterter Kanadabalsam wurde aufgrund seiner hohen optischen Qualität und der Ähnlichkeit seines Brechungsindexes (n= 1,54) mit dem von Kronglas (n = 1,55) traditionell in der Optik verwendet. Weil die Grenzstelle zwischen Balsam und Glas nach dem Aushärten so gut wie unsichtbar wird, verkittete man mit diesem durchsichtigen Terpentin Linsen zu Linsengliedern oder Prismen zu einem Glan-Thompson-Prisma. Kratzer in Glasscheiben, früher oft auch in Brillen, reparierte man damit möglichst unsichtbar. Kanadabalsam ist bei guten Optikern erhältlich.
Als Edelterpentin, mit dem Venezianer Terpentin ähnlichen Eigenschaften, ist es in der Ölmalerei bei der Herstellung von Malfarben von Bedeutung.
Auch wird er als Einschlussharz, zur Konservierung wasserfreier Präparate als Einbettungsmedium in der Mikroskopie verwendet (→Mikrotom); man verwendet in Xylol oder Chloroform gelösten Kanadabalsam. Auch kam er in der Dunkelfeldmikroskopie und der Immersions-Mikroskopie zur Anwendung.
In vielen Bereichen wird Kanadabalsam seit Jahren durch Acrylharze substituiert, da diese langzeitstabiler, preiswerter, schneller aushärtend und besser lagerbar sind.
Im unausgehärteten Zustand ist Kanadabalsam ein aromatisch duftender Riechstoff und traditionelles Heilmittel für Blutergüsse, Verbrennungen und Wunden, Erkältungen und sogar Knochenbrüche. In Kanada wird es volkstümlich verwendet bei Husten und Verletzungen. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Kanadabalsam? | Rudolf Hänsel, Konstantin Keller, Horst Rimpler, Gerhard Schneider (Hrsg.): Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Drogen A–D, 5. Auflage, Springer, 1992, ISBN 978-3-642-63468-0, S. 17 f.
Frederick Bender: Canada Balsam: Its Preparation and Uses (Le baume du Canada : sa préparation et ses emplois). Departmental publication no. 1182, Canada Dept. of Forestry and Rural Development, Ottawa/Ontario 1967, OCLC 65796742. |
Welche Geschichte hat Heilpflanzengarten celle? | Nach der organisatorischen Angliederung der traditionsreichen Landfrauenschule an die Albrecht-Thaer-Schule in Celle 1974 suchte die Stadt „im Rahmen der EXPO 2000 [...] ein Gelände für einen Heilpflanzengarten.“ So schuf die Stadt Celle als Bauherr mit dem Grünflächenamt auf dem ehemaligen „Bauerngarten“ der Fachschule den Heilpflanzengarten mit Rasenflächen, Informations-Pavillon und Brunnenanlage.
Zeitgleich entstanden das „Café KräuThaer“ und der „KräuThaer Laden“, die mit ihrer Namensgebung an den in Celle geborenen Agrarwissenschaftler Albrecht Daniel Thaer erinnern, der in dem nahegelegenen (heutigen) „Thaers Garten“ einen ersten Versuchsbetrieb eingerichtet hatte. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Heilpflanzengarten celle? | Sigrid Heinze (Red.), Annette Boes, Beate Black: Der Celler Heilpflanzengarten / Düfte, Gifte, Farbenspiele, hrsg. von „KeimCelle Zukunft - Heilen im Dialog“, ein EXPO-Projekt der Stadt Celle, Celle 2004 (?), ISBN 3-925902-38-4. |
Wo wächst Kaffeekohle? | Kaffeekohle wird durch eine spezielle Röstung der äußeren Samenpartien von grünen, getrockneten Früchten verschiedener Kaffeesorten gewonnen. So entsteht ein Pulver mit stark vergrößerter Oberfläche. Im Gegensatz zur medizinischen Kohle, die durch eine „komplette“ Verkohlung z. B. der Kokosnussschale entsteht, wird die Kaffeekohle nur bis zu einem bestimmten Grad geröstet. So bleiben noch Bestandteile enthalten, die auch im Kaffee zu finden sind, wodurch die Kaffeekohle ihre vielseitige Wirkung bekommt. |
Welche Geschichte hat Kaffeekohle? | Viele Naturvölker kannten und nutzten schon früh die berauschende und auch die heilende Wirkung der Kaffeebohnen. In der arabischen Volksmedizin sind die medizinischen Wirkungen eines sehr stark gebrannten Kaffees seit Jahrhunderten bekannt. In Chile wurden früher rohe, zerkleinerte Kaffeebohnen aufgebrüht und bei Beschwerden von Galle und Leber getrunken. In Deutschland wurde 1885 erstmals die antiseptische Wirkung der Kaffeekohle in einer Ärztezeitschrift von dem Arzt Oppler aus Straßburg erwähnt. Die vielfältigen medizinischen Wirkungen wurden jedoch erst 1937 und 1938 durch den Arzt und Naturheilkundler August Heisler bekannt, der den Einsatz der Kaffeekohle bei einer Vielzahl von erkrankten Schleimhäuten, von der Nase bis zum Darm, beschrieb, so zum Beispiel bei verschiedenen Darmstörungen sowie Erkrankungen von Mund, Rachen und Mandeln. Die Wirkung der Kaffeekohle erklärte er wie folgt: Entgiftung durch die Kohle (bindet Mikroorganismen und Bakteriengifte), Desinfektion durch die Phenole, erhöhte Blutzufuhr am Entzündungsherd durch Coffein, Heilernährung durch die enthaltenen Vitamine. In einer medizinischen Fachzeitschrift empfahl er darüber hinaus seinen Kollegen die Entgiftung durch Kaffeekohle in Fällen von unklaren Infektionen statt der Entfernung von Mandeln oder Zähnen. Von ihm dargelegte Beispielfälle legten den Schluss nahe, dass beispielsweise Mandelentzündungen oft lediglich ein Versuch des Organismus zur Selbstentgiftung darstellen, der ursächlich primäre Krankheitsherd jedoch im Darm liegt.
Da noch keine industriell hergestellte Kaffeekohle verfügbar war, empfahl er die eigene Herstellung: Grüne Kaffeebohnen sollten über offenem Feuer ca. 35 Minuten geröstet werden, bis sie anfangen, schwarz zu werden. Dann sollte der Kaffee entweder in einer türkischen Kaffeemühle gemahlen oder mit einem Mörser fein zerrieben werden. Zur innerlichen Anwendung empfahl er einen gehäuften Kaffeelöffel, das Aufbringen auf die Rachenschleimhaut sollte mit einem Wattepinsel, das Einreiben des Zahnfleisches mit einem vorher angefeuchteten Finger erfolgen. |
Welche Inhaltsstoffe enthält Kaffeekohle? | Die Wirkung der Kaffeekohle ist auf ihr Adsorptionsvermögen und die darin enthaltenen Inhaltsstoffe zurückzuführen: Koffein, Histobasen, cholinartige Körper, Trigonellin (B2-Komplex), Chlorogen- und Kaffeesäure. Die Arzneidroge besitzt adstringierende (zusammenziehende), absorbierende (aufsaugende), antibakterielle, schmerzstillende und entzündungshemmende Eigenschaften. Durch die große Oberfläche der Kaffeekohle können schädliche Stoffe, Toxine, Gärungsprodukte des Darms und auch überschüssige Flüssigkeit gebunden und ausgeschieden werden. Der Gehalt an Chlorogen- und Kaffeesäuren bewirkt ein Zusammenziehen der äußeren Schichten der Schleimhaut und führt so ebenfalls zu einer verminderten Flüssigkeitssekretion in den Darm. Untersuchungen der Universität Leipzig zeigen, dass die Kaffeekohle auch entzündungshemmende Inhaltsstoffe enthält, am stärksten entzündungshemmend wirkt dabei die Chlorogensäure. Weitere Leipziger Forschungen an komplexen Labormodellen des Darms konnten zeigen, dass Kaffeekohle auch die Darmbarriere stabilisiert (vergleichbar mit dem häufig verordneten Kortisonpräparat Budesonid). Das lokale Auftragen von Kaffeekohle beschleunigt die Wundheilung und besitzt schmerzstillende Effekte. |
Wie wird Kaffeekohle verwendet? | Schon 1937 und 1938 berichtete der Arzt August Heisler in verschiedenen medizinischen Fachzeitschriften über die erfolgreiche Anwendung von Kaffeekohle bei Durchfall, verschiedenen Darmstörungen und Erkrankungen weiterer Schleimhäute wie Schnupfen, Angina, chronischer Mandelentzündung, Scharlach, Diphtherie, Zahnfleischbluten und Aphthen im Mund. Auch bei schweren Hämorrhoiden, Nahrungsmittelallergien oder Lebensmittelvergiftungen und Migräne, falls diese mit einer gestörten Darmtätigkeit zusammenhängt, wurde die Kaffeekohle laut Heisler erfolgreich angewendet. Aufgrund seiner positiven Erfahrungen wurde die Kaffeekohle ab Mai 1938 auch in der Kinderklinik Erlangen bei verschiedenen Magen-Darm-Störungen (innerlich angewendet) sowie Angina, Diphtherie und Ekzemen (durch Bestäuben) eingesetzt. Gustav Link, der Arzt der Kinderklinik, beschrieb im Hippokrates 1939 zahlreiche auf diese Weise erfolgreich therapierte Patientenfälle.
Heute wird Kaffeekohle nach Empfehlung der Kommission E zur Behandlung von unspezifischen akuten Durchfallerkrankungen und lokal bei leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut verwendet. In der Apotheke gibt es Kaffeekohle pur als Pulver oder kombiniert mit Myrrhe und Kamille als Tabletten. Sie werden zur unterstützenden Behandlung bei Magen-Darm-Störungen mit unspezifischem Durchfall, begleitet von leichten Krämpfen und Blähungen eingesetzt.
Es ist zu beachten, dass Kaffeekohle die Absorption und Wirksamkeit anderer Medikamente eventuell reduzieren kann, weil es diese im Darm bindet. Demnach wird ein zeitlicher Abstand von ca. 3 Stunden zwischen der Einnahme von Kaffeekohle und anderen Medikamenten empfohlen. Unerwünschte Wirkungen sind bisher keine bekannt. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Kaffeekohle? | Thomas W. Baumann, Renate Seitz: Coffeae carbo (Kaffeekohle). In: Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen (Datenstand: 22. April 2014, abgerufen am 16. September 2019)
August Heisler: Dennoch Landarzt. 5., durchgesehene und erweiterte Auflage. Max-Heitner-Verlag, München 1950.
Heinz Schilcher (Hrsg.): Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer Verlag, München 2016, S. 172f. |
Welche Traditionen der Kampo gibt es? | Kampō darf heute in Japan anders als die Moxibustion und Akupunktur nur von approbierten Ärzten angewandt werden. Da seit alters her viele der Drogen importiert wurden, begann man in Japan zur Verringerung dieser Abhängigkeit während des 19. Jahrhunderts die wirksamsten Substanzen zu selektieren und einer pharmazeutischen Aufarbeitung zu unterziehen. Dies führte zu einem höheren Nutzungsgrad und geringeren Dosen als in den chinesischen Rezepturen. Zugleich ging die Zahl der verwendeten Drogen zurück. Traditionelle chinesische Apotheken halten zur Herstellung der gängigen Rezepturen einen Drogenvorrat von etwa 500 Einzelsubstanzen. Demgegenüber verwendet die japanische Kampō-Medizin Kombinationspräparate von etwa 250 Drogen. Gesetzliche Vorschriften zwingen die Hersteller zu rigorosen Rückstandskontrollen auf Insektizide und Herbizide sowie zu Überprüfungen auf mikrobiologische Verunreinigungen (z. B. Aflatoxine) und Schwermetallbelastungen.
Neben der körperlichen Untersuchung mit Zungen- und Pulsbeurteilung legen viele Vertreter der Kampō-Medizin großen Wert auf die Bauchdeckendiagnose (Palpation) fukushin (腹診), eine spezifisch japanische Errungenschaft. |
Welche Geschichte hat Kampo? | Wie viele andere Disziplinen entwickelte sich in Japan die Heilkunde im engen Austausch mit China. Mit der ab 600 einsetzenden und bis 894 andauernden Entsendung von Gesandtschaften nach China kam auch die chinesische Medizin auf die japanischen Inseln. Das während der Heian-Zeit anhand chinesischer Werke kompilierte Ishinpō (医心方, 982) ist die älteste medizinische Schrift eines japanischen Autors. Über die ersten Jahrhunderte hinweg wurden die chinesischen Lehren weitgehend unverändert übernommen.
Eine nachhaltige eigenständige Sichtweise kam erst im 16. Jahrhundert auf. Sie wurde von dem Mediziner Tashiro Sanki (1465–1537) eingeleitet, der aus China die während der Jin- und der Yuan-Dynastie entwickelten Lehren mitbrachte. Unter seinem Schüler Manase Dōsan (1507–1594) erlebte die von Tashiro begründete „Schulrichtung des späteren Zeitalters“ (Gosei-ha 後世派, auch Goseihō-ha 後世方派), eine starke Systematisierung. Zugleich befreite der Aufschwung dieser neuen Schule die japanische Medizin aus den Fesseln der bisherigen Klostermedizin.
Doch schon bald regte sich Widerstand gegen die mit spekulativen und praxisfernen Elementen durchsetzten „neuen“ Konzeptionen. Eine sich als „Alte Schulrichtung“ (Kohō-ha 古方派) konstituierende Bewegung griff zum einen auf frühe chinesische Klassiker wie das Shanghan-lun (傷寒論, jap. Shōkan-ron) zurück, das die durch Kälte (han, 寒) verursachten Krankheiten diskutiert, und betonten zum anderen die Bedeutung von Beobachtung, Erfahrung und Praxis. Diese Haltung trug auch zur Rezeption der westlichen Medizin bei, sie ermöglichte zugleich die Ausbildung des Fundaments der japanischen Kampō-Medizin.
Der Eklektizismus der japanischen Ärzte während der Edo-Zeit macht eine saubere Grenzziehung zwischen einheimischer, chinesischer und westlicher Medizin schwierig. Moderne Gegenüberstellungen von Ost und West ignorieren nahezu durchweg den komplexen historischen Werdegang. Eine scharfe Trennung wurde erst in der Meiji-Zeit vorgenommen, nachdem die Regierung 1870 den Aufbau des Gesundheitswesens nach deutschem Vorbild beschlossen hatte, hierzu ein Approbationssystem einführte und die traditionelle Medizin nach Kräften eindämmte. Als eine nach langjährigen Auseinandersetzungen entwickelte, ins Parlament eingebrachte Gesetzesvorlage zur Einführung eines einheitlichen Ausbildungsgangs und Approbationsverfahren für traditionelle Medizin 1895 scheiterte, war diese faktisch am Ende ihrer herkömmlichen Entwicklung. |
Wo wird Kampo angewendet? | 1967 nahm das japanische Gesundheitsministerium vier Kampō-Präparate in die von der Staatlichen Krankenversicherung anerkannten Liste von Heilmitteln auf. 1976 waren es bereits 83 Präparate, inzwischen ist die Zahl auf 148 angestiegen. Die Arzneipflanzen wurden über Jahrhunderte hinweg vom Arzt gemischt und meist in Form eines Absuds (Dekokt) eingenommen. Heute gibt es zahlreiche Fertigdrogen als Granulat bzw. in der Form flüssiger Extrakte. Der japanische Markt wird von den Firmen Tsumura (ツムラ) und Kracie (クラシエ) dominiert.
Auch in Europa gewinnt die japanische Kampo-Medizin durch einschlägige Buchpublikationen, Ausbildungskurse für Ärzte und wissenschaftliche Kongresse nach und nach an Bekanntheit. |
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Kampo? | Eberhard, Ulrich: Leitfaden Kampo-Medizin. Japanische Phytotherapie. Elsevier (Urban & Fischer), 2003.
Eberhard, Ulrich: Kampo − die japanische Phytotherapie. In: Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 47(2), 2004, S. 21–29.
Matsumoto, Kiiko / Birch, Stephen: Hara Diagnosis: Reflections on the Sea. Paradigm Publications, 1988.
Michel-Zaitsu, Wolfgang: Traditionelle Medizin in Japan − Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. Kiener Verlag, 2017. (ISBN 978-3-943324-75-4)
Oberländer, Christian: Zwischen Tradition und Moderne: die Bewegung für den Fortbestand der Kanpô-Medizin in Japan. Stuttgart: Steiner, 1995 (ISBN 3-515-06612-8)
Oberländer, Christian: Traditionelle Medizin und Krankheitsverständnis im Japan der Moderne: der Weg von der sinojapanischen Heilkunde der Edo-Zeit zur Kanpō-Medizin der Gegenwart. In: Zeitschrift für medizinische Ethik: Wissenschaft, Kultur, Religion. Jahrg. 49, Heft 3 (2003), S. 277–286.
Otsuka, Keisetsu: Kanpo − Geschichte, Theorie und Praxis der chinesisch-japanischen traditionellen Medizin; aus dem Japanischen ins Deutsche übertragen von Yasuo Otsuka. Tokyo: Tsumura Juntendo, 1976.
Otsuka, Keisetsu: Kampo − A Clinical Guide to Theory and Practice. Singing Dragon, 2nd ed. 2016, 224 pages (Translated by Gretchen de Soriano & Nigel Dawes, with a foreword by Dan Bensky)
Rister, Robert: Japanese Herbal Medicine. The Healing Art of Kampo. Garden City Park, N.Y.: Avery Pub, 1999.
Rosner, Erhard: Medizingeschichte Japans. Leiden: Brill, 1989.
Sato, Yuzo et al. (ed.): Introduction to Kampo − Japanese traditional medicine. Tokyo: Elsevier Japan, 2005.
Shibata, Yoshiharu, Jean Wu: Kampo Treatments for Climacteric Disorders − A Handbook for Practitioners. Brookline (Mass): Paradigm Publications, 1998.
Tsumura, Akira: Kampo – How the Japanese Updated Traditional Herbal Medicine. Japan Publications, 1991. |
Welche arzneimittel gibt es als Hausmittel? | Im übertragenen Sinn nennt man ein Hausmittel jede Form einer nichtprofessionellen Lösung oder Anwendung auch im nicht-medizinischen Bereich.
Insbesondere Hausärzte und Heilkundige kennen jedoch einige Hausmittel und beziehen sie in ein Behandlungskonzept mit ein. Oft werden bestimmte Nahrungsmittel oder Tees sowie Wickel und warme oder kalte Anwendungen wie Bäder verwendet. Die Sozialmedizin sieht die Anwendung von Hausmitteln als Teil der autonomen, selbsttätigen Mitwirkung des Patienten.
Als problematisch gelten Hausmittel im medizinischen Bereich, wenn sie eine Erkrankung verschlimmern oder eine rechtzeitige ärztliche Behandlung verzögern. Hausmittel sind in der Regel mit wenig Nebenwirkungen behaftet, jedoch können je nach Hausmittel auch Allergien, Infektionen, Störungen des Blutkreislaufes oder der Regulation der Körpertemperatur hervorgerufen werden.
Bereits in der römischen Antike gab es den Begriff einer „Hausmedizin“, lateinisch die medicina domestica, wie sie als Tradition etwa im um 400 verfassten Rezeptbuch des Marcellus Empiricus erscheint. |
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