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Wo wird Cannabis und cannabinoide als arzneimittel angewendet?
Der Verkehr mit Betäubungsmitteln der Anlage III unterliegt nicht der generellen Pflicht zur Einholung einer Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), soweit er im Rahmen des Betriebs einer Apotheke erfolgt oder das Produkt auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung erworben wird. Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.[85] 2007 war solch eine Ausnahmegenehmigung erstmals für eine an multipler Sklerose erkrankte Patientin erteilt worden. Vorangegangen war die Legitimation durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes im Jahr 2005, das in dieser Sicherstellung der notwendigen medizinischen Versorgung der Bevölkerung einen im öffentlichen Interesse liegenden Zweck im Sinne des § 3 Abs. 2 BtMG sah.[86] Das Bundesverwaltungsgericht hat im April 2016 in einem Revisionsverfahren auch einem unheilbar kranken Mann den Eigenanbau von Cannabis zu Selbsttherapie ausnahmsweise erlaubt.[87] Mit dem Urteil verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht damit zum ersten Mal das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, eine Ausnahmeerlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu erteilen, da das Betäubungsmittel für die medizinische Versorgung notwendig sei und keine gleich wirksame und erschwingliche Therapiealternative zur Verfügung stehe. Davon unberührt bleibe die Befugnis des BfArM, die Erlaubnis mit Nebenbestimmungen zu versehen. Anfang April 2016 hatten insgesamt 647 Patientinnen und Patienten eine Ausnahmeerlaubnis des BfArM nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Cannabis zur medizinischen Anwendung (getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte) aus einer Apotheke.[88]
Welche Blüten hat Cannabis und cannabinoide als arzneimittel?
Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung seit 2017 Die Bundesregierung beschloss am 4. Mai 2016 einen Gesetzesentwurf, der die Versorgung mit Cannabis zulasten der gesetzlichen Krankenkassen ermöglichen und die Erlaubnispflicht gem. § 3 Abs. 2 BtMG ablösen sollte.[89] Seit dem 10. März 2017 haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung gem. § 31 Abs. 6 SGB V[90] unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon.[91][92] Die Ergebnisse einer Begleiterhebung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zum Einsatz von Cannabis in der Medizin[93] hat der Gemeinsamen Bundesausschuss im März 2023 in der Arzneimittel-Richtlinie berücksichtigt.[94] Danach gibt es keinen Facharztvorbehalt für die Verordnung von medizinischem Cannabis, das heißt alle Ärztinnen und Ärzte sind verordnungsbefugt. Dies sei vor allem für die Versorgung von Patientinnen und Patienten in der ambulanten Palliativversorgung von erheblicher Bedeutung, weil hier Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner (Hausärzte) große Teile der Patientenversorgung sicherstellten.[95] Krankheit muss allerdings „lebensbedrohlich sein oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen.“[96] Gem. § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V besteht der Anspruch, wenn
Wie sind Cannabis und cannabinoide als arzneimittel zugelassen?
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann, eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Die Patienten müssen also nicht „austherapiert“ sein, wie es anfangs hieß, bevor sie einen Anspruch auf ein Cannabis-Rezept haben.[97] Der Arzt darf einem Patienten im Monat bis zu 100 Gramm Cannabis in Form getrockneter Blüten oder bis zu 1 Gramm – bezogen auf den Δ9-THC-Gehalt – als Extrakt in standardisierter pharmazeutischer Qualität verschreiben (Änderung der §§ 1 und 2 BtMVV). Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht und der Import von bis zu 42,8 Tonnen Cannabis erlaubt.[98] Dazu wurde eine staatliche Cannabisagentur eingerichtet, die den Anbau und Vertrieb koordiniert und kontrolliert und am BfArM angesiedelt ist.[99] Ausnahmegenehmigungen der Bundesopiumstelle am BfArM für den Erwerb von Medizinalhanfprodukten entfielen damit. Der Eigenanbau blieb weiterhin verboten. Die Versorgung deutscher Patienten hängt daher vom Import ab. 2018 wurden 3,1 Tonnen pharmazeutisches Cannabis importiert. Bezugsländer waren Kanada und die Niederlande.[100] Allerdings kommt es seit der Legalisierung von Cannabis als Genussmittel in Kanada im Oktober 2018 in Deutschland zu Versorgungsengpässen, da kanadische Unternehmen seitdem vorrangig den heimischen Markt versorgen.[100] Aufgrund der Engpässe kooperieren deutsche Händler mit Partnern in anderen europäischen Ländern wie Mazedonien, um die Versorgungssicherheit zukünftig zu gewährleisten.[101] Im April 2019 informierte das BfArM, Zuschläge im Vergabeverfahren für den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken erteilt zu haben. Damit könne der Anbau von Cannabis in pharmazeutischer Qualität in Deutschland unter den betäubungs- und arzneimittelrechtlichen Vorgaben umgesetzt werden.[102] Zwei kanadische Unternehmen oder deren Tochterfirmen und ein deutsches Unternehmen haben den Zuschlag für die Produktion von insgesamt 10,4 Tonnen pharmazeutischem Cannabis in den nächsten drei Jahren erhalten.[103] Die in Deutschland zugelassenen Fertigarzneimittel Sativex (standardisierter Cannabisblütenextrakt) und Canemes (Nabilon) betreffend sind die gesetzlichen Krankenkassen zur Kostenübernahme ohne vorherige Genehmigung verpflichtet, sofern die Mittel in den zugelassenen Anwendungsgebieten verordnet werden. Das galt bereits vor dem 10. März 2017 und hat sich durch das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften nicht geändert. Lediglich bei einer Verordnung in einer nicht von der Zulassung abgedeckten Indikation (off label) wird eine individuelle Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich.[104]
Welche Nebenwirkungen hat Cannabis und cannabinoide als arzneimittel?
Nach einer Recherche der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) aus dem Jahr 2015 lagen für Cannabisarzneimittel akzeptable wissenschaftliche Erkenntnisse nur für die begleitende Behandlung von Spastiken, Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika sowie chronische Schmerzen vor. Eine mögliche Wirksamkeit wurde zudem in der Literatur für Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust bei HIV-AIDS, Schizophrenie, Morbus Parkinson, Tourette-Syndrom, Epilepsie, Kopfschmerzen sowie chronisch entzündliche Darmerkrankungen diskutiert.[105] Eine ausführliche Übersichtsarbeit der US-amerikanischen National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine von 2017 stellt dar, dass eine gute Evidenz für eine therapeutische Wirksamkeit von Cannabinoiden in folgenden Indikationen vorliegt: die Behandlung chronischer Schmerzen bei Erwachsenen, von Spastik bei Multipler Sklerose und für die antiemetische Therapie von Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika. Mäßig oder wenig Evidenz liegt vor u. a. für die Behandlung von Schlafstörungen in bestimmten Situationen, Gewichtsverlust bei HIV/AIDS und Symptomen des Tourette-Syndroms.[106] Mit der im März 2017 in Kraft getretenen Gesetzesänderung begann eine anonymisierte Begleitstudie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM),[107][108] deren erste Ergebnisse im Mai 2019 vorgestellt wurden. Mit fast 70 Prozent ist Schmerz die mit Abstand häufigste Diagnose für das Verschreiben von pharmazeutischem Cannabis.[109]
Wie sind Cannabis und cannabinoide als arzneimittel zugelassen?
Die Leistung bedarf vor der ersten Verordnung der Genehmigung der Krankenkasse (§ 31 Abs. 6 Satz 2, § 2 Abs. 1a SGB V). Mit dem Genehmigungsvorbehalt werde dem Ausnahmecharakter der Regelung Rechnung getragen, die die Erstattung von Arzneimitteln auf Cannabisbasis ermöglicht, obwohl nicht das Evidenzlevel vorliege, das üblicherweise für die Erstattung der GKV verlangt werde.[92] Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Erstattungsfähigkeit hat die Krankenkasse in jedem Einzelfall unter Einbeziehung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu prüfen. Art, Dauer und Ergebnis des Einsatzes von Cannabisarzneimitteln müssen die verordnende Ärztin oder der verordnenden Arzt in der Patientenakte dokumentieren (§§ 44, 45 der Arzneimittel-Richtlinie).[95]
Welche sonstige Literatur, Hinweise gibt es zu Cannabis und cannabinoide als arzneimittel?
Portal: Hanf – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Hanf Literatur Iris Pleyer, Michael Hlatky, Philipp Hlatky: Cannabidiol: Ein natürliches Heilmittel des Hanfs. Verlagshaus der Ärzte, Wien 2020, ISBN 978-3-99052-226-4. Kenneth Finn: Cannabis in Medicine. Springer Nature, 2020, ISBN 978-3-03045968-0 (google.com).  Eva Hoch, Miriam Schneider, Chris Maria Friemel (Hrsg.): Cannabis: Potenzial und Risiko – Eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme. Springer, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-57291-7, doi:10.1007/978-3-662-57291-7 (478 S., bundesgesundheitsministerium.de [PDF]).  Kurzbericht, 8 S. (PDF; 0,2 MB) Medical use of cannabis and cannabinoids: questions and answers for policymaking. Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, Luxembourg 2018, ISBN 978-92-9497-362-7. Critical Review of Cannabis and cannabis resin. (PDF; 3,7 MB) Delta-9-tetrahydrocannabinol. (PDF; 2,6 MB) Extracts and tinctures of cannabis. (PDF; 2,0 MB) Isomers of THC . (PDF; 3,2 MB). World Health Organization, Department of Essential Medicines and Health Products, Expert Committee on Drug Dependence, 2018 (englischer Abstract: WHO endorses decisions of Expert Committee on cannabis and other substances. who.int). National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine (Hrsg.): The health effects of cannabis and cannabinoids: The current state of evidence and recommendations for research. National Academies Press, Washington DC 2017, ISBN 978-0-309-45304-2, doi:10.17226/24625 (englisch).  Michael A. Überall: Cannabis als Medizin. 21 Fragen und Antworten zum Umgang mit Cannabis in der Praxis. In: Schmerzmedizin. Band 34 (1), 2018, S. 24–35, doi:10.1007/s00940-018-0699-4.  Dokumentationen Gras auf Rezept. Medizinisches Cannabis im Kreuzfeuer. TV-Dokumentation von Till Rüger, USA / Deutschland Br / Arte 2020. Weblinks Commons: Cannabis als Arzneimittel – Sammlung von Bildern und Videos Informationen über „Medical Marijuhana“ des US-amerikanischen National Center for Complementary and Integrative Health – Eine Einrichtung des US-Gesundheitsministeriums (englisch) Peter Cremer-Schaeffer: Cannabis als Medizin. Erste Erkenntnisse aus der Begleiterhebung. (PDF) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 9. Mai 2019.
Was gehört zu Eschen in der medizingeschichte?
Eschen (Fraxinus spec.). Theophrast und Plinius beschrieben zwei Fraxinus-Arten. Die von Dioskurides (De materia medica) und von Plinius (Naturalis historia) angegebenen Heilmittel-Anwendungen stimmen weitgehend überein. Es wird daher angenommen, dass beide aus den gleichen Quellen schöpften:
Welche Geschichte hat Eschen in der medizingeschichte?
Die Ärzte des arabischen und lateinischen Mittelalters unterschieden zwischen fraxinus und lingua avis („Vogelzunge“), wobei nicht sicher zu entscheiden ist, ob sie mit lingua avis eine eigene Art oder die blatt- und zungenähnlichen Früchte (Flügelnüsse der Gemeinen Esche) des fraxinus bezeichneten. Sie übernahmen die von Dioskurides und Plinius angegebenen Indikationen und fügten als weitere Indikationen hinzu: Heilung von feuchten Wunden, Durchfall („lienteria“), Erbrechen, Milz-Erkrankungen, Impotenz, Ausbleiben der Monatsblutung, Herzzittern und allgemeine Schwäche. Die deutschen Väter der Botanik kannten aus eigener Anschauung nur die Gemeine Esche, die sie in Anlehnung an Theophrast und Plinius beschrieben. Erst 1586 ließ Joachim Camerarius der Jüngere in einer Bearbeitung des Mattiolischen Dioskurides-Kommentars eine naturgetreue Abbildung der Gemeinen Esche aus dem Nachlass des Züricher Botanikers Conrad Gessner (1516–1565) abdrucken. Die Manna-Esche hatte Pietro Andrea Mattioli bereits in seinem ab 1554 in Venedig erschienenen Dioskurides-Kommentar abbilden lassen. Quellen zum fraxinus und zur lingua avis (Auswahl)
Woher stammt Eschen in der medizingeschichte (Herkunft)?
In der Therapie dienten „Manna“ und Zubereitungen aus „Manna“ bis ins 19. Jh. zum sanften Laxieren nach den Regeln der Säftelehre.
Was gehört zu Heilerde?
Heilerde ist ein Pulver, das aus eiszeitlichen Lößablagerungen gewonnen und für verschiedene Anwendungen verarbeitet wird. Es wird meist mit kaltem Wasser verrührt angewandt bzw. eingenommen. Heilerde ist ein freiverkäufliches Medizinprodukt bzw. Arzneimittel mit antiacider Wirkung.
Welche Geschichte hat Heilerde?
Die Anwendung von Tonheilerden wurde bereits vor der Neuzeit betrieben, im Mittelalter wurden sie auch als Bolus Armenicus bezeichnet und kamen als Terra sigillata in den Handel. Später wurde ihre Anwendung unter anderem von Sebastian Kneipp, dem „Lehmpastor“ Emanuel Felke und Adolf Just propagiert. Laut Just handelte es sich bei der Heilerde um „das beste Heilmittel der Natur“.
Woraus besteht Heilerde (Bestandteile)?
Mineralogisch betrachtet besteht Heilerde im Wesentlichen aus Aluminium-Silikaten, wie z. B. in Bentonit, und anderen Mineralien in wechselnder Zusammensetzung. Häufig handelt es sich um Löß, Lehm, Ton oder Moorerde. Ihre Zusammensetzung ist abhängig vom Abbaugebiet. Neben den erwähnten Silikaten finden sich oft Kalkspat, Feldspat und Dolomit, aber auch Spurenelemente (siehe auch Mergel).
Wo wird Heilerde angewendet?
Heilerde wird sowohl äußerlich als auch (etwa im Rahmen einer Heilerde-Kur) innerlich angewendet. So wird sie äußerlich beispielsweise zur unterstützenden Behandlung bei entzündlicher Komponente von Lymphödemen, zur antiphlogistischen und schmerzlindernden Behandlung von Polyneuropathien, im Rahmen einer Hydrotherapie bei Hyperthyreose, oder bei Sinusitis mit feuchtwarmen Kompressen auf die Nebenhöhlenregion und den Nacken eingesetzt. Heilerde soll außerdem äußerlich gegen Akne, aber auch bei Gelenkschmerzen helfen. Zu den innerlichen Anwendungsgebieten zählen Verdauungsstörungen wie Funktionelle Dyspepsie. Wissenschaftliche Nachweise (in Form einer Metastudie der Cochrane Collaboration) gibt es (nur) für die schwache Wirksamkeit von Smektit gegen Durchfallerkrankungen bei Kindern.
Welche Nebenwirkungen hat Heilerde?
Heilerde kann innerlich die Wirkstoffe eingenommener Medikamente binden und somit deren Wirksamkeit beeinträchtigen. Daher soll der Rat eines Arztes eingeholt werden, wenn Heilerde zusätzlich zu Medikamenten eingenommen wird. Ebenso kann die erhöhte Silizium-Zufuhr durch die enthaltenen Silikate zu einer verstärkten Harnsteinbildung führen. Bei einer langfristigen Einnahme können Silikate zu chronisch entzündlicher Erkrankung der Nieren (interstitieller Nephritis) führen.