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132,295 | olgkarl-2003-02-18-1-ss-8202 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
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} | 1 Ss 82/02 | 2003-02-18T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:32 | 2019-02-12T13:09:53 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Revision der Staatsanwaltschaft X. gegen das Urteil des Landgerichts Y. vom 05. März 2002 wird als unbegründet verworfen.</p>
<p>2. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Das Amtsgericht Z. verurteilte den Angeklagten am 13.12.1999 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten ermäßigte das Landgericht X. das Strafmaß auf eine Freiheitsstrafe von 13 Monaten, deren Vollstreckung es ebenfalls als notwendig ansah. Diese Entscheidung hob der Senat mit Beschluss vom 05.12.2001 (1 Ss 55/01) im Rechtsfolgenausspruch auf und wies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts X. zurück. Mit dem angefochtenen Urteil hat dieses nunmehr auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr erkannt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit welcher sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Nach den getroffenen Feststellungen unternahm der zum damaligen Zeitpunkt 24jährige Angeklagte mit seinem Sportwagen der Marke Lotus Esprit am Nachmittag des 07.06.1999 gemeinsam mit einem Freund eine „Spritztour“ von Z. aus kommend in Richtung S., wobei das vom Angeklagten gesteuerte Fahrzeug auf trockener Fahrbahn aufgrund eines Fahrfehlers des Angeklagten in einer Linkskurve bei einer Geschwindigkeit von 127 km/h vor dem Ortseingang von H. ins Schleudern geriet und mit dem entgegenkommenden Fahrzeug der 36jährigen Andrea R. zusammenprallte. An den schweren Folgen ihrer Verletzungen verstarb die Frau noch am Unfalltag, während der Angeklagte eine Nierenquetschung mit sich anschließendem 10tägigem Krankenhausaufenthalt und sein Beifahrer mehrere Prellungen erlitten. Andrea R. hinterlässt zwei damals fünf- und neunjährige Kinder, welche nunmehr durch ihren Vater - den Nebenkläger Thomas R. - betreut werden müssen. Auch dieser leidet an den Folgen des Unfalls - auch durch aufgetretene körperliche Erkrankungen - schwer und befindet sich seither in psychischer ambulanter Behandlung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
II. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat im Ergebnis keinen Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft ist die Strafzumessung nicht zu beanstanden. Die Festsetzung der Strafe ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Das Revisionsgericht darf daher nur eingreifen, wenn die Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, das Tatgericht rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Betracht lässt oder sich die Strafe so weit nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein, dass sie nicht mehr innerhalb des Spielraums liegt, der dem Tatrichter bei der Strafzumessung eingeräumt ist. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt ein Rechtsfehler nicht vor, insbesondere hat das Landgericht auch das unmittelbar vor der Tat liegende Vorverhalten des Angeklagten berücksichtigt. Zwar findet in der eigentlichen Strafzumessung keine ausdrückliche Erwähnung, dass der Angeklagte bereits vor dem Unfall ein Fahrzeug überholt hatte, welches zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit dem Gegenverkehr abgebremst hatte; dieses Fahrverhalten des Angeklagten hat die Kammer aber im Rahmen der Bewährungsentscheidung durchaus umfassend berücksichtigt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht diesen Umstand bei der kurz zuvor erwogenen Strafzumessung aus den Augen verloren hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Auch die von der Strafkammer nunmehr bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung weist keinen Rechtsfehler auf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Dass dem bislang nicht vorbestraften, sozial und beruflich integrierten Angeklagten eine günstige Sozialprognose - wie von der Strafkammer angenommen - gestellt werden kann, steht außer Frage und wird auch von der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Entgegen deren Ansicht ist die Bewilligung einer Strafaussetzung aber nicht deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Strafe gebietet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a. Nach § 56 Abs. 3 StGB wäre dies nur der Fall, wenn eine Strafaussetzung im Hinblick auf schwerwiegende Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müsste und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts erschüttert werden könnte. Die hierin zum Ausdruck kommenden general-präventiven Erwägungen dürfen indes nicht dazu führen, bestimmte Tatbestände oder Tatbestandsgruppen von der Möglichkeit der Aussetzung der Strafe zur Bewährung generell auszuschließen, vielmehr bedarf es stets einer dem Einzelfall gerecht werdenden Abwägung, bei welcher Tat und Täter umfassend zu würdigen sind (BGH StV 1998, 260 ff.; wistra 2001, 378 f.; NStZ 2001, 319; StV 1999. 645 f.; LK-Gribbohm, StGB, 11. Aufl. 1993, § 56 Rn. 45 ff.) . Bei dieser Bewertung steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu, der vom Revisionsgericht  auch dann hingenommen werden muss, wenn eine gegenteilige Würdigung rechtlich ebenso möglich bzw. sogar näher gelegen hätte (BGH NStZ 1994, 336).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b. Auch bei Fahrlässigkeitsdelikten kann bei Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten das Kriterium der Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gebieten, wenn sowohl Erfolgs - als auch Handlungsunrecht schwer wiegen und es trotz der vorrangig zu gewichtenden spezialpräventiven Gesichtspunkte (LK-Gribbohm, a.a.O., Rn. 52) unabweislich ist, durch eine stringente Anwendung des Strafrechts das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirksamkeit des Rechtsgüterschutzes zu sichern.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
aa. Dies ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte des durch das 1. Strafrechtsänderungsgesetz vom 25.06.1969 mit Wirkung zum 01.04.1970 eingefügten Begriffs der „Verteidigung der Rechtsordnung“ (bis 31.12.1974 noch § 23 Abs. 3 StGB a.F.; vgl. BGBl. 1969, 645 ff., 647, 680). Mit dieser Formel wollte der Gesetzgeber eine Richtlinie dafür geben, unter welchen Umständen eine kriminalpolitisch unerwünschte kurze Freiheitsstrafe dennoch anstelle einer Geldstrafe verhängt (vgl. § 47 StGB; vormals § 27 b StGB a.F.) oder eine erwünschte Aussetzung einer mittleren Freiheitsstrafe trotz günstiger Sozialprognose abgelehnt werden soll (vgl. umfassend BGHSt 24, 40 ff.; siehe hierzu auch Zipf; Festschrift für Bruns, 1978, S. 205 ff.; Schröder JZ 1971, 241 ff.; Jeschek, Lehrbuch des Strafrechts, 4. Aufl, Seite 755). Danach sollten kurze Freiheitsstrafen bzw. die Vollstreckung mittlerer Freiheitsstrafen grundsätzlich vermieden werden, da in diesen Bereichen die negativen Auswirkungen des Strafvollzugs, insbesondere bei sozial eingeordneten Einmal- und Fahrlässigkeitstätern, die nicht dem kriminellen Feld zuzurechnen sind, überwiegen. Strafe ist danach nicht um ihrer selbst willen zu verhängen, sondern nur soweit, als sie sich als notwendiges Mittel zur Erfüllung der präventiven Schutzaufgabe des Strafrechts erweist. Im Vordergrund steht daher grundsätzlich die Frage, ob und inwieweit ein Täter des Behandlungsvollzugs bedarf, was insbesondere bei Taten mit erheblicher verbrecherischer Energie oder häufigem Rückfall eine Rolle spielt (BGH a.a.O.,  S. 47).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Eine Versagung der Strafaussetzung kann sich trotz der grundsätzlich veranlassten restriktiven Auslegung des Begriffs der „Verteidigung der Rechtsordnung“ aber auch dann als notwendig erweisen, wenn die Tat Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, die eine durch einen erheblichen Unwertgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nimmt und von vornherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe vertraut (BGH a.a.O; LK-Gribbohm, a.a.O., Rn. 49 m.w.N.; Schönke-Schröder-Stree, 26. Aufl, 2001, § 56 Rn. 38). Dieses Kriterium schließt Fahrlässigkeitstaten nicht aus, sie rückt sie aber an den Rand des angesprochenen Bereichs. Dabei spielt der Gesichtspunkt der Sühne oder der Tatvergeltung für das begangene Unrecht keine Rolle. Auch die Schwere der Schuld kann für sich gesehen eine Versagung nicht rechtfertigen, ihr kommt jedoch bei der vorzunehmenden Gesamtabwägung erhebliche Bedeutung bei (BGH a.a.O).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
bb. Anerkannt sind diese Grundsätze bereits für Trunkenheitsdelikte im Straßenverkehr, die zu besonders schweren, insbesondere tödlichen Unfallfolgen führen (grundlegend BGHSt 24, 65 ff.; BGH NJW 1990, 193 ff.; vgl. auch OLG Hamm NZV 1993, 317 f.; dass. DAR 1990, 308; OLG Koblenz VRS 75, 37 ff.; OLG Frankfurt NJW 1977, 2175 ff.). Nach wie vor spielen diese Rechtsbrüche in der Statistik der Verkehrsunfälle trotz abnehmender Tendenz eine bedeutende Rolle und führen zu schwersten Unfällen (Statistisches Jahrbuch 2002 der Bundesrepublik Deutschland, Seite 352; Schöch NK 2001, 28 ff.; Müller VD 2002, 9 ff.). Wer alkoholbedingt fahruntüchtig am Straßenverkehr teilnimmt, beschwört - in aller Regel bewusst - nicht mehr beherrschbare Gefahren für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer herauf (BGHSt 24,  64 ff, 68), deren Folgen oftmals nicht mehr wieder gut zumachen sind. Solche mit einem erheblichen Maß an Verantwortungslosigkeit bewusst hervorgerufene Gefahren erfordern ein nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden, wobei bei tödlichem Ausgang (zu Durchschnittsfällen ohne schwerwiegende Folgen vgl. BGHSt 22, 192 ff) - vorbehaltlich der noch angezeigten Würdigung des Einzelfalles - eine Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung häufig näher liegen wird als deren Bewilligung (BGH NStZ 1994, 336; Senat Die Justiz 1978, 145 f.; OLG Karlsruhe StV 1994, 188: „Notwendigkeit der Feststellung von Besonderheiten zugunsten des Täters“).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
cc. Der Senat teilt grundsätzlich die Ansicht der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe, dass es neben Trunkenheitsdelikten im Straßenverkehr auch andere schwerste Verkehrsverstöße gibt, die - wenn es sich um gehäuft auftretende Zuwiderhandlungen handelt (vgl. hierzu Senat a.a.O.) - ebenfalls ein derart nachdrückliches und energisches Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden erfordern können, wenn diese Zuwiderhandlungen mit erheblichen, insbesondere tödlichen Unfallfolgen einhergehen. So führen gerade besonders aggressive Fahrweisen oder zu hohe Geschwindigkeiten häufig zu schwersten Verkehrsunfällen (vgl. insbesondere jüngst Pfundt, ZVS 2002, 82 ff. unter Auswertung verschiedener Statistiken zu Unfallursachen; Jagow VD 1997, 49 ff.; Holzammer DRiZ 1988, 110; zur Geschwindigkeitsüberschreitung als Massendelikt und Ursache auch schwerster Unfälle, vgl. auch BGHSt 43, 241 ff, 245 f.; Bt-Dr V/1319, Seite 90).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Nicht jede Missachtung von Verkehrsvorschriften erfordert jedoch eine nachdrückliche Sanktion, vielmehr kann dies nur dann der Fall sein, wenn die Tat neben den durch sie verursachten schwersten Folgen einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweist und Ausdruck einer verbreiteten Einstellung ist, welche die Geltung des Rechts nicht mehr ernst nimmt. Die falsche Einschätzung einer Verkehrssituation oder eine bloße Überschätzung der eigenen Fähigkeiten im Umgang mit einem Kraftfahrzeug genügt hierfür aber nicht, denn hierdurch verwirklicht sich nur eine dem Straßenverkehr eigentümliche generelle Gefahrenlage, der letztendlich auch ein an sich ansonsten besonnener Verkehrsteilnehmer einmal ausgesetzt sein kann. In Betracht kommen daher nur besonders grobe und rücksichtslose Verstöße, wie diese etwa in der Bestimmung des § 315 c StGB umschrieben sind. Auch Fälle der „verantwortungslosen Raserei“ können hierzu zählen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
c. Eine derartige Pflichtverletzung hat das Landgericht - auch wenn das Tatgeschehen auf den ersten Blick so erscheinen mag - vorliegend nicht festgestellt. Zwar hat der Angeklagte mit seinem Sportwagen die Linkskurve mit einer überhöhten und außerorts unzulässigen Geschwindigkeit von 127 km/h befahren, jedoch war diese Überschreitung nicht derart erheblich, dass allein deswegen das Fahrzeug aufgrund seiner Querbeschleunigung nicht mehr beherrschbar gewesen wäre, hinzu kam vielmehr ein individueller Fahrfehler. Das Merkmal der Rücksichtslosigkeit setzt überdies ein aus eigensüchtigen Motiven oder aus Gleichgültigkeit geprägtes Handeln voraus (vgl. OLG Koblenz NZV 1989, 241 f.; OLG Düsseldorf NZV 2000, 337 f.; KG, Beschluss vom 23.03.1998, 1 Ss 301/97; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Auflage 2003, § 315 c StGB Rn. 14), wozu die bloße Freude am zügigen Fahren nicht gehört (OLG Düsseldorf VM 1979, 13 f.). Dass der Angeklagte bewusst sein Ziel aber um jeden Preis erreichen wollte oder ihm das Wohl anderer Verkehrsteilnehmer, wie etwa bei einem „Wettrennen auf öffentlichen Straßen“ oder beim „bewussten Austesten der Grenzbereiche des Fahrzeugs“, völlig gleichgültig gewesen wäre, ist den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen. Auch ergibt sich allein aus der überhöhten Geschwindigkeit noch keineswegs eine „verkehrsfeindliche Einstellung“, wofür allenfalls noch mehrere Voreintragungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, wie etwa bei „notorischen Rasern“ im Straßenverkehr hindeuten könnten. Das angefochtene Urteil lässt vielmehr die Motive des Angeklagten, die ihn zu seinem folgenschweren Fahrverhalten veranlasst haben, im Unklaren. Auch das äußere Tatgeschehen lässt nicht zweifelsfrei einen Schluss auf die innere Einstellung des Angeklagten zu, insbesondere rechtfertigt der zeitlich vor dem Unfall liegende durchaus gewagte Überholvorgang noch nicht die Annahme einer bewussten Inkaufnahme jedes Risikos trotz vorheriger gefahrspezifischer Warnung (OLG Koblenz a.a.O.). Es ist daher nach dem rechtskräftig festgestellten und für den Senat bindenden Sachverhalt durchaus möglich, dass der Angeklagte lediglich aus Gedankenlosigkeit (OLG Düsseldorf NZV 2000, 337 f.) den „Verlockungen des Schnellfahrens“ erlegen ist und dabei seine Fahrfertigkeiten überschätzt hat, jedoch sein Verkehrsverhalten nicht auf einer bewussten Missachtung und Gefährdung der Rechte und der körperlichen Unversehrtheit anderer beruht. Hierfür spricht zudem, dass es sich bei dem 24jährigen Angeklagten um einen noch jungen Mann handelt (vgl. zum Einfluss des Lebensalters auf Unfallursachen, Haas ZVS 1976, 119 ff.), welcher den mit 4.000 gefahrenen Kilometern noch neuwertigen Sportwagen letztendlich noch nicht beherrschen konnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
d. Unabhängig von den damit bereits fehlenden Eingangsvoraussetzungen  des § 56 Abs. 3 StGB lässt auch die von der Strafkammer im übrigen durchgeführte Einzelfallwägung keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass die tragischen Folgen der Leichtfertigkeit des Angeklagten durch entlastende Gesichtspunkte nicht aufgewogen werden können, gleichwohl aber zu sehen ist, dass der Angeklagten nicht vorbestraft ist, ihm eine günstige Sozialprognose gestellt werden muss, er ebenfalls - wenn auch in nicht vergleichbarer Form wie die Angehörigen des Opfers - unter den Folgen des Unfall leidet, er für die beiden Kinder unter Aufnahme eines Kredites eine zusätzliche Ausbildungsbeihilfe von DM 40.000 erbracht hat und die Tat nunmehr mehr als dreieinhalb Jahre zurückliegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Strafaussetzung zur Bewährung auf ein völliges Unverständnis in der Bevölkerung stoßen würde und deren Rechtsgefühl und Rechtstreue ernstlich beeinträchtigen würde, wenn sie vom gesamten Tatgeschehen und allen täterbezogenen Umständen zutreffend unterrichtet werden würde. Ein unabweisbares Bedürfnis an der Vollstreckung der Freiheitsstrafe besteht daher nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Revision der Staatsanwaltschaft war somit zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 und 2 StPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,296 | olgstut-2003-02-18-12-u-21101 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 211/01 | 2003-02-18T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:34 | 2019-02-12T13:09:53 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1.</p>
<p>a) Auf die Berufung des Beklagten wird das Grund- und Teilurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 05.09.2001 hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 dahin geändert, dass die Klage auf Zahlung von Schadensersatz auch insoweit dem Grunde nach gerechtfertigt ist.</p>
<p/>
<p>b) Die weitergehende Berufung des Beklagten gegen das Grund- und Teilurteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 05.09.2001 wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Zur Entscheidung über die Höhe des dem Grunde nach gerechtfertigten Klaganspruchs wird die Sache an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.</p>
<p/>
<p>3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p>
<p/>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p/>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:left">
<em>Streitwert des Berufungsverfahrens:</em>
</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:left">
<em>126.887,65 Euro (= 248.170,67 DM).</em>
</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Klägerin, ein Bau(träger)unternehmen, verlangt von dem Beklagten, mit dem sie einen Architektenvertrag abgeschlossen hatte, wegen fehlerhafter Planung eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage Schadensersatz.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Klägerin war Eigentümerin des Grundstücks ... (Flurstück ...) in ... Sie schloß am 14.04.1992 mit dem Beklagten einen schriftlichen Architektenvertrag (Bl. 23-28 d. Beiakte des LG Stuttgart ...), wonach der Beklagte für das Bauvorhaben "Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage" die Grundleistungen der Leistungsphasen Nrn. 1 bis 9 des § 15 Abs. 2 HOAI zu erbringen hatte. Westlich grenzt an das Grundstück der Klägerin das Grundstück Flurstück ... der Nachbarin ... an. Dort war an der Grenze zum Grundstück der Klägerin eine Scheune errichtet. Die Genehmigungsplanung des Beklagten sah den Bau eines Mehrfamilienhauses mit 8 Wohnungen unterschiedlicher Größe sowie einer Tiefgarage vor; unter der Tiefgarage, im zweiten Untergeschoss, sollten sich Abstellräume befinden. Nach der Genehmigungsplanung sollte das Wohnhaus an die Grenze zum Grundstück der Nachbarin ... gebaut werden, und zwar an die Grenzmauer der Scheune, wobei das Wohngebäude die Scheune in der Giebelhöhe um ca. 5 m und in der Traufhöhe um ca. 3 m überragt hätte.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die Klägerin beantragte am 26.05.1992 bei der Stadt ... die Baugenehmigung zu der vom Beklagten erstellten Genehmigungsplanung. Hiergegen erhoben die Fa. ... (wegen des Überschreitens der Baulinie nach Norden und wegen im Vorgarten befindlicher Pkw-Stellplätze) und die Nachbarin ... Einwendungen. Die Nachbarin ... beanstandete, dass der gesetzliche Grenzabstand nicht eingehalten sei. Die Stadt ... unterrichtete mit Schreiben vom 29.10.1992 (Bl. 223 d.A.) die Klägerin von den Einwendungen und bat um eine Besprechung mit dem Architekten. Am 02.12.1992 sprachen der damalige Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin, der Zeuge ... die damalige Prokuristin und jetzige Geschäftsführerin der Klägerin, Frau ..., und der Beklagte wegen der Einwendungen der Nachbarin ... bei deren Verwandten, Herrn ..., vor. Hierbei brachte Herr ... zum Ausdruck, dass die Nachbarin ... gegen Zahlung von 20.000,– DM auf ihre Einwendungen verzichten werde. Hierauf ging der Zeuge ... nicht ein. In der anschließenden Besprechung äußerte der Beklagte gegenüber dem Zeugen ..., er empfehle die Zahlung von 20.000,– DM. Es ist streitig, ob er dabei zum Ausdruck brachte, dass seine Planung fehlerfrei und genehmigungsfähig sei. Am 08.12.1992 sprachen Frau ... und Rechtsanwalt ... beim Baurechtsamt der Stadt ... und zwar bei dem Bausachverständigen ..., wegen des eingereichten Baugesuchs der Klägerin vor. Hiervon unterrichtete die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 08.12.1992 (Bl. 226 d. A.).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Stadt ... erteilte am 08.02.1993 zu dem eingereichten Baugesuch der Klägerin die Baugenehmigung (Bl. 29-39 d. Beiakte des LG Stuttgart ...). Hiergegen erhob die Nachbarin ... mit Schreiben vom 22.02.1993 Widerspruch (Bl. 26 d. Bauakte 92/346). Rechtsanwalt ... schrieb hierwegen am 17.03.1993 die Nachbarin ... an und verlangte von ihr die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 21.000,– DM (Bl. 224, 225 d.A.). Die Nachbarin ... beantragte am 02.04.1993 beim Verwaltungsgericht ... die Vollziehung der Baugenehmigung auszusetzen. Diesem Antrag gab das Verwaltungsgericht ... mit Beschluss vom 24.06.1993 (Bl. 40-42 d. Beiakte LG Stuttgart ...) statt. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.09.1993 (Bl. 43-45 d. Beiakte LG Stuttgart ...) zurück. Die Parteien haben im Berufungsverfahren unstreitig gestellt, dass die vom Beklagten erstellte Genehmigungsplanung nicht genehmigungsfähig gewesen ist. Die Klägerin hatte im April/Mai 1993 mit den Aushubarbeiten begonnen und das Grundstückseigentum in Wohnungseigentum aufgeteilt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Mit Schreiben vom 26.04.1994 (Bl. 424, 425 d.A.) unterrichtete die Klägerin den Beklagten von den beiden Beschlüssen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs. Sie forderte den Beklagten zugleich auf, ihr bis zum 17.05.1994 eine genehmigungsfähige Planung zu dem Bauvorhaben vorzulegen. Der Beklagte erklärte sich hierzu im Schreiben vom 11.05.1994 bereit. Am 21.06.1994 teilte er der Klägerin mit, er habe die Baugesuchsplanung gemäß den Vorstellungen des Baurechtsamtes überarbeitet (Bl. 315-316 d.A.). Mit Schreiben vom 08.07.1994 (Bl. 314 d.A.) übersandte der Beklagte der Klägerin Entwurfsskizzen zu seinem Umplanungsvorschlag (Bl. 317-322 d.A.). Dieser sah ein Mehrfamilienhaus mit 7 Wohnungen unterschiedlicher Größe, eine Tiefgarage und ein zweites Untergeschoss mit 7 Abstellräumen vor. Das Gebäude sollte wiederum an die Scheune auf dem Grundstück der Nachbarin ... angebaut werden. Es war jedoch im Grenzbereich abgesenkt, wobei der Giebel des geplanten Gebäudes den Giebel der Scheune um etwa 1,5 m überragen sollte. Die Klägerin ging auf die Umplanungsvorschläge des Beklagten nicht ein. Sie beauftragte im Juli 1994 den Architekten ... mit der Erstellung einer Genehmigungsplanung. Die vom Architekten ... ausgearbeitete Genehmigungsplanung sah ein Wohnhaus mit 6 Wohnungen und eine Tiefgarage (ohne zweites Untergeschoss) vor. Das Gebäude sollte an die Scheune der Nachbarin ... angebaut werden. Der Giebel war im Grenzbereich ebenfalls abgesenkt, überragte aber den Giebel der Scheune noch um ca. 2 m. Die Klägerin reichte das vom Architekten ... gefertigte Baugesuch am 22.11.1994 bei der Stadt ... ein. Die Nachbarin ... erhob erneut Einwendungen gegen das Bauvorhaben der Klägerin. Die Stadt ... erteilte am 06.03.1995 die Baugenehmigung, die bestandskräftig wurde. In der Folgezeit führte die Klägerin das Bauvorhaben gemäß den genehmigten Plänen des Architekten ... aus.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>In dem vor dem Landgericht Stuttgart – ... und dem Oberlandesgericht Stuttgart – 12 U 14/99 – geführten früheren Prozess hatte die Klägerin von dem Beklagten die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 100.000,– DM mit der Begründung verlangt, der Beklagte habe eine nicht genehmigungsfähige Bauplanung erstellt und habe diese mit seiner unwirtschaftlichen, gleichfalls nicht genehmigungsfähigen Umplanung nicht ordnungsgemäß nachgebessert. Die Klägerin verlangte in diesem Prozess Erstattung des an den Beklagten bezahlten Architektenhonorars (72.631,58 DM), Ersatz der Kosten für die erste Baugenehmigung (9.949,00 DM) und der Kosten für die Erstplanung von Heizung, Lüftung und Sanitär (9.200,00 DM) sowie die Erstattung ihres Zinsschadens i.H. eines Teilbetrags von 7.452,08 DM. Der Senat gab auf die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts durch Urteil vom 29.06.1999 der Klage hinsichtlich der Schadenspositionen Kosten für die Erstplanung von Heizung, Lüftung und Sanitär sowie Zinsschaden i.H.v. insgesamt 16.652,08 DM statt und wies die weitergehende Berufung der Klägerin (hinsichtlich des Architektenhonorars des Beklagten; bezüglich der Baugenehmigungskosten hatte die Klägerin die Berufung zurückgenommen) zurück.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Im vorliegenden Rechtsstreit wirft die Klägerin dem Beklagten erneut vor, schuldhaft eine nicht genehmigungsfähige Bauplanung erstellt zu haben. Sie macht weiterhin geltend, der vom Beklagten vorgelegte Umplanungsvorschlag sei gleichfalls nicht genehmigungsfähig und zudem – wie bereits die von ihm erstellte Genehmigungsplanung – wegen des beibehaltenen zweiten Untergeschosses unwirtschaftlich, also mangelhaft gewesen. Sie hat in erster Instanz zuletzt Schadensersatz i.H.v. 609.909,74 DM verlangt. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Klägerin hat vorgetragen:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Die vom Beklagten erstellte Genehmigungsplanung sei nicht genehmigungsfähig und deshalb fehlerhaft gewesen, weil wegen der erheblichen Höhen – und Flächenunterschiede von Wohnhaus und Scheune kein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO vorgelegen habe. Dies hätte der Beklagte erkennen und ihr erläutern müssen. Sie habe zwar vom Beklagten eine wirtschaftliche Ausnutzung des Grundstücks verlangt, habe aber nicht auf die Erstellung einer risikobehafteten Planung für ein Haus mit 8 Wohnungen bestanden. Der Beklagte habe zwar nach der Vorsprache bei Herrn ... zur Zahlung an die Nachbarin ... geraten, habe aber zugleich erklärt, seine Planung sei "wasserdicht", hinsichtlich der Baugenehmigung bestehe kein Risiko. Rechtsanwalt ... sei am 08.12.1992 nur deshalb mit Frau ... zum Baurechtsamt der Stadt ... gegangen, weil einer Verzögerung des Baugenehmigungsverfahrens habe entgegengewirkt werden sollen. Vor der Erteilung der Baugenehmigung und vor der Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin ... sei der Anwalt nicht mit der Prüfung der Nachbareinwendungen und der Genehmigungsfähigkeit der Baugesuchsplanung beauftragt gewesen und habe er sich hierzu auch nicht beratend geäußert. Im Vertrauen auf die Äußerungen des Beklagten zur Genehmigungsfähigkeit seiner Planung habe sie mit dem Baugrubenaushub begonnen und die Aufteilung des Grundstückseigentums in Wohnungseigentum veranlasst.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Da der Umplanungsvorschlag des Beklagten mit schweren Fehlern behaftet gewesen sei, sei ihr eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit dem Beklagten nicht mehr zumutbar gewesen. Der Beklagte hätte von vornherein eine Planung erstellen müssen, die der des Architekten ... hätte entsprechen müssen und die genehmigungsfähig und zudem wirtschaftlich hätte sein müssen. Durch die Mängel der vom Beklagten erstellten Genehmigungsplanung habe die Nachbarin ... die Einstellung des Bauvorhabens durch das Verwaltungsgericht ... erreichen können und sei es zu einer erheblichen Zeitverzögerung bei der Durchführung des Bauvorhabens und der Veräußerung der Eigentumswohnungen gekommen. Die mangelhafte Genehmigungsplanung des Beklagten sei also ursächlich gewesen für den übermäßigen Aushub für das geplante Gebäude mit zwei Untergeschossen, die erfolgte Umplanung und nutzlos gewordenen Aufwendungen sowie die eingetretene Zeitverzögerung. Hierdurch sei ihr der geltend gemachte Schaden entstanden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Verjährungseinrede des Beklagten sei nicht begründet, die Verjährung sei u.a. durch den Mahnbescheid vom 29.12.1997 unterbrochen worden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Klägerin hat beantragt:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/><em>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 609.909,69 DM nebst 7,5 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 zu bezahlen.</em></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Der Beklagte hat beantragt,</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/><em>die Klage abzuweisen.</em></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Der Beklagte hat vorgetragen:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Seine Genehmigungsplanung sei nicht mangelhaft gewesen. Selbst wenn sie nicht genehmigungsfähig gewesen sei, sei sie vertragsgemäß gewesen. Die Klägerin habe nämlich bewusst eine riskante Planung für ein Wohngebäude mit 8 Wohnungen verlangt und habe sich in Kenntnis der Risiken auf die von ihm auftragsgemäß erstellte Planung eingelassen. Er habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Grundstücksfläche nicht ausreiche und deshalb ein Überschreiten der Baugrenzen sowie eine Befreiung von den Vorschriften zu den Abstandsflächen notwendig seien. Keinesfalls habe er nach dem am 02.12.1992 mit Herrn ... geführten Gespräch erklärt, dass seine Planung "wasserdicht" sei. Zur Klärung der Rechtsfragen habe dann die Klägerin Rechtsanwalt ... hinzugezogen. Dieser habe die Klägerin hinsichtlich der von den Nachbarn erhobenen Einwendungen beraten und aufgrund des erteilten Mandats am 08.12.1992 beim Baurechtsamt vorgesprochen. Rechtsanwalt ... habe es also übernommen, die Rechtmäßigkeit der erstellten Baugesuchsplanung zu prüfen; dies sei nicht mehr seine (des Beklagten) Aufgabe gewesen, wie er dem Schreiben der Klägerin vom 08.12.1992 habe entnehmen können. Wenn seine Planung wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit doch als mangelhaft anzusehen sei, habe er den Mangel jedenfalls nicht zu vertreten. Er habe die von der Klägerin gewünschte Planung mit dem Bauplanungsamt und dem Bauordnungsamt durchgesprochen. Ihm sei signalisiert worden, dass die Baugenehmigung – auch mit Befreiungen – erteilt werde. Die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit werfe wegen der notwendigen Befreiungen von Abstandsflächen schwierige Rechtsfragen auf, deren zutreffende Beantwortung von einem Architekten nicht erwartet werden könne.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Seine Genehmigungsplanung und sein Umplanungsvorschlag seien nicht unwirtschaftlich gewesen. Sein Umplanungsvorschlag sei auch genehmigungsfähig gewesen. Die Klägerin hätte deshalb nicht den Architekten ... mit der Erstellung einer neuen Planung beauftragen dürfen. Da bereits die Voraussetzungen des § 634 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB nicht erfüllt seien, sei ein Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB nicht gegeben.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Jedenfalls treffe die Klägerin ein Mitverschulden, weil sie es abgelehnt habe, eine Abstandssumme an die Nachbarin ... für deren Verzicht auf die erhobenen Einwendungen zu zahlen. Zudem sei ein etwaiger Planungsmangel nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden gewesen. Die Klägerin habe in Kenntnis der Risiken an der erstellten Planung für ein Wohnhaus mit 8 Wohnungen festgehalten und diese Planung trotz des Widerspruchs der Nachbarin ... und der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen durchsetzen wollen. Hierin habe Rechtsanwalt ... durch seine Beratung die Klägerin bestärkt. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem etwaigen Planungsfehler und dem Schaden der Klägerin bestehe deshalb nicht. Jedenfalls müsse die Klägerin sich die fehlerhafte Beratung des Rechtsanwalts ... zurechnen lassen; ihr Mitverschulden überwiege derart, dass eine Haftung des Beklagten ausscheide. Ein Mitverschulden der Klägerin bestehe ferner deshalb, weil sie schon vor der Bestandskraft der Baugenehmigung mit den Bauarbeiten begonnen und die Aufteilung des Grundstückseigentums in Wohnungseigentum vorgenommen habe. Schließlich treffe die Klägerin ein Mitverschulden auch deshalb, weil sie nicht alsbald nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts ... und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Beklagten eine genehmigungsfähige Planung für ein dann kleineres Gebäude veranlasst habe, sich vielmehr erst mit Schreiben vom 26.04.1994 an ihn gewandt und dann nicht auf seinen Umplanungsvorschlag eingegangen sei.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Die Klagforderung sei verjährt. Die Verjährung habe begonnen, als die Klägerin den Architekten ... beauftragt und damit den mit dem Beklagten abgeschlossenen Architektenvertrag gekündigt habe. Der Mahnbescheid vom 29.12.1997 habe mangels einer Individualisierung der Forderung die Verjährung nicht unterbrochen; die erforderliche Individualisierung sei auch nicht im streitigen Verfahren vor Eintritt der Verjährung erfolgt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Wegen des weiteren unstreitigen und streitigen Parteivortrags in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts verwiesen. Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... (Bausachverständiger des Baurechtsamts der Stadt ...), Rechtsanwalt ..., ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 19.03.2001 und 09.07.2001 verwiesen. Es hat die Akten des Landgerichts Stuttgart (...), des Baurechtsamts der Stadt ... (Baugesuch der Klägerin mit der Genehmigungsplanung des Beklagten – ...; Baugesuch der Klägerin mit der Genehmigungsplanung des Architekten ... – ...), des Verwaltungsgerichts ... (...) und der Stadt ... zum Verwaltungsrechtsstreit der Nachbarin ... mit der Stadt beigezogen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Mit dem am 05.09.2001 verkündeten Grund- und Teilurteil hat das Landgericht die Klage i.H. eines Teilbetrags von 361.739,02 DM nebst Zinsen mit der Begründung abgewiesen, i.H.v. 310.472,26 DM sei die Verjährungseinrede begründet und die Klägerin habe wegen des sog. Übermaßaushubs keinen Anspruch auf Ersatz des behaupteten Schadens von 51.266,76 DM, weil die vom Beklagten erstellte Planung des Gebäudes mit zwei Untergeschossen nicht wegen Unwirtschaftlichkeit mangelhaft gewesen sei. Das Landgericht hat der Klage i.H.v. 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 stattgegeben und die weitergehende Zinsforderung aus 603,10 DM abgewiesen; der zugesprochene Betrag von 603,10 DM betrifft die Kosten für die Aufhebung der Teilungserklärung (Kostenrechnung des Notariats ... vom 04.07.1995 über 338,10 DM, Bl. 61 d. Beiakte LG Stuttgart ...) und für die Aufhebung des eingetragenen Sondereigentums (Kostenrechnung des Notariats ... vom 26.07.1995 über 265,– DM, Bl. 62 d. Beiakte LG Stuttgart ...). Im Übrigen, nämlich hinsichtlich der Klage auf Ersatz von Zinsschaden und Grundsteuer i.H.v. 247.567,57 DM, hat das Landgericht die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Landgerichts verwiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 13.09.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.10.2001 Berufung eingelegt, die er nach der rechtzeitig beantragten und bis 15.12.2001 bewilligten Verlängerung der Begründungsfrist mit dem am (Montag, den) 17.12.2001 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Der Beklagte trägt vor:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Das Landgericht habe unzutreffend einen Mangel der erbrachten Werkleistung darin gesehen, dass wegen der Höhen- und Flächenunterschiede zwischen der Scheune und dem geplanten Gebäude kein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO vorgelegen habe, eine Ausnahme oder Befreiung nach § 57 Abs. 2 oder 4 LBO bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nicht habe erteilt werden können und deshalb die Genehmigungsplanung nicht genehmigungsfähig gewesen sei. Die Klägerin habe vom Beklagten in Kenntnis der Genehmigungsrisiken, insbesondere auch in Kenntnis dessen, dass sie für die von ihr geforderte Planung eine Baugenehmigung nicht ohne Befreiungen erhalten könne, eine Planung verlangt, "die sich rechnet". Diese habe sie erhalten. Die Planung sei mit den Baubehörden abgestimmt gewesen und mehr habe er (Beklagter) nicht geschuldet. Die rechtliche Prüfung der Nachbareinwendungen und der Genehmigungsfähigkeit der Planung habe ihm nicht oblegen. Demgemäß habe nach der am 02.12.1992 erfolgten Vorsprache bei Herrn ... der damalige Geschäftsführer, der Zeuge ..., erklärt, er wolle nunmehr einen Rechtsanwalt einschalten, um die Genehmigung des Bauvorhabens trotz der Einsprüche durchzusetzen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne auch dann, wenn man einen Mangel der erbrachten Planungsleistung doch annehme, ein Verschulden des Beklagten nicht bejaht werden. Es gehöre nicht zu den fachtechnischen Kenntnissen eines Architekten, über die pflichtgemäße Ermessensausübung für Ausnahmen oder Befreiungen nach § 57 LBO Bescheid zu wissen. Die Notwendigkeit, Befreiungen zu erteilen, sei erörtert worden. Dass er nicht darauf hingewiesen habe, bei dem geplanten Grenzbau könne eine Ausnahme oder Befreiung nicht ermessensfehlerfrei erteilt werden, könne ihm nicht als schuldhaft angelastet werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Seine Genehmigungsplanung sei auch nicht ursächlich gewesen für den Eintritt des behaupteten Schadens; jedenfalls fehle der erforderliche Zurechnungszusammenhang. Entgegen der Beurteilung des Landgerichts habe die Klägerin nach der am 02.12.1992 erfolgten Vorsprache bei Herrn ... Rechtsanwalt ... Mandat erteilt. Dieses habe die Prüfung der Nachbareinwendungen und der Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs sowie die Durchsetzung des Baugesuchs zu der erstellten Planung zum Inhalt gehabt. Demgemäß habe Rechtsanwalt ... als "Sonderfachmann für Recht" am 08.12.1992 die Einwendungen mit dem Zeugen ... erörtert und die Genehmigungsfähigkeit der Planung bejaht. Dieser Beurteilung von Rechtsanwalt ... sei die Klägerin gefolgt. Die Klägerin habe trotz des Schreibens der Stadt ... vom 29.10.1992 ihn (den Beklagten) nicht zu der Besprechung am 08.12.1992 hinzugezogen. Dadurch sei ihm die Möglichkeit genommen gewesen, in Anbetracht der erörterten Einwendungen und Risiken eine Verkleinerung des Bauvorhabens vorzuschlagen. Einem solchen Vorschlag wäre freilich die Klägerin nicht gefolgt. Die Klägerin habe nämlich die erstellte, von ihr als rentierlich angesehene Planung durchsetzen wollen und habe der Beratung durch Rechtsanwalt ... vertraut, und zwar auch nach Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin .... Selbst nach den beiden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen habe die Klägerin noch die ursprüngliche Planung durchsetzen wollen. Schließlich sei die Klägerin auf seinen Änderungsvorschlag nicht eingegangen. Die Genehmigungsplanung des Architekten ... habe ein größer dimensioniertes, nicht genehmigungsfähiges Gebäude zum Gegenstand; die Klägerin habe nach ihren Angaben die Erteilung der Baugenehmigung erst nach Zahlung einer Abstandssumme von 15.000,–DM bis 20.000,– DM an die Nachbarin ..., die daraufhin ihre Einwendungen zurückgenommen habe, erreichen können.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Das Landgericht habe ferner unzutreffend ein Mitverschulden der Klägerin verneint. Rechtsanwalt ... habe bereits während des Baugenehmigungsverfahrens von der Klägerin Mandat erhalten. Seiner (fehlerhaften) Beurteilung sei die Klägerin, die zudem das Risiko der Nichtverwirklichung des beantragten und genehmigten Baugesuchs bewusst übernommen habe, gefolgt. Ein Mitverschulden der Klägerin bestehe auch darin, dass die Klägerin mit den Aushubarbeiten begonnen, am 10.05.1993 die Teilungserklärung vorgenommen und deren Vollzug veranlasst habe.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Der Beklagte rügt ferner, dass der Klagvortrag zum entgangenen Gewinn und zum Zinsschaden unschlüssig sei. Er ist der Ansicht, dass das Grundurteil mangels Entscheidungsreife nicht hätte ergehen dürfen und unzulässig sei.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Der Beklagte beantragt:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/><em>Das Grund- und Teilurteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.09.2001 wird abgeändert.</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/><em>Die Klage wird vollständig abgewiesen.</em></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die Klägerin beantragt,</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/><em>die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.</em></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Klägerin trägt vor:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Der Beklagte habe die Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung geschuldet, bei der selbstverständlich auch die wirtschaftlichen Belange der Klägerin zu berücksichtigen gewesen seien. Da die erstellte Planung nicht genehmigungsfähig sei, sei sie fehlerhaft gewesen. Rechtsanwalt ... habe von der Klägerin vor Durchführung des Widerspruchsverfahrens kein Mandat erhalten, die Genehmigungsfähigkeit der Planung des Beklagten zu prüfen. Er sei von Frau ... am 08.12.1992 zu der Vorsprache beim Baurechtsamt der Stadt ... lediglich hinzugezogen worden, um eine zügige Durchführung des Genehmigungsverfahrens zu erreichen; auf diesen engen Bereich sei die Tätigkeit von Rechtsanwalt ... am 08.12.1992 begrenzt gewesen. Das Landgericht habe auch zutreffend ein Verschulden des Beklagten bejaht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Aufgrund der fehlerhaften Planung des Beklagten sei der Klägerin der vorgetragene Schaden entstanden. In materieller Hinsicht habe Rechtsanwalt ... vor dem Widerspruchsverfahren kein Mandat gehabt und sie demgemäß nicht über die Genehmigungsfähigkeit und die Genehmigungsrisiken der vom Beklagten erstellten Planung beraten. Der Beklagte habe seine Pflicht, auf die Risiken seiner Planung hinzuweisen, schuldhaft verletzt. Ihr könne nicht, insbesondere nicht als Mitverschulden, angelastet werden, dass sie auf das Angebot der Nachbarin ... gegen Zahlung von 20.000,– DM die Einwendungen fallen zu lassen, nicht eingegangen sei. Gleiches gelte dafür, dass Rechtsanwalt ... nach Erlass der Baugenehmigung und Einlegung des Widerspruchs versucht habe, die Nachbarin ... durch Aufzeigen des Risikos, möglicherweise Schadensersatz leisten zu müssen, zur Rücknahme des Widerspruchs zu bewegen. Aus dem Umstand, dass sie nach Erlass der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ... versucht habe, unter Beauftragung des Maklers ... eine einvernehmliche Lösung zu erreichen und den Schaden aus der nicht genehmigungsfähigen Planung gering zu halten, könne nichts gegen die Kausalität der Pflichtwidrigkeit des Beklagten für den Schaden hergeleitet werden. Die im Amtshaftungsprozess entwickelten Grundsätze zum Mitverschulden eines Bauherrn könnten auf die vorliegende Fallkonstellation nicht angewandt werden; sie habe den Beklagten als Fachmann beauftragt gehabt und dieser sei verpflichtet gewesen, sie auf die Risiken seiner Planung hinzuweisen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Das Landgericht habe zu Recht die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils bejaht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze verwiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Der Senat hat die Zeugen ... und ... vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 08.10.2002 verwiesen. Die vom Landgericht beigezogenen Akten haben dem Senat in den Verhandlungen vorgelegen; der Senat hat außerdem die Akte des Landgerichts Stuttgart – ... – beigezogen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Die Klägerin hat Rechtsanwalt ... und Rechtsanwältin ... den Streit verkündet; ein Beitritt zum Rechtsstreit ist nicht erfolgt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>A.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Sie führt lediglich insofern zu einer Änderung des angefochtenen Urteils, als das Landgericht durch Teilurteil den Beklagten zur Zahlung von 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 verurteilt hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31.12.2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB; § 26 Nr. 5 EGZPO).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Das Landgericht hat zu Recht dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 635 BGB und die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils (§ 304 Abs. 1 ZPO) bejaht; die Berufungsangriffe des Beklagten hiergegen bleiben ohne Erfolg (nachfolgend I.). Da die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht, erachtet der Senat jedoch das Teilurteil (§ 301 Abs. 1 ZPO) über den zugesprochenen Betrag von 603,10 DM für unzulässig, weshalb der Senat auch bezüglich dieses Teils der vom Landgericht nicht abgewiesenen Klage (insgesamt 248.170,67 DM) durch Zwischenurteil die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (nachfolgend II.).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Der Beklagte ist der Klägerin nach § 635 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil er entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung eine nicht genehmigungsfähige und damit mangelhafte Planung erstellt hatte und dies zu vertreten hat. Dies hat das Landgericht zutreffend begründet; auch hat es zu Recht die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils bejaht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Die vom Beklagten im Jahr 1992 erstellte Planung für ein Wohnhaus mit 8 Wohnungen war, wie zwischen den Parteien im Berufungsverfahren außer Streit ist, nicht genehmigungsfähig.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Der Bebauungsplan sah eine geschlossene Bauweise mit Grenzbebauung nicht vor. Da abgesehen von der Scheune der Nachbarin ... eine Grenzbebauung nicht verwirklicht war, mussten Abstandsflächen eingehalten werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Ein Fall des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Landesbauordnung für Baden Württemberg (LBO, auch im Folgenden in der 1992 und 1993 geltenden Fassung angegeben) lag nicht vor, weil nicht öffentlich-rechtlich gesichert war, dass vom Grundstück der Nachbarin ... her angebaut wird. Nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO kann die Baurechtsbehörde dann, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften nicht an die Grundstücksgrenze gebaut werden darf, aber ein Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits an dieser Grenze vorhanden ist, verlangen oder gestatten, dass angebaut wird. Das Tatbestandsmerkmal des "Anbauens" i.S.d. Vorschrift (wie auch i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO) setzt voraus, dass die Grenzwand des anzubauenden Gebäudes nicht oder nur unerheblich größer ist als die zum Anbau vorgesehene Wand des Grenzbaus (Schlez, LBO, 4. Aufl., – 1996 –, § 6 Rn. 5; Sauter, LBO, 3. Aufl., § 6 Rn. 52; jew. m.N.d.Rspr. des VGH). Diese Voraussetzung lag wegen der erheblichen Flächen- und Höhenunterschiede zwischen Wohnhaus und Scheune (153 qm zu 96 qm; Höhenunterschied in der Traufhöhe ca. 3 m und in der Giebelhöhe ca. 5 m) nicht vor.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Die Stadt ... erteilte mit der Baugenehmigung vom 03.02.1993 zwar eine Befreiung von der Einhaltung der nördlichen Baulinie zur Straßenseite hin, sprach jedoch nicht eine Ausnahme (§ 57 Abs. 2 LBO) oder Befreiung (§ 57 Abs. 4 LBO) von den Vorschriften zu den Abstandsflächen aus. Eine Ausnahme (oder Befreiung) konnte bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nicht erteilt werden, weil die geplante Grenzbebauung nachbarliche Belange der Nachbarin ... erheblich beeinträchtigt hätte und die Klägerin durch die Möglichkeit eines "Anbaus" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO ihr Grundstück dennoch angemessen bebauen konnte. Auch dies ist zwischen den Parteien im Berufungsverfahren nicht im Streit.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Das vom Beklagten geplante Bauvorhaben war also wegen des Verstoßes gegen die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zu den Abstandsflächen nicht genehmigungsfähig. Soweit die Planung des Beklagten ein Überschreiten der nördlichen Baulinie um ca. 2,5 m vorsah, macht die Klägerin nicht geltend, dass auch in diesem Punkt die Planung, die von einer tatsächlich auch erteilten Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes ausging, nicht genehmigungsfähig gewesen sei.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Die vom Beklagten erstellte, nicht genehmigungsfähige Planung war mangelhaft (§ 633 Abs. 1 BGB), weil der Beklagte der Klägerin als Werkerfolg die Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung schuldete und die Klägerin das Risiko, dass die Planung nicht genehmigungsfähig ist, nicht übernommen hatte.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="51"/>Ein Architekt, der sich zur Erstellung einer Entwurfs- und Genehmigungsplanung für ein Bauvorhaben seines Auftraggebers verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung (BGH NJW-RR 1999, S. 1105, 1106). Zur Erfüllung der Vertragspflichten reicht es nicht aus, dass die Baugenehmigung tatsächlich erteilt wird (BGH VersR 1992, S. 698, 699; BGH NJW 1999, S. 2112).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="52"/>Die Parteien eines Architektenvertrags können allerdings im Rahmen der Privatautonomie vereinbaren, dass und in welchen Punkten der Auftraggeber das Risiko übernimmt, dass die vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig ist (BGH NJW-RR 1999, S. 1105, 1106; BGH NJW 2003, S. 287). Von einer solchen Vereinbarung kann jedoch nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden, etwa wenn sich der Bauherr bewusst über die Vorschriften des öffentlichen Baurechts hinwegsetzen oder diese an die Grenzen des Möglichen "ausreizen" will (BGH NJW-RR 1999, S. 1105, 1106); für die Annahme einer rechtsgeschäftlichen Risikoübernahme durch den Auftraggeber reicht der Umstand, dass dem Auftraggeber das Genehmigungsrisiko bekannt war, grundsätzlich nicht aus (BGH NJW 2003, S. 287). Eine (stillschweigende) Übernahme des Genehmigungsrisikos, für deren Vorliegen der Architekt die Darlegungs- und Beweislast hat, wenn er sich hierauf beruft, kann angenommen werden, wenn der Architekt seinen Auftraggeber über die Bedeutung und Tragweite des (für möglich gehaltenen) Verstoßes gegen Bestimmungen des öffentlichen Baurechts aufgeklärt und belehrt hat und dann der Versuch, eine Baugenehmigung zu erhalten, dennoch unternommen werden soll (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts – Privates Baurecht und Bauprozess –, 9. Teil, Rn. 134; auch BGH NJW 1996, S. 2370, 2371; OLG Düsseldorf BauR 2000, S. 1515, 1516).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="53"/>Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin nicht festgestellt werden. Dies hat das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen. Die vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme führt auch unter Berücksichtigung des weiteren Parteivortrags im Berufungsverfahren zu keiner anderen Beurteilung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>Nach dem schriftlichen Architektenvertrag vom 14.04.1992 – für dessen Richtigkeit und Vollständigkeit eine Vermutung spricht – waren Gegenstand des Vertrags die Architektenleistungen für ein "Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage". Hiernach hatte die Klägerin für dieses Bauvorhaben dem Beklagten u.a. die Entwurfs- und Genehmigungsplanung übertragen. Nach dem schriftlichen Architektenvertrag schuldete der Beklagte der Klägerin die Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es Aufgabe des Beklagten war, soviel wie möglich Wohnfläche auf dem Grundstück der Klägerin zu planen. Dies – wie auch die vom Beklagten behauptete Aufforderung der Klägerin, das Grundstück "auszumisten" – bedeutet nicht, dass die Klägerin Verstöße gegen das Bauplanungs- und Bauordnungsrecht hinnehmen und das Risiko der fehlenden Genehmigungsfähigkeit bereits bei Abschluss des Architektenvertrags übernehmen wollte. Nach dem Architektenvertrag und der unstreitigen Aufgabenstellung hatte vielmehr der Beklagte zu klären, wo die Grenzen der baulichen Ausnutzung des Grundstücks lagen und innerhalb dieser Grenzen eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen; hierbei musste er (selbstverständlich) auch wirtschaftlich-finanzielle Gesichtspunkte seiner Auftraggeberin berücksichtigen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="56"/>Der Beklagte hat unter Benennung des Herrn ... als Zeugen behauptet, die Klägerin habe ihm die Planung eines 8-Familien-Hauses vorgegeben, die Baugesuchsplanung sei gemäß dieser Vorgabe der Klägerin erstellt worden. Einer Vernehmung des Zeugen ... hierzu bedarf es nicht. Selbst wenn bei Abschluss des Architektenvertrags eine solche "Vorgabe" erfolgt sein sollte, kann daraus nicht gefolgert werden, die Klägerin habe schon bei Abschluss des Architektenvertrags das Genehmigungsrisiko für die Planung eines Wohnhauses mit 8 Wohnungen übernommen. Aufgabe des Beklagten war es vielmehr auch dann, zu prüfen, und zwar bei den Grundleistungen der Leistungsphasen 2 und 3 zu § 15 HOAI, ob im Einklang mit dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht ein solches Gebäude auf dem Grundstück errichtet werden kann. Wenn er gleichwohl eine nichtgenehmigungsfähige Entwurfs- und Genehmigungsplanung für ein Gebäude mit 8 Wohnungen fertig stellte, so entsprach dies, auch bei Unterstellung der behaupteten "Vorgabe", nicht der geschuldeten Leistung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>Dass die Klägerin nach Abschluss des Architektenvertrags durch (stillschweigende oder ausdrückliche) Vereinbarung das Genehmigungsrisiko übernommen hat, kann nicht festgestellt werden. Dies wirkt sich zu Lasten des in diesem Punkt beweispflichtigen Beklagten aus, da dieser sich auf eine nachträgliche Abänderung seiner vertraglichen Pflicht zur Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung (s.o.) beruft.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>aa)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>Die Klägerin wusste aufgrund der Entwurfs- und Genehmigungsplanung des Beklagten, dass das geplante Gebäude an der Grenze zum Grundstück der Nachbarin ... errichtet werden sollte, und zwar an die dort befindliche Scheune (nebst Schuppen). Die Einwendungen der Nachbarin ... (und der Fa. ... wegen des Überschreitens der nördlichen Baulinie) waren der Klägerin bekannt, und zwar spätestens durch das Schreiben der Stadt ... vom 29.10.1992. Der Klägerin als Bau(träger)unternehmen war also bekannt, dass Genehmigungsrisiken bestehen. Dies ist aber keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass die Parteien abweichend vom Vertrag die Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin vereinbart haben.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>bb)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/>Der Beklagte behauptet, er habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass für die Errichtung des Wohngebäudes mit dem vorgegebenen Wohnungsgemenge die Grundstücksfläche nicht ausreiche, ein Überschreiten der Baugrenzen und eine Befreiung hinsichtlich der Abstandsflächen deshalb notwendig seien. Hierzu hat der Senat ergänzend zu der Beweisaufnahme des Landgerichts die vom Beklagten benannten Zeugen ... und ... vernommen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>Eine zumindest stillschweigende Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin ist nicht zur Überzeugung des Senats (§ 286 Abs. 1 ZPO) bewiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>Der Zeuge ... hat bei seiner Vernehmung angegeben, bei der Unterredung, die kurz nach dem Treffen mit der Nachbarin ... und Herrn ... zwischen Herrn ... und seinem Bruder stattgefunden habe, habe sein Bruder Herrn ... erklärt, es sei besser, wenn Herr ... auf die Forderung der Nachbarn eingehe, er könne nämlich dann, wenn die Angelegenheit vor Gericht gehe, nicht sagen, ob die Baugenehmigung erteilt werde, obwohl dies mit der Stadt abgesprochen gewesen sei. Nach den Angaben des Zeugen ... war es bei der Unterredung den Beteiligten klar, dass ein gewisses Risiko wegen der Einwendungen der Nachbarin ... bestand und dass die Gebäudegröße das Hauptproblem war. Allerdings war nach den Angaben des Zeugen die erstellte Planung aus der Sicht des Beklagten richtig, da sie mit der Stadt abgesprochen war. Bezüglich der Grenzbebauung war, wie der Zeuge angegeben hat, nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass eine Befreiung erforderlich ist. Demgegenüber hat der Zeuge ... angegeben, dass der Zeuge ... bei dem geschilderten Treffen im Büro des Beklagten nur kurz zugegen gewesen sei und dass bei diesem Treffen über ein mögliches Gerichtsverfahren und dessen Ausgang nicht gesprochen worden sei. Nach den Angaben des Zeugen ... hat der Beklagte nach der Unterredung mit der Nachbarin ... und Herrn ... sich dahin geäußert, er (der Beklagte) sei sich ganz sicher, dass die Genehmigung erteilt werde, aufgrund der Einwendungen der Nachbarin ... könne aber eine Zeitverzögerung eintreten.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="62"/>Nach der Darstellung des Zeugen ... hat der Beklagte bei der Unterredung mit dem Zeugen ... es für durchaus möglich gehalten, dass die Nachbarin ... mit ihren Einwendungen in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren Erfolg haben kann. Dies könnte für eine Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin sprechen. Dass die Schilderung des Zeugen ... von der Unterredung des Beklagten mit dem Zeugen ... richtig ist, steht aber nicht zur Überzeugung des Senats fest. Insbesondere hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass der Zeuge ... noch eine zuverlässige Erinnerung an die rund 10 Jahre zurückliegende Unterredung hat und er noch ausreichend unterscheiden kann, was sein Bruder zu ihm und zu dem Zeugen ... sowie zu Frau ... gesagt hat, was vor der Erteilung der Baugenehmigung über Genehmigungsrisiken und was nach den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen hierüber gesprochen worden ist. Auch wenn der Senat nicht davon überzeugt ist, dass die Angabe des Zeugen ...; der Beklagte habe nach der Unterredung mit der Nachbarin ... die Genehmigungsfähigkeit seiner Planung versichert, zutreffend ist, erachtet es der Senat aufgrund der Beweisaufnahme doch für möglich, dass der Beklagte sich so geäußert hat, er also nicht auf mögliche Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit der erstellten Planung hingewiesen und lediglich zur Vermeidung einer zeitlichen Verzögerung der Klägerin zur Zahlung geraten hat. Dies hält der Senat auch deshalb für möglich, weil nach den Angaben des Zeugen ... der Beklagte seine Planung mit der Stadt abgesprochen hatte und deshalb für richtig ansah. Wenn aber, was nach der Beweisaufnahme möglich ist, der Beklagte im Hinblick auf die von der Nachbarin ... vorgebrachten Einwendungen keine Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit vorbrachte, er vielmehr die Einwendungen der Nachbarin für unberechtigt ansah, so scheidet eine rechtsgeschäftliche Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin aus. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Zeuge ... bei seiner Parteianhörung am 27.01.1997 in dem Vorprozess (Bl. 219, 220 d. Beiakte des LG Stuttgart ...) erklärt hat, nach der Vorsprache bei Herrn ... habe der Beklagte gesagt, dass ein Risiko mit der Baugenehmigung bestehe, die Baugenehmigung sei (von der Stadt ...) schon in Aussicht gestellt und durch die Zahlung werde sich die Sache beschleunigen. Aus dieser Erklärung, wie sie im Protokoll wiedergegeben ist, lässt sich bereits eine rechtsgeschäftliche Risikoübernahme nicht herleiten. Zudem hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, wenngleich erst am Ende der Sitzung, noch in der Verhandlung ausgeführt (Bl. 226 d. Beiakte des LG Stuttgart ...), das erwähnte Risiko sei so zu verstehen, dass nur ein zeitliches Risiko bestanden haben soll.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>Gegen die Übernahme des Genehmigungsrisikos durch die Klägerin spricht auch, dass der Beklagte der Klägerin nicht erläutert hat, dass nach § 6 Abs. 1 LBO die Grenzwand des anzubauenden Gebäudes nicht oder nur unerheblich größer als die zum Anbau vorgesehene Wand des Grenzbaus sein darf und wegen der erheblichen Flächen- und Höhenunterschiede ein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO nicht gegeben ist oder es zumindest sehr fraglich ist, ob ein "Anbau" i.S. der genannten Vorschrift vorliegt. Die Erteilung eines solchen Hinweises behauptet der Beklagte nicht und kann auch nach den Angaben des Zeugen ... nicht angenommen werden. Nach den Angaben des Zeugen ... ist bezüglich der Grenzbebauung zum Nachbarn nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass eine Befreiung erforderlich sei. Wenn dies zutrifft, spricht viel dafür, dass der Beklagte auch nach der Vorsprache bei Herrn ... einen Verstoß gegen die Abstandsflächenregelung des § 6 Abs. 1 LBO nicht gesehen und deshalb nicht auf die Notwendigkeit einer Ausnahme (§ 57 Abs. 2 LBO) oder Befreiung (§ 57 Abs. 4 LBO) hingewiesen hat. Zwar kannte die Klägerin die Einwendungen der Nachbarin ... und sie musste auch damit rechnen, dass die Nachbarin an ihren Einwendungen festhält, also gegen die Baugenehmigung Widerspruch einlegt und es dann zu einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren kommen kann. Hieraus kann aber eine rechtsgeschäftliche Übernahme des Genehmigungsrisikos nicht abgeleitet werden. Die Weigerung, an die Nachbarin 20.000,– DM zu bezahlen, kann durchaus damit erklärt werden, dass der Beklagte nach der Unterredung am 02.12.1992 der Klägerin die Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs bestätigt hat; Letzteres erachtet der Senat aufgrund der Beweisaufnahme zwar nicht für bewiesen, aber für möglich. Es kann deshalb aus der Weigerung der Klägerin nicht der Schluss gezogen werden, die Klägerin habe mit dem Baugesuch die Grenze des Möglichen "ausreizen" und die damit verbundenen Risiken tragen wollen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>cc)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="64"/>Auf eine rechtsgeschäftliche Übernahme des Genehmigungsrisikos kann auch nicht daraus geschlossen werden, dass Rechtsanwalt ... zusammen mit Frau ... am 08.12.1992 das Baurechtsamt der Stadt ... aufsuchte und dort bei dem Zeugen ... wegen der Erteilung der Baugenehmigung vorsprach.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>(1)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>Der Beklagte behauptet, nach der am 02.12.1992 erfolgten Vorsprache bei der Nachbarin ... und Herrn ... habe der Zeuge ... erklärt, er wolle nunmehr seinen Rechtsanwalt einschalten, um die Genehmigung des Bauvorhabens trotz der Einsprüche durchzusetzen. Er hat für diese von der Klägerin bestrittene Behauptung keinen Beweis angeboten. Es kann deshalb nicht festgestellt werden, dass der Zeuge ... sich so, wie dies der Beklagte behauptet, über eine beabsichtigte Mandatierung eines Rechtsanwalts geäußert hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>(2)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="66"/>Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Klägerin vor Erteilung der Baugenehmigung und vor Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin ... Rechtsanwalt ... beauftragt hatte, die Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs und die Einwendungen der Nachbarn zu prüfen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>Einen solchen Beratungsauftrag vor Erteilung der Baugenehmigung und vor dem Widerspruch der Nachbarin hat der Zeuge ... bei seiner Vernehmung durch das Landgericht und durch den Senat nicht bestätigt. Seinen Angaben zufolge bat Frau ... ihn am 08.12.1992 lediglich, sie zum Baurechtsamt zu begleiten, um "Druck auszuüben", damit das Baugesuch noch vor Weihnachten im Bauausschuss behandelt wird. Er hat weiter angegeben, dass er in dieser Angelegenheit von der Klägerin nicht um Rat gefragt worden sei, er deshalb inhaltlich über die Probleme des Baugenehmigungsverfahrens nicht unterrichtet gewesen sei, als er mit Frau ... zum Baurechtsamt gegangen sei, und er auch nach der Unterredung mit dem Zeugen ... mit der Angelegenheit bis zum Widerspruchsverfahren nicht befasst gewesen sei.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="68"/>Dass diese Angaben des Zeugen ... unrichtig sind, kann nicht festgestellt werden. Der von dem Beklagten benannte Zeuge ... hat bei seiner Vernehmung in erster Instanz angegeben, er habe von der Hinzuziehung des Rechtsanwalts ... zu der Vorsprache beim Baurechtsamt am 08.12.1992 keine Kenntnis gehabt, er habe Rechtsanwalt ... mit einer Prüfung des Baugesuchs nicht beauftragt gehabt. Der Zeuge ... ging allerdings nach seinen Angaben bei der Besprechung am 08.12.1992 davon aus, dass Rechtsanwalt ... die Klägerin in dem Genehmigungsverfahren vertritt. Er hat angegeben, das Bauvorhaben sei insgesamt besprochen worden, er (der Zeuge) habe zunächst seine Argumente für die Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs vorgetragen, dem habe sich Rechtsanwalt ... lediglich anschließen müssen, es habe sich aber auch um ein "Zwiegespräch" gehandelt, vorrangig sei es darum gegangen, die Sache noch vor Weihnachten in den Bauausschuss zu bringen. Auch wenn der Zeuge ... den Eindruck gewonnen hat, Rechtsanwalt ... habe in dem Baugenehmigungsverfahren ein Mandat, so kann die Beauftragung von Rechtsanwalt ... durch Frau ... bei dem vom Zeugen ... geschilderten Ablauf des Gesprächs doch darauf beschränkt gewesen sein, Frau ... am 08.12.1992 bei ihrem Anliegen, das Baugesuch noch vor Weihnachten dem Bauausschuss vorzulegen, zu unterstützen, und eine Beratung über die Nachbareinwendungen und die Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs nicht umfasst haben. Gegenteiliges lässt sich dem Schreiben der Klägerin vom 08.12.1992 nicht mit Zuverlässigkeit entnehmen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="69"/>Der Beklagte sieht sich in seinem Vortrag, dass Rechtsanwalt ... bereits vor dem 08.12.1992 von der Klägerin Mandat erhalten habe, darin bestätigt, dass Rechtsanwalt ... in der Verhandlung am 27.01.1997 (Bl. 218 d. Beiakte LG Stuttgart ...) ausgeführt hat, er sei am 07.12.1992 nicht beim Bauamt gewesen, um die Ergänzungspläne des Beklagten abzugeben. Diese im Protokoll wiedergegebene Angabe schließt an die Ausführung des vorangehenden Schriftsatzes vom 16.12.1997 (Bl. 191 d. Beiakte LG Stuttgart ...) an, wonach Frau ... am 07.12.1992 geänderte Lagepläne dem Zeugen ... vorgelegt hatte. Die Vorlage geänderter Lagepläne erfolgte nach dem Schreiben der Klägerin vom 08.12.1992 bei der gemeinsamen Vorsprache von Rechtsanwalt ... und Frau ... beim Baurechtsamt. Letzteres fand – dies ist zwischen den Parteien außer Streit und kann auf das Schreiben der Klägerin vom 08.12.1992 gestützt werden – am 08.12.1992 statt. Das im Vorprozess genannte Datum beruht also auf einem Irrtum. Hieraus wie auch aus dem Inhalt der von Rechtsanwalt ... abgegebenen Erklärung kann ein Schluss auf die Erteilung eines Mandats vor dem 08.12.1992 nicht gezogen werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="70"/>Es ist also nicht bewiesen, dass die Klägerin Rechtsanwalt ... bereits vor Erteilung der Baugenehmigung mit der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs betraut hatte. Auch steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin vor Erteilung der Baugenehmigung dem Beklagten mitgeteilt hat, die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs sei nunmehr (allein) Sache des von ihr beauftragten Rechtsanwalts; eine rechtsgeschäftliche Einschränkung der Leistungspflichten des Beklagten, die in einer solchen Mitteilung gesehen werden könnte, kann deshalb nicht angenommen werden. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 08.12.1992 konnte und durfte der Beklagte nicht entnehmen, dass er nunmehr von der Prüfung, ob die Planung genehmigungsfähig ist, entbunden ist.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="71"/>Sollte Rechtsanwalt ... doch über die bloße Teilnahme an der Vorsprache am 08.12.1992 hinausgehend mit der Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen betraut gewesen sein, war er hiermit von der Klägerin allenfalls ergänzend betraut worden. Eine Mitteilung der Klägerin an den Beklagten, der von ihr beauftragte Rechtsanwalt prüfe "als Sonderfachmann Recht" allein die Voraussetzungen der Genehmigungsfähigkeit, ist nicht bewiesen. Dem Beklagten oblag also weiterhin die sich aus dem Architektenvertrag ergebende Pflicht zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit seiner Planung. In einer solchen Situation ist dann der Rechtsanwalt, der die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Baugenehmigung prüfen soll, nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn (Löffelmann/ Fleischmann, Architektenrecht, 4. Aufl., Rn. 1594). Im Fall einer vom Rechtsanwalt und vom Architekten fehlerhaft bejahten Genehmigungsfähigkeit der erstellten Planung kommt deshalb (nur) eine gesamtschuldnerische Haftung von Rechtsanwalt und Architekt dem Bauherrn gegenüber in Betracht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>(3)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="72"/>Dass die Klägerin durch die am 08.12.1992 erfolgte Vorsprache bei dem Zeugen ... ausreichend über das bestehende Genehmigungsrisiko unterrichtet war und sie es bewusst hinnahm, um mit der erstellten Planung das Grundstück baulich vorteilhaft nutzen zu können, ist nicht bewiesen. Eine (stillschweigende) Übernahme des Genehmigungsrisikos durch das Festhalten an der erstellten Planung kann deshalb nicht angenommen werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="73"/>Der Zeuge ... hat bei seiner Vernehmung angegeben, bereits vor der Besprechung am 08.12.1992 habe es eine Besprechung gegeben, und zwar mit dem Beklagten und – möglicherweise – auch mit Frau ... in der, wie auch in jedem weiteren Gespräch, über die Höhenüberschreitung, die von der Nachbarin ... beanstandet wurde, gesprochen worden sei. Nach den Angaben des Zeugen ... ist auch erörtert worden, die Gebäudehöhe so abzusenken, dass die Höhe der Scheune nicht überschritten wird; Frau ... soll jedoch an der erstellten Planung mit dem Argument festgehalten haben, sie benötige die geplante Fläche, weil dies wirtschaftlich vorteilhaft sei. Aus der Sicht des Zeugen ... waren die Einwände der Nachbarn nicht so gewichtig, dass das Risiko, dass die Baugenehmigung im Ergebnis keinen Bestand haben wird, größer war als die Chance, die Baugenehmigung zu erhalten. Der Zeuge ... hat ferner angegeben, Ergebnis der Besprechung am 08.12.1992 sei gewesen, dass versucht werden solle, zu der vorliegenden Planung die Baugenehmigung einzuholen und danach zu bauen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="74"/>Nach den Angaben des Zeugen ... ist also in einer Besprechung vor dem 08.12.1992, und zwar mit dem Beklagten und möglicherweise auch mit Frau ..., und in der Besprechung am 08.12.1992 erörtert worden, dass wegen der Höhe des geplanten Gebäudes durchaus Genehmigungsrisiken bestehen und diese durch eine Umplanung, nämlich durch ein Absenken des geplanten Gebäudes im Grenzbereich, vermieden werden können. Wenn dann die Klägerin an der erstellten Planung festhielt, könnte dies zwar durchaus für eine rechtsgeschäftliche Übernahme des Genehmigungsrisikos sprechen, doch ist der Senat auch hier nicht davon überzeugt, dass die Angaben des Zeugen ... objektiv zutreffend sind.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="75"/>Der Zeuge ... meint sich erinnern zu können, dass am 08.12.1992 über die Einwendungen der Nachbarin ... gesprochen worden sei und es dabei um Fragen zum Abstand und zur Höhe des geplanten Gebäudes gegangen sei; der Zeuge hatte nach seinen Angaben den Eindruck, dass nach Vorlage der vom Zeugen ... geforderten Planergänzung (es handelt sich dabei um die dann vom Beklagten am 11.12.1992 erstellte Seitenansicht zur Verdeutlichung der Größe von Scheune nebst Schuppen und geplantem Gebäude) dem Baugesuch stattgegeben wird. Nach den Angaben des Zeugen ... hat also der Zeuge ... am 08.12.1992 nach Vorlage des geänderten Lageplans das Baugesuch nicht wegen der Grenzbebauung als besonders problematisch angesehen. Dafür könnte die Aussage des Zeugen ... in erster Instanz sprechen, dass er am 08.12.1992 (zunächst) seine Argumente dargestellt habe und Rechtsanwalt ... sich diesen dann nur noch mehr oder weniger habe anschließen müssen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="76"/>Soweit der Zeuge ... bei seiner Vernehmung durch den Senat ausgeführt hat, es habe bereits vor dem 08.12.1992 eine Besprechung mit dem Beklagten und möglicherweise auch mit Frau ... gegeben, bei der die von den Nachbarn erhobenen Einwendungen und mögliche Alternativen, und zwar ein Absenken eines Teils des geplanten Gebäudes auf die Höhe der Scheune, erörtert worden seien, und bei dieser Besprechung sowie bei der Besprechung am 08.12.1992 sei allen Beteiligten klar gewesen, dass es ein Risiko gebe, können diese Angaben zutreffend sein. Die vom Zeugen ... angeführte Besprechung vor dem 08.12.1992 kann stattgefunden haben, auch wenn der Beklagte vorbringt, an einer solchen Besprechung nicht teilgenommen zu haben (Gleiches trägt die Klägerin für Frau ... in dem nach dem Schluss der Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 09.10.2002 vor, was freilich in Widerspruch zu dem Vortrag der Klägerin im Vorprozess LG Stuttgart ... dort Schriftsatz vom 16.01.1997, Bl. 190 dieser Beiakte, steht). Der Senat hat sich aber aufgrund der Vernehmung des Zeugen ... nicht davon überzeugen können, dass der Zeuge sich noch ausreichend sicher daran erinnern kann, was in den beiden Besprechungen vor etwa 10 Jahren zur Zulässigkeit der Grenzbebauung und zu bestehenden Genehmigungsrisiken gesagt worden ist. Der Zeuge ... hat sich bei seiner Vernehmung in erster Instanz nicht an die Anwesenheit von Frau ... bei der Besprechung am 08.12.1992 erinnert. Er hat sich bei seinen Vernehmungen in erster und zweiter Instanz nicht auf Notizen zum Inhalt der beiden Besprechungen stützen können. Schriftliche Unterlagen zu den von dem Zeugen ... geschilderten Besprechungen sind nicht vorhanden; sie sind insbesondere nicht in den beigezogenen Bauakten enthalten. Soweit der Zeuge als Gesprächspunkt ein Absenken des geplanten Gebäudes im Grenzbereich erwähnt hat, erachtet der Senat es für möglich, dass der Zeuge sich über den Zeitpunkt täuscht, zu dem dies erörtert worden ist. Der Beklagte hatte ein Absenken des Gebäudes im Grenzbereich in seinem Umplanungsvorschlag vom 08.07.1994 vorgesehen und dies nach seinen Angaben mit dem Baurechtsamt besprochen. Der Senat hält es für möglich, dass der Zeuge ... die mit dem Beklagten 1994 erörterte Umplanung irrtümlich als eine bereits 1992 in Betracht gezogene Alternative ansieht. Für die Feststellung, dass die Klägerin aufgrund der Erörterungen in den beiden Besprechungen hinreichend deutlich darüber unterrichtet war, dass wegen der erheblichen Höhen- und Flächenunterschiede zwischen geplantem Gebäude und Scheune ein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO nicht vorliegen und deshalb die vom Beklagten erstellte Planung nicht genehmigungsfähig sein könnte, und sie das deshalb bestehende Genehmigungsrisiko, also auch das Risiko einer Aufhebung der Baugenehmigung, im Verhältnis zum planenden Architekten tragen wollte, sieht der Senat die Aussagen der vernommenen Zeugen, die sich letztlich nur auf ihre Erinnerung an die lange zurückliegenden Besprechungen berufen können, nicht als ausreichend sichere Grundlage an. Auch wird eine erneute Vernehmung der Zeugen keine weitere Aufklärung bringen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>dd)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="77"/>Auch bei einer Gesamtwürdigung aller Zeugenaussagen und des Prozessstoffes erachtet es der Senat nicht für bewiesen, dass die Klägerin das Planungsrisiko hinsichtlich der Grenzbebauung übernommen und in diesem Punkt den Beklagten von seiner vertraglichen Verpflichtung zur Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung freigestellt hat. Dass der Klägerin (ihrem damaligen Geschäftsführer oder Frau ...) vom Beklagten oder aufgrund der Besprechungen mit dem Zeugen ... ausreichend deutlich erklärt worden ist, es könnte ein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO nicht vorliegen, ist nicht bewiesen. Der Senat erachtet es auch für möglich, dass der Beklagte nach Vorsprache bei Herrn ... die Genehmigungsfähigkeit seiner Planung bejaht und zur Zahlung einer Abstandssumme lediglich wegen eines möglichen Zeitverlustes infolge eines Widerspruchs gegen die Baugenehmigung geraten hat. Aus dem späteren Festhalten an der erstellten Planung nach der Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin ... gegen die Baugenehmigung kann nicht mit ausreichender Sicherheit darauf geschlossen werden, dass die Klägerin das aus der Grenzbebauung mit Höhen- und Flächenunterschieden folgende Genehmigungsrisiko aufgrund einer (stillschweigenden) Vereinbarung übernehmen wollte.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="78"/>Der Beklagte schuldete also der Klägerin eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Diese Eigenschaft hatte die vom Beklagten erbrachte Planungsleistung nicht. Diese war damit mangelhaft i.S.v. § 633 Abs. 1 BGB.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="79"/>Der Mangel des erbrachten Werks beruht auch auf einem Umstand, den der Beklagte zu vertreten hat. Dies hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="80"/>Um die geschuldete Leistung, nämlich eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung, erbringen zu können, musste der Beklagte prüfen, ob das Bauvorhaben im Einklang mit dem Bauplanungs- und Bauordnungsrecht steht. Die Kenntnisse auf diesem Gebiet muss ein Architekt besitzen. Allerdings kann die Klärung schwieriger Rechtsfragen von ihm nicht verlangt werden, da er einem Rechtsberater des Bauherrn nicht gleichgestellt werden darf (BGH VersR 1992, S. 698, 699; OLG Düsseldorf BauR 1997, S. 159, 160).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="81"/>Das vom Beklagten geplante Gebäude war wegen der erheblichen Flächen- und Höhenunterschiede kein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO. Die Vorschriften zu den Abstandsflächen gehören zum Bauordnungsrecht, von dem der Beklagte Kenntnis besitzen muss. Aufgrund des Bebauungs- und Lageplans konnte und musste der Beklagte feststellen, dass im Bebauungsplan eine geschlossene Bauweise mit Grenzbebauung nicht vorgesehen war und abgesehen von der Scheune der Nachbarin eine Grenzbebauung nicht bestand. Dem Beklagten musste sich deshalb in Anbetracht der erheblichen Flächen- und Höhenunterschiede die Frage stellen, ob bei seiner Planung überhaupt ein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO vorliegt. Die Überprüfung dieser Rechtsfrage (anhand einer gängigen Kurzkommentierung, die das Landgericht in dem angefochtenen Urteil angeführt hat, etwa anhand von Sauter/Krohn, LBO, 14. Aufl., § 6 Anm. 5, in der es heißt, dass der Grenzbau in Breite und Höhe etwa deckungsgleich sein muss mit der vorhandenen Grenzbebauung) kann von einem Architekten erwartet werden und hätte dazu geführt, dass der Beklagte erkannt hätte, dass der Grenzbau nicht als "etwa deckungsgleich", auch nicht als "unerheblich größer" und damit nicht als ein "Anbau" angesehen werden kann. Sah sich der Beklagte zu einer Beurteilung der Rechtsfrage außer Stande, so hätte er, und zwar bereits bei der Erstellung der Entwurfsplanung, also noch vor Einreichung des Baugesuchs, anhand der Regelung des § 6 Abs. 1 LBO der Klägerin konkret die Problemstellung darstellen und ihr mit der Anheimgabe, anderweitig Rat einzuholen, erläutern müssen, dass er außer Stande ist, zu beurteilen, ob bei dem vorgesehenen Grenzbau ein "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 LBO vorliegt; dabei hätte er auch die Alternativen – "sicherer oder riskanter Weg", Einholung eines Bauvorbescheids – mit der Klägerin erörtern können. Dass dies geschehen ist, hat der Beklagte nicht dargelegt und kann nicht festgestellt werden (die Beweislast für fehlendes Vertretenmüssen hat der Werkunternehmer). Hätte der Beklagte festgestellt, dass ein "Anbau" nicht vorliegt, hätte er die Klägerin hiervon unterrichten müssen, ferner davon, dass im Fall der Beibehaltung der Gebäudegröße der Grenzbau allenfalls aufgrund einer Ausnahme (§§ 57 Abs. 2, 7 Abs. 4 LBO) oder Befreiung (§ 57 Abs. 4 LBO) genehmigt werden kann. Ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme oder Befreiung vorliegen, mag eine schwierige Rechtsfrage sein, deren Beantwortung von einem Architekten nicht erwartet werden kann. Der Beklagte hätte dann aber der Klägerin unter konkreter Aufklärung über das Rechtsproblem darlegen müssen, dass er nicht beurteilen kann, ob eine Ausnahme oder Befreiung rechtmäßig erteilt werden kann. Dass dies geschehen ist, kann nicht festgestellt werden. Was den vom Beklagten behaupteten Hinweis auf die Notwendigkeit von Befreiungen betrifft, hat der Zeuge ... hierzu bei seiner Vernehmung angegeben, es sei nicht ausdrücklich darüber gesprochen worden, dass bezüglich der Grenzbebauung eine Befreiung erforderlich ist. Die Baugenehmigung ist ohne Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung von der Einhaltung der Abstandsflächen ergangen, was dagegen spricht, dass die Notwendigkeit einer Ausnahme oder Befreiung erörtert worden ist.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="82"/>Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, die Klägerin hätte ihn trotz des Schreibens der Stadt ... vom 29.10.1992 zu der Besprechung am 08.12.1992 nicht mitgenommen, ihm sei dadurch die Möglichkeit genommen worden, in Anbetracht der erörterten Einwendungen und Risiken eine Verkleinerung des Bauvorhabens vorzuschlagen. Anlass für die vorher nicht angemeldete Vorsprache der Frau ... bei dem Zeugen ... war nach dessen Angaben die Vorlage des geänderten Lageplans. Nach den Angaben des Zeugen ... wollte Frau ... eine baldige Behandlung des Baugesuchs im Bauausschuss erreichen; auch der Zeuge ... hat in erster Instanz angegeben, vorrangig sei es am 08.12.1992 darum gegangen, die Sache noch vor Weihnachten in den Bauausschuss zu bringen. Am 08.12.1992 ging es also aus der Sicht der Frau ... nicht (mehr) darum, die Genehmigungsfähigkeit der Planung abzuklären. Die Klägerin war deshalb nicht verpflichtet, dem Beklagten eine Teilnahme an der Vorsprache von Frau ... zu ermöglichen. Zudem hatte es keinen Einfluss auf den Geschehensablauf, dass der Beklagte an der Vorsprache nicht teilnahm. Der Beklagte hatte nach seinen Angaben seine Planung mit dem Baurechtsamt abgestimmt. Nach den Angaben des Zeugen ... fand vor dem 08.12.1992 eine Besprechung mit dem Beklagten und – möglicherweise – auch mit Frau ... statt; der Senat erachtet dies, wie ausgeführt, für möglich. Dass am 08.12.1992 dann neue Gesichtspunkte, die gegen die Genehmigungsfähigkeit der Planung angeführt werden können, erörtert worden sein könnten, ist aufgrund der Zeugenvernehmung nicht ersichtlich. Der Senat erachtet es für ausgeschlossen, dass der Beklagte, wenn er an der Besprechung am 08.12.1992 teilgenommen hätte, von seiner (mangelhaften) Planung abgerückt wäre und der Klägerin eine Umplanung mit einem im Grenzbereich kleiner dimensionierten Gebäude empfohlen hätte.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="83"/>Der Mangel des Architektenwerks beruht also auf einem Umstand, den der Beklagte zu vertreten hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="84"/>Das Landgericht hat zutreffend dargelegt (S. 52-54 des angefochtenen Urteils), dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 635 BGB (soweit die Klage nicht vom Landgericht als unbegründet abgewiesen worden ist) eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gem. § 634 Abs. 1 BGB nicht voraussetzt. Dies greift der Beklagte mit der Berufung nicht an. Der Senat teilt die rechtliche Würdigung des Landgerichts und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab, § 543 Abs. 1 ZPO (a.F.).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="85"/>Der Klägerin ist aufgrund des Mangels der Architektenleistung ein nach § 635 BGB zu ersetzender Schaden entstanden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="86"/>Das angefochtene Grundurteil ist zur Klage auf Ersatz von Zinsschäden, entgangenem Gewinn und Grundsteuer (insgesamt 247.567,57 DM) ergangen. Hierbei handelt es sich um Schadenspositionen, die als Mangelfolgeschaden nach § 635 BGB zu ersetzen sind. Der Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB erfasst auch die mit Mängeln zusammenhängenden Folgekosten. Hierzu gehören Zinsverluste und Zwischenfinanzierungskosten im Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung (Peters in Staudinger, BGB, Neubearb. 2000, Anh. II zu § 635 Rn. 41; OLG Saarbrücken NZBau 2002, S. 98, 100); auch der entgangene Gewinn ist nach § 635 BGB erstattungsfähig. Die Grundsteuer, die die Klägerin nach ihrem Vortrag wegen der durch den Mangel der Architektenleistung bedingten Bauverzögerung bezahlen musste, gehört gleichfalls zu dem nach § 635 BGB zu ersetzenden Mangelfolgeschaden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="87"/>Infolge des Mangels der Werkleistung trat eine Verzögerung in der beabsichtigten Bebauung des Grundstücks ein. Die Ausführung der am 03.02.1993 genehmigten Bauplanung war wegen des Mangels nicht möglich. Es musste deshalb eine neue Planung erstellt, ein Baugesuch wiederum eingereicht und eine Baugenehmigung zu der neuen Planung erteilt werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="88"/>Es kann davon ausgegangen werden, dass bei Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung die Baugenehmigung ebenfalls im Februar 1993 erteilt worden wäre und die Klägerin dann im April 1993 (nach der Bauakte 92/346 erfolgte am 22.04.1993 eine Teilbaufreigabe für die Erdarbeiten) mit dem Aushub hätte beginnen können. Die Baugenehmigung für die Neuplanung wurde erst am 06.03.1995 (also rund 22 Monate nach der Teilbaufreigabe) erteilt. Die Baufreigabe für die Neuplanung erfolgte nach dem Klagvortrag erst am 10.10.1995 (also rund 29 Monate nach der Teilbaufreigabe). Der Senat ist davon überzeugt, dass die Bauverzögerung von mehr als 22 Monaten Finanzierungsmehrkosten verursacht hat und diese den der Klägerin im Vorprozess zugesprochenen Betrag von 7.452,08 DM deutlich übersteigen. Die Finanzierung des Bauvorhabens T Straße erfolgte durch die Kreissparkasse ... und zwar über das Konto Nr. .... Aus den von der Klägerin – die u.a. bereits das Grundstück und das Architektenhonorar bezahlt hatte – in dem Vorprozess (Beiakte LG Stuttgart ...) vorgelegten und im vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin in Bezug genommenen Lastschriftanzeigen der Kreissparkasse und aus den Zinsabrechnungen zu dem Kontonummer ... kann entnommen werden, dass die Klägerin Bankkredit i.H.v. mehreren 100.000,– DM in Anspruch nahm, und zwar im August 1993 i.H.v. 700.000,– DM (Bl. 127 d. Beiakte ...), im Januar 1995 i.H.v. 900.000,– DM (Bl. 70 d. Beiakte ...) und noch im Januar 1996 i.H.v. 500.000,– DM (Bl. 83 d. Beiakte ...). Die Finanzierungsmehrkosten wären der Klägerin nicht entstanden, wenn der Beklagte eine genehmigungsfähige Planung erstellt hätte. Der Mangel der Werkleistung ist also ursächlich für einen (Zins-) Schaden der Klägerin, der 7.452,08 DM übersteigt. In welchem Umfang die Ursächlichkeit besteht und wie hoch der Zinsschaden der Klägerin ist, kann dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben und wird dem Betragsverfahren vorbehalten; dies gilt auch für den Schaden, den die Klägerin aufgrund des behaupteten Gewinnentgangs und wegen der Zahlung von Grundsteuer ersetzt verlangt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="89"/>Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, die Ursächlichkeit seiner nicht genehmigungsfähigen Planung für den geltend gemachten Schaden sei mangels eines Zurechnungszusammenhangs zu verneinen, da die Klägerin im Anschluss an die mit der Nachbarin ... und Herrn ... am 02.12.1992 erfolgte Besprechung Rechtsanwalt ... Mandat erteilt habe und dessen Beurteilung und Rat gefolgt sei, und zwar auch nach Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin ...; selbst nach den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen habe die Klägerin noch die ursprüngliche Planung durchsetzen wollen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="90"/>Dass die Klägerin vor Erlass der Baugenehmigung vom 03.02.1993 und vor Einlegung des Widerspruchs durch die Nachbarin ... Rechtsanwalt ... Mandat erteilt hatte, die Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs und die Einwendungen der Nachbarn zu prüfen, ist nicht bewiesen; auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Die Klägerin beauftragte dann Rechtsanwalt ..., um die Baugenehmigung zu verteidigen und den Antrag der Nachbarin ..., die Vollziehung der Baugenehmigung auszusetzen, abzuwehren. Wenn Rechtsanwalt ... dabei gleichfalls nicht erkannte, dass wegen der Höhen- und Flächenunterschiede ein "Anbau" nicht vorlag und die erteilte Baugenehmigung deshalb nicht rechtmäßig war, und er die Klägerin am Festhalten an der Baugenehmigung bestärkte, mag dies seine Regresshaftung neben der Schadensersatzhaftung des Beklagten begründen. Die etwaige fehlerhafte Beratung durch Rechtsanwalt ... nach Einlegung des Widerspruchs unterbricht jedoch den Ursachenzusammenhang oder den Zurechnungszusammenhang zwischen dem Werkmangel und dem geltend gemachten Schaden nicht. Eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch einen Dritten kommt nur in Betracht, wenn ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und hierdurch einen weiteren Schaden herbeiführt, der dem Erstschädiger billigerweise nicht zugerechnet werden kann (BGH NJW 2000, S. 947, 948; auch BGH NJW 1993, S. 2797, 2799). Der Beklagte hat durch seine mangelhafte Planung eine Gefahrenlage geschaffen. Dass ein nachträglich beauftragter Rechtsanwalt, hier also Rechtsanwalt ..., die fehlende Genehmigungsfähigkeit der Planung gleichfalls nicht erkennt und deshalb seinen Mandanten, hier die Klägerin, fehlerhaft berät und dadurch zum Festhalten an der Baugenehmigung veranlasst, kann nicht als so ungewöhnlich und unsachgemäß gewertet werden, dass es den Ursachenzusammenhang mit dem Werkmangel unterbrechen würde (vgl. auch OLG Düsseldorf BauR 1997, S. 159, 160 f).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="91"/>Der Ursachenzusammenhang ist nach Auffassung des Senats auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin noch nach den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen versucht hat, die Baugenehmigung aufrechtzuerhalten, um doch noch nach der ursprünglichen Planung des Beklagten bauen zu können. Hierdurch ist jedoch keine Aussage dazu gemacht, ob die Klägerin aus diesem Grund ein mitwirkendes Mitverschulden trifft (hierzu die nachfolgenden Ausführungen unter Nr. 7 d).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>6.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="92"/>Soweit das Landgericht im Umfang des Grundurteils (247.567,57 DM) – und hinsichtlich des zugesprochenen Betrags von 603,10 DM – die Verjährungseinrede nicht für begründet erachtet hat (S. 17-37 des angefochtenen Urteils), greift der Beklagte dies mit seiner Berufung nicht als fehlerhaft an. Der Senat teilt die Begründung des Landgerichts, dass die Klagforderung in dem genannten Umfang nicht verjährt ist. Insbesondere ist der Senat mit dem Landgericht der Auffassung, dass in der Bezahlung der so vom Beklagten bezeichneten Teilschlussrechnung vom 30.12.1992 nicht eine Teilabnahme der bisher erbrachten Leistung zu sehen ist, und die Verjährung frühestens Ende Juli 1994 begonnen hat. Die Anspruchsbegründung vom 18.05.1998, eingegangen bei Gericht am 20.05.1998, enthält bereits als durch Bauverzögerung verursachten Schaden einen Zinsschaden und entgangenen Gewinn i.H.v. 247.567,57 DM und die Kosten i.H.v. 603,10 DM für die Aufhebung der Teilungserklärung und des Sondereigentums. Der Senat sieht deshalb gem. § 543 Abs. 1 ZPO (a.F.) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>7.</td></tr></table>
<table><tr><td>a)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="93"/>Das Landgericht hat zutreffend ein Mitverschulden der Klägerin (§ 254 Abs. 1 BGB) verneint, soweit die Klägerin sich im Anschluss an die Vorsprache bei Herrn ... geweigert hat, der Nachbarin ... gegen deren Verzicht auf die erhobenen Einwendungen 20.000,– DM zu bezahlen. Hiergegen wendet sich der Beklagte ohne Erfolg.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="94"/>Der Beklagte hat der Klägerin nicht erläutert, unter welchen Voraussetzungen ein Grenzbau als "Anbau" i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO anzusehen ist und dass wegen der erheblichen Höhen- und Flächenunterschiede zumindest sehr fraglich ist, ob das geplante Gebäude ein "Anbau" ist. Nach der Beweisaufnahme ist es möglich, dass der Beklagte nach der Vorsprache bei Herrn ... dem Zeugen ... gegenüber die Einwendungen der Nachbarin ... für unberechtigt angesehen und lediglich zur Vermeidung einer zeitlichen Verzögerung zur Zahlung an die Nachbarin geraten hat. Unter diesen bereits oben (unter B. I. 2. c), bb) dargestellten Umständen ist ein Mitverschulden der Klägerin nicht darin zu sehen, dass sie eine Zahlung an die Nachbarin ... abgelehnt hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>b)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="95"/>Ein die Schadensersatzhaftung des Beklagten einschränkendes Mitverschulden der Klägerin besteht auch nicht darin, dass die Klägerin vor Erteilung der Baugenehmigung der Beratung von Rechtsanwalt ... gefolgt ist und an der bisherigen Planung des Beklagten festgehalten hat. Wie oben (unter B. 1. 2. c), cc) ausgeführt ist, ist nicht bewiesen, dass die Klägerin Rechtsanwalt ... vor Erteilung der Baugenehmigung mit der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Baugesuchs betraut hatte. Falls dies doch der Fall gewesen sein sollte, wäre dies allenfalls ergänzend geschehen und käme nur eine gesamtschuldnerische Haftung von Rechtsanwalt und Architekt in Betracht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="96"/>Ein Mitverschulden der Klägerin ist auch nicht darin zu sehen, dass sie nach Einlegung des Widerspruchs gegen die erteilte Baugenehmigung und nach Erteilung eines Mandats an Rechtsanwalt ... dessen Beratung gefolgt ist und zunächst mit seiner Hilfe die Baugenehmigung verteidigt und versucht hat, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzuwehren. Rechtsanwalt ... wurde nach Einlegung des Widerspruchs und in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht als Erfüllungsgehilfe der Klägerin zur Abwendung oder Minderung eines Schadens aus einer fehlerhaften Planung des Beklagten beauftragt. Eine fehlerhafte Beratung durch Rechtsanwalt ... ist deshalb der Klägerin nicht zuzurechnen und begründet kein Mitverschulden der Klägerin. Ein eigenes (Mit-) Verschulden der Klägerin, weil sie selbst die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung hätte erkennen müssen, kann – jedenfalls vor den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen – nicht angenommen werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>d)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="97"/>Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ... vom 24.06.1993, spätestens jedoch nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden Württemberg vom 15.09.1993 lag es auch für die Klägerin nahe, in Betracht zu ziehen, dass die Baugenehmigung nicht rechtmäßig war und ohne Einigung mit der Nachbarin ... eine Umplanung notwendig sein wird. Wenn die Klägerin nicht alsbald eine Klärung, ob die Nachbarin ... auf ihre Einwendungen verzichtet, herbeiführen konnte und eine Umplanung dann nicht veranlasste, sich vielmehr erst mit Schreiben vom 26.04.1994 wegen einer Umplanung an den Beklagten wandte (nach ihrem Vortrag hatte die Klägerin die beiden verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen alsbald nach Erhalt dem Beklagten übersandt, so dass hiernach der Beklagte durchaus unterrichtet war), so kann hierin ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 2 BGB gesehen werden. Die Entscheidung hierüber wie auch über die Auswirkungen eines möglicherweise zu bejahenden Mitverschuldens auf den Umfang des zu ersetzenden Schadens können dem Betragsverfahren überlassen bleiben und werden dem Betragsverfahren überlassen. Gleiches gilt für die Frage, ob ein Mitverschulden (§ 254 BGB) der Klägerin darin zu sehen ist, dass sie den Umplanungsvorschlag des Beklagten nicht aufgegriffen und stattdessen Ende Juli 1994 den Architekten ... mit der Umplanung beauftragt hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>e)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="98"/>Die Klägerin hatte Ende April 1993 oder im Mai 1993 mit den Aushubarbeiten begonnen, zu einem Zeitpunkt also, als ihr bereits der Widerspruch der Nachbarin ... bekannt war; seit 30.04.1993 kannte sie zudem den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="99"/>Im Zusammenhang mit der Beurteilung von Amtshaftungsansprüchen geht die Rechtsprechung davon aus (BGH NJW 2002, S. 432, 433 f), dass ein Bauherr in der Regel zur Entstehung des ihm zugestoßenen Schadens beiträgt, wenn er nach Einlegung des Widerspruchs oder nach Klagerhebung, verbunden mit dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, sein Bauvorhaben durch weitere Investitionen vorantreibt und er von der Klärungsbedürftigkeit der durch sein Bauvorhaben berührten Nachbarrechte Kenntnis hat. Hinsichtlich dieser Aufwendungen kann ein Amtshaftungsanspruch wegen einer rechtswidrig erteilten Baugenehmigung bereits am fehlenden schutzwürdigen Vertrauen in die Baugenehmigung zu verneinen sein; ist dies nicht bereits der Fall, so ist jedenfalls ein mitwirkendes Verschuldens des Bauherrn (§ 254 BGB) in Betracht zu ziehen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="100"/>Ob diese Grundsätze auf einen Schadensersatzanspruch gegen einen Architekten, dessen Planung nicht genehmigungsfähig ist, zu der aber eine (rechtswidrige) Baugenehmigung erteilt worden ist, gleichermaßen übertragen werden können, kann der Prüfung im Betragsverfahren vorbehalten bleiben und wird dem Betragsverfahren vorbehalten. Der Senat neigt jedoch dazu, ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin zu bejahen. Die Höhe des Zinsschadens, einschließlich der Dauer der durch den Mangel des Architektenwerks verursachten und dem Beklagten zuzurechnenden Bauverzögerung, ist streitig. Welche Zinsen auf die von der Klägerin behaupteten Aushubkosten (Rechnung der Fa. ... vom 09.08.1993 über netto 29.165,70 DM, Bl. 65 d. Beiakte LG Stuttgart ...) entfallen, ist im Betragsverfahren zu klären. Ohne diese Klärung ist eine Aussage über die Auswirkung eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin auf den Zinsschaden nicht möglich. Der Senat behält deshalb die Entscheidung, ob die Nachteile infolge des Baugrubenaushubs ein vom Beklagten zu ersetzender Schaden ist und ob die Klägerin ein mitwirkendes Verschulden trifft, dem Betragsverfahren vor.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>8.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="101"/>Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils (§ 304 Abs. 1 ZPO) liegen vor, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="102"/>Der Klaganspruch ist nach Grund und Betrag streitig. Der Beklagte hat die Höhe des Schadens, den die Klägerin in einer für eine Schadensschätzung ausreichenden Weise vorgetragen hat, bestritten. Streitig sind dabei auch Fragen zur haftungsausfüllenden Kausalität. Dabei ist auch streitig, ob und inwieweit infolge des Werkmangels eine Verzögerung im Verkauf der hergestellten Wohnungen verursacht worden ist, ob die vom Architekten ... geplanten Wohnungen sich schwerer veräußern ließen als die vom Kläger in seinem Umplanungsvorschlag vorgesehenen Wohnungen und wie die Klägerin in ihrem Vermögen stünde, wenn der Beklagte 1992 eine genehmigungsfähige Planung erstellt hätte. Neben den bereits oben dem Betragsverfahren vorbehaltenen Streitfragen werden auch die weiteren Streitfragen zur haftungsausfüllenden Kausalität dem Betragsverfahren vorbehalten, da hierzu – wie auch zur Schadenshöhe – eine Beweisaufnahme, insbesondere durch Einholung von Gutachten, erforderlich ist. Dies hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Auch der Senat ist der Auffassung, dass bei dem Streitstoff der Erlass eines Grundurteils angemessen ist.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="103"/>Auch unter Berücksichtigung der dem Betragsverfahren vorbehaltenen Streitfragen ist der Klaganspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe begründet. Durch den Mangel der Werkleistung trat auf jeden Fall eine mehrmonatige Verzögerung im Bauablauf ein. Dies gilt auch dann, wenn man zugunsten des Beklagten ein Mitverschulden der Klägerin darin sieht, dass sie nicht alsbald nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ... (24.06.1993) den Beklagten mit der Umplanung beauftragt hat. Die Klägerin hätte im Fall der Beauftragung des Beklagten nach Kenntnis des Beschlusses des Verwaltungsgerichts frühestens nach Ablauf von 8,5 Monaten die Bauarbeiten fortsetzen können, sodass die durch den Mangel verursachte, durch ein Mitverschulden der Klägerin nicht beeinflusste Bauverzögerung mindestens 8,5 Monate beträgt. Die Klägerin hatte den Architekten ... Ende Juli 1994 mit der Erstellung einer Neuplanung beauftragt. Nach Einreichung des Baugesuchs am 17.11.1994 wurde die Baugenehmigung am 06.03.1995 erteilt, also rund 7 Monate nach der Beauftragung des Architekten .... Geht man davon aus, dass der Beklagte aufgrund seiner Vorkenntnisse für die Umplanung etwas weniger Zeit benötigt hätte als der Architekt ..., so wäre dennoch auch dann, wenn der Beklagte die Umplanung für die Klägerin vorgenommen hätte, zwischen Beginn der Umplanung und Erteilung der Baugenehmigung eine Zeitspanne von 6 Monaten verstrichen. Zwischen Erteilung der Baugenehmigung am 03.02.1993 und der Teilbaufreigabe am 22.04.1993 vergingen rund 2,5 Monate (1995 war die Zeitspanne länger); erst nach Ablauf dieses Zeitraums hätte die Klägerin mit den Bauarbeiten nach der neuen Baugenehmigung beginnen können. Die durch den Mangel der Planungsleistung verursachte Bauverzögerung beträgt somit mindestens 8,5 Monate. Bei einem Zinssatz von über 9 % (im April 1993: 11,25 % gem. der Mitteilung der Kreissparkasse ... vom 29.03.1993, Bl. 125 d. Beiakte LG Stuttgart ...) und einer Kreditinanspruchnahme von mehr als 200.000,– DM wird der Zinsschaden infolge der Bauverzögerung um mindestens 8,5 Monate den im Vorprozess zugesprochenen Zinsschaden von 7.452,08 DM mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich übersteigen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="104"/>Das Landgericht hat also zu Recht die Voraussetzungen eines Grundurteils bejaht und ein Grundurteil erlassen. Die Berufung des Beklagten hiergegen bleibt ohne Erfolg.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="105"/>Soweit das Landgericht der Klägerin 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 zugesprochen hat, handelt es sich hierbei nach Auffassung des Senats um ein unzulässiges Teilurteil. Der Gefahr widersprechender Entscheidungen kann jedoch dadurch begegnet werden, dass auch insofern die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="106"/>Der Betrag von 603,10 DM sind die Kosten, die die Klägerin für die Aufhebung der Teilungserklärung und des Sondereigentums aufgewandt hat, weil sie im Mai 1993 auf der Grundlage der vom Beklagten erstellten Planung Wohnungseigentum begründet hatte und die Neuplanung des Architekten ... damit nicht vereinbar war. Die Kosten i.H.v. 603,10 DM sind grundsätzlich ein nach § 635 BGB zu ersetzender Mangelfolgeschaden. Die Anspruchsvoraussetzungen für den Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB liegen vor, wie oben (unter B 1.) ausgeführt ist.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>107 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="107"/>Die Klägerin teilte im Mai 1993, und zwar wohl am 07.05.1993 (die Kostenrechnung des Notariats – Grundbuchamt – ... über die Begründung von Wohnungseigentum datiert vom 07.05.1993, Bl. 106 d.A.), das Grundstückseigentum in Wohnungseigentum auf und veranlasste die Eintragung von Wohnungseigentum im Grundbuch. Zu diesem Zeitpunkt kannte die Klägerin nicht nur den Widerspruch der Nachbarin ... sondern auch aufgrund der am 30.04.1993 erfolgten Zustellung des Beiladungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts ... vom 22.04.1993 (Bl. 39, 41 d. Beiakte VG ...) den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>108 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="108"/>Auch bei den Kosten i.H.v. 603,10 DM stellt sich das Problem, ob diese Kosten ein vom Beklagten zu ersetzender Schaden ist und ob die Klägerin ein mitwirkendes Verschulden trifft, weil sie vor der Bestandskraft der Baugenehmigung und in Kenntnis des Widerspruchs und des Aussetzungsantrags die Begründung von Wohnungseigentum betrieben hat. Das Landgericht hat ein Mitverschulden der Klägerin verneint (S. 66 des angefochtenen Urteils). Soweit es dabei ausgeführt hat, der Beklagte habe ein voreiliges Tätigwerden der Klägerin nicht konkret dargetan, hat es allerdings dessen Vortrag im Schriftsatz vom 05.03.2001, dort S. 7 (Bl. 438), übergangen, in dem der Klägerin in Kenntnis des Widerspruchs ein "Vorpreschen" bei der Begründung von Wohnungseigentum vorgeworfen wird.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>109 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="109"/>Es war nach Auffassung des Senats verfahrensfehlerhaft, dass das Landgericht durch Teilurteil der Klägerin den Betrag von 603,10 DM zugesprochen hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>110 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="110"/>Die Frage, ob ein ersatzfähiger Schaden besteht und ob die Klägerin ein mitwirkendes Verschulden trifft, stellt sich gleichermaßen hinsichtlich der Aushubkosten und bei dem Zinsschaden; auf die obigen Ausführungen (B l 7. e) wird verwiesen. Das Landgericht verneint zwar ein Mitverschulden, soweit die Klägerin schon vor Erteilung der Baugenehmigung und in Kenntnis der Nachbareinwendungen gegen das Baugesuch Aufträge vergeben hat. Es geht aber dabei auf die Aushubkosten, die für die Beurteilung des Zinsschadens bedeutsam sein können, nicht ein. Diese Kosten entstanden der Klägerin, weil sie nach Erteilung der Baugenehmigung und in Kenntnis des Widerspruchs gegen die Baugenehmigung den Aushub vornehmen ließ; zumindest während des Aushubs erlangte sie auch Kenntnis von dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>111 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="111"/>Nach Auffassung des Senats muss hinsichtlich des Baugrubenaushubs und der Begründung von Wohnungseigentum nach gleichen Grundsätzen darüber entschieden werden, ob ein ersatzfähiger Schaden durch die Umsetzung der fehlerhaften Planung des Beklagten verursacht worden ist und ob ein mitwirkendes Verschulden der Klägerin vorliegt. Das Landgericht hat hierzu lediglich bei dem Teilurteil über 603,10 DM entschieden, nicht jedoch bei dem Grundurteil. Bei dem Grundurteil kann über den Einwand des Beklagten nicht abschließend entschieden werden, weshalb dieser – wie oben ausgeführt – dem Betragsverfahren vorbehalten bleibt. Ein Teilurteil ist wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen unzulässig, wenn es eine Frage entscheidet, die sich im weiteren Verfahren über den Teil der Klage noch einmal stellt (BGH NJW 2000, S. 3716, 3717). Die Gefahr widersprechender Entscheidungen ist nach Auffassung des Senats bei der vorliegenden Fallkonstellation gegeben, auch wenn das Landgericht mit dem Teilurteil ein Grundurteil erlassen hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>112 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="112"/>Das Teilurteil ist also unzulässig. Dies zwingt aber nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache insgesamt (§ 539 ZPO a.F.). Der Gefahr der Widersprüchlichkeit kann nämlich begegnet werden, indem auch hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt wird. Nur zur Entscheidung über die Höhe des dem Grunde nach gerechtfertigten Klaganspruchs wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen; dem Betragsverfahren bleibt dann die Prüfung vorbehalten, ob ein ersatzfähiger Schaden und ein mitwirkendes Verschulden vorliegt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>C.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>113 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="113"/>Hinsichtlich der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 603,10 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 19.11.1996 wird also das angefochtene Urteil des Landgerichts dahin geändert, dass die Klage auf Zahlung von Schadensersatz auch insoweit dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Die weitergehende Berufung des Beklagten (gegen das Grundurteil des Landgerichts) ist nicht begründet und wird zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die Höhe des dem Grunde nach gerechtfertigten Klaganspruchs wird die Sache an das Landgericht zurückverwiesen (nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F.; hinsichtlich des Betrags von 603,10 DM nach § 539 ZPO a.F.).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>114 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="114"/>Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.) liegen nicht vor.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>115 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="115"/>Die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze der Parteien befassen sich mit Fragen der rechtlichen Würdigung und der Beweiswürdigung und geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der Verhandlung.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,297 | olgstut-2003-02-18-2-w-5602 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 W 56/02 | 2003-02-18T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:34 | 2019-02-12T13:09:53 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 22.07.2002</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>geändert.</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2. a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Gegen den Schuldner wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von 5 Tagen angeordnet.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Im Übrigen wird der Antrag unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kosten des Ordnungsmittel- sowie die des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<p/>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">Wert des Beschwerdeverfahrens:</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">bis 10.000,00 EUR</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, der Sache nach teilweise von Erfolg.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>A</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Vorsitzende der 31. Kammer für Handelssachen hatte wegen zwei Fällen, dem Vorgang ... und dem Fall ..., über die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO zu befinden. Der Fall ... war im Beschwerderechtszug eines vorangegangenen Bestrafungsverfahrens (2 W 5/02) dem Senat bereits zur Kenntnis gebracht, seiner Entscheidung aber nicht zu Grunde gelegt worden. Die Parteien stimmen darin überein, dass sich aufgrund eines mit Ordnungsmittelandrohung versehenen Versäumnisurteils vom 29.04.1999 für den Schuldner/Beschwerdeführer die Pflicht ergibt, bei Haustürgeschäften dem jeweiligen Kunden die Widerrufsbelehrung auszuhändigen und sie ihm zu belassen. Vorliegend hat die Gläubigerin einen Verstoß in den Fällen ... und ... behauptet. Das Landgericht hat nach Vernehmung von Zeugen im Falle ... nicht mit der erforderlichen Sicherheit eine Verletzungshandlung festzustellen vermocht. Anders wertete es jedoch das Beweisergebnis im Falle ..., wo es der Kundin, der Zeugin ..., Glauben schenkte, nicht jedoch dem Gegenzeugen ..., dem für den Schuldner über dessen Vertriebsfirma ... tätigen Vermittler. Das Landgericht bejahte insoweit auch das Verschulden, weil der Schuldner ein zu forderndes eigenes Kontrollsystem nicht errichtet habe, und erkannte auf ein Ordnungsgeld von 10.000,00 EUR (Bl. 30 bis 33). Neun Tage nach Zustellung ging die sofortige Beschwerde ein, welcher das Landgericht nicht abhalf (Bl. 37). Eine Begründung kündigte der Schuldnervertreter zunächst immer wieder an, erst mit Schriftsatz vom 31.01.2003 (Bl. 43 bis 48) reichte er sie ein. Darin rügt er, dass das Landgericht der Darstellung der Zeugin ... unter Verletzung von Beweiswürdigungsgrundsätzen den Vorzug gegeben habe, im Übrigen erachtet er ein Verschulden des Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen Vorkehrungen gegenüber dem Vertriebsunternehmen nicht für gegeben.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>B</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Senat stellt in ständiger Rechtsprechung die Entscheidung des Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen nicht einer Einzelrichterentscheidung gleich, weshalb auch der Senat nicht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, sondern in seiner Gesamtheit zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen ist.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Senat folgt der landgerichtlichen Wertung, dass der Zeuge ... im hier noch streitbetroffenen Fall ... entgegen der den Schuldner treffenden Pflicht keine Widerrufsbelehrung zurückgelassen hat. Die Angriffe in der Beschwerdeschrift gegen die Beweiswürdigung verfangen nicht. Das Landgericht konnte sich einen persönlichen Eindruck von beiden Beweispersonen machen und hat seine Überzeugung zudem auch aufgrund einer Gegenüberstellung der Zeugen gewonnen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Zeugin ... bestrebt sein dürfte, mithilfe der Gläubigerin vom geschlossenen Vertrag loszukommen. Dieser gerade auch vom Schuldner gegen die Zeugin ins Feld geführte Gesichtspunkt eines wirtschaftlichen Eigeninteresses trifft in nicht geringerem Maße auch für den Zeugen ... zu, da es bei ihm um seine Provisionsforderung geht und er zudem durch ein Eingeständnis eines unkorrekten Verhaltens seine berufliche Stellung gefährden und der Gefahr der Inanspruchnahme durch seinen Auftraggeber ausgesetzt sein könnte. Vor diesem Hintergrund kommt auch seiner Beteuerung gegenüber diesem, sich korrekt verhalten zu haben (B 4), kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Zwar ist die Erklärung des Landgerichtes dafür, dass sich beim Auftraggeber des Vermittlers die Ausfertigung für die Kundin nicht findet, gewiss eine bloße Schlussfolgerung. Glaubte das Gericht jedoch mit guten Gründen der Darstellung der Zeugen ..., so war nahezu zwingende und lebensnahe Folge, dass der Zeuge die Dokumentation einer solchen Pflichtverletzung (Durchschlag für den Kunden) auch vernichtete.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Danach vermag der Senat der landgerichtlichen Beweiswürdigung zu folgen, mithin ist von einem Verletzungstatbestand auszugehen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Diese erwiesene Verletzungshandlung ist dem Schuldner auch vorwerfbar.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="7"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zwar hat der Senat in einem zwischen den nämlichen Beteiligten geführten Beschwerdeverfahren (Vorgang ..., B. v. 11.04.2002 – 2 W 5/02) es als den Schuldner ausreichend entschuldigende Maßnahme angesehen, dass er seinen Vertriebspartnern mit Schreiben vom 24.10.2000 mitgeteilt hatte, dass er im Falle weiterer Zuwiderhandlungen gegen die Unterlassungsverpflichtung und ihm hieraus erwachsender finanzieller Nachteile Schadensersatz geltend machen und die Beendigung der Geschäftsbeziehungen erwägen werde, zumal dieses Schreiben auch dem Mitarbeiter ... ausgehändigt worden sei, der darüber hinaus konkret angewiesen war, die Kunden über ihr Widerrufsrecht zu belehren und eine entsprechende Widerrufsbelehrung auszuhändigen. Etwas anderes könnte, so der Senat in seinem vorbezeichneten Beschluss, dann gelten, wenn weitere Verstöße bekannt würden, die auf die Unzuverlässigkeit der Vertriebsfirma oder einzelner ihrer Mitarbeiter in Bezug auf die gesetzlich gebotene Aushändigung einer Widerrufsbelehrung hinweisen würden.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="8"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Danach hatte sich der Schuldner bis zu dem Vorgang ... in einer Weise verhalten, die ihm nicht zum Verschulden gereichte. Der Vorgang ... der immerhin zu einem Bestrafungsverfahren geführt hatte, in welchem das Landgericht, so sein Ordnungsgeldbeschluss vom 28.08.2001, auch den Verstoß durch den Zeugen ... als erwiesen ansah, musste dem Schuldner aber Anlass sein, nun nachhaltig auf seinen Vertriebspartner und insbesondere den konkret tätig gewesenen Vermittler einzuwirken und beide nachdrücklich auf die Einhaltung des gerichtlichen Ausspruches zu verpflichten. So sah es der Schuldner im Übrigen augenscheinlich selbst, da er am 20.09.2001 ein (weiteres) Rundschreiben an alle Vertriebspartner versandte (B 6).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="9"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein (eigenes) Verschulden trifft den Betriebsinhaber schon dann, wenn er nicht alle möglichen und ihm zumutbaren Maßnahmen trifft, um Zuwiderhandlungen entgegenzuwirken, insbesondere auch Verstößen von Angestellten oder Beauftragten. Er ist verpflichtet, ein verbotswidriges Verhalten Dritter durch aktives Tun zu verhindern (OLG Zweibrücken OLG-Report 00, 72; Senat B. v. 04.08.1999 – 2 W 30/99). Dabei muss der Schuldner unmissverständlich die Anweisung erteilen und zudem darauf hinweisen, dass hinter ihr ein gerichtliches Verbot steht, das unbedingt zu befolgen ist und für dessen Befolgung er unter erheblicher Strafandrohung einzustehen hat. Es müssen gar Sanktionen angekündigt oder vereinbart werden, wenn sich eine Person als unzuverlässig erwiesen hat (Senat B. v. 04.10.1999 – 2 W 43/99; vgl. ferner Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 57, 26; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rdn. 952 und 952 a; Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 22. Aufl., Einl UWG Rdn. 584).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="10"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Diesen gewiss strengen Anforderungen ist der Schuldner nicht gerecht geworden. Sein Rundschreiben vom 20.09.2001 (B 6) ist nur von geringer Nachdrücklichkeit und veranschaulicht schon nicht den Hintergrund seines Begehrens und wie sehr er seinerseits auf die Einhaltung dieser Pflicht durch die Beauftragten angewiesen ist. Dies wird auch in der Vernehmung des Zeugen ... selbst deutlich, wonach er nur eine Anweisung erhalten habe, dass alle Durchschläge von den Verträgen bei den Kunden verbleiben müssten. "Einen darüber hinausgehenden Inhalt hatten die Anweisungen nicht" (Bl. 22). Diese unzulängliche Vorgehensweise gereicht dem Beschwerdeführer zum Verschulden.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
Allerdings erscheint eine Ermäßigung des festgesetzten Ordnungsgeldes angezeigt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="12"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Ordnungsmittel im Sinne des § 890 ZPO haben neben ihrer Funktion als zivilrechtliche Beugemaßnahme zur Vermeidung künftiger Zuwiderhandlungen auch einen repressiven, strafähnlichen Sanktionscharakter. Dieser erfordert es, die Bemessung jedenfalls in erster Linie und hauptsächlich im Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen; maßgeblich ist danach vor allem der Unwertgehalt der Verletzungshandlung, d. h. die Gefährlichkeit ihrer Folgen für den Gläubiger, besonders auch der Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden. Daneben soll die Bemessung bewirken, dass – wiederum aus der Schuldnersicht – die Titelverletzung wirtschaftlich nicht lohnend erscheint, sodass weitere Zuwiderhandlungen auch deshalb unterbleiben (BGH WRP 94, 37, 39 – Vertragsstrafebemessung; WRP 01, 1179 (II 3 a) – Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf; Teplitzky a.a.O. Kap. 57, 34).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="13"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint ein Ordnungsgeld von 5.000,00 EUR tat- und schuldangemessen. Zwar sind, wie aufgezeigt, die Anforderungen an die Verhaltenspflichten des Schuldners streng, demgemäß ist im Falle seiner Nachlässigkeit in der Regel sein Verschulden auch hoch zu bewerten. Andererseits hat der Schuldner vorliegend seine Handlungspflicht erkannt, ist ihr aber bloß unzureichend nachgekommen. Dies schmälert die Schwere des Verschuldensvorwurfes und lässt die Hälfte des Betrages, auf welchen das Landgericht erkannt hat, als erforderlich, aber auch als hinreichend erscheinen.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 891 S. 3, 97, 92 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Beschwerdewert schöpft sich aus dem angegriffenen Ordnungsgeld.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes erfordert.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,298 | olgkarl-2003-02-18-20-wf-11702 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 WF 117/02 | 2003-02-18T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:34 | 2019-02-12T13:09:53 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde von Rechtsanwältin ... gegen Nr. 3 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Bruchsal vom 10. Mai 2002 (2 F 119/02) bezüglich des Geschäftswerts des Hauptsacheverfahrens wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die nach §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 3GKG zulässige Beschwerde ist nicht gerechtfertigt. Der Geschäftswert bemißt sich im Verfahren nach § 1361 b Abs. 1 BGB nach dem halbjährigen Mietwert.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
1. a) Die wohl herrschende Meinung hat sich bisher auf eine entsprechende Anwendung der – inzwischen aufgehobenen (s. unter 2.) - Vorschrift des § 21 Abs. 3 Satz 2 HausratVO (a.F.) gestützt. Diese betrifft zwar den Hausrat, gilt aber für Nutzungsregelungen, so dass die Analogie auf andere Nutzungsregelungen wie bei § 1361 b BGB nahe lag, zumal in § 21 Abs. 3 Satz 2 HausratVO (a.F.) der Zusatz „oder der Ehewohnung“ wohl durch ein Redaktionsversehen unterblieben ist. Diese Ansicht läßt sich vor allem damit begründen, dass im Verfahren auf Wohnungszuweisung bei Getrenntleben kraft Gesetzes keine endgültige Regelung der Rechtsverhältnisse, sondern nur eine Nutzungsregelung von vorübergehender Dauer getroffen werden könne. Maßgebend ist danach das Interesse der Beteiligten an der begehrten Nutzungsregelung. Für den Regelfall wird der sechsmonatige Mietwert der Wohnung zugrunde gelegt (so OLG Karlsruhe, 16. ZS., FamRZ 1994, 918; ebenso KG, FamRZ 1987, 850, 851 f, FamRZ 1988, 98, FamRZ 1991, 1190 f; OLG München, FamRZ 1988, 1187; OLG Schleswig, FamRZ 1991, 82, 83; OLG Köln, FamRZ 1995, 562; OLG Bamberg, FamRZ 1995, 560; OLG Hamm, FamRZ 1997, 380; OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 1387; MünchKomm/Müller-Gindullis, § 21 HausratVO Rn 6; Staudinger/Weinreich, § 21 HausratVO, Rn 8; Fehmel, in Baumeister u.a., Familiengerichtsbarkeit, 1992, § 21 HausratVO Rn 9; Eckebrecht, in Scholz/Stein, Praxishandbuch Familienrecht, D (Stand: 1998) Rn 102; Stollenwerk in Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, IV 254; Brudermüller, in Palandt, BGB, 62. Aufl., § 1361 b Rn 26, und in Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., § 1361 b Rn 73 - abweichend OLG Saarbrücken, 6. ZS., JurBüro 1988, 230: nur dreimonatiger Mietwert).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
b) Die Gegenansicht, die in der Rechtsprechung bislang vereinzelt geblieben ist (so OLG Zweibrücken, 2. ZS., JurBüro 1988, 339), berief sich auf § 21 Abs. 3 Satz 1 HausratVO a.F. Diese Vorschrift hat zwar den Streit um die Wohnung zum Gegenstand; ihre Heranziehung eignet sich aber deshalb nicht, weil sie die Regelung der Rechtsverhältnisse (nach der Scheidung) betrifft und eine solche Regelung im Rahmen des Verfahrens nach § 1361 b BGB gerade untersagt ist. Das Argument, dass die Regelung tatsächlich oft Dauercharakter habe, ändert indes nichts an der gesetzlichen Lage, wonach nur eine vorläufige Nutzungsregelung ohne Einfluss auf bestehende Rechtsverhältnisse getroffen werden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
In der Anwaltschaft hat diese Meinung Unterstützung gefunden (so Groß, Anwaltsgebühren in Ehe- und Familiensachen, 1997, Rn 1995; Madert in: Madert/Müller-Rabe, Kostenhandbuch Familiensachen, 2001, Teil B, Rn 80; Schwolow FuR 2002, 307, 309 o. Begr. unter Hinweis auf Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Auf., Rn 5125; Gutjahr, in Eckebrecht u.a., Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2001, § 5 Rn 138; ebenso auch Johannsen/Henrich/ Thalmann, Eherecht, 3. Aufl., § 621 ZPO Rn 108).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Durch Art. 3 § 27 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom 16.02.2001 (BGBl I S. 266) wurde § 21 HausratVO mit Wirkung vom 01.08.2001 aufgehoben und zugleich gemäß Art. 3 § 23 Nr. 7 dieses Gesetzes die Vorschrift des § 100 Abs. 3 KostO eingeführt. Weil der Wortlaut des § 100 Abs. 3 KostO „eindeutig" und „klar“ sei, wird nun von einem Teil der Literatur (ausdrücklich Madert, OLGR 2002, K 51, 53; ebenso Groß, Münchener Anwaltshandbuch Familienrecht, 2002, § 30 Rn 1995) und Rechtsprechung (so OLG Bamberg, Beschl. vom 11.09.2002 - 2 UF 153/02 -) gefolgert, dass schon im Verfahren nach § 1361 b Abs. 1 BGB der Streitwert nach dem einjährigen Mietwert anzusetzen sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Aus der Verschiebung der Regelung von der HausrVO in die KostO läßt sich indes – bei gleichbleibendem Wortlaut des Regelungsinhalts – keine hinreichende Begründung dafür finden, daß der Gesetzgeber (dem der Meinungsstreit nicht verborgen geblieben sein konnte) die Streitfrage in dem einen oder anderen Sinn entschieden habe. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Gesetzgebungsverfahren davon auszugehen, daß der Gesetzgeber keine Stellung genommen und die Streitfrage offen gelassen hat. Es ist somit kein neuer Grund ersichtlich, der zu einer anderen Beurteilung als vorher Anlaß geben könnte (ebenso ohne Begründung: Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 3. Aufl. 2002, 4 Rn 211; Bamberger/Roth/Neumann, BGB, 2002, § 1361 BGB Rn 17 a.E. und § 21 HausratVO (§ 100 KostO) Rn 3; Niepmann in: Rahm/Künkel a.a.O. (Neubearbeitung Oktober 2002); Lappe NJW 2003, 559, 563).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beschwerde ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 25 Abs. 3 GKG).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,301 | olgstut-2003-02-18-9-u-11602 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 9 U 116/02 | 2003-02-18T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:36 | 2019-02-12T13:09:54 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rüge des Beklagten gegen das Urteil des Senats vom 23.12.2002 wird</p>
<p>als unzulässig verworfen.</p>
<p>Die Kosten des Rügeverfahrens trägt der Beklagte.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Der Senat hat mit Urteil vom 23.12.2002 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 05.07.2002 zurückgewiesen. Zu den Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf das Urteil des Senats Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Schriftsatz vom 10.01.2003 rügt der Beklagte unter Berufung auf eine entsprechende Anwendung des § 321 a ZPO n.F., die Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch den Senat und beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
den Rechtsstreit im Berufungsrechtszug fortzuführen, das angefochtene Urteil des Landgerichts Tübingen abzuändern und die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Hilfsweise beantragt der Beklagte,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
die Revision gegen eine (erneut) bestätigende Berufungsentscheidung zuzulassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Beklagte ist der Auffassung, dass auch gegen Urteile der zweiten Instanz eine Rüge gem. § 321 a ZPO n.F. zulässig sei, da hierdurch der gesetzgeberische Zweck, das Bundesverfassungsgericht zu entlasten, erreicht werde. Die Rüge sei auch begründet, weil der Senat durch die Vorverlegung des Verkündungstermins den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 GG verletzt habe, da dem Beklagte die Möglichkeit genommen worden sei, weiter zur Rechtslage vorzutragen, so dass der Senat zumindest die Revision gegen das Urteil zugelassen hätte. Auch sei ihm die Alternative einer Berufungsrücknahme verwehrt worden. Zu den weiteren Ausführungen des Beklagten wird auf dessen Schriftsatz vom 10.01.2003 verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
II. Die Rüge ist unzulässig, da dieser Rechtsbehelf gegen Berufungsurteile nicht statthaft ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Nach § 321 a Abs. 1 ZPO ist auf die Rüge der durch das Urteil beschwerten Partei der Prozess vor dem Gericht des ersten Rechtszuges fortzuführen, wenn eine Berufung nach § 511 Abs. 2 ZPO nicht zulässig ist und das Gericht des ersten Rechtszuges den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Dem Wortlaut des Gesetzes nach ist eine Rüge nur gegen Urteile der ersten Instanz zulässig, wenn gegen diese eine Berufung unzulässig ist, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 ZPO, also das Übersteigen des Streitwerts von EUR 600.- oder die Zulassung der Berufung durch das Gericht der ersten Instanz, nicht vorliegen. Das verfahrensgegenständliche Urteil ist jedoch ein Berufungsurteil. Eine von Teilen der Lehre (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 321 a ZPO Rdnr. 18) und Rechtsprechung (OLG Celle, 04.12.2002, 13 U 77/02) befürwortete entsprechende Anwendung des § 321 a ZPO über den Wortlaut der Norm hinaus auch auf Berufungsentscheidungen, soweit ein weiteres Rechtsmittel gegen diese nicht zulässig ist, kommt nicht in Betracht, weil insoweit keine bewusste oder unbewusste Regelungslücke besteht, was sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm ableitet. Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat die Möglichkeit der Selbstkorrektur auch auf andere unanfechtbare Entscheidungen der Gerichte, insbesondere auf Urteile der zweiten Instanz oder Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO n.F. ausdehnen wollen (BT-Drs. 14/4722, S. 148; Hannich, Meyer-Seitz, Engers, ZPO Reform 2001, S. 276), was jedoch von der Bundesregierung (BT-Drs. 14/4722, S. 156; Hannich, Meyer-Seitz, Engers, ZPO Reform 2001, S. 277) im Interesse der Rechtssicherheit und eines effektiven Ressourceneinsatzes ausdrücklich abgelehnt wurde. Damit handelt es sich bei der Regelung des § 321 a ZPO n.F. um eine Ausnahmevorschrift, deren Anwendungsbereich über den Wortlaut hinaus nicht erweitert werden kann (vgl. OLG Oldenburg, 14.10.2002, NJW 2003, S. 149; Zöller-Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 321 a ZPO Rdnr. 3 - 4, Musielak in Münchner-Kommentar, § 321 a ZPO Rdnr. 1).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO analog.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegen diesen Beschluss kommt gem. § 321 a Abs. 4 Satz 4 ZPO nicht in Betracht (vgl. Zöller-Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 574 ZPO Rdnr. 9).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,292 | olgkarl-2003-02-17-1-ss-16702 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss 167/02 | 2003-02-17T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:32 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts K. vom 27. September 2002 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 60 Euro verurteilt und ihr gleichzeitig für die Dauer von einem Monat untersagt, Kraftfahrzeuge jeglicher Art im Straßenverkehr zu führen. Nach den Feststellungen hatte sie am 27.02.2002 gegen 11.58 in Karlsruhe die Kaiserstraße vom Durlacher Tor kommend in Richtung W-Straße mit einer Geschwindigkeit von 59 km/h befahren und dabei die dort angebrachte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h missachtet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde, mit welcher sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt und den Wegfall des verhängten Fahrverbots anstrebt.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Der Rechtsbeschwerde bleibt ein Erfolg versagt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>1.  Der Schuldspruch wegen fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung nach §§ 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVG ist vorliegend in Rechtskraft erwachsen, da das Rechtsmittel wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden ist. Zwar hat der Verteidiger eine solche Begrenzung nicht ausdrücklich erklärt, jedoch ergibt sich dies aus der Begründung der Rechtsbeschwerde zweifelsfrei (vgl. BGH NJW 1956, 756 f.; LR-Hanack, StPO, 25. Aufl. 1999, § 344 Rn. 9; die Entscheidung OLG Köln VRS 101, 218 ff. betrifft eine andere Fallgestaltung). Diese wendet sich nur gegen das Fahrverbot, in dessen Verhängung sie eine unzumutbare Härte für die Betroffene sieht. Dass der Schuldspruch selbst nicht der Anfechtung unterliegen soll, ergibt sich auch daraus, dass die Betroffene die ihr vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung vor dem Amtsgericht nicht in Abrede gestellt und der Verteidiger in seinem Schlusswort auf die Verhängung einer erhöhten Geldbuße unter Wegfall des Fahrverbot angetragen hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>  Das Rechtsmittel erfasst gleichwohl den gesamten Rechtsfolgenausspruch, da zwischen der Höhe der Geldbuße und der Anordnung des Fahrverbots eine Wechselwirkung besteht, die eine Beschränkung der Rechtsbeschwerde innerhalb des Rechtsfolgenausspruchs allein auf die Verhängung des Fahrverbots ausschließt (BGHSt 24, 11 ff.; OLG Karlsruhe NZV 1996, 206 f.; VRS 97, 198 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>2.  Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und deshalb bereits unzulässig.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>3.  Auch die aufgrund der erhobenen Sachrüge erfolgte Überprüfung des Rechtsfolgenausspruchs hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben. Insbesondere ist das vom Amtsgericht verhängte Fahrverbot - die Geldbuße entspricht dem Regelfall nach Nr.11.3.5 BKat - im Ergebnis nicht zu beanstanden, da gegen die Betroffene innerhalb der Frist eines Jahres vor seit der Entscheidung des Amtsgerichts, nämlich am 29.05.2001, wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens 26 km/h eine seit 05.07.2001 rechtskräftige Geldbuße festgesetzt worden war und sie nunmehr erneut eine Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h begangen hat, was als Regelfall nach § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV einen beharrlichen Pflichtverstoß i.S.d. § 25 Abs. 1 S.1 StVG indiziert, der regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf (BGH NZV 1992, 117, 119; BayObLG NZV 1994, 327; OLG Köln NStZ-RR 1996, 52; OLG Karlsruhe VRS 88, 476).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>  a.   Allerdings hat das Amtsgericht die Einlassung der Betroffenen, sie habe das die Geschwindigkeit beschränkende Verkehrsschild übersehen, weil sie als in Karlsruhe Ortsfremde verstärkt auf Straßenschilder habe achten müssen und durch ein die Straßenbahnschienen verbotswidrig benutzendes Fahrzeug abgelenkt worden sei, in den Urteilsgründen hingenommen, ohne die Glaubwürdigkeit dieser Angaben zu hinterfragen und sich damit auseinander zu setzen. Eine solche nähere Befassung ist aber immer dann geboten, wenn ein Betroffener besondere Umstände geltend macht, welche gegen die Annahme sprechen, das Verkehrsschild sei aufgrund grober Nachlässigkeit übersehen worden. Zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassung der mangelnden Wahrnehmung eines Verkehrszeichens kann es dabei insbesondere auf die konkrete Aufstellung der Beschilderung und die baulichen Verhältnisse der befahrenen Straße ankommen, da sich oftmals einem pflichtbewussten Fahrer die angeordnete Geschwindigkeitsbegrenzung geradezu aufdrängen muss (Senat, Beschluss vom 27.03.2001, 1 Ss 29/01; OLG Karlsruhe DAR 1998, 153; BayObLG NZV 1999, 4 ff.; OLG Naumburg ZfSch 2000, 318 f; Thüringer OLG OLG-NL 1995, 189; OLG Hamm DAR 1999, 327; OLG Rostock DAR 1999, 277 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>  b.   Beruht ein Verkehrsverstoß aber <span style="text-decoration:underline">lediglich</span> auf einer augenblicklichen Unaufmerksamkeit, wie sie jeden sorgfältigen und pflichtbewussten Verkehrsteilnehmer einmal unterlaufen kann, so ist die Verhängung eines Fahrverbots nicht angezeigt, wenn der Verstoß nur auf einfacher Fahrlässigkeit beruht (grundlegend BGHSt 43, 241 ff.; OLG Köln VRS 97, 375: „einzelnes Verkehrszeichen am linken Fahrbahnrand“). In solchen Fällen des „Augenblicksversagens“ indiziert zwar der in der BKatV beschriebene Regelfall (hier: § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV) das Vorliegen einer groben bzw. - wie hier - beharrlichen Pflichtverletzung i.S.d. § 25 Abs.1 StVG, es fehlt jedoch an einer ausreichenden individuellen Vorwerfbarkeit. Ein Fahrverbot ist nämlich nur dann veranlasst, wenn der Verstoß auch subjektiv auf besonderes grobem Leichtsinn, Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht und einen so hohen Grad an Verantwortungslosigkeit aufweist, dass es zur Einwirkung auf d. Betroffenen grundsätzlich eines ausdrücklichen Denkzettels durch ein Fahrverbot bedarf (vgl. ausführlich OLG Karlsruhe VRS 100, 460 ff., 463). Auch bei einem beharrlichen Pflichtenverstoß i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 BKatV muss die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einem Mangel an rechtstreuer Gesinnung beruhen (OLG Hamm NStZ-RR 1999, 374 ff.; OLG Braunschweig DAR 1999, 273 f.), woran es bei einem bloßen „Augenblicksversagen“ in der Regel fehlen wird.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>  c.   Dass sich das Amtsgericht mit diesen Fragen, insbesondere des Vorliegens eines Augenblicksversagens, nicht auseinandergesetzt hat, berührt den Bestand des Urteils ebenso wie die Wirksamkeit der Rechtsfolgenbeschränkung (vg. oben II. 1) nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>    Auf nur „einfache Fahrlässigkeit“ kann sich nämlich derjenige nicht berufen, welcher die an sich gebotene Aufmerksamkeit in grob pflichtwidriger Weise unterlassen hat (BGHSt 43, 241 ff.). Wer etwa während der Fahrt sein Autotelefon benutzt (KG, Beschluss vom 19.01.2000, 2 Ss 319/99), intensiv auf Wegweiser achtet (Senat VRS 98, 385 ff.) oder in einen Kreuzungsbereich zu schnell einfährt (BayObLG DAR 1999, 559 f.) kann nicht geltend machen, er habe nur versehentlich ein Verkehrszeichnen nicht wahrgenommen, denn durch sein vorheriges sorgfaltswidriges Verhalten hat er selbst in grob nachlässiger Weise zu seiner eigenen Unaufmerksamkeit beigetragen. Eine grob pflichtwidrige Missachtung der gebotenen Aufmerksamkeit liegt aber auch dann vor, wenn der Verkehrsteilnehmer nicht nur die durch Zeichen 274 angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h, sondern auch die innerörtlich zulässige Geschwindigkeit von 50 km/h in erheblicher Weise überschreitet. In einem solchen Fall beruht der Verkehrsverstoß nicht auf einer augenblicklichen Unaufmerksamkeit, sondern auf der Nichtbeachtung weiterer Sorgfaltspflichten (OLG Köln DAR 2001, 469 f.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>    So liegt der Fall auch hier, da die Betroffene die innerörtlich zulässige Geschwindigkeit mit gemessenen 59 km/h nicht eingehalten hat. Zwar deutet die Höhe der Überschreitung um 9 km/h nicht auf ein bewusstes und gewolltes Verhalten hin (so aber OLG Köln a.a.O.; vgl. auch krit. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage 2003, StVG, § 25 Rn. 23 m.w.N.), dies ist aber auch nicht erforderlich. Es genügt, wenn sich die Missachtung der gebotenen Aufmerksamkeit aus anderen Umständen ergibt. Von einer unerheblichen Überschreitung der an sich erlaubten innerstädtischen Geschwindigkeit kann bei einem Tempo von 59 km/h ohnehin nicht die Rede sein (ähnlich KG, Beschluss vom 26.07.2001, 2 Ss 305/00 „Überschreitung um 11 km/h“; vgl. auch Nr. 11.3.1 BKat, welcher hierfür ein Bußgeld von EUR 15 vorsieht), zumal - wie dem Senat von Amts wegen bekannt - die Fahrbahn zu Beginn der Kaiserstraße in Karlsruhe auf eine Fahrspur je Fahrtrichtung verengt ist, was an sich schon die Reduzierung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit nahe legt. Auch ist zu sehen, dass die Betroffene ihrer eigenen Einlassung zufolge ortsfremd war und deshalb ein besonders vorsichtiges Fahrverhalten angezeigt gewesen wäre. Schließlich zeigen die beiden einschlägigen Vorverurteilungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung und die bereits einmal erfolgte vergebliche Einwirkung durch ein Fahrverbot, dass es die Betroffene mit der Einhaltung der Vorschriften im Straßenverkehr nicht so genau nimmt. Im Rahmen einer Gesamtabwägung ist der Senat daher der Ansicht, dass trotz des Zusammenwirkens entlastender Umstände (Wiederholungsfall nach § 4 Abs 2 Satz 2 BKatV, Übersehen eines Verkehrszeichens, keine vorsätzliche Tat) die Anordnung eines Fahrverbots wegen der Beharrlichkeit der Pflichtverletzung angezeigt ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>  d.   Es liegt auch kein Fall vor, in welchem ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots abgesehen werden kann, weil der Sachverhalt zu Gunsten der Betroffenen eine derart erhebliche Abweichung vom Normalfall aufweist, dass der notwendige Warneffekt auch ohne Verhängung eines Fahrverbots durch bloße Erhöhung der Geldbuße erreicht werden kann (§ 4 Abs. 4 BKatV). Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere dann vorliegen, wenn das Fahrverbot zu einer beruflichen Härte ganz außergewöhnlicher Art wie dem Existenzverlust bei einem Selbständigen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes bei einem Arbeitnehmer führen würde (OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 313 f.;2001, 344 f.). Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>    Nach den getroffenen Feststellungen ist die Betroffene seit Januar 2002 als Außendienstmitarbeiterin tätig und vertreibt Finanzdienstleistungen ... . Räumlich ist sie für Süddeutschland, die Schweiz und Österreich zuständig, wobei sie wegen wahrzunehmenden Terminen auch in ländlichen Gebieten auf ihr Kraftfahrzeug (jährliche Fahrleistung 35.000 km) angewiesen ist und nicht auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen kann.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>    Diese Feststellungen rechtfertigen ein Absehen vom Fahrverbot jedoch nicht. Berufliche Folgen auch schwerwiegender Art reichen für die Annahme eines Ausnahmefalles nicht aus, da sie mit einem Fahrverbot sehr häufig verbunden sind. Der Betroffenen ist es daher grundsätzlich zuzumuten, diese Nachteile durch Inanspruchnahme von Urlaub, der vorrübergehenden Beschäftigung eines Fahrers oder der Kombination dieser Maßnahmen auszugleichen (OLG Frankfurt NStZ-RR 2000, 313). Auch wenn das Amtsgericht keine Feststellungen zu ihren Einkommensverhältnissen getroffen hat, bestehen vorliegend in Anbetracht der beruflichen Stellung der Betroffenen keine Bedenken an der zeitlich begrenzten Zumutbarkeit derartiger Ersatzmaßnahmen, ggf. muss ein Kredit aufgenommen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>    Dass ein Verlust des Arbeitsplatzes <span style="text-decoration:underline">allein</span> wegen der Anordnung des Fahrverbots drohen würde (zu den hierfür notwendigen Feststellungen einer nachgewiesenen tatsächlichen Gefahr der Kündigung, vgl. OLG Koblenz NZV 1997, 48; OLG Celle NZV 1996, 182), hat das Amtsgericht nicht festgestellt und ist auch der Rechtsbeschwerde nicht zu entnehmen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Bei dieser Sachlage hat das Amtsgericht zu Recht von der Möglichkeit der Erhöhung der Geldbuße unter Wegfall des Fahrverbots abgesehen. In Anbetracht von zwei einschlägigen Vorverurteilungen bedarf es vorliegend einer nachdrücklichen Einwirkung, um die Betroffene zukünftig zu verkehrsgerechten Verhalten zu veranlassen. Durch Bemessung der Dauer des Fahrverbots auf einen Monat hat das Amtsgericht dabei den persönlichen Umständen der Betroffenen ausreichend Rechnung getragen.</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 473 StPO, 46 OWiG.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,293 | olgkarl-2003-02-17-20-wf-15202 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
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"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 WF 152/02 | 2003-02-17T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:32 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 04.09.2002 - 4 b F 4/99 - insoweit aufgehoben, als der Mutter aufgegeben wird, zur Anbahnung eines regelmäßigen Umgangs zwischen dem Vater und L. eine fachkundige psychologisch-pädagogische Beratung und Behandlung bei der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, P., wahrzunehmen.</p>
<p>2. Auslagen Verfahrensbeteiligter werden nicht erstattet.</p>
<p>3. Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Der mit der Mutter nicht verheiratete Vater begehrt die Regelung seines Umgangs mit L. Die Mutter stimmt einem betreuten Umgang zwischen Vater und Tochter zu. Von dem Familiengericht eingeholte psychologische Sachverständigengutachten und die Verfahrenspflegerin halten den Umgang von Vater und Tochter für wünschenswert, betonen jedoch die angespannte Beziehung der Eltern. Weil die Realisierung eines Umgangs an der Unfähigkeit der Eltern scheitere, die zwischen ihnen bestehenden Spannungen zurückzustellen, und die Mutter kaum in der Lage sei, den Umgang von Vater und Tochter aktiv zu fördern, gab das Familiengericht durch den angegriffenen Beschluss den Eltern auf, zur Anbahnung eines regelmäßigen Umgangs zwischen Vater und Tochter eine fachkundige psychologisch-pädagogische Beratung und Behandlung bei der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern in P. wahrzunehmen: Die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB verlange die aktive Förderung des Umgangs, die hier beinhalte, sich einer Therapie zu unterziehen, da nur auf diesem Wege die sinnvollen Voraussetzungen für einen Umgang und damit auch für eine gerichtliche Entscheidung über ihn geschaffen werden könnten. Dagegen richtet sich die "sofortige" Beschwerde der Mutter, die ihre Beteiligung an einer psychologischen Behandlung nicht für zumutbar hält, weil der von beiden Elternteilen gewünschte betreute Umgang allein aus in der Person des Vaters liegenden Gründen scheitere. Der Vater und die Verfahrenspflegerin haben Stellung genommen; das Jugendamt hatte Gelegenheit hierzu.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
II. Die Beschwerde der Mutter ist gem. §§ 621 Abs.1 Nr. 2, 621 a Abs.1 Satz 1 ZPO, §§ 64 Abs. 3 Satz 1 und 2, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 FGG zulässig. Die angegriffene Entscheidung stellt eine Zwischenentscheidung dar, keine Endentscheidung im Sinne des § 621 e Abs.1 ZPO und auch keine einstweilige Anordnung nach § 621 g ZPO. Dies ergibt sich aus der Ankündigung des Familiengerichts in dem ersichtlich ohne Zeitdruck erlassenen Beschluss, erst nach der Durchführung der psychologisch-pädagogischen Beratung und Behandlung über das Umgangsrecht des Vaters zu entscheiden; eine einstweilige Anordnung wäre im übrigen nach §§ 621 g, 620 c ZPO unanfechtbar. Die Zwischenentscheidung ist durch die Mutter anfechtbar, da sie in deren Rechte eingreift (vgl. Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19 Rn. 9). Von der Mutter wird ein bestimmtes Verhalten verlangt, nämlich die Teilnahme an einer psychologisch-pädagogischen Beratung und Behandlung, deren Erzwingung durch das Familiengericht nicht ausgeschlossen werden kann.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Beschwerde ist begründet. Von der Beschwerdeführerin kann nicht verlangt werden, sich einer psychologisch-pädagogischen Beratung und Behandlung zu unterziehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Ein Gericht ist nicht befugt, eine Sachverständigenintervention, sei es im Sinne einer Beratung, Behandlung oder Familientherapie, als selbständiges Verfahrensziel anzuordnen und zu versuchen, auf diese Weise auf die Verfahrensbeteiligten einzuwirken, um sie zu einem bestimmten Verhalten im Bezug auf ein Kind zu bewegen (BGH, FamRZ 1994, 158, 160 zur Familientherapie; a.A. OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 932 m.w.N., jedoch ohne Auseinandersetzung mit der BGH-Rechtsprechung). Die staatlichen Gerichte sind vielmehr gehalten, den Rechtssuchenden wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewähren. Dieser muss auch im Bereich der Sorge- und Umgangsregelungen eine verbindliche Sachentscheidung durch den Richter in angemessener Zeit ermöglichen (vgl. BVerfG, FamRZ 1997, 871 m. w. N.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung zu modifizieren, besteht auch im Hinblick auf den durch die Kindschaftsrechtsreform im Juli 1998 eingefügten § 1684 BGB kein Anlass. Diese Vorschrift normiert zwar in Abs. 2 Satz 1 eine sog. Wohlverhaltenspflicht der Eltern, zu deren Erfüllung nach Abs. 3 Satz 2 gerichtliche Anordnungen ergehen können. Die Pflicht selbst wurde jedoch durch die Kindschaftsrechtsreform nicht neu eingeführt; sie war - im wesentlichen wortgleich - früher bereits auf Grund von § 1634 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. geltendes Recht. Entscheidend ist hierbei, dass nach dem Wortlaut des § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB die Wohlverhaltenspflicht der Eltern untereinander in erster Linie als eine Unterlassungspflicht ausgestaltet ist. Dies schließt zwar nicht aus, Eltern zur Ermöglichung eines Umgangs auch bestimmte Handlungspflichten aufzuerlegen, wie etwa die Einstimmung des Kindes auf den Umgang oder das rechtzeitige Zu-Bett-Bringen des Kindes am Vorabend, um die Übermüdung des Kindes während der Zeit des Umgangs zu vermeiden (BT-Drucks. 13/4899 S. 105 f.). Die primäre Fassung der Pflicht als Unterlassungspflicht erlaubt es aber nicht, Eltern zu Handlungen zu verpflichten, die - wie eine fachpsychologische Beratung und Behandlung - in schwerwiegender Weise ihr Persönlichkeitsrecht berühren, zumal eine erfolgversprechende Beratung und Behandlung gegen den Willen des betroffenen Elternteils und ohne dessen Mitarbeit und Anteilnahme regelmäßig undurchführbar ist. Daher hat der Gesetzgeber die Wahrnehmung von Beratung und Unterstützung zur Umgangsermöglichung nicht als Elternpflicht, sondern als Anspruch auf staatliche Leistung ausgestaltet (vgl. § 18 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 SGB VIII, § 52 Abs. 1 Satz 2 FGG). Die Verfahrensaussetzung nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGG setzt die Bereitschaft der Beteiligten zur außergerichtlichen Beratung bzw. die Aussicht auf ein Einvernehmen voraus. Auch die familiengerichtliche Konfliktlösung zwischen Eltern in dem Umgangsvermittlungsverfahren nach § 52 a FGG zielt auf die Herstellung von Einvernehmen. Auf die Möglichkeit der Beratung soll nur hingewiesen werden (§ 52 a Abs. 3 Satz 3 FGG). Beratung und Behandlung hat der Gesetzgeber ersichtlich nicht als mögliche Rechtsfolgen einer Umgangserschwerung vorgesehen (vgl. § 52 a Abs. 3 Satz 2, Abs. 5 Satz 2 FGG).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 131 Abs.2, 30 Abs. 3 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 KostO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Ein Rechtsmittel an den Bundesgerichtshof ist nicht eröffnet. § 621 a Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 3 Satz 1 FGG verweisen nicht auf § 574 ZPO. Eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG scheidet aus, da der Senat nicht über eine weitere Beschwerde entscheidet (vgl. § 28 Abs. 1 FGG).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,294 | olgkarl-2003-02-17-7-u-15602 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 156/02 | 2003-02-17T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:32 | 2019-02-12T13:09:53 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Prozesskostenhilfe kann der Klägerin nicht gewährt werden. Ihre beabsichtigte Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Klägerin begehrt ausschließlich Ersatz materiellen Schadens wegen entgangenen Einkommens (beziffert mit 46.447,06 EUR entsprechend der Klageschrift sowie Feststellung). Ansprüche auf Schmerzensgeld sind durch vorgerichtlichen Vergleich erledigt und nicht Gegenstand des Rechtsstreits.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Diese Ansprüche auf Ersatz von Verdienstausfall beruhen darauf, dass die Klägerin ihre linke Hand nicht gebrauchen kann und zwar - wie das Landgericht im Anschluss an das Sachverständigengutachten M. (vgl. Ergänzungsgutachten Seite 6), von der Klägerin auch nicht angegriffen, feststellt - als Folge einer postoperativ aufgetretenen sympathischen Reflexdystrophie (= Algodystrophie).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Klägerin behauptet, Ursache dieser Erkrankung sei die von ihrer Einwilligung nicht gedeckte Erweiterung der Arthroskopie des Handgelenks um die offene dorsale Gelenksrevision und Kapselextension mit Durchtrennung des Nervus interosseus dorsalis am 23.02.1995 und macht den Beklagten wegen einer Verletzung ihres Selbstbestimmungsrechts und wegen Behandlungsfehlers verantwortlich.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Dies ist ohne Aussicht auf Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der Beklagte haftet auch dann nicht, wenn zu Gunsten der Klägerin als richtig unterstellt wird, die offene Gelenksrevision sei mangels ihrer Einwilligung rechtswidrig gewesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Das Landgericht hat festgestellt, dass als Ursache der Reflexdystrophie ebenso auch die durch Einwilligung der Klägerin zweifelsfrei gedeckte Arthroskopie in Betracht kommt. Diese Feststellung beruht auf den Ausführungen des Sachverständigen (Gutachten vom 16.5.2001, S. 19) und überzeugt auch den Senat. Sie ist verfahrensfehlerfrei getroffen, die Klägerin hatte die Ausführungen des Sachverständigen im ersten Rechtszug nicht in Zweifel gezogen, und steht in Übereinstimmung mit den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen R. vom 16.6.1997, wiedergegeben im Gutachten der Gutachterkommission vom 27.7.1997 (in den dortigen Akten auch enthalten, S. 177 ff). Der Vortrag der Klägerin, das Gutachten M. sei falsch, sie ziehe seine Richtigkeit massiv in Zweifel, ist nicht geeignet, die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts in Frage zu stellen, und ändert nichts daran, dass der Senat die vom Landgericht festgestellte Tatsache seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Kann aber der Schaden von dem Beklagten sowohl rechtmäßig (in dem durch die Einwilligung der Klägerin gedeckten Teil) als auch - hier unterstellt - rechtswidrig verursacht worden sein, dann muss für die Prüfung des Ursachenzusammenhangs von zwei selbstständigen potenziellen Schadensursachen ausgegangen werden, obgleich beide Teile einen einheitlichen Behandlungsverlauf bilden (BGHZ 78, 209, 212 = VersR 1981, 131, 132). Da anders als in dieser Entscheidung hier nicht gesagt werden kann, dass die Fortsetzung des Eingriffs den Eintritt des Schadens unvermeidbar machen musste, ist es ausgeschlossen, die erste mögliche Ursache als bloße Reserveursache anzusehen und den Beklagten mit dem Beweis zu belasten, dass nur der erste Teil der Behandlung, für dessen Folgen er nicht einzustehen hat, den Schaden verursacht hat. Bei dieser Sachlage scheidet auch die Anwendung der Grundsätze über die sog. kumulative Kausalität (Gesamtkausalität; vgl. Backhaus, VersR 1982, 210, 212) schon deshalb aus, weil bezüglich des ersten rechtmäßigen Teils die Voraussetzungen der Haftung des Beklagten nicht vorliegen (Münchener Kommentar - Oetker, 4. Aufl., § 249 Rdnr. 130). Vielmehr handelt es sich um einen Fall sogenannter alternativer Kausalität mit der Besonderheit, dass die möglichen Ursachen von derselben als Schuldner in Betracht kommenden Person gesetzt worden sind. Damit kommt eine Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB auch nicht entsprechend in Betracht, weil die Bestimmung das Handeln mehrerer Personen voraussetzt und auch in diesem Fall jede dieser Personen nur verantwortlich sein lässt, wenn der Tatbeitrag einer jeden rechtswidrig gewesen ist (BGH VersR 1979, 822; RGRK - Steffen, 12. Aufl., § 830 Rdnr. 16; Staudinger/Belling/Eberl-Borges, BGB 13. Bearb., § 830 Rdnr. 79).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Weil also nicht feststeht, dass nicht schon die Vornahme der Arthroskopie für sich allein zu dem Schaden geführt hat, und die Klägerin nicht beweisen kann, dass Ursache die offene Gelenksrevision gewesen ist, kann von einer Haftung des Beklagten nicht ausgegangen werden. Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang zwischen dem rechtswidrigen Eingriff und dem Schaden kommen der Klägerin nicht zugute. Von einem solchen Zusammenhang könnte sich der Senat auch im Rahmen des § 287 ZPO nicht überzeugen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Der Beklagte haftet auch nicht wegen eines Behandlungsfehlers. Auf ihren Vorwurf, der Beklagte habe den Eingriff fehlerhaft durchgeführt, kommt die Klägerin nicht zurück. Sie rügt allein, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit dem Gutachten der Gutachterkommission bzw. von Dr. R. auseinandergesetzt, die die Indikation für die Durchführung der offenen Gelenksrevision verneint hätten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Auch dieser Vortrag begründet die Erfolgsaussichten der beabsichtigte Berufung nicht. Da nicht feststeht, dass die offene Gelenkrevision den Schaden verursacht hat, setzt eine Haftung des Beklagten wegen eines Behandlungsfehlers voraus, dass dieser Teil des Eingriffs mangels Indikation grob fehlerhaft gewesen ist und dass deshalb der Klägerin Beweiserleichterungen für den Ursachenzusammenhang mit der sympathischen Reflexdystrophie zugutekommen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Ein solcher grober Behandlungsfehler ist nicht anzunehmen. Der Sachverständige M. bejaht die Indikation, weil die Arthroskopie keinen Befund erbracht habe, die Entfernung der entzündlich veränderten Gelenkskapsel bei offenen Zugang (Kapselexcision zur Behebung der Synovialitis) und die Neurotomie erforderlich erschienen (Gutachten vom 16.5.2001 S. 15/16; Ergänzungsgutachten vom 3.1.2002 S. 4, 2). Die gegenteilige Auffassung des Sachverständigen R. ist durch die Ausführungen des Sachverständige M. nachvollziehbar widerlegt. Unter diesen Umständen kann von einem gar noch groben Behandlungsfehler keinesfalls ausgegangen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Die Ausführungen der Klägerin, wegen der im Gutachten R. angesprochenen medikamentösen Behandlung mit Calcitonin (II 15) sei im Hinblick auf die Operationsindikation eine umfassende Aufklärung auch über die Möglichkeit schonenderer Behandlungsalternativen erforderlich, ist unverständlich. Die Calcitoninbehandlung erfolgt bei Auftreten der Algodystrophie, also postoperativ (Sachverständigengutachten R., S. 11).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Konservativen Behandlungen hatte sich die Klägerin mehrfach, über längere Zeit und erfolglos unterzogen. Über diese Möglichkeiten brauchte die Klägerin deshalb auch nicht eigens unterrichtet zu werden. Im übrigen fehlt jeder Vortrag zu diesen Punkt im ersten Rechtszug. Die jetzigen Ausführungen sind nicht geeignet, die Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen zu erschüttern (§§ 529 Abs. 1, 531 ZPO).</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,284 | lg-karlsruhe-2003-02-14-11-t-55102 | {
"id": 135,
"name": "Landgericht Karlsruhe",
"slug": "lg-karlsruhe",
"city": 42,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 11 T 551/02 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:26 | 2019-01-17T11:52:10 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1.Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bretten vom 18.09.2002 – VIII 2/02 – aufgehoben.</p>
<p/>
<p>2.Beschwerdewert: EUR 3.000,00.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Ende Juli 2001 reichten der Beteiligte zu 2 und seine Ehefrau ... beim Amtsgericht Bretten eine notarielle Urkunde ein, in welcher ... die Annahme des Beteiligten zu 1 als Kind beantragt und der Beteiligte zu 2 dem Antrag als Ehemann, als leiblicher Vater des Kindes und zugleich als dessen Sorgeberechtigter zustimmt. Dem Antrag beigefügt ist unter anderem eine beglaubigte Übersetzung einer ungarischen Urkunde, nach welcher der Beteiligte zu 2 am 05.06.2001 den Erstbeteiligten als eigenes Kind anerkannte und die leibliche Mutter ... sich mit der Anerkennungserklärung einverstanden erklärte (Akte AG Bretten XVI 6/01, AS. 25 f). Eine weitere, vom "Vormundschaftsamt" des Bürgermeisteramtes von Szekszard am 08.06.2001 aufgenommene Urkunde enthält die von der leiblichen Mutter des Beteiligten zu 1, des Beteiligten zu 2 sowie dessen Ehefrau abgegebenen Erklärungen in der von ... vor den ungarischen Behörden beantragten Adoption des Beteiligten zu 1. ... erklärte darin ihr unwiderrufliches Einverständnis mit der Adoption.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das zum Adoptionsantrag angehörte Jugendamt des Landratsamts Karlsruhe äußerte am 22.08.2001 Zweifel an der tatsächlichen Vaterschaft des Beteiligten zu 2, die insbesondere daher rühren, dass dieser bei einem Telefonat die Frage der Mitarbeiterin der Behörde, ob er der Vater sei, mit den Worten beantwortet habe: "Fragen Sie mich nicht." Das Landesjugendamt teilte diese Bedenken. Mit Beschluss vom 07.03.2002 bestellte daraufhin das Amtsgericht Bretten den Beteiligten zu 3 zum Ergänzungspfleger für den Beteiligten zu 1 mit dem Wirkungskreis Vertretung bei der Vaterschaftsfeststellung. Hiergegen legten der Beteiligte zu 2 und seine Ehefrau Beschwerde ein, die sie mit Rücksicht darauf, dass der Beteiligte zu 3 eine Feststellung der Vaterschaft wegen der bereits erfolgten Anerkennung für nicht notwendig hielt, am 03.07.2002 für erledigt erklärten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Am 18.09.2002 änderte das Vormundschaftsgericht seinen Beschluss vom 03.07.2002 dahin ab, dass der Wirkungskreis des Pflegers die Anfechtung der Vaterschaft umfasst. Der Beteiligte zu 3 halte wegen – berechtigter – erheblicher Zweifel an der Vaterschaft des Beteiligten zu 2 eine Klärung der Abstammungsverhältnisse für erforderlich. Ob die Anfechtung dem Kindeswohl dienlich sei im Sinne des § 1600 a Abs. 4 BGB, habe nicht das Vormundschaftsgericht, sondern das für die Anfechtung zuständige Familiengericht zu entscheiden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Hiergegen richtet sich die zunächst vom Beteiligten zu 2 gemeinsam mit seiner Ehefrau mit Anwaltschriftsatz vom 20.09.2002 eingelegte und am 07.10.2002 begründete, ausweislich eines weiteren Schriftsatzes vom 10.12.2002 jedoch nur noch vom Beteiligten zu 2 weiter verfolgte Beschwerde. Es gebe keine Anhaltspunkte, an seiner Vaterschaft zu zweifeln. Die Entscheidung, ob die Vaterschaft angefochten werden solle, obliege den Eltern des Kindes; weder er noch die leibliche Mutter des Beteiligten zu 1 sähen dazu ein Bedürfnis. Außerdem diene eine Vaterschaftsüberprüfung nicht dem Wohl des Beteiligten zu 1, der praktisch seit seiner Geburt bei ihm und seiner adoptionswilligen Ehefrau lebe. Durch die Anfechtung könne der Beteiligte zu 1 diesen Status und die damit verbundenen Unterhaltsansprüche verlieren, ohne eine andere rechtlich abgesicherte Vater-Kind-Beziehung begründen zu können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie der Kammer zur Entscheidung vor. Dem Beteiligten zu 2 sei zu Recht die Vertretungsmacht in dieser Angelegenheit entzogen worden, denn es bestehe ein erheblicher Gegensatz seines Interesses, die Anfechtung nicht zu betreiben, zu dem Interesse des Beteiligten zu 1, zuverlässige Kenntnis von seiner eigenen Abstammung zu erhalten. Es bestehe auch der Verdacht, dass die Vaterschaft nur anerkannt worden sei, um die Adoptionsvorschriften zu umgehen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am 30.09.2002 erhob der Beteiligte zu 3 beim Amtsgericht – Familiengericht – Bruchsal Anfechtungsklage (1 F 396/02). Das Verfahren ruht bis zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde. In dem Adoptionsverfahren AG Bretten XVI 6/01 soll die Entscheidung des Familiengerichts abgewartet werden. Über den Stand des in Ungarn anhängigen Adoptionsverfahrens ist nichts bekannt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die augenscheinlich nur noch von dem Beteiligten zu 2 weiter verfolgte Beschwerde ("der Beschwerdeführer", Schriftsatz vom 10.12.2002) ist zulässig, denn der Zweitbeteiligte wird durch die Anordnung der Ergänzungspflegschaft in seiner Personensorge für den Beteiligten zu 1 beeinträchtigt, §§ 19, 20 FGG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar obliegt die Frage, ob die Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes dessen Wohl entspricht (§ 1600 a Abs. 4 BGB), nicht dem Vormundschafts- und Beschwerdegericht, sondern dem Familiengericht. Die dagegen vom Vormundschaftsgericht zu entscheidende Vorfrage,
<em>ob</em>
der gesetzliche Vertreter des Kindes von der Entscheidung über die Anfechtung ausgeschlossen wird und deshalb die Bestellung eines Ergänzungspflegers erforderlich ist, ist jedoch zu verneinen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
1. Allerdings kann der Beteiligte zu 2 das Kind in dem bereits auch anhängigen Anfechtungsprozess nicht vertreten, da sich die Anfechtung der Vaterschaft gegen ihn selbst richtet und es prozessrechtlich nicht möglich ist, einen Prozess mit sich selbst, sei es auch als Vertreter eines anderen, zu führen (BGH NJW 1975, 345, 346), weshalb die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich in Betracht kommt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Entscheidung darüber, ob die Vaterschaft durch das Kind angefochten werden soll, gehört dem Gebiet der Personensorge an und steht deshalb grundsätzlich dem Inhaber der elterlichen Gewalt zu, § 1626 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der als Vater geltende Mann, dem die elterliche Gewalt allein zusteht, ist dabei nicht kraft Gesetzes von der Entscheidung darüber ausgeschlossen, ob die Ehelichkeit bzw. die Vaterschaft angefochten werden soll. Danach stellt die Bestellung eines Pflegers für eine solche Entscheidung eine Einschränkung des Personensorgerechts dar, die nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB i.V.m. § 1796 Abs. 2 BGB nur erfolgen soll, wenn das Interesse des Kindes zu dem Interesse des als Vater geltenden Mannes in erheblichem Gegensatz steht (BGH a.a.O.; BayObLGZ 1978, 251, 254; BayObLG FamRZ 1989, 314; FamRZ 1994, 1196, 1197; OLG Hamm OLGZ 1986, 25, 27; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 1337, 1338; Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, BGB, 4. Auflage, § 1600 a Rn. 10 f; Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearb. 2000, § 1600 a Rn. 23, 39 f; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Auflage, § 1600 a Rn. 6, 8).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Danach ist nicht bereits dann ein Pfleger zu bestellen, wenn dem Vormundschaftsgericht ein Sachverhalt zur Kenntnis gelangt, der ein Anfechtungsrecht begründen könnte (BGH a.a.O.). Der Umstand, dass das Kind ein naheliegendes Interesse daran hat, seine genetische Abstammung geklärt zu sehen, während auf der anderen Seite der als Vater geltende Mann sich entschlossen hat, von seinem Anfechtungsrecht keinen Gebrauch zu machen, genügt nicht schon für das Vorliegen eines erheblichen Interessengegensatzes, der es rechtfertigt, dem Vater die Vertretungsmacht insoweit zu entziehen. Vielmehr ist in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt, dass einer am Kindeswohl orientierten Auffassung der Vorzug zu geben ist. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass dem Interesse des Kindes durch ein Verbleiben in der Familiengemeinschaft mit dem als Vater geltenden Mannes mehr gedient sein kann als durch Klärung seiner wirklichen Abstammung. Eine teilweise Entziehung der Vertretungsmacht des als Vater des Kindes geltenden Mann durch Bestellung eines Pflegers darf daher nur erfolgen, wenn seine Entschließung, die Vaterschaft nicht anzufechten, angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalles zu dem Interesse des Kindes in einem erheblichen Gegensatz steht (BGH a.a.O. S. 347; BayObLG, OLG Karlsruhe, OLG Hamm, Wellenhofer-Klein, Rauscher und Diederichsen, jeweils a.a.O.). Es kann daher auch nicht auf eine Regel-Ausnahme-Verhältnis dahin geschlossen werden, dass die Abstammungsklärung normalerweise bzw. vorrangig im Interesse des Kindeswohls geboten ist, sondern es bedarf in jedem Einzelfall auch in dieser Hinsicht einer konkreten Abwägung aller Umstände, welches Interesse eines Kindes in der jeweiligen Situation als gewichtiger und ausschlaggebend erscheint die Beibehaltung des bisherigen Status oder dessen Änderung im Wege der Durchführung einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung (OLG Karlsruhe, a.a.O.; Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, § 1600 a Rn. 11). Ob danach im jeweiligen Fall das Interesse des Kindes an der Klärung seiner leiblichen Abstammung die Vorteile, die ein Verbleiben in der Familiengemeinschaft mit dem möglichen Scheinvater bringt, erheblich überwiegt, ist
<em>außerhalb</em>
des nachfolgenden Anfechtungsprozesses, in dem das Familiengericht nach § 1600 a Abs. 4 BGB das Kindeswohl prüft (OLG Köln, FamRZ 2001, 245, 246; Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, § 1600 a Rn. 12; Staudinger/Rauscher, § 1600 a Rn. 52; Palandt/Diederichsen, § 1600 a Rn. 10 f) durch das Vormundschaftsgericht zu beurteilen (Staudinger/Rauscher, § 1600 a Rn. 40). Diese von § 1600 a Abs. 4 BGB zu unterscheidende Prüfung ist vor allem deshalb erforderlich, weil vom Familiengericht nur die Entscheidung des Sorgeberechtigten
<em>für</em>
eine Anfechtung überprüfbar ist, während bei dessen Entschließung
<em>gegen</em>
eine Anfechtung das Kindeswohl nur im Verfahren nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB durchgesetzt werden kann (Staudinger/Rauscher, a.a.O.). Auch inhaltlich stimmen jeweils die maßgebenden Gesichtspunkte nur teilweise überein. Während bei der Frage des Entzugs der Vertretungsmacht der Interessengegensatz zwischen Kind und Vater zu beurteilen ist, kommt es im Rahmen des § 1600 a Abs. 4 BGB ausschließlich auf das Kindesinteresse an, weil der gesetzliche Vertreter die Anfechtung ohnehin anstrebt (Staudinger/Rauscher, § 1600 a Rn. 54).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
2. Nach diesen Grundsätzen ist die der Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Vaterschaftsanfechtung stillschweigend innewohnende Entziehung der Vertretungsmacht für die Anfechtung selbst (KG NJW 1966, 1320; Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, § 1600 a Rn. 11) nicht gerechtfertigt. Das Interesse des Kindes an der Klärung seiner wirklichen Abstammung überwiegt nicht die Vorteile, die ein Verbleiben in der Familiengemeinschaft des Beteiligten zu 2 bringt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
a)Der Beteiligte zu 2 gilt aufgrund seiner vor der zuständigen ungarischen Behörde am 05.06.2001 erklärten Vaterschaftsanerkennung als sorgeberechtigter Vater des Beteiligten zu 1. Gegen die Wirksamkeit der sich gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach ungarischem Recht richtenden Anerkennungserklärung (Münchener Kommentar/Wellenhofer-Klein, § 1594 Rn. 48), bestehen keine Bedenken; solche werden auch von keinem Beteiligten vorgebracht. Abgesehen davon, dass der Beteiligte zu 1 auch die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hat (Klageschrift des Beteiligten zu 3 vom 30.09.2002), gilt ohnehin für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft für ein minderjähriges Kind – gleichgültig welcher Staatsangehörigkeit – mit ständigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland deutsches Recht (BayObLGZ 1978, 251, 253). Die Anordnung der Ergänzungspflegschaft und die auch bereits erfolgte Erhebung der Anfechtungsklage stellt sich deshalb als Einschnitt in das Personensorgerecht des Beteiligten zu 2 dar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
b) Zwar ist ein Gegensatz der Interessen der Beteiligten zu 1 und 2 nicht auszuschließen, er wird jedoch durch andere Interessen des Kindes kompensiert und ist daher nicht erheblich im Sinne der vorgenannten Grundsätze:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Im Regelfall liegt wie auch hier ein natürliches Interesse des Kindes an der Klärung seiner Abstammung vor. Es ist sicher auch richtig, dass diesem Interesse nach heutiger Anschauung eher zunehmende Bedeutung beigemessen wird. Die Abstammung nimmt im Bewusstsein des Einzelnen eine Schlüsselstellung für Individualitätsfindung und Selbstverständnis ein, weshalb ein Grundrecht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung – wobei die Aufklärung des minderjährigen Kindes über seine genetische Herkunft Sache der (Adoptions-)Eltern und nicht des Staates ist – besteht (BVerfG NJW 1989, 891; NJW 1994, 2475). Dem Interesse, die wahre Abstammung zu kennen, kommt deshalb besondere, gleichwohl nicht vorrangige Bedeutung zu (BayObLG NJW-RR 1995, 387; FamRZ 1996, 1297, 1298 f; Palandt/Diederichsen, § 1600 a Rn. 11).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Absicht des Beteiligten zu 2, die Anfechtung nicht zu betreiben, ist aus seiner Sicht nur folgerichtig, denn danach liege ohnehin nur ein Missverständnis vor; er habe keinen Grund, an seiner Vaterschaft zu zweifeln. Dennoch kann ein gegenläufiges Interesse des Beteiligten zu 2 nicht ausgeschlossen werden, denn die insoweit wegen seiner Äußerung "Fragen Sie mich nicht" bei einem Telefonat mit einer Mitarbeiterin des Jugendamts auf die Frage, ob er wirklich der Vater sei, aufgekommenen Zweifel sind noch nicht ausgeräumt. Seine "Richtigstellung", er habe ausschließlich wegen möglicher Mithör- bzw. Aufzeichnungsrisiken des Geschäftstelefonats geantwortet "dazu möchte ich mich jetzt nicht äußern" (Schreiben vom 21.06.2002 zum Verfahren AG Bretten XVI 6/01), wirkt auch auf die Kammer nicht überzeugend. Der damit nicht von der Hand zu weisende Gegensatz der im Interesse des Beteiligten zu 1 liegenden, vom Beteiligten zu 2 jedoch nicht betriebenen Klärung seiner genetischen Abstammung rechtfertigt jedoch im konkreten Fall noch nicht die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft. Abgesehen davon, dass selbst die wissentlich falsche Vaterschaftsanerkennung zivilrechtlich gültig ist und für den anerkennenden Mann, wenn er sein Anfechtungsrecht nicht wahrnimmt, verbindlich bleibt (OLG Karlsruhe, FamRZ 1991, 1337, 1339), würde die Anfechtung für den Beteiligten zu 1 erhebliche Nachteile bringen. Sie liegt daher nicht in seinem Interesse:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Beteiligte zu 1 lebt bereits seit Juni 2001 in der vierköpfigen Familie des Beteiligten zu 2. Die Ehefrau des Zweitbeteiligten betreibt die Adoption des Kindes. Die Familie des Beteiligten zu 1 lebt in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Anlässlich der im Jahre 1998 erfolgten Adoption ihrer Tochter wurde dem Beteiligten zu 2 und seiner Ehefrau durch die psychologische Beratungsstelle des Landratsamts Karlsruhe eine optimale soziale und ökonomische Basis für eine Adoption und insgesamt eine sehr gute Eignung zur Aufnahme und Erziehung eines Adoptivkindes bescheinigt. Die leibliche Mutter ... ließ keinen Zweifel an der Vaterschaft des Beteiligten zu 2 und erklärte überdies im Rahmen des in Ungarn eingeleiteten Adoptionsverfahrens unwiderruflich ihren Verzicht auf ihr "elterliches Aufsichtsrecht". Dem Interesse des Beteiligten zu 1 am Verbleib in der Familie des Beteiligten zu 2 mit gesicherten Unterhaltsansprüchen gegen diesen und möglicherweise in absehbarer Zeit auch gegen dessen Ehefrau kommt großes Gewicht zu. Demgegenüber wäre der materielle und rechtliche Status des Beteiligten zu 1 bei einer Anfechtung der Vaterschaft im Hinblick darauf, dass die leibliche Mutter keinen anderen Mann als möglichen Erzeuger genannt hat und überdies die Bindung zu dem Beteiligten zu 1 abgebrochen hat, mehr als ungewiss. Schließlich bleibt dem Beteiligten zu 1 auch unbenommen, gegebenenfalls nach Eintritt der Volljährigkeit die Vaterschaft selbst anzufechten, § 1600 b Abs. 3 Satz 1 BGB. Der nicht rechtzeitigen Anfechtung durch den gesetzlichen Vertreter im Sinne dieser Vorschrift steht der Fall gleich, dass die Anfechtungsklage als dem Wohl des Minderjährigen nicht dienlich nicht zugelassen worden ist (Palandt/Diederichsen, § 1600 b Rn. 22), weshalb auch insoweit keine Fristen verstreichen, § 1600 b Abs. 3 Satz 2 BGB; erst recht gilt dies, wenn die Anfechtungsklage zurückgenommen oder mangels gesetzlicher Vertretung als unzulässig abgewiesen wird. Auch der Beteiligte zu 3 hat im Übrigen ursprünglich die Auffassung vertreten, dass die Anfechtung nicht dem Kindeswohl entspreche (Schriftsatz vom 02.04.2002).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Erhebung der Anfechtungsklage liegt daher nach alledem nicht im Interesse des Beteiligten zu 1, weshalb die Bestellung des Beteiligten zu 3 zum Ergänzungspfleger aufzuheben war.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten fallen bei der erfolgreichen Beschwerde nicht an. Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten (§ 13 a Abs. 1 Satz 1 BGB) kann unterbleiben, da kein Beteiligter in Gegnerstellung hervorgetreten ist; das Jugendamt hat insoweit lediglich seine allgemein obliegenden öffentlichen Aufgaben wahrgenommen (Keidel/Kuntze/Winkler-Zimmermann, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Auflage, § 13 a Rn. 10).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,285 | olgkarl-2003-02-14-2-wf-14202 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 WF 142/02 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:27 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 13.09.2002 (6 F ...), soweit in diesem Prozesskostenhilfe für die Folgesache Umgangsrecht versagt wurde, abgeändert.</p>
<p>Der Antragstellerin wird (auch) für die Folgesache Umgangsrecht rückzahlungsfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. S., bewilligt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Antragstellerin hat im Rahmen des anhängig gewesenen Scheidungsverfahrens ein Verfahren wegen Umgangsrechts des Antragsgegners mit den bei ihr lebenden Kindern D. (geboren am 14.08.1997) und L. (02.08.1999) eingeleitet und hierfür Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, insoweit bestehe ein Titulierungsinteresse, da bisher keine Regelung und über die genauen Zeiten Uneinigkeit bestehe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Beschluss vom 13.09.2002 hat das Familiengericht der Antragstellerin für das Scheidungsverfahren und die Folgesachen Versorgungsausgleich sowie Ehegatten- und Kindesunterhalt Prozesskostenhilfe bewilligt, die für das Umgangsrechtsverfahren nachgesuchte jedoch verweigert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Letzteres erscheine mutwillig, da das Erfordernis einer diesbezüglichen gerichtlichen Regelung weder dargetan, noch sonst ersichtlich sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Auf Hinweis des Familiengerichts hat die Antragstellerin weiter vorgetragen, sie habe es "bis zum geht nicht mehr" versucht, mit dem Antragsgegner den Kindesumgang einvernehmlich zu regeln. Er habe dann die vereinbarten Zeiten nie eingehalten. So habe sie sich nicht darauf verlassen können, dass die Kinder zu den vereinbarten Zeiten untergebracht seien. Vielmehr habe er sein Umgangsrecht so ausgeübt, wie es ihm passe, es insbesondere davon abhängig gemacht, wie die Fußballübertragungen im Fernsehen seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der von der Antragstellerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Familiengericht am 12.12.2002 mit der Begründung nicht abgeholfen, eine kostenbewusste Person würde zunächst beim zuständigen Jugendamt vorsprechen und dieses zumindest um Moderation einer außergerichtlichen Umgangsvereinbarung bitten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) sofortige Beschwerde ist auch in der Sache gerechtfertigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Sie führte zur antragsgemäßen Bewilligung der Prozesskostenhilfe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Entgegen der Bewertung des Familiengerichts kann nach der vorliegend gegebenen besonderen Sachlage das von der Antragstellerin eingeleitete Verfahren auf Regelung des Umgangs nicht als mutwillig angesehen werden, weil eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihr Begehren nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. zur Definition des Mutwillens, Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rn. 36). Dass Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit außergerichtlicher Streitschlichtung versagt werden kann, muss in der Regel auch für die Hilfe des Jugendamts in Angelegenheiten der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts gelten (so auch der 16. Zivilsenat, Familiensenat, des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Beschluss vom 17.05.2002 in FamRZ 2002, 1712). Denn auch hier gibt es keinen Erfahrungssatz des Inhaltes, eine bemittelte Partei werde regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung suchen. Dann muss auch der bedürftigen Partei die Möglichkeit offen bleiben, sich nach eigenem Ermessen zwischen außergerichtlicher Streitschlichtung und gerichtlichem Verfahren zu entscheiden. Ist letzteres gewählt, hat die Partei einen entsprechenden Rechtsgewährungsanspruch, auch wenn sie bedürftig ist (OLG Karlsruhe, a.A. O.). Dass im Falle der Inanspruchnahme des Jugendamts durch die Antragstellerin vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens eine Verständigung mit dem Antragsgegner zu Stande gekommen wäre - was gegebenenfalls ihr Begehren gleichwohl als mutwillig erscheinen ließe (vgl. hierzu der 16. Zivilsenat, a.A. O.) - kann hier nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden. Dagegen spricht das unwidersprochene Vorbringen der Antragstellerin, sie habe es "bis zum geht nicht mehr" versucht, mit dem Antragsgegner zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Rechtsverfolgung kann auch nicht die hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO abgesprochen werden. Abgesehen davon, dass nach dem dargelegten Sachvortrag der Beschwerdeführerin keine hinreichende Aussicht auf ein Einvernehmen der Eltern ohne gerichtliches Verfahren bestand, entspricht die von der Antragstellerin gewünschte feste zeitliche Regelung, die der Antragsgegner mitzutragen offenbar nicht bereit war, gerade bei den noch kleineren und jüngeren Kindern der Parteien dem Kindeswohl. Bei diesen empfiehlt sich ein periodischer Umgang, damit dieser bald zu einer festen Gewohnheit für sie wird (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1684 Rn. 15).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine ratenfreie Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Es bestand kein Anlass, eine Kostenentscheidung zu treffen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,286 | olgstut-2003-02-14-3-ausl-8602-3-aus | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ausl. 86/02; 3 Ausl 86/02 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:28 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Republik Österreich ersucht um Auslieferung des Verfolgten zur Strafverfolgung wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Schmuggels in Tateinheit mit vorsätzlichem Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols (§§ 11, 35 Abs. 1 lit. a, 38 Abs. 1 lit. a und b, 44 Abs. 1 lit. b öFinStrG). In dem beim österreichischen Landesgericht K. anhängigen Strafverfahren wird dem Verfolgten vorgeworfen, in der Zeit vom 16. März bis 07. September 2001 als Mitglied einer Bande von Zigarettenschmugglern in zumindest 17 Lieferungen vorschriftswidrig zumindest 124.236.000 Stück Zigaretten der Marke Benson & Hedges in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht bzw. der zollamtlichen Überwachung entzogen zu haben, sowie Monopolgegenstände, nämlich die vorangeführten Zigaretten, zu seinem oder eines anderen Vorteils einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider eingeführt zu haben, wobei es ihm darauf angekommen sei, sich durch wiederkehrende Begehung eines Schmuggels eine fortlaufende Einkommensquelle zu verschaffen. Näher beschrieben wird allein die erste Lieferung in der Zeit vom 16. März bis zum 03. April 6. März 2001, bei der die österreichische Zollfahndung mindestens 7.308.000 Stück unverzollte Zigaretten der Marke Benson & Hedges sichergestellt hatte. Zu den weiteren mindestens 16 Lieferungen wird nichts Näheres ausgeführt, sondern unterstellt, sie hätten sich in gleicher Weise abgespielt. Der Senat hat die Auslieferung nur für die erste Lieferung für zulässig erklärt.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Über die Zulässigkeit der Auslieferung wegen der weiteren mindestens 16 bis zum 07. September 2001 erfolgten Containerlieferungen entscheidet der Senat erst, nachdem dem Landesgericht K. Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen hierüber zu übermitteln, insbesondere darüber, an welchen Tagen und auf welchen Wegen die Lieferungen erfolgt sind und was sich zum Inhalt der jeweiligen Container ergeben hat (§ 30 IRG i.V. mit Art. 13 EuAlÜbk i.V. mit Art. 14 EU-AuslÜbk).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Die Notwendigkeit einer noch weiteren Konkretisierung der mindestens 16 Lieferungen ergibt sich aus dem Spezialitätsgrundsatz, auf dessen Beachtung der Verfolgte nicht verzichtet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
a) Der Spezialitätsgrundsatz besagt, dass der Verfolgte in dem Staat, in den er ausgeliefert wird, nur wegen der Tat oder der Taten verfolgt werden darf, wegen derer die Auslieferung bewilligt worden ist; nur wenn dies gewährleistet ist, darf die Auslieferung für zulässig erklärt werden (vgl. § 11 IRG, Art. 14 EuAlÜbk). Art. VII des Vertrages vom 31. Januar 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (A-ErgV EuAlÜbk) und Art. 10 EU-AuslÜbk lockern den Spezialitätsgrundsatz nur in – hier nicht interessierenden – Randbereichen. Die Folge hiervon ist, dass eine Auslieferung im Grundsatz nur „tatscharf“ für zulässig erklärt werden kann. Liegt oder liegen einem Auslieferungsuntersuchen keine hinreichend bestimmte Tat oder bestimmten Taten zugrunde, so ist es dem Oberlandesgericht verwehrt, die Auslieferung für zulässig zu erklären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
b) Die zumindest 16 weiteren Lieferungen sind bislang nicht hinreichend konkretisiert und individualisiert.
</td></tr></table>
<table><tr><td>.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
aa) Nach derzeitigem Erkenntnisstand muss davon ausgegangen werden, dass jede der zumindest 16 weiteren Lieferungen eine selbständige Tat im materiell-rechtlichen wie prozessualen Sinne darstellt. Tateinheit kraft Fortsetzungszusammenhanges gibt es bei Abgabendelikten nicht mehr (BGHSt 40, 195); eine tatbestandliche Bewertungseinheit ist nicht ersichtlich. Auch unabhängig von der Frage der Tateinheit oder -mehrheit ist bei Serientaten anerkannt, dass die Einzeltaten so konkret und individualisiert umschrieben werden, dass sich hieraus die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Deliktstatbestandes jeweils nachprüfbar ergibt (BGHSt 40, 138 [159, 161]). Nur wenn eine Individualisierung der Einzeltaten nach Tatzeit, Tatort und Geschehensablauf auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt, genügt es, einen bestimmten Tatzeitraum, die Grundzüge der Art und Weise der Tatbegehung und eine (Höchst-) Zahl der einzelnen Taten anzugeben (BGHSt 40, 138 [161] und 44 [46 f.]). Grund hierfür ist, dass ansonsten die Gefahr der Beeinträchtigung der Verteidigung des Angeklagten durch vage, unbestimmte Vorwürfe droht und der Umfang der Rechtkraft ebenso unklar wird wie die Antwort auf die Frage, ob sich das Urteil im Rahmen der von der Anklage gezogenen Grenzen hält. Eine unzureichend bestimmte Anklage ist deshalb unwirksam. Diese für das innerdeutsche Strafverfahren entwickelten Maßstäbe sind um des Spezialitätsgrundsatzes willen auf das Auslieferungsverfahren zu übertragen. Ansonsten besteht die Gefahr der Aushöhlung dieses Grundsatzes, und die Antwort auf die Frage, ob sich die Strafverfolgung im ersuchenden Staat im Rahmen der Auslieferungsbewilligung des ersuchten Staates hält, wird unklar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
bb) Dem Senat erschließt sich nicht, warum es auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen soll, die weiteren zumindest 16 Containerlieferungen nach Containernummer, Lieferungsdatum, Lieferweg und (ggf. vermuteten) Inhalt so zu konkretisieren und zu identifizieren wie die erste Lieferung. Im übrigen hält der Senat die (...) Methode, die erste Lieferung ohne weiteres auf die zumindest 16 weiteren Lieferungen „hochzurechnen“, für fragwürdig, auch im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens, in dem eine Schuldverdachtsprüfung im Grundsatz nicht stattfindet (vgl. § 10 Abs. 2 IRG). Vielmehr entnimmt der Senat dem Zwischenbericht des Hauptzollamts, dass es durchaus konkrete und benennbare Anhaltspunkte z.B. in Gestalt von Ungereimtheiten beim Containergewicht dafür gibt, dass mit konkreten und benennbaren Lieferungen Zigaretten in einem konkreten und benennbaren Umfange geschmuggelt worden sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Ersuchen um Übermittlung ergänzender Unterlagen kann die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart unmittelbar an das Landesgericht K. stellen, und dieses kann das Ersuchen unmittelbar erledigen; der Geschäftsweg über die jeweiligen (Justiz-) Ministerien entfällt. Denn seit dem 11. Juli 2001 ist zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich das EU-AuslÜbk vorläufig anwendbar. Dessen Art. 14 lässt den unmittelbaren Geschäftsweg von Justizbehörde zu Justizbehörde nach Maßgabe der jeweiligen Erklärungen der jeweiligen Mitgliedstaaten zu. Die Bundesrepublik Deutschland hat insoweit erklärt, dass in den Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Erklärung abgegeben haben, Ersuchen um Ergänzung der Unterlagen gemäß Artikel 13 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens unmittelbar zwischen den zuständigen Justizbehörden oder anderen zuständigen Behörden übermittelt und beantwortet werden können. Soweit die Bundesrepublik Deutschland der um Auslieferung ersuchte Staat ist, sind für Anforderung und Entgegennahme ergänzender Unterlagen die Staatsanwaltschaften bei den Oberlandesgerichten zuständig. Das Ersuchen um Auskunft ist unmittelbar an die Strafverfolgungsbehörde zu richten, welche die Auslieferung im Einzelfall betreibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Republik Österreich hat erklärt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
dass in ihren Beziehungen zu anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Erklärung abgegeben haben, die Justizbehörden, bei denen das Auslieferungsverfahren anhängig ist, unmittelbar um die in Art. 13 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vorgesehene Ergänzung der Unterlagen ersuchen können. Für die Anforderung, die Übermittlung und die Entgegennahme dieser ergänzenden Unterlagen sind in Österreich die Landesgerichte zuständig.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Über die Zulässigkeit der Auslieferung wegen der weiteren mindestens 16 bis zum 07. September 2001 erfolgten Containerlieferungen entscheidet der Senat erst, nachdem dem Landesgericht K. Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen hierüber zu übermitteln, insbesondere darüber, an welchen Tagen und auf welchen Wegen die Lieferungen erfolgt sind und was sich zum Inhalt der jeweiligen Container ergeben hat (§ 30 IRG i.V. mit Art. 13 EuAlÜbk i.V. mit Art. 14 EU-AuslÜbk).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Die Notwendigkeit einer noch weiteren Konkretisierung der mindestens 16 Lieferungen ergibt sich aus dem Spezialitätsgrundsatz, auf dessen Beachtung der Verfolgte nicht verzichtet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
a) Der Spezialitätsgrundsatz besagt, dass der Verfolgte in dem Staat, in den er ausgeliefert wird, nur wegen der Tat oder der Taten verfolgt werden darf, wegen derer die Auslieferung bewilligt worden ist; nur wenn dies gewährleistet ist, darf die Auslieferung für zulässig erklärt werden (vgl. § 11 IRG, Art. 14 EuAlÜbk). Art. VII des Vertrages vom 31. Januar 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens (A-ErgV EuAlÜbk) und Art. 10 EU-AuslÜbk lockern den Spezialitätsgrundsatz nur in – hier nicht interessierenden – Randbereichen. Die Folge hiervon ist, dass eine Auslieferung im Grundsatz nur „tatscharf“ für zulässig erklärt werden kann. Liegt oder liegen einem Auslieferungsuntersuchen keine hinreichend bestimmte Tat oder bestimmten Taten zugrunde, so ist es dem Oberlandesgericht verwehrt, die Auslieferung für zulässig zu erklären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
b) Die zumindest 16 weiteren Lieferungen sind bislang nicht hinreichend konkretisiert und individualisiert.
</td></tr></table>
<table><tr><td>.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
aa) Nach derzeitigem Erkenntnisstand muss davon ausgegangen werden, dass jede der zumindest 16 weiteren Lieferungen eine selbständige Tat im materiell-rechtlichen wie prozessualen Sinne darstellt. Tateinheit kraft Fortsetzungszusammenhanges gibt es bei Abgabendelikten nicht mehr (BGHSt 40, 195); eine tatbestandliche Bewertungseinheit ist nicht ersichtlich. Auch unabhängig von der Frage der Tateinheit oder -mehrheit ist bei Serientaten anerkannt, dass die Einzeltaten so konkret und individualisiert umschrieben werden, dass sich hieraus die Verwirklichung des objektiven und subjektiven Deliktstatbestandes jeweils nachprüfbar ergibt (BGHSt 40, 138 [159, 161]). Nur wenn eine Individualisierung der Einzeltaten nach Tatzeit, Tatort und Geschehensablauf auf unüberwindbare Schwierigkeiten stößt, genügt es, einen bestimmten Tatzeitraum, die Grundzüge der Art und Weise der Tatbegehung und eine (Höchst-) Zahl der einzelnen Taten anzugeben (BGHSt 40, 138 [161] und 44 [46 f.]). Grund hierfür ist, dass ansonsten die Gefahr der Beeinträchtigung der Verteidigung des Angeklagten durch vage, unbestimmte Vorwürfe droht und der Umfang der Rechtkraft ebenso unklar wird wie die Antwort auf die Frage, ob sich das Urteil im Rahmen der von der Anklage gezogenen Grenzen hält. Eine unzureichend bestimmte Anklage ist deshalb unwirksam. Diese für das innerdeutsche Strafverfahren entwickelten Maßstäbe sind um des Spezialitätsgrundsatzes willen auf das Auslieferungsverfahren zu übertragen. Ansonsten besteht die Gefahr der Aushöhlung dieses Grundsatzes, und die Antwort auf die Frage, ob sich die Strafverfolgung im ersuchenden Staat im Rahmen der Auslieferungsbewilligung des ersuchten Staates hält, wird unklar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
bb) Dem Senat erschließt sich nicht, warum es auf unüberwindbare Schwierigkeiten stoßen soll, die weiteren zumindest 16 Containerlieferungen nach Containernummer, Lieferungsdatum, Lieferweg und (ggf. vermuteten) Inhalt so zu konkretisieren und zu identifizieren wie die erste Lieferung. Im übrigen hält der Senat die (...) Methode, die erste Lieferung ohne weiteres auf die zumindest 16 weiteren Lieferungen „hochzurechnen“, für fragwürdig, auch im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens, in dem eine Schuldverdachtsprüfung im Grundsatz nicht stattfindet (vgl. § 10 Abs. 2 IRG). Vielmehr entnimmt der Senat dem Zwischenbericht des Hauptzollamts, dass es durchaus konkrete und benennbare Anhaltspunkte z.B. in Gestalt von Ungereimtheiten beim Containergewicht dafür gibt, dass mit konkreten und benennbaren Lieferungen Zigaretten in einem konkreten und benennbaren Umfange geschmuggelt worden sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Ersuchen um Übermittlung ergänzender Unterlagen kann die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart unmittelbar an das Landesgericht K. stellen, und dieses kann das Ersuchen unmittelbar erledigen; der Geschäftsweg über die jeweiligen (Justiz-) Ministerien entfällt. Denn seit dem 11. Juli 2001 ist zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich das EU-AuslÜbk vorläufig anwendbar. Dessen Art. 14 lässt den unmittelbaren Geschäftsweg von Justizbehörde zu Justizbehörde nach Maßgabe der jeweiligen Erklärungen der jeweiligen Mitgliedstaaten zu. Die Bundesrepublik Deutschland hat insoweit erklärt, dass in den Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Erklärung abgegeben haben, Ersuchen um Ergänzung der Unterlagen gemäß Artikel 13 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens unmittelbar zwischen den zuständigen Justizbehörden oder anderen zuständigen Behörden übermittelt und beantwortet werden können. Soweit die Bundesrepublik Deutschland der um Auslieferung ersuchte Staat ist, sind für Anforderung und Entgegennahme ergänzender Unterlagen die Staatsanwaltschaften bei den Oberlandesgerichten zuständig. Das Ersuchen um Auskunft ist unmittelbar an die Strafverfolgungsbehörde zu richten, welche die Auslieferung im Einzelfall betreibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Republik Österreich hat erklärt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
dass in ihren Beziehungen zu anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Erklärung abgegeben haben, die Justizbehörden, bei denen das Auslieferungsverfahren anhängig ist, unmittelbar um die in Art. 13 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vorgesehene Ergänzung der Unterlagen ersuchen können. Für die Anforderung, die Übermittlung und die Entgegennahme dieser ergänzenden Unterlagen sind in Österreich die Landesgerichte zuständig.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,287 | lg-hechingen-2003-02-14-3-s-8002 | {
"id": 132,
"name": "Landgericht Hechingen",
"slug": "lg-hechingen",
"city": 37,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 S 80/02 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:28 | 2019-01-17T11:52:10 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>
<strong>1.</strong>
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Balingen vom 14. August 2002
</p>
<p/>
<p>
<strong>abgeändert.</strong>
</p>
<p/>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.340,80 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 7.4.2002 sowie 19,12 EUR vorgerichtlicher Auslagen zu bezahlen.</p>
<p/>
<p>
<strong>2.</strong>
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt der Beklagte.
</p>
<p/>
<p>
<strong>3.</strong>
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
</p>
<p/>
<p>
<strong>4.</strong>
Die Revision wird nicht zugelassen.
</p>
<p/>
<p>
<strong>Streitwert der Berufung: 3.340,80 EUR</strong>
</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/><strong>1.</strong> Der Beklagte wollte die von ihm bewohnte, nach seinem Auszug leerstehende und unvermietete Doppelhaushälfte in der S straße ..., W, verkaufen. Er hat mit dem Kläger den Verkäufer-Maklervertrag vom 22.1.2002 abgeschlossen. Nach erfolgreicher Vermittlung steht dem Kläger die vereinbarte Vergütung von 3.340,80 EUR zu. Der Beklagte wendet lediglich ein, der Maklervertrag sei ein Haustürgeschäft, weshalb er, mangels Belehrung rechtzeitig, widerrufen habe. Im übrigen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/><strong>2.</strong> Diese Rechtsverteidigung des Beklagten hat keinen Erfolg.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/><strong>a)</strong> Aufgrund der Aussage der Zeugin K steht fest, dass die Vertragsanbahnung und schließlich auch die Unterzeichnung des schriftlichen Maklervertrages in der Doppelhaushälfte stattgefunden hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/><strong>b)</strong> Bei der Doppelhaushälfte handelt es sich nicht um eine Privatwohnung im Sinne des § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB, mithin war der Maklervertrag kein dem Widerrufsrecht unterliegendes Haustürgeschäft. (Die anderen in dieser Vorschrift genannten Tatbestandsvoraussetzungen, die den Maklervertrag zu einem Haustürgeschäft qualifizieren könnten, sind ersichtlich nicht erfüllt; der vorausgehende Telefonanruf, der in der Wohnung des Beklagten in B entgegengenommen wurde, begründet kein Haustürgeschäft, auch wenn der Kläger dabei schon begonnen haben sollte, auf den Abschluss eines Verkäufermaklervertrages mit dem Beklagten hinzuwirken.)</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Durch das Widerrufsrecht gemäß § 312 BGB soll sich der Verbraucher von einem Vertrag lösen können, wenn er bei dem Vertragsschluss in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt war, weil er auf ein werbemäßiges Ansprechen nicht eingestellt war und die Umkehrmöglichkeit (und die durch diese eröffnete Gelegenheit zu weiterer Überlegung) wie in einem Ladengeschäft nicht hatte. Statuiert ist das Widerrufsrecht allerdings nicht generell, sondern nur in den enumerativ aufgeführten äußeren "Haustürsituationen" des § 312 Abs. 1 BGB, in denen die genannte Beeinträchtigung typischerweise gegeben ist. Dieser Gesetzeszweck schließt es aus, dass für den Begriff der Privat<strong>wohnung</strong> auf die bauliche Gestaltung der Räume abzustellen ist. Dass der Verbraucher gegenüber dem Betreiben des Vertragsschlusses durch den Unternehmer situationsbedingt nicht hinreichend gewappnet ist, beruht vielmehr auf der Nutzung des Ortes der Vertragsanbahnung als Wohnung, die erst die Privatsphäre erzeugt. In der nach dem Auszug des Beklagten leergeräumten, unvermieteten, als Verkaufsobjekt betretenen Doppelhaushälfte entsteht eine solche Situation nicht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/><strong>c)</strong> Eine Umgehung im Sinne des § 312 f Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift sind die Vorschriften der §§ 312 ff BGB, vorbehaltlich einer anderen Bestimmung, auch anzuwenden, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Nach einer engeren Auffassung würde dies im Streitfall einen jedenfalls entfernten Bezug zu einer Wohnnutzung des Ortes voraussetzen, an dem der Kläger an den Beklagten wegen des Verkäufermaklervertrags herangetreten ist. So ist beim werbemäßigen Ansprechen des Verbrauchers in einer Hotelhalle darauf abgestellt worden, dass dieser als Hotelgast im Anwesen "wohne" (OLG Frankfurt/Main, NJW 1994, 1806). An einer Wohnnutzung der Doppelhaushälfte fehlt es aber, wie dargelegt, vollständig.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Nach einer weniger engen Auffassung ist jeder Ort tatbestandsmäßig, der vom <strong>Unternehmer</strong> gewählt wird und geeignet ist, die oben bezeichnete Beeinträchtigung der Entschlussfreiheit des Verbrauchers herbeizuführen (vgl. OLG Zweibrücken, NJW 1995, 140). An einer derartigen Ortsbestimmung durch den Kläger fehlt es im Streitfall. Die Besichtigung der und der Aufenthalt in der Doppelhaushälfte waren durch die Eigenart des Vertragsgegenstandes und durch die gleichzeitige Tätigkeit des Klägers als Käufermakler vorgegeben. Der Kläger hatte insoweit keinen Handlungsspielraum, den er zur Herbeiführung einer "haustürähnlichen" Situation hätte ausnutzen können.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/><strong>3.</strong> Es wurden die gesetzlichen Verzugszinsen zugesprochen, deren Voraussetzungen unstreitig sind.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/><strong>4.</strong> Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 analog, 713 ZPO.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/><strong>5.</strong> Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,288 | olgstut-2003-02-14-3-ws-1102 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ws 11/02 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:29 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Verurteilte war 1992 in K. (Republik Polen) an einen Verkehrsunfall beteiligt, bei dem er und sein Mitfahrer erheblich verletzt und die vier Insassen des anderen unfallbeteiligten Wagens getötet wurden. Gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 150.000,- DM kam der Verurteilte auf freien Fuß. Nach mehrjährigem Verfahren wurde er 1999 vom Rayonsgericht S. (Republik Polen) in Abwesenheit rechtskräftig zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von 2 Jahren wegen Verletzung der Grundsätze der Sicherheit im Verkehr mit Todesfolge – hierfür droht Art. 177 Abs. 2 poln. StGB Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 8 Jahren an – verurteilt. Bereits 1997 hatte das Rayonsgericht die Sicherheit in Höhe von 100.000,- DM für verfallen erklärt, da der Verurteilte den Ladungen keine Folge mehr leistete. Nachdem das polnischen Justizministerium um Vollstreckungsübernahme ersuchte, hat das LG Ellwangen das Urteil des Rayonsgerichts für im Inland vollstreckbar erklärt und die polnische Strafe in eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von 2 Jahren umgewandelt. Dagegen hat der Verteidiger sofortige Beschwerde eingelegt. Kurz darauf ist der Verurteilte bei einem Verkehrsunfall gestorben. Nunmehr hat der Senat das Verfahren eingestellt und die Kosten des Verfahrens, nicht aber die notwendigen Auslagen des Verurteilten, der Staatskasse auferlegt.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. (...) Das Verfahren ist gem. § 77 IRG i.V. mit § 206 a StPO einzustellen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Stirbt der Angeklagte bzw. Betroffene während eines anhängigen
<span style="text-decoration:underline">Straf- bzw. Bußgeldverfahrens</span>
und tritt somit ein Verfahrenshindernis ein, so endet das Verfahren nicht „ohne weiteres von selbst“ (so aber noch BGHSt 34, 184 mit abl. Anm. Kühl NStZ 1987, 338). Vielmehr muss ein einmal eingeleitetes Verfahren aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und, um gerechte Nebenentscheidungen zu ermöglichen, durch förmlichen Einstellungsbeschluss gem. § 206 a StPO zu einem ordnungsgemäßen Abschluss gebracht werden (BGHSt 45, 108; BGH NStZ-RR 2002, 262 unter Nr. 21; OLG Celle NJW 2002, 3720; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2002, 246; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 206 a Rdn. 8; alle mit weit. Nachw.). Gem. § 77 IRG gilt dies sinngemäß, wenn ein im Ausland Verurteilter während eines anhängigen Verfahrens der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Erkenntnisses gem. §§ 54, 55 IRG (
<span style="text-decoration:underline">Exequaturverfahren</span>
) verstirbt. Eine Vollstreckung gegen Tote findet nach dem maßgeblichen (vgl. § 49 Abs. 3 IRG) deutschen Recht nicht statt. Deshalb ist der Tod des Verurteilten nicht nur im Erkenntnis-, sondern auch im Vollstreckungsverfahren Verfahrenshindernis. Nichts anderes kann für das zwischen Erkenntnis und Vollstreckung angesiedelte, auf eine Vollstreckbarerklärung zielende Exequaturverfahren gelten. Dieses Verfahren „ohne weiteres von selbst“ enden zu lassen, wenn der im Ausland Verurteilte stirbt, begegnet denselben Bedenken wie bei inländischen Straf- bzw. Bußgeldverfahren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
II. Gem. § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 1 StPO fallen die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen der Staatskasse) der Staatskasse zur Last. Jedoch hat der Senat gem. § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Verurteilten der Staatskasse aufzuerlegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
1. Wird ein Exequaturverfahren eingestellt, weil ein Verfahrenshindernis eingetreten, insbesondere der im Ausland Verurteilte gestorben ist, so erlaubt § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, den Auslagenersatz zu versagen, wenn keine Umstände erkennbar sind, die ernsthaft in Frage stellen, dass das ausländische Erkenntnis hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen. Auf „Schuldspruchreife“ oder „erheblichen Tatverdacht“ kommt es nicht an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Bei der Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO
<span style="text-decoration:underline">in Straf- bzw. Bußgeldverfahren</span>
ist allerdings anerkannt, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers und mit Blick auf die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde und in Art. 6 Abs. 2 MRK verankerte Unschuldsvermutung auf Ausnahmefälle beschränkt werden muss (BGHSt 45, 108 [116] mit Nachw.). Daher wird teilweise verlangt, dass zum Zeitpunkt des Eintritts des Verfahrenshindernisses „Schuldspruchreife“ vorliegt, während die neuere Rechtsprechung genügen lässt, dass nach weitgehender Durchführung der Hauptverhandlung ein auf die bisherige Beweisaufnahme gestützter „erheblicher Tatverdacht“ besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei unterstellter Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen würden (BGH NStZ 2000, 330 [331] mit Anm. Hilger; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2002, 246; je mit weit. Nachw.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
b) Im
<span style="text-decoration:underline">Exequaturverfahren</span>
ist § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO jedoch nur sinngemäß anzuwenden. Ein rechtskräftiges ausländisches Erkenntnis liegt bereits vor. Es widerlegt im Ausland die Unschuldsvermutung und wird im Inland insoweit anerkannt, als die Schuldfrage im Exequaturverfahren im Grundsatz nicht nachgeprüft wird (s. nur Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., vor § 48 Rdn. 9; Vogler, in: Grützner/Pötz-Vogler/Wilkitzki, IRG-Kommentar, 2. Aufl., vor § 48 Rdn. 32). Deshalb kommt es bei der sinngemäßen Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO allein darauf an, ob das ausländische Erkenntnis
<span style="text-decoration:underline">nur</span>
wegen des Verfahrenshindernisses nicht für vollstreckbar erklärt wird. Sind keine Umstände erkennbar, die ernsthaft in Frage stellen, dass das ausländische Erkenntnis hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen, so steht die Unschuldsvermutung nicht entgegen, dem im Ausland bereits rechtskräftig Verurteilten im Inland nachteilige Folgen aufzuerlegen, jedenfalls soweit diese Folgen nicht selbst Strafcharakter aufweisen. Bei der bloße Versagung von Auslagenersatz ist dies nicht der Fall (BGH NStZ 2000, 330 [331 unter III. 3. b] [5]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Das Urteil des Rayonsgerichts S. (...) hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
a) Der Vollstreckungshilfeverkehr mit der Republik Polen richtet sich derzeit nach §§ 48 ff. IRG i.V. mit dem im bilateralen Verhältnis seit 01.03.1995 anwendbaren ÜberstÜbk. Die sich hieraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen wären gegeben gewesen. Insbesondere war das vollständig vorgelegte Urteil des Rayonsgerichts S. rechtskräftig und vollstreckbar (§§ 48 Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 1 IRG). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das polnische Abwesenheitsverfahren den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Anforderungen (s. zuletzt BGHSt 47, 120 = JZ 2002, 464 mit Anm. Vogel) nicht genügt hätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG). Die vom Rayonsgericht S. festgestellte Tat wäre nach deutschem Recht (...) strafbar und mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahre bedroht gewesen (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 IRG). Dass in der Bundesrepublik Deutschland Verfolgungsverjährung eingetreten war, weshalb das hier geführte Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, ist unerheblich (vgl. § 49 Abs. 1 Nrn. 4, 5 i.V. mit § 9 Nr. 1 IRG).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
b) Der Umstand, dass der Verurteilte Deutscher war und, da die Republik Polen noch kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, nicht zur Strafvollstreckung hätte ausgeliefert werden können (vgl. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG), hätte der Vollstreckbarerklärung nicht entgegengestanden. §§ 48 ff. IRG und das ÜberstÜbk verbieten die Vollstreckbarerklärung ausländischer Erkenntnisse gegen eigene Staatsangehörige nicht, sondern zielen darauf, dass die Vollstreckung solcher Erkenntnisse im Inland erfolge. Auch § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB zeigt, dass Deutsche zwar gegen Auslieferung an das Ausland, nicht aber gegen Strafverfolgung und -vollstreckung im Inland wegen Auslandstaten geschützt sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
c) Schließlich wäre die Vollstreckbarerklärung auch nicht an der Härte der Rechtsfolge gescheitert (vgl. § 73 IRG). Nach ständiger Rechtsprechung (s. nur Senat NStZ-RR 2002, 180 = Justiz 2002, 250 mit Nachw.) wird Rechtshilfe erst unzulässig, wenn die ausländische Rechtsfolge schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar ist; dass sie als hart oder sogar in hohem Maße hart anzusehen ist, genügt nicht. Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als Strafe für eine fahrlässige Tötung von vier Menschen und fahrlässige Verletzung eines weiteren Menschen kann auch dann nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten, wenn Alkohol nicht im Spiel war und der selbst erheblich verletzte Täter nicht vorbestraft ist. Dass das Rayonsgericht S. die Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt hat, kann gleichfalls nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten. Auch im deutschen Recht können besonders schwere Tatfolgen Anlass zur Prüfung geben, ob die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist (BGHSt 24, 40 [47]). Letztlich kann auch die zudem für verfallen erklärte Sicherheit in Höhe von 100.000,- DM – mag sie auch strafzumessungsrelevant in die Gesamtbelastung einzustellen gewesen sein – nicht dazu führen, dass von einer schlechterdings unerträglichen, in keiner Weise mehr vertretbaren Rechtsfolge gesprochen werden muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Vor diesem Hintergrund erachtet es der Senat als ungerecht, die Staatskasse mit den notwendigen Auslagen des Verurteilten zu belasten (vgl. Hilger, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 467 Rdn. 56). Die Belastung der Erben hält sich im Rahmen des Zumutbaren.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. (...) Das Verfahren ist gem. § 77 IRG i.V. mit § 206 a StPO einzustellen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Stirbt der Angeklagte bzw. Betroffene während eines anhängigen
<span style="text-decoration:underline">Straf- bzw. Bußgeldverfahrens</span>
und tritt somit ein Verfahrenshindernis ein, so endet das Verfahren nicht „ohne weiteres von selbst“ (so aber noch BGHSt 34, 184 mit abl. Anm. Kühl NStZ 1987, 338). Vielmehr muss ein einmal eingeleitetes Verfahren aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und, um gerechte Nebenentscheidungen zu ermöglichen, durch förmlichen Einstellungsbeschluss gem. § 206 a StPO zu einem ordnungsgemäßen Abschluss gebracht werden (BGHSt 45, 108; BGH NStZ-RR 2002, 262 unter Nr. 21; OLG Celle NJW 2002, 3720; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2002, 246; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 206 a Rdn. 8; alle mit weit. Nachw.). Gem. § 77 IRG gilt dies sinngemäß, wenn ein im Ausland Verurteilter während eines anhängigen Verfahrens der Vollstreckbarerklärung des ausländischen Erkenntnisses gem. §§ 54, 55 IRG (
<span style="text-decoration:underline">Exequaturverfahren</span>
) verstirbt. Eine Vollstreckung gegen Tote findet nach dem maßgeblichen (vgl. § 49 Abs. 3 IRG) deutschen Recht nicht statt. Deshalb ist der Tod des Verurteilten nicht nur im Erkenntnis-, sondern auch im Vollstreckungsverfahren Verfahrenshindernis. Nichts anderes kann für das zwischen Erkenntnis und Vollstreckung angesiedelte, auf eine Vollstreckbarerklärung zielende Exequaturverfahren gelten. Dieses Verfahren „ohne weiteres von selbst“ enden zu lassen, wenn der im Ausland Verurteilte stirbt, begegnet denselben Bedenken wie bei inländischen Straf- bzw. Bußgeldverfahren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
II. Gem. § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 1 StPO fallen die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen der Staatskasse) der Staatskasse zur Last. Jedoch hat der Senat gem. § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO davon abgesehen, die notwendigen Auslagen des Verurteilten der Staatskasse aufzuerlegen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
1. Wird ein Exequaturverfahren eingestellt, weil ein Verfahrenshindernis eingetreten, insbesondere der im Ausland Verurteilte gestorben ist, so erlaubt § 77 IRG i.V. mit § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, den Auslagenersatz zu versagen, wenn keine Umstände erkennbar sind, die ernsthaft in Frage stellen, dass das ausländische Erkenntnis hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen. Auf „Schuldspruchreife“ oder „erheblichen Tatverdacht“ kommt es nicht an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Bei der Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO
<span style="text-decoration:underline">in Straf- bzw. Bußgeldverfahren</span>
ist allerdings anerkannt, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers und mit Blick auf die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde und in Art. 6 Abs. 2 MRK verankerte Unschuldsvermutung auf Ausnahmefälle beschränkt werden muss (BGHSt 45, 108 [116] mit Nachw.). Daher wird teilweise verlangt, dass zum Zeitpunkt des Eintritts des Verfahrenshindernisses „Schuldspruchreife“ vorliegt, während die neuere Rechtsprechung genügen lässt, dass nach weitgehender Durchführung der Hauptverhandlung ein auf die bisherige Beweisaufnahme gestützter „erheblicher Tatverdacht“ besteht und keine Umstände erkennbar sind, die bei unterstellter Fortführung der Hauptverhandlung die Verdichtung des Tatverdachts zur prozessordnungsgemäßen Feststellung der Tatschuld in Frage stellen würden (BGH NStZ 2000, 330 [331] mit Anm. Hilger; OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2002, 246; je mit weit. Nachw.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
b) Im
<span style="text-decoration:underline">Exequaturverfahren</span>
ist § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO jedoch nur sinngemäß anzuwenden. Ein rechtskräftiges ausländisches Erkenntnis liegt bereits vor. Es widerlegt im Ausland die Unschuldsvermutung und wird im Inland insoweit anerkannt, als die Schuldfrage im Exequaturverfahren im Grundsatz nicht nachgeprüft wird (s. nur Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., vor § 48 Rdn. 9; Vogler, in: Grützner/Pötz-Vogler/Wilkitzki, IRG-Kommentar, 2. Aufl., vor § 48 Rdn. 32). Deshalb kommt es bei der sinngemäßen Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO allein darauf an, ob das ausländische Erkenntnis
<span style="text-decoration:underline">nur</span>
wegen des Verfahrenshindernisses nicht für vollstreckbar erklärt wird. Sind keine Umstände erkennbar, die ernsthaft in Frage stellen, dass das ausländische Erkenntnis hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen, so steht die Unschuldsvermutung nicht entgegen, dem im Ausland bereits rechtskräftig Verurteilten im Inland nachteilige Folgen aufzuerlegen, jedenfalls soweit diese Folgen nicht selbst Strafcharakter aufweisen. Bei der bloße Versagung von Auslagenersatz ist dies nicht der Fall (BGH NStZ 2000, 330 [331 unter III. 3. b] [5]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Das Urteil des Rayonsgerichts S. (...) hätte für vollstreckbar erklärt werden müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
a) Der Vollstreckungshilfeverkehr mit der Republik Polen richtet sich derzeit nach §§ 48 ff. IRG i.V. mit dem im bilateralen Verhältnis seit 01.03.1995 anwendbaren ÜberstÜbk. Die sich hieraus ergebenden Zulässigkeitsvoraussetzungen wären gegeben gewesen. Insbesondere war das vollständig vorgelegte Urteil des Rayonsgerichts S. rechtskräftig und vollstreckbar (§§ 48 Satz 1, 49 Abs. 1 Nr. 1 IRG). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das polnische Abwesenheitsverfahren den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Anforderungen (s. zuletzt BGHSt 47, 120 = JZ 2002, 464 mit Anm. Vogel) nicht genügt hätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 IRG). Die vom Rayonsgericht S. festgestellte Tat wäre nach deutschem Recht (...) strafbar und mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahre bedroht gewesen (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 IRG). Dass in der Bundesrepublik Deutschland Verfolgungsverjährung eingetreten war, weshalb das hier geführte Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, ist unerheblich (vgl. § 49 Abs. 1 Nrn. 4, 5 i.V. mit § 9 Nr. 1 IRG).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
b) Der Umstand, dass der Verurteilte Deutscher war und, da die Republik Polen noch kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, nicht zur Strafvollstreckung hätte ausgeliefert werden können (vgl. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG), hätte der Vollstreckbarerklärung nicht entgegengestanden. §§ 48 ff. IRG und das ÜberstÜbk verbieten die Vollstreckbarerklärung ausländischer Erkenntnisse gegen eigene Staatsangehörige nicht, sondern zielen darauf, dass die Vollstreckung solcher Erkenntnisse im Inland erfolge. Auch § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB zeigt, dass Deutsche zwar gegen Auslieferung an das Ausland, nicht aber gegen Strafverfolgung und -vollstreckung im Inland wegen Auslandstaten geschützt sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
c) Schließlich wäre die Vollstreckbarerklärung auch nicht an der Härte der Rechtsfolge gescheitert (vgl. § 73 IRG). Nach ständiger Rechtsprechung (s. nur Senat NStZ-RR 2002, 180 = Justiz 2002, 250 mit Nachw.) wird Rechtshilfe erst unzulässig, wenn die ausländische Rechtsfolge schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar ist; dass sie als hart oder sogar in hohem Maße hart anzusehen ist, genügt nicht. Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren als Strafe für eine fahrlässige Tötung von vier Menschen und fahrlässige Verletzung eines weiteren Menschen kann auch dann nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten, wenn Alkohol nicht im Spiel war und der selbst erheblich verletzte Täter nicht vorbestraft ist. Dass das Rayonsgericht S. die Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt hat, kann gleichfalls nicht als schlechterdings unerträglich und in keiner Weise mehr vertretbar gelten. Auch im deutschen Recht können besonders schwere Tatfolgen Anlass zur Prüfung geben, ob die Vollstreckung zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten ist (BGHSt 24, 40 [47]). Letztlich kann auch die zudem für verfallen erklärte Sicherheit in Höhe von 100.000,- DM – mag sie auch strafzumessungsrelevant in die Gesamtbelastung einzustellen gewesen sein – nicht dazu führen, dass von einer schlechterdings unerträglichen, in keiner Weise mehr vertretbaren Rechtsfolge gesprochen werden muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
3. Vor diesem Hintergrund erachtet es der Senat als ungerecht, die Staatskasse mit den notwendigen Auslagen des Verurteilten zu belasten (vgl. Hilger, in: Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 467 Rdn. 56). Die Belastung der Erben hält sich im Rahmen des Zumutbaren.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,289 | olgstut-2003-02-14-4-vas-42003-4-vas | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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"city": null,
"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 VAs 4/2003; 4 VAs 4/03 | 2003-02-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:30 | 2019-02-12T13:09:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag des Verurteilten auf gerichtliche Entscheidung gegen die Gnadenentscheidung des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 23. Januar 2003 wird als unzulässig</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>verworfen.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p/>
<p>Der Geschäftswert wird auf 300,00 Euro festgesetzt.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Verurteilte begehrt mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Aufhebung einer Gnadenentscheidung des Justizministeriums Baden-Württemberg, mit der einerseits ein Gnadenantrag hinsichtlich seiner Verurteilung vom Amtsgericht Rastatt vom 8. Januar 2001 abgelehnt und andererseits die gnadenweise durch Entscheidung vom 25. März 1996 gewährte Aussetzung der Vollstreckung der durch das Amtsgericht Rastatt am 8. November 1995 ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung widerrufen worden sei. Er begründet dies damit, dass vor der verfahrensgegenständlichen Entscheidung vom 23. Januar 2003 keine Anhörung stattgefunden habe, und sieht darin einen Verstoß gegen Art. 103 GG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Antrag erweist sich unter zwei Gesichtspunkten bereits als unzulässig.
</td></tr></table>
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<table style="margin-left:12pt"><tr><td>1.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Rechtsweg nach § 23 EGGVG ist nicht eröffnet, soweit sich der Antrag gegen die Ablehnung der vom Antragsteller begehrten Gnadenentscheidung bezüglich der Verurteilung vom Amtsgericht Rastatt vom 8. Januar 2001 richtet. Grundsätzlich sind ablehnende Gnadenentscheidungen einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen (vgl. BVerfGE 25, 325 und die nachfolgende Rechtsprechung des BVerfG).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>2.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Soweit sich hingegen der Antrag gegen den Widerruf der Gnadenentscheidung des Justizministeriums vom 25. März 1996 richtet, gilt dies nicht (vgl. BVerfGE 30,108). Insofern genügt allerdings der Antrag, insbesondere unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Antragstellers selbst vom 11. Februar 2003, nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 1 EGGVG. Erforderlich ist danach, dass der Antragsteller in seinem Antrag nicht nur geltend macht, durch die angegriffene Entscheidung in seinen Rechten verletzt zu sein, sondern dass er substantiiert einen Sachverhalt schildert, aus dem sich im Wege der Schlüssigkeitsprüfung eine Rechtsverletzung feststellen lässt (KK, StPO, 4. Aufl., § 24 EGGVG Rdnr. 1). Diesem Erfordernis wird der vorliegende Antrag nicht gerecht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Abgesehen davon, dass der Inhalt der einzelnen relevanten Entscheidungen, also insbesondere der zitierten Gnadenentscheidungen, nicht im Detail mitgeteilt wird, bleibt im Dunkeln, wer im Einzelnen welche Entscheidung getroffen hat. So heißt es im Ausgangsschriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 6. Februar 2003, die Gnadenentscheidungen seien vom Justizministerium getroffen worden. Der Antragsteller selbst teilt in seinem nachgeschobenen Schreiben mit, die Staatsanwaltschaft Baden-Baden habe die Bewährung widerrufen, und an anderer Stelle, das Justizministerium berufe sich bei seiner Entscheidung vom 30. Januar 2003 (von der zuvor an keiner Stelle die Rede war) zur Begründung dieses Bewährungswiderrufs auf das Ergebnis einer Anhörung vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe. Zudem findet nach §§ 33 Abs. 2, 31 Abs. 3 Gnadenordnung eine vorherige Anhörung bei Widerruf einer Gnadenentscheidung nur statt, "sofern dies möglich ist und besondere Gründe nicht entgegen stehen". Aus diesem Grunde wäre ein Vortrag darüber erforderlich gewesen, ob eine vorherige Anhörung vor der widerrufenden Gnadenentscheidung möglich gewesen wäre, ob nicht gegebenenfalls besondere Gründe entgegen standen bzw., ob eine Anhörung möglicherweise nachgeholt worden ist. Davon unabhängig reicht es bei Geltendmachung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, der im vorliegenden Fall nur allgemein aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet werden könnte, da Art. 103 GG nur das gerichtliche Verfahren betrifft, grundsätzlich nicht aus, dass der Antragsteller die aus seiner Sicht verletzten Grundrechte benennt, sondern er muss auch dartun, in welchen Punkten sich die behauptete Verletzung für ihn nachteilig ausgewirkt hat und welchen anderen Ausgang das Verfahren bei hinreichender Beachtung seiner Rechte hätte nehmen können (vgl. BVerfGE 28, 17, 19 f). Der Antragsteller fordert zwar ein faires Verfahren und rügt insoweit die Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs, er legt aber schon nicht dar, was er bei Beachtung seiner Rechte noch hätte vortragen wollen (vgl. dazu BVerfGE 82, 236, 257).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Ohne diese Mitteilungen ist dem Senat eine Schlüssigkeitsprüfung, ob die Gnadenbehörden rechtsfehlerfrei entschieden haben, nicht möglich.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>III.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Entscheidung über die Kosten und die Festsetzung des Geschäftswertes beruhen auf den §§ 30 EGGVG, 30 KostO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
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<p>1. Es wird festgestellt, dass der Kreditvertrag Nr. 60936648 v. 7.12.1992 zwischen den Klägern und der Beklagten über einen Nennbetrag von 40.000,- DM unwirksam ist.</p>
<p>2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger verlangen Feststellung der Nichtigkeit bzw. hilfsweise der Unwirksamkeit eines mit der Beklagten am 07.12.1992 geschlossenen Kreditvertrages über DM 40.000,-.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Kläger erteilten in öffentlich beglaubigter Form gem. §§ 129 BGB, 29 GBO (Urkunde der Notarin ES) einer H. & K. Gesellschaft mbH (im Folgenden: Fa. H. & K.) mit Sitz in H. einen Treuhandauftrag mit Vollmacht für den Erwerb eines Anteils an einer "Immobilienfonds Einkaufs- und Gewerbezentrum H. GdbR" (Anlage K 1). Die der Fa. H.& K. erteilte Vollmacht umfasste die uneingeschränkte Vertretung der Kläger bei der Durchführung des Treuhandvertrages und als Gesellschafter des Immobilienfonds sowie zur Verfügung über die Gesellschaftsbeteiligung und die Liegenschaft. Die Vollmacht erstreckte sich auf den Abschluss aller Rechtsgeschäfte im Zuge der Realisierung des Erwerbs des Immobilienanteils durch die Kläger. Darüber hinaus war die Fa. H. & K. zur Vertretung der Kläger gegenüber Gerichten jedweder Art, Behörden und gegenüber jedem Dritten berechtigt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Treuhandauftrages und der Vollmacht wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Bereits am 15.11.1992 unterzeichneten die Kläger - jeweils an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) gerichtet - eine Übermittlung der Daten an die SCHUFA und eine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen durch Lastschriften (wegen der Einzelheiten vgl. Anlagen B 2 und 3).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Ebenfalls bereits am 15.11.1992 traten die Kläger vorsorglich in Erwartung des abzuschließenden Darlehensvertrages ihre Ansprüche aus den bei der B.-Leben AG geschlossene Lebensversicherungen über den Betrag von jeweils DM 12.000,- unter den Nummern 03070415 und 03070423 an die Beklagte ab (Anlagen B 4 und B 5).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Am 07.12.1992 schlossen die Kläger, vertreten durch die Fa. H. & K., mit der Beklagten den Kreditvertrag Nr. 60936648 über DM 40.000,-. Es wurde ein Disagio in Höhe von DM 4.000,- vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kreditvertrages wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am 23.12.1992 traten u.a. die Kläger, vertreten durch die Fa. H. & K., diese vertreten durch ihren Bevollmächtigten Rechtsanwalt K., "aufgrund erteilter Vollmacht" der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen "Einkaufs- und Gewerbezentrum H. GdbR" bei (Anl. B1).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Am 23.12.1992 zahlte die Beklagte die Darlehensvaluta aufgrund einer Anweisung der Treuhänderin an die Fondsgesellschaft aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Kläger sind der Auffassung, der Kreditvertrag mit der Beklagten sei unwirksam, denn die Beklagte habe sich an einer unerlaubten Rechtsbesorgung der Fa. H.& K. beteiligt. Die Fa. H. & K. habe - insoweit unstreitig - nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügt. Die Beteiligung der Beklagten an der unerlaubten Rechtsberatung liege in der Prüfung der Finanzierung der Enderwerber im Vorfeld sowie der Erteilung einer grundsätzlichen Finanzierungszusage. Insoweit sei die zu den sog. Unfallhilfefällen ergangene Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall anwendbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Kreditvertrag sei darüber hinaus unwirksam, denn die der Fa. H. & K. erteilte Treuhandvollmacht sei wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtig. Der Kreditvertrag sei auch nicht unter Rechtsscheinsgesichtspunkten wirksam, denn der Beklagten habe die durch die Kläger der Fa. H. und K. erteilte Vollmacht nicht im Original oder in notariell beurkundeter Ausfertigung vorgelegen. Ebenso wenig habe der Beklagten die Genehmigungserklärung der Fa. H. & K. in notarieller Ausfertigung vorgelegen. Letzteres wäre aber erforderlich gewesen, denn die Wirksamkeit des Treuhandvertrages habe von der Genehmigung des durch die Kläger gemachten Angebotes abgehangen. Im Übrigen ergebe sich der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz auch aus der notariellen Urkunde selbst, weil die Vollmacht u.a. zur Vertretung gegenüber Gerichten ermächtigt habe. Eine solche Vertretungsberechtigung sei aber Rechtsanwälten vorbehalten, der Gesetzesverstoß ergebe sich somit aus der Urkunde. Auch aus diesem Grunde könne sich die Beklagte nicht auf Rechtsscheinsgesichtspunkte berufen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Hinzu komme, dass die erteilte Vollmacht nicht die Bevollmächtigung zum Abschluss von Kreditverträgen umfasst habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Aufrechnung der Beklagten und die in diesem Zusammenhang ausgeführte Frage der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft seien für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits völlig ohne Belang.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Kläger beantragen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Es wird festgestellt, dass der Kreditvertrag Nr. 60936648 vom 07.12.1992 zwischen den Klägern und der Beklagten über einen Nennbetrag von 20.000,00 DM unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Beklagte ist der Auffassung, der Darlehensvertrag sei wirksam. Der Kreditvertrag sei nicht deshalb unwirksam, weil sich die Beklagte an einer unerlaubten Rechtsbesorgung der Fa. H. & K. beteiligt habe. Die Beklagte habe nur das für eine Bank zur Finanzierung eines Darlehens Übliche getan und die Finanzierungsmöglichkeiten überprüft. Eine darüber hinausgehende Rechtsbesorgung sei von der Beklagten nicht erfolgt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Schließlich ist die Beklagte der Auffassung, im vorliegenden Fall seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden, da es sich um einen Beitritt zu einem Immobilienfonds gehandelt habe. Die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft komme nicht nur dann in Betracht, wenn zunächst ein wirksamer Gesellschaftsbeitritt erfolgt sei. Vielmehr führe jede Form der Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses im Hinblick auf die Gesellschaftsgründung oder einen Beitritt zu der Gesellschaft zur Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft. Von diesen Grundsätzen sei in vorliegendem Fall nicht abzuweichen, weil die Mängel des Gesellschaftsvertrages nicht so schwerwiegend seien, dass eine wirksame Gesellschaft nicht fingiert werden könne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Daraus folge, dass die Kläger zunächst eine wirksame Einlageschuld durch ihren Immobilienfondsbeitritt begründet hätten, die mit Hilfe des streitgegenständlichen Darlehens der Beklagten getilgt worden sei. Die Kläger hätten somit Befreiung von ihrer Einlageschuld durch die Auszahlung der Darlehensvaluta erlangt. Diese Befreiung begründe einen bereicherungsrechtlichen Gegenanspruch der Beklagten, mit dem sie gegenüber dem Klageanspruch aufrechnen könne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 11.12.2002 der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen Einkaufs- und Gewerbezentrum H. GdbR, vertreten durch die G. Immobilien-GmbH, diese vertreten durch ihren Geschäftsführer, den Streit verkündet. Die Streitverkündete ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für den Klageantrag Ziffer 1 erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Zwar fehlt dieses regelmäßig, wenn bereits auf Leistung geklagt werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte jedoch bereits in der Güteverhandlung und auch in den weiteren bei der Kammer anhängigen Rechtsstreiten 8 O 394/02 und 8 O 272/02 deutlich gemacht, dass sie die für die Rückforderungsproblematik von ihr aufgeworfene Problematik des sog. faktischen Gesellschaftsverhältnisses höchstrichterlich überprüfen lassen will. Insoweit würde die von vornherein mit einbezogene Rückabwicklung im Falle der Klagstattgebung zu einer prozessunökonomischen Vielzahl von Rechtsmitteln führen, was wegen des Kostenrisikos auch nicht im Interesse der Beklagten sein kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Im Übrigen haben die Kläger ein Interesse daran zu wissen, ob sie den Darlehensvertrag weiter bedienen müssen bzw., ob insoweit die Gefahr der Beanspruchung ihrerseits durch die Beklagte besteht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Klage ist auch begründet. Die Kläger haben Anspruch auf Feststellung, dass der mit der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
1. Der Darlehensvertrag ist allerdings nicht schon deshalb nichtig, weil sich die Beklagte an einer unerlaubten Rechtsbesorgung der Fa. H. & K. beteiligt hätte. Soweit die Kläger der Beklagten vorwerfen, durch die Prüfung der Finanzierung der Enderwerber im Vorfeld sowie durch die Erteilung einer grundsätzlichen Finanzierungszusage habe sich die Beklagte an einer unerlaubten Rechtsbesorgung beteiligt, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass sie lediglich das für eine Bank zur Finanzierung Übliche getan hat. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der vorliegende Fall auch nicht mit den sog. Unfallhilfefällen vergleichbar, in denen solche Darlehensverträge von Banken mit Unfallopfern für nichtig erklärt wurden, bei denen die Darlehen gegen Abtretung aller Ersatzansprüche aus den Unfällen zur Finanzierung unfallbedingter Aufwendungen gewährt wurden und die Banken in organisiertem Zusammenwirken mit anderen Beteiligten (Mietwagenunternehmen, Rechtsanwälte) ein Verfahren betrieben, das auf die vollständige Entlastung der Geschädigten von der gesamten Schadensabwicklung hinaus lief (BGH WM 1978, 1062). Eine derart enge Zusammenarbeit, die die Tätigkeit der Beklagten als Beteiligung an einer unerlaubten Rechtsbesorgung anzusehen rechtfertigen würde, liegt in der reinen Prüfung der Finanzierung des Objektes nicht vor. Insoweit ist der vorliegende Fall eher vergleichbar mit den Fällen einer ständigen Zusammenarbeit zwischen einem Kreditvermittler und der Bank, der gleichfalls nicht grundsätzlich den Vorwurf der Beteiligung der Bank an einer unerlaubten Rechtsbesorgung des Vermittlers rechtfertigt (BGH WM 1998, 923).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
2. Der mit der Fa. H. & K. geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag ist jedoch wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Dieser Verstoß führt auch zur Nichtigkeit der der Fa. H.& K. erteilten Vollmacht. Die Fa. H. & K. konnte mithin die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages mit der Beklagten nicht wirksam vertreten, weshalb der Darlehensvertrag unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
a) Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt wurde. Dies gilt insbesondere für denjenigen, der ausschließlich und hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den Erwerber besorgt. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil in vorliegendem Fall nicht ein Grundstück, sondern der Anteil an einem Immobilienfonds seitens der Kläger erworben werden sollte. Auch in diesem Fall ging es um rechtsbesorgende Tätigkeiten der Fa. H. & K. beim Abschluss der für den Erwerb des Immobilienfondsanteiles erforderlichen Verträge.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Der Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG greift nicht ein. Gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG dürfen kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer ohne Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Voraussetzung ist mithin, dass der Unternehmer in erster Linie ein zu seiner eigentlichen Tätigkeit gehörendes Hauptgeschäft besorgt, welches keine Rechtsbesorgung darstellt und ein notwendiges Hilfsgeschäft, das erlaubnispflichtig ist. Nachdem der Firma H. & K. aber nicht etwa auch ein Steuerberatungsmandat durch die Kläger erteilt worden ist, die vereinbarte Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb des Immobilienfondsanteils vielmehr das eigentliche Hauptgeschäft gewesen ist, greift der Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG nicht ein (vgl. BGH WM 2001, 2260, 2261; vgl. auch BVerfG ZIP 2002, 2048, BGH BB 2002, 1510; BGH NJW 2002, 2599-2602).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Dass es sich bei der Fa. H. & K. um eine Rechtsanwaltsgesellschaft i.S. von § 3 RBerG gehandelt habe, ist ebenfalls nicht dargetan (s. auch das vorgelegte Protokoll v. 10.7.2002 i.S.v. J. ./. S. - Anl. K3 -, ausweislich dessen eine entsprechende Frage ausdrücklich verneint wurde).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der Fa. H. & K. kann die Beklagte auch aus dem Umstand, dass Rechtsanwalt K. für diese Firma gehandelt hat, nichts zu ihren Gunsten herleiten, da nicht ihm sondern der Firma die Vollmacht erteilt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
b) Der Darlehensvertrag ist auch nicht unter Rechtsscheinsgesichtspunkten gemäß §§ 171 bis 173 BGB wirksam geworden, denn unstreitig hat der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages die der Firma H. & K. erteilte Vollmacht weder im Original noch in notariell beurkundeter Ausfertigung vorgelegen (BGH NJW 1988, 697).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Darlehensvertrag auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam. Eine nicht wirksam erteilte Vollmacht kann auch über die in §§ 171 bis 173 BGB geregelten Fälle hinaus nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam sein, wenn es der Vertretene wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter tätig wird und der Vertragspartner dieses Dulden dahingehend versteht und nach Treu und Glauben auch so verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist. Mithin kommen nur solche Umstände in Betracht, die bei oder vor Vertragsschluss gegeben sind (BGH WM 2002, 1273). Entgegen der Auffassung der Beklagten führen im vorliegenden Fall die unstreitigen Handlungen der Kläger vor Abschluss des Darlehensvertrages, die gleichzeitig mit der Beauftragung des Geschäftsbesorgers vorgenommen worden sind wie die Ermächtigung zur SCHUFA-Auskunft, die Einzugsermächtigung und die Abtretung ihrer Lebensversicherungsansprüche bereits begrifflich bzw. vom Inhalt der hierzu jeweils vorgelegten Urkunden her nicht zu der Annahme einer Duldungsvollmacht, denn diese ist nur dann gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. BGH aaO mit weiteren Nachweisen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Ob dieses Ergebnis auch daraus folgt, weil es sich bei der Duldungsvollmacht um einen Unterfall der konkludenten Außenvollmacht handelt, welche dann aber ebenfalls zur Ausführung des nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages erteilt und damit von der Nichtigkeitsfolge des RBerG erfasst wäre, kann dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Eine nachträgliche Genehmigung der Darlehensverträge durch die Kläger liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann eine solche nachträgliche Genehmigung auch nicht darin gesehen werden, dass die Kläger das Darlehen jahrelang - wenn auch zuletzt unter Vorbehalt - bedient haben. Eine nachträgliche, konkludente Genehmigung setzt voraus, dass der Genehmigende zumindest mit der Möglichkeit gerechnet haben muss, dass die Verträge unwirksam sein könnten (BGH WM 2002, 1273 ff., BGH Bl. 2002 419). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Da der Darlehensvertrag mithin unwirksam ist, steht den Klägern gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB ein Anspruch auf Feststellung dieser Unwirksamkeit zu. Einwendungen aus dem sog. Valutaverhältnis hiergegen, wie sie von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des sog. faktischen Gesellschaftsvertrages erhoben werden, stehen ihr nicht zu. Die Beklagte versäumt es insoweit von vornherein hinreichend darzulegen, wie ihre Ausführungen den geltend gemachten Feststellungsanspruch zu Fall bringen sollen. Dass sie insofern nicht aufrechnen kann, bedarf keiner näheren Begründung, ebenso wenig aber im Grunde, dass durch die Grundsätze der faktischen Gesellschaft nach einem wegen Verstoßes gegen das RBerG zunächst ebenfalls unwirksamen Fondsbeitritt der rechtsunwirksame Darlehensvertrag nicht geheilt werden kann (vgl. auch BGH Urteil v. 16.12.2002 (Az. II ZR 109/01): Die Entscheidung macht deutlich, dass die Grundsätze der faktischen Gesellschaft auf das Verhältnis des Anlegers zum Fonds Anwendung finden, mehr aber auch nicht).
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Beschluß
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Streitwert wird gem. §§ 12 GKG i.V.m. 3 ZPO auf 20.451,68 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Da es sich um eine negative Feststellungsklage handelt, ist gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage kein Abzug vorzunehmen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für den Klageantrag Ziffer 1 erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Zwar fehlt dieses regelmäßig, wenn bereits auf Leistung geklagt werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte jedoch bereits in der Güteverhandlung und auch in den weiteren bei der Kammer anhängigen Rechtsstreiten 8 O 394/02 und 8 O 272/02 deutlich gemacht, dass sie die für die Rückforderungsproblematik von ihr aufgeworfene Problematik des sog. faktischen Gesellschaftsverhältnisses höchstrichterlich überprüfen lassen will. Insoweit würde die von vornherein mit einbezogene Rückabwicklung im Falle der Klagstattgebung zu einer prozessunökonomischen Vielzahl von Rechtsmitteln führen, was wegen des Kostenrisikos auch nicht im Interesse der Beklagten sein kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Im Übrigen haben die Kläger ein Interesse daran zu wissen, ob sie den Darlehensvertrag weiter bedienen müssen bzw., ob insoweit die Gefahr der Beanspruchung ihrerseits durch die Beklagte besteht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Klage ist auch begründet. Die Kläger haben Anspruch auf Feststellung, dass der mit der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
1. Der Darlehensvertrag ist allerdings nicht schon deshalb nichtig, weil sich die Beklagte an einer unerlaubten Rechtsbesorgung der Fa. H. & K. beteiligt hätte. Soweit die Kläger der Beklagten vorwerfen, durch die Prüfung der Finanzierung der Enderwerber im Vorfeld sowie durch die Erteilung einer grundsätzlichen Finanzierungszusage habe sich die Beklagte an einer unerlaubten Rechtsbesorgung beteiligt, weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass sie lediglich das für eine Bank zur Finanzierung Übliche getan hat. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der vorliegende Fall auch nicht mit den sog. Unfallhilfefällen vergleichbar, in denen solche Darlehensverträge von Banken mit Unfallopfern für nichtig erklärt wurden, bei denen die Darlehen gegen Abtretung aller Ersatzansprüche aus den Unfällen zur Finanzierung unfallbedingter Aufwendungen gewährt wurden und die Banken in organisiertem Zusammenwirken mit anderen Beteiligten (Mietwagenunternehmen, Rechtsanwälte) ein Verfahren betrieben, das auf die vollständige Entlastung der Geschädigten von der gesamten Schadensabwicklung hinaus lief (BGH WM 1978, 1062). Eine derart enge Zusammenarbeit, die die Tätigkeit der Beklagten als Beteiligung an einer unerlaubten Rechtsbesorgung anzusehen rechtfertigen würde, liegt in der reinen Prüfung der Finanzierung des Objektes nicht vor. Insoweit ist der vorliegende Fall eher vergleichbar mit den Fällen einer ständigen Zusammenarbeit zwischen einem Kreditvermittler und der Bank, der gleichfalls nicht grundsätzlich den Vorwurf der Beteiligung der Bank an einer unerlaubten Rechtsbesorgung des Vermittlers rechtfertigt (BGH WM 1998, 923).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
2. Der mit der Fa. H. & K. geschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag ist jedoch wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Dieser Verstoß führt auch zur Nichtigkeit der der Fa. H.& K. erteilten Vollmacht. Die Fa. H. & K. konnte mithin die Kläger bei Abschluss des Darlehensvertrages mit der Beklagten nicht wirksam vertreten, weshalb der Darlehensvertrag unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
a) Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt wurde. Dies gilt insbesondere für denjenigen, der ausschließlich und hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Bauträgermodells für den Erwerber besorgt. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil in vorliegendem Fall nicht ein Grundstück, sondern der Anteil an einem Immobilienfonds seitens der Kläger erworben werden sollte. Auch in diesem Fall ging es um rechtsbesorgende Tätigkeiten der Fa. H. & K. beim Abschluss der für den Erwerb des Immobilienfondsanteiles erforderlichen Verträge.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Der Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG greift nicht ein. Gemäß Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG dürfen kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer ohne Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Voraussetzung ist mithin, dass der Unternehmer in erster Linie ein zu seiner eigentlichen Tätigkeit gehörendes Hauptgeschäft besorgt, welches keine Rechtsbesorgung darstellt und ein notwendiges Hilfsgeschäft, das erlaubnispflichtig ist. Nachdem der Firma H. & K. aber nicht etwa auch ein Steuerberatungsmandat durch die Kläger erteilt worden ist, die vereinbarte Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb des Immobilienfondsanteils vielmehr das eigentliche Hauptgeschäft gewesen ist, greift der Ausnahmetatbestand des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG nicht ein (vgl. BGH WM 2001, 2260, 2261; vgl. auch BVerfG ZIP 2002, 2048, BGH BB 2002, 1510; BGH NJW 2002, 2599-2602).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Dass es sich bei der Fa. H. & K. um eine Rechtsanwaltsgesellschaft i.S. von § 3 RBerG gehandelt habe, ist ebenfalls nicht dargetan (s. auch das vorgelegte Protokoll v. 10.7.2002 i.S.v. J. ./. S. - Anl. K3 -, ausweislich dessen eine entsprechende Frage ausdrücklich verneint wurde).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Angesichts der eigenen Rechtspersönlichkeit der Fa. H. & K. kann die Beklagte auch aus dem Umstand, dass Rechtsanwalt K. für diese Firma gehandelt hat, nichts zu ihren Gunsten herleiten, da nicht ihm sondern der Firma die Vollmacht erteilt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
b) Der Darlehensvertrag ist auch nicht unter Rechtsscheinsgesichtspunkten gemäß §§ 171 bis 173 BGB wirksam geworden, denn unstreitig hat der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages die der Firma H. & K. erteilte Vollmacht weder im Original noch in notariell beurkundeter Ausfertigung vorgelegen (BGH NJW 1988, 697).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Darlehensvertrag auch nicht nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam. Eine nicht wirksam erteilte Vollmacht kann auch über die in §§ 171 bis 173 BGB geregelten Fälle hinaus nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht wirksam sein, wenn es der Vertretene wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter tätig wird und der Vertragspartner dieses Dulden dahingehend versteht und nach Treu und Glauben auch so verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist. Mithin kommen nur solche Umstände in Betracht, die bei oder vor Vertragsschluss gegeben sind (BGH WM 2002, 1273). Entgegen der Auffassung der Beklagten führen im vorliegenden Fall die unstreitigen Handlungen der Kläger vor Abschluss des Darlehensvertrages, die gleichzeitig mit der Beauftragung des Geschäftsbesorgers vorgenommen worden sind wie die Ermächtigung zur SCHUFA-Auskunft, die Einzugsermächtigung und die Abtretung ihrer Lebensversicherungsansprüche bereits begrifflich bzw. vom Inhalt der hierzu jeweils vorgelegten Urkunden her nicht zu der Annahme einer Duldungsvollmacht, denn diese ist nur dann gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn als Vertreter auftritt und der Vertragspartner dieses Dulden dahin versteht und nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (vgl. BGH aaO mit weiteren Nachweisen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Ob dieses Ergebnis auch daraus folgt, weil es sich bei der Duldungsvollmacht um einen Unterfall der konkludenten Außenvollmacht handelt, welche dann aber ebenfalls zur Ausführung des nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages erteilt und damit von der Nichtigkeitsfolge des RBerG erfasst wäre, kann dahinstehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Eine nachträgliche Genehmigung der Darlehensverträge durch die Kläger liegt ebenfalls nicht vor. Insbesondere kann eine solche nachträgliche Genehmigung auch nicht darin gesehen werden, dass die Kläger das Darlehen jahrelang - wenn auch zuletzt unter Vorbehalt - bedient haben. Eine nachträgliche, konkludente Genehmigung setzt voraus, dass der Genehmigende zumindest mit der Möglichkeit gerechnet haben muss, dass die Verträge unwirksam sein könnten (BGH WM 2002, 1273 ff., BGH Bl. 2002 419). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Da der Darlehensvertrag mithin unwirksam ist, steht den Klägern gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB ein Anspruch auf Feststellung dieser Unwirksamkeit zu. Einwendungen aus dem sog. Valutaverhältnis hiergegen, wie sie von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des sog. faktischen Gesellschaftsvertrages erhoben werden, stehen ihr nicht zu. Die Beklagte versäumt es insoweit von vornherein hinreichend darzulegen, wie ihre Ausführungen den geltend gemachten Feststellungsanspruch zu Fall bringen sollen. Dass sie insofern nicht aufrechnen kann, bedarf keiner näheren Begründung, ebenso wenig aber im Grunde, dass durch die Grundsätze der faktischen Gesellschaft nach einem wegen Verstoßes gegen das RBerG zunächst ebenfalls unwirksamen Fondsbeitritt der rechtsunwirksame Darlehensvertrag nicht geheilt werden kann (vgl. auch BGH Urteil v. 16.12.2002 (Az. II ZR 109/01): Die Entscheidung macht deutlich, dass die Grundsätze der faktischen Gesellschaft auf das Verhältnis des Anlegers zum Fonds Anwendung finden, mehr aber auch nicht).
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Beschluß
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Der Streitwert wird gem. §§ 12 GKG i.V.m. 3 ZPO auf 20.451,68 EUR festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Da es sich um eine negative Feststellungsklage handelt, ist gegenüber einer entsprechenden Leistungsklage kein Abzug vorzunehmen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,280 | olgstut-2003-02-13-1-ws-1503 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ws 15/03 | 2003-02-13T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:21 | 2019-02-12T13:09:51 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Stuttgart wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2003 dahingehend abgeändert, dass die Anklage der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 18. Dezember 2002 auch hinsichtlich der angeklagten Fälle Nr. 3 und Nr. 4 zugelassen und das Hauptverfahren gegen beide Angeklagten vor der 18. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart eröffnet wird.</p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird verworfen.</p>
<p>Die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der beiden Angeklagten werden auf die Staatskasse übernommen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Staatsanwaltschaft legt beiden Angeklagten in ihrer Anklageschrift Betrügereien in besonders schweren Fällen (§§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 53 StGB) zur Last.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die große Strafkammer die Eröffnung des Verfahrens teilweise abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass hinsichtlich der abgelehnten Fälle ein hinreichender Tatverdacht besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Anklageschrift geht im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Angeklagte R. habe als Inhaber seines Autohauses, der Angeklagte S. als dessen Angestellter in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken Kunden, die ihnen Gebrauchtfahrzeuge verkauft hätten, auf betrügerische Art und Weise geschädigt. Nach der Kontaktaufnahme seien die Angeklagten auf die Preisvorstellungen der Kunden eingegangen. Hierbei hätten sie sie darauf hingewiesen, dass die Fahrzeuge vor dem Ankauf durch einen Sachverständigen geschätzt werden müssten, und ein bestimmtes Sachverständigenbüro empfohlen. Darauf hätten sich die Kunden eingelassen. Diese hätten sich an den Preisen der "Schwacke-Liste" orientiert. Der Händlereinkaufspreis nach der "Schwacke-Liste" beinhalte bereits die gesetzliche Mehrwertsteuer und die üblichen Unkosten des gewerblichen Kfz- Händlers. Es handle sich hierbei um den üblichen Ankaufspreis für Gebrauchtfahrzeuge. In sämtlichen Fällen seien die Kunden über die Zusammensetzung des Händlereinkaufspreises nicht informiert gewesen. Die Abwicklung der Ankäufe nach den den privaten Verkäufern vorgelegten und von diesen unterzeichneten Formularverträgen habe dazu geführt, dass diese zumindest um 16 % der von den Sachverständigen ermittelten Ankaufspreise, die die Angeklagten in Abzug gebracht hätten, geschädigt worden seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das den Kunden vorgelegte Kaufvertragsformular habe an den entscheidenden Stellen folgenden Wortlaut:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
"Der Kfz-Ankauf erfolgt zum Händlereinkaufspreis netto nach Sachverständigen-Bewertung abzüglich ... % bei ..." Im Text folgt eine Auswahl von 5 Sachverständigen, aus der jeweils ein bestimmter Sachverständiger auf Empfehlung der Angeklagten ausgewählt worden sei. Dieser habe ein den Kunden übermitteltes Wertgutachten erstellt, nach dem abgerechnet worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Im Formularvertrag folgte sodann die Klausel:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
"Der Händlereinkaufspreis berücksichtigt bereits Gewinn und Unkosten des Händlers, wovon dann der vereinbarte Abschlag vorgenommen wird. Weiter wird der Verkäufer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Händlereinkaufsbewertung ohne gesetzliche Mehrwertsteuer erfolgt. Der private Käufer hat - wie auch im Gesetz ausdrücklich vorgesehen - keinen Anspruch auf Erstattung der gesetzlichen Mehrwertsteuer."
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die gemäß §§ 210 Abs. 2, 311 StPO zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Den Kunden wurde nach deren Angaben keine Erklärung zu der verwendeten Mehrwertsteuerklausel gegeben. Ihnen wurde auch nicht erklärt, dass im Händlereinkaufspreis nach der "Schwacke-Liste" bereits die Mehrwertsteuer und sämtliche Unkosten des Händlers enthalten sind. Danach hatten die Kunden auch nicht gefragt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigten durch positives Tun seitens der Angeklagten getäuscht wurden, bestehen nicht. ...
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Auch die Verwendung eines in der Branche unüblichen, den Ankäufer einseitig begünstigenden und den Verkäufer damit benachteiligenden Preisfestsetzungsverfahrens in den Formularverträgen rechtfertigt - unbeschadet etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche - den Vorwurf des Betrugs durch eine positive Täuschungshandlung noch nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Das Verlangen eines bestimmten Preises oder einer Vergütung enthält grundsätzlich nicht die Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit. Sowohl beim Ankauf als auch beim Verkauf von Wirtschaftsgütern gilt, dass das Fordern eines überhöhten Verkaufs- bzw. zu niedrigen Ankaufspreises noch keine Täuschung beinhaltet. Prinzipiell darf jeder Teilnehmer am Geschäftsverkehr seine bessere Information oder überlegene Sachkenntnis zu seinem Vorteil ausnutzen (vgl. BGH MDR 1989, 1053[H]; Cramer in: Schönke/Schröder StGB, 26. Auflage, § 263 Rdn. 17c). In einer Marktwirtschaft richtet sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und Leistungen unterliegen der Vertragsfreiheit. Etwas anderes gilt nur, wenn der Wert der Ware bzw. der zu erbringenden Leistung tax- oder listenmäßig festgelegt ist, es an einer individuellen Preisvereinbarung fehlt und der Geschäftspartner nach allgemeinen Marktgepflogenheiten darauf vertrauen darf, dass sein Vertragspartner nur den listen-, tax- oder handelsüblichen Preis verlangen wird (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1985, 503; NJW 1966, 990).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Vorliegend ist nicht ersichtlich, durch welche Erklärungen oder schlüssige Verhaltensweisen die beiden Angeklagten zum Ausdruck gebracht haben, dass die von ihnen angebotenen Einkaufspreise üblich seien. Ein bloßes vertrauenerweckendes Auftreten der Angeklagten stellt noch keine den Tatbestand des Betrugs erfüllende Täuschungshandlung dar, auch wenn die von den Kunden genannten Preisvorstellungen nach den abgeschlossenen Verträgen nicht zu erzielen waren (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1985, 503; NJW 1966, 990), zumal in beiden Fällen die Angeklagten den beiden Kunden keine Zusagen machten. In solchen Fällen bleibt es den Kunden wie in den vom Senat eröffneten Fällen unbenommen nachzufragen oder sich bei einer anderen Stelle zu erkundigen. Zudem hängen beim An- bzw. Verkauf von Pkws die Wertvorstellungen der Geschäftspartner auch von subjektiven Affektionsgesichtspunkten und regionalen Preisschwankungen ab. Worin die Staatsanwaltschaft ein gezieltes Ablenken der Kunden von der Differenz zwischen Händlereinkaufspreis und Händlerverkaufspreis sieht, ist dem Senat nicht ersichtlich, zumal davon auszugehen ist, dass jeder, der an einen gewerblichen Händler verkauft, weiß, dass dieser mit der angekauften Ware einen höheren Verkaufspreis erzielen will und damit der Händlereinkaufspreis stets unter dem Händlerverkaufspreis liegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
b. Es bestand für die beiden Angeklagten auch keine strafrechtlich bewehrte Verpflichtung, über das verwendete Preisfestsetzungsverfahren aufzuklären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Gemäß § 13 Abs. 1 StGB ist Begehen durch Unterlassung nur dann strafbar, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Während bei den Begehungsdelikten die objektive Zurechnung auf der Verursachung des tatbestandsmäßigen Erfolgs beruht, reicht dies bei den sogenannten unechten Unterlassungsdelikten nicht aus. Vielmehr muss ein besonderer Rechtsgrund vorliegen, wenn ausnahmsweise jemand dafür verantwortlich gemacht werden soll, dass er es unterlassen hat, zum Schutz fremder Rechtsgüter positiv tätig zu werden. Die Rechtsprechung verlangt stets, dass der Täter als Garant für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat (vgl. Tröndle/Fischer StGB, 51. Auflage, § 13 Rdn. 4 ff; Stree in: Schönke/Schröder StGB, 26. Auflage, § 13 Rdn. 2 ff.). Die Umstände, die die Garantenstellung begründen, sind ungeschriebene Tatbestandsmerkmale der unechten Unterlassungsdelikte (BGH NJW 2000, 3013; BGHSt 16, 158; Tröndle/Fischer StGB, 51. Auflage, § 13 Rdn. 5).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Ob eine solche Garantenstellung besteht, die es rechtfertigt, das Unterlassen der Schadensabwendung dem Herbeiführen des Schadens gleichzustellen, ist nach den generellen Maßstäben zu bestimmen, die sich in der Rechtsprechung herausgebildet haben. Dabei bedarf es einer Abwägung der Interessenlage und des Verantwortungsbereichs der Beteiligten (BGH NJW 2000, 3013).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Vorliegend in Betracht kommen könnte allein die Verletzung von Aufklärungspflichten aus Vertrag bzw. aus Treu und Glauben nach § 242 BGB. In der Begründung derartiger Aufklärungspflichten ist die Rechtsprechung zunächst verhältnismäßig weit gegangen (vgl. BGHSt 6, 198), wobei die Rechtsprechung in Zivilsachen die Aufklärungspflichten noch weiter ausdehnte (vgl. BGH NJW 1987, 185).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Seit dem Jahr 1988 ist aber der Bundesgerichtshof hiervon weitgehend abgerückt (vgl. BGH wistra 1988, 262). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht in allgemeinen Vertragsverhältnissen mit gegenseitigen Leistungspflichten - wie vorliegend - voraus, dass besondere Umstände, etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Verbindungen vorliegen (BGH St 46, 196; 39, 392; BGH NJW 2000, 3013; BGH wistra 1988, 262). Die bloße Anstößigkeit eines Schweigens bei solchen allgemeinen Vertragsverhältnissen mit gewöhnlichen gegenseitigen Leistungsaustauschverhältnissen reicht hierzu noch nicht aus (BGHSt 46, 196; 39, 392; wistra 1988, 262; OLG Stuttgart, Beschluss vom 11. September 2002 - 2 Ws 178/02). Die Rechtsprechung hat solche besonderen Umstände bei engen laufenden Geschäftsbeziehungen, bei denen ein Vertragsteil auf Abruf oder auf weitere Bestellung ständig Waren oder Leistungen auf laufende Rechnung geliefert erhält, angenommen (vgl. BGH wistra 1988, 262). An den von der Rechtsprechung geforderten besonderen Umständen im rechtsgeschäftlichen Bereich (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1987, 853; OLG Köln NJW 1984, 1979; 1980, 2366; OLG Frankfurt NJW 1971, 527) fehlt es vorliegend offensichtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Auch die Höhe eines drohenden Schadens für sich genommen begründet noch keine Garantenstellung mit einer daraus resultierenden Offenbarungspflicht (BGHSt 46, 196; 39, 392; OLG Stuttgart Beschluss vom 11. September 2002 - 2 Ws 178/02 -). Der Schadensfaktor wirkt sich auf die Eigenart der zu beurteilenden Rechtsbeziehungen nicht aus. Das Verschweigen einer zur Selbstschädigung des anderen führenden Tatsache ist vom Grunde her gleich strafwürdig, gleichgültig ob der Schaden groß ist oder nicht (BGHSt 39, 392). Zudem wäre eine Abgrenzung nach der Höhe des Schadens im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des Art. 103 Abs. 2 GG nicht frei von Bedenken (BGH a.a.O.; OLG Köln NJW 1980, 2366).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Bei den in Rede stehenden Fällen entstanden überdies "nur" Schäden von 2593,10 Euro bzw. 2641,38 Euro.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Auch nach der seit langem bestehenden Rechtsprechung des Senats lässt sich eine Täuschung bei der Preisgestaltung nicht mit pflichtwidrigem Unterlassen begründen (vgl. OLG Stuttgart NStZ 1985, 503; NJW 1966, 990). Demnach besteht bei der Begründung einer Garantenstellung nach Treu und Glauben für einen Schutz des unerfahrenen Geschäftspartners kein Anlass, solange dieser Gelegenheit hat, sich eine Überlegungsfrist auszubedingen und sich bei einer sachkundiger Stelle von der Angemessenheit des Preises bzw. der vertraglichen Regelung der Preisbestimmung zu überzeugen. Die mögliche Diskrepanz zur zivilrechtlichen Rechtsprechung ist hinzunehmen, um einer konturlosen Ausweitung des Tatbestandes des Betruges durch unechtes Unterlassen - auch wegen des Bestimmtheitserfordernisses des Art. 103 Abs. 2 GG - zu begegnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Vorliegend hätten sich die Kunden in beiden Fällen zumindest über die Bedeutung der im Formularvertrag vereinbarten Vertragsmodalitäten informieren können. Unabhängig von der zivilrechtlichen Rechtslage scheidet daher in beiden Fällen eine strafrechtliche Haftung aus.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,282 | olgstut-2003-02-13-2-u-1900 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 19/00 | 2003-02-13T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:25 | 2019-02-12T13:09:51 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.12.1999 – 7 KfH O 104/99 –</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>
<em>abgeändert.</em>
</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<p>Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, untersagt, das Produkt "L-Carnitin S" mit einem Gehalt von 1200 mg L-Carnitin pro 12 ml-Stick anzubieten oder zu vertreiben.</p>
</blockquote>
</blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger 3/4, die Beklagte ¼.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</td>
</tr>
</table>
<blockquote>
<p>Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 25.000,– EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
</blockquote>
<blockquote>
<p>Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen ihn durch Sicherheitsleistung i. H. v. 6.000,– EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">5.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Revision wird zugelassen.</td>
</tr>
</table>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">
<em>Streitwert des Berufungsverfahrens:</em>
</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">
<em>35.000,– EUR.</em>
</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beklagte wirbt mittels Werbeblatt "A News" wie aus der Anl. K 4 ersichtlich für zwei Mittel namens "L-Carnitin S" und "
Ultraf
...". Bei dem L-Carnitin S handelt sich um ein Faltröhrchen mit einer Flüssigkeit von 12 ml, in der 1200 mg L-Carnitin enthalten sind. Bei dem Produkt
Ultraf
handelt es sich um einen in einer 500 ml Flasche angebotenen Fertigdrink mit einem Gehalt von 1000 mg L-Carnitin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Kläger, der Verband sozialer Wettbewerb e. V., ist der Auffassung, dass eine Dosierung von mehr als 500 mg den ernährungsphysiologischen Tagesbedarf auch bei Sportlern um ein Vielfaches überschreite und die Gefahr gesundheitlicher Schäden bestehe, weshalb derartige Produkte als Arzneimittel einzuordnen seien. Das ursprünglich mit der Klage verfolgte Ziel, den Vertrieb von L-Carnitin – Produkten mit einer Tagesdosis von mehr als 200 mg zu untersagen, hat der Kläger in dem Berufungsverfahren auf die Dosis von mehr als 500 mg beschränkt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach ihrer Auffassung ist die Zufuhr von Carnitin auch in größeren Mengen, insbesondere nach größeren Muskelanstrengungen als Nahrungsergänzung nützlich. Eine für die Einordnung als Arzneimittel notwendige pharmakologische Wirkung sei nicht gegeben.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Durch Urteil vom 17.12.1999 hat das Landgericht der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
im geschäftlichen Verkehr Mittel, welche als Tagesdosis mehr als 200 mg L-Carnitin beinhalten, anzubieten und/oder zu vertreiben, insbesondere nachfolgend wiedergegebene Produkte anzubieten und/oder zu
</td></tr></table>
<table style="margin-left:6pt"><tr><td>vertreiben:</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="6"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">"L-Carnitin S" mit einem Gehalt von 1200 mg pro Stück;</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="7"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">"Ultraf" mit einem Gehalt von 1000 mg pro 500 ml-Flasche.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Zur
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td> Begründung hat das Landgericht Bezug genommen auf ein im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangenes Urteil des Landgerichts vom 30.06.1999 – 7 KfH O 27/99 und auf das bestätigende Urteil des Senats vom 22.10.1999 – 2 U 144/99. In diesen Entscheidungen wird zur Begründung der Einordnung als Arzneimittel darauf abgestellt, dass L-Carnitin Produkte mit einer Dosis von mehr als 200 mg pro Tag auf Leistungssteigerung durch Muskelaufbau und Fettaufbau ausgerichtet seien und aus der Sicht des Verbrauchers nicht auf einen Ernährungszweck hinweisen würden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen diese Beurteilung. Sie ist der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Produkte weder eine pharmakologische Wirkung noch eine arzneirechtliche Zweckbestimmung hätten. Die von dem Landgericht vorgenommene Abgrenzung zwischen Lebensmittel und Arzneimittel sei mit der zwischenzeitlich erfolgten Definition des Lebensmittels in Art. 2 der Verordnung (EG 178/02) nicht vereinbar. Die Abgrenzung zwischen Nahrungsmitteln und Arzneimitteln könne nur danach vorgenommen werden, ob die Erzeugnisse bzw. deren Wirkstoffe dazu bestimmt sind, Krankheiten zu heilen, zu verhüten oder zu lindern oder das Erzeugnis in seiner konkreten Dosierung eine ernste Gefahr für die Gesundheit darstelle. Dies könne für L-Carnitin nicht angenommen werden, da diese Substanz nach der Richtlinie 2001/15/EG vom 15.2.2001 zu den Stoffen gehöre, die Lebensmitteln ohne mengenmäßige Beschränkung zugeführt werden können.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Demgegenüber verweist der Kläger darauf, dass gem. Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6.11.2001 der Arzneimittelbegriff auch Stoffe und Stoffzusammensetzungen umfasse, die u. a. dazu bestimmt sind, die physiologischen Funktionen zu beeinflussen. Diese Eigenschaft sei jedenfalls bei einer Tagesdosis von mehr als 500 mg gegeben, da diese Menge auf normalem Ernährungswege nicht aufgenommen werden könne und eine Erhöhung der Plasmakonzentration an L-Carnitin und eine Veränderung der Nierenschwelle bewirke.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
<em>das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17.12.1999 – 7 KfH O 104/99 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.</em>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
<em>das Urteil des Landgerichts Stuttgart mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass das Verbot sich auf Mittel bezieht, welche als Tagesdosis mehr als 500 mg L-Carnitin beinhalten.</em>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens der Sachverständigen Dr. Blume vom 15.03.2002 (Bl. 279 ff d. A.) sowie deren Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 09.01.2003 (Bl. 393/397 d. A.).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und führt zur Beschränkung des von dem Landgericht ausgesprochenen Verbots auf das unter der Bezeichnung "L-Carnitin Stick" angebotene Produkt mit einem Gehalt von 1200 mg L-Carnitin in einem Faltröhrchen mit 12 ml Flüssigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der weitergehende, den Vertrieb von Produkten mit einer Tagesdosis von mehr als 500 mg L-Carnitin sowie des Produkts "
Ultraf
" umfassende Klagantrag ist als unbegründet abzuweisen. Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="18"/>
Für das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs nach § 1 UWG i. V. m. §§ 2, 21 AMG ist entscheidend, ob L-Carnitin Produkte mit einer Tagesdosis von mehr als 500 mg, insbesondere die Produkte
"Ultraf"
und "L-Carnitin-S" als zulassungspflichtiges Arzneimittel oder als Nahrungs- bzw. Nahrungsergänzungsmittel einzuordnen sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="19"/>
Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittel u. a. Stoffe und Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu verhüten oder zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG), vom menschlichen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Diese Begriffsbestimmung stimmt überein mit der Definition Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83 EG, wonach zu den Arzneimitteln neben den zur Heilung und zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmten Mittel alle Stoffe gehören, die dazu bestimmt sind, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
Diese weitreichende Begriffsbestimmung wird durch eine Negativabgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dahingehend eingeschränkt, dass Lebensmittel i. S. v. § 1 LMBG keine Arzneimittel sind. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 LMBG definiert ihrerseits Lebensmittel als Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand vom Menschen verzehrt zu werden. Ausgenommen sind solche Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
Nach der Definition in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/02 vom 28.1.2002 sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Eine Einschränkung besteht insofern, als Arzneimittel i. S. der Richtlinie 65/65/EWG und 72/73/EWG des Rates nicht zu den Lebensmitteln gehören.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
Aus diesen Vorschriften folgt zum Einen, dass ein Erzeugnis nicht gleichzeitig Arznei- und Lebensmittel sein kann; die Qualifizierung als Arznei- oder Lebensmittel schließt sich begrifflich gegenseitig aus (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 – L-Carnitin). Zum Anderen bleiben arzneiliche Zweckbestimmungen bei für zum Verzehr bestimmten Stoffe so lange ohne Bedeutung, als sie gegenüber dem Ernährungszweck nicht überwiegen, weshalb im Zweifel von einem Lebensmittel auszugehen ist (BGH NJW 1976, 1154 – Fencheltee; VGH München NJW 1998, 845, 846; KG Urteil vom 24.9.2002. 5 U 76/02.)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
Mangels anderweitiger gesetzlicher Abgrenzungsmerkmale ist für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten aufmerksamen verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (BGH Urt. vom, 11.7.2002, I ZR 34/01; GRUR 2000, 528, 529 – L-Carnitin; GRUR 2001, 450, 451 – Franzbranntwein-Gel). Dabei knüpft die Verkehrsauffassung regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produkts kann durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflusst sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder im Werbeprospekt enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 2000, 528, 529 – L-Carnitin).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
Bedeutung für die Abgrenzung kommt insbesondere den pharmakologischen Eigenschaften eines Mittels zu, da ein verständiger Durchschnittsverbraucher im Allgemeinen nicht annehmen wird, dass ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfohlenen Dosis keine pharmakologischen Wirkungen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Eine pharmakologische Wirkung und damit die Einordnung als Arzneimittels kommt dann in Betracht, wenn durch das Produkt mehr als ernährungsphysiologische Wirkungen erzielt werden und eine gezielte Beeinflussung körpereigener Funktionen, wie etwa die Einflussnahme auf den Stoffwechsel, eine gezielte Überversorgung i. S. eines "Depots" oder die Förderung der Fähigkeiten zum Erreichen von Höchstleistungen stattfindet und damit Gesundheitsgefahren drohen (vgl. BGH Urteil vom 11.7.2002, I ZR 34/01; KG, Urteil vom 24.09.2002, 5 U 76/02).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
Auf das Erfordernis einer Gesundheitsgefahr kann deshalb nicht verzichtet werden, weil auch Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel den Stoffwechsel beeinflussen und von ihnen ernährungsphysiologische Wirkungen ausgehen, wie auch die Definition des Nahrungsergänzungsmittels in der Richtlinie 2002/46 EG vom 10.06.2002 (Art. 2) verdeutlicht.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Dies entspricht auch dem allgemeinen Verständnis, wonach Arzneimitteln eine besondere toxische Wirkung beigemessen wird, aufgrund derer diese im Gegensatz zu Nahrungsmitteln einer vorherigen Genehmigungspflicht unterworfen sind.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich ohne Berücksichtigung des konkreten Produkts und die Art seiner Anpreisung mangels gesicherter Erkenntnisse nicht feststellen, ob und ab welcher Dosierung L-Carnitin eine pharmakologische Wirkung hat und damit als Arzneimittel einzuordnen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Sachverständige Dr. Blume hat in ihrem Gutachten vom 15.03.2002 die tägliche Carnitinaufnahme für Gemischtköstler mit 30 mg bis 100 mg angegeben. Aus dem Gutachten ergibt sich weiter, dass die Aufnahme von nicht benötigtem L-Carnitin im Gegensatz zu der Aufnahme von L-Carnitin durch Nahrungsmittel zu einem deutlich schnelleren Anstieg der Plasmakonzentration führt, die durch vermehrtes Ausscheiden von L-Carnitin wieder abgebaut wird. Die erhöhte Einnahme von L-Carnitin hat – wie die Sachverständige weiter nachvollziehbar ausgeführt hat – zur Folge, dass es zu einer Änderung der Nierenschwelle kommt, um den individuellen Carnitin-Plasmaspiegel aufrechtzuerhalten. Der Carnitin-Überschuss führt dazu, dass Trimethylamin im Darm verbleibt, das dem Stuhl einen üblen Geruch nach Fisch verleiht. Bei Trimethylamin handelt es sich um einen Stoff, der ohne dass es ausreichende toxikologische Untersuchungen gibt, im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Daneben verweist die Sachverständige auf eine Stellungnahme des DGE-Arbeitskreises "Sport und Ernährung", wonach das Risiko bestehe, dass bei Gesunden eine längerfristige Supplementierung eine Unterdrückung der körpereigenen Synthese bewirken könne. Sonstige, insbesondere, den Muskelaufbau fördernde Wirkungen sind nicht – jedenfalls nicht wissenschaftlich – belegt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="30"/>
Aus diesen Ausführungen, die im Wesentlichen mit dem von dem Kläger vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. Steffen vom 26.9.2001 übereinstimmen, ergibt sich zweifelsfrei, dass Mengen von über 500 mg L-Carnitin täglich den Plasmaspiegel und die Nierenschwelle verändern und somit den Stoffwechsel beeinflussen ohne dass hierfür eine ernährungsbedingte Notwendigkeit besteht.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
Das Gutachten der Sachverständigen Dr. Blume sowie die vorgelegten Unterlagen bieten jedoch keine ausreichende Grundlage für die zur Feststellung der pharmakologischen Eigenschaft notwendige Annahme einer ernsthaften Gefahr für die Gesundheit durch die Einnahme von L-Carnitin. Dass es sich bei dem freigesetzten und im Darm verbleibenden Stoff Trimethylamin um eine krebserregende Substanz handelt, ist durch wissenschaftliche Untersuchungen nicht belegt, ebenso wenig wie die Möglichkeit, dass bei einer längerfristigen Einnahme von Carnitin die körpereigene Synthese unterdrückt wird. Es handelt sich vielmehr um wissenschaftlich nicht näher belegte, nicht auszuschließende Risiken, die nicht ausreichend sind um eine Substanz, welche in Nahrungsmitteln enthalten ist, als Arzneimittel zu qualifizieren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
Allein der Umstand, dass eine Dosierung von mehr als 500 mg oder 1000 mg den täglichen Bedarf an L-Carnitin um ein Vielfaches übersteigt, rechtfertigt ohne die Feststellung einer pharmakologischen Wirkung nicht die Einordnung des Produkts als Arzneimittel, sofern nicht durch entsprechende Werbeaussagen oder durch die Aufmachung ein entsprechender Eindruck bei dem Durchschnittsverbraucher entsteht (BGH ZLR 2001, 561, 564, 3-fache Tagesdosis). Für die grundsätzliche Ungefährlichkeit des Stoffes L-Carnitin spricht auch die Einschätzung des Landesuntersuchungsamts für Gesundheitswesen Südbayern (Bl. 302) sowie des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz (Bl. 281) sowie des Amts für Umweltschutz und Lebensmitteluntersuchungen (Bl. 83), wonach Produkte mit einer Tagesdosis von 1000 mg keine Arzneimittel sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
Im Übrigen zeigt die Aufnahme von L-Carnitin in die Liste der Stoffe, die nach der Richtlinie 2001/15/EG (Art. 1 Abs. 1) ohne mengengemäße Begrenzung zur Herstellung von Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, dass von einer generellen Gefährlichkeit ab einer bestimmten Dosis nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
Die Einordnung als Arzneimittel folgt auch nicht daraus, dass in klinischen Studien bei an L-Carnitin-Mangel leidenden Patienten therapeutisch erfolgreiche Dosierungen bereits ab 500 mg nachgewiesen und Medikamente mit einer Dosierung von 1000 mg zugelassen sind. Bei der Erkrankung an primären oder sekundären Carnitin-Mangel handelt es sich – wie die Sachverständige Dr. Blume ausgeführt hat- um eine seltene Krankheit, die ebenso wie die anderen Anwendungsgebiete von L-Carnitin weitgehend unbekannt ist, und der deshalb keine entscheidende Bedeutung für die Einordnung als Arzneimittel bei der Abgabe an Gesunde zukommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Daraus folgt, dass eine allgemeingültige Tagesdosis, die ein L-Carnitin-haltiges Produkt zum zulassungspflichtigen Arzneimittel macht, nicht festgelegt werden kann.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
2. Für das Produkt
"Ultraf"
, das als kalorienarmer Fertigdrink (500 ml) mit einem Gehalt von 1000 mg L-Carnitin angeboten wird, bedeutet dies, dass dieses Getränk für den Verbraucher nach seiner objektiven Zweckbestimmung nicht als Arzneimittel sondern als Nahrungsergänzungsmittel anzusehen ist.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
3. Anders zu beurteilen ist dagegen das eine Menge von 1200 mg L-Carnitin beinhaltende Produkt "L-Carnitin-S". Die den Stoff "L-Carnitin" beinhaltende Produktbezeichnung sowie die Darreichungsform als Folienröhrchen mit einem Gesamtinhalt von 12 ml und einer Dosis von 1200 mg pro Stick führt zur Einordnung als Arzneimittel.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="38"/>
Auch wenn aus der Darreichungsform eines Präparats allein kein ausreichender Hinweis für das Vorliegen eines Arzneimittels abgeleitet werden kann, da es üblich geworden ist, auch Nahrungsergänzungsmittel in Ampullen, Folienröhrchen u. ä. anzubieten, ist festzustellen, dass vergleichbare Darreichungsformen herkömmlich für Arzneimittel verwendet werden. Dies gilt – wie sich aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Blume ergibt – auch für den Stoff L-Carnitin, der als Arzneimittel in Portionsfläschchen zu 10 ml á 1000 mg L-Carnitin zugelassen ist. Die hohe Konzentration von L-Carnitin sowie die Menge von 1200 mg, die über der von allen Behörden für die Einordnung als Lebensmittel angegebenen Höchstmenge liegt und zu einer schlagartigen, mit üblicher Nahrungsaufnahme nicht erreichbaren Erhöhung des Plasmacarnitinspiegels führt, spricht dafür, dass der Verkehr diesem Produkt eine leistungssteigernde, anabole und damit pharmakologische Zweckbestimmung beimisst. Dass dieser Zweck nach wissenschaftlicher Erkenntnis nicht erreicht wird, steht der Einordnung als Arzneimittel nicht entgegen, da nach der Definition des Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG vom 06.11.2001 der Arzneimittelbegriff auch solche Erzeugnisse umfasst, die dazu bestimmt sind, die physiologischen Körperfunktionen zu beeinflussen. Auch wenn in der Werbung für dieses Produkt keine dieser Eigenschaften herausgestellt wird, ist aufgrund des Vorverständnisses der angesprochenen Verkehrskreise davon auszugehen, dass die Einnahme von L-Carnitin in dieser Menge und in dieser hohen Konzentration nicht dem Zwecke der Ernährung oder Nahrungsergänzung sondern dem unnatürlichen, mit Gesundheitsgefahren verbundenen Muskelaufbau dient.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Soweit nach Art. 1 der Richtlinie 2001/15/EG L-Carnitin zu den Stoffen gehört, die Lebensmittel, die für eine bestimmte Ernährung bestimmt sind, zu besonderen Ernährungszwecken zugefügt werden dürfen, ergibt sich für die Beurteilung schon deshalb nichts anderes, da bei dem konkret zu beurteilenden Produkt die Substanz L-Carnitin nicht der einem derartigen Lebensmittel zugefügte Stoff ist, sondern den Hauptbestandteil ausmacht, wie sich bereits aus der Produktbezeichnung ergibt.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="40"/>
Demnach war das landgerichtliche Urteil in bezug auf das Verbot betreffend das im Tenor näher beschriebene Produkt "L-Carnitin" aufrechtzuerhalten, i. ü. abzuweisen.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
Im Hinblick darauf, dass die Abgrenzung zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln unter Berücksichtigung der Bestimmungen des europäischen Rechts vorgenommen wurde, besteht zur Vorlage an den EuGH keine Veranlassung.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="42"/>
Die Auswirkungen des europäischen Rechts auf die für den Produktstatus maßgeblichen Kriterien rechtfertigen jedoch die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="43"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 91, 92, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,283 | lg-karlsruhe-2003-02-13-5-s-14902 | {
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} | 5 S 149/02 | 2003-02-13T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:26 | 2019-01-17T11:52:10 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 - 1 C 139/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Berufungsgericht nimmt zunächst Bezug auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 (§§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Zweifel an der Richtigkeit und / oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen tatsächlichen Feststellungen durch das Gericht erster Instanz bestehen nicht. Neue Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) wurden im Berufungsrechtszug nicht geltend gemacht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Auf der Grundlage der vom Gericht erster Instanz festgestellten Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) ist das angefochtene, die Räumungsklage abweisende Urteil vom 23.05.2002 im Ergebnis zu bestätigen. Das beruht auf folgenden Erwägungen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO):
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Der Berufung der Klägerin ist zunächst zuzustimmen, wenn sie ausführt, dass ihr als Vermieterin ein Recht zur ordentlichen Kündigung des am 06.06.1986 geschlossenen Mietvertrages gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 2 Nr. 1 BGB zusteht. Nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Vermieter ein Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 ZPO anzunehmen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind vorliegend sämtlich erfüllt. Die Beklagte als Mieterin ist mit dem Ausgleich von Nebenkostennachforderungen für die Jahre 1995 bis 1999 in Höhe von EUR 5.252,66 (DM 10.273,31) im Rückstand. Der Nebenkostenrückstand übersteigt die Summe von zehn Monatsmieten. Dies stellt eine erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten dar. Die Beklagte hat das Bestehen des Nebenkostenrückstands der Höhe nach nicht in Abrede gestellt. In Bezug auf fehlendes Verschulden hat sie nichts vorgetragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Der Berufung der Klägerin ist auch darin zuzustimmen, dass eine Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin nicht aufgrund der Vorschrift des § 112 InsO ausgeschlossen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Nach § 112 InsO kann der Vermieter ein Miet- oder Pachtverhältnis, das der Schuldner als Mieter oder Pächter eingegangen war, nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht kündigen wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete oder Pacht, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Wird die nach dem Eröffnungsantrag fällig werdende Miete oder Pacht nicht vertragsgemäß gezahlt, steht § 112 InsO einer Kündigung des Vertragsverhältnisses nach den allgemeinen Regeln nicht entgegen (BGHZ 151, 353 Leitsatz 5).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
b) Eine Nebenkostennachforderung wird, sofern die Parteien nichts anderes ausdrücklich vereinbart haben, erst mit der Erteilung einer nachprüfbaren Abrechnung zur Zahlung fällig (BGHZ 113, 188 (194); BGH WM 1982, 132 f.). Vor Fälligkeit kann Verzug nicht eintreten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
c) Daraus folgt, dass § 112 Nr. 1 InsO im vorliegenden Fall selbst dann nicht einschlägig ist, wenn man Nebenkostennachforderungen unter "Miete oder Pacht" im Sinne dieser Vorschrift subsumiert. Denn von Seiten der Klägerin sind der Beklagten die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1995-1999 erst mit Schreiben vom 01.10.2000 übersandt und danach an den Treuhänder weitergeleitet worden, während der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Seiten der Beklagten bereits vor dem 21.03.2000 gestellt worden war. Die Nebenkostennachforderungen sind daher - und in Ermangelung einer von den Parteien ausdrücklich getroffenen, hiervon abweichenden Fälligkeitsabrede - erst nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden. Verzug "mit der Entrichtung der Miete oder Pacht" kann somit erst nach Stellung des Eröffnungsantrags und nicht "in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag" eingetreten sein. Eine Kündigungssperre nach § 112 InsO besteht demzufolge vorliegend nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Zum selben Ergebnis gelangte man, wenn man in Übereinstimmung mit der von der Beklagten vorgetragenen Rechtsansicht die Vorschrift des § 41 Abs. 1 InsO für einschlägig hielte, nach welcher nicht fällige Forderungen als fällig gelten. In diesem Falle wären die Nebenkostennachforderungen - arg.: § 41 Abs. 2 Satz 2 InsO ("... für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur ...") u. § 35 InsO ("... zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens ...") - mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe am 21.03.2000 fällig geworden, nicht aber in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag. Infolgedessen wäre selbst bei Anwendung des § 41 Abs. 1 InsO Verzug mit der Entrichtung der Miete nicht "in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag" eingetreten, weswegen die Kündigungssperre des § 112 InsO auch dann nicht zur Anwendung gelangte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
d) Die Vorschrift des § 112 InsO enthält Kündigungsbeschränkungen für die Zeit zwischen dem Eröffnungsantrag und der Verfahrenseröffnung (Hess / Weis / Wienberg, Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 112 InsO, Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das Mietverhältnis jedoch nicht in der Zeit zwischen dem Eröffnungsantrag und der Verfahrenseröffnung gekündigt. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten war, wie bereits erwähnt, bereits durch Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21.03.2000 eröffnet worden, während das Kündigungsschreiben vom 12.12.2001 datiert. Eine Kündigungssperre nach § 112 InsO besteht vorliegend somit auch aus diesem Grunde nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
3. Das die Räumungsklage abweisende Urteil des Amtsgerichts Bretten vom 23.05.2002 erweist sich im Ergebnis jedoch gleichwohl als zutreffend. Ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters eröffnet und ein Treuhänder bestellt (§§ 313, 292 InsO), ist eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter nämlich nicht gegenüber dem Mieter / Schuldner, sondern gegenüber dem Treuhänder zu erklären, der die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt (ebenso Eichner WuM 1999, 260 (262)). Auch der Räumungstitel ist gegen den Treuhänder zu erwirken (Eichner, a. a. O.). Das ergibt sich aus der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Insolvenzverwalters betrauten Treuhänders (§§ 80 Abs. 1, 108 f., 148, 304 Abs. 1 Satz 1, 313 InsO), die sich auch auf den Mietvertrag über die Wohnung des Schuldners erstreckt (vgl. OLG Köln ZIP 2001, 1422 (1427); Eckert, in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 108 InsO, Rn. 40). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Kündigung vom 12.12.2001 jedoch nicht gegenüber dem - bereits durch den vorgenannten Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 21.03.2002 bestellten - Treuhänder (§ 313 InsO), sondern gegenüber der Beklagten persönlich erklärt. Außerdem hat die Klägerin ihre Räumungsklage nicht gegen den Treuhänder, sondern gegen die Beklagte gerichtet. Es mangelt folglich an einer wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses. Außerdem fehlt es an der Passivlegitimation der Beklagten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Aus diesen Gründen ist das auf Abweisung der Räumungsklage lautende Urteil der Vorinstanz vom 23.05.2002 zu bestätigen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Norm fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels derjenigen Partei zur Last, die es eingelegt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1, 713 ZPO. Gründe, nach § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
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132,275 | olgstut-2003-02-12-3-u-14202 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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<p>1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 26.07.2002 - 3 O 510/01 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p>Streitwert für das Berufungsverfahren: 262.599,51 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger begehrt die Feststellung des ungekündigten Fortbestandes seines Anstellungsverhältnisses bei der Beklagten sowie seiner Organstellung als stellvertretendes Vorstandsmitglied. Einen weiteren Feststellungsantrag, der die Dienstwagennutzung durch den Kläger betraf, haben die Parteien nach Abschluss eines Teilvergleichs übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Landgerichts ist die zulässige Klage unbegründet, da die ordentliche Kündigung des Klägers durch die Beklagte zum 31.12.2001 wirksam sei. Ihr stehe weder eine unzureichende Einladung zur Aufsichtsratssitzung noch die funktionelle Unzuständigkeit des handelnden Organs der Beklagten entgegen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Gegen dieses den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1.8.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.8.2002 Berufung eingelegt und diese am gleichen Tag begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der Kläger, der - abgesehen vom Klagantrag Ziff. 3 - sein Klagebegehren in vollem Umfang weiterverfolgt, macht mit seiner Berufung im Wesentlichen geltend:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das Landgericht gehe fälschlicherweise davon aus, dass der von ihm festgestellte Einladungsmangel durch den unterlassenen Widerspruch geheilt worden sei. Es übersehe, dass die Voraussetzungen für die Heilung des Einladungsmangels nicht gegeben seien. Da in der die Kündigung beschließenden Aufsichtsratssitzung nicht alle Aufsichtsratsmitglieder anwesend gewesen seien, habe keine Heilung erfolgen können. Zwar werde teilweise von einer Vollversammlung ausgegangen, wenn auf die Teilnahme seitens eines Organmitglieds verzichtet werde. Wegen der Vieldeutigkeit der Nichtteilnahme könne darin aber nur unter ganz bestimmten Umständen ein Rügeverzicht im Hinblick auf Ladungsmängel gesehen werden; solche besonderen Umstände seien aber weder vorgetragen noch festgestellt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Aufsichtsrat sei nicht befugt gewesen, das nach zwingenden genossenschaftsrechtlichen Bestimmungen ausschließlich der General-/Vertreterversammlung übertragene ordentliche Kündigungsrecht auszuüben. Auch der zur Bestellung von Vorstandsmitgliedern berufene Aufsichtsrat einer Genossenschaft sei nicht befugt, ein Anstellungsverhältnis von Vorstandsmitgliedern unter Einhaltung vertraglicher oder gesetzlicher Fristen zu kündigen, wenn damit einer laufenden Vorstandsbestellung die Grundlage entzogen werde, etwa weil die Vorstandsbestellung nicht zeitlich auf den Kündigungszeitpunkt befristet sei oder weil die General-/Vertreterversammlung einen Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied nicht beschlossen habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Urteil des Landgerichts setze sich nicht mit der einhelligen Rechtsprechung und Literaturansicht auseinander, dass eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zwingend nur von der General- bzw. Vertreterversammlung ausgesprochen werden könne, selbst wenn der Aufsichtsrat nach der Satzung für die Be- und Anstellung des Vorstandsmitgliedes zuständig sei. Zwar gehe die wohl herrschende Meinung in der Literatur wie das Gericht erster Instanz davon aus, dass mit der satzungsmäßigen Übertragung der Be- und Anstellung von Vorstandsmitgliedern auf den Aufsichtsrat zugleich die Befugnis übertragen sei, das Dienstverhältnis fristgerecht zu kündigen, dem Aufsichtsrat damit die sog. Annexkompetenz übertragen sei. Demgegenüber sei davon auszugehen, dass etwa Baums und Prof. Dr. Goette, Richter am II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs, die ordentliche Kündigungsmöglichkeit durch den Aufsichtsrat ablehnten. Der Bundesgerichtshof und die oberinstanzliche Rechtsprechung hätten über die vorliegende Rechtsfrage bislang noch nicht zu entscheiden gehabt. Der Auffassung von Baums und Goette sei zu folgen. Schon der Wortlaut und die Systematik des Genossenschaftsgesetzes erweckten erhebliche Bedenken, ob die General-/Vertreterversammlung überhaupt durch Satzungsbestimmung dem Aufsichtsrat die Kündigung von Anstellungsverträgen der Vorstandsmitglieder übertragen könne. § 18 S. 2 GenG lasse vom Gesetz abweichende Satzungsbestimmungen nur dann zu, wenn dies vom Genossenschaftsgesetz ausdrücklich zugelassen sei. § 24 Abs. 2 S. 2 GenG enthalte eine solche ausdrückliche Gestattung. Von einem Widerruf der Bestellung sei im Abs. 2 jedoch nicht die Rede, obwohl der nachfolgende Abs. 3 sich genau hiermit befasse. Damit werde klar, dass das Gesetz streng zwischen der Bestellung und deren Widerruf unterscheide und § 24 Abs. 2 GenG den Widerruf nicht zum Regelungsgegenstand habe. § 40 GenG hingegen regele den Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied. Er gehe wie selbstverständlich davon aus, dass die "Enthebung von den Geschäften" und damit der Widerruf der Bestellung ausschließlich von der Generalversammlung beschlossen werden könne und treffe eine ergänzende Spezialregelung dergestalt, dass der Aufsichtsrat - als eine Ausnahme vom Grundprinzip - ein Vorstandsmitglied vorläufig vom Amt entheben könne. Insofern bestätige § 40 GenG die Allzuständigkeit der General-/Vertreterversammlung, was das Landgericht verkannt habe. Die Behauptung des Landgerichts, nach § 39 GenG gehöre auch die Kündigung von Anstellungsverhältnissen von Vorstandsmitgliedern zu den regulären Vertretungsbefugnissen des Aufsichtsrates, finde im Wortlaut der Bestimmung keine Grundlage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Ergänzend sei zu berücksichtigen, dass zur Zeit des Entstehung des Genossenschaftsgesetzes nach dem Vorbild des damaligen ADHGB die allgemeine Auffassung bestanden habe, durch den Widerruf der Bestellung werde das gesamte zwischen der Gesellschaft und dem Vorstandsmitglied bestehende Vertragsverhältnis beendet. Hieran zeige sich, dass der Gesetzgeber des Jahre 1889 von der Auffassung ausgegangen sei, dass nur die Generalversammlung einen Widerruf der Vorstandsbestellung und die damit verbundene Kündigung des Anstellungsverhältnisses habe aussprechen können. Dieses Zusammenspiel der §§ 18 S. 2, 24 Abs. 2 S. 2, 39 und 40 GenG habe das Landgericht verkannt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die vorliegende Auslegung werde auch durch die vom Gesetz vorgesehene grundlegende Rollenverteilung der Organe der Genossenschaft bestätigt. Mit der Zulassung der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit durch den Aufsichtsrat werde faktisch die Alleinzuständigkeit der General-/Vertreterversammlung für die Amtsenthebung von Vorstandsmitgliedern unterlaufen. Dies könne nicht Sinn und Zweck der Regelungen über die Grundverfassung der Genossenschaft sein. Dass der Gesetzgeber auch bei anderen juristischen Personen die Notwendigkeit sehe, die Eigenverantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder durch Beschränkung der Widerrufsmöglichkeit und der Kündigungsmöglichkeit zu stärken, zeige der Vergleich mit der Aktiengesellschaft. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht auch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4.10.1973 (WM 1973, 1320 ff) fehlinterpretiert. Der Bundesgerichtshof habe zum Ausdruck gebracht, dass der Aufsichtsrat nur dann kündigen dürfe, wenn die Organstellung bereits beendet sei bzw. die Kündigung nicht vor einem Zeitpunkt wirksam werde, in dem die Organstellung beendet sein werde. Die Argumentation des Landgerichts führe diese einschränkenden Aussagen des Bundesgerichtshofs ad absurdum. Auch der Hinweis des Landgerichts auf § 36 Abs. 3 S. 1 GenG vermöge nicht zu überzeugen. Das Landgericht habe auch übersehen, dass ein Zusammenhang mit der vom Kläger zitierten Rechtsprechung zur Unzulässigkeit des Abschlusses einer Aufhebungsvereinbarung durch den Aufsichtsrat bestehe; wenn eine einvernehmliche Aufhebung des Anstellungsvertrages nach dieser Rechtsprechung wegen einer damit verbundenen Beendigung der Organstellung bzw. Vermeidung einer fristlosen Kündigung unwirksam sei, könne dies erst recht nicht der Fall sein, wenn es sich um eine einseitige Maßnahme in Form einer Kündigung handele.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Unwirksamkeit von in die Vorstandsbestellung eingreifenden Kündigungen durch den Aufsichtsrat vermeide auch einen weiteren Wertungswiderspruch: Es könne nicht sein, dass dem Aufsichtsrat nach einhelliger Ansicht die Möglichkeit zur eigenständigen Kündigung versagt bleibe, wenn das Vorstandsmitglied "goldene Löffel stehle", dem Aufsichtsrat aber das Recht offen stehen solle, das Anstellungsverhältnis jederzeit zu kündigen und damit die Organstellung zu beenden, nur weil ihm die "Nase des Vorstandsmitglieds nicht passt". Vor dem geschilderten Hintergrund sei es kaum nachvollziehbar, wenn das Landgericht das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.6.1995 - II ZR 122/94 - als Beleg für den gesetzgeberischen Willen, einen Gleichlauf von Genossenschafts- und Aktienrecht erwirken zu wollen, heranziehen wolle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die bisherigen Ausführungen würden auch durch den Willen der Genossenschaftsgesetzgeber der letzten 150 Jahre historisch belegt. Der historische Gesetzgeber sei ersichtlich nicht davon ausgegangen, dass es eine Möglichkeit gegeben habe, die Organstellung bei gleichzeitigem Fortdauern eines daneben bestehenden Anstellungsverhältnisses enden zu lassen. Klar erkennbares gesetzgeberisches Ziel sei es gewesen, die Beendigung der Organstellung von einem Beschluss der Generalversammlung abhängig zu machen. Diese Vorstellung der alleinigen Abberufungskompetenz der Generalversammlung sei auch sämtlichen weiteren Reformüberlegungen des Genossenschaftsgesetzes zu Grunde gelegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Auch § 18 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten, die insofern der Mustersatzung des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V. entspreche, stehe der ausgeführten Rechtsauffassung nicht entgegen. Da das Genossenschaftsgesetz keine andere Regelung zulasse, könne dem Aufsichtsrat die Kompetenz zur Kündigung des Anstellungsvertrages eines Vorstandsmitglieds nur dann zugesprochen werden, wenn dadurch nicht in die laufende Organbestellung eingegriffen werde. Soweit sich die Bestimmung auch auf die ordentliche Kündigung durch den Aufsichtsrat beziehen solle, wäre sie unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Kläger beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
1. Unter Abänderung des am 26.07.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Ellwangen - AZ 3 O 510/01 - wird festgestellt, dass die am 05.10.2000 ausgesprochene Kündigung des Anstellungsverhältnisses der Parteien durch die Beklagte/Berufungsbeklagte unwirksam ist;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
2. Unter Abänderung des am 26.07.2002 verkündeten Urteils des Landgerichts Ellwangen - AZ 3 O 510/01 - wird festgestellt, dass der Kläger/Berufungskläger auch über den 31.12.2001 hinaus weiterhin hauptamtliches stellvertretendes Vorstandsmitglied der Beklagten/Berufungs-beklagten ist und die Organstellung nicht durch die Kündigung der Beklagten/Berufungs-beklagten vom 05.10.2000 geendet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und bringt hierzu vor:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Berufung ignoriere das Ergebnis der Beweisaufnahme vom 27.6.2002. Nach den Aussagen des Zeugen M stehe fest, dass mit Ausnahme der Aufsichtsratsmitglieder S und L alle Aufsichtsratsmitglieder bereits vor oder spätestens in der vorangehenden Aufsichtsratssitzung vom 12.9.2000 eingehend darüber informiert worden seien, dass es in der beschließenden Sitzung vom 27.9.2000 unter dem Tagesordnungspunkt "Vorstandsangelegenheiten" um die Kündigung des Klägers gehen werde. Das Landgericht komme zu dem überzeugenden Ergebnis, dass eine Überrumpelung der Aufsichtsratsmitglieder schon aufgrund der mehrstündigen Dauer der Sitzung sowie des Abstimmungsergebnisses von 12 : 1 ausgeschlossen erscheine. Richtigerweise sei nach diesem Ablauf jedoch eine formell und materiell satzungsgemäße Einladung zu der Sitzung vom 27.9.2000 anzunehmen, da nach § 25 Abs. 4 der Satzung der Beklagten für die Einberufung einer Aufsichtsratssitzung keine Frist vorgesehen sei. Hinzu komme, dass die nicht anwesenden Aufsichtsratsmitglieder F und R bereits in der vorangegangenen Sitzung vom 12.9.2000 vorab ihre Zustimmung zur Kündigung des Klägers erklärt hätten. Hierin wäre, falls überhaupt ein Ladungsmangel anzunehmen wäre, ein Rügeverzicht zu erblicken. Es bleibe dabei, dass den an der Beschlussfassung vom 27.9.2000 Beteiligten eine sachgerechte Vorbereitung und Teilnahme ermöglicht worden sei und sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Überrumpelung der Aufsichtsratsmitglieder ergäben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Das Landgericht habe in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie der nahezu einhelligen Meinung in der Literatur mit Recht als zulässig erkannt, dass die Satzung einer Genossenschaft dem Aufsichtsrat das Recht zur ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses mit einem Vorstandsmitglied einräume und dass hiermit auch die Beendigung der Organstellung verbunden werden könne. Aufgrund der Annahme der Satzung habe die Vertreterversammlung der Beklagten dem Aufsichtsrat durch die Regelung in § 18 Abs. 4 der Satzung die Zuständigkeit für die ordentliche Kündigung sowie die damit verbundene Aufhebung der Organstellung in zulässiger Weise übertragen. Der Bundesgerichtshof bejahe in ständiger Rechtsprechung die Zulässigkeit der Koppelung der Amtsdauer an die Beendigung des Dienstverhältnisses.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Wegen des weiteren Parteivortrags im Berufungsverfahren wird im Übrigen auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ging noch der Schriftsatz des Klägers vom 23.1.2003 ein. Auf diesen wird ebenfalls Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Kündigungserklärung vom 5.10.2000 (Anl. K 3) ist wirksam, da der sie tragende Beschluss des Aufsichtsrats der Beklagten vom 27.9.2000 entgegen der Auffassung des Klägers nicht nichtig ist. Sowohl das Anstellungsverhältnis als auch die Organstellung des Klägers endeten deshalb zum 31.12.2001.
</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Feststellungsklage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt ein Einberufungsmangel nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
a) In seinem rechtlichen Ausgangspunkt ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Einladungsschreiben des damaligen Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten nicht den Anforderungen von § 25 Abs. 4 S. 2 der Satzung der Beklagten entspricht, wonach die Sitzungen "unter Mitteilung der Tagesordnung" einzuberufen sind. Zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG hat der Bundesgerichtshof für den Bereich des Sparkassenrechts entschieden (BGH DStR 2000, 1152), dass die zu dieser Bestimmung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auch Geltung für die Einberufung zu einer Sitzung des Verwaltungsrates einer Sparkasse beanspruchen können. Das Genossenschaftsgesetz enthält hierzu keine einschlägige gesetzliche Regelung. Die Bestimmungen der §§ 36 ff GenG sind insoweit unergiebig. Im genossenschaftsrechtlichen Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass Beschlussgegenstände für Aufsichtsratssitzungen grundsätzlich vorher angekündigt sein müssen; ein Verweis auf gesetzliche Vorschriften fehlt (vgl. Lang u.a./Metz, Genossenschaftsgesetz, 33. Aufl., § 36 Rn. 61; Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 13. Aufl., § 36 Rn. 9; Müller, Genossenschaftsgesetz, § 36 Rn. 93). Hinsichtlich der Folgen eines Verstoßes gegen den oben genannten Grundsatz wird in Teilen des Schrifttums angenommen, dass ein gleichwohl gefasster Beschluss nur unter besonderen Umständen nichtig sein soll (so Beuthien, a.a.O., § 36 Rn. 9 unter Bezugnahme auf KG HRR 1940 Nr. 799; vgl. auch Lang/Metz, a.a.O. § 36 Rn. 61). Angesichts der Konturlosigkeit des Begriffs "besondere Umstände" und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit in Grenzfällen überzeugt dies nicht. Müller (a.a.O., § 36 Rn. 112) meint demgegenüber, dass die Verletzung von gesetzlichen oder in der Satzung festgestellten Verfahrensregeln zur Unwirksamkeit des Beschlusses führe, soweit es sich nicht um bloße Ordnungsvorschriften handele.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Der Senat hält unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in DStR 2000, 1152, auch im Anwendungsbereich des Genossenschaftsgesetzes die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG entwickelten Grundsätze für anwendbar. Angesichts der Ähnlichkeit der Aufgabenbereiche eines Verwaltungsrats einer Sparkasse und eines Aufsichtsrats einer Genossenschaft (vgl. § 38 GenG) ist die Übertragung dieser Grundsätze auch auf den Bereich des Genossenschaftsgesetzes sachgerecht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die Einladung zu der maßgeblichen Aufsichtsratssitzung mit dem Tagesordnungspunkt "Vorstandsangelegenheiten" nicht den hierfür zu stellenden Anforderungen entsprochen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH DStR 2000, 1152) ist davon auszugehen, dass die Mitteilung "Geschäftsführerangelegenheiten" oder aber - wie hier - "Vorstandsangelegenheiten" nicht hinreichend bestimmt ist, um den Zweck der entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG, den an der Beschlussfassung Beteiligten eine sachgerechte Vorbereitung und Teilnahme an der Aussprache zu ermöglichen und sie vor Überraschung oder Überrumpelung zu schützen, gerecht zu werden. Zu einer ordnungsgemäßen Ankündigung bedarf es vielmehr der Angabe, welche Maßnahmen zur Beratung und Beschlussfassung gestellt werden und gegen welche Person sie sich richten sollen; dagegen müssen die maßgeblichen Gründe hierfür nicht angegeben werden (vgl. Goette in der Anmerkung zum oben genannten Urteil in DStR 2000, 1153). In der obergerichtlichen Rechtsprechung sind demgemäß Ankündigungen wie etwa "Vorstandsangelegenheiten", "Verschiedenes" oder "Sonstiges" als nicht ausreichende Ankündigungen angesehen worden (OLG Stuttgart WM 1985, 600; OLG München GmbHR 1994, 259; OLG Naumburg NZG 1999, 317; vgl. auch Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbH-Gesetz, 17. Aufl., § 51 Rn. 21, 22; Scholz/Schneider, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., § 52 Rn. 277). Der aus § 51 GmbHG abzuleitende gesetzgeberische Schutzgedanke findet sich im Übrigen auch in der für das Vereinsrecht geltenden Vorschrift des § 32 Abs. 1 S. 2 BGB, nach der es für die Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung erforderlich ist, dass der Gegenstand der Beschlussfassung bei der Berufung bezeichnet wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 99, 119, 123) bezweckt diese Bestimmung, die Vereinsmitglieder vor Überraschungen in der Mitgliederversammlung zu schützen und ihnen Gelegenheit zu geben, über die Notwendigkeit einer Teilnahme zu entscheiden und sich auf die zur Beratung anstehenden Themen vorzubereiten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Legt man diesen Schutzzweck zu Grunde, steht für den Senat fest, dass jedenfalls hinsichtlich derjenigen Aufsichtsratsmitglieder, die im Zusammenhang mit der vorangegangenen regulären Aufsichtsratssitzung vom 12.9.2000 vom Gegenstand der folgenden Aufsichtsratssitzung informiert wurden, kein Ankündigungsmangel vorliegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Der Anfechtungsgrund mangelhafter Ankündigung der Tagesordnung entfällt, wenn ein Aufsichtsrat, dem gegenüber die Ankündigung unterblieb, ohnehin Kenntnis von der Tagesordnung hatte. Karsten Schmidt (in Scholz, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., § 51 Rn. 34) führt für den Anwendungsbereich des GmbH-Gesetzes überzeugend aus, dass der Beschlussmangel in einer Beeinträchtigung des Teilnahmerechts bestehe, weshalb er entfalle, wenn der Gesellschafter, dem gegenüber die Ankündigung unterblieben sei, ohnehin Kenntnis von der Tagesordnung hatte. Das Oberlandesgericht Karlsruhe (GmbHR 1989, 206 f.) hat die Frage offen gelassen. Nach Auffassung des Senats überzeugt dieser rechtliche Ansatz, da er zutreffend auf den Schutzzweck der Bekanntgabe der Tagesordnung abstellt. In Fällen, in denen das teilnehmende Aufsichtsratsmitglied auf andere Weise Kenntnis von den Gegenständen der beabsichtigten Beschlussfassung erlangt hat, ist ihm eine sachgerechte Vorbereitung und Teilnahme an der Aussprache möglich und es ist auch vor Überraschungen oder Überrumpelungen geschützt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass mit Ausnahme der Aufsichtsratsmitglieder S und L sämtliche Aufsichtsratsmitglieder in der Aufsichtsratssitzung am 12.9.2000 davon erfahren haben, dass am 27.9.2000 die Abberufung des Klägers als Vorstandsmitglied Gegenstand der Verhandlungen sein sollte. Der Zeuge M, dem das Landgericht geglaubt hat, hat u.a. angegeben, dass er in der Sitzung am 12.9. die anwesenden Aufsichtsräte von der Absicht informiert habe, den Kläger als Vorstandsmitglied zu entlassen. Es sei am 12.9. ausdrücklich erwähnt worden, dass es bei der Sitzung am 27.9. um die Frage der Entlassung des Vorstandsmitglieds K gehen werde. Die vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen sind nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Berufungsverfahren zu Grunde zu legen. Es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für fehler- oder lückenhafte Feststellungen des Landgerichts. Auch die Berufungsbegründung enthält keine Angriffe auf die Beweiswürdigung der Kammer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Im Streitfall ist von besonderem Gewicht, dass die Kenntnis über den Gegenstand der Tagesordnung nicht etwa zufällig erlangt wurde, sondern vielmehr in einer regulären Aufsichtsratssitzung, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der maßgeblichen Sitzung vom 27.9.2000 stand. Bei einer auf solcher Weise erfolgten Information ist nach Auffassung des Senats hinreichend gewährleistet, dass die Aufsichtsratsmitglieder vor Überraschungen geschützt werden und sie sich auf die anstehende Sitzung sachgerecht vorbereiten können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
c) Hinsichtlich der beiden Aufsichtsratsmitglieder L und S, die in der Aufsichtsratssitzung vom 12.9.2000 nicht anwesend waren und die auch nicht telefonisch vorab informiert wurden, ist maßgeblich - wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat -, dass diese Aufsichtsratsmitglieder am 27.9.2000 bei der Aufsichtsratssitzung anwesend waren und der Beschlussfassung nicht widersprochen haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass etwaige Einberufungsmängel geheilt werden können (BGH DStR 2000, 1152 f.; BGHZ 87, 1, 4).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Für den Anwendungsbereich des GmbH-Gesetzes ist allgemeine Meinung, dass Ladungsmängel durch die Anwesenheit aller Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung gemäß § 51 Abs. 3 GmbHG geheilt werden können (vgl. OLG Naumburg GmbHR 1998, 90, 92; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 51 Rn. 38, 43; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 51 Rn. 25; Rowedder/Schmidt/Leithoff/Koppensteiner, GmbH-Gesetz, 4. Aufl., § 51 Rn. 12, 13). Wegen der Abwesenheit von zwei Aufsichtsratsmitgliedern in der Sitzung am 27.9.2000 handelte es sich aber um keine Vollversammlung in diesem Sinne, auch wenn gelegentlich behauptet wird, dass eine Vollversammlung auch dann vorliege, wenn ein Gesellschafter auf seine Teilnahme verzichtet habe (zu Recht ablehnend Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 51 Rn. 26). Darüber hinaus ist aber auch anerkannt, dass ein Einberufungsmangel dadurch geheilt werden kann, dass nicht ordnungsgemäß geladene Teilnehmer zumindest konkludent darauf verzichtet haben, die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung zu rügen. Die Teilnahme an der Abstimmung zu allen Tagesordnungspunkten kann darauf hindeuten, dass kein Widerspruch gegen die Durchführung der Versammlung erhoben werden soll. Ob das vorbehaltlos geschehen ist, muss unter Würdigung des tatsächlichen Verhaltens festgestellt werden (vgl. BGH BB 1998, 445 f. zu § 51 GmbHG). Auch im Schrifttum zum GmbH-Gesetz wird vertreten, dass Rügeverzicht und Rügeverlust einen Einberufungsmangel heilen können (vgl. Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 51 Rn. 38; Baumbach/Hueck/Zöllner, a.a.O., § 51 Rn. 24 a).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Im Streitfall waren die nicht vorab informierten Aufsichtsratsmitglieder L. und S. in der Sitzung am 27.9.2000 anwesend (vgl. das Protokoll Anl. B 3, B 5, nach Bl. 39 d.A.). Ausweislich des Protokolls haben sich alle 13 anwesenden Aufsichtsratsmitglieder auch an der Abstimmung über die Kündigung des Klägers beteiligt, nachdem 12 Ja- und eine Nein-Stimme abgegeben worden sind. Zwar wird das bloße Erscheinen in der Aufsichtsratssitzung nicht ohne weiteres als Rügeverzicht gewertet werden können (vgl. dazu Scholz/K. Schmidt, a.a.O., § 51 Rn. 38 unter Hinweis auf OLG Naumburg GmbHR 1998, 90, 92). Nimmt aber ein Aufsichtsratsmitglied, das nicht ordnungsgemäß geladen ist, ohne Rügen zu erheben an der Abstimmung zu einem bestimmten Tagesordnungspunkt teil, ist dies in der Regel als Rügeverzicht zu werten mit der Folge, dass der Ladungsmangel bezogen auf den Tagesordnungspunkt, an dem das Aufsichtsratsmitglied an der Abstimmung teilgenommen hat, geheilt worden ist (vgl. auch OLG Naumburg, a.a.O.). Im Streitfall ist in diesem Zusammenhang auch von Gewicht, dass ausweislich des Protokolls (Anl. B 5, nach Bl. 39 d.A.) die Sitzung von 17.30 Uhr bis 22.10 Uhr gedauert hat, sodass auch vom zeitlichen Ablauf her nichts dafür spricht, dass die nicht vorab informierten Aufsichtsratsmitglieder überrascht bzw. überrumpelt wurden. Für den Senat steht deshalb fest, dass die Aufsichtsratsmitglieder L und S zumindest konkludent darauf verzichtet haben, die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung zu rügen. Demgegenüber haben die Verwaltungsratsmitglieder in dem Fall BGH DStR 2000, 1152, ausweislich der Gründe deutlich gemacht, dass sie mit dem Vorgehen der Mehrheit nicht einverstanden waren.
</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Im Streitfall bestehen keine Bedenken gegen die funktionelle Zuständigkeit des Aufsichtsrates.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
a) Entgegen der Auffassung der Berufung liegt kein Rechtsfehler darin, dass das Landgericht sich mit der Rechtsprechung zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nicht weiter auseinandergesetzt hat. In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht weitgehend Einigkeit, dass die Entscheidung über die fristlose Kündigung eines Dienstverhältnisses des Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft ausschließlich der Generalversammlung bzw. der Vertreterversammlung zusteht (vgl. nur BGH WM 1984, 1120; WM 1984, 532; OLG Stuttgart, Urteil vom 9.1.2002, Az.: 4 U 167/01, Umdruckseite 9; Lang/Schaffland, a.a.O., § 24 Rn. 75; Müller, a.a.O., § 24 Rn. 68; kritisch hierzu etwa Beuthien, a.a.O., § 24 Rn. 21). Wie sich aus den Ausführungen im zweiten Absatz auf S. 15 des landgerichtlichen Urteils ergibt, hat das Landgericht durchaus gesehen, dass sich die Kompetenzen des Aufsichtsrates bei ordentlicher und außerordentlicher Kündigung unterscheiden können. Da es im Streitfall jedoch nur um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung geht, brauchte sich das Landgericht nicht mit den Fragen zu befassen, die sich bei der Beurteilung einer außerordentlichen Kündigung stellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
b) Der Aufsichtsrat der Beklagten durfte das Anstellungsverhältnis des Klägers fristgerecht kündigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Nachdem der Bundesgerichtshof in der in WM 1973, 782 veröffentlichten Entscheidung noch ausdrücklich offen gelassen hat, ob die Satzung dem Aufsichtsrat die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die ordentliche Kündigung eines Vorstandsmitglieds zuweisen kann, hat er sich in der in WM 1973, 1320 ff veröffentlichten Entscheidung ausdrücklich mit dieser Frage befasst. In dem dort entschiedenen Fall war durch eine Bestimmung der Satzung die Bestellung der Vorstandsmitglieder dem Aufsichtsrat übertragen worden. Weiter durfte der Aufsichtsrat nach der Satzung die Anstellungsverträge namens der Genossenschaft abschließen, jedoch höchstens auf die Dauer der Bestellung. Dem entspricht es, dass im Streitfall nach § 18 Abs. 2 der Satzung die Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat bestellt und angestellt werden. In § 18 Abs. 4 der Satzung ist weiter geregelt, dass für die Kündigung des Dienstverhältnisses eines Vorstandsmitglieds unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Frist sowie für den Abschluss von Aufhebungsvereinbarungen der Aufsichtsrat zuständig ist. Für die außerordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund (fristlose Kündigung) ist dagegen nach § 18 Abs. 4 S. 2 der Satzung die Vertreterversammlung zuständig. Weiter heißt es in § 18 Abs. 4 S. 3 der Satzung: "Die Beendigung des Dienstverhältnisses hat die Aufhebung der Organstellung zur Folge".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 89, 48, 55) fallen der Abschluss und die ordentliche Kündigung von Dienstverträgen mit Vorstandsmitgliedern unter die allgemeine Ermächtigung des Aufsichtsrats nach § 39 Abs. 1 GenG, Verträge mit Vorstandsmitgliedern abzuschließen. Die Bestellung des Vorstandsmitglieds erfolgt zwar nach § 24 Abs. 2 S. 1 GenG grundsätzlich durch die Generalversammlung bzw. die Vertreterversammlung. Wie sich aus § 24 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 18 S. 2 GenG ergibt, kann durch die Satzung jedoch eine andere Art der Bestellung festgesetzt werden. Der Bundesgerichtshof hat eine solche Übertragung der Bestellung der Vorstandsmitglieder durch den Aufsichtsrat im Wege der Satzung für zulässig erklärt (BGH WM 1973, 1320, 1322). Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte in ihrer Satzung (§ 18 Abs. 2) zulässigerweise Gebrauch gemacht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Nach Auffassung des Senats ist entscheidend der enge sachliche Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung des Vorstandsmitglieds. Organbestellung und -anstellung begründen zwar verschiedene Rechtsverhältnisse, die ein unterschiedliches Schicksal haben können. Tatsächlich und auch rechtlich können sie aber erhebliche Auswirkungen aufeinander haben (BGHZ 89, 48, 52 unter Hinweis auf BGHZ 79, 38, 41). Insbesondere die Anstellung wird in der Regel eine erhebliche Bedeutung für den Bestand des Organverhältnisses haben. Wer als Organmitglied vorgesehen ist, wird in aller Regel dieses Amt nicht ohne Einigung über die Anstellungsbedingungen übernehmen und andererseits die damit verbundene Arbeitslast und Verantwortung nicht weiter tragen wollen, wenn die vertragliche Grundlage endgültig fortfällt. Die Anstellung bildet daher meist eine wesentliche Grundlage für das Zustandekommen und die Fortdauer der Bestellung (BGHZ 89, 48, 52 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Vor diesem Hintergrund kann durch die Satzung einer Genossenschaft dem Aufsichtsrat das Recht eingeräumt werden, den Dienstvertrag von Vorstandsmitgliedern unter Einhaltung der vereinbarten Fristen zu kündigen und dadurch mit Ablauf der Frist auch das Vorstandsamt zu beenden. Für das Recht der GmbH ist anerkannt, dass es zulässig ist, die Dauer des Anstellungsverhältnisses eines Geschäftsführers an die Dauer seiner Organstellung zu knüpfen (BGH WM 1995, 1665 f unter Hinweis auf BGHZ 89, 48, 52 f). Die Trennung, die das Gesetz zwischen dem Organverhältnis und dem Dienstvertrag vollzieht, gebietet nicht unabdingbar, dass jegliche Verknüpfung zwischen beiden Rechtsvorgängen durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung zu unterbleiben hat (BGH WM 1989, 1246 ff). Es bestehen deshalb auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, eine solche Verknüpfung durch entsprechende Regelungen in der Satzung der Genossenschaft herzustellen. So wie die Beendigung des Dienstverhältnisses an den Widerruf der Organstellung gekoppelt werden kann, kann umgekehrt das Schicksal der Organstellung von der Beendigung des Anstellungsverhältnisses abhängig gemacht werden (BGH WM 1996, 2234 ff). Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte in ihrer Satzung Gebrauch gemacht. Gemäß § 18 Abs. 4 S. 3 der Satzung der Beklagten hat die Beendigung des Dienstverhältnisses die Aufhebung der Organstellung zur Folge. Danach führt die auf dem Aufsichtsratsbeschluss beruhende fristgemäße Kündigung des Vorstandsmitglieds automatisch dazu, dass auch seine Organstellung zum gleichen Zeitpunkt endet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Zwar obliegt nach Ansicht der Rechtsprechung und auch der herrschenden Meinung in der Literatur der Widerruf der Bestellung eines Vorstandsmitglieds ausschließlich der Generalversammlung (vgl. nur Lang/Metz, a.a.O., § 40 Rn. 1 m.w.N.; Beuthien, a.a.O., § 24 Rn. 19, der abweichend hiervon der Auffassung ist, dass für den Widerruf dasjenige Genossenschaftsorgan zuständig sein soll, welche das Vorstandsmitglied bestellt hat). Demgemäß ist auch nach der Satzung der Beklagten die Vertreterversammlung für den Widerruf der Bestellung von Mitgliedern des Vorstandes zuständig (§ 30 lit. f). Eines solchen Widerrufs der Bestellung, wie er in § 30 lit. f der Satzung der Beklagten vorgesehen ist, bedarf es jedoch nicht, wenn - wie hier - eine satzungsgemäß auf einem Aufsichtsratsbeschluss beruhende fristgemäße Kündigung des Vorstandsmitglieds automatisch dazu führt, dass auch seine Organstellung zum gleichen Zeitpunkt endet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem auch nicht die Bestimmung des § 40 GenG entgegen. Diese Vorschrift betrifft nur den Sonderfall, dass Vorstandsmitglieder von Seiten des Aufsichtsrats vorläufig ihres Amtes enthoben werden und wahrt für diesen Eilfall die endgültige Zuständigkeit der Generalversammlung. Ist dagegen durch die Satzung der Aufsichtsrat für die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig und ist weiter durch die Satzung bestimmt, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses auch die Aufhebung der Organstellung zur Folge hat, so hat sich die Generalversammlung jeweils dieser Kompetenz begeben und ist daher so lange nicht schutzwürdig, bis sie sich diese Zuständigkeit durch Satzungsänderung (§ 16 Abs. 4 GenG) wieder zurückholt (vgl. Beuthien, a.a.O., § 24 Rn. 19). Der Bestimmung des § 40 GenG kommt daher nicht die vom Kläger geltend gemachte Bedeutung zu. Für diese Sichtweise spricht im Übrigen auch die Entstehungsgeschichte der §§ 40 und 24 GenG. Nach Beuthien, a.a.O., § 40 Rn. 5 war § 40 GenG (als damaliger § 28) bereits im preußischen Genossenschaftsgesetz von 1868 enthalten. Die Möglichkeit, den Vorstand durch ein anderes Organ als die Generalversammlung, insbesondere durch den Aufsichtsrat bestellen zu lassen, wurde dagegen erstmals im insoweit heute noch geltenden § 24 des Genossenschaftsgesetzes vom 1.5.1889 verankert. Zutreffend weist Beuthien, a.a.O., darauf hin, dass damit vermeintliche Widersprüche zwischen § 24 Abs. 2 S. 2 GenG und § 40 GenG erklärlich werden und dass dementsprechend § 40 GenG im Lichte der (neueren) Regelung des § 24 GenG auszulegen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Der von der Satzung geregelte Gleichlauf von Anstellungsverhältnis und Organstellung hat auch Eingang in den Dienstvertrag, der zwischen den Parteien abgeschlossen wurde, gefunden. Nach § 11 Abs. 1 S. 3 des Anstellungsvertrages (Anl. A 260) hat die Beendigung des Dienstvertrages das gleichzeitige Erlöschen der Organstellung zur Folge (vgl. Lang/Schaffland, a.a.O., § 24 Rn. 71; Hettrich/Gräser, Genossenschaftsgesetz, 2. Aufl., § 24 Rn. 20). Auch für das Recht der GmbH ist anerkannt, dass die Organstellung eines Geschäftsführers, wenn diese auf einem Dienstvertrag beruht, in der Regel zugleich mit diesem endet, weil ein Organmitglied im Allgemeinen nicht ohne Vertragsgrundlage weiterarbeiten wird (BGH DB 1981, 2375; BGHZ 79, 38, 41 f). Ob etwas anderes in Fällen gilt, in denen der Dienstvertrag nicht die alleinige Grundlage der Organstellung ist (vgl. BGH DB 1981, 2375), kann hier offen bleiben. Eine ihm günstigere rechtliche Beurteilung kann der Kläger auch nicht aus der Anmerkung von Goette in DStR 1993, 1189, 1190, herleiten, da diesen Ausführungen ein Fall zu Grunde liegt, in dem nach § 24 Abs. 2 S. 1 GenG die Generalversammlung darüber zu entscheiden hatte, wer zum Vorstand der Genossenschaft bestellt wird und einen Anstellungsvertrag mit ihr erhält.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Soweit die Berufungsbegründung den Willen des historischen Gesetzgebers anführt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bedeutung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung einer Gesetzesvorschrift nicht allzu hoch veranschlagt werden kann. Maßgebend für die Auslegung einer gesetzlichen Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Dem Zweck, den objektivierten Willen des Gesetzgebers zu erfassen, dienen die nebeneinander zulässigen, sich gegenseitig ergänzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, aus ihrem Sinnzusammenhang sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (BGHZ 46, 74, 76; BGHZ 49, 221 ff). Nach Auffassung des Senats zeigt die Berufungsbegründung nicht auf, dass der insoweit maßgebliche objektivierte Wille des Gesetzgebers dahin gegangen ist, eine Koppelung der Organstellung an die Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch eine fristgemäße Kündigung im Wege der Satzung für unzulässig zu halten. Die von der Berufungsbegründung wiedergegebenen Stimmen zu Gesetzentwürfen, die letztlich nicht verwirklicht wurden, sind nicht geeignet, als Beleg für den objektivierten Willen des Gesetzgebers zu dienen, da die insoweit angeführten Vorschläge wie z.B. der § 61 des Referentenentwurfs 1962 (Bl. 128 d.A.) nicht in Kraft getreten sind. Im Übrigen ergibt sich z.B. auch aus der von der Berufung angeführten Darstellung von Caspers (Die Verfassung der Genossenschaft, Zur Reform des Genossenschaftsrechts, ..., 1958, 83, 108; Bl. 191 d.A.), dass nach dessen Ansicht in allen Fällen, in denen der Vorstand nach der Satzung vom Aufsichtsrat bestellt oder angestellt wird, eine unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Frist vom Aufsichtsrat vorgenommene Kündigung sowohl das Dienstverhältnis als auch die Organstellung beendet. Angesichts der von Caspers gewählten Formulierungen ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu erkennen, dass er in diesem Punkt etwa eine Gesetzesänderung vorgeschlagen hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
b) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
c) Der Senat lässt die Revision zu. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO), da sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (vgl. BGH MDR 2003, 104, 106). Im Streitfall kommt es auf die Beantwortung der Rechtsfrage an, ob die Satzung dem Aufsichtsrat einer Genossenschaft das Recht einräumen kann, den Dienstvertrag von Vorstandsmitgliedern unter Einhaltung der vereinbarten Fristen zu kündigen und dadurch mit Ablauf der Frist auch das Vorstandsamt zu beenden. Nach Auffassung des Senats ist diese Frage trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in WM 1973, 1320 ff klärungsbedürftig, da in dem dort entschiedenen Fall der Anstellungsvertrag eine 5-jährige Vertragsdauer mit jeweiliger Verlängerung um denselben Zeitraum bei 6-monatiger Kündigungsfrist vorsah. Demgegenüber wurde im Streitfall das Anstellungsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Entscheidung der Rechtsfrage kommt auch Bedeutung für eine Vielzahl von Fällen zu, da die maßgeblichen Satzungsbestimmungen im gesamten Bereich des genossenschaftlich organisierten Bankwesens Verwendung finden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
d) Die Festsetzung des Streitwerts der Berufung beruht auf § 3 ZPO i.V.m. § 17 Abs. 3 GKG. Die vom Kläger begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Anstellungsvertrages führt zu einer Minderung (§ 3 ZPO) des bei einer Leistungsklage nach § 17 Abs. 3 GKG zu bemessenden Streitwertes (642.000,00 DM als dreifacher Jahresbetrag des Jahresgehalts von 214.000,00 DM, vgl. Bl. 19 d.A.). Auch wenn § 17 Abs. 3 GKG seinem Wortlaut nach nicht unmittelbar einschlägig ist, weil der Kläger nicht seine Vergütung beansprucht, sondern im Wege der Feststellung der Weiterbestand des Dienstverhältnisses geltend gemacht wird, so kann doch die Vorschrift als Ausgangspunkt für die Schätzung des Interesses des Klägers dienen und herangezogen werden (so OLG Bamberg JurBüro 1988, 227, 228 unter Verweis auf BGH JurBüro 1986, 713). Soweit das Oberlandesgericht Köln (JurBüro 1995, 255) und das Landgericht Bayreuth (JurBüro 1990, 772) die Auffassung vertreten, dass bei einem Dienstvertrag auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsrecht eines Vertragspartners vom Zeitraum bis zum nächstmöglichen Vertragsende auszugehen ist, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Nach der Bestimmung des § 17 Abs. 3 GKG ist grundsätzlich der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgeblich, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Der Senat ist mit dem OLG Bamberg (JurBüro 1988, 227, 228) der Auffassung, dass der Wert des Interesses an der Feststellung, dass das Dienstverhältnis trotz der Kündigung der Beklagten fortbesteht, in etwa dem Wert einer Klage auf Feststellung, dass die Beklagte zur Fortzahlung der Vergütung über den Kündigungszeitpunkt hinaus verpflichtet sei, entspricht. Da der Kläger im Streitfall geltend macht, dass sein Dienstverhältnis wegen der Unwirksamkeit der Kündigung auf unbestimmte Zeit fortbesteht, erscheint eine Herabsetzung des Streitwertes auf den einfachen Jahresbetrag nicht gerechtfertigt (vgl. auch OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.11.2002, Az.: 13 W 81/02).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,276 | olgstut-2003-02-12-3-u-17602 | {
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<p>1. Auf die Anschlussberufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ulm vom 09.09.2002 - 4 O 40/02 - in Ziff. 1. des Entscheidungstenors insoweit abgeändert, als der Beklagte zur Zahlung von mehr als 803,20 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit 05.02.2002 verurteilt worden ist und die Klage abgewiesen.</p>
<p>2. Die Berufung des Klägers wird</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>3. a) Von den Kosten des Rechtsstreits vor dem Landgericht tragen der Kläger 80 % und der Beklagte 20 %.</p>
<p>b) Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte seinerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>5. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p>Streitwert des Berufungsverfahrens: 5.000,-- EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Beklagte hatte den Kläger am 03.04.2001 gegen 22.45 Uhr auf dem Marktplatz in U tätlich angegriffen und erheblich verletzt. Der Kläger hat ihn deswegen vor dem Landgericht auf materiellen Schadensersatz (Zahlung sowie Feststellung der Pflicht zum Ersatz seines materiellen Zukunftsschadens) und ein - so ausdrücklich - Teilschmerzensgeld in Höhe von 5.000 EUR verklagt. Vor dem Landgericht hat er dazu angegeben, einen Gesamtschmerzensgeldbetrag könne er noch nicht angeben. Doch sei sicher, dass auf jeden Fall der verlangte Teilbetrag gerechtfertigt sei. Was mit dem verlangten Teilschmerzensgeld abgegolten werden soll, hat er sowohl in erster wie auch in der Berufungsinstanz offengelassen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Das Landgericht hat den Beklagten in der Hauptsache unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers zur Zahlung von insgesamt 4.803,20 EUR verurteilt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus 80 % des bezifferten materiellen Schadens des Klägers, nämlich 803,20 EUR sowie einem Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 EUR. In der Urteilsbegründung heißt es dazu, im Hinblick auf die vom Kläger ausdrücklich erhobene Teilschmerzensgeldklage könne offen bleiben, wie hoch das vom Beklagten insgesamt zu zahlende Schmerzensgeld wäre. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger 80 % seines materiellen Zukunftsschadens zu ersetzen habe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Mit seiner Berufung will der Kläger einzig und allein eine Aufstockung des vom Landgericht zugesprochenen Schmerzensgeldes auf das schon erstinstanzlich beantragte Teilschmerzensgeld von 5.000 EUR erreichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Demgemäß beantragt er,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger über die zugesprochenen 4.803,20 EUR hinaus weitere 1.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit 05. 02. 2002 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der Beklagte beantragt demgegenüber,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>In seiner Berufungserwiderung vertritt er (wie schon in 1. Instanz) die Auffassung, die erhobene Teil-Schmerzensgeldklage sei unzulässig. Dem sei das Landgericht fälschlicherweise nicht gefolgt. Unter Hinweis darauf hat er Anschlussberufung gegen seine Verurteilung zu einem bloßen Teilschmerzensgeld eingelegt mit dem Antrag,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>wie geschehen zu erkennen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Der Kläger beantragt dagegen,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>die Anschlussberufung des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Er meint, die von ihm erhobene Teil - Schmerzensgeldklage sei deshalb nicht unzulässig, weil jede Geldforderung betragsmäßig teilbar sei.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat sie aber keinen Erfolg. Ein Teilschmerzensgeld kann der Kläger im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs nicht verlangen. Daraus folgt - umgekehrt - die Begründetheit der - ebenfalls zulässigen - Anschlussberufung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>a) Das Einklagen eines Teilschmerzensgeldes wird in der Rechtsprechung nur dann zugelassen, wenn sich die künftige Entwicklung noch nicht überschauen lässt und deswegen das insgesamt angemessene Schmerzensgeld noch nicht endgültig beurteilt werden kann (Gerlach, VersR 2000, 525, 531 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Ein Teilschmerzensgeld kann also nur zugesprochen werden, wenn die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und sich deshalb das Gericht außer Stande sieht, den Betrag in voller Höhe zu ermitteln (RG WarnRspr. 1917 Nr. 99; aus der zitierten Entscheidung lässt sich also nicht ableiten, es sei generell zulässig, das Schmerzensgeld in Teilbeträgen - durch Teilurteil - zuzusprechen - so aber die wohl etwas missverständliche, weil verkürzte Formulierung in RGRK-Kreft 12. Aufl., § 847 BGB Rn. 19 unter Hinweis auf die soeben zitierte RG-Entscheidung). Um dem Verletzten in den skizzierten Ausnahmefällen eine Entschädigung für künftige Schäden nicht abzuschneiden, muss ihm für den bisher überschaubaren Zeitraum ein Teilschmerzensgeld zugesprochen und außerdem die Geltendmachung einer weiteren Entschädigung für die Zukunft vorbehalten werden können. Die zeitliche Zensur bildet stets die letzte mündliche Verhandlung. Alle bis dahin eingetretenen Beeinträchtigungen müssen berücksichtigt werden und werden infolge dessen abgegolten. Alle in der Zukunft liegenden ungewissen Schäden müssen dagegen ausgeklammert werden können (Gerlach VersR 2000, 531; OLG Düsseldorf NJW - RR 1996, 927 = VersR 1996, 984).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Andere Voraussetzungen berechtigen den Geschädigten dagegen nicht, ein Teilschmerzensgeld einzuklagen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>b) Ebenso wenig wie sein Vortrag vor dem Landgericht lässt auch sein Vorbringen in der Berufungsinstanz - trotz des Hinweises auf die Problematik einer Teilschmerzensgeldklage in der Terminsverfügung vom 15. 11. 2002 - Bl. 237 - erkennen, weshalb der Kläger nur ein Teilschmerzensgeld verlangt. Sein allgemeiner Hinweis auf das praktische Bedürfnis einer solchen Teilklage (nicht absehbare Dauerfolgen) mag zwar generell richtig sein (Schriftsatz vom 02.01.03 ab S. 2 ganz unten = Bl. 247 f. d. A.). Dass es ihm in seinem konkreten Fall darum geht, in der Zukunft liegende ungewisse Schäden auszuklammern, lässt sich aber dem genannten Schriftsatz nicht entnehmen. Entsprechendes hat der Klägervertreter auch in der Berufungsverhandlung nicht vorgetragen, obwohl der Vorsitzende ihn dabei nochmals unmissverständlich auf die Unzulässigkeit der erhobenen Teilschmerzensgeldklage hingewiesen hatte. Offensichtlich meint der Kläger, ein solches Teilschmerzensgeld allein deshalb verlangen zu können, weil es sich um eine teilbare Geldforderung handele. Dies steht aber im Widerspruch zum Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs. Danach hat der Richter bei der von ihm darüber zu treffenden Ermessensentscheidung alle Umstände, die dem Schaden im Einzelfall sein Gepräge geben, zu bewerten und aus einer Gesamtschau die angemessene Entschädigung für die sich ihm darbietenden Verletzungsfolgen zu ermitteln (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1996,927). Dieser einheitliche Anspruch lässt sich somit - von dem hier nicht einschlägigen Ausnahmefall ungewisser Zukunftsschäden einmal abgesehen - nicht in zwei oder noch mehr Teile "zerlegen" (OLG Celle, VersR 1973, 60, 61; OLG Oldenburg, NJW - RR 1988, 615; OLG Düsseldorf, NJW - RR 1996, 927 - anders als hier hatten die Kläger dort das verlangte Teilschmerzensgeld immerhin für einen bestimmten, wenn auch willkürlich angesetzten Zeitraum verlangt).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Damit nicht zu vereinbaren ist die vom Landgericht vertretene (und vom Kläger geteilte) Auffassung, im Hinblick auf die vom Kläger erhobene Teilklage sei derzeit nicht zu entscheiden, wie hoch der insgesamt zu bezahlende Schmerzensgeldbetrag wäre - Entscheidungsgründe S. 13, 4. Abschnitt von oben = Bl. 220 d. A.). Dem steht (wiederum) entgegen, dass wegen der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldsanspruchs alle bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Beeinträchtigungen berücksichtigt und infolge dessen mit abgegolten werden müssen (vgl. nochmals: Gerlach VersR 2000, 531 - linke Spalte - 2. Abschnitt von oben am Ende). Dies übersehen offensichtlich auch die vom Klägervertreter in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 03. 02. 2003 zitierten drei Entscheidungen (OLG Stuttgart, NJW 1982, 652, OLG Celle, NJW - RR 1987, 1384 sowie OLG Nürnberg, NJW - RR 1988, 791). Denn das Problem einer Teilschmerzensgeldklage wird in keiner dieser Entscheidungen angesprochen. Einen überzeugenden Beleg für die Rechtsauffassung des Klägers liefern sie deshalb nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Auch die vom Klägervertreter im Schriftsatz vom 02.01.03 (S. 2 - 3. Abschnitt) zitierten Entscheidungen tragen seine Rechtsauffassung nicht. Weder BGH NJW 1994, 3165 noch OLG Schleswig VersR 1983, 932 betreffen den Fall eines eingeklagten Teilschmerzensgeldes. Dass der Bundesgerichtshof gerade nicht der Auffassung ist, eine Schmerzensgeldklage unterliege den Regeln einer Teilklage, ergibt sich aus einer erst vor kurzem ergangenen Entscheidung (BGH II ZR 205/01 - Versäumnisurteil vom 10.10.2002). Danach (und entgegen der Auffassung des dortigen Berufungsgerichts) darf im Rahmen einer Schmerzengeldklage nämlich gerade nicht nach den sonst geltenden Regeln über die offene oder verdeckte Teilklage zwischen einem nicht verjährten und einem weiteren verjährten Teil unterschieden werden. Der vom OLG Schleswig in der zuletzt zitierten Entscheidung aufgestellte Grundsatz, es müsse möglich sein, nur einen Teil des Anspruchs einzuklagen, um damit der Einrede mitwirkenden Verschuldens aus § 254 BGB den Boden zu entziehen, trifft ebenfalls nicht den vorliegenden Fall einer Schmerzensgeldklage. Denn im Falle eines Mitverschuldens des Geschädigten schuldet der Schädiger kein um einen bestimmten Mitverschuldensanteil reduziertes Schmerzensgeld, sondern ein Schmerzensgeld, das unter Berücksichtigung seiner Beteiligungsquote angemessen ist (ständige Rechtsprechung vgl. nur BGH VersR 1970, 624, 625). Im Hinblick auf die Zulässigkeit unbezifferter Schmerzensgeldklagen (vgl. nur: Zöller-Greger 23. Aufl. § 253 Rn. 14 und 14a) besteht auch kein Bedürfnis, Unsicherheiten im Hinblick auf ein eventuelles Mitverschulden durch Zulassung einer bezifferten Teilschmerzensgeldklage entgegenzuwirken (ebenso: OLG Oldenburg, NJW -RR 1988, 615).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen müsste somit unter Berücksichtigung sämtlicher schmerzensgeldrelevanter Faktoren das dem Kläger zustehende angemessene Schmerzensgeld ermittelt werden. Genau dies will der Kläger aber nicht; vielmehr meint er, über das ihm insgesamt zustehende Schmerzensgeld sei angesichts des nur geltend gemachten Teilbetrages nicht zu befinden (Schriftsatz Klägervertreter vom 02.01.03 S. 3 - vorletzter Abschnitt = Bl. 248 d. A.). Dies zeigt noch einmal, wie fragwürdig die vom Kläger erhobene Klage auf ein Teilschmerzensgeld ist. Was er will ist ein Ausschnitt (Teilbetrag) aus einem diffusen Ganzen. Diffus deshalb, weil er die Kriterien für die Bestimmung des gesamten Schmerzensgeldes offen lässt. Um die Ausklammerung noch ungewisser Zukunftsschäden als dem einzig zugelassenen Ausnahmefall für das Einklagen eines Teilschmerzensgeldes geht es ihm jedenfalls nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>c) Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 91 sowie 708 Nr. 10, 711 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Der Anregung des Klägervertreters, die Revision zuzulassen, ist der Senat im Hinblick auf die oben zitierten und im Ergebnis abweichenden drei OLG - Entscheidungen gefolgt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO). Auch die genannte BGH - Entscheidung vom 10. 10. 2002 betrifft nicht das hier einschlägige Problem der Zulässigkeit einer Teil - Schmerzensgeldklage.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,277 | lg-freiburg-2003-02-12-4-t-30802-4-t-309 | {
"id": 131,
"name": "Landgericht Freiburg",
"slug": "lg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 T 308/02; 4 T 309/02 | 2003-02-12T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:20 | 2019-01-17T11:52:10 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Freiburg vom 05.11. und vom 02.12.2002 (8 IK 110/02) werden zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Beschwerdeführer hat am 05.08.2002 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, auf Erteilung von Restschuldbefreiung sowie Stundung sämtlicher Verfahrens- und Gerichtskosten nach den § 4a InsO gestellt. Das Amtsgericht hat dem Stundungsantrag zunächst entsprochen, da der Schuldner nach seinen Angaben derzeit nicht in der Lage sei, den erforderlichen Kostenvorschuss zu erbringen. Auf die sofortige Beschwerde des Vertreters der Staatskasse hat das Amtsgericht am 05.11.2002 den Stundungsbeschluss vom 07.08.2002 aufgehoben, den Antrag des Schuldners, ihm die Kosten des Insolvenzverfahrens zu stunden, als unbegründet zurückgewiesen und dem Schuldner die Möglichkeit eröffnet, bis zum 31.01.2003 zur Deckung der Verfahrenskosten einen Vorschuss in Höhe von 1.000,00 EUR einzuzahlen. Gehe der Vorschuss nicht fristgerecht ein, werde der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Amtsgericht am 02.12.2002 den Beschluss dahingehend abgeändert, dass lediglich ein Vorschuss in Höhe von 800,00 EUR verlangt werde. Das Amtsgericht hat dies damit begründet, dass wegen Hinzukommens eines unterhaltsberechtigten Kindes monatlich lediglich nur noch EUR 200,00 zur Verfügung stünden, weshalb der Kostenvorschuss zu reduzieren sei. Von einer Vorlage der Akten an das Landgericht wegen des weitergehenden Rechtsmittels hat es abgesehen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit einer zweiten Beschwerde: Das Amtsgericht hat den Rechtsmitteln nicht abgeholfen und die Akten der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Verfahrensakte Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Versagung der Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a Abs. 1 InsO wendet, ist sein Rechtsmittel zulässig (§ 4d Abs. 1 InsO). Es ist jedoch nicht begründet. Die Beschwerde gegen die Vorschussanforderung ist demgegenüber unzulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nach § 4a Abs. 1 InsO werden dem Schuldner, sofern er eine natürliche Person ist und einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat, auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu tragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Kosten des Insolvenzverfahrens im Sinne der genannten Vorschrift sind die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren, die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses (§ 54 InsO). Weitere Auslagen, insbesondere die Vergütung des im Verfahren der Restschuldbefreiung eingesetzten Treuhänders fallen hierunter nicht (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.03.2001 zum Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze, BT-Drucksache 14/5680 Seite 20; LG Berlin, ZInsO 2001, 718; Nerlich/Römermann/Mönning, Insolvenzordnung [Stand Juli 2002] § 26 InsO Rdnr. 12; FK-InsO/Schmerbach, 3. Auflage § 26 InsO Rdnr. 6a; MünchKom InsO/Haarmeyer § 26 InsO Rdnr. 15; Uhlenbruck, InsO 12.A. § 4a InsO Rdnr. 4). Hiervon zu unterscheiden ist der Umfang der in § 4a Abs. 1 InsO angeordneten Stundung, die über die genannten Kosten des Insolvenzverfahrens hinausgeht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Voraussetzung der Stundung ist, dass das Vermögen des Schuldners, also die spätere Insolvenzmasse, nicht ausreichend ist, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Stundungsmöglichkeit des § 4a InsO ist also lediglich als ultima ratio in den Fällen vorgesehen, in denen ansonsten eine Abweisung mangels Masse nach § 26 Abs. 1 InsO erfolgen müsste. Vorrangig ist somit das Vermögen des Schuldners heranzuziehen. Da nach § 35 Abs. 1 InsO auch der Neuerwerb während des Insolvenzverfahrens zur Masse gehört, ist vor der Gewährung einer Stundung zu prüfen, ob das in diesem Zeitraum vom Schuldner erlangte pfändbare Einkommen zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichen wird (BT-Drucksache aaO. Seite 20). In der Literatur wird vorgeschlagen, das laufende Arbeitseinkommen zumindest für ein halbes Jahr in die Prognose aufzunehmen (vgl. FK/Kohte aaO. § 4a InsO Rdnr. 10). Geht man hiervon aus, wird die Insolvenzmasse im genannten Zeitraum mindestens EUR 1.200,00 betragen, aus welcher Summe vorrangig die Kosten des Insolvenzverfahrens zu berichtigen sind (§ 53 InsO). Die im vorliegenden Fall voraussichtlich entstehenden Kosten des Verfahrens - wie ausgeführt insbesondere ohne die Vergütung des Treuhänders - werden unter dem genannten Betrag liegen. Folglich hat das Amtsgericht zu Recht die Stundung der Verfahrenskosten nach § 4a InsO abgelehnt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Soweit das Amtsgericht dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt hat, bis zum 30.06.2003 zur Deckung der Verfahrenskosten einen Vorschuss in Höhe von EUR 800,00 einzuzahlen, ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
a) Nach § 26 Abs. 1 InsO weist das Insolvenzgericht den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird. Die dem Schuldner bzw. seinen Gläubigern nach § 26 Abs. 1 Satz 2 InsO eingeräumte Möglichkeit, die Verfahrenskosten vorzufinanzieren, dient einerseits dazu, eine Abweisung mangels Masse zu vermeiden, andererseits unter Umständen auch dazu, die Möglichkeit zu schaffen, Ansprüche gegen den Schuldner oder gegen Dritte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchsetzen zu können (MünchKom/Haarmeyer aaO. § 26 Rdnr. 27). Die Anforderung eines solchen Vorschusses ist jedoch entgegen der früheren Rechtslage nicht mehr selbstständig anfechtbar. Sie kann auch nicht mehr in Rechtskraft erwachsen und hat keine Bindungswirkung für den endgültigen Abweisungsbeschluss. Überprüfbar ist sie erst im Rahmen eines Rechtsmittels nach § 34 InsO gegen den Abweisungsbeschluss (§§ 6,34 InsO; vgl. MünchKom/Haarmeyer aaO. § 26 InsO Rdnr. 28; Uhlenbruck aaO. § 26 InsO Rdnr. 35).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Lediglich fürsorglich weist der Unterzeichner darauf hin, dass auch für die Prüfung der Frage, ob das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Verfahrens zu decken, der beschriebene enge Kostenbegriff gilt. Im übrigen sieht die Insolvenzordnung das vom Amtsgericht bezweckte Ansparen der Verfahrenskosten durch den Schuldner vor Eröffnung des Verfahrens nicht vor. Die dadurch bewirkte Verzögerung des Verfahrens würde auch dem Ziel der neuen Insolvenzordnung einer rechtzeitigen und leichteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens widersprechen (vgl. Allgemeiner Teil der Begründung zum Regierungsentwurf der Insolvenzordnung, Bundestagsdrucksache 12/2443, abgedruckt in Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze Seite 21; vgl.a. OLG Celle NJW-RR 2001,702). Dementsprechend und mit vergleichbarer Zielsetzung hat der Gesetzgeber auch das hiermit in sachlichem Zusammenhang stehende Stundungsverfahren nach § 4a InsO einfach und mit der Möglichkeit einer beschleunigten Entscheidungsfindung ausgestaltet (vgl. BT-Drucksache 14/5680 aaO. S. 12).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers gegen die Entscheidung vom 02.12.2002 ist nicht etwa nach § 6 GKG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts auf Grund dieses Gesetzes von der Zahlung eines Kostenvorschusses oder von einer Vorauszahlung abhängig gemacht wird, und wegen der Höhe des Vorschusses oder der Vorauszahlung die Beschwerde gegeben. Eine in diesem Sinne beschwerdefähige Entscheidung hat das Amtsgericht jedoch nicht getroffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
aa) Die Vorschrift des § 65 GKG über die Vorauszahlung und den Vorschuss in Verfahren vor den ordentlichen Gerichten ist bereits tatbestandlich nicht gegeben. Eine derartige Entscheidung wollte das Amtsgericht nicht treffen. Zu Recht versteht der Beschwerdeführer die Entscheidung auch nicht in dem genannten Sinne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
bb) Allerdings hat derjenige, der eine Handlung beantragt, die mit Auslagen verbunden ist, einen zur Deckung der Auslagen hinreichenden Vorschuss zu zahlen (§ 68 Abs. 1 GKG). Das Gericht soll die Vornahme der Handlung von der vorherigen Zahlung des Vorschusses abhängig machen (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Nach § 68 Abs. 3 GKG kann bei Handlungen, die von Amts wegen vorgenommen werden, ein Vorschuss zur Deckung der Auslagen gefordert werden, ohne dass allerdings die Handlung hiervon abhängig gemacht werden dürfte. Diese Vorschrift gilt auch im Insolvenzverfahren (vgl. Hartmann, Kostengesetze 32. Auflage § 68 GKG Rdnr. 7 ff.; Markl/Meyer, Gerichtskostengesetz 4. Auflage § 68 GKG Rdnr. 23; AG Göttingen NJW 1999, 1642, 1643). Einen Vorschuss im Sinne der genannten Vorschriften hat das Amtsgericht jedoch ersichtlich nicht angefordert. § 68 GKG betrifft nämlich lediglich Auslagen im Sinne des Gerichtskostengesetzes (vgl. Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz Teil 9). Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Vollstreckungsgericht demgegenüber dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, zur Deckung der "Verfahrenskosten" einen Vorschuss in der genannten Höhe einzuzahlen. Der Begriff der Verfahrenskosten ist gegenüber der Auslagen umfassender und im vorliegenden Fall auf die Voraussetzungen des § 26 InsO bezogen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Im Unterschied zur Regelung der §§ 6, 68 GKG hat das Amtsgericht, soweit es nicht um von Amts wegen vorzunehmender Handlungen geht, die Handlung auch nicht von der Zahlung des Vorschusses abhängig gemacht, vielmehr lediglich für den Fall der Nichtzahlung eine Entscheidung angekündigt, nämlich dass der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen werde. Dies ist das Gegenteil der im Falle des § 68 Abs. 1 GKG ermöglichten Verhaltensweise des Gerichts. Schließlich geht es vorliegend überhaupt nicht um eine Handlung im Sinne von § 68 GKG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Eine i.S. v. § 6 GKG anfechtbare Entscheidung liegt deshalb nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die sofortigen Beschwerden des Schuldners waren deshalb mit der Kostenfolge des § 91 ZPO zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,278 | olgstut-2003-02-12-4-u-1802002-4-u-18 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 180/2002; 4 U 180/02 | 2003-02-12T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:20 | 2019-02-12T13:09:51 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 07. Oktober 2002 - Az.: 1 O 411/2001 - abgeändert:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 51.129,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08. Juni 2000 zu bezahlen.</p>
<p>2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung der Klägerin in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>
<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p>Streitwert der Berufung: 107.301,23 EUR</p>
<p>Nach teilweiser Klagrücknahme: 51.129,19 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Klägerin verlangt als Eisenbahnverkehrsunternehmerin von der Beklagten als Eisenbahninfrastrukturunternehmerin Schadensersatz wegen eines Unfalles auf einer Trasse der Beklagten, bei dem durch einen auf den Schienen liegenden Felsbrocken der Triebwagen der Klägerin erheblich beschädigt wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Klägerin war zur entgeltlichen Nutzung der Strecke der Beklagten für ihren eigenen fahrplanmäßigen Schienenpersonennahverkehr durch den zwischen den Parteien am 27. Juli/03. August 1999 geschlossenen Infrastrukturnutzungsvertrag (Bl. 14 ff d.A.) berechtigt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Wegen des Sachvortrags der Parteien wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Das Landgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Gefährdungshaftung des § 1 Haftpflichtgesetz zwischen den Parteien nicht zur Anwendung komme und dass eine verschuldensabhängige Verkehrssicherungspflichtverletzung seitens der Beklagten nicht festgestellt werden könne, weil die vorgeschriebenen Kontrollen der Felswände vorgenommen und nicht zum Erkennen einer Gefahrenlage geführt hätten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Sie ist der Auffassung, dass die Erstrichter rechtsfehlerhaft ein Eingreifen von § 1 Haftpflichtgesetz im Verhältnis der Parteien zueinander verneint hätten. Im Rahmen der dann erforderlichen Überprüfung, ob eine schuldhafte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorliege, begründe die Nichteinholung des bereits erstinstanzlich beantragten Sachverständigengutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Nach teilweiser Klagrücknahme beantragt die Klägerin noch:</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 07. Oktober 2002 - 1 O 411/01 - wird aufgehoben.</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin (100.000,-- DM =) 51.129,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 08. Juni 2000 zu bezahlen.</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 2/3 des Schadens zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Eisenbahnunfall am 03. März 2000 auf der Strecke "Sigmaringen-Tübingen" durch Kollision mit einem Felsbrocken entstanden ist bis maximal (100.000,-- DM =) 51.129,19 EUR abzüglich des zu Ziff. 2 ausgeurteilten Betrages.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die Beklagte stimmt der Klagrücknahme zu und beantragt im Übrigen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Berufung wird zurückgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Sie hält die landgerichtliche Entscheidung für richtig und stützt sich auf deren tragende Gründe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf deren schriftsätzliches Vorbringen im Rechtsmittelverfahren verwiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Die zulässige Berufung ist begründet.</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Schadensersatzanspruch nach § 1 Haftpflichtgesetz:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Nachdem die Klägerin ihr Zahlungs-/Feststellungsbegehren auf die Haftungsgrenze für Sachschäden in Höhe von 51.129,19 EUR (= 100.000,-- DM) gem. § 10 Abs. 1 HPflG a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 beschränkt hat, ist der Rechtsstreit im Hinblick auf die Gefährdungshaftung der Beklagten gem. § 1 Abs. 1 HPflG entscheidungsreif. Die Beklagte ist der Klägerin bis zur Haftungshöchstgrenze zum Schadensersatz verpflichtet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Das Landgericht hat das Eingreifen dieser Haftungsnorm verneint mit der Begründung, dass die Klägerin nicht Geschädigter im Sinne des § 1 Abs. 1 HPflG sein könne, weil sie selbst Betriebsunternehmer sei. Die Klägerin bemängelt, dass die Erstrichter sich nicht kritisch auseinandergesetzt hätten mit der von Filthaut vertretenen Auffassung im Kommentar zum Haftpflichtgesetz, 5. Aufl. 1999, und in dessen Aufsatz "Die Gefährdungshaftung nach § 1 Haftpflichtgesetz bei Nutzung von fremden Eisenbahninfrastrukturen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen", VersR 2001, S. 1348 ff, unter Berücksichtigung der Ausführungen von Tavakoli in dessen Dissertation "Privatisierung und Haftung der Eisenbahn" aus dem Jahr 2001.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Filthaut vertritt noch im Kommentar zum Haftpflichtgesetz, 5. Aufl. 1999, § 1 Rn. 54 b, die Meinung, das Rechtsverhältnis zwischen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen und den Eisenbahnunternehmen, die auf der Eisenbahninfrastruktur Personen oder Güter befördern, regele sich nach den Vorschriften des Pachtverhältnisses (§§ 581 ff. BGB).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>In seinem neueren Aufsatz: "Die Gefährdungshaftung nach § 1 Haftpflichtgesetz bei Nutzung von fremden Eisenbahninfrastrukturen durch Eisenbahnverkehrsunternehmen", VersR 2001, S. 1348 ff, gibt Filthaut seine ursprüngliche Rechtsauffassung auf und legt nun dar, dass sowohl der Eisenbahnverkehrs- als auch der Infrastrukturunternehmer jeweils als Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des § 1 HPflG anzusehen seien, (so auch Freise in der Buchbesprechung des Kommentars von Filthaut zum Haftpflichtgesetz, Transportrecht 2000, S. 49 ff, sowie Tavakoli, a.a.O.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Weiter vertritt Filthaut die Ansicht, der Eisenbahnverkehrs- und der Infrastrukturunternehmer hafteten für Betriebsunfälle stets gemeinschaftlich. Infrastruktur und Fahrbetrieb einer Eisenbahn begründeten keine selbständige Haftung. Sie seien nur Teile des einheitlichen Bahnbetriebs.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Aus dieser Gesamtheit schließt Filthaut weiter, der Bahnbetriebsunternehmer könne nicht Geschädigter im Sinne des § 1 HPflG sein.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Freise (a.a.O., S. 49 ff) und Tavakoli (a.a.O., S. 238 ff) dagegen sind der Meinung, dass beide Unternehmen auf dem im Zuge der Liberalisierung zerlegten Eisenbahnsektor eine selbständige spezifische Teilaufgabe des Bahnbetriebs wahrnehmen. Sie seien deshalb beide Betriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes. Ihre gesamtschuldnerische Haftung ergebe sich nicht von vorne herein aus einem "Gemeinschaftsbetrieb", sondern im jeweiligen Fall dann, wenn ein Betriebsunfall durch beide Unternehmer verursacht werde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Tavakoli (a.a.O., S. 238 ff) folgert daraus, dass - da beide Betriebsunternehmer eigene Gefahrenquellen schaffen - § 13 Abs. 1 Satz 2 HPflG (a.F.) zwischen ihnen gelte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Der Senat folgt der Rechtsauffassung von Tavakoli.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Wie bei § 13 Abs. 1 Satz 2 HPflG a.F., dem jetzt inhaltlich § 13 Abs. 2 HPflG n.F. entspricht, vorausgesetzt wird, bestehen durch die Aufgabenverteilung zwischen Infrastrukturbetreiber und Bahnverkehrsunternehmer verschiedene Gefahrenquellen. Beide Unternehmer sind für gänzlich unterschiedliche Bereiche des Bahnbetriebes verantwortlich und haben für diese auch die erforderliche Verfügungsgewalt. Der Verkehrsunternehmer hat z.B. keinen Einfluss auf das reibungslose Funktionieren der Weichen, umgekehrt der Infrastrukturbetreiber keinen auf das reibungslose Funktionieren des Zuges. Es handelt sich um voneinander zu trennende und trennbare, von verschiedenen Unternehmen geschaffene Gefahrenquellen. Folglich sind beide Bahnbetriebsunternehmer im Sinne des Haftpflichtgesetzes, weshalb ein gegenseitiges Eingreifen von § 1 HPflG im Verhältnis dieser Bahnbetreiber zueinander bejaht werden muss im Hinblick auf § 13 Abs. 1 Satz 2 HPflG a.F., der gem. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 vorliegend noch für die Beurteilung heranzuziehen ist, inhaltlich jedoch § 13 Abs. 2 HPflG in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 entspricht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass sie sich jeweils der Gefahrenquelle bewusst aussetzen, da mit diesem Argument auch die Reisenden gegenüber dem Bahnbetriebsunternehmen keinen Anspruch nach dem Haftpflichtgesetz haben dürften, was aber noch nie in Zweifel gezogen wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Auch bei anderen Gefährdungstatbeständen gilt dieser Grundsatz nicht (vgl. BGH, VersR 1993, 369 ff, VersR 1992, 1145 ff m.w.N., VersR 1982, 366 ff, bei der Tierhalterhaftung).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Eine vergleichbare Regelung zu § 13 Abs. 1 Satz 2 HPflG a.F. findet sich in § 17 Abs. 1 Satz 2 StVG a.F. bzw. in § 17 Abs. 2 StVG n.F.. Das StVG sieht eine Ausgleichspflicht zwischen mehreren Fahrzeughaltern vor, soweit sie Halter verschiedener Kraftfahrzeuge sind, also unterschiedliche Gefahrenquellen beherrschen, wie das auch der Fall ist im Verhältnis des Infrastrukturunternehmers zum Bahnverkehrsbetreiber.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die dem § 17 StVG entsprechende Vorschrift des § 13 HPflG ging in ihrem Abs. 1 Satz 2 davon aus, dass mehrere Haftpflichtige im Verhältnis zueinander nach dem Haftpflichtgesetz schadensersatzpflichtig sein können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Im Hinblick auf die Privatisierung der Bahn und auf das Betreiben der verschiedenen Gefahrenquellen durch unterschiedliche Eisenbahnbetreiber muss mit dieser Vorschrift ebenso das Verhältnis des Infrastrukturunternehmers zum Bahnverkehrsbetreiber gemeint sein wie auch das zweier verschiedener Verkehrsunternehmen, deren Züge zusammenstoßen, auch wenn diese sich gleichfalls bewusst in den Gefahrenbereich der Eisenbahn gebracht haben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Ebenso greift die Gefährdungshaftung des Luftfahrzeughalters gem. §§ 33 ff LuftVG nicht nur zum Schutze unbeteiligter Dritter am Boden bei einem Absturz ein, sondern auch bei einer Kollision zweier Flugzeuge in der Luft (BGH VersR 1991, 341 ff.; Geigel/Schönwerth, Der Haftpflichtprozess, 22. Aufl. 1997, 29. Kap., § 33 LuftVG Rdn. 18 u. 19; je m.w.N.). Auch in diesem Fall handelt es sich um verschiedene Gefahrenquellen wie beim Bahnverkehrsbetreiber und beim Eisenbahninfrastrukturunternehmer sowie gleichermaßen bei unterschiedlichen Verkehrsunternehmen zweier zusammenstoßender Züge.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Nachdem die übrigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HPflG erfüllt sind, - es wurde bei dem Betrieb einer Schienenbahn eine Sache beschädigt -, besteht der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach aus Gefährdungshaftung gegenüber der Beklagten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Die Ersatzpflicht ist nicht gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 HPflG ausgeschlossen, da der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Höhere Gewalt ist ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch die äußerste nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Betriebsunternehmer in Kauf zu nehmen ist (so RG, Urteil vom 19. November 1917, JW 1918, 176; ihm folgend der BGH, vgl. Filthaut, Kommentar zum Haftpflichtgesetz, a.a.O., § 1 Rn. 158 und 159 mit den entsprechenden Rechtsprechungshinweisen).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Dass sich aus einer steilen Felswand durch Witterungseinflüsse und infolge des Durchdringens mit Baumwurzeln Felsbrocken ablösen und so auf die Schienentrasse gelangen können, ist weder außergewöhnlich noch unabwendbar, so dass ein Haftungsausschluss gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 HPflG, der im Übrigen durch das zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 nicht geändert wurde, nicht in Betracht kommt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Die Haftungsgrenze für Sachschäden gem. § 10 Abs. 1 HPflG a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 ist auf 100.000,-- DM = 51.129,19 EUR festgesetzt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Die Klägerin geht in ihrer Klage von einem bislang bezifferbaren Gesamtschaden in Höhe von 164.794,44 DM aus, der der Höhe nach von der Beklagten nicht bestritten wird.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Die Klägerin lastet sich selbst eine Mithaftungsquote in Höhe von 1/3 an gem. § 4 HPflG i.V.m. § 254 BGB (mitwirkendes Verschulden) und aus § 13 Abs. 1 Satz 2 HPflG a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 (Verursachungsbeitrag). Die Beklagte trägt keine eine andere Quote rechtfertigenden Umstände vor. Sie greift die Klage der Höhe nach nicht an, auch nicht bezüglich des von der Klägerin zu ihren Lasten angenommenen Mithaftungsanteils von 1/3. Er kann deshalb als zwischen den Parteien unstreitig zugrunde gelegt werden. Der bislang bezifferte Gesamtschaden der Klägerin reduziert sich demgemäß um 1/3 auf 109.862,96 DM = 56.172,04 EUR. Dieser Betrag überschreitet das jetzt noch mit der Berufung geltend gemachte Klagebegehren von 51.129,19 EUR, so dass dieses durch den der Klägerin entstandenen Schaden der Höhe nach vollständig abgedeckt ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die quotenmäßige Beschränkung der Haftung um 1/3 sich auf den Gesamtschaden bezieht und sich damit nicht anspruchsmindernd auf die Höchstgrenze von 51.129,19 EUR des § 10 Abs. 1 Haftpflichtgesetz a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 auswirkt (Filthaut, Kommentar zum Haftpflichtgesetz, a.a.O., § 10 Rn. 4 und § 9 Rn. 7), weil der eingeklagte "2/3-Zahlungsanspruch" die Haftungsgrenze überschreitet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Dass die Klägerin bei der teilweisen Klagrücknahme nicht mitgeteilt hat, welche Schadenspositionen jetzt noch eingeklagt werden, ist unschädlich, nachdem es sich vorliegend um kein Teilurteil handelt. Vielmehr wird der die Höchstgrenze von 51.129,19 EUR übersteigende Betrag des zunächst verlangten unstreitigen Schadens mit der Berufung nicht mehr geltend gemacht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Die Berufung ist mithin in Höhe des jetzt noch beanspruchten Betrages von 51.129,19 EUR gem. § 1 Abs. 1 HPflG begründet und dem mit ihr insoweit verfolgten reduzierten Klagantrag Ziff. 2 in vollem Umfang stattzugeben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Die zuerkannten Zinsen sind gerechtfertigt gem. §§ 284 ff BGB a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 5, § 288 Abs. 1 BGB a.F. sowie § 288 Abs. 1 BGB n.F. jeweils i.V.m. EGBGB Art. 229 § 7 Abs. 1 Nr. 1. Durch die Zahlungsverweigerung der Beklagten mit Schreiben vom 31. Mai 2000 ist Verzug spätestens zum 08. Juni 2000 eingetreten.</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Verschuldenshaftung der Beklagten:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Ob der Klägerin auch ein Schadensersatzanspruch zusteht aus schuldhafter Pflichtverletzung (positive Vertragsverletzung und/oder Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB) kann dahingestellt bleiben.</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Feststellungsantrag der Klägerin:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Das Feststellungsbegehren unter Ziff. 3. der Berufungsanträge der Klägerin wird vom Senat als Hilfsantrag ohne eigenen Streitwert verstanden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Dieses Verlangen sollte nur dann zum Zuge kommen, wenn dem Berufungsantrag Ziff. 2 nicht in vollem Umfang entsprochen worden wäre, um auf jeden Fall die Haftungshöchstgrenze von 51.129,19 EUR des § 10 Abs. 1 HPflG a.F. i.V.m. EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 5 zu erreichen. Nachdem die Klägerin dieses Ziel bereits mit ihrem Zahlungsbegehren als Hauptantrag durchgesetzt hat, erübrigt sich eine Entscheidung über das Feststellungsverlangen als Hilfsantrag.</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Unter Berücksichtigung der teilweisen Klagrücknahme beruht die Kostenentscheidung auf §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 709 ZPO.</td></tr></table>
<table><tr><td>IV.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="50"/>Die Revision wird zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts, nachdem eine solche zur Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Haftpflichtgesetz im Verhältnis zwischen den verschiedenen Bahnbetreibern (Infrastruktur-/Bahnverkehrsunternehmer) zueinander noch nicht vorliegt.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,279 | olgkarl-2003-02-12-6-u-102 | {
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"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 1/02 | 2003-02-12T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:21 | 2019-02-12T13:09:51 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 30.11.2001 - 7 O 269/01 im Kostenausspruch aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 30.11.2001 wird zurückgewiesen.</p>
<p>3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen einschl. der Kosten der Streithelferin.</p>
<p>4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>5. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
(abgekürzt gem. § 543 ZPO a.F.)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die zulässige Berufung ist begründet, die ebenfalls zulässige Anschlussberufung bleibt hingegen erfolglos. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nicht zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das LG ist bei seiner Berechnung des der Klägerin zustehenden Schadensersatzanspruchs im Wege der Lizenzanalogie davon ausgegangen, dass die Beklagten das markenverletzende Zeichen „z.” als Domain-Adresse genutzt und hierdurch Nutzer des Internets auf ihre Homepage geführt haben. Nach dem Vortrag der Parteien im Berufungsverfahren steht dies nicht fest. Die Klägerin hat Belege dafür, dass die Beklagten diese Bezeichnung in der Zeit von Mai 1997 bis Dezember 1998 als Adresse im Internetverkehr benutzt hätten, nicht vorgelegt. Die einzige von der Klägerin konkret dargelegte Nutzungshandlung vom 24.10.1998 belegt nicht eine kontinuierliche Nutzung durch die Beklagten für den gesamten, von der Klägerin geltend gemachten Zeitraum. Nach dem Vortrag der Beklagten beruhte diese Nutzungshandlung auf einer von der Streithelferin verschuldeten Fehlschaltung. Gegen die Annahme einer Nutzung der Domain „z.” als Internetadresse sprechen auch die von den Beklagten vorgelegten Rechercheergebnisse aus einem Webseitenarchiv, in denen für die Jahre 1996 bis 2000 keine Nutzung des Domain-Namens „z.” vermerkt ist. Entgegen der Annahme der Klägerin kann auch aus dem erstinstanzlichen Prozessvortrag der Beklagten nicht mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden, die Domain „z.” sei von ihnen von Mai 1997 bis Dezember 1998 als Internet-Adresse genutzt worden. Eine derartige Nutzung kann daher der Berechnung eines etwa der Klägerin entstandenen Schadens nicht zugrunde gelegt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, war die Domain „z.” bis Dezember 1998 für die Beklagten registriert. Zwar wurde das Kennzeichenrecht der Klägerin bereits hierdurch beeinträchtigt (BGH, Urt. v. 22.11.2001 - 1 ZR 138/99, BGHReport 2002, 509 = CR 2002, 525). Für eine Schätzung, in welcher Höhe der Klägerin hierdurch ein Schaden entstanden sein soll, fehlt es hingegen an einer ausreichenden Grundlage. Die vom LG bei seiner Schadensberechnung herangezogenen Kriterien (Bekanntheit der Marke „Z.”, Ausnutzung der Wertschätzung und des guten Rufes dieser Marke) scheiden als Bewertungsmaßstäbe für einen der Klägerin durch die bloße Registrierung der Domain erwachsenen Schaden aus. In welcher Höhe der Klägerin in sonstiger Weise (etwa durch Behinderung) ein Schaden entstanden sein könnte, ist mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte auch bei weitreichender Anwendung des § 287 ZPO nicht schätzbar. Die Klage war daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 108 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Dr. Lippok. Voß Naegelsbach
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
VorsRiOLG RiOLG RiOLG
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,272 | olgstut-2003-02-11-2-ws-142003-2-ws-1 | {
"id": 147,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 14/2003; 2 Ws 14/03 | 2003-02-11T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:19 | 2019-02-12T13:09:50 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts - 7. Strafvollstreckungskammer - Ravensburg vom 13. Januar 2003 aufgehoben.</p>
<p>Die vom 28. Oktober 2001 bis zum 24. Januar 2002 in der Slowakei erlittene Auslieferungshaft des Verurteilten wird auf die zu vollstreckende Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lindau vom 26. Oktober 1999 - Ls 136 Js 8457/99 - angerechnet.</p>
<p>Das Anrechnungsverhältnis wird auf 1 : 1 festgesetzt.</p>
<p>Der Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten gemäß § 450 a Abs. 3 StPO vom 15. November 2002 und die weitergehende Beschwerde des Verurteilten werden jeweils als unbegründet verworfen.</p>
<p>Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird um ein Drittel ermäßigt. Von den dem Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse ein Drittel.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die 7. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ravensburg hat mit dem angefochtenen Beschluss auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten als Vollstreckungsbehörde gemäß § 450 a Abs. 3 StPO die Anrechnung der von dem Beschwerdeführer in der Zeit vom 28. Oktober 2001 bis 24. Januar 2002 in der Haftanstalt "UZVaJs" in Bratislava/Slowakei erlittenen Auslieferungshaft auf die durch Urteil des Amtsgerichts Lindau derzeit u.a. wegen Betrugs zu verbüßende Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe die ihm im Zusammenhang mit einer Nachfolgeoperation am Kniegelenk bis 30. April 2001 gewährte Unterbrechung der zuvor in der Justizvollzugsanstalt Ravensburg verbüßten Strafhaft nicht nur zur Flucht missbraucht, sondern durch Fälschen zweier ärztlicher Atteste und Unterschlagung eines Pkw zur Verhinderung der Fortsetzung der Strafvollstreckung insgesamt drei weitere Straftaten begangen. Dieses Verhalten habe ein erhebliches Maß an Skrupellosigkeit und krimineller Energie gezeigt und die Auslandsflucht, die zu einer erheblichen Vollstreckungsverzögerung von mehreren Monaten führte, erst ermöglicht. Die Begehung dieser Straftaten und deren Hintergründe stellten derart schwerwiegende Umstände dar, die von den üblichen Fällen der Auslandsflucht zu Lasten des Beschwerdeführers abweichen und deshalb eine Anrechnung der Auslieferungshaft als nicht angemessen erscheinen ließen. Vor Erlass der angefochtenen Entscheidung hatte die Vollstreckungsbehörde mit Verfügung vom 06. Februar 2002 noch die Anrechnung seiner in der Slowakei erlittenen Auslieferungshaft im Verhältnis eins zu eins bestimmt. Am 26. August 2002 beantragte der Beschwerdeführer, für die Auslieferungshaft einen Maßstab von eins zu drei zu bestimmen. Nachdem er am 08. November 2002 an seinem Antrag festhielt, stellte die Vollstreckungsbehörde am 15. November 2002 gegenüber der Strafvollstreckungskammer indes den Antrag gemäß § 450 a Abs. 3 StPO, dass die erlittene Auslieferungshaft überhaupt nicht mehr nicht auf die derzeit vollstreckte Freiheitsstrafe angerechnet werde. Dem trat der Verurteilte entgegen. Zugleich hielt er seinen früheren Antrag im Hinblick auf den Anrechnungsmaßstab aufrecht. Wegen der weiteren Daten zum Vollstreckungsverlauf und zu den Einzelheiten des Vortrags des Beschwerdeführers wird auf dessen Schriftsätze und auf die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die gemäß §§ 462 a Abs. 1 Satz 1, 462 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StPO statthafte und rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer hat nur zum Teil Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Die Ausführungen der Strafvollstreckungskammer sind nicht geeignet, die Versagung der Anrechnung der Auslieferungshaft nach § 450 a Abs. 3 StPO zu rechtfertigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Anrechnung im Ausland erlittener Auslieferungshaft stellt gemäß § 450 a Abs. 1 StPO den Regelfall dar. Nur ausnahmsweise kann diese Anrechnung gemäß § 450 a Abs. 3 StPO ganz oder zum Teil unterbleiben, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach Erlass des zu vollstreckenden Urteils unangemessen erscheint (vgl. OLG Bremen StV 1997, 371; KK-Fischer, StPO, 4. Aufl., § 450 a Rdnr. 10). Es ist anerkannt, dass die bloße Flucht des Verurteilten ins Ausland etwa unter Ausnutzung des Hafturlaubs die Versagung nicht zu begründen vermag (vgl. OLG Bremen a.a.O.; OLG Zweibrücken NStZ-RR 1996, 241; OLG Karlsruhe MDR 1984, 165; OLG Zweibrücken GA 1983, 280; KK-Fischer a.a.O.). Erst wenn besonders erschwerende Umstände hinzutreten, wie die in der Kommentarliteratur und in der Rechtsprechung genannten Beispielsfälle des gewalttätigen Ausbruchs aus der Haftanstalt, der Verbringung der Tatbeute ins Ausland, der missbräuchlichen Verwendung von Geldern zur Fortsetzung der Flucht oder der böswilligen Verschleppung des Strafvollstreckungsverfahrens (vgl. LR-Wendisch, StPO, 25. Aufl., § 450 a Rdnr. 17; KK-Fischer, a.a.O. jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung), erscheint die Nichtanrechnung vertretbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Derart erschwerende Umstände liegen hier nicht vor. Soweit der Beschwerdeführer zwei ärztliche Atteste gefälscht hatte, um über die ihm aus gesundheitlichen Gründen zunächst gewährte Haftverschonung hinaus auch über seine weitere Haftfähigkeit zu täuschen, erkannte der zuständige Sachbearbeiter der Strafvollstreckungsbehörde nach Vorlage der Urkunden umgehend deren Unrichtigkeit und lehnte die weitere Unterbrechung der Vollstreckung ab. Bereits am 03. Mai 2001 erging gegen den nunmehr flüchtigen Beschwerdeführer Haftbefehl. Dass diese Täuschung die Flucht ins Ausland erst ermöglichte, ist nicht erkennbar geworden. Überdies sind die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer begangenen Urkundendelikte durch Urteil des Amtsgerichts Kempten vom 24. Juni 2002 - 2 Ds 221 Js 9238/01 - mit drei Monaten Gesamtfreiheitsstrafe geahndet worden. Dass die Vollstreckungsbehörde aus Gründen der Spezialität davon absehen musste, diese Strafe zu vollstrecken (vgl. Vermerke der Staatsanwaltschaft Kempten vom 04. und 08. November 2002, Bl. 17 und 18 im Vollstreckungsheft - 221 VRs 9238/01 -), hat der Beschwerdeführer nicht zu verantworten. Soweit die Vollstreckungskammer ihm weiterhin anlastet, er sei im Mai 2001 mit einem unterschlagenen und nicht zum Verkehr zugelassenen Pkw geflüchtet, bestreitet er dies mit einer anderen, von vornherein nicht unglaubhaft erscheinenden Sachverhaltsdarstellung. Aus den dem Senat vorliegenden Vollstreckungsakten hat sich bisher lediglich der Verdacht einer Unterschlagung ergeben (vgl. Bl. 113 im hiesigen Vollstreckungsheft Bd. I). Eine entsprechende Verurteilung des Beschwerdeführers ist nicht bekannt geworden. Für den Senat ist deshalb im Gegensatz zur Vollstreckungskammer nicht hinreichend geklärt, ob er den Pkw auch tatsächlich zur Flucht in das Ausland benutzt hat. Dieser Umstand kann jedoch dahinstehen, denn selbst im Falle des Erwiesenseins einer Unterschlagung ließe sich ein solcher Fluchtvorgang nach Auffassung des Senats nicht mit den oben genannten besonders schwerwiegenden Sachverhalten vergleichen, die ausnahmsweise zu einer Versagung der Anrechnung von Auslieferungshaft gemäß § 450 a Abs. 3 StPO führen können. Da zusätzlich besonders belastende Umstände auch nicht in der am 27. November 2002 zum Amtsgericht -Strafrichter - Frankfurt erhobenen Anklage gegen den Beschwerdeführer wegen des Vorwurfs, in Frankfurt am 27. September 2001, 07. Oktober 2001 und am 09. Oktober 2001 drei Betrugstaten begangen zu haben, zu sehen sind, hat es beim Grundsatz, dass die Auslieferungshaft anzurechnen ist, zu verbleiben. Deshalb ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Antrag der Vollstreckungsbehörde gemäß § 450 a Abs. 3 StPO vom 15. November 2002 abzulehnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Aufgrund der auszusprechenden Anrechnung der Auslieferungshaft hat der Senat in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB den Umrechnungsmaßstab zu bestimmen (vgl. OLG Stuttgart MDR 1986, 779; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 450 a Rdnr. 3). Nachdem die Strafvollstreckungsbehörde bereits mit dem Umrechnungsmaßstab befasst war, ist der Senat, der als Beschwerdegericht anstelle der im ersten Rechtszug zuständigen Strafvollstreckungskammer entscheidet, hierzu auch befugt (vgl. OLG Zweibrücken GA 1983, 280, 281). Der Senat sieht keinen Anlass zugunsten des Beschwerdeführers von dem regelmäßigen Anrechnungsmaßstab von eins zu eins abzuweichen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Nach dem in dieser Vollstreckungssache vom Senat eingeholten Bericht der deutschen Botschaft in der Slowakei vom 31. Januar 2003 ist davon auszugehen, dass die Haftbedingungen in der Haftanstalt "UZVaJs" in Bratislava korrekt waren und keine besonderen Erschwernisse im Vergleich mit deutschen Gefängnissen aufwiesen. Der Senat hat keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit des Berichts zu zweifeln. Auch der Beschwerdeführer hat den Inhalt der ihm zur Stellungnahme zugeleiteten Erhebungen der Botschaft nicht angegriffen. Danach hatte der in der Auslieferungshaft an verschiedenen Tagen von Konsularbeamten aufgesuchte Beschwerdeführer damals angegeben, nur mit vier - anstatt der heute behaupteten sieben - weiteren Personen auf einer Zelle zu liegen. Mit Ausnahme von gesundheitlichen Problemen, mit denen er bereits im vorausgegangenen deutschen Strafvollzug behaftet war, hat er lediglich beklagt, dass er - vom 28. Oktober 2001 bis Anfang Januar 2002 - nicht über Bargeld verfügen konnte. Weitere Beschwerden wurden von ihm im Rahmen der konsularischen Betreuung nicht vorgebracht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Wie anlässlich einer im Juli 2002 stattgefundenen eingehenden Besichtigung dieses vornehmlich als Untersuchungshaftanstalt genutzten Gefängnisses von einem Mitarbeiter der Botschaft in einem ausführlichen, dem Senat übermittelten und dem Beschwerdeführer ebenfalls zur Kenntnis gebrachten Vermerk mit einer überaus anschaulichen Beschreibung der Gefängnisanlage festgehalten wurde, sind die allgemeinen Haftbedingungen der Anstalt, die seinerzeit nur geringfügig überbelegt war, denen der deutschen Vollzugsanstalten ähnlich. Insbesondere die hygienischen Zustände der Zellen, des Duschraumes, der Küche, der Krankenstation und der zwei Gefängnishöfe, waren, wie auch Art und Menge der Verpflegung, nicht zu beanstanden. Lediglich die körperliche Bewegungsfreiheit der Inhaftierten wurde aufgrund baubedingter Enge der Höfe als eingeschränkt empfunden. Die Haftzellen waren mit vier bis sechs Häftlingen belegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Soweit der Beschwerdeführer sich heute insbesondere über die Zellenbelegung, die unzureichende Zubereitung und Menge der Mahlzeiten sowie die bauliche Beschaffenheit der Zellentoilette (Rohr im Boden ohne Spülung nach Art eines sog. Plumpsklos) beklagt, haben diese vornehmlich subjektiv gefärbten Beeinträchtigungen nach Auffassung des Senats kein solches Ausmaß, dass eine erhöhte Anrechnung der in Bratislava verbrachten Haftzeit gerechtfertigt wäre. Wie der Senat insoweit bereits in einem vergleichbaren Fall entschieden hat (betreffend Spanien: vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2000 - 2 Ws 104/00 -), muss jemand, der sich der Strafvollstreckung durch Flucht ins Ausland entzieht, im Falle seiner Verhaftung auch gewisse landesspezifische Besonderheiten - klaglos - in Kauf nehmen. Dass der Beschwerdeführer durch den nur unzureichenden Hofgang in seiner körperlichen Bewegungsfreiheit ein-geschränkt war, fällt angesichts der damals bei ihm vorhanden gewesenen Erkrankung des Kniegelenks und vor dem Hintergrund der vergleichsweise geringen Dauer der Auslieferungshaft, die nach seiner alsbald erklärten Zustimmung zur Auslieferung ohnehin einen absehbaren Zeitraum betraf, nicht entscheidend ins Gewicht. Es liegt auf der Hand, dass das zuvor in Deutschland wiederholt operierte Kniegelenk in der slowakischen Haftanstalt zunächst nur einer - dem Beschwerdeführer zuzumutenden - ärztlichen Grundversorgung (u.a. durch Anlegung der orthopädischen Kniestütze) und keiner optimalen fachärztlichen Behandlung zugeführt werden konnte. Diesen Umstand hat jedoch allein der Beschwerdeführer zu verantworten. Er selbst ist ein solches Behandlungsrisiko durch den von ihm gewählten Auslandsaufenthalt eingegangen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Nach einer Gesamtschau aller Umstände weicht der Senat nicht von dem regelmäßigen Anrechnungsmaßstab von eins zu eins ab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
3. Die auf § 473 Abs. 4 beruhende Kosten- und Auslagenentscheidung entspricht dem Verhältnis des Erfolgs der Anträge des Beschwerdeführers und der Vollstreckungsbehörde.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,273 | olgstut-2003-02-11-8-wf-6002 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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} | 8 WF 60/02 | 2003-02-11T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:19 | 2019-02-12T13:09:50 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Beschwerde des Antragstellers werden die Erinnerungsentscheidung der Familienrichterin am Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt vom 29.5.2002 und der Kostenansatz der Kostenbeamtin vom 10. Oktober 2001 sowie die darauf beruhende Kostenrechnung der Landesoberkasse vom 13.12.2001</p>
<p>aufgehoben.</p>
<p>2. Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an die Kostenbeamtin des Amtsgerichts</p>
<p>zurückverwiesen.</p>
<p>3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Antragsteller, Vater des betroffenen Kindes, wendet sich im Verfahren nach § 14 KostO gegen die Gerichtskostenrechnung bzw. den zugrunde liegenden Kostenansatz insoweit, als er auch auf die Hälfte der Vergütung der nach § 50 FGG bestellten Verfahrenspflegerin in einem Sorgerechtsverfahren in Anspruch genommen wird.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>1. Aus der 1990 geschiedenen Ehe des aus Syrien stammenden, später eingebürgerten Vaters mit der deutschen Mutter ist der im Dezember 1987 geborene Sohn R. hervorgegangen; bei der Scheidung war das Sorgerecht der Mutter übertragen und dem Vater ein Umgangsrecht eingeräumt worden. Der Vater, der alsbald nach Scheidung eine Syrerin geheiratet hatte, die ihm 3 weitere Kinder geboren hat, ist im Sommer 1997 mit seiner neuen Familie unter illegaler Mitnahme von R. in sein Herkunftsland ausgereist. Die Bemühungen der Mutter um eine Rückführung des entführten Kindes waren erfolglos geblieben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Nachdem der Vater am 23. 9. 2000 mit seiner ganzen Familie nach Deutschland zurückgekehrt war, verlangte die Mutter sofort das Kind gegen seinen massiven Widerstand heraus. Der Vater beantragte am 27.9.2000 - zunächst im Wege der Einstweiligen Anordnung -, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für R. ihm oder hilfsweise dem Jugendamt zu übertragen, damit das Kind weiterhin in der ihm nun vertrauten, vorzugsweise arabisch sprechenden Familie aufwachsen könne. Die Mutter, die diesem Antrag entschieden entgegen getreten war, ist Ende 2000 mit ihrem neuen Partner nach Kanada ausgewandert. Um die geplante Mitnahme von R. nach Kanada zu verhindern, ist das Kind vom Jugendamt im November/Dezember 2000 vorübergehend in einem Kinderheim untergebracht worden und später wieder in die väterliche Familie zurückgekehrt. Durch verfahrensabschließenden Beschluss vom 17.7.2001 ist der Mutter das Sorgerecht gemäß § 1666 BGB entzogen und das Jugendamt zum Vormund bestellt worden (Bl. 311 ff). Darin sind die "Kosten des Verfahrens" zwischen den beiden Elternteilen "gegeneinander" aufgehoben worden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>2. Durch Beschluss vom 19.10.2000 hat der Familienrichter eine Diplom-Sozialpädagogin zur Verfahrenspflegerin bestellt, die eine zeitintensive Tätigkeit entfaltet hat, insbesondere im Zusammenhang mit der vorübergehenden Unterbringung des kaum noch deutsch sprechenden Kindes in einem Heim. Nach Abschluss des Verfahrens hat sie einen Vergütungsanspruch in Höhe von 9.286,32 DM geltend gemacht (Bl. 332ff). Die Auszahlung dieses Betrages ist im Oktober 2001 im Verwaltungswege erfolgt. Ein Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 56g FGG ist bis jetzt nicht durchgeführt worden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Mit Kostenansatz vom 1.10.2001 hat die Kostenbeamtin gegen beide Eltern Gerichtskosten in Höhe von jeweils 5417,31 DM (= 2769,83 EUR) angesetzt, darunter - neben Verfahrenskosten und Dolmetscherentschädigung - 4643,16 DM Verfahrenspflegervergütung als gerichtliche Auslagen gem. § 137 Nr. 16 KostO. Gegen die darauf hin ergangene Gerichtskostenrechnung vom 13.12.2001 hat sich zunächst der Vater mit der Erinnerung gewandt, und zwar dem Grunde und der Höhe nach; insbesondere stehe § 93a KostO stehe einer Inanspruchnahme der Eltern entgegen. Der Bezirksrevisor ist der Erinnerung entgegengetreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Später hat auch die Mutter den Kostenansatz der Höhe nach mit der Erinnerung angegriffen. Nachdem die Kostenbeamtin durch Beschluss vom 19.3.2002 nicht abgeholfen hatte (Bl. 368 f), hat die Familienrichterin beide Erinnerungen durch Beschluss vom 29.5.2002 (Bl. 378 f) als unbegründet zurückgewiesen; die Zahlungspflicht der Eltern ergebe sich bereits aus der unangefochten gebliebenen Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 17.7.2001.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Dagegen wendet sich (allein) der Vater mit der Beschwerde vom 24.6.2002, mit der er weiterhin die Auffassung verficht, § 93a KostO stehe als Spezialvorschrift einer Belastung der Eltern mit diesen Kosten entgegen; allein eine Inanspruchnahme des Kindes als "Betroffener" käme im Rahmen des § 1836c BGB in Betracht, wofür aber die tatsächlichen Vermögensverhältnisse von R. nicht ausreichten. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Vollstreckung ist einstweilen eingestellt.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die nach § 14 Abs. 3 S. 1 KostO statthafte Beschwerde des Vaters ist auch im übrigen zulässig. Sie hat nur insoweit Erfolg, als der Kostenansatz der Höhe nach einer erneuten Prüfung und Entscheidung bedarf.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>1. Der Auffassung des Beschwerdeführers, die Bestimmung des § 93a KostO schließe als Spezialvorschrift gegenüber den allgemeinen Kostentragungsvorschriften der KostO eine Inanspruchnahme der Eltern dem Grunde nach aus, vermag der Senat nicht beizutreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>a) Zutreffend ist allerdings der Einwand der Beschwerde, dass die Begründung der Erinnerungsentscheidung zu kurz greift. Aus der Unanfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 17.7.2001 ergibt sich noch nichts hinsichtlich der Berechtigung der Staatskasse, die beiden verfahrensbeteiligten Eltern auf die angefallenen Verfahrenspflegerkosten in Anspruch zu nehmen. Die Kostengrundentscheidung besagt nur in unanfechtbarer Weise, dass die gesetzlich angefallenen Verfahrenskosten gegen einander aufzuheben sind, was für die Gerichtskosten bedeutet, dass jede Partei die Hälfte zu tragen hat (vgl. § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Damit sind die verfahrensbeteiligten Eltern nicht nur Antrags- bzw. Interessenschuldner, sondern auch Entscheidungsschuldner (§§ 2,3 Nr. 1 KostO).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Welche Kosten aber in Umsetzung dieser Kostengrundentscheidung von der Staatskasse zu Recht angefordert werden, ist im Kostenansatzverfahren nach § 14 KostO (bzw. in ZPO-Verfahren nach § 5 GKG) zu prüfen. Deshalb ist der Erinnerungs- und Beschwerdeführer mit seinen Einwendungen durch die Kostengrundentscheidung nicht ausgeschlossen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>b) Mit dem Beschwerdeführer ist auch davon auszugehen, dass das betroffene Kind nicht die Kosten des Verfahrenspflegers zu tragen hat. Weder enthält die Kostengrundentscheidung des Amtsgerichts eine solche Verpflichtung, noch ergibt sie sich aus den gesetzlichen Kostenbestimmungen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Eine Haftung des betroffenen Kindes scheitert nach § 93a Abs. 2 KostO iVm § 1836c BGB daran, dass das Kind unstreitig keine ausreichenden Eigenmittel hat. Vorrangig scheidet seine Haftung aber schon deshalb aus, weil § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO in Sorgerechtsverfahren des § 1666 BGB - wie hier vorliegend - eine Haftung des betroffenen Kindes als Interessenschuldner (§ 2 Ziff. 2 KostO) ausdrücklich ausschließt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Dass § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO in der bis zum 31.12. 2001 geltenden Fassung dem Wortlaut nach nur die Haftung für Gebührenansprüche betraf und erst durch Art. 7 Nr. 2 des Gewaltschutzgesetzes vom 11.12.2001 mit Wirkung zum 1.1.2002 auf alle Kosten erweitert worden ist, in ändert hieran nichts. Denn der Senat hat schon zum bisherigen Recht den Standpunkt vertreten, dass § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO nicht nur auf "Gebühren", sondern sinngemäß auch auf die Auslagen des Gerichts anzuwenden sei (vgl. Die Justiz 1979, 266 = JurBüro 1980,592; Die Justiz 1983,261 = JurBüro 1983,1376 = RPfl 1983,295; Die Justiz 1987,191 = JurBüro 1987,1530; Die Justiz 1996, 341 = JurBüro 1997,606; Beschl. v. 28.2.2002 - 8 WF 13/02 - unveröff.; vgl. Rohs/Wedewer/Waldner, KostO, LoseBlSlg Stand Dez. 2002, § 94 Rn 25 - 29, auch mit Nw zur überwiegend abweichenden Rspr).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Im Ergebnis bedeutet das, dass § 93a Abs. 2 KostO in den Fällen des § 94 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 KostO "leerläuft" und nur solche Fälle betrifft, in denen der "Betroffene" ein Betreuter oder (gegebenenfalls auch minderjähriger) Unterzubringender ist (vgl. Bienwald, Verfahrenspflegschaft (2002) Rn 788,791).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>c) Die Verpflichtung beider Eltern, die Kosten des Verfahrenspflegers zu tragen, ergibt sich dem Grunde nach aus der Kostenentscheidung des Amtsgerichts im Beschluss vom 17.7.2001, nach der die Kosten des Verfahrens "gegeneinander aufgehoben" werden. Diese - dem Familienrichter aus § 93a ZPO geläufige - Formulierung bedeutet auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, dass jeder Elternteil selbst seine eigenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens und von den Gerichtskosten jeweils die Hälfte zu tragen hat (vgl. § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO). Beide Eltern sind somit Entscheidungsschuldner im Sinne des § 3 Ziff. 1 KostO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Dahinstehen kann, ob bei einer alle Verfahrenskosten umfassenden Kostengrundentscheidung, wie sie hier vorliegt, überhaupt noch eingewandt werden kann, dass eine bestimmte gesetzliche Vorschrift den Ansatz gerichtlicher Auslagen ihnen gegenüber ausschließe. Denn der Einwand des Beschwerdeführers, § 93a Abs. 2 KostO schließe eine Inanspruchnahme der Eltern für Auslagen nach § 137 Nr. 16 KostO aus, beruht auf einem Missverständnis der gesetzlichen Regelung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>§ 93a Abs. 2 KostO enthält, wie auch § 94 Abs. 3 S.2 KostO - soweit hier bedeutsam -, Einschränkungen hinsichtlich der sonst gegebenen gesetzlichen Kostenschuldnerschaft nach § 2 Ziff. 1 und 2 KostO. Wie § 94 Abs. 3 S. 2 KostO die Haftung von durch Sorgerechtsverfahren betroffenen Kindern als Interessenschuldner nach § 2 Ziff. 2 KostO ausdrücklich ausschließt, so begrenzt § 93a Abs. 2 KostO die Inanspruchnahme Betroffener für Verfahrenspflegerkosten, die sich ohne diese Norm aus der gesetzlichen Verpflichtung als Interessenschuldner i.S.d. § 2 Ziff. 2 KostO ergeben hätte. Hierin erschöpft sich der Regelungsgehalt des § 93a Abs. 2 KostO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Zwar befürwortet Hartmann (KostenGes 32. Aufl., KostO § 93a Rn 7) unter Hinweis, das Gesetz hätte klarer gefasst werden müssen, dass "bei der nach dem Regelungszweck der ganzen Vorschrift (..) gebotenen schuldnerfreundlichen Auslegung nicht etwa jeder andere Kostenschuldner iSv §§ 2ff" ist, "sondern richtigerweise niemand." Dem vermag der Senat nicht zu folgen; das - auch von Hartmann vermisste - Wörtchen "nur" kann nicht einfach hineininterpretiert werden. Vielmehr stellt § 93a Abs. 2 KostO klar, dass, soweit diese Haftung nicht durch § 94 Abs. 3 KosO ausgeschlossen ist, der Betroffene ein Kostenschuldner ist (Interessenschuldner nach § 2 Nr. 2 KostO), jedoch nur bei ausreichenden Mitteln haften soll.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>Diese systematische Auslegung findet ihre Bestätigung in den Gesetzgebungsmaterialien. Die amtliche Begründung für die neu eingefügte Bestimmung führt aus: "Diese Beträge (erg.: Aufwendungsersatz und Vergütung des Verfahrenspflegers aus der Staatskasse) sollen aber von demjenigen, der für die Kosten des der Bestellung zugrundeliegenden Verfahrens haftet, als Auslagen erhoben werden. Hierzu soll in § 137 eine neue Nr. 16 angefügt werden...(BT-Drs 13/7158, S. 40 f, zitiert nach Rohs/Wedewer/Waldner, aaO, § 93a Rn 3). Deshalb teilt die überwiegende Kommentarliteratur zu Recht die - auch vom Bezirksrevisor vertretene - Meinung, dass § 93a KostO die Inanspruchnahme der Eltern über § 3 KostO dem Grunde nach nicht ausschließt (Rohs/Wedewer/Waldner, aaO, Rn 5, 6; Korintenberg/Lappe, KostO 15. Aufl., § 93a Rn 4,5; Bienwald, aaO Rn 782-791 (unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht von Hartmann aaO); ebenso Senatsbeschl. 8 WF 13/02 bzgl. Sachverständigenkosten).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Damit erfahren die Kosten des Verfahrenspflegers im Ergebnis dieselbe Behandlung wie die - oft ebenfalls erheblichen - Sachverständigenkosten. Das Argument des Beschwerdeführervertreters, dass eine Belastung der Eltern deshalb nicht in Betracht kommen dürfe, weil dies sie abhalten könnte, sich bei Konflikten an das Familiengericht zu wenden, greift dagegen nicht durch. Zum einen handelt es sich hier um ein Amtsverfahren, für das der Antrag des Vaters nur eine Anregung darstellt. Zum anderen ist es nach § 94 Abs. 3 S. 2 KostO Sache des Richters, im Rahmen der Kostengrundentscheidung für eine angemessene Kostenbelastung Sorge zu tragen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>2. Mit der Feststellung, dass die Eltern dem Grunde nach für die Verfahrenspflegervergütung haften, stellt sich aber die weitere, hier ebenfalls aufgeworfene Frage, ob die Inanspruchnahme auch der Höhe nach gerechtfertigt ist. Da diese Frage weder in der Erinnerungsentscheidung der Amtsrichterin noch in der Stellungnahme des Bezirksrevisors ausreichend behandelt worden ist, hält es der Senat für geboten, das Verfahren insoweit an das Familiengericht zurückzuverweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>a) Die - bisher vom Senat nur im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 56g FGG geprüfte und in der Rechtsprechung bisher keineswegs einheitlich beantwortete - Frage, welche Tätigkeiten des Verfahrenspflegers über den gesetzlichen Aufgabenbereich hinausgehen und deshalb nicht aus der Staatskasse vergütungspflichtig sind, stellt sich im Kostenansatzverfahren gegen die kostentragungspflichtigen Eltern aus anderem Blickwinkel.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Der Senat hat sich durch den (zur Veröffentlichung vorgesehenen) Beschluss vom 29.10.2002 - 8 WF 20/02 - in Anlehnung an die ganz überwiegende Meinung in der Rechtsprechung dahin ausgesprochen, dass primäre Aufgabe des Verfahrenspflegers ist, die Interessen des Kindes zu erkennen und in dem Verfahren zur Geltung zu bringen, in dem die Eltern auf Grund ihrer eigenen widerstreitenden Interessen hierzu nicht mehr in der Lage sind; dagegen ist es nicht Aufgabe des Verfahrenspflegers, darüber hinaus Tatsachen zu ermitteln, Nachforschungen für die bestmögliche Entscheidung anzustellen, Hilfepläne zu erstellen, erzieherische oder therapeutische Maßnahmen zu ergreifen oder zwischen den übrigen Verfahrensbeteiligten zu vermitteln, weil dies nach der gegebenen Gesetzeslage nach wie vor Aufgabe des Gerichts und des Jugendamts geblieben ist. Ebenso wenig hat der Verfahrenspfleger die Aufgabe eines "Umgangspflegers" oder gar eines psychologischen Ersatz-Sachverständigen (näher dazu Bienwald, Verfahrenspfleger, Rn 809 ff, 839 ff).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Darüber hinaus hat der Senat im Beschluss v. 2.11.2000 (Die Justiz 2002, 411 = OLGRep 2002,269) die Tätigkeiten für vergütungspflichtig erachtet, die das Gericht dem Verfahrenspfleger zur Verfahrenserledigung überträgt (im konkreten Fall Mitwirkung bei der Auswahl einer Heimeinrichtung).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>b) Indes zeigen die erheblich gestiegenen Verfahrenspflegervergütungen, die häufig (und auch im vorliegenden Fall) die Kosten von Sachverständigengutachten und auch schwierigen Betreuungen erheblich übersteigen, dass hier ein Einfallstor für schwer begrenzbare Kosten eröffnet ist. Zwar mögen diese Kosten im Interesse des Kindeswohls liegen, aber sie beruhen auf Tätigkeiten, die über die dem Verfahrenspfleger nach dem Gesetz obliegende Wahrnehmung der Kindesinteressen im gerichtlichen Verfahren weit hinausgehen. Deshalb hat der Senat durch Beschluss vom 29. 1. 2003 (8 WF 27-29/02 - ebenfalls zur Veröffentlichung vorgesehen) die Vergütungspflichtigkeit auf Tätigkeiten beschränkt, bei denen der Verfahrenspfleger auf die Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnung vertrauen durfte; zugrunde lag ein Fall, in dem eine Verfahrenspflegerin vom Familienrichter beauftragt war, den Umgang des Vaters mit seinem Kind zu begleiten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Es ist Aufgabe des Staates, dann zugunsten des Wohls des Kindes tätig zu werden, wenn die Eltern als die natürlichen Garanten des Kindeswohls dieser Aufgabe nicht mehr im erforderlichen Umfange nachkommen können (Art. 6 Abs. 2 GG). Diese öffentliche Aufgabe obliegt im vorliegenden Zusammenhang zum einen den damit betrauten Gerichten, zum anderen den Jugendämtern als den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. §§ 13 SGB VIII). Inwieweit die Eltern und/oder das Kind zu den Kosten der jeweiligen Jugendhilfe-Maßnahme herangezogen werden können, ist in den §§ 90 ff SGB VIII im einzelnen geregelt; für eine darüber hinaus gehende Kostenbeteiligung gibt es keine Rechtsgrundlage. Die den Jugendämtern obliegenden Aufgaben der Jugendhilfe können ohne tragfähige gesetzliche Grundlage nicht dadurch gleichsam privatisiert werden, dass das Gericht einen Verfahrenspfleger damit beauftragt, im Interesse des Kindeswohls öffentliche Aufgaben wahrzunehmen mit der Folge, dass die dadurch entstehenden Kosten als gerichtliche Auslagen auf die Eltern umgelegt werden. Soweit der Verfahrenspfleger vom Gericht beauftragt wird, Tätigkeiten des Jugendamts oder auch des Gerichts selbst ersatzweise zu übernehmen, können die dadurch entstehenden Kosten nicht den Eltern über §§ 3 Nr. 1, 137 Nr. 16 KostO überbürdet werden (Bienwald, aaO, Rn 816 ff, 821, 840).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Deshalb bedarf es als Voraussetzung für einen Kostenansatz zu Lasten der Eltern der Prüfung, ob die der Verfahrenspflegerin gezahlte Vergütung auch nur Tätigkeiten umfasst, die von der gesetzlichen Aufgabe des Verfahrenspflegers gem. § 50 FGG gedeckt sind. Diese Prüfung der umfangreichen Vergütungsrechnung der Verfahrenspflegerin hat hier angesichts des Streits über den Grund der Inanspruchnahme des Vaters noch nicht statt gefunden und ist deshalb nunmehr vom Amtsgericht nachzuholen. Dabei ist zu beachten, dass die Verfahrenspflegerin am Kostenansatzverfahren nicht beteiligt ist, sondern nur über § 56 g FGG am Verfahren beteiligt werden kann; insofern besteht eine ähnliche Parallelität der Verfahren wie bei der Vergütung des Sachverständigen (§§ 16 ZSEG/5 GKG bzw. 14 KostO).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Sollte sich ergeben, dass der Tätigkeitsnachweis der Verfahrenspflegerin nennenswerte Positionen enthält, die zwar in weiterem Sinne dem Wohl des Kindes gedient haben mögen, aber gleichwohl den gesetzlichen Aufgabenbereich eines Verfahrenspflegers überschreiten und damit in den Bereich der öffentlichen Jugendhilfe fallen, so können diese Kostenpositionen nicht als gerichtliche Auslagen nach § 137 Nr. 16 KostO den Eltern angelastet werden. Allerdings ergibt sich daraus noch nicht automatisch, dass diese Vergütungsteile von der Verfahrenspflegerin nun wieder zurückgefordert werden können, wenn diese auf die Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnungen vertrauen durfte, wofür hier zahlreiche telefonische und persönliche Kontakte zwischen Richter und Verfahrenspfleger sprechen. Möglicherweise kommt in Betracht, solche in den Bereich der öffentlichen Jugendhilfe fallenden Teile der Verfahrenspflegervergütung im Verhältnis zum Beschwerdeführer niederzuschlagen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs. 7 KostO.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
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132,269 | olgkarl-2003-02-10-16-uf-17002 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 16 UF 170/02 | 2003-02-10T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:15 | 2019-02-12T13:09:50 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 17.07.2002 - Az.: 33 F 116/01 - wird in Ziffer 2 aufgehoben. Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.</p>
<p>2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>3. Beschwerdewert: 9.567 EUR</p>
<p>4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Die Ehe der Parteien ist mit seit 17.12.2002 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 17.07.2002 geschieden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
In Ziffer 2 des Tenors hatte das Amtsgericht ausgesprochen, dass auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von EUR 797,25 monatlich - bezogen auf den 30.04.2001 - begründet werden und zwar zu Lasten der Beamtenversorgung der Antragstellerin beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg, Pers.-Nr. ... . Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften war dabei in Entgeltpunkte umzurechnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Gegen das der Antragstellerin am 30.07.2002 zugestellte Urteil ... hat sie am 28.08.2002 wegen des auf den Versorgungsausgleich entfallenden Teils der Entscheidung Beschwerde eingelegt ....
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Antragsgegner ist am 22.12.2002 verstorben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nachdem die Antragstellerin zunächst beantragt hatte, den Versorgungsausgleich auszuschließen und hilfsweise, ihn herabzusetzen (...), stellt sie nunmehr den Antrag, festzustellen, dass der Versorgungsausgleich nicht mehr durchgeführt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
II. Die befristete Beschwerde ist gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 621 e Abs. 1, 621 e Abs. 3 S. 1 und S. 2, 517 ZPO zulässig und begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung der angefochtenen Entscheidung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Zwar scheitert eine Anwendung des § 619 ZPO daran, dass der Antragsgegner nach Rechtskraft des Scheidungsausspruches und nicht davor verstorben ist (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1996, 880; BGH, FamRZ 1983, 683). Dennoch findet ein Versorgungsausgleich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr statt. Gemäß § 1587 e Abs. 2 BGB erlischt mit dem Tode des Berechtigten der Ausgleichsanspruch.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Betroffen sind bei § 1587 e Abs. 2 BGB die Fälle, in denen der Berechtigte nach Rechtskraft der Scheidung jedoch vor Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich verstirbt. Letzteres ist der Fall, da der Ausspruch über den Versorgungsausgleich von der Antragstellerin wirksam angefochten worden ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Rechtsfolge des § 1587 e Abs. 2 BGB kann, so lange die Rechtskraft der Entscheidung nicht eintreten kann, nicht durch einen Feststellungsbescheid der beteiligten Versorgungsträger festgestellt werden, da ein Bescheid nach § 4 VAHRG eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung voraussetzt, die hier gerade nicht vorliegt. Die Rechtsfolge kann aber durch Beschluss ausgesprochen werden (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1990, 296).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
In der Sache steht das Erlöschen des Ausgleichsanspruchs mit dem Ableben des Anspruchsberechtigten einer Erledigung der Hauptsache gleich. Ein Versorgungsausgleich ist nicht mehr durchzuführen. Zur Klarstellung war Ziffer 2 des amtsgerichtlichen Urteils daher aufzuheben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 93 a Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 17 a Nr. 1 GKG.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2, 544 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,270 | olgstut-2003-02-10-17-wf-23402 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17 WF 234/02 | 2003-02-10T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:15 | 2019-02-12T13:09:50 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart-Bad Cannstatt – Familiengericht – vom 6. Dezember 2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:</td>
</tr>
</table>
<p/>
<blockquote>
<p>
<strong>Die Folgesachen elterliche Sorge und Ehegattenunterhalt werden von der Scheidungssache abgetrennt.</strong>
</p>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung in der Hauptsache.</td>
</tr>
</table>
<p/>
<p>Beschwerdewert: EUR 2.000,00</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den die Abtrennung nach § 623 Abs. 2 ZPO versagenden Beschluss des Familiengerichts Stuttgart-Bad Cannstatt ist begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Voraussetzungen einer Abtrennung der Folgesachen elterliche Sorge und Ehegattenunterhalt nach § 623 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Senat geht mit der überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass die Abtrennung bei entsprechendem Antrag grundsätzlich zwingend ist (vgl. Darstellung des Streitstandes bei OLG Köln, FamRZ 2002, 1570 ff.). Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift kann ausnahmsweise eine Ehescheidung erreicht werden, ohne dass über die oft wichtigste Folgesache Ehegattenunterhalt entschieden ist. Soweit das aus §§ 623 Abs. 1, 628 ZPO zu entnehmende Verbundprinzip dem entgegenstehen könnte, vermag sich dieser Rechtsgedanke angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht durchzusetzen und rechtfertigt keine einschränkende Auslegung (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rnr. 32f).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Ob im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs hiervon eine Ausnahme zuzulassen ist, kann dahinstehen. Solche Gründe sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Allein der Umstand, dass eine Ehescheidung vor der Vorabentscheidung über die elterliche Sorge ermöglicht wird, begründet jedenfalls nicht generell einen derartigen Missbrauchsfall (OLG Hamm, FamRZ 2001, 1229).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die durch die Beschwerde entstandenen Kosten sind Teil der Gesamtkosten des Rechtsstreits.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,271 | lg-tubingen-2003-02-10-2-o-10302 | {
"id": 143,
"name": "Landgericht Tübingen",
"slug": "lg-tubingen",
"city": 95,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 103/02 | 2003-02-10T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:19 | 2019-01-17T11:52:09 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p/>
<p>2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist für den Beklagten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.</p>
<p/>
<p>Streitwert: Euro 4.357.574,72</p>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger nehmen den Beklagten wegen Verletzung seiner Treuepflichten auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihnen dadurch entstanden ist, dass der Beklagte die notwendige Mitwirkung an einem einheitlichen Verkauf der im Familienbesitz befindlichen Aktien unterlassen hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
1. Die Kläger und der Beklagte hielten als Familienaktionäre die Mehrheit der Aktien der W AG mit dem Geschäftssitz in Tübingen. Sie koordinierten ihre gemeinschaftlichen Interessen aus dieser Aktienbeteiligung durch Poolvertrag vom 1. 4. 1992 (Bl. 45 ff. d. A.), in welchem einerseits in § 4 die einheitliche Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung vereinbart war, andererseits in § 5 Abs. 2 und 3 wechselseitige Vorkaufsrechte der Poolgesellschafter an den poolgebundenen Aktien. Bei Vertragsschluss wohnten die Poolgesellschafter in Deutschland, Italien, USA und Französisch Polynesien. Heute haben die Kläger ihren Wohnsitz bzw. Sitz in Deutschland, der Schweiz und Italien. Der Beklagte wohnt in Italien.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Am 9.8.1998 beschlossen die Poolmitglieder bei einem Treffen am Stuttgarter Flughafen mehrheitlich, dass der Kläger Ziffer 1 als Poolgeschäftsführer mit einem dritten Unternehmen über eine Verschmelzung verhandeln solle, sofern sich das Unternehmen zu einem Erwerb der in dem Pool gebundenen Aktien verpflichte. Falls dies nicht möglich sein solle, könne der Kläger Ziffer 1 mit einem Konkurrenten Verkaufsverhandlungen einleiten (italienisches Original auf Bl. 56 f. d. A., deutsche Übersetzung auf Bl. 202 d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im Frühjahr 2001 trat der Kläger Ziffer 1, der auch Vorstandsvorsitzender der W AG war, mit der schwedischen S AB in Verhandlungen über den Erwerb einer mehrheitlichen Beteiligung am Grundkapital der W AG ("Verkaufsverhandlungen 1. Stufe"). Da in dem Pool der Familienaktionäre insgesamt 60,19 % der gesamten Aktien der W AG gebunden waren, war eine Übertragung der Beteiligungsmehrheit auch grundsätzlich möglich. Nachdem die Verkaufsverhandlungen fortgeschritten waren, verlangte der Kläger Ziffer 1 von den Poolmitgliedern die Unterzeichnung einer Vollmacht zum Verkauf ihrer Aktien (vgl. Ziff. 4 des in englischer Sprache abgefassten Entwurfs BL. 249 f. d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Während die Kläger Ziffer 2 bis 5 die entsprechenden Unterlagen beibrachten, weigerte sich der Beklagte, den ihm zugeleiteten Vollmachtsentwurf zu unterzeichnen. Er übermittelte dem Kläger Ziffer 1 jedoch am 29.3.2001 einen neu formulierten Vollmachtsentwurf, in dem er unter anderem die Bedingung stellte, dass er die Vollmacht nur gemeinschaftlich mit allen anderen Poolmitgliedern in einem einheitlichen Vertrag unterzeichnen werde (Bl. 58 ff. d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Nach weiterem Schriftverkehr und der beiderseitigen Erstellung weiterer Vollmachtsentwürfe trafen sich der Kläger Ziffer 1 und der Beklagte am 28.5.2001 im Stuttgarter Büro des Klägervertreters zu einer Verhandlung. Dabei wurde ein neuer Vollmachtsentwurf erstellt (Bl. 66 ff. d. A.) und dem Beklagten übergeben mit der Maßgabe, dass dieser den Entwurf gegenzeichnen und bis Wochenende zurücksenden solle. Inwieweit sich der Beklagte mündlich bereits zur Unterzeichnung dieser Vollmacht verpflichtet hatte, ist im Einzelnen streitig. Durch Anwaltsschreiben vom 1.6.2001 teilte der Beklagte mit, dass er den Vollmachtsentwurf in der erstellten Fassung nicht akzeptieren werde. Hauptstreitpunkte waren unter anderem die Form des Abschlusses der Vereinbarung, die Modalitäten und Fristen hinsichtlich der Notifizierung des Vereinbarungsvollzugs und die Ausgestaltung der Vollmacht. Nachdem der Beklagte wiederum einen eigenen Vollmachtsentwurf erstellt hatte, erklärte der Kläger Ziff. 1 diese Fassung durch Anwaltsschreiben vom 1.6.2001 für nicht konsensfähig. Mit Schreiben vom 27.6.2001 erklärte der Kläger Ziff. 1, dass der Beklagte in Ermangelung einer Verkaufsvollmacht in der letzten Fassung des Kaufvertragsentwurfs mit der S AB aus der Liste der Verkäufer gestrichen worden sei, da die Käuferin auch unter Ausschluss der Aktien des Beklagten (16,93 %) eine einfache Aktienmehrheit erreichen könne (Bl. 272 d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Am 7.7.2001 wurde mit der S AB
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a) ein Aktienkaufvertrag über sämtliche Aktien der Kläger Ziffer 2-5 und des Beklagten sowie
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) ein Aktien-Options-Kaufvertrag über die Aktien der Kläger Ziffer 1 und 6 ausgefertigt. In beiden Verträgen war als Kauf- bzw. Optionspreis Euro 45 pro Aktie vorgesehen. Der Aktienkaufvertrag wurde am 7.7.2001 für die Kläger Ziffer 2-5 und die Käuferin unterzeichnet. Die Unterschrift der Beklagten, der in dem Aktienkaufvertrag doch noch als Mitverkäufer aufgeführt war, fehlte vorläufig. In Ziffer 14.5 des Vertrages war vereinbart, dass der Vertrag seine Wirksamkeit verliert, wenn der Beklagte den Vertrag nicht durch seinen Anwalt bis zum 20.7.2001 gegenzeichne (Bl. 97 d. A.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Mit Anwaltsschreiben vom 11.7.2001 ließ der Beklagte erklären, dass er "in der Tat verkaufswillig" sei und "sich dem Vertrag anschließen" werde. Voraussetzung sei aber, dass er den Inhalt des Vertrags angemessen überprüfen können, wozu aus sprachlichen Gründen eine vollständige italienische Übersetzung vorliegen müsse. (Bl. 100 d. A.). Unter dem 18.7.2001 ließ der Beklagte vermittels seines italienischen Anwalts erklären, dass er den Vertrag so nicht gegenzeichnen werde. Damit verloren die am 7.7.2001 unterzeichneten Verträge durch Fristablauf am 20.7.2001 ihre Wirksamkeit.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Um doch noch zu einer Gesamtverständigung zu kommen, wurde für den 31.7.2001 ein Verhandlungstermin in München vereinbart, an dem neben dem Beklagten auch die Klägerseite und die potentielle Käuferin teilnehmen sollten. Der Termin wurde vom Beklagten kurzfristig wieder abgesagt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Im August 2001 traten die Kläger in erneute Verhandlungen mit der S AB, in denen es um den Aktienverkauf unter Ausschluss der Aktien des Beklagten ging ("Verkaufsverhandlungen 2. Phase"). Am 7.9.2001 kam es mit der S AB zum Abschluss
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
a) eines Aktienkaufvertrags über sämtliche Aktien der Kläger Ziffer 2-5 (Bl. 109 ff. d. A.) und
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
b) eines Aktien-Options-Kaufvertrags über die Aktien der Kläger Ziffer 1 und 6 (Bl. 141 ff. d. A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Beide Verträge unterscheiden sich von den am 7.7.2001 ausgefertigten Verträgen, die mit Fristablauf unwirksam wurden, im Wesentlichen durch den niedrigeren Kauf- bzw. Optionspreis. Dieser betrug statt Euro 45,– nunmehr Euro 43,– pro Aktie. Die Aktien der Kläger Ziff. 2 – 5 wurden der Käuferin am 21.12.2001 übertragen. Durch Ausübung der Kaufoption wurden der Käuferin am 25.2.2002 auch die Aktien der Kläger Ziffer 1 und 6 übertragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Parallel dazu trat die S AB direkt mit dem Beklagten in Kaufverhandlungen. Am 5.12.2001 wurde ein Aktienkaufvertrag zwischen dem Beklagten und der S AB abgeschlossen (Bl. 150 ff. d. A.). Der Kaufpreis für die Aktien betrug ebenfalls Euro 43 pro Aktie. Auch im übrigen stimmten die Bedingungen dieses Kaufvertrags mit jenen der Verträge zwischen den Klägern und der S AB überein.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Die Kläger sind der Ansicht, der Beklagte sei aus dem Poolvertrag, den daraus erwachsenden Treuepflichten sowie aufgrund der am Stuttgarter Flughafen getroffenen Vereinbarung vom 9.8.1998 verpflichtet gewesen, dem Kläger Ziffer 1 eine schriftliche Vollmacht zum Verkauf und zur Übertragung seiner Aktien zu erteilen und zuzusenden. Sie behaupten, der Beklagte habe bis zum Abschluss der 1. Phase der Kaufverhandlungen wiederholt versichert, dass er an dem eingeleiteten Verkauf auch seiner Aktien sehr interessiert sei und dass deshalb noch mit der Erteilung der von ihm geforderten schriftlichen Vollmacht gerechnet werden dürfe. In dem Verhandlungstermin am 28.5.2001 in Stuttgart habe der Beklagte erklärt, dass er mit der dort erstellten Vereinbarung und der darin enthaltenen Vollmacht einverstanden sei und den redaktionell überarbeiteten Vertragstext gegenzeichnen und spätestens bis zum 1.6.2001 von seinem italienischen Wohnort unterzeichnet zurücksenden werde. Insoweit habe er mündlich die Vollmacht bereits bindend erteilt und sich zur schriftlichen Bestätigung verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Da der Beklagte dem Kläger Ziff. 1 die notwendige Vollmacht zum Verkauf der Aktien pflichtwidrig nicht schriftlich bestätigt und den Aktienkaufvertrag vom 7.7.2001 – ebenso pflichtwidrig – nicht fristgerecht unterzeichnet habe, sei den Klägern neben den für die nach dem 7.7.2001 notwendigen Nachverhandlungen angefallenen Mehrkosten in Höhe von Euro 30.894.72 ein Schaden dadurch entstanden, dass sie wegen der geringeren Stückzahl nur einen um Euro 2,– pro Aktie geringeren Kaufpreis erzielen konnten. Diesen Differenzschaden beziffern sie für 2.163.340 Stückaktien auf Euro 4.326.680,–. Der Beklagte sei durch Anwaltsschreiben vom 8.2.2002 unter Fristsetzung bis zum 1.3.2002 ergebnislos zur Zahlung aufgefordert worden und sei ab dieser Zeit unter dem Gesichtspunkt des Verzugs auch zum Ersatz des Zinsschadens verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Für die Entscheidung des Rechtsstreits sei nach Art. 5 Nr. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) das Landgericht Tübingen international und auch örtlich als Gericht des Erfüllungsortes zuständig. Hier sei der Poolvertrag geschlossen worden, der die Pflichten begründe, deren Verletzung geltend gemacht werde. Hier habe die W AG ihren Sitz und liege deshalb der Ausgangspunkt für die Vertragsverhandlungen über die Veräußerung der mehrheitlichen Aktienbeteiligung. Hier habe der Geschäftsführer des Pools, der die Verkaufsverhandlungen geführt habe, seinen Wohnsitz. Hier sei das Gericht der gepoolten Interessenverknüpfung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Kläger beantragen,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger Euro 4.357.574,72 zuzüglich 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit 8.2.2002 zu bezahlen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
die Klage als unzulässig abzuweisen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
hilfsweise als unbegründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Der Beklagte rügt die internationale und örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Tübingen. Keine der Verpflichtungen, deren Verletzung ihm vorgeworfen werde, sei in Tübingen zu erfüllen gewesen. Der Beklagte könne deshalb gem. Art. 2 Abs. 1 EuGVVO nur an seinem allgemeinen Gerichtsstand in Italien in Anspruch genommen werden, was für die Kläger in Anbetracht der gemeinsamen italienischen Staatsangehörigkeit aller Beteiligten und der gemeinsamen Sprache auch ohne weiteres zumutbar sei.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
In der Sache macht der Beklagte vorsorglich geltend, es fehle bereits an den rechtlichen Grundlagen für einen Schadensersatzanspruch. Weder habe er dem Kläger Ziffer 1 eine Vollmacht zum Verkauf seiner Aktien erteilt noch sei er zu irgendeinem Zeitpunkt rechtlich verpflichtet gewesen, eine solche Vollmacht zu erteilen. Eine solche Verpflichtung ergebe sich in Anbetracht des begrenzten Gesellschaftszwecks weder aus dem Poolvertrag und den daraus abgeleiteten gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten noch aus den Vereinbarungen am 9.8.1998 und 28.5.2001. Während der Verkaufsverhandlungen seien dem Beklagten vom seinem Onkel, dem Kläger Ziffer 1, wiederholt präzise Informationen bezüglich des Inhalts des abzuschließenden Geschäfts und der Vertragsgestaltung vorenthalten worden. In dem Verhandlungstermin am 28.5.2001 in Stuttgart habe er erklärt, dass er zwar grundsätzlich bereit sei, seine Aktien gemeinsam mit den anderen Poolmitgliedern zu verkaufen, jedoch nur zu den Bedingungen, die er im eigenen Vereinbarungsentwurf vorgesehen habe und die er als unverzichtbar ansehe. Den Vertrag vom 7.7.2001 habe er deshalb nicht fristgerecht unterzeichnet, weil die Übersetzung 10 Tage in Anspruch genommen und er keine ausreichende Zeit zur Prüfung gehabt habe. Nachdem das für den 31.7.2001 in München vereinbarte Treffen nicht zustande gekommen sei, habe der Kläger Ziff 1 die Verhandlungen mit dem Beklagten einseitig abgebrochen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Klage war als unzulässig abzuweisen. Das Landgericht Tübingen ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international nicht zuständig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
1. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Die am 1. März 2002 in Kraft getretene Verordnung ist auf die am 22. Mai 2002 eingegangene Klage zeitlich anwendbar, s. Art. 66 I i.V.m. Art. 76 EuGVVO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVVO kann der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Italien hat, nur dort an seinem allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden, wenn nicht eine besondere Zuständigkeit im Sinne der Art. 5 bis 22 EuGVVO begründet ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
2. Die Voraussetzungen für den ausschließlichen Gerichtsstand der Gesellschaft im Sinne des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO sind nicht gegeben. Zwar ist der Pool zwischen den Klägern und dem Beklagten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden, § 1 Abs. 1 des Poolvertrags (Bl. 46 d. A.). Jedoch verfügt die Gesellschaft über kein Gesamthandsvermögen, nimmt nicht als Gesellschaft am Rechtsverkehr teil und stellt damit eine reine Innengesellschaft dar, vgl. Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 1997, vor § 705 Rdnr. 48; BGH NJW 1987, 890, 891. Solche Innengesellschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO, Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, Art. 22 EuGVVO Rdnr. 10; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 16 Rdnr. 147.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
3. Das Landgericht Tübingen ist auch nicht als Gericht des Erfüllungsorts im Sinne des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
a) Art. 5 Nr. 1 EuGVVO sieht im Fall des lit. a keine autonome und einheitliche Bestimmung des Erfüllungsortes vor. Lediglich in den abschließend aufgezählten Fällen des lit. b wird eine solche Bestimmung – in Abkehr zur früheren EuGVÜ und der bisherigen EuGH-Rechtsprechung – vorgenommen, s. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 Rdnr. 21. Die geltend gemachte Schadensersatzverpflichtung des Beklagten fällt nicht unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO. Für eine Übertragung des Rechtsgedankens des lit. b auf Fälle des lit. a besteht angesichts der klaren Beschränkung des lit. b auf zwei Fälle (Kauf- und Dienstvertrag) sowie der Formulierung des lit. c kein Raum.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
b) Damit bestimmt sich der Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO nach dem materiellen Recht, "das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts anwendbar ist", Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, Tessili/Dunlop, Slg. 1976, 1743, Tz. 15. Dabei ist grundsätzlich von der konkreten vertraglichen Verpflichtung auszugehen, deren Nichterfüllung klageweise geltend gemacht wird, Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976,
<em>De</em>
Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Kläger stützen ihren Schadensersatzanspruch erstens auf die Verletzung einer allgemeinen Treuepflicht, die sie aus dem Poolvertrag und den begleitenden Umständen herleiten. Zweitens sind sie der Ansicht, der Anspruch folge aus einer Verpflichtung zur Vollmachterteilung, die in dem Poolvertrag und der schriftlichen Abrede zwischen den Klägern und dem Beklagten vom 9.8.1998 am Stuttgarter Flughafen gründe. Drittens folge die Verpflichtung zur Übersendung einer schriftlichen Vollmachtsurkunde auch aus der mündlichen Zusage des Beklagten bei dem Treffen den am 28.5.2001 in Stuttgart. Für keine dieser Verpflichtungen liegt der Erfüllungsort in Tübingen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
aa) Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch auf die Verletzung der Treuepflicht des Beklagten aus dem Poolvertrag stützen, bestimmt sich der Erfüllungsort nach deutschem Sachrecht. Zwar liegt kein Fall des Art. 37 Nr. 2 EGBGB vor, da Innengesellschaften davon nicht erfasst werden, s. von Hoffmann in Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1996, Art. 37 EGBGB, Rdnr. 48. Jedoch deutet schon die Bezeichnung des Pools im Poolvertrag als "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (Bl. 46 d. A.) auf eine stillschweigende Wahl des deutschen Rechts im Sinne des Art. 27 Abs. 1 S. 2 EGBGB hin, s. Firsching/von Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rdnr. 34. Im übrigen beziehen sich die charakteristischen Hauptpflichten aus dem Poolvertrag – die Koordinierung der Stimmrechtsausübung und das vereinbarte Vorkaufsrecht der Poolmitglieder – jeweils auf die Aktienbeteiligung der Poolmitglieder an der Walter AG. Durch die enge Verbindung zur in Tübingen ansässigen W AG ist auf die Verpflichtungen aus dem Poolvertrag deutsches Recht anwendbar, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Damit bestimmt sich der Erfüllungsort der Treuepflicht aus dem Poolvertrag nach § 269 BGB. Dabei ist grundsätzlich auf die jeweils konkret geschuldete Leistung abzustellen, s. Krüger in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2001, § 269 Rdnr. 19. Zwar kann sich aus der Natur eines Schuldverhältnisses ein einheitlicher Erfüllungsort für das gesamte Schuldverhältnis ergeben, wenn eine bestimmte Verpflichtung dem Schuldverhältnis das wesentliche Gepräge gibt, ebda. Bei Ansprüchen aus Gesellschaftsverträgen kann ein einheitlicher Erfüllungsort insbesondere am Sitz der Gesellschaft bestehen, s. Heinrichs in: Palandt, 61. Aufl. 2002, § 269 Rdnr. 13.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Eine BGB-Innengesellschaft ist weder rechts- noch parteifähig und hat keinen Sitz, an dem ein einheitlicher Erfüllungsort für gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen existieren könnte, s. BayObLG, NJW-RR 1990, 742. Zwar hat der BGH mit Urteil vom 29. 1. 2001 die Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft anerkannt, NJW 2001, 1056. Er bezieht sich dabei jedoch nur auf die Außen-Gesellschaft mit Gesamthandsvermögen. Innengesellschaften werden von der Rechtsprechungsänderung nicht erfasst, K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1001; Scholz, NZG 2002, 153, 156. Damit verfügt die vorliegende BGB-Gesellschaft über keinen Sitz, an dem ein einheitlicher Erfüllungsort für alle Verpflichtungen aus dem Poolvertrag liegen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Auch aus sonstigen Umständen des Poolvertrags folgt nicht, dass die Treuepflicht des Beklagten in Tübingen zu erfüllen war. Die Kläger sind der Ansicht, der Poolvertrag weise einen ortsgebundenen Schwerpunkt auf, der zu einer Verlagerung des Erfüllungsortes aller aus dem Poolvertrag fließenden Verpflichtungen nach Tübingen führe. Der Poolvertrag regele die Stimmrechtsausübung von Aktien der W AG, die ihren Sitz in Tübingen habe. Auch seien die Poolversammlungen in der Regel in Tübingen abgehalten worden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass für alle aus dem Poolvertrag fließenden Verpflichtungen ein einheitlicher Erfüllungsort in Tübingen besteht. Die Vertragspartner des Poolvertrags hatten seit Vertragsschluss ihren Wohnsitz in vier verschiedenen Ländern, teilweise in Übersee. Sinn und Zweck des Poolvertrags war es unter anderem, den Vertragspartnern trotz der entfernt und verstreut liegenden Wohnsitze eine effektive Einflussnahme auf die W AG zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde der in der Nähe Tübingens ansässige Kläger Ziffer 1 als "Person vor Ort" mit der Interessenwahrnehmung beauftragt. Aus diesem örtlichen Bezug zu Tübingen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Poolmitglieder den Erfüllungsort ihrer
<em>eigenen</em>
Verpflichtungen nach Deutschland verlagern wollten. Vielmehr liegt nahe, dass sie ihre Verpflichtungen weiter von ihrem jeweiligen Wohnsitz aus erfüllen wollten, um dabei auch auf ihre lokalen, muttersprachlichen Berater zurückgreifen zu können. Damit ist dem Poolvertrag – zumindest hinsichtlich der Treuepflicht, deren Verletzung die Kläger geltend machen – kein ortsgebundener Schwerpunkt zu entnehmen. Vielmehr hatte der Beklagte seine Treuepflicht an seinem Wohnsitz zu erfüllen. Insoweit ist das Landgericht Tübingen international unzuständig, Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Im übrigen ist die aus dem Poolvertrag fließende allgemeine Treuepflicht auch nicht der richtige Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Erfüllungsortes im Rahmen des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ, der insoweit mit dem neuen Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO übereinstimmt, ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes "die Verpflichtung heranzuziehen, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt", Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, De Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.; s. a. Urteil des EuGH vom 15.1.1987, Shenavai/Kreischer, Slg. 1987, 239, Tz. 17.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Zwar modifiziert der EuGH diesen Grundsatz, wenn es um das Verhältnis von Primär- und Sekundärpflichten geht. Werden Schadensersatzansprüche geltend gemacht, so ist der Erfüllungsort der Leistungspflicht entscheidend, die die sekundäre Schadensersatzpflicht auslöst, s. Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, De Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.; s. a. Geimer/Schütze, Europ. Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 5 Rdnr. 59. Die primäre Leistungspflicht, deren Verletzung geltend gemacht wird, ist die Verpflichtung zur Vollmachtserteilung. Diese Verpflichtung wiederum wird aus der allgemeinen Treuepflicht der Poolmitglieder untereinander abgeleitet. Damit ist der Erfüllungsort der konkreten Verpflichtung zur Vollmachtserteilung entscheidend, nicht jedoch der Erfüllungsort der übergeordneten Treuepflicht. Die allgemeine Treuepflicht, die jeden Gesellschaftsvertrag begleitet, kann nicht als einheitlicher Anknüpfungspunkt für den Erfüllungsort aller Verpflichtungen herangezogen werden, die mittelbar aus der Treuepflicht folgen mögen. Dies würde zu einer Vereinheitlichung des Erfüllungsortes führen, die im Normalfall des § 269 Abs. 1 BGB und des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO gerade nicht bezweckt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
bb) Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch auf die Verletzung einer konkreten Verpflichtung zur Vollmachtserteilung aus dem Poolvertrag sowie der am Stuttgarter Flughafen getroffenen schriftlichen Vereinbarung der Parteien vom 9.8.1998 stützen, kann nichts anderes gelten. Auch insoweit liegt der Erfüllungsort nicht in Deutschland.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Deutsches Sachrecht ist nicht nur auf den Poolvertrag anwendbar, sondern in gleicher Weise auf die Verpflichtungen aus der am 9.8.1998 in Stuttgart getroffenen Vereinbarung. Diese Vereinbarung betrifft die beabsichtigte Veräußerung des Aktienbesitzes an der W AG. Durch die enge Verbindung zur in Deutschland ansässigen W AG ist auch auf diese Abrede deutsches Sachrecht anwendbar, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Damit bestimmt sich der Erfüllungsort der daraus folgenden Verpflichtungen nach § 269 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Aus den Umständen ergeben sich aber keine Hinweise, dass der Beklagte seiner Verpflichtung zur Erteilung einer Vollmacht in Tübingen oder Stuttgart nachkommen musste. Weder der Poolvertrag noch die Stuttgarter Abrede weisen einen ortsgebundenen Schwerpunkt auf, der zu einem solchen Erfüllungsort führt. Vielmehr konnte und sollte der Beklagte die Vollmacht von seinem italienischen Wohnsitz aus erteilen und dem Kläger Ziffer 1 dann zusenden. Damit liegt der Erfüllungsort auch hinsichtlich dieser Verpflichtungen des Beklagten in Italien.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
cc) Auch soweit die Kläger behaupten, der Beklagte habe sich anlässlich der Verhandlungen in Stuttgart am 28.5.2001 mündlich mit der Vollmachtserteilung einverstanden erklärt und sich nur deren schriftliche Ausfertigung vorbehalten, liegt kein deutscher Erfüllungsort vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten könnte bestehen, wenn er es entgegen seiner mündlichen Zusage unterlassen hätte, die bereits erfolgte mündliche Vollmachtserteilung nach seiner Rückkehr nach Italien für Dokumentationszwecke gegenüber der S AB schriftlich zu bestätigen. Es ist nicht ersichtlich, warum der Erfüllungsort für diese Verpflichtung, eine schriftliche Vollmachtsbestätigung beizubringen, in Deutschland liegen soll. Es war allen Beteiligten des Treffens am 28. 5. 2001 in Stuttgart klar, dass der Beklagte die schriftliche Vollmachtsbestätigung erst nach seiner Rückkehr an seinen italienischen Wohnsitz erstellen würde. Mangels anderer Anhaltspunkte liegt der Erfüllungsort dieser Verpflichtung deshalb in Italien, § 269 BGB. Entgegen der Ansicht der Kläger führt diese Beurteilung – isoliert betrachtet – zu keiner Verschiebung des Erfüllungsortes für die Vollmachtserteilung nach Italien (s. Bl. 195 d. A.), vielmehr handelt es sich hier um die gesondert zu betrachtende Verpflichtung, eine schriftliche Vollmachtsbestätigung beizubringen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Nach allem ist das Landgericht Tübingen auch insoweit international unzuständig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Klage war als unzulässig abzuweisen. Das Landgericht Tübingen ist für die Entscheidung des Rechtsstreits international nicht zuständig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
1. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO). Die am 1. März 2002 in Kraft getretene Verordnung ist auf die am 22. Mai 2002 eingegangene Klage zeitlich anwendbar, s. Art. 66 I i.V.m. Art. 76 EuGVVO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVVO kann der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Italien hat, nur dort an seinem allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden, wenn nicht eine besondere Zuständigkeit im Sinne der Art. 5 bis 22 EuGVVO begründet ist. Das ist vorliegend nicht der Fall.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
2. Die Voraussetzungen für den ausschließlichen Gerichtsstand der Gesellschaft im Sinne des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO sind nicht gegeben. Zwar ist der Pool zwischen den Klägern und dem Beklagten als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet worden, § 1 Abs. 1 des Poolvertrags (Bl. 46 d. A.). Jedoch verfügt die Gesellschaft über kein Gesamthandsvermögen, nimmt nicht als Gesellschaft am Rechtsverkehr teil und stellt damit eine reine Innengesellschaft dar, vgl. Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 1997, vor § 705 Rdnr. 48; BGH NJW 1987, 890, 891. Solche Innengesellschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 22 Nr. 2 EuGVVO, Hüßtege in: Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, Art. 22 EuGVVO Rdnr. 10; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 16 Rdnr. 147.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
3. Das Landgericht Tübingen ist auch nicht als Gericht des Erfüllungsorts im Sinne des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
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a) Art. 5 Nr. 1 EuGVVO sieht im Fall des lit. a keine autonome und einheitliche Bestimmung des Erfüllungsortes vor. Lediglich in den abschließend aufgezählten Fällen des lit. b wird eine solche Bestimmung – in Abkehr zur früheren EuGVÜ und der bisherigen EuGH-Rechtsprechung – vorgenommen, s. Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2002, Art. 5 Rdnr. 21. Die geltend gemachte Schadensersatzverpflichtung des Beklagten fällt nicht unter Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO. Für eine Übertragung des Rechtsgedankens des lit. b auf Fälle des lit. a besteht angesichts der klaren Beschränkung des lit. b auf zwei Fälle (Kauf- und Dienstvertrag) sowie der Formulierung des lit. c kein Raum.
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b) Damit bestimmt sich der Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO nach dem materiellen Recht, "das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts anwendbar ist", Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, Tessili/Dunlop, Slg. 1976, 1743, Tz. 15. Dabei ist grundsätzlich von der konkreten vertraglichen Verpflichtung auszugehen, deren Nichterfüllung klageweise geltend gemacht wird, Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976,
<em>De</em>
Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.
</td></tr></table>
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Die Kläger stützen ihren Schadensersatzanspruch erstens auf die Verletzung einer allgemeinen Treuepflicht, die sie aus dem Poolvertrag und den begleitenden Umständen herleiten. Zweitens sind sie der Ansicht, der Anspruch folge aus einer Verpflichtung zur Vollmachterteilung, die in dem Poolvertrag und der schriftlichen Abrede zwischen den Klägern und dem Beklagten vom 9.8.1998 am Stuttgarter Flughafen gründe. Drittens folge die Verpflichtung zur Übersendung einer schriftlichen Vollmachtsurkunde auch aus der mündlichen Zusage des Beklagten bei dem Treffen den am 28.5.2001 in Stuttgart. Für keine dieser Verpflichtungen liegt der Erfüllungsort in Tübingen.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
aa) Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch auf die Verletzung der Treuepflicht des Beklagten aus dem Poolvertrag stützen, bestimmt sich der Erfüllungsort nach deutschem Sachrecht. Zwar liegt kein Fall des Art. 37 Nr. 2 EGBGB vor, da Innengesellschaften davon nicht erfasst werden, s. von Hoffmann in Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1996, Art. 37 EGBGB, Rdnr. 48. Jedoch deutet schon die Bezeichnung des Pools im Poolvertrag als "Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (Bl. 46 d. A.) auf eine stillschweigende Wahl des deutschen Rechts im Sinne des Art. 27 Abs. 1 S. 2 EGBGB hin, s. Firsching/von Hoffmann, Internationales Privatrecht, 7. Aufl. 2002, § 10 Rdnr. 34. Im übrigen beziehen sich die charakteristischen Hauptpflichten aus dem Poolvertrag – die Koordinierung der Stimmrechtsausübung und das vereinbarte Vorkaufsrecht der Poolmitglieder – jeweils auf die Aktienbeteiligung der Poolmitglieder an der Walter AG. Durch die enge Verbindung zur in Tübingen ansässigen W AG ist auf die Verpflichtungen aus dem Poolvertrag deutsches Recht anwendbar, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB.
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Damit bestimmt sich der Erfüllungsort der Treuepflicht aus dem Poolvertrag nach § 269 BGB. Dabei ist grundsätzlich auf die jeweils konkret geschuldete Leistung abzustellen, s. Krüger in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2001, § 269 Rdnr. 19. Zwar kann sich aus der Natur eines Schuldverhältnisses ein einheitlicher Erfüllungsort für das gesamte Schuldverhältnis ergeben, wenn eine bestimmte Verpflichtung dem Schuldverhältnis das wesentliche Gepräge gibt, ebda. Bei Ansprüchen aus Gesellschaftsverträgen kann ein einheitlicher Erfüllungsort insbesondere am Sitz der Gesellschaft bestehen, s. Heinrichs in: Palandt, 61. Aufl. 2002, § 269 Rdnr. 13.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor. Eine BGB-Innengesellschaft ist weder rechts- noch parteifähig und hat keinen Sitz, an dem ein einheitlicher Erfüllungsort für gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen existieren könnte, s. BayObLG, NJW-RR 1990, 742. Zwar hat der BGH mit Urteil vom 29. 1. 2001 die Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft anerkannt, NJW 2001, 1056. Er bezieht sich dabei jedoch nur auf die Außen-Gesellschaft mit Gesamthandsvermögen. Innengesellschaften werden von der Rechtsprechungsänderung nicht erfasst, K. Schmidt, NJW 2001, 993, 1001; Scholz, NZG 2002, 153, 156. Damit verfügt die vorliegende BGB-Gesellschaft über keinen Sitz, an dem ein einheitlicher Erfüllungsort für alle Verpflichtungen aus dem Poolvertrag liegen könnte.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
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Auch aus sonstigen Umständen des Poolvertrags folgt nicht, dass die Treuepflicht des Beklagten in Tübingen zu erfüllen war. Die Kläger sind der Ansicht, der Poolvertrag weise einen ortsgebundenen Schwerpunkt auf, der zu einer Verlagerung des Erfüllungsortes aller aus dem Poolvertrag fließenden Verpflichtungen nach Tübingen führe. Der Poolvertrag regele die Stimmrechtsausübung von Aktien der W AG, die ihren Sitz in Tübingen habe. Auch seien die Poolversammlungen in der Regel in Tübingen abgehalten worden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass für alle aus dem Poolvertrag fließenden Verpflichtungen ein einheitlicher Erfüllungsort in Tübingen besteht. Die Vertragspartner des Poolvertrags hatten seit Vertragsschluss ihren Wohnsitz in vier verschiedenen Ländern, teilweise in Übersee. Sinn und Zweck des Poolvertrags war es unter anderem, den Vertragspartnern trotz der entfernt und verstreut liegenden Wohnsitze eine effektive Einflussnahme auf die W AG zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurde der in der Nähe Tübingens ansässige Kläger Ziffer 1 als "Person vor Ort" mit der Interessenwahrnehmung beauftragt. Aus diesem örtlichen Bezug zu Tübingen kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Poolmitglieder den Erfüllungsort ihrer
<em>eigenen</em>
Verpflichtungen nach Deutschland verlagern wollten. Vielmehr liegt nahe, dass sie ihre Verpflichtungen weiter von ihrem jeweiligen Wohnsitz aus erfüllen wollten, um dabei auch auf ihre lokalen, muttersprachlichen Berater zurückgreifen zu können. Damit ist dem Poolvertrag – zumindest hinsichtlich der Treuepflicht, deren Verletzung die Kläger geltend machen – kein ortsgebundener Schwerpunkt zu entnehmen. Vielmehr hatte der Beklagte seine Treuepflicht an seinem Wohnsitz zu erfüllen. Insoweit ist das Landgericht Tübingen international unzuständig, Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO.
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Im übrigen ist die aus dem Poolvertrag fließende allgemeine Treuepflicht auch nicht der richtige Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Erfüllungsortes im Rahmen des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO. Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ, der insoweit mit dem neuen Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO übereinstimmt, ist für die Bestimmung des Erfüllungsortes "die Verpflichtung heranzuziehen, die dem vertraglichen Anspruch entspricht, auf den der Kläger seine Klage stützt", Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, De Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.; s. a. Urteil des EuGH vom 15.1.1987, Shenavai/Kreischer, Slg. 1987, 239, Tz. 17.
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Zwar modifiziert der EuGH diesen Grundsatz, wenn es um das Verhältnis von Primär- und Sekundärpflichten geht. Werden Schadensersatzansprüche geltend gemacht, so ist der Erfüllungsort der Leistungspflicht entscheidend, die die sekundäre Schadensersatzpflicht auslöst, s. Urteil des EuGH vom 6. 10. 1976, De Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497, Tz. 9 ff.; s. a. Geimer/Schütze, Europ. Zivilverfahrensrecht, 1997, Art. 5 Rdnr. 59. Die primäre Leistungspflicht, deren Verletzung geltend gemacht wird, ist die Verpflichtung zur Vollmachtserteilung. Diese Verpflichtung wiederum wird aus der allgemeinen Treuepflicht der Poolmitglieder untereinander abgeleitet. Damit ist der Erfüllungsort der konkreten Verpflichtung zur Vollmachtserteilung entscheidend, nicht jedoch der Erfüllungsort der übergeordneten Treuepflicht. Die allgemeine Treuepflicht, die jeden Gesellschaftsvertrag begleitet, kann nicht als einheitlicher Anknüpfungspunkt für den Erfüllungsort aller Verpflichtungen herangezogen werden, die mittelbar aus der Treuepflicht folgen mögen. Dies würde zu einer Vereinheitlichung des Erfüllungsortes führen, die im Normalfall des § 269 Abs. 1 BGB und des Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO gerade nicht bezweckt ist.
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bb) Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch auf die Verletzung einer konkreten Verpflichtung zur Vollmachtserteilung aus dem Poolvertrag sowie der am Stuttgarter Flughafen getroffenen schriftlichen Vereinbarung der Parteien vom 9.8.1998 stützen, kann nichts anderes gelten. Auch insoweit liegt der Erfüllungsort nicht in Deutschland.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
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Deutsches Sachrecht ist nicht nur auf den Poolvertrag anwendbar, sondern in gleicher Weise auf die Verpflichtungen aus der am 9.8.1998 in Stuttgart getroffenen Vereinbarung. Diese Vereinbarung betrifft die beabsichtigte Veräußerung des Aktienbesitzes an der W AG. Durch die enge Verbindung zur in Deutschland ansässigen W AG ist auch auf diese Abrede deutsches Sachrecht anwendbar, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB. Damit bestimmt sich der Erfüllungsort der daraus folgenden Verpflichtungen nach § 269 BGB.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
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Aus den Umständen ergeben sich aber keine Hinweise, dass der Beklagte seiner Verpflichtung zur Erteilung einer Vollmacht in Tübingen oder Stuttgart nachkommen musste. Weder der Poolvertrag noch die Stuttgarter Abrede weisen einen ortsgebundenen Schwerpunkt auf, der zu einem solchen Erfüllungsort führt. Vielmehr konnte und sollte der Beklagte die Vollmacht von seinem italienischen Wohnsitz aus erteilen und dem Kläger Ziffer 1 dann zusenden. Damit liegt der Erfüllungsort auch hinsichtlich dieser Verpflichtungen des Beklagten in Italien.
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
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cc) Auch soweit die Kläger behaupten, der Beklagte habe sich anlässlich der Verhandlungen in Stuttgart am 28.5.2001 mündlich mit der Vollmachtserteilung einverstanden erklärt und sich nur deren schriftliche Ausfertigung vorbehalten, liegt kein deutscher Erfüllungsort vor.
</td></tr></table>
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</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten könnte bestehen, wenn er es entgegen seiner mündlichen Zusage unterlassen hätte, die bereits erfolgte mündliche Vollmachtserteilung nach seiner Rückkehr nach Italien für Dokumentationszwecke gegenüber der S AB schriftlich zu bestätigen. Es ist nicht ersichtlich, warum der Erfüllungsort für diese Verpflichtung, eine schriftliche Vollmachtsbestätigung beizubringen, in Deutschland liegen soll. Es war allen Beteiligten des Treffens am 28. 5. 2001 in Stuttgart klar, dass der Beklagte die schriftliche Vollmachtsbestätigung erst nach seiner Rückkehr an seinen italienischen Wohnsitz erstellen würde. Mangels anderer Anhaltspunkte liegt der Erfüllungsort dieser Verpflichtung deshalb in Italien, § 269 BGB. Entgegen der Ansicht der Kläger führt diese Beurteilung – isoliert betrachtet – zu keiner Verschiebung des Erfüllungsortes für die Vollmachtserteilung nach Italien (s. Bl. 195 d. A.), vielmehr handelt es sich hier um die gesondert zu betrachtende Verpflichtung, eine schriftliche Vollmachtsbestätigung beizubringen.
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<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,264 | lg-stuttgart-2003-02-07-15-o-27602 | {
"id": 142,
"name": "Landgericht Stuttgart",
"slug": "lg-stuttgart",
"city": 90,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 15 O 276/02 | 2003-02-07T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:13 | 2019-01-17T11:52:09 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR zu bezahlen.</p>
<p>2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm durch den Aufenthalt bei den Pflegeeltern R. entstanden sind bzw. noch entstehen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger übergegangen sind.</p>
<p>3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Streitwert: 35.000,00 EUR</p>
<p>(Schmerzensgeldantrag: 25.000,00 EUR;</p>
<p>Feststellungsantrag: 10.000,00 EUR)</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen unzureichender Überprüfung der Pflegeeltern R., bei denen der Kläger in der Zeit vom 06.12.1990 bis 28.11.1997 untergebracht war und misshandelt worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Pflegeeltern wurden durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 30.06.1999 wegen Mordes an einem anderen Pflegekind in Tateinheit mit der Misshandlung von drei Schutzbefohlenen - darunter der Kläger - jeweils zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt (9 Ks 116 Js 100180/97; Bl. 11 d.A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Sachverhalt ist zwischen den Parteien unstreitig:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der am 02.06.1989 geborene Kläger wurde am 06.12.1990 vom damals zuständigen Kreisjugendamt H. im Rahmen einer Krisenintervention der Familie R. zunächst vorübergehend zur Vollzeitpflege zugewiesen. Die leibliche Mutter des Klägers war alkoholabhängig. Es kam regelmäßig zu Handgreiflichkeiten mit ihrem damaligen Ehemann. Die Eheleute R. hatten bereits zwei eigene Kinder, den fünf Jahre alten F. und die drei Jahre alte K., als der Kläger in die Familie kam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Im Oktober 1993 zog die ganze Familie nach W. Im Mai 1994 nahmen die Pflegeeltern zwei weitere Pflegekinder auf - den drei Jahre alten A. und den eineinhalb Jahre alten A., der letzten Endes von den Pflegeeltern ermordet wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am 20.07.1994 wurde vom für den Kläger weiter zuständigen Kreisjugendamt H. ein Hilfeplan erstellt (Qu. 4 Jugendamtsakte). Am 02.08.1994 suchte die Mitarbeiterin des Kreisjugendamts des R.- Kreises B. die Pflegeeltern R. auf, um von diesen den vom Kreisjugendamt H. erstellten Hilfeplan unterzeichnen zu lassen (Qu. 6 Jugendamtsakte).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Am 31.08.1994 lehnte der Beklagte die Übernahme der Zuständigkeit für die Hilfe zur Erziehung gegenüber dem Landratsamt H. ab (Qu. 8 Jugendamtsakte). In der Folgezeit kam es zu einem ausführlichen Schriftwechsel zwischen dem Kreisjugendamt des Beklagten und dem Kreisjugendamt H. über die Frage des Zuständigkeitsübergangs. Der Beklagte lehnte die Übernahme der Zuständigkeit wiederholt ab, weil keine Zustimmung der sorgeberechtigten Mutter zum Aufenthalt des Klägers in der Pflegefamilie R. vorlag und somit - nach Auffassung des Beklagten - nicht von einem dauerhaften Pflegeverhältnis ausgegangen werden konnte. Dieser Zuständigkeitsstreit zog sich letztlich bis 01.06.1997 hin (Qu. 32 Jugendamtsakte).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Im Januar 1995 wurde zur Tagespflege die sechs Monate alte T. aufgenommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Seit September 1995 ging der Kläger in den Waldorfkindergarten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Am 20.03.1996 fand ein Hilfeplangespräch für die Pflegekinder A. und A. statt, an dem M. H. für das Kreisjugendamt des Beklagten teilnahm. Bei diesem Gespräch waren alle Pflegekinder anwesend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Im September 1996 wird der Kläger in der Waldorfschule eingeschult.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Am 07.11.1996 erteilte der Beklagte den Pflegeeltern R. eine Pflegeerlaubnis für den Kläger (Qu. 26 Jugendamtsakte).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Am 12.12.1996 findet ein erneutes Hilfeplangespräch für die Geschwister A. statt, an dem E. B. und M. H. für das Kreisjugendamt des Beklagten teilnahmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Am 02.03.1997 entband die Pflegemutter ihr drittes eigenes Kind T.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Am 09.04.1997 fand ein Hilfeplangespräch für den Kläger statt, das zunächst auf 13.01.1997 terminiert war, jedoch wegen einer Scharlacherkrankung der Pflegemutter verschoben worden war (S. 69 Strafurteil). Das Gespräch fand zunächst in den Räumen des Jugendamtes unter Teilnahme der sorgeberechtigten Mutter und der Sozialarbeiterinnen B. und B. vom Kreisjugendamt H. aber ohne den Kläger statt. Daran schloss sich ein Hausbesuch an, an dem die Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes des Beklagten nicht mehr teilnahm. Vom Kreisjugendamt H. wurde bezüglich dieses Gesprächs u.a. Folgendes im Protokoll festgehalten (Qu. 31 Jugendamtsakte):
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
"...Das äußere Erscheinungsbild von A. ist klein und kräftig. Nach Angaben des Hausarztes besteht noch die Möglichkeit eines Wachstumsschubes. Wahrscheinlich ist jedoch die Größenentwicklung genetisch bedingt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
A. hatte zum zweiten Mal Scharlach und ist inzwischen wieder gesund. Nach wie vor isst er sehr gerne, jedoch entwickelt er ein Mengengespür. Er bewegt sich gern, welches sich günstig auf seinen Stoffwechsel und seine Figur ausgewirkt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Nach Angaben der Pflegeeltern habe A. sich in seiner emotionalen Entwicklung stabilisiert und ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt. So könne er sich auch gegen Hänseleien, die sich auf seine Körpergröße beziehen, zur Wehr setzen. Insgesamt sei er ein offenes und interessiertes Kind mit wenig Stimmungsschwankungen. ..."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Dieses Gesprächsprotokoll wurde dem Beklagten vom Kreisjugendamt H. am 17.04.1997 übersandt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Am 01.06.1997 ging die Zuständigkeit vom Kreisjugendamt H. auf das Kreisjugendamt des Beklagten über. Am 04.06.1997 wurde eine Vorlage für die Gewährung eine Jugendhilfemaßnahme (Qu. 32 Jugendamtsakte) erarbeitet. Darin ist als Ergebnis des Fachteams festgehalten:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
"Die Jugendhilfe im Rahmen einer Vollzeitpflege entspricht dem Bedarf von A. Die Pflegefamilie R. ist sehr gut geeignet. Der Pflegefamilie wurde eine Pflegeerlaubnis für A. erteilt."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Durch Entscheidung des Amtsleiters wurde am 12.06.1997 eine jährliche Hilfeplanung angeordnet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Am 11.07.1997 wurde von B. telefonisch bei der Pflegefamilie R. nachgefragt, ob der beim Hilfeplangespräch vom 09.04.1997 geplante Geburtstagsbesuch der Mutter am 02.06.1997 durchgeführt worden sei. Frau R. teilte dem Jugendamt mit, die Mutter sei nicht gekommen. Außerdem verabschiedete sich bei dieser Gelegenheit die zuständige Sachbearbeiterin (Qu. 33 Jugendamtsakte). Gemeint ist damit wohl die Verabschiedung in den Mutterschutz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Irgendwelche weiteren Maßnahmen von Seiten des Kreisjugendamts des Beklagten sind nicht erfolgt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Am 15.09.1997 wäre der Kläger in die zweite Klasse gekommen. Er erschien aber nicht zur Schule.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Am 27.11.1997 verstarb das Pflegekind A. im Alter von fünf Jahren an Unterernährung. Hierauf wurden die restlichen Pflegekinder aus der Familie genommen und sofort stationär in das Kreiskrankenhaus Waiblingen und später in das Kinderheim O. aufgenommen. Ende November 1997 war der Kläger 8 1/2 Jahre alt. Er war 11,8 kg schwer und 104 cm groß. Bei normaler Entwicklung wären 23 kg und 130 cm zu erwarten gewesen. Seine Körperlänge entsprach der eines Vierjährigen, der dann aber regelmäßig 16,5 kg wiegen würde. Zum Vergleich: Das leibliche Kind T. war zum damaligen Zeitpunkt neun Monate alt, wog 9,62 kg und war 77,5 cm groß.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das Strafurteil enthält folgende Feststellungen (S. 5):
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
"Während die Pflegeeltern R. ihre eigenen Kinder gut versorgten, quälten sie die Pflegekinder von Anfang an, um deren Willen zu brechen und sie gefügig zu machen, indem sie ihnen ihre Zuwendung vorenthielten und sie misshandelten. Dazu setzten sie vor allem auf den Entzug von Nahrung. Sie gaben den Pflegekindern zu wenig, Minderwertiges und zeitweise gar nichts zu essen. Sie sperrten die Kinder ein und schlugen sie. Die chronische Vernachlässigung des Klägers und der erlittene Hunger über sieben Jahre schädigten den Kläger an der Gesundheit, so dass der Kläger in seiner körperlichen und seelischen Entwicklung, insbesondere in seinem Längenwachstum gestört wurde und psychosozialer Minderwuchs (Kleinwuchs) eintrat."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Der Kläger lebt heute im Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf in S.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Er ist der Ansicht, das Kreisjugendamt des Beklagten habe seine Pflicht zur Überwachung der Pflegeeltern R. nicht in ausreichendem Maße erfüllt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Da von den Pflegeeltern im Laufe der Jahre immer wieder von Essstörungen, genetisch bedingter Kleinwüchsigkeit und Alkoholembryopathie die Rede gewesen sei, hätte das Kreisjugendamt auf ärztliche Untersuchungen und die Vorlage von ärztlichen Untersuchungsberichten drängen müssen. Das auffällige Essverhalten sei ein eindeutiger Hinweis darauf gewesen, dass es dem Kläger in der Pflegefamilie nicht gut gegangen sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes hätten sich von dem sympathischen Eindruck der Pflegeeltern blenden lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Insbesondere habe auffallen müssen, dass in der Pflegefamilie R. ausgerechnet die drei Pflegekinder kleinwüchsig waren, obwohl sie von verschiedenen Eltern abstammten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Bei pflichtgemäßer Überwachung der Pflegefamilie wären die Misshandlungen jedenfalls früher aufgedeckt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Kläger trägt weiter vor, bei den wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Pflegeeltern könne kein Schadensersatz erlangt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Er hält ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 EUR für angemessen und beantragt daher,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld in dieser Höhe zu bezahlen, und
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden durch die Unterbringung zur Pflege bei den Eheleuten R. zu ersetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Er ist der Ansicht, das Kreisjugendamt habe seine Überprüfungspflicht ordnungsgemäß erfüllt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Das Verhältnis zwischen Pflegeeltern und Jugendamt sei durch partnerschaftliche Zusammenarbeit und Kooperation und nicht durch Schutz und Kontrolle geprägt. Die staatliche Aufsicht sei daher zeitlich begrenzt und müsse bei Kindern im Alter über drei Jahren nur noch alle zwei Jahre stattfinden. Das Kreisjugendamt H. habe mit den Pflegeeltern R. nur gute Erfahrungen gemacht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Es habe keinerlei Hinweise auf Misshandlungen der Pflegekinder durch die Pflegeeltern gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Es habe keine Veranlassung bestanden, den Gesundheitszustand der Pflegekinder von amtsärztlicher Seite überprüfen zu lassen. Außerdem sei die Unterernährung des Klägers in angezogenem Zustand nicht zu erkennen gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Der Beklagte weist auch darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart das Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen des Kreisjugendamts des Beklagten nach § 170 Abs. 2 StPO mit Verfügung vom 03.03.200 eingestellt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Außerdem wird die Einrede der Verjährung erhoben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Bezüglich des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die Kammer hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Stuttgart 112 Js 105221/97 beigezogen. Außerdem wurde die Jugendhilfeakte des Kreisjugendamts des Beklagten beigezogen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Klage ist ganz überwiegend zulässig und, soweit sie zulässig ist, auch begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Der Feststellungsantrag ist unzulässig, soweit der Kläger Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche immateriellen Schäden verlangt, die ihm durch die Unterbringung in der Pflegefamilie R. entstanden sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Für die bereits in der Vergangenheit entstandenen immateriellen Schäden hat der Kläger in seinem Leistungsantrag Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld begehrt. Bei der Höhe dieses einheitlichen Schmerzensgeldes sind auch die vorhersehbaren Zukunftsrisiken des Geschädigten zu berücksichtigen. Soweit der Schmerzensgeldantrag reicht, fehlt es somit für einen Feststellungsantrag an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Lediglich für bisher noch nicht erkenn- und voraussehbare Leiden, die möglicherweise künftig auftreten, bleibt neben dem Leistungsantrag Raum für die Feststellung einer weiteren Ersatzpflicht für immaterielle Schäden (sog. immaterieller Vorbehalt; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 847 Rn. 18).
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Dem Kläger steht ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 25.000,00 EUR gegen den Beklagten nach Art. 34 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 839 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB a.F. zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
1. Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe - darunter auch die dem Kläger gewährte Hilfe zur Erziehung in der Form der Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie nach § 33 SGB VIII - werden als öffentlich-rechtliche Leistungen erbracht. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes handeln somit in Ausübung eines öffentlichen Amtes, so dass der Anwendungsbereich der Amtshaftung nach Art. 34 Abs. 1 GG eröffnet ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
2. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes des Beklagten haben ihre in § 37 Abs. 3 SGB VIII vorgesehene Amtspflicht zur Überprüfung der Pflegeeltern R. verletzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
a) Nach § 37 Abs. 3 SGB VIII soll das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalles entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Nach dieser Vorschrift besteht nicht nur ein Recht zur Überprüfung der Pflegeperson an Ort und Stelle, sondern eine entsprechende Verpflichtung des Jugendamtes. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm, da nur bei Annahme einer entsprechenden Verpflichtung das Jugendamt das Kindeswohl auch tatsächlich "gewährleisten" kann (Krug/Grüner/Dalichau, SGB VIII, § 37 Erläuterung IV 1; Schellhorn, SGB VIII, § 33 Rn. 11). Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet somit nicht, dass die Verwaltung die freie Wahl hat, ob sie überprüfen möchte oder nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Häufigkeit und Intensität der Überprüfung haben sich am Einzelfall zu orientieren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Die von der Beklagten (Bl. 51 d.A.) als ausreichend angesehene schematische Vorgehensweise dergestalt, dass bei Kindern im Alter über drei Jahren nur eine Überprüfung alle zwei Jahre notwendig ist, findet dagegen im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und ist ungenügend (Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, § 37 Rn. 41).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Der Gesetzestext beschränkt die Überprüfungsverpflichtung des Jugendamtes auch nicht lediglich auf anlassbezogene Maßnahmen, z.B. nach einer Anzeige durch Nachbarn oder Lehrer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Nicht per se ausreichend ist darüber hinaus, eine Kontrolle lediglich aus Anlass von nach § 36 Abs. 2 SGB VIII durchzuführenden Hilfeplangesprächen. Die Überprüfungsverpflichtung nach § 37 Abs. 3 SGB VIII ist als eigenständige Verpflichtung normiert und enthält weitergehende Anforderungen an das Jugendamt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Entscheidend für die nach den Erfordernissen des Einzelfalles notwendigen Überprüfungsmaßnahmen ist das Ziel, das durch diese Maßnahmen nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden soll. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass gerade in Fällen, in denen von Pflegeeltern das Kindeswohl vernachlässigt wird, die Gefahr besteht, dass diese sich nicht vertrauensvoll an das Jugendamt wenden und um Rat fragen, weil sie sich damit regelmäßig z.B. der Gefahr eigener Strafverfolgung aussetzen. Aus diesem Grund ist im Gesetzgebungsverfahren neben der ursprünglich ausschließlich vorgesehenen Unterrichtungspflicht der Pflegeeltern gegenüber dem Jugendamt aus § 37 Abs. 3 S. 2 SGB VIII eine eigenständige Überprüfungspflicht des Jugendamtes aufgenommen worden (BT-DS. 11/5948 S. 133). Danach hat das Jugendamt davon auszugehen, dass die Möglichkeit besteht, dass Pflegeeltern auf Probleme bei der Erziehung gerade nicht hinweisen. Diese dennoch zu erkennen, ist Zweck der Überprüfungspflicht. Das Kindeswohl kann nur dann gewährleistet werden, wenn auch ohne konkreten Anlass Überprüfungen stattfinden (Krug/Grüner/Dalichau, a.A. O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Die Kammer vermag daher auch die Auffassung nicht zu teilen, dass Überprüfungsmaßnahmen der Erziehung des Kindes eher schaden, weil sie das Vertrauensverhältnis zwischen Jugendamt und Pflegeeltern beeinträchtigen (so aber Wiesner a.A. O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Schließlich gebietet auch Art. 6 Abs. 1 GG, der auch die Pflegefamilie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt (st. Rspr. BVerfGE 68, 176, 187), keine restriktive Auslegung der Überprüfungspflicht aus § 37 Abs. 3 SGB VIII. Die Pflegefamilie, in die ein Kind im Rahmen der Hilfe zu Erziehung aufgenommen wird, kann sich nach Auffassung der Kammer gegenüber Überprüfungsmaßnahmen, die der Feststellung dienen sollen, ob das Kindeswohl gewährleistet ist, nicht auf ihren verfassungsrechtlichen Schutz berufen. Soweit ersichtlich hat dies das Bundesverfassungsgericht auch nicht entschieden. Der Vorrang des Kindeswohles ist in Art. 6 Abs. 3 GG festgeschrieben und muss gerade dann gelten, wenn es nicht um Maßnahmen gegenüber leiblichen Eltern, die sich auch auf Art. 6 Abs. 2 GG berufen können, sondern um Maßnahmen gegenüber Pflegeeltern geht. Schließlich soll die Aufnahme eines Kindes in eine Pflegefamilie dessen Situation verbessern und nicht verschlechtern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Als Minimum an "laufender" Überprüfungstätigkeit ist vom Jugendamt daher innerhalb einer angemessenen Frist von sechs bis acht Wochen nach Übernahme der Zuständigkeit eine Eingangsprüfung an Ort und Stelle durchzuführen, um aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse das weitere Vorgehen festlegen zu können. Dabei ist bei der Überprüfung vor Ort so vorzugehen, dass auch Probleme, die die Pflegeeltern von sich aus nicht offen legen, nach Möglichkeit erkannt werden. Bei Pflegekindern im Kindergarten- und Schulalter ist mit diesen selbstverständlich zwingend ein ausführliches Gespräch zu führen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass auch ein solches Gespräch nicht die Garantie für die Offenlegung von Missständen bietet, weil Kinder ihre Eltern - auch Pflegeltern - unabhängig davon lieben, wie gut oder schlecht sie behandelt werden, und daher nicht denunzieren. Ein solches Gespräch bietet jedoch die Möglichkeit, sich einen unmittelbaren und eigenen Eindruck über den Entwicklungsstand und die Interessen des Kindes zu verschaffen und festzustellen, ob beidem in der Pflegefamilie entsprochen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
b) Diese Minimalanforderungen wurden vom Jugendamt des Beklagten im Falle des Klägers nicht erfüllt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Das Kreisjugendamt des Beklagten war seit 01.06.1997 für die Leistung der Hilfe zur Erziehung für den Kläger zuständig. Der Kläger war somit bis zum Tode von A. am 27.11.1997 annähernd sechs Monate unter der Zuständigkeit des Beklagten in der Pflegefamilie R.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
In dieser Zeit fand lediglich ein Telefongespräch der zuständigen Mitarbeiterin mit der Pflegemutter statt. Gegenstand dieses Gesprächs war der Geburtstagsbesuch der leiblichen Mutter am 02.06.1997 und die Mitteilung, dass die Mitarbeiterin des Jugendamts in Mutterschutz gehen würde (Qu. 33 Jugendamtsakte).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
In der Vorlage für die Gewährung einer Jugendhilfemaßnahme vom 04.06.1997 wird die Pflegefamilie R. jedoch als "sehr gut geeignet" eingestuft. Woraus sich diese Erkenntnisse ergeben, ist für die Kammer danach nicht nachvollziehbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Weitere Maßnahmen waren bis zum nächsten Hilfeplangespräch Ende 1998 nicht vorgesehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
Das Kreisjugendamt des Beklagten kann sich nicht darauf berufen, dass die notwendige Vorortüberprüfung anlässlich zweier Hilfeplangespräche für die Geschwister A. am 20.03.1996 und am 12.12.1996 erfolgt seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Diese Gespräche dienten nicht dazu, festzustellen, ob das Kindeswohl des Klägers oder dessen förderliche Erziehung gewährleistet ist. Sie haben in der Jugendamtsakte des Klägers keinen Niederschlag gefunden. Darüber hinaus ist im Strafurteil für den Hausbesuch vom 12.12.1996 festgehalten, dass den Kindern A., denen dieser Besuch schließlich galt und die malend am Tisch saßen, kaum Beachtung geschenkt worden ist (S. 66). Damit kann davon ausgegangen werden, dass auch dieses Hilfeplangespräch den Anforderungen, die an eine Überprüfung der Situation der Pflegekinder zu stellen sind, nicht gerecht wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
d) Weiter kann sich das Kreisjugendamt des Beklagten nicht darauf berufen, den Pflegeeltern R. sei für den Kläger bereits am 07.11.1996 eine Pflegeerlaubnis erteilt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Zwar findet sich in § 44 Abs. 3 SGB VIII für die Pflegeerlaubnis eine § 37 Abs. 3 SGB VIII vergleichbare Regelung, nach der das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalles entsprechend an Ort und Stelle überprüfen soll, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Auch vor der Erteilung der Erlaubnis ist eine Überprüfung durchzuführen. Allerdings fand auch in diesem Zusammenhang die notwendige Überprüfung vor Ort nicht statt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="74"/>
e) Schließlich kann auch der Hausbesuch am 09.04.1997 anlässlich der Erstellung des Hilfeplans durch das Kreisjugendamt H. das Kreisjugendamt des Beklagten von seiner Verpflichtung zu einer eigenen Überprüfung vor Ort nicht entbinden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Die zuständige Mitarbeiterin des Kreisjugendamts des Beklagten nahm lediglich am ersten Teil des Gesprächs in den Räumen des Jugendamtes teil, bei dem der Kläger nicht anwesend war. An der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung an Ort und Stelle nahm kein Vertreter des Beklagten teil. Den unmittelbaren Eindruck von der Situation vor Ort hatte damit lediglich die Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H., die allerdings ihre Zuständigkeit seit Jahren und zu Recht nach § 86 Abs. 6 SGB VIII abzugeben versuchte, während der Beklagte entgegen den Zuständigkeitsvorschriften die Übernahme nach § 86c SGB VIII ablehnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Dass die Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H. einen persönlichen Eindruck gewonnen hat, vermag die fehlenden eigenen Erkenntnisse von Mitarbeitern des Beklagten nicht zu ersetzen. Dies gilt um so mehr, als im Gesprächsprotokoll (Qu. 31 Jugendamtsakte) durchaus Anhaltspunkte enthalten sind, die einen eigenen Eindruck in besonderem Maße erforderlich erscheinen lassen. Insbesondere die Ausführungen der Pflegemutter, nach denen der Kläger sehr gern esse, jedoch ein Mengengespür entwickle, waren auffällig. Sie ließen sich bereits zum damaligen Zeitpunkt nicht mit dem völlig kleinen und dünnen äußeren Erscheinungsbild des Klägers in Einklang bringen. Darüber hinaus war bekannt, dass durch die Geburt des dritten eigenen Kindes der Pflegemutter T. am 02.03.1997 und die schwierige berufliche Situation des Pflegevaters, der sich seit Jahren um die Ausbildung zum Waldorfpädagogen mühte, ausgesprochen viel Problempotenzial in der Familie vorhanden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Schließlich war seit dem Hilfeplangespräch bis zum Wechsel der Zuständigkeit bereits wieder ein Zeitraum von zwei Monaten vergangen. In einer Familie mit sieben Kindern - drei eigene Kinder, darunter ein Säugling, drei Vollzeitpflegekinder und das Tagespflegekind T. - kann sich die Situation in diesem Zeitraum ändern. Eine solche Familie ist auf besondere Unterstützung - nicht nur finanzieller Art - angewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="78"/>
3. Die Amtspflicht zur Überprüfung der Pflegeeltern an Ort und Stelle, insbesondere die Verpflichtung zur Durchführung einer Eingangsprüfung nach Übernahme der Zuständigkeit dient dem Schutz der Pflegekinder. Sie ist drittgerichtet, und ihre Verletzung vermag Schadensersatzansprüche der Pflegekinder zu begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="79"/>
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass gerade die durchzuführende Eingangsprüfung der Verwaltung dazu dienen soll, ihr weiteres Vorgehen auf einer sicheren Tatsachengrundlage festlegen zu können. Daneben ist die Eingangsprüfung aber auch eine Maßnahme, die selbst schon überprüfenden Charakter hat und somit nicht nur im Interesse der Verwaltung, sondern auch des Pflegekindes durchgeführt werden muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="80"/>
4. Die Kammer geht davon aus, dass bei pflichtgemäßer Durchführung einer Eingangsüberprüfung an Ort und Stelle nach Begründung der Zuständigkeit des Beklagten die eklatanten Misshandlungen am Kläger zu Tage getreten wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="81"/>
Zwar stand dem Kläger der Hunger auch noch in den Monaten Juni und Juli 1997, in denen die Überprüfung hätte stattfinden müssen, nicht im Sinne einer Vergreisung, wie sie kurz vor dem Hungertod auftritt, ins Gesicht geschrieben. Der Kläger wich jedoch von der normalen Größen- und Gewichtsentwicklung Gleichaltriger zu diesem Zeitpunkt bereits derart krankhaft ab, dass dies aufgefallen wäre (S. 123 Strafurteil). Darüber hinaus hat der Kläger bereits im Juli 1996 bei der Schuluntersuchung ein Untergewicht erreicht, das zweifelsfrei und ohne medizinische Ausbildung erkennbar war (S. 134 Strafurteil). Auffällig war auch, dass in der Pflegefamilie R. gerade die drei Pflegekinder, die aus unterschiedlichen Familien stammten, besonders klein und dünn waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="82"/>
Der Kläger war bereit, über seine Situation zu sprechen. Allerdings hat man ihn nicht gefragt. Zu dieser Erkenntnis gelangt die Kammer aufgrund des Ablaufs des Hilfeplangesprächs vom 09.04.1997 bei der Pflegefamilie zu Hause. Bei diesem stellte die leibliche Mutter beim Kläger einen Bluterguss fest. Dieser äußerte ihr gegenüber, er sei geschlagen worden. Die zuständige Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H. glaubte dies nicht (S. 71 Strafurteil).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="83"/>
Bei einer Überprüfung vor Ort hätten auch die Ausreden der Pflegemutter als solche erkannt werden können und müssen. Es muss selbst einem medizinischen Laien klar sein, dass ein Kind, das - wie die Pflegemutter angab - besonders viel isst, jedoch langsam ein Mengengespür entwickelt, eher zu dick als zu dünn sein muss. Angesichts dieser sich ohne weiteres aufdrängenden Zweifel hätte das Kreisjugendamt zumindest medizinischen Rat einholen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Geht man wie die Kammer davon aus, dass bei einer ordnungsgemäßen Überprüfung die Missstände zu Tage getreten wären, wäre dem Kläger seine Leidenszeit in den letzten Monaten erspart geblieben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="85"/>
5. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamts des Beklagten haben fahrlässig gehandelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
a) Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkannt werden können, welche Anforderungen an die Überprüfungspflicht nach § 37 Abs. 3 SGB VIII zu stellen sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="87"/>
Die restriktive Anwendung der Vorschrift durch die Mitarbeiter des Beklagten ist nach Auffassung der Kammer weder im Ergebnis vertretbar noch beruht sie auf einer sorgfältigen und mit den zu Gebote stehenden Hilfsmitteln durchgeführten Auslegung (vgl. Palandt/Thomas, a.A. O., § 839 Rn. 53). Sie findet weder im Wortlaut des Gesetzestextes noch in der Gesetzesbegründung ausreichende Anknüpfungspunkte. Bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage hätte erkannt werden müssen, dass eine bloß anlassbezogene und schematische Überprüfung im Abstand von ein bis zwei Jahren ohne eine selbst durchgeführte Eingangsprüfung nach dem Übergang der Zuständigkeit nicht ausreichend ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
b) Nicht zu folgen vermag die Kammer auch der Einschätzung der Staatsanwaltschaft Stuttgart aus der Einstellungsverfügung vom 03.03.2000, das Verhalten der Pflegeeltern sei etwas in der "zivilisierten" Welt derart Ungeheuerliches, dass es außerhalb jeder Vorstellung liege und somit nicht vorhersehbar sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="89"/>
Dass Pflegeeltern ihre Kinder vernachlässigen, quälen und misshandeln, ist zwar erschütternd, kommt jedoch leider auch in der zivilisierten Welt immer wieder vor. Gerade deswegen besteht die Überprüfungsverpflichtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Der konkrete Tathergang und die Folgen, insbesondere der tödliche Ausgang brauchen dagegen nicht vorhergesehen zu werden, um gleichwohl einen Fahrlässigkeitsschuldvorwurf annehmen zu können (Palandt/Heinrichs, a.A. O., § 276 Rn. 20).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
6. Dem Kläger steht eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, die die Schadensersatzverpflichtung nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausschließen würde, unstreitig nicht zur Verfügung. Die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Pflegeeltern sind zur Leistung von Schadensersatz nicht in der Lage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
7. Nach Auffassung der Kammer sind die Schadensersatzansprüche des Klägers auch nicht nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB, § 852 Abs. 1 BGB n.F. verjährt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="93"/>
Die Verjährung deliktischer Schadensersatzansprüche beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Von einer Kenntnis der Schadensersatzpflicht des Beklagten kann jedoch frühestens zum Zeitpunkt der strafgerichtlichen Verurteilung der Pflegeeltern am 30.06.1999 ausgegangen werden. Erst im Rahmen der Strafverhandlung wurden die Geschehensabläufe und die Beteiligung des Jugendamtes aufgearbeitet. Vor der Verkündung des Strafurteils konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass dem Kreisjugendamt des Beklagten ein Schuldvorwurf gemacht werden könnte. Es war ihm nicht zuzumuten, bereits zu diesem Zeitpunkt Amtshaftungsklage zu erheben (Palandt/Thomas, a.A. O., § 852 Rn. 11 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Damit ist der am 20.06.2002 und somit vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereichte Prozesskostenhilfeantrag verjährungshemmend nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB, 206 BGB n.F.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="96"/>
8. Die Kammer hält ein Schmerzensgeld nach § 847 Abs. 1 BGB a. F in Höhe von 25.000,00 EUR für angemessen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass das Kreisjugendamt des Beklagten durch ein Einschreiten die sich über sieben Jahre hinstreckenden Misshandlungen des Klägers lediglich um maximal sechs Monate hätte abkürzen können. Ein Schuldvorwurf kann dem Jugendamt nur für vier Monate gemacht werden, da die Eingangsüberprüfung innerhalb eines Zeitraums von sechs bis acht Wochen nach Begründung der Zuständigkeit stattfinden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Die Kammer hat auch berücksichtigt, dass die Hauptverantwortung für das unsägliche Leiden, das dem Kläger zugefügt wurde, bei den Pflegeeltern zu suchen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="99"/>
Allerdings konnte auch nicht ohne Beachtung bleiben, dass gerade in den letzten Monaten, für die das Kreisjugendamt des Beklagten die Verantwortung trifft, die Leidenszeit am schwersten war. Dies waren die Monate, in denen der Kläger zu Hause eingesperrt war, nicht mehr nach draußen geschweige denn zur Schule gehen durfte und kaum mehr bzw. keine Nahrung erhielt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="100"/>
Der Kläger hat nicht nur, während die Misshandlungen ausgeübt wurden, schwer gelitten. Er hat bleibenden Schaden an seiner Gesundheit und seiner körperlichen und seelischen Entwicklung genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="101"/>
Dem Kläger steht auch der im Rahmen des Feststellungsantrags geltend gemachte materielle Schadensersatzanspruch aus den oben dargestellten Gründen zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="102"/>
1. Dabei hat die Kammer davon abgesehen, die Ersatzpflicht auf den Zeitraum zu begrenzen, für den die Zuständigkeit beim Kreisjugendamt des Beklagten lag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="103"/>
Zum einen sieht die Kammer die Misshandlung des Klägers wie das Strafgericht als Dauerdelikt, das lediglich abgekürzt worden wäre, hätte sich das Kreisjugendamt des Beklagten pflichtgemäß verhalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="104"/>
Zum anderen lassen sich die beim Kläger möglicherweise durch den Aufenthalt in der Pflegefamilie R. entstandenen Schäden rein tatsächlich den verschiedenen Zeiträumen nicht zuordnen, in denen der Landkreis H. und der Beklagte als Träger der Jugendhilfe zuständig waren. Nach dem Rechtsgedanken von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB ist somit der gesamte Schaden auch vom Beklagten zu ersetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="105"/>
2. Die Kammer geht davon aus, dass die Möglichkeit besteht, dass dem Kläger sowohl materielle Schäden entstanden sind als auch weitere materielle und immaterielle Schäden entstehen. Bei der Schwere der Misshandlungen und den damit verbundenen Folgen ist dies naheliegend. Daher ist der Feststellungsantrag, soweit er zulässig ist, auch begründet - abgesehen davon, dass eine Einschränkung für Ansprüche zu machen war, die auf Dritte übergegangen sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td>IV.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="106"/>
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Klage ist ganz überwiegend zulässig und, soweit sie zulässig ist, auch begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Der Feststellungsantrag ist unzulässig, soweit der Kläger Feststellung der Ersatzpflicht für sämtliche immateriellen Schäden verlangt, die ihm durch die Unterbringung in der Pflegefamilie R. entstanden sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Für die bereits in der Vergangenheit entstandenen immateriellen Schäden hat der Kläger in seinem Leistungsantrag Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld begehrt. Bei der Höhe dieses einheitlichen Schmerzensgeldes sind auch die vorhersehbaren Zukunftsrisiken des Geschädigten zu berücksichtigen. Soweit der Schmerzensgeldantrag reicht, fehlt es somit für einen Feststellungsantrag an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Lediglich für bisher noch nicht erkenn- und voraussehbare Leiden, die möglicherweise künftig auftreten, bleibt neben dem Leistungsantrag Raum für die Feststellung einer weiteren Ersatzpflicht für immaterielle Schäden (sog. immaterieller Vorbehalt; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 847 Rn. 18).
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Dem Kläger steht ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 25.000,00 EUR gegen den Beklagten nach Art. 34 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 839 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB a.F. zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
1. Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe - darunter auch die dem Kläger gewährte Hilfe zur Erziehung in der Form der Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie nach § 33 SGB VIII - werden als öffentlich-rechtliche Leistungen erbracht. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes handeln somit in Ausübung eines öffentlichen Amtes, so dass der Anwendungsbereich der Amtshaftung nach Art. 34 Abs. 1 GG eröffnet ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
2. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes des Beklagten haben ihre in § 37 Abs. 3 SGB VIII vorgesehene Amtspflicht zur Überprüfung der Pflegeeltern R. verletzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
a) Nach § 37 Abs. 3 SGB VIII soll das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalles entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Erziehung gewährleistet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Nach dieser Vorschrift besteht nicht nur ein Recht zur Überprüfung der Pflegeperson an Ort und Stelle, sondern eine entsprechende Verpflichtung des Jugendamtes. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm, da nur bei Annahme einer entsprechenden Verpflichtung das Jugendamt das Kindeswohl auch tatsächlich "gewährleisten" kann (Krug/Grüner/Dalichau, SGB VIII, § 37 Erläuterung IV 1; Schellhorn, SGB VIII, § 33 Rn. 11). Dass es sich bei der genannten Norm um eine Sollvorschrift handelt, bedeutet somit nicht, dass die Verwaltung die freie Wahl hat, ob sie überprüfen möchte oder nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Häufigkeit und Intensität der Überprüfung haben sich am Einzelfall zu orientieren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Die von der Beklagten (Bl. 51 d.A.) als ausreichend angesehene schematische Vorgehensweise dergestalt, dass bei Kindern im Alter über drei Jahren nur eine Überprüfung alle zwei Jahre notwendig ist, findet dagegen im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze und ist ungenügend (Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, SGB VIII, § 37 Rn. 41).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Der Gesetzestext beschränkt die Überprüfungsverpflichtung des Jugendamtes auch nicht lediglich auf anlassbezogene Maßnahmen, z.B. nach einer Anzeige durch Nachbarn oder Lehrer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Nicht per se ausreichend ist darüber hinaus, eine Kontrolle lediglich aus Anlass von nach § 36 Abs. 2 SGB VIII durchzuführenden Hilfeplangesprächen. Die Überprüfungsverpflichtung nach § 37 Abs. 3 SGB VIII ist als eigenständige Verpflichtung normiert und enthält weitergehende Anforderungen an das Jugendamt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Entscheidend für die nach den Erfordernissen des Einzelfalles notwendigen Überprüfungsmaßnahmen ist das Ziel, das durch diese Maßnahmen nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden soll. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass gerade in Fällen, in denen von Pflegeeltern das Kindeswohl vernachlässigt wird, die Gefahr besteht, dass diese sich nicht vertrauensvoll an das Jugendamt wenden und um Rat fragen, weil sie sich damit regelmäßig z.B. der Gefahr eigener Strafverfolgung aussetzen. Aus diesem Grund ist im Gesetzgebungsverfahren neben der ursprünglich ausschließlich vorgesehenen Unterrichtungspflicht der Pflegeeltern gegenüber dem Jugendamt aus § 37 Abs. 3 S. 2 SGB VIII eine eigenständige Überprüfungspflicht des Jugendamtes aufgenommen worden (BT-DS. 11/5948 S. 133). Danach hat das Jugendamt davon auszugehen, dass die Möglichkeit besteht, dass Pflegeeltern auf Probleme bei der Erziehung gerade nicht hinweisen. Diese dennoch zu erkennen, ist Zweck der Überprüfungspflicht. Das Kindeswohl kann nur dann gewährleistet werden, wenn auch ohne konkreten Anlass Überprüfungen stattfinden (Krug/Grüner/Dalichau, a.A. O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Die Kammer vermag daher auch die Auffassung nicht zu teilen, dass Überprüfungsmaßnahmen der Erziehung des Kindes eher schaden, weil sie das Vertrauensverhältnis zwischen Jugendamt und Pflegeeltern beeinträchtigen (so aber Wiesner a.A. O.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Schließlich gebietet auch Art. 6 Abs. 1 GG, der auch die Pflegefamilie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt (st. Rspr. BVerfGE 68, 176, 187), keine restriktive Auslegung der Überprüfungspflicht aus § 37 Abs. 3 SGB VIII. Die Pflegefamilie, in die ein Kind im Rahmen der Hilfe zu Erziehung aufgenommen wird, kann sich nach Auffassung der Kammer gegenüber Überprüfungsmaßnahmen, die der Feststellung dienen sollen, ob das Kindeswohl gewährleistet ist, nicht auf ihren verfassungsrechtlichen Schutz berufen. Soweit ersichtlich hat dies das Bundesverfassungsgericht auch nicht entschieden. Der Vorrang des Kindeswohles ist in Art. 6 Abs. 3 GG festgeschrieben und muss gerade dann gelten, wenn es nicht um Maßnahmen gegenüber leiblichen Eltern, die sich auch auf Art. 6 Abs. 2 GG berufen können, sondern um Maßnahmen gegenüber Pflegeeltern geht. Schließlich soll die Aufnahme eines Kindes in eine Pflegefamilie dessen Situation verbessern und nicht verschlechtern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Als Minimum an "laufender" Überprüfungstätigkeit ist vom Jugendamt daher innerhalb einer angemessenen Frist von sechs bis acht Wochen nach Übernahme der Zuständigkeit eine Eingangsprüfung an Ort und Stelle durchzuführen, um aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse das weitere Vorgehen festlegen zu können. Dabei ist bei der Überprüfung vor Ort so vorzugehen, dass auch Probleme, die die Pflegeeltern von sich aus nicht offen legen, nach Möglichkeit erkannt werden. Bei Pflegekindern im Kindergarten- und Schulalter ist mit diesen selbstverständlich zwingend ein ausführliches Gespräch zu führen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass auch ein solches Gespräch nicht die Garantie für die Offenlegung von Missständen bietet, weil Kinder ihre Eltern - auch Pflegeltern - unabhängig davon lieben, wie gut oder schlecht sie behandelt werden, und daher nicht denunzieren. Ein solches Gespräch bietet jedoch die Möglichkeit, sich einen unmittelbaren und eigenen Eindruck über den Entwicklungsstand und die Interessen des Kindes zu verschaffen und festzustellen, ob beidem in der Pflegefamilie entsprochen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="65"/>
b) Diese Minimalanforderungen wurden vom Jugendamt des Beklagten im Falle des Klägers nicht erfüllt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="66"/>
Das Kreisjugendamt des Beklagten war seit 01.06.1997 für die Leistung der Hilfe zur Erziehung für den Kläger zuständig. Der Kläger war somit bis zum Tode von A. am 27.11.1997 annähernd sechs Monate unter der Zuständigkeit des Beklagten in der Pflegefamilie R.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="67"/>
In dieser Zeit fand lediglich ein Telefongespräch der zuständigen Mitarbeiterin mit der Pflegemutter statt. Gegenstand dieses Gesprächs war der Geburtstagsbesuch der leiblichen Mutter am 02.06.1997 und die Mitteilung, dass die Mitarbeiterin des Jugendamts in Mutterschutz gehen würde (Qu. 33 Jugendamtsakte).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="68"/>
In der Vorlage für die Gewährung einer Jugendhilfemaßnahme vom 04.06.1997 wird die Pflegefamilie R. jedoch als "sehr gut geeignet" eingestuft. Woraus sich diese Erkenntnisse ergeben, ist für die Kammer danach nicht nachvollziehbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="69"/>
Weitere Maßnahmen waren bis zum nächsten Hilfeplangespräch Ende 1998 nicht vorgesehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="70"/>
Das Kreisjugendamt des Beklagten kann sich nicht darauf berufen, dass die notwendige Vorortüberprüfung anlässlich zweier Hilfeplangespräche für die Geschwister A. am 20.03.1996 und am 12.12.1996 erfolgt seien.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="71"/>
Diese Gespräche dienten nicht dazu, festzustellen, ob das Kindeswohl des Klägers oder dessen förderliche Erziehung gewährleistet ist. Sie haben in der Jugendamtsakte des Klägers keinen Niederschlag gefunden. Darüber hinaus ist im Strafurteil für den Hausbesuch vom 12.12.1996 festgehalten, dass den Kindern A., denen dieser Besuch schließlich galt und die malend am Tisch saßen, kaum Beachtung geschenkt worden ist (S. 66). Damit kann davon ausgegangen werden, dass auch dieses Hilfeplangespräch den Anforderungen, die an eine Überprüfung der Situation der Pflegekinder zu stellen sind, nicht gerecht wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="72"/>
d) Weiter kann sich das Kreisjugendamt des Beklagten nicht darauf berufen, den Pflegeeltern R. sei für den Kläger bereits am 07.11.1996 eine Pflegeerlaubnis erteilt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="73"/>
Zwar findet sich in § 44 Abs. 3 SGB VIII für die Pflegeerlaubnis eine § 37 Abs. 3 SGB VIII vergleichbare Regelung, nach der das Jugendamt den Erfordernissen des Einzelfalles entsprechend an Ort und Stelle überprüfen soll, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Auch vor der Erteilung der Erlaubnis ist eine Überprüfung durchzuführen. Allerdings fand auch in diesem Zusammenhang die notwendige Überprüfung vor Ort nicht statt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="74"/>
e) Schließlich kann auch der Hausbesuch am 09.04.1997 anlässlich der Erstellung des Hilfeplans durch das Kreisjugendamt H. das Kreisjugendamt des Beklagten von seiner Verpflichtung zu einer eigenen Überprüfung vor Ort nicht entbinden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="75"/>
Die zuständige Mitarbeiterin des Kreisjugendamts des Beklagten nahm lediglich am ersten Teil des Gesprächs in den Räumen des Jugendamtes teil, bei dem der Kläger nicht anwesend war. An der gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfung an Ort und Stelle nahm kein Vertreter des Beklagten teil. Den unmittelbaren Eindruck von der Situation vor Ort hatte damit lediglich die Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H., die allerdings ihre Zuständigkeit seit Jahren und zu Recht nach § 86 Abs. 6 SGB VIII abzugeben versuchte, während der Beklagte entgegen den Zuständigkeitsvorschriften die Übernahme nach § 86c SGB VIII ablehnte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="76"/>
Dass die Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H. einen persönlichen Eindruck gewonnen hat, vermag die fehlenden eigenen Erkenntnisse von Mitarbeitern des Beklagten nicht zu ersetzen. Dies gilt um so mehr, als im Gesprächsprotokoll (Qu. 31 Jugendamtsakte) durchaus Anhaltspunkte enthalten sind, die einen eigenen Eindruck in besonderem Maße erforderlich erscheinen lassen. Insbesondere die Ausführungen der Pflegemutter, nach denen der Kläger sehr gern esse, jedoch ein Mengengespür entwickle, waren auffällig. Sie ließen sich bereits zum damaligen Zeitpunkt nicht mit dem völlig kleinen und dünnen äußeren Erscheinungsbild des Klägers in Einklang bringen. Darüber hinaus war bekannt, dass durch die Geburt des dritten eigenen Kindes der Pflegemutter T. am 02.03.1997 und die schwierige berufliche Situation des Pflegevaters, der sich seit Jahren um die Ausbildung zum Waldorfpädagogen mühte, ausgesprochen viel Problempotenzial in der Familie vorhanden war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="77"/>
Schließlich war seit dem Hilfeplangespräch bis zum Wechsel der Zuständigkeit bereits wieder ein Zeitraum von zwei Monaten vergangen. In einer Familie mit sieben Kindern - drei eigene Kinder, darunter ein Säugling, drei Vollzeitpflegekinder und das Tagespflegekind T. - kann sich die Situation in diesem Zeitraum ändern. Eine solche Familie ist auf besondere Unterstützung - nicht nur finanzieller Art - angewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="78"/>
3. Die Amtspflicht zur Überprüfung der Pflegeeltern an Ort und Stelle, insbesondere die Verpflichtung zur Durchführung einer Eingangsprüfung nach Übernahme der Zuständigkeit dient dem Schutz der Pflegekinder. Sie ist drittgerichtet, und ihre Verletzung vermag Schadensersatzansprüche der Pflegekinder zu begründen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="79"/>
Dabei verkennt die Kammer nicht, dass gerade die durchzuführende Eingangsprüfung der Verwaltung dazu dienen soll, ihr weiteres Vorgehen auf einer sicheren Tatsachengrundlage festlegen zu können. Daneben ist die Eingangsprüfung aber auch eine Maßnahme, die selbst schon überprüfenden Charakter hat und somit nicht nur im Interesse der Verwaltung, sondern auch des Pflegekindes durchgeführt werden muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="80"/>
4. Die Kammer geht davon aus, dass bei pflichtgemäßer Durchführung einer Eingangsüberprüfung an Ort und Stelle nach Begründung der Zuständigkeit des Beklagten die eklatanten Misshandlungen am Kläger zu Tage getreten wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="81"/>
Zwar stand dem Kläger der Hunger auch noch in den Monaten Juni und Juli 1997, in denen die Überprüfung hätte stattfinden müssen, nicht im Sinne einer Vergreisung, wie sie kurz vor dem Hungertod auftritt, ins Gesicht geschrieben. Der Kläger wich jedoch von der normalen Größen- und Gewichtsentwicklung Gleichaltriger zu diesem Zeitpunkt bereits derart krankhaft ab, dass dies aufgefallen wäre (S. 123 Strafurteil). Darüber hinaus hat der Kläger bereits im Juli 1996 bei der Schuluntersuchung ein Untergewicht erreicht, das zweifelsfrei und ohne medizinische Ausbildung erkennbar war (S. 134 Strafurteil). Auffällig war auch, dass in der Pflegefamilie R. gerade die drei Pflegekinder, die aus unterschiedlichen Familien stammten, besonders klein und dünn waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="82"/>
Der Kläger war bereit, über seine Situation zu sprechen. Allerdings hat man ihn nicht gefragt. Zu dieser Erkenntnis gelangt die Kammer aufgrund des Ablaufs des Hilfeplangesprächs vom 09.04.1997 bei der Pflegefamilie zu Hause. Bei diesem stellte die leibliche Mutter beim Kläger einen Bluterguss fest. Dieser äußerte ihr gegenüber, er sei geschlagen worden. Die zuständige Mitarbeiterin des Kreisjugendamts H. glaubte dies nicht (S. 71 Strafurteil).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="83"/>
Bei einer Überprüfung vor Ort hätten auch die Ausreden der Pflegemutter als solche erkannt werden können und müssen. Es muss selbst einem medizinischen Laien klar sein, dass ein Kind, das - wie die Pflegemutter angab - besonders viel isst, jedoch langsam ein Mengengespür entwickelt, eher zu dick als zu dünn sein muss. Angesichts dieser sich ohne weiteres aufdrängenden Zweifel hätte das Kreisjugendamt zumindest medizinischen Rat einholen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="84"/>
Geht man wie die Kammer davon aus, dass bei einer ordnungsgemäßen Überprüfung die Missstände zu Tage getreten wären, wäre dem Kläger seine Leidenszeit in den letzten Monaten erspart geblieben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="85"/>
5. Die Mitarbeiter des Kreisjugendamts des Beklagten haben fahrlässig gehandelt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="86"/>
a) Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkannt werden können, welche Anforderungen an die Überprüfungspflicht nach § 37 Abs. 3 SGB VIII zu stellen sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="87"/>
Die restriktive Anwendung der Vorschrift durch die Mitarbeiter des Beklagten ist nach Auffassung der Kammer weder im Ergebnis vertretbar noch beruht sie auf einer sorgfältigen und mit den zu Gebote stehenden Hilfsmitteln durchgeführten Auslegung (vgl. Palandt/Thomas, a.A. O., § 839 Rn. 53). Sie findet weder im Wortlaut des Gesetzestextes noch in der Gesetzesbegründung ausreichende Anknüpfungspunkte. Bei sorgfältiger Prüfung der Rechtslage hätte erkannt werden müssen, dass eine bloß anlassbezogene und schematische Überprüfung im Abstand von ein bis zwei Jahren ohne eine selbst durchgeführte Eingangsprüfung nach dem Übergang der Zuständigkeit nicht ausreichend ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="88"/>
b) Nicht zu folgen vermag die Kammer auch der Einschätzung der Staatsanwaltschaft Stuttgart aus der Einstellungsverfügung vom 03.03.2000, das Verhalten der Pflegeeltern sei etwas in der "zivilisierten" Welt derart Ungeheuerliches, dass es außerhalb jeder Vorstellung liege und somit nicht vorhersehbar sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="89"/>
Dass Pflegeeltern ihre Kinder vernachlässigen, quälen und misshandeln, ist zwar erschütternd, kommt jedoch leider auch in der zivilisierten Welt immer wieder vor. Gerade deswegen besteht die Überprüfungsverpflichtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="90"/>
Der konkrete Tathergang und die Folgen, insbesondere der tödliche Ausgang brauchen dagegen nicht vorhergesehen zu werden, um gleichwohl einen Fahrlässigkeitsschuldvorwurf annehmen zu können (Palandt/Heinrichs, a.A. O., § 276 Rn. 20).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="91"/>
6. Dem Kläger steht eine anderweitige Ersatzmöglichkeit, die die Schadensersatzverpflichtung nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausschließen würde, unstreitig nicht zur Verfügung. Die zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilten Pflegeeltern sind zur Leistung von Schadensersatz nicht in der Lage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="92"/>
7. Nach Auffassung der Kammer sind die Schadensersatzansprüche des Klägers auch nicht nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB, § 852 Abs. 1 BGB n.F. verjährt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="93"/>
Die Verjährung deliktischer Schadensersatzansprüche beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Verletzte vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="94"/>
Von einer Kenntnis der Schadensersatzpflicht des Beklagten kann jedoch frühestens zum Zeitpunkt der strafgerichtlichen Verurteilung der Pflegeeltern am 30.06.1999 ausgegangen werden. Erst im Rahmen der Strafverhandlung wurden die Geschehensabläufe und die Beteiligung des Jugendamtes aufgearbeitet. Vor der Verkündung des Strafurteils konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass dem Kreisjugendamt des Beklagten ein Schuldvorwurf gemacht werden könnte. Es war ihm nicht zuzumuten, bereits zu diesem Zeitpunkt Amtshaftungsklage zu erheben (Palandt/Thomas, a.A. O., § 852 Rn. 11 f.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="95"/>
Damit ist der am 20.06.2002 und somit vor Ablauf der Verjährungsfrist eingereichte Prozesskostenhilfeantrag verjährungshemmend nach Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB, 206 BGB n.F.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="96"/>
8. Die Kammer hält ein Schmerzensgeld nach § 847 Abs. 1 BGB a. F in Höhe von 25.000,00 EUR für angemessen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="97"/>
Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass das Kreisjugendamt des Beklagten durch ein Einschreiten die sich über sieben Jahre hinstreckenden Misshandlungen des Klägers lediglich um maximal sechs Monate hätte abkürzen können. Ein Schuldvorwurf kann dem Jugendamt nur für vier Monate gemacht werden, da die Eingangsüberprüfung innerhalb eines Zeitraums von sechs bis acht Wochen nach Begründung der Zuständigkeit stattfinden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="98"/>
Die Kammer hat auch berücksichtigt, dass die Hauptverantwortung für das unsägliche Leiden, das dem Kläger zugefügt wurde, bei den Pflegeeltern zu suchen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="99"/>
Allerdings konnte auch nicht ohne Beachtung bleiben, dass gerade in den letzten Monaten, für die das Kreisjugendamt des Beklagten die Verantwortung trifft, die Leidenszeit am schwersten war. Dies waren die Monate, in denen der Kläger zu Hause eingesperrt war, nicht mehr nach draußen geschweige denn zur Schule gehen durfte und kaum mehr bzw. keine Nahrung erhielt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="100"/>
Der Kläger hat nicht nur, während die Misshandlungen ausgeübt wurden, schwer gelitten. Er hat bleibenden Schaden an seiner Gesundheit und seiner körperlichen und seelischen Entwicklung genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="101"/>
Dem Kläger steht auch der im Rahmen des Feststellungsantrags geltend gemachte materielle Schadensersatzanspruch aus den oben dargestellten Gründen zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="102"/>
1. Dabei hat die Kammer davon abgesehen, die Ersatzpflicht auf den Zeitraum zu begrenzen, für den die Zuständigkeit beim Kreisjugendamt des Beklagten lag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="103"/>
Zum einen sieht die Kammer die Misshandlung des Klägers wie das Strafgericht als Dauerdelikt, das lediglich abgekürzt worden wäre, hätte sich das Kreisjugendamt des Beklagten pflichtgemäß verhalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="104"/>
Zum anderen lassen sich die beim Kläger möglicherweise durch den Aufenthalt in der Pflegefamilie R. entstandenen Schäden rein tatsächlich den verschiedenen Zeiträumen nicht zuordnen, in denen der Landkreis H. und der Beklagte als Träger der Jugendhilfe zuständig waren. Nach dem Rechtsgedanken von § 830 Abs. 1 S. 2 BGB ist somit der gesamte Schaden auch vom Beklagten zu ersetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="105"/>
2. Die Kammer geht davon aus, dass die Möglichkeit besteht, dass dem Kläger sowohl materielle Schäden entstanden sind als auch weitere materielle und immaterielle Schäden entstehen. Bei der Schwere der Misshandlungen und den damit verbundenen Folgen ist dies naheliegend. Daher ist der Feststellungsantrag, soweit er zulässig ist, auch begründet - abgesehen davon, dass eine Einschränkung für Ansprüche zu machen war, die auf Dritte übergegangen sind.
</td></tr></table>
<table><tr><td>IV.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="106"/>
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,265 | olgstut-2003-02-07-2-ws-172003-2-ws-1 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 17/2003; 2 Ws 17/03 | 2003-02-07T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:14 | 2019-02-12T13:09:49 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die als Beschwerde auszulegende Eingabe der Angeklagten vom 26. Januar 2003 wird die Verfügung des Vorsitzenden des Landgerichts - Große Strafkammer - U. vom 17. Januar 2003 aufgehoben.</p>
<p>Die beantragte Zusammenführung der Angeklagten mit ihrem Ehemann, O. S., geboren am ..., derzeit in dieser Sache in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt U., zu einem einmaligen Besuch wird genehmigt.</p>
<p>Zur Durchführung des Besuchs ergehen folgende Anordnungen:</p>
<p>Der Besuch hat in Anwesenheit eines Überwachungsbeamten (Nr. 27 UVollzO) stattzufinden.</p>
<p>Die Besuchsdauer wird auf eine Stunde festgesetzt.</p>
<p>Jeder körperliche Kontakt zwischen der Angeklagten und ihrem Ehemann ist untersagt. Beide dürfen einander keinen Gegenstand übergeben.</p>
<p>Das Gespräch zwischen der Angeklagten und ihrem Ehemann ist in deutscher Sprache zu führen.</p>
<p>Über den Gegenstand des Strafverfahrens darf nicht gesprochen werden.</p>
<p>Der überwachende Beamte hat einzugreifen, wenn ihm der Inhalt der Unterredung im Hinblick auf das Strafverfahren oder mit Rücksicht auf die Ordnung in der Anstalt bedenklich erscheint; falls erforderlich, hat er den Besuch abzubrechen. Dies gilt auch, wenn versucht wird, dem anderen etwas zu übergeben (Nr. 27 Abs. 3 UVollzO).</p>
<p>Die Kosten des Rechtsmittels sowie die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerin trägt die Staatskasse.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann, der Mitangeklagte O. S., befinden sich seit ihrer vorläufigen Festnahme am Vortage seit dem 18. Juni 2002 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts G. - ersetzt durch den Haftbefehl der nunmehr zuständigen Großen Strafkammer des Landgerichts U. vom 09. Dezember 2002 - ununterbrochen in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl wird gegen die Beschwerdeführerin in der Justizvollzugsanstalt S., gegen ihren Ehemann in der Justizvollzugsanstalt U. vollstreckt. Gegen beide wurde am 04. Dezember 2002 Anklage zur Strafkammer erhoben. Dem Angeklagten O. S. wird darin unerlaubtes Handeltreiben in drei Fällen mit insgesamt ca. zwei Kilogramm Heroin zur Last gelegt, der Beschwerdeführerin Beihilfe hierzu in zwei Fällen sowie mittäterschaftliches Handeln in einem Fall. Die Strafkammer eröffnete am 15. Januar 2002 gegen beide das Hauptverfahren, ließ die Anklage zur Hauptverhandlung vor der Strafkammer zu und ordnete Haftfortdauer an. Termin zur Hauptverhandlung wurde bestimmt auf 30. April und 02. Mai 2003. Mit der angefochtenen Verfügung des Vorsitzenden der Strafkammer, ist der (letzte) Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Januar 2003, die Besuchszusammenführung mit ihrem Ehemann zu bewilligen, abgelehnt worden. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer als Beschwerde auszulegenden Eingabe vom 26. Januar 2003.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die gemäß §§ 304 Abs. 1, 306 Abs. 1 StPO, Nr. 74 UVollzO zulässige Beschwerde hat Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Untersuchungsgefangenen dürfen gemäß §§ 119 Abs. 3 und 6, 126 Abs. 2 StPO, nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Anstalt erfordert. Wie alle grundrechtseinschränkenden Bestimmungen ist auch diese Vorschrift an den durch sie eingeschränkten Grundrechten zu messen; ihre Auslegung hat der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Untersuchungsgefangener noch nicht verurteilt ist und deshalb allein den unvermeidlichen Beschränkungen unterworfen werden darf (BVerfGE 42, 95 ff.). In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, das Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen. Dieser in Artikel 6 Abs. 1 GG enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznorm kommt auch im Haftvollzug besondere Bedeutung zu. Hieraus folgt, dass die zuständigen Behörden die erforderlichen und zumutbaren Anstrengungen unternehmen müssen, um in angemessenem Umfange Besuche von Ehegatten zu ermöglichen, wobei auch die bisherige Vollzugsdauer zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 42, 95, 100 f.). Diese Grundsätze haben auch für mitangeklagte, in Untersuchungshaft befindliche Eheleute Geltung (vgl. OLG Köln StraFo 1995, 118; OLG Düsseldorf NStZ 1989, 549, 550; OLG Frankfurt MDR 1979, 1043). Die Zusammenführung darf nur dann verweigert werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie zum unzulässigen Austausch von verdeckten Informationen missbraucht und diese Gefahr mit den Mitteln der Besuchsüberwachung nicht ausgeräumt werden kann (vgl. KK-Boujong, StPO, 4. Auflage, § 119 Rdnr. 22 f.). Daran fehlt es hier.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Weder die Beschwerdeführerin noch ihr mitangeklagter Ehemann, die seit ihrer Festnahme vor nahezu acht Monaten bisher keine Gelegenheit zu einer Zusammenkunft erhalten haben, befinden sich wegen Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft (vgl. Haftbefehl der Strafkammer vom 09. Dezember 2002 und Haftfortdauerbeschluss des Senats vom 18. Dezember 2002 - 2 HEs 217/02 -). Darüber hinaus haben auch die Akten keinen Hinweis dahin ergeben, dass konkrete Verdunklungshandlungen und Absprachen zwischen den Eheleuten zu besorgen sind. Während der Ehemann O. S. die ihm vorgeworfenen Taten bislang abstritt, hat sich B. S. nur insoweit eingelassen, dass sie von dem in ihrem Auto versteckten Heroin nichts gewusst habe. Unabhängig von dieser Einlassung fußt die Beweisführung auf der im wesentlichen Ermittlungsergebnis der Anklageschrift dargestellten Gesamtschau verschiedener anderer Beweismittel (u.a. überwachte Telefongespräche, Zeugenangaben und Augenscheinsobjekte). Der in den Ablehnungsgründen der angefochtenen Verfügung nicht näher begründeten Besorgnis, die Besuchszusammenführung könnte dazu benützt werden, etwa in Form des Austauschens von Kassibern Prozessabsprachen zu treffen, kann durch Überwachung des Besuches auf der Grundlage der vom Senat getroffenen Anordnungen und der Eingriffsbefugnisse des Überwachungsbeamten gemäß Nr. 27 UVollzO hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. auch KK-Boujong a.a.O., Rdnr. 23). Auch organisatorische Schwierigkeiten stehen der Besuchszusammenführung nicht entgegen, da die Justizvollzugsanstalten S. und U. nicht derart weit auseinander liegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,267 | ag-tubingen-2003-02-07-9-c-126702 | {
"id": 103,
"name": "Amtsgericht Tübingen",
"slug": "ag-tubingen",
"city": 95,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 9 C 1267/02 | 2003-02-07T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:14 | 2019-01-17T11:52:09 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, für das Veranlagungsjahr 1998 der Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer nach § 26 b EStG zuzustimmen.</p>
<p/>
<p>2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<p>Streitwert: 3.387,43 EUR</p>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger macht mit seiner Klage die Zustimmung der Beklagten zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung zur Einkommenssteuer nach § 26 b EStG geltend.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Parteien waren miteinander verheiratet. Die am 19.12.1980 geschlossene Ehe wurde am 03.02.2000 geschieden. Im Juni 1998 ist es zur Trennung der Eheleute gekommen, bis Oktober 1998 zahlte der Kläger noch die Kaltmiete der ehelichen Wohnung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In der Vergangenheit war zwischen den Parteien vereinbart, dass bzgl. der Lohnsteuerveranlagung der Kläger in die Lohnsteuerklasse III geht, während der Verdienst der Beklagten nach der Lohnsteuerklasse V steuerlich abgeführt wird.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
In den Jahren 1997 und 1998 haben beide Parteien ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nach der Ehescheidung hat die Beklagte beim Finanzamt ... beantragt, für die Jahre 1997 und 1998 eine getrennte Veranlagung gem. § 26 a EStG durchzuführen. Dies wurde vom Finanzamt veranlasst. Die Beklagte hat für das Veranlagungsjahr 1997 Einkommenssteuer, Zinsen, Kirchensteuer, sowie Solidaritätszuschlag i. H. v. insgesamt EUR 3.365,33 zurückerhalten. Für das Veranlagungsjahr 1998 hat sie insgesamt EUR 3.254,17 von der Finanzkasse erstattet bekommen. Für beide Jahre erfolgte eine Erstattung in Höhe von EUR 6.618,50 zugunsten der Beklagten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Kläger musste daraufhin für das Veranstaltungsjahr 1997 insgesamt EUR 3.788,95 nachzahlen, für 1998 insgesamt EUR 3.662,79. Da dem Kläger kein Bescheid zugegangen ist, hat sich die Nachforderung aufgrund Verspätungszuschlags auf EUR 7.451,71 erhöht. Die Bescheide an den Kläger wurden öffentlich durch Aushang am 18.09.2000 zugestellt. Dieser hat daraufhin gegen die Bescheide Einspruch eingelegt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Bei einer Zusammenveranlagung hätte die Nachforderung der Parteien EUR 237,80 für das Veranlagungsjahr 1997 und EUR 276,86 für das Veranlagungsjahr 1998 betragen. Die Beklagte hat nach mehreren Schreiben des Klägervertreters für eine gemeinsame Veranlagung für das Jahr 1997 zugestimmt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der Kläger behauptet, dass ihm ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung für das Jahr 1998 zustünde. Er ist der Auffassung, dass die Beklagte ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht davon abhängig machen könne, dass er sie von der Rückzahlung des Erstattungsbetrages für das Jahr 1998 i. H. v. EUR 3.386,43 freistellen würde.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Kläger beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
die Beklagte zu verurteilen, für das Veranlagungsjahr 1998 der Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer nach § 26 b EStG zuzustimmen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Beklagte behauptet, dass diese Verpflichtung zur Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung nur für das letzte vollständige Jahr des Zusammenlebens gelten würde. Außerdem sei aufgrund der Trennung im Jahr 1998 der Wegfall dieser Geschäftsgrundlage für das Jahr 1998 entfallen. Die Beklagte behauptet weiter, dass sie die getrennte Veranlagung nur deshalb gemacht hätte, weil der Kläger nicht mit ihr die gemeinsame Steuererklärung machen wollte. Des Weiteren sei es ihr nicht möglich gewesen, den Kläger zu erreichen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen und Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klage ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Tübingen – Zivilgericht – ist örtlich und sachlich zuständiges Prozessgericht. Insbesondere handelt es sich um keine familiengerichtliche Streitigkeit, die vom Amtsgericht – Familiengericht – zu entscheiden wäre. Denn in ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt, handelt es sich bei einer Zustimmungsklage zur steuerlichen Veranlagung um einen schuldrechtlichen Anspruch, der eine bürgerliche Vermögensstreitigkeit darstellt (Schellhammer, Familienrecht, 2. Auflage, 2002, Rn. 1430; OLG München, FamRZ 1983, 614; OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 805).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung für das Jahr 1998 gemäß § 1353 I 2 BGB. Insbesondere kann die Beklagte hier keine Einwände erheben und die Zustimmung nicht von einer Freistellung von Rückforderungsansprüchen des Finanzamtes abhängig machen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Gemäß § 1353 I 2 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung. Nach dieser Vorschrift sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen gemeinsam füreinander die Verantwortung. Dabei ergibt sich aus dem Wesen der Ehe grundsätzlich für beide Ehegatten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
So war während der Ehe der Parteien eindeutig eine Regelung dahingehend bestimmt, dass der Kläger in der Lohnsteuerklasse 3 und die Ehefrau in der Lohnsteuerklasse 5 eingestuft wird.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Diese Verpflichtung besteht nicht nur für das Jahr 1997 – was die Beklagte anerkannt hat und wo sie auch zugestimmt hat – sondern auch für das Jahr 1998.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
In ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt sind Eheleute während der Ehe und dem Jahr der Trennung zu einer Mitwirkung an der steuerlichen Zusammenveranlagung gem. § 1353 I S. 2 BGB verpflichtet (OLG Dresden, FamRZ 2002, 1025). Denn aus dem Wesen der Ehe ergibt sich grundsätzlich die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, wobei eine hiernach begründete familienrechtliche Verpflichtung der Zusammenwirkung zuzustimmen auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen bleibt (OLG Dresden, a. a. O., BGH, FamRZ 1977, 38).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Demnach kann der Kläger auch für das Jahr 1998 die Zustimmung der Beklagten verlangen, da eine Scheidung bzw. Trennung noch nicht erfolgt war, und die Ehe noch bestand, wenn auch Mitte 1998 eine Trennung erfolgte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Insbesondere kann die Beklagte ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht davon abhängig machen, dass der Kläger sie von der Rückzahlung an das Finanzamt ... freistellt. Zwar ist der die Zustimmung verlangende Ehegatte regelmäßig zum internen Ausgleich verpflichtet, wenn sich bei dem anderen Ehegatten die Steuerschuld infolge der Zusammenveranlagung im Vergleich zur getrennten Veranlagung erhöht, dies gilt aber nicht, wenn die Ehegatten eine andere Aufteilung der Steuerschulden – wie hier vorliegend – konkludent vereinbart haben (BGH, FamRZ 2002, 1025).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Denn durch die langjährige Vereinbarung der Parteien, wonach die Beklagte in die Lohnsteuerklasse 5 und der Kläger in die Lohnsteuerklasse 3 geht, wurde eine andere Aufteilung der Steuerschulden vereinbart.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Das Innenverhältnis der Parteien richtet sich dabei nach § 426 BGB, wobei die Parteien in den Streitjahren als Gesamtschuldner für die Abgaben gem. § 44 AO haften. Nach § 426 BGB haften die Gesamtschuldner grundsätzlich zu gleichen Teilen, sofern nichts anderes bestimmt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Eine solche andere Bestimmung haben die Parteien aber durch ihre langjährige Steuerpraxis begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Denn es ist davon auszugehen, dass die Parteien die Wahl von Lohnsteuerklasse 3 und 5 bewußt gewählt haben, um mehr Geldmittel für den gemeinsamen Haushalt zur Verfügung zu haben. Damit hatte die Parteien mehr Geldmittel zur Verfügung als bei der doppelten steuerlichen Veranlagung nach Lohnsteuerklasse 4. Während des gemeinsamen Zusammenlebens hätten die Parteien keine andere Veranlagung beabsichtigt. Wegen der höheren Besteuerung hat die Beklagte auch vom Kläger niemals einen Ausgleich verlangt. Daher ist aufgrund einer langjährigen entsprechenden Übung der Parteien von einer konkludenten Vereinbarung des Inhalts auszugehen, dass die Beklagte die Einkünfte nach der Lohnsteuerklasse 5 versteuert, ohne vom Kläger dessen Lohn dem Abzug nach der Steuerklasse 3 unterliegt, einen Ausgleich zu verlangen (so auch der BGH, a. a. O.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Demnach konnte die Beklagte diese Einwendung nicht dem Kläger entgegenhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Ebenso kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass diese langjährige konkludente Abrede und Vereinbarung durch die Trennung im Sommer 1998 weggefallen ist. Ein Wegfall bzw. eine wesentliche Veränderung der Geschäftsgrundlage liegt nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswillen der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (Palandt – Heinrichs, § 242 Rn. 113). Die Rechte aus einem Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehen nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung nicht mehr zugemutet werden kann, wobei die Grenze der Zumutbarkeit von der Art des Vertrages und der aufgetretenen Störung abhängt (Palandt, a. a. O., § 242 Rn. 129).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Dabei kann offen bleiben, ob es hier überhaupt zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kam, insbesondere ob hier nicht einseitige Erwartungen im Raum standen. Denn über die Geschäftsgrundlage muss ein beiderseitiges Einvernehmen bestehen. Dass die Parteien darüber einig waren, dass im Fall der räumlichen Trennung direkt die steuerliche Veranlagung geändert werden soll – zumal weitere Aspekte wie Unterhaltsleistungen im Raum stehen und die Kaltmiete vom Kläger weiter gezahlt wurde – konnte nicht dargelegt werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zudem ist die weitere Vertragserfüllung (sprich die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung) für das fortlaufende Jahr 1998 für die Beklagte nicht unzumutbar gem. § 242 BGB. Denn im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage spielt der Grundsatz von Treu und Glauben eine große Rolle. Die Parteien hatten die ganzen Jahre konkludent die jeweiligen Lohnsteuerklassen vereinbart. Dabei konnte sich auch der Kläger darauf verlassen, dass dies für das gesamte Jahr 1998 gilt, und nicht durch die Trennung im Juni 1998 abgeändert wird. Denn diese Zustimmungsverpflichtung der Beklagten bestand noch als Nachwirkung aus der Ehe, die noch bestand, gem. § 1353 I BGB fort.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Eine Unzumutbarkeit der Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung könnte für die Beklagte nur dann in analoger Anwendung des § 1565 II BGB gegeben sein, wenn diese sich als unzumutbare Härte darstellen würde. Dann müsste es aber Anhaltspunkte dahin geben, dass diese Fortsetzung für die Beklagte eine unzumutbare Härte darstellt, wobei daran strenge Anforderungen zu stellen sind (Palandt, a. a. O., § 1565 Rn. 9).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Eine solche unzumutbare Härte liegt nicht vor, Anhaltspunkte sind nicht dargelegt worden. Auch die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten an das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang keine besondere Härte, da im Zusammenhang mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage nur auf sie und ihren Ehemann abzustellen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Auch kann die Beklagte nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den sie wegen der Besteuerung ihres Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung vom Kläger verlangen. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Anschauung zugrunde, mit den Einkommen der Eheleute gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Eine besondere Vereinbarung dahin, wonach der Kläger der Beklagten einen Ausgleich zahlt, wurde nicht getroffen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Daher ist die Beklagte dem Kläger zur Zustimmung verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klage ist zulässig und begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Tübingen – Zivilgericht – ist örtlich und sachlich zuständiges Prozessgericht. Insbesondere handelt es sich um keine familiengerichtliche Streitigkeit, die vom Amtsgericht – Familiengericht – zu entscheiden wäre. Denn in ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt, handelt es sich bei einer Zustimmungsklage zur steuerlichen Veranlagung um einen schuldrechtlichen Anspruch, der eine bürgerliche Vermögensstreitigkeit darstellt (Schellhammer, Familienrecht, 2. Auflage, 2002, Rn. 1430; OLG München, FamRZ 1983, 614; OLG Düsseldorf, FamRZ 1984, 805).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung für das Jahr 1998 gemäß § 1353 I 2 BGB. Insbesondere kann die Beklagte hier keine Einwände erheben und die Zustimmung nicht von einer Freistellung von Rückforderungsansprüchen des Finanzamtes abhängig machen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Gemäß § 1353 I 2 BGB hat der Kläger einen Anspruch auf Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung. Nach dieser Vorschrift sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen gemeinsam füreinander die Verantwortung. Dabei ergibt sich aus dem Wesen der Ehe grundsätzlich für beide Ehegatten die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
So war während der Ehe der Parteien eindeutig eine Regelung dahingehend bestimmt, dass der Kläger in der Lohnsteuerklasse 3 und die Ehefrau in der Lohnsteuerklasse 5 eingestuft wird.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Diese Verpflichtung besteht nicht nur für das Jahr 1997 – was die Beklagte anerkannt hat und wo sie auch zugestimmt hat – sondern auch für das Jahr 1998.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
In ständiger Rechtsprechung, der sich auch das Amtsgericht Tübingen anschließt sind Eheleute während der Ehe und dem Jahr der Trennung zu einer Mitwirkung an der steuerlichen Zusammenveranlagung gem. § 1353 I S. 2 BGB verpflichtet (OLG Dresden, FamRZ 2002, 1025). Denn aus dem Wesen der Ehe ergibt sich grundsätzlich die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, wobei eine hiernach begründete familienrechtliche Verpflichtung der Zusammenwirkung zuzustimmen auch nach der Scheidung als Nachwirkung der Ehe bestehen bleibt (OLG Dresden, a. a. O., BGH, FamRZ 1977, 38).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Demnach kann der Kläger auch für das Jahr 1998 die Zustimmung der Beklagten verlangen, da eine Scheidung bzw. Trennung noch nicht erfolgt war, und die Ehe noch bestand, wenn auch Mitte 1998 eine Trennung erfolgte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Insbesondere kann die Beklagte ihre Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht davon abhängig machen, dass der Kläger sie von der Rückzahlung an das Finanzamt ... freistellt. Zwar ist der die Zustimmung verlangende Ehegatte regelmäßig zum internen Ausgleich verpflichtet, wenn sich bei dem anderen Ehegatten die Steuerschuld infolge der Zusammenveranlagung im Vergleich zur getrennten Veranlagung erhöht, dies gilt aber nicht, wenn die Ehegatten eine andere Aufteilung der Steuerschulden – wie hier vorliegend – konkludent vereinbart haben (BGH, FamRZ 2002, 1025).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Denn durch die langjährige Vereinbarung der Parteien, wonach die Beklagte in die Lohnsteuerklasse 5 und der Kläger in die Lohnsteuerklasse 3 geht, wurde eine andere Aufteilung der Steuerschulden vereinbart.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Das Innenverhältnis der Parteien richtet sich dabei nach § 426 BGB, wobei die Parteien in den Streitjahren als Gesamtschuldner für die Abgaben gem. § 44 AO haften. Nach § 426 BGB haften die Gesamtschuldner grundsätzlich zu gleichen Teilen, sofern nichts anderes bestimmt ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Eine solche andere Bestimmung haben die Parteien aber durch ihre langjährige Steuerpraxis begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Denn es ist davon auszugehen, dass die Parteien die Wahl von Lohnsteuerklasse 3 und 5 bewußt gewählt haben, um mehr Geldmittel für den gemeinsamen Haushalt zur Verfügung zu haben. Damit hatte die Parteien mehr Geldmittel zur Verfügung als bei der doppelten steuerlichen Veranlagung nach Lohnsteuerklasse 4. Während des gemeinsamen Zusammenlebens hätten die Parteien keine andere Veranlagung beabsichtigt. Wegen der höheren Besteuerung hat die Beklagte auch vom Kläger niemals einen Ausgleich verlangt. Daher ist aufgrund einer langjährigen entsprechenden Übung der Parteien von einer konkludenten Vereinbarung des Inhalts auszugehen, dass die Beklagte die Einkünfte nach der Lohnsteuerklasse 5 versteuert, ohne vom Kläger dessen Lohn dem Abzug nach der Steuerklasse 3 unterliegt, einen Ausgleich zu verlangen (so auch der BGH, a. a. O.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Demnach konnte die Beklagte diese Einwendung nicht dem Kläger entgegenhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Ebenso kann die Beklagte sich nicht darauf berufen, dass diese langjährige konkludente Abrede und Vereinbarung durch die Trennung im Sommer 1998 weggefallen ist. Ein Wegfall bzw. eine wesentliche Veränderung der Geschäftsgrundlage liegt nicht vor.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswillen der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (Palandt – Heinrichs, § 242 Rn. 113). Die Rechte aus einem Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehen nur, wenn der von der Störung betroffenen Partei die unveränderte Vertragserfüllung nicht mehr zugemutet werden kann, wobei die Grenze der Zumutbarkeit von der Art des Vertrages und der aufgetretenen Störung abhängt (Palandt, a. a. O., § 242 Rn. 129).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Dabei kann offen bleiben, ob es hier überhaupt zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kam, insbesondere ob hier nicht einseitige Erwartungen im Raum standen. Denn über die Geschäftsgrundlage muss ein beiderseitiges Einvernehmen bestehen. Dass die Parteien darüber einig waren, dass im Fall der räumlichen Trennung direkt die steuerliche Veranlagung geändert werden soll – zumal weitere Aspekte wie Unterhaltsleistungen im Raum stehen und die Kaltmiete vom Kläger weiter gezahlt wurde – konnte nicht dargelegt werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zudem ist die weitere Vertragserfüllung (sprich die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung) für das fortlaufende Jahr 1998 für die Beklagte nicht unzumutbar gem. § 242 BGB. Denn im Rahmen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage spielt der Grundsatz von Treu und Glauben eine große Rolle. Die Parteien hatten die ganzen Jahre konkludent die jeweiligen Lohnsteuerklassen vereinbart. Dabei konnte sich auch der Kläger darauf verlassen, dass dies für das gesamte Jahr 1998 gilt, und nicht durch die Trennung im Juni 1998 abgeändert wird. Denn diese Zustimmungsverpflichtung der Beklagten bestand noch als Nachwirkung aus der Ehe, die noch bestand, gem. § 1353 I BGB fort.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Eine Unzumutbarkeit der Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung könnte für die Beklagte nur dann in analoger Anwendung des § 1565 II BGB gegeben sein, wenn diese sich als unzumutbare Härte darstellen würde. Dann müsste es aber Anhaltspunkte dahin geben, dass diese Fortsetzung für die Beklagte eine unzumutbare Härte darstellt, wobei daran strenge Anforderungen zu stellen sind (Palandt, a. a. O., § 1565 Rn. 9).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Eine solche unzumutbare Härte liegt nicht vor, Anhaltspunkte sind nicht dargelegt worden. Auch die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten an das Finanzamt ist in diesem Zusammenhang keine besondere Härte, da im Zusammenhang mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage nur auf sie und ihren Ehemann abzustellen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Auch kann die Beklagte nicht wegen des Scheiterns der Ehe den Mehrbetrag, den sie wegen der Besteuerung ihres Einkommens nach der Lohnsteuerklasse V im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung vom Kläger verlangen. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Anschauung zugrunde, mit den Einkommen der Eheleute gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrleistungen nicht auszugleichen. Eine besondere Vereinbarung dahin, wonach der Kläger der Beklagten einen Ausgleich zahlt, wurde nicht getroffen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Daher ist die Beklagte dem Kläger zur Zustimmung verpflichtet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.
</td></tr></table>
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|
132,256 | arbg-freiburg-2003-02-06-11-ca-42102 | {
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"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 11 Ca 421/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:10 | 2019-01-17T11:52:09 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristungsablauf am 24.07.2002 geendet hat.</p>
<p>2.  Das beklagte Land trägt die Kosten.</p>
<p>3.  Der Streitwert wird auf EUR 6.000,00 festgesetzt.</p>
<p>gez.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch Befristungsablauf mit dem 24.07.2002 endet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin wurde bei dem beklagten Land durch befristeten Arbeitsvertrag vom 12.09./14.09.2001 als teilzeitbeschäftigte Lehrerin im Angestelltenverhältnis mit 18 Unterrichtsstunden wöchentlich für Unterrichtstätigkeiten an Grund- und Hauptschulen befristet bis zum 24.07.2002 eingestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im Arbeitsvertrag (Anlage K1, Aktenseite 5) heißt es:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
Grund der Befristung:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Parteien sind sich einig, dass der Arbeitsvertrag nur als vorübergehender Ersatz für den nicht vorhersehbaren Ausfall von Frau ..., längstens bis 24.07.2002 abgeschlossen wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Beteiligung des nach § 85 Abs. 2 LPVG zuständigen Bezirkspersonalrats zur befristeten Einstellung der Klägerin vollzog sich in der Weise, dass das zuständige Oberschulamt den Bezirkspersonalrat mit Schreiben vom 06.09.2001 (Aktenseite 39) informierte, auch darüber dass es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag handelt und den Sachgrund angab. Aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Oberschulamt und dem Bezirkspersonalrat, wonach bei "KV-Verträgen" der Bezirkspersonalrat GHRS seine Mitbestimmungsrechte innerhalb von 24 Stunden wahrnimmt, ging das beklagte Land davon aus, dass am 07.09.2001 mangels Widerspruch des Personalrats dessen Zustimmung zur befristeten Einstellung der Klägerin vorlag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit ihrer am 08.08.2002 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen das Ende ihres Arbeitsverhältnisses durch Befristungsablauf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Klägerin trägt zur Begründung vor, dass die Befristungsvereinbarung unwirksam sei und das Arbeitsverhältnis daher nicht beenden könnte. Sie sei bereits deswegen unwirksam, weil der Personalrat bei dem beklagten Land nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Zunächst werde bestritten, dass eine Vereinbarung der Frist auf 24 Stunden überhaupt vorgenommen worden sei, darüber hinaus werde deren rechtliche Zulässigkeit bestritten. Dieses zum einen, weil die Absenderin Vertreterin der Gruppe der Beamten sei, jedoch die behauptete Vereinbarung nur die Gruppe der Angestellten beträfe. Darüber hinaus betrage die Frist zur Stellungnahme des Personalrats gemäß § 69 Abs. 2 S. 3 18 Tage und diese verlängere sich nach S. 5 auf 27 Tage, wobei innerhalb der Frist der örtliche Personalrat, welcher zur Entscheidung nicht befugt sei, noch anzuhören sei. Das sei nicht geschehen und aufgrund der extremen Verkürzung der Beteiligungsfrist sei diese Vereinbarung unwirksam, folglich habe der Personalrat der befristeten Einstellung der Klägerin nicht zugestimmt und aus diesem Grunde sei die Befristungsvereinbarung unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Darüber hinaus gäbe es auch keinen sachlichen Grund für die Befristung. Die vertretene Frau ... habe dem Schulleiter bereits Ende Juni 2001 mitgeteilt, dass sie ihren vorzeitigen Ruhestand eingereicht und bereits am 25.07.2001 die Urkunde über die Versetzung in den Ruhestand erhalten habe. Daher sei dem beklagten Land am 25.07.2001 bereits der Bedarf für die dauerhafte Einstellung einer Lehrkraft an der ... schule in ... bekannt gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag der Klägerin Aktenseite 53 und 54 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Klägerin beantragt daher:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="12"/>
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 24.07.2002 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Das beklagte Land beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Es trägt zur Begründung vor, das Arbeitsverhältnis werde durch die Befristung beendet. Der Bezirkspersonalrat sei vor der Einstellung der Klägerin ordnungsgemäß beteiligt worden. Mangels Stellungnahme hätte aufgrund der verkürzten Beteiligungsfrist mit Ablauf des 07.09.2001 die Zustimmung des Personalrats als erteilt gegolten. Darüber hinaus liege für die Befristung ein sachlicher Grund nach Nr. 1 c SR 2y BAT vor und der Befristung sei der nur vorübergehende Bedarf für die Arbeitsleistung der Klägerin gewesen. Die dauerhafte Besetzung sei aufgrund der Verwaltungsvorschriften des beklagten Landes über die Einstellung von Lehramtsbewerberinnen und Lehramtsbewerbern vom 24.01.2001 (Aktenseite 27 ff.) nicht möglich gewesen. Das zentrale Auswahlverfahren für das Land Baden-Württemberg sei zu dem Zeitpunkt, zu dem der Ausfall von Frau bekannt gewesen sei, schon abgeschlossen gewesen. Aus diesem Grunde sei es erforderlich gewesen, eine vorübergehende Einstellung vorzunehmen. Eine dauerhafte Einstellung der Klägerin sei im übrigen auch aus Gründen der Abschlussnote der Klägerin nicht möglich. (Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten wird auf die Aktenseite 22 bis 24 nebst Anlagen Bezug genommen.)
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die zulässige Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis endet nicht durch Befristungsablauf am 24.07.2002.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Antrag der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie festgestellt wissen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristungsablauf am 24.07.2002 geendet hat. Aufgrund der punktuellen Streitgegenstandstheorie ist der Antrag so zu formulieren (KR-Lipke/Bader, 6. Aufl., Anhang II zu § 626 BGB, § 17 TzBfG Rn. 11, 45). Das Gericht hat den Antrag der Klägerin daher entsprechend umgedeutet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Klägerin hat rechtzeitig im Sinne des § 17 S. 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach Ablaufen der Befristung Klage erhoben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Befristung ist unwirksam. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Mitbestimmungsrechte des Bezirkspersonalrats nicht gewahrt sind. Dem Personalrat steht nach § 69 Abs. 2 i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPVG auch hinsichtlich der Befristung eines Arbeitsverhältnisses ein Mitbestimmungsrecht zu (Rooschüz/Amend/Killinger, LPVG für Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 79 Rn. 31).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Beachtung dieses Mitbestimmungsrechts ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, wie das Bundesarbeitsgericht in gefestigter Rechtsprechung mehrfach entschieden hat (BAG Urteil vom 09.06.1999, 7 AZR 170/98; AP Nr. 2 zu § 63 LPVG Brandenburg; Urteil vom 20.02.2002, 7 AZR 707/00, AP Nr. 23 zu § 72 LPVG Nordrhein-Westfalen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats ist nicht gewahrt. Das beklagte Land hat die befristete Einstellung der Klägerin vorgenommen, bevor die Frist zur Stellungnahme für den Bezirkspersonalrat, der nach § 85 LPVG zuständig ist, abgelaufen war oder er eine abschließende Stellungnahme vorgelegen hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die Frist zur Stellungnahme des Bezirkspersonalrats nach § 85 Abs. 3 2. Halbs. i. V. m. § 69 Abs. 2 S. 3 LPVG 27 Arbeitstage beträgt. Diese Frist war bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 12./14.09.2001 bei weitem nicht abgelaufen, da der Personalrat erst am 06.09.2001 informiert worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die möglicherweise erfolgte einvernehmliche Verkürzung der Frist auf 24 Stunden ist unwirksam. Eine Dienstvereinbarung oder Regelungsabsprache dieses Inhaltes verstößt gegen zwingendes Recht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Das ergibt sich zum einen aus § 69 Abs. 2 S. 4 LPVG. Hier ist geregelt, dass in dringenden Fällen die Dienststelle die Frist auf 6 Arbeitstage abkürzen kann. Dies zeigt, dass dem Personalrat in jedem Fall eine sechstägige Frist zur Willensbildung verbleiben soll. Eine noch kürzere Frist kann auch nicht einvernehmlich vereinbart werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Das Problem der Verkürzung von Fristen des Personalrats ist im Personalvertretungsrecht soweit hier ersichtlich nicht diskutiert; es ist jedoch bei weitgehend gleicher Interessenlage im Bereich des Betriebsverfassungsrechtes umstritten. Teilweise wird eine einvernehmliche Fristverkürzung grundsätzlich für unwirksam gehalten, da der Betriebsrat nicht zu Lasten der Arbeitnehmer auf die ihm gesetzlich übertragenen Mitwirkungsrechte auch nur teilweise verzichten könne (KR-Etzel, § 102 BetrVG Rn. 89; Erfurter Kommentar Hanau/Kanja, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rn. 11). Dem gegenüber wird es von anderen (APS Koch, BetrVG § 102 Rn. 131; GK BetrVG -- Raab, 7. Aufl., § 102 Rn. 101) für zulässig erachtet, die Frist einvernehmlich zu verkürzen, da das Mitbestimmungsrecht selbst nicht betroffen sei und zudem der Betriebsrat auch die Möglichkeit habe, durch eine vorzeitige Stellungnahme selbst die Dauer der Frist zu beeinflussen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Ob eine einvernehmliche Fristverkürzung überhaupt zulässig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn Einigkeit besteht darüber, dass eine Fristverkürzung, auch wenn sie einvernehmlich erfolgt, nicht darauf hinauslaufen darf, dass die zuständige Arbeitnehmervertretung faktisch auf ihr Beteiligungsrecht verzichtet (so auch GK BetrVG -- Raab, aaO. Rn. 101).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die zwischen dem beklagten Land und dem zuständigen Bezirkspersonalrat vorgenommene Fristverkürzung auf einen Tag stellt einen solchen faktischen Verzicht auf die Ausübung des Mitbestimmungsrechts dar, denn innerhalb eines Tages ist es dem Bezirkspersonalrat unmöglich, eine ordnungsgemäße Sitzung einzuberufen, gegebenenfalls den betroffenen Arbeitnehmer anzuhören, die Rechtmäßigkeit der Befristung kompetent zu beurteilen und zudem auch noch einen rechtswirksamen Beschluss zu fassen. Dies gilt umso mehr angesichts der bereits erwähnten durch § 69 Abs. 2 S. 4 LPVG vorgegebenen Möglichkeit des Arbeitgebers, die Frist auf sechs Arbeitstage zu verkürzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Vereinbarung zwischen dem beklagten Land und dem Bezirkspersonalrat läuft auf einen Verzicht auf das Mitbestimmungsrecht des § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPVG hinaus und ist daher unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Aus diesem Grunde fehlte die notwendige Zustimmung des Bezirkspersonalrats zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag als unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Der Klage war daher stattzugeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Nach § 91 Abs. 1 ZPO trägt das beklagte Land die Kosten des Rechtsstreits, das es vollumfänglich unterlegen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Streitwert musste mangels anderweitiger Angaben vom Gericht geschätzt werden. Unter Berücksichtigung dessen, dass es sich um ein Teilzeitarbeitsverhältnis handelt, welches länger als ein Jahr bestanden hat, hat das Gericht den Streitwert auf EUR 6.000,00 festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
D. Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die zulässige Klage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis endet nicht durch Befristungsablauf am 24.07.2002.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Antrag der Klägerin ist dahingehend auszulegen, dass sie festgestellt wissen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Befristungsablauf am 24.07.2002 geendet hat. Aufgrund der punktuellen Streitgegenstandstheorie ist der Antrag so zu formulieren (KR-Lipke/Bader, 6. Aufl., Anhang II zu § 626 BGB, § 17 TzBfG Rn. 11, 45). Das Gericht hat den Antrag der Klägerin daher entsprechend umgedeutet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Klägerin hat rechtzeitig im Sinne des § 17 S. 1 TzBfG innerhalb von drei Wochen nach Ablaufen der Befristung Klage erhoben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Befristung ist unwirksam. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Mitbestimmungsrechte des Bezirkspersonalrats nicht gewahrt sind. Dem Personalrat steht nach § 69 Abs. 2 i. V. m. § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPVG auch hinsichtlich der Befristung eines Arbeitsverhältnisses ein Mitbestimmungsrecht zu (Rooschüz/Amend/Killinger, LPVG für Baden-Württemberg, 10. Aufl., § 79 Rn. 31).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Beachtung dieses Mitbestimmungsrechts ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, wie das Bundesarbeitsgericht in gefestigter Rechtsprechung mehrfach entschieden hat (BAG Urteil vom 09.06.1999, 7 AZR 170/98; AP Nr. 2 zu § 63 LPVG Brandenburg; Urteil vom 20.02.2002, 7 AZR 707/00, AP Nr. 23 zu § 72 LPVG Nordrhein-Westfalen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats ist nicht gewahrt. Das beklagte Land hat die befristete Einstellung der Klägerin vorgenommen, bevor die Frist zur Stellungnahme für den Bezirkspersonalrat, der nach § 85 LPVG zuständig ist, abgelaufen war oder er eine abschließende Stellungnahme vorgelegen hatte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass die Frist zur Stellungnahme des Bezirkspersonalrats nach § 85 Abs. 3 2. Halbs. i. V. m. § 69 Abs. 2 S. 3 LPVG 27 Arbeitstage beträgt. Diese Frist war bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages am 12./14.09.2001 bei weitem nicht abgelaufen, da der Personalrat erst am 06.09.2001 informiert worden ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die möglicherweise erfolgte einvernehmliche Verkürzung der Frist auf 24 Stunden ist unwirksam. Eine Dienstvereinbarung oder Regelungsabsprache dieses Inhaltes verstößt gegen zwingendes Recht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Das ergibt sich zum einen aus § 69 Abs. 2 S. 4 LPVG. Hier ist geregelt, dass in dringenden Fällen die Dienststelle die Frist auf 6 Arbeitstage abkürzen kann. Dies zeigt, dass dem Personalrat in jedem Fall eine sechstägige Frist zur Willensbildung verbleiben soll. Eine noch kürzere Frist kann auch nicht einvernehmlich vereinbart werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Das Problem der Verkürzung von Fristen des Personalrats ist im Personalvertretungsrecht soweit hier ersichtlich nicht diskutiert; es ist jedoch bei weitgehend gleicher Interessenlage im Bereich des Betriebsverfassungsrechtes umstritten. Teilweise wird eine einvernehmliche Fristverkürzung grundsätzlich für unwirksam gehalten, da der Betriebsrat nicht zu Lasten der Arbeitnehmer auf die ihm gesetzlich übertragenen Mitwirkungsrechte auch nur teilweise verzichten könne (KR-Etzel, § 102 BetrVG Rn. 89; Erfurter Kommentar Hanau/Kanja, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rn. 11). Dem gegenüber wird es von anderen (APS Koch, BetrVG § 102 Rn. 131; GK BetrVG -- Raab, 7. Aufl., § 102 Rn. 101) für zulässig erachtet, die Frist einvernehmlich zu verkürzen, da das Mitbestimmungsrecht selbst nicht betroffen sei und zudem der Betriebsrat auch die Möglichkeit habe, durch eine vorzeitige Stellungnahme selbst die Dauer der Frist zu beeinflussen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Ob eine einvernehmliche Fristverkürzung überhaupt zulässig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn Einigkeit besteht darüber, dass eine Fristverkürzung, auch wenn sie einvernehmlich erfolgt, nicht darauf hinauslaufen darf, dass die zuständige Arbeitnehmervertretung faktisch auf ihr Beteiligungsrecht verzichtet (so auch GK BetrVG -- Raab, aaO. Rn. 101).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die zwischen dem beklagten Land und dem zuständigen Bezirkspersonalrat vorgenommene Fristverkürzung auf einen Tag stellt einen solchen faktischen Verzicht auf die Ausübung des Mitbestimmungsrechts dar, denn innerhalb eines Tages ist es dem Bezirkspersonalrat unmöglich, eine ordnungsgemäße Sitzung einzuberufen, gegebenenfalls den betroffenen Arbeitnehmer anzuhören, die Rechtmäßigkeit der Befristung kompetent zu beurteilen und zudem auch noch einen rechtswirksamen Beschluss zu fassen. Dies gilt umso mehr angesichts der bereits erwähnten durch § 69 Abs. 2 S. 4 LPVG vorgegebenen Möglichkeit des Arbeitgebers, die Frist auf sechs Arbeitstage zu verkürzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die Vereinbarung zwischen dem beklagten Land und dem Bezirkspersonalrat läuft auf einen Verzicht auf das Mitbestimmungsrecht des § 79 Abs. 3 Nr. 15 b LPVG hinaus und ist daher unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Aus diesem Grunde fehlte die notwendige Zustimmung des Bezirkspersonalrats zum Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages mit der Klägerin mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag als unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Der Klage war daher stattzugeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Nach § 91 Abs. 1 ZPO trägt das beklagte Land die Kosten des Rechtsstreits, das es vollumfänglich unterlegen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Der Streitwert musste mangels anderweitiger Angaben vom Gericht geschätzt werden. Unter Berücksichtigung dessen, dass es sich um ein Teilzeitarbeitsverhältnis handelt, welches länger als ein Jahr bestanden hat, hat das Gericht den Streitwert auf EUR 6.000,00 festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
D. Vorsitzende:
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,257 | arbg-freiburg-2003-02-06-11-ca-61102 | {
"id": 117,
"name": "Arbeitsgericht Freiburg",
"slug": "arbg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
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} | 11 Ca 611/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:10 | 2019-01-17T11:52:09 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klage wird abgewiesen.</td>
</tr>
</table>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klägerin trägt die Kosten.</td>
</tr>
</table>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Streitwert beträgt EUR 1.770,00.</td>
</tr>
</table>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Berufung alleine für den Antrag Ziff. 3 wird nicht zugelassen.</td>
</tr>
</table>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin (vormalige Widerklägerin) verlangt von der Beklagten (vormalige Klägerin) Auskünfte über die Einnahmen aus einer behaupteten Berufstätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber während eines bestehenden Beschäftigungsverbotes, sowie die Zahlung der entsprechenden Einnahmen an die Klägerin und Erstattung der Kosten für die Nutzung des Dienstwagens für die Fahrten zu dieser Arbeitsstätte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Klägerin ist die Arbeitgeberin der Beklagten. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 27.09.2001 zugrunde, nachdem die Beklagte als kaufmännische Mitarbeiterin bei der Klägerin mit einem zeitlichen Umfang von 30 Stunden pro Woche bei einem Gehalt von ca. EUR 1.300,– brutto tätig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nach § 1 des Arbeitsvertrages (Aktenseite 9) sind Nebentätigkeiten jeglicher Art genehmigungspflichtig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Nach § 3 setzt sich die Vergütung zusammen aus einer Grundvergütung von DM 2.000,– und einer "Autonutzung Golf" in Höhe von DM 325,–.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
In § 10 "Sonstige Leistungen" heisst es:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Frau ... erhält die Gestellung eines Pkw. Sie darf den Pkw auch privat nutzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beklagte war seit Mai 2002 schwanger; sie hat am 23.01.2003 entbunden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Der behandelnde Frauenarzt hat für die Beklagte ein Beschäftigungsverbot für ihre Tätigkeit bei der Klägerin angeordnet. Das Beschäftigungsverbot ist nicht näher begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe in der Zeit vom 01.09.2001 bis zum 15.11.2002 in der Gaststätte ... in erheblichem Umfang gearbeitet und dort Entgelt erzielt. Das ergebe sich daraus, dass der zur Privatnutzung überlassene Pkw der Beklagten hier häufig im Hof der Gaststätte gesehen worden sei. Darüber hinaus habe in dieser Gaststätte auch die Schwester der Beklagten gearbeitet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Da die Beklagte Entgelt erzielt habe in der Zeit, in der sie aufgrund eines Beschäftigungsverbotes bei der Klägerin nicht tätig werden durfte, habe die Klägerin einen Anspruch darauf, zu erfahren, wieviel Entgelt sie erzielt habe und die Beklagte sei darüber hinaus verpflichtet, das erzielte Entgelt an die Klägerin auszukehren. Darüber hinaus sei sie verpflichtet, der Klägerin für die Nutzung des Dienstwagens für Fahrten zu dieser Arbeitstätigkeit, sei es um dort selber zu arbeiten, sei es um ihre Schwester zur Arbeit zu fahren, Kostenerstattung zu leisten, denn sie sei nicht berechtigt gewesen, auch für solche Fahrten den zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen einzusetzen. Ein entsprechender Auskunftsanspruch der Klägerin folge aus § 615 Satz 2 BGB in analoger Anwendung bzw. aus § 275, 285 BGB n. F. ., diese Vorschriften seien für das Arbeitsverhältnis bei einer Nebentätigkeit, die erst dadurch ermöglicht werde, dass die Beklagte von ihrer Arbeitsleistung bei der Klägerin frei werde, zumindest analog anzuwenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Klägerin beantragt daher:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="12"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die Einnahmen zu erteilen, die sie erzielt hat in dem Zeitraum 01.09.2001 bis 15.11.2002 im Rahmen einer ausgeübten Berufstätigkeit insbesondere in der Gaststätte ..., Inh. Herr ..., daselbst, sowie die Zahl, Häufigkeit und Länge von Fahrten mit dem streitgegenständlichen Pkw VW-Golf ... zu solchen Arbeitsstellen bei Dritten.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="13"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird nach erteilter Auskunft verurteilt, an die Klägerin den aus Berufstätigkeit bei Dritten in der Zeit ab 01.09.2002 erzielten Arbeitslohn mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.11.2002 zu zahlen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="14"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Beklagte wird verurteilt, nach erteilter Auskunft der Klägerin Fahrtkostenersatz in Höhe von EUR 0,27 für jeden zu anderweitigen Arbeitsstellen gefahrenen Kilometer nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.11.2002 zu zahlen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Sie trägt zur Begründung vor, sie habe keinen anderweitigen unerlaubten Tätigkeiten ausgeübt. In jedem Fall sei es ihr unbenommen aufgrund der erlaubten Privatnutzung des Pkw's mit diesem auch ihre Schwester, ggf. auch selbst zu anderweitigen Arbeitsstätten zu fahren. Darüber hinaus gebe es keine Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Beklagte hatte ursprünglich Klage erhoben, worauf hin die Klägerin Widerklage erhoben hatte. Die erhobene Klage hat sich im Laufe des Verfahrens insgesamt erledigt, so dass die Widerklage zur Klage wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Wegen des weiteren Parteivortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die zulässige Klage ist unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der Antrag Ziff. 1 ist dahin auszulegen, dass die Klägerin die Auskunft für die Zeit vom 1. Sept. 2002 (nicht 2001) begehrt; es liegt ein offensichtliches Schreibversehen vor, wie sich aus der Begründung der Klage ergibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klage ist abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für das Verlangen der Klägerin Auskunft zu erteilen bzw. erzielte Vergütung oder Fahrtkostenersatz an die Klägerin auszukehren.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der mit dem Klagantrag Ziff. 1 geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klägerin würde nur dann bestehen, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, während einer Krankheit bzw. während eines Beschäftigungsverbotes erzielte Einnahmen aus einer anderweitigen Arbeitstätigkeit an die Klägerin zu zahlen und wenn sie verpflichtet wäre, Fahrtkostenerstattung zu leisten für die Fahrten zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen für die Fahrten zu anderweitigen Arbeitsstätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Ein Anspruch der Klägerin auf Auskehr der anderweitig während des Beschäftigungsverbotes erzielten Vergütung besteht jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein solcher Anspruch scheitert allerdings nicht bereits daran, dass die Beklagte bei der Klägerin nur in Teilzeit tätig gewesen ist. Ggf. hätte die Beklagte ebenfalls insoweit Auskunft über anderweitige Tätigkeiten zu erteilen, dass die Klägerin in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob diese Tätigkeiten der Beklagten erst dadurch ermöglicht worden sind, dass sie für ihre Tätigkeit bei der Klägerin einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG unterlegen ist.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="27"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Es fehlt jedoch an einer Anspruchsgrundlage für das Begehr der Klägerin. Das MuSchG enthält keine Rechtsgrundlage dafür, dass sich die Beklagte das während eines Beschäftigungsverbotes bei einem anderen Arbeitgeber erzielte Entgelt auf die Arbeitsentgeltfortzahlung nach § 11 MuSchG anrechnen zu lassen hat, selbst dann, wenn sie die neue Tätigkeit nur deswegen aufnehmen konnte, weil sie die dafür notwendige Zeit erst durch das Beschäftigungsverbot überhaupt erst erlangt hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
Eine Anspruchsgrundlage könnte sich daher nur aus analogen Anwendung von vergleichbaren Vorschriften, welche einer Anrechnung von anderweitigem Einkommen vorsehen ergeben, bzw. aus der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben und dem daraus sich ableitenden Verbotes rechtsmissbräuchlichen Handelns.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Diese Frage ist höchstrichterlich nicht geklärt und in der Fachliteratur umstritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Boecken (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht § 86 Rd.-Nr. 85) vertritt die Auffassung, dass hier § 615 Satz 2 BGB analog anzuwenden sei. Auch Herschel (Anm. zu AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) kommt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung, die nur dadurch erzielt worden ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund von Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung erzielte, gleichzeitig jedoch während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit eine neue andere Tätigkeit aufgenommen hat, den Anspruch auf Entgeltfortzahlung mindere. Demgegenüber vertreten Geyer/Knorr/Krasney (Entgeltfortzahlung § 14 Rd.-Nr. 20 MuSchG) die Auffassung, dass bei der Arbeitsaufnahme bei einem anderen Arbeitgeber während der Schutzfrist nach § 3 bzw. § 6 MuSchG zwar dieses Entgelt auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld anzurechnen sei, jedoch nicht auf den nach § 14 MuSchG zu zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld durch den Arbeitgeber.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Dörner (Erfurter Kommentar, 3. Aufl. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz Rd.-Nr. 9) und Schmitt (Entgeltfortzahlungsgesetz, 4. Aufl. § 3 Rd.-Nr. 122) kommen zu dem Ergebnis, dass überhaupt keine Anrechnungsverpflichtung besteht, insbesondere auch nicht unter dem Gedanken des Rechtsmissbrauches durch den Arbeitnehmer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach Auffassung des Gerichtes ist ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig erkrankt ist – und dasselbe gilt entsprechend für eine Arbeitnehmerin, die einem individuellen Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG unterliegt – und der dadurch überhaupt erst in die Lage versetzt wird, eine andere Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufzunehmen, nicht verpflichtet, das hierbei erzielte Entgelt an den entgeltfortzahlungsverpflichteten Arbeitgeber auszuzahlen oder eine Verrechnung mit der Entgeltfortzahlung vornehmen zu lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Dies begründet sich aus folgender Überlegung:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Die Beklagte hat nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Zwar war der Beklagten nach dem Arbeitsvertrag eine Nebentätigkeit grundsätzlich nicht erlaubt. Dieses allgemeine Nebentätigkeitsverbot ist jedoch im Lichte des Art. 12 Grundgesetz zu sehen. Die Beklagte übte zum einen eine Teilzeitbeschäftigung aus, zum anderen wäre die Tätigkeit in einer Gaststätte keinerlei Konkurrenztätigkeit gegenüber der Klägerin gewesen, so dass sie grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung dieser Nebentätigkeit gehabt hätte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Rechtsmissbräuchliches Verhalten setzt voraus, dass der Arbeitnehmer entweder eine bestimmte Rechtsposition unlauter erwirbt oder dass er eine erworbene Rechtsposition unredlich ausnutzt. Beides ist nicht der Fall. Die Beklagte unterlag einem Beschäftigungsverbot. Die dadurch frei werdende Zeit hat sie nicht unredlich erworben, sondern dies war die Konsequenz des Beschäftigungsverbotes. Im übrigen gibt es auch kein allgemeines Nebentätigkeitsverbot während einer Erkrankung bzw. eines Beschäftigungsverbotes; dies wäre mit Art. 12 Grundgesetz auch nicht zu vereinbaren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Beklagte hat die Rechtsposition, die sie in redlicher Weise erlangt hat, nämlich die Möglichkeit während des Beschäftigungsverbotes einer anderweitigen Tätigkeit nachzugehen auch nicht unredlich ausgenutzt. Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass durch das Verhalten der Beklagten der Klägerin keinerlei Schaden entstanden ist. Hätte die Beklagte keine Tätigkeit aufgenommen, wären die finanziellen Belastungen der Klägerin genauso hoch gewesen wie bei Aufnahme einer Nebentätigkeit während des Beschäftigungsverbotes durch die Beklagte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Es ist auch mit der Rechtsordnung nicht schlechterdings unvereinbar, dass die Beklagte während des Beschäftigungsverbotes einer anderweitigen Tätigkeit nachgeht und dadurch Entgelt erzielt. Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen des MuSchG grundsätzlich dem Arbeitgeber das Risiko zugewiesen, dass durch ein Beschäftigungsverbot er die schwangere Arbeitnehmerin nicht einsetzen kann. Er trägt das Leistungsrisiko und muss gleichwohl die Vergütung nach § 11 MuSchG zahlen. Dieses Beschäftigungsrisiko wird dadurch abgemildert, dass der Arbeitgeber grundsätzlich in einem sehr weiten Umfang berechtigt ist, sein Weisungsrecht auszuüben um der schwangeren Arbeitnehmerin eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, damit er für die Dauer des Beschäftigungsverbotes gleichwohl noch eine Gegenleistung erhält. Wenn der Arbeitgeber hierzu jedoch nicht in der Lage oder Willens ist, was für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, bzw. wenn das Beschäftigungsverbot auf Umständen resultiert, die einer Beschäftigung insgesamt entgegenstehen, so lebt wieder das Risiko des Arbeitgebers auf, dass er die schwangere Arbeitnehmerin jedenfalls in seinem Betrieb nicht beschäftigen kann. Geht diese dann einer anderen Entgelttätigkeit für die Dauer des Beschäftigungsverbotes nach, so bleibt es dabei, dass sich für den Arbeitgeber lediglich das ihm vom Gesetz zugewiesene Risiko, dass er selbst die schwangere Arbeitnehmerin nicht beschäftigen kann, realisiert, er jedoch nicht darüber hinaus in irgend einer Weise benachteiligt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten scheidet also aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Eine analoge Anwendung von § 615 Satz 2 BGB oder von § 281 BGB a. F. scheidet ebenfalls aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Beide Vorschriften sind nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht unmittelbar auf die vorliegende Konstellation anzuwenden. § 615 BGB setzt Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, § 281 BGB betrifft nur die Herausgabe von Sachen und Rechten und ist nach herrschender Meinung auf Dienstverträge ebenfalls nicht anzuwenden (Münchener Kommentar BGB – Emmerich § 281 Rd.-Nr. 5 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Jedoch scheidet auch eine analoge Anwendung dieser Vorschriften aus. Eine analoge Anwendung würde voraussetzen, dass es sich vorliegend um eine unbewusste Gesetzeslücke handelt, deren Schließung angezeigt ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Es scheitert jedoch hier bereits an dem Vorliegen einer unbewussten Gesetzeslücke. Die Problematik, dass Arbeitnehmer während einer Krankschreibung die Gelegenheit nutzen, eine Nebentätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufzunehmen, spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.11.1979 (AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) mit der auch die Frage der Verrechnung der Entgeltfortzahlung mit anderweitigem Verdienst problematisierenden Anmerkung von Herschel bekannt. Der Gesetzgeber hat aber trotz der zwischenzeitlich erfolgten Änderung der Rechtsgrundlage, insbesondere durch die Aufhebung des Lohnfortzahlungsgesetzes und die Einführung des Entgeltfortzahlungsgesetzes keinerlei Bedarf gesehen, hier im Gesetz eine entsprechend Anwendungsvorschrift einzuführen. Es spricht daher viel dafür, dass es sich vorliegend um eine bewusste Gesetzeslücke, ein beredetes Schweigen handelt. Das wird auch dadurch unterstützt, dass der Gesetzgeber in vielen anderen Bereichen, worauf die Klägerin zurecht hingewiesen hat, entsprechende Vorschriften geschaffen hat, beispielsweise § 615 Satz 2 BGB, § 61 HGB, oder § 11 KSchG als arbeitsrechtliche Normen, wie auch § 143 Abs. 1 und § 141 Abs. 1 SGB 3 und § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 als sozialversicherungsrechtliche Vorschriften. Eine Analogie der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften verbietet sich bereits deshalb, weil hier eine andere Interessenslage vorherrscht, nämlich die Schonung der Solidargemeinschaft und die grundsätzliche Zielsetzung von Sozialversicherungsleistungen, zur Erhaltung der Existenzsicherung bzw. des Lebensstandards des Versicherten beizutragen. Darüber hinaus zeigen die Vorschriften, dass der Gesetzgeber sich der Anrechnungsproblematik sehr wohl bewusst war. Wenn er eine solche, gerade für den Krankengeldbezug geregelt hat, aber im Bereich des Entgeltfortzahlungsrechtes nicht geregelt hat, dann zeigt das, dass keine unbewusste Lücke vorliegt, sondern der Gesetzgeber eine solche Regelung nicht für notwendig erachtet hat. Aus diesem Grunde scheidet eine analoge Anwendung aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Soweit die Klägerin darauf abgestellt hat, dass nach § 275, § 285 BGB n. F. auch eine Herausgabepflicht des erzielten Entgeltes besteht, scheitert die Anwendung dieser Vorschriften bereits daran, dass es sich bei dem Arbeitsverhältnis um ein solches handelt, das vor dem 01.01.2002 begründet worden ist und das daher nach § 5 Satz 2 des Art. 229 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung vor dem 01.01.2002 noch anzuwenden ist. Zur Ablehnung der analogen Anwendung des § 281 BGB auf Arbeitsverhältnisses wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Es kann im übrigen dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin überhaupt einen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Verdienstes hat oder nur einen Anspruch auf Verrechnung und im Ergebnis damit einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Gehaltes nach § 812 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Verdienstes hat, hat sie auch keinen Auskunftsanspruch.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auskunft über die gefahrenen Kilometer mit dem Dienstwagen Pkw Golf, weil sie auch hier keinen Anspruch auf eine mögliche Erstattung der Fahrtkosten hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Das ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte nach dem Anstellungsvertrag diesen Pkw privat nutzen durfte (und die Betriebsmittel selber zu zahlen hatte). Die Privatnutzung des Pkw ist der Gegenbegriff zur gewerblichen Nutzung des Pkw. Wenn die Beklagte tatsächlich ein anderes Arbeitsverhältnis aufgenommen haben sollte und mit diesem Pkw entweder selbst zur Arbeit gefahren ist oder ihre Schwester dorthin gebracht hat, so handelt es sich immer noch nicht um eine gewerbliche Nutzung, weil durch den Einsatz des Pkw selber kein irgendwie geartetes Entgelt erzielt worden ist. Die Fahrten mit dem Pkw wären lediglich ein Hilfsmittel gewesen, um an eine andere Arbeitsstätte zu kommen. Eine solche Tätigkeit wird noch von der Privatnutzung des Pkw gedeckt, wie sie der Beklagten durch den Arbeitsvertrag (§ 10) erlaubt ist. Wenn die Klägerin dies nicht gewollt hätte, hätte sie das in den vertraglichen Regelungen ausschließen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie vollumfänglich unterlegen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Der mit dem Urteil festzusetzende Streitwert war nach § 3 ZPO anhand des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin zu schätzen. Da die Klägerin eine Tätigkeitsdauer von 10 Wochen behauptet hat, welche einen erheblichen zeitlichen Umfang angenommen habe, schätzt das Gericht den Wert für den Antrag Ziff. 1 und Ziff. 2, welche insoweit wirtschaftlich identisch sind, auf ein Bruttogehalt einer Kellnerin, somit EUR 1.500,–. Für den Schadensersatz bezüglich der Verwendung des Dienstwagens für die Fahrten zu der behaupteten Tätigkeit schätzt das Gericht den Streitwert für die Fahrten von Umkirch nach Emmendingen für die Dauer von 10 Wochen mit einer Entfernung von insgesamt rd. 20 Kilometern pro Kalendertag auf EUR 270,– (50 Tage x 20 km x 0,27 EUR).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Für den isolierten Klageantrag Ziff. 3 war die Berufung nicht zuzulassen, da die hierfür notwendigen Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die zulässige Klage ist unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der Antrag Ziff. 1 ist dahin auszulegen, dass die Klägerin die Auskunft für die Zeit vom 1. Sept. 2002 (nicht 2001) begehrt; es liegt ein offensichtliches Schreibversehen vor, wie sich aus der Begründung der Klage ergibt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Die Klage ist abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für das Verlangen der Klägerin Auskunft zu erteilen bzw. erzielte Vergütung oder Fahrtkostenersatz an die Klägerin auszukehren.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der mit dem Klagantrag Ziff. 1 geltend gemachte Auskunftsanspruch der Klägerin würde nur dann bestehen, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, während einer Krankheit bzw. während eines Beschäftigungsverbotes erzielte Einnahmen aus einer anderweitigen Arbeitstätigkeit an die Klägerin zu zahlen und wenn sie verpflichtet wäre, Fahrtkostenerstattung zu leisten für die Fahrten zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen für die Fahrten zu anderweitigen Arbeitsstätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Ein Anspruch der Klägerin auf Auskehr der anderweitig während des Beschäftigungsverbotes erzielten Vergütung besteht jedoch mangels Rechtsgrundlage nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="26"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ein solcher Anspruch scheitert allerdings nicht bereits daran, dass die Beklagte bei der Klägerin nur in Teilzeit tätig gewesen ist. Ggf. hätte die Beklagte ebenfalls insoweit Auskunft über anderweitige Tätigkeiten zu erteilen, dass die Klägerin in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob diese Tätigkeiten der Beklagten erst dadurch ermöglicht worden sind, dass sie für ihre Tätigkeit bei der Klägerin einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG unterlegen ist.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="27"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)   </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Es fehlt jedoch an einer Anspruchsgrundlage für das Begehr der Klägerin. Das MuSchG enthält keine Rechtsgrundlage dafür, dass sich die Beklagte das während eines Beschäftigungsverbotes bei einem anderen Arbeitgeber erzielte Entgelt auf die Arbeitsentgeltfortzahlung nach § 11 MuSchG anrechnen zu lassen hat, selbst dann, wenn sie die neue Tätigkeit nur deswegen aufnehmen konnte, weil sie die dafür notwendige Zeit erst durch das Beschäftigungsverbot überhaupt erst erlangt hat.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
Eine Anspruchsgrundlage könnte sich daher nur aus analogen Anwendung von vergleichbaren Vorschriften, welche einer Anrechnung von anderweitigem Einkommen vorsehen ergeben, bzw. aus der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben und dem daraus sich ableitenden Verbotes rechtsmissbräuchlichen Handelns.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Diese Frage ist höchstrichterlich nicht geklärt und in der Fachliteratur umstritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Boecken (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht § 86 Rd.-Nr. 85) vertritt die Auffassung, dass hier § 615 Satz 2 BGB analog anzuwenden sei. Auch Herschel (Anm. zu AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) kommt zu dem Ergebnis, dass die Vergütung, die nur dadurch erzielt worden ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund von Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung erzielte, gleichzeitig jedoch während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit eine neue andere Tätigkeit aufgenommen hat, den Anspruch auf Entgeltfortzahlung mindere. Demgegenüber vertreten Geyer/Knorr/Krasney (Entgeltfortzahlung § 14 Rd.-Nr. 20 MuSchG) die Auffassung, dass bei der Arbeitsaufnahme bei einem anderen Arbeitgeber während der Schutzfrist nach § 3 bzw. § 6 MuSchG zwar dieses Entgelt auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld anzurechnen sei, jedoch nicht auf den nach § 14 MuSchG zu zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld durch den Arbeitgeber.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Dörner (Erfurter Kommentar, 3. Aufl. § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz Rd.-Nr. 9) und Schmitt (Entgeltfortzahlungsgesetz, 4. Aufl. § 3 Rd.-Nr. 122) kommen zu dem Ergebnis, dass überhaupt keine Anrechnungsverpflichtung besteht, insbesondere auch nicht unter dem Gedanken des Rechtsmissbrauches durch den Arbeitnehmer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach Auffassung des Gerichtes ist ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig erkrankt ist – und dasselbe gilt entsprechend für eine Arbeitnehmerin, die einem individuellen Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG unterliegt – und der dadurch überhaupt erst in die Lage versetzt wird, eine andere Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufzunehmen, nicht verpflichtet, das hierbei erzielte Entgelt an den entgeltfortzahlungsverpflichteten Arbeitgeber auszuzahlen oder eine Verrechnung mit der Entgeltfortzahlung vornehmen zu lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Dies begründet sich aus folgender Überlegung:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Die Beklagte hat nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Zwar war der Beklagten nach dem Arbeitsvertrag eine Nebentätigkeit grundsätzlich nicht erlaubt. Dieses allgemeine Nebentätigkeitsverbot ist jedoch im Lichte des Art. 12 Grundgesetz zu sehen. Die Beklagte übte zum einen eine Teilzeitbeschäftigung aus, zum anderen wäre die Tätigkeit in einer Gaststätte keinerlei Konkurrenztätigkeit gegenüber der Klägerin gewesen, so dass sie grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung dieser Nebentätigkeit gehabt hätte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Rechtsmissbräuchliches Verhalten setzt voraus, dass der Arbeitnehmer entweder eine bestimmte Rechtsposition unlauter erwirbt oder dass er eine erworbene Rechtsposition unredlich ausnutzt. Beides ist nicht der Fall. Die Beklagte unterlag einem Beschäftigungsverbot. Die dadurch frei werdende Zeit hat sie nicht unredlich erworben, sondern dies war die Konsequenz des Beschäftigungsverbotes. Im übrigen gibt es auch kein allgemeines Nebentätigkeitsverbot während einer Erkrankung bzw. eines Beschäftigungsverbotes; dies wäre mit Art. 12 Grundgesetz auch nicht zu vereinbaren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Die Beklagte hat die Rechtsposition, die sie in redlicher Weise erlangt hat, nämlich die Möglichkeit während des Beschäftigungsverbotes einer anderweitigen Tätigkeit nachzugehen auch nicht unredlich ausgenutzt. Insbesondere ist hierbei zu beachten, dass durch das Verhalten der Beklagten der Klägerin keinerlei Schaden entstanden ist. Hätte die Beklagte keine Tätigkeit aufgenommen, wären die finanziellen Belastungen der Klägerin genauso hoch gewesen wie bei Aufnahme einer Nebentätigkeit während des Beschäftigungsverbotes durch die Beklagte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Es ist auch mit der Rechtsordnung nicht schlechterdings unvereinbar, dass die Beklagte während des Beschäftigungsverbotes einer anderweitigen Tätigkeit nachgeht und dadurch Entgelt erzielt. Der Gesetzgeber hat durch die Regelungen des MuSchG grundsätzlich dem Arbeitgeber das Risiko zugewiesen, dass durch ein Beschäftigungsverbot er die schwangere Arbeitnehmerin nicht einsetzen kann. Er trägt das Leistungsrisiko und muss gleichwohl die Vergütung nach § 11 MuSchG zahlen. Dieses Beschäftigungsrisiko wird dadurch abgemildert, dass der Arbeitgeber grundsätzlich in einem sehr weiten Umfang berechtigt ist, sein Weisungsrecht auszuüben um der schwangeren Arbeitnehmerin eine andere zumutbare Tätigkeit zuzuweisen, damit er für die Dauer des Beschäftigungsverbotes gleichwohl noch eine Gegenleistung erhält. Wenn der Arbeitgeber hierzu jedoch nicht in der Lage oder Willens ist, was für den vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, bzw. wenn das Beschäftigungsverbot auf Umständen resultiert, die einer Beschäftigung insgesamt entgegenstehen, so lebt wieder das Risiko des Arbeitgebers auf, dass er die schwangere Arbeitnehmerin jedenfalls in seinem Betrieb nicht beschäftigen kann. Geht diese dann einer anderen Entgelttätigkeit für die Dauer des Beschäftigungsverbotes nach, so bleibt es dabei, dass sich für den Arbeitgeber lediglich das ihm vom Gesetz zugewiesene Risiko, dass er selbst die schwangere Arbeitnehmerin nicht beschäftigen kann, realisiert, er jedoch nicht darüber hinaus in irgend einer Weise benachteiligt wird.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten scheidet also aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Eine analoge Anwendung von § 615 Satz 2 BGB oder von § 281 BGB a. F. scheidet ebenfalls aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Beide Vorschriften sind nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht unmittelbar auf die vorliegende Konstellation anzuwenden. § 615 BGB setzt Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, § 281 BGB betrifft nur die Herausgabe von Sachen und Rechten und ist nach herrschender Meinung auf Dienstverträge ebenfalls nicht anzuwenden (Münchener Kommentar BGB – Emmerich § 281 Rd.-Nr. 5 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Jedoch scheidet auch eine analoge Anwendung dieser Vorschriften aus. Eine analoge Anwendung würde voraussetzen, dass es sich vorliegend um eine unbewusste Gesetzeslücke handelt, deren Schließung angezeigt ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Es scheitert jedoch hier bereits an dem Vorliegen einer unbewussten Gesetzeslücke. Die Problematik, dass Arbeitnehmer während einer Krankschreibung die Gelegenheit nutzen, eine Nebentätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber aufzunehmen, spätestens seit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.11.1979 (AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit) mit der auch die Frage der Verrechnung der Entgeltfortzahlung mit anderweitigem Verdienst problematisierenden Anmerkung von Herschel bekannt. Der Gesetzgeber hat aber trotz der zwischenzeitlich erfolgten Änderung der Rechtsgrundlage, insbesondere durch die Aufhebung des Lohnfortzahlungsgesetzes und die Einführung des Entgeltfortzahlungsgesetzes keinerlei Bedarf gesehen, hier im Gesetz eine entsprechend Anwendungsvorschrift einzuführen. Es spricht daher viel dafür, dass es sich vorliegend um eine bewusste Gesetzeslücke, ein beredetes Schweigen handelt. Das wird auch dadurch unterstützt, dass der Gesetzgeber in vielen anderen Bereichen, worauf die Klägerin zurecht hingewiesen hat, entsprechende Vorschriften geschaffen hat, beispielsweise § 615 Satz 2 BGB, § 61 HGB, oder § 11 KSchG als arbeitsrechtliche Normen, wie auch § 143 Abs. 1 und § 141 Abs. 1 SGB 3 und § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 als sozialversicherungsrechtliche Vorschriften. Eine Analogie der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften verbietet sich bereits deshalb, weil hier eine andere Interessenslage vorherrscht, nämlich die Schonung der Solidargemeinschaft und die grundsätzliche Zielsetzung von Sozialversicherungsleistungen, zur Erhaltung der Existenzsicherung bzw. des Lebensstandards des Versicherten beizutragen. Darüber hinaus zeigen die Vorschriften, dass der Gesetzgeber sich der Anrechnungsproblematik sehr wohl bewusst war. Wenn er eine solche, gerade für den Krankengeldbezug geregelt hat, aber im Bereich des Entgeltfortzahlungsrechtes nicht geregelt hat, dann zeigt das, dass keine unbewusste Lücke vorliegt, sondern der Gesetzgeber eine solche Regelung nicht für notwendig erachtet hat. Aus diesem Grunde scheidet eine analoge Anwendung aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Soweit die Klägerin darauf abgestellt hat, dass nach § 275, § 285 BGB n. F. auch eine Herausgabepflicht des erzielten Entgeltes besteht, scheitert die Anwendung dieser Vorschriften bereits daran, dass es sich bei dem Arbeitsverhältnis um ein solches handelt, das vor dem 01.01.2002 begründet worden ist und das daher nach § 5 Satz 2 des Art. 229 EGBGB das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung vor dem 01.01.2002 noch anzuwenden ist. Zur Ablehnung der analogen Anwendung des § 281 BGB auf Arbeitsverhältnisses wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Es kann im übrigen dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin überhaupt einen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Verdienstes hat oder nur einen Anspruch auf Verrechnung und im Ergebnis damit einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Gehaltes nach § 812 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Da die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Verdienstes hat, hat sie auch keinen Auskunftsanspruch.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auskunft über die gefahrenen Kilometer mit dem Dienstwagen Pkw Golf, weil sie auch hier keinen Anspruch auf eine mögliche Erstattung der Fahrtkosten hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Das ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte nach dem Anstellungsvertrag diesen Pkw privat nutzen durfte (und die Betriebsmittel selber zu zahlen hatte). Die Privatnutzung des Pkw ist der Gegenbegriff zur gewerblichen Nutzung des Pkw. Wenn die Beklagte tatsächlich ein anderes Arbeitsverhältnis aufgenommen haben sollte und mit diesem Pkw entweder selbst zur Arbeit gefahren ist oder ihre Schwester dorthin gebracht hat, so handelt es sich immer noch nicht um eine gewerbliche Nutzung, weil durch den Einsatz des Pkw selber kein irgendwie geartetes Entgelt erzielt worden ist. Die Fahrten mit dem Pkw wären lediglich ein Hilfsmittel gewesen, um an eine andere Arbeitsstätte zu kommen. Eine solche Tätigkeit wird noch von der Privatnutzung des Pkw gedeckt, wie sie der Beklagten durch den Arbeitsvertrag (§ 10) erlaubt ist. Wenn die Klägerin dies nicht gewollt hätte, hätte sie das in den vertraglichen Regelungen ausschließen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie vollumfänglich unterlegen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Der mit dem Urteil festzusetzende Streitwert war nach § 3 ZPO anhand des wirtschaftlichen Interesses der Klägerin zu schätzen. Da die Klägerin eine Tätigkeitsdauer von 10 Wochen behauptet hat, welche einen erheblichen zeitlichen Umfang angenommen habe, schätzt das Gericht den Wert für den Antrag Ziff. 1 und Ziff. 2, welche insoweit wirtschaftlich identisch sind, auf ein Bruttogehalt einer Kellnerin, somit EUR 1.500,–. Für den Schadensersatz bezüglich der Verwendung des Dienstwagens für die Fahrten zu der behaupteten Tätigkeit schätzt das Gericht den Streitwert für die Fahrten von Umkirch nach Emmendingen für die Dauer von 10 Wochen mit einer Entfernung von insgesamt rd. 20 Kilometern pro Kalendertag auf EUR 270,– (50 Tage x 20 km x 0,27 EUR).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Für den isolierten Klageantrag Ziff. 3 war die Berufung nicht zuzulassen, da die hierfür notwendigen Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,258 | olgkarl-2003-02-06-12-u-20402 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 204/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:11 | 2019-02-12T13:09:49 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die Berufung des Klägers wird unter deren Zurückweisung im übrigen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 14.08.2002 - 1 O 65/02 - im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:</p>
<p>Die Beklagte wird unter Klagabweisung im übrigen verurteilt, an den Kläger 10.493,25 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.072,45 EUR seit dem 19.10.2001 und aus weiteren 420,80 seit 26.06.2002 zu zahlen.</p>
<p>2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 7 % und die Beklagte 93%.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die zulässige Berufung hat zum überwiegenden Teil Erfolg. Sie führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 10.493,25 EUR.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
(§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Kläger begehrt wegen eines Fahrzeugdiebstahls Leistungen aus einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung. Die Beklagte hält sich wegen ihres Erachtens vorsätzlich falscher Angaben in der Schadensanzeige für leistungsfrei und beanstandet ferner die Höhe der geltend gemachten Ersatzleistung. Das Landgericht hat die Klage wegen Leistungsfreiheit der Beklagten aufgrund von Obliegenheitsverletzungen abgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils wird Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Im Berufungsrechtszug verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter und wendet sich dabei insbesondere gegen die Auffassung des Landgerichts, die tatsächlichen Voraussetzungen einer Leistungsfreiheit gemäß §§ 6 Abs. 3 VVG, 7 I. 2, IV 4 AKB lägen vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
</td></tr></table>
<table><tr><td>A.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Landgericht geht davon aus, dass in die Schadensanzeige aufgenommene falsche Angaben zum Kaufpreis eines entwendeten Fahrzeugs und zum Vorhandensein auch reparierter Vorschäden relevante Verstöße gegen die vertragliche Obliegenheit, alles zur Aufklärung des Tatbestands dienliche zu tun, darstellen. Das ist zutreffend. Das Landgericht meint ferner, nachträgliche Korrekturen falscher Angaben könnten die Leistungsfreiheit nur dann zunichte machen, wenn der Versicherungsnehmer den wahren Sachverhalt allein aus eigenem Antrieb vollständig und unmissverständlich offenbart. Auch das ist richtig (BGH VersR 2002, 173). Dabei werden allerdings die Besonderheiten des vorliegenden Falls nicht gewürdigt, die zum einen ein vorsätzliches Handeln des Klägers als ausgeschlossen erscheinen lassen und zum anderen unter dem Gesichtspunkt der Nachfrageobliegenheit einer Leistungsfreiheit der Beklagten entgegen stehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Das vom Zeugen F., Schwager des Klägers und nebenberuflicher Versicherungsvermittler der Beklagten, ausgefüllte Schadensformular vermerkt bei der Rubrik "gezahlter Kaufpreis" "lt. Gutachten". Im Gutachten ist kein gezahlter Kaufpreis vermerkt, sondern lediglich ein Händlerverkaufswert. Richtig ist zwar, dass eine mögliche Auslegung dahin geht, dass der gezahlte Kaufpreis der Wertangabe im Bewertungsgutachten entsprach. Naheliegend ist ein solches Verständnis jedoch nicht. Darüber hinaus hat sich durch die Beweisaufnahme ergeben, dass der Kläger selbst den Verweis auf das Gutachten anders verstanden hat. Der Zeuge F. hat bekundet, er habe angenommen, bei der nachgefragten Wertangabe habe es sich um den für die Berechnung der Entschädigung maßgebenden Wert gehandelt. Da der Wagen vom Kläger in beschädigten Zustand erworben worden und danach in Stand gesetzt worden sei, sei er unsicher gewesen hinsichtlich des einzutragenden Preises. Deshalb habe er versucht beim Schadenssachbearbeiter der Beklagten nachzufragen. Dort habe man ihm aber erklärt, er solle das Formular so ausfüllen, wie er denke. Deshalb habe er dem Kläger geraten, ein Bewertungsgutachten in Auftrag zu geben. Auf dessen Ergebnis habe er sodann in der Schadensanzeige Bezug genommen. Wenn der Kläger in Kenntnis dieser Umstände die Schadensanzeige unterzeichnete, so kann ihm eine vorsätzliche Falschangabe insoweit nicht vorgeworfen werden. Schließlich durfte er sich darauf verlassen, dass der erkennbar um eine ordnungsgemäße Schadensmeldung bemühte Zeuge ihm insoweit keine falschen Angaben zur Unterzeichnung vorlegte (OLG Hamm 2. Dezember 1987 - 20 U 112/87 -). Für ein kollusives Zusammenwirken von Kläger und Zeugen liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Auch die Beklagte behauptet dergleichen nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Ähnlich verhält es sich bezüglich der weiteren Angaben im Schadensformular zu der Frage "Hatte ihr Fahrzeug vor Schadenseintritt Schäden, Mängel oder Fehler durch Unfall, Sachbeschädigung, Verschleiß und dergleichen?", die bei der Auswahl "repariert", "nicht repariert", "nein" verneinend beantwortet wurde. Auch insoweit war dem Zeugen bekannt, dass bei Erwerb des Fahrzeugs Vorschäden, die der Kläger zwischenzeitlich beseitigt hatte, vorhanden gewesen waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Eine Leistungsfreiheit der Beklagten kommt im vorliegenden Fall jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil die beanstandeten Angaben missverständlich und widersprüchlich waren. So wurde gerade kein Kaufpreis genannt und kein Kaufvertrag vorgelegt, sondern ein Bewertungsgutachten, dass sich zu einem gezahlten Kaufpreis ausschweigt. Der Beklagten musste sich somit die Möglichkeit aufdrängen, dass der Kläger auch nur den Schätzwert des Sachverständigen mitteilen wollte, ihre Formularfrage also gerade nicht vollständig beantwortet worden war. Noch augenfälliger war die Widersprüchlichkeit bei der Frage nach den Vorschäden. Während nämlich angesichts der Beantwortungsalternativen reparierte Vorschäden kaum mit der Antwort "nein" zu erfassen waren, ergab sich aus dem dem Schadensformular zur Ergänzung beigefügten Bewertungsgutachten, dass solche Reparaturarbeiten durchgeführt worden waren. Das - nur eine Seite umfassende - Gutachten führt nämlich an, dass das Fahrzeug neu lackiert, Frontscheibe und Zahnriemen erneuert worden waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Wenn eine vom Versicherungsnehmer ausgefüllte Formularschadensanzeige solche Widersprüche enthält, kann von dem Versicherer nach Treu und Glauben erwartet werden, dass er den Versicherungsnehmer darauf hinweist und ihm Gelegenheit zur korrekten Beantwortung der Frage gibt (BGH VersR 1980, 159). Der Versicherer muss beim Versicherungsnehmer klärend nachfragen, wenn dessen Angaben im Schadensanzeigeformular (oder einem anderen der Schadenregulierung dienenden Fragebogen) widersprüchlich, sonst wie unklar oder erkennbar unrichtig sind. Anderenfalls kann er sich nach Treu und Glauben nicht auf Leistungsfreiheit wegen Aufklärungsobliegenheitsverletzung berufen (OLG Hamm VersR 2001, 1419; vgl. auch BGH RuS 1997, 84). Erfolgt - wie im vorliegenden Fall - eine Rückfrage, so kommt eine Leistungsfreiheit nur dann in Betracht, wenn die gebotene wahrheitsgemäße Klarstellung unterbleibt (OLG Hamm Schaden-Praxis 2000, 172). Auf die Rückfrage der Beklagten hat der Kläger hier jedoch alle offenen Fragen wahrheitsgemäß beantwortet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klage ist der Höhe nach aber nur teilweise begründet. Dem Kläger steht gemäß § 13 Nr. 1 AKB der Wiederbeschaffungswert zu, der sich nach dem Kaufpreis bestimmt, den der Versicherungsnehmer aufwenden muss, um ein gleichwertiges gebrauchtes Fahrzeug zu erwerben. Hierzu legt der Kläger ein Bewertungsgutachten vor, das allerdings hinsichtlich des Fahrzeugzustands allein auf seinen Angaben beruht. Das Fahrzeug selbst steht für eine gutachterliche Untersuchung nicht mehr zur Verfügung. Die Beklagte verweist lediglich auf Angaben in der Schwacke-Liste und geht dabei auf die wertbildenden Besonderheiten des Fahrzeugs nicht ein. Der Senat schätzt daher den Wiederbeschaffungswert unter Berücksichtigung des Gutachtens und der eigenen Wertangabe des ebenfalls sachkundigen Klägers im Versicherungsantrag auf 20.000 DM = 10.072,45 EUR (§ 287 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Beklagte ist ferner aus § 286 BGB verpflichtet, die nach ihrer Leistungsverweigerung entstandenen Rechtsverfolgungskosten, die durch die Besprechung des klägerischen Rechtsanwalts mit dem Zeugen F. angefallen sind, zu ersetzen. Da die unberechtigte Zuvielforderung des Klägers hier keinen Gebührensprung auslöst, ist der Gesamtbetrag von 420,80 EUR zu erstatten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92, 97 ZPO. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,259 | olgkarl-2003-02-06-12-u-3202 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 32/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:11 | 2019-02-12T13:09:49 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Restitutionsklage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Die Kläger tragen die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Kläger begehren die Feststellung, dass zwei von ihnen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Bezirkssparkasse S., geschlossene Darlehensverträge nichtig seien. Sie haben am 22.12.1994, vertreten durch die Firma T., zur Finanzierung des Erwerbs eine Eigentumswohnung von der Firma S. bei der Bezirkssparkasse S. Darlehen von insgesamt DM 159.759,00 aufgenommen. Die Darlehensverträge wurden vom Prozessbevollmächtigten der Kläger am 05.05.1997 wegen arglistiger Täuschung angefochten.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
In dem Rechtsstreit 11 O 448/97 Landgericht Mannheim (12 U 50/98 OLG Karlsruhe) haben die Kläger deshalb die Feststellung begehrt, dass die zwischen den Klägern und der Beklagten abgeschlossenen Darlehensverträge nichtig sind und im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Klägern alle Nachteile zu ersetzen, die ihnen durch die Abschlüsse der Kreditverträge entstanden seien und noch entstehen werden.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Oberlandesgericht hat durch Urteil vom 04.02.1999 (12 U 50/98) die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 27.08.1998 (11 O 448/97) zurückgewiesen und nach Vernehmung des Zeugen Ralf F. ausgeführt, dass der Zeuge F. die von den Klägern behaupteten unrichtigen Darstellungen bei Abschluss des Kaufvertrages zu einer Nullbelastung der Kläger aufgrund Steuerersparnissen und Mieteinkünften sowie zu einer Wiederverkaufsmöglichkeit des erworbenen Objektes nicht bestätigt habe. Das Oberlandesgericht hat weiter ausgeführt, dass auch wenn die Kläger auf gewisse Unstimmigkeiten bei der Durchführung des Finanzierungsauftrags durch den Zeugen F. hingewiesen hätten, insbesondere auf die Tatsache, dass ein von ihnen als gefälscht bezeichnetes Selbstauskunftsformular weitergeleitet worden sei und dass in die Selbstauskunft eine frühere Verpflichtung des Klägers zu 1 zur monatlichen Ratenzahlung über DM 750,00 nicht aufgenommen worden sei, diese Tatsachen zwar Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu begründen vermögen, aber solche Zweifel nicht die Annahme rechtfertigen, dass die von dem Kläger behaupteten unzutreffenden Zusicherungen durch den Zeugen F. tatsächlich gegeben worden seien. Anhaltspunkte für eine Vernehmung der Kläger als Partei nach § 448 ZPO hat das Oberlandesgericht verneint.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
In dem gegen den Zeugen F. eingeleiteten Strafverfahren (1 Ds 201 Js 36799 AK 625/00 Amtsgericht Schwetzingen) hat das Amtsgericht Schwetzingen durch Urteil vom 26.10.2001 den Zeugen F. wegen Urkundenfälschung und uneidlicher Falschaussage zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt. Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten F. wurde durch Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 21.01.2002 hinsichtlich der uneidlichen Falschaussagen das Verfahren gem. § 153 Abs. 2 ZPO eingestellt. Im übrigen hat der Zeuge F. seine Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen zurückgenommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Mit der am 18.02.2002 erhobenen Restitutionsklage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter, festzustellen, dass die unter den Kontonummern 5905175923 über DM 130.561,00 und Kontonummer 6905174931 über DM 29.674,10 abgeschlossenen Darlehensverträge nichtig sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Kläger machen geltend, das Urteil des Senats vom 04.02.1999 (12 U 50/98) werde von der uneidlichen Aussage des Zeugen Ralf F. sowie der Urkunde, die inhaltlich eine angeblich von den Klägern herrührende Selbstauskunft beinhalte und von ihnen angeblich unterzeichnet worden sei, mit getragen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Kläger beantragen,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
das durch Urteil des OLG Karlsruhe vom 04.02.1999 - 12 U 50/98 - rechtskräftig abgeschlossene Verfahren wieder aufzunehmen und die Beklagten wie folgt zu verurteilen:
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Es wird festgestellt, dass die zwischen den Klägern und der Beklagten abgeschlossenen Darlehensverträge zu Konto - Nr. 5905175923 über DM 130.561,00 Nennbetrag und zu Konto - Nr. 6905174931 über DM 28.674,10 Nennbetrag nichtig sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beklagte beantragt,
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
die Restitutionsklage abzuweisen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Beklagte führt aus, es fehle an einem Restitutionsgrund. Das Urteil des OLG Karlsruhe vom 04.02.1999 beruhe nicht auf einer fälschlich angefertigten Urkunde durch den Zeugen F.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen. Die Akten 11 O 448/97 Landgericht Mannheim, 12 U 50/98 OLG Karlsruhe und 1 Ds 201 Js 36799 AK 625/00 Amtsgericht Schwetzingen lagen vor.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Restitutionsklage ist zulässig, in der Sache hat sie keinen Erfolg.
</td></tr></table><table><tr><td>I.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Restitutionsklage wurde innerhalb der Frist des § 586 Abs. 1 ZPO nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils des Amtsgerichts Schwetzingen am 21.01.2002 (Rücknahme der Berufung durch den Zeugen F. im Hinblick auf die Verurteilung wegen uneidlicher Falschaussage nach Einstellung das Verfahren im übrigen gem. § 153 Abs. 2 ZPO am 21.02.2002) und Kenntnis der Kläger hiervon am 18.02.2002 erhoben. Die weitere Voraussetzung des § 581 Abs. 1 ZPO - rechtskräftige Verurteilung wegen einer Straftat in den Fällen des § 580 Nr. 1 - 5 ZPO - liegt ebenfalls vor.
</td></tr></table><table><tr><td>II.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Klage ist unbegründet.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Kläger stützen ihre Klage auf § 580 Nr. 2 ZPO und beziehen sich hierbei auf die rechtskräftige Verurteilung des Zeugen F. wegen Urkundenfälschung durch das Amtsgericht Schwetzingen. Voraussetzung des § 580 Nr. 2 ZPO ist weiter, dass das rechtskräftige Urteil des Senats vom 04.02.1999 (12 U 50/98) auf dem geltend gemachten Restitutionsgrund beruht.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Restitutionsklage soll es ermöglichen, dass rechtskräftige Urteile überprüft werden, wenn ihre Grundlagen für jedermann erkennbar in einer für das allgemeine Rechtsgefühl unerträglichen Weise erschüttert sind. Eine solche Erschütterung der Urteilsgrundlagen liegt nur vor, wenn zwischen dem Restitutionsgrund und der Vorentscheidung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Dem angegriffenen Urteil muss durch den Restitutionsgrund eine der Grundlagen, auf denen es beruht, entzogen werden. In den Fällen des § 580 Nr. 1-3 ZPO wird ein Beweismittel, auf das sich das Urteil stützt, damit in seinem Beweiswert zerstört (BGHZ 103, 121; BGHZ 38, 333; 46, 300; 57, 211; Zöller, Kommentar zum ZPO, 23. Auflage, § 580 Rn. 5). Das ist hier - wie auszuführen sein wird - nicht der Fall.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Frage nach dem Ursachenzusammenhang zwischen Restitutionsgrund und Vorentscheidung hat das mit der Restitutionsklage befasste Gericht aufgrund der im Vorprozess ergangenen Entscheidung und des damaligen Prozessstoffs zu beurteilen. Die Auslegung der Vorentscheidung durch den erkennenden Senat ergibt, dass die Verurteilung des Zeugen F. wegen Urkundenfälschung nicht den Bestand des Urteils vom 04.02.1999 berührt.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
2. Der Senat hat in der Vorentscheidung die für den Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung darlegungs- und beweispflichtigen Kläger als beweisfällig angesehen, weil der Zeuge F. die in sein Wissen gestellten Behauptungen nicht bestätigt hat. Der Senat ist damit nicht den Angaben des Zeugen gefolgt, sondern ist davon ausgegangen, dass die Behauptungen der Kläger von diesen nicht nachgewiesen worden sind. Die Klageabweisung durch den Senat in der Vorentscheidung gründet mithin nicht auf den Angaben des Zeugen, so dass sich nicht die Frage stellt, ob der Zeuge F. in einigen oder allen Punkten falsch ausgesagt hat und deshalb die Beweiskraft der Aussage im ganzen erschüttert ist (RGZ 137, 90).
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
3. Der Senat ist unter Berücksichtigung der bereits im Vorverfahren zu der Fälschung der Selbstauskunft durch den Zeugen F. angeführten Umstände nicht von der Glaubwürdigkeit des Zeugen überzeugt gewesen, sondern hat ausdrücklich ausgeführt, dass die zu der Urkundenfälschung von den Klägern angeführten Tatsachen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen F. begründen. Der Senat hielt auf der anderen Seite die positiven Behauptungen der Kläger zur Nullbelastung durch den Kauf der Eigentumswohnung und die Wiederverkaufsmöglichkeit der Eigentumswohnung auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Urkundenfälschung dennoch für nicht erwiesen. Die nunmehr durch das Strafurteil jedenfalls bezüglich der Unterschriften auf der Selbstauskunft festgestellte Urkundenfälschung durch den Zeugen F. ist somit für den Senat nicht tragend gewesen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Der Senat hat seine Überzeugungsbildung auch nicht auf die gefälschte Selbstauskunft gestützt. Das verfälschte Beweismittel - hier die vom Zeugen F. maschinenschriftlich hergestellte und unterschriebene Selbstauskunft - stützt somit die Klagabweisung durch den Senat nicht. Die Ausführungen des Senats ergeben, dass eine möglicherweise gefälschte Selbstauskunft nur Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu begründen vermochten, nicht aber die Annahme rechtfertigten, dass die behaupteten (unzutreffenden) Zusicherungen durch den Zeugen tatsächlich gegeben worden sind. Die gefälschte Urkunde in Form der Selbstauskunft hat ausweislich der Vorentscheidung des Senats diesen somit nicht davon überzeugen können, dass die Aussage des Zeugen F. unrichtig und er die von den Klägern behaupteten Zusicherungen gemacht hat. Denn das OLG hielt die damals unterstellte Urkundenfälschung nicht für ausreichend, um vom Nachweis der Zusicherungen durch den Zeugen während des Kaufgesprächs mit den Klägern ausgehen zu können.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
4. Soweit die Kläger ausführen, dass die Selbstauskunft für die Vergabe des Kredits durch die Beklagten die maßgebliche Entscheidungsgrundlage gewesen sei, so mag dies aus der Sicht der Beklagten zutreffend sein. Falsche Angaben des Zeugen F. in der Selbstauskunft zu weiteren Belastungen der Kläger berechtigten diese aber nicht zu einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gegenüber der Beklagten. Denn die Selbstauskunft diente alleine der Bank dazu, die Kreditwürdigkeit der Kläger zu prüfen und vermochte schon von daher allenfalls eine arglistige Täuschung des Vermittlers zum Nachteil der Bank zu begründen, um in den Genuss der Provision zu kommen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Nach der Rechtsprechung trifft die Bank zudem bei der Kreditvergabe grundsätzlich keine Aufklärungs- und Beratungspflicht hinsichtlich der Risiken der Darlehensgewährung. Dies betrifft ganz generell die Frage der Zweckmäßigkeit und Finanzierbarkeit eines Vorhabens, die grundsätzlich in die Risikosphäre des Darlehensnehmers selbst fällt. Die Bank schafft allein mit der Überlassung der Formulare für eine Selbstauskunft an einen Finanzierungsvermittler auch noch keinen besonderen Gefährdungstatbestand, der eine Aufklärungspflicht auslösen könnte. Insbesondere kann hieraus nicht geschlossen werden, dass die Bank die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens für den Erwerb im Interesse des Kaufinteressenten geprüft und für gut befunden hat (OLG München WM 2002, 1297 und OLG Braunschweig WM 1998, 1223). Der Vermittler und damit der Zeuge F. ist bei Ausfüllung der Auskunft somit schon nicht im Pflichtenkreis der Bank tätig geworden mit der Folge, dass wahrheitswidrige Angaben in der Auskunft der Beklagten nicht zuzurechnen sind.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Dass die gefälschte Urkunde bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht der Grund für eine Schadensersatzpflicht in Form mangelnder Prüfung der von den Klägern vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte war, ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des Senats zum Hilfsantrag (S. 9 der Entscheidungsgründe). Dies wird von den Klägern mit ihrer Wiederaufnahmeklage auch nicht angegriffen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
5. Die Kläger stützen ihre Wiederaufnahmeklage nicht ausdrücklich auf den Restitutionsgrund des falschen Zeugnisses gem. § 580 Nr. 3 ZPO, obwohl die fehlende rechtskräftige Verurteilung gem. § 581 Abs. 1 Satz 2 ZPO im Hinblick auf die Einstellung gem. § 153 Abs. 2 StPO kein Hindernis hierfür darstellt. Die Restitutionsklage wäre aber auch unter Berücksichtigung dieses Restitutionsgrundes unbegründet, weil das Urteil des OLG vom 04.02.1999 nicht auf der Aussage des Zeugen F. gründet.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Das OLG hat die Kläger als beweisfällig angesehen, weil der Zeuge F. die Angaben der Kläger nicht bestätigt hat, d.h. nicht positiv die in sein Wissen gestellten Zusicherungen während des Kaufgesprächs zugegeben hat. Das OLG hat darüber hinaus die Glaubwürdigkeit des Zeugen ausdrücklich angezweifelt. Der Senat hat die Klage abgewiesen, weil die Kläger die von ihnen behaupteten Zusicherungen durch den Zeugen nicht beweisen konnten. Der Senat musste sich bei seiner Entscheidung nur - wie geschehen - die Frage stellen, ob die Behauptungen der Kläger zu etwaigen Zusicherungen durch den Zeugen bereits deshalb als erwiesen anzusehen waren, weil der Zeuge eine Urkundenfälschung bei Erstellung der Selbstauskunft begangen hat und allein aus diesem Grunde nicht nur von der Unwahrheit der Angaben des Zeugen, sondern darüber hinaus von tatsächlich gemachten Zusicherungen des Zeugen auszugehen war. Hiervon konnte sich der Senat ausweislich der Urteilsgründe der Vorentscheidung nicht überzeugen. Daraus folgt weiter, dass die Entscheidung des Senats nicht auf der Zeugenaussage gründet. Mit anderen Worten die Bekundungen des Zeugen F. weggedacht, wäre die Entscheidung des Senats im Vorprozess im Hinblick auf die Beweisfälligkeit der Kläger nicht anders ausgefallen.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Da die Kläger somit schon das Vorliegen eines Restitutionsgrunds gem. § 580 Nr. 2 und 3 ZPO nicht nachgewiesen haben, war die Restitutionsklage ohne erneute Verhandlung über die Hauptsache abzuweisen.
</td></tr></table><table><tr><td>III.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table></td></tr></table> |
|
132,261 | olgstut-2003-02-06-2-u-15202 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 152/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:13 | 2019-02-12T13:09:49 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2002 - 40 O 88/02 KfH - wird</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Verfügungsklägerin.</p>
<p>Die Kostenentscheidung im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2002 - 40 O 88/02 KfH wird dahingehend abgeändert, dass die Verfügungsklägerin ¾ der Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und der Verfügungsbeklagte ¼ zu tragen hat.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Streitwert des Berufungsverfahrens: 30.000,-- EUR.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Verfügungsklägerin verlangt von dem Verfügungsbeklagten Unterlassung von Äußerungen, die sie für wettbewerbswidrig und rufschädigend hält.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Verfügungsklägerin, deren Geschäftsanteil zu je 25 % von der Bodensee-Wasserversorgung, der Landeswasserversorgung, der NWS-Regional AG & Co. KG und der Vedewa r.V. gehalten werden, betreibt ein Umweltlabor, das Untersuchungen von Wasser, Boden und Luft anbietet. Gleichzeitig ist die Verfügungsklägerin mit einer anderen Abteilung Partner des deutschen Akkreditierungssystems Prüfwesen GmbH (DAP), das Labore nach den ISO-Normen prüft und zertifiziert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Verfügungsbeklagte ist ein rechtsfähiger Verein, dessen Mitglieder Prüflabore sind, die sich mit der Untersuchung von Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen, aber auch mit der Untersuchung von Boden, Wasser und Luft befassen. Die Mitglieder des Verfügungsbeklagten stehen mit der Verfügungsklägerin, die am 31.12.2002 aus der Verfügungsbeklagten ausgetreten ist, im Wettbewerb, insbesondere auf dem Markt für Trinkwasserprüfungen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Verfügungsbeklagte hat auf ihrer Homepage Äußerungen über die Verfügungsklägerin verbreitet, die diese für unzulässig hält.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat das Landgericht der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten und zu verbreiten, dass das von der Verfügungsklägerin betriebene Umweltlabor durch staatliche und kommunale Transferzahlungen subventioniert werde, gleich über welche Medien, insbesondere nicht über das Internet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Den weitergehenden Unterlassungsantrag betreffend die Äußerung, das von der Verfügungsklägerin betriebene Umweltlabor sei ein kommunales Unternehmen bzw. ein kommunales Labor, das Wettbewerbsvorteile genieße und nicht als unabhängig anzusehen sei, hat das Landgericht unter Aufhebung der Kosten zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Gegen das am 12.08.2002 zugestellte Urteil, hat die Verfügungsklägerin am 12.09.2002 Berufung eingelegt und diese nach zweimaliger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit dem am 08.11.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, dass der Kern Aussage, das Labor der Verfügungsklägerin sei fachlich nicht unabhängig, unrichtig und daher unzulässig sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Dringlichkeitsvermutung nach § 25 UWG sei durch die Ausnutzung der beantragten Verlängerung der Berufungsbegründung nicht widerlegt. Im Übrigen habe es für die Fristverlängerung verschiedenen Gründe wie Arbeitsüberlastung, Urlaubsabwesenheit sowie die Anfang November 2002 stattgefundene Vorstandssitzung der Verfügungsbeklagten gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Verfügungsklägerin beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
1. das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 07.08.2002, Az.: 40 O 88/02 KfH, zugestellt am 12.08.2002 insoweit abzuändern, dass es der Antragsgegnerin auch verboten ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu behaupten und zu verbreiten, dass das von der Antragstellerin betriebene Umweltlabor nicht als unabhängig anzusehen sei oder Behauptungen in dieser Art in anderer Form zu verbreiten oder aufzustellen, gleich über welche Medien, insbesondere nicht über das Internet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
hilfsweise
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
die Äußerung zu untersagen: "Zudem gilt die W GmbH aufgrund ihrer Gesellschafterstruktur in der Branche als ein von Auftraggeberseite nicht unabhängiges Labor".
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
2. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis EUR 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
die Berufung zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Er ist der Auffassung, dass aufgrund der Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist die Dringlichkeit des Verfügungsantrags entfallen sei. Im Übrigen hält er die beanstandete Aussage für zutreffend und durch Art. 5 und 9 GG gedeckt. Zu beanstanden an dem Urteil des Landgerichts sei lediglich die Kostenentscheidung, der eine unrichtige Gewichtung der zulässigen und unzulässigen Äußerungen zugrunde liege.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Dabei kann dahinstehen, ob der Verfügungsklägerin der im Berufungsverfahren weiter verfolgte Unterlassungsanspruch zusteht, da die für ein einstweiliges Verfügungsverfahren notwendige Eilbedürftigkeit entfallen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Vermutung der Dringlichkeit gem. § 25 UWG ist vorliegend dadurch widerlegt, dass die Verfügungsklägerin ihre Berufung erst am Ende der um insgesamt einen Monat verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat, ohne dass dafür sachliche Gründe bestanden haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Nach überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließt, kann ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist sowie die Ausschöpfung der antragsgemäß verlängerten Frist zum Verlust des Eilbedürfnisses führen (vgl. zum Meinungsstand Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl., Rz. 27 zu Kap. 54; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 25 Rn. 16). Ein Widerspruch zu der einen besonders gelagerten Sachverhalt betreffenden Entscheidung des Senats vom 2.7.1982 - 2 U 83/82 (WRP 1982, 604) ist hierin nicht zu sehen, durch die nicht zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist nicht zum Verlust der Eilbedürftigkeit führen könne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Aus der in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern, kann nicht gefolgert werden, dass dieser Umstand bei der Beurteilung der für die einstweilige Verfügung notwendige Dringlichkeit nicht berücksichtigt werden kann. Die Einhaltung der die Zulässigkeit der Berufung regelnder Bestimmungen ist zu trennen von der in jedem Einzelfall zu prüfenden Frage, ob die für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes der Eilbedürftigkeit als besondere Form des Rechtsschutzinteresse besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass - sofern keine besonderen Gründe vorliegen - die in dem Gesetz dem in erster Instanz unterlegenen Antragsteller eingeräumte 2-monatige Berufungsbegründungsfrist ausreichend ist, um sich darüber klar zu werden, ob und mit welcher Begründung das Eilverfahren fortgeführt werden soll. Nachdem diese Fristen auch für das Eilverfahren gelten, kann dem Antragsteller zwar im Hinblick auf das Eilbedürfnis grundsätzlich nicht vorgeworfen werden, dass er diese Fristen in vollem Umfang ausschöpft (vgl. Teplitzky aaO). Dagegen muss der Antragsteller, der die Dringlichkeit seines Begehrens geltend macht, regelmäßig in der Lage sein, innerhalb dieser zwei Monate seine Berufung einzulegen und ordnungsgemäß zu begründen. Mit dem Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist und der Ausnutzung der Fristverlängerung gibt er jedenfalls dann zu erkennen, dass die Sache so eilig nicht ist, wenn die gesetzliche Frist nicht nur unerheblich und ohne besondere Gründe überschritten wird (vgl. OLG Frankfurt, OLGR 2001, 331).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Vorliegend sind keine Gründe gegeben, die eine Überschreitung der 2-monatigen Berufungsbegründungsfrist um nahezu 4 Wochen (27 Tage) rechtfertigen würden. Die - auch in anderen Verfahren häufig geltend gemachte - Arbeitsbelastung des Prozessbevollmächtigten und Urlaubsabwesenheit der Partei während der ersten Fristverlängerung rechtfertigt die in Anspruch genommene Fristverlängerung im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht, da bereits die gesetzliche Berufungsbegründungsfrist ausreichend lang bemessen ist, um auch diesen Umständen bei Zeiten Rechnung zu tragen. Dies gilt jedenfalls, wenn - wie vorliegend - der in das Berufungsverfahren gelangte Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist. Auch der Umstand, dass Anfang November eine Vorstandssitzung der Verfügungsbeklagten stattgefunden hat, der die streitgegenständliche Äußerung zum Gegenstand hatte, rechtfertigt ebenso wenig eine zweimalige Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist wie die Ende Oktober ausstehende Entscheidung des DAP über den Entzug der Partnerschaftsstellung der Verfügungsklägerin. Die Inanspruchnahme einer das Verfahren verzögernden Fristverlängerung zeigt vielmehr, dass das Interesse der Verfügungsklägerin an einer schnellen einstweiligen Entscheidung nicht besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Mangels Verfügungsgrund war daher die Berufung zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung der Kostentscheidung in dem angegriffenen Urteil führt zu deren Abänderung zugunsten des Verfügungsbeklagten. Aus dem Vortrag der Verfügungsklägerin ergibt sich, dass die ihrem Labor abgesprochene Unabhängigkeit diese besonders behindert, weshalb unter Berücksichtigung der weiteren, teilweise unzulässigen streitgegenständlichen Äußerungen eine Kostenquote von ¾ zu ¼ zu Lasten der Verfügungsklägerin sachgerecht erscheint.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Bei der Festsetzung des Streitwerts des Berufungsverfahrens war das Interesse der Verfügungsklägerin an der Unterlassung der beanstandeten Äußerung zu berücksichtigen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,262 | olgstut-2003-02-06-4-vas-32003-4-vas | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 VAs 3/2003; 4 VAs 3/03 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:13 | 2019-02-12T13:09:49 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird als unzulässig verworfen.</p>
<p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p>Der Geschäftswert, aus dem sich die zu entrichtende Gebühr errechnet, wird auf 500,00 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Antragsteller begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner vom 26. September bis November 2001 andauernden Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart in einem mit zwei Personen belegten, ca. 8 m² großen Haftraum mit nicht abgetrennter Toilette. Er bemängelt hierbei u.a., dass eine gleichzeitige Bewegung in diesem Haftraum ohne gegenseitige körperliche Berührung nicht möglich gewesen sei und dass die vielfältige, wechselseitige Wahrnehmung der Insassen zu physischen und psychischen Beeinträchtigungen des Antragstellers geführt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG gegen Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Untersuchungshaft ist nur eröffnet, soweit die ordentlichen Gerichte nicht bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können (§ 23 Abs. 3 EGGVG).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Für die vorliegend in Frage stehende Unterbringung eines Untersuchungsgefangenen, die in § 119 Abs. 1 u. 2 StPO geregelt ist, war nach § 119 Abs. 6 Satz 1 StPO während der Dauer der Untersuchungshaft der Haftrichter zuständig (KK, StPO, 4. Aufl., § 119 Rdnrn. 6 u. 98; OLG Hamm NStZ 1981, 156). Auch wenn das Gesetz für die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme keine ausdrückliche Regelung vorsieht, entspricht es dem Sinn der gesetzlichen Regelung, dass auch hierfür der sachnähere Richter des § 119 Abs. 6 StPO zuständig ist (KG Berlin GA 1977, 148; Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 119 Rdnr. 158).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Eine Verweisung an den zuständigen Haftrichter findet im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht statt und die Voraussetzungen für eine formlose Abgabe an ihn sind vorliegend, unabhängig vom Fehlen eines entsprechenden Antrags, nicht gegeben (KK, a.a.O., § 119 Rdnr. 103 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Kostenentscheidung und die Festsetzung des Geschäftswerts beruhen auf den §§ 30 EGGVG, 30, 130 KostO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,263 | ag-ravensburg-2003-02-06-8-f-78602 | {
"id": 80,
"name": "Amtsgericht Ravensburg",
"slug": "ag-ravensburg",
"city": 72,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 8 F 786/02 | 2003-02-06T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:13 | 2019-01-17T11:52:09 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag des Vaters auf Änderung der Sorgerechtsentscheidung wird</p>
<p/>
<p>abgelehnt.</p>
<p/>
<p>2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p/>
<p>Gegenstandswert: EUR 3.000,00</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien sind die Eltern des Kindes ..., geb. am ... Ihre Ehe wurde durch Urteil vom 25.05.1998 durch das Familiengericht Ravensburg (AZ: 6 F 282/97) geschieden, wobei zum damaligen Zeitpunkt mit Zustimmung des Vaters die alleinige elterliche Sorge für ..., sowie deren damals noch minderjähriger Schwester ... (...) auf die Mutter übertragen wurde.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Antragsteller geht davon aus, dass ... bei ihrer Mutter und ihrer Schwester erheblich unter Druck steht und durch deren gemeinsamer Überzeugung als Zeugen Jehovas indoktriniert wird, wobei der Vater in ein schlechtes Licht gerückt werde.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Nachdem er anfänglich beantragt hatte, ihm die alleinige elterliche Sorge zu übertragen, weil er ... zu sich und seiner Lebensgefährtin in den Haushalt nehmen wollte, änderte er im Laufe des Verfahrens seinen Antrag dahingehend, die gemeinsame elterliche Sorge anzuordnen, wobei das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei der Kindesmutter verbleiben könne.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Mutter hat im Verfahren darauf abgehoben, dass sie und ... nicht negativ gegen den Vater beeinflusse. Auch werde die Tochter nicht im Sinne der Zeugen Jehovas indoktriniert. Vielmehr zeige die positive Entwicklung der Tochter, dass es aus Gründen der Kontinuität bei ihrem alleinigen Sorgerecht verbleiben müsse, da keine Erziehungsdefizite festgestellt wurden. Bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge mit dem Vater seien Streitpunkte vorprogrammiert aufgrund der unterschiedlichen Lebenseinstellung der Eltern.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Im vorliegenden Verfahren wurden zwei Stellungnahmen durch das Kreisjugendamt, vertreten durch Herrn ... eingereicht. Durch Beschluss vom 23.09.2002 wurde für ... Verfahrenspflegschaft angeordnet und die staatlich anerkannt Erzieherin ... Schneider zur Verfahrenspflegerin bestellt, welche unter Datum des 26.10.2002 ihre Stellungnahme zu den Akten reichte. Weiter wurde ... durch das Gericht am 17.12.2002 informatorisch angehört.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Nach Auswertung der dem Gericht vorliegenden Fakten und Stellungnahmen, sowie unter Berücksichtigung des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2003 kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Hürde des § 1696 Abs. 1 BGB, wonach triftige, das Wohl des Kindes nachhaltig berührende Gründe vorliegen müssen, um eine Sorgerechtsänderung herbeizuführen, nicht genommen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Bei der Anhörung von ... fand das Gericht den Eindruck bestätigt, welchen bereits Herr ... vom Kreisjugendamt sowie Frau ... als Verfahrenspflegerin von ... gewonnen hatten. ... erscheint altersgemäß entwickelt und macht den Eindruck einer bereits recht gefestigten Persönlichkeit. Sie scheint die aktuelle Lebenssituation sehr gut einschätzen zu können und bringt zum Ausdruck, dass sie an ihrer generellen Lebenssituation nichts ändern will. Wichtig sind ihr offensichtlich häufige Umgangskontakte mit dem Vater, wobei ihr Lebensmittelpunkt bei der Mutter liegen soll. Auch sieht sie das Verhältnis zwischen Vater und Mutter nach Auffassung des Gerichts recht objektiv, da sie ein Aufeinandertreffen der Eltern so beschreibt, dass beide meistens den Ton heben und ... dann versucht, zwischen den Eltern zu vermitteln. Diesen Eindruck hat das Gericht auch im Laufe der mündlichen Verhandlung vom 16.01.2003 gewonnen, als sich zeigte, dass die Eltern gegenseitig erhebliche Vorbehalte bezüglich des Lebensstils des anderen haben. Diese Vorbehalte kommen auch deutlich in den eingereichten Schriftsätzen heraus. Zum jetzigen Zeitpunkt wird durch das Gericht kein realistischer Weg gesehen, durch welchen die Eltern in die Lage versetzt würden, die Lebenspositionen des jeweiligen anderen zu akzeptieren. Somit ist nicht ersichtlich, wie der auch von der Verfahrenspflegerin in den Vordergrund gestellte Grundkonsens zwischen den Eltern bezüglich Erziehungsfragen von ... gefunden werden soll. Nach Auffassung des Gerichts ist es notwendig, dass im Rahmen der Sorgerechtsfrage möglichst schnell Ruhe einkehrt und L. aus dem existierenden Loyalitätskonflikt herausgenommen wird. Da aber zumindest auf Seiten der Kindesmutter die Kooperationsbereitschaft fehlt, konnte vorliegend keine Änderung der Sorgerechtsentscheidung zu Gunsten eines gemeinsamen Sorgerechts getroffen werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Hiermit wird ausdrücklich keine Wertung vorgenommen, welcher Lebensauffassung der Eltern der Vorzug zu geben ist. Es werden hierbei lediglich die bereits seit Jahren geschaffenen Fakten berücksichtigt, wobei der Gedanke der Kontinuität im Vordergrund zu stehen hat. Der Vater muss insofern darauf verwiesen werden, seine Ideale und Lebensvorstellungen der Tochter im Rahmen der durchgeführten Umgangskontakte zu vermitteln, dies jedoch ohne die Mutter und ... in ein schlechtes Licht zu stellen. Die gleiche Anforderung wird jedoch auch an die Mutter gestellt, welche alles unterlassen muss, um den Vater in ein ungünstiges Licht zu rücken. Die Eltern müssen es schaffen, ... die Möglichkeit einzuräumen, sich vom jeweils anderen Elternteil ein eigenes, objektives Bild zu verschaffen. Aus diesem Grund ist es für die vorliegende Entscheidung aus Sicht des Gerichts von besonderer Bedeutung, dass die Kindesmutter in letzter Zeit die Umgangskontakte großzügig handhabt und ... auch die vom Vater begangenen Feiertag, wie Weihnachten und Geburtstag bei diesem verbringen darf. Dies stellt für die Mutter auch kein größeres Opfer dar, nachdem sie selbst aus Glaubensgründen diese Tage nicht feiert. Außerdem hält es das Gericht für dringend erforderlich, dass ... möglichst frei nach Wunsch Umgang mit dem Vater ausüben darf, was insbesondere die hälftige Ferienzeit betrifft sowie auch möglichst häufige Wochenendkontakte. Hier sollten beide Elternteile so flexibel sein, dass Umgangskontakte notfalls auch kurzfristig eingeplant werden, soweit der Dienstplan des Vaters eine gewisse Flexibilität erforderlich macht. Es wird eindringlich davor gewarnt, die Sorgerechtsposition dahingehend auszunutzen, dass die zuletzt angelaufenen Umgangskontakte wieder eingeschränkt werden. Denn die in der Vergangenheit gezeigte, hohe Bindungstoleranz der Mutter gegenüber dem Vater wird mit vorliegender Entscheidung honoriert. Dieser sensible Bereich könnte jedoch für ein etwaiges späteres Sorgerechtsverfahren ausschlaggebend sein, sofern zum Nachteil von ... von dieser gewünschte Umgangskontakte zu stark eingeschränkt würden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a FGG.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,252 | olgstut-2003-02-04-1-u-8502 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 U 85/02 | 2003-02-04T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:09 | 2019-02-12T13:09:48 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 05.07.2002 (22 O 480/00) wird zurückgewiesen.</p>
<p>II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p>
<p>III. Das Urteil ist für den Beklagten wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11.500,00 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p>Streitwert des Berufungsverfahrens: 76.693,78 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td/></tr></table>
|
|
132,253 | olgstut-2003-02-04-3-ausl-11301-3-aus | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ausl 113/01; 3 Ausl 113/2001 | 2003-02-04T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:10 | 2019-02-12T13:09:48 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Haft zur Durchführung der Auslieferung anzuordnen, wird</p>
<p style="text-align:center"><strong>zurückgewiesen.</strong></p>
<p>Der Verfolgte ist zur Überstellung an die französischen Behörden am Grenzübergang Kehl</p>
<p style="text-align:center"><strong>vorzuführen.</strong></p>
<p>Er darf aufgrund dieser Anordnung nicht länger festgehalten werden als bis zum Ende des Tages, der dem Beginn der Vorführung folgt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>I.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Gegen den am 08. Oktober 2001 auf Ersuchen der französischen Behörden festgenommenen und am 25. Oktober 2001 in vorläufige Auslieferungshaft genommenen Verfolgten erging am 16. November 2001 Auslieferungshaftbefehl, der am 25. Februar 2002 unter Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Am 18. September 2002 erklärte der Senat die Auslieferung des Verfolgten an die Französische Republik zur dortigen Strafvollstreckung (teilweise) für zulässig. Das Justizministerium ... hat sie insoweit mit Schreiben an die Botschaft der Französischen Republik in Berlin vom 02. Dezember 2002 ... bewilligt. Am 29. Januar 2003 hob der Senat den Auslieferungshaftbefehl als nunmehr wegen Zeitablaufs unverhältnismäßig auf. Mit Schreiben ebenfalls vom 29. Januar 2003, beim Oberlandesgericht eingegangen am 31. Januar 2003, beantragte die Generalstaatsanwaltschaft, den Auslieferungshaftbefehl vom 16. November 2001 zum Zwecke der nunmehr anstehenden Durchführung der Auslieferung in Vollzug zu setzen.</td></tr></table>
<table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>II.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Da der Haftbefehl, den wieder in Vollzug zu setzen die Staatsanwaltschaft begehrt, bereits aufgehoben ist, ist der Antrag vom 29. Januar 2003 umzudeuten in einen solchen auf Anordnung der Haft zur Durchführung der Auslieferung (§ 34 IRG). Der Antrag ist zurückzuweisen; als den Verfolgten schonendere, gleichwohl für die Durchführung der Auslieferung zureichende Maßnahme ordnet der Senat die Vorführung des Verfolgten zum Zwecke seiner Überstellung an die französischen Behörden an.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>1. Ein Vorführungsbefehl zum Zwecke der Durchführung der Auslieferung wird durch § 34 IRG nicht ausgeschlossen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>a) Zur Durchführung der Auslieferung eines auf freiem Fuß befindlichen Verfolgten eröffnete der bis 30. Juni 1983 geltende § 30 des Deutschen Auslieferungsgesetzes (DAG) die Möglichkeit sowohl eines Auslieferungshaftbefehls als auch eines Vorführungsbefehls. Allein daraus, dass die § 30 DAG ablösende Bestimmung des § 34 IRG dem Wortlaut nach nur die Anordnung der Haft regelt, kann indes nicht gefolgert werden, dass die Vorführung als weniger schwer wiegende Maßnahme (BGHSt 23, 380, 387) nunmehr ausgeschlossen sein soll (Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., § 34 IRG Rn 9; a. A. Wilkitzki in Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, § 34 IRG Rn 30). So gehen auch die Gesetzesmaterialien zum IRG ohne weiteres von der Zulässigkeit eines Vorführungsbefehls aus (Wilkitzki aaO mwN).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>b) Eine Vorführung zum Zwecke der Übergabe an den ersuchenden Staat ist (entgegen Wilkitzki aaO Rn 31) auch nicht deshalb unsinnig, weil die mit dem Vollzug des Vorführungsbefehls verbundene Freiheitsentziehung dieselbe wäre wie beim Vollzug eines Haftbefehls. Vielmehr bleibt ersteres die mildere Maßnahme. Nach §§ 77 IRG in Verbindung mit 135 Satz 2 StPO, der für alle Formen der Vorführung gilt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 135 Rn 1; § 230 Rn 20), erlaubt ein Vorführungsbefehl - der Senat hat dies in der Beschlussformel klargestellt - nur eine kurzfristige, in klarer Weise befristete Ingewahrsamnahme. Wird demgegenüber die Haft angeordnet, so besteht keine Möglichkeit, die Dauer ihrer Vollziehung von vornherein auf einen angemessen erscheinenden Zeitraum zu begrenzen. Es bleibt lediglich eine Aufhebung oder Außervollzugsetzung der Anordnung im Wege der Haftkontrolle (§§ 34 Abs. 3 in Verbindung mit 24, 25 IRG), wenn die Fortdauer der Haft nach den Umständen unverhältnismäßig erscheint. Dass allein die Haftkontrolle eine Beschränkung des Freiheitsentzugs auf das zur Übergabe unumgängliche Maß - schon der notwendigen Ermittlungen zum Verfahrensfortgang wegen - nicht in jedem Falle gewährleisten kann, versteht sich von selbst.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>2. Die Vorführung des Verfolgten ist zur Durchführung seiner Auslieferung erforderlich, aber auch ausreichend. Zwar wird nicht zu erwarten sein, dass er sich den französischen Behörden aus freien Stücken zum Strafantritt stellt. Andererseits ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, er werde durch aktives Handeln seine Auslieferung vereiteln. Der ihm erteilten Meldeauflage ist der Verfolgte bis zur Aufhebung des Haftbefehls nachgekommen, auch hat er bei der Polizeibehörde seinen Wohnsitzwechsel angezeigt. Bei entsprechender Vorbereitung von Ingewahrsamnahme, Transport und Überstellung erscheint es ohne weiteres möglich, den Verfolgten innerhalb der Frist des § 135 Satz 2 StPO von seinem Wohnort in ... zum Grenzübergang Kehl zu verbringen und dort den französischen Behörden zu übergeben. Seine vorherige Einlieferung in eine Justizvollzugsanstalt, wie die Generalstaatsanwaltschaft sie in Aussicht genommen hat, erscheint entbehrlich.</td></tr></table>
<table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>III.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Über Einwendungen gegen den Vorführungsbefehl, der wegen Gefährdung seines Erfolgs ohne vorherige Anhörung ergeht, entscheidet das Oberlandesgericht (§§ 34 Abs. 2, 23 IRG).</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,254 | olgstut-2003-02-04-3-ausl-11301-3-au | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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"state": 3,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 Ausl. 113/01; 3 Ausl 113/01 | 2003-02-04T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:10 | 2019-02-12T13:09:48 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antrag der Staatsanwaltschaft, die Haft zur Durchführung der Auslieferung anzuordnen, wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Verfolgte ist zur Überstellung an die französischen Behörden am Grenzübergang Kehl vorzuführen.</p>
<p>
Er darf aufgrund dieser Anordnung nicht länger festgehalten werden als bis zum Ende des Tages, der dem Beginn der Vorführung folgt
<strong>. </strong>
</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
<strong>I.</strong>
Gegen den am 08. Oktober 2001 auf Ersuchen der französischen Behörden festgenommenen und am 25. Oktober 2001 in vorläufige Auslieferungshaft genommenen Verfolgten erging am 16. November 2001 Auslieferungshaftbefehl, der am 25. Februar 2002 unter Meldeauflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Am 18. September 2002 erklärte der Senat die Auslieferung des Verfolgten an die Französische Republik zur dortigen Strafvollstreckung (teilweise) für zulässig. Das Justizministerium ... hat sie insoweit mit Schreiben an die Botschaft der Französischen Republik in Berlin vom 02. Dezember 2002 ... bewilligt. Am 29. Januar 2003 hob der Senat den Auslieferungshaftbefehl als nunmehr wegen Zeitablaufs unverhältnismäßig auf. Mit Schreiben ebenfalls vom 29. Januar 2003, beim Oberlandesgericht eingegangen am 31. Januar 2003, beantragte die Generalstaatsanwaltschaft, den Auslieferungshaftbefehl vom 16. November 2001 zum Zwecke der nunmehr anstehenden Durchführung der Auslieferung in Vollzug zu setzen. 
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
<strong>II.</strong>
Da der Haftbefehl, den wieder in Vollzug zu setzen die Staatsanwaltschaft begehrt, bereits aufgehoben ist, ist der Antrag vom 29. Januar 2003 umzudeuten in einen solchen auf Anordnung der Haft zur Durchführung der Auslieferung (§ 34 IRG). Der Antrag ist zurückzuweisen; als den Verfolgten schonendere, gleichwohl für die Durchführung der Auslieferung zureichende Maßnahme ordnet der Senat die Vorführung des Verfolgten zum Zwecke seiner Überstellung an die französischen Behörden an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Ein Vorführungsbefehl zum Zwecke der Durchführung der Auslieferung wird durch § 34 IRG nicht ausgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
a) Zur Durchführung der Auslieferung eines auf freiem Fuß befindlichen Verfolgten eröffnete der bis 30. Juni 1983 geltende § 30 des Deutschen Auslieferungsgesetzes (DAG) die Möglichkeit sowohl eines Auslieferungshaftbefehls als auch eines Vorführungsbefehls. Allein daraus, dass die § 30 DAG ablösende Bestimmung des § 34 IRG dem Wortlaut nach nur die Anordnung der Haft regelt, kann indes nicht gefolgert werden, dass die Vorführung als weniger schwer wiegende Maßnahme (BGHSt 23, 380, 387) nunmehr ausgeschlossen sein soll (Schomburg/Lagodny, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 3. Aufl., § 34 IRG Rn 9; a. A. Wilkitzki in Grützner/Pötz, Internationaler Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, § 34 IRG Rn 30). So gehen auch die Gesetzesmaterialien zum IRG ohne weiteres von der Zulässigkeit eines Vorführungsbefehls aus (Wilkitzki aaO mwN).    
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
b) Eine Vorführung zum Zwecke der Übergabe an den ersuchenden Staat ist (entgegen Wilkitzki aaO Rn 31) auch nicht deshalb unsinnig, weil die mit dem Vollzug des Vorführungsbefehls verbundene Freiheitsentziehung dieselbe wäre wie beim Vollzug eines Haftbefehls. Vielmehr bleibt ersteres die mildere Maßnahme. Nach §§ 77 IRG in Verbindung mit 135 Satz 2 StPO, der für alle Formen der Vorführung gilt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 135 Rn 1; § 230 Rn 20), erlaubt ein Vorführungsbefehl - der Senat hat dies in der Beschlussformel klargestellt - nur eine kurzfristige, in klarer Weise befristete Ingewahrsamnahme. Wird demgegenüber die Haft angeordnet, so besteht keine Möglichkeit, die Dauer ihrer Vollziehung von vornherein auf einen angemessen erscheinenden Zeitraum zu begrenzen. Es bleibt lediglich eine Aufhebung oder Außervollzugsetzung der Anordnung im Wege der Haftkontrolle (§§ 34 Abs. 3 in Verbindung mit 24, 25 IRG), wenn die Fortdauer der Haft nach den Umständen unverhältnismäßig erscheint. Dass allein die Haftkontrolle eine Beschränkung des Freiheitsentzugs auf das zur Übergabe unumgängliche Maß - schon der notwendigen Ermittlungen zum Verfahrensfortgang wegen - nicht in jedem Falle gewährleisten kann, versteht sich von selbst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Die Vorführung des Verfolgten ist zur Durchführung seiner Auslieferung erforderlich, aber auch ausreichend. Zwar wird nicht zu erwarten sein, dass er sich den französischen Behörden aus freien Stücken zum Strafantritt stellt. Andererseits ergeben sich aber auch keine Anhaltspunkte dafür, er werde durch aktives Handeln seine Auslieferung vereiteln. Der ihm erteilten Meldeauflage ist der Verfolgte bis zur Aufhebung des Haftbefehls nachgekommen, auch hat er bei der Polizeibehörde seinen Wohnsitzwechsel angezeigt. Bei entsprechender Vorbereitung von Ingewahrsamnahme, Transport und Überstellung erscheint es ohne weiteres möglich, den Verfolgten innerhalb der Frist des § 135 Satz 2 StPO von seinem Wohnort in ... zum Grenzübergang Kehl zu verbringen und dort den französischen Behörden zu übergeben. Seine vorherige Einlieferung in eine Justizvollzugsanstalt, wie die Generalstaatsanwaltschaft sie in Aussicht genommen hat, erscheint entbehrlich.   
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
<strong>III.</strong>
Über Einwendungen gegen den Vorführungsbefehl, der wegen Gefährdung seines Erfolgs ohne vorherige Anhörung ergeht, entscheidet das Oberlandesgericht (§§ 34 Abs. 2, 23 IRG).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,249 | olgkarl-2003-01-31-23-u-902-rhsch | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
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} | 23 U 9/02 RhSch | 2003-01-31T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:08 | 2019-02-12T13:09:48 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Rheinschifffahrtsgericht - Mainz vom 31. Juli 2002 - 76 C 1/02 BSchRh - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table width="100%"><tr><td style="text-align:left"><strong>I.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Parteien streiten um die Folgen einer Auffahr-Havarie.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Die Klägerin versichert das Containermotorschiffes MS „K.“ (110 m lang, 11,40 m breit, 2495 t groß, 1750 PS + Bugstrahlruder 450 PS stark). Sie klagt aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Die Beklagte Ziffer 1 ist Eignerin des TMS „S.“ (97 m lang, 9,50 m breit, 900 PS + 200 PS Bugstrahlruder, 1800 t groß), das am 23.01.2001 auf dem Rhein vom Beklagten Ziffer 2 geführt wurde. Es befand sich in der Talfahrt von Karlsruhe nach Rotterdam und folgte dem vorausfahrenden TMS „R.“. Oberhalb des Lampertheimer Altrheins überholte (zunächst TMS „R.“ und ihm folgend) TMS „S.“ das zu Tal fahrende MS „K.“. Es hatte sein Überholmanöver etwa bei km 440,0 abgeschlossen, war wieder auf Kurslinie von MS „K.“ eingeschert und fuhr ebenso wie das vorausfahrende TMS „R.“ und das nachfolgende TMS „S.“ etwa in der Fahrwassermitte weiter zu Tal. In der Folge kam es zu bei Rhein-km 441,5 zu einer Havarie in der Form, dass TMS „S.“ durch MS „K.“ von achtern angefahren wurde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Klägerin hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgetragen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>TMS „S.“ sei bei fallendem Wasser hart an der Wasserstandsgrenze abgeladen gewesen. Das Schiff sei 3 cm kopflastig und damit für die Talfahrt sachwidrig abgeladen gewesen. Deshalb und wegen nicht angepasster überhöhter Geschwindigkeit 19 km/h habe sich TMS „S.“ unmittelbar nachdem es MS „K.“ überholt habe, bei Rhein/km 441,5 an der dortigen Schwelle festgefahren. Für die Schiffsführung von MS „K.“ habe es keine Möglichkeit gegeben, die durch die plötzliche Festfahrung von TMS „S.“ herauf beschworene Havariegefahr abzuwenden. Aufgrund des geringen Höhenabstandes habe MS „K.“ nur noch wenig nach Backbord halten können, als es dann schon zur Havarie gekommen sei. Bei diesem Havarieverlauf greife der Anscheinsbeweis zulasten der Klägerin nicht ein, es sei vielmehr ein anderer Geschehensablauf als der von den Beklagten geschilderte nachgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Die Klägerin hat beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin EUR 65.401,89 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 1.12.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Beklagten haben beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>die Klage abzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Sie haben im Wesentlichen vorgetragen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>TMS „S.“ habe sich Rhein-km 441,5 genähert und deshalb seine Geschwindigkeit von ursprünglich 20 km/h auf etwa 14 km/h reduziert, weil es auf eine Stufe im Fahrwasser Rücksicht nehmen wollte. In dieser Lage sei es unerwartet durch MS “K.“ achtern angefahren worden. Dessen Schiffsführer habe offenbar die vorübergehende Fahrtreduzierung des vorausfahrenden TMS „S.“ übersehen. Bei dem Zusammenstoß befand sich TMS „S.“ ungefähr in der Mitte des Fahrwassers. Es liege ein typischer Auffahrunfall vor, bei dem der Beweis des ersten Anscheins gegen die Schiffsführung des auffahrenden Schiffes spreche.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Das Rheinschifffahrtsgericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung und Verwertung der Verklarungsakten 76 UR II 1/01 BSchRh und der Akten der WSP Ludwigshafen (Tgb.-Nr.:203/01) sowie durch Vernehmung der Zeugen L. und F..</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Durch Urteil vom 31.07.2002 - auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird - hat das Rheinschifffahrtsgericht die Klage abgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>TMS „S.“ habe MS „K.“ vor der bekanntermaßen gefahrträchtigen „Grassteiner Schwelle“ vor Rheinkm 442 überholt, sei dabei in sorgfaltswidriger Weise kurz vor dem überholten MS „K.“ in dessen Kurslinie eingeschert und habe dann - absichtlich oder unabsichtlich - drastisch an Geschwindigkeit verloren. TMS „S.“ sei während des Überholvorgangs mit einer Geschwindigkeit von etwa 20 km/h gefahren; bei der unmittelbar hierauf sich ereignenden Havarie habe dessen Geschwindigkeit nur noch 7 bis 8 km/h betragen. Unter diesen Umständen wäre eine Warnung unbedingt erforderlich gewesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Als eine andere Möglichkeit für den starken Geschwindigkeitsverlust könne ein Auflaufen von TMS „S.“ auf die bei Rhein/km 441 befindliche Schwelle in Betracht kommen, da TMS „S.“ zu kopflastig abgeladen gewesen sei.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Letztlich sei es unerheblich, welche der beiden dargestellten Alternativen vorgelegen habe - in beiden in Betracht kommenden Fällen sei die Havarie auf ein alleiniges Verschulden von TMS „S.“ zurückzuführen. Das Überholen des MS „K.“ durch TMS „S.“ kurz vor der bekanntermaßen gefahrträchtigen „Grassteiner Schwelle“ sei per se sorgfaltswidrig gewesen. Die drastische Verringerung der Geschwindigkeit habe daher über Funk oder durch Signal angekündigt werden müssen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Klägerin beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>auf ihre Berufung das Urteil des Amtsgerichts - Rheinschifffahrtsgericht - Mainz vom 31. Juli 2002 (76 C 3/02 BSchRh) aufzuheben und die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin EUR 65.401,89 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 1.12.2001 zu zahlen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Beklagten beantragen,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen, machen sich die Gründe des von der Gegenseite angefochtenen erstinstanzlichen Urteils zu eigen und tragen ergänzend vor:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Die Schiffsführung von MS „K.“ habe genügend Zeit und Raum gehabt, dem vorausfahrenden TMS „S.“ zu folgen, dessen Kurs und Geschwindigkeit zu beobachten und den notwendigen Sicherheitsabstand einzuhalten. Allerdings sei die Sicht erheblich beschränkt gewesen, weil die Container auf MS „K.“ in drei Lagen hochgestaut waren, sodass voraus ein toter Winkel von ca. 150 m bestanden habe. Da sich der Unfall erst bei 441,5 km zugetragen habe, bestehe kein Zusammenhang mehr mit dem Überholmanöver, das bereits bei km 440 beendet gewesen sei. Es sei nicht nur für den vorausfahrenden, sondern auch für den nachfolgenden Schiffsführer bekannt gewesen, was sich auch aus einem Hinweis im Radaratlas ergebe: „442,1 Achtung! Langsam über die Grassteiner Schwelle fahren“.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Bei Bedarf könne und müsse das vorausfahrende Schiff seine Geschwindigkeit vermindern, Aufgabe des nachfolgenden Schiffes sei es, diese Geschwindigkeitsreduzierung nachzuvollziehen und einen angemessenen Sicherheitsabstand beizubehalten. Dazu müsse die vorausfahrende Schifffahrt beobachtet werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Die Behauptung, TMS „S.“ habe sich auf der besagten Schwelle festgefahren, treffe nicht zu und habe von dem Beklagten auch nicht bewiesen werden können. Das vorausfahrende Schiff sei bei Verringerung der Fahrgeschwindigkeit nicht verpflichtet, Warnsignale zu geben oder Funkkontakt mit dem nachfolgenden Talfahrer aufzunehmen. Die Beobachtung der in ausreichendem Abstand folgenden Schifffahrt sei weder vorgeschrieben noch zweckmäßig und in vielen Fällen auch nicht möglich.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</td></tr></table>
<table width="100%"><tr><td style="text-align:left"><strong>II.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Mit zutreffenden Gründen, die durch das Berufungsvorbringen im Ergebnis nicht entkräftet werden, hat das Rheinschifffahrtsgericht die Klage abgewiesen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>1. Ein auf die Klägerin übergegangener Anspruch der Interessenten von MS „K.“ aus § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1.04 RhSchPVO, §§ 3, 4, 92 ff BinSchG besteht nicht. Der Schiffsführung von TMS „S.“ können haftungsbegründende Vorwürfe nicht deshalb gemacht werden, weil Schallsignale oder eine Funkkontaktaufnahme unterblieben sind. Wenn ein Fahrzeug die Fahrt deutlich herabsetzt, um einer allgemein bekannten geringeren Sohlentiefe innerhalb der Fahrrinne gerecht zu werden und eine Grundberührung zu vermeiden, so muss es dazu die nachfolgende Schifffahrt in der Regel nicht in besonderer Weise warnen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>2. Selbst wenn man jedoch fordern würde, dass die Schiffsführung von TMS „S.“ in der vorliegenden Situation nach abgeschlossenem Überholmanöver Funkkontakt zu dem überholten Fahrzeug hätte aufnehmen sollen, um dieses vor der beabsichtigten deutlichen Geschwindigkeitsreduzierung zu warnen, so würde ein in dem Unterlassen liegendes geringes Verschulden bei der Abwägung gemäß § 92 c BinSchG gegenüber dem Eigenverschulden des auffahrenden Schiffes völlig zurücktreten. Die Grundsätze über den Anscheinsbeweis gelten auch für das gemäß § 254 BGB oder § 92 c BinSchG festzustellende Mitverschulden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>MS „K.“ hat das vorausfahrende TMS „S.“ angefahren und beschädigt. Unter diesen Umständen spricht der Anscheinsbeweis für ein Verschulden der Schiffsführung von MS „K.“. Seine Interessenten hätten bei dieser Sachlage Tatsachen behaupten und beweisen müssen, die geeignet gewesen wären, den gegen die Schiffsführung von MS „K.“ sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern (vgl. RhSchOG Köln, VersR 1978, 344 und 1979, 439). Bei einer Auffahrhavarie handelt es sich um ein Ereignis, das einen typischen Geschehensablauf darstellt, denn nach den Erfahrungen des Lebens ist die Annahme gerechtfertigt, dass es auf einem Fehlverhalten der Schiffsführung des auffahrenden Fahrzeugs beruht. Erfahrungsgemäß ist ein derartiger Unfall in der Schifffahrt - ähnlich wie im Straßenverkehr - regelmäßig nur mit mangelnder Aufmerksamkeit oder zu dichtem Auflaufen oder einer überhöhten Geschwindigkeit auf Seiten des auffahrenden Schiffes erklärbar (RhSchOG Köln, VersR 1979, 439, 440).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Der Anscheinsbeweis führt nicht zu einer Umkehr der Beweislast. Seine Wirkung entfällt vielmehr schon dann, wenn der Gegner des Beweisführers Tatsachen darlegt und erforderlichenfalls beweist, die die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufes ergeben. Der atypische Geschehensablauf selbst braucht nicht positiv nachgewiesen zu werden (vgl. Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl., 2002, Kap. 20 TZ 8 m.w.N.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Im vorliegenden Fall ist der gegen die Schiffsführung MS „K.“ streitende Anscheinsbeweis nicht etwa deshalb entkräftet, weil sich TMS „S.“ unvermittelt nach dem Überholvorgang vor MS „K.“ gesetzt und sofort aufgestoppt hätte. Denn dies ist so nicht geschehen. Vielmehr ist, wie das Rheinschifffahrtsgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme im Einzelnen zutreffend festgestellt hat, nach den übereinstimmenden Aussagen aller Zeugen davon auszugehen, dass MS „K.“ von TMS „S.“ in Höhe des Lampertheimer Altrheins (Rhein-km 440,0) überholt wurde. Dieser Überholvorgang wurde vom Schiffsführer des MS „K.“ beobachtet und in seinem „Bericht“ vom 14.02.2001, der vom seinem Rechtsanwalt am 13.05.2002 zu den - im vorliegenden Verfahren beigezogenen - OWi-Akten gereicht wurde, so geschildert, dass er selbst - um den Überholvorgang (gemäß § 6.09 Nr. 2 RhSchPVO) zu unterstützen - mit MS „K.“ etwas langsamer gemacht hat. Nach dem Abschluss des Überholmanövers war TMS „S.“ vor MS “K.“ eingeschert und beide Schiffe fuhren, nachdem der Überholvorgang ordnungsgemäß abgeschlossen war, hintereinander her.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Nicht nur dem vorausfahrenden, sondern auch dem folgenden Schiffsführer war bekannt, was sich auch aus einem Hinweis im Radaratlas: „442,1 Achtung! Langsam über die Grassteiner Schwelle fahren“ ergibt, dass sich in der Talfahrt Friedrichsaue zwischen Rhein-km 441,0 und 441,5 mittig rechtsrheinisch ein „trockenes Stück“ befindet, bei dem - insbesondere für einen voll abgeladenen Talfahrer - besondere Vorsicht geboten ist. MS “K.“ musste daher mit einer entsprechenden deutlichen Geschwindigkeitsreduzierung des vorauslaufenden TMS „S.“ rechnen und gemäß § 1.04 RhSchPVO im Rahmen der nautischen Sorgfaltspflicht das eigene Fahrverhalten darauf einrichten. Der Schiffsführer von MS „K.“ gab an, dass sein Schiff mit drei Containern beladen war und seine Sicht voraus ca. 150 m betrug; wegen dieses „toten Winkels“ von ca. 150 m sah er TMS „S.“ nur während des Überholvorgangs. Nachdem das Schiff auf die Kurslinie eingeschwenkt war, konnte er es optisch nicht mehr wahrnehmen, sondern musste es mit Hilfe des Radargerätes beobachten. Dies geschah offensichtlich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Die von der Schiffsführung bzw. den Interessenten von MS „K.“ in den Raum gestellte Vermutung, dass TMS „S.“ vor der Anfahrung durch MS „K.“ auf Grund geraten sei und deshalb ein Hindernis bereitet habe, ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Insbesondere aufgrund der eindrucksvollen Aussage des Zeugen L. steht fest, dass zunächst die Anfahrung durch MS „K.“ geschah und danach erst - bedingt durch diesen Anstoß - ein kurzes Aufsetzen des Vorschiffes von TMS „S.“ auf den Grund erfolgte. Die Feststellungen und Bekundungen des sachverständigen Zeugen F., der TMS „S.“ am Tag nach dem Unfall im Hafen Worms gesehen hat, vermögen die Überzeugung von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen L. über die Reihenfolge der Kräfteeinwirkungen auf TMS „S.“ nicht zu erschüttern.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>3. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,250 | olgkarl-2003-01-31-5-wf-17402 | {
"id": 146,
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"state": 3,
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} | 5 WF 174/02 | 2003-01-31T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:08 | 2019-02-12T13:09:48 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenburg vom 20.09.2002 (1 F 428/02) wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
1. Der Kläger hat seine Vaterschaft zu dem Kind Andreas E., geboren am 1983, mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Baden-Baden vom 17.04.2002 angefochten. Nunmehr vermutet er, dass der Beklagte der biologische Vater des Kindes sei. Mit der vorliegenden Klage, für die er um Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht hat, hat er daher aus übergegangenem Recht für die Zeit der Minderjährigkeit des Kindes den Regelunterhalt abzüglich hälftigem Kindergeld gegenüber dem Beklagten geltend gemacht, nachdem er zu Unrecht für die Zeit von Februar 1983 bis Januar 2001 insgesamt mindestens 31.040,73 Euro Kindesunterhalt bezahlt habe. Das Klagebegehren scheitere auch nicht an der Bestimmung des § 1600 b Abs. 4 BGB. Die Anwendung dieser Vorschrift liefe auf eine Anspruchsverweigerung trotz bestehender Anspruchsnorm (§ 1607 Abs. 3 BGB) hinaus, nachdem das inzwischen volljährige Kind böswillig die eigene Feststellung der Vaterschaft unterlasse.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beklagte hat Zurückweisung der Klage begehrt und darauf hingewiesen, dass er spätestens ab März 1992 keine sexuellen Beziehungen mehr zur Kindesmutter unterhalten habe. Er scheide daher unter Berücksichtigung der gesetzlichen Empfängniszeit gemäß § 1600 d Abs. 3 BGB als Vater des Kindes aus. Hierfür berufe er sich auf die Einholung eines Abstammungsgutachtens.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe versagt. Eine inzidente Feststellung der Vaterschaft im Unterhaltsverfahren zu Lebzeiten des Kindes käme nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 121, 299 bis 305) könne eine zur Realisierung des Rückgriffsanspruchs notwendige Klärung der Vaterschaft des angeblichen Erzeugers nicht als Vorfrage in einem Regressprozess durchgesetzt werden. Daher sei die Unterhaltsrückgriffsklage des Klägers ohne hinreichende Erfolgsaussicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt und unter anderem vorgetragen, dass mit der Rechtsordnung nicht in Übereinstimmung stehe, dass der biologische Vater eines Kindes allein dadurch seine Inanspruchnahme für die auf den Scheinvater übergegangenen Unterhaltsansprüche vereiteln könne, dass er das Kind dazu bewege, Maßnahmen zur eigenen Vaterschaftsfeststellung zu unterlassen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Zu Recht hat das Familiengericht dem Kläger für seine Regressklage Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht seines Begehrens versagt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Es kann dahingestellt bleiben, ob (unter Bezugnahme auf BGHZ 21, 299 bis 305) die Vorfrage der Vaterschaft des angeblichen Erzeugers nicht in einem Regressprozess durchgesetzt werden kann. Da sich vorliegend sowohl der Kläger wie auch der Beklagte auf die Einholung eines Vaterschaftsfeststellungsgutachtens berufen haben, wäre - der Parteimaxime entsprechend - das Familiengericht nunmehr nicht gehindert, aufgrund dieser parteilichen Bereitschaft als Vorfrage die behauptete Vaterschaft des Beklagten feststellen zu lassen. Denn es geht in diesem Fall nicht um die verbotene Anwendung einer Rechtsanalogie, sondern darum, das von beiden Parteien angeführte Beweisangebot sachverständig abklären zu lassen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die künftige Abklärung der behaupteten Vaterschaft des Beklagten vermag dem Kläger jedoch deswegen nichts zu nützen, weil sich sein Unterhaltsanspruch auf die Minderjährigkeit von Andreas E. beschränkt, somit auf den Zeitraum von Februar 1983 bis Januar 2001. Selbst wenn daher im vorliegenden Unterhaltsverfahren rechtskräftig die Vaterschaft des Beklagten festgestellt werden könnte, würde dies nichts daran ändern, dass die Rechtswirkungen der Vaterschaft gemäß § 1600 d Abs. 4 BGB erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden könnten. Dies wäre ein in der Zukunft liegender Zeitpunkt, während sich der Unterhaltsklagzeitraum bis Januar 2001 beschränkt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Bestimmung des § 1600 d Abs. 4 BGB enthält eine Rechtsausübungssperre (BGH, FamRZ 1993, 696) dergestalt, dass auf Verwandtschaft beruhende Ansprüche zwischen Vater und Kind bzw. kindbezogene Ansprüche zwischen dem Vater und Dritten zwar vor der Vaterschaftsfeststellung schon bestehen, aber nicht geltend gemacht, also insbesondere nicht eingeklagt werden können (Bamberger/Hahn, BGB, § 1600 b, Rdnr. 6). Daher wurde eine unterstellte Vaterschaftsfeststellung des Beklagten der Regressklage des Klägers auch nicht zum Erfolg verhelfen können.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Folgt man schließlich der vom Kläger bemühten Literatur und Rechtsprechung (dazu Bamberger/Roth, a.a.O., Fnt. 26 m.w.N.), dass bei sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB die Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB zurückzutreten habe, so hilft dies vorliegend dem Kläger auch nicht weiter. Abgesehen davon, dass der Senat keine Tatsachen festgestellt hat, die gegen den Beklagten den Vorwurf eines unerlaubten oder sittenwidrigen Handelns zu begründen vermögen (und nur auf seine Verhaltensweise als herangezogenem Unterhaltsschuldner kann es ankommen), könnte eine derartige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB nur auf den Zeitpunkt zurückwirken, zu dem die Schädigung (also eine rechtsmissbräuchliche Verweigerung der Vaterschaftsfeststellung) stattgefunden hat. Dies wäre frühestens der Zeitraum ab Inverzugsetzung des Beklagten mit dem Hinweis, dass er als biologischer Vater des Kindes Andreas gemäß § 1607 Abs. 3 BGB regresspflichtig sei. Dies erfolgte erstmals mit klägerischem Schriftsatz vom 10.07.2002. Auch zu diesem Zeitpunkt war aber der Unterhaltsklagzeitraum bereits seit rund 1 1/2 Jahren abgelaufen, so dass selbst eine Aufhebung der Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB dem Kläger nicht weiterhelfen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Aus diesen Gründen kann der Kläger die von ihm bis einschließlich Januar 2001 erbrachten Kindesunterhaltszahlungen nicht vom Beklagten zurückverlangen. Daher hat ihm das Familiengericht zu Recht Prozesskostenhilfe für seine Kindesunterhaltsklage versagt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
111,732 | lg-kiel-2003-01-30-15-o-2803 | {
"id": 1064,
"name": "Landgericht Kiel",
"slug": "lg-kiel",
"city": 632,
"state": 17,
"jurisdiction": null,
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} | 15 O 28/03 | 2003-01-30T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:22 | 2019-01-17T11:35:39 | Beschluss | ECLI:DE:LGKIEL:2003:0130.15O28.03.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Wegen Unterlassung gemäß §§ 1, 3, 25 UWG, 935 ff., 944 ZPO wird
wegen Dringlichkeit des Falles ohne vorherige mündliche Verhandlung
im Wege der einstweiligen Verfügung angeordnet:</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Den Antragsgegnern wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00
€, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer jeweils
festzusetzenden Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu werben mit
„medizinische Fußpflege bei Ihnen zu Hause durch unsere
Mitarbeiterin ...“ wie dies im ... Courier vom 10.01.2003
geschehen ist.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsgegner zu tragen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
132,242 | lg-rottweil-2003-01-30-2-o-48702 | {
"id": 141,
"name": "Landgericht Rottweil",
"slug": "lg-rottweil",
"city": 76,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 O 487/02 | 2003-01-30T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:06 | 2019-01-17T11:52:08 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Streitwert: Euro 36.178,60</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin macht Amtshaftungsansprüche geltend mit der Behauptung, ein beim beklagten Land beschäftigter Bewährungshelfer habe einen Probanden nicht ausreichend überwacht und dadurch die Begehung von Vermögensdelikten durch diesen zum Nachteil der Klägerin ermöglicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Hans-Dieter B. wurde vom Landgericht Stuttgart im Jahre 1988 wegen Betruges in 14 Fällen und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Es wurde die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Verurteilung zu Grunde lagen Vermögensschädigungen zum Nachteil von Frauen, die Herrn B. aufgrund von Versprechungen im persönlichen Bereich Geld zur Verfügung gestellt hatten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit Beschluss vom 28.04.1999 ordnete das Landgericht Karlsruhe die Aussetzung der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung mit Führungsaufsicht an. Das Gericht begründete seine entgegen einem Sachverständigengutachten getroffene Entscheidung unter anderem damit, dass Hans-Dieter B. nach seiner Entlassung einen "stabilen sozialen Empfangsraum" vorfinde in Form einer Lebenspartnerin, der die der Inhaftierung zugrunde liegenden Taten bekannt seien. Herr B. habe unter dem Druck des Vollstreckungswiderrufes keine Veranlassung, wieder ein materiell ausschweifendes Leben aufzunehmen. Die Bewährungszeit wurde auf fünf Jahre festgelegt und der Verurteilte wurde der Aufsicht und Leitung des für seinen künftigen Wohnsitz zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfers unterstellt. Es wurde angeordnet, dass er den Einbestellungen des Bewährungshelfers künftig Folge zu leisten habe. Hans-Dieter B. wurde außerdem aufgegeben, jeden Wohnsitzwechsel innerhalb von 14 Tagen dem Landgericht Karlsruhe mitzuteilen, eine Aufstellung seiner Schulden anzufertigen und im Benehmen mit seinem Bewährungshelfer Kontakte zu einer Schuldnerberatungsstelle zum Zwecke der Schuldenregulierung aufzunehmen. Letztlich wurde ihm auferlegt, monatlich insgesamt 100 DM nach näherer Weisung seines Bewährungshelfers zur Schadenswiedergutmachung an geschädigte Frauen zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Nach seiner Entlassung am 3.5.1999 wohnte Hans-Dieter B. zunächst bei der Lebensgefährtin, zu der er bereits in der Haft eine Beziehung aufgebaut hatte, in Rheinland-Pfalz. Er war der Bewährungshilfe des Landgerichts Frankenthal unterstellt und kam den Bewährungsauflagen nach. Im März 2000 siedelte er nach Horb, Baden-Württemberg, über. Er zog nunmehr mit einer anderen Frau, nämlich Frau R., zusammen. Zum neuen Bewährungshelfer wurde Leo A. bestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Herr A. führte am 11.04.2000 erstmals ein Gespräch mit Hans-Dieter B. in den Räumlichkeiten der Bewährungshilfe. Der Proband, der nicht auffällig gekleidet war, legte Herrn A. dar, dass er seine neue Lebensgefährtin zwar über die Inhaftierung, nicht aber über die Gesamtheit der Tatvorwürfe, insbesondere hinsichtlich der von ihm geschädigten Frauen, informiert habe. Herr A. belehrte Herrn B. eingehend über die Tatsache, dass er bei neuerlichem Fehlverhalten mit lebenslangem Gefängnis rechnen müsse. In der Folgezeit gab es im Abstand von je zwischen 4 und 8 Wochen im Jahre 2000 insgesamt 5 weitere Gespräche zwischen Proband und Bewährungshelfer. Der Proband erschien jeweils vereinbarungsgemäß in der Sprechstunde in den Räumlichkeiten der Bewährungshilfe. Er leistete pünktlich die ihm durch das Urteil des Landgerichts Karlsruhe auferlegten Zahlungen zur Schadenswiedergutmachung. Für Herrn A. ergaben sich im Rahmen der Gespräche keine Anhaltspunkte, an der Ernsthaftigkeit der Beziehung des Probanden zu Frau R. zu zweifeln. Der Bewährungshelfer telefonierte auch mehrfach mit Frau R., legte dieser aber die von Herrn B. begangenen Straftaten nicht dem Inhalt nach dar. Aus den Telefonaten gewann der Bewährungshelfer keinen Hinweis auf einen aufwändigen Lebensstil seines Probanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Im Januar 2001 wurde Hans-Dieter B. erneut verhaftet. Im Zuge der Ermittlungen wurde deutlich, dass er sowohl von der Klägerin als auch von Frau R. und von einer dritten Dame erhebliche Geldbeträge als Darlehen erhalten hatte. Bei seiner Festnahme wurde festgestellt, dass er teure Fahrzeuge fuhr und über Kleidung und Schmuck von erheblichem Wert, die er in der Wohnung in Horb aufbewahrte, verfügte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Klägerin hatte Hans-Dieter B. im September 1999 kennen gelernt. Es entwickelte sich zunächst eine Freundschaft, dann auch ein Vertrauensverhältnis. Herr B. erklärte der Klägerin, er sei als Unternehmensberater in H. berufstätig und arbeite in diesem Zusammenhang mit Frau R.. Beginnend mit dem 24.9.1999 übergab die Klägerin Hans-Dieter B. immer wieder Geldbeträge nach dessen Zusicherung, er befinde sich derzeit in einem finanziellen Engpass, werde das Geld aber zurückzahlen. So kam es jedenfalls zu folgenden Auszahlungen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
am 24.09.99: DM 10.000
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
am 27.10.99: DM 10.000
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
am 03.12.99: DM 80.000
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
am 11.01.00: DM 40.000
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
im Mai 2000: DM 50.000
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Hinsichtlich der im Jahre 1999 hingegebenen Geldbeträge hatte Hans-Dieter B. zunächst die Rückzahlung bis 30.12.2000 angekündigt, dann aber nicht eingehalten. Am 36.5.2000 formulierten die Klägerin und Hans-Dieter B. in einem schriftlichen Darlehensvertrag, dass Hans-Dieter B. die hingegebenen Geldbeträge in Monatsraten ab Juni 2000 in Höhe von jeweils DM 1400 zurück zu bezahlen habe bis spätestens 31.1.2005. Hans-Dieter B. zahlte im Dezember 1999 insgesamt 2000 DM, in der Zeit von Februar 2000 bis einschließlich April 2000 weitere 4000 DM und in der Zeit ab Mai 2000 bis einschließlich Januar 2001 monatlich im Schnitt 1400 DM zurück. Außerdem bezahlte er im Dezember 2000 insgesamt 5000 DM zurück. Zu weiteren Rückzahlungen ist Hans-Dieter B. aufgrund der erneuten Inhaftierung nicht in der Lage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Klägerin schloss am 12.1.2000 mit der Sparkasse Villingen Schwenningen einen Darlehensvertrag über ein Darlehen in Höhe von 140.000 DM. Am 19.12.2000 schloss sie einen weiteren Darlehensvertrag ab über den Betrag von 60.000 DM. Für die Eintragungen der die Darlehen sichernden Grundschulden entstandenen Gebühren in Höhe von 590 DM. Auf das im Dezember 2000 aufgenommene Darlehen zahlte die Klägerin 2001 Zinsen in Höhe von 3333,58 DM und für Januar bis September 2002 Zinsen in Höhe von 1137,94 EUR.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klägerin behauptet,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
sie habe Hans-Dieter B. am 14.12.00 weitere 20.000 DM darlehensweise überlassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Klägerin ist der Ansicht,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
wegen der den Bewährungshelfern aus den Akten bekannten Vorgeschichte des Probanden sei eine besonders strenge Überwachung notwendig gewesen. Er habe deshalb im Rahmen seiner Möglichkeiten die Lebensführung des Verurteilten auf erneute Straffälligkeit hin zu kontrollieren. Der Sinn der Freiheitsstrafe liege gerade auch in der Prävention weiterer Straftaten und diene damit auch dem Schutz von Bürgern wie der Klägerin. Dieser Zweck sei auf die Bewährungsüberwachung zu übertragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Deshalb habe den Bewährungshelfer A. die Pflicht getroffen, Hans-Dieter B. unangekündigt an dessen Wohnsitz in Horb aufzusuchen. Hätte er dies getan, wäre ihm der Lebensstil des Probanden, der sich Frau R. gegenüber als Unternehmensberater gerierte, aufgefallen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Außerdem habe der Bewährungshelfer Frau R. über die der Verurteilung im Einzelnen zu Grunde liegenden Tatvorwürfe informieren müssen. § 203 StGB stehe dem nicht entgegen, weil auch das Strafverfahren öffentlich geführt worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Beide zu fordernden Handlungen hätten dazu geführt, dass die neuen Straftaten entdeckt und - nach einer entsprechenden Mitteilung des Bewährungshelfers an das Gericht, zu welcher dieser nach § 56d Abs. 3 Satz 2,3 StGB verpflichtet sei - die Bewährung widerrufen worden wäre. Dies hätte zur Folge gehabt, dass es zu den Straftaten zum Nachteil der Klägerin nicht mehr gekommen wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Das beklagte Land habe als Schadensersatz nicht nur die beiden zuletzt hingegebenen Darlehensbeträge von 50.000 DM und 20.000 DM abzüglich bezahlter 5000 DM zu ersetzen, sondern auch Kosten für eine Grundschuldeintragung in Höhe von 200 DM und die Zinsbelastungen für das zuletzt aufgenommene Darlehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die Klage wurde am 21.11.2002 zugestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 36.178,60 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Das beklagte Land beantragt
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Klagabweisung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Das beklagte Land ist der Ansicht,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
der Bewährungshelfer habe primär die Aufgabe, dem Probanden helfend und betreuend zur Seite zu stehen. In zweiter Linie habe er die Erfüllung der Auflagen und Weisungen zu überwachen. Der Bewährungshelfer habe weder die Aufgabe noch die Zwangsmittel, das persönliche Umfeld des Probanden zu überprüfen oder zu überwachen. Er habe auch nicht die Pflicht, Straftaten zu verhindern. Deshalb würden Hausbesuche nur in Ausnahmefällen, z.B. bei dem Wunsch, eine Suchtproblematik zu beobachten, getätigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Der Mitteilung der früheren Straftaten an Frau R. habe bereits die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit entgegengestanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Jedenfalls bestünden etwaige Amtspflichten nicht gegenüber Dritten als möglichen Opfern von Straftaten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Letztlich treffe die Klägerin jedenfalls ein Mitverschulden von einem Ausmaß, dass zu deren Alleinhaftung führe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Das Gericht hat die Klägerin angehört.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Die Klage ist zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Streitgegenstand ist genügend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Aufgrund der schriftsätzlichen Einlassung war zunächst nicht hinreichend geklärt, welche behauptete Amtspflichtverletzung die Klägerin zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens machen wollte: nur das behauptete Fehlverhalten des Bewährungshelfers oder auch die behauptete Fehlentscheidung des Landgerichts Karlsruhe durch die Aussetzung der Vollstreckung. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung stellte der Klägervertreter klar, dass Streitgegenstand hier nur das Verhalten des Bewährungshelfers A. sein soll.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Das Landgericht ist für die Entscheidung über diesen Streitgegenstand örtlich nach § 32 ZPO und sachlich nach § 71 Abs. 2 GVG zuständig.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB wegen des Verhaltens des Bewährungshelfers A. zu. Dieser hat keine drittschützende Amtspflicht verletzt. Im übrigen wäre ein Anspruch jedenfalls wegen der weit überwiegenden Mitverantwortlichkeit der Klägerin ausgeschlossen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Der Bewährungshelfer A. handelte bei der Betreuung des Probanden B. als Beamter im Sinne des § 839 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Es kann offen bleiben, ob der Bewährungshelfer dabei eine Amtspflicht verletzt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Eine Amtspflichtverletzung durch das Unterlassen der Mitteilung des der Verurteilung zugrunde liegenden Lebenssachverhalts an die neue Lebensgefährtin scheidet aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Bewährungshelfer war nämlich gegenüber Frau R. zum Schweigen verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht stellt eine Amtspflicht im Sinne des § 839 BGB dar. Sie erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, die dem Beamten in seiner dienstlichen Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar bekannt geworden sind und besteht gegenüber allen Personen, die nicht zum engeren Dienstbereich des Beamten gehören (BGHZ 34, 184/186, 187). Insoweit ist sie weitergehend als der Geheimnisbegriff i.S.d. § 203 StGB, von dem z.B. Dinge, die im Rahmen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung erörtert wurden, u.U. nicht umfasst werden (Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch Kommentar, 51.A., § 203, Rz 5). Herr A. war der der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt gerade aufgrund seiner Stellung als Bewährungshelfer bekannt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Eine Mitteilung von solchen dienstlich bekannt gewordenen Tatsachen ist nur insoweit zulässig, wie dies besonders bestimmt und gerechtfertigt ist (BGHZ 34, aaO). Ein solcher Rechtfertigungsgrund für die Weitergabe an die Lebensgefährtin ist nicht ersichtlich. Zwar wäre es für Frau R. evtl. zum Schutz ihrer Vermögensbelange von Interesse gewesen, durch den Bewährungshelfer von den Verurteilungssachverhalten zu erfahren. Dagegen steht jedoch die zentrale Aufgabe des Bewährungshelfers, den Probanden bei der Resozialisierung zu unterstützen. Dazu gehört, dass er dessen Entscheidung, ob er sein Umfeld von den abgeurteilten Taten in Kenntnis setzen will, respektiert, und zwar unabhängig davon, ob dem Bewährungshelfer neue Straftaten positiv bekannt werden. Solche Kenntnis könnte ihn nur gemäß § 56d Abs. 3 Satz 3,4 StGB zu einer Mitteilung gegenüber dem Gericht, nie aber zu einer seinerseits zu erfolgenden Aufklärung von Dritten zwingen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin jedenfalls nicht dargetan hat, dass eine Erklärung zu den Straftatvorwürfen gegenüber Frau R. die Taten zum Nachteil der Klägerin verhindert hätte. Es ist nicht ausschließbar, dass sich Frau R. ohne Information der Behörden von Herrn B. getrennt hätte und dieser weiterhin unverändert gegenüber der Klägerin hätte auftreten können. Frau R. und die Klägerin haben sich erst nach der Verhaftung des Herrn B. durch die polizeilichen Ermittlungen kennen gelernt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Der Bewährungshelfer könnte eine Amtspflicht verletzt haben, falls er trotz konkreter Anzeichen für eine neue, wiederum einschlägige Straftat, keinerlei Kontrolltätigkeit über die Überwachung der Auflagen und Weisungen hinaus entfaltete.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.1</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Aufgabenstellung des Bewährungshelfers und damit auch der Umfang seiner Pflichten spiegeln sich in den § 56d StGB und § 58a StGB. Nach § 56d Abs. 1 StGB wird ein Verurteilter einem Bewährungshelfer unterstellt, wenn dies angezeigt ist, um ihn von Straftaten abzuhalten. Nach § 56d Abs. 3 StGB steht der Bewährungshelfer dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen (§ 56d Abs. 3 Satz 2 StGB). Er berichtet über die Lebensführung des Verurteilten in Zeitabständen an das Gericht und teilt diesem gröbliche Verstöße gegen Auflagen, Weisungen, Anerbieten und Zusagen mit (§ 56d Abs. 3 Satz 3, 4 StGB). Bei angeordneter Führungsaufsicht sind die Aufgaben entsprechend ausgestaltet, zusätzlich ist das Einvernehmen mit der Aufsichtsstelle herzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Teils wird umfassend vertreten, dass den Bewährungshelfer aufgrund dieser gesetzlichen Regelung, auch bei angeordneter Führungsaufsicht, nicht die Pflicht treffe, den Verurteilten zu überwachen (Dreher/Tröndle, Kommentar zum StGB, 51.A., § 68a, Rz. 6). Er stehe diesem vielmehr helfend und betreuend zur Seite, der gesetzliche Auftrag umfasse die fürsorgerische Betreuung, Lebenshilfe und Resozialisierung (Dreher/Tröndle, aaO, § 56d, Rz 4). Darüber hinaus wirke der Bewährungshelfer insoweit an der Überwachung des Verurteilten nach § 453b StPO mit, als er in vom Gericht bestimmten Zeitabständen u.a. über etwaige verwirklichte Straftaten berichte (Dreher/Tröndle, aaO, § 56d, Rz 5; Schipholt, NStZ 1993, 470). Aufsicht und Hilfe seien dabei gleichwertig als Aufgaben nebeneinandergestellt (Schipholt, aaO, S. 471).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Weitergehend wird vertreten, die nach § 56 Abs. 3 Satz 2 StGB geschuldete Überwachung beziehe sich jedenfalls auch auf das Unterbleiben von Straftaten, da hiervon die Bewährung ebenso abhänge wie von der Erfüllung von Auflagen und Weisungen. Aus der Pflicht, dem Gericht über die Lebensführung zu berichten, folge, dass der Bewährungshelfer den Verurteilten in der hierfür notwendigen Weise zu beobachten habe. Nur so werde nämlich dem Gericht hinreichend ermöglicht, erforderliche Entscheidungen nach § 56e StGB zu treffen (Schönke/Schröder, Bearb. Stree, 26.A., § 56d, Rz 3a).
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Würde man die Pflichten des Bewährungshelfers nur auf die Hilfestellung für den Probanden und auf die Überwachung von Auflagen und Weisungen beschränken, hätte Herr A. seinen Dienstpflichten jedenfalls genügt. Die vom Gericht gestellten Auflagen und Weisungen wurden von Herrn B. eingehalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Würde man eine Handlungspflicht des Bewährungshelfers im Sinne einer Pflicht zur Mitteilung an das Gericht nur bei dem Bewährungshelfer positiv (auch ohne eigene Ermittlungen) bekannt gewordenen neuen und einschlägigen Straftaten bejahen (dazu, verallgemeinert auf die Begehung von Straftaten und ohne Erklärung, ob auch Ermittlungen geschuldet sind: Leipziger Kommentar zum StGB, Bearb. Ruß, 10.A., § 56d, Rz 5), so hätte sich Herr A. ebenfalls nicht amtspflichtwidrig verhalten. Eine positive Kenntnis des Bewährungshelfers von den neuen Taten wird von der Klägerin nicht einmal behauptet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Hätte Herr A. keine konkreten Anhaltspunkte für eine erneute einschlägige Straffälligkeit des Herrn B. gehabt, hätte er seinen Dienstpflichten ebenfalls genügt. Eine Pflicht des Bewährungshelfers, von sich aus stets im Rahmen der Arbeit mit dem Probanden nach dem Verdacht einer neuen Straftat zu forschen, ist in dieser Allgemeinheit jedenfalls abzulehnen. Sie entspricht nicht dem Berufsbild des Bewährungshelfers, der sich bei seiner Aufgabenerfüllung an seiner Zielsetzung der Hilfestellung orientieren darf und der auch davon ausgehen darf, dass das Gericht durch die Auswahl der im Einzelfall erteilten Auflagen und Weisungen der Ansicht war, ausreichend im Sinne einer Prävention neuer Straftaten tätig zu werden. Außerdem ist zu beachten, dass die Entscheidung, ob dem Probanden Bewährung gewährt wird, nicht vom Bewährungshelfer getroffen wird. Er hilft nur bei der Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung. Würde man ihm eine ständige Kontrollpflicht auferlegen, so würde er damit letztlich ein Korrektiv für die gerichtliche Entscheidung darstellen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Es könnten aber weitere Dienstpflichten bestanden haben aufgrund eines auf Tatsachen gestützten konkreten Verdachtes des Begehens einer neuen Straftat. Jedenfalls wenn ganz konkrete und augenfällige Anhaltspunkte für eine neue, einschlägige Straffälligkeit bestehen, liegt es nahe, dass die gesetzlich normierte Pflicht über den Bericht über die Lebensführung in Verbindung mit § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Prüfungspflicht bzw. Überwachungspflicht im Sinne einfacher Kontrolltätigkeit und Mitteilungspflicht an das Gericht führt. In der Bewährungszeit geht es nämlich nicht nur um die Erfüllung von Auflagen und Weisungen, sondern zentral auch darum, ein künftig straffreies Leben zu gewährleisten. Keinesfalls dürfen hier aber die Kontrollpflichten überspannt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Danach ist fraglich, ob sich für den Bewährungshelfer ausreichend konkrete Anzeichen für eine Straftatverwirklichung durch Herrn B. zeigten, die ihn zu Kontrollen hätten veranlassen müssen. Beachtlich insoweit könnte sein, dass die Entlassung des Probanden aus dem Vollzug maßgeblich mit seiner Stabilisierung in einer Lebenspartnerschaft, in der die Straftaten bekannt waren, begründet wurde. Als Herr B. nach Horb zog, war Herrn A. jedenfalls nach Kenntnisnahme des Beschlusses des Landgerichts Karlsruhe und nach dem ersten Gespräch bekannt, dass Herr B. sofort nach dem Umzug eine neue Partnerin hatte, sofort bei dieser wohnte und diese über den der Verurteilung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt nicht informiert hatte. Dies war offensichtlich auch für Herrn A. auffällig, denn er entschloss sich, den Probanden ausführlich zu belehren über die Folgen eines etwaigen Rückfalls.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Würde man eine Kontrollpflicht ob dieser Umstände bejahen, hätte der Bewährungshelfer zumutbare Handlungsmöglichkeiten gehabt. Er hätte durch die Verlagerung des Gesprächsortes in einem Einzelfall - auch angekündigt - in die Wohnung des Probanden nach Horb die Lebenssituation konkreter überprüfen können. Hätte der Proband ein Gespräch in seiner Wohnung abgelehnt, hätte auch dies u.U. Anlass zu weiterer, einfacher Kontrolle sein können. Insoweit hätte man z.B. bei Frau R., der die Tatsache der Verurteilung, nicht aber die Einzelheiten bekannt war, allgemein wegen der Art der Lebensführung im Alltag nachfragen können. Bei einem sich ergebenden dringenden Verdacht neuer Straftaten wäre das Gericht im Hinblick auf § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB zu informieren gewesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Jedenfalls aber entfaltete eine etwaige verletzte Amtspflicht keinen für eine Haftung nach § 839 BGB notwendigen Drittschutz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der "Dritten" im Sinne des § 839 BGB gehört, beantwortet sich entscheidend danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das konkret berührte Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Anderen Personen gegenüber ist eine Ersatzpflicht, selbst wenn sich die Amtspflichtverletzung ihnen gegenüber nachteilig auswirkt, nicht begründet (BGHZ 58, 96/98). Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck des Amtsgeschäfts und der rechtlichen Bestimmung geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht (BGHZ 69, 128/137). Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" bestehen (BGHZ 106, 323/331).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Die Aufgabenstellung an den Bewährungshelfer, den Probanden ggf. auch zu überwachen im Hinblick auf die Begehung neuer Straftaten, hat nicht den Zweck, die Opfer der neuen Straftaten vor Vermögenseinbußen durch neue Straftaten zu schützen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Bereits die Formulierung des § 56d StGB deutet darauf hin, dass der Bewährungshelfer seine Pflichten nur zu dem Zweck ausübt, dem Probanden bei einem straffreiem Leben, ggf. eben auch durch Kontrolle, behilflich zu sein. Er ist diesem als Begleitperson und als Beauftragter des Gerichts, nach dessen Weisungen er zu handeln hat (OLG Düsseldorf, NStZ 1997, 340; OLG Koblenz NStZ-RR 1996, 300/301), zur Seite gestellt. Kommt es zu neuen Straftaten, so soll darauf möglichst zeitnah reagiert werden, um den Probanden und ggf. auch die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Taten zu schützen. Eine Überwachungspflicht, um mögliche neue Opfer konkret zu schützen, ist dagegen in § 56d nicht angedeutet und widerspräche auch dem dargestellten Zweck der Norm.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Dass der Drittschutz fehlt, sei auch an folgender Kontrollüberlegung dargestellt: Auch die Pflicht des Staatsanwalts zum Einschreiten bei strafbaren Handlungen (§ 152 StPO) besteht nur gegenüber der Allgemeinheit (Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2002, § 839, Rz 631 mit weiteren Nachweisen; BGH NJW 1996, 2373; OLG Düsseldorf NJW 1996, 530). Die bei der Staatsanwaltschaft zentrale Argumentation, dass deren Ermittlungstätigkeit zwar auch mittelbar der Verhinderung von Straftaten dient, der einzelne Bürger aber auch insoweit nur als Teil der Gemeinschaft in den Schutz hoheitlichen Handelns einbezogen sei, ihm gegenüber also gerade nicht die für die individuelle Drittbezogenheit erforderliche besondere Beziehung bestehe, gilt auch für das Handeln des Bewährungshelfers.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Die Stellung des Bewährungshelfers ist nach der gesetzlichen Beschreibung seiner Aufgaben auch eine andere als die von Vollzugsbeamten. Insoweit kann die Entscheidung des OLG Karlsruhe (NJW 2002, 445 ff), die einen Amtshaftungsanspruch gewährt wurde wegen der Folgen einer fehlerhaften Entscheidung über eine Vollzugslockerung, nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Die Ablehnung des Drittschutzes ist schließlich auch angezeigt im Sinne der Gewährleistung der ihr übertragenen Aufgaben durch die Bewährungshilfe. Würde sich der Bewährungshelfer stets in der Gefahr sehen, für durch seinen Probanden während der Bewährungszeit verwirklichte Straftaten zur Verantwortung gezogen werden zu können, würde dies seine Tätigkeit weit in den Bereich der Überwachung hinein verlagern mit der notwendigen Folge, dass er nur schwer ein Vertrauensverhältnis zum Probanden aufbauen und so seine zentrale Aufgabe der Hilfe und Betreuung allenfalls stark erschwert erfüllen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Da eine Haftung bereits dem Grunde nach ausscheidet, ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass einem Ersatzanspruch jedenfalls § 254 BGB entgegenstünde. Die Klägerin trifft ein derart hohes Maß an Mitverschulden, dass eine Ersatzpflicht des Landes jedenfalls für die beiden letzten behaupteten Darlehen, die vorliegend Streitgegenstand sind, ausscheidet. Die Klägerin hatte Herrn B. vor diesen Geldhingaben bereits erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt, diesbezüglich abgegebene Zahlungszusagen hatte Herr B. nicht eingehalten. Die Klägerin hatte sich keine Sicherheiten für die übergebenen Beträge einräumen lassen, sie ließ sich von einer emotionalen Gebundenheit leiten, obwohl sie von Herrn B. nur einmal einen Personalausweis gesehen hatte, dessen Adresse nach ihrer damaligen Kenntnis auch nicht mehr richtig war, und ohne jedwede weitere Prüfung zur Person des Herrn B. anzustellen, sei es wenigstens durch genauere Informationenabfrage zu der von ihm behaupteten beruflichen Tätigkeit oder durch die Überprüfung von dessen Wohnverhältnissen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td>IV.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 709 ZPO zugrunde.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Die Klage ist zulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Streitgegenstand ist genügend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Aufgrund der schriftsätzlichen Einlassung war zunächst nicht hinreichend geklärt, welche behauptete Amtspflichtverletzung die Klägerin zum Gegenstand des hiesigen Verfahrens machen wollte: nur das behauptete Fehlverhalten des Bewährungshelfers oder auch die behauptete Fehlentscheidung des Landgerichts Karlsruhe durch die Aussetzung der Vollstreckung. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung stellte der Klägervertreter klar, dass Streitgegenstand hier nur das Verhalten des Bewährungshelfers A. sein soll.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Das Landgericht ist für die Entscheidung über diesen Streitgegenstand örtlich nach § 32 ZPO und sachlich nach § 71 Abs. 2 GVG zuständig.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch nach Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB wegen des Verhaltens des Bewährungshelfers A. zu. Dieser hat keine drittschützende Amtspflicht verletzt. Im übrigen wäre ein Anspruch jedenfalls wegen der weit überwiegenden Mitverantwortlichkeit der Klägerin ausgeschlossen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Der Bewährungshelfer A. handelte bei der Betreuung des Probanden B. als Beamter im Sinne des § 839 BGB.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Es kann offen bleiben, ob der Bewährungshelfer dabei eine Amtspflicht verletzt hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Eine Amtspflichtverletzung durch das Unterlassen der Mitteilung des der Verurteilung zugrunde liegenden Lebenssachverhalts an die neue Lebensgefährtin scheidet aus.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Bewährungshelfer war nämlich gegenüber Frau R. zum Schweigen verpflichtet. Die Verschwiegenheitspflicht stellt eine Amtspflicht im Sinne des § 839 BGB dar. Sie erstreckt sich auf alle Angelegenheiten, die dem Beamten in seiner dienstlichen Tätigkeit unmittelbar oder mittelbar bekannt geworden sind und besteht gegenüber allen Personen, die nicht zum engeren Dienstbereich des Beamten gehören (BGHZ 34, 184/186, 187). Insoweit ist sie weitergehend als der Geheimnisbegriff i.S.d. § 203 StGB, von dem z.B. Dinge, die im Rahmen einer öffentlichen Gerichtsverhandlung erörtert wurden, u.U. nicht umfasst werden (Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch Kommentar, 51.A., § 203, Rz 5). Herr A. war der der Verurteilung zugrundeliegende Sachverhalt gerade aufgrund seiner Stellung als Bewährungshelfer bekannt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Eine Mitteilung von solchen dienstlich bekannt gewordenen Tatsachen ist nur insoweit zulässig, wie dies besonders bestimmt und gerechtfertigt ist (BGHZ 34, aaO). Ein solcher Rechtfertigungsgrund für die Weitergabe an die Lebensgefährtin ist nicht ersichtlich. Zwar wäre es für Frau R. evtl. zum Schutz ihrer Vermögensbelange von Interesse gewesen, durch den Bewährungshelfer von den Verurteilungssachverhalten zu erfahren. Dagegen steht jedoch die zentrale Aufgabe des Bewährungshelfers, den Probanden bei der Resozialisierung zu unterstützen. Dazu gehört, dass er dessen Entscheidung, ob er sein Umfeld von den abgeurteilten Taten in Kenntnis setzen will, respektiert, und zwar unabhängig davon, ob dem Bewährungshelfer neue Straftaten positiv bekannt werden. Solche Kenntnis könnte ihn nur gemäß § 56d Abs. 3 Satz 3,4 StGB zu einer Mitteilung gegenüber dem Gericht, nie aber zu einer seinerseits zu erfolgenden Aufklärung von Dritten zwingen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin jedenfalls nicht dargetan hat, dass eine Erklärung zu den Straftatvorwürfen gegenüber Frau R. die Taten zum Nachteil der Klägerin verhindert hätte. Es ist nicht ausschließbar, dass sich Frau R. ohne Information der Behörden von Herrn B. getrennt hätte und dieser weiterhin unverändert gegenüber der Klägerin hätte auftreten können. Frau R. und die Klägerin haben sich erst nach der Verhaftung des Herrn B. durch die polizeilichen Ermittlungen kennen gelernt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Der Bewährungshelfer könnte eine Amtspflicht verletzt haben, falls er trotz konkreter Anzeichen für eine neue, wiederum einschlägige Straftat, keinerlei Kontrolltätigkeit über die Überwachung der Auflagen und Weisungen hinaus entfaltete.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.1</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Aufgabenstellung des Bewährungshelfers und damit auch der Umfang seiner Pflichten spiegeln sich in den § 56d StGB und § 58a StGB. Nach § 56d Abs. 1 StGB wird ein Verurteilter einem Bewährungshelfer unterstellt, wenn dies angezeigt ist, um ihn von Straftaten abzuhalten. Nach § 56d Abs. 3 StGB steht der Bewährungshelfer dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen (§ 56d Abs. 3 Satz 2 StGB). Er berichtet über die Lebensführung des Verurteilten in Zeitabständen an das Gericht und teilt diesem gröbliche Verstöße gegen Auflagen, Weisungen, Anerbieten und Zusagen mit (§ 56d Abs. 3 Satz 3, 4 StGB). Bei angeordneter Führungsaufsicht sind die Aufgaben entsprechend ausgestaltet, zusätzlich ist das Einvernehmen mit der Aufsichtsstelle herzustellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Teils wird umfassend vertreten, dass den Bewährungshelfer aufgrund dieser gesetzlichen Regelung, auch bei angeordneter Führungsaufsicht, nicht die Pflicht treffe, den Verurteilten zu überwachen (Dreher/Tröndle, Kommentar zum StGB, 51.A., § 68a, Rz. 6). Er stehe diesem vielmehr helfend und betreuend zur Seite, der gesetzliche Auftrag umfasse die fürsorgerische Betreuung, Lebenshilfe und Resozialisierung (Dreher/Tröndle, aaO, § 56d, Rz 4). Darüber hinaus wirke der Bewährungshelfer insoweit an der Überwachung des Verurteilten nach § 453b StPO mit, als er in vom Gericht bestimmten Zeitabständen u.a. über etwaige verwirklichte Straftaten berichte (Dreher/Tröndle, aaO, § 56d, Rz 5; Schipholt, NStZ 1993, 470). Aufsicht und Hilfe seien dabei gleichwertig als Aufgaben nebeneinandergestellt (Schipholt, aaO, S. 471).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Weitergehend wird vertreten, die nach § 56 Abs. 3 Satz 2 StGB geschuldete Überwachung beziehe sich jedenfalls auch auf das Unterbleiben von Straftaten, da hiervon die Bewährung ebenso abhänge wie von der Erfüllung von Auflagen und Weisungen. Aus der Pflicht, dem Gericht über die Lebensführung zu berichten, folge, dass der Bewährungshelfer den Verurteilten in der hierfür notwendigen Weise zu beobachten habe. Nur so werde nämlich dem Gericht hinreichend ermöglicht, erforderliche Entscheidungen nach § 56e StGB zu treffen (Schönke/Schröder, Bearb. Stree, 26.A., § 56d, Rz 3a).
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Würde man die Pflichten des Bewährungshelfers nur auf die Hilfestellung für den Probanden und auf die Überwachung von Auflagen und Weisungen beschränken, hätte Herr A. seinen Dienstpflichten jedenfalls genügt. Die vom Gericht gestellten Auflagen und Weisungen wurden von Herrn B. eingehalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Würde man eine Handlungspflicht des Bewährungshelfers im Sinne einer Pflicht zur Mitteilung an das Gericht nur bei dem Bewährungshelfer positiv (auch ohne eigene Ermittlungen) bekannt gewordenen neuen und einschlägigen Straftaten bejahen (dazu, verallgemeinert auf die Begehung von Straftaten und ohne Erklärung, ob auch Ermittlungen geschuldet sind: Leipziger Kommentar zum StGB, Bearb. Ruß, 10.A., § 56d, Rz 5), so hätte sich Herr A. ebenfalls nicht amtspflichtwidrig verhalten. Eine positive Kenntnis des Bewährungshelfers von den neuen Taten wird von der Klägerin nicht einmal behauptet.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Hätte Herr A. keine konkreten Anhaltspunkte für eine erneute einschlägige Straffälligkeit des Herrn B. gehabt, hätte er seinen Dienstpflichten ebenfalls genügt. Eine Pflicht des Bewährungshelfers, von sich aus stets im Rahmen der Arbeit mit dem Probanden nach dem Verdacht einer neuen Straftat zu forschen, ist in dieser Allgemeinheit jedenfalls abzulehnen. Sie entspricht nicht dem Berufsbild des Bewährungshelfers, der sich bei seiner Aufgabenerfüllung an seiner Zielsetzung der Hilfestellung orientieren darf und der auch davon ausgehen darf, dass das Gericht durch die Auswahl der im Einzelfall erteilten Auflagen und Weisungen der Ansicht war, ausreichend im Sinne einer Prävention neuer Straftaten tätig zu werden. Außerdem ist zu beachten, dass die Entscheidung, ob dem Probanden Bewährung gewährt wird, nicht vom Bewährungshelfer getroffen wird. Er hilft nur bei der Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung. Würde man ihm eine ständige Kontrollpflicht auferlegen, so würde er damit letztlich ein Korrektiv für die gerichtliche Entscheidung darstellen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.2.5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Es könnten aber weitere Dienstpflichten bestanden haben aufgrund eines auf Tatsachen gestützten konkreten Verdachtes des Begehens einer neuen Straftat. Jedenfalls wenn ganz konkrete und augenfällige Anhaltspunkte für eine neue, einschlägige Straffälligkeit bestehen, liegt es nahe, dass die gesetzlich normierte Pflicht über den Bericht über die Lebensführung in Verbindung mit § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Prüfungspflicht bzw. Überwachungspflicht im Sinne einfacher Kontrolltätigkeit und Mitteilungspflicht an das Gericht führt. In der Bewährungszeit geht es nämlich nicht nur um die Erfüllung von Auflagen und Weisungen, sondern zentral auch darum, ein künftig straffreies Leben zu gewährleisten. Keinesfalls dürfen hier aber die Kontrollpflichten überspannt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="53"/>
Danach ist fraglich, ob sich für den Bewährungshelfer ausreichend konkrete Anzeichen für eine Straftatverwirklichung durch Herrn B. zeigten, die ihn zu Kontrollen hätten veranlassen müssen. Beachtlich insoweit könnte sein, dass die Entlassung des Probanden aus dem Vollzug maßgeblich mit seiner Stabilisierung in einer Lebenspartnerschaft, in der die Straftaten bekannt waren, begründet wurde. Als Herr B. nach Horb zog, war Herrn A. jedenfalls nach Kenntnisnahme des Beschlusses des Landgerichts Karlsruhe und nach dem ersten Gespräch bekannt, dass Herr B. sofort nach dem Umzug eine neue Partnerin hatte, sofort bei dieser wohnte und diese über den der Verurteilung zugrundeliegenden Lebenssachverhalt nicht informiert hatte. Dies war offensichtlich auch für Herrn A. auffällig, denn er entschloss sich, den Probanden ausführlich zu belehren über die Folgen eines etwaigen Rückfalls.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="54"/>
Würde man eine Kontrollpflicht ob dieser Umstände bejahen, hätte der Bewährungshelfer zumutbare Handlungsmöglichkeiten gehabt. Er hätte durch die Verlagerung des Gesprächsortes in einem Einzelfall - auch angekündigt - in die Wohnung des Probanden nach Horb die Lebenssituation konkreter überprüfen können. Hätte der Proband ein Gespräch in seiner Wohnung abgelehnt, hätte auch dies u.U. Anlass zu weiterer, einfacher Kontrolle sein können. Insoweit hätte man z.B. bei Frau R., der die Tatsache der Verurteilung, nicht aber die Einzelheiten bekannt war, allgemein wegen der Art der Lebensführung im Alltag nachfragen können. Bei einem sich ergebenden dringenden Verdacht neuer Straftaten wäre das Gericht im Hinblick auf § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB zu informieren gewesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="55"/>
Jedenfalls aber entfaltete eine etwaige verletzte Amtspflicht keinen für eine Haftung nach § 839 BGB notwendigen Drittschutz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="56"/>
Ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der "Dritten" im Sinne des § 839 BGB gehört, beantwortet sich entscheidend danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch - den Zweck hat, das konkret berührte Interesse gerade dieses Geschädigten wahrzunehmen. Anderen Personen gegenüber ist eine Ersatzpflicht, selbst wenn sich die Amtspflichtverletzung ihnen gegenüber nachteilig auswirkt, nicht begründet (BGHZ 58, 96/98). Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck des Amtsgeschäfts und der rechtlichen Bestimmung geschützt und gefördert werden sollen, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht (BGHZ 69, 128/137). Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" bestehen (BGHZ 106, 323/331).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="57"/>
Die Aufgabenstellung an den Bewährungshelfer, den Probanden ggf. auch zu überwachen im Hinblick auf die Begehung neuer Straftaten, hat nicht den Zweck, die Opfer der neuen Straftaten vor Vermögenseinbußen durch neue Straftaten zu schützen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="58"/>
Bereits die Formulierung des § 56d StGB deutet darauf hin, dass der Bewährungshelfer seine Pflichten nur zu dem Zweck ausübt, dem Probanden bei einem straffreiem Leben, ggf. eben auch durch Kontrolle, behilflich zu sein. Er ist diesem als Begleitperson und als Beauftragter des Gerichts, nach dessen Weisungen er zu handeln hat (OLG Düsseldorf, NStZ 1997, 340; OLG Koblenz NStZ-RR 1996, 300/301), zur Seite gestellt. Kommt es zu neuen Straftaten, so soll darauf möglichst zeitnah reagiert werden, um den Probanden und ggf. auch die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Taten zu schützen. Eine Überwachungspflicht, um mögliche neue Opfer konkret zu schützen, ist dagegen in § 56d nicht angedeutet und widerspräche auch dem dargestellten Zweck der Norm.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="59"/>
Dass der Drittschutz fehlt, sei auch an folgender Kontrollüberlegung dargestellt: Auch die Pflicht des Staatsanwalts zum Einschreiten bei strafbaren Handlungen (§ 152 StPO) besteht nur gegenüber der Allgemeinheit (Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand 2002, § 839, Rz 631 mit weiteren Nachweisen; BGH NJW 1996, 2373; OLG Düsseldorf NJW 1996, 530). Die bei der Staatsanwaltschaft zentrale Argumentation, dass deren Ermittlungstätigkeit zwar auch mittelbar der Verhinderung von Straftaten dient, der einzelne Bürger aber auch insoweit nur als Teil der Gemeinschaft in den Schutz hoheitlichen Handelns einbezogen sei, ihm gegenüber also gerade nicht die für die individuelle Drittbezogenheit erforderliche besondere Beziehung bestehe, gilt auch für das Handeln des Bewährungshelfers.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="60"/>
Die Stellung des Bewährungshelfers ist nach der gesetzlichen Beschreibung seiner Aufgaben auch eine andere als die von Vollzugsbeamten. Insoweit kann die Entscheidung des OLG Karlsruhe (NJW 2002, 445 ff), die einen Amtshaftungsanspruch gewährt wurde wegen der Folgen einer fehlerhaften Entscheidung über eine Vollzugslockerung, nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="61"/>
Die Ablehnung des Drittschutzes ist schließlich auch angezeigt im Sinne der Gewährleistung der ihr übertragenen Aufgaben durch die Bewährungshilfe. Würde sich der Bewährungshelfer stets in der Gefahr sehen, für durch seinen Probanden während der Bewährungszeit verwirklichte Straftaten zur Verantwortung gezogen werden zu können, würde dies seine Tätigkeit weit in den Bereich der Überwachung hinein verlagern mit der notwendigen Folge, dass er nur schwer ein Vertrauensverhältnis zum Probanden aufbauen und so seine zentrale Aufgabe der Hilfe und Betreuung allenfalls stark erschwert erfüllen könnte.
</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="62"/>
Da eine Haftung bereits dem Grunde nach ausscheidet, ist nur ergänzend darauf hinzuweisen, dass einem Ersatzanspruch jedenfalls § 254 BGB entgegenstünde. Die Klägerin trifft ein derart hohes Maß an Mitverschulden, dass eine Ersatzpflicht des Landes jedenfalls für die beiden letzten behaupteten Darlehen, die vorliegend Streitgegenstand sind, ausscheidet. Die Klägerin hatte Herrn B. vor diesen Geldhingaben bereits erhebliche Beträge zur Verfügung gestellt, diesbezüglich abgegebene Zahlungszusagen hatte Herr B. nicht eingehalten. Die Klägerin hatte sich keine Sicherheiten für die übergebenen Beträge einräumen lassen, sie ließ sich von einer emotionalen Gebundenheit leiten, obwohl sie von Herrn B. nur einmal einen Personalausweis gesehen hatte, dessen Adresse nach ihrer damaligen Kenntnis auch nicht mehr richtig war, und ohne jedwede weitere Prüfung zur Person des Herrn B. anzustellen, sei es wenigstens durch genauere Informationenabfrage zu der von ihm behaupteten beruflichen Tätigkeit oder durch die Überprüfung von dessen Wohnverhältnissen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="63"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td>IV.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="64"/>
Der Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit liegt § 709 ZPO zugrunde.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,243 | olgstut-2003-01-30-2-u-4900 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 49/00 | 2003-01-30T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:06 | 2019-02-12T13:09:47 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 29.02.2002</td>
</tr>
</table>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>geändert.</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2. a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin über den landgerichtlichen Ausspruch hinaus weitere 74.819,65 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 22.12.1998 zu bezahlen.</td>
</tr>
</table>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Im Übrigen wird die Klage unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgewiesen.</td>
</tr>
</table>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3. a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Von den Kosten des Berufungsrechtszuges tragen die Klägerin 4/9, der Beklagte 5/9.</td>
</tr>
</table>
</blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>Der Beklagte trägt auch 5/9 der der beigetretenen Streitverkündeten im Berufungsrechtszug erwachsenen eigenen außergerichtlichen Kosten; 4/9 ihrer Kosten trägt diese Streitverkündete selbst.</p>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 4/9, der Beklagte 5/9.</td>
</tr>
</table>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</td>
</tr>
</table>
<blockquote>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 101.500,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
</blockquote>
<blockquote>
<p>Der Beklagte kann die Vollstreckung der Streitverkündeten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 EUR abwenden, wenn nicht die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
</blockquote>
<blockquote>
<p>Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.200,00 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
</blockquote>
<p/>
<table class="RspIndent">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">5.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Revision wird nicht zugelassen.</td>
</tr>
</table>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">Gegenstandswert des Berufungsverfahrens:</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">bis 140.000,00 EUR</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>A</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die Klägerin verlangt Restwerklohn.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Der Beklagte schrieb auf der Grundlage eines Bodengutachtens (Prof. Dr. V und Partner B GmbH), das zu keinem Störergebnis gelangt war, den Neubau der ... schule B S aus (B 1), das hinsichtlich Rohbau-Arbeiten in</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="3"/><strong>Pos. 2.4.2</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>u. a. vorsah (LVZ S. 8):</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="5"/>BODEN FÜR BAUGRUBEN</td></tr></table>
<table style="margin-left:6pt"><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="6"/>Boden wird Eigentum des AN und ist zu beseitigen, ...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="7"/>alle Bodenklassen bis 6 ...</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Klägerin reichte unter dem 04.07.1997 ein Angebot hinsichtlich der Rohbauarbeiten ein (K 1), welches u. a. vorsah:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="9"/><strong>Titel 2 Erdarbeiten</strong></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="10"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Angebot ist gültig für unbelasteten Erdaushub nach Abfallschlüssel 31411 des Ministeriums für Umwelt, soweit keine Leistungspositionen für andere Materialien vorhanden sind.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="11"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Beim Vorkommen von allen anderen Materialien, wie z. B. Bauschutt, Müll, Holz, Straßenaufbruch, kontaminiertes Erd- und Abbruchmaterial, sind Mehrkosten für das Aussondern und Laden, die Abfuhr, Genehmigungsbeschaffung, Entsorgungsgebühren, Analysen und Gutachterleistungen nicht einkalkuliert und müssen zusätzlich entsprechend den anfallenden Kosten vergütet werden.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:6pt"><tr><td>...</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Im Begleitschreiben vom 22.09.1997 zur Abgabe des Angebots für die Abbrucharbeiten (K 2) hieß es u. a.:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="13"/>Bearbeitung und/oder Entsorgung von kontaminierten Böden, Bauteilen und Sondermüll sind im Angebot <strong>nicht</strong> enthalten.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Am 14.10.1997 erteilte der Beklagte der Klägerin "gemäß Ihrem Angebot vom 04.07.97 ..." für beide Gewerke den Zuschlag (K 4). Vertragsinhalt sind dabei u. a. in der nachbezeichneten Reihenfolge geworden:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="15"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die "besonderen Verdingungsbedingungen"</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="16"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Leistungsverzeichnis mit den zusätzlichen techn. Vorschriften</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="17"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">4.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Gewährleistung nach VOB jedoch verlängert auf 5 Jahre</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Die Parteien sind sich einig, dass die VOB/B Vertragsbestandteil geworden ist (vgl. auch Ziff. 1.2.4 der Besonderen Vertragsbedingungen).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Zudem enthielt die Beauftragung des Beklagten neben einigen Ergänzungen den Zusatz:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="20"/>"Inhaltlich haben wir Ihr Schreiben vom 04.07.97 in unserer Bestellung berücksichtigt. Es wird damit nicht Vertragsbestandteil."</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Am 30.10.1997 bedankte sich die Klägerin für die Erteilung der Aufträge (K 6) und bat u. a. als Vertragsbestandteil zu beachten:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="22"/>"3. Im übrigen ist das Begleitschreiben vom 22.09.97 Vertragsbestandteil"</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>ferner</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="24"/>"... bitten wir um Verständnis, daß beide Schreiben vom 04.07. und 2.10.97 Vertragsbestandteil sind.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Der Beklagte entgegnete am 24.11.1997 (B 2): "Auf Ihre Auftragsbestätigung vom 31.10.97 ...</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="26"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Abbrucharbeiten ...</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="27"/>Weitere Angebote sowie Ihr Begleitschreiben vom 22.09.97 sind nicht Vertragsbestandteil</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="28"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Rohbauarbeiten</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="29"/>Ihr Begleitschreiben vom 04.07.97 und 01.10.97 sind in unserer Bestellung inhaltlich enthalten und somit auch nicht Vertragsbestandteil."</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die Klägerin schrieb am 28.11.1997 zurück (B 3), dass die Schreiben selbst nicht Vertragsbestandteil seien,</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="31"/>die Inhalte unserer Schreiben vom 04.07.97 und 02.10.97 sind in der Bestellung enthalten und damit Vertragsbestandteil.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>Die Klägerin nahm die Arbeiten im Dezember 1997 auf. Bei Aushub einer Probegrube am 16.12.1997 wurde eine Kontamination des Erdreichs festgestellt. Der Beklagte schaltete eine Firma B Institut für Hydrogeologie und Umweltgeologie ein, Geologin vor Ort war die Zeugin M. Die Verunreinigung lag zunächst im Bereich der Kategorie Z 1. Die Entsorgungskosten für diese Z 1-Einheiten, nach Grund und Höhe im Streit, bilden den Schwerpunkt dieses Rechtsstreites, auch dem Betrage nach (217.502,29 DM).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Am 09.01.1998 übersandte die Klägerin insoweit ein Nachtragsangebot (K 7) mit den</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="34"/>Pos. 8.1.2 bis 8.1.3</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>welche eine</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="36"/>Zulage zu Pos. 2.4.2 für selektiven Aushub auf Weisung des Gutachters und Abtransport des verunreinigten Aushubguts ...</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>je nach Kontaminationsgrad</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="38"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">mineralischer Bauschutt ohne Störstoffe</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">93,56 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="2" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">bzw.</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">verunreinigter Boden der BKL. 3-6</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">25,06 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>vorsah.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Als am 12.01.1998, dem ersten Aushubtag, noch stärkere Verunreinigungen zutage traten, gab die Klägerin dem Architekten des Beklagten, dem Zeugen E, am 15.01.1998 (K 9) in Anlehnung an die Information durch ihre Subunternehmerin, die Firma Sch (K 8), Nachricht und wies auf Mehrkosten hin. Am 16.01.1998 antwortete der Architekt, dass Material der Güte Z 2 (vgl. K 11 a) vorgefunden worden sei, dieses Material sei auf einer Spezialdeponie zu entsorgen (K 11). Auf seine Anregung hin fand am 19.01.1998 eine Baustellenbesprechung statt, an welcher auf Beklagtenseite Herr W, Mitglied des Beklagten, und der bezeichnete Architekt teilnahmen. Das Besprechungsergebnis ist ebenso im Streit wie die Richtigkeit des vom Architekten E für sich gefertigten Protokolls (K 12), das sich überwiegend zu Z 2-Material verhält, aber bei voraussichtlichen Kosten u. a. anführte:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="41"/>Verunreinigte Böden Z-1 ... ca. 90.000,00 DM</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>und im Weiteren wiedergab:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="43"/>Die Entsorgung des Erdmaterials muß gemäß Richtlinien des Landratsamtes vorgenommen werden, so daß nur noch die Möglichkeit besteht bezüglich den Entsorgungskosten und der Entsorgungswege eine Kostenreduzierung zu erhalten.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Am 18.02.1998 verbrachte die Klägerin nach eigenen Angaben ca. 4.000 m3 auf eine Deponie B. Wegen Gebührenerhöhung hatte die Klägerin an den Beklagten über den Architekten bereits am 28.01.1998 einen weiteren Nachtrag zu</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="45"/>Pos. 8.1.2</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="46"/>Zulage ... mineralischer Bauschutt ohne Störstoffe ...</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>gesandt. Ein weiterer Nachtrag zu</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="48"/>Pos. 8.1.13 bis 1.8.17 ...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="49"/>Zulage zu Pos. 4.3 des LV</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="50"/>... Zulage zu Pos. 4.2 des LV für Baugrubenaushub der Bodenklasse 7 ...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="51"/>Transport des Z 2-Materials zum Zwischenlager Plochingen</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="52"/>... Lagern des Z 2-Materials ...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>53 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="53"/>Ausfertigen des VEN für das Z 2-Material</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>54 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="54"/>Die Mehrkosten für das Erdreichgut Z 2 (18.484,96 DM) sind außer Streit.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>55 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="55"/>Am 09.09.1998 hat die Klägerin nach zwei Vorgängerrechnungen (B 6 und B 7) eine korrigierte Schlussrechnung (K 16) für die</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>56 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="56"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.2 – 8.1.17</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">und</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Taglohn</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.26</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">16.078,21 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>57 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="57"/>erstellt, welche ein Klägerrestguthaben von 230.924,38 DM ergab.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>58 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="58"/>Als der Beklagte vor Beginn des zweiten Bauabschnittes: Abbruch keine Bürgschaft im Rahmen des § 648 a BGB bereit stellte, kündigte die Klägerin am 25.02.1999 das Vertragsverhältnis bezüglich des Gewerkes: Abbruch (B 16).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>59 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="59"/>Die Klägerin hat im Wesentlichen vorgebracht,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>60 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="60"/>Vertragsgrundlage sei ihr Angebot vom 04.07.1997 mit der Beschränkung des Leistungsangebotes auf eine Bodengüteklasse (Schlüssel 31411), die Z 1 oder Z 2 nicht einschließe. Soweit der Beklagte andere Vertragsbestandteile genannt habe, habe sie diesem Ansinnen bis zuletzt widersprochen und durch anders lautende Auftragsbestätigungen den Beklagten gebunden. Danach habe dieser für die unerwarteten Erschwernisse und damit verbundenen Mehrkosten nach § 2 Nr. 6 VOB einzustehen. Dies entspreche zudem dem Ergebnis des Baustellengespräches vom 19.01.1998. Da ferner die gewählte Entsorgung auch öffentlich-rechtlich so vorgeschrieben und damit unumgänglich gewesen sei, könne die stattgehabte Behandlung des kontaminierten Erdreichs auch in Rechnung gestellt werden, zumal die dortigen Kosten marktgerecht und angemessen seien. Dass das Landratsamt später gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen von der Annahme einer Deponiepflicht wieder abgewichen sei, könne für die Erforderlichkeitsentscheidung im maßgeblichen Zeitpunkt der Entschließung nicht fruchtbar gemacht werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>61 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="61"/>In ihrer Klage forderte die Klägerin denn für das</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>62 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="62"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Z 1-Material</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">a)   </td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">99.446,38 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">b)   </td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">79.753,45 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">c)   </td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">12.128,71 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">191.328,54 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Z 2-Material insgesamt</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">18.869,96 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Taglohnarbeiten (Selektieren des Erdaushubs)</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">16.078,21 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">226.276,71 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">2 % Nachlass</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">4.203,93 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">257.604,38 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">abzüglich bezahlter</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">26.086,00 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">230.924,38 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">weiterer Taglohn</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">31.294,65 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">nicht berechtigtes Skonto</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">10.545,38 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">272.673,41 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>63 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="63"/>Die Parteien hatten im ersten Rechtszug unstreitig gestellt:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>64 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="64"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">weiterer Taglohn (statt 31.294,65 DM)</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">29.000,00 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">nicht berechtigtes Skonto</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">10.545,38 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>65 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="65"/>Die Klägerin hat beantragt:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>66 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="66"/>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 272.673,41 DM nebst 6,5 % Zinsen aus 230.924,38 DM seit 04.08.1998 und aus weiteren 41.749,03 DM seit Klagzustellung zu bezahlen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>67 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="67"/>Der Beklagte hat beantragt,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>68 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="68"/>die Klage abzuweisen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>69 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="69"/>Der Beklagte hielt angesichts seines mehrfachen nachdrücklichen Widerspruchs gegen den nachgeschobenen Versuch der Klägerin, die Bestellung mit Bezugnahmen zu unterlaufen, an der angeblichen Maßgeblichkeit jenes Zuschlags vom 14.10.1997 und damit an der Abgeltung auch der Bodenklasse Z 1 fest. Zudem habe auch die Besprechung vom 19.01.1998 – ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagtenarchitekt E keine Vollmacht zu solchen Vertragsänderungen besessen habe – tatsächlich auch keine andere Abrede gezeitigt. Im Übrigen habe, wie die Auskunft des Landratsamtes ergeben habe, kein Anlass bestanden, Z 1-Material zu entsorgen. Der Versuch der Klägerin, Mehrkosten zu produzieren, sei auch deshalb zum Scheitern verurteilt, da die Preise, wie Vergleichsangebote auswiesen (B 8 a bis c), unangebracht überteuert seien. Hinsichtlich der Taglohnarbeiten (Selektieren des Erdaushubs – Pos. 8.1.26, pauschal 8.000,00 DM bezahlt) sei die Abrechnung schon nicht nachvollziehbar, die Rapporte könnten nicht auf die behauptete Arbeit bezogen werden.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>70 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="70"/>Hilfsweise hat der Beklagte mit einem Überzahlungsanspruch aufgerechnet. Die Klägerin habe nach ihrer Kündigung vom 25.02.1999 zwar die Abbrucharbeiten ohne förmliche Abnahme abgerechnet (12.03.1998 – B 12), ohne aber erbrachte Leistungsanteile und nicht erbrachte abzugrenzen und einander gegenüberzustellen. Jedenfalls aber leide die Abrechnung daran, dass die Maßberechnung (B 18) im Zuge der Weitervergabe des Gewerkes an eine Firma Karle Schrottrecycling ergeben habe, dass die Klägerin maximal 33,5 % des mit dem Pauschalpreis von 495.680,00 DM versehenen Leistungsprogramms erbracht habe. Die Zahlung des Beklagten (198.271,91 DM) übersteige diesen Anteil (= 166.052,80 DM) aber um 32.219,11 DM.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>71 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="71"/>Das <strong>Landgericht</strong> gelangte nach Vernehmung des Zeugen W, Bauleiter der Klägerin, des Architekten E, des Mitglieds der Beklagten W, der Zeugin M, Bodengutachterin der Firma B, sowie des Zeugen K von der Subunternehmerin Firma Sch und Einholung eines Gutachtens durch den Sachverständigen Schü (Bl. 77) zur Wertung, dass das Angebot der Klägerin nicht Vertragsbestandteil geworden, die von ihr gewählte Entsorgung des Z 1-Materials objektiv nicht notwendig und auch eine Abrede im Sinne eines solchen Entsorgungskonzeptes nicht nachgewiesen sei. Der auf Z 2 entfallende Aufwand (gesamt 18.869,96 DM) sei zu erstatten, da insoweit eine Pauschalpreisvereinbarung auf 15.000,00 DM hier von dem Beklagten nicht bewiesen sei. Unter Berücksichtigung des Nachlasses von 2 %, unstreitig weiterem Taglohn und unstreitig unberechtigtem Skonto stünden der Klägerin rechnerisch noch 43.505,75 DM zu, welche durch die berechtigte Hilfsaufrechnung in Höhe von 32.219,11 DM auf 11.286,64 DM zu kürzen sei (vgl. Endabrechnung des Landgerichts Bl. 156 – US 9).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>72 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="72"/>Dagegen wendet sich die <strong>Berufung</strong> der <strong>Klägerin</strong> ,</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>73 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="73"/>die unter vertiefender Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens erneut auf die Maßgeblichkeit ihrer Angebote vom 04.07. und 22.09.1997 als Vertragsgrundlage, ergänzend auf die Bauherrenabforderung eben des identischen Leistungsprogrammes am 19.01.1998 und letztlich die objektive Unausweichlichkeit der eingeleiteten Maßnahmen abstellt. Deshalb seien zu vergüten an</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>74 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="74"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><em>I. Berufungskomplex</em></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>75 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="75"/><strong>Entsorgung des Z 1-Materials</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>76 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="76"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.2</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">99.446,38 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.2.1</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">79.753,45 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.13</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">12.128,71 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Summe netto</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">191.328,54 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">abzüglich 2 % Nachlass</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">3.826,57 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">insgesamt netto</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">187.501,97 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">16 % Mehrwertsteuer</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">30.000,32 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">brutto</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">217.502,29 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>77 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="77"/>Hinzu kämen</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>78 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="78"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><em>II. Berufungskomplex</em></td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>79 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="79"/><strong>Taglohnarbeiten</strong> (Selektieren des Erdaushubs)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>80 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="80"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.26</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Taglohnarbeiten</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">9.370,72 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>81 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="81"/>aus der Schlussrechnung vom 09.09.1998 (K 16).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>82 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="82"/>Als Differenz zwischen berechtigter Schlussrechnung (K 16 = 16.078,21 DM) und pauschal bezahlter 8.000,00 DM machte sie geltend:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>83 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="83"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">+ 9.370,72 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">226.873,01 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>84 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="84"/>Insoweit haben sich die Verfahrensbeteiligten auf insgesamt 10.000,00 DM, also auf noch eine weitere Zahlung von 2.000,00 DM im Zuge des Berufungsrechtszuges auf Betreiben des Senates geeinigt (vgl. Bl. 411, 430, 433, 477, 482, 484, 492).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>85 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="85"/>Zudem bekämpft die Klägerin</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>86 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="86"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">–</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><em>III. Berufungskomplex</em></td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>87 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="87"/><strong>Abbruch</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>88 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="88"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Durchgreifen der "Hilfsaufrechnung"</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">32.219,11 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>Berufungsforderung</strong></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>259.092,12 DM</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>89 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="89"/>da die Parteien sich einig geworden seien, dass die Teil-Schlussrechnung "Abbruch" den objektiven Wertverhältnissen nach erbrachter und nicht mehr zu erbringender Leistung entsprochen habe.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>90 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="90"/>Zudem hat die Klägerin hinsichtlich des <em>III. Berufungskomplexes Abbruch</em> unter dem 8.2.2001 (BK 6 = Bl. 439 bis 444) eine neue Schlussrechnung über ihre bis durch den Beklagten ausgesprochene Vertragskündigung erbrachten Leistungen erteilt.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>91 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="91"/>Die Klägerin hat ihre Subunternehmerin für die streitgegenständlichen Arbeiten, der</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>92 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="92"/><strong>Firma E Sch GmbH + Co.</strong></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>93 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="93"/>den Streit verkündet, diese ihrerseits ihrer Subunternehmerin, der</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>94 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="94"/><strong>Firma J Entsorgung und Recycling GmbH.</strong></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>95 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="95"/>Nur die erste Streitverkündungsempfängerin ist dem Rechtsstreit beigetreten.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>96 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="96"/>Die Klägerin beantragt (Bl. 566, 993, 250, 176),</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>97 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="97"/>unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgarts vom 29.02.2000 (Aktenzeichen 25 O 640/98) den Beklagten/Berufungsbeklagten zu verurteilen, weitere DM 259.092,12 nebst 6,5 % Zinsen hieraus seit 22.12.1998 an die Klägerin/Berufungsklägerin zu bezahlen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>98 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="98"/>Die Streitverkündungsempfängerin (Bl. 393)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>99 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="99"/>schließt sich dem Antrag der Klägerin an.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>100 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="100"/>Der Beklagte beantragt:</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>101 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="101"/>Die Berufung wird zurückgewiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>102 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="102"/>Er hält auch in Bezug auf das ergänzende Vorbringen von Klägerin und Streitverkündeter an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung fest; insbesondere verneint er mangels Vorlage einer Urkalkulation angesichts des Gebotes der Preisfortschreibung gemäß § 2 Nr. 5 VOB schon einen schlüssigen Vortrag für die Geltendmachung einer Mehrforderung, jedenfalls aber seien der Klägerin bezüglich des Z 1-Materials, das ohnehin eine differenzierte Betrachtung nach Z 1.1- und Z 1.2-Qualität erfordere, überhaupt keine Mehrkosten entstanden, da sich keine andere als die ohnehin geplante Entsorgung ergeben habe, zumindest aber hätte die Klägerin, welche das Entsorgungsrisiko getroffen habe, allemal eine günstigere Art der Endverbringung des Materials finden können und müssen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>103 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="103"/>Auch bezüglich des <em>III. Berufungskomplexes Abbruch</em> hält er daran fest, dass keine Einigung über die Vergütung insoweit getroffen worden sei, die von ihm geleistete Zahlung nur Abschlagszahlung gewesen sei, weshalb die Klägerin die Beweislast hinsichtlich der Forderung des Anspruchs treffe, diese aber auch mit der neuen Schlussrechnung weder nach der Urkalkulation noch nach den konkreten Maßen eine nachvollziehbare Forderungsaufstellung vorgebracht habe.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>104 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="104"/>Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E und W (Bl. 396 bis 398) zur Frage der Einigung auf die der Schlussrechnung der Klägerin vom 8.2.2001 vorangegangenen Abrechnungen hinsichtlich der Abbruchkosten sowie durch Vernehmung der Zeugin W, beim Landkreis B zuständig für die Freigabe von Erdaushub bei den Landkreisdeponien, zur Deponiepflichtigkeit des Z 1-Materials (Bl. 393 bis 396). Zudem hat der Senat ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dr. E eingeholt (Bl. 521 bis 526) und diesen zu diesem Gutachten noch mündlich angehört (Bl. 556 bis 558).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>105 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="105"/>Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>B</td></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td><strong>I.</strong></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>106 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="106"/>Die Berufung ist zulässig, der Sache nach zum Teil von Erfolg.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>107 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="107"/><em>I. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>108 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="108"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>Entsorgung von Z 1-Material</strong></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>(Pos. 8.1.2, 8.1.2.1 und 8.1.13 – K 16)</strong></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>217.502,29 DM</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>109 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="109"/>Vertragsgrundlage</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>110 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="110"/>Nach dem Gehalt des schriftlich niedergelegten Vertrages hat der Beklagte im Ergebnis das Risiko der Bodenqualität übernommen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>111 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="111"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dass dies durch Vereinbarung der Parteien am 19.01.1998 geschehen wäre, ist nicht zu erkennen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>112 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="112"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dabei zeigt die Klägerin nicht schon auf, woraus sich eine Vollmacht des Beklagtenarchitekten E ergeben sollte, so weitreichende Vereinbarungen zulasten des Beklagten zu treffen. Denn immerhin machen im Ergebnis die von der Klägerin beanspruchten Zusatzkosten insoweit ca. 16 % der Rohbauarbeiten bzw. über 40 % der vergebenen Abbrucharbeiten aus. Von der sog. originären Vollmacht des Architekten ist, handelt es sich nicht bloß um kleinere Zusatzaufträge, die Vergabe von Aufträgen nicht gedeckt (OLG Naumburg MDR 99, 1319; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 9. Aufl., Rdn. 1077 m. N.; Riedl a. a. O. B § 2.8 Rdn. 173; vgl. auch BGH BauR 78, 314, 316). So bleibt denn auch der Vortrag des Beklagten (Bl. 103), der Architekt habe keine solche Vollmacht besessen, letztlich ohne durchgreifende Erwiderung. Der Hinweis auf Ziff. 3.4 der Besonderen Vertragsbedingungen (B 1) betrifft nur ein Vergaberecht für Taglohnarbeiten. Solche sind hier im Kern aber nicht betroffen. Für eine weitergehende Vollmacht spricht nichts. Die genannte Vertragspassage unterstreicht im Umkehrschluss die grundsätzliche Beschränkung der Rechtsmacht des Architekten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>113 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="113"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ungeachtet dessen kann auch der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme die behauptete Einigung nicht entnommen werden. Zwar mag dem Protokoll über diese Baustellenbesprechung (K 12) in einzelnen Punkten entnommen werden, dass eine Entsorgung geschehen sollte. Solches ergibt sich aber nur mit der gebotenen Eindeutigkeit hinsichtlich des Z 2-Materials. Dieses ist aber dem Grunde nach nicht im Streit. Bezüglich Z 1 verhält sich auch diese Ergebnisniederschrift des Zeugen uneinheitlich. Zwar ist nicht zu verkennen, dass jeder angesichts der wirtschaftlichen Dimension, welche die Entsorgung letztlich erreichte, eine eigene Verantwortung gerne leugnen möchte. Solches gilt in gleichem Maße auch für die Zeugin M sowie den Zeugen W, der nur Mitglied des Beklagten ist. Auch der Zeuge K, Vertreter der Subunternehmerin Firma Sch, bekundete aber, "das Z 1-Material war meines Wissens bei der Besprechung vom 19.01.1998 gar kein Thema mehr" (Bl. 139). Dies deckt sich auch mit seiner weiteren Angabe, dass "wir ... bereits am 12.01.1998 Schlacke auf die Deponie verbracht (hatten). Dieses Material ist als mineralischer Bauschutt zu definieren". Dies entspricht im Übrigen auch dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten (Bl. 50). Danach war vor der Besprechung der Z 1-Aushub bereits entsorgt oder doch in seinen wesentlichen Teilen bereits der Entsorgung zugeführt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>114 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="114"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dem Beklagten und dem Landgericht kann aber nicht darin beigepflichtet werden, dass sich als Ergebnis des Schriftwechsels ergäbe, die Bestellung des Beklagten wäre auch hinsichtlich der Zuweisung des Kontaminationsrisikos an die Klägerin verbindlich. Dieses Risiko verblieb beim Beklagten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>115 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="115"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zwar hätte die Beauftragung vom 14.10.1997 schärfer gefasst werden können. Auch nimmt sie gar ausdrücklich Bezug auf das "Angebot vom 4.07.97" (K 4). Dies geschieht auch im Satz, den der Beklagte für seine Sicht in Anspruch nimmt, nämlich: "Inhaltlich haben wir Ihr Schreiben vom 04.07.97 in unserer Bestellung berücksichtigt". Der Folgesatz: "Es wird damit nicht Vertragsbestandteil", erklärt überdeutlich, dass der Inhalt jener Ausführungen keine Verbindlichkeit besitzen soll. Der zuerst angeführte Satz ist danach Abgrenzungserklärung. Ihm kommt im Verbund mit den vorangestellten "Zusätzlichen Vereinbarungen", welche in neun Punkten Änderungen oder Ergänzungen von Positionen enthalten, die Bedeutung zu, dass insoweit das Schreiben vom 04.07.1997 Beachtung und Aufnahme in die Bestellung gefunden hat – sonst jedoch nicht, mithin auch nicht hinsichtlich der abweichenden Risikobeschreibung in Bezug auf eine mögliche Kontamination.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>116 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="116"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Danach war die Bestellung an sich klare Absage an ein abweichendes Ansinnen der Klägerin. Sie steht in der Reihe wechselnder und in diesem Punkt stets widersprechender Schreiben der Parteien. Die Ausschreibung des Beklagten als Aufforderung zur Angebotsabgabe hatte ein Klägerangebot (04.07.1997 – K 1) mit einem Leistungsprogramm auf der Grundlage unbelasteten Erdaushubes veranlasst. Die Bestellung vom 14.10.1997 war Ablehnung verbunden mit einem neuen Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). Dieses Wechselspiel, das stets nur ein neues Angebot hervorbrachte, setzt sich insoweit fort über die Auftragsbestätigung der Klägerin vom 31.10.1997 (K 6), die Erwiderung des Beklagten vom 24.11.1997 (B 2) sowie die Entgegnung der Klägerin vom 28.11.1997 (B 3). Dabei waren die zeitlichen Abstände im Rahmen der Korrespondenz auch nicht so gehalten, dass aus einem Schweigen auf eine Zustimmung geschlossen werden konnte.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>117 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="117"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dies auch deshalb nicht, da kein Schreiben der Klägerin, auch wenn es sich vereinzelt diese Bezeichnung beilegte, die Qualität eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens besaß. Zwar dürfte die Anwendbarkeit dieses Rechtsinstituts nicht daran scheitern, dass der Beklagte nicht Kaufmann sei (so Beklagter Bl. 232). Denn als Auftraggeber eines Bauvorhabens in der Größenordnung von mehreren Millionen und insbesondere als Betreiber einer Schule mit großem organisatorischem Apparat wie finanziellem Aufwand nahm und nimmt er wie ein Kaufmann in größerem Umfang selbständig am Rechtsleben teil (vgl. BGH NJW 64, 1223; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 148, 9). Jedenfalls aber fehlt es an der Voraussetzung, dass Vertragsverhandlungen stattgefunden haben (BGH NJW 74, 991, 992; Palandt/Heinrichs a. a. O. § 148, 11) und dass das Bestätigungsschreiben den Inhalt eines nach Ansicht des Absenders bereits geschlossenen Vertrages wiedergibt (Palandt a. a. O. 12). Nahezu ausnahmslos geben nämlich die Schreiben nur ein Beharren auf einem vom Gegner abweichenden Standpunkt wieder, spiegeln aber nicht einen – vermeintlich – bereits zu Stande gekommenen Vertragsschluss wider. Soweit das Schreiben vom 2.10.1997 (K 3) Vereinbarungen bestätigt, gibt es nicht ein Endergebnis wieder, sondern nur "bei der Vergabeverhandlung am 1.10.97 getroffenen Vereinbarungen", also – angebliche – Einigungsschritte.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>118 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="118"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dass die Parteien trotz der anfänglichen Einigungslücke sehenden Auges damit begannen, die vergebenen Aufträge ins Werk zu setzen, steht zum einen dafür, dass sie entgegen der gesetzlichen Regel des § 154 Abs. 1 BGB ("im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen") am Vertrag jedenfalls festhalten und ihn als für sich verbindliche Handlungsgrundlage anerkennen wollten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>119 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="119"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Für den Beklagten musste nach dem von gegenläufigen Erklärungen geprägten Verhandlungsverlauf aber auch klar sein, dass die Klägerin die Arbeiten nicht aufnehmen würde unter Übernahme einer ungeklärten Risikolage. Wenn der Beklagte im Hin und Her der Erklärungen danach die Klägerin die Arbeiten aufnehmen ließ, ließ er nicht nur diese geschehen, sondern nahm auch die zentrale Voraussetzung des Rechtsgeschäftswillens der Klägerin hin, nämlich dass es beim Grundsatz verbliebe, wonach das Kontaminationsrisiko des an der Baustelle vorgefundenen Erdreichs beim Bauherrn liegt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>120 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="120"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Neben dem Rechtsgehalt der Arbeitsaufnahme ist diese Wertung auch den weiteren schriftlichen Vertragsniederlegungen selbst zu entnehmen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>121 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="121"/>Durch die – stillschweigende – Verbindlichkeitserklärung des Vertragswerkes im Übrigen bildet dieses nach dem Willen der Parteien vor gesetzlichen Hilfen die vorrangige Regelungsgrundlage zur Lückenfüllung. Dabei gibt die Bestellung vom 14.10.1997 eine Rangfolge von Regelungsmaterien an (K 4). Nach dem durch Dissens insoweit bedingten Ausfall der rangersten "Bestellung" kommen die "besonderen Vertragsbedingungen" zum Zuge und ferner die VOB/B und C.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>122 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="122"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">dd)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Nach der danach zum Ersatz-Vertragsinhalt erhobenen VOB/C gilt im Ergänzungsfalle mithin DIN 18 299. Danach stellen gemäß Abschnitt 3.3 die weiteren Maßnahmen bei Antreffen von Schadstoffen z. B. in Böden Besondere Leistungen dar (vgl. auch Abschnitt 4.2.1). Auch nach den Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV), die nach § 2 Nr. 1 VOB/B Vertragsbestandteil sind, ergibt sich, dass der zusätzliche Aufwand bei erschwerten Bodenverhältnissen nicht mit dem Vertragspreis abgegolten ist, vielmehr als geänderte (§ 2 Nr. 5 VOB/B) oder zusätzliche (§ 2 Nr. 6 VOB/B) Leistung abgegolten werden muss (Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, A § 9, 12, Rdn. 44; Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., B § 2 Nr. 6, 291; vgl. auch BGH U. v. 6.12.2001 – III ZR 296/00).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>123 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="123"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">ee)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dies führt zur grundsätzlichen Vergütungspflicht des Beklagten für die durch die Kontamination verursachten Mehrkosten. Dies ist im Ansatz auch interessengerecht, da der Beklagte vor der Ausschreibung ein Bodengutachten (Prof. Dr. V) eingeholt hatte, dort natürliches Erdreich zugrundegelegt worden war und insoweit für eine Überbürdung außergewöhnlicher Fährnisse auf die Klägerin keine zwingende Rechtfertigung bestand.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>124 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="124"/>Titel 2 des Vertragsgrundlage gewordenen Angebotes der Klägerin (K 1) setzte <em>unbelasteten Erdaushub</em> voraus. Die durch die Erfassung und Entsorgung des tatsächlich andersartig angefallenen Materials entstandenen Deponiekosten sind zu vergüten.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>125 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="125"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Denn die Klägerin hatte nach ihrem Vertrag mit der Beklagten die Entsorgung von unbelastetem Material zu erbringen. Nichts anderes galt im Verhältnis Klägerin/Subunternehmerin (Streithelferin; vgl. N 16 = Bl. 508 bis 509 – Abfallschlüssel-Nr. 31411 (vgl. Bl. 512)).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>126 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="126"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das unstreitige Auffinden von diesem dem vertraglichen Erfordernis nicht entsprechenden Erdaushub führte zu einer insoweit geänderten Ausführung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>127 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="127"/>Hierzu gehören die Fälle der von der Leistungsbeschreibung abweichenden Bodenklasse. Hatte das Leistungsverzeichnis eine bestimmte Leistung mit einer falschen Bodenklasse angegeben, so muss der Auftragnehmer eine andersartige und nicht eine abweichende Menge ausführen. Die Leistung hat sich inhaltlich geändert. Da ein solcher Umstand im Risikobereich des Auftraggebers liegt, ist § 2 Nr. 5 VOB/B anzuwenden, selbst wenn der Auftraggeber nur stillschweigend die Ausführung der geänderten Klasse verlangt hatte (Weick in Nicklisch/Weick, VOB/B, 3. Aufl., § 2, 65 und 62; Jagenburg in Beck'scher VOB-Kommentar, § 2 Nr. 5, 45 und 46; vgl. auch Riedl in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Aufl., § 2 VOB/B, 113 und 135). Ein solcher Fall ist auch gegeben, wenn durch die Änderung des Aushubmaterials Deponiekosten anfallen (Keldungs in Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., B § 2 Nr. 5, 230; Jagenburg a. a. O. 47; Kuß, VOB, 3. Aufl., § 2 VOB/B, 105). Dies rechtfertigt auch dann Mehrvergütungsansprüche, wenn nach den vertraglichen Regelungen der Aushubboden in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen soll (Jagenburg a. a. O. 47).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>128 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="128"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">§ 2 Nr. 5 S. 1 1. Hs. VOB/B verpflichtet die Vertragsparteien, unter Berücksichtigung der Mehr- und Minderkosten einen neuen Preis zu vereinbaren (Keldungs a. a. O. § 2 Nr. 5, 243). Ist in Besonderen oder Zusätzlichen Vertragsbedingungen geregelt, dass der Auftragnehmer im Falle von Änderungen eine veränderte Vergütung nur erhält, wenn er vor Ausführung des veränderten Teils ein Ergänzungs- oder Nachtragsangebot einreicht, so ist er grundsätzlich an eine solche Klausel, ist sie klar genug umrissen, gebunden (Keldungs a. a. O. 251). Lässt der Auftraggeber die Änderung aber ausführen, ohne auf die sich aus der Klausel ergebende Pflicht zur vorherigen Angebotserstellung abzustellen, so kann er sich nach Treu und Glauben nicht auf die Vertragsklausel berufen. Hat dagegen ein Dritter (z. B. der Architekt), ohne hierzu vom Bauherrn bevollmächtigt zu sein, die Anordnung erteilt, ist sie formunwirksam, da der Dritte die Schriftformklausel nicht abändern kann (Keldungs a. a. O. 252; vgl. Schoofs in Leinemann, VOB/B (2002), § 2, 89). Jedenfalls aber kann für den Auftragnehmer dann nichts anderes gelten als auch § 2 Nr. 6 VOB/B an Ansprüchen eröffnet. Die Versäumung von an § 2 Nr. 6 VOB/B formularmäßig angelehnte Ankündigungspflichten führt vorrangig zur Darlegungslast des Auftraggebers, dass ihm bei rechtzeitiger Ankündigung preiswertere Alternativen zur Verfügung gestanden hätten (BGH NJW 02, 750). Zudem stehen dem Auftragnehmer auch ohne Ankündigung für allemal erforderliche Leistungen entsprechend § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassende Vergütungen zu (OLG Düsseldorf NJW-RR 99, 313; Weick a. a. O. § 2, 68; ähnlich zu § 2 Nr. 8 VOB/B BGH NJW 91, 1812, 1814; vgl. auch OLG Köln NJW-RR 99, 526; Riedl a. a. O. 137).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>129 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="129"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Vorliegend enthalten die Besonderen Vertragsbedingungen (B 1) nur die formularmäßige Vorgabe in Ziff.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:8pt"><tr><td>3.7</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>130 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="130"/>Zusätzliche Leistungen sind auf der Basis des Hauptauftrages nachprüfbar anzubieten bzw. abzurechnen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>131 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="131"/>Schon diese Fassung lässt nicht in der gebotenen Klarheit erkennen, ob auf jeden Fall vor Ausführung ein Nachtragsangebot einzureichen ist. Die relative Offenheit ("bzw.") dieses unbestimmten Pflichtenkataloges mit (Wahl-)Handlungsalternativen lässt hier eine § 2 Nr. 6 VOB/B entsprechende Pflicht nicht erwachsen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>132 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="132"/>Insofern ist danach ohne Belang, ob die Klägerin erst im Zuge der Ausführungen (so Beklagter Bl. 50) die Nachträge (K 7 = Bl. 13, K 14 bis 15) eingereicht und ob der Beklagte hiervon in ausreichender Weise in Kenntnis gesetzt worden ist, nachdem die Nachträge zwar an ihn, aber "über Arch-Büro H E ..." gerichtet waren. Von Letzterem ist jedoch auszugehen. Denn die Beklagte hat, wie unstreitig ist, das u. a. den Kontaminierungsgrad feststellende B-Institut beauftragt; an der Besprechung über das weitere Vorgehen wegen der erkannten Kontamination war für die Beklagte u. a. auch der Zeuge W beteiligt (Bl. 130, 132). Der Beklagte war danach in die Abwicklung des neu aufgekommenen Entsorgungsproblems eingebunden und hat Vorbehalte, dass die Nachträge ausgeblieben oder später und damit zu spät eingereicht seien, nicht erkennen lassen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>dd)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>133 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="133"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(1)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ungeachtet der zuvor erörterten Ankündigungsproblematik und deren Entbehrlich- oder Vernachlässigbarkeit im vorliegenden Falle kann die Klägerin jedenfalls das allemal Erforderliche nach den Entgeltregeln des § 2 Nr. 5 VOB/B (vgl. zu dieser durchgängigen Grundregel Keldungs a. a. O. 251) verlangen. Kommt es bei einer in der Sphäre des Bestellers angesiedelten Leistungsänderung zu keiner Einigung, ist der alte Preis des Leistungsverzeichnisses nicht mehr wirksam (Keldungs a. a. O. 244). Vielmehr ist unter Berücksichtigung von § 287 Abs. 2 ZPO (OLG Naumburg NZBau 01, 144; Keldungs a. a. O. 244; Riedl a. a. O. § 2, 117) eine Vergleichsrechnung anzustellen und die dem Hauptvertrag zu Grunde liegende, nach allgemeinen Methoden entwickelte Kalkulation als Umrechnungsmaßstab zu Grunde zu legen (Keldungs a. a. O. 246; vgl. allgemein BGH NJW 00, 807, 808; Weick a. a. O. 63, 64).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>134 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="134"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(2)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zwar hat die Streithelferin eine Kalkulation vorgelegt, die auf vielfältige Einzelangriffe der Beklagten gestoßen ist. Auf diese Kalkulation der Streithelferin (N 10 = Bl. 454) kommt es aber nicht entscheidend an, da diese Baubeteiligte nicht im Vertragsverhältnis zur Beklagten stand. Der Auftraggeber kann grundsätzlich nicht verlangen, dass der geänderte Preis auf der Grundlage von Nachunternehmerpreisen gebildet wird (Schoofs a. a. O. § 2, 93). Zwar folgt das Angebot der Streithelferin an die Klägerin (N 11 = Bl. 455 bis 465) dem von dem Beklagten der Klägerin insoweit vorgegebenen Leistungsverzeichnis (B 1). Dies entspricht aber nur dem Wesen des Subunternehmervertrages, der die deckungsgleiche Erfüllung der Hauptleistung gewährleisten soll. Kalkulatorisch besteht grundsätzlich keine denknotwendige Deckung und damit Bindung. Dies wird auch schon darin deutlich, dass der Beklagte der Klägerin vorwirft, ihre Kalkulation sei "völlig willkürlich aus der Luft gegriffen" (Bl. 477), andererseits dass, "... die Kalkulation allein auf einer Durchreichung der von der Streithelferin geltend gemachten Preise beruhte" (Bl. 500), und eben, "lediglich die Preise der Streithelferin gegebenenfalls mit Aufschlag weitergereicht" hat (Bl. 474)). Dies wäre im Übrigen zulässige Art der Kalkulation und entspräche dem Verhältnis von Haupt- und Subunternehmer und dem legitimen Streben des ersteren nach einer eigenen Gewinnmarge. Gleichwohl führt eine solche, möglicherweise häufige Praxis nicht dazu, dass die Klägerin sich entgegen einer eigenen Kalkulation an diejenige ihrer Subunternehmerin binden lassen muss.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>c)</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>135 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="135"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">aa)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klägerin hat, worauf auch die Streithelferin verwiesen hat (Bl. 451), ihre Kalkulation bereits in erster Instanz dargelegt (Bl. 54 bis 57; vgl. auch Beklagter Bl. 474). Diese Kalkulation hat das Landgericht bereits sachverständig überprüfen lassen. Der dortige Sachverständige Sch (Mappe Bl. 77) gelangte dabei zum Ergebnis, dass bezüglich</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>136 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="136"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 1.2</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Bauschutt</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">nur die Pos. d) Deponiekosten fachtechnisch anzuerkennen sei (Gutachten S. 6), was insoweit einen Rechnungsbetrag von</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">78.595,40 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">ausmache.</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Gleiches stellte er fest hinsichtlich</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 1.2</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Erdaushub</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">(Gutachten S. 7 bis 9) mit der Vergütungsfolge</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">59.289,98 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="3" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Hinsichtlich</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.13</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Bauschutt</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>137 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="137"/>ließ der Sachverständige Sch (S. 9 bis 11) nur die Pos. c) Abfuhr und d) Deponie gelten, was ausmachte 8.558,80 DM. Da die Klägerin aber ohnehin abfahren lassen musste, weil die Entsorgung nicht auf dem Baugelände selbst geschehen sollte, ist auch der Kalkulationsfaktor: Abfuhr insoweit als Sowiesokosten kein Mehrkostenblock. Danach sind insoweit ebenfalls nur die Deponiekosten anzusetzen und nach der Formel des Sachverständigen (S. 11, gemeint ist: (14,73 DM/m3 + 7,5%) x ...) zu errechnen mit</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>138 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="138"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"> (14,73 DM/m3 + 7,5 %) x 13/9 = 22,87 DM/m3 x 121,178 m3 =</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">2.771,63 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Dies ergibt auf der Grundlage der Kalkulation der Klägerin als Summe der echten Mehrkosten einen Betrag von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>140.657,01 DM.</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>139 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="139"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bb)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Danach haben sich die Mehrkosten der Klägerin ohnehin nur in den reinen Deponiegebühren niedergeschlagen. Insofern sind die vielfältigen Einwendungen des Beklagten gegen Fahrstreckenersparnisse und ähnliches (vgl. Bl. 474 bis 477, 493, 499, 510, 529) ohne Belang.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>140 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="140"/>Dass die Klägerin das Aushubmaterial auf die Deponie verbringen ließ, ist unstreitig, im Übrigen auch der Beweisaufnahme zu entnehmen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>141 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="141"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">cc)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Dass die Klägerin auch unbelastetes Material auf eine Deponie hätte verbringen (lassen) müssen und damit durch dieses bei dem Beklagten vorgefundene Erdreich nichts erspart hat, hat der Beklagte zwar ebenfalls behauptet (Bl. 474, 476).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>142 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="142"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(1)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zum einen hat aber Beachtung zu finden, dass Grundlage der jeweiligen Entsorgungsstränge Beklagter – Klägerin - Subunternehmerin jeweils unbelasteter Erdaushub war. Danach konnte die Streithelferin im Ansatz für die Andienung des andersartigen Materials eine Zusatzvergütung verlangen. Der Senat muss nicht – wie vom Beklagten ebenfalls angeregt (Bl. 500) – die Akte des zwischen Klägerin und Streithelferin vor dem LG Stuttgart über diesen Subunternehmervertrag geführten Rechtsstreit (16 O 144/99 (vgl. Bl. 486)) beiziehen. Es gibt schon keine allgemeine Aktenbeiziehungspflicht des Gerichtes. Im Übrigen genügt der Antrag auf Beiziehung von Akten nicht den gestellten Erfordernissen, wenn die Partei nicht näher bezeichnet, welche Urkunden oder Aktenteile genau sie für erheblich hält. Das Gericht ist nämlich nicht verpflichtet, von sich aus die Akten daraufhin zu überprüfen, ob sie Tatsachen enthalten, die einer Partei günstig sind; andernfalls betriebe es unzulässige Beweisermittlung (BGHZ 126, 217 f = NJW 94, 3295 (II 1 b)). Eine Aussetzung (vgl. Beklagter Bl. 500: Vorgreiflichkeit jenes Rechtsstreits) bis zur Entscheidung jenes Rechtsstreits ist nicht möglich und nicht verfahrensförderlich, da jener Rechtsstreit im Hinblick auf diesen bereits ausgesetzt ist.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>143 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="143"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(2)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Selbst wenn aufgrund der jeweiligen vertraglichen Absprachen im Verhältnis Klägerin/Subunternehmerin Mehrkosten – wie hier – über Anpassungsregeln und nicht ungebrochen zu vergüten wären, so ist im vorliegenden Rechtsverhältnis jedenfalls ausreichend nachgewiesen, dass die Deponiekosten, um die es nur noch gehen kann, sich auch dort als so nicht kalkulierte Sonderausgaben darstellen, die auch dort Mehrkosten sind und damit allemal auch hier. Die Streithelferin hat nämlich vorgetragen, sie hätte unbelastetes Material (Z 0) zur Ausfüllung ihrer Aufträge: Kaserne B, K und E einkalkuliert (Bl. 449/50, 456). Zwar hat der Beklagte auch insoweit bestritten, dass unbelastetes Material Vertragsgrundlage gewesen sei (widerlegt Bl. 456) und dass das Bauvorhaben B überhaupt zur Ausführung gekommen sei. Auch die letzte Behauptung ist widerlegt, wie sich aus N 15 = Bl. 492 zur Überzeugung des Senates ergibt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>144 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="144"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(3)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit der Beklagte hinsichtlich der Streithelfer-Baustellen K und E den Wegfall weiterer Fahrwege gegenrechnet, ist dies – wie schon oben ausgeführt – ohne Belang. Die weitere Einwendung, "bei diesen Baustellen (waren) Deponiegebühren zu entrichten" (Bl. 476 oben) und: "... von vornherein (war) von der Streithelferin ein Ansatz von Deponiegebühren für die Baustellen K und E kalkuliert" (Bl. 476 unten) gibt keinen erheblichen Einwand ab. Denn ob für die Streithelferin Deponiekosten für ihre Baustellen K und E angefallen sind, berührt nur deren interne Kalkulation. Hätte sie den von der Beklagten-Baustelle für die Klägerin abgeführten unbelasteten Erdaushub nicht in K oder E ablagern können, sondern von vornherein gegen Deponiegebühren endentsorgen müssen, könnten solche (dann) Sowiesokosten möglicherweise im Verhältnis Klägerin/Streithelferin nicht als Mehrkosten anzusehen und von der Klägerin unter Umständen nicht an den Beklagten weiterzureichen sein. Diese Behauptung enthält der Vortrag des Beklagten aber nicht. Wie die Streithelferin die Materialien jener Baustellen sonst entsorgen wollte, berührt die vorliegende Kalkulation nicht. Entscheidend wäre, wie sie die Zufuhr von der Beklagten-Baustelle dahin behandeln wollte. Dass insoweit auch für unbelastetes Material allemal Deponiekosten für die Streithelferin dort angefallen wären, ist nicht das Vorbringen des Beklagten. Denn er trägt insofern weiter vor: "Es stellt sich somit die Frage, ob auf diese Baustellen ein Einbau des Aushubmaterials möglich war. Hiervon geht die Beklagte aus" (Bl. 499).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>145 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="145"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">dd)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Eine andere, kostengünstigere Entsorgung des Materials, etwa auf der Baustelle des Beklagten, kam, da es sich um belastetes Material handelte, nicht in Betracht. Das ist den Ausführungen des Sachverständigen Dr. E unzweifelhaft zu entnehmen (vgl. Bl. 525 bis 527). Insbesondere seiner Anhörung ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass Z 1-Material, weder in seiner Zusammensetzung als Z 1.1 - noch als Z 1.2-Material, auf der Baustelle wieder hätte Verwendung finden können.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>146 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="146"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">ee)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Daran ändert auch der weitere Einwand des Beklagten nichts, das Material sei gar nicht durchgängig mit einem Belastungsgrad von Z 1.2 versehen gewesen, wozu sich das (schriftliche) Gutachten des Sachverständigen nur verhalte, Z 1.1-Material hätte kostengünstiger anders entsorgt werden können und müssen, danach wären weit geringere Entsorgungsmengen angefallen und von dem Beklagten zu vergüten.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>147 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="147"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(1)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Auffinden von anderen als vertraglich vorausgesetzten Bodenklassen fällt in die Risikosphäre des Auftraggebers (Weick a. a. O. § 2, 65; Jagenburg a. a. O. § 2 Nr. 5, 58; vgl. auch Riedl a. a. O. § 2, 113). Dem Auftraggeber obliegt dann die Entscheidung, wie die Entsorgung zu geschehen hat (Jagenburg a. a. O. 63). Eine stillschweigende Anordnung ist dann geschehen, wenn sich die Parteien in Kenntnis der maßgeblichen Umstände auf die geänderte Situation einstellen und der Auftraggeber die geänderte Leistung ausführen lässt (Jagenburg a. a. O. 61). Bestehen für eine fachgerechte Ausführung einer Leistung zwei verschiedene Verfahren mit unterschiedlichen Kosten, kann, wenn keine bestimmte Ausführungsart vorgesehen ist, der Auftragnehmer die für ihn kostengünstige Lösung wählen und seiner Kalkulation zu Grunde legen (Kuß a. a. O. 116).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>148 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="148"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(2)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Danach ist es Aufgabe des Beklagten gewesen, für die ordnungsgemäße und wirtschaftlichste Art der Entsorgung ihres Bodens zu sorgen. Danach sind die Angriffe des Beklagten im Ausgangspunkt schon verfehlt, die Klägerin hätte dieser, ihr obliegenden Entsorgungspflicht verstoßen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>149 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="149"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">ff)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Im Übrigen kann auch in der konkreten Art der Handhabung ein vorwerfbarer Handlungsbeitrag der Klägerin, und sei es nur über einen Verstoß gegen nebenvertragliche Beratungs- oder Aufklärungspflichten, nicht erkannt werden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>150 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="150"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(1)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klägerin hatte beständig vorgetragen, dass von der Abfuhr Z 1-Material betroffen gewesen sei (etwa Bl. 183). Dies hatte kein Bestreiten des Beklagten gefunden, weshalb der Senat diesen Befund seinem Beweisbeschluss vom 27.10.2000 zu Grunde gelegt hatte (Bl. 253). Auch mit Schriftsatz vom 15.02.2001 (Bl. 390) hatte der Beklagte die im Beweisbeschluss aufgrund des Klägervorbringens vorgegebene angebliche PAK-Belastung bestritten, und weiter, "dass das Z 1-Aushubmaterial nicht auf dem Baugelände oder anderswo hätte eingebaut werden können" (Bl. 390) – aber eben Z 1-Material. Erst im weiteren Bestreiten differenzierte der Beklagte innerhalb des Z 1-Materials nach Z 1.1- und Z 1.2-Aushub.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>151 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="151"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(2)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Auch wenn, wie der Beklagte mit Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt hatte (Bl. 498), angenommen wird, und was der Sachverständige Dr. E auch in seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat bestätigt hat, dass sich bei der bezeichneten weiteren Untergliederung des Z 1-Materials unterschiedliche Entsorgungserfordernisse ergeben, ist doch eine Vertragsverletzung der Klägerin oder, bei Zurechnung der Streithelferin, durch diese nicht zu bejahen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>152 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="152"/>Der PAK-Wert 9,13 mg/kg ergibt sich aus der Analyse von Dr. Kunze vom B-Institut (niedergelegt in dessen Aktenvermerken vom 8.1.1998 – K 25 – und vom 16.1.1998 – K 27; vgl. auch N 2 = Bl. 267 und Zeugin W. Bl. 394), damit aber auch zugleich der "Zuordnungswert Z 1.2 nach LAGA", die vorliegend maßgeblich ist (vgl. auch Sachverständiger Dr. E Bl. 524), und was einem Wiedereinbau auf dem Gelände des Beklagten ohne – wie unwidersprochen blieb – teure (vgl. Bl. 542, so Klägerin schon Bl. 267) technische Sicherungsmaßnahmen entgegengestanden hat.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>153 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="153"/>Das B-Institut war aber, wie unstreitig ist und im Übrigen auch die Einvernahme des für den Beklagten tätigen Zeugen W belegt hat (Bl. 132), von dem Beklagten beauftragt. Dies gilt auch für Frau M (vgl. Zeuge W a. a. O.: "Frau M bzw. die Firma B wurde von der Schule beauftragt"). Letzteres ergibt sich nicht minder aus der Bekundung des Beklagten-Architekten E (vgl. Bl. 127 oben). Dabei mag unterstellt werden, dass die Belastung des Materials nicht durchgängig den Zuordnungswert von Z 1.2 erreicht, sondern jedenfalls in Teilen auch in der Kategorie Z 1.1 angesiedelt war. Insoweit kann auch angenommen werden, dass solches Material unter Berücksichtigung bestimmter Nutzungseinschränkungen für den offenen Einbau tauglich war (Sachverständiger Dr. E Bl. 525) oder – sofern dies landesspezifisch festgelegt ist – in hydrogeologisch günstigen Gebieten geschehen konnte (Sachverständiger Dr. E a. a. O., Bl. 556). Denn die Klägerin hat vorgebracht, dass ihr ein Terrain, das hydrogeologisch zum offenen Einbau geeignet gewesen wäre, nicht zu Gebote gestanden hat, ebenso wenig auch der Streithelferin (Bl. 542). Der Beklagte hat dies zwar umgehend bestritten (Bl. 552); sein weiteres Vorbringen insoweit erschöpft sich aber in der bloßen, damit unzureichenden Behauptung, "das Z 1.1-Material hätte anderweitig eingebaut werden können" (Bl. 552). Danach hat der Beklagte aber schon nicht aufgezeigt, wo genau die Klägerin oder für sie die Streithelferin bei der originär dem Beklagten zufallenden Entsorgungsleistung in vorwerfbarer Weise eine Hilfestellung beim Auffinden einer günstigeren Entsorgung unterlassen hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>154 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="154"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(3)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ungeachtet dessen war der Klägerin oder der Streithelferin, der Klägerin zurechenbar, ein differenzierender Entsorgungsvorschlag auch nicht abzuverlangen, da die Einordnung des Materials in Zuordnungswerte und dessen Freigabe in der Hand der Zeugin M lag. So räumt der Beklagte selbst ein: "Es mag sein, dass man es dem Aushub weder im eingebauten noch im ausgebauten Zustand ansieht, ob er einen PAK-Summengehalt über oder unter 0,5 mg/kg aufweist. Eine solche Sichtbewertung wurde auch nicht vorgenommen, sondern – wie die Streithelferin zugibt – eine permanente Überwachung und Zuordnung durch die Gutachterin vor Ort vorgenommen" (Bl. 552). Und diese Gutachterin war die Zeugin M. Und diese hatte der Beklagte für diese Aufgabe bestellt. Zwar mag eine solche Kontrolle der Materialien durch immer kleinere Kontrollmengen geboten gewesen sein. Dies hat diese Gutachterin des Beklagten jedoch nicht herbeigeführt. So hat denn das Mitglied des Beklagten und der von ihm von ihm benannte Zeuge W überliefert: "Die Frau M hat die Sache auch etwas verkompliziert, weil sie eben unerfahren war. Sie hat z. B. auch zu kleine Mengen von Bodenproben genommen. Deshalb wurde sie später von Herrn K vom Wasserwirtschaftsamt in den Ablauf eingewiesen und ihr das Handling erläutert" (Bl. 132). Worin die Unerfahrenheit der Gutachterin des Beklagten lag, etwa darin, dass sie sich von einer vom Beklagten für zutreffend erachteten Sichtungsmethode hat wieder abbringen lassen, kann auf sich beruhen. Denn solche Fehlleistungen wären ausschließlich in der Sphäre des Beklagten anzusiedeln. Die Gutachterin und damit auch den Beklagten träfe der weitere von ihm erhobene Vorwurf, die Klägerin habe den Boden ausgehoben, weshalb es zu einer Vermischung unterschiedlicher Kontaminierungsstoffe gekommen sei (vgl. Bl. 529/530). Bei den Erstgrabungen musste die Klägerin keine besonderen Vorkehrungen hinsichtlich der Bodenerfassung treffen, da sie von unbelastetem Erdreich ausgehen durfte. Später wäre es Sache der Zeugin M gewesen, für einen untersuchungsgerechten Aushub des Bodens zu sorgen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>155 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="155"/>Danach oblag es dem Beklagten selbst, für die ordnungsgemäße und kostengünstigste Entsorgung Rechnung zu tragen. Dafür hatte er auch mit dem B-Institut einen Fachkundigen eingeschaltet und durch dieses vor Ort die Gutachterin M. Auch wenn diese als Zeugin verständlicherweise, um nicht in eine eigene Verantwortlichkeit zu geraten, ihre Aufgabe auf die bloße Klassifizierung des Aushubmaterials beschränkt wissen wollte, so gab sie doch an: "Es wurde überprüft, ob das Z 1 und Z 1.2-Material zu den öffentlichen Deponien gebracht werden konnte. Dies wurde freigegeben am 18.01.1998 vom Landkreis B" und: "Wir haben gegenüber der Beklagten eine Entsorgungsempfehlung abgegeben" (Bl. 138). In dem von der Zeugin in Bezug genommenen Schreiben des BWU-Instituts heißt es denn auch: "Wir empfehlen, den Abtransport des Bodenaushubs unter gutachterlicher Aufsicht durchzuführen, wobei nach Rücksprache mit dem Amt für Abfallwirtschaft ... das Begleitscheinverfahren auf die seitens letzteren zugewiesene Deponie erforderlich ist" (K 25).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>156 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="156"/>So hat es der Beklagte handhaben lassen. So ist es geschehen,</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>157 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="157"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(4)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Und nicht zuletzt hat insbesondere die mündliche Vernehmung des Sachverständigen Dr. E zudem ergeben, dass eine anderweitige Entsorgungsmöglichkeit sowohl im Landkreis B als auch in der ihn umgebenden Region nicht leicht hätte gefunden werden können, was sich der Klägerin, wiewohl nicht in eigener Entsorgungs-, aber doch einer gewissen Beratungspflicht zum Beklagten stehend, dann andernfalls selbst unschwer hätte aufdrängen müssen. Denn der Sachverständige hat überzeugend überliefert, dass 2/3 des Landkreises B Wasserschutzgebiet darstellen, weshalb dort ohnehin kaum und zumal zeitgerecht eine Ablagerungsfläche außerhalb der Deponie hätte aufgetan werden können. Auch, wollte man nicht in Nordrhein-Westfalen oder in den neuen Bundesländern im Bergbau angefallene Stollen für teures Geld anfahren, hätte – zumal unter dem erheblichen Zeitdruck – in der Region um die Baustelle zugleich die Abklärung der vier Kriterien vorgenommen werden müssen, u. a. der Trinkwasserschutzcharakter des Gebietes, das Verschlechterungsverbot und die hydrogeologischen Gegebenheiten. Übersichtskarten, um dies abzuklären, gibt es nicht. Und nicht zuletzt wird in der Regel jeder, dem eine zulässige Ablagerungsfläche zur Verfügung steht, Geld dafür verlangen, dass er als Betreiber einer anderen Baustelle die Ablagerung bei sich gestattet (Bl. 558).</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>158 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td><rd nr="158"/>Die Entsorgungslast lag beim Beklagten und danach auch die Darlegungslast, dass sich auch der Klägerin und der von ihm eingeschalteten Streitverkündeten eine konkrete anderweitige, günstigere Entsorgungsmöglichkeit hätte aufdrängen müssen. Die Darlegungen des Sachverständigen veranschaulichen, um welch schwieriges Problem es sich dabei handelt. Danach bleibt die aufgezeigte Darlegungslast jedenfalls voll beim Beklagten, welcher er nicht genügt hat.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>159 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="159"/>Danach geht die gewählte Entsorgung der Art und ihrem Umfang nach mit dem Beklagten heim. Er hat danach die Mehrkosten, die sich in den reinen Deponiekosten verkörpern, als Ergänzungsvergütung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B zu leisten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>160 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="160"/>Da diese eindeutig trennbare und ausschließlich aufgrund der bezeichneten Erschwernisse gesondert anfallende Zusatzkosten darstellen, hat eine weitere Preisanpassung, etwa durch bloße Erhöhung von Einheitspreisen, nicht zu geschehen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>161 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="161"/>Angesichts dieses Ergebnisses kommt es auch auf die vom Beklagten vielfältig erörterte Frage von "losem" Material und dessen Volumen (vgl. etwa Bl. 501, 529) nicht an.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>162 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="162"/><em>II. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>163 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="163"/>Die insoweit streitige</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>164 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="164"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.26</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Taglohnarbeiten</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">9.370,72 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>165 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="165"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">aus der Schlussrechnung vom 09.09.1998 (K 16) ist durch einen Zwischenvergleich der Verfahrensbeteiligten auf insgesamt 10.000,00 DM festgelegt worden (vgl. Bl. 411, 430, 433, 477, 482, 484, 492), was zu einer noch weiteren Zahlung des Beklagten führt von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>2.000,00 DM.</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>166 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="166"/><em>III. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>167 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="167"/><em>Abgebrochene Abbrucharbeiten</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>168 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="168"/>Die Klägerin hat nach berechtigter Vertragsbeendigung für diese zu einem Pauschalpreis angebotenen Abbrucharbeiten (K 6) unterschiedliche Abrechnungen vorgelegt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>169 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="169"/>Keine trägt jedoch den geltend gemachten Anspruch.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>170 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="170"/>Die Behauptung der Klägerin, die Parteien hätten sich im März 1998 auf die Gültigkeit der damals vorgenommenen Abrechnung geeinigt (vgl. Bl. 183), hat sich in der Beweisaufnahme (Zeugen E und W, Bl. 396 bis 399) nicht bestätigt. Denn die Anfertigung der Teil-Schlussrechnung (K 21) sollte geschehen, um angesichts der anstehenden Erhöhung der Mehrwertsteuer die bis dahin erbrachten Leistungen noch dem alten, weil günstigeren Steuersatz von 15 % zu unterwerfen. Die dort eingesetzten 40 % beruhten auf einer bloßen schätzweisen Erfassung des bisherigen Leistungsbildes. Sie waren nicht Mittel zur Einigung auf eine Endabrechnung, sondern bewusst Mittel, um einen Zwischenleistungsstand für eine besonders geartete Abschlagszahlung einzufangen. Darauf hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 27.04.2001 und die sich erst dadurch ergebende andere Wertung der Beweislast hingewiesen (Bl. 409 f, insbesondere Bl. 412).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>171 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="171"/>Die "vorsorglich" vorgelegte (Bl. 223) Schlussrechnung (BK 5 = Bl. 225 bis 228) hatte den Grundsätzen der Abrechnung eines abgebrochenen Pauschalpreisvertrages nicht entsprochen. Darauf hatte der Senat bereits hingewiesen (vgl. Bl. 412, ferner Klägerin Bl. 433). Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalpreisvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistung zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen (BGH NJW 00, 1257; 99, 2036; NJW-RR 02, 1177 (II 1)). Die Abrechnung muss den Besteller in die Lage versetzen, die Berechtigung der Forderung auf der Grundlage des Vertrages zu überprüfen (BGH NJW 99, 2036) und die mitgeteilten Daten als nicht erbracht oder als nicht richtig zu beanstanden (BGH NJW-RR 02, 1177 (II und II 2 c, aa)). Maßgebend sind die Informations- und Kontrollinteressen des Auftraggebers, die Umfang und Differenzierung der für die Prüfung erforderlichen Angaben bestimmen und begrenzen (BGH a. a. O. 1177 (II 2)). Soweit zur Bewertung der erbrachten Leistung Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsschluss nicht vorhanden oder nicht ergiebig sind, muss der Unternehmer im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus zu bewerten sind (BGH NJW 99, 2036).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>172 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="172"/>Diesen Grundsätzen wird auch die weitere Schlussrechnung vom 08.02.2001 (BK 6 – Bl. 439 i. V. m. BK 7 und BK 8 = Bl. 440 bis 446) nicht gerecht.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>173 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="173"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Klägerin stellt darauf ab, dass der Vollpreis sich nach ihrem Angebot (K 2) und dem ergänzend doch in Auftrag gegebenen Roden und Entsorgen der Wurzelstöcke (Pos. 6 bis 9 des Gesamt-LVZ = BK 7 = Bl. 440 bis 444) ergab (gerundet: 495.680,00 DM). Die weitere Streitverkündete, Subunternehmerin der Streithelferin (vgl. Bl. 415), hat nach Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages die Arbeiten aufgrund eines eigenen Vertragsverhältnisses, nun unmittelbar mit dem Beklagten, zu Ende geführt.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>174 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="174"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Soweit die Klägerin behauptet, diese Subsub - und spätere Hauptunternehmerin habe am Schnittpunkt des Vertragswechsels ein Aufmaß erstellt, auf welches sich die Parteien zur Abgrenzung der erbrachten und nicht erbrachten Leistungen verständigt hätten (Bl. 435), mag dies, obgleich insoweit die Benennung der auf Beklagtenseite handelnden Personen und die Angabe des Verhandlungsortes förderlich gewesen wäre, unterstellt werden. Dieses Aufmaß ist aber schon nicht vorgelegt, wie der Beklagte auch rügt (Bl. 479). Auf dieses Aufmaß hat die Klägerin aber, wie sie selbst vorträgt, ihre nun vorgelegte letzte Schlussrechnung gar nicht unmittelbar gestützt. Denn sie trägt vor: "Hierzu wurde ein Aufmaß zur Leistungserfassung erstellt, das auf dem Aufmaß der Weiterstreitverkündenden ... beruhte" (Bl. 435). Diese Transformation eines nicht vorgelegten Aufmaßes in ein eigenes, das das angeblich erbrachte eigene Leistungsbild widerspiegeln soll – zu dieser reinen Behauptung ist weiterer Beweis angeboten (Bl. 436) – ist aus sich heraus nicht nachvollziehbar.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>175 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="175"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ungeachtet dessen steht dieser Vorgehensweise angesichts des Umstandes, dass ein und dasselbe Unternehmen das Gewerk zum Teil als Subsubunternehmerin und zum anderen Teil als Hauptunternehmerin erbracht hat und deshalb vollen Überblick über alle Leistungsabschnitte besitzt, auch entgegen, dass es nicht angängig ist, einen – einmal als zutreffend ermittelt unterstellten – eigenen Leistungsteil ins Verhältnis zum Gesamtangebotspreis zu setzen, der sich nach Einheitspreisen bestimmt. Denn hatte das Leistungsverzeichnis bei den geschätzten Massen zu hoch gegriffen, so fiel das Angebot, bezogen auf den tatsächlich ausgeführten vollständigen Leistungsumfang, zu hoch aus. Greift man dann einen Teil als tatsächlich ausgeführt heraus und rechnet so ab, nimmt dieser Block an der Überteuerung des Angebotes teil. Ins Verhältnis zu setzen sind das Vollleistungsvolumen der einzelnen Positionen zum in gleichartiger Weise erhobenen Leistungsstand bei Abbruch des Pauschalpreisvertrages. Dabei wird von der Klägerin nicht etwas verlangt, was sie im Hinblick etwa auf unterschiedliche Vertragssphären gar nicht erbringen könnte. Denn, wie sie selbst für sich unter Bezugnahme auf das Aufmaß der Nachunternehmerin belegt, sind ihr die für die hier eingeforderte Abrechnungsmethode erforderlichen Gesamtdaten zugänglich. Dieses Darstellungsdefizit steht entgegen, einen größeren Anspruch der Klägerin wegen dieses abgebrochenen Gewerkes gegen den Beklagten zu Grunde zu legen als sich dies aufgrund der Gegenrechnung des Beklagten (33,5 % des Pauschalpreises) ergab.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>4.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>176 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="176"/><em>Gesamtabrechnung</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>177 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="177"/>Diese folgt der Herleitung des landgerichtlichen Ausspruchs (US 7 = Bl. 156), da diese die Gesamtabrechnung aufgenommen hat und darauf auch die Anträge und die weiteren Anspruchsberühmungen der Parteien aufbauen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>178 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="178"/><em>I. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>179 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="179"/>Das Landgericht hat für die</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>180 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="180"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.2</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">0,00 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 1.1.2.1</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">0,00 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 1.1.13</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">0,00 DM</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>181 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="181"/>zuerkannt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>182 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="182"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Der landgerichtliche Ausspruch ist insoweit nach dem zuvor Ausgeführten zu erhöhen um</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>140.657,01 DM.</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>183 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="183"/>Da nur Deponiekosten betroffen sind, ist – anders als etwa wenn Zusatzarbeiten in Rede stünden – nicht zu fragen, ob diese Beträge Netto- oder Brutto-Beträge darstellen; sie sind als letztere einzuordnen.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>184 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="184"/><em>II. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>185 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="185"/>Bei dieser</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>186 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="186"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Pos. 8.1.26</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>187 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="187"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">hat das Landgericht den vom Beklagten insoweit für berechtigt angesehenen Betrag von 8.000,00 DM eingesetzt. Die Parteien haben sich im Wege eines Teilvergleiches im Berufungsrechtszug auf eine weitere Zahlung des Beklagten geeinigt von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>2.000,00 DM.</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>188 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="188"/><em>III. Berufungskomplex</em></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>189 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="189"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die angebliche Überzahlung des Beklagten hinsichtlich des Abbruchgewerkes hat das Landgericht als "Hilfsaufrechnung" behandelt und insoweit 32.219,11 DM abgezogen. Die zutreffende Einordnung als Abzugsposten (Aufrechnung im Rahmen der Gesamtabrechnung) hat der Senat in seinem Beschluss vom 27.04.2001 (Bl. 412) unwidersprochen aufgezeigt.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>190 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="190"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">b) Der Beklagte hat nur einen Leistungsstand von 33,5 % als erbracht gelten lassen, weshalb er zu einem Anspruch der Klägerin kam von (33,5 % aus 495.680,00 DM = (Bl. 110))</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">166.052,80 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">Der Beklagte bezahlte aber auf die Teil-Schlussrechnung (K 21), damit auf dieses Gewerk,</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">194.594,41 DM,</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">die Überzahlung liegt bei</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">28.541,61 DM.</td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>191 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="191"/>Zwar hat, wie unstreitig ist (vgl. Bl. 495, 504, 505) und sich aufgrund des Aufklärungsbeschlusses des Senates vom 05.02.2002 (Bl. 471) ergab, der Beklagte insoweit 190.702,53 DM gezahlt; die Differenz zum Zahlungsbetrag von 194.594,41 DM liegt, wie die Parteien ebenfalls übereinstimmend sehen, im Skontoabzug (vgl. etwa Klägerin Bl. 504) und der damit verbundenen Hochrechnung des reinen Zahlbetrages auf seine Erfüllungswirkung (Beklagter vormals 198.271,91 DM (vgl. Bl. 110 und 496)).</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>192 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="192"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der einzige Einwand der Klägerin gegen diese Hochrechnung, "die zwischen den Parteien getroffene Skontoabrede (sei) unwirksam" (Bl. 494), ist, da unsubstanziiert, unbeachtlich.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>193 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="2" rowspan="1"><rd nr="193"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">d) Da dieser Abzugsposten als Bereicherungsanspruch des Beklagten, für welchen vorliegend wegen des vorläufigen Zahlungscharakters die Beweislast bei der Klägerin liegt (BGH NJW 00, 1718, 1719, vgl. auch Senatsbeschluss Bl. 412), vorliegend in Höhe von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">28.541,61 DM</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">durchgreift, während das Landgericht ihn als Abzugsposten gelten ließ in Höhe von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">32.219,11 DM,</td></tr></table></td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">ergibt sich ein weiterer Klägeranspruch von</td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><strong>3.677,50 DM.</strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>194 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td><rd nr="194"/>Da der Anspruch sich als Bereicherungsanspruch des Beklagten darstellt, über welchen endgültig zu befinden ist, ist der hier betroffene Betrag nicht vergleichbar einem Werklohnanspruch der Klägerin, der mangels Prüfbarkeit gar nicht fällig ist, weshalb der Werklohnanspruch in dieser Höhe nur als zur Zeit unbegründet abzuweisen wäre.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>195 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="195"/>Dies macht in der <em>Gesamtabrechnung</em> einen Berufungserfolg der Klägerin aus in Höhe von</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>196 </td></tr></table></td><td><table class="Rsp">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1"><rd nr="196"/></th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>I. Berufungskomplex</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>140.657,01 DM</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>II. Berufungskomplex</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>2.000,00 DM</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>III. Berufungskomplex</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>3.677,50 DM</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">        </td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify"><em>146.334,51 DM</em></td></tr></table></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><table width="100%"><tr><td style="text-align:justify">= <strong> <em>74.819,65 EUR.</em></strong></td></tr></table></td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>5.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>197 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="197"/>Ein höherer Zinsanspruch als bereits vom Landgericht ausgewiesen kann der Klägerin nicht zuerkannt werden. Denn schon erstinstanzlich (vgl. Bl. 36) ist der geltend gemachte Zinsanspruch bestritten und ohne Nachweis geblieben.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:12pt"><tr><td><strong>II.</strong></td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>198 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="198"/>Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 92 708 Nr. 10, 711 i. V. m. § 3 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>199 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="199"/>Die Revision ist nicht zuzulassen. Wie aufgezeigt stützt sich die Entscheidung auf aktuelle, auch höchstrichterlich anerkannte Rechtsprechungsgrundsätze. Im Übrigen erschöpft sich die Fallbehandlung im rein Tatsächlichen.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,246 | lg-freiburg-2003-01-30-4-t-27602 | {
"id": 131,
"name": "Landgericht Freiburg",
"slug": "lg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 T 276/02 | 2003-01-30T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:07 | 2019-01-17T11:52:08 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Staufen vom 27.09.2002 (UR II 16/02) wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.</p>
<p>3. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Am 27.12.1999 hat die Beteiligte Ziffer 1 einen Berichtigungsantrag hinsichtlich im Grundbuch H., Blatt Nr. zu Gunsten der Spar- und Kreditbank B. eG - Raiffeisenbank in H. eingetragenen Grundstücke gestellt. Sie hat sich hierbei auf den dem Antrag beigefügten Auszug aus dem Genossenschaftsregister des Amtsgerichts Freiburg GnR 22 St und GnR 54 Bs vom 08.12.1999 bezogen. Aus dieser Bescheinigung geht hervor, dass die Spar- und Kreditbank B. eG - Raiffeisenbank - mit dem Sitz in H. - als übertragende Genossenschaft - mit der Volksbank eG K. mit dem Sitz in B. - als übernehmende Genossenschaft - durch Aufnahme verschmolzen ist. Die Firma der Genossenschaft mit dem Sitz in B. ist geändert und lautet auf Volksbank B. eG.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Das Grundbuchamt hat die Berichtigung vollzogen und am 11.2.2000 Kosten von insgesamt von DM 145,00 angesetzt (Grundakte AS 265) und diesen Ansatz am 22.03.2000 auf insgesamt DM 3.920,00 korrigiert (AS 269).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Mit Schreiben vom 06.06.2002 hat die Beteiligte Ziff. 1 Erinnerung gegen den Kostenansatz eingelegt und beantragt, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, weil die angesetzte Gebühr gegen die Gesellschaftsrichtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 verstoße.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte Bezug genommen.</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Dass das Grundbuchamt zutreffend eine Gebühr nach § 60 KostO angesetzt hat und dass vorliegend nicht etwa nur der Gebührentatbestand des § 67 Abs. 1 Satz 1 KostO gegeben ist, stellt auch die Beteiligte Ziffer 1 nicht in Frage (vgl. hierzu auch OLG Hamm Rpfleger 1983, 42; Korintenberg/Lappe, KostO 15. Auflage § 60 Rdnr. 16, 16 a).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Das Grundbuchamt hat mit den angesetzten Kosten auch nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital verstoßen (im folgenden Richtlinie).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Nach Artikel 4 der Richtlinie unterliegen die dort aufgeführten Vorgänge der Gesellschaftssteuer. Nach Artikel 10 der Richtlinie erheben die Mitgliedstaaten abgesehen von der Gesellschaftssteuer von den Gesellschaften keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf die in Artikel 4 genannten Vorgänge und die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Vorliegend geht es um einen von Art. 4 erfassten Vorgang, nämlich die in Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe c genannte Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art. Deshalb ist hier grundsätzlich der Regelungsgehalt der Richtlinie vom 17.07.1969 berührt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Eine Verschmelzung im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers (übertragender Rechtsträger) als ganzes auf einen anderen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) im Sinne von § 2 Nr. 1 UmwG - vorliegend durchgeführt durch eingetragene Genossenschaften, was sich im Einzelnen nach den Bestimmungen der § 79 ff. UmwG bestimmt - stellt eine Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art i.S. v. Artikel 4 Abs. 1 c der Richtlinie dar. Es handelt sich nämlich um einen Vorgang der Kapitalansammlung, der in der Erhöhung des Kapitals einer, der sog. "übernehmenden" Gesellschaft durch die Einbringung des gesamten Vermögens durch eine andere, die sog. "übernommene" Gesellschaft besteht (EuGH, Urteil vom 13.02.1996 - verbundene Rechtssachen C-197/94 und C-252/94, Rdnr. 34 bis 36; vgl. auch EuGH, Urteil vom 11.12.1997 - C-8/96 - Rdnr. 20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.12.2002 - 14 Wx 130/01, in juris dokumentiert).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Die Richtlinie erfasst auch Verschmelzungsverträge eingetragener Genossenschaften (vgl. OLG Karlsruhe aaO).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Derartige Vorgänge dürfen, wie sich aus Artikel 10 Buchstaben a und b der Richtlinie ergibt, weder unmittelbar noch mittelbar einer über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehenden Besteuerung ausgesetzt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 11.12.1997 - C-8/96 - Rdnr. 27).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Sie dürfen dann auch nicht Steuern oder Abgaben i.S. v. Artikel 10 Buchstabe c der Richtlinie unterworfen werden, weil derartige Abgaben zwar nicht auf die Kapitalzuführung als solche, wohl aber wegen der Formalitäten im Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft, also des Instruments zur Kapitalsammlung, erhoben würden, so dass die Beibehaltung dieser Abgaben auch die von der Richtlinie verfolgten Ziele gefährden würde (EuGH, Urteil vom 02.12.1997 - C-188/95 - Rdnr. 21).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Dennoch verstößt die Erhebung der Eintragungsgebühren, die durchaus als Steuern und Abgaben im vorbeschriebenen Sinne angesprochen werden können, vorliegend nicht gegen die Bestimmungen der Richtlinie vom 17.07.1969. Artikel 12 der Richtlinie bestimmt nämlich, dass in Abweichung von Artikel 10 die Mitgliedsstaaten Besitzwechselsteuern, einschließlich Katastersteuern auf die Einbringung von in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Liegenschaften oder "fonds de commerce" in eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck erheben können. Mit Besitzwechselsteuern sind Registersteuern gemeint, die von Kapitalgesellschaften im Zusammenhang mit bestimmten Vorgängen der Übertragung von Grundstücken oder "fonds de commerce" nach allgemeinen und objektiven Kriterien erhoben werden. Artikel 12 macht keinen Unterschied zwischen verschiedenen Besitzwechselsteuern, die die Mitgliedsstaaten erheben können. Sie ermächtigt die Mitgliedsstaaten allgemein, neben der Gesellschaftssteuer, jedoch im Zusammenhang mit einer Einbringung in eine Kapitalgesellschaft, Steuern zu erheben, deren Entstehungstatbestand objektiv im Zusammenhang mit der Übertragung des Eigentums an Grundstücken steht (EuGH, Urteil vom 11.12.1997 - C-42/96 - Rdnr. 34 f). Um eine derartige Besitzwechselsteuer geht es hier, auch wenn der Vorgang sich rechtstechnisch nur als Grundbuchberichtigung nach einem Verschmelzungsvorgang darstellt (vgl. EuGH aaO.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Nach Artikel 12 Abs. 2 der Richtlinie darf es bei den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Steuern und sonstigen Abgaben keinen Unterschied machen, ob der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung im Hoheitsgebiet des die Steuern erhebenden Mitgliedsstaates liegt oder nicht. Diese Steuern und sonstigen Abgaben dürfen auch nicht höher sein als diejenigen, die in dem erhebenden Mitgliedsstaat für gleichartige Vorgänge erhoben werden. Auch diese Voraussetzungen sind gegeben, da der Gebührentatbestand des § 60 Abs. 1 KostO allgemein gefasst ist und sämtliche mit der Eintragung eines Eigentümers zusammenhängenden Vorgänge erfasst, unabhängig davon, ob es sich um einen Sachverhalt handelt, der grundsätzlich von der Richtlinie erfasst wird oder nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 ist deshalb nicht begründet (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.08.2000 - 20 W 288/00; BayObLG FGPrax 2001, 37).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Der Wortlaut der Richtlinie ist eindeutig, weshalb die Rechtslage unzweifelhaft und klar ist. Außerdem hat der EuGH, wie dargestellt, die hier aufgeworfenen Fragen bereits beantwortet. Eine Vorlage an den EuGH kommt deshalb nicht in Betracht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Die Voraussetzungen der Zulassung der weiteren Beschwerde sind mangels grundsätzlicher Bedeutung nicht gegeben.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Entscheidung beruht im Übrigen auf § 14 Abs. 7 KostO.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,247 | lg-ravensburg-2003-01-30-6-s-3202 | {
"id": 140,
"name": "Landgericht Ravensburg",
"slug": "lg-ravensburg",
"city": 72,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 S 32/02 | 2003-01-30T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:07 | 2019-01-17T11:52:08 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts R. vom 08.08.2002 wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>3. Das Urteil ist für die Klägerin wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p>
<p>Wert: 3.150,00 EUR.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>A.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Neue Tatsachen haben die Parteien in 2. Instanz nicht vorgetragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>B.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
I. Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin das bezahlte Heimentgelt in Höhe der unstreitig ersparten Verpflegungsaufwendungen zurückzuerstatten. Denn die Klägerin kann dies als Erbin ihres Ehemannes aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1922 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB a.F. verlangen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Hinsichtlich der Auslegung des Heimvertrages teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten, dass die Bestimmung in § 10 Ziff. 7 über die Reduzierung des Entgeltes in Fällen vorübergehender Abwesenheit eine abschließende Regelung darüber sein soll, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang das Entgelt sich ermäßigt. Sonstige, nach dem Gesetz an sich bestehende Ermäßigungsgründe sollen damit ausgeschlossen sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Jedenfalls soweit damit auch bei vollständiger Nichtinanspruchnahme eines ganzen Leistungssegments (hier: Verpflegung) für die ganze Dauer des Heimaufenthaltes eine Entgeltreduzierung ausgeschlossen ist, ist der Heimvertrag nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
a) Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB sind auf den vorliegenden Fall die Regelungen des BGB und des AGBG in der Fassung vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes anzuwenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
b) Dass es sich bei dem vorliegenden Heimvertrag um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die der Klägerin (als Vertreterin ihres Ehemannes) seitens der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellt wurden, steht außer Zweifel und ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Auch der im Heimvertrag in Bezug genommene Rahmenvertrag (Anlage B 1), der in seinem § 23 Abs. 3 entsprechende Regelungen für den Fall vorübergehender Abwesenheit kennt, kann die Rechtsbeziehungen der Parteien nur insoweit bestimmen, als er durch Bezugnahme zum Inhalt des Heimvertrages gemacht wurde. Von daher unterläge auch die entsprechende Bestimmung des Rahmenvertrages der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz (vgl. BGHZ 149, 146 [unter II.2.b) der Entscheidungsgründe]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
c) Bei dem vorliegenden Heimvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrags, des Dienstvertrages und des Kaufvertrags zusammensetzt mit einem Schwergewicht im dienstvertraglichen Bereich. Soweit die Bestimmungen des Heimgesetzes eine aufgeworfene Frage nicht konkret regeln (der Gesetzgeber hat auf eine umfassende und abschließende Regelung des Heimvertrages verzichtet), sind Heimverträge an den einschlägigen zivilrechtlichen Normen zu messen (BGHZ 148, 233 [unter 1.a) der Entscheidungsgründe]).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Zu diesen allgemeinen zivilrechtlichen Normen gehören die §§ 552, 615 BGB a.F. Danach bleibt der Anspruch des Vermieters bzw. Dienstverpflichteten auf Zahlung des vereinbarten Entgelts davon unberührt, dass der Mieter die Mietsache nicht nutzt oder der Dienstberechtigte die angebotenen Leistungen nicht entgegennimmt. Der Vermieter bzw. Dienstverpflichtete hat sich jedoch den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen zu lassen (§§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB a.F.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
d) Dass der Heimvertrag abgesehen von den in § 10 Ziff. 7 geregelten Fällen eine Anrechnung ersparter Aufwendungen schlechthin ausschließt, ist mit dem dargestellten Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren und bewirkt eine unangemessene Benachteiligung des Heiminsassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Kammer verkennt das legitime Interesse der Heimträger an einer Pauschalierung der Entgelte keineswegs. Ohne eine recht weitgehende Standardisierung ließe sich ein Massengeschäft, wie es das Heimwesen mittlerweile darstellt, wirtschaftlich nicht bewältigen. Allerdings ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass - soweit dies den Heimträgern in praktikabler Form möglich ist - für diejenigen Fälle Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, bei denen ein striktes Festhalten an der Pauschalierung dem Heiminsassen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Heimträgers nicht mehr zugemutet werden kann. Insbesondere die Frage vorübergehender Abwesenheit ist vor diesem Hintergrund auch in der Rechtsprechung bereits erörtert worden (vgl. BGHZ 148, 233 und OLG Nürnberg, NJW-RR 1998, 780).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Bundesgerichtshof hat in der zitierten Entscheidung (BGHZ 148, 233) die Frage, ob eine Unangemessenheit des zu zahlenden Gesamtentgelts sich auch daraus ergeben könne, dass nach dem Vertrag geschuldete Leistungsbestandteile auf Dauer nicht erbracht werden, ausdrücklich offen gelassen. Die in dieser Entscheidung in einem Nebensatz geäußerte Annahme, dass eine solche Fallgestaltung speziell zur Verpflegung kaum vorstellbar sei, ist angesichts des vorliegenden Falles nicht aufrecht zu erhalten. Die Situation des Ehemannes der Klägerin zeichnete sich eben gerade dadurch aus, dass von vornherein klar war, dass das gesamte Leistungssegment "Verpflegung" auf Dauer nicht zu erbringen sein würde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Es ist den Heimträgern ohne weiteres zuzumuten, für solche Fälle eine Entgeltreduzierung in ihren Vertragsformularen vorzusehen. Wie eine solche Regelung, die um eine angemessene Berücksichtigung der Interessen der Heiminsassen bemüht wäre, im Einzelnen auszusehen hätte (es erscheinen durchaus Regelungstechniken denkbar wie etwa die Kombination aus Generalklausel und Beispielsfällen), bedarf hier keiner generellen Entscheidung. Jedenfalls in einem Fall wie demjenigen des Ehemannes der Klägerin liegt es für die Kammer auf der Hand, dass eine Entgeltreduzierung nicht ausgeschlossen sein darf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
3. Die Folge der Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung ist nach § 6 Abs. 2 AGBG der Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen, hier also die §§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB a.F. Aufgrund dieser Regelungen ermäßigte sich das vom Ehemann der Klägerin zu zahlende Entgelt um die ersparten Aufwendungen für Verpflegung, so dass die Beklagte durch die gleichwohl uneingeschränkt erfolgte Zahlung in entsprechender Höhe ungerechtfertigt bereichert wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
4. Zum selben Ergebnis käme man im Übrigen auch dann, wenn man der Auslegung folgen wollte, die die Klägerin hinsichtlich des Heimvertrages befürwortet. Wenn § 10 Ziff. 7 des Heimvertrages lediglich einen bestimmten Fall der Entgeltreduzierung regeln möchte, andere Fälle aber damit nicht geregelt sein sollen, dann liegt von vornherein der Rückgriff auf die zitierten allgemeinen zivilrechtlichen Normen nahe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Auch dann wäre freilich im Rahmen der Vertragsauslegung die Abwägung der beiderseitigen Interessen (die nach der hier vertretenen Auffassung bei der Prüfung des § 9 AGBG zu erfolgen hat) zu beachten: Die Pauschalierung der Entgelte wäre zumindest teilweise auch als Ausschluss der Entgeltreduzierung aus §§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB a.F. zu verstehen, jedenfalls insoweit als die Ersparnis von Aufwendungen sich nach Dauer und Umfang der Nichtinanspruchnahme von Leistungen in einer solchen Größenordnung bewegt, dass im Interesse einer praktikablen Verwaltungshandhabung (und damit allgemeinen Kostenersparnis) dem Heimbewohner eine "Überzahlung" zugemutet werden kann, sich also noch nicht als gänzlich unangemessen darstellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
III. Die Revision war nach § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO n.F. zuzulassen. Denn die Sache hat grundsätzliche Bedeutung. Die im vorliegenden Fall verwendeten Vertragsregelungen sind offenkundig massenhaft verbreitet (vgl. BGHZ 148, 233 [unter 1.c)aa) der Entscheidungsgründe]). Die hier aufgeworfene Rechtsfrage ist - wie dargestellt - bislang höchstrichterlich nicht entschieden.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,248 | olgkarl-2003-01-30-9-w-503 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
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"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 9 W 5/03 | 2003-01-30T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:08 | 2019-02-12T13:09:48 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortige Beschwerde des Erstbeklagten gegen den Beschluss des Einzelrichters des Landgerichts K. vom 22.11.2002 wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 5.828,73 festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerdeentscheidung ergeht durch den Senat, da der zuständige Einzelrichter das Beschwerdeverfahren gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beschwerde des Erstbeklagten gegen die Entscheidung des Einzelrichters des Landgerichts K. vom 22.11.2002 ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung des - erneuten - Ablehnungsantrags des Erstbeklagten gegen den Direktor des Amtsgerichts R. wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig. Bei dieser Entscheidung im Beschluss vom 22.11.2002 (II.1.) handelt es sich um eine Erstentscheidung des Landgerichts. Der Erstbeklagte hatte den streitentscheidenden Richter am Amtsgericht wegen Besorgnis der Befangenheit und zugleich den Direktor des Amtsgerichts, der über dieses Gesuch zu entscheiden hatte, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Amtsgericht wurde dadurch im Sinne des § 45 Abs. 3 ZPO beschlussunfähig, so dass das Landgericht über die Befangenheit des Direktors des Amtsgerichts zu entscheiden hatte. Dies ist durch (Kammer-)Beschluss vom 23.05.2002 geschehen. Das Gesuch wurde zurückgewiesen. Die Beschwerde hiergegen wurde als verspätet verworfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Durch Beschluss vom 24.09.2002 hat Direktor des Amtsgerichts H. das Befangenheitsgesuch gegen Richter am Amtsgericht D. zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Hiergegen wandte sich der Erstbeklagte durch Gesuch vom 09.10.2002 und lehnte Direktor des Amtsgerichts H. aufgrund aus seiner Sicht nachträglich entstandener Gründe erneut ab. "Für den Fall, dass dies nicht zulässig sein sollte," legte er hilfsweise sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 24.09.2002 ein. Die erneute Ablehnung ist in dem Beschluss des Einzelrichters vom 22.11.2002 als unzulässig zurückgewiesen worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Dieser Beschluss wurde dem Erstbeklagten nicht zugestellt. Seine Beschwerde ist deshalb als gegen eine Erstentscheidung gerichtet nicht nur statthaft sondern auch zulässig, insbesondere nicht verspätet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidung des Einzelrichters im Beschluss vom 22.11.2002 ist nicht etwa deshalb rechtsfehlerhaft, weil er als Einzelrichter entschieden hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Gemäß § 75 GVG sind, soweit nicht nach den Vorschriften der Prozessgesetze anstelle der Kammer der Einzelrichter zu entscheiden hat, die Zivilkammern des Landgerichts mit drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden besetzt. Gemäß § 348 ZPO (die vorliegende Klage ist am 21.01.2002 eingereicht worden) entscheidet die Zivilkammer jedoch nur dann nicht durch den Einzelrichter, wenn die in § 348 ZPO aufgeführten Ausnahmen gegeben sind. Die Entscheidung des Landgerichts gemäß § 45 Abs. 3 ZPO ist jedoch als Ausnahme nicht aufgeführt. Deshalb hat das Landgericht diese Entscheidung durch den Einzelrichter zu treffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Zurückweisung der - erneuten - Ablehnung des Direktors des Amtsgerichts ist auch aus anderen Gründen nicht rechtsfehlerhaft. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zurückweisung des Antrags als unzulässig erfolgen konnte. Jedenfalls ist sie unbegründet. Direktor des Amtsgerichts H. war, nach den langen Verzögerungen des Rechtsstreits durch unbegründete Anträge des Erstbeklagten, ersichtlich bemüht, das Verfahren nunmehr möglichst ohne weitere Verzögerungen weiterzuführen. Dies ist nicht zu beanstanden, da auch die Interessen der Kläger nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Überdies sind die Maßnahmen, deren Unterlassen der Erstbeklagte rügt, für die anstehende Entscheidung über das Befangenheitsgesuch gegen Richter am Amtsgericht D. ohne Bedeutung gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beschwerde des Erstbeklagten ist somit zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Frage, in welcher Besetzung das Landgericht im Falle des § 45 Abs. 3 ZPO über ein Befangenheitsgesuch gegen einen abgelehnten Richter am Amtsgericht zu entscheiden hat, ist im Hinblick auf den gesetzlichen Richter von grundsätzlicher Bedeutung. Außerdem ist dem Senat bekannt, dass Instanzgerichte, vielleicht aufgrund missverständlicher Kommentarliteratur, eher überwiegend entgegen den Ausführungen dieses Beschlusses die Auffassung vertreten, es habe in den Fällen des § 45 Abs. 3 ZPO der Spruchkörper zu entscheiden. Es ist deshalb gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Diese wäre innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Gegenstandswertes der Beschwerde auf § 3 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,237 | olgkarl-2003-01-29-16-wf-16002 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
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} | 16 WF 160/02 | 2003-01-29T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:04 | 2019-02-12T13:09:47 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird die Kostenentscheidung des Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Mosbach vom 14. Oktober 2002 abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerderechtszugs.</p>
<p>Bis zu 1.200 EUR</p>
<p>3. Die Rechtsbeschwerde des Klägers wird zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der am 30. Mai 1985 geborene Kläger, der bei seiner Mutter wohnt, ist der Sohn des Beklagten. Nach längerer Korrespondenz ließ der Beklagte am 11. Dezember 2001 die Urkunde des Stadtjugendamts L. errichten, in der sich verpflichtete, für den Zeitraum Dezember 2001 bis Juli 2002 135 % des jeweiligen Regelbetrages der dritten Altersstufe abzüglich Kindergeldanteil zu bezahlen. Mit am 27. Juli 2002 zugestellter Klage vom 18. Juni 2002 nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung seines Monatsunterhaltes von 287 EUR (i.e.: 135 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe abzüglich Kindergeldanteil für ein erstes Kind) in Anspruch. In der ersten mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2002 anerkannte der Beklagte den Klaganspruch. In dem antragsgemäß verkündeten Anerkenntnisurteil werden dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die gegen diese Kostenentscheidung eingelegte zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten hat Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Der Beklagte hat nicht im Sinne des § 93 ZPO durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Allerdings hatte der Beklagte ein früheres Begehren des Klägers, einen Unterhaltstitel zu errichten, nur teilweise erfüllt. Denn dem Beklagten stand nicht zu, die in der Urkunde vom 11. Dezember 2001 beurkundete Unterhaltsverpflichtung bis zum 31. Juli 2002 zu befristen. Nach dem nach der Lebenserfahrung zu erwartenden Ablauf der Dinge war auch für die Zeit ab August 2002 noch damit zu rechnen, dass der Kläger unterhaltsbedürftig sein würde. Allein die Höhe des Anspruches mag unsicher gewesen sein, wenn man - was sich im Übrigen als unzutreffend herausgestellt hat - davon ausgehen wollte, dass der Kläger möglicherweise ab August 2002 eine Ausbildungsvergütung beziehen würde. Dies rechtfertigte nicht, die Verpflichtungsurkunde bis 31. Juli 2002 zu befristen. Der Beklagte hätte sich mit der Möglichkeit der Abänderungsklage gem. § 323 Abs. 4 ZPO zufrieden geben müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Mit seinem Verhalten hätte der Beklagte jedoch allenfalls Anlass für eine alsbald nach dem 11. Dezember 2001 erhobene Zusatzklage gegeben. So durfte er jedoch davon ausgehen, dass es mit der Befristung bis zum 31. Juli 2002 sein Bewenden haben könne. Die auf Beseitigung der Rechtsfolgen des § 93 ZPO gerichtete Aufforderung, eine unbefristete Urkunde hereinzugeben, die in der Korrespondenz vor dem 11. Dezember 2001 enthalten war, verlor nach sechs Monaten ihre Wirkung. Wenn schon nach Treu und Glauben und in Einzelfällen über das Institut der Verwirkung des Anspruchs auf rückständigen Unterhalt die Aufforderung (Mahnung), überhaupt Unterhalt zu zahlen, ihre Wirkung verlieren kann (vgl. BGH, FamRZ 1995, 725 Nr. 437 und FamRZ 1983, 352), muss dies erst recht für die Aufforderung, einen Unterhaltstitel zu errichten, gelten, deren Wirkung sich auf die Anwendbarkeit des § 93 ZPO beschränkt und die jederzeit wiederholt werden kann, ohne dass bei dem Unterhaltsgläubiger in der Zwischenzeit Rechtsverlust eintreten würde. Im hier vorliegenden Fall kann sich der Kläger deshalb nicht mehr darauf berufen, er habe den Beklagten aufgefordert, einen Unterhaltstitel zu errichten, weil der Beklagte dieser Aufforderung teilweise nachgekommen ist und aus diesem Grund nach 6-monatiger Untätigkeit des Klägers davon ausgehen durfte, es könne mit dem zeitlich beschränkten Unterhaltstitel sein Bewenden haben und er werde, falls weiterer Unterhalt verlangt werde, nochmals aufgefordert werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Der Beklagte hat auch den Klaganspruch sofort anerkannt. Sofort heißt zu Beginn der ersten mündlichen Verhandlung. Im Protokoll der ersten mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2002 ist das Anerkenntnis des Beklagten unmittelbar nach der Verlesung des Klagantrages beurkundet. Der Beklagte hat sich auch nicht vor der Beurkundung des Anerkenntnisses durch Ankündigung von Anträgen in vorbereitenden Schriftsätzen in Widerspruch zu dem Anerkenntnis gesetzt. Er hat sich darauf beschränkt, sich für verteidigungsbereit zu erklären und zu rügen, dass der Kläger seine Behauptung, er gehe noch zur Schule, nicht belegt habe. Eine Schulbescheinigung vom 23. Juli 2002 wurde dann mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2002 vorgelegt. Der Beklagte durfte sein Anerkenntnis von der Vorlage einer Schulbescheinigung abhängig machen. Anerkannt ist, dass der Beklagte, dem nicht vorgerichtlich die erforderlichen Belege für die dann anerkannte Forderung vorgelegt werden, keine Veranlassung zur Klagerhebung gegeben hat und dass der Beklagte, der mit seinem Anerkenntnis bis zur Vorlage der erforderlichen Belege zuwartet, noch sofort im Sinne des § 93 ZPO anerkennen kann (vgl. etwa aus neuerer Zeit OLG Dresden, ZIP 1997, 327; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1998, 790; OLGR Düsseldorf 1999, 410; aus der älteren Literatur Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., 1977 § 93 Rn. 9 f; aus der neueren Literatur Musielak/Wolst, ZPO, 3. Aufl., 2002 § 93 Rn. 27: unschlüssige Klage).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Das Anerkenntnis des Beklagten war deshalb auch ein sofortiges.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
3. Da nach allem § 93 ZPO zugunsten des Beklagten anzuwenden ist, ist die Kostenentscheidung des angefochtenen Anerkenntnisurteils entsprechend zu ändern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
4. Die Rechtsbeschwerde ist deshalb zuzulassen, weil die Frage von allgemeiner Bedeutung ist, ob die Wirkungen einer Aufforderung, einen Vollstreckungstitel vorzulegen, für Zwecke des § 93 ZPO durch Zeitablauf entfallen können. Eine ohnedies unzulässige Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf diese Rechtsfrage ist damit nicht verbunden.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,239 | olgstut-2003-01-29-2-w-6602 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 W 66/02 | 2003-01-29T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:04 | 2019-02-12T13:09:47 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<blockquote>
<p>Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Streitwertbeschluss des Vorsitzenden der 7. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ravensburg vom 14.10.2002 wird</p>
</blockquote>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>verworfen.</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<table class="Rsp">
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">Beschwerdewert:</p></td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><p style="text-align:justify">bis 600,00 EUR</p></td>
</tr>
</table>
<p/>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerde ist unzulässig.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>A</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Antragstellerin hat den Erlass einer einstweiligen Verfügung des Inhalts beantragt und erwirkt (Bl. 2, 5 bis 6):
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="3"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">
Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung in Werbeprospekten oder sonst werblich
<em>für den Verkauf von preisreduzierten Waren des Sortiments unter Hinweis auf ein nicht durch die Zahl 25 teilbares Firmenjubiläum zu werben und/oder</em>
mit Ankündigungen wie
</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
"Das ist Wahnsinn Geburtstagstiefpreise ohne Ende!
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:10pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Der M M R wird 8 Jahre."
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
<em>und/oder eine derart angekündigte Verkaufsveranstaltung durchzuführen.</em>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="7"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">(2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Ordnungsmittelandrohung).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Durch Teilwiderspruch wandte sich die Antragsgegnerin nur gegen den oben kursiv wiedergegebenen Ausspruchsteil; in diesem Umfang wurde der Antrag dann auch zurückgenommen (Bl. 19). Die Antragsgegnerin erstrebte eine Wertfestsetzung von 50.000,00 EUR und eine Wertbemessung des zurückgenommenen Teils auf 40.000,00 EUR. Das Landgericht bestätigte durch den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen seine schon zuvor vorgenommene Wertfestsetzung auf 10.000,00 EUR und bemaß den zurückgenommenen Teil auf 5.000,00 EUR, weshalb es auf Kostenaufhebung erkannte (Bl. 27 bis 29). "Namens und mit Vollmacht der Antragsgegnerin" legte der Antragsgegnervertreter Streitwertbeschwerde ein (Bl. 31 bis 32), hielt daran fest, dass der Gesamtstreitwert mit 50.000,00 EUR und der zurückgenommene Teil mit 4/5 des Gesamtstreitwertes zu bemessen sei. Dem trat die Antragstellerin entgegen, indem sie die einzelnen Wertfestsetzungen verteidigte und zudem rügte, dass der Antragsgegnerin selbst ein geändertes Werteverhältnis nichts nütze, da die Anfechtungsfrist gegen die Kostenentscheidung längst verstrichen sei. Der Vorsitzende der KfH half nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>B</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>1.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
Da der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nicht Einzelrichter im Sinne des § 568 Abs. 1 ZPO ist, ist der Senat und nicht eines seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung berufen (OLG Karlsruhe NJW 02, 1962 = OLG-Report 02, 198; OLG Zweibrücken NJW 02, 2722; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 568, 2; abl. Greger NJW 02, 3049, 3053; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 568, 2; wohl ebenso Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 568, 3).
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Das Rechtsmittel ist unzulässig, soweit es den Gesamtstreitwert betrifft.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="11"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Wie bei jedem Rechtsmittel ist auch bei einer Beschwerde gegen die endgültige Festsetzung des Kostenstreitwertes eine Beschwer erforderlich. Deshalb kann sich eine Partei nur über eine zu hohe Wertfestsetzung beschweren, über eine zu niedrige nur der Anwalt aus eigenem Recht (OLG Karlsruhe NJW-RR 99, 582; Hartmann, KostG, 32. Aufl. (2003), § 25 GKG, 59). Geht aus der Beschwerdeschrift des Bevollmächtigten nicht ausdrücklich hervor, ob er sie im eigenen Namen oder für die Partei eingelegt hat, so ist eine auf Erhöhung gerichtete Beschwerde regelmäßig als im eigenen Namen eingelegt anzusehen (OLG Karlsruhe a.a.O. 582; Hartmann a.a.O. § 9 BRAGO, 14).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="12"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Antragsgegnervertreter hat vorliegend ausdrücklich "namens und mit Vollmacht der Antragsgegnerin Streitwertbeschwerde" eingelegt. Danach können keine Zweifel bestehen über den Rechtsmittelführer, nämlich die Antragsgegnerin selbst. Mit dieser Wertung setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu LAG Niedersachsen MDR 01, 1442. Besonderheiten, welche jenem Gericht Anlass waren, von der vorliegend aufgezeigten und von ihm grundsätzlich übernommenen Regel abzuweichen, liegen hier nicht vor und sind auch nicht in den Schriftsätzen, etwa in demjenigen vom 01.10.2002 enthalten.</td>
</tr>
</table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
Danach ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="14"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die gleiche Zulässigkeitserwägung gilt auch, soweit die Antragsgegnerin eine Höhersetzung des Wertes für das Verfahren nach Teilwiderspruch und korrespondierender Antragsrücknahme begehrt.</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="15"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zwar könnte ein Rechtsschutzinteresse der Antragsgegnerin insoweit erkennbar sein, wenn durch die Änderung, ggf. Anhebung des Gebührenstreitwertes, zugleich eine Rückwirkung auf die bereits ausgesprochene, allerdings nicht angefochtene Kostenentscheidung einträte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die nachträgliche Änderung des Streitwertes führt nach zwar streitiger (vgl. zum Streitstand etwa Zöller/Vollkommer a.a.O. § 319, 15 und 18 m. N.), aber zutreffender Ansicht nicht zur Korrektur einer getroffenen Kostenentscheidung (OLG Stuttgart (20. Zs) MDR 01, 892, 893).</td>
</tr>
</table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
<table style="margin-left:14pt"><tr><td>
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
Eine Kostenentscheidung findet nicht statt (§ 25 Abs. 4 GKG).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
Der Beschwerdewert schöpft sich aus dem Interesse der Antragsgegnerin an einer günstigeren Kostenentscheidung, was auf der Grundlage der festgesetzten Streitwerte zu veranschlagen ist.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,240 | olgstut-2003-01-29-8-w-2703-8-w-2803 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 W 27/03; 8 W 28/03 | 2003-01-29T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:04 | 2019-02-12T13:09:47 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortigen Beschwerden der Bezirksrevisorin beim Landgericht Tübingen gegen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers beim Amtsgericht Nagold vom 06.07.2001, 26.07.2001 und 08.01.2002 werden zurückgewiesen.</p>
<p>Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
I. Gegenstand dieser Entscheidung sind von der Verfahrenspflegerin geltend gemachte Vergütungsansprüche.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Vater des Kindes hatte während des bereits laufenden Scheidungsverfahrens einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung über ein Umgangsrecht mit seinem Kind gestellt, weil die Mutter den Umgang verweigert hatte. Als auch ein vom Gericht vermittelter Umgang unter Betreuung durch den Kinderschutzbund an der erforderlichen Mitwirkung der Mutter scheiterte, bestellte das Amtsgericht - wie für den Fall des Scheiterns des vereinbarten Umgangs angekündigt - am 2.4.2001 die Verfahrenspflegerin für das Kind und stellte fest, dass diese ihre Tätigkeit berufsmäßig ausübe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Verfahrenspflegerin nahm daraufhin Kontakt mit den Eltern auf, machte den damals etwa einjährigen Sohn bei fünf Besuchsterminen mit sich vertraut und führte anschließend in Abstimmung mit der Mutter fünf begleitete Umgangstermine zwischen Vater und Sohn durch. Nachdem die Mutter die von der Verfahrenspflegerin daraufhin befürworteten unbegleiteten Umgangstermine ablehnte, wandte sich die Verfahrenspflegerin an das Amtsgericht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
In dem daraufhin vom Amtsgericht auf 05.07.2000 anberaumten Anhörungstermin, in dem die Verfahrenspflegerin ebenfalls unbegleitete Umgangstermine befürwortete, erging ein Beschluss des Amtsgerichts, wonach ein von der Verfahrenspflegerin begleiteter Umgangstermin am 10.07.2001, ein von ihr noch teilweise begleiteter Umgangstermin am 13.07.2001 und zwei unbegleitete Umgangstermine ab 20.07.2001 bestimmt wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nachdem die Mutter schon den Umgangstermin am 10.07.2001 vor Beginn abbrach und die Einlegung einer (später wieder zurückgenommenen) Beschwerde gegen die angeordneten Umgangstermine ankündigte, verfasste die Verfahrenspflegerin einen sechsseitigen Bericht über ihre bisherige Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 05.09.2001 wurden zwei weitere, von der Verfahrenspflegerin begleitete Umgangstermine zwischen Vater und Sohn bestimmt und drei weitere Umgangstermine, bei denen die Verfahrenspflegerin   über den Umfang der Begleitung entscheiden sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26.09.2001 wurde der Verfahrenspflegerin wegen zwischenzeitlicher Schwierigkeiten im Kontakt mit der Mutter gestattet, für die begleiteten Umgangstermine selbst eine dritte Person zwischen zuschalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Als weitere Umgangstermine wegen fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Mutter nicht mehr vereinbart werden konnten, verhängte das Gericht mit Beschluss vom 15.10.2001 gegen die Mutter ein Zwangsgeld in Höhe von 400,00 DM. Deren hiergegen eingelegte Beschwerde wies der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 13.12.2001 auf Kosten der Mutter zurück.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Für ihre in diesem Zusammenhang geleistete Tätigkeit in der Zeit vom 10.4.01 bis 18.10.01 stellte die Verfahrenspflegerin drei Vergütungsfestsetzungsanträge über 2.539,97 DM, 1.047,84 DM und 1.165,32 DM.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat diesen Anträgen bis auf die geltend gemachten Kosten für die Inanspruchnahme einer kollegialen Beratung entsprochen und mit Beschlüssen vom 06.07.2001, 26.07.2001 und 08.01.2002 die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung der Verfahrenspflegerin mit 2.270,10 DM, 1.047,84 DM und 1.165,32 DM für die geltend gemachten Zeiträume festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Gegen diese Beschlüsse richtet sich die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht. Sie beantragt, die Vergütung auf die Beträge von 1.688,84 DM, 403,12 DM und 695,52 DM zu ermäßigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Sie macht geltend, gesetzliche Aufgabe des Verfahrenspflegers als im Verfahren bestellter Vertreter des Kindes sei es im Hinblick auf den Interessenkonflikt der Eltern nur, die Interessen des Kindes zu erkennen und zu formulieren. Weitere Ermittlungen und eine Vermittlung zwischen den Beteiligten habe er dagegen nicht vorzunehmen. Dies sei vielmehr die Aufgabe des Gerichts selbst. Der Verfahrenspfleger müsse danach nur die Akten erhalten und Gerichtstermine wahrnehmen. Weiter genüge es im Normalfall, wenn er Kontakt mit dem Kind selbst aufnehme. Je nach Alter des Kindes könne es auch erforderlich sein, dass er weitere Erkundigungen über die Beziehungen des Kindes zu seiner Umwelt einschließlich seinen Eltern einziehe. Der Verfahrenspfleger sei jedoch weder Umgangspfleger für das Kind noch Ergänzungspfleger im Rahmen der widerstreitenden Interessen der Eltern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Daher seien die im vorliegenden Fall geführten sehr zahlreichen Gespräche mit den Eltern hier nicht erstattungsfähig. Der berechtigte Aufwand für die Aktenanalyse, Anschreiben an die Eltern und einen ersten Kontakt mit diesen und Kontakte mit dem Gericht einschließlich Anhörungstermine könne nur mit dem o.g. Beträgen anerkannt werden, deren Festsetzung mit der Beschwerde nicht beanstandet werde. Ein Verfahrenspfleger müsse im Rahmen der selbständigen Gestaltung seiner Tätigkeit auch darauf achten, dass ein unverhältnismäßiger Zeitaufwand vermieden werde. Unter diesem Gesichtspunkt sei es vorliegend auch nicht erforderlich gewesen, am 13.07.2001 eine ausführliche sozialpädagogische Stellungnahme zu fertigen. Die dargelegten Grundsätze entsprächen auch dem Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Verfahrenspflegerin ist dem Rechtsmittel der Bezirksrevisorin entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Wahrnehmung der Verfahrenspflegschaft sei im Hinblick auf das Verhalten der Mutter hier sehr kompliziert gewesen. Für die gewünschten Umgangstermine seien sehr viele Absprachen erforderlich gewesen, die immer wieder nicht eingehalten worden seien. Die erfolgten Stellungnahmen seien notwendig und vom Gericht auch erwartet gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Rechtspfleger hat das Rechtsmittel der Bezirksrevisorin unter Nichtabhilfe mit Verfügung vom 17.04.2002 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung über einen weiteren, von der Verfahrenspflegerin zwischenzeitlich eingereichten Vergütungsantrag hat er im Hinblick auf einen etwaigen Rückforderungsanspruch der Staatskasse im Zusammenhang mit der anstehenden Beschwerdeentscheidung zurückgestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Das Hauptsacheverfahren wurde in der Zwischenzeit in der Rechtsmittelinstanz abgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
II. Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 56 g V, 22 I FGG). Mangels förmlicher Zustellung der angefochtenen Festsetzungsentscheidungen wurde die zweiwöchige Rechtsmittelfrist für das gesetzlich an sich befristete Rechtsmittel nicht in Lauf gesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die für eine Erstbeschwerde erforderliche Beschwer von über 150,00 EUR liegt vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
<div>
<table><tr><td/></tr></table>
</div></td></tr></table> |
|
132,241 | olgstut-2003-01-29-8-wf-27-2902-8-w | {
"id": 147,
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"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 WF 27 - 29/02; 8 WF 27/02; 8 WF 28/02; 8 WF 29/02 | 2003-01-29T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:05 | 2019-02-12T13:09:47 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die sofortigen Beschwerden der Bezirksrevisorin beim Landgericht Tübingen gegen die Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse des Rechtspflegers beim Amtsgericht Nagold vom 06.07.2001, 26.07.2001 und 08.01.2002 werden</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
1. Gegenstand dieser Entscheidung sind von der Verfahrenspflegerin geltend gemachte Vergütungsansprüche.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Vater des Kindes hatte während des bereits laufenden Scheidungsverfahrens einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung über ein Umgangsrecht mit seinem Kind gestellt, weil die Mutter den Umgang verweigert hatte. Als auch ein vom Gericht vermittelter Umgang unter Betreuung durch den Kinderschutzbund an der erforderlichen Mitwirkung der Mutter scheiterte, bestellte das Amtsgericht - wie für den Fall des Scheiterns des vereinbarten Umgangs angekündigt - am 2.4.2001 die Verfahrenspflegerin für das Kind und stellte fest, dass diese ihre Tätigkeit berufsmäßig ausübe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Verfahrenspflegerin nahm daraufhin Kontakt mit den Eltern auf, machte den damals etwa einjährigen Sohn bei fünf Besuchsterminen mit sich vertraut und führte anschließend in Abstimmung mit der Mutter fünf begleitete Umgangstermine zwischen Vater und Sohn durch. Nachdem die Mutter die von der Verfahrenspflegerin daraufhin befürworteten unbegleiteten Umgangstermine ablehnte, wandte sich die Verfahrenspflegerin an das Amtsgericht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
In dem daraufhin vom Amtsgericht auf 05.07.2000 anberaumten Anhörungstermin, in dem die Verfahrenspflegerin ebenfalls unbegleitete Umgangstermine befürwortete, erging ein Beschluss des Amtsgerichts, wonach ein von der Verfahrenspflegerin begleiteter Umgangstermin am 10.07.2001, ein von ihr noch teilweise begleiteter Umgangstermin am 13.07.2001 und zwei unbegleitete Umgangstermine ab 20.07.2001 bestimmt wurden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Nachdem die Mutter schon den Umgangstermin am 10.07.2001 vor Beginn abbrach und die Einlegung einer (später wieder zurückgenommenen) Beschwerde gegen die angeordneten Umgangstermine ankündigte, verfasste die Verfahrenspflegerin einen sechsseitigen Bericht über ihre bisherige Tätigkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 05.09.2001 wurden zwei weitere, von der Verfahrenspflegerin begleitete Umgangstermine zwischen Vater und Sohn bestimmt und drei weitere Umgangstermine, bei denen die Verfahrenspflegerin über den Umfang der Begleitung entscheiden sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 26.09.2001 wurde der Verfahrenspflegerin wegen zwischenzeitlicher Schwierigkeiten im Kontakt mit der Mutter gestattet, für die begleiteten Umgangstermine selbst eine dritte Person zwischen zuschalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Als weitere Umgangstermine wegen fehlender Mitwirkungsbereitschaft der Mutter nicht mehr vereinbart werden konnten, verhängte das Gericht mit Beschluss vom 15.10.2001 gegen die Mutter ein Zwangsgeld in Höhe von 400,00 DM. Deren hiergegen eingelegte Beschwerde wies der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts mit Beschluss vom 13.12.2001 auf Kosten der Mutter zurück.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
2. Für ihre in diesem Zusammenhang geleistete Tätigkeit in der Zeit vom 10.4.01 bis 18.10.01 stellte die Verfahrenspflegerin drei Vergütungsfestsetzungsanträge über 2.539,97 DM, 1.047,84 DM und 1.165,32 DM.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat diesen Anträgen bis auf die geltend gemachten Kosten für die Inanspruchnahme einer kollegialen Beratung entsprochen und mit Beschlüssen vom 06.07.2001, 26.07.2001 und 08.01.2002 die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung der Verfahrenspflegerin mit 2.270,10 DM, 1.047,84 DM und 1.165,32 DM für die geltend gemachten Zeiträume festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
3. Gegen diese Beschlüsse richtet sich die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin beim Landgericht. Sie beantragt, die Vergütung auf die Beträge von 1.688,84 DM, 403,12 DM und 695,52 DM zu ermäßigen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Sie macht geltend, gesetzliche Aufgabe des Verfahrenspflegers als im Verfahren bestellter Vertreter des Kindes sei es im Hinblick auf den Interessenkonflikt der Eltern nur, die Interessen des Kindes zu erkennen und zu formulieren. Weitere Ermittlungen und eine Vermittlung zwischen den Beteiligten habe er dagegen nicht vorzunehmen. Dies sei vielmehr die Aufgabe des Gerichts selbst. Der Verfahrenspfleger müsse danach nur die Akten erhalten und Gerichtstermine wahrnehmen. Weiter genüge es im Normalfall, wenn er Kontakt mit dem Kind selbst aufnehme. Je nach Alter des Kindes könne es auch erforderlich sein, dass er weitere Erkundigungen über die Beziehungen des Kindes zu seiner Umwelt einschließlich seinen Eltern einziehe. Der Verfahrenspfleger sei jedoch weder Umgangspfleger für das Kind noch Ergänzungspfleger im Rahmen der widerstreitenden Interessen der Eltern.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Daher seien die im vorliegenden Fall geführten sehr zahlreichen Gespräche mit den Eltern hier nicht erstattungsfähig. Der berechtigte Aufwand für die Aktenanalyse, Anschreiben an die Eltern und einen ersten Kontakt mit diesen und Kontakte mit dem Gericht einschließlich Anhörungstermine könne nur mit dem o.g. Beträgen anerkannt werden, deren Festsetzung mit der Beschwerde nicht beanstandet werde. Ein Verfahrenspfleger müsse im Rahmen der selbständigen Gestaltung seiner Tätigkeit auch darauf achten, dass ein unverhältnismäßiger Zeitaufwand vermieden werde. Unter diesem Gesichtspunkt sei es vorliegend auch nicht erforderlich gewesen, am 13.07.2001 eine ausführliche sozialpädagogische Stellungnahme zu fertigen. Die dargelegten Grundsätze entsprächen auch dem Stand der obergerichtlichen Rechtsprechung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Verfahrenspflegerin ist dem Rechtsmittel der Bezirksrevisorin entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Wahrnehmung der Verfahrenspflegschaft sei im Hinblick auf das Verhalten der Mutter hier sehr kompliziert gewesen. Für die gewünschten Umgangstermine seien sehr viele Absprachen erforderlich gewesen, die immer wieder nicht eingehalten worden seien. Die erfolgten Stellungnahmen seien notwendig und vom Gericht auch erwartet gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Rechtspfleger hat das Rechtsmittel der Bezirksrevisorin unter Nichtabhilfe mit Verfügung vom 17.04.2002 dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung über einen weiteren, von der Verfahrenspflegerin zwischenzeitlich eingereichten Vergütungsantrag hat er im Hinblick auf einen etwaigen Rückforderungsanspruch der Staatskasse im Zusammenhang mit der anstehenden Beschwerdeentscheidung zurückgestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Das Hauptsacheverfahren wurde in der Zwischenzeit in der Rechtsmittelinstanz abgeschlossen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 56 g V, 22 I FGG). Mangels förmlicher Zustellung der angefochtenen Festsetzungsentscheidungen wurde die zweiwöchige Rechtsmittelfrist für das gesetzlich an sich befristete Rechtsmittel nicht in Lauf gesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die für eine Erstbeschwerde erforderliche Beschwer von über 150,00 EUR liegt vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
1. Der Senat teilt die überwiegend in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, dass die vom Gesetzgeber normierte Aufgabe des Verfahrenspflegers darin besteht, im Streit der Eltern die Interessen des Kindes festzustellen und im Verfahren zur Geltung zu bringen. Dem vertretenen Kind soll so im Verfahren ein gesetzlicher Vertreter zur Durchsetzung seiner tatsächlich formulierten oder zu ermittelnden Interessen und Wünsche zur Seite stehen (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280). Diese Aufgabe erfordert in je nach Alter des Kindes unterschiedlichem Umfang auch die Führung von Gesprächen mit den Eltern und/oder anderen Bezugs- oder Auskunftspersonen. Für deren Vergütungsfähigkeit genügt eine gerichtliche Plausibilitätskontrolle. Die Vergütung des Verfahrenspflegers richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitaufwand, der zur Erfüllung der so umschriebenen Aufgabe erforderlich war. Dabei kann auch eine pauschalierende Betrachtung des Zeitaufwands in Betracht kommen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den beigefügten, zur Veröffentlichung bestimmten Senatsbeschluss vom 29.10.2002 (Az. 8 WF 20/2002) sowie auf den (den Beteiligten bekannten) Beschluss vom 10.9.2002 (8 WF 26/2002) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
2. Anders liegt der Fall dann, wenn ein Verfahrenspfleger vom Gericht konkret mit Tätigkeiten beauftragt wird, die über den gesetzlich bestimmten Aufgabenbereich hinausgehen. In einem solchen Fall kann der bestellte Verfahrenspfleger, soweit er im Rahmen seiner Berufsausübung bestellt wird, darauf vertrauen, dass die ihm vom Gericht übertragene Tätigkeit auch vergütet wird. Seine Vergütung richtet sich dann nach dem erforderlichen Zeitaufwand für die Erfüllung der vom Gericht vorgegebenen Aufgabe. Dies hat der Senat bereits für den Fall entschieden, dass ein Verfahrenspfleger vom Gericht mit der Auswahl einer geeigneten Einrichtung für das Kind beauftragt wird (Beschl. v. 6.11.2000, Die Justiz 2002, 411 = OLGRep 2002,269; vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2001, 1540).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Im vorliegenden Fall ist die Verfahrenspflegerin - wie sich aus den Akten ergibt - über den gesetzlichen Aufgabenbereich hinaus vom Amtsgericht mehrfach mit der Betreuung von Umgangskontakten zwischen Vater und Kind beauftragt worden. Bereits bei der ersten Anhörung bestand Einigkeit zwischen Eltern und Gericht, dass weitere betreute Umgangsversuche zwischen Vater und Sohn stattfinden sollten. Für den Fall, dass die Mutter die Umgangsbetreuung durch den bereits vorgerichtlich eingeschalteten Kinderschutzbund nicht länger zulassen wollte, hatte das Gericht die Zuziehung eines Verfahrenspflegers angekündigt (Anhörungsprotokoll vom 09.03.2001) und mit Beschluss vom 2.4.2001 angeordnet. Die gerichtliche Beauftragung der Verfahrenspflegerin mit der Betreuung des Umgangs von Vater und (Klein-)Kind erfolgte teils konkludent, teils ausdrücklich und hat das Verfahren konkret gefördert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Ob und inwieweit der Richter befugt ist, einen Verfahrenspfleger über seinen gesetzlichen Aufgabenbereich hinaus auch für Tätigkeiten einzusetzen, die dem Wohl des Kindes und der Erreichung des Verfahrensziels dienlich sind und von den primär zuständigen Jugendämtern wegen zunehmender Personalknappheit praktisch nicht mehr wahrgenommen werden (können), bedarf hier weder einer vertieften Erörterung noch einer Entscheidung. Ebenso kann hier offen bleiben, ob die Kosten einer solchen richterlich erweiterten Verfahrenspflegschaft über §§ 2 ff, 137 Nr. 16 KostO den beteiligten Eltern als Kostenschuldnern in Rechnung gestellt werden können (was hier ohnehin nicht in Betracht kommt, da beiden Eltern Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt ist) oder aber nach § 16 KostO zumindest teilweise unerhoben bleiben müssen. Denn ein solches gerichtliches Vorgehen kann nicht zu Lasten der Verfahrenspflegerin gehen, die - jedenfalls für die Vergangenheit - der Rechtmäßigkeit der richterlichen Anordnungen vertrauen darf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Für die Zukunft wird die Verfahrenspflegerin jedoch darauf zu achten haben, ob die ihr vom Gericht angetragene Tätigkeit noch im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs liegt und damit einen Anspruch auf die gesetzliche Vergütung begründen kann oder ob sie außerhalb dieses Bereichs liegt (vgl. zum Ganzen auch Bienwald, Verfahrenspflegschaft (2002) Rn 809ff; Keidel/Engelhardt, FG 15. Aufl. (2003), § 50 Rn 5ff, 15ff). Letzteres hätte zur Folge, dass ein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse möglicherweise nicht besteht und jedenfalls die Eltern für solche Kosten nicht in Anspruch genommen werden können. Soweit die Tätigkeit der Verfahrenspfleger über ihren derzeitigen gesetzlichen Aufgabenbereich hinaus zum Wohl des Kindes für die familiengerichtliche Praxis inzwischen als unverzichtbar erscheint, bedarf es zur Vergütung einer entsprechenden rechtlichen Grundlage. § 50 FGG (iVm §§ 67 Abs. 3, 56g FGG) in seiner derzeitigen Fassung ist dafür nach Ansicht des Senats zu schmal.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
3. Die von der Verfahrenspflegerin auf der Grundlage des gerichtlichen Auftrags in Rechnung gestellte Tätigkeit war danach hier nach Grund und Höhe nicht zu beanstanden, soweit der Rechtspfleger die Festsetzung vorgenommen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Es war bei dem zu Beginn knapp einjährigen Kleinkind insbesondere auch zunächst erforderlich, dass die Verfahrenspflegerin das Kind mit sich selbst vertraut machte, bevor sie erste betreute Umgangstermine zwischen Vater und Kind zu organisieren begann. Die weitere Durchführung war aufgrund der dargelegten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den von der Mutter geltend gemachten Befürchtungen in Bezug auf die Geeignetheit des Vaters äußerst zeitaufwendig. Es erfolgte eine Vielzahl von Rücksprachen insbesondere mit beiden Eltern und teilweise deren Anwälten. Auch musste schließlich wegen zunehmender Verhärtung des Verhältnisses zwischen Mutter und Verfahrenspflegerin, die schließlich auch zur Verhängung eines Zwangsgeldes durch das Amtsgericht gegenüber der Mutter führten, gemäß der ausdrücklichen gerichtlichen Erlaubnis von der Verfahrenspflegerin eine Mittelsperson für die Organisation etwaiger unmittelbarer betreuter Umgangsversuche eingeschaltet werden, was auch den Zeitaufwand für die Verfahrenspflegerin selbst noch erhöhte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Einwendungen gegen die Erforderlichkeit des von der Verfahrenspflegerin insoweit nachvollziehbar in Rechnung gestellten Zeitaufwands hat die Bezirksrevisorin mit Ausnahme des Aufwands für eine sozialpädagogische Stellungnahme vom 13.07.2001 auch nicht im einzelnen erhoben. Ein wie geschehen detaillierter Bericht war zum damaligen Zeitpunkt aufgrund des Abbruchs weiterer Umgangstermine durch die Mutter aber veranlasst, da das Gericht eine hinreichende sachliche Grundlage für die Entscheidung über sein weiteres Vorgehen benötigte und den Bericht der Verfahrenspflegerin ausweislich der danach ergangenen Entscheidungen auch verwertet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
4. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Das vorliegende Beschwerdeverfahren ist gem. § 11 KostO gerichtsgebührenfrei. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht kein Anlass.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,232 | olgkarl-2003-01-28-1-u-10502 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 U 105/02 | 2003-01-28T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:03 | 2019-02-12T13:09:46 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 30. April 2002 - 2 O 148/01 - wird durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Berufungsurteil vorbehalten.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Eine Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO ist zulässig, auch wenn mehrere Parteien Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt haben und das Berufungsgericht nur eines der Rechtsmittel als unbegründet erachtet (vgl. Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 522 Rdnr. 17; Gehrlein, Zivilprozessrecht nach der Zivilprozessreform 2002, § 14 Rdnr. 50; Thomas/Putzo, ZPO 24. Aufl., § 522 Rdnr. 21; a.A. Rimmelspacher in MüKo, ZPO-Reform, 2. Auflage, § 522 Rdnr. 27). In der Begründung des Gesetzesentwurfes wird zwar ausgeführt, es werde davon abgesehen, "eine Teilzurückweisung zuzulassen" (BT-Drucksache 14/4722, S. 97). Damit war jedoch nur die Zurückweisung eines Teils eines Rechtsmittels gemeint. Auch findet diese Ansicht im Gesetzeswortlaut keine Stütze (Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 522 Rdnr. 41). Deshalb sprechen sich für die gleichwohl eröffnete Möglichkeit einer Teilzurückweisung bei mehreren Streitgegenständen einer Berufung Zöller/Gummer (a.a.O) und Thomas/Putzo (a.a.O.) aus, sowie für die Zulässigkeit eines Zurückweisungsbeschlusses, wenn ein Teil der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde und für den Rest die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind, Rimmelspacher in MüKo (a.a.O.). Jedenfalls ist es aber der Zurückweisung eines Teiles einer Berufung nicht gleichzustellen, wenn mehrere Parteien (hier sowohl die Klägerin als auch beide Beklagte) Berufung eingelegt haben und eines der Rechtsmittel (hier das der Beklagten) nach einstimmiger Senatsauffassung durch Beschluss insgesamt zurückgewiesen wird. Sinn und Zweck der Zivilprozessrechtsreform liegen vor allem in der Beschleunigung des Berufungsverfahrens und in der Konzentration auf nicht völlig aussichtslose Rechtsmittel (vgl. zu diesem Gesetzesanliegen Begründung des Regierungsentwurfs BT-Drucksache 14/4722, S. 97). Diese Ziele werden besser erreicht, wenn lediglich noch für das restliche, nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO erledigte Rechtsmittelverfahren eine mündliche Verhandlung stattfinden muss. Auch in dem Fall, in dem mehrere Rechtsmittel eingelegt werden, besteht für die in erster Instanz teilweise obsiegende Partei, deren Obsiegen bestätigt werden soll, das berechtigte Bedürfnis nach einer möglichst raschen abschließenden Erledigung dieses Teils der Streitigkeit. Wenn wie vorliegend das Vorbringen des Berufungsklägers - auch unter Berücksichtigung seiner Ausführungen als Berufungsbeklagter - seiner eigenen Berufung voraussichtlich auch nach einer mündlichen Verhandlung nicht zum Erfolg verhelfen kann, so ist diese gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit Beschluss vom 26.11.2002, auf den wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Senat die Parteien gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hingewiesen. Die Stellungnahme des Beklagten als Berufungsführer führt zu keiner anderen Beurteilung der Voraussetzungen. Ergänzend ist folgendes auszuführen:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
1. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder zur Rechtsfortbildung noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist vorliegend eine Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO). Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die der Sache zugrunde liegende Rechtsfrage auch künftig wiederholt auftreten wird und wenn über ihre Beantwortung in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten werden; allein die wirtschaftliche Bedeutung für die Parteien genügt nicht (vgl. Zöller/Gummer, ZPO a.a.O., § 522, Rdnr. 37). Eine Entscheidung ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzuzeigen oder Gesetzeslücken zu schließen. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung dann geboten, wenn wegen unterschiedlicher Entwicklung der Rechtsprechung oder wegen Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung Rechtsunsicherheit zu befürchten ist (Zöller/Gummer, ZPO a.a.O., § 522, Rdnr. 37 f; § 543 Rdnr. 11-13). Keine dieser Voraussetzungen ist gegeben. Es ist nicht ausreichend, dass es im Bereich der Prospekthaftung allgemeine Rechtsprobleme gibt, die noch obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Klärung bedürfen. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache kann nur anhand der im Einzelfall zu entscheidenden Rechtsfragen bejaht werden. Hier haften die Beklagten aber jedenfalls nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, weil der Beklagte Ziffer 1 nach unstreitigem Vortrag der Wahrheit zuwider angegeben hatte, seine Erfindung sei bereits in 80 Ländern der Erde patentiert worden. Dies berührt keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern erfordert(e) lediglich eine Einzelfallentscheidung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
2. Der Senat sieht den Zeitpunkt der Anlageentscheidung als für den Schaden maßgeblich an. Aus diesem Grund kommt es, auch für die Frage eines Mitverschuldens der Klägerin, nicht darauf an, ob sich ihr Geschäftsführer aufgrund der besonderen Nähe zur S. nach der verbindlichen Anlageentscheidung über die einzelnen Umstände hätte Kenntnis verschaffen können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
3. Eine Kostenentscheidung wird zusammen mit der Entscheidung über die Berufung der Klägerin ergehen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,233 | olgkarl-2003-01-28-10-va-1002 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 VA 10/02 | 2003-01-28T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:03 | 2019-02-12T13:09:46 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag vom 30.08.2002 auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p>3. Der Geschäftswert wird auf EUR 3.000,- festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 EGGVG zulässig. Bei der Entscheidung des Oberlandesgerichtspräsidenten über die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gem. § 1309 BGB - hier: Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16.07.2002 (Az:), der Antragstellerin zugestellt am 08.08.2002 - handelt es sich um einen Akt der Justizverwaltung (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 62. Aufl., § 1309 Rn. 11). Wird die Befreiung, wie im vorliegenden Fall, versagt, kann die Rechtmäßigkeit der Entscheidung in dem Verfahren gem. §§ 23 ff. EGGVG nachgeprüft werden (vgl. Palandt/Brudermüller, a.a.O. § 1309 Rn. 14; Kissel, GVG, 3. A. § 23 EGGVG Rn. 118).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind gegeben, insbesondere ist der Antrag form- und fristgerecht gem. § 26 EGGVG eingegangen. Zwar ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 24 EGGVG nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Im vorliegenden Fall enthält der Antrag keinerlei Begründung. Die behauptete Rechtsverletzung ergibt sich allerdings schon aus der Behauptung, dass der begehrte Befreiungsantrag abgelehnt wurde (vgl. Zöller/Gummer, ZPO 23. Aufl., § 26 EGGVG Rn. 2).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat der Präsident des Oberlandesgerichts die Befreiung der Antragstellerin von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gem. § 1309 Abs. 2 BGB abgelehnt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Zur Begründung verweist der Senat nach eigener, eingehender Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die Gründe des angefochtenen Bescheids und nimmt auf diese zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Eine Auseinandersetzung der Antragstellerin mit dieser Begründung ist nicht erfolgt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Auch der Senat vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für die beantragte Befreiung hier nicht gegeben sind. Eine Befreiung von dem Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses kommt bei Angehörigen solcher Staaten in Betracht, deren innere Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen (§ 1309 Abs. 2 S. 2 BGB). Zu diesen Staaten gehört auch Thailand, der Heimatstaat der Antragstellerin. Über das Standesamt E. hat daher die Antragstellerin eine Befreiung von der Vorschrift des § 1309 Abs. 1 BGB beantragt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Bei der Prüfung des Antrags tritt der Präsident des Oberlandesgerichts an die Stelle der in § 1309 Abs. 1 BGB genannten ausländischen Behörde und hat zu prüfen, ob sich aus dem Heimatrecht der Antragstellerin ein der Eheschließung entgegenstehendes Eheverbot ergibt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Die Antragstellerin hat die thailändische Staatsangehörigkeit. Nach thailändischen Recht liegt aber das Eheverbot der Gleichgeschlechtlichkeit vor.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Auch der Senat vertritt die Auffassung, dass analog Art. 7 EGBGB sich die Geschlechtszugehörigkeit im rechtlichen Sinne nach vollzogener operativer Geschlechtsumwandlung nach dem Personalstatut richtet (vgl. auch Palandt/Heldrich, BGB 62.A. Art. 7 EGBGB Rn. 6). Demgemäß ist für die Frage, welchem Geschlecht die Antragstellerin angehört, thailändisches Recht maßgeblich. Danach hat die Antragstellerin auch nach vollzogener operativer Geschlechtsumwandlung rechtlich das Geschlecht behalten, das sie von Geburt an hatte, so dass sie nach thailändischem Recht ein Mann geblieben ist und ihr die Eheschließung mit einem Mann untersagt ist. Von diesem Eheverbot kann nicht im Rahmen des § 1309 BGB Befreiung erteilt werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass nach dem deutschen Transsexuellengesetz unter bestimmten Voraussetzungen die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit einer Person mit allen daraus folgenden rechtlichen Konsequenzen abweichend von dem Geburtseintrag erfolgen kann (§§ 8, 10 des Transsexuellengesetz vom 10.09.1980, BGB I S. 1654, in der Folge: TSG). Zwar kann es der ordre public - Art. 6 EGGBG - gebieten, im Rahmen des §1309 BGB Befreiung zu erteilen, wenn das ausländische Recht eine Eheschließung verbietet, die mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar wäre (Palandt/Brudermüller, BGB 62. A. § 1309 Rn. 13 mit verschiedenen, nicht einschlägigen Beispielen).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Die Frage, ob der ordre public es gebietet, auf das deutsche Transsexuellengesetz zurückzugreifen, stellt sich aber jedenfalls solange nicht, wie die Antragstellerin nicht eine Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts gem. §§ 2, 8 TSG herbeigeführt hat. Denn zunächst müsste in dem nach dem Transsexuellengesetz vorgeschriebenen Verfahren geprüft werden, ob die Antragstellerin nach deutschem Recht überhaupt die Voraussetzungen für die Feststellung der weiblichen Geschlechtszugehörigkeit erfüllt. Nur eine dahingehende positive Entscheidung des Amtsgerichts hat nach deutschem Recht ab ihrer Rechtskraft zur Folge, dass das im Geburtseintrag der betroffenen Person angegebene Geschlecht nicht mehr maßgeblich ist, die Rechtsstellung sich vielmehr nach dem neuen Geschlecht richtet, § 10 Abs. 1 TSG. Ob die Frage, der Geschlechtszugehörigkeit der Antragstellerin sich nach deutschem materiellen Recht anders als nach thailändischem Recht beantwortet, hängt also von einer derartigen amtsgerichtlichen Entscheidung ab. Mithin kann keinesfalls bevor eine solche Entscheidung vorliegt festgestellt werden, ob das thailändische Recht im Fall der Antragstellerin zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass die Antragstellerin, weil sie nicht unter das deutsche Personalstatut fällt, nicht zu dem Personenkreis zählt, für den gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG das genannte Gesetz gilt. Denn dann, wenn der Präsident des Oberlandesgerichts die Befreiung erteilen würde, weil er die Beschränkung des Transsexuellengesetzes auf Transsexuelle mit deutschem Personalstatut für verfassungswidrig erachtete, würde er sich, wie zuletzt das Kammergericht zutreffend ausgeführt hat (Bescheid vom 10. Juni 2002, StAZ 2002, 307, 308), über die Entscheidung des Gesetzgebers, dass die Beantwortung der Frage der Geschlechtszugehörigkeit bei Personen, die dem deutschen Personalstatut nicht unterfallen, deren Heimatstaat vorbehalten bleiben soll, hinwegsetzen und sich damit eine Verwerfungskompetenz anmaßen, die nicht einmal Fachgerichten zustünde. Denn diese müssen, wenn sie eine Rechtsnorm für verfassungswidrig halten und die Entscheidung darauf beruht, gemäß Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Landesverfassungsgerichts einholen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des deutschen Transsexuellengesetzes kann mithin nur im Rahmen eines Verfahrens nach § 8, 2 TSG vor dem zuständigen Amtsgericht erfolgen, das ggf. eine entsprechende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gem. Art. 100 GG einzuholen hat; andernfalls bleibt für die Antragstellerin letztlich nur der Weg der Verfassungsbeschwerde nach Erschöpfung des Rechtsweges.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Zu Recht hat daher der Präsident des Oberlandesgerichts die beantragte Befreiung nicht erteilt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Der sich dagegen richtende Antrag gem. § 23 EGGVG war somit abzulehnen. Nach § 30 EGGVG i.V.m. § 2 Nr. 1 KostO ist die Antragstellerin Kostenschuldner. Der Geschäftswert war gem. §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 2 KostO festzusetzen.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,235 | olgstut-2003-01-28-4-w-2202 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 W 22/02 | 2003-01-28T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:03 | 2019-02-12T13:09:46 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 26.03.2002 (17 O 54/02) wird kostenpflichtig</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>zurückgewiesen.</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<p>Beschwerdewert: EUR 100.000,–</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Landgericht Stuttgart hat der Antragstellerin nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 a Abs. 1 Satz 2 ZPO auferlegt, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung keinen Erfolg gehabt hätte.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig aber unbegründet. Ebenso wie das Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien zurückzuweisen gewesen wäre. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die angegriffenen Presseerklärungen vom 11.01., 22.01. und 28.01.2002 von ihrer Form oder ihrem Inhalt her rechtswidrig waren.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="3"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Antragsgegnerin war nach § 1 IHKG ermächtigt, die von der Antragstellerin beanstandeten Presseerklärungen zu veröffentlichen. Nach dieser Vorschrift ist es u. a. Aufgabe der Industrie- und Handelskammern, die Interessen der zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen und für die Wahrung von Sitte und Anstand des ehrbaren Kaufmannes zu wirken. Aus der Regelung des § 8 UWG ergibt sich, dass den Industrie- und Handelskammern auch Befugnisse bei der Überwachung von Räumungsverkäufen eingeräumt werden. Eine ausdrückliche Ermächtigung zur Veröffentlichung von Pressemitteilungen ist darin zwar nicht enthalten. Allerdings ergibt sich daraus nicht schon im Umkehrschluss, dass die Handlungsmöglichkeiten der Industrie- und Handelskammern in Bezug auf Räumungsverkäufe auf die im UWG vorgesehenen Maßnahmen beschränkt sind. Nach der neuesten Rechtsprechung des BVerfG (vgl. NJW 2002, 2621) zielt die Rechtsordnung auf die Ermöglichung eines hohen Maßes an markterheblichen Informationen und damit auf Markttransparenz. Dem dienen etwa die rechtlichen Vorkehrungen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, die Festlegung von Werberegeln und Maßnahmen des Verbraucherschutzes, der vor allem durch Bereitstellung von Informationen bewirkt wird. Können Aufgaben der Regierung oder der Verwaltung mittels öffentlicher Information wahrgenommen werden, liegt in der Aufgabenzuweisung grundsätzlich auch eine Ermächtigung zum Informationshandeln (BVerfG, a. a. O.). Demnach war die Antragsgegnerin befugt, zumindest im Rahmen der ihr nach § 1 IHKG zugewiesenen Aufgaben durch Pressemitteilungen die beteiligten Kreise über ihre Beanstandungen im Hinblick auf den streitgegenständlichen Räumungsverkauf zu informieren.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="4"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen des von ihr geltend gemachten Unterlassungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Aufgrund der von beiden Parteien vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen sowie den Gutachten der jeweils beauftragen Sachverständigen lässt sich im summarischen Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin in den beanstandeten Pressemitteilungen unzutreffende oder unwahre Behauptungen aufgestellt hätte. Auch die von der Antragsgegnerin verwendete Form der Darstellung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="5"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">a)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Antrag der Antragstellerin, die Pressemitteilungen vom 11.01., 22.01. und 28.01.2002 vollständig zu verbieten, ist bereits zu weitgehend. Die Antragstellerin beanstandet lediglich einzelne Passagen dieser Pressemitteilungen (bzgl. der Preisgestaltung der Antragstellerin) und behauptet, diese seien unrichtig und unsachlich und verstießen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Soweit die Antragsgegnerin allerdings im übrigen über den Räumungsverkauf bei der Antragstellerin und die zwischen den Parteien entstandene Auseinandersetzung berichtet, die auch von Seiten der Antragstellerin am 22.01.2002 durch eine Zeitungsanzeige (vgl. Anlage AG 8) öffentlich gemacht wurde, ist nicht ersichtlich, in wie weit dadurch bereits eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin begründet sein könnte. Der Verfügungsantrag hätte deshalb bereits aus diesem Grund keinen vollständigen Erfolg haben können.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="6"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">b)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Unwahrheit der von der Antragsgegnerin aufgestellten Behauptungen in Bezug auf die Preisgestaltung und Räumungsverkaufsrabatte der Antragstellerin ist nicht nachgewiesen. Durch die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des Rechtsassessors W sowie der Gutachter U und B, nebst deren schriftlichen Gutachten einerseits, sowie die Gutachten der Sachverständigen We, L und Br andererseits, lässt sich im vorliegenden Verfahren nicht abschließend klären, ob die Preisgestaltung der Antragstellerin tatsächlich überhöht war und damit eine unzutreffende Darstellung durch die Antragsgegnerin in deren Presseerklärungen erfolgte.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Für die Rechtmäßigkeit einer Pressemitteilung einer Behörde ist grundsätzlich zu verlangen, dass diese ihrem Inhalt nach richtige Informationen enthält und dass der Sachverhalt vor seiner Veröffentlichung im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung der verfügbaren Informationsquellen, ggf. auch unter Anhörung Betroffener aufgeklärt worden ist (vgl. BVerfG, a. a. O.; BGH, NJW 1989, 99; OLG Stuttgart, OLGR 2002, 309, 311). Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin diesen Voraussetzungen nicht nachgekommen wäre. Die Pressemitteilung vom 11.01.2002 weist auf die Feststellungen der Sachverständigen U und B hin, die die Preisgestaltung der Antragstellerin am 20.12.2001 und am 09.01.2002 als überhöht im Hinblick auf die übliche Preisgestaltung in Baden-Württemberg bewerteten. Aus der Pressemitteilung wird deutlich, dass nicht der gesamte Warenbestand untersucht, sondern lediglich Stichproben genommen wurden, von denen wiederum nur eine Anzahl von 31 dokumentiert wurde. Soweit im übrigen die Behauptung aufgestellt wurde, eine Reduzierung habe bei ca. 60% der überprüften Teppiche überhaupt nicht vorgelegen, wird dies von Rechtsassessor W in dessen eidesstattlicher Versicherung bestätigt. Eine Prüfung der Richtigkeit dieser bestrittenen Behauptung ist im Verfügungsverfahren dann nicht mehr erfolgt. Kenntnis von den aufgehängten Schildern mit Hinweisen auf gewährte prozentuale Rabatte hatte die Antragsgegnerin frühestens mit Schreiben des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 13.01.2002 (Anlage AG 3) erhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Auch bzgl. der Pressemitteilungen vom 22.01. und 28.01.2002 sind keine unwahren Behauptungen der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht. In diesen Pressemitteilungen wird vielmehr in erster Linie nochmals auf die Preisgestaltung, die bereits Gegenstand der Pressemitteilung vom 11.01.2002 gewesen ist, Bezug genommen und damit auf die von der Antragstellerin in ihrer Zeitungsanzeigen vom 22.01.2002 erhobenen Vorwürfe gegenüber der Antragsgegnerin reagiert. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegnerin die aktuelle Preisgestaltung nicht bekannt sei. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Pressemitteilung vom 28.01.2002, in welcher seitens der Antragsgegnerin keine neuen Vorwürfe gegenüber der Antragstellerin erhoben wurden, sondern vielmehr erklärt wurde, aufgrund welcher Beanstandungen es letztlich zu der öffentlich geführten Auseinandersetzung zwischen den Parteien kam.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
Da der Antragsgegnerin nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens nicht vorgeworfen werden kann, ihre Pressemitteilungen aufgrund unsorgfältiger Recherchen veröffentlicht zu haben und sie sich bei ihrem Handeln auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB) berufen kann, trägt die Antragstellerin die Glaubhaftmachungs- und Beweislast für die Unwahrheit der aufgestellten Behauptungen (vgl. Prinz/Peters, Medienrecht, Rn. 381).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="10"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">c)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, ihre Pressemitteilungen nach deren erstmaligen Erscheinen nicht weiter zu verbreiten, aus dem Internet zu entfernen oder zu berichtigten, weil die Antragstellerin zwischenzeitlich auf die darin enthaltenen Beanstandungen reagiert hatte. Lediglich eine im Nachhinein als unrichtig erkannte Information, die für das Marktverhalten weiter von Belang ist, muss korrigiert werden oder es muss deren Weiterverbreitung unterbleiben (vgl. BVerfG, NJW 2002, 2621). Aus der eindeutigen Formulierung der (jeweils datierten) Pressemitteilungen ergibt sich, dass damit lediglich die Preisgestaltung bezogen auf den 09.01.2002 beanstandet wurde. Sinn und Zweck der Mitteilung war es, potenzielle Kunden der Antragstellerin und Wettbewerber auf die nach Auffassung der Antragsgegnerin überwiegend überhöhten Preise des Räumungsverkaufes hinzuweisen und deren Aufmerksamkeit insoweit zu schärfen. Dieser Zweck war auch nach der Erstveröffentlichung weiter gegeben und insbesondere nach den öffentlich erhobenen Vorwürfen der Antragstellerin durfte sich die Antragsgegnerin ihrerseits durch die nachfolgenden Presseerklärungen zur Wehr setzen. Nach der eidesstattlichen Versicherung des Herrn W hat es nach dem 14.01.2002 auch einen "nie da gewesenen Ansturm an Verbraucherbeschwerden" gegeben.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="11"/>
Im übrigen kann von der Antragsgegnerin grundsätzlich nicht verlangt werden, die Richtigkeit früherer Veröffentlichungen fortlaufend zu überprüfen, entscheidend ist vielmehr deren Wahrheitsgehalt zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung. Die Antragsgegnerin hat in den Pressemitteilungen vom 22.01. und 28.01.2002 aber auch nicht behauptet, dass die Beanstandungen vom 11.01.2002 fortbestehen würden, sondern korrekt darauf verwiesen, dass zumindest nach den Gutachten der von der Antragstellerin beauftragten Sachverständigen die Preise dem ortsüblichen Niveau entsprächen und sogar ausdrücklich das von der Antragstellerin nachträglich eingeräumte Rückgaberecht erwähnt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt" class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="12"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">d)</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Schließlich wäre das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin auch nicht aufgrund der von der Antragsgegnerin gewählten Darstellungsform oder wegen eines Verstoßes gegen das Übermaßverbot begründet gewesen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
Grundsätzlich unterliegen Äußerungen von Hoheitsträgern besonderen Schranken. So müssen auch marktbezogene Informationen dem Sachlichkeitsgebot entsprechen und dürfen auch bei an sich zutreffendem Inhalt weder unsachlich noch herabsetzend formuliert sein (vgl. BVerfG, NJW 2002, 2621; VGH Mannheim, NJW 1986, 340). Dies schließt es allerdings nicht aus, dass auch hoheitlich tätige Stellen deutliche Worte gebrauchen, wobei die Grenze aber in der willkürlichen, auch bei Zugrundelegung des Standpunktes des Äußernden unnötigen Herabsetzung liegt (VGH Mannheim, a. a. O.). Nach Auffassung des Senats ist diese Grenze vorliegend nicht überschritten. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass es sich bei der Antragsgegnerin als rechtlich verselbständigten Teil der Wirtschaftsverwaltung und als Interessenvertretung aller Gewerbetreibender um eine Institution handelt, an welche von vorneherein nicht die gleichen Anforderungen im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot wie bei den übrigen Behörden der unmittelbaren Staatsverwaltung gestellt werden können. Insbesondere ist vorliegend aber andererseits zu berücksichtigen, dass die Pressemitteilungen im wesentlichen sachlich formuliert sind und nur in den von der Antragstellerin ausdrücklich beanstandeten Passagen in ironisierender Weise auf die in den Anzeigen der Antragstellerin bewusst verwendeten rhetorischen Mittel zurückgegriffen wird. Nachdem die Ankündigung derartiger Räumungsverkäufe von Orientteppichgeschäften – wie gerichtsbekannt ist – üblicherweise mit recht reißerischen Werbemaßnahmen erfolgt, liegt es nahe, in Bezug auf die angebotene Handelsware die nach Auffassung der Antragsgegnerin überhöhten Preise in rhetorischer Weise mit orientalischen Märchen in Zusammenhang zu bringen. Die Antragstellerin hat sich mit ihren weitgehenden Anpreisungen zielgerichtet in die Öffentlichkeit begeben und hat es daher grundsätzlich hinzunehmen, dass sie an ihren eigenen Versprechungen gemessen wird. Ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot liegt nicht schon alleine deshalb vor, wenn dies durch eine hoheitlich handelnde Körperschaft in ironisierender Weise geschieht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Im übrigen ist nicht zu erkennen, dass der von der Antragsgegnerin beabsichtigte Erfolg – Warnung von Verbrauchern und Wettbewerbern – hier offensichtlich außer Verhältnis zu den auf Seiten der Antragstellerin drohenden Nachteilen steht, zumal mit den Presseerklärungen keinerlei Aufruf zum Boykott des Räumungsverkaufes oder zu einem sonstigen bestimmten Verhalten der angesprochenen Kreise verbunden war (vgl. OLG Stuttgart, OLGR 2002, 309, 311).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="15"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.</td>
</tr>
</table>
</td></tr></table> |
|
132,236 | olgstut-2003-01-28-5-ws-752002-5-ws-7 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 Ws 75/2002; 5 Ws 75/02 | 2003-01-28T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:04 | 2019-02-12T13:09:46 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 16. Oktober 2002, durch den der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten als unzulässig verworfen wurde, wird als unbegründet verworfen.</p>
<p>Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Angeklagte hatte gegen seine Verurteilung durch die Jugendrichterin des Amtsgerichts Böblingen vom 19. März 2002 rechtzeitig Berufung eingelegt. Diese wurde durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 22. August 2002, dem Verteidiger zugestellt am 06. September 2002, gemäß § 329 Abs. 1 StPO verworfen, weil der Angeklagte der Berufungshauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt ferngeblieben sei; die Terminsladung war ihm am 20. Juni 2002 durch Niederlegung zugestellt worden. Das durch Verteidigerschriftsatz am 12. September 2002 beim Landgericht eingegangene Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten hat die Jugendkammer mit Beschluss vom 16. Oktober 2002 als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Verteidiger namens des Beschwerdeführers mit der rechtzeitig eingegangenen sofortigen Beschwerde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Angeklagte sei entsprechend seiner seit 04. Dezember 2000 bestehenden Ausreisepflicht vor der Berufungshauptverhandlung (aus dem Bundesgebiet) ausgereist. "Ein am 13.06.2002 an die Ladungsanschrift gerichteter Brief" sei mit dem Vermerk 'Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln' an den Verteidiger zurückgekommen, weshalb eine ordnungsgemäße Ladung zum Hauptverhandlungstermin "mit Nichtwissen bestritten" werde. Der Beschwerdeführer habe am 30.08.2002 in der Kanzlei des Verteidigers angerufen und erklärt, "dass er in seiner Heimat sei".
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Rechtsmittel ist zulässig, bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. a) Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Ladung zum Hauptverhandlungstermin kann der Angeklagte - obgleich insoweit kein Fall der Säumnis bzw. des Ausbleibens im Sinne des § 329 Abs. 1 StPO gegeben ist - nach herrschender, vom Senat geteilter Auffassung (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl., § 329 Rn. 41 m.w.N.) in entsprechender Anwendung des § 329 Abs. 3 StPO im Wege der Wiedereinsetzung geltend machen. Welchen Anforderungen ein solcher Antrag genügen muss und ob das zuständige Gericht die Wirksamkeit der Ladung auch im Verfahren über die Wiedereinsetzung von Amts wegen zu prüfen hat, ist umstritten (vgl. eingehend hierzu OLG Köln VRs 99, 270 ff.; OLG Hamburg NStZ-RR 2001, 302 f.; OLG Karlsruhe NJW 1997, 3183).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
b) Weitgehende Einigkeit besteht jedoch, soweit ersichtlich, darüber, dass der Postzustellungsurkunde bei der Ersatzzustellung hinsichtlich der tatsächlichen Wohnung des Adressaten zwar nicht die volle Beweiskraft des § 418 ZPO, immerhin aber eine Indizwirkung zukommt, die im Fall der Geltendmachung von nicht offen- oder aktenkundigen (zu letzteren vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 1997, 138 f.) Ladungsmängeln durch die schlüssige und plausible Darlegung konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte entkräftet werden muss (BVerfG NStZ-RR 1997, 70 f.; OLG Hamburg aaO S. 303; unklar insoweit OLG Karlsruhe NJW 1997, 3183). Daher durfte das Landgericht Stuttgart im Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung mangels anderweitiger Erkenntnisse ohne weiteres von der in der Postzustellungsurkunde genannten Wohnung des Angeklagten ausgehen. Auch die von der Jugendkammer noch vor der Hauptverhandlung eingeholte Auskunft des zuständigen Einwohnermeldeamts, wonach der Angeklagte am 11. Juli 2002 von Amts wegen abgemeldet worden sei, "da unbekannt verzogen", vermochte die auf den Zeitpunkt der Zustellung, also den 20. Juni 2002, bezogene Indizwirkung der Postzustellungsurkunde nicht zu entkräften.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Richtigerweise ist - unabhängig von der Frage, ob nach einem möglichen Wegfall der Indizwirkung der Grundsatz der Amtsermittlung eingreift - weiter davon auszugehen, dass von diesen Mindestanforderungen an die Geltendmachung von Ladungsmängeln auch im Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren gegen eine sich auf die Indizwirkung der Postzustellungsurkunde stützende Gerichtsentscheidung nicht abgesehen werden kann. So müssen etwa auch im Revisionsverfahren bei behaupteter nicht ordnungsgemäßer Ladung die hierfür maßgeblichen Umstände als Voraussetzung einer zulässigen Verfahrensrüge gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO schlüssig vorgetragen werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl., § 329 Rn. 48 m.w.N.). Mithin steht fest, dass der Beschwerdeführer auch im Wiedereinsetzungsverfahren über die schlichte Behauptung hinaus, nicht mehr an der Zustellungsanschrift gewohnt zu haben, die Indizwirkung der Postzustellungsurkunde durch eine plausible und schlüssige Darstellung entkräften muss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
c) Dem genügt das Vorbringen der Verteidigung nicht. So wird weder mitgeteilt, wann genau der Angeklagte auf welchem Weg aus Deutschland ausgereist sein will noch wird angegeben, wann der "am 13.06.2002 an die Ladungsanschrift gerichtete Brief" an den Verteidiger zurückgelangt ist oder wann er mit dem Vermerk "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" versehen wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 JGG.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,230 | olgkarl-2003-01-24-23-u-602-bsch | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 U 6/02 BSCh | 2003-01-24T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:01 | 2019-02-12T13:09:46 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin und ihres Streithelfers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Konstanz vom 27.06.2002 - 11 C 36/02 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.</p>
<p>4. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<strong>I.</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der klagende Versicherer verlangt aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) im Wege des Regresses Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bzw. aus Amtspflichtverletzung nach einem Sportbootunfall, der sich am ... gegen ... Uhr auf dem Bodensee ereignet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Im ersten Rechtszug hat die Klägerin sowohl das Land ... als auch die Stadt R. in Anspruch genommen und ihrem Versicherungsnehmer den Streit verkündet. Dieser ist auf Klägerseite dem Rechtsstreit beigetreten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Streithelfer der Klägerin ist Eigner der Segelyacht ... (13 m lang, 3,18 m breit, Tiefgang 1,85 m, Segeloberfläche 75 m², Motor 22 PS) mit der Zulassungsnummer .... Das Boot war bei der Klägerin kaskoversichert. Zum Unfallzeitpunkt war der Streithelfer der Klägerin, der Inhaber des Bodenseeschifffahrtpatentes und des Führerscheins für Binnenschifffahrt (A) für Yachten unter Segel und unter Motor ist und das westliche Bodenseerevier seit 30 Jahren befährt, zusammen mit einem Segelkameraden, der selbst keinen Bootsführerschein hat und dem er kurz vor dem Unfall das Ruder überließ, auf der Fahrt unter Motor von R. in Richtung „L.“. Vor der Halbinsel M. im Zeller See geriet er mit dem mit GFK überzogenen Bleikiel der Yacht gegen die westliche der dort befindlichen beiden Seeauslassleitungen der Sammelkläranlage R. im Planquadrat .... Diese Anfahrung führte zu erheblichen Schäden am Boot, die die Klägerin als Kaskoversicherer regulierte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Seeauslassleitung war im Jahr 1962 verlegt worden. Sie dient der Einleitung von geklärtem Abwasser aus der Zentralkläranlage in den R. See. Dabei handelt es sich um zwei getrennte Seeauslassleitungen mit einem Durchmesser von jeweils 60 cm. Sie gehen von einem gemeinsamen Verteilerschacht am Ufer fächerförmig in einem Winkel von 21 Grad zueinander ca. 600 m in den See hinaus. In diesem Bereich fällt der Seeboden langsam ab. Im Jahr 1963 waren beide Leitungen in einer Mulde des Seegrundes abgesenkt und anschließend im Spülverfahren abgedeckt worden. Im August 1964 trieb eine der beiden Leitungen infolge der Bildung von Gasen auf. Durch Anbohrungen zur Entgasung der Leitungen senkte diese sich wiederum auf den Seegrund, ragt allerdings seither zu zwei Dritteln aus dem Seeboden heraus. Das Regierungspräsidium F. erteilte am ... der Zweitbeklagten die wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung von Abwasser aus der Kläranlage in den Bodensee und die wasserrechtliche Genehmigung zum Betrieb der Stickstoffelimination. Ziffer VI. 3. lautet:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
„Seeauslassleitung
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die ursprünglich im Seeboden verlegte Seeleitung ragt durch Aufschwimmen und erneutes Absinken zu ca. 2/3 auf der gesamten Länge aus dem Seegrund heraus und stellt dadurch ein Hindernis für die Schifffahrt und die Fischerei dar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Dem Vorschlag der Fischerei, die Seeleitung in den Boden zu verlegen, kann nicht entsprochen werden....
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Zur Vermeidung von Schäden an Netzen und Booten hat das Landratsamt K. als zuständige Behörde die geeigneten Maßnahmen zu treffen (z.B. schifffahrtsrechtliche Kennzeichnung)
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Streithelfer der Klägerin hatte im Jahr 1992 bereits mit einer anderen Segelyacht eine der beiden Seeauslassleitungen angefahren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen behauptet, die Anfahrung am 16.04.2000 sei ausschließlich auf die fehlerhafte und unzureichende Kennzeichnung der Abflussrohre durch die Schifffahrtsbehörde des Landratsamts K., für welche die Beklagte Ziff. 1 als Träger hafte, zurückzuführen. Die Auslassleitung sei lediglich an zwei Punkten durch hin- und herschwojende Bojen gekennzeichnet. Eine Boje sei eine unzureichende Kennzeichnung, da sie nur eine punktuelle Gefahrenquelle markiere. Sie könne aber nicht ein Rohr von mehreren hundert Metern Länge kennzeichnen. Die erste Boje sei etwa 70 m vom Ufer entfernt angebracht, also in Ufernähe und die zweite kennzeichne nicht das Ende der Rohrleitung, sondern befinde sich in einer Entfernung von ca. 250 m vom Ufer. Der Streithelfer der Klägerin habe diese Bojen in einem Abstand von mehr als 75 m seewärts umfahren. Dies sei in nautischer Hinsicht als hinreichend weiträumig anzusehen. Beide Rohre seien in keiner Seekarte eingezeichnet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
In der unzureichenden Kennzeichnung der Rohre liege eine Amtspflichtverletzung. Der Beklagten Ziff. 1 habe die Amtspflicht gegenüber dem Streithelfer der Klägerin oblegen, der sich als Segler auf die Ordnungsgemäßheit der Kennzeichnung verlassen habe. Die Pflicht habe den Zweck, den Schiffsverkehr vor derartigen Unfällen zu bewahren. Die Amtspflichtverletzung sei fahrlässig erfolgt. Für die Pflichtverletzung habe die Beklagte Ziff. 1 einzustehen. Die Beklagte Ziff. 2 habe die bestehenden Leitungen nicht an den Seekartenverlag zur Einzeichnung in die Seekarten weitergemeldet, weshalb auch sie hafte. Im übrigen sei sie als Betreiberin der Anlagen verantwortlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Streithelfer der Klägerin hat ergänzend vorgetragen, die Auslassleitung sei erst im Jahr 1999 durch die Tonne E.7 gekennzeichnet worden. Die seewärtige Tonne sei zum Unfallzeitpunkt weiter landeinwärts befestigt gewesen; erst nach dem Unfall sei sie von Mitarbeitern der Beklagten 20 bis 30 m seewärts versetzt worden. Die Kollisionsstelle liege indessen immer noch 76 m seewärts von der Tonne. Die Tonne E.7 bezeichne eine Einzelgefahrenstelle. Eine Leitung dürfe nicht damit gekennzeichnet werden. Eine ordnungsgemäße Kennzeichnung einer Leitung müsse denknotwendig am Leitungsende seewärts angebracht werden. Das Zeichen E.7 dürfe von allen Seiten umfahren werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 76.331,78 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Beklagten haben beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Die Beklagte Ziff. 2 hat im Wesentlichen vorgetragen, die Unterhaltslast für die Gewässer obliege nach dem Wassergesetz ... dem Land. Dieses sei verpflichtet, die allgemeine Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen, weshalb die Beklagte Ziff. 2 nicht passiv legitimiert sei. Nach Artikel 5.01 III der Verordnung über die Schifffahrt auf dem Bodensee sei ausschließlich das Landratsamt K. für die Anbringung von Schifffahrtszeichen zuständig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Im übrigen sei die Auslassleitung wasserrechtlich genehmigt worden. Die Schifffahrtsbehörde habe im Bereich der Seeauslassleitungen Bojen (Zeichen E.7 entsprechend der Anlage B zur BodenseeSchiffO) verankert. Diese Bojen würden vor Untiefen und vor Schifffahrtshindernissen warnen, seien am Bodensee auch andernorts angebracht und allgemein bekannt. Diese Sicherung sei ausreichend. Es bestehe keine Rechtsverpflichtung der Zweitbeklagten, vorhandene Seekarten auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen bzw. dafür zu sorgen, dass die Seekarten auf dem neuesten Stand seien. Der Streithelfer der Klägerin sei bei völlig klarem Wetter und bei Tageslicht mit der Abwasserleitung kollidiert. Der Bereich sei ihm nach eigenem Vortrag durch jahrelanges Segeln mit all seinen Problemen und Möglichkeiten bestens bekannt. Im übrigen sei ihm die Lage der Auslassleitung aufgrund seines früheren Unfalls bereits bewusst gewesen. Jedenfalls habe der Streithelfer der Klägerin den Unfall selbst in so hohem Masse selbst verschuldet, dass ein möglicher Schadensbeitrag Dritter völlig zurücktreten müsse. Er sei nach seinen Angaben gegenüber der Wasserschutzpolizei unter Motor mit voller Geschwindigkeit gegen das Hindernis gefahren. Unter den vorliegenden Bedingungen sei ein Echolot nicht in der Lage, das Hindernis rechtzeitig anzuzeigen. Ihm sei bekannt gewesen, dass im Untersee besonders sorgfältig navigiert werden müsse.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Beklagte Ziff. 1 hat im Wesentlichen vorgetragen, die Auslassleitung sei in den Seekarten eingetragen. Zu beanstanden sei, dass der Streithelfer die Führung des Bootes im Unfallzeitpunkt einem Mitsegler überlassen habe, der nicht über die behördliche Erlaubnis zur Führung eines solchen Bootes verfügt habe. Der Seeboden verlaufe an der Unfallstelle keinesfalls gleichförmig; vielmehr befänden sich dort auch Findlinge auf dem Seegrund, die deutlich höher aus dem Seeboden ragten als die Seeauslassleitung. Dass eine Verkehrssicherungspflicht bestehe, bedeute nicht, dass jeder Bootsfahrer völlig sorglos das Gewässer benutzen könne. Beide Rohre seien ausreichend gekennzeichnet gewesen. Die Kennzeichnung sei so vorgenommen worden, dass die Bojen in Bezug auf beide Rohre versetzt angebracht gewesen seien. Die äußere Boje am östlichen Rohr sei so platziert, dass sie auch das westliche Rohr schütze. Nähere man sich dem dortigen Bereich, parallel zum Ufer fahrend, von der Seite, sei eine seitliche Versetzung der beiden Bojen seewärts und uferwärts nicht zu erkennen, sondern beide Bojen seien in einer Linie vom Ufer entfernt zu erkennen. Dies signalisiere jedem vernünftigen Bootsführer, dass sich im dortigen Bereich eine Hindernislinie befinde und gebe Anlass, die äußere seeseitige Boje im sicheren Bereich zu umfahren. In einer internationalen Sitzung von Zulassungsbehörden und technischen Sachverständigen am ... sei man sich einig gewesen, im Bereich des Unfalls keine besondere Kennzeichnung vorzuschlagen; das Zeichen E.7 sei auch in der konkreten Situation völlig ausreichend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Mit am 27.06.2002 verkündeten Urteil, auf das wegen aller anderen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Schifffahrtsgericht die Klage abgewiesen. Die beklagte Stadt hat es für nicht passiv legitimiert erachtet, da allein dem erstbeklagten Land die Verkehrssicherungspflicht obliege. Die zweitbeklagte Stadt hafte auch nicht als Eigentümerin oder Betreiberin der beiden Seeauslassleitungen; aber auch das erstbeklagte Land habe die ihm obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Hiergegen wenden sich die Klägerin und ihr Streithelfer mit der Berufung. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen und tragen - nach Rücknahme der zunächst auch gegen die zweitbeklagte Stadt gerichteten Berufung - im Wesentlichen ergänzend vor:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
<span style="text-decoration:underline">Streithelfer:</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Der an der Unfallstelle im Bereich der M. langsam abfallende Seebooten verlaufe nicht uneben. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Yacht im Vertrauen auf das richtige Funktionieren des Echolotes bei „voller Fahrt unter Motor“ gelaufen sei. Der Motor führe allenfalls zu einer Geschwindigkeit von 5 - 6 Knoten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Ein Echolot zeige nur die allmählichen Tiefenveränderungen, niemals einen Fremdkörper auf dem Seegrund. Das Echolot schaue nicht voraus, sondern messe die Abstände zum Seeboden exakt unter dem Kiel. Daher würde - trotz eingeschaltetem Echolot - auch eine Geschwindigkeit von nur einem Knoten oder weniger zum gleichen Unfall geführt haben. Gerade deshalb sei die Seeauslassleitung so gefährlich für den Schiffsverkehr. Die streitgegenständlichen Bojen würden nicht den ungefähren Verlauf des Seeauslassleitung markieren, sondern den Schiffsführer in die Irre führen, da dieser nur an der Stelle, an der sich das Seezeichen E.7 befinde, ein Hindernis erwarte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
<span style="text-decoration:underline">Klägerin:</span>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Entgegen der Auffassung des Schifffahrtsgerichts sei es nicht ausreichend, dass die Seeauslassleitung in der offiziellen See- und Navigationskarte, Stand 1998, eingezeichnet sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die Klägerin und Streithelfer beantragen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
auf die Berufung das Urteil des Schifffahrtsgerichts K. vom 27.06.2002 abzuändern, soweit die Klage gegen den Beklagten Ziff. 1 abgewiesen wurde und diesen zu verurteilen, an die Klägerin EUR 76.331,78 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Die Beklagte Ziff. 2 beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
nach der Rücknahme der gegen sie gerichteten Berufung der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Das erstbeklagte Land beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
die Berufung der Klägerin und ihres Streithelfers zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Der Erstbeklagte wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen, macht sich die Gründe des angefochtenen Urteils zu eigen und trägt ergänzend vor:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Es habe bei den konkreten vorgegebenen Verhältnissen überhaupt keine Verpflichtung zur Kennzeichnung bestanden; die gleichwohl vorgenommene Kennzeichnung sei völlig korrekt. Der Seeuntergrund falle im Unfallbereich keineswegs gleichmäßig ab; vielmehr würden dort auch Steine in Findlingsgröße liegen, deren Höhendifferenz zum umliegenden Seeboden höher sei als die Höhendifferenz der Leitung zu ihrer Umgebung. Mit Hindernissen habe der Streithelfer der Klägerin oder der Rudergänger rechnen müssen, zumal das Echolot, wenn es richtig funktioniert habe, eine Tiefe von maximal von 10 bis 20 cm vor dem Unfallort habe anzeigen können. Dem Streithelfer, der schon viele Jahre am Bodensee mit Segeln verbringe, sei die Existenz der Leitungen bestens bekannt gewesen, da er schon einmal mit der Leitung kollidiert sei. Ihm habe auch bekannt sein müssen, dass sein neues Boot noch größeren Tiefgang habe als das Boot, mit dem er schon einmal die Leitung angefahren habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Gegen einen Amtshaftungsanspruch spreche ferner, dass dem Streithelfer eine anderweitige Ersatzmöglichkeit - nämlich der Anspruch gegen die Klägerin zur Verfügung gestanden habe. Eine weitere anderweitige Ersatzmöglichkeit bestehe im Rückgriff auf den tatsächlichen Bootsführer in der Unfallsituation.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<strong>II.</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
1. Die Berufung ist zulässig. Haben Hauptpartei und ihr Streithelfer jeweils Berufung eingelegt, so handelt es sich gleichwohl nur um ein einheitliches Rechtsmittel (vgl. BGH NJW 1993, 2948).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Ein auf den klagenden Versicherer übergegangener Anspruch gegen das im zweiten Rechtszug zuletzt allein noch beklagte Land besteht weder wegen Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) noch aus §§ 823, 831, 31, 89 BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
a) Für Wasserstrassen und Häfen wie auch für Schleusenanlagen gilt ebenso wie für Wege und Plätze der Grundsatz, dass derjenige, der dort einen Verkehr eröffnet hat oder andauern lässt, nach § 823 BGB für eine Gefahrenlage verantwortlich ist, die bei ordnungswidrigem Zustand der Verkehrsanlage entsteht. Er hat dafür zu sorgen, dass sich die Anlage im verkehrssicheren Zustand befindet und er haftet für Schäden, die einem Benutzer der Anlage aus deren ordnungswidriger Beschaffenheit entstehen, wenn er es aus Mangel an der von ihm im Verkehr zu beachtenden Sorgfalt verabsäumt hat, die Gefahrenquelle zu beheben, für die Zeit bis zu ihrer Beseitigung den Verkehr warnend auf die Gefahrenquelle hinzuweisen und gegebenenfalls den Gefahrenbereich zu sperren (Schifffahrtsobergericht Karlsruhe, Urteil v. 15.04.1997 - U 5/96 BSch - = VersR 1999, 212 m.w.N.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich einer öffentlichen Wasserstrasse richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats in der Regel nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Träger der Verkehrssicherungspflicht dieser im Rahmen der öffentlichen Verwaltung (hoheitsrechtlich) genügen will. Dazu bedürfte es aber eines ausdrücklichen Organisationsakts, der der Allgemeinheit gegenüber bekannt gemacht wird. Dass ein solcher ausdrücklicher Organisationsakt für den Bodensee bestehe, ist von keiner der Parteien vorgetragen worden. Es ist daher - wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde -  im vorliegenden Fall ebenso wie in anderen Fällen, in denen es um die Verkehrssicherungspflicht für Wasserstrassen ging (vgl. Senat a.a.O., m.w.N.), davon auszugehen, dass die Beklagte für die richtige Kennzeichnung von Gefahrstellen auf dem Bodensee nicht nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, sondern nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen einzustehen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
b) Der Senat teilt die Überzeugung des Schifffahrtsgerichts, dass das beklagte Land seine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Streithelfer der Klägerin nicht schuldhaft verletzt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
aa) Inhalt der Verkehrssicherungspflicht ist es, dass jeder, der im Verkehr eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutz anderer zu treffen hat. In Rechtsprechung und Schriftung besteht jedoch Einigkeit darüber, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht missverstanden werden darf als Pflicht zur völligen Gefahrloshaltung der Verkehrswege. Es ist unzulässig, allein daraus, dass die Beschaffenheit des Verkehrsweges einen Unfall unter Umständen mitverursacht hat, eine Haftung wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht herzuleiten (vgl. Senat, VersR 1996, 129; 1999, 212; Wussow/Kürschner, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl. (2002), Kap. 20 TZ 11). Der Sicherungspflichtige kann sich grundsätzlich auf den sorgfältigen aufmerksamen Benutzer von Anlagen einstellen (RSOG Karlsruhe, ZfB 1993, 1426).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Während der für eine Bundeswasserstraße Verkehrssicherungspflichtige den der Schifffahrt zur Verfügung gestellte Verkehrsweg zu sichern hat und insbesondere dafür sorgen muss, dass dieser für die zugelassene Schifffahrt die erforderliche Tiefe und Breite besitzt, frei von Hindernissen und soweit erforderlich genügend gekennzeichnet ist, wobei die Fahrrinnengrenze richtig und genau bezeichnet werden muss (vgl. Senat, Urt. vom. 10.09.2001 - U 3/00 BSch = NZV 2002, 326 = ZfB 2002 (H6), 61, = VRS Bd. 102, 182), handelt es sich im vorliegenden Sachverhalt lediglich um einen Flachwasserbereich des Bodensees, für den keine vergleichbaren strengen Verkehrssicherungspflichten bestehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Das beklagte Land hat durch das Landratsamt K. - Schifffahrtsamt - die beiden Seeauslassleitungen mit jeweils zwei Bojen und Hinweiszeichen gemäß Zeichen E.7 entsprechend der Anlage B zur BodenseeSchiffO (Schifffahrtszeichen: Kennzeichen der Untiefen und Schifffahrtshindernisse) markiert. Für dieses Zeichen bestehen keine gesetzlichen oder Verwaltungsvorschriften über die Art und Weise insbesondere die Lokalisierung seiner Anbringung. Die Untiefenbeschilderung stellt keine konkrete Gefahrenabgrenzung vor Ort im Sinne einer „Abschrankung“ dar, sondern gibt nur einen allgemeinen Hinweis auf Bestehen einer Gefahrenlage für die Schiffsführer.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Der Senat würde es zwar für sinnvoller erachten, wenn eine der Bojen am Ende der westlichen Seeauslassleitung festgemacht würde oder jedenfalls in dessen unmittelbarer örtlicher Nähe, so wie dies auch hinsichtlich der östlichen Auslassleitung der Fall ist. Die tatsächlich vorgenommene Platzierung stellt jedoch keine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung dar, nachdem sich das beklagte Land unstreitig in Konsens mit der internationalen Schifffahrtskommission befindet und bei der Ausübung seines Ermessens davon ausging, dass die in etwa parallel versetzt liegenden Seeleitungen vom querab ankommenden Bootsverkehr am besten durch alternierende Ausbringung des Untiefenkennzeichnens (wechselnd einmal über der westlichen und einmal über der östlichen Leitung) als linienhaft gekennzeichnetes Hindernis erkannt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Das vorliegende Unfallgeschehen sollte freilich dem Beklagten zur erneuten Überprüfung Anlass geben, ob nicht eine weitere Sicherung - zu denken wäre auch an das Setzen eines Seezeichens - veranlasst ist, auch wenn er aus Gründen des Flachwasserzonenschutzes, der Minimierung einer Beeinträchtigung der Fanggeräte der Fischerei und aus Naturschutzgründen die Anzahl von Schifffahrtszeichen auf das notwendige Maß begrenzen möchte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
bb) Der zu Beginn des Rechtsstreits noch erhobene Vorwurf der Klägerin, die Auslassleitungen seien in die Navigationskarte nicht aufgenommen, hat sich als unrichtig erwiesen. Gerade die Einzeichnung in die Karten seit 1998 entlastet das beklagte Land (ebenso wie auch die erstinstanzlich noch in Anspruch genommene beklagte Stadt).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
c) Selbst wenn man im vorliegenden Fall eine schuldhafte Verkehrssicherungspflicht annehmen wollte, so würde dies im Ergebnis doch zu keiner Haftung gerade gegenüber dem Kläger führen, da jedenfalls in der gemäß § 254 BGB vorzunehmenden Abwägung dessen eigenes hohes Mitverschulden ein etwaiges geringes Verschulden der Beklagten völlig überwiegt (vgl. dazu auch Wussow/Kürschner a.a.O. Kapitel 55 TZ 25). Der Kläger ist ortsansässig, kennt das Revier sehr gut und befährt es mit Segelyachten bereits seit langer Zeit. Nachdem er selbst bereits einige Jahre zuvor mit einer anderen Yacht eine der Auslassleitungen angefahren hatte, war er im eigenen Interesse zur besonderen Vorsicht verpflichtet. Er wusste um die Existenz der Seeauslassleitungen und hätte sie deshalb in gebotenem Abstand umfahren können und müssen. Wie er selbst einräumt, konnte er sich nicht auf das Echolot seiner Yacht verlassen, da dieses eine Untiefe erst unmittelbar unter dem Kiel anzeigt. Da indessen die Rohre nur ca. 40 cm über dem Seeboden herausragen, hätte er allerdings bereits bei einer Annäherung dafür sorgen können und müssen, dass er jederzeit genügend Wasser unter dem Kiel hatte, zumal wenn er das Boot mit Motorkraft bewegte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
3. Nach allem war die Berufung mit der sich aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO also unbegründet zurückzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>52 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="52"/>
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) sind nicht gegeben.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,224 | olgstut-2003-01-23-1-ws-903 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ws 9/03 | 2003-01-23T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:00 | 2019-02-12T13:09:45 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag der Arrestschuldnerin, den gegen sie mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Ermittlungsrichter - vom 25. Oktober 2002 (26 Gs 872/02) angeordneten Arrest aufzuheben, an die mit der Sache befasste Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart zurückgegeben.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2002 ihres Prozessbevollmächtigten ließ die Arrestschuldnerin E. D., die Ehefrau des von ihrem Prozessbevollmächtigten verteidigten Angeschuldigten J. D., Beschwerde gegen den mit Beschluss des Ermittlungsrichters des Amtsgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2002 gegen sie angeordneten dinglichen Arrest einlegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Vorsitzende der seit Anklageerhebung am 03. Dezember 2002 mit der Sache befassten Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart legte die Akten dem Senat mit dem Vermerk vor, die Strafkammer helfe der Beschwerde nicht ab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Senat gibt die Sache an die Strafkammer zurück, da eine beschwerdefähige Entscheidung derzeit nicht vorliegt. Erst eine mit Gründen versehene (§ 34 StPO) Entscheidung der Strafkammer, mit der die Arrestanordnung aufrecht erhalten wird, ist mit der Beschwerde anfechtbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Beim Arrestbeschluss nach §§ 111b ff StPO handelt es sich um eine vorläufige, mit der einfachen Beschwerde anfechtbare, strafprozessuale Anordnung, die - anders als eine mit der sofortigen Beschwerde anfechtbare Entscheidung - nicht rechtskräftig werden, vielmehr jederzeit bis zur Rechtskraft einer Endentscheidung abgeändert oder aufgehoben werden kann.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die StPO enthält keine allgemeinen Verfahrensvorschriften zu der Frage, ob nach Übergang der gerichtlichen Zuständigkeit durch Anklageerhebung oder Vorlage an das Berufungsgericht nach § 321 StPO die (formale) Beschwerdefähigkeit einer zuvor getroffenen vorläufigen Anordnung entfällt und demgemäß eine vor dem Zuständigkeitswechsel eingelegte, noch nicht beschiedene Beschwerde in einen an das erkennende Gericht gerichteten Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Entscheidung umzudeuten ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Für den Fall der Untersuchungshaft bestimmt § 126 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 StPO, dass der Übergang der Zuständigkeit den bisherigen Instanzenzug beendet (Boujong in Karlsruher Kommentar zur StPO, 4. Auflage, § 126 Rdnr. 10). Eine (auch weitere) Haftbeschwerde ist daher in einen Antrag auf Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO umzudeuten, die ohnehin nach § 117 Abs. 2 StPO den Vorrang vor der Beschwerde hat (a.a.O., Rdnr. 8). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerde vor oder nach dem Übergang der Zuständigkeit eingegangen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Für den Fall der Beschlagnahme enthält § 98 Abs. 2 Satz 3 StPO eine entsprechende Regelung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Nach inzwischen wohl herrschender Meinung gilt für die Beschwerde gegen eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO nichts anderes (OLG Stuttgart VRS 102, 381; OLG Celle StraFo 2001, 134; OLG Düsseldorf VRS 99, 203; LG Zweibrücken NZV 1992, 499; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl. § 111a StPO, Rdnr. 7; Meyer-Goßner, StPO, 46. Auflage, § 111a Rdnr. 14; Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 24. Aufl., § 111a Rdnr. 19; a.A. OLG Stuttgart (6. Strafsenat) NStZ 1990, 141; KK-Nack, StPO, 4. Auflage, § 111a Rdnr. 20; KK-Engelhardt, StPO, 4. Auflage, § 306 Rdnr. 14).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die aufgezeigten Einzelregelungen sind nach Auffassung des Senats als Ausdruck eines allgemeinen prozessualen Rechtsgedankens anzusehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Danach ist allein derjenige Spruchkörper, der eine mit der einfachen Beschwerde anfechtbare, mit Gründen (§ 34 StPO) versehene Entscheidung erlassen hat, nach § 306 Abs. 2 StPO der Darlegung enthoben, aus welchen Gründen es trotz eingelegter Beschwerde bei der angefochtenen Entscheidung verbleiben soll; nur er kann die Beschwerde mit dem Vermerk, es werde nicht abgeholfen, dem Beschwerdegericht vorlegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Dagegen hat das nach Erlass der angefochtenen Entscheidung zuständig gewordene erkennende Gericht die Beschwerde in einen Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Anordnung umzudeuten und diesen mit Gründen zu bescheiden; erst diese Entscheidung eröffnet dann den Beschwerderechtszug.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Darauf, ob die Beschwerde vor oder nach dem maßgeblichen Zeitpunkt erhoben wurde, kommt es dabei nicht an.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,225 | ag-stuttgart-2003-01-23-13-c-470302 | {
"id": 98,
"name": "Amtsgericht Stuttgart",
"slug": "ag-stuttgart",
"city": 90,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 13 C 4703/02 | 2003-01-23T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:00 | 2019-01-17T11:52:07 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 425,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.03.2002 zu bezahlen.</p>
<p>2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Streitwert: 425 EUR</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tatbestand wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.>
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. Die zulässige Klage ist in der Sache begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Es kann dahingestellt bleiben, ob hier ein die Beklagte bindender Stichentscheid vorliegt oder ob diese sich gem. § 158n VVG so behandeln lassen muss, da sich die Klage jedenfalls aus folgenden Überlegungen rechtfertigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Beklagte ist dem Kläger für die durch die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten erstattungspflichtig. Es bestand kein Recht zu Verneinung der Leistungspflicht gem. § 17 II ARB. Die Rechtsverfolgung war notwendig i.S.d. § 1 I ARB. Notwendigkeit liegt allgemein dann vor, wenn die Wahrnehmung rechtlicher Interessen hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht notwendig erscheint. Da gem. § 17 I S. 3 ARB bei Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Tatsacheninstanz entfällt (vgl. Harbauer, § 17 Rn 4), kommt es insofern nur noch auf die Frage der Mutwilligkeit an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Unabhängig davon, ob die Frage der Mutwilligkeit im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft wird (vgl. Harbauer, § 17 Rn 6; aA GB BAV 79,91), lag hier jedenfalls keine Mutwilligkeit vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn ein Nicht-Rechtsschutzversicherter in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, der keine finanziellen Rücksichten nehmen muß, nicht geklagt hätte (Harbauer 6. Auflage, § 17 Rn 9). Ist nicht auszuschließen, dass eine solche wirtschaftlich und rechtlich vernünftig denkende und handelnde Vergleichsperson trotz eines hohen Kostenrisikos gegen ein geringes Bußgeld vorgegangen wäre, weil er mit vertretbaren Gründen die Verhängung des Bußgeldes für ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig hielt, dann wird man die Verteidigung nicht als mutwillig ansehen können (so auch LG Aurich, NJW-RR 91,29; LG Aachen, VersR 83,361). Die Prüfung der Mutwilligkeit ist hier letztlich eine an Treu und Glauben zu orientierende Abwägung zwischen dem Interesse des Versicherungsnehmers, staatliche Eingriffe nicht ungeprüft hinnehmen zu müssen, um dem Interesse der Versichertengemeinschaft, von sinnlosen Aufwendungen verschont zu bleiben. Ein wirtschaftliches Mißverhältnis zwischen Geldbuße und Verteidigerkosten ist somit für sich allein nicht ausreichend, um Mutwilligkeit zu bejahen (so aber LG Hamburg, ZfS 81,179; AG Koblenz, VersR 78,710).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Diese Abwägung fällt hier zugunsten des Klägers aus, da der sich mangels Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer und aufgrund der kurzen Haltedauer gegen ein ungerechtfertigt auferlegtes Bußgeld wandte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Vorliegen einer mutwilligen Rechtsverfolgung darf nämlich nicht allein aus einem Vergleich zwischen der verhängten Geldbuße und den für die Verteidigung aufzuwendenden Kosten hergeleitet werden. Aus dem Wesen und der Funktion der Rechtsschutzversicherung ergibt sich, dass ein bloßes Mißverhältnis zwischen Geldbuße und Verteidigungskosten für sich allein nicht zu einer Bejahung der Mutwilligkeit führen kann, da es ja gerade Aufgabe der Versicherung ist, dem Versicherungsnehmer das Kostenrisiko bei der Abwehr rechtlicher Eingriffe aller Art abzunehmen. Hierbei kann auch nichts anderes gelten, weil der Kläger selbst Rechtsanwalt ist. Es ist gerade Zweck einer Rechtsschutzversicherung, auch dem rechtskundig Versicherten die Hinzuziehung eines Spezialisten zu ermöglichen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Beklagte war somit mangels Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung erstattungspflichtig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
3. Die geltend gemachten Zinsen ergeben sich aus §§ 286, 288, 247 I S. 1 BGB. Die Beklagte befand sich nach mehrmaliger Zahlungsaufforderung des Klägers nach endgültiger Leistungsverweigerung seit dem 21.03.2002 in Verzug.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
II. Die Berufung wird nicht gem. § 511 IV ZPO zugelassen. Nach Auffassung des Gerichts hat der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist die Zulassung zu Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
I. Die zulässige Klage ist in der Sache begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Es kann dahingestellt bleiben, ob hier ein die Beklagte bindender Stichentscheid vorliegt oder ob diese sich gem. § 158n VVG so behandeln lassen muss, da sich die Klage jedenfalls aus folgenden Überlegungen rechtfertigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Beklagte ist dem Kläger für die durch die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen entstandenen Kosten erstattungspflichtig. Es bestand kein Recht zu Verneinung der Leistungspflicht gem. § 17 II ARB. Die Rechtsverfolgung war notwendig i.S.d. § 1 I ARB. Notwendigkeit liegt allgemein dann vor, wenn die Wahrnehmung rechtlicher Interessen hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht notwendig erscheint. Da gem. § 17 I S. 3 ARB bei Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Prüfung der Erfolgsaussichten in der Tatsacheninstanz entfällt (vgl. Harbauer, § 17 Rn 4), kommt es insofern nur noch auf die Frage der Mutwilligkeit an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Unabhängig davon, ob die Frage der Mutwilligkeit im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft wird (vgl. Harbauer, § 17 Rn 6; aA GB BAV 79,91), lag hier jedenfalls keine Mutwilligkeit vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mutwilligkeit liegt dann vor, wenn ein Nicht-Rechtsschutzversicherter in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, der keine finanziellen Rücksichten nehmen muß, nicht geklagt hätte (Harbauer 6. Auflage, § 17 Rn 9). Ist nicht auszuschließen, dass eine solche wirtschaftlich und rechtlich vernünftig denkende und handelnde Vergleichsperson trotz eines hohen Kostenrisikos gegen ein geringes Bußgeld vorgegangen wäre, weil er mit vertretbaren Gründen die Verhängung des Bußgeldes für ungerechtfertigt oder unverhältnismäßig hielt, dann wird man die Verteidigung nicht als mutwillig ansehen können (so auch LG Aurich, NJW-RR 91,29; LG Aachen, VersR 83,361). Die Prüfung der Mutwilligkeit ist hier letztlich eine an Treu und Glauben zu orientierende Abwägung zwischen dem Interesse des Versicherungsnehmers, staatliche Eingriffe nicht ungeprüft hinnehmen zu müssen, um dem Interesse der Versichertengemeinschaft, von sinnlosen Aufwendungen verschont zu bleiben. Ein wirtschaftliches Mißverhältnis zwischen Geldbuße und Verteidigerkosten ist somit für sich allein nicht ausreichend, um Mutwilligkeit zu bejahen (so aber LG Hamburg, ZfS 81,179; AG Koblenz, VersR 78,710).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Diese Abwägung fällt hier zugunsten des Klägers aus, da der sich mangels Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer und aufgrund der kurzen Haltedauer gegen ein ungerechtfertigt auferlegtes Bußgeld wandte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Vorliegen einer mutwilligen Rechtsverfolgung darf nämlich nicht allein aus einem Vergleich zwischen der verhängten Geldbuße und den für die Verteidigung aufzuwendenden Kosten hergeleitet werden. Aus dem Wesen und der Funktion der Rechtsschutzversicherung ergibt sich, dass ein bloßes Mißverhältnis zwischen Geldbuße und Verteidigungskosten für sich allein nicht zu einer Bejahung der Mutwilligkeit führen kann, da es ja gerade Aufgabe der Versicherung ist, dem Versicherungsnehmer das Kostenrisiko bei der Abwehr rechtlicher Eingriffe aller Art abzunehmen. Hierbei kann auch nichts anderes gelten, weil der Kläger selbst Rechtsanwalt ist. Es ist gerade Zweck einer Rechtsschutzversicherung, auch dem rechtskundig Versicherten die Hinzuziehung eines Spezialisten zu ermöglichen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Beklagte war somit mangels Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung erstattungspflichtig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
3. Die geltend gemachten Zinsen ergeben sich aus §§ 286, 288, 247 I S. 1 BGB. Die Beklagte befand sich nach mehrmaliger Zahlungsaufforderung des Klägers nach endgültiger Leistungsverweigerung seit dem 21.03.2002 in Verzug.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
II. Die Berufung wird nicht gem. § 511 IV ZPO zugelassen. Nach Auffassung des Gerichts hat der Rechtsstreit weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist die Zulassung zu Berufung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,226 | olgkarl-2003-01-23-18-wf-19702 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
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} | 18 WF 197/02 | 2003-01-23T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:00 | 2019-02-12T13:09:45 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1) Auf die Beschwerde des Antragstellers/Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Villingen-Schwenningen vom 15.11.2002 – 4 F 104/01 (GÜ) – aufgehoben.</p>
<p/>
<p>Der Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung der im Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Villingen-Schwenningen vom 29.05.2002 – 4 F 104/01 (GÜ) – ausgesprochenen Auskunftspflicht wird zurückgewiesen.</p>
<p/>
<p>2) Die Antragsgegnerin/Gläubigerin trägt die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.</p>
<p/>
<p>3) Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens beträgt 2.000 EUR.</p>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Mit Teilurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Villingen-Schwenningen vom 29.05.2002 – 4 F 104/01 (GÜ) wurde der Antragsteller verurteilt, der Antragsgegnerin Auskunft über den Bestand seines Endvermögens zum 30.06.2001 unter Vorlage eines schriftlichen Verzeichnisses zu erteilen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Mit dem angefochtenen Beschluss wurde gegen ihn zur Erzwingung dieser Auskunft ein Zwangsgeld von 2.000 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 50 EUR ein Tag Zwangshaft verhängt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers/Schuldners, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Akten Bezug genommen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Auf die sofortige Beschwerde war der o.g. Beschluss aufzuheben und der Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes zurückzuweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Aufgrund der Verurteilung wird seitens des Antragstellers im Sinne des § 260 BGB die Vorlage eines Verzeichnisses der zum Endvermögen gehörenden Vermögensgegenstände geschuldet. In diesem Verzeichnis sind Aktiva und Passiva zusammenzustellen. Das Verzeichnis muss geordnet und übersichtlich sein. Es kann allerdings, solange die Übersichtlichkeit noch gewahrt ist, aus mehreren Teilverzeichnissen bestehen (BGH LM § 260 Nr. 14, NJW 62, 245). Eine Form ist nicht vorgeschrieben. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und einer teilweise in der Rechtsprechung und Literatur vertretenen Meinung muss es nicht unterschrieben sein (KG FamRZ 97, 503; Zweibrücken FamRZ 01, 763; Palandt BGB 62. Auflage § 1379 RndZiff. 10 m.w.N.) Eine Unterschrift kann allenfalls dann verlangt werden, wenn nicht anders sichergestellt ist, dass die Erklärung vom Auskunftspflichtigen herrührt (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Vorliegend ist der Antragsteller seiner Auskunftspflicht durch das dem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.04.2002 (AS 59 ff) beigefügte Verzeichnis i.V.m. den angefügten Anlagen nachgekommen. In diesem sind die Aktiva und Passiva zum 30.06.2001 aufgeführt. Nicht aufgeführt ist der Stand des Visa-Kontos bei der Volksbank ... der zwischenzeitlich noch im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 15.01.2003 mitgeteilt wurde (AS 167).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Ob dies allerdings auch der Stand zum 30.06.01 ist, ist dem mitgeteilten Bestätigungsschreiben der Volksbank ... nicht zu entnehmen. Im Hinblick auf die titulierte Auskunftsverpflichtung ist davon auszugehen, dass dies behauptet wird. Soweit auf Seiten der Antragsgegnerin Zweifel an der Richtigkeit der mitgeteilten Angaben bestehen, insbesondere soweit noch weitere Vermögenswerte (PkW?) vermutet werden, ist die Antragsgegnerin gehalten, die Richtigkeit der gemachten Angaben durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sich bestätigen zu lassen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller Auskunft erteilt hat, kann ein Zwangsgeld zur Erfüllung dieser Pflicht nicht verhängt werden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Da die Beschwerde somit Erfolg hatte, hat die Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 3 ZPO.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,227 | lg-mannheim-2003-01-23-3-o-40300 | {
"id": 137,
"name": "Landgericht Mannheim",
"slug": "lg-mannheim",
"city": 55,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 403/00 | 2003-01-23T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:01 | 2019-01-17T11:52:07 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Das Versäumnisurteil vom 31.05.2001 wird aufgehoben.</p>
<p>
2 .Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 41.385,41 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz
<br/>
aus 3.607,37 EUR seit dem 01.10.1992,
<br/>
aus weiteren 4.410,80 EUR seit dem 01.01.1993,
<br/>
aus weiteren 4.410,80 EUR seit dem 01.01.1994,
<br/>
aus weiteren 4.496,85 EUR seit dem 01.01.1995,
<br/>
aus weiteren 5.357,22 EUR seit dem 01.01.1996,
<br/>
aus weiteren 5.357,22 EUR seit dem 01.01.1997,
<br/>
aus weiteren 5.391,11 EUR seit dem 01.01.1998,
<br/>
aus weiteren 5.478,89 EUR seit dem 01.01.1999,
<br/>
sowie aus weiteren 2.756,52 EUR seit dem 01.01.2000,
<br/>
sowie aus weiteren 45,20 EUR seit dem 01.01.2001
<br/>
und aus weiteren 47,67 EUR seit dem 01.01.2002
<br/>
zu bezahlen.
</p>
<p>3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen Nr. 60182748 und 61432795 keine weiteren Forderungen mehr zustehen.</p>
<p>4. Die Beklagte wird verurteilt, die Lebensversicherungs-Nr. 336684/00 und 336684/01 bei der Ö. an den Zedenten zurück abzutreten.</p>
<p>5. Die Klägerin hat vorab die durch ihre Säumnis im Termin vom 31.05.2001 entstandenen Kosten zu tragen; die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.</p>
<p>6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin und ihr Ehemann wurden im Jahre 1990 von einer Arbeitskollegin mit der Zeugin R. W. bekannt gemacht. Diese erläuterte den Eheleuten K. ein weitgehend fremdfinanziertes Anlagemodell.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
In der Folge erteilten die Klägerin und ihr Ehemann, der Zeuge K., durch notarielle Urkunde vom 17. Juli 1990 der Firma T.GmbH eine Vollmacht und schlossen mit ihr einen Treuhandvertrag ab. Der Treuhandvertrag war darauf gerichtet, eine Eigentumswohnung an einem von der Firma S. in Kaiserslautern zu errichtenden Studentenwohnheim zu erwerben. Der Treuhänder wurde mit der umfassenden Abwicklung des Baus, der wirtschaftlichen und finanztechnischen Betreuung des Erwerbvorgangs einschließlich aller Finanzierungsfragen beauftragt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Hierzu erteilten die Treugeber der Treuhänderin im notariellen Vertrag die Vollmacht zur uneingeschränkten Vertretung und zur Verfügung über den im Treuhandvertrag genannten Erwerbergegenstand nach freiem Ermessen bei der Durchführung des Treuhandvertrages. Die Vollmacht erstreckte sich auf die Vornahme aller Handlungen, die Abgabe und Entgegennahme aller Willenserklärungen sowie den Abschluss aller Rechtsgeschäfte, die im Rahmen des vorstehenden Treuhandvertrages genannt wurden. Weiterhin berechtigte die Vollmacht zur Vertretung des Vollmachtgebers gegenüber Gerichten jedweder Art, Behörden der allgemeinen Verwaltung, Bauverwaltungsbehörden, Finanzbehörden sowie gegenüber jedem Dritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die T.GmbH verfügt nicht über eine Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach dem Rechtsberatungsgesetz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Am 14.08.1990 erhielt die Beklagte über eine Firma F. Finanzierungsanalyse und Finanzbetreuung eine einfache Ausfertigung des notariellen Treuhandvertrages nebst Treuhandvollmacht zugeleitet. Am 27.09.1990 schloss der Vertreter der Treuhänderin, der Zeuge Rechtsanwalt K., für die Eheleute K. vor dem Notar, einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung in Kaiserslautern ab.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Am 30.11.1990 schloss wiederum der Zeuge K. für die Eheleute K. mit der Beklagten einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Immobilie ab. Es handelte sich dabei um einen gemischten Personal- und Realkredit über insgesamt 122.240,00 DM. Zur Sicherheit wurden zwei Lebensversicherungen bei der Ö. an die Beklagte abgetreten. Eine Belehrung über ein etwaiges Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgte durch die Beklagte nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Eheleute K. zahlten von 1991 bis Mitte 1999 die anfallenden Zinsen und Kontoführungsgebühren an die Beklagte. Der Zeuge K. trat sodann alle etwaigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung an die Klägerin ab. Am 07.09.1999 erklärte diese den Widerruf des mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrages unter Hinweis auf das Haustürwiderrufsgesetz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Klägerin trägt vor, sie sei bei Abschluss des Vertrages in einer Haustürsituation   überrumpelt worden. Die Kreditvermittler B. und W., die sie Zuhause aufgesucht hätten, hätten sie im Hinblick auf die Kreditkonditionen fehlerhaft beraten. Es seien im Rahmen dieses Gesprächs falsche Angaben über die tatsächliche Zinsbelastung gemacht worden. Zudem sei über die wirtschaftliche Auswirkung des vereinbarten Disagios nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Sie ist der Ansicht, der Darlehensvertrag sei mangels ordnungsgemäßer Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz wirksam widerrufen. Zudem fehlten in der Darlehensurkunde die Pflichtangaben nach dem Verbraucherkreditgesetz, was ebenfalls zur Unwirksamkeit führe. Zudem seien der Treuhandvertrag und die Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig. Insoweit liege ein Fall erkennbar unzulässiger Rechtsbesorgung durch die Treuhänderin vor. Weiterhin müsse sich die Beklagte die Falschberatung durch die Anlagevermittler zurechnen lassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Klägerin trägt weiter vor, sie habe an die Beklagte insgesamt 79.704,30 DM Zinsen und Kontoführungsgebühren in Höhe von 1.249,43 DM bezahlt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Klägerin hat zunächst beantragt, festzustellen, dass der Beklagte aus dem Darlehensvertrag vom 30.11.1990 keine Ansprüche mehr zustehen, sowie sie zu verurteilen, die an sie abgetretenen Lebensversicherungsverträge rückabzutreten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Nachdem die Klägerin im Termin vom 31.05.2001 säumig war, hat das Gericht durch Versäumnisurteil vom 31.05.2001 die Klage abgewiesen. Gegen das ihrem Prozessvertreter am 29.06.2001 zugestellte Urteil ist am 05.07.2001 bei Gericht Einspruch eingegangen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Nach weiteren Klagenänderungen
<strong>beantragt</strong>
die Klägerin zuletzt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
1. Die Beklagte zu verurteilen,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="15"/>
a) an die Klägerin 40.752,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank
<br/>
aus 7.049,00 DM seit 01.01.92,
<br/>
aus 8.556,84 DM seit 01.01.93,
<br/>
aus 8.556,84 DM seit 01.01.94,
<br/>
aus 8.724,64 DM seit 01.01.95,
<br/>
aus 10.405,44 DM seit 01.01.96,
<br/>
aus 10.405,44 DM seit 01.01.97,
<br/>
aus 10.405,44 DM seit 01.01.98,
<br/>
aus 10.405,44 DM seit 01.01.99,
<br/>
sowie aus 5.195,22 DM seit 01.01.2000
<br/>
zu zahlen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="16"/>
b) die Beklagte weiter zu verurteilen, 633,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="17"/>
 aus 6,40 DM seit 01.01.92,
<br/>
aus 69,93 DM seit 01.01.93,
<br/>
aus 69,93 DM seit 01.01.94,
<br/>
aus 69,93 DM seit 01.01.95,
<br/>
aus 72,37 DM seit 01.01.96,
<br/>
aus 72,37 DM seit 01.01.97,
<br/>
aus 138,65 DM seit 01.01.98,
<br/>
aus 310,34 DM seit 01.01.99,
<br/>
aus 196,07 DM seit 01.01.2000,
<br/>
aus 88,40 DM seit 01.01.2001,
<br/>
aus 93,23 DM seit 01.01.2002
<br/>
zu zahlen.
<br/>
2. festzustellen, dass der Beklagten im übrigen aus den Darlehensverträgen Nr. 60182748 und 61432795 keine weiteren Forderungen mehr zustehen;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="18"/>
3. die Beklagte zu verurteilen, die Lebensversicherungs Nr. 336684/00 und 336684/01 bei der Ö. an den Zedenten rückabzutreten,  hilfsweise,
<br/>
die Beklagte zu verurteilen, an sie 27.973,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. der Europäischen Zentralbank, gestaffelt vom 01.01.1992 bis 01.01.2000 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="19"/>
Die Beklagte
<strong>beantragt,</strong>
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table width="100%"><tr><td style="text-align:left">
<rd nr="20"/>
das Versäumnisurteil vom 31.05.2001 aufrecht zu erhalten und die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Die Beklagte trägt vor, sie habe sich ausschließlich auf ihre Rolle als Kreditgeberin beschränkt. Im Beteiligungsprospekt seien alle relevanten Angaben zu dem Anlagekonzept enthalten. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die T.GmbH durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen sei. Zudem könne sie sich auf Rechtsscheingesichtspunkte stützen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 14.03.2000 durch Vernehmung der Zeugen K., B., K., W., B., H.,. G., K., P., M. und K.. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 25.04., 06.06. und 24.10.2002 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Klage ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Auf den zulässigen und insbesondere form- und fristgerecht eingegangenen Einspruch war das Versäumnisurteil vom 31.05.2001 aufzuheben und die Beklagte gemäß dem letztgestellten Antrag der Klägerin zu verurteilen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Klageänderung auf den Zahlungsantrag, wie er zuletzt von der Klägerin gestellt worden ist, ist zulässig. Die Beklagte hat den im Schriftsatz vom 22.10.2002 enthaltenen Anträgen im schriftlichen Verfahren des § 128 Abs. 2 ZPO nicht widersprochen. Gemäß § 267 ZPO wird daher vermutet, dass die Beklagte in die Änderung der Klage gemäß § 263 ZPO eingewilligt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 41.390,98 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 1.Alt. BGB. Die Zahlungen für Zinsen und Kontoführungsgebühren an die Beklagte durch die Klägerin erfolgten ohne rechtlichen Grund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Der Treuhandvertrag vom 17.07.1990 sowie die darin enthaltene Vollmacht sind wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nach § 134 BGB nichtig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Die T.GmbH besaß eine solche vom Gesetz erforderliche Erlaubnis nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Der Umstand, dass für die Treuhänderin Rechtsanwalt K. handelte ist unerheblich. Abzustellen ist darauf, ob die Treuhänderin über die entsprechende Erlaubnis verfügt, denn diese haftet für etwaige Fehler bei der Rechtsbesorgung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen, oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten, wobei hierzu insbesondere der Abschluss von Verträgen umfasst wird, die von einem Geschäftsbesorger im Namen eines Dritten abgeschlossen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach dem Inhalt des Treuhandvertrages hatte die Treuhänderin eine umfassende Rechtsbetreuung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zu erbringen. Sie sollte alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die zum Erwerb der Eigentumswohnung notwendig waren oder zweckdienlich erschienen, insbesondere auch den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag abschließen. Die Treuhänderin war überwiegend mit rechtsbesorgenden Tätigkeiten von Gewicht befasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Es handelt sich vorliegend nicht um eine zulässige Erledigung von Rechtsangelegenheiten nach Art. 1 § 5 Nr. 1 des RBerG. Danach dürfen kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang bestehen. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen. Es ist danach zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Pläne bezweckt, oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Bei der Treuhänderin T.GmbH stammt diese rechtsbesorgende Tätigkeit eindeutig im Vordergrund. Die Treuhänderin war zu umfassenden Vertragsabschlüssen ermächtigt. Zudem konnte die Treuhänderin umfangreiche Erklärungen abgeben, die zur Übertragung des Eigentums und zur Finanzierung erforderlich waren. Neben dieser rechtsbesorgenden Aufgabe hat die T.GmbH für die Klägerin keine weiteren Aufgaben übernommen. Sie war mit der Erstellung der Eigentumswohnungsanlage nicht betraut. Die Rechtsbesorgung war der Schwerpunkt der Treuhandtätigkeit.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst auch die der Treuhänderin zur Ausführung des Vertrags erteilte Vollmacht. Einer solchen Erstreckung der Nichtigkeit auf die Vollmacht bedarf es mit Rücksicht auf die Zweckrichtung des Rechtsberatungsgesetzes schon deshalb, um den Rechtssuchenden vor unsachgemäßer Erledigung ihrer Angelegenheiten wirksam zu schützen (vgl. BGH WM 2001, 2260 m.w.N.). Die Nichtigkeit der Vollmacht hat zur Folge, dass auch der Darlehensvertrag vom 30.11.1990 unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Der Darlehensvertrag wurde gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann nicht wirksam, weil die Treuhänderin mangels wirksam erteilter Vollmacht als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt hatte (§ 177 Abs. 1 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall auch nicht auf einen Rechtsschein berufen. Ein solcher Rechtsschein könnte der Beklagten nur zugute kommen, wenn sie auf den Bestand der Vollmacht aufgrund von anderen Umständen vertrauen durfte und als schutzwürdig anzusehen gewesen wäre. Dieses ist vorliegend nicht der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Dabei kommt es nach Ansicht der Kammer nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages eine notarielle Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Im vorliegenden Fall konnte auch eine notarielle Ausfertigung keinen wirksamen Rechtsschein bei der Beklagten erwecken. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und die daraus folgende Unwirksamkeit der erteilten Vollmacht ergeben sich nämlich unmittelbar aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde. In der Vollmachtsurkunde sind die uneingeschränkten Vertretungs- und Verfügungsrechte des Treuhänders ausführlich dargestellt. Zudem wird der Treuhänder zur Vornahme aller Handlungen, Abgabe und Entgegennahme aller Willenserklärungen sowie zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte nach freiem Ermessen ermächtigt. Besonders ins Gewicht fällt, dass nach dem Inhalt der Urkunde die Vertretung gegenüber Gerichten jedweder Art erlaubt war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Eine solche umfassende und weitreichende Bevollmächtigung stellt einen evidenten Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Kammer schließt sich insofern vollumfänglich dem ausführlich und sorgfältig begründeten Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.10.2002 (Az.: 9 O 76/01) an. Auch nach Ansicht des erkennenden Gerichts könnte der Rechtsschein einer Vollmachtsurkunde sich allenfalls auf tatsächliche Mängel des Bevollmächtigungsaktes beziehen. Rechtsmakel, die der Vollmachtsurkunde unmittelbar anhaften, stehen einem etwaigen Rechtsschein entgegen. Wenn sich - wie im vorliegenden Fall - aus der vorgelegten Vollmachtsurkunde unmittelbar die Rechtsmängel ergeben, wird der Vertragspartner auch durch Rechtsscheinsgesichtspunkte nicht geschützt. Nach Ansicht der Kammer besteht im Rahmen der analogen Anwendung der §§ 171 bis 173 BGB lediglich ein Schutz des Vertragspartners dahingehend, dass er sich tatsächliche Mängel der Vollmacht nicht entgegenhalten lassen muss.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Umstand, dass in der Vergangenheit ähnliche Vollmachten überwiegend für rechtlich wirksam angesehen wurden, vermag nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage zu führen. Auch hieraus kann kein schützenswerter Rechtsschein zugunsten der Beklagten abgeleitet werden. Auch eine für von weiten Verkehrskreisen geteilte Rechtsauffassung, die sich schließlich nach einiger Zeit aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung als unrichtig heraus stellte, ist nicht geeignet, einen Vertrauensschutztatbestand zu schaffen. Die Frage, was von weiten Kreisen als rechtlich richtig angesehen wurde, bedarf lediglich dann der Klärung, wenn die Frage eines etwaigen Verschuldens zu klären wäre. Diese Überlegung war auch der tragende Grund für die Klageabweisung in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur Schadensersatzpflicht eines wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes unwirksam beurkundeten Vertrages. Solche Schadensersatzgesichtspunkte spielen im vorliegenden Fall jedoch keine Rolle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Anhaltspunkte für eine Wirksamkeit des Vertrages nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht sind vorliegend von der Beklagten selbst nicht behauptet worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Auch hat die Beklagte nicht behauptet, dass die Klägerin und ihr Ehemann den unwirksamen Darlehensvertrag nachträglich genehmigt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Die Klägerin kann die an die Beklagte geflossenen Zinsen und Kontoführungsgebühren in Höhe von insgesamt 41.390,98 EUR heraus verlangen. Die Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs ist durch die vorgelegten Urkunden belegt. Angesichts der einzelnen Überweisungsträger und Kontoauszüge durfte sich die Beklagte nicht auf ein pauschales Bestreiten beschränken. Zudem handelt es sich insofern um Gegenstände, die in den eigenen Wahrnehmungsbereich der Beklagten fallen. Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist ein Bestreiten mit Nichtwissen insoweit unbeachtlich. Die Klägerin braucht sich die erhaltenen Mietzahlungen nicht anrechnen zu lassen, weil diese nicht im Synallagma zwischen den Parteien erfolgt sind. Zudem hat die Beklagte die eingestellten Mieteinnahmen mit Schriftsatz vom 18.11.2002 bestritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Mangels Rechtsgrundes kann die Beklagte aus den Darlehensverträgen auch keine weitergehenden Rechte gegen die Klägerin herleiten. Der diesbezügliche Feststellungsantrag ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Zudem hat die Klägerin einen Anspruch auf Rückübertragung der zur Sicherung der Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen. Auch diese Abtretungen erfolgten durch den Treuhänder ohne rechtlichen Grund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die Zinsentscheidung folgt aus § 818 Abs. 1 BGB. Bereicherungsansprüche gegen eine Bank sind mit 5 % über dem Diskontsatz zu verzinsen (vgl. BGH NJW 1998, 2529).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 344, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1, 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Die Klage ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Auf den zulässigen und insbesondere form- und fristgerecht eingegangenen Einspruch war das Versäumnisurteil vom 31.05.2001 aufzuheben und die Beklagte gemäß dem letztgestellten Antrag der Klägerin zu verurteilen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Klageänderung auf den Zahlungsantrag, wie er zuletzt von der Klägerin gestellt worden ist, ist zulässig. Die Beklagte hat den im Schriftsatz vom 22.10.2002 enthaltenen Anträgen im schriftlichen Verfahren des § 128 Abs. 2 ZPO nicht widersprochen. Gemäß § 267 ZPO wird daher vermutet, dass die Beklagte in die Änderung der Klage gemäß § 263 ZPO eingewilligt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 41.390,98 EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 1.Alt. BGB. Die Zahlungen für Zinsen und Kontoführungsgebühren an die Beklagte durch die Klägerin erfolgten ohne rechtlichen Grund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
Der Treuhandvertrag vom 17.07.1990 sowie die darin enthaltene Vollmacht sind wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nach § 134 BGB nichtig.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Die T.GmbH besaß eine solche vom Gesetz erforderliche Erlaubnis nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Der Umstand, dass für die Treuhänderin Rechtsanwalt K. handelte ist unerheblich. Abzustellen ist darauf, ob die Treuhänderin über die entsprechende Erlaubnis verfügt, denn diese haftet für etwaige Fehler bei der Rechtsbesorgung.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen, oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten, wobei hierzu insbesondere der Abschluss von Verträgen umfasst wird, die von einem Geschäftsbesorger im Namen eines Dritten abgeschlossen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Nach dem Inhalt des Treuhandvertrages hatte die Treuhänderin eine umfassende Rechtsbetreuung im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung zu erbringen. Sie sollte alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die zum Erwerb der Eigentumswohnung notwendig waren oder zweckdienlich erschienen, insbesondere auch den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag abschließen. Die Treuhänderin war überwiegend mit rechtsbesorgenden Tätigkeiten von Gewicht befasst.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Es handelt sich vorliegend nicht um eine zulässige Erledigung von Rechtsangelegenheiten nach Art. 1 § 5 Nr. 1 des RBerG. Danach dürfen kaufmännische oder sonstige gewerbliche Unternehmer für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang bestehen. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen. Es ist danach zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Pläne bezweckt, oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Bei der Treuhänderin T.GmbH stammt diese rechtsbesorgende Tätigkeit eindeutig im Vordergrund. Die Treuhänderin war zu umfassenden Vertragsabschlüssen ermächtigt. Zudem konnte die Treuhänderin umfangreiche Erklärungen abgeben, die zur Übertragung des Eigentums und zur Finanzierung erforderlich waren. Neben dieser rechtsbesorgenden Aufgabe hat die T.GmbH für die Klägerin keine weiteren Aufgaben übernommen. Sie war mit der Erstellung der Eigentumswohnungsanlage nicht betraut. Die Rechtsbesorgung war der Schwerpunkt der Treuhandtätigkeit.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages erfasst auch die der Treuhänderin zur Ausführung des Vertrags erteilte Vollmacht. Einer solchen Erstreckung der Nichtigkeit auf die Vollmacht bedarf es mit Rücksicht auf die Zweckrichtung des Rechtsberatungsgesetzes schon deshalb, um den Rechtssuchenden vor unsachgemäßer Erledigung ihrer Angelegenheiten wirksam zu schützen (vgl. BGH WM 2001, 2260 m.w.N.). Die Nichtigkeit der Vollmacht hat zur Folge, dass auch der Darlehensvertrag vom 30.11.1990 unwirksam ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Der Darlehensvertrag wurde gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann nicht wirksam, weil die Treuhänderin mangels wirksam erteilter Vollmacht als Vertreterin ohne Vertretungsmacht gehandelt hatte (§ 177 Abs. 1 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Beklagte kann sich im vorliegenden Fall auch nicht auf einen Rechtsschein berufen. Ein solcher Rechtsschein könnte der Beklagten nur zugute kommen, wenn sie auf den Bestand der Vollmacht aufgrund von anderen Umständen vertrauen durfte und als schutzwürdig anzusehen gewesen wäre. Dieses ist vorliegend nicht der Fall.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Dabei kommt es nach Ansicht der Kammer nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages eine notarielle Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Im vorliegenden Fall konnte auch eine notarielle Ausfertigung keinen wirksamen Rechtsschein bei der Beklagten erwecken. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz und die daraus folgende Unwirksamkeit der erteilten Vollmacht ergeben sich nämlich unmittelbar aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde. In der Vollmachtsurkunde sind die uneingeschränkten Vertretungs- und Verfügungsrechte des Treuhänders ausführlich dargestellt. Zudem wird der Treuhänder zur Vornahme aller Handlungen, Abgabe und Entgegennahme aller Willenserklärungen sowie zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte nach freiem Ermessen ermächtigt. Besonders ins Gewicht fällt, dass nach dem Inhalt der Urkunde die Vertretung gegenüber Gerichten jedweder Art erlaubt war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Eine solche umfassende und weitreichende Bevollmächtigung stellt einen evidenten Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Kammer schließt sich insofern vollumfänglich dem ausführlich und sorgfältig begründeten Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.10.2002 (Az.: 9 O 76/01) an. Auch nach Ansicht des erkennenden Gerichts könnte der Rechtsschein einer Vollmachtsurkunde sich allenfalls auf tatsächliche Mängel des Bevollmächtigungsaktes beziehen. Rechtsmakel, die der Vollmachtsurkunde unmittelbar anhaften, stehen einem etwaigen Rechtsschein entgegen. Wenn sich - wie im vorliegenden Fall - aus der vorgelegten Vollmachtsurkunde unmittelbar die Rechtsmängel ergeben, wird der Vertragspartner auch durch Rechtsscheinsgesichtspunkte nicht geschützt. Nach Ansicht der Kammer besteht im Rahmen der analogen Anwendung der §§ 171 bis 173 BGB lediglich ein Schutz des Vertragspartners dahingehend, dass er sich tatsächliche Mängel der Vollmacht nicht entgegenhalten lassen muss.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Der Umstand, dass in der Vergangenheit ähnliche Vollmachten überwiegend für rechtlich wirksam angesehen wurden, vermag nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtslage zu führen. Auch hieraus kann kein schützenswerter Rechtsschein zugunsten der Beklagten abgeleitet werden. Auch eine für von weiten Verkehrskreisen geteilte Rechtsauffassung, die sich schließlich nach einiger Zeit aufgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung als unrichtig heraus stellte, ist nicht geeignet, einen Vertrauensschutztatbestand zu schaffen. Die Frage, was von weiten Kreisen als rechtlich richtig angesehen wurde, bedarf lediglich dann der Klärung, wenn die Frage eines etwaigen Verschuldens zu klären wäre. Diese Überlegung war auch der tragende Grund für die Klageabweisung in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur Schadensersatzpflicht eines wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetzes unwirksam beurkundeten Vertrages. Solche Schadensersatzgesichtspunkte spielen im vorliegenden Fall jedoch keine Rolle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
Anhaltspunkte für eine Wirksamkeit des Vertrages nach den Grundsätzen über die Duldungsvollmacht sind vorliegend von der Beklagten selbst nicht behauptet worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
Auch hat die Beklagte nicht behauptet, dass die Klägerin und ihr Ehemann den unwirksamen Darlehensvertrag nachträglich genehmigt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Die Klägerin kann die an die Beklagte geflossenen Zinsen und Kontoführungsgebühren in Höhe von insgesamt 41.390,98 EUR heraus verlangen. Die Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs ist durch die vorgelegten Urkunden belegt. Angesichts der einzelnen Überweisungsträger und Kontoauszüge durfte sich die Beklagte nicht auf ein pauschales Bestreiten beschränken. Zudem handelt es sich insofern um Gegenstände, die in den eigenen Wahrnehmungsbereich der Beklagten fallen. Nach § 138 Abs. 4 ZPO ist ein Bestreiten mit Nichtwissen insoweit unbeachtlich. Die Klägerin braucht sich die erhaltenen Mietzahlungen nicht anrechnen zu lassen, weil diese nicht im Synallagma zwischen den Parteien erfolgt sind. Zudem hat die Beklagte die eingestellten Mieteinnahmen mit Schriftsatz vom 18.11.2002 bestritten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Mangels Rechtsgrundes kann die Beklagte aus den Darlehensverträgen auch keine weitergehenden Rechte gegen die Klägerin herleiten. Der diesbezügliche Feststellungsantrag ist begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
Zudem hat die Klägerin einen Anspruch auf Rückübertragung der zur Sicherung der Darlehen abgetretenen Lebensversicherungen. Auch diese Abtretungen erfolgten durch den Treuhänder ohne rechtlichen Grund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="48"/>
Die Zinsentscheidung folgt aus § 818 Abs. 1 BGB. Bereicherungsansprüche gegen eine Bank sind mit 5 % über dem Diskontsatz zu verzinsen (vgl. BGH NJW 1998, 2529).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 344, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1, 709 S. 2 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,228 | lg-freiburg-2003-01-23-4-t-26002 | {
"id": 131,
"name": "Landgericht Freiburg",
"slug": "lg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 4 T 260/02 | 2003-01-23T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:01 | 2019-01-17T11:52:07 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Lörrach vom 24.10.2002 (4 IN 58/02) aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Verhandlung unter Berücksichtigung der Auffassung der Kammer zurückverwiesen.</p>
<p>Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird festgesetzt auf EUR 1.000,00.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Beschwerdeführerin, ein gesetzlicher Krankenversicherungsträger, hat wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge des Schuldners in Höhe von insgesamt EUR 18.559,48 (einschließlich Säumniszuschläge, Mahngebühren und Kosten der Rechtsverfolgung) Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Zur Glaubhaftmachung hat sie sich auf beigefügte, nicht näher nummerierte oder im einzelnen gekennzeichnete Vollstreckungsunterlagen bezogen. Nach Hinweis hat das Amtsgericht mit der angefochtenen Entscheidung den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als unzulässig abgewiesen. Die Antragstellerin habe das Bestehen der Forderung nicht schlüssig dargelegt. Aus dem Vortrag der Antragstellerin ergebe sich nicht hinreichend substantiiert, um welche Forderungsart (Hauptforderung, Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten und Gebühren) es sich jeweils handele, für welchen Zeitraum sie bestünden und ob diese auf Leistungsbescheiden oder Beitragsnachweisen des Arbeitgebers beruhten. Diesen Mindestanforderungen entspreche der Vortrag der Antragstellerin nicht. Aus den beigefügten Unterlagen ergebe sich der im Antrag genannte Betrag von EUR 18.559,48 nicht. Die Unterlagen beträfen einzelne Beitragszeiträume. Dies ersetze eine geordnete Darstellung der Beitragsrückstände nicht. Das Gericht sei nicht gehalten, eine ungeordnete Zusammenstellung von Anlagen darauf hin zu überprüfen, ob die von der Antragstellerin unsubstantiiert aufgestellte Behauptung möglicherweise doch inhaltlich richtig sein könne.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht eingereichte sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die die Auffassung vertritt, durch die beigefügten Unterlagen sei ihr Vortrag ausreichend glaubhaft gemacht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Das Rechtsmittel hat vorläufigen Erfolg, weil das Amtsgericht überhöhte Anforderungen an die Zulässigkeit des Insolvenzantrages stellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind Gläubiger und der Schuldner (§ 13 Abs. 1 InsO). Die Eröffnung setzt des weiteren voraus, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist. Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit (§§ 16, 17 Abs. 1 InsO). Der Antrag eines Gläubigers ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht (§ 14 Abs. 1 InsO). Ist der Antrag im beschriebenen Sinne zulässig, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner zu hören, den Sachverhalt aufzuklären und über die Eröffnung des Verfahrens zu befinden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Gesetz gliedert somit das Eröffnungsverfahren in zwei Abschnitte (vgl.a. Hess/Wienberg, InsO 2.A. § 14 InsO Rdnr.4). Im ersten ist zu prüfen, ob überhaupt ein zulässiger Antrag im beschriebenen Sinne vorliegt, also ob der Antrag von einem antragsberechtigten Gläubiger stammt und ob ein Eröffnungsgrund dargelegt ist. Beide Voraussetzungen hat der Gläubiger lediglich glaubhaft zu machen. Die von § 14 Abs. 1 InsO geforderte Glaubhaftmachung ist eine besondere Art der Beweisführung. Sie richtet sich nach § 294 ZPO, der nach § 4 InsO Anwendung findet. Es bedarf nicht des vollen Beweises, vielmehr genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass eine Tatsachenbehauptung zutrifft (BayObLG Rechtspfleger 2000, 417). In diesem Verfahrensstadium gilt nicht die Amtsermittlungspflicht nach § 5 InsO, vielmehr hat der Antragsteller nach dem Beibringungsgrundsatz die verfahrensrelevanten Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechtshandbuch 2. Auflage § 12 Rdnr. 35).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Während die Zulässigkeit des Gläubigerantrages grundsätzlich lediglich die Glaubhaftmachung seines Vortrages voraussetzt, ist für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens notwendig, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen nach allgemeinen Beweismaßstäben zur Überzeugung des Gerichts gegeben sind (§§ 4 InsO, 286 ZPO; vgl. MünchKom/Schmahl, Insolvenzordnung § 16 Rdnr. 32).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit dem Erfordernis der Glaubhaftmachung trägt § 14 Abs. 1 InsO dem Umstand Rechnung, dass bereits die Antragstellung und das daran anschließende Eröffnungsverfahren die wirtschaftlichen Interessen des Schuldners erheblich beeinträchtigen. Dies ist nur dann akzeptabel, wenn sich schon aus dem Antrag eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen der Eröffnungsvoraussetzung und die Antragsberechtigung des Antragstellers ergibt (Braun/Kind, InsO § 14 Rdnr. 5). Andererseits hat der Gesetzgeber das Insolvenzeröffnungsverfahrens bewusst als vereinfachtes Verfahren ausgestaltet (vgl. Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht Rdnr. 354). Deshalb darf das Gericht die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht überspannen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Handbuch zur Insolvenzordnung 3. Auflage Kapitel 3 Rdnr. 73). Insgesamt verfolgt nämlich die neue Insolvenzordnung das Ziel einer rechtzeitigen und leichteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. Allgemeiner Teil der Begründung zum Regierungsentwurf der Insolvenzordnung, Bundestagsdrucksache 12/2443, abgedruckt in Balz/Landfermann, Die neuen Insolvenzgesetze Seite 21; vgl.a. OLG Celle NJW-RR 2001,702).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
An diesen Rechtsgrundsätzen gemessen hat das Amtsgericht überhöhte Anforderungen an die Zulässigkeit des Antrages der Beschwerdeführerin gestellt. Ein Rechtssatz, wonach unabhängig von den dem Antrag beigefügten Unterlagen eine schriftsätzliche Darstellung der Forderung der Antragstellerin aufgegliedert in Hauptforderung, Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten und Gebühren, Zeitraum und Erhebungsgrund (Leistungsbescheid oder Beitragsnachweis) erforderlich ist, besteht nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Vielmehr müssen nach zutreffender und überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur öffentlich-rechtliche Hoheitsträger ihre Forderung zwar nicht schlüssig begründen, aber wenigstens soweit spezifizieren, dass das Insolvenzgericht ohne weiteres erkennen kann, für welche Zeit und in welcher Höhe rückständige Abgaben oder Beiträge geschuldet werden, und dass der Schuldner sich darauf sachgerecht einlassen kann. Ebenso sind Säumniszuschläge, Zinsen, Kosten und Gebühren gesondert kenntlich zu machen. Dies kann durch Vorlage der Leistungsbescheide oder aufgeschlüsselter, nachvollziehbarerer Kontoauszüge geschehen (vgl. HK/Kirchhof, 2. Auflage § 14 InsO Rdnr. 6; OLG Naumburg NZI 2000, 263; NZI 2001,144; OLG Köln NJW-RR 2000,427). Der vom Amtsgericht geforderten substantiierten Darstellung der antragsberechtigenden Forderung der Beschwerdeführerin kommt somit keine eigenständige Funktion zu, vielmehr ist das Substantiierungserfordernis im Zusammenhang mit der notwendigen Glaubhaftmachung von Forderung und Eröffnungsgrund i.S. v. § 14 Abs. 1 InsO zu sehen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Sowohl Antragsberechtigung der Beschwerdeführerin wie auch Eröffnungsgrund sind vorliegend ausreichend glaubhaft gemacht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Für die Antragsberechtigung der Beschwerdeführerin ist bereits eine, möglicherweise geringe Forderung ausreichend (vgl. Kirchhof aaO Rdnr. 22). Hierzu ist es also nicht erforderlich, die von der Antragstellerin übergebenen Unterlagen vollständig zu sichten und auszuwerten. Ohnedies hat die Antragstellerin vorliegend zumindest die auf Beitragsnachweisen des Schuldners beruhenden Forderungen und damit den ganz überwiegenden Teil der geltend gemachten Ansprüche glaubhaft gemacht. Sie hat nämlich jeweils die Vollstreckungsersuchen nach § 66 SGB X an die zuständige Vollstreckungsstelle vorgelegt für auf Grund Beitragsnachweis des Arbeitgebers fällig gewordene Gesamtsozialversicherungsbeiträge für März bis Juli 2002, Januar bis November 2001 und April bis Dezember 2000. Die Vorlage der Beitragsnachweise des Arbeitgebers ist nicht notwendig, da keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Beschwerdeführerin nur fiktiv von Beitragsnachweisen ausgeht und Zahlungseingänge unzutreffend wiedergibt (vgl. OLG Saarbrücken ZIP 2000, 2260). Durch den Beitragsnachweis sind die entsprechenden Forderungen ohne weiteren Vollstreckungstitel fällig und vollstreckbar geworden (§§ 22 Abs. 1, 28 f Abs. 3 Satz 5 SGB IV). Den Vollstreckungsersuchen kann die Zusammensetzung der Forderung nach rückständigem Beitrag, Säumniszuschlag und Gebühren entnommen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
In gleicher Weise ist der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit durch die Beschwerdeführerin nachgewiesen. Hierbei ist zu beachten, dass die Glaubhaftmachung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei Nichtabführung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nicht nur durch Vorlage von Fruchtlosigkeitsbescheinigungen eines Gerichtsvollziehers oder anderer geeigneter Unterlagen erfolgen kann. Vielmehr genügt es für die Glaubhaftmachung in aller Regel auch, wenn der Schuldner über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten die Arbeitgeberanteile nicht an den Sozialversicherungsträger abführt (vgl. OLG Dresden ZinsO 2000, 560). Vorliegend hat die Beschwerdeführerin, wie bereits dargelegt, nicht nur den Rückstand von Sozialversicherungsbeiträgen über einen weit darüber hinaus reichenden Zeitraum dargelegt, sondern eine Bestätigung des zuständigen Gerichtsvollziehers vorgelegt, wonach er - im Antragsmonat - fruchtlos gepfändet hat. Der Vollstreckungsbeamte hat mitgeteilt, weitere Vollstreckungsmaßnahmen einschließlich der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung würden aussichtslos erscheinen. Der Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist somit in mehrfacher Hinsicht glaubhaft gemacht (vgl. hierzu allgemein OLG Celle NJW-RR 2001, 702).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wurde nach den §§ 37 Abs. 2, 38 Satz 2 GKG bestimmt.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,220 | olgstut-2003-01-22-11-wf-503 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 11 WF 5/03 | 2003-01-22T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:57 | 2019-02-12T13:09:45 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde des Antragsgegners wird</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>
<em>zurückgewiesen.</em>
</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Das Amtsgericht – Familiengericht – Schorndorf hat den Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss vom 13.12.2002 zurückgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="4"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgericht Stuttgart gehört zu dem einzusetzenden Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO grundsätzlich auch eine private Lebensversicherung. Eine hilfsbedürftige Partei hat den Rückkaufswert solcher Lebensversicherungen zur Deckung der Verfahrenskosten einzusetzen, wenn es ihr rechtlich möglich und zumutbar ist (vgl. hierzu OLG Stuttgart, FamRz. 1999, 598; OLG Stuttgart FamRB 2002, 143).</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="5"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Der Antragsgegner hat hier Lebensversicherungen mit einem Rückkaufswert von ca. 38.000,00 EUR. Dem stehen Policendarlehen hinsichtlich zweier Lebensversicherungen in Höhe von ca. 17.500,00 EUR entgegen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der überschießende Wert der Lebensversicherungen übersteigt das Schonvermögen des Antragsgegners bei weitem und ermöglicht es ihm, die Prozesskosten aus dem überschießenden Wert der Lebensversicherungen zu begleichen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Hinzu kommt, dass der Antragsgegner bei seiner Vermögensaufstellung zum Stichtag 04.10.2002, den er zu seinem Prozesskostenhilfeantrag beigefügt hat, einen Wohnwagen im Wert von ... 6.600,00 EUR als weiteren Vermögenswert angegeben hat. Dieser Wohnwagen unterliegt nicht dem Schonvermögen. Er ist deshalb zur Deckung der Prozesskosten ebenfalls einzusetzen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="8"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">3.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Zuletzt müsste der Antragsgegner auch seinen Citroen 2cV verkaufen um die Prozesskosten zumindest teilweise decken zu können. Ein Zweitwagen ist nicht privilegiert.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Gem. § 127 Abs. 1 Satz 3 ZPO werden der Antragstellerin die Gründe dieser Entscheidung nicht mitgeteilt.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,221 | olgkarl-2003-01-22-12-u-14102 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 141/02 | 2003-01-22T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:58 | 2019-02-12T13:09:45 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24.04.2002 - 9 O 208/01 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>4. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p>
<p>5. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin verkaufte der Beklagten gebrauchtes Krankenhausinventar mit zwei Rettungswagen, das die Beklagte nach Georgien lieferte. Außerdem verpflichtete sich die Klägerin gegenüber der Beklagten zur Montage, Installation und Inbetriebnahme der gelieferten Krankenhausausstattungen und technischen Geräte. Die Montage ist nicht abgeschlossen. Die Klägerin erklärte die Kündigung des Montagevertrags. Die vereinbarte Vergütung für die Montage hat die Beklagte vollständig bezahlt, außerdem 70 % des Kaufpreises. Die Klägerin macht den restlichen Kaufpreis geltend. Die Beklagte hat mit angeblichen Gegenforderungen aufgerechnet und Zurückbehaltungsrechte geltend gemacht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Beklagte zur Zahlung von EUR 162.271,77 Zug um Zug gegen Fertigstellung der vereinbarten Montage verurteilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf uneingeschränkte Verurteilung der Beklagten weiter. Hinsichtlich des Parteivorbringens in der Berufung wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die Ausführungen unter II. verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Klägerin hat gemäß § 433 Abs. 2 BGB Anspruch auf Zahlung von EUR 162.271,77. Der Beklagten steht aber, wie das Landgericht zu Recht entschieden hat, ein Zurückbehaltungsrecht zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
1. Das Landgericht hat die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des restlichen Kaufpreises in der genannten Höhe festgestellt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Kaufpreisforderung ist zwar nicht fällig. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Restkaufpreiszahlung vereinbarten die Parteien, dass der Restkaufpreis "in Höhe von 30 % sofort bezahlt wird, sobald das vom Endabnehmer bzw. von der ausführenden Montagefirma IPS bestätigte Abnahmeprotokoll dem Käufer vorliegt". Damit regelten die Parteien die Fälligkeit der Kaufpreisforderung. Die vereinbarten Fälligkeitsvoraussetzungen liegen nicht vor. Bei dem im Vertrag genannten Abnahmeprotokoll handelt es sich wahrscheinlich um die Feststellung der Funktionsfähigkeit der gelieferten Geräte, da der Kaufvertrag festhält, dass die einzelnen Geräte des Krankenhausinventars deinstalliert seien und deshalb die Funktionsfähigkeitsprüfung nicht durchgeführt werden könnte. Gemeint sein könnte auch die Fertigstellung der Montage. Diese Frage kann aber offen bleiben. Jedenfalls liegt für beide Auslegungsalternativen das geforderte Protokoll nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Das Landgericht hat jedoch mit der Verurteilung zur Zahlung die Fälligkeit der Forderung ausgesprochen. Die Feststellung des Landgerichts ist nicht angegriffen. Von ihr abzuweichen ist dem Senat gemäß § 528 ZPO verwehrt, da nur die Klägerin Berufung eingelegt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
2. Die Beklagte kann, wie schon das Landgericht ausgeführt hat, gemäß § 273 Abs. 1 BGB den Restkaufpreis zurückhalten, weil die Klägerin ihre nach dem Montagevertrag geschuldeten Montageleistungen noch nicht vollständig erbracht hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
a. Die Beklagte hat einen fälligen Anspruch darauf, dass die Klägerin die geschuldeten weiteren Montageleistungen erbringt. Der Anspruch ist nicht aufgrund der Fristsetzungen und Kündigungen der Klägerin untergegangen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
aa. Die Fristsetzung vom 20.08.1999 (K 15) und die Kündigung vom 9.09.1999 (K 16) sind nicht wirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Montagevertrag ist ein Werkvertrag. Ein Werkvertrag ist vom Unternehmer nicht frei kündbar, sondern kann nur unter bestimmten Voraussetzungen, wenn der Besteller seine (Mitwirkungs-) Pflichten verletzt, beendet werden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die Klägerin hätte die Beklagte gemäß § 643 BGB auffordern müssen, einer vertraglichen Mitwirkungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist nachzukommen, und ihr die Vertragsaufkündigung androhen müssen, falls sie dieser ihrer Obliegenheit nicht nachkommt. Zur Erfüllung einer ihr obliegenden Mitwirkungspflicht forderte die Klägerin die Beklagte im Schreiben vom 20.08.1999 nicht auf. Die in diesem Schreiben geforderte Zustimmung zu einer bestimmten Berechnung ihres Montagemehraufwandes ist keine derartige Mitwirkungspflicht. Zwar war im Montagevertrag geregelt, dass die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten "die Mehrkosten der Montage nach Aufwand zusätzlich berechnet, die dadurch entstehen, dass sich Verzögerungen bei der Installation einstellen, die nicht auf das Verschulden der Klägerin zurückzuführen sind, z.B. mangelhafte Vorbereitung der zur Installation vorgesehenen Räumlichkeiten und fehlende personelle Unterstützung durch den Betreiber der Einrichtung". Einen Anspruch auf die von ihr im Schreiben vom 20.08.1999 verlangte Mehrvergütung hatte die Klägerin jedoch nicht, auch nicht auf die Zustimmung zu einer bestimmten (pauschalierten) Zusatzvergütung. Im Montagevertrag war schon vereinbart, dass die Klägerin ihren Zusatzaufwand berechnen darf, und zwar den tatsächlich anfallenden, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Da ein Montagemehraufwand der Klägerin im Montagevertrag geregelt ist, brauchte die Beklagte ihre Zustimmung zu einer erneuten Regelung nicht mehr zu erteilen, schon gar nicht zu einer solchen Regelung, die von der im Montagevertrag abweicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
bb. Auch nicht wirksam sind die Nachfristsetzung der Klägerin vom 23.09.2002 und ihre darauffolgende Kündigung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Aufforderung mit Fristsetzung zur Stellung von Sicherheiten für den eingeklagten Restkaufpreis und in Höhe von EUR 75.000 für einen Montagemehraufwand im Schreiben vom 03.09.2002 (II 125) stellt keine wirksame Fristsetzung nach §§ 648 a Abs. 5, 643 BGB dar. Die Beklagte mußte nicht die geforderten Sicherheiten stellen. Die Klägerin hatte keinen Anspruch darauf. Einen Anspruch gemäß § 648 a BGB auf Sicherung des Restkaufpreises hätte sie allenfalls, wenn Kaufvertrag und Montagevertrag einen einheitlichen Vertrag darstellen würden, der nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist. Die Parteien erstellten jedoch entgegen dem ursprünglichen Vertragsentwurf (B 7) zwei getrennte Urkunden, wollten demnach zwei eigenständige Verträge, die auch - nach dem unstreitigen erstinstanzlichen Vortrag - hätten eigenständig erfüllt werden können. Die erstmals im Berufungsschriftsatz vom 21.01.2003 ohne Entschuldigung erfolgte anderweitige Darstellung des dem Vertragsgebilde zugrundeliegenden Sachverhalts ist gemäß § 529 ZPO unbeachtlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Aufforderung zur Stellung einer Sicherheit allein für die Vergütung eines Montagemehraufwands ist ebenfalls unwirksam, da die Klägerin eine zumindest stark überhöhte Sicherheit forderte (vgl. BGH WM 2001, 263). Die Klägerin hat nicht plausibel dargelegt, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung eines Mehraufwands zustehen könnte, schon gar nicht ein Anspruch in Höhe von schätzungsweise EUR 75.000. Die Höhe einer der geforderten Sicherheit zugrunde liegende Forderung entspricht fast der zwischen den Parteien aufgrund ihrer Einschätzung ausgehandelten Vergütung für die gesamte Montage der gelieferten Krankenhauseinrichtung. Die Klägerin hat aber noch nicht einmal die vereinbarte und ihr bezahlte Montagevergütung von DM 180.000 verbraucht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Im Montagevertrag vereinbarten die Parteien, dass der Klägerin die Vergütung von DM 180.000 dafür zusteht, dass sie vier Techniker für die Durchführung der Montage, Installation und Inbetriebnahme der gelieferten Krankenhausausstattungen und technischen Geräte für die Zeit von drei Monaten stellt. Diese drei Monate waren noch nicht abgelaufen, als die Klägerin die Montagearbeiten unterbrach. Die Techniker begannen mit ihren Arbeiten am 10.09.1998 und stellten die Arbeiten am 12.11.1998 ein. Auch unter Berücksichtigung der Vorauszahlung von DM 30.000 hat die Klägerin die Montagevergütung noch nicht vollständig "abgearbeitet". Vielmehr waren - proportional der zum Zeitpunkt der Arbeitseinstellung vergangenen Montagezeit - allenfalls rund DM 130.000 verbraucht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Ein Mehraufwand, den die Klägerin in Rechnung hätte stellen können, entstand nicht dadurch, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung, selbst zwei georgische Techniker und georgische Hilfskräfte zu stellen und bestimmte Vorarbeiten zu erbringen, möglicherweise nicht nachkam. Die Klägerin hat nämlich einen ihr dadurch entstandenen und nach dem Vertrag abrechenbaren Mehraufwand nicht dargelegt. Sie hat nur vorgetragen - dies lässt sich auch den vorgelegten Arbeitsberichten der Montagefirma ... entnehmen -, dass sich die Montagearbeiten einfach hinzogen (möglicherweise auch dadurch, dass die deutschen Techniker Arbeiten durchführten, für die eigentlich die georgischen Kräfte vorgesehen waren). Ein durch die Verzögerungen entstehender und abrechenbarer Mehraufwand wäre deshalb erst nach Ablauf der im Montagevertrag vorgesehenen Arbeitszeit von drei Monaten entstanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Offen bleiben kann daher, ob die Klägerin beim Einbau von Operationssälen, Röntgengeräten etc. Unternehmerin eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon gemäß § 648 a BGB ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
cc. Schließlich hat die Fristsetzung vom 16.01.2003 zur Durchführung der für die weitere Montage erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen (II 153) und die Nachfristsetzung vom 28.01.2003 (II 155) den Montagevertrag bis zur Berufungsverhandlung am 6.02.2003 nicht beenden können.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die gesetzten Fristen, insgesamt 14 Tage, sind unangemessen kurz. Mit Schreiben vom 16.01.2003, zugegangen am 20.03.2003, forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 26.01.2003 die Strom-, Wasser- und Druckluftversorgung und die vertraglich vorgesehenen georgischen Mitarbeiter bereitzustellen und die Bereitstellung durch ein Bestätigungsschreiben der georgischen Regierung nachzuweisen. Mit Schreiben vom 28.01.2003 setzte die Klägerin, da die Beklagte die Vorbereitungshandlungen nicht getroffen hätte, eine Nachfrist bis 3.02.2003. Für die Beurteilung der Angemessenheit einer gesetzten Frist sind die gesamten Umstände des Falles zu berücksichtigen (RG WarnRspr 1908 Nr. 625; Staudinger/Peters, BGB, Bearbeitung 2000, § 643 Rn. 11). Die Beklagte, die ihren Sitz und ihre Mitarbeiter in Deutschland hat, hat die geforderten Mitwirkungshandlungen in Georgien zu erbringen. Diese Vorbereitungsarbeiten sind - jedenfalls nach Vortrag der Klägerin - umfangreich. Allein die Entfernung von Deutschland nach Georgien und eventuelle Kommunikationsschwierigkeiten können zeitaufwendig sein. Die Klägerin hat weiterhin eine Bestätigung der georgischen Regierung gefordert. Unabhängig davon, ob sie eine solche Bestätigung überhaupt beanspruchen kann, würde aller Wahrscheinlichkeit erheblich mehr Zeit benötigt, die Bestätigung zu erlangen, als die Klägerin der Beklagten eingeräumt hat. Insbesondere fällt bei der Beurteilung der Angemessenheit der gesetzten Fristen ins Gewicht, dass die Montagearbeiten der Klägerin seit mehr als vier Jahren ruhen, dass sie die Beklagte in diesen vier Jahren seit dem Abbruch der Montagearbeiten im November 1998 bis zum Januar 2003 nie zur Durchführung der geschuldeten Vorbereitungsmaßnahmen aufforderte, dass die Wiederaufnahme der Arbeiten aufgrund deren längerer Unterbrechung voraussichtlich zusätzliche Vorbereitungen erfordern werden, die weitere Zeit benötigen, und dass kein Grund für die plötzliche Eile der Klägerin zu erkennen ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Dass die Arbeiten seit mehr als vier Jahren ruhen, hat nicht allein die Beklagte zu vertreten. Zwar war die Klägerin wohl berechtigt, die Montage einzustellen, da die Beklagte die fälligen Vergütungsraten nicht zahlte. Nachdem die Beklagte aber die fälligen Raten und auf Forderung der Klägerin auch die noch nicht fälligen Raten gezahlt hatte, nahm die Klägerin die unterbrochenen Arbeiten nicht ab dem 1.02.1999 wieder auf, wie sie in ihrem Schreiben vom 17.11.1998 (K 9) angekündigt hatte, sondern stellte weitere - unberechtigte (s.o. 2 a aa) - Forderungen für die Wiederaufnahme der Montagearbeiten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Da die von der Klägerin gesetzte Frist unangemessen kurz ist, wurde durch ihre Aufforderung vom 16.01.2003 eine angemessene Frist in Lauf gesetzt (Staudinger, a.a.O.). Welche Frist im vorliegenden Fall angemessen wäre, kann offen bleiben. Eine angemessene Frist wäre zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nämlich noch nicht abgelaufen, so dass eine darauf gegründete Vertragsbeendigung der Berufungsentscheidung nicht zugrunde gelegt werden kann. Die seit dem Zugang des Aufforderungsschreibens am 20.01.2003 bis zur Berufungsverhandlung am 6.02.2003 abgelaufene Frist von 17 Tagen wäre im vorliegenden Fall allein schon aufgrund der Dauer der Arbeitsunterbrechung auch noch unangemessen kurz.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
b. Restkaufpreisforderung und Anspruch aus Fertigstellung der Montage entstammen demselben rechtlichen Verhältnis gemäß § 273 BGB. Nicht erforderlich ist, dass die beiderseitigen Ansprüche im selben Vertrag ihr Grundlage haben; es genügt, wenn ihnen ein innerlich zusammenhängendes einheitliches Lebensverhältnis zugrunde liegt (BGHZ 115, 99/103; 92, 194/196). Kauf und Montage betreffen die gleichen Gegenstände. Die Verträge wurden zum gleichen Zeitpunkt geschlossen. Kaufvertrag und Montagevertrag bilden, auch wenn die Parteien zwei Urkunden errichteten, ein ineinander verzahntes Vertragsgebilde. Der Beginn der Montageleistungen hing davon ab, dass die Klägerin das an die Beklagte verkaufte Krankenhausinventar auf den Weg nach Georgien brachte. Sie hatte die Ware ab Lager der Spediteure frei auf Lkw verladen zu liefern (Nr. 3 des Kaufvertrages). 70 % des Kaufpreises hatte die Beklagte vor Auslieferung zu bezahlen, den Rest erst, wenn ihr das vom Endabnehmer bzw. der Montagefirma bestätigte Abnahmeprotokoll vorlag.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
3. Über weitere Einwendungen der Beklagten gegen die Forderung der Klägerin hat der Senat nicht zu entscheiden. Das Landgericht hat die von ihr erklärten Aufrechnungen mit Gegenforderungen für unbegründet erklärt. Es hat ein von der Beklagten weiterhin geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht wegen der angeblichen fehlenden Übergabe von Plänen zurückgewiesen. Die Beklagte hat diese Einwendungen zwar in der Berufung weiterverfolgt, jedoch nicht durch Einlegung eines eigenen Rechtsmittels. Die Einwendungen können daher nicht zu einer Abänderung des Urteils zu Lasten der Klägerin führen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>III.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Da die Berufung der Klägerin keinen Erfolg hat, hat sie gemäß § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,223 | lg-stuttgart-2003-01-22-27-o-6902 | {
"id": 142,
"name": "Landgericht Stuttgart",
"slug": "lg-stuttgart",
"city": 90,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 27 O 69/02 | 2003-01-22T00:00:00 | 2019-01-07T10:14:00 | 2019-01-17T11:52:07 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 3.097,37 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 7. 3. 2002 zu bezahlen.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Streitwert: bis EUR 110.000,--</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Kläger war Kommanditist einer D. Datentechnik GmbH u Co. KG, über deren Vermögen 1983 das Konkursverfahren eröffnet und 1998 abgeschlossen wurde, und nimmt den Beklagten, als Steuerberater sowohl für den Kläger als auch die KG tätig, mit der am 6. 3. 2002 zugestellten Klage auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Vertretung bei Geltendmachung von Sonderbetriebsausgaben in Anspruch.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Als Kommanditist und Alleingeschäftsführer-Gesellschafter der Komplementär-GmbH hatte der Kläger einen Kredit der KG durch eine auf seinem Privatgrundstück lastende nachrangige Grundschuld über DM 500.000,-- abgesichert. Aus der Grundschuld in Anspruch genommen, war er gezwungen, sein Grundstück zu verkaufen. Aus dem Verkaufserlös flossen dem Grundschuldinhaber im Jahre 1985 DM 477.519,-- zu. Im Rahmen der Bearbeitung der jährlichen Steuererklärungen für den Kläger war der Beklagte beauftragt, die Zahlung aus dem Grundstück des Klägers als Sonderbetriebsausgabe geltend zu machen, um es dem Kläger zu ermöglichen, den erlittenen Verlust mit künftigem Einkommen gem. § 10 d Abs. 2 EStG steuermindernd zu verrechnen. Diese Verlustvortragsmöglichkeit war bis zum Steuerreformgesetz vom 25. 7. 1988 (BGBl. I, S. 1093) auf fünf Jahre begrenzt und wurde durch dieses Reformgesetz - erstmals für Verluste im Jahre 1985 - unbegrenzt zugelassen. Nun hatte der Kläger, wie der Beklagte unbestritten vorgetragen hat, aus seiner Beteiligung bei der KG schon Anfang der 80er Jahre enorme Verluste, die zu einem Verlustvortrag in Millionenhöhe führten, den der Kläger aber mangels steuerpflichtiger Einkünfte in den Jahren bis 1989 nicht einkommenssteuermindernd geltend machen konnte. Am 21. 2. 1992 stellte der Beklagte beim Finanzamt den Antrag, Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb mit DM - 477.519,-- (Verlust) bei der persönlichen Einkommensteuerveranlagung des Klägers zu berücksichtigen. Auf Hinweis des Finanzamts vom 19. 3. 2002, dass es sich um Aufwendungen handele, die im Zusammenhang mit der KG angefallen und daher allenfalls im Rahmen eines Feststellungsverfahrens zu berücksichtigen seien, reichte der Beklagte beim Finanzamt Stuttgart I, eingegangen am 23. 12. 1992, eine "Erklärung zur gesonderten - und einheitlichen - Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung" für das Jahr 1985 ein (K 1/Bl. 9 d.A.). Dort heißt es: "Sonderbetriebsausgabe laut Anlage: DM 477.519,--" (K 1/Bl. 11 d.A.). Am 24. 4. 1997 mahnte der Beklagte die unerledigte Feststellung an. Mit Bescheid vom 29. 3. 2000 lehnte das Finanzamt Stuttgart I den Erlass eines Feststellungsbescheides für das Jahr 1985 ab, da die Feststellungsfrist nach §§ 181, 169 Abs. 2, 170 Abs. 2 AO spätestens mit Ablauf des Jahres 1992 abgelaufen sei. Die erst wenige Tage vor Ablauf der Feststellungsfrist eingereichte Erklärung habe eine abschließende Bearbeitung innerhalb der Feststellungsfrist nicht zugelassen. Die Erklärung habe auch keine Ablaufhemmung der Feststellungsfrist i.S. von § 171 Abs. 3 AO bewirkt, da die Abgabe gesetzlich vorgeschriebener Steuererklärungen nicht unter § 171 Abs. 3 AO falle (vgl. K 2/13). Der Einspruch des Klägers wurde durch Bescheid vom 12. 2. 2001 zurückgewiesen (K 3/15 ff). Die dagegen auf Empfehlung des Beklagten erhobene Klage vor dem Finanzgericht hat der Kläger nach dem Erörterungstermin vom 16. 8. 2001 auf Rat des dortigen Berichterstatters (vgl. K 4/18) zurückgenommen. Der Klägervertreter hat dem Kläger für seine Vertretung vor dem Finanzgericht insgesamt EUR 3.160,33 berechnet. Darin ist eine Erörterungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 S. 4 BRAGO enthalten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Der Kläger meint, nur die Erklärung am 23. 12. 1992 einzureichen, sei nicht ausreichend gewesen, da dadurch die Festsetzungsverjährung nicht gehemmt worden sei. Der Beklagte hätte einen gesonderten (Drei-Zeilen-)Antrag zur Hemmung der Festsetzungsverjährung stellen müssen, und zwar unabhängig von der Frage, ob dieser Antrag auch mündlich gestellt werden könne, zu Beweiszwecken schriftlich und nicht nur, wie vom Mitarbeiter des Beklagten behauptet, telefonisch. Wäre das geschehen, hätte das Finanzamt in der Sache entscheiden müssen, und - gegebenenfalls nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts - den Verlustvortrag anerkannt, wie es im übrigen auch für eine Zahlung des Klägers auf eine Bürgschaft für die Gesellschaft vom Finanzamt unproblematisch geschehen sei. Selbst wenn das Finanzamt für die Feststellung der Verlustvortragsfähigkeit Bilanzen der KG verlangt haben würde, wie übrigens im Falle der Bürgschaftszahlung nicht, hätte der Kläger solche Bilanzen auf seine Kosten erstellen lassen können. Bei richtigem Vorgehen des Beklagten hätte der Kläger die Möglichkeit gehabt, den Verlust aus der Zahlung auf die Grundschuld - nach Verbrauch weiterer Verlustvorträge aus dem Konkursfall in den Jahren bis 2000 - ab den Jahren 2001 ff mit Einkommen steuermindernd zu verrechnen. Der Verlustvortrag sei wäre unbegrenzt zulässig gewesen. Der Verlust sei steuerlich nämlich dem Jahre 1985, für das schon die Neuregelung gelte, nicht etwa dem Jahre 1984 zuzurechnen. Maßgeblich sei nämlich, wann auf die Grundschuld bezahlt werde. Die bloße Verpflichtung, eine Grundschuld zugunsten der KG als Sicherheit zu stellen, könne steuerlich noch nicht als gewinnmindernd bzw. verlustbegründend geltend gemacht werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Zu der von dem Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung meint der Kläger:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Schadenersatzansprüche seien nicht verjährt. Maßgeblich für den Beginn der Verjährung sei der Festsetzungsbescheid, in welchem sich der Fehler des Beklagten erstmals nachteilig niedergeschlagen habe, also der ablehnende Bescheid des Finanzamts aus dem Jahre 2000.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Kläger beantragt (vgl. Bl. 127, 2 d.A.),
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entsteht, dass er steuerliche Sonderbetriebsausgaben aus dem Jahre 1985 aus seiner Beteiligung als Kommanditist in der D. Datentechnik GmbH & Co. Computer KG in Höhe von DM 477.619,-- nicht geltend machen kann;
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 3.097,37 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Klagezustellung zu bezahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Der Mitarbeiter des Beklagten, B., habe mit dem Finanzamt Stuttgart vor Ablauf der Feststellungsfrist mehrfach telefoniert und dabei den Antrag auf Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 3 AO gestellt. Im Ergebnis sei der Bescheid des Finanzamts sogar richtig. Dem Kläger sei überhaupt kein Schaden entstanden. Die Zahlung auf die Grundschuld aus dem Privatgrundstück des Klägers sei zwar 1985 erfolgt, aber gleichwohl dem Jahre 1983 bzw. 1984 zuzurechnen. Maßgeblich sei nicht das Jahr der Zahlung für die KG, sondern das Jahr der Betriebsaufgabe der KG. Betriebsaufgabe im steuerrechtlichen Sinne sei mit der Konkurseröffnung anzunehmen, da der Betrieb alsbald eingestellt wurde. Da dem Jahre 1984 zuzurechnen, sei der steuerliche Verlust nur auf fünf Jahre begrenzt vortragsfähig gewesen, hätte in den Jahren bis 1989 geltend gemacht werden müssen. Mangels steuerpflichtigen Einkommens in diesen Jahren sei eine Verrechnung des Verlusts mit Einkünften nicht möglich gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Etwaige Schadenersatzansprüche seien verjährt. Der Bundesgerichtshof unterscheide danach, ob die Pflichtverletzung des Steuerberaters vor Erlass oder erst nach Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides liege. Liege die Pflichtverletzung vor Erlass, so beginne die Verjährung regelmäßig mit Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids. Liege sie nach Bekanntgabe des Bescheides, so beginne die Verjährung mit der Bestandskraft des Bescheides. Hier sei der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1985 vom 28. 6. 1991 (B 7/67) fehlerhaft gewesen, weil der Verlust des Klägers um den auf die Grundschuld bezahlten Betrag zu niedrig angesetzt gewesen sei. Dieser Bescheid sei mit Ablauf der Festsetzungsverjährung unabänderbar geworden. Mit Ablauf der Festsetzungsverjährung sei daher für den Kläger ein etwaiger Schaden entstanden, also schon mit Ablauf des Jahres 1992, nicht erst mit dem ablehnenden Bescheid im Jahre 2000.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Auf keinen Fall müsse der Beklagte für die vom Klägervertreter gegenüber dem Kläger geltend gemachte Erörterungsgebühr einstehen. Diese Gebühr könne der Klägervertreter nach der Rechtsprechung des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht verlangen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Unterlagen sowie ihre Erklärungen in der mündlichen Verhandlung verwiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Sachverständigen G. und Prof. Dr. K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gerichtliche Niederschrift in den Protokollen zur mündlichen Verhandlung vom 26. 6. 2002 und 4. 12. 2002 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich der geltend gemachten Kosten des Finanzgerichtsverfahrens begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>I. Die zulässige Feststellungsklage (Klageantrag Z. 1) ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein (durchsetzbarer) Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu, und zwar unabhängig davon, ob - wie es der Kläger geltend macht - der steuerliche Verlust dem Jahre 1985 oder - was der Beklagte für richtig hält - dem Jahre 1984 zuzurechnen ist. Ausgeschlossen werden kann, dass der Verlust späteren Jahren zugerechnet werden muss.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>1. Geht man mit dem Kläger davon aus, dass der steuerliche Verlust durch die Zahlung auf die Grundschuld im Jahre 1985 auch diesem Jahr zuzurechnen ist, so ist ein etwaiger Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger Vertretung des Klägers bei Einreichung der Erklärung vom 22. 12. 1992 wegen Verjährung nicht durchsetzbar (§ 214 BGB). Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG begann mit Ablauf der Festsetzungs- (bzw. Feststellungs-)Verjährung am 31. 12. 1992 zu laufen und ist - weder gehemmt noch unterbrochen - am 31. 12. 1995 abgelaufen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>a) Nach § 68 StBerG beginnt die Verjährung von Schadenersatzansprüchen mit der Entstehung des Schadens. Der Schaden ist entstanden, wenn er wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können, ferner wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbar adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGH NJW 92, 2766 unter A II. 2.; BGH NJW 93, 1139, 1141 unter III. 1; 2002, 888, 890 unter I. 2. a). Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht (BGHZ 73, 363, 365 = NJW 79, 1550; Z 83, 17, 19 = NJW 82, 1285).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Ausgehend von dieser Rechtsprechung können gegenwärtig mindestens drei Fallgruppen unterschieden werden, nämlich Verjährung bei Fehlern steuerlicher Gestaltung (1), bei Fehlern im Steuerverfahren (2) und bei Fehlern durch Fristversäumnisse (3).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Bei fehlerhafter Gestaltung, die zu steuerlicher Mehrbelastung des Mandanten führt, entsteht der Schaden nur dann mit dem belastenden Bescheid, wenn zu seiner Verwirklichung ein solcher erforderlich ist (BGH NJW 92, 2766, 2767 unter A II. 2. c; BGH NJW 93, 1139, 1141 unter III. 2.; BGH NJW 93, 2799, 2802 unter III. 2. a). Bei fehlerhafter Vertretung im Steuerverfahren entsteht der Schaden in aller Regel erst mit dem Zugang des ersten negativen Bescheids, der auf den Fehler folgt (vgl. BGH NJW 98, 1488 unter A II; BGH NJW 96, 1895, 1896 unter 1). Wo dagegen das pflichtwidrige Verhalten erst nach Erlass des Steuerbescheides einsetzt, kann die Verjährung nicht schon vorher beginnen (BGH NJW-RR 97, 50, 51 unter II. 1. a). In einem solchen Falle beginnt die Verjährung daher nicht bereits mit Bekanntgabe des Steuerbescheids (BGH NJW-RR 98, 742, 743 unter II. 1). Begeht der Steuerberater erst im Einspruchsverfahren einen Fehler, kann es daher für den Schadeneintritt und damit den Verjährungsbeginn nicht auf den Zeitpunkt des früheren Erlasses des Einkommenssteuerbescheids oder gar des Grundlagenbescheides ankommen. Maßgeblich ist auch in einem solchen Fall die Bekanntgabe des Bescheids der Finanzbehörden, in dem sich der vom Steuerberater begangene Fehler niederschlägt; das ist der das Rechtsbehelfsverfahren abschließende Einspruchsbescheid (BGH NJW-RR 97, 51, 52 unter II. 1. b). Stehen allerdings Fristversäumnisse in Frage, so soll der Schaden bereits mit dem Ablauf prozessualer Fristen eintreten, so bei Versäumung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil (BGH NJW 96, 48, 50), Versäumung der Berufungsbegründung (OLG Karlsruhe MDR 90, 336, 337). Die zu § 51 b BRAO ergangene Rechtsprechung für Anwaltsfehler kann wegen der gleichgelagerten Verjährungsproblematik auch für Steuerberater übernommen werden. Besteht der Anwaltsfehler in der Versäumung einer Frist zur Einlegung oder zur Begründung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs, so "liegt es nahe, dass der Schaden des Mandanten schon mit der Fristversäumung entsteht" (BGH NJW 2000, 1263, 1264 unter I. 1. c). "Es spricht vieles dafür, dass der Schaden bereits mit dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingetreten ist" (dafür OLG Karlsruhe MDR 90, 336, 337; ebenso für Versäumung der Einspruchsfrist: BGH NJW 96, 48), spätestens aber mit Verwerfung des Wiedereinsetzungsgesuchs (BGH NJW 2000, 1267). Die Schädigung des Mandanten, die schon durch die Fristversäumung eingetreten ist, entfällt nicht wegen der Unsicherheit, ob der Schaden bestehen bleibt oder endgültig wird (BGH NJW-RR 98, 742 mwN) und damit auch nicht wegen eines Wiedereinsetzungsantrags. Auch für die Versäumung materieller Fristen ist anerkannt, dass der Schaden schon mit Ablauf der Frist eintreten kann (so für Verjährungsfrist: BGH NJW 94, 2822, 2823 f; 2001, 3543, 3544 unter A II. 1.b).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>b) Die vorliegende Fallgestaltung ist eindeutig der dritten Fallgruppe - Versäumung materieller oder formeller Fristen zuzurechnen, bei welcher die Verjährung des Schadenersatzanspruchs bereits mit Ablauf der Frist beginnt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Die Festsetzungs- und Feststellungsverjährung der §§ 169 ff, 181 Abs. 1 AO, die auch für Ansprüche des Steuerpflichtigen gegen den Fiskus gilt (Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, § 169 Anm. 1), führt (anders als die zivilrechtliche Verjährung) zum Erlöschen des (steuerrechtlichen) Anspruchs. Der vom Ablauf der Festsetzungsfrist betroffene Anspruch erlischt (§ 47 AO) dadurch, dass "schon der hoheitliche Akt der Schaffung der Grundlage für die Anspruchsverwirklichung vereitelt wird" (aaO, Anm. 3). Mit dem Erlöschen seines Steuererstattungsanspruchs entsteht dem Berechtigten der Schaden, weil er seines Anspruchs verlustig geht. Ob es sich um eine prozessuale, die Zulässigkeit der Steuerfestsetzung, oder um eine materielle, die Begründetheit der Steuerfestsetzung berührende Frist handelt, kann offen bleiben, weil die Rechtsprechung für die Verjährungsfrage zwischen materieller und prozessualer Fristversäumung keine Unterscheidung macht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, ist die Festsetzungsfrist am 31. 12. 1992 abgelaufen. Insoweit kann auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid (K 3/15) und im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts (K 4/18) verwiesen werden, die auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH BStBl II, 1992,124) beruhen. Auch wenn diese Rechtsprechung für die Kammer ebenso wenig wie für die Parteien und für den Sachverständigen Prof. Kurz überzeugend ist (auch zivilprozessualen Auslegungsgrundsätzen widerspräche: BGH NJW 90, 2683, 2684; 2000, 3216 unter II. 1.; -RR 96, 1210, 1211 unter II. 2.), muss sie doch der Bewertung im Regressprozess zu Grunde gelegt werden (zu der auch in anderem Zusammenhang bedeutsamen Frage, wie im Finanzgerichtsverfahren richtigerweise hätte entschieden werden müssen: BGH NJW 2001, 146, 147 unter IV. 1.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Das bedeutet, dass der den Verjährungsbeginn nach § 68 StBerG auslösende Schaden des Klägers mit Ablauf des 31. 12. 1992 entstanden ist. Die Primärverjährung ist deshalb am 31. 12. 1995, eine etwaige Sekundärverjährung am 31. 12. 1998 abgelaufen und konnte durch Klageerhebung im Jahre 2002 nicht mehr unterbrochen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Gegen diese Folgerung sind drei Einwendungen möglich, die sämtlich nicht durchgreifen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die Rechtsprechung des BGH hat auch in den Fällen Bestand, in denen noch zweifelhaft sein kann, ob der Anspruch des Mandanten tatsächlich erloschen bzw. nicht mehr durchsetzbar ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Im vorliegenden Fall hat der Mitarbeiter des Beklagten noch im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts behauptet, einen Antrag auf Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist zulässigerweise mündlich (telefonisch) gestellt zu haben. War das richtig, so war die Feststellungsfrist nicht abgelaufen, der Anspruch des Klägers auf die begehrte Feststellung nicht erloschen. Ob die Aussage des Mitarbeiters des Beklagten richtig und durchsetzbar ist, konnte sich erst im Einspruchsverfahren erweisen. Gleichwohl war der Schaden schon mit Ablauf der Frist entstanden. Denn schon mit dem Ablauf der Frist war jene für die Schadenentstehung typische akute Gefährdung eingetreten. Der Fall ist nicht anders zu bewerten, als wenn der Anwalt seinem Mandanten (u. U. sogar wahrheitswidrig) erklärt, er habe mit dessen Schuldner ein pactum de non petendo vereinbart, oder der Schuldner habe ihm gegenüber den Anspruch anerkannt mit der Folge, dass die zivilrechtliche Verjährung gehemmt oder unterbrochen wäre. Auch in solchen Fällen entsteht der Schaden schon mit dem Ablauf der Verjährungsfrist, mag auch im nachfolgenden Prozess jahrelang darum gestritten werden, ob der behauptete Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestand eingreift.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Der Kammervorsitzende hat allerdings in einem Urteil als Einzelrichter die Meinung vertreten, in solchen Fällen, in denen noch Unklarheit bestehe, ob sich der Schaden aufgrund des Fristablaufs verwirklichen werde, könne die Verjährung des Ersatzanspruchs - wie bei den anderen Fallgruppen - erst mit der Entscheidung über die noch offene Streitfrage zu laufen beginnen (27 O 100/02 - 12 U 138/02). Der Fehler beim Versuch der Wahrung der Frist (bei Einlegung eines Einspruchs) müsse dem nach ordnungsgemäßer Fristwahrung nachfolgenden Fehler (im Einspruchsverfahren) mit der Folge gleichgestellt werden, dass die Verjährung in solchen Fällen ebenfalls erst mit der auf den Fehler folgenden negativen Entscheidung (also der Einspruchsentscheidung) zu laufen beginne. Dem mag sich die Kammer nicht anschließen. Entscheidend ist nicht - worauf der IX. Zivilsenat seit Änderung seiner Rechtsprechung (BGH NJW-RR 98, 742) stets hingewiesen hat -, ob die als Schaden zu wertende akute Vermögensgefährdung durch eine nachfolgende Entscheidung wieder beseitigt werden kann, sondern ob sie sich schon mit dem Ablauf der Frist verwirklicht hat. Auch die Tatsache, dass diese Rechtsprechung den Steuerberater, da Einspruch und finanzgerichtliches Verfahren den Eintritt der Verjährung nicht hindern (BGH NJW-RR 98, 742 unter II. 1.) und Kenntnis vom Schaden unerheblich ist (s. RsprNachweise oben), dazu verleitet, durch zögerliche Bearbeitung das Offenbarwerden seines Fehlers bis zum Eintritt der Sekundärverjährung zu verhindern, kann nicht dazu führen, von der sich aus § 68 StBerG ergebenden Rechtsprechung abzuweichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Der Beginn der Verjährung kann auch nicht mit folgender Überlegung hinausgeschoben werden:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>In Fällen, in denen eine dem Mandanten günstige Rechtsposition durch Verfristung oder Verjährung verloren geht, jedoch zum Zeitpunkt des Rechtsverlusts oder der Verjährung noch nicht abzusehen ist, ob sich aus der Rechtsposition in Zukunft wirtschaftliche Vorteile ergeben würden, könnte die Meinung vertreten werden, da noch unklar sei, ob ein Vorteil entstehen werde, könne ein Schaden durch den Rechtsverlust allein noch nicht als eingetreten angenommen werden. Im vorliegenden Fall konnte zum Zeitpunkt des Ablaufs der Feststellungsverjährung noch offen sein, ob der Kläger künftig wieder steuerpflichtiges Einkommen haben würde, ob er also durch den Verlust der Möglichkeit, Einkommen mit Verlusten zu verrechnen, überhaupt künftig einen Schaden erleiden würde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Diese Argumentation übersieht, dass schon der Verlust einer günstigen Rechtsposition unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Wert für sich einen "normativen" Schaden darstellt. Auch das Verjährenlassen einer z. Z. des Verjährungseintritts wertlosen Forderung (wenn denn darin eine Pflichtwidrigkeit gesehen werden könnte), begründet als Quasi-Rechtsverlust einen Schaden unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Verjährungseintritts mit der Sanierung des Schuldners und Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit zu rechnen ist oder nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Schließlich kann nicht geltend gemacht werden, die Berufung auf die Einrede der Verjährung sei rechtsmissbräuchlich, weil der Beklagte die Entscheidung über die Feststellung bis zum Ablauf der Sekundärverjährung hinausgezögert habe. Abgesehen davon, dass sich der Kläger darauf selbst nicht deutlich beruft, sind keine Umstände ersichtlich, dass die Dauer des Einspruchsverfahrens (bis 31. 7. 2001), entscheidend auf einem positiven Verhalten des Beklagten beruht. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass sich die KG des Klägers im Konkurs und der Kläger selbst auch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Auch diese Umstände können ursächlich für die verzögerliche Bearbeitung des Einspruchsverfahrens geworden sein. Es erscheint auch zweifelhaft, ob aus einem bloßen Untätigbleiben im Einspruchsverfahren schon auf ein Abhalten von der Klageerhebung gegen den Beklagten geschlossen werden kann. Die Pflichtverletzung des Beklagten, durch Untätigbleiben Schadenersatzansprüche gegen sich selbst zur Verjährung zu bringen, begründet einen sekundären Schadenersatzanspruch, kann aber nicht dazu führen, nach Verjährung dieses Sekundäranspruchs einen Tertiäranspruch zu begründen. Ein solcher ist in der Rechtsprechung stets abgelehnt worden (vgl. BGH NJW-RR 91, 92). Nach allgemeinen Grundsätzen kann die Berufung auf den Eintritt der Sekundärverjährung freilich im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein. Wird etwa der Steuerberater wegen Verletzung seiner Pflichten bereits auf Schadenersatz in Anspruch genommen und regt er an, den Ausgang des Steuerverfahrens abzuwarten, so kann, wenn sich der Mandant darauf einlässt, der Einrede der Verjährung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen. Denn er darf in einem solchen Falle darauf vertrauen, seine Ansprüche würden, wenn nicht befriedigt, so doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden (BGH WM 85, 1038, 1041 unter II. 2. c). In dieser Hinsicht hat der Kläger nichts vortragen können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass der aus Zahlung auf die Grundschuld dem Kläger entstandene Verlust dem Veranlagungszeitraum 1984 oder 1985 zuzurechnen sei, sind etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten erst recht verjährt. Die Feststellungsverjährung wäre in diesem Falle am 31. 12. 1991 eingetreten. Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob der Kläger sich den Vortrag des Beklagten überhaupt hilfsweise zu eigen machen wollte und ob in einem solchen Fall ein Schadenersatzanspruch auch am Fehlen eines Schadens scheitern würde, weil der Kläger nach der damals geltenden Regelung in § 10 Abs. 2 EStG den Verlust nur 5 Jahre vortragen konnte und in den Jahren 1984 bis 1989 kein durch Verlustvortrag verrechenbares Einkommen hatte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Ausgeschlossen werden kann, dass die 1985 erfolgte Zahlung auf die Grundschuld erst 1989 ff zu einem steuerlichen Verlust geführt hat, damit die Feststellungsverjährung erst 1996, die Primärverjährung 1999 und die Sekundärverjährung erst 2002 abgelaufen wäre und durch Klageerhebung noch hätte unterbrochen werden können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Davon gehen die Parteien nicht aus. Ob der Kläger hilfsweise eine solche Fallgestaltung geltend machen will, kann zweifelhaft sein. Das kann aber auf sich beruhen, weil als Veranlagungszeitraum, dem der Verlust zugerechnet werden kann, auch nach den vom Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vorgelegten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs nichts dafür spricht, dass der Verlust nicht schon mit Zahlung auf die Grundschuld, sondern erst Jahre nach Zahlung auf die Grundschuld eintreten soll.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Der Sachverständige Prof. Kurz hat bei seiner Vernehmung dargestellt, dass der Zeitpunkt, zu dem der steuerliche Verlust entsteht, bei GmbH und KG ein verschiedener ist. Für die KG sei entscheidend der Zeitpunkt, zu dem der Kommanditist mit Inanspruchnahme aus der Grundschuld rechnen müsse, spätestens im Zeitpunkt des Offenbarwerdens des Vermögensverfalls der KG, also mit der Konkurseröffnung (vgl. auch BFH BStBl. II, 1991, 64 ff). Der Verlust hat sich verwirklicht, weil der Kommanditist keinen seiner Zahlung wertmäßig entsprechenden durchsetzbaren Anspruch gegen die KG (etwa aus Geschäftsbesorgung, § 670 BGB) hat. Anders als bei der GmbH, bei der erst nach Abschluss der Liquidation feststehen soll, ob dem Gesellschafter aus seiner Zahlung ein Verlust erwächst (BFH BStBl II, 343), soll bei der KG, auch einer solchen mit Komplementär-GmbH, der Verlust bereits dann entstehen, wenn der Kommanditist mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss (BFH BStBl II, 91, 64, 65 li. Sp., 2. Abs.). Ein Verlust wäre freilich nicht anzusetzen, wenn die Hingabe der Sicherheit schon während des Bestehens der KG gewinnmindernd zu berücksichtigen wäre. Das ist aber, wie auch die vom Kläger herangezogene Entscheidung des BFH vom 5. 2. 2002 (VIII R 31/01, vorgelegt als Anlage K 16/141, dort S. 6) zeigt, gerade nicht der Fall. Der Verlust verwirklicht sich nicht schon mit der Hingabe der Sicherheit. Das sagt aber noch nichts darüber, wann er sich nach Auflösung der KG verwirklicht, ob schon, wenn feststeht, dass die Sicherheit von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werden und ein Aufwendungsersatzanspruch des Kommanditisten gegen die Gesellschaft nicht durchsetzbar sein wird, oder erst, wenn die Inanspruchnahme erfolgt. Da der Kläger aus der geleisteten Sicherheit im Jahre 1985 in Anspruch genommen wurde und zu diesem Zeitpunkt auch feststand, dass er von der überschuldeten KG keinen Ausgleich erhalten würde, war spätestens zu diesem Zeitpunkt der Verlust für den Kläger eingetreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Die Klage ist zu Klageantrag Z. 2. begründet. Der Kläger kann vom Beklagten Ersatz der durch das finanzgerichtliche Verfahren verursachten Kosten verlangen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Dass der Beklagte pflichtwidrig gehandelt hat, in dem er dem Kläger die Klage vor dem Finanzgericht empfohlen hat, liegt auf der Hand. Der Beklagte konnte auch schon zum Zeitpunkt, als er zur Klage riet, erkennen, was er im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht hat: dass die Klage entweder schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil in Wahrheit gar nicht der Verlustvortrag aus dem Jahre 1985, sondern aus dem Jahre 1984 in Frage stand und dass, selbst wenn der Verlust dem Jahre 1985 zurechenbar sein sollte, aus Gründen der gefestigten Rechtsprechung des BFH ein Antrag auf Hemmung der Feststellungsverjährung nicht gestellt bzw., da nur mündlich gestellt, aller Voraussicht nicht nachweisbar war, und damit die Klage aus diesem Grunde von vorneherein aussichtslos war.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Der pflichtwidrige Rat zur Klage war ursächlich für eine schadenträchtige Vermögensdisposition, nämlich hier die Erhebung der Klage. Bei richtigem Rat würde der Kläger von einer Klage vor dem Finanzgericht Abstand genommen haben. Dafür spricht, dass schon sein Prozessbevollmächtigter Zweifel an der Erfolgsaussicht hegte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Aus der schadenträchtigen Vermögensdisposition ist dem Kläger der geltend gemachte Schaden in Gestalt der Belastung mit den Rechtsverfolgungskosten entstanden. Das gilt auch für die vom Beklagten bestrittene Gebühr für die Erörterung vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Richtig ist, dass der IX. Sen. des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem Beschluss vom 27. 5. 1987 ausgesprochen hat, dass durch eine Erörterung des Sach- und Rechtsstandes vor dem Vorsitzenden oder Berichterstatter (sog. Erörterungstermin) der Prozessbevollmächtigte keine Erörterungsgebühr verdienen könne (EFG 87, 523, vom Bekl. vorgel. als Anl. B 8/135). Der dort vertretenen Auffassung hat der VIII. Sen. desselben Gerichts mit Beschluss vom 28. 8. 1989 widersprochen (FG BW AnwBl 89, 682). Nach Hartmann (Kostengesetze 32 § 31 BRAGO Rn 225) reicht eine Erörterung in einem besonderes bestimmten Termin "natürlich" aus. Der gleichen Meinung sind Göttlicher/Mümmler 20 (Stichwort: Erörterungsgebühr, gerade auch unter Hinweis auf das finanzgerichtliche Verfahren und Hess. FG EFG 98, 222), Riedel/ Sußbaum (§ 31 BRAGO Rn 85). Es sei geradezu der Hauptanwendungsfall, für den die Gebühr geschaffen wurde, dass die mündliche Verhandlung unterbleiben könne, wenn die Parteien schon im Erörterungstermin den Prozess beenden wollen (ebenso Gerold/Schmidt § 31 BRAGO, Rn 148). Auch in der finanzgerichtlichen Literatur wird diese Auffassung vertreten (Kühn/Hofmann, Abgabenordnung § 139 FGO, Anm. 3 a dd; unklar und irreführend: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Rn. 403, welche nur die erstgenannte Entscheidung referieren, auf die zweite hinweisen, ohne zu sagen, dass dort die gegenteilige Auffassung vertreten wird).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Der durchaus bedenkenswerten Argumentation des VIII. Senats des Finanzgerichts kann nicht gefolgt werden. Gebührenfragen dürfen nicht dazu führen, die Erledigung eines Rechtsstreits künstlich zu verkomplizieren. Das ist nicht im Sinne der Gerichte, nicht im Sinne der Rechtsanwälte und auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, der zu Zeiten knapper Ressourcen selbst manche Anreize geschaffen hat, einen Rechtsstreit durch Vergleich zu vermeiden bzw. zu erledigen. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ist eingeführt worden, um den Rechtsanwälten nach Erörterung und Erarbeitung eines Vergleichs die "Peinlichkeit" zu ersparen, zur Wahrung ihrer Verdienstinteressen durch Stellung der Anträge (§ 137 Abs. 1 ZPO) noch in die streitige Verhandlung eintreten zu müssen, was ohne großen Aufwand möglich war. Erst recht hat § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO seine Berechtigung, wo zur Wahrung der Verdienstinteressen der Rechtsanwälte ein wesentlich höherer Aufwand getrieben werden müsste.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Der Kläger braucht sich kein Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, weil er die Empfehlung des Beklagten befolgt hat. Der Beklagte als steuerlicher Berater war der Fachmann. Noch im vorliegenden Rechtsstreit hat er vortragen lassen, sein Mitarbeiter habe einen Antrag auf Ablaufhemmung gestellt. Bei dieser Sachlage konnte der Kläger zunächst darauf bauen, dass dieser Mitarbeiter bei einer etwaigen Vernehmung entsprechende Angaben machen werde. Erst im Erörterungstermin hat sich mit aller Deutlichkeit ergeben, dass es sich bei dieser Behauptung höchstwahrscheinlich um eine Schutzbehauptung des Beklagten handelt (vgl. Prot. der nichtöffentlichen Sitzung des Finanzgerichts: K 4/19, 3. Abs.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Dieser Schadenersatzanspruch ist nicht verjährt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Nach dem Grundsatz der Schadeneinheit ist der als Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens eintretende Schaden als ein einheitliches Ganzes aufzufassen, so dass für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, zurechenbaren und voraussehbaren Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist läuft, sobald irgendein (Teil-) Schaden entstanden ist; das gilt auch, soweit eine Wiederholung desselben schädigenden Verhaltens - nochmals - denselben Schaden auslöst (so zul. BGH NJW 2002, 1414, 1415 unter I. 1. a bb). Beruht der Schaden aber auf einer weiteren selbständigen Pflichtverletzung des Steuerberaters, etwa weil er zu einer aussichtslosen Klage rät, handelt es sich bei der Belastung mit den Kosten des Finanzrechtsstreits um einen selbständigen Schaden, der selbständig verjährt (BGH NJW 98, 1488, 1491 unter B I. 2.). So ist es hier.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 284 Abs. 1 S. 2 BGB.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Für die vorläufige Vollstreckbarkeit ist maßgeblich § 709 S. 2 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Die zulässige Klage ist nur hinsichtlich der geltend gemachten Kosten des Finanzgerichtsverfahrens begründet.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>I. Die zulässige Feststellungsklage (Klageantrag Z. 1) ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein (durchsetzbarer) Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu, und zwar unabhängig davon, ob - wie es der Kläger geltend macht - der steuerliche Verlust dem Jahre 1985 oder - was der Beklagte für richtig hält - dem Jahre 1984 zuzurechnen ist. Ausgeschlossen werden kann, dass der Verlust späteren Jahren zugerechnet werden muss.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>1. Geht man mit dem Kläger davon aus, dass der steuerliche Verlust durch die Zahlung auf die Grundschuld im Jahre 1985 auch diesem Jahr zuzurechnen ist, so ist ein etwaiger Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger Vertretung des Klägers bei Einreichung der Erklärung vom 22. 12. 1992 wegen Verjährung nicht durchsetzbar (§ 214 BGB). Die dreijährige Verjährungsfrist des § 68 StBerG begann mit Ablauf der Festsetzungs- (bzw. Feststellungs-)Verjährung am 31. 12. 1992 zu laufen und ist - weder gehemmt noch unterbrochen - am 31. 12. 1995 abgelaufen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>a) Nach § 68 StBerG beginnt die Verjährung von Schadenersatzansprüchen mit der Entstehung des Schadens. Der Schaden ist entstanden, wenn er wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag seine Höhe auch noch nicht beziffert werden können, ferner wenn durch die Verletzungshandlung eine als Schaden anzusehende Verschlechterung der Vermögenslage eingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Schaden bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenn eine solche Verschlechterung der Vermögenslage oder auch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mit der nicht fernliegenden Möglichkeit weiterer, noch nicht erkennbar adäquat verursachter Nachteile bei verständiger Würdigung zu rechnen ist (BGH NJW 92, 2766 unter A II. 2.; BGH NJW 93, 1139, 1141 unter III. 1; 2002, 888, 890 unter I. 2. a). Unkenntnis des Schadens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjährungsbeginn nicht (BGHZ 73, 363, 365 = NJW 79, 1550; Z 83, 17, 19 = NJW 82, 1285).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Ausgehend von dieser Rechtsprechung können gegenwärtig mindestens drei Fallgruppen unterschieden werden, nämlich Verjährung bei Fehlern steuerlicher Gestaltung (1), bei Fehlern im Steuerverfahren (2) und bei Fehlern durch Fristversäumnisse (3).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Bei fehlerhafter Gestaltung, die zu steuerlicher Mehrbelastung des Mandanten führt, entsteht der Schaden nur dann mit dem belastenden Bescheid, wenn zu seiner Verwirklichung ein solcher erforderlich ist (BGH NJW 92, 2766, 2767 unter A II. 2. c; BGH NJW 93, 1139, 1141 unter III. 2.; BGH NJW 93, 2799, 2802 unter III. 2. a). Bei fehlerhafter Vertretung im Steuerverfahren entsteht der Schaden in aller Regel erst mit dem Zugang des ersten negativen Bescheids, der auf den Fehler folgt (vgl. BGH NJW 98, 1488 unter A II; BGH NJW 96, 1895, 1896 unter 1). Wo dagegen das pflichtwidrige Verhalten erst nach Erlass des Steuerbescheides einsetzt, kann die Verjährung nicht schon vorher beginnen (BGH NJW-RR 97, 50, 51 unter II. 1. a). In einem solchen Falle beginnt die Verjährung daher nicht bereits mit Bekanntgabe des Steuerbescheids (BGH NJW-RR 98, 742, 743 unter II. 1). Begeht der Steuerberater erst im Einspruchsverfahren einen Fehler, kann es daher für den Schadeneintritt und damit den Verjährungsbeginn nicht auf den Zeitpunkt des früheren Erlasses des Einkommenssteuerbescheids oder gar des Grundlagenbescheides ankommen. Maßgeblich ist auch in einem solchen Fall die Bekanntgabe des Bescheids der Finanzbehörden, in dem sich der vom Steuerberater begangene Fehler niederschlägt; das ist der das Rechtsbehelfsverfahren abschließende Einspruchsbescheid (BGH NJW-RR 97, 51, 52 unter II. 1. b). Stehen allerdings Fristversäumnisse in Frage, so soll der Schaden bereits mit dem Ablauf prozessualer Fristen eintreten, so bei Versäumung des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil (BGH NJW 96, 48, 50), Versäumung der Berufungsbegründung (OLG Karlsruhe MDR 90, 336, 337). Die zu § 51 b BRAO ergangene Rechtsprechung für Anwaltsfehler kann wegen der gleichgelagerten Verjährungsproblematik auch für Steuerberater übernommen werden. Besteht der Anwaltsfehler in der Versäumung einer Frist zur Einlegung oder zur Begründung eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs, so "liegt es nahe, dass der Schaden des Mandanten schon mit der Fristversäumung entsteht" (BGH NJW 2000, 1263, 1264 unter I. 1. c). "Es spricht vieles dafür, dass der Schaden bereits mit dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingetreten ist" (dafür OLG Karlsruhe MDR 90, 336, 337; ebenso für Versäumung der Einspruchsfrist: BGH NJW 96, 48), spätestens aber mit Verwerfung des Wiedereinsetzungsgesuchs (BGH NJW 2000, 1267). Die Schädigung des Mandanten, die schon durch die Fristversäumung eingetreten ist, entfällt nicht wegen der Unsicherheit, ob der Schaden bestehen bleibt oder endgültig wird (BGH NJW-RR 98, 742 mwN) und damit auch nicht wegen eines Wiedereinsetzungsantrags. Auch für die Versäumung materieller Fristen ist anerkannt, dass der Schaden schon mit Ablauf der Frist eintreten kann (so für Verjährungsfrist: BGH NJW 94, 2822, 2823 f; 2001, 3543, 3544 unter A II. 1.b).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>b) Die vorliegende Fallgestaltung ist eindeutig der dritten Fallgruppe - Versäumung materieller oder formeller Fristen zuzurechnen, bei welcher die Verjährung des Schadenersatzanspruchs bereits mit Ablauf der Frist beginnt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Die Festsetzungs- und Feststellungsverjährung der §§ 169 ff, 181 Abs. 1 AO, die auch für Ansprüche des Steuerpflichtigen gegen den Fiskus gilt (Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung, § 169 Anm. 1), führt (anders als die zivilrechtliche Verjährung) zum Erlöschen des (steuerrechtlichen) Anspruchs. Der vom Ablauf der Festsetzungsfrist betroffene Anspruch erlischt (§ 47 AO) dadurch, dass "schon der hoheitliche Akt der Schaffung der Grundlage für die Anspruchsverwirklichung vereitelt wird" (aaO, Anm. 3). Mit dem Erlöschen seines Steuererstattungsanspruchs entsteht dem Berechtigten der Schaden, weil er seines Anspruchs verlustig geht. Ob es sich um eine prozessuale, die Zulässigkeit der Steuerfestsetzung, oder um eine materielle, die Begründetheit der Steuerfestsetzung berührende Frist handelt, kann offen bleiben, weil die Rechtsprechung für die Verjährungsfrage zwischen materieller und prozessualer Fristversäumung keine Unterscheidung macht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, ist die Festsetzungsfrist am 31. 12. 1992 abgelaufen. Insoweit kann auf die Ausführungen im Einspruchsbescheid (K 3/15) und im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts (K 4/18) verwiesen werden, die auf der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH BStBl II, 1992,124) beruhen. Auch wenn diese Rechtsprechung für die Kammer ebenso wenig wie für die Parteien und für den Sachverständigen Prof. Kurz überzeugend ist (auch zivilprozessualen Auslegungsgrundsätzen widerspräche: BGH NJW 90, 2683, 2684; 2000, 3216 unter II. 1.; -RR 96, 1210, 1211 unter II. 2.), muss sie doch der Bewertung im Regressprozess zu Grunde gelegt werden (zu der auch in anderem Zusammenhang bedeutsamen Frage, wie im Finanzgerichtsverfahren richtigerweise hätte entschieden werden müssen: BGH NJW 2001, 146, 147 unter IV. 1.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Das bedeutet, dass der den Verjährungsbeginn nach § 68 StBerG auslösende Schaden des Klägers mit Ablauf des 31. 12. 1992 entstanden ist. Die Primärverjährung ist deshalb am 31. 12. 1995, eine etwaige Sekundärverjährung am 31. 12. 1998 abgelaufen und konnte durch Klageerhebung im Jahre 2002 nicht mehr unterbrochen werden.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Gegen diese Folgerung sind drei Einwendungen möglich, die sämtlich nicht durchgreifen:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Die Rechtsprechung des BGH hat auch in den Fällen Bestand, in denen noch zweifelhaft sein kann, ob der Anspruch des Mandanten tatsächlich erloschen bzw. nicht mehr durchsetzbar ist.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Im vorliegenden Fall hat der Mitarbeiter des Beklagten noch im Erörterungstermin vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts behauptet, einen Antrag auf Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist zulässigerweise mündlich (telefonisch) gestellt zu haben. War das richtig, so war die Feststellungsfrist nicht abgelaufen, der Anspruch des Klägers auf die begehrte Feststellung nicht erloschen. Ob die Aussage des Mitarbeiters des Beklagten richtig und durchsetzbar ist, konnte sich erst im Einspruchsverfahren erweisen. Gleichwohl war der Schaden schon mit Ablauf der Frist entstanden. Denn schon mit dem Ablauf der Frist war jene für die Schadenentstehung typische akute Gefährdung eingetreten. Der Fall ist nicht anders zu bewerten, als wenn der Anwalt seinem Mandanten (u. U. sogar wahrheitswidrig) erklärt, er habe mit dessen Schuldner ein pactum de non petendo vereinbart, oder der Schuldner habe ihm gegenüber den Anspruch anerkannt mit der Folge, dass die zivilrechtliche Verjährung gehemmt oder unterbrochen wäre. Auch in solchen Fällen entsteht der Schaden schon mit dem Ablauf der Verjährungsfrist, mag auch im nachfolgenden Prozess jahrelang darum gestritten werden, ob der behauptete Hemmungs- oder Unterbrechungstatbestand eingreift.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Der Kammervorsitzende hat allerdings in einem Urteil als Einzelrichter die Meinung vertreten, in solchen Fällen, in denen noch Unklarheit bestehe, ob sich der Schaden aufgrund des Fristablaufs verwirklichen werde, könne die Verjährung des Ersatzanspruchs - wie bei den anderen Fallgruppen - erst mit der Entscheidung über die noch offene Streitfrage zu laufen beginnen (27 O 100/02 - 12 U 138/02). Der Fehler beim Versuch der Wahrung der Frist (bei Einlegung eines Einspruchs) müsse dem nach ordnungsgemäßer Fristwahrung nachfolgenden Fehler (im Einspruchsverfahren) mit der Folge gleichgestellt werden, dass die Verjährung in solchen Fällen ebenfalls erst mit der auf den Fehler folgenden negativen Entscheidung (also der Einspruchsentscheidung) zu laufen beginne. Dem mag sich die Kammer nicht anschließen. Entscheidend ist nicht - worauf der IX. Zivilsenat seit Änderung seiner Rechtsprechung (BGH NJW-RR 98, 742) stets hingewiesen hat -, ob die als Schaden zu wertende akute Vermögensgefährdung durch eine nachfolgende Entscheidung wieder beseitigt werden kann, sondern ob sie sich schon mit dem Ablauf der Frist verwirklicht hat. Auch die Tatsache, dass diese Rechtsprechung den Steuerberater, da Einspruch und finanzgerichtliches Verfahren den Eintritt der Verjährung nicht hindern (BGH NJW-RR 98, 742 unter II. 1.) und Kenntnis vom Schaden unerheblich ist (s. RsprNachweise oben), dazu verleitet, durch zögerliche Bearbeitung das Offenbarwerden seines Fehlers bis zum Eintritt der Sekundärverjährung zu verhindern, kann nicht dazu führen, von der sich aus § 68 StBerG ergebenden Rechtsprechung abzuweichen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Der Beginn der Verjährung kann auch nicht mit folgender Überlegung hinausgeschoben werden:</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>In Fällen, in denen eine dem Mandanten günstige Rechtsposition durch Verfristung oder Verjährung verloren geht, jedoch zum Zeitpunkt des Rechtsverlusts oder der Verjährung noch nicht abzusehen ist, ob sich aus der Rechtsposition in Zukunft wirtschaftliche Vorteile ergeben würden, könnte die Meinung vertreten werden, da noch unklar sei, ob ein Vorteil entstehen werde, könne ein Schaden durch den Rechtsverlust allein noch nicht als eingetreten angenommen werden. Im vorliegenden Fall konnte zum Zeitpunkt des Ablaufs der Feststellungsverjährung noch offen sein, ob der Kläger künftig wieder steuerpflichtiges Einkommen haben würde, ob er also durch den Verlust der Möglichkeit, Einkommen mit Verlusten zu verrechnen, überhaupt künftig einen Schaden erleiden würde.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Diese Argumentation übersieht, dass schon der Verlust einer günstigen Rechtsposition unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Wert für sich einen "normativen" Schaden darstellt. Auch das Verjährenlassen einer z. Z. des Verjährungseintritts wertlosen Forderung (wenn denn darin eine Pflichtwidrigkeit gesehen werden könnte), begründet als Quasi-Rechtsverlust einen Schaden unabhängig davon, ob zum Zeitpunkt des Verjährungseintritts mit der Sanierung des Schuldners und Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit zu rechnen ist oder nicht.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>Schließlich kann nicht geltend gemacht werden, die Berufung auf die Einrede der Verjährung sei rechtsmissbräuchlich, weil der Beklagte die Entscheidung über die Feststellung bis zum Ablauf der Sekundärverjährung hinausgezögert habe. Abgesehen davon, dass sich der Kläger darauf selbst nicht deutlich beruft, sind keine Umstände ersichtlich, dass die Dauer des Einspruchsverfahrens (bis 31. 7. 2001), entscheidend auf einem positiven Verhalten des Beklagten beruht. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass sich die KG des Klägers im Konkurs und der Kläger selbst auch in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Auch diese Umstände können ursächlich für die verzögerliche Bearbeitung des Einspruchsverfahrens geworden sein. Es erscheint auch zweifelhaft, ob aus einem bloßen Untätigbleiben im Einspruchsverfahren schon auf ein Abhalten von der Klageerhebung gegen den Beklagten geschlossen werden kann. Die Pflichtverletzung des Beklagten, durch Untätigbleiben Schadenersatzansprüche gegen sich selbst zur Verjährung zu bringen, begründet einen sekundären Schadenersatzanspruch, kann aber nicht dazu führen, nach Verjährung dieses Sekundäranspruchs einen Tertiäranspruch zu begründen. Ein solcher ist in der Rechtsprechung stets abgelehnt worden (vgl. BGH NJW-RR 91, 92). Nach allgemeinen Grundsätzen kann die Berufung auf den Eintritt der Sekundärverjährung freilich im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein. Wird etwa der Steuerberater wegen Verletzung seiner Pflichten bereits auf Schadenersatz in Anspruch genommen und regt er an, den Ausgang des Steuerverfahrens abzuwarten, so kann, wenn sich der Mandant darauf einlässt, der Einrede der Verjährung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehen. Denn er darf in einem solchen Falle darauf vertrauen, seine Ansprüche würden, wenn nicht befriedigt, so doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden (BGH WM 85, 1038, 1041 unter II. 2. c). In dieser Hinsicht hat der Kläger nichts vortragen können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Geht man mit dem Beklagten davon aus, dass der aus Zahlung auf die Grundschuld dem Kläger entstandene Verlust dem Veranlagungszeitraum 1984 oder 1985 zuzurechnen sei, sind etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers gegen den Beklagten erst recht verjährt. Die Feststellungsverjährung wäre in diesem Falle am 31. 12. 1991 eingetreten. Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob der Kläger sich den Vortrag des Beklagten überhaupt hilfsweise zu eigen machen wollte und ob in einem solchen Fall ein Schadenersatzanspruch auch am Fehlen eines Schadens scheitern würde, weil der Kläger nach der damals geltenden Regelung in § 10 Abs. 2 EStG den Verlust nur 5 Jahre vortragen konnte und in den Jahren 1984 bis 1989 kein durch Verlustvortrag verrechenbares Einkommen hatte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Ausgeschlossen werden kann, dass die 1985 erfolgte Zahlung auf die Grundschuld erst 1989 ff zu einem steuerlichen Verlust geführt hat, damit die Feststellungsverjährung erst 1996, die Primärverjährung 1999 und die Sekundärverjährung erst 2002 abgelaufen wäre und durch Klageerhebung noch hätte unterbrochen werden können.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Davon gehen die Parteien nicht aus. Ob der Kläger hilfsweise eine solche Fallgestaltung geltend machen will, kann zweifelhaft sein. Das kann aber auf sich beruhen, weil als Veranlagungszeitraum, dem der Verlust zugerechnet werden kann, auch nach den vom Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vorgelegten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs nichts dafür spricht, dass der Verlust nicht schon mit Zahlung auf die Grundschuld, sondern erst Jahre nach Zahlung auf die Grundschuld eintreten soll.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="38"/>Der Sachverständige Prof. Kurz hat bei seiner Vernehmung dargestellt, dass der Zeitpunkt, zu dem der steuerliche Verlust entsteht, bei GmbH und KG ein verschiedener ist. Für die KG sei entscheidend der Zeitpunkt, zu dem der Kommanditist mit Inanspruchnahme aus der Grundschuld rechnen müsse, spätestens im Zeitpunkt des Offenbarwerdens des Vermögensverfalls der KG, also mit der Konkurseröffnung (vgl. auch BFH BStBl. II, 1991, 64 ff). Der Verlust hat sich verwirklicht, weil der Kommanditist keinen seiner Zahlung wertmäßig entsprechenden durchsetzbaren Anspruch gegen die KG (etwa aus Geschäftsbesorgung, § 670 BGB) hat. Anders als bei der GmbH, bei der erst nach Abschluss der Liquidation feststehen soll, ob dem Gesellschafter aus seiner Zahlung ein Verlust erwächst (BFH BStBl II, 343), soll bei der KG, auch einer solchen mit Komplementär-GmbH, der Verlust bereits dann entstehen, wenn der Kommanditist mit seiner Inanspruchnahme rechnen muss (BFH BStBl II, 91, 64, 65 li. Sp., 2. Abs.). Ein Verlust wäre freilich nicht anzusetzen, wenn die Hingabe der Sicherheit schon während des Bestehens der KG gewinnmindernd zu berücksichtigen wäre. Das ist aber, wie auch die vom Kläger herangezogene Entscheidung des BFH vom 5. 2. 2002 (VIII R 31/01, vorgelegt als Anlage K 16/141, dort S. 6) zeigt, gerade nicht der Fall. Der Verlust verwirklicht sich nicht schon mit der Hingabe der Sicherheit. Das sagt aber noch nichts darüber, wann er sich nach Auflösung der KG verwirklicht, ob schon, wenn feststeht, dass die Sicherheit von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen werden und ein Aufwendungsersatzanspruch des Kommanditisten gegen die Gesellschaft nicht durchsetzbar sein wird, oder erst, wenn die Inanspruchnahme erfolgt. Da der Kläger aus der geleisteten Sicherheit im Jahre 1985 in Anspruch genommen wurde und zu diesem Zeitpunkt auch feststand, dass er von der überschuldeten KG keinen Ausgleich erhalten würde, war spätestens zu diesem Zeitpunkt der Verlust für den Kläger eingetreten.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="39"/>Die Klage ist zu Klageantrag Z. 2. begründet. Der Kläger kann vom Beklagten Ersatz der durch das finanzgerichtliche Verfahren verursachten Kosten verlangen.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="40"/>Dass der Beklagte pflichtwidrig gehandelt hat, in dem er dem Kläger die Klage vor dem Finanzgericht empfohlen hat, liegt auf der Hand. Der Beklagte konnte auch schon zum Zeitpunkt, als er zur Klage riet, erkennen, was er im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemacht hat: dass die Klage entweder schon deshalb keinen Erfolg haben konnte, weil in Wahrheit gar nicht der Verlustvortrag aus dem Jahre 1985, sondern aus dem Jahre 1984 in Frage stand und dass, selbst wenn der Verlust dem Jahre 1985 zurechenbar sein sollte, aus Gründen der gefestigten Rechtsprechung des BFH ein Antrag auf Hemmung der Feststellungsverjährung nicht gestellt bzw., da nur mündlich gestellt, aller Voraussicht nicht nachweisbar war, und damit die Klage aus diesem Grunde von vorneherein aussichtslos war.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="41"/>Der pflichtwidrige Rat zur Klage war ursächlich für eine schadenträchtige Vermögensdisposition, nämlich hier die Erhebung der Klage. Bei richtigem Rat würde der Kläger von einer Klage vor dem Finanzgericht Abstand genommen haben. Dafür spricht, dass schon sein Prozessbevollmächtigter Zweifel an der Erfolgsaussicht hegte.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="42"/>Aus der schadenträchtigen Vermögensdisposition ist dem Kläger der geltend gemachte Schaden in Gestalt der Belastung mit den Rechtsverfolgungskosten entstanden. Das gilt auch für die vom Beklagten bestrittene Gebühr für die Erörterung vor dem Berichterstatter des Finanzgerichts.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="43"/>Richtig ist, dass der IX. Sen. des Finanzgerichts Baden-Württemberg in einem Beschluss vom 27. 5. 1987 ausgesprochen hat, dass durch eine Erörterung des Sach- und Rechtsstandes vor dem Vorsitzenden oder Berichterstatter (sog. Erörterungstermin) der Prozessbevollmächtigte keine Erörterungsgebühr verdienen könne (EFG 87, 523, vom Bekl. vorgel. als Anl. B 8/135). Der dort vertretenen Auffassung hat der VIII. Sen. desselben Gerichts mit Beschluss vom 28. 8. 1989 widersprochen (FG BW AnwBl 89, 682). Nach Hartmann (Kostengesetze 32 § 31 BRAGO Rn 225) reicht eine Erörterung in einem besonderes bestimmten Termin "natürlich" aus. Der gleichen Meinung sind Göttlicher/Mümmler 20 (Stichwort: Erörterungsgebühr, gerade auch unter Hinweis auf das finanzgerichtliche Verfahren und Hess. FG EFG 98, 222), Riedel/ Sußbaum (§ 31 BRAGO Rn 85). Es sei geradezu der Hauptanwendungsfall, für den die Gebühr geschaffen wurde, dass die mündliche Verhandlung unterbleiben könne, wenn die Parteien schon im Erörterungstermin den Prozess beenden wollen (ebenso Gerold/Schmidt § 31 BRAGO, Rn 148). Auch in der finanzgerichtlichen Literatur wird diese Auffassung vertreten (Kühn/Hofmann, Abgabenordnung § 139 FGO, Anm. 3 a dd; unklar und irreführend: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Rn. 403, welche nur die erstgenannte Entscheidung referieren, auf die zweite hinweisen, ohne zu sagen, dass dort die gegenteilige Auffassung vertreten wird).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="44"/>Der durchaus bedenkenswerten Argumentation des VIII. Senats des Finanzgerichts kann nicht gefolgt werden. Gebührenfragen dürfen nicht dazu führen, die Erledigung eines Rechtsstreits künstlich zu verkomplizieren. Das ist nicht im Sinne der Gerichte, nicht im Sinne der Rechtsanwälte und auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, der zu Zeiten knapper Ressourcen selbst manche Anreize geschaffen hat, einen Rechtsstreit durch Vergleich zu vermeiden bzw. zu erledigen. § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ist eingeführt worden, um den Rechtsanwälten nach Erörterung und Erarbeitung eines Vergleichs die "Peinlichkeit" zu ersparen, zur Wahrung ihrer Verdienstinteressen durch Stellung der Anträge (§ 137 Abs. 1 ZPO) noch in die streitige Verhandlung eintreten zu müssen, was ohne großen Aufwand möglich war. Erst recht hat § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO seine Berechtigung, wo zur Wahrung der Verdienstinteressen der Rechtsanwälte ein wesentlich höherer Aufwand getrieben werden müsste.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="45"/>Der Kläger braucht sich kein Mitverschulden entgegenhalten zu lassen, weil er die Empfehlung des Beklagten befolgt hat. Der Beklagte als steuerlicher Berater war der Fachmann. Noch im vorliegenden Rechtsstreit hat er vortragen lassen, sein Mitarbeiter habe einen Antrag auf Ablaufhemmung gestellt. Bei dieser Sachlage konnte der Kläger zunächst darauf bauen, dass dieser Mitarbeiter bei einer etwaigen Vernehmung entsprechende Angaben machen werde. Erst im Erörterungstermin hat sich mit aller Deutlichkeit ergeben, dass es sich bei dieser Behauptung höchstwahrscheinlich um eine Schutzbehauptung des Beklagten handelt (vgl. Prot. der nichtöffentlichen Sitzung des Finanzgerichts: K 4/19, 3. Abs.).</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="46"/>Dieser Schadenersatzanspruch ist nicht verjährt.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="47"/>Nach dem Grundsatz der Schadeneinheit ist der als Folge eines pflichtwidrigen Verhaltens eintretende Schaden als ein einheitliches Ganzes aufzufassen, so dass für den Anspruch auf Ersatz dieses Schadens einschließlich aller weiteren adäquat verursachten, zurechenbaren und voraussehbaren Nachteile eine einheitliche Verjährungsfrist läuft, sobald irgendein (Teil-) Schaden entstanden ist; das gilt auch, soweit eine Wiederholung desselben schädigenden Verhaltens - nochmals - denselben Schaden auslöst (so zul. BGH NJW 2002, 1414, 1415 unter I. 1. a bb). Beruht der Schaden aber auf einer weiteren selbständigen Pflichtverletzung des Steuerberaters, etwa weil er zu einer aussichtslosen Klage rät, handelt es sich bei der Belastung mit den Kosten des Finanzrechtsstreits um einen selbständigen Schaden, der selbständig verjährt (BGH NJW 98, 1488, 1491 unter B I. 2.). So ist es hier.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="48"/>Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 284 Abs. 1 S. 2 BGB.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="49"/>Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Für die vorläufige Vollstreckbarkeit ist maßgeblich § 709 S. 2 ZPO.</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,218 | ag-kehl-2003-01-21-2-ds-3-js-482501 | {
"id": 52,
"name": "Amtsgericht Kehl",
"slug": "ag-kehl",
"city": 44,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 2 Ds 3 Js 4825/01 | 2003-01-21T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:56 | 2019-01-17T11:52:07 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Eröffnung des Hauptverfahrens wird abgelehnt.</p>
<p>Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeschuldigten.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Angeschuldigte ist verantwortliche Geschäftsführerin der Firma N. GmbH in K.. Die Firma N. GmbH vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem Tiefkühlprodukte, auch Schneckenprodukte der Firma E. aus S..
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Auf Bestellung vom 21.08.2000 lieferte die N. GmbH an die Firma C. in B. unter anderem 6 Kartons mit insgesamt 25 Packungen tiefgefrorenem Schneckenfleisch, verpackt in Folienpackungen und versehen mit Etiketten in deutscher und französischer Sprache. Die deutschsprachige Vorderseite des Etiketts ließ die Ware als „Weinbergschnecken nach Elsässer Art“ aus. Die französische Rückseite des Etiketts führte die Verkehrsbezeichnung „Escargot
d’Alsace
S. A.“, in der Zutatenliste wurde die Hauptzutat als „Chair Escargot helix lucorum“ angegeben. Das gelieferte Schneckenfleisch stammt von Schnecken der Art „helix lucorum“.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
In der Anklage der Staatsanwaltschaft O. wird der Angeschuldigten vorgeworfen, sie habe tateinheitlich
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. entgegen § 17 Abs. 1 Nr. 2 LMBG Lebensmittel ohne ausreichende Kenntlichmachung in den Verkehr gebracht
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. entgegen § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG Lebensmittel unter einer irreführenden Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr gebracht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Angeschuldigten wurde ein Vergehen gemäß §§ 17 Abs. 1 Nr. 2 b und c, Nr. 5 b, 52 Abs. 1 Nr. 9 und 10 LMBG; 52 StGB vorgeworfen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Eröffnung des Hauptverfahrens war abzulehnen, da eine Verurteilungswahrscheinlichkeit nicht besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft gibt es eine allgemeine Auffassung, man verstehe unter der Verkehrsbezeichnung „Weinbergschnecke“ nur die Schneckenart „helix pomatia“ nicht mehr. Bei dem deutschen Lebensmittelbuch, auf das sich die Staatsanwaltschaft hauptsächlich beruft, handelt es sich lediglich um eine Sammlung von Leitsätzen, in der Herstellung, Beschaffenheit und sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Lebensmittel von Bedeutung sind, beschrieben werden. Es handelt sich hierbei weder um Gesetze und Verordnungen noch um Verwaltungsrichtlinien, sondern um die Wiedergabe der Verkehrsauffassung der am Lebensmittelverkehr beteiligten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Allerdings unterliegt diese Verkehrsauffassung einem ständigen Wandel. Ein solcher Wandel in der Verkehrsauffassung hat auch den Begriff der „Weinbergschnecke“ - eine solche Schnecke hat auch mit einem Weinberg nichts zu tun - ergriffen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Das Landgericht Mainz ist in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung bereits am 15.11.2001 - Urteil 12 HK S 5/00 - zur Auffassung gelangt, dass die Verkehrsauffassung zur Kennzeichnung als „Weinbergschnecke“ einem entsprechenden Wandel dahingehend unterliegt, dass eine Ausschließlichkeit der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ für die „helix pomatia“ möglicherweise nicht mehr besteht. Die Kammer hatte 2 Gutachten sowie die amtliche Auskunft der deutschen Lebensmittelkommission eingeholt. Diese Lebensmittelkommission ist eine überparteiliche Einrichtung, welche Meinungsbildung in allen maßgeblichen Verkehrskreisen (Wirtschaft, Wissenschaft, Verbrauch und Lebensmittelüberwachung) analysiert und zusammenfasst und deren Votum ein objektiven und sachkundigen Charakter hat. Aufgrund dieses Votums kam die Kammer, dem folgt auch das Amtsgericht Kehl, zu dem Ergebnis, dass sich eine allgemeine Verkehrsauffassung, dass als „Weinbergschnecke“ lediglich die Art „helix pomatia“ bezeichnet werden kann, zum damaligen Zeitpunkt nicht feststellen ließ. Obwohl die beiden von der Kammer eingeholten Gutachten die Auffassung vertraten, dass mit der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ lediglich Schnecken der Art „helix pomatia“ in den Verkehr gebracht werden dürfen, ist die Kammer der deutschen Lebensmittelbuchkommission gefolgt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Diese deutsche Lebensmittelkommission, deren Funktion bereits beschrieben wurde, hatte durch ihren Vorsitzenden am 28.05.2001 der Kammer mitgeteilt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
„Mit der Beschreibung der Verkehrsauffassung in der Frage der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ hat sich die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission bislang nicht befasst. Dies bedeutet, dass eine für das Gericht maßgebliche definitive Beschlussfassung der Lebensmittelbuch-Kommission über die Bezeichnung „Weinbergschnecke“ noch nicht vorliegt. Allerdings hat die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission dem Gericht mitgeteilt, dass die Auffassungen der beteiligten Kreise im Rahmen des Beschlussfassungsverfahrens, welches zur Zeit läuft, unterschiedlich seien. Es sei, so die Lebensmittelbuch-Kommission, daher zweifelhaft, ob sich eine Verkehrsauffassung zu der Kennzeichnung als „Weinbergschnecken“ überhaupt prägnant beschreiben ließe.“
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Inzwischen hat der Fachausschuss Nr. 7 der deutschen Lebensmittelbuch-Kommission, der für „Fische und Fischerzeugnisse“ zuständig ist, in seiner Sitzung vom 16./17. April 2002 als Empfehlung beschlossen, das Verzeichnis der Weichtiere mit der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ um die hier in Rede stehende „helix lucorum“ zu erweitern. Hierfür maßgebend war für den Fachausschuss, dass nach Feststellung des Instituts für Fischereitechnik und Fischqualität der Bundesforschungsanstalt für Fischerei in Hamburg sich die aus der Gattung der Schnirkelschnecken (=Helicidae) stammenden Helixarten „helix pomatia“ (=Weinbergschnecke) und „helix lucorum“ (=Türkenschnecke) im sehr empfindlichen Triangeltest sensorisch nicht unterscheiden. Da es im deutschen Lebensmittelbuch durchaus üblich sei, in einer Verkehrsbezeichnung mehrere Arten zusammen zu fassen, ungeachtet dessen, ob die wissenschaftliche und die kulinarische Bezeichnung übereinstimmen, werde die Verkehrsbezeichnung „Weinbergschnecke“ für die drei derzeit kulinarisch bedeutsamen Helixarten (pomatia, lucorum und als persa) reserviert. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, für die Helix pomatia zur Abgrenzung die Verkehrsbezeichnung „echte Weinbergschnecke“ oder „Burgunderschnecke“ einzuräumen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Danach kann nach Auffassung des Gerichts nicht mehr festgestellt werden, dass die allgemeine Verkehrsauffassung unter der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ nur noch die Helix pomatia umfasst wird, vielmehr erfüllt auch die „helix lucorum“ die Qualitätsanforderung, die nach allgemeiner Auffassung an die Bezeichnung „Weinbergschnecke“ geknüpft sind.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Wandel der Verkehrsauffassung ist ein Vorgang, der sich nicht in wenigen Monaten entwickelt, vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass sich dieser über einen größeren Zeitraum, möglicherweise über mehrere Jahre hinweg, ergeben hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Danach ist es durchaus möglich, dass die Angeschuldigte im August 2000 Schneckenfleisch unter der Bezeichnung „Weinbergschnecke“ vertrieben hat, die sie nach allgemeiner Auffassung auch als solche bezeichnen durfte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Im übrigen sind, dies sei noch betont, Verbraucherschutzinteressen hier nicht tangiert, da - wie festgestellt - das Institut für Fischereitechnik und Fischqualität der Bundesforschungsanstalt für Fischerei einen sensorischen Unterschied zwischen der „helix pomatia“ und der „helix lucorum“ nicht feststellen konnte. Dies kann somit auch der Verbraucher nicht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Nach alledem ist eine Verurteilung äußerst unwahrscheinlich, weshalb die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,219 | olgstut-2003-01-21-8-w-53002 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 W 530/02 | 2003-01-21T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:57 | 2019-02-12T13:09:45 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<blockquote>
<p>ZPO § 91 Abs. 1, 2, BRAGO § 28</p>
</blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>– Anwaltsreisekosten/Bankgeschäfte –</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p>Auch nach Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat eine Bank mit (Haupt-) Sitz außerhalb des Bezirks des Prozessgerichts in einem Rechtsstreit aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltsreisekosten zur Terminswahrnehmung (Ergänzung des Senatsbeschl. vom 16.1.2003 – 8 W 414/02; Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).</p>
<blockquote>
<p>OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2003 – 8 W 530/02</p>
</blockquote>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die – zulässige – Kostenbeschwerde der Klägerin gegen die Absetzung der geltend gemachten Anwaltsreisekosten im angegriffenen Festsetzungsbeschluss hat in der Sache keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
1. a) Der Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat zwar zur Folge, dass eine Partei, die nicht im Bezirk des Prozessgerichts ansässig ist, kostenrechtlich grundsätzlich befugt ist, einen Anwalt in ihrer Nähe mit der Prozessvertretung als Hauptbevollmächtigten zu beauftragen, und dass sie dann auch die Reisekosten des auswärtigen Anwalts zur Terminswahrnehmung regelmäßig erstattet verlangen kann. Dies ist nicht nur die Ansicht der von der Beschwerdeführer-Vertreterin zitierten Rechtsprechung; auch der Bundesgerichtshof hat sich – auf Rechtsbeschwerde – inzwischen in einer Leitsatzentscheidung auf diesen Rechtsstandpunkt gestellt (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02 – EBE/BGH 2002,398; bestätigt durch weiteren Leitsatz-Beschluss vom 12.12.2002 – I ZB 29/02 – Vorab-Info. bei "juris"). Dem hat sich der Senat angeschlossen (Beschluss vom 16.1.2003 – 8 W 414/02).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
b) Diese Änderung des rechtlichen Ansatzes führt aber im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Anwaltsreisekosten von Frankfurt nach Stuttgart in Höhe von 115,50 EUR. Vielmehr verbleibt es hier bei der bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung (Beschluss vom 6.6.1983, Die Justiz 1983,340 = JurBüro 1983,1867), auf die die Rechtspflegerin zu Recht in Bezug genommen hat. Ob und inwieweit im übrigen die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten bzw. von fiktiven Informationsreisen angesichts der veränderten Rechtslage und der BGH-Rechtsprechung einer Modifikation bedarf, ist hier nicht zu entscheiden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im vorliegenden Falle sind diese Reisekosten nicht "notwendig" im Sinne einer zweckmäßigen, am Gebot der Sparsamkeit orientierten Rechtsverfolgung. Die Klägerin ist eine (führende deutsche) Geschäftsbank, die ein für den Kauf einer Eigentumswohnung gewährtes Darlehen nach Kündigung zurückgefordert hat; der Beklagte hat im ersten Termin gegen sich Versäumnisurteil ergehen lassen. In einem solchen – rechtlich einfach gelagerten – Fall aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts ist es der Klägerin, die nicht nur über eine Rechtsabteilung, sondern auch über sachkundige Fachabteilungen zur Kreditüberwachung verfügt, zuzumuten, einen Prozessanwalt am Ort des Gerichts schriftlich (und gegebenenfalls ergänzend telefonisch) zu beauftragen und über den Prozessstoff zu informieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erforderlich.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Für solche Fälle hat der BGH (Beschl. v. 16.10.2002, Umdruck S. 13) in einer seine tragenden Gründe ergänzenden Erwägung ausdrücklich eine Ausnahme vom Grundsatz der Erstattungsfähigkeit von Anwaltsreisekosten angesprochen. Auch die Oberlandesgerichte, die im Ausgangspunkt auf der Linie der Rechtsposition der Beschwerdeführerin liegen, vertreten eine entsprechende Einschränkung, teils ausdrücklich (KG MDR 2001,473 = NJW-RR 2001,1002 = JurBüro 2001,257; OLG Köln JurBüro 2002, 425: OLG Bremen JurBüro 2001,532), teils in Gestalt allgemeiner Erwägungen (vgl. zB OLG Frankfurt MDR 2000, 1215 = JurBüro 2000,587; OLG Hamm MDR 2001,959 = JurBüro 2001,366). Bei allen Verschiedenheiten in den Begründungen besteht nach Einschätzung des Senats weitest gehende Übereinstimmung darin, dass in einem Fall der vorliegenden Art weder (fiktive) Informationsreisekosten der Partei noch Anwaltsreisekosten erstattungsfähig sind (vgl. zB auch OLG Brandenburg MDR 2001,1135 = JurBüro 2001,533; OLG Dresden JurBüro 2002,255; OLG Hamburg MDR 2001,294 = NJW-RR 2001,788; OLG Koblenz JurBüro 2002,202; OLG Karlsruhe MDR 2001, 293 = JurBüro 2001,201 = Die Justiz 2001,163; OLGRep 2002, 459; OLG München MDR 2001,773 = JurBüro 2001,422; OLG Zweibrücken MDR 2001,535 = JurBüro 2001,202).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
2. Der Senat sieht angesichts der aufgeführten – im Ergebnis übereinstimmenden – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Äußerung des BGH in seinem Beschluss vom 16.10.2002 keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr.2 ZPO, § 133 GVG nF.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,217 | lg-tubingen-2003-01-20-5-o-13301 | {
"id": 143,
"name": "Landgericht Tübingen",
"slug": "lg-tubingen",
"city": 95,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 5 O 133/01 | 2003-01-20T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:56 | 2019-01-17T11:52:07 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Verkaufsprospekten oder anderen an den Letztverbraucher gerichteten Werbeträgern für das Fernsehgerät P TX 28 SK 1 C mit der Angabe "100 Hz" und/oder "Black-Matrix-Röhre" zu werben.</p>
<p/>
<p>2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das in Ziffer 1 ausgesprochene Verbot wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – diese zu vollstrecken an einem der Geschäftsführer der Beklagten – angedroht.</p>
<p/>
<p>3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 248,92 nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 26. Juli 2001 zu bezahlen. Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.</p>
<p/>
<p>4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p/>
<p>5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<p>Streitwert: bis 11.000,00 Euro</p>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Werbung der Beklagten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Beklagte warb in einer Zeitungsbeilage zum "Schwäbischen Tagblatt" vom 22. Januar 2001 unter anderem für ein Fernsehgerät der Firma P, das als Blickfang auf der Beilage mit dem Preis von 666,00 DM dargestellt war. Auf dem Bild des Fernsehgeräts auf dem Prospekt ist in der unteren rechten Ecke die Angabe "100 Hz" erkennbar. Außerdem ist bei der Beschreibung der technischen Merkmale des angebotenen Fernsehgeräts (unter der Typbezeichnung) ausgeführt, dass dieses Fernsehgerät über eine 70/66 cm Black-Matrix-Röhre (neben anderen technischen Ausstattungsmerkmalen) verfügt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dieses Fernsehgerät nicht über eine 100 Hz – sondern über eine 50 Hz – Technik verfügt. Die Klägerin behauptet ferner, das beworbene Fernsehgerät sei nicht mit einer Black-Matrix-Röhre sondern lediglich mit einer Standardbildröhre ausgestattet. Der Begriff "Black-Matrix-Röhre" werde nur für qualitativ hochwertige Fernsehröhren bestimmter Hersteller verwendet. Die Firma P baue in ihre Fernsehgeräte derartige Röhren nicht ein. Für die Abfassung der Abmahnung und den Entwurf des Abschlussschreibens sind der Klägerin Kosten von insgesamt 486,85 DM entstanden, die sie von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattet verlangt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung in Werbebeilagen oder sonst werblich unter Bezugnahme auf das Fernsehgerät P TX 28 SK 1 C mit der Angabe "100 Hz" und/oder "Black-Matrix-Röhre" zu werben.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM – ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 248,92 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 19. Mai 2001 zu bezahlen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Die Beklagte beantragt
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Abweisung der Klage.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Beklagte behauptet, sie habe an alle Kunden, die das beworbene Fernsehgerät bei ihr kauften, jeweils ein Fernsehgerät der Firma P mit der Typbezeichnung TX 28 SK 10 C zu dem in der Werbung genannten Preis abgegeben. In der Werbung sei bei der Typbezeichnung eine "0" weggefallen; der Kunde habe jedoch ein Fernsehgerät der Marke P mit 100 Hz-Technik, wie es in der Werbung versprochen wurde, erhalten. Die Klägerin vertritt zu diesem Einwand der Beklagten die Auffassung, für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits spiele es keine Rolle, welche Geräte die Beklagte an die Verbraucher abgegeben habe. Sie bestreitet diesen Vortrag der Beklagten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Beklagte behauptet ferner, das beworbene Fernsehgerät sei mit einer Bildröhre ausgestattet, die der Black-Matrix-Röhre technisch vergleichbar sei. Denn die in diese Geräte eingebauten Röhren seien ebenfalls schwarz gefärbt und die Bezeichnung Black-Matrix-Röhre besage genau dies.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Zu den im Zusammenhang mit Black-Matrix-Röhren sich ergebenden technischen Fragen, insbesondere, ob diese ein für den Verbraucher verbessertes Bild bei der Benutzung des Fernsehgeräts ergeben, wurde Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Professor Dr. Ing. H-J B vom 30. April 2002 Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt. Ihre Berechtigung, nach § 13 Abs. 2 UWG, Unterlassungsansprüche auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts geltend zu machen, ist gerichtsbekannt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klage ist – mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung – auch begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG ist gegeben, da die Beklagte in der beanstandeten Werbung mit unzutreffenden Ausstattungsmerkmalen für das bezeichnete Fernsehgerät geworben hat. Dies stellt eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG dar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
1. Dass das beworbene Fernsehgerät keine 100 Hz – Technik sondern lediglich eine 50 Hz – Technik aufweist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass in dem Werbeprospekt für den aufmerksamen Leser auf dem abgebildeten Fernsehgerät die Angabe "100 Hz" erkennbar ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann dahin stehen, ob der Einwand der Beklagten, sie habe allen Kunden seinerzeit an Stelle des in der Anzeige (versehentlich) mit der Typenbezeichnung "TX 28 SK 1 C" Geräte der Firma P mit der Typenbezeichnung "TX 28 SK 10 C" zum Preis von 666,00 DM überlassen, überhaupt relevant ist, was zwischen den Parteien streitig ist. Denn eindeutig trifft die Beweislast für diese (eventuell) anspruchsvernichtende Tatsache die Beklagte, worauf diese auch ausdrücklich hingewiesen wurde und trotzdem keinerlei Beweis für ihre Behauptung angetreten hat. Der Richtigkeit dieser Behauptung konnte deshalb nicht nachgegangen werden, weshalb eine Entscheidung über die Rechtsfrage, ob diese Behauptung im vorliegenden Rechtsstreit relevant gewesen sein könnte, nicht erforderlich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Der Klägerin steht auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Werbung der Beklagten mit dem Ausstattungsmerkmal "Black-Matrix-Röhre" zu.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dabei kann dahin stehen, ob mit diesem Begriff, der auch bei technischen Laien relativ weit bekannt ist, überhaupt für P-Fernsehgeräte geworben werden darf, da diese unstreitig nie mit den Bildröhren, die von Konkurrenten der Firma P unter dieser Bezeichnung hergestellt und vertrieben werden, geworben werden darf, nachdem der beanstandete Begriff weder patentrechtlichen noch sonstigen Schutz genießt. Jedenfalls darf die Beklagte für das von ihr in der hier zu beurteilenden Werbemaßnahme beworbene Fernsehgerät des Typs 28 SK 1 C der Marke P nicht mit diesem Ausstattungsmerkmal werben, da nach den vorgelegten Angaben des Herstellers P das in der beanstandeten Werbung beschriebene Fernsehgerät gerade nicht mit einer Quintrix-Bildröhre, die nach dem eingeholten Sachverständigengutachten in etwa die gleichen technischen Vorteile wie die "Black-Matrix-Röhre" aufweist, ausgestattet ist. Die aus der vorgelegten Übersicht über die Ausstattungsmerkmale der verschiedenen Fernsehgeräte der Marke P ersichtlichen Differenzierungen bei diesen Geräten sind nicht bestritten. Da nach dem eingeholten, überzeugenden Sachverständigengutachten – das im einzelnen von den Parteien nicht angegriffen sondern lediglich unterschiedlich interpretiert wird – davon auszugehen ist, dass zwischen der hergebrachten Standard-Bildröhre einerseits und der "Black-Matrix-Röhre" und der "Quintrix-Bildröhre" andererseits ein erheblicher technischer Unterschied besteht, der sich auch bei der Benutzung des Fernsehgeräts zeigt, besteht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte. Auf die Frage, welche Erwartungen die angesprochenen Verkehrskreise mit der Werbung für ein Fernsehgerät mit "Black-Matrix-Röhre" verbinden – die auf Grund eines Missverständnisses des Richters in der Verfügung vom 29. Juli 2002 angesprochen wurde – kommt es deshalb nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag kann die Klägerin von der Beklagten Ersatz ihrer Aufwendungen sowohl für die Abmahnung als auch für das Abschlussschreiben verlangen, da sie hierdurch die gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Werbung – auch – im Interesse der Beklagten vermeiden wollte. Die Kammer schließt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch insoweit an (vgl. z. B. die Nachweise bei Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., RNr. 191 f vor § 13 und § 25, RNr. 73). Die Angemessenheit der verlangten Kosten ist unstreitig und auch nicht zweifelhaft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Allerdings kann die Klägerin aus diesen Kosten nur 4 % Zinsen ab Verzug verlangen; sie ist nicht Kaufmann. Unter welchem Gesichtspunkt sie Fälligkeitszinsen ab 19. Mai 2001 verlangen kann, ist nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II, 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt. Ihre Berechtigung, nach § 13 Abs. 2 UWG, Unterlassungsansprüche auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts geltend zu machen, ist gerichtsbekannt.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Klage ist – mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung – auch begründet.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG ist gegeben, da die Beklagte in der beanstandeten Werbung mit unzutreffenden Ausstattungsmerkmalen für das bezeichnete Fernsehgerät geworben hat. Dies stellt eine Irreführung im Sinne des § 3 UWG dar.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
1. Dass das beworbene Fernsehgerät keine 100 Hz – Technik sondern lediglich eine 50 Hz – Technik aufweist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass in dem Werbeprospekt für den aufmerksamen Leser auf dem abgebildeten Fernsehgerät die Angabe "100 Hz" erkennbar ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kann dahin stehen, ob der Einwand der Beklagten, sie habe allen Kunden seinerzeit an Stelle des in der Anzeige (versehentlich) mit der Typenbezeichnung "TX 28 SK 1 C" Geräte der Firma P mit der Typenbezeichnung "TX 28 SK 10 C" zum Preis von 666,00 DM überlassen, überhaupt relevant ist, was zwischen den Parteien streitig ist. Denn eindeutig trifft die Beweislast für diese (eventuell) anspruchsvernichtende Tatsache die Beklagte, worauf diese auch ausdrücklich hingewiesen wurde und trotzdem keinerlei Beweis für ihre Behauptung angetreten hat. Der Richtigkeit dieser Behauptung konnte deshalb nicht nachgegangen werden, weshalb eine Entscheidung über die Rechtsfrage, ob diese Behauptung im vorliegenden Rechtsstreit relevant gewesen sein könnte, nicht erforderlich ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Der Klägerin steht auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Werbung der Beklagten mit dem Ausstattungsmerkmal "Black-Matrix-Röhre" zu.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Dabei kann dahin stehen, ob mit diesem Begriff, der auch bei technischen Laien relativ weit bekannt ist, überhaupt für P-Fernsehgeräte geworben werden darf, da diese unstreitig nie mit den Bildröhren, die von Konkurrenten der Firma P unter dieser Bezeichnung hergestellt und vertrieben werden, geworben werden darf, nachdem der beanstandete Begriff weder patentrechtlichen noch sonstigen Schutz genießt. Jedenfalls darf die Beklagte für das von ihr in der hier zu beurteilenden Werbemaßnahme beworbene Fernsehgerät des Typs 28 SK 1 C der Marke P nicht mit diesem Ausstattungsmerkmal werben, da nach den vorgelegten Angaben des Herstellers P das in der beanstandeten Werbung beschriebene Fernsehgerät gerade nicht mit einer Quintrix-Bildröhre, die nach dem eingeholten Sachverständigengutachten in etwa die gleichen technischen Vorteile wie die "Black-Matrix-Röhre" aufweist, ausgestattet ist. Die aus der vorgelegten Übersicht über die Ausstattungsmerkmale der verschiedenen Fernsehgeräte der Marke P ersichtlichen Differenzierungen bei diesen Geräten sind nicht bestritten. Da nach dem eingeholten, überzeugenden Sachverständigengutachten – das im einzelnen von den Parteien nicht angegriffen sondern lediglich unterschiedlich interpretiert wird – davon auszugehen ist, dass zwischen der hergebrachten Standard-Bildröhre einerseits und der "Black-Matrix-Röhre" und der "Quintrix-Bildröhre" andererseits ein erheblicher technischer Unterschied besteht, der sich auch bei der Benutzung des Fernsehgeräts zeigt, besteht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte. Auf die Frage, welche Erwartungen die angesprochenen Verkehrskreise mit der Werbung für ein Fernsehgerät mit "Black-Matrix-Röhre" verbinden – die auf Grund eines Missverständnisses des Richters in der Verfügung vom 29. Juli 2002 angesprochen wurde – kommt es deshalb nicht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag kann die Klägerin von der Beklagten Ersatz ihrer Aufwendungen sowohl für die Abmahnung als auch für das Abschlussschreiben verlangen, da sie hierdurch die gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien über die Zulässigkeit der streitgegenständlichen Werbung – auch – im Interesse der Beklagten vermeiden wollte. Die Kammer schließt sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch insoweit an (vgl. z. B. die Nachweise bei Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., RNr. 191 f vor § 13 und § 25, RNr. 73). Die Angemessenheit der verlangten Kosten ist unstreitig und auch nicht zweifelhaft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Allerdings kann die Klägerin aus diesen Kosten nur 4 % Zinsen ab Verzug verlangen; sie ist nicht Kaufmann. Unter welchem Gesichtspunkt sie Fälligkeitszinsen ab 19. Mai 2001 verlangen kann, ist nicht ersichtlich.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 II, 709 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,214 | ag-stuttgart-2003-01-17-13-c-648101 | {
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} | 13 C 6481/01 | 2003-01-17T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:54 | 2019-01-17T11:52:06 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 84% und der Beklagte 16%.</p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150 EUR abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p>4. Die Berufung durch die Klägerin wird zugelassen.</p>
<p>Streitwert: 169,83 EUR</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin fordert aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin von dem Beklagten Rückerstattung eines Teilbetrags i.H.v. 168,70 EUR von einer durch die Versicherungsnehmerin am 06.06.2000 bezahlten Honorarrechnung des Beklagten über 4550,20 DM.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin befand sich in der Zeit vom 10.03.2000 bis 04.04.2000 in stationärer Behandlung in der orthopädischen Klinik P in S.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Im Rahmen dieser Behandlung wurde das rechte Knie der Versicherungsnehmerin durch eine Gelenkprothese ersetzt (Position Nr. 2153 der GOÄ). Während dieser Operation wurde ein Teil der krankhafte Verknöcherungen aufweisenden hinteren Kniescheibe entfernt (Position Nr. 2344 der GOÄ). Nicht bei jedem Totalersatz des Kniegelenks bedarf es des Einsetzens einer Patellaprothese bzw. einer damit verbundenen Teilentfernung der Kniescheibenrückfläche.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Für diese stationäre Behandlung stellte der Chefarzt der Klinik, der Beklagte ... über die Privatärztliche Verrechnungsstelle Baden-Württemberg e.V. der Versicherungsnehmerin einen Betrag i.H.v. 4550,20 DM in Rechnung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Auf diese Rechnung hat die Versicherungsnehmerin am 06.06.2000 vollständige Zahlung geleistet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Mit Leistungsabrechnung vom 25.08.2000 zahlte die Klägerin jedoch nur einen Teilbetrag i.H.v. 2586,47 DM auf die Liquidation des Beklagten, da in diesem Zeitpunkt einige der angeführten Rechnungsposten umstritten waren (hinsichtlich der Berechnung der geltend gemachten Kürzungen wird auf die Bl. 3 - 7 der Akten verwiesen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Mit Erklärung vom 09.12.2000 hat die Versicherungsnehmerin der Klägerin die Ansprüche, die aufgrund der Behandlung durch den Beklagten entstanden sind, an die Klägerin zur weiteren Geltendmachung abgetreten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Nachdem die Privatärztliche Verrechnungsstelle Baden-Württemberg im Namen des Beklagten auf einige der streitigen Abrechnungspositionen verzichtet und im Gegenzug die Klägerin andere Abrechnungspositionen nachvergütet hatte, verbleibt als streitige Position die vorgenommene Entfernung von Verknöcherungen an der Kniescheibe (Teilexstirpation der Patella, Nr. 2344 der GOÄ) i.H.v. 442,89 DM (= 168,70 EUR). (bezüglich der Nachvergütungen/Verzichtserklärungen der einzelnen Positionen wird auf die Bl. 3-7 sowie Bl. 42 der Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 46/48 der Akten, verwiesen).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Die Klägerin trägt vor,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Position Nr. 2344 in der Rechnung des Beklagten sei nicht abrechnungsfähig. Die Klägerin bezieht sich hierbei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach das Schultergelenk im gebührenordnungsrechtlichen Sinne als Einheit zu verstehen ist. Diese Entscheidung des Bundessozialgerichts beträfe in gleicher Weise jedes andere Gelenk und somit auch das bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin behandelte Kniegelenk. Hieraus leite sich ab, dass operative Leistungen, soweit sie mit einem endoprothetischen Totalersatz des Kniegelenks verbunden sind, nicht mit einer Vielzahl unterschiedlicher Leistungen abgerechnet werden könnten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die abgerechnete Teilresektion der Kniescheibe sei erforderlich gewesen, um die Patellaprothese zu installieren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Da ein Gelenk nach der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts nicht in verschiedene Teilgelenke aufgeteilt werden kann, enthielten die Leistungen bezüglich des Totalersatzes des Kniegelenks auch die medizinische Versorgung der Patella.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Die Arbeiten an der Rückfläche der Kniescheibe seien somit Bestandteil der Alloarthroplastik des Kniegelenks und damit von der Leistungsziffer Nr. 2153 mit umfasst gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Inhalt des vom Verordnungsgeber in der GoÄ aufgestellten Zielleistungsprinzips sei es gewesen, alle am Kniegelenk vorgenommenen Operationen der Leistungsziffer 2153 zuzuordnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Die Klägerin hat zunächst die Zahlung von 201,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit beantragt. In der mündlichen Verhandlung vom. 20.02.2002 erklärten die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs i.H.v. 31,17 EUR zzgl. 1,11 EUR Zinsen aus 31,17 EUR vom 12.09.2001 bis zum 20.02.2002 beiderseits für erledigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Die Klägerin beantragt zuletzt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 169,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="19"/>
Die Klage wird abgewiesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Der Beklagte macht geltend, die vollständige Bezahlung der Rechnung durch die Versicherungsnehmerin am 06.06.2000 sei als Anerkenntnis zu werten, welches einem möglichen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung entgegenstünde. Dies habe umso mehr zu gelten, als auch durch die Klägerin selbst im Innenverhältnis zu der Patientin eine entsprechende Vergütung vorgenommen worden sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Abgesehen davon liege der Leistung der Versicherungsnehmerin ein Rechtsgrund zugrunde, der eine Rückforderung aus abgetretenem Recht verhindere.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
Denn aufgrund der besonderen medizinischen Indikation (Vgl. den OP-Bericht, Bl. 18 der Akten) sei die Resektion der Patella und damit die Abrechnung der Gebührenziffer 2344 geboten gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin liege insoweit keine unselbständige Leistung vor, die bereits mit der Gebührenziffer 2153 (Endoprothetischer Totalersatz des Kniegelenks) abgegolten sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
Die an der Patellarückseite vorliegenden krankhaften Verknöcherungen seien insoweit ein eigenständiges Leistungsziel gewesen. Bei einem "nur"-endoprothetischen Totalersatz des Kniegelenks habe die Patientin weiter unter Schmerzen gelitten. Bei der Entfernung der Verknöcherungen an der Kniescheibenrückseite habe es sich somit nicht um eine Maßnahme gehandelt, die zum endoprothetischen Totalersatz des Kniegelenks gezählt habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Zudem sähen die einschlägigen GOÄ-Kommentare auch keinen Ausschluß der Nr. 2153 und 2344 GOÄ vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Abgesehen davon zähle die Kniescheibe nicht zum Kniegelenk, da sie diesem vorgelagert und anatomisch betrachtet nicht deren Bestandteil sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Nr. 2344 sei somit abrechnungsfähig, so dass die Versicherungsnehmerin durch Zahlung der gesamten Rechnung am 06.06.2000 nicht rechtsgrundlos geleistet habe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="27"/>
Im übrigen sei die Patella-Prothetik im Zeitpunkt des Erlasses der GoÄ noch gar nicht Stand der Alloarthroplastik des Kniegelenkes gewesen und konnte demnach in Ziffer 2153 weder berücksichtigt noch gemeint gewesen sein.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
1.) Die Klage ist zulässig, aber in der jetzt noch geltend gemachten Höhe unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
a) Es besteht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 I S. 1 1. Alt. BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Die Klägerin kann den ihr obliegenden Beweis nicht erbringen, dass der Beklagte zur Geltendmachung der Leistungsziffer 2344 nicht berechtigt war und die Zahlung der Rechnung durch die Versicherungsnehmerin somit rechtsgrundlos erfolgte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Der Beklagte war zur Geltendmachung der Leistungsziffer 2344 der GOÄ berechtigt, so dass die Versicherungsnehmerin die Zahlung des streitigen Betrages i.H.v. 169,83 EUR mit Rechtsgrund geleistet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zwar kann für eine Leistung eine Gebühr dann nicht berechnet werden, wenn sie Bestandteil einer anderen Leistung des Gebührenverzeichnisses ist, für die der Arzt eine Gebühr berechnet, § 4 Abs. 2a GOÄ. Die Behandlung der Kniescheibenrückfläche war jedoch nicht Bestandteil des endoprothetischen Totalersatzes des Kniegelenks. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen des Gerichtes, die sich am objektiven Verordnungsinhalt und nicht an der historischen Auslegung orientieren. Die Einholung einer Stellungnahme des Verordnungsgebers zum intendierten Inhalt der Ziffer 2153 erfolgte nicht, da es auf die Meinung des Verordnungsgebers nach Auffassung des Gerichtes hier nicht ankommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Zum einen ist der Einsatz einer Patellaprothese bzw. die Exstirpation eines Teils der Patella nicht Bestandteil einer jeden Alloarthroplastik des Kniegelenks, sondern stellt einen Ausnahmefall dar. Dies spricht dafür, dass dieser Ausnahmefall nicht automatisch von der Gebührenziffer 2153 mit umfasst ist. Auch ist die Berechnung der Gebührenziffer 2344 neben der Gebührenziffer 2153 nicht ausgeschlossen (vgl. Der GOÄ-Kommentar: ausführliche Interpretation der neuen Gebührenordnung, hrsg. Von M. Lang).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Zudem lag der Teilresektion der Patella eine eigene medizinische Indikation zugrunde, die eine Behandlung erforderlich machten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Behandlung der krankhaften Veränderungen an der Kniescheibenrückfläche kommt somit ein eigenes medizinisches und gebührenrechtliches Leistungsziel zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Als gebührenrechtlich unselbständiger Bestandteil einer anderen Leistung ist eine Leistung grundsätzlich nur dann anzusehen, wenn ohne deren Leistungsinhalt die andere Leistung nach ihrem technischen Ablauf oder anderen für die Leistungserbringung bestimmenden Faktoren nicht erbracht werden kann. Insoweit liegt der Berechnungsfähigkeit von Gebühren das Zielleistungsprinzip zugrunde. Setzt die Erreichung des vollständigen Leistungsziels einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung notwendigerweise flankierende Hilfs- oder Begleitverrichtungen voraus, sind diese mit der Gebühr für die umfassende Leistung grundsätzlich auch dann abgegolten, wenn einzelne dieser Hilfs- oder Begleitverrichtungen als Gebührenpositionen im Gebührenverzeichnis enthalten sind. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten wäre der "Nur"-Endoprothetische Totalersatz des Kniegelenks auch ohne die Arbeiten an der Patellarückfläche möglich gewesen (SS vom 18.2.02, Bl.39 der Akten). Die Versicherungsnehmerin hätte dann jedoch weiterhin unter Schmerzen, ausstrahlend von der Kniescheibe, gelitten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Damit war die Alloarthroplastik selbständiger Bestandteil der durchgeführten Operation.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Gelenkprothese hätte somit auch ohne die Arbeiten an der Patellarückfläche installiert werden können, sodass diese Arbeiten nicht Bestandteil des von Nr. 2153 (Alloarthroplastik des Kniegelenks) umfassten Leistungsziels waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Auch wenn man die Kniescheibe als Teil des Kniegelenks sieht (so: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage), lässt dies keine andere Bewertung zu. Es kommt nicht darauf an, dass sowohl die Alloarthroplastik als auch die Teilresektion der Patella am selben Kniegelenk durchgeführt wurden. Das Kniegelenk wurde bezüglich der Alloarthroplastik nicht "in einzelne Bestandteile zerlegt", sondern es lag – im Gegensatz zu der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts, bei der es einheitlich um die Vornahme von Arthroskopien im Schulterbereich ging – eine eigene medizinische Indikation vor, die das gesonderte Vorgehen an der Patella notwendig machte. Es kann insoweit keinen Unterschied machen, ob bei Vornahme einer Alloarthroplastik des Kniegelenks eine krankhafte, behandlungsbedürftige Veränderung an der Patella festgestellt wird oder z.B. ein Tumor aus dem Gelenk entfernt werden muß. Beiden Fällen kommt neben dem endoprothetischen Totalersatz des Gelenks eine eigenständige Bedeutung i.S.d. § 4 Abs. 2a GOÄ zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Auch die in der GOÄ vorgenommene Bewertung nach Punktzahlen der einzelnen Eingriffe spricht für eine gesonderte Abrechnungsmöglichkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Punktzahl für den endoprothetischen Totalersatz des Kniegelenks (Nr. 2153 GOÄ) ist mit 3700 Punkten bewertet. Die Punktzahl für die Teilexstirpation der Patella (Nr. 2344) beträgt 1100 Punkte. Hieraus ergibt sich, dass der Gebührentatbestand der GOÄ selbst auch nicht davon ausgeht, dass die Resektion der Patella Bestandteil der Alloarthroplastik des Kniegelenks ist. Flösse die Punktzahl der Gebührenziffer 2344 voll in die Gebührenziffer 2153 ein, entfielen fast ein Drittel der Punkte auf die "nur vorbereitende Maßnahme" der Patellaresektion.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Eine gesonderte Abrechnung der Gebührenziffer 2344 war somit möglich, die Zahlung der Versicherungsnehmerin erfolgte daher mit Rechtsgrund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
b) Auf den Einwand des Beklagten, dass die Zahlung der Rechnungssumme durch die Versicherungsnehmerin als Anerkenntnis zu werten ist, kommt es somit nicht an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
2.) Die Berufung der Klägerin wird gem. § 511 II Nr. 2, IV Nr. 2 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO zugelassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Die mündliche Verhandlung erfolgte am 20.02.2002 und wurde somit nach dem 01.01.2002 geschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Rechtssache hat insofern grundsätzliche Bedeutung, als die Auslegung der GOÄ uneinheitlich erfolgt und hinsichtlich der dem Urteil zugrunde liegenden entscheidungserheblichen Frage, welche Leistungen neben der Installation einer Prothese am selben Gelenk gebührenrechtlich abrechnungsfähig sind, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
3.) Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 91a (i.V.m. dem Anerkenntnis des Beklagten, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 46/47 der Akten) sowie aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="28"/>
1.) Die Klage ist zulässig, aber in der jetzt noch geltend gemachten Höhe unbegründet.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
a) Es besteht kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. § 812 I S. 1 1. Alt. BGB.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Die Klägerin kann den ihr obliegenden Beweis nicht erbringen, dass der Beklagte zur Geltendmachung der Leistungsziffer 2344 nicht berechtigt war und die Zahlung der Rechnung durch die Versicherungsnehmerin somit rechtsgrundlos erfolgte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Der Beklagte war zur Geltendmachung der Leistungsziffer 2344 der GOÄ berechtigt, so dass die Versicherungsnehmerin die Zahlung des streitigen Betrages i.H.v. 169,83 EUR mit Rechtsgrund geleistet hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zwar kann für eine Leistung eine Gebühr dann nicht berechnet werden, wenn sie Bestandteil einer anderen Leistung des Gebührenverzeichnisses ist, für die der Arzt eine Gebühr berechnet, § 4 Abs. 2a GOÄ. Die Behandlung der Kniescheibenrückfläche war jedoch nicht Bestandteil des endoprothetischen Totalersatzes des Kniegelenks. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen des Gerichtes, die sich am objektiven Verordnungsinhalt und nicht an der historischen Auslegung orientieren. Die Einholung einer Stellungnahme des Verordnungsgebers zum intendierten Inhalt der Ziffer 2153 erfolgte nicht, da es auf die Meinung des Verordnungsgebers nach Auffassung des Gerichtes hier nicht ankommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="33"/>
Zum einen ist der Einsatz einer Patellaprothese bzw. die Exstirpation eines Teils der Patella nicht Bestandteil einer jeden Alloarthroplastik des Kniegelenks, sondern stellt einen Ausnahmefall dar. Dies spricht dafür, dass dieser Ausnahmefall nicht automatisch von der Gebührenziffer 2153 mit umfasst ist. Auch ist die Berechnung der Gebührenziffer 2344 neben der Gebührenziffer 2153 nicht ausgeschlossen (vgl. Der GOÄ-Kommentar: ausführliche Interpretation der neuen Gebührenordnung, hrsg. Von M. Lang).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="34"/>
Zudem lag der Teilresektion der Patella eine eigene medizinische Indikation zugrunde, die eine Behandlung erforderlich machten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="35"/>
Der Behandlung der krankhaften Veränderungen an der Kniescheibenrückfläche kommt somit ein eigenes medizinisches und gebührenrechtliches Leistungsziel zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="36"/>
Als gebührenrechtlich unselbständiger Bestandteil einer anderen Leistung ist eine Leistung grundsätzlich nur dann anzusehen, wenn ohne deren Leistungsinhalt die andere Leistung nach ihrem technischen Ablauf oder anderen für die Leistungserbringung bestimmenden Faktoren nicht erbracht werden kann. Insoweit liegt der Berechnungsfähigkeit von Gebühren das Zielleistungsprinzip zugrunde. Setzt die Erreichung des vollständigen Leistungsziels einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung notwendigerweise flankierende Hilfs- oder Begleitverrichtungen voraus, sind diese mit der Gebühr für die umfassende Leistung grundsätzlich auch dann abgegolten, wenn einzelne dieser Hilfs- oder Begleitverrichtungen als Gebührenpositionen im Gebührenverzeichnis enthalten sind. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten wäre der "Nur"-Endoprothetische Totalersatz des Kniegelenks auch ohne die Arbeiten an der Patellarückfläche möglich gewesen (SS vom 18.2.02, Bl.39 der Akten). Die Versicherungsnehmerin hätte dann jedoch weiterhin unter Schmerzen, ausstrahlend von der Kniescheibe, gelitten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="37"/>
Damit war die Alloarthroplastik selbständiger Bestandteil der durchgeführten Operation.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="38"/>
Die Gelenkprothese hätte somit auch ohne die Arbeiten an der Patellarückfläche installiert werden können, sodass diese Arbeiten nicht Bestandteil des von Nr. 2153 (Alloarthroplastik des Kniegelenks) umfassten Leistungsziels waren.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="39"/>
Auch wenn man die Kniescheibe als Teil des Kniegelenks sieht (so: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage), lässt dies keine andere Bewertung zu. Es kommt nicht darauf an, dass sowohl die Alloarthroplastik als auch die Teilresektion der Patella am selben Kniegelenk durchgeführt wurden. Das Kniegelenk wurde bezüglich der Alloarthroplastik nicht "in einzelne Bestandteile zerlegt", sondern es lag – im Gegensatz zu der zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts, bei der es einheitlich um die Vornahme von Arthroskopien im Schulterbereich ging – eine eigene medizinische Indikation vor, die das gesonderte Vorgehen an der Patella notwendig machte. Es kann insoweit keinen Unterschied machen, ob bei Vornahme einer Alloarthroplastik des Kniegelenks eine krankhafte, behandlungsbedürftige Veränderung an der Patella festgestellt wird oder z.B. ein Tumor aus dem Gelenk entfernt werden muß. Beiden Fällen kommt neben dem endoprothetischen Totalersatz des Gelenks eine eigenständige Bedeutung i.S.d. § 4 Abs. 2a GOÄ zu.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="40"/>
Auch die in der GOÄ vorgenommene Bewertung nach Punktzahlen der einzelnen Eingriffe spricht für eine gesonderte Abrechnungsmöglichkeit.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="41"/>
Die Punktzahl für den endoprothetischen Totalersatz des Kniegelenks (Nr. 2153 GOÄ) ist mit 3700 Punkten bewertet. Die Punktzahl für die Teilexstirpation der Patella (Nr. 2344) beträgt 1100 Punkte. Hieraus ergibt sich, dass der Gebührentatbestand der GOÄ selbst auch nicht davon ausgeht, dass die Resektion der Patella Bestandteil der Alloarthroplastik des Kniegelenks ist. Flösse die Punktzahl der Gebührenziffer 2344 voll in die Gebührenziffer 2153 ein, entfielen fast ein Drittel der Punkte auf die "nur vorbereitende Maßnahme" der Patellaresektion.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="42"/>
Eine gesonderte Abrechnung der Gebührenziffer 2344 war somit möglich, die Zahlung der Versicherungsnehmerin erfolgte daher mit Rechtsgrund.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="43"/>
b) Auf den Einwand des Beklagten, dass die Zahlung der Rechnungssumme durch die Versicherungsnehmerin als Anerkenntnis zu werten ist, kommt es somit nicht an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="44"/>
2.) Die Berufung der Klägerin wird gem. § 511 II Nr. 2, IV Nr. 2 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO zugelassen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="45"/>
Die mündliche Verhandlung erfolgte am 20.02.2002 und wurde somit nach dem 01.01.2002 geschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="46"/>
Die Rechtssache hat insofern grundsätzliche Bedeutung, als die Auslegung der GOÄ uneinheitlich erfolgt und hinsichtlich der dem Urteil zugrunde liegenden entscheidungserheblichen Frage, welche Leistungen neben der Installation einer Prothese am selben Gelenk gebührenrechtlich abrechnungsfähig sind, klärungsbedürftig und klärungsfähig ist.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
3.) Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 91a (i.V.m. dem Anerkenntnis des Beklagten, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, Bl. 46/47 der Akten) sowie aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,215 | olgstut-2003-01-17-17-wf-17902 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
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"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17 WF 179/02 | 2003-01-17T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:55 | 2019-02-12T13:09:44 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 20.08.2002 (21 F 1211/01) wird zurückgewiesen.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe findet gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt. Die Beschwerdefrist beträgt 1 Monat. Die von der Antragstellerin am 17.09.2002 eingelegte Beschwerde gegen den ihr am 30.08.2002 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart ist somit zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. In der Sache hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin jedoch keinen Erfolg.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Mutwillig handelt derjenige, der davon abweicht, was eine verständige, ausreichend bemittelte Partei in einem gleichliegenden Fall tun würde (Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., § 114 ZPO, Rn. 107). Eine Partei, deren Ehe durch das international zuständige Heimatgericht (hier: T./Bosnien und Herzegowina) geschieden worden ist, würde aus eigener Tasche keine Kosten für ein im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts (hier: Deutschland) durchzuführendes Scheidungsverfahren aufbringen, wenn der Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils im Inland ein nur auf Rüge zu beachtender Zustellungsmangel entgegensteht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die am 08.08.1987 in T. geschlossene Ehe der Parteien, die beide die Staatsangehörigkeit der Föderation von Bosnien und Herzegowina haben, wurde durch Urteil des Bezirksgerichts in T. vom 10.01.2002 geschieden. Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung im Inland hängt nicht von einer Anerkennung der Landesjustizverwaltung ab (Art. 7 § 1 Abs. 1 Satz 3 Familienrechtsänderungsgesetz). Gleichwohl sind beide Parteien, wenn zwischen ihnen Streit darüber besteht, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland gültig ist, nach Art. 7 § 1 Abs. 3 Familienrechtsänderungsgesetz berechtigt, einen Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung zu stellen (Krzywon, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, Das Standesamt 1989, 93 f., 95, 96), mit dem Ziel, eine für die Gerichte bindende Entscheidung herbeizuführen (Art. 7 § 1 Abs. 8 Familienrechtsänderungsgesetz). Führen die im Ausland geschiedenen Parteien keine Entscheidung der Landesjustizverwaltung herbei, haben die Gerichte, soweit es hierauf ankommt, die Frage, ob die im Ausland ausgesprochene Ehescheidung auch im Inland wirksam ist, inzident zu prüfen (Zöller-Geimer, 22. Aufl., § 328 ZPO, Rn. 245).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Mangels einer vorrangigen zwischenstaatlichen Regelung bestimmen sich die Anerkennungsvoraussetzungen nach § 328 ZPO. Nach Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift ist die Anerkennung u.a. dann ausgeschlossen, wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Es steht fest, dass der vom Ehemann beim Bezirksgericht in T. in der Heimatsprache der Parteien eingereichte Scheidungsantrag der Ehefrau über das Gericht mit einem einfachen Brief per Post übersandt worden ist. Diese Vorgehensweise erfüllt nicht die Voraussetzungen, die für die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 01.03.1954 (abgedruckt bei Baumbach/Lauterbach, 60. Aufl., im Anhang zu § 202, Rn. 7), dem die Föderation von Bosnien und Herzegowina beigetreten ist (vgl. Baumbach/Lauterbach, Einleitung V Rn. 3) einzuhalten sind. Da hiernach eine ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes nicht vorliegt, ist eine Anerkennung der ausländischen Entscheidung ausgeschlossen, jedenfalls solange sich die Antragstellerin, die Antragsgegnerin des ausländischen Scheidungsverfahrens war, auf diesen Mangel beruft. Der Umstand, dass der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes nicht in einer Übersetzung in die deutsche Sprache übermittelt worden ist, dürfte dagegen der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils nicht entgegenstehen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück in der Heimatsprache des Antragsgegners abgefasst ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Antragstellerin hat unstreitig das verfahrenseinleitende Schriftstück aus dem vor dem Gemeindegericht in T. durchgeführten Scheidungsverfahren rechtzeitig erhalten, ebenso wurde ihr das Scheidungsurteil übersandt. Aufgrund dieses Umstandes, und weil die Antragstellerin selbst geschieden werden möchte, ist ihre Berufung auf das formale Kriterium der mangelnden Zustellung nicht nachvollziehbar. Da die Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteils ausschließlich vom Willen der Antragstellerin abhängt, ist es mutwillig, Prozesskostenhilfe für ein erneutes Ehescheidungsverfahren zu beanspruchen, welches nach Lage der Dinge dasselbe Ziel zum Inhalt hat: nämlich eine Ehescheidung nach dem gemeinsamen Heimatrecht der Parteien (Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Inhaltliche Gründe, warum sich die Antragstellerin einer Anerkennung des ausländischen Scheidungsurteils widersetzt, werden nicht vorgebracht, auch nicht in der Beschwerdebegründung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das Amtsgericht hat der Antragstellerin daher zu Recht Prozesskostenhilfe für das vorliegende Scheidungsverfahren verweigert.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,210 | arbg-freiburg-2003-01-16-13-ca-30202 | {
"id": 117,
"name": "Arbeitsgericht Freiburg",
"slug": "arbg-freiburg",
"city": 109,
"state": 3,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 13 Ca 302/02 | 2003-01-16T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:51 | 2019-01-17T11:52:06 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.500,00 EUR (i. W. eintausendfünfhundert Euro) nebst 5 % Zinsen aus diesem Betrag über dem Basiszins seit 31.10.2002 zu bezahlen.</p>
<blockquote>
<p>Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
</blockquote>
<p>2. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>3. Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten um die Bezahlung einer Vertragsstrafe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die Parteien schlossen am 29.05.2002 einen Arbeitsvertrag, wonach der Beklagte ab 01.09.2002 als Maschinenbautechniker/Konstrukteur bei der Klägerin arbeiten sollte. Das vereinbarte Monatsgehalt betrug 3.000,00 EUR. In dem von der Klägerin vorformulierten Arbeitsvertrag hieß es u. a.:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
"§ 1 Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses
</td></tr></table>
<table style="margin-left:3pt"><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
(3) Die ersten 6 Monate der Dauer des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:6pt"><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
§ 9 Vertragsstrafenklausel
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der/Die Arbeitnehmer/in hat eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes zu zahlen, wenn er/sie
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
-- das Anstellungsverhältnis nicht antritt oder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
-- seine/ihre Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung dauerhaft verweigert, ohne dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB vorliegt oder
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="9"/>
-- die Arbeitgeberin durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten zur fristlosen Kündigung des Anstellungsverhältnisses gemäß § 626 BGB veranlaßt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="10"/>
Die Geltendmachung weiterer Schadensersatzansprüche bleibt hiervon jeweils unberührt."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Mit Schreiben vom 27.08.2002 erklärte der Beklagte, er werde das Arbeitsverhältnis nicht antreten. Zugleich sprach er die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus. Der Beklagte nahm die Arbeit tatsächlich nicht auf.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die Klägerin forderte den Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 3.000,00 EUR bis 30.10.2002 auf (Aktenseite 14).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Mit der vorliegenden Klage begehrt sie die Zahlung der Vertragsstrafe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 3.000,00 EUR nebst 5 % Zinsen aus diesem Betrag über dem Basiszinssatz seit 31.10.2002 zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
die Klage abzuweisen. Hilfsweise beantragt er die Herabsetzung der Vertragsstrafe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Der Beklagte behauptet, wenn er die Arbeit angetreten hätte, hätte die Klägerin ihn in den ersten beiden Septemberwochen auf eine Schulung geschickt. In diesem Fall wären der Klägerin höhere Kosten entstanden als durch sein Fernbleiben. Der Beklagte meint, die Vertragsstrafenvereinbarung sei insbesondere deshalb unzulässig, weil die Höhe der Vertragsstrafe unangemessen sei. Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe sei wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion ausgeschlossen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 03.12.2002 und 16.01.2003 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:18pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
I. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Beklagte ist gemäß § 9 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 339 S. 1 BGB zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet. Die Vertragsstrafenklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist wirksam. Die Vertragsstrafe ist verfallen. Sie ist jedoch auf einen halben Bruttomonatsverdienst des Beklagten herabzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:18pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
1. Das Vertragsstrafeversprechen in § 9 des Arbeitsvertrages ist wirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
a) Nach § 339 BGB kann eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner eine Vereinbarung nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Diese Norm ist als Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
b) Die Pflichtverletzung, die die Strafe auslöst, ist mit den Worten "wenn (der Arbeitnehmer) das Anstellungsverhältnis nicht antritt" klar bezeichnet. Die Voraussetzungen, die zur Verwirkung der Vertragsstrafe führen, sind genau bestimmt. Der Beklagte konnte sich in seinem Verhalten darauf einstellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
c) Die Vertragsstrafenabrede konnte auch in einem vorformulierten Arbeitsvertrag getroffen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Klausel ist anhand der §§ 305 ff. BGB n.F. zu überprüfen, weil sie eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und sie dem Beklagten bei Abschluss des Vertrages gestellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Klausel ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305c BGB) noch haben die Parteien eine vorrangige Individualabrede getroffen (§ 305b BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Zwar widerspricht die Klausel § 309 Nr. 6 BGB, wonach in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam ist, durch die dem Verwender für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Einer Anwendung des § 309 Nr. 6 BGB auf Arbeitsverträge stehen jedoch die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten entgegen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Bei Arbeitsverträgen ist die Interessen- und Rechtslage nämlich anders als bei Verträgen über die Erbringung von Waren- oder Werkleistungen: § 309 Nr. 6 BGB ist an dem Fall orientiert, dass der Erbringer der vertragscharakteristischen Leistung die Vertragsstrafenklausel stellt, obwohl er typischerweise seinen Anspruch auf die Hauptleistung (= Zahlung des Entgelts) einfach durchsetzen könnte und auch etwaig eintretende Vermögensschäden einfach darstellen könnte. Diese Konstellation ist im Arbeitsrecht nicht gegeben. Hier ist Verwender der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitgeber als die Partei, die das Entgelt für die Leistung zahlt. Wenn der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Arbeitsleitung nicht nachkommt, hat der Arbeitgeber faktisch keine Möglichkeit, diese Hauptleistungspflicht durchzusetzen. Selbst wenn er zügig ein Urteil erwirken kann, das den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verurteilt, kann er dieses in der Zwangsvollstreckung nicht durchsetzen (§ 888 Abs. 3 ZPO). Anders als ein Waren- oder Dienstleistungsschuldner hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Verzugszinsen als Mindestschadensersatz. Zudem kann er regelmäßig kaum darstellen, welchen konkreten Schaden der Arbeitnehmer durch sein Fernbleiben von der Arbeit verursacht hat. Je komplexer die betriebliche Organisationsstruktur ist, um so schwerer kann der Anteil jedes einzelnen Arbeitnehmers am Gewinn des Unternehmens festgestellt werden. Die Kammer folgt damit der Entscheidung des Arbeitsgerichts Duisburg vom 14.08.2002 (Aktenzeichen 3 Ca 1676/02, NZA 2002, 1038; ebenso Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform 2002, Rn. 250; Annuß, BB 2002, 458, 463; Lingemann, NZA 2002, 181, 191f, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, 3. Aufl., §§ 305 -- 310 BGB, Rn. 93).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
§ 9 des Arbeitsvertrages benachteiligt den Beklagten auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 BGB). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe: Allgemeine Geschäftsbedingungen werden im Rahmen der Inhaltskontrolle typisierenden und generalisierenden Wertungen unterzogen. Hat eine Vertragsklausel einen unangemessen benachteiligenden Inhalt, ist es für die Wirksamkeit der Klausel grundsätzlich nicht ausschlaggebend, ob sich der benachteilige Inhalt auch im konkreten Einzelfall tatsächlich auswirkt. Entscheidend ist, welche Rechte nach dem konkreten Inhalt der Klausel geltend gemacht werden können und welche Folgen sich daraus bei genereller Betrachtung ergeben (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, §§ 305 -- 310 BGB Rn. 42). Bei genereller Betrachtung wird eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes für den Fall des Vertragsbruchs des Arbeitnehmers allgemein für zulässig gehalten (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, §§ 305 -- 310 BGB Rn. 94). Wegen der Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfte eine Vertragsstrafe, die auf einen höheren Betrag gerichtet ist, nach dem neuen Recht insgesamt unzulässig sein. Die Anpassung der Höhe der Vertragsstrafe an die Besonderheiten des Einzelfalles ist hingegen keine Frage der geltungserhaltenden Reduktion und des § 307 BGB, sondern der Herabsetzung gemäß § 343 BGB. Die Möglichkeit, eine unangemessen hohe Vertragsstrafe herabzusetzen, besteht auch bei vorformulierten Vertragsstrafen. Die Herabsetzungsmöglichkeit ist nämlich eine Besonderheit des Vertragsstrafenrechts und widerspricht nicht dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Nach § 343 BGB sind bei der Entscheidung über die Angemessenheit der Strafe alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Derartiges kann eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen keinesfalls leisten und ist nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
2. Die Voraussetzungen des § 9 des Arbeitsvertrages sind erfüllt, da der Beklagte das Anstellungsverhältnis nicht angetreten hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen war. Der Beklagte hat damit schuldhaft die Unmöglichkeit seiner Leistung ausgelöst, was dem Verzug i. S. d. § 339 S. 1 BGB gleichsteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="30"/>
3. Auf Antrag des Beklagten ist die in § 9 des Arbeitsvertrages vereinbarte und durch unterbliebenen Arbeitsantritt auch verwirkte Vertragsstrafe gemäß § 343 Abs. 1 BGB auf einen halben Bruttomonatsverdienst zu 1.500,00 EUR herabzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
a) Nach § 343 Abs. 1 BGB kann auf Antrag des Schuldners eine unverhältnismäßig hohe verwirkte Vertragsstrafe durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht bloß das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Maßgeblich sind neben dem Grad des Verschuldens auch die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Ein möglicherweise entstandener Schaden kann berücksichtigt werden. Dagegen rechtfertigt das Fehlen eines Schadens alleine noch nicht die Herabsetzung der Vertragsstrafe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zur Feststellung der Angemessenheit einer im Fall des Vertragsbruches verwirkten Vertragsstrafe ist auch die maßgebliche Kündigungsfrist von Bedeutung. Denn hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber im Beendigungsfall Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann bzw. in welchem Umfang der Arbeitnehmer seiner Hauptleistungspflicht nicht nachkommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
Ein weiterer gewichtiger Aspekt ist die Frage, ob der Arbeitnehmer die Arbeit überhaupt nicht aufnimmt oder sie vorzeitig beendet, nachdem er zunächst gearbeitet hat. Regelmäßig muss ein Arbeitnehmer bei einer qualifizierten Beschäftigung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eingearbeitet werden, während er bei Beendigung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Arbeitsvorgänge abzuschließen bzw. an einen etwaigen Nachfolger zu übergeben hat. Insoweit kann das Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unterschiedlich hoch sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
b) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die verwirkte Vertragsstrafe nach § 343 Abs. 1 BGB auf einen halben Bruttomonatsverdienst herabzusetzen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist zugunsten der Klägerin zwar ihr berechtigtes Interesse an der Sicherung der Vertragstreue des Beklagten zu berücksichtigen. Jedoch ist dieses Sicherungsinteresse durch die zwischen den Parteien vereinbarte Kündigungsfrist von 2 Wochen in den ersten 6 Monaten nach Arbeitsaufnahme beschränkt. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Durchführung des Vertrages bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten war in der Probezeit auf eine Zeitdauer von 2 Wochen reduziert. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Arbeit überhaupt erst aufnehmen sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Hingegen berücksichtigt die Kammer den Vortrag des Beklagten, das Interesse der Klägerin an der Durchführung des Vertrages sei deshalb sehr gering, weil er in den ersten beiden Wochen eine Schulung hätte besuchen wollen, nicht. Zum einen ist der Beklagte, der für die Tatsachen, aus der sich die Unverhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe ergeben soll, beweispflichtig und hat keinen Beweis angeboten. Zum anderen kommt es nicht darauf an, welche Arbeit dem Beklagten zugewiesen worden wäre, wenn die Klägerin bei Arbeitsantritt von einem längerfristigen Arbeitsverhältnis ausgegangen wäre. Entscheidend kann allenfalls sein, welche Arbeiten die Klägerin dem Beklagten zugewiesen hätte, wenn dieser das Arbeitsverhältnis bei Arbeitsantritt gekündigt und dann während der Kündigungsfrist gearbeitet hätte. In diesem Punkt wurde nichts dazu vorgetragen, dass die möglichen Arbeitsleistungen für die Klägerin keinen Wert gehabt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:20pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Kosten des Rechtsstreits werden gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wird gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG in Höhe der bezifferten Klagforderung festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:18pt"><tr><td>
<rd nr="20"/>
I. Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Beklagte ist gemäß § 9 des Arbeitsvertrages i. V. m. § 339 S. 1 BGB zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet. Die Vertragsstrafenklausel im Arbeitsvertrag der Parteien ist wirksam. Die Vertragsstrafe ist verfallen. Sie ist jedoch auf einen halben Bruttomonatsverdienst des Beklagten herabzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:18pt"><tr><td>
<rd nr="21"/>
1. Das Vertragsstrafeversprechen in § 9 des Arbeitsvertrages ist wirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
a) Nach § 339 BGB kann eine Vertragsstrafe für den Fall vereinbart werden, dass der Schuldner eine Vereinbarung nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt. Diese Norm ist als Bestimmung des allgemeinen Schuldrechts auch auf Arbeitsverhältnisse anwendbar.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
b) Die Pflichtverletzung, die die Strafe auslöst, ist mit den Worten "wenn (der Arbeitnehmer) das Anstellungsverhältnis nicht antritt" klar bezeichnet. Die Voraussetzungen, die zur Verwirkung der Vertragsstrafe führen, sind genau bestimmt. Der Beklagte konnte sich in seinem Verhalten darauf einstellen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
c) Die Vertragsstrafenabrede konnte auch in einem vorformulierten Arbeitsvertrag getroffen werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Die Klausel ist anhand der §§ 305 ff. BGB n.F. zu überprüfen, weil sie eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist. Die Klägerin hat den Arbeitsvertrag für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert hat und sie dem Beklagten bei Abschluss des Vertrages gestellt (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
Die Klausel ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305c BGB) noch haben die Parteien eine vorrangige Individualabrede getroffen (§ 305b BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
Zwar widerspricht die Klausel § 309 Nr. 6 BGB, wonach in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam ist, durch die dem Verwender für den Fall, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst, die Zahlung einer Vertragsstrafe versprochen wird. Einer Anwendung des § 309 Nr. 6 BGB auf Arbeitsverträge stehen jedoch die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten entgegen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB). Bei Arbeitsverträgen ist die Interessen- und Rechtslage nämlich anders als bei Verträgen über die Erbringung von Waren- oder Werkleistungen: § 309 Nr. 6 BGB ist an dem Fall orientiert, dass der Erbringer der vertragscharakteristischen Leistung die Vertragsstrafenklausel stellt, obwohl er typischerweise seinen Anspruch auf die Hauptleistung (= Zahlung des Entgelts) einfach durchsetzen könnte und auch etwaig eintretende Vermögensschäden einfach darstellen könnte. Diese Konstellation ist im Arbeitsrecht nicht gegeben. Hier ist Verwender der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Arbeitgeber als die Partei, die das Entgelt für die Leistung zahlt. Wenn der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Arbeitsleitung nicht nachkommt, hat der Arbeitgeber faktisch keine Möglichkeit, diese Hauptleistungspflicht durchzusetzen. Selbst wenn er zügig ein Urteil erwirken kann, das den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung verurteilt, kann er dieses in der Zwangsvollstreckung nicht durchsetzen (§ 888 Abs. 3 ZPO). Anders als ein Waren- oder Dienstleistungsschuldner hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Verzugszinsen als Mindestschadensersatz. Zudem kann er regelmäßig kaum darstellen, welchen konkreten Schaden der Arbeitnehmer durch sein Fernbleiben von der Arbeit verursacht hat. Je komplexer die betriebliche Organisationsstruktur ist, um so schwerer kann der Anteil jedes einzelnen Arbeitnehmers am Gewinn des Unternehmens festgestellt werden. Die Kammer folgt damit der Entscheidung des Arbeitsgerichts Duisburg vom 14.08.2002 (Aktenzeichen 3 Ca 1676/02, NZA 2002, 1038; ebenso Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform 2002, Rn. 250; Annuß, BB 2002, 458, 463; Lingemann, NZA 2002, 181, 191f, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, 3. Aufl., §§ 305 -- 310 BGB, Rn. 93).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
§ 9 des Arbeitsvertrages benachteiligt den Beklagten auch nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 BGB). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe: Allgemeine Geschäftsbedingungen werden im Rahmen der Inhaltskontrolle typisierenden und generalisierenden Wertungen unterzogen. Hat eine Vertragsklausel einen unangemessen benachteiligenden Inhalt, ist es für die Wirksamkeit der Klausel grundsätzlich nicht ausschlaggebend, ob sich der benachteilige Inhalt auch im konkreten Einzelfall tatsächlich auswirkt. Entscheidend ist, welche Rechte nach dem konkreten Inhalt der Klausel geltend gemacht werden können und welche Folgen sich daraus bei genereller Betrachtung ergeben (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, §§ 305 -- 310 BGB Rn. 42). Bei genereller Betrachtung wird eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes für den Fall des Vertragsbruchs des Arbeitnehmers allgemein für zulässig gehalten (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, §§ 305 -- 310 BGB Rn. 94). Wegen der Verbots der geltungserhaltenden Reduktion im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen dürfte eine Vertragsstrafe, die auf einen höheren Betrag gerichtet ist, nach dem neuen Recht insgesamt unzulässig sein. Die Anpassung der Höhe der Vertragsstrafe an die Besonderheiten des Einzelfalles ist hingegen keine Frage der geltungserhaltenden Reduktion und des § 307 BGB, sondern der Herabsetzung gemäß § 343 BGB. Die Möglichkeit, eine unangemessen hohe Vertragsstrafe herabzusetzen, besteht auch bei vorformulierten Vertragsstrafen. Die Herabsetzungsmöglichkeit ist nämlich eine Besonderheit des Vertragsstrafenrechts und widerspricht nicht dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Nach § 343 BGB sind bei der Entscheidung über die Angemessenheit der Strafe alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Derartiges kann eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen keinesfalls leisten und ist nicht Gegenstand der Inhaltskontrolle.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="29"/>
2. Die Voraussetzungen des § 9 des Arbeitsvertrages sind erfüllt, da der Beklagte das Anstellungsverhältnis nicht angetreten hat, obwohl er dazu verpflichtet gewesen war. Der Beklagte hat damit schuldhaft die Unmöglichkeit seiner Leistung ausgelöst, was dem Verzug i. S. d. § 339 S. 1 BGB gleichsteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="30"/>
3. Auf Antrag des Beklagten ist die in § 9 des Arbeitsvertrages vereinbarte und durch unterbliebenen Arbeitsantritt auch verwirkte Vertragsstrafe gemäß § 343 Abs. 1 BGB auf einen halben Bruttomonatsverdienst zu 1.500,00 EUR herabzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="31"/>
a) Nach § 343 Abs. 1 BGB kann auf Antrag des Schuldners eine unverhältnismäßig hohe verwirkte Vertragsstrafe durch Urteil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht bloß das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Maßgeblich sind neben dem Grad des Verschuldens auch die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Ein möglicherweise entstandener Schaden kann berücksichtigt werden. Dagegen rechtfertigt das Fehlen eines Schadens alleine noch nicht die Herabsetzung der Vertragsstrafe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="32"/>
Zur Feststellung der Angemessenheit einer im Fall des Vertragsbruches verwirkten Vertragsstrafe ist auch die maßgebliche Kündigungsfrist von Bedeutung. Denn hierin kommt zum Ausdruck, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber im Beendigungsfall Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann bzw. in welchem Umfang der Arbeitnehmer seiner Hauptleistungspflicht nicht nachkommt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
Ein weiterer gewichtiger Aspekt ist die Frage, ob der Arbeitnehmer die Arbeit überhaupt nicht aufnimmt oder sie vorzeitig beendet, nachdem er zunächst gearbeitet hat. Regelmäßig muss ein Arbeitnehmer bei einer qualifizierten Beschäftigung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eingearbeitet werden, während er bei Beendigung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Arbeitsvorgänge abzuschließen bzw. an einen etwaigen Nachfolger zu übergeben hat. Insoweit kann das Interesse des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers unterschiedlich hoch sein.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
b) In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist die verwirkte Vertragsstrafe nach § 343 Abs. 1 BGB auf einen halben Bruttomonatsverdienst herabzusetzen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit ist zugunsten der Klägerin zwar ihr berechtigtes Interesse an der Sicherung der Vertragstreue des Beklagten zu berücksichtigen. Jedoch ist dieses Sicherungsinteresse durch die zwischen den Parteien vereinbarte Kündigungsfrist von 2 Wochen in den ersten 6 Monaten nach Arbeitsaufnahme beschränkt. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Durchführung des Vertrages bei rechtmäßigem Verhalten des Beklagten war in der Probezeit auf eine Zeitdauer von 2 Wochen reduziert. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Arbeit überhaupt erst aufnehmen sollte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Hingegen berücksichtigt die Kammer den Vortrag des Beklagten, das Interesse der Klägerin an der Durchführung des Vertrages sei deshalb sehr gering, weil er in den ersten beiden Wochen eine Schulung hätte besuchen wollen, nicht. Zum einen ist der Beklagte, der für die Tatsachen, aus der sich die Unverhältnismäßigkeit der Vertragsstrafe ergeben soll, beweispflichtig und hat keinen Beweis angeboten. Zum anderen kommt es nicht darauf an, welche Arbeit dem Beklagten zugewiesen worden wäre, wenn die Klägerin bei Arbeitsantritt von einem längerfristigen Arbeitsverhältnis ausgegangen wäre. Entscheidend kann allenfalls sein, welche Arbeiten die Klägerin dem Beklagten zugewiesen hätte, wenn dieser das Arbeitsverhältnis bei Arbeitsantritt gekündigt und dann während der Kündigungsfrist gearbeitet hätte. In diesem Punkt wurde nichts dazu vorgetragen, dass die möglichen Arbeitsleistungen für die Klägerin keinen Wert gehabt hätten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB.
</td></tr></table>
<table style="margin-left:20pt"><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Die Kosten des Rechtsstreits werden gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wird gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG in Höhe der bezifferten Klagforderung festgesetzt.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,212 | lg-rottweil-2003-01-16-6-o-2302 | {
"id": 141,
"name": "Landgericht Rottweil",
"slug": "lg-rottweil",
"city": 76,
"state": 3,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 23/02 | 2003-01-16T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:52 | 2019-01-17T11:52:06 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des materiellen Schadens, den ihr Mitglied RK am 23. Juni 2000 beim Sturz von der Haflinger-Stute des Beklagten erlitten hat, ist dem Grunde nach gerechtfertigt.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Klägerin macht mit der Klage gemäß §§ 833 Satz 1 BGB, 116, 119 SGB X Ansprüche auf Ersatz der ihr aus Anlas eines Reitunfalls ihres Mitglieds RK entstandenen Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten geltend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Der Beklagte ist Halter einer 21-jährigen, als sehr gelände- und trittsicher und als liebes Pferd bekannten Haflinger-Stute. Diese stellte er dem Zeugen RK am 23. Juni 2000 unentgeltlich für einen Geländeritt auf der Gemarkung
Fluorn-Winzeln
zur Verfügung. An dem Geländeritt nahmen neben RK auf der Haflinger-Stute der Beklagte, die Zeugin Z und ein weiterer Reiter auf größeren Warmblut-Pferden teil. Das Reitgelände war den Reitern und Pferden bekannt. Als die Vierergruppe sich nach etwa einer dreiviertel Stunde bereits wieder auf dem Rückweg befand, kam es auf einem breiten geschotterten Weg zum Sturz der Haflinger-Stute und des Reiters RK, bei dem sich dieser erhebliche Verletzungen zuzog.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin macht auf sie übergegangene Schadensersatzansprüche in Höhe von 14.919,43 Euro nebst Zinsen geltend.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Klägerin trägt vor: Sie sei der gesetzliche Krankenversicherer ihres Mitglieds RK. Da die Haflinger-Stute bei dem Ausritt häufig mit den Großpferden nicht habe mithalten können, habe sie immer wieder antraben müssen, um nicht zurückzufallen; dies habe jedoch weder Reiter noch Pferd Schwierigkeiten bereitet. Als die Gruppe auf dem Rückweg auf einem breiten, geschotterten Weg, der keinerlei Unebenheiten aufgewiesen habe, geritten sei, seien die Großpferde im Schritt gegangen, während die Haflinger-Stute getrabt sei. Plötzlich sei, ohne dass der Reiter hierauf Einfluss gehabt habe, die Stute gestolpert, mit den Vorderbeinen eingeknickt und auf die Knie gefallen. RK sei kopfüber aus dem Sattel gefallen und neben dem Pferd gelegen, als dieses, da es aus der Knielage nicht mehr hochgekommen sei, auf den am Boden liegenden Reiter fiel. RK habe sich dadurch einen komplizierten Bruch des rechten Schienbeins zugezogen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.919,43 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 12.624,55 Euro seit 07. Juni 2001 und aus 2.294,88 Euro seit Klagzustellung zu zahlen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Der Beklagte ist der Rechtsansicht, das Stolpern eines Pferdes sei kein willkürliches tierisches Verhalten im Sinne von § 833 BGB. Es fehle daher an einer Haftungsnorm. Zudem müsse die Klägerin nachweisen, dass der Reitunfall nicht auf einer reiterlichen Fehlleistung beruhe.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens, insbesondere auch zur bestrittenen Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruches, wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 08. Mai, 26. Juni, 01., 08. und 22. Oktober 2002 nebst Anlagen sowie die Schriftsätze des Beklagten vom 03. Juni, 05. Juli, 23. September und 10. Oktober 2002 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Es wurde Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 17. September 2002 (Bl. 56 der Akten) durch Vernehmung der Zeugen RK und Z. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2002 Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die zulässige Klage ist dem Grunde nach begründet. Der Streit über den Grund ist entscheidungsreif, der Betrag noch streitig, so dass über den Grund vorab entschieden werden kann (§ 304 Abs. 1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Dem Zeugen RK steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 833 Satz 1 BGB gegen den Beklagten zu, der gemäß §§ 116, 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Anspruch nach § 833 Satz 1 BGB ist gemäß §§ 116, 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen. Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer ihres Mitglieds RK und hat die diesem anlässlich seines Reitunfalls am 23. Juni 2000 entstandenen Heilbehandlungskosten bezahlt. Dies steht nach der Beweisaufnahme aufgrund der Aussage des Zeugen RK fest. Er hat bekundet, dass er bei der Klägerin gesetzlich krankenversichert ist und diese die Kosten für Krankenhausleistungen, Krankentransport usw. übernommen hat. Er selbst hat nur die Eigenanteile und die Kosten des Heilpraktikers bezahlt. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage sind nicht ersichtlich und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Beklagte haftet als Halter der Haflinger-Stute dem Reiter RK gemäß § 833 Satz 1 BGB für dessen bei dem Reitunfall am 20. Juni 2000 erlittenen materiellen Schaden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
1. Gemäß § 833 Satz 1 BGB ist, wenn durch ein Tier ein Mensch verletzt wird, derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser weite Wortlaut des § 833 Satz 1 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung einschränkend dahin auszulegen, dass der Tierhalter für alle von dem Tier verursachten Schäden einzustehen hat, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr darstellen. Danach ist der Schaden durch ein Tier im Sinne von § 833 Satz 1 BGB verursacht, wenn sich eine typische Tiergefahr verwirklicht, wenn sie eine Gefahr verwirklicht, die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten äußert (BGH NJW 1999, 3119 m.w.N.; Palandt-Thomas, BGB, 62. Auflage 2003, § 833 RndNr. 6 m.w.N.). Eine typische Tiergefahr nicht gegeben ist, wenn das Tier so sehr der Einwirkung durch äußere Kräfte ausgesetzt war, dass ihm keine andere Möglichkeit als die des schädigenden Verhaltens blieb (BGH VersR 1978, 515). Nicht anwendbar ist § 833 Satz 1 BGB auch, wenn die Beschädigung von einem unter menschlichen Leitung stehenden Tier - zum Beispiel Reitpferd wie hier - ausgeht, wenn das Tier dem Willen seines Lenkers gehorcht (BGH NJW 1952, 1329; OLG Düsseldorf NJW - RR 1986, 325). Anderes gilt jedoch, wenn trotz menschlicher Leitung willkürliche Bewegungen des Tieres, zum Beispiel Schlagen, Beißen, Seitensprung, Ausrutschen des Reitpferdes, den Schaden verursacht haben (BGH VersR 1966, 1071; OLG Düsseldorf VersR 1981, 82; vergleiche auch Stein in Münchener Kommentar, BGB, 3. Auflage 1997, § 833 RndNr. 1-17 und insbesondere RndNr. 3, der sich - mit guten Gründen - für eine extensive Halterhaftung ausspricht).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Im vorliegenden Fall wurde der Unfall durch eine Unachtsamkeit der Haflinger-Stute beim Traben, die zum Stolpern und Einknicken auf die Knie sowie zum Sturz der Stute führte, da es ihr nicht mehr gelang, ihren Körper aufzurichten, verursacht. Ein Hindernis, welches Ursache des Stolperns gewesen sein könnte, war auf dem geraden, geschotterten, keinerlei Unebenheiten aufweisenden Waldweg nicht vorhanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Diese Unfallursache und dieser Unfallhergang stehen aufgrund der Beweisaufnahme fest. Die beiden vernommenen Zeugen, RK und Z, haben dies übereinstimmend bekundet, wobei die Zeugin Z nur zur Wegbeschaffenheit, zur Gangart der Haflinger-Stute und dazu, dass die Stute plötzlich und unerwartet auf die Knie eingeknickt ist, Angaben machen konnte, da sie den Beginn des Stolperns wie auch den anschließenden Sturz der Stute, da sie mit ihrem Pferd etwas weiter vorne ritt, nicht gesehen hat. Anhaltspunkte, die gegen die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen sprechen, sind nicht ersichtlich. Auch der Beklagte hat solche nicht vorgebracht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Die Unachtsamkeit des Pferdes und das Stolpern, welches zum Unfall führte, stellt ein unberechenbares Tierverhalten, eine typische Tiergefahr dar (andere Ansicht LG Hagen ZfS 2002, 276). Weder haben äußere Kräfte auf das Tier eingewirkt, durch die ein selbsttätiges Verhalten des Tieres ausgeschlossen war, noch hat die Leitung des Reiters bewirkt, dass das Tier gegen seinen Willen, allein der Leitung des Reiters folgend, sich bewegt und so den Schaden verursacht hat. Im Stolpern der Stute, die sehr trittsicher war, verwirklicht sich eine typische Tiergefahr, zumal es gerade dann infolge der großen Masse des Körpers des Pferdes durch das Einknicken auf die Knie zum Sturz des Pferdes und der damit einhergehenden Gefahr kommt. Es handelt sich um eine willentliche selbsttätige Verhaltensweise. Es liegt gerade in der Tiernatur, dass das Pferd während des Ausritts es plötzlich und unvorhersehbar an der gebotenen Aufmerksamkeit fehlen lässt, deshalb stolpert und stürzt. Dass auch Menschen - nicht nur Tiere - stolpern, rechtfertigt keine andere Betrachtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Hinzu tritt, dass gerade bei der Gangart Trab eine instabile Lage entsteht. Bei dieser diagonalen Gangart springt das Pferd von dem einen jeweils gegenüberliegenden Beinpaar auf das andere, so dass zeitweise kein Bein am Boden ist. Wenn das Tier dann in dieser Schwebephase stolpert, besteht in besonderer Weise - also tier- bzw. pferdespezifisch - die Gefahr, dass das Pferd die Balance verliert, sich nicht mehr auffangen kann und stürzt und dadurch Menschen verletzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
4. Dass der Geschädigte RK der Reiter des den Schaden verursachenden Pferdes war, steht der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung, welcher sich die Kammer anschließt, kommt die Gefährdungshaftung des Tierhalters auch dem Reiter auf dem Pferd zugute (BGH VersR 1992, 1145; BGB NJW 1999, 3119; KG NJW - RR 1986, 326; OLG Koblenz VersR 1999, 239).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
5. Die grundsätzlich gegebene Gefährdungshaftung entfällt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Überlassung der Haflinger-Stute an RK auf Gefälligkeit beruhte. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise eine stillschweigend vereinbarte Haftungsbeschränkung angenommen werden müsste oder besondere Umstände vorliegen würden, die dem Schadensersatzbegehren ein treuwidriges Gepräge geben würden, sind nicht ersichtlich (BGH VersR 1992, 1145, 1147).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
6. Das Mitglied der Klägerin, den Reiter RK, trifft kein Mitverschulden am Unfall (§ 254 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Zwar muss derjenige, der die Obhut über ein Tier übernommen hat, die Vermutung gegen sich gelten lassen, dass ihn ein Verschulden trifft und dieses Verschulden für den Schaden ursächlich geworden ist (entsprechende Anwendung des § 834 BGB, BGH VersR 1992, 1145, 1147 f.; BGH VersR 1987, 198, 200).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Diese Verschuldens- und Verursachungsvermutung hat die Klägerin widerlegt. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass den Reiter RK kein Mitverschulden trifft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Der Zeuge RK war, seinen noch relativ geringen Reiterfahrungen entsprechend, mit einem als sehr gelände- und trittsicheren und einem als lieb und nicht zappeligen bekannten Pferd unterwegs, zudem in Begleitung und unter Aufsicht erfahrener Reiter. Im Gelände gab es keinerlei Auffälligkeiten, der Reiter RK hatte alle Situationen souverän gemeistert. Im Unfallzeitpunkt befand er sich auf einem ebenen, geschotterten Waldweg ohne Unebenheiten oder sonstigen Hindernissen, auf dem die erfahrene Reiterin Z üblicherweise sogar galoppiert, so dass die Gangart Trab jedenfalls nicht vorwerfbar ist. Der Reiter war aufmerksam und konzentriert, das Stolpern der Haflinger-Stute kam plötzlich, vollkommen überraschend und unvorhersehbar, ebenso das sofortige Einknicken auf die Knie. Dies steht aufgrund der Aussagen der Zeugen RK und Z fest. Auch ein erfahrener Reiter hätte in einer solchen Situation weder das Stolpern des Pferdes noch den anschließenden Sturz von Pferd und Reiter verhindern können.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Die zulässige Klage ist dem Grunde nach begründet. Der Streit über den Grund ist entscheidungsreif, der Betrag noch streitig, so dass über den Grund vorab entschieden werden kann (§ 304 Abs. 1 ZPO).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
Dem Zeugen RK steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gemäß § 833 Satz 1 BGB gegen den Beklagten zu, der gemäß §§ 116, 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
Der Anspruch nach § 833 Satz 1 BGB ist gemäß §§ 116, 119 SGB X auf die Klägerin übergegangen. Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer ihres Mitglieds RK und hat die diesem anlässlich seines Reitunfalls am 23. Juni 2000 entstandenen Heilbehandlungskosten bezahlt. Dies steht nach der Beweisaufnahme aufgrund der Aussage des Zeugen RK fest. Er hat bekundet, dass er bei der Klägerin gesetzlich krankenversichert ist und diese die Kosten für Krankenhausleistungen, Krankentransport usw. übernommen hat. Er selbst hat nur die Eigenanteile und die Kosten des Heilpraktikers bezahlt. Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Zeugenaussage sind nicht ersichtlich und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
Der Beklagte haftet als Halter der Haflinger-Stute dem Reiter RK gemäß § 833 Satz 1 BGB für dessen bei dem Reitunfall am 20. Juni 2000 erlittenen materiellen Schaden.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
1. Gemäß § 833 Satz 1 BGB ist, wenn durch ein Tier ein Mensch verletzt wird, derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Dieser weite Wortlaut des § 833 Satz 1 BGB ist nach ständiger Rechtsprechung einschränkend dahin auszulegen, dass der Tierhalter für alle von dem Tier verursachten Schäden einzustehen hat, die sich als Konkretisierung der Tiergefahr darstellen. Danach ist der Schaden durch ein Tier im Sinne von § 833 Satz 1 BGB verursacht, wenn sich eine typische Tiergefahr verwirklicht, wenn sie eine Gefahr verwirklicht, die sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten äußert (BGH NJW 1999, 3119 m.w.N.; Palandt-Thomas, BGB, 62. Auflage 2003, § 833 RndNr. 6 m.w.N.). Eine typische Tiergefahr nicht gegeben ist, wenn das Tier so sehr der Einwirkung durch äußere Kräfte ausgesetzt war, dass ihm keine andere Möglichkeit als die des schädigenden Verhaltens blieb (BGH VersR 1978, 515). Nicht anwendbar ist § 833 Satz 1 BGB auch, wenn die Beschädigung von einem unter menschlichen Leitung stehenden Tier - zum Beispiel Reitpferd wie hier - ausgeht, wenn das Tier dem Willen seines Lenkers gehorcht (BGH NJW 1952, 1329; OLG Düsseldorf NJW - RR 1986, 325). Anderes gilt jedoch, wenn trotz menschlicher Leitung willkürliche Bewegungen des Tieres, zum Beispiel Schlagen, Beißen, Seitensprung, Ausrutschen des Reitpferdes, den Schaden verursacht haben (BGH VersR 1966, 1071; OLG Düsseldorf VersR 1981, 82; vergleiche auch Stein in Münchener Kommentar, BGB, 3. Auflage 1997, § 833 RndNr. 1-17 und insbesondere RndNr. 3, der sich - mit guten Gründen - für eine extensive Halterhaftung ausspricht).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
2. Im vorliegenden Fall wurde der Unfall durch eine Unachtsamkeit der Haflinger-Stute beim Traben, die zum Stolpern und Einknicken auf die Knie sowie zum Sturz der Stute führte, da es ihr nicht mehr gelang, ihren Körper aufzurichten, verursacht. Ein Hindernis, welches Ursache des Stolperns gewesen sein könnte, war auf dem geraden, geschotterten, keinerlei Unebenheiten aufweisenden Waldweg nicht vorhanden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Diese Unfallursache und dieser Unfallhergang stehen aufgrund der Beweisaufnahme fest. Die beiden vernommenen Zeugen, RK und Z, haben dies übereinstimmend bekundet, wobei die Zeugin Z nur zur Wegbeschaffenheit, zur Gangart der Haflinger-Stute und dazu, dass die Stute plötzlich und unerwartet auf die Knie eingeknickt ist, Angaben machen konnte, da sie den Beginn des Stolperns wie auch den anschließenden Sturz der Stute, da sie mit ihrem Pferd etwas weiter vorne ritt, nicht gesehen hat. Anhaltspunkte, die gegen die Glaubwürdigkeit der beiden Zeugen sprechen, sind nicht ersichtlich. Auch der Beklagte hat solche nicht vorgebracht.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
3. Die Unachtsamkeit des Pferdes und das Stolpern, welches zum Unfall führte, stellt ein unberechenbares Tierverhalten, eine typische Tiergefahr dar (andere Ansicht LG Hagen ZfS 2002, 276). Weder haben äußere Kräfte auf das Tier eingewirkt, durch die ein selbsttätiges Verhalten des Tieres ausgeschlossen war, noch hat die Leitung des Reiters bewirkt, dass das Tier gegen seinen Willen, allein der Leitung des Reiters folgend, sich bewegt und so den Schaden verursacht hat. Im Stolpern der Stute, die sehr trittsicher war, verwirklicht sich eine typische Tiergefahr, zumal es gerade dann infolge der großen Masse des Körpers des Pferdes durch das Einknicken auf die Knie zum Sturz des Pferdes und der damit einhergehenden Gefahr kommt. Es handelt sich um eine willentliche selbsttätige Verhaltensweise. Es liegt gerade in der Tiernatur, dass das Pferd während des Ausritts es plötzlich und unvorhersehbar an der gebotenen Aufmerksamkeit fehlen lässt, deshalb stolpert und stürzt. Dass auch Menschen - nicht nur Tiere - stolpern, rechtfertigt keine andere Betrachtung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Hinzu tritt, dass gerade bei der Gangart Trab eine instabile Lage entsteht. Bei dieser diagonalen Gangart springt das Pferd von dem einen jeweils gegenüberliegenden Beinpaar auf das andere, so dass zeitweise kein Bein am Boden ist. Wenn das Tier dann in dieser Schwebephase stolpert, besteht in besonderer Weise - also tier- bzw. pferdespezifisch - die Gefahr, dass das Pferd die Balance verliert, sich nicht mehr auffangen kann und stürzt und dadurch Menschen verletzt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
4. Dass der Geschädigte RK der Reiter des den Schaden verursachenden Pferdes war, steht der Tierhalterhaftung nach § 833 Satz 1 BGB nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung, welcher sich die Kammer anschließt, kommt die Gefährdungshaftung des Tierhalters auch dem Reiter auf dem Pferd zugute (BGH VersR 1992, 1145; BGB NJW 1999, 3119; KG NJW - RR 1986, 326; OLG Koblenz VersR 1999, 239).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="22"/>
5. Die grundsätzlich gegebene Gefährdungshaftung entfällt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Überlassung der Haflinger-Stute an RK auf Gefälligkeit beruhte. Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise eine stillschweigend vereinbarte Haftungsbeschränkung angenommen werden müsste oder besondere Umstände vorliegen würden, die dem Schadensersatzbegehren ein treuwidriges Gepräge geben würden, sind nicht ersichtlich (BGH VersR 1992, 1145, 1147).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="23"/>
6. Das Mitglied der Klägerin, den Reiter RK, trifft kein Mitverschulden am Unfall (§ 254 BGB).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="24"/>
Zwar muss derjenige, der die Obhut über ein Tier übernommen hat, die Vermutung gegen sich gelten lassen, dass ihn ein Verschulden trifft und dieses Verschulden für den Schaden ursächlich geworden ist (entsprechende Anwendung des § 834 BGB, BGH VersR 1992, 1145, 1147 f.; BGH VersR 1987, 198, 200).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="25"/>
Diese Verschuldens- und Verursachungsvermutung hat die Klägerin widerlegt. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass den Reiter RK kein Mitverschulden trifft.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="26"/>
Der Zeuge RK war, seinen noch relativ geringen Reiterfahrungen entsprechend, mit einem als sehr gelände- und trittsicheren und einem als lieb und nicht zappeligen bekannten Pferd unterwegs, zudem in Begleitung und unter Aufsicht erfahrener Reiter. Im Gelände gab es keinerlei Auffälligkeiten, der Reiter RK hatte alle Situationen souverän gemeistert. Im Unfallzeitpunkt befand er sich auf einem ebenen, geschotterten Waldweg ohne Unebenheiten oder sonstigen Hindernissen, auf dem die erfahrene Reiterin Z üblicherweise sogar galoppiert, so dass die Gangart Trab jedenfalls nicht vorwerfbar ist. Der Reiter war aufmerksam und konzentriert, das Stolpern der Haflinger-Stute kam plötzlich, vollkommen überraschend und unvorhersehbar, ebenso das sofortige Einknicken auf die Knie. Dies steht aufgrund der Aussagen der Zeugen RK und Z fest. Auch ein erfahrener Reiter hätte in einer solchen Situation weder das Stolpern des Pferdes noch den anschließenden Sturz von Pferd und Reiter verhindern können.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,213 | olgstut-2003-01-16-8-w-41402 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 8 W 414/02 | 2003-01-16T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:53 | 2019-02-12T13:09:44 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Reisekosten des auswärtigen Anwalts als Hauptbevollmächtigter der auswärtigen Partei zur Wahrnehmung von Terminen an einem Landgericht, bei dem er zwar nicht zugelassen, aber postulationsfähig ist, sind im Rahmen des Grundsatzes der sparsamen Prozessführung in der Regel erstattungsfähig (wie BGH).</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
1. Der in vollem Umfange erstattungsberechtigte Beklagte wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin insoweit, als diese anstelle der beantragten zweimaligen Anwaltsreisekosten von Duisburg nach Ellwangen nur fiktive Kosten der Partei für Rat und Reise festgesetzt hat; im Hinblick auf die im Laufe des Verfahrens durchgeführte Beweisaufnahme wäre eine zweite Informationsreise der Partei zu einem Anwalt am Prozessgericht erforderlich gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
2. ... b) Erfolg hat das Rechtsmittel des Beklagten insoweit, als die Rechtspflegerin die geltend gemachten Anwaltsreisekosten von Duisburg nach Ellwangen um 237,45 EUR gekürzt hat mit der Begründung, diese Kosten seien der Höhe nach begrenzt durch die Höhe der fiktiven Parteiauslagen, die dem Beklagten durch Ratseinholung bei einem Rechtsanwalt in Duisburg und einer Informationsreise zum Prozessbevollmächtigten in Ellwangen entstanden wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
aa) Zutreffend ist der rechtliche Ausgangspunkt der Rechtspflegerin, nämlich dass die geltend gemachten Reisekosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten auch nach Wegfall der Postulationsbeschränkungen bei den Landgerichten ab 1.1.2000 nach wie vor auf ihre kostenrechtliche Notwendigkeit (§ 91 Abs. 1 ZPO) unter Berücksichtigung des Gebots zur sparsamer Prozessführung zu überprüfen sind. Dieser Ansatz ist dem Grunde nach wohl unstreitig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Den in der neueren kostenrechtlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte entstandenen "Grundsatzstreit", ob die Reisekosten des von der auswärtigen Partei beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig seien (zB OLG Frankfurt MDR 2000,1215 = JurBüro 2000,587; KG MDR 2001,473 = JurBüro 2001,257; OLG Bremen = JurBüro 2001, 532; OLG Dresden JurBüro 2002,255), oder im Hinblick auf den – zweifelsfrei fortgeltenden – § 91 Abs. 2 S.2 ZPO grundsätzlich nicht (zB OLG München MDR 2001,773 = JurBüro 2001,422; OLG Karlsruhe = MDR 2001,293 = JurBüro 2001,201; OLGRep 2002,459; vgl. zB auch OLG Hamm MDR 2001, 959 = JurBüro 2001,266; OLG Brandenburg MDR 2001,1135 = JurBüro 2001,533; OLG Köln JurBüro 2002,425 sowie die Rspr-Übersicht von Enders, JurBüro 2002, (281ff) 335 ff), hat der Bundesgerichtshof auf Rechtsbeschwerde in einer Leitsatzentscheidung im ersten Sinne entschieden (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02 – EBE/BGH 2002, 398; bestätigt durch weiteren Leitsatz-Beschluss vom 12.12.2002 – I ZB 29/02 – Vorab-Info. bei "juris"). Danach ist für eine auswärtige (d.h. nicht im Bezirk des mit dem Prozess befassten Landgerichts ansässige) Partei die Zuziehung eines Rechtsanwalts in der Nähe ihres Wohnorts regelmäßig als notwendig im Sinne des § 91 Abs. 2 S. 1 HS 2 ZPO anzusehen (während eine im Bezirk des Landgerichts ansässige Partei die Kosten eines auswärtigen Anwalts regelmäßig nicht erstattet verlangen kann).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Dieser Rechtsprechung folgt der Senat. Sie liegt auf der Linie, die der Senat für den ab 2000 geltenden Rechtszustand bereits behutsam eingeschlagen hat (vgl. Beschl. v. 22.5.2001, Die Justiz 2001, 39 (= KoR/Ziv – Beiheft zu "Die Justiz" 2001 – Nr. 252) = OLGRep 2001, 409 = MDR 2002,176 = RPfl 2001, 516; Beschl. vom 19.9.2002 – 8 W 220/02 – betr. eine ausländische Partei (Abweichung von KoR/Ziv Nr. 272 – zur Veröffentlichung vorgesehen)). An der (vereinzelt vertretenen und nicht veröffentlichten) Position, dass die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts durch die fiktiven Kosten von Rat und Reise der auswärtigen Partei begrenzt seien, hält der Senat nicht länger fest; eine derartige Vergleichsberechnung ist nunmehr entbehrlich. Inwieweit von dieser Regel Ausnahmen geboten sind, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit bzw. Zumutbarkeit einer schriftlichen Information eines Hauptbevollmächtigten am Sitz des Prozessgerichts, bedarf hier keiner Entscheidung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Somit sind hier die vom Klägervertreter geltend gemachten Reisekosten für die zweimalige Terminswahrnehmung in Höhe von 956,04 EUR ohne Einschränkung erstattungsfähig. Dem gemäß war der Differenzbetrag zwischen den von der Rechtspflegerin angesetzten fiktiven Kosten für Rat und eine Reise und den tatsächlichen Anwaltsreisekosten in Höhe von 237,45 EUR ergänzend festzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
bb) Im übrigen wären diese Kosten auch dann zu erstatten gewesen, wenn man die Maßstäbe der bisherigen, von der Rechtspflegerin herangezogenen Rechtsprechung des Senats zur (begrenzten) Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten (Die Justiz 1988,282) zugrunde legt. Denn danach hätte dem Beklagten hier die Kosten einer zweiten fiktiven Informationsreise als notwendig zugestanden werden müssen, weil hier ein (förmlicher) Beweisbeschluss ergangen ist.
</td></tr></table>
<table><tr><td>...</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,207 | olgkarl-2003-01-15-12-u-22202 | {
"id": 146,
"name": "Oberlandesgericht Karlsruhe",
"slug": "olgkarl",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 222/02 | 2003-01-15T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:50 | 2019-02-12T13:09:44 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Klägerin wird die für das Berufungsverfahren nachgesuchte Prozesskostenhilfe versagt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die beabsichtigte Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Soweit die Klägerin darauf abhebt, der Versicherungsvermittler Sch. habe für das Hausratsrisiko eine vorläufige Deckung zugesagt bzw. erklärt, der Versicherungsschutz beginne sofort, ist sie in erster Instanz - wie das Landgericht zutreffend feststellt - beweisfällig geblieben. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass insoweit andere als die vom Landgericht festgestellten Tatsachen der Entscheidung über die Berufung zugrunde gelegt werden können (§ 529 Abs. 1 ZPO). Ein versicherungsvertraglicher Leistungsanspruch scheitert somit aus.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin kann sich letztlich aber auch nicht mit Erfolg auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss berufen. Dabei kann unterstellt werden, dass die Klägerin gegenüber dem Versicherungsvermittler Sch. zum Ausdruck gebracht hatte, sie wünsche nicht nur in der Haftpflichtversicherung, sondern auch in der - hier maßgeblichen - Hausratsversicherung einen sofortigen Versicherungsbeginn. Ferner ist davon auszugehen, dass der Versicherungsvermittler insoweit die Klägerin falsch unterrichtet hat, als der ihr bedeutete, in der Hausratsversicherung sei ein Versicherungsbeginn lediglich zum Monatsanfang möglich. Hierin ist die Verletzung der Verpflichtung zu ordentlicher Beratung über die Möglichkeiten eines Versicherungsschutzes zu sehen, für welche die Beklagte gem. § 278 BGB grundsätzlich einzustehen hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Im Ergebnis zutreffend ist das Landgericht aber davon ausgegangen, dass die falsche Auskunft des Versicherungsagenten nicht dafür ursächlich war, dass die Klägerin bei Eintritt des Schadensereignisses am Morgen des 18.02.2001 - zwei Tage nach der Unterredung mit dem Versicherungsvermittler am Freitag, den 16.02.2001 - für ihren Hausrat keinen Versicherungsschutz genoss.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Soweit die Klägerin meint, der Versicherungsvermittler sei gehalten gewesen, den Antrag noch am selben Tag der Beklagten zuzuleiten, kann nicht angenommen werden, dass noch vor Bekanntwerden des Schadensereignisses ein Vertragsschluss zustande gekommen wäre. Nicht widerlegt ist die Behauptung der Beklagten, sie erteile in der Hausratsversicherung keine vorläufigen Deckungszusagen. Zur Annahme eines Versicherungsantrags mit Versicherungsbeginn 16.02.2001 nach Eintritt des Schadensfalles wäre die Beklagte gerade auch bei korrekter Aufklärung und Eingang des Antrags vor dem 18.02.2001 nicht verpflichtet gewesen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Die Klägerin hebt ferner darauf ab, sie hätte bei korrekter Aufklärung und Ablehnung einer vorläufigen Deckung noch vor dem 18.01.2001 sich sofortigen Versicherungsschutz bei einem anderen Versicherer verschafft. Auch damit ist eine Erfolgsaussicht der Berufung nicht zu begründen. Dabei kann unterstellt werden, dass andere Versicherer in der Hausratsversicherung vorläufigen Deckungsschutz gewähren. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin sich diesen Deckungsschutz noch vor dem 18.01.2001 verschafft hätte. Das hypothetische Verhalten der Klägerin ist im Rahmen des - von ihr zu beweisenden - haftungsausfüllenden Ursachenzusammenhangs zwischen Haftungsgrund und geltend gemachtem Schaden gemäß § 287 ZPO festzustellen; dafür ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie sich die Situation des fehlerhaft beratenen Verhandlungspartners darstellen würde, wenn die Aufklärung korrekt erfolgt wäre (BGHZ 134, 312). Ob in derartigen Fällen grundsätzlich die Vermutung gilt, bei korrektem Handeln hätte sich der Geschädigte aufklärungsgemäß verhalten, kann offen bleiben. Auch dieser Grundsatz kommt nämlich nur zur Anwendung, wenn im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände eine bestimmte Entschließung des zutreffend informierten Verhandlungspartners mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre. Voraussetzung sind danach tatsächliche Feststellungen, die im Falle sachgerechter Aufklärung aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Verhandlungspartners eindeutig eine bestimmte tatsächliche Reaktion nahegelegt hätten (BGHZ 123, 311). Die Beweiserleichterung gilt also nicht generell. Sie setzt einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und einem bestimmten Verhalten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH WM 1993, 1513). In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass sich bei der Klägerin gegenüber der Vergangenheit keine neue Risikolage eingestellt hatte, sondern ihr Wunsch nach sofortigem Versicherungsschutz lediglich auf einer anderen Einschätzung des Risikos beruhte. Dass es ihr hierbei so dringend auf jeden Tag ankam, dass sie noch am 16.02.2001 oder bei Gelegenheit auch am Samstag, den 17.02.2001, einen anderen Versicherungsagenten aufgesucht und unter Aufgabe des schon gesprächsweise angebahnten Versicherungsverhältnisses mit der Beklagten eine andere Hausratsversicherung abgeschlossen hätte, kann nicht angenommen werden. Hierbei kann nicht unbeachtet bleiben, dass die Klägerin, die ohnehin bislang auf einen Versicherungsschutz für ihren Hausrat verzichtet hatte, am 12.02.2001 die Verschiebung - oder Anberaumung - des Gesprächstermins mit dem Versicherungsvermittler Sch. - erst - auf den 16.02.2001 nicht zum Anlass genommen hat, eine andere Agentur aufzusuchen. Ein derartiges Zuwarten entspricht auch dem gewöhnlichen, nicht als unvernünftig zu wertenden Gebaren durchschnittlicher Versicherungsinteressenten. Der Hinweis auf die Prüfung eines Versicherungsantrags und damit darauf, dass sofortiger Versicherungsschutz nicht gewährt wird, gibt in vielen Versicherungssparten kaum einem Antragsteller Anlass, die Verhandlungen abzubrechen und sich wegen sofortiger Deckung, die er aber auch nicht sicher erwarten darf, an einen anderen Versicherer zu wenden. In den Sparten, wo dies wie beispielsweise in der Kraftfahrversicherung anders ist, wird ohnehin regelmäßig von allen Versicherern mit vorläufigen Deckungszusagen gearbeitet.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,208 | olgstut-2003-01-15-2-verg-1702 | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
"state": 3,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Verg 17/02 | 2003-01-15T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:50 | 2019-02-12T13:09:44 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag der Antragstellerin vom 11.12.2002 auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde wird</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>2. Die Antragstellerin trägt die Kosten dieses Verfahrens sowie die der Beigeladenen in diesem Verfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten.</p>
<p>Gegenstandswert des Verfahrens: bis 260.000,00 EUR</p>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> <table><tr><td>I.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Der Antrag gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB, dem der Senat mit seinem Beschluss vom 27.12.2002 einstweilen entsprochen hatte, ist zulässig, der Sache nach aber ohne Erfolg.
</td></tr></table>
<table><tr><td>A</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen in der Entscheidung der Vergabekammer verwiesen.
</td></tr></table>
<table><tr><td>B</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
Der Antrag war abzulehnen, weil die sofortige Beschwerde mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird (§ 118 Abs. 2 S. 1 GWB).
</td></tr></table>
<table><tr><td>1</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="4"/>
Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot etwas anderes angeboten als ausgeschrieben war.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="5"/>
Die Antragsgegnerin hat mit ihrer Ausschreibung von den Bietern das System
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="6"/>
Lamellen 90/1,4 mm, L= 8,0 m. Typ = L... -C ... Dur S 914 oder glw. Vorspannkraft: 150 kN
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="7"/>
abverlangt; die Antragstellerin hat dagegen das andere am Markt befindliche Verfahren, das sog. S & ...-System offeriert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
a) Soweit die Antragstellerin ihre auch in der Beschwerdeschrift enthaltene Rüge der produktspezifischen Ausschreibung nun im Schriftsatz vom 10.01.2003 dahin aufzulösen sucht (vgl. etwa Bl. 123, 126), dass die Ausschreibung doch produktoffen gewesen sei, weil sich die auf ein bestimmtes Verfahren zugeschnittene Ausschreibung nicht unmittelbar aus dem Leistungsverzeichnis, sondern erst aus der Baubeschreibung ergeben habe, greift dies nicht. Denn die Baubeschreibung ist durch Bezugnahme zum Gegenstand des Leistungsverzeichnisses erhoben. Damit aber hat die Antragsgegnerin die Bieter zur Abgabe eines auf dieses System zugeschnittenen Angebotes aufgefordert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
b) Die Antragstellerin hat nicht beide Systeme zugleich, gleichsam zu wahlweisem Abruf der Antragsgegnerin, sondern nur das S & ...-System angeboten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Dies belegte sie selbst schlagend, indem sie auf die Bitte der Antragsgegnerin um "exakte Benennung des zum Einsatz vorgesehenen Systems, ggfs. mit Zulassungsbescheid sowie System-Beschreibung" mit ihrem Antwortschreiben vom 02.08.2002 (Bl. 47) das System der Firma L benannt hat. Nichts hätte sie daran gehindert und hätte nach ihrer jetzigen Behauptung auch zwingend ihre Antwort sein müssen, nämlich, beide Systeme anzubieten und die konkrete Auswahl ausdrücklich in die Entscheidungsmacht der Antragsgegnerin zu stellen. Solches ist gerade nicht geschehen. Die in diesem Antwortschreiben enthaltene Wendung: "Die Arbeiten werden mit Zustimmung im Einzelfall ausgeführt", steht nicht für eine solche Wahlofferte, sondern ist im Kontext vollkommen stimmiger und nachgerade unerlässlicher Bestandteil der dort gehaltenen Erläuterungen zum Zulassungsverfahren und zu einem laufenden Antrag. Eine Deutung dieser Passage als Angebot beider Systeme je nach Wunsch der Antragsgegnerin verlässt jegliche tragfähige Deutungsgrundlage.
</td></tr></table>
<table><tr><td>2.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Die Antragstellerin kann nicht (mehr) mit Aussicht auf Erfolg rügen, dass die Ausschreibung der Lamellen nach dem L-C-Dur-System gegen das Gebot der Produktneutralität (§ 9 Nr. 5 VOB/A) verstoße.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
a) Wie ausgeführt war die Ausschreibung einzelsystemspezifisch abgefasst. Danach hätte die Antragstellerin diesen angeblichen Verstoß aber sogleich erkennen können und entsprechend ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 107 Abs. 3 S. 2 GWB vorbringen müssen. Dies nicht rechtzeitig getan zu haben, hindert die Antragstellerin schon daran, sich nun auf diesen angeblichen Verstoß zu berufen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="13"/>
b) Der Senat vermag im Übrigen einen Verstoß gegen § 9 Nr. 5 VOB/A nicht zu erkennen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="14"/>
aa) Zwar spricht sich die genannte Vorschrift im Interesse des technischen und kaufmännischen Wettbewerbes für eine grundsätzlich offene Leistungsbeschreibung aus (Heiermann in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Aufl., A § 9, 16; Kratzenberg in Ingenstau/Korbion, VOB, 14. Aufl., A § 9 Nr. 5, 85; Hertwig in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB/A, § 9, 42, 43). Stehen - wie unstreitig ist - zwei innovative Systeme zu Gebote und besitzt noch keines eine allgemeine Zulassung, so sind keine durchgreifenden Gründe erkennbar, dass die Vergabestelle nicht sich für eines entscheiden, die Einzelzulassung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und der Kostenbegrenzung betreiben und einzelsystemspezifisch ausschreiben dürfte. Andernfalls stünde sie in der Gefahr, die auf die beiden innovativen Systeme hin ausgerichteten Angebote, welche sie breit abgerufen hatte, selbst einer Zulassung zuführen zu müssen. In dieser aufgezeigten besonderen Situation erscheint eine auf ein spezielles System zugeschnittene Ausschreibung gerechtfertigt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="15"/>
bb) Dabei hat die Antragsgegnerin auch dem Gleichwertigkeitshinweis gemäß § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A entsprochen. Dieser läuft auch nicht - wie die Antragstellerin nun anführt - irreführend leer. Die Antragsgegnerin trägt damit der Möglichkeit Rechnung, dass der Vertreiber des anderen Systems sich seit einiger Zeit um eine (allgemeine oder spezielle) Zulassung bemüht und diese zwischenzeitlich auch erhalten hat. Eben diesen Gesichtspunkt führt das Antwortschreiben der Antragstellerin vom 02.08.2002 selbst an.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="16"/>
c) Das Vergabeverfahren ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Antragsgegnerin sich bei der Ausschreibung angeblich von Ingenieuren beraten ließ, die das System L-C Dur entwickelt haben. Diese Ingenieure gehören nicht zu den nach § 16 VgV ausgeschlossenen Personen. Sie sind weder Bieter, noch sind sie für einen Bieter oder ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig, das zugleich geschäftliche Beziehungen zum Auftraggeber und zu einem Bieter hat. Auch sonst sind keine Interessenkonflikte, welche dem Schutzzweck der §§ 97 ff. GWB zuwiderliefen, aufgezeigt.
</td></tr></table>
<table><tr><td>3.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="17"/>
Das von der Antragstellerin angebotenen System erfüllt auch nicht die Gleichwertigkeitsanforderung des § 9 Nr. 5 VOB/A.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
a) Die neuerliche, aus der Einzelzulassungsbewilligung des zuständigen Ministeriums (Bl. 106 bis 107) abgeleitete Behauptung der Antragstellerin, es sei keine Einzelzulassung für das ausgeschriebene System, sondern eine solche für beide einzig in Betracht kommenden Systeme erteilt worden, ist mit dem übrigen Vorbringen der Antragstellerin schwerlich in Übereinstimmung zu bringen. Zum einen behauptet sie nämlich, die Ausschreibung zementiere das System des beratenden Ingenieurs; diese Ausrichtung wird sich danach auch in der Herbeiführung der Einzelzulassung fortsetzen. Zum andern bringt das Antwortschreiben der Antragstellerin vom 02.08.2002 vor, es sei eine Zulassung beantragt. Wäre die von der Antragsgegnerin vorgelegte eine produktübergreifende allgemein für CFK-Lamellensysteme, so müsste die Antragstellerin eben diese längst selbst in Händen haben.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
b) Doch auch wenn man entgegen lit. a) die Zulassung des Ministeriums auf beide Systeme erstreckte, so wäre das von der Antragstellerin angebotene System nicht gleichwertig. Dabei mag der Gesichtspunkt, dass, käme das von der Antragstellerin angebotene System zum Zuge, die Ausführungspläne und die Statik geändert werden müssten, nicht verfangen, da sonst durch solche Vorarbeiten die ausschreibende Stelle die Pflicht zur Zulassung von gleichwertigen Angeboten unschwer unterlaufen könnte. Doch ungeachtet der von der Antragsgegnerin näher dargestellten Defizite hinsichtlich der Herstellung der Vorspannkraft, der Schwächung des Verbundes durch die Kappung eines Lamellenüberstandes und etwa des mangelnden Nachweises der Eignung und Zuverlässigkeit des für die Antragstellerin tätigen Nachunternehmers fehlt jedenfalls bei dem von der Antragstellerin angebotenen System dem zum Einsatz kommenden Kleber die Zulassung. Diese aber ist unerlässliches Voraussetzung für die Tauglichkeit und Einsatzfähigkeit des von der Antragstellerin angebotenen Systems. Jedenfalls dieser Mangel nimmt dem Antragstellerangebot die Gleichwertigkeit und damit dem Rechtsmittel die Erfolgsaussicht. Dies steht dem gestellten Antrag entgegen und hindert, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern.
</td></tr></table>
<table><tr><td>II.</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 97 ZPO hinsichtlich der Antragsgegnerin, bezüglich der Beigeladenen in analoger Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO. Dabei entspricht es billigem Ermessen, die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen anzuordnen, wenn sich diese aktiv und mit eigenen Anträgen am Verfahren beteiligt hat und besondere Umstände nicht ersichtlich sind, die gleichwohl gegen eine Kostenerstattung sprechen könnten (BayObLG B. v. 02.12.2002 - Verg 24/2002 [US 37]). Diese Grundsätze können auch auf das Verfahren gemäß § 118 GWB übertragen werden. Der Regelfall ist vorliegend gegeben; die Beigeladene hat nicht nur einen eigenen Antrag gestellt und sich aktiv an diesem Verfahren beteiligt, sie hat auch ein nachhaltiges Interesse am Ausgang dieses Verfahrens und daran, darauf Einfluss zu nehmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der Gegenstandswert dieses Verfahrens ist, da es nur um die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels geht, als Bruchteil des Hauptsachewertes festzusetzen.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,205 | arbg-freiburg-2003-01-14-4-ca-36902 | {
"id": 117,
"name": "Arbeitsgericht Freiburg",
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<p>1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 26.06.2002 nicht zum 30.09.2002 beendet ist, sondern darüber hinaus zu den bisherigen Bedingungen -- Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin mit einer Durchschnittsarbeitszeit von 150 bis 155 Stunden monatlich -- fortbesteht.</p>
<p>2.  Es wird weiter festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch Schreiben der Klägerin vom 12.8.2002 und Schreiben der ... vom 16.8.2002 rückwirkend zum 31.7.2002 beendet wurde.</p>
<p>3.  Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p>4.  Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 13.037,94.</p>
<h2>Tatbestand</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="1"/>
Die Parteien streiten über die Kündigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="2"/>
Die am 16.11.1959 geborene und einer Tochter unterhaltsverpflichtete Klägerin, gelernte Schnitt- und Entwurfsdirektrice, ist aufgrund Arbeitsvertrages vom 29.8.1997 (Bl. 11 ff. d.A.) seit 1.10.1997 als Verkäuferin bei der Gemeinschuldnerin in deren Filiale in F tätig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="3"/>
§§ 1 Abs. 2 und 2 Abs. 1 des Anstellungsvertrages lauten:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="4"/>
"§ 1 Aufgabenbereich
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Alle Aufgaben und Pflichten der Verkäuferin sind im übrigen in einer Stellenbeschreibung geregelt, die in ihrer jeweils neuesten Fassung als Bestandteil des Vertrages gilt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
§ 2 Einsatzbereich
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Der Arbeitgeber behält sich den Einsatz der Arbeitnehmerin freizügig innerhalb seines gesamten Ausbreitungsgebietes vor. Der Einsatz als Teilzeit-Verkäuferin an einem bestimmten Ort begründet keinen Anspruch darauf, nur dort tätig zu sein oder zu bleiben."
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="8"/>
Die Klägerin verdiente zuletzt brutto laufend monatlich EUR 2.172,99 bei einer monatlichen Arbeitszeit von ca. 150 Stunden. Die Filiale F wurde zum 8.6.2002 geschlossen. Die Klägerin bezieht seit 10.6.2002 Arbeitslosengeld.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="9"/>
Über das Vermögen der Schuldnerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Marburg/Lahn vom 1.6.2002 (Bl. 28 d.A.) das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin beschäftigte in rd. 200 Filialen bundesweit ca. 1000 Arbeitnehmer. In der Filiale F arbeiten 5 Arbeitnehmer. Es besteht eine weitere Filiale in ... G, in der regelmäßig 3 Arbeitnehmer tätig sind. Bei der Schuldnerin existiert ein Betriebsrat. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der seinerzeit noch allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Baden-Württemberg Anwendung.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="10"/>
Am 7.6.2002 wurde mit dem Betriebsrat der Schuldnerin ein Interessenausgleich und ein Sozialplan abgeschlossen (s. Bl. 30 ff. d.A.), auf deren Wortlaut Bezug genommen wird. Dem Interessenausgleich ist eine Namensliste mit sämtlichen Arbeitnehmern der Schuldnerin beigefügt (Bl. 33 ff. d.A.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="11"/>
Mit Schreiben vom 26.6.2002 (Zugang 28.6.2002) hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats (Bl. 121 ff. d.A.) zum 30.9.2002 gekündigt. Wegen der Kündigungsgründe wird auf das Kündigungsschreiben (Bl. 22 d.A.) Bezug genommen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="12"/>
Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17.7.2002 beim hiesigen Arbeitsgericht eingereichten Kündigungsschutzklage.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="13"/>
a)  Die Klägerin hält die Kündigung für sozialwidrig. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung habe eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die zum Wegfall ihres Arbeitsplatzes geführt habe, nicht vorgelegen. Insbesondere sei nicht endgültig und dauerhaft beschlossen gewesen, den Betrieb stillzulegen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="14"/>
Es sei falsch, dass Anfang Juni 2002 die Verhandlungen mit potentiellen Investoren endgültig gescheitert seien. Vielmehr habe es intensive Verhandlungen mit Kaufinteressenten, insbesondere der Fa. A. und Fa. G. gegeben. Das habe der Verkaufsleiter der Fa. ..., Herr S., auf einer kurzfristig auf den 8.6.2002 einberufenen Versammlung aller Arbeitnehmer mitgeteilt. Der Beklagte habe mehrere Filialen weiterbetrieben und einen großen Teil der Filialen sehr kurzfristig, teilweise bereits im Juli 2002, an die Firmen G. und A. übergeben. Anfang Juli 2002 sei zwischen dem Beklagten und der Geschäftsführung der Fa. A. die Übernahme von ca. 15 Filialen der Gemeinschuldnerin mit dem gesamten Lager-, Einrichtungs-, Kunden- und Lieferantenbestand vertraglich vereinbart worden. In diesem Zusammenhang habe die Fa. A. die Filiale 113 in Gundelfingen und die Filiale in R noch im Juli übernommen und weitergeführt. All dies sei bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 25.6.2002 bekannt gewesen (siehe den Warenbeipackzettel, von der Klägerin im Original im Kammertermin übergeben, Anlage zur Akte). Nach alledem habe der Beklagte im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung noch nicht beschlossen gehabt, tatsächlich den Betrieb stillzulegen. Vielmehr seien ernsthafte Verhandlungen über ein Veräußerung des Betriebes geführt worden. Eine vorsorgliche Kündigung für den Fall des Scheiterns derartiger Verhandlungen sei unzulässig.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="15"/>
b)  Außerdem sei die Sozialauswahl zu rügen. Vor Ausspruch der Kündigung seien der Klägerin hierzu keine Angaben gemacht worden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="16"/>
c)  Auch der Betriebsrat der Schuldnerin sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Eine Betriebsratsanhörung sei nicht substantiiert dargelegt. Die dem Betriebsrat übergebenen Listen enthielten Fehler und der Beklagte habe bewußt wahrheitswidrig den Betriebsrat nicht über den Stand der Verkaufsverhandlungen informiert.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="17"/>
d)  Schließlich sei der Klägerin mit Schreiben vom 5.8.2002 der Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zum 2.8.2002 auf die Fa. A. GmbH & Co.KG mit Wirkung ab 2.8.2002 mitgeteilt worden. Die Klägerin habe den Betriebsübergang nicht widersprochen, so dass das Arbeitsverhältnis nunmehr übergegangen sei. Die Klägerin werde seit diesem Datum in der Filiale ... Gundelfingen weiterbeschäftigt. Sie habe diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass sie dies mit Schreiben vom 12.8.2002 (Antwort der Schuldnerin vom 16.8.2002, siehe Bl. 79 ff. d.A.). ihrem bisherigen Arbeitgeber mitgeteilt habe. Keinesfalls sei diese Mitteilung als Eigenkündigung zu sehen, was sie dem Arbeitgeber später auch mitgeteilt habe. Vor diesem Hintergrund habe der Schriftwechsel nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="18"/>
Die Klägerin beantragt:
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="19"/>
1.  Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung mit Schreiben des Insolvenzverwalters vom 26.6.2002 nicht zum 30.9.2002 beendet ist, sondern darüber hinaus zu den bisherigen Bedingungen -- Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin mit einer Durchschnittsarbeitszeit von 150 -- 155 Stunden monatlich -- fortbesteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="20"/>
2.  Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch Schreiben der Klägerin an die Fa. F. GmbH vom 12.8.2002 und Schreiben der Fa. F. GmbH vom 16.8.2002 rückwirkend zum 31.7.2002 beendet wurde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="21"/>
Der Beklagte beantragt,
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="22"/>
die Klage abzuweisen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="23"/>
a)  Die Beklagte trägt vor, am 15.3.2002 habe die Geschäftsführung der Schuldnerin einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen müssen. Diesem Antrag sei mit Beschluss vom 1.6.2002 stattgegeben worden. Der Beklagte habe bereits am 7.6.2002 gegenüber dem Amtsgericht Marburg die Masseunzulänglichkeit erklären müssen (s.Bl. 90 d.A.). Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.3.2002 habe die Schuldnerin Verbindlichkeiten aus offenen Lieferantenrechnungen in Höhe von EUR 7 Mio. gehabt. Es habe sich abgezeichnet, dass die Schuldnerin die Ende März 2002 fällig werdenden Filialmieten für den Monat April sowie die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter nicht mehr würde zahlen können. Trotz intensiver Bemühungen seitens des Beklagten als vorläufigem Insolvenzverwalter sei eine Übertragung bzw. Sanierung der Schuldnerin nicht zu Stande gekommen. Die Verhandlungen mit potentiellen Investoren seien endgültig in der ersten Juniwoche gescheitert. Kein Interessent bzw. Investor sei an der Übernahme des aus rd. 200 Filialen im gesamten Bundesgebiet bestehenden Betriebes interessiert gewesen bzw. habe ein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegen können. Nachdem bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens sämtliche Verhandlungen über die Sanierung gescheitert seien und die Fortführung aufgrund der Überschuldung nicht mehr in Betracht gekommen sei, sei die Maßnahme des Beklagten, den Betrieb zum 8.6.2002 einzustellen und zum 30.6.2002 endgültig stillzulegen, unausweichlich geworden. Die erforderlichen Maßnahmen zur Schonung der Masse seien im Interesse aller Gläubiger unverzüglich getroffen worden. Alle Filialen seien zum 8.6.2002 geschlossen und die jeweiligen Mitarbeiter von ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freigestellt worden. Mit ... Schreiben vom 6.6.2002 habe der Beklagte die Auslieferung aller noch durch die Schuldnerin bestellten Waren gestoppt. Das operative Geschäft sei unverzüglich eingestellt worden. Nachdem alle Mietverträge für die rd. 200 Standorte zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt worden seien, seien die Nutzung der Standorte über den Juni 2002 hinaus nicht mehr erfolgt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="24"/>
Der Beklagte habe sämtliche Arbeitnehmer -- bis auf ein Abwicklungsteam -- mit Wirkung vom 8.6.2002 freigestellt und unverzüglich mit der Verwertung der Massegegenstände begonnen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="25"/>
Im Rahmen dieser Verwertung der Warenbestände sei die Fa. A. an den Beklagten herangetreten und habe Interesse am beweglichen Umlauf- und Anlagevermögen sowie an den Warenvorräte der Filiale G gezeigt. Im Rahmen eines Asset-Deals habe der Beklagte die Warenvorräte und Einrichtungen der Filiale G an die Fa. A. verkauft. Die Fa. A. habe mit dem Vermieter einen neuen Mietvertrag über das Ladenlokal geschlossen. Die Klägerin sei nunmehr bei der Fa. A. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten habe spätestens zum 2.8.2002 geendet. Die Klägerin sei ausschließlich in der Filiale F beschäftigt gewesen. Sie sei dennoch von der Fa. A. in G angestellt worden. Die Filiale in F sei endgültig geschlossen. Bezüglich der Filiale Gundelfingen liege sicherlich ein Teilbetriebsübergang vor, da die Fa. A. in der dortigen Filiale den Betrieb der Schuldnerin fortsetze. Allerdings sei die Fa. A. nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin zu übernehmen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="26"/>
b)  Die Beklagte habe die Sozialauswahl richtig durchgeführt. Dem Interessenausgleich sei eine Namensliste gem. § 125 InsO aller Arbeitnehmer beigefügt worden. Insofern gelte die gesetzliche Vermutung, dass die Sozialauswahl ordnungsgemäß durchgeführt sei.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="27"/>
c)  Vor Ausspruch der Kündigung sei der Betriebsrat der Schuldnerin ordnungsgemäß angehört worden. Dem Betriebsrat sei für jeden zu kündigenden Arbeitnehmer ein Anhörungsbogen mit den jeweiligen Daten übergeben worden. Zusätzlich habe der Betriebsrat eine Liste mit den Sozialdaten der Gesamtbelegschaft erhalten. Der Beklagte habe den Betriebsrat seit Anfang Juni über die wirtschaftliche Situation der Schuldnerin unterrichtet. Es habe bereits am 7.6.2002 festgestanden, dass der Betrieb vollständig stillgelegt werde.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="28"/>
d)  Es treffe zu, dass die Klägerin mit Schreiben vom 12.8.2002 um vorzeitige Aufhebung des Arbeitsvertrages gebeten habe. Sie habe sich an den zuständigen Personalmitarbeiter des Beklagten im Abwicklungsteam gewandt. Der Beklagte habe mit Schreiben vom 16.8.2002 mitgeteilt, dass er der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 31.7.2002 zustimme. Damit sei ein Aufhebungsvertrag wirksam zustande gekommen und das Arbeitsverhältnis ende rückwirkend zum 31.7.2002.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="29"/>
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Schriftsatz des Klägervertreters vom 13.1.2003 wurde nicht mehr berücksichtigt, da er der Vorsitzenden erst nach der Urteilsverkündung zur Kenntnis gelangte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="30"/>
Das Gericht hat ohne Beweisaufnahme entschieden.
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die vom Beklagten mit Datum 25.6.2002 ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, weil sie sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG ist. Der Beklagte hat bei der Auswahl der Klägerin die sozialen Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt (nachfolgend: 1.). Das Schreiben der Klägerin vom 12.8.2002 und die Antwort der Gemeinschuldnerin vom 16.8.2002 haben das Arbeitsverhältnis nicht rückwirkend zum 31.7.2002 beendet (nachfolgend: 2.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
1. a)  Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb entgegenstehen, bedingt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (s. nur Urt.v. 12.4.2002 -- 2 AZR 256/01 -- unter II. 1. der Gründe) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Der -- nicht auf Schlagworte beschränkte -- Vortrag des Arbeitgebers muss erkennen lassen, ob das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt. Eine zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bestehende Stillegungsabsicht begründet regelmäßig ein betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses (s. nur Urt. des BAG vom 10.10.1996 -- 2 AZR 651/95 --).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
Den Beklagten trifft für diesen Kündigungsgrund nicht die Darlegungs- und Beweislast. Gemäß § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO wird vermutet, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin durch dringende betriebliche Erfordernisse, die ihrer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Es ist vorliegend während des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Betriebsänderung i.S.v. § 111 Satz 2 Zif. 1 BetrVG am 7.6.2002 ein Interessenausgleich zustande gekommen, in dessen Anlage die zu entlassenden Arbeitnehmer, u.a. auch die Klägerin, benannt worden sind. In diesem Fall muss die Klägerin durch substantiierten Tatsachenvortrag darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ein betriebliches Erfordernis für die Kündigung nicht besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Das ist hier vorliegend in Bezug auf ihre Stamm- und überwiegende Beschäftigungsfiliale in F nicht gelungen. Damit ist entsprechend § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO davon auszugehen, dass bei Abschluss des Interessenausgleichs und der Unterzeichnung der Namensliste am 7.6.2002 tatsächlich ernsthaft die Schließung aller Filialen der Gemeinschuldnerin beabsichtigt war. Dies gilt insbesondere auch für die Filiale Haid. Ansatzpunkte für eine nachträgliche Änderung dieses Sachverhaltes trägt die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (MüKO-InsO/Löwisch/Caspers § 125 Rn. 97) nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
b)  Die Kündigung ist dennoch sozial ungerechtfertigt, weil der Beklagte bei der Auswahl der Klägerin soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Für die Frage der Sozialauswahl liegt der Fall des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO und damit insbesondere der Fall des § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO nicht vor, da sich in der Zeit zwischen dem Abschluss des Interessenausgleichs und dem Zugang der Kündigungen eine wesentliche Änderung der Sachlage ergeben hat (nachfolgend: aa). Der Beklagte hat entgegen § 1 Abs. 3 KSchG beim Ausspruch der klägerischen Kündigung keine "reguläre" Sozialauswahl mehr durchgeführt (nachfolgend: bb).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="38"/>
aa) Nach § 1 Abs. 3 KSchG gilt: Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Abs. 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Hierfür trägt der Arbeitnehmer im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast (§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG). Vorliegend ist ergänzend § 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu betrachten, wonach § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgender Maßgabe anzuwenden ist: Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Als grob fehlerhaft ist eine Auswahlentscheidung anzusehen, die jede Ausgewogenheit vermissen läßt (BAG, Urt.v. 21.1.1999 -- 2 AZR 624/98 -- = AP KSchG § 1 -- Namensliste -- Nr. 3). Auch dass an sich vergleichbare Arbeitnehmer für die Sozialauswahl überhaupt nicht in Betracht gezogen worden sind, muss als grob fehlerhaft angesehen werden, weil es zu einer Abwägung gar nicht kommt (so Löwisch/Caspers, a.a.O., § 125 Rn. 90 a.E.). Da sich die Vermutung des § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO nicht auf die Sozialauswahl erstreckt (s.BAG AP KSchG 1969 -- soziale Auswahl -- Nr. 40), verbleibt es bei den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast, die allerdings auf den besonderen Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit Rücksicht nehmen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Diese Grundsätze zu § 1 Abs. 3 KSchG bzw. § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO gelten nach § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO dann nicht, wenn eine wesentliche Änderung der Sachlage in dem Zeitraum zwischen Abschluss des Interessenausgleichs und dem Zugang der Kündigung eingetreten ist. Die Darlegungs- und Beweislast für eine wesentliche Änderung der Sachlage trifft den Arbeitnehmer (Löwisch/Caspers a.a.O. Rn. 97).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="40"/>
Vorliegend ist es der Klägerin gelungen, eine wesentliche Änderung der Sachlage darzulegen. Dies hat zur Folge, dass es bei der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3 KSchG verbleibt. Das Gericht geht davon aus, dass bei Abschluss des Interessenausgleiches und bei Unterzeichnung der Namensliste entsprechend § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO tatsächlich ernsthaft die Schließung sämtlicher Filialen der Gemeinschuldnerin beabsichtigt war. Desweiteren ist anzunehmen, dass entsprechend § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO die Betriebsparteien bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis erzielten. Anderes behauptet im übrigen auch die Klägerin bezogen auf den 7.6.2002, dem Datum des Abschlusses des Interessenausgleiches, nicht. Insofern war zu diesem Zeitpunkt die Sozialauswahl nicht grob fehlerhaft, insbesondere war der einzubeziehende Personenkreis richtig gezogen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
Allerdings muss sich nach den überzeugenden Darlegungen und Beweisantritten der Klägerin in der Zeit vom 7.6.2002 bis 28.6.2002 (Zugang der Kündigung) die Situation geändert haben. Offensichtlich zeichnete sich in diesem Zeitraum die konkrete Möglichkeiten ab, einen Teil der Filialen der Gemeinschuldnerin an die Firmen A. GmbH & Co.KG bzw. an die Fa. G. zu verkaufen. Der Beklagte gibt in diesem Zusammenhang an, im Rahmen der Verwertung (also nach dem 7.6.2002) hätten sich verschiedene Interessenten bei ihm gemeldet, die bereit gewesen seien, eine oder mehrere Filialen im gesamten Bundesgebiet zu übernehmen. Zu diesen Interessenten hätten die Firmen G. und A. gehört. Dies ändere nichts an der Tatsache, dass der Beklagte bereits unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Entschluß gefasst habe, den Betrieb mangels ernsthafter Übernahmeinteressenten vollständig stillzulegen. Dieser Vortrag kann als wahr unterstellt werden. Es sind also nach dem 7.6.2002 ernsthafte Übernahmeinteressenten für Teile des Betriebs der Gemeinschuldnerin aufgetaucht. Es widerspräche im übrigen auch jeder Lebenserfahrung, dass in der Zeit von 7.6.2002 bis 28.6.2002 keine ernsthaften Verhandlungen zur Übernahme einzelner Filialen der Gemeinschuldnerin geführt worden sein sollen, wenn es bereits Anfang bzw. Mitte Juli 2002 tatsächlich (und unbestritten) zum Vertragsabschluss kam. Die letztendliche Überzeugung bildete sich bei der Kammer, als die Klägerin im Kammertermin den Original Warenbeipackzettel aus der Filiale Haid mit dem Datum "25.6.2002" vorlegte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="42"/>
Im Ergebnis ist mithin davon auszugehen, dass sich nach dem 7.6.2002 eine wesentliche Änderung i.S.v. § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO ergeben hat. Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, der vor dem 28.6.2002 liegt, wurde der Stillegungsbeschluss bezüglich einzelner Filialen wieder aufgehoben, weil sich die konkrete und vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose ergab, dass sie weitergeführt werden konnten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="43"/>
bb) Der Beklagte hat im Zeitpunkt des Ausspruchs der klägerischen Kündigung entgegen § 1 Abs. 3 KSchG keine Sozialauswahl mehr durchgeführt. Das war fehlerhaft, weil zu diesem Zeitpunkt bezogen auf die Filiale Gundelfingen grundsätzlich die im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.7.2002 (-- 10 AZR 275/02 = DB 2002, Seite 2655) beschriebene Situation vorlag. Nach diesem Urteil kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht, wenn bei Ausspruch der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Prognose davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt des Kündigungstermins eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen liegen dann nicht vor, wenn sich ein Reinigungsunternehmen, dessen noch laufender Reinigungsauftrag nicht verlängert worden ist, an der Neuausschreibung beteiligt und bei Ausspruch der Kündigung nie Neuvergabe noch offen ist. Die der Prognose zugrundeliegende Entscheidung muss mithin bereits gefallen sein. So ist eine Kündigung wegen Betriebsschließung nicht gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stillegungsbeschluss lediglich erwägt oder plant, aber noch nicht gefasst hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Das bedeutet selbstredend zunächst nur, dass die betriebsbedingte Kündigung der in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmer mangelns ernsthaften Stillegungsbeschlusses am 28.6.2002 nicht durch ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG gedeckt gewesen wäre. Darüber hinaus und weitergehend bedeutet dies jedoch auch, dass bei einer derartigen Konstellation die in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmer vor Ausspruch der klägerischen Kündigung in eine (aufgrund Änderung der Sachlage gegenüber der Liste im Interessenausgleich neu vorzunehmende) Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen. Der Arbeitsvertrag der Klägerin sieht in §§ 1 und 2 eine Versetzungsklausel vor, was zur Erweiterung des in die Sozialauswahl einzubeziehenden Personenkreises führt (allg.M. s.nur KR-Etzel, 6. Aufl. 2002, KSchG § 1 Rn. 617, sog. rechtliche Einsetzbarkeit). Das bedeutet, die Klägerin ist (offensichtlich zumindest) mit den in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmern sozial vergleichbar und es hätte im Falle einer "regulären" betriebsbedingten Kündigung nicht ernsthaft in Frage gestellt werden können, dass eine Sozialauswahl mit den in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmern hätte stattfinden müssen. Diese Bewertung ändert sich nach Ansicht der Kammer bei den vorliegenden Gegebenheiten nicht. Ist also für den Teilbetrieb in Gundelfingen im Sinne der oben genannten Rechtsprechung im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch offen, ob er weitergeführt wird oder nicht, muss der Beklagte vor Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen beschlossener ... Betriebsstillegung erneut eine Sozialauswahl durchführen. Gegebenenfalls hätte er also für die Klägerin einen Platz in der Filiale Gundelfingen freikündigen, oder zumindest abwarten müssen, bis die Teilbetriebsübergänge endgültig geklärt sind. Auch in diesem Fall kann mithin keine Vorratskündigung erfolgen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Nicht gefolgt werden kann der im Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen (Urt.v. 23.10.2002, 4 Ca 355/02) vertretenen Ansicht. Das Arbeitsgericht stellt ohne nähere Begründung fest, die durch einen bevorstehenden Betriebsübergang bevorteilten Arbeitnehmer seien in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Das mag für einen bereits erfolgten Teilbetriebsübergang ohne weiteres zutreffen. Da in diesem Fall die vom Teilbetriebsübergang erfassten Arbeitsverhältnisse bereits übergegangen sind, sind sie selbstredend nicht mehr in eine Sozialauswahl bezüglich der Restbetriebe einzubeziehen. Vorliegend war jedoch die Filiale Gundelfingen noch nicht übertragen. Die Arbeitnehmer dieser Filiale hatten bis zum 28.6.2002 sozusagen eine "Anwartschaft" auf den Schutz des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB erworben. Das führt nicht dazu, dass sie aus dem Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer herausfallen und kraft gesetzlicher Weisung nicht mehr zu berücksichtigen wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="46"/>
Nach alledem kann sich der Beklagte nicht auf seine Verwertungsaktivitäten und auf die Namensliste stützen. Ergeben sich, wie vorliegend, im Rahmen der Verwertung -- jedoch noch vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen wegen Stillegung -- einzelne Teilbetriebsübergänge, muss die kündigungsrechtliche Situation insgesamt neu bedacht und eine erneute Sozialauswahl durchgeführt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
2.  Die Erklärung der Klägerin vom 12.8.2002 ist ohne rechtliche Bedeutung, insbesondere konnte sie das mit der Schuldnerin bestehende Arbeitsverhältnis nicht rückwirkend beenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Nach § 80 Abs. 1 InsO geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Nach § 81 Abs. 1 InsO sind Verfügungen des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Klägerin hat ihr Schreiben vom 12.8.2002 an "..." gerichtet. Die Klägerin wollte dieses Schreiben damit an die Schuldnerin richten. Adressat dieses Schreibens sollte nach ihrer Intention die Schuldnerin, nicht der Insolvenzverwalter, sein. Die Klägerin beabsichtigte erkennbar nur den Arbeitsplatzwechsel, nicht jedoch das Ende der Rechtsbeziehungen zum Insolvenzverwalter anzeigen. Da diese Absicht für die Auslegung und den Zugang ihrer Willenserklärung entscheidend ist, ist sie selbst dann ohne rechtliche Bedeutung, wenn der im Schreiben benannte Herr Klatt vom Insolvenzverwalter beauftragt worden wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
3.  Da der Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen ist, hat er die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO zu tragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 12 Abs. 7 ArbGG. Zugrundegelegt wurden 6 Bruttomonatsentgelte (3 Bruttomonatsentgelte für die streitgegenständliche Kündigung und 3 Bruttomonatsentgelte für die Frage des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages, völlig anderer und auch wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstand).
</td></tr></table>
</td></tr></table>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="31"/>
Die vom Beklagten mit Datum 25.6.2002 ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, weil sie sozialwidrig im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG ist. Der Beklagte hat bei der Auswahl der Klägerin die sozialen Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt (nachfolgend: 1.). Das Schreiben der Klägerin vom 12.8.2002 und die Antwort der Gemeinschuldnerin vom 16.8.2002 haben das Arbeitsverhältnis nicht rückwirkend zum 31.7.2002 beendet (nachfolgend: 2.).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="32"/>
1. a)  Die Kündigung ist nach § 1 Abs. 2 KSchG durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb entgegenstehen, bedingt.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="33"/>
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (s. nur Urt.v. 12.4.2002 -- 2 AZR 256/01 -- unter II. 1. der Gründe) können sich betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG aus innerbetrieblichen Umständen (Unternehmerentscheidungen wie z.B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder durch außerbetriebliche Gründe (z.B. Auftragsmangel oder Umsatzrückgang) ergeben. Diese betrieblichen Erfordernisse müssen "dringend" sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein. Der -- nicht auf Schlagworte beschränkte -- Vortrag des Arbeitgebers muss erkennen lassen, ob das Bedürfnis an der Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers wegfällt. Eine zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs bestehende Stillegungsabsicht begründet regelmäßig ein betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses (s. nur Urt. des BAG vom 10.10.1996 -- 2 AZR 651/95 --).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="34"/>
Den Beklagten trifft für diesen Kündigungsgrund nicht die Darlegungs- und Beweislast. Gemäß § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO wird vermutet, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin durch dringende betriebliche Erfordernisse, die ihrer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Es ist vorliegend während des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Betriebsänderung i.S.v. § 111 Satz 2 Zif. 1 BetrVG am 7.6.2002 ein Interessenausgleich zustande gekommen, in dessen Anlage die zu entlassenden Arbeitnehmer, u.a. auch die Klägerin, benannt worden sind. In diesem Fall muss die Klägerin durch substantiierten Tatsachenvortrag darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ein betriebliches Erfordernis für die Kündigung nicht besteht.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="35"/>
Das ist hier vorliegend in Bezug auf ihre Stamm- und überwiegende Beschäftigungsfiliale in F nicht gelungen. Damit ist entsprechend § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO davon auszugehen, dass bei Abschluss des Interessenausgleichs und der Unterzeichnung der Namensliste am 7.6.2002 tatsächlich ernsthaft die Schließung aller Filialen der Gemeinschuldnerin beabsichtigt war. Dies gilt insbesondere auch für die Filiale Haid. Ansatzpunkte für eine nachträgliche Änderung dieses Sachverhaltes trägt die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (MüKO-InsO/Löwisch/Caspers § 125 Rn. 97) nicht vor.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="36"/>
b)  Die Kündigung ist dennoch sozial ungerechtfertigt, weil der Beklagte bei der Auswahl der Klägerin soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="37"/>
Für die Frage der Sozialauswahl liegt der Fall des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO und damit insbesondere der Fall des § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO nicht vor, da sich in der Zeit zwischen dem Abschluss des Interessenausgleichs und dem Zugang der Kündigungen eine wesentliche Änderung der Sachlage ergeben hat (nachfolgend: aa). Der Beklagte hat entgegen § 1 Abs. 3 KSchG beim Ausspruch der klägerischen Kündigung keine "reguläre" Sozialauswahl mehr durchgeführt (nachfolgend: bb).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>38 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="38"/>
aa) Nach § 1 Abs. 3 KSchG gilt: Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Abs. 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Hierfür trägt der Arbeitnehmer im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast (§ 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG). Vorliegend ist ergänzend § 125 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu betrachten, wonach § 1 des Kündigungsschutzgesetzes mit folgender Maßgabe anzuwenden ist: Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter und die Unterhaltspflichten und auch insoweit nur auf grobe Fehlerhaftigkeit nachgeprüft werden; sie ist nicht als grob fehlerhaft anzusehen, wenn eine ausgewogene Personalstruktur erhalten oder geschaffen wird. Als grob fehlerhaft ist eine Auswahlentscheidung anzusehen, die jede Ausgewogenheit vermissen läßt (BAG, Urt.v. 21.1.1999 -- 2 AZR 624/98 -- = AP KSchG § 1 -- Namensliste -- Nr. 3). Auch dass an sich vergleichbare Arbeitnehmer für die Sozialauswahl überhaupt nicht in Betracht gezogen worden sind, muss als grob fehlerhaft angesehen werden, weil es zu einer Abwägung gar nicht kommt (so Löwisch/Caspers, a.a.O., § 125 Rn. 90 a.E.). Da sich die Vermutung des § 125 Abs. 1 Zif. 1 InsO nicht auf die Sozialauswahl erstreckt (s.BAG AP KSchG 1969 -- soziale Auswahl -- Nr. 40), verbleibt es bei den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast, die allerdings auf den besonderen Maßstab der groben Fehlerhaftigkeit Rücksicht nehmen müssen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>39 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="39"/>
Diese Grundsätze zu § 1 Abs. 3 KSchG bzw. § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO gelten nach § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO dann nicht, wenn eine wesentliche Änderung der Sachlage in dem Zeitraum zwischen Abschluss des Interessenausgleichs und dem Zugang der Kündigung eingetreten ist. Die Darlegungs- und Beweislast für eine wesentliche Änderung der Sachlage trifft den Arbeitnehmer (Löwisch/Caspers a.a.O. Rn. 97).
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>40 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="40"/>
Vorliegend ist es der Klägerin gelungen, eine wesentliche Änderung der Sachlage darzulegen. Dies hat zur Folge, dass es bei der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3 KSchG verbleibt. Das Gericht geht davon aus, dass bei Abschluss des Interessenausgleiches und bei Unterzeichnung der Namensliste entsprechend § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO tatsächlich ernsthaft die Schließung sämtlicher Filialen der Gemeinschuldnerin beabsichtigt war. Desweiteren ist anzunehmen, dass entsprechend § 125 Abs. 1 Zif. 2 InsO die Betriebsparteien bei der Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis erzielten. Anderes behauptet im übrigen auch die Klägerin bezogen auf den 7.6.2002, dem Datum des Abschlusses des Interessenausgleiches, nicht. Insofern war zu diesem Zeitpunkt die Sozialauswahl nicht grob fehlerhaft, insbesondere war der einzubeziehende Personenkreis richtig gezogen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>41 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="41"/>
Allerdings muss sich nach den überzeugenden Darlegungen und Beweisantritten der Klägerin in der Zeit vom 7.6.2002 bis 28.6.2002 (Zugang der Kündigung) die Situation geändert haben. Offensichtlich zeichnete sich in diesem Zeitraum die konkrete Möglichkeiten ab, einen Teil der Filialen der Gemeinschuldnerin an die Firmen A. GmbH & Co.KG bzw. an die Fa. G. zu verkaufen. Der Beklagte gibt in diesem Zusammenhang an, im Rahmen der Verwertung (also nach dem 7.6.2002) hätten sich verschiedene Interessenten bei ihm gemeldet, die bereit gewesen seien, eine oder mehrere Filialen im gesamten Bundesgebiet zu übernehmen. Zu diesen Interessenten hätten die Firmen G. und A. gehört. Dies ändere nichts an der Tatsache, dass der Beklagte bereits unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Entschluß gefasst habe, den Betrieb mangels ernsthafter Übernahmeinteressenten vollständig stillzulegen. Dieser Vortrag kann als wahr unterstellt werden. Es sind also nach dem 7.6.2002 ernsthafte Übernahmeinteressenten für Teile des Betriebs der Gemeinschuldnerin aufgetaucht. Es widerspräche im übrigen auch jeder Lebenserfahrung, dass in der Zeit von 7.6.2002 bis 28.6.2002 keine ernsthaften Verhandlungen zur Übernahme einzelner Filialen der Gemeinschuldnerin geführt worden sein sollen, wenn es bereits Anfang bzw. Mitte Juli 2002 tatsächlich (und unbestritten) zum Vertragsabschluss kam. Die letztendliche Überzeugung bildete sich bei der Kammer, als die Klägerin im Kammertermin den Original Warenbeipackzettel aus der Filiale Haid mit dem Datum "25.6.2002" vorlegte.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>42 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="42"/>
Im Ergebnis ist mithin davon auszugehen, dass sich nach dem 7.6.2002 eine wesentliche Änderung i.S.v. § 125 Abs. 1 Satz 2 InsO ergeben hat. Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, der vor dem 28.6.2002 liegt, wurde der Stillegungsbeschluss bezüglich einzelner Filialen wieder aufgehoben, weil sich die konkrete und vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose ergab, dass sie weitergeführt werden konnten.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>43 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td>
<rd nr="43"/>
bb) Der Beklagte hat im Zeitpunkt des Ausspruchs der klägerischen Kündigung entgegen § 1 Abs. 3 KSchG keine Sozialauswahl mehr durchgeführt. Das war fehlerhaft, weil zu diesem Zeitpunkt bezogen auf die Filiale Gundelfingen grundsätzlich die im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 31.7.2002 (-- 10 AZR 275/02 = DB 2002, Seite 2655) beschriebene Situation vorlag. Nach diesem Urteil kommt eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht, wenn bei Ausspruch der Kündigung aufgrund einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Prognose davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt des Kündigungstermins eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht. Diese Voraussetzungen liegen dann nicht vor, wenn sich ein Reinigungsunternehmen, dessen noch laufender Reinigungsauftrag nicht verlängert worden ist, an der Neuausschreibung beteiligt und bei Ausspruch der Kündigung nie Neuvergabe noch offen ist. Die der Prognose zugrundeliegende Entscheidung muss mithin bereits gefallen sein. So ist eine Kündigung wegen Betriebsschließung nicht gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stillegungsbeschluss lediglich erwägt oder plant, aber noch nicht gefasst hat.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>44 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="44"/>
Das bedeutet selbstredend zunächst nur, dass die betriebsbedingte Kündigung der in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmer mangelns ernsthaften Stillegungsbeschlusses am 28.6.2002 nicht durch ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG gedeckt gewesen wäre. Darüber hinaus und weitergehend bedeutet dies jedoch auch, dass bei einer derartigen Konstellation die in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmer vor Ausspruch der klägerischen Kündigung in eine (aufgrund Änderung der Sachlage gegenüber der Liste im Interessenausgleich neu vorzunehmende) Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen. Der Arbeitsvertrag der Klägerin sieht in §§ 1 und 2 eine Versetzungsklausel vor, was zur Erweiterung des in die Sozialauswahl einzubeziehenden Personenkreises führt (allg.M. s.nur KR-Etzel, 6. Aufl. 2002, KSchG § 1 Rn. 617, sog. rechtliche Einsetzbarkeit). Das bedeutet, die Klägerin ist (offensichtlich zumindest) mit den in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmern sozial vergleichbar und es hätte im Falle einer "regulären" betriebsbedingten Kündigung nicht ernsthaft in Frage gestellt werden können, dass eine Sozialauswahl mit den in Gundelfingen beschäftigten Arbeitnehmern hätte stattfinden müssen. Diese Bewertung ändert sich nach Ansicht der Kammer bei den vorliegenden Gegebenheiten nicht. Ist also für den Teilbetrieb in Gundelfingen im Sinne der oben genannten Rechtsprechung im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch offen, ob er weitergeführt wird oder nicht, muss der Beklagte vor Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen beschlossener ... Betriebsstillegung erneut eine Sozialauswahl durchführen. Gegebenenfalls hätte er also für die Klägerin einen Platz in der Filiale Gundelfingen freikündigen, oder zumindest abwarten müssen, bis die Teilbetriebsübergänge endgültig geklärt sind. Auch in diesem Fall kann mithin keine Vorratskündigung erfolgen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>45 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="45"/>
Nicht gefolgt werden kann der im Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen (Urt.v. 23.10.2002, 4 Ca 355/02) vertretenen Ansicht. Das Arbeitsgericht stellt ohne nähere Begründung fest, die durch einen bevorstehenden Betriebsübergang bevorteilten Arbeitnehmer seien in die Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Das mag für einen bereits erfolgten Teilbetriebsübergang ohne weiteres zutreffen. Da in diesem Fall die vom Teilbetriebsübergang erfassten Arbeitsverhältnisse bereits übergegangen sind, sind sie selbstredend nicht mehr in eine Sozialauswahl bezüglich der Restbetriebe einzubeziehen. Vorliegend war jedoch die Filiale Gundelfingen noch nicht übertragen. Die Arbeitnehmer dieser Filiale hatten bis zum 28.6.2002 sozusagen eine "Anwartschaft" auf den Schutz des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB erworben. Das führt nicht dazu, dass sie aus dem Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer herausfallen und kraft gesetzlicher Weisung nicht mehr zu berücksichtigen wären.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>46 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:8pt"><tr><td>
<rd nr="46"/>
Nach alledem kann sich der Beklagte nicht auf seine Verwertungsaktivitäten und auf die Namensliste stützen. Ergeben sich, wie vorliegend, im Rahmen der Verwertung -- jedoch noch vor Ausspruch der betriebsbedingten Kündigungen wegen Stillegung -- einzelne Teilbetriebsübergänge, muss die kündigungsrechtliche Situation insgesamt neu bedacht und eine erneute Sozialauswahl durchgeführt werden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>47 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="47"/>
2.  Die Erklärung der Klägerin vom 12.8.2002 ist ohne rechtliche Bedeutung, insbesondere konnte sie das mit der Schuldnerin bestehende Arbeitsverhältnis nicht rückwirkend beenden.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>48 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="48"/>
Nach § 80 Abs. 1 InsO geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Nach § 81 Abs. 1 InsO sind Verfügungen des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>49 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="49"/>
Die Klägerin hat ihr Schreiben vom 12.8.2002 an "..." gerichtet. Die Klägerin wollte dieses Schreiben damit an die Schuldnerin richten. Adressat dieses Schreibens sollte nach ihrer Intention die Schuldnerin, nicht der Insolvenzverwalter, sein. Die Klägerin beabsichtigte erkennbar nur den Arbeitsplatzwechsel, nicht jedoch das Ende der Rechtsbeziehungen zum Insolvenzverwalter anzeigen. Da diese Absicht für die Auslegung und den Zugang ihrer Willenserklärung entscheidend ist, ist sie selbst dann ohne rechtliche Bedeutung, wenn der im Schreiben benannte Herr Klatt vom Insolvenzverwalter beauftragt worden wäre.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>50 </td></tr></table></td><td><table><tr><td>
<rd nr="50"/>
3.  Da der Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen ist, hat er die Kosten des Rechtsstreits nach §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 91 ZPO zu tragen.
</td></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>51 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="51"/>
Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes folgt aus §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 12 Abs. 7 ArbGG. Zugrundegelegt wurden 6 Bruttomonatsentgelte (3 Bruttomonatsentgelte für die streitgegenständliche Kündigung und 3 Bruttomonatsentgelte für die Frage des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages, völlig anderer und auch wirtschaftlich nicht identischer Streitgegenstand).
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
132,206 | olgstut-2003-01-14-4-ss-5662002-4-ss | {
"id": 147,
"name": "Oberlandesgericht Stuttgart",
"slug": "olgstut",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Ss 566/2002; 4 Ss 566/02 | 2003-01-14T00:00:00 | 2019-01-07T10:13:49 | 2019-02-12T13:09:43 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 25. September 2002 mit den Feststellungen</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>
<em>aufgehoben.</em>
</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<p>Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Heilbronn</p>
<p/>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<blockquote>
<p>
<strong>
<em>zurückverwiesen.</em>
</strong>
</p>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
</blockquote>
<p/>
<h2>Gründe</h2>
<table><tr><td> </td><td> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="1"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">1.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27. Juli 2002, mit dem wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 49 km/h eine Geldbuße von 100 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt worden war, gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Der Betroffene sei zum Hauptverhandlungstermin ordnungsgemäß geladen worden, aber, ohne genügend entschuldigt zu sein, nicht erschienen.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="2"/>
Hiergegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt. Er rügt, dass das Amtsgericht seinen Antrag, ihn von der Verpflichtung, in der Hauptverhandlung zu erscheinen, zu entbinden, zu Unrecht abgelehnt habe. Dieser Antrag sei im Urteil nicht einmal erwähnt. Außerdem sei er nicht unentschuldigt in der Hauptverhandlung ausgeblieben, weil über seinen Entbindungsantrag nicht rechtzeitig vor der Hauptverhandlung entschieden worden sei.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="3"/>
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, aus den vom Verteidiger genannten Gründen das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4 </td></tr></table></td><td><table class="RspIndent">
<tr>
<th colspan="3" rowspan="1">
<rd nr="4"/>
</th>
</tr>
<tr>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">2.</td>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top"/>
<td colspan="1" rowspan="1" valign="top">Das Rechtsmittel hat Erfolg. Die vom Betroffenen geltend gemachte Rüge ist in zulässiger Weise erhoben und begründet.</td>
</tr>
</table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="5"/>
Das Urteil ist schon deshalb aufzuheben, weil sich das Amtsgericht hierin nicht mit dem Antrag des Betroffenen, ihn von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, auseinandersetzt. Es enthält lediglich Ausführungen zur ordnungsgemäßen Ladung und die Feststellung, dass er zum Termin nicht erschienen ist. Dies genügt nicht (vgl. OLG Stuttgart ZfS 2002, 253 und 254 m. N.; BayObLG NStZ-RR 1999, 117 und 187; Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 74 Rdnr. 35 m. N.). Der Senat kann somit nicht überprüfen, ob das Amtsgericht in der Hauptverhandlung über den Entbindungsantrag befunden hat. Dass hierüber bereits mit Beschluss vom 19. September 2002 entschieden wurde, genügt nicht. Dies stellt einen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung des Urteils führen muss.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="6"/>
Das Vorbringen des Betroffenen ist auch nicht von vorneherein ungeeignet, sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung genügend zu entschuldigen (vgl. BayObLG a. a. O.). Er hat nämlich in seinem Entbindungsantrag eingeräumt, zur fraglichen Zeit das Fahrzeug geführt zu haben, sei sich dabei aber einer Geschwindigkeitsüberschreitung nicht bewusst gewesen. Er sei beruflich auf sein Fahrzeug angewiesen. Die Verhängung eines Fahrverbots würde für ihn eine außerordentliche Härte bedeuten. Da er in der Hauptverhandlung keine weiteren sachdienlichen Angaben machen werde und mit der Wahrnehmung des Termins eine längere Anreise und der Verlust eines Arbeitstages verbunden sei, erscheine es nicht verhältnismäßig, an dem persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung festzuhalten.
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="7"/>
Diese Ausführungen hätten es nahegelegt, den Betroffenen vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Von ihm war eine weitere Aufklärung zum Schuldspruch nicht zu erwarten. Auch kommt es bei der Frage, ob ganz ausnahmsweise von der Verhängung eines Fahrverbots unter Erhöhung der Geldbuße abgesehen werden kann, grundsätzlich nicht auf den persönlichen Eindruck von dem Betroffenen an (vgl. OLG Stuttgart ZfS 2002, 253 und 254 und ZfS 1997, 73; OLG Frankfurt ZfS 1994, 388; Thüringisches OLG ZfS 1995, 115; zu pauschal Deutscher NZV 1999, 187).
</td></tr></table>
<table><tr><td/></tr></table>
</td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8 </td></tr></table></td><td><table style="margin-left:3pt"><tr><td>
<rd nr="8"/>
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Verfahrensrüge mit den vom Betroffenen gegebenen weiteren Begründungen durchdringt.
</td></tr></table>
</td></tr></table> |
|
111,723 | lsgsh-2002-12-18-l-4-ka-1002 | {
"id": 1068,
"name": "Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht",
"slug": "lsgsh",
"city": null,
"state": 17,
"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | L 4 KA 10/02 | 2002-12-18T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:21 | 2019-01-17T11:35:39 | Urteil | ECLI:DE:LSGSH:2002:1218.L4KA10.02.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2001 und der Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2000 aufgehoben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Revision wird zugelassen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung wendet sich gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 5) als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für F.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>
Der 1941 geborene Beigeladene zu 5) ist Dipl.-Psychologe und bis Ende 2002 als solcher als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und therapeutischer Leiter am Westfälischen Institut für Kinder und Jugendliche in H tätig gewesen. Aus gesundheitlichen Gründen hat er die leitende Funktion aufgegeben und arbeitet seither bei demselben Arbeitgeber in Altersteilzeit in einer Tagesklinik. Seine Ehefrau ist ebenfalls Psychotherapeutin und seit Oktober 1999 in F zugelassen worden, wo seitdem auch der Familienwohnsitz ist. Vorher hatte die Familie in N-W gewohnt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>
Mit Schreiben vom 17. Dezember 1999 stellte der Beigeladene zu 5) einen Antrag auf Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut im Wege der Sonderbedarfszulassung in F. Der Planungsbereich Kreisregion Stadt F/Kreis S-F war durch Beschluss des Landesausschusses vom 11. November 1999 für die weitere Zulassung von psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gesperrt worden. Der Beigeladene zu 5) wies darauf hin, dass in F ein Bedarf für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bestünde. Dort seien nur seine Frau und eine andere Psychotherapeutin zugelassen, die sich auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen spezialisiert hätten. Die Wartezeit in der Praxis seiner Frau betrage vier bis sechs Monate. In F gäbe es außerdem keinen männlichen Psychotherapeuten. Dies sei aber insbesondere bei der Behandlung von Jungen mit Geschlechts- und Geschlechtsrollenidentitätsproblemen wichtig. Die Vorsitzende der Kreisstelle bestätigte den Bedarf, da insbesondere ein männlicher Psychotherapeut notwendig sei. Sie sprach sich auch für eine Ausnahme von der Altersgrenze aus.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>
Mit Beschluss vom 14. Juni 2000, ausgefertigt am 26. Juli 2000, lehnte der Zulassungsausschuss die Zulassung des Beigeladenen zu 5) ab. Eine unbillige Härte läge nicht vor, weil dieser nicht aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen auf die Ausübung der Tätigkeit als Vertragspsychotherapeut angewiesen sei und die ständige Trennung von seiner Familie, die in F lebe, von ihm bzw. seiner Familie selbst herbeigeführt worden sei. Die Familie habe sich eine Verbesserung des Gesundheitszustandes von mindestens zwei der fünf Kinder erhofft und sei deshalb umgezogen. Insoweit könne eine unbillige Härte allein wegen der Trennung des Ehegatten von der Familie nicht als Härte im Sinne von § 25 Satz 2 Ärzte-ZV anerkannt werden. Der Beigeladene zu 5) sei nicht gezwungen, eine frühere vertragspsychotherapeutische Tätigkeit aufzunehmen, da er nicht niedergelassen gewesen sei. Auch die dargelegte Lücke in der Altersversorgung rechtfertige keine andere Beurteilung des Sachverhalts, weil er mit dem Erreichen der Altersruhegrenze einen Rentenanspruch habe. Der Ausschuss hielt es für nicht entscheidungserheblich, ob der Umzug der Familie tatsächlich wegen des Gesundheitszustandes einiger Familienmitglieder erfolgt sei. Jedenfalls sei in der Trennung eine unbillige Härte nicht zu erkennen. Auf einen Versorgungsbedarf komme es nicht an, weil der Beigeladene zu 5) die grundsätzlich bestehende Altersgrenze für eine Zulassung überschritten habe.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>
Gegen diesen Bescheid legte der Beigeladene zu 5) mit am 17. August 2000 eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass es im Wesentlichen um die Bewertung der persönlichen Verhältnisse gehe. Aus persönlichen Gründen habe der Wohnortwechsel erfolgen müssen, da sowohl die Ehefrau als auch mindestens zwei der Kinder an Allergien litten, die einen Wohnort am Meer notwendig machten. Durch die Dauerbelastung mit der doppelten Haushaltsführung und der Wahrnehmung der familiären Aufgaben und der beruflichen Tätigkeit weit entfernt sei es bei ihm bereits zu gesundheitlichen Problemen gekommen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>
Mit Beschluss vom 16. November 2000, ausgefertigt am 28. Dezember 2000, gab der Beklagte dem Widerspruch statt und ließ den Beigeladenen zu 5) gemäß Nr. 24 a der Bedarfsplanungsrichtlinien Ärzte als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für F zu. Eine unbillige Härte liege vor, da die Arbeits- und Lebensbedingungen sich so belastend darstellten, dass eine Aufgabe der Tätigkeit absehbar sei. Der Beigeladene zu 5) habe glaubhaft dargelegt, dass die durch Trennung von Wohn- und Arbeitsort bzw. Trennung von Familie und Arbeitsort entstandene psychosomatische Belastung zu hohen gesundheitsgefährdenden Blutdruckwerten geführt habe, die nur mit erheblichem Medikamenteneinsatz hätten kontrolliert werden können. Diese Situation sei einer im Sinne der Rechtsprechung gravierenden beruflichen Situation, etwa der Aufgabe des Berufs, gleichzusetzen. Deshalb sei eine Zulassung trotz Erreichens der Altersgrenze von 55 Jahren wegen unbilliger Härte möglich.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 26. Januar 2001 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte eine Bedarfsprüfung nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Maßstäben auch nicht ansatzweise angestellt habe. Er habe sich ausschließlich mit der Frage beschäftigt, ob hier ein Fall der unbilligen Härte im Sinne von § 25 Satz 2 Ärzte-ZV vorliege und dabei übersehen, dass die Rechtsgrundlage für die Sonderbedarfszulassung (Ziffer 24 a der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte) einen nachweislichen lokalen Versorgungsbedarf voraussetze. Im Übrigen liege hier auch keine unbillige Härte vor, die zur Ausnahme von der Altersgrenze führen könne, weil der Beigeladene zu 5) nicht gezwungen sei, seinen Arbeitsplatz aufzugeben. Der schlechte gesundheitliche Zustand der Töchter und der damit verbundene Umzug möge bedauerlich sein, hiermit könne jedoch ebenso wenig eine Härtefallregelung mit einer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verbunden werden wie mit dem schlechten Gesundheitszustand des Beigeladenen zu 5) selbst. So hätte sich dieser z. B. bemühen können, in der Nähe seiner Familie als Angestellter tätig zu werden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>
Der Beigeladene zu 5) hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin -- gemeint: der Zulassungsausschuss -- während des laufenden Antrags- und Klageverfahrens für F eine Sonderbedarfszulassung erteilt und damit selbst einen Bedarf bejaht habe. Weiterhin hat er geltend gemacht, dass trotz seines Alters nicht von einer im Wesentlichen abgeschlossenen beruflichen Tätigkeit ausgegangen werden dürfe. Er sei erst nach 10-jähriger Selbstständigkeit und einem Studium über den zweiten Bildungsweg in seinen jetzigen Beruf gekommen. Dies müsse in eine "Gesamtbetrachtung" im Rahmen einer Härtefallprüfung einbezogen werden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2001 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Beigeladene zu 5) einen Anspruch auf Zulassung habe, obwohl er das 55. Lebensjahr vollendet habe. Dies sei zur Vermeidung von unbilligen Härten erforderlich. Zwar stehe der Beigeladene zu 5) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Dieses sei jedoch mehrere hundert Kilometer von dem Wohnort der Familie entfernt. Dieser Wohnort sei nicht willkürlich gewählt worden. Grund für den Umzug nach Schleswig-Holstein sei die gesundheitliche Schwäche der Ehefrau und von zwei Töchtern gewesen, die unter asthmatischen Beschwerden und Allergien litten. Im Hinblick auf deren Gesundheitszustand, das Alter der Kinder und das Alter des Beigeladenen zu 5) sei eine Familienzusammenführung wünschenswert. Durch die Trennung von Arbeitsstätte und Wohnort der Familie seien bei dem Beigeladenen zu 5) bereits nicht unwesentliche gesundheitliche Probleme aufgetreten. Angesichts seines beruflichen Lebenslaufes sei ihm auch nicht zuzumuten, sein Arbeitsverhältnis in H ohne die reale Möglichkeit aufzugeben, in S-H eine vergleichbare Beschäftigung zu finden. Wirtschaftliche Aspekte stünden jedoch nicht im Vordergrund. Eine unbillige Härte liege vor, wenn der Beigeladene zu 5) auf Kosten seiner Gesundheit zwischen bisherigem Arbeitsort und Familienwohnort hin und her pendele, obwohl ein Bedarf an männlichen Kinder- und Jugendlichen-Therapeuten in F bestehe.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>
Gegen dieses der Klägerin am 25. März 2002 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die am 24. April 2002 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für nicht überzeugend und bleibt bei ihrer Rechtsauffassung.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>
Die Klägerin beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Dezember 2001 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2000 aufzuheben.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>
Der Beklagte beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">
die Berufung zurückzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>
Der Beigeladene zu 5) beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">
die Berufung zurückzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>
Er ist der Auffassung, dass ihm die Zulassung zu Recht erteilt worden sei.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, in der der Beigeladene zu 5) insbesondere zu seiner wirtschaftlichen und familiären Situation angehört wurde.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist auch begründet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>
Der Beigeladene zu 5) hat keinen Anspruch auf Zulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut für F, weil er zum Zeitpunkt der Antragstellung die Zulassungsaltersgrenze von 55 Lebensjahren überschritten hatte und eine Ausnahme zur Vermeidung einer unbilligen Härte nicht erforderlich ist (§ 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V in Verbindung mit § 25 Ärzte-ZV). Der Bescheid des Beklagten und das Urteil des Sozialgerichts waren daher aufzuheben.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>
Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass der Beigeladene zu 5) nur dann einen Anspruch auf Zulassung hat, wenn nachweislich ein lokaler Versorgungsbedarf besteht (Ziff. 24 a der Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte) und eine unbillige Härte im Sinne von § 25 Satz 2 Ärzte-ZV vorliegt. Da nach Auffassung des Senats hier keine unbillige Härte anzunehmen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob ein Versorgungsbedarf zu bejahen ist.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>
Zur Härtefallregelung des § 25 Ärzte-ZV hat das Bundessozialgericht entschieden (Urteil vom 24. November 1993 -- 6 RKa 36/92 --), aus dieser könne nicht gefolgert werden, dass die Zulassung in Härtefällen im Ermessen der Zulassungsgremien liege oder ihnen zumindest bei der Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der unbilligen Härte ein Beurteilungsspielraum eingeräumt sei. Mithin unterliegt die Entscheidung des Beklagten der uneingeschränkten Überprüfung durch den Senat.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>
Weiterhin hat das Bundessozialgericht in dem genannten Urteil betont, dass unter die Härtefallregelung vor allem solche Ärzte fielen, die aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin zwingend auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen seien, um eine ausreichende Altersversorgung aufzubauen. Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, kann nach diesem Urteil nur aus dem Gesamtzusammenhang und dem Zweck des § 25 Ärzte-ZV erschlossen werden. In der Begründung des Regierungsentwurfes zum GRG (Bundestagsdrucksache 11/2237 S. 195 zu § 106 Abs. 2) wird die Einführung der Altersgrenze von 55 Jahren damit gerechtfertigt, dass einerseits der Zustrom älterer Ärzte die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung gefährde, andererseits der betroffene Personenkreis ein abgeschlossenes vollständiges Berufsleben hinter sich habe und deshalb, von Ausnahmen abgesehen, auf eine Kassenzulassung nicht mehr angewiesen sei. Wo ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme bestehe -- als Beispiele werden Aussiedler und Ärzte aus der DDR sowie Ärzte, die aus dem Krankenhaus ausscheiden mussten, genannt --, bleibe die Möglichkeit einer Zulassung aufgrund der Härteklausel erhalten. Aus diesen Erwägungen wird deutlich, dass nicht etwa schon die Unmöglichkeit, außerhalb der vertragsärztlichen Tätigkeit eine der persönlichen Selbstverwirklichung dienende berufliche Bestätigung zu finden, eine unbillige Härte begründen kann, zumal dann die Regelung weitgehend leerliefe (BSG ebenda). Danach sind ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte bei der Härtefallregelung maßgeblich. Persönliche Aspekte wie der hier geltend gemachte Gesundheitszustand des Beigeladenen zu 5) und der krankheitsbedingte Umzug seiner Familie bleiben außer Betracht. Auch eine neuere Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. September 1999 -- B 6 KA 22/99 R) bestätigt dies. Dort wird verlangt, dass der Arzt in dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht aus wirtschaftlichen Gründen existentiell auf die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit angewiesen ist. Nach dieser Rechtsprechung, der der Senat folgt, hat der Beigeladene zu 5) keinen Zulassungsanspruch, weil er am Tage der mündlichen Verhandlung vor dem Senat einen Arbeitsplatz innehatte. Auch wenn er jetzt in Altersteilzeit tätig ist und die leitende Funktion aufgeben musste, ist seine wirtschaftliche Existenz nicht bedroht. Das Bundessozialgericht hat den betreffenden Arzt in der oben genannten Entscheidung sogar auf die vorgezogene Altersrente (mit Abschlägen) verwiesen, auf die auch der Beigeladene zu 5) Anspruch bei Aufgabe seiner jetzigen Tätigkeit hätte.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_26">26</a></dt>
<dd><p>
Das Bundessozialgericht hat bislang unabhängig von wirtschaftlichen Gesichtspunkten eine unbillige Härte bei Ärzten nur dann in Betracht gezogen, wenn sie ihre vertragsärztliche Tätigkeit unfreiwillig, etwa wegen Krankheit oder aus anderen zwingenden Gründen, aufgeben mussten und später, nachdem diese Umstände weggefallen sind, wieder zugelassen werden wollten (BSG, oben genanntes Urteil vom 24. November 1993). Da der Beigeladene zu 5) noch nie zugelassen war, kommt eine unbillige Härte aus diesen oder vergleichbaren Gründen schon deshalb hier nicht in Betracht. Daher hat er keinen Anspruch auf Zulassung.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_27">27</a></dt>
<dd><p>
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 20. März 2001 (1 BvR 491/96) keine Bedenken an der dargestellten näheren Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs "unbillige Härte" durch die vom Senat übernommene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geäußert. Da eine unbillige Härte in diesem Sinne nicht vorliegt, hat die Berufung der Klägerin Erfolg.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_28">28</a></dt>
<dd><p>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_29">29</a></dt>
<dd><p>
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen zur Klärung der Rechtsfrage, ob außer wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch andere persönliche Gründe die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von § 25 Ärzte-ZV rechtfertigen.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
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127,981 | ag-volklingen-2002-07-10-5c-c-24102 | {
"id": 930,
"name": "Amtsgericht Völklingen",
"slug": "ag-volklingen",
"city": 567,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 5c C 241/02 | 2002-07-10T00:00:00 | 2019-01-07T09:27:26 | 2019-01-17T11:48:52 | Urteil | <h2>Tenor</h2>
<p>
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von
<strong>121,25 EUR</strong>
nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2002 zu zahlen.
</p>
<p/>
<p>2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p/>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p/>
<h2>Tatbestand</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 Abs. 1, Satz 1 ZPO verzichtet.
</p>
<p/>
<h2>Entscheidungsgründe</h2>
<p>
<rd nr="2"/>
Die Klage ist zulässig und begründet.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß den §§ 6 Entgeltfortzahlungsgesetz, 7 Abs. 1 StVG einen weiteren Betrag in Höhe von 121,25 EUR als Schadensersatz beanspruchen.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="4"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es vorliegend nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob sich die Beklagten bezüglich der Zahlung des streitgegenständlichen Betrages in Verzug befanden oder nicht.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="5"/>
Grundsätzlich gehören die zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches notwendigen Anwaltskosten zu den vom Schädiger zu erstattenden Kosten.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="6"/>
Die Beklagten sind daher aufgrund der unstreitigen Haftung bezüglich der Folgen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls gemäß § 7 StVG, 3 Nr. 1 PflVG verpflichtet, die adäquat verursachten Schäden auszugleichen.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="7"/>
Zu diesen adäquat verursachten Schäden gehören auch die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="8"/>
Zwar hat vorliegend nicht der bzw. die Geschädigte selbst die Ersatzansprüche gegenüber den Beklagten geltend gemacht, sondern vorliegend handelt es sich vielmehr um Kosten, die vom Arbeitgeber der Geschädigten aufgrund eines übergegangenen Anspruchs geltend gemacht werden.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="9"/>
Dies ist nach der Auffassung des Gerichts jedoch unschädlich.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="10"/>
Entscheidend ist nur, dass es sich bei den geltend gemachten Anwaltskosten um einen Folgeschaden des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls handelt, für den die Beklagten unstreitig in voller Höhe einzustehen haben.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="11"/>
Es kann dabei nach der Auffassung des Gerichts keinen Unterschied machen, ob dieser zu ersetzende Folgeschaden in der Person des unmittelbar Geschädigten oder aber in der Person desjenigen eingetreten ist, auf den der unmittelbare Schaden durch eine Abtretung oder kraft Gesetzes übergegangen ist.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="12"/>
Die Anwaltskosten wären vorliegend nur dann nicht zu erstatten gewesen, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zur Durchsetzung des Anspruches vorliegend überhaupt nicht erforderlich gewesen wäre.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="13"/>
Dies ist regelmäßig bei einfach gelagerten Fällen der Fall.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="14"/>
Auch bei einfach gelagerten Fällen sind die Anwaltskosten aber dann zu erstatten, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="15"/>
Die Klägerin war vorliegend zwar nicht geschäftlich ungewandt, so dass es insoweit einer Beauftragung eines Rechtsanwaltes nicht bedurft hätte.
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<p/>
<p>
<rd nr="16"/>
Entscheidend ist aber, dass es bei der Regulierung des Schadens zu einer Verzögerung gekommen ist.
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<p/>
<p>
<rd nr="17"/>
Dabei ist diese Verzögerung zwar nicht bezüglich der Regulierung der von der Klägerin geltend gemachten Positionen eingetreten.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="18"/>
Entscheidend und ausreichend ist nach der Auffassung des Gerichts aber, dass es bei der Regulierung der von der Zeugin Sabine Greff geltend gemachten Schäden zu Verzögerungen gekommen ist.
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<p/>
<p>
<rd nr="19"/>
Die Klägerin hat Ansprüche gegenüber den Beklagten geltend gemacht, die von der Zeugin Sabine Greff auf die Klägerin übergegangen sind.
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<p/>
<p>
<rd nr="20"/>
Gegenüber der Zeugin Sabine Greff wurde der Schaden nur verzögert reguliert, da der Beklagte zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) die notwendigen Auskünfte nicht erteilt hat.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="21"/>
Aus Sicht der Klägerin war deshalb die Beauftragung eines Rechtsanwaltes notwendig, weil auch bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Positionen eine verzögerliche Regulierung und damit zusammenhängende Schwierigkeiten zu erwarten waren.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="22"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="23"/>
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus den §§ 708 Nr. 11, 1. Alternative, 713 ZPO.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="24"/>
Der Streitwert des Verfahrens wird auf
<strong>121,25 EUR</strong>
festgesetzt.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="25"/>
Die Berufung gegen das Urteil wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht zugelassen.
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<h2>Gründe</h2>
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<rd nr="2"/>
Die Klage ist zulässig und begründet.
</p>
<p/>
<p>
<rd nr="3"/>
Die Klägerin kann von den Beklagten gemäß den §§ 6 Entgeltfortzahlungsgesetz, 7 Abs. 1 StVG einen weiteren Betrag in Höhe von 121,25 EUR als Schadensersatz beanspruchen.
</p>
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<rd nr="4"/>
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es vorliegend nach der Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob sich die Beklagten bezüglich der Zahlung des streitgegenständlichen Betrages in Verzug befanden oder nicht.
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<rd nr="5"/>
Grundsätzlich gehören die zur Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches notwendigen Anwaltskosten zu den vom Schädiger zu erstattenden Kosten.
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<rd nr="6"/>
Die Beklagten sind daher aufgrund der unstreitigen Haftung bezüglich der Folgen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls gemäß § 7 StVG, 3 Nr. 1 PflVG verpflichtet, die adäquat verursachten Schäden auszugleichen.
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<rd nr="7"/>
Zu diesen adäquat verursachten Schäden gehören auch die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung.
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<rd nr="8"/>
Zwar hat vorliegend nicht der bzw. die Geschädigte selbst die Ersatzansprüche gegenüber den Beklagten geltend gemacht, sondern vorliegend handelt es sich vielmehr um Kosten, die vom Arbeitgeber der Geschädigten aufgrund eines übergegangenen Anspruchs geltend gemacht werden.
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<rd nr="9"/>
Dies ist nach der Auffassung des Gerichts jedoch unschädlich.
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Entscheidend ist nur, dass es sich bei den geltend gemachten Anwaltskosten um einen Folgeschaden des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls handelt, für den die Beklagten unstreitig in voller Höhe einzustehen haben.
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Es kann dabei nach der Auffassung des Gerichts keinen Unterschied machen, ob dieser zu ersetzende Folgeschaden in der Person des unmittelbar Geschädigten oder aber in der Person desjenigen eingetreten ist, auf den der unmittelbare Schaden durch eine Abtretung oder kraft Gesetzes übergegangen ist.
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Entscheidend ist aber, dass es bei der Regulierung des Schadens zu einer Verzögerung gekommen ist.
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Die Klägerin hat Ansprüche gegenüber den Beklagten geltend gemacht, die von der Zeugin Sabine Greff auf die Klägerin übergegangen sind.
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Gegenüber der Zeugin Sabine Greff wurde der Schaden nur verzögert reguliert, da der Beklagte zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) die notwendigen Auskünfte nicht erteilt hat.
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<rd nr="22"/>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Der Streitwert des Verfahrens wird auf
<strong>121,25 EUR</strong>
festgesetzt.
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Die Berufung gegen das Urteil wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht zugelassen.
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<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.408,09 € (2.753,98 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.10.2001 zu zahlen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.600€ vorläufig vollstreckbar.</p></dd>
</dl>
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<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin begehrt von der Beklagten Auszahlung eines Sparguthabens.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Das Sparbuch war der Klägerin von ihrem Mieter ... unter Abtretung des Anspruches auf Auszahlung des Guthabens zur Sicherung der Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Räumlichkeiten auf dem Grundstück der Klägerin ... übergeben worden. Nachdem ... am 20.04.2001 Verlust des Sparbuches bei der Beklagten angezeigt hatte, wurde ihm ohne Durchführung eines Aufgebotsverfahrens ein neues Sparbuch ausgestellt und das Guthaben darin ausgewiesen. Dieses ließ er sich unter Vorlage des neuen Sparbuches in der Folgezeit in zwei Raten auszahlen. Das Guthaben betrug 2.753,98 DM.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin legte nach Beendigung des Mietverhältnisses wegen ihrer titulierten Forderungen gegen den Mieter ... in Höhe von 18.325,39 DM das Sparbuch bei der Beklagten vor und begehrte Auszahlung des Sparguthabens, was die Beklagte jedoch verweigerte. Sie berief sich auf § 407 BGB.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>In Nummer 1 Ziffer 3 der Bedingungen für Sparkonten ist aufgeführt: Bei Auszahlungen ist das Sparbuch vorzulegen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin meint, die Zahlung der Beklagten an Herrn ... habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Allgemeinen Sparbuchbedingungen verpflichtet gewesen, sich vor Auszahlung des Guthabens das Sparbuch vorlegen zu lassen bzw. das Aufgebotsverfahren durchzuführen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin beantragt,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.408,09 Euro (=2.753,98 DM) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 06.10.2001 zu zahlen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">die Klage abzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>Sie meint, sie habe das Guthaben mit schuldbefreiender Wirkung an den Sparer ausgezahlt, weil sie die Abtretung mangels Offenlegung nicht gegen sich gelten lassen müsse. Der Sparer habe glaubhaft erklärt, dass das Sparbuch abhanden gekommen sei. Mit der Anzeige des Verlustes entfalle die Legitimationswirkung des Sparbuches, eine Zahlung daraus könne nicht mehr erfolgen. Aufgrund der Verlustanzeige sei das bisherige Sparkonto aus Sicherheitsgründen geschlossen und unter neuer Nummer fortgeführt worden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
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<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>Die Klage hat Erfolg.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>Die Klägerin kann Zahlung in Höhe des Guthabens aus dem Sparbuch verlangen, weil die Beklagte nicht mit befreiender Wirkung an den ursprünglichen Gläubiger ... bezahlt hat. Die Klägerin war unstreitig Inhaberin der Forderung dadurch geworden, dass der Mieter ... ihr die Forderung abgetreten und das Sparbuch übergeben hat.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte hat die Forderung durch Auszahlung an den vorherigen Gläubiger ... beglichen, aber nicht mit befreiender Wirkung der Klägerin gegenüber, denn die neue Gläubigerin, die Klägerin, muss die Leistung nicht gegen sich gelten lassen. Die Beklagte kann sich nicht wirksam auf § 407 BGB berufen. Danach muss zwar der neue Gläubiger die Leistung der Schuldnerin an den alten Gläubiger gegen sich gelten lassen, wenn der Schuldnerin die Abtretung bei der Leistung nicht bekannt war. Dies war hier der Fall, die Abtretung der Forderung war der Beklagten nicht angezeigt worden. Der Zeuge ... hatte die Abtretung und Übergabe des Sparbuches an die Klägerin vielmehr verschwiegen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>Eine Benachrichtigung der Beklagten war aus Sicht der Klägerin allerdings auch nicht erforderlich, weil die Beklagte nur gegen Vorlage des Sparbuches auszahlen durfte. Dies ergibt sich aus den Bedingungen für Sparkonten Nr. 1 Abs. 3. Das Gericht folgt der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm (WM 1984, 801) und Düsseldorf (NJW-RR 1991, 1337). Danach kann sich eine Bank auf die Schuldnerschutzvorschrift des § 407 BGB trotz Unkenntnis von der Abtretung dann nicht berufen, wenn sich der neue Gläubiger nach den Sparbedingungen darauf verlassen durfte, dass die Bank nur gegen Vorlage des Sparbuches leisten werde. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf die zitierten Entscheidung Bezug genommen, denen das Gericht in vollem Umfange folgt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Der Hinweis der Beklagten, dass Verfügungen über Sparguthaben auch ohne Vorlage des Sparbuches vorgenommen werden können, wenn der Verlust des Sparbuches angezeigt worden ist, geht fehl. Das Bundesaufsichtsamt hat Verfügungen über Sparkonten auch ohne Vorlage des Sparbuches und Überweisungen in Ausnahmefällen für zulässig erklärt. Wenn aber die Bank selber sich in ihren Bedingungen für Sparkonten dahin festgelegt hat, dass für eine Auszahlung die Vorlage des Sparbuches erforderlich ist, ist sie daran gebunden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>In dem vorliegenden Fall weist die Beklagte daraufhin, dass der Zeuge ... die Auszahlung ja nicht ohne Vorlage eines Sparbuches erhalten habe, vielmehr das neue Sparbuch vorgelegt habe. Dies ist aber nur eine formale Position. Er hat sich das neue Sparbuch erschlichen. Dies ist ihm nicht berechtigterweise ausgestellt worden, weil das erste nicht tatsächlich verloren gegangen war. Die Ausstellung des neuen Sparbuches und Übertragung des vorhandenen Guthabens auf das neue Sparkonto ohne Vorlage des Sparbuches und ohne Durchführung eines Aufgebotverfahrens ist wie eine Auszahlung ohne Sparbuch zu behandeln, weil dadurch letztlich das gleiche Ergebnis eintritt. Der Zeuge ... hat ohne Vorlage des alten Sparbuches ein neues Sparbuch erlangt, das er vorgelegt hat, um die Zahlung zu erhalten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO stattzugeben.</p></dd>
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
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"city": 561,
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} | 40 F 140/02 WH | 2002-05-07T00:00:00 | 2019-01-07T09:27:23 | 2019-01-17T11:48:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Unter Abweisung der Anträge der Beteiligten im Übrigen wird für die Dauer ihres Getrenntlebens</p>
<p>a) der Antragstellerin das Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss das bisherige Elternschlafzimmer, das Kinderzimmer und die Küche,</p>
<p>b) dem Antragsgegner das zweite Obergeschoss und im ersten Obergeschoss das kleinste Zimmer des in der gelegenen ehelichen Hauses jeweils zur alleinigen Benutzung zugewiesen.</p>
<p>2. Jeder Beteiligte hat die dem anderen Beteiligten zur alleinigen Nutzung zugewiesenen Räume zu räumen und an diesen herauszugeben.</p>
<p>3. Die Verfahrenskosten fallen den Beteiligten jeweils zur Hälfte zur Last.</p>
<p>4. Geschäftswert: 2.100 EUR.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>
<rd nr="1"/>
I. Die Beteiligten sind Ehegatten. Sie leben seit September 2001 mit ihrer gemeinsamen Tochter , innerhalb des ihnen beiden gemeinsam gehörenden ehelichen Hauses voneinander getrennt. Sie haben dabei die Benutzung des Hauses in der aus dem Tenor zu 1) ersichtlichen Weise geregelt, wobei das Kinderzimmer alleine und die Ehegatten lediglich das Bad/WC und den dahin führenden Flur sowie das Treppenhaus und die Kellerräume gemeinsam benutzen.
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<p>
<rd nr="2"/>
Die Antragstellerin beantragt,
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<p>
<rd nr="3"/>
ihr das eheliche Haus für die Dauer des Getrenntlebens der Parteien zur alleinigen Benutzung zuzuweisen.
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<p>
<rd nr="4"/>
Der Antragsgegner trägt auf
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<p>
<rd nr="5"/>
Abweisung dieses Antrags,
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<rd nr="6"/>
hilfsweise für den Fall des Erkennens auf den Antrag der Antragstellerin darauf an,
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<p>
<rd nr="7"/>
dieser die Zahlung einer Nutzungsentschädigung von 350 EUR an ihn aufzugeben.
</p>
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<rd nr="8"/>
Das Gericht hat die Beteiligten, das Kind und das Jugendamt mündlich angehört. Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass der gesamte Akteninhalt des zwischen den Parteien ebenfalls vor dem erkennenden Richter geführten Parallelverfahrens im hiesigen Verfahren verwertet wird. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser und hiesiger Akte Bezug genommen.
</p>
<p>
<rd nr="9"/>
II. Die wechselseitig gestellten Anträge haben jeweils nur teilweise Erfolg.
</p>
<p/>
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<rd nr="10"/>
1. Die Wohnung ist für die Dauer des Getrenntlebens der Ehegatten zwischen ihnen aufzuteilen:
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<rd nr="11"/>
Eine alleinige Zuweisung an den Ehemann ist nicht begehrt. An die Ehefrau kommt sie nicht in Betracht, da das Gericht dies nach Abwägung der Umstände des vorliegenden Falles für unverhältnismäßig (zu diesem Kriterium siehe Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 4. Aufl. Kap. VIII Rn. 92 m.w.N.) hält. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die insoweit maßgebliche Eingriffsschwelle durch die Änderung der Vorschrift des § 1361b BGB durch das Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 17.12.2001 (BGBl. I Nr. 67) herabgesetzt wurde und eine Zuweisung der Ehewohnung nunmehr keine "schwere", sondern nur noch eine "unbillige" Härte voraussetzt, § 1361b Abs. 1 Satz 1 BGB, und dass eine unbillige Härte auch dann gegeben sein kann, wenn das Wohl im Haushalt lebender Kinder beeinträchtigt sein ist (§ 1361b Abs. 1 Satz 2 BGB n. F.).
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<rd nr="12"/>
a) Der Gesetzgeber beabsichtigte mit dem Begriffswechsel indes vordringlich, durch Herabsetzung der Eingriffsschwelle zugunsten des misshandelten Ehegatten und/oder der in Hausgemeinschaft lebenden Kinder ein rasches Einschreiten des Familiengerichts zu ermöglichen (Palandt/Brudermüller, BGB, Ergänzungsband zur 61. Aufl., BGB § 1361b Rn. 8). Der Wechsel hin zur unbilligen Härte soll die zur Effektuierung des Schutzes vor häuslicher Gewalt modifizierte Zielrichtung des Gesetzes verdeutlichen und zu diesem Zweck die Schwelle für die Anwendung der Norm gegenüber der "strengen" Rechtsprechung absenken (BT-Drucks. 14/5429 S. 21, 33). Bei Gewalttaten unter Ehegatten einschließlich der widerrechtlichen Drohung mit Gewalttaten soll grundsätzlich ein Anspruch des verletzten Ehegatten auf Überlassung der gesamten Wohnung bestehen (Palandt/Brudermüller, a.a.O.).
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<rd nr="13"/>
b) Gewaltanwendungen des Antragsgegners sind weder von der Antragstellerin mit Substanz geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.
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<rd nr="14"/>
Das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder war bereits vor der Gesetzesänderung vorrangig zu berücksichtigendes Kriterium, wenn dieser Umstand auch durch seine nunmehrige ausdrücklicher Erwähnung zusätzliches Gewicht erlangt. Die Bedürfnisse der Kinder an einer geordneten, ruhigen und entspannten Familiensituation haben eindeutig Vorrang, auch ist eine schwere Gesundheitsgefährdung der Kinder nicht Voraussetzung. Schon andauernde Spannungen und Streitereien zwischen den Eltern können anerkanntermaßen zu seelischen Schäden für die Kinder führen. Maßgeblich ist daher, ob ein erträgliches Miteinander im Häuslichen Bereich noch möglich ist oder ob die häusliche Atmosphäre nachhaltig und voraussichtlich irreversibel gestört ist (Palandt/ Brudermüller, a.a.0. Rn. 11) und das Kind hierdurch erheblichen Schaden zu nehmen droht, so dass das Kindeswohl (§ 1697a BGB) beeinträchtigt wird.
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<p/>
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<rd nr="15"/>
bb) Es ist hier indes - gerade im Interesse - beiden Beteiligten zumutbar, ihnen auch Beiträge für eine wohnatmosphärischen Beruhigung abzuverlangen (OLG Frankfurt FamRZ 1987, 159). Denn hat in ihrer Anhörung bekundet, öfters abends noch zu ihrem Vater hochzugehen, wonach ihre Mutter sie "nicht mehr ins Bett" kriegt. Dies beweist zur Überzeugung des Gerichts, dass ihr Vater einiges bedeutet und sie auch gerne zu ihm nach oben geht. Es wäre derzeit kontraproduktiv, dieser Möglichkeit zu berauben. Ein erträgliches Nebeneinander der Beteiligten ist nach dem Ergebnis der Anhörungen gewährleistet (dazu OLG Hamm, FamRZ 1989, 739; Finger, NJW 1987, 1001), insbesondere streiten sich die Ehegatten seit der ersten Anhörung im März 2002 ausweislich der Kindesanhörung nicht mehr. Dass sich in Trennung lebende Eheleute "anschweigen", ist der Regelfall, der für sich genommen nicht eine Wegweisung eines Ehegatten rechtfertigt. Denn Unannehmlichkeiten und auch gewisse Belästigungen treten im Zusammenhang mit einer in Auflösung befindlichen Ehe regelmäßig auf (OLG Hamburg FamRZ 1993, 190). geht damit bislang auch verhältnismäßig gut um, schulische Auffälligkeiten sind nicht entstanden und ihre Befürchtung, ihre Eltern könnten sich wieder streiten, scheint dem Gericht nicht so groß zu sein, als dass hierdurch psychischen Schaden nähme.
</p>
<p>
<rd nr="16"/>
Die Fähigkeit der Eltern, sich im Interesse zusammenzureißen und das in diesem Rahmen notwendige Maß an Rücksichtnahme der Ehegatten aufeinander (Rahm/Künkel/Niepmann, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, Rz. IV 218) ist hier gegeben, da die Eheleute sich bezüglich des einzig gemeinsam benutzten Bades/ WC arrangiert haben. Aus diesem Grunde und weil nur ein WC im Haus existiert, kam auch eine zeitlich gestaffelte Nutzungszuweisung des Bades/WC nicht in Frage. Das Haus ist auch groß genug, um zwischen den Beteiligten aufgeteilt werden zu können. Die verbleibenden bloßen Unbequemlichkeiten sind hinzunehmen (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., § 1361b Rn. 5). Berücksichtigt werden musste auch, dass die Ehegatten nicht in überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen leben. Ein weiteres Indiz für die Zumutbarkeit dieser Lösung ist, dass die Antragstellerin trotz ihrer psychischen Erkrankung mit den zwangsläufig entstandenen trennungsbedingten Belastungen nach dem Eindruck, den sie bei ihrer Anhörung gemacht hat und auch nach den Bekundungen ihres behandelnden Facharztes für Psychiatrie recht gut zurecht kommt.
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<rd nr="17"/>
Den Bedenken des Jugendamtes, es müsse langfristig im Interesse eine klare Regelung getroffen werden, mag im Rahmen der Ehescheidung der Parteien Rechnung getragen werden.
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<p/>
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<rd nr="18"/>
2. Die Festsetzung einer Nutzungsvergütung wegen der überwiegenden Nutzung des beiden Parteien gemeinsam gehörenden ehelichen Hauses durch die Antragstellerin hält das Gericht dagegen nicht für billig (§ 1361 b Abs. 3 Sätze 1 und 2 BGB n. F.). Es ließ sich dabei von der Erwägung leiten, dass die Antragstellerin ausweislich des beim Beiheft Versorgungsausgleich des Scheidungsverfahrens befindlichen Versicherungsverlaufs Berufsunfähigkeitsrente bezieht und mangels Unterhaltszahlungen des Antragsgegners auch nicht leistungsfähig ist (OLG Köln FamRZ 1997, 943). Auch betreut sie die ehegemeinsame Tochter, die mit ihr die ihr zugewiesenen Räume des ehelichen Hauses bewohnt. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner derzeit die Hauslasten alleine trägt.
</p>
<p>
<rd nr="19"/>
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 18a, 20 HausratsV0. Dem Gericht erschien es nicht angebracht, eine Erstattung der entstandenen außergerichtlichen Kosten anzuordnen.
</p>
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<rd nr="20"/>
Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf der analogen Anwendung der §§ 20 Abs. 2 Satz 2 GKG, 620 Satz 1 Nr. 7 ZPO, weshalb der dreimonatige Kaltmietwert maßgeblich ist (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 23.7.1997 - 6 WF 39/97 und vom 7.1.1994 - 9 WF 111/94).
</p>
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127,976 | ag-saarbrucken-2002-04-29-1-ii-17301-weg | {
"id": 924,
"name": "Amtsgericht Saarbrücken",
"slug": "ag-saarbrucken",
"city": 561,
"state": 14,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 1 II 173/01 WEG | 2002-04-29T00:00:00 | 2019-01-07T09:27:22 | 2019-01-17T11:48:52 | Beschluss | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Der Antrag vom 03.12.2001 wird zurückgewiesen.</p>
<p>2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.</p>
<p>3. Der Geschäftswert wird auf 7.443,33 EURO (= 14.556,88 DM) festgesetzt.</p>
<h2>Gründe</h2>
<p>I.</p>
<p><rd nr="1"/>Im Jahr 1993 versicherte der frühere Verwalter das Gebäude der Wohnungseigentümergemeinschaft, durch eine Gebäudeversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 1‰, d.h. zum damaligen Stand von 9.398,00 DM. Dies teilte er in der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.05.1994 mit. Niemand erhob Widerspruch. Der Verwalter wurde entlastet.</p>
<p><rd nr="2"/>In der Teilungserklärung vom 23.07.1974 ist unter § 6 Abs. 1 aufgenommen, dass jeder Wohnungseigentümer sein Sondereigentum auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen hat und diese Verpflichtung auch die Leitungen aller Art von der Abzweigung an betrifft. In § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung ist aufgenommen, dass der Verwalter das gesamte Grundstück zum gleitenden Neuwert mit Zusatzversicherung in Höhe der Wiederherstellungskosten gegen Feuer-, Wasser- und Frostschäden zu versichern hat.</p>
<p><rd nr="3"/>In den Jahren 1999/2000 traten im Bereich von Sondereigentum drei Leitungswasserschäden auf. Wegen des vereinbarten Selbstbehaltes erstattete die Gebäudeversicherung den Schaden nicht vollständig. Insgesamt 14.557,88 DM wurden nicht übernommen.</p>
<p><rd nr="4"/>Der Verwalter nahm diesen Betrag in die Nebenkostenabrechnung des Jahres 2000 auf und legte diesen auf die Wohnungseigentümer nach dem Wohnungseigentumsanteil um. In der Wohnungseigentümerversammlung</p>
<p><rd nr="5"/>vom 07.11.2001 genehmigten die Wohnungseigentümer mehrheitlich diese Abrechnung unter TOP 3.</p>
<p><rd nr="6"/>Der Antragsteller beantragt</p>
<p><rd nr="7"/>den in der Eigentümerversammlung am 07.11.2001 zu Punkt 3 der Tagesordnung gefassten Beschluss, mit dem die Hausgeldabrechnung 2000 genehmigt wurde, für ungültig zu erklären betreffend Konto 53 Versicherungsselbstbehalt aus Leitungswasserschäden DM 14.557,88.</p>
<p><rd nr="8"/>Die Antragsgegner beantragen,</p>
<p><rd nr="9"/>den Antrag zurückzuweisen.</p>
<p><rd nr="10"/>Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<p>II.</p>
<p><rd nr="11"/>Der Antrag war zurückzuweisen, weil die beschlossene Nebenkostenabrechnung 2000 auch hinsichtlich der Position "Versicherungsselbstbehalt" einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht gern. §§ 23 Abs. 4, 21 Abs. 5 WEG i.V.m. § 6 der Teilungserklärung.</p>
<p><rd nr="12"/>Einschlägig ist vorliegend § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung, nach dem der Verwalter das gesamte Gebäude hinsichtlich der Wiederherstellungskosten gegen Wasserschäden zu versichern hat. Nach § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung ist das gesamte Grundstück unabhängig von der wohnungseigentumsrechtlichen Zuordnung der Gebäudebestandteile zu versichern. Diese Vereinbarung geht über die in § 21 Abs. 5 Nr. 3 WEG angeordnete Versicherungspflicht hinaus, soweit sie auch Sondereigentum der allgemeinen Versicherungspflicht unterstellt. Bereits daraus folgt ein Anspruch der Sondereigentümer gegenüber der Eigentümergemeinschaft auf Erstattung von versicherten Schäden am Sondereigentum. Die Belastung des Sondereigentümers mit dem Selbstbehalt würde gegen den in der Teilungserklärung vereinbarten Anspruch auf Versicherung auch des Sondereigentums und der damit zusammenhängenden Pflicht zur Freistellung von entsprechender Kostenlast verstoßen.</p>
<p><rd nr="13"/>Der Verpflichtung, das Haus gem. § 6 der Teilungserklärung zu versichern, ist der Verwalter im Jahr 1993 nachgekommen, allerdings mit einem Selbstbehalt von beinahe 10.000,00 DM. Die Wohnungseigentümer waren hierüber informiert und haben dem nicht widersprochen. Dadurch haben sie zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der abgeschlossenen Versicherung einverstanden sind, die bis zum Jahr 2000 abgeschlossen war.</p>
<p><rd nr="14"/>Dies bedeutet, dass alle Wohnungseigentümer zusammen mit dem Selbstbehalt im Schadensfall zu belasten sind. Dies folgt im Umkehrschluss daraus, dass in gleichem Umfang - im Verhältnis der Wohnungseigentumsanteile- alle Wohnungseigentümer durch eine Reduzierung der Versicherungsprämie von dem Selbstbehalt Nutzen haben, solange es nicht zu einem Schaden kommt. Die Wohnungseigentümer haben sich also im Jahr 1994 dazu entschieden, die Prämien für alle zu senken, mit dem gleichzeitigen Risiko der Belastung mit dem Selbstbehalt.</p>
<p><rd nr="15"/>Dass der Selbstbehalt im Schadensfalle alle Wohnungseigentümer anteilig treffen sollte, folgt alleine daraus, dass sich vernünftigerweise keiner der Eigentümer darauf eingelassen hätte, mit einem Selbstbehalt von 10.000,00 DM alleine belastet zu werden, obwohl alle Eigentümer von der niedrigeren Prämie profitieren. Der zufällige Ort des Schadenseintrittes hätte dann nämlich eine extrem ungleiche Kostenbelastung zur Folge, und dies obwohl ein verschuldensunabhängiges und damit nicht beherrschbares Risiko durch die Gebäudeversicherung abgesichert werden sollte.</p>
<p><rd nr="16"/>Es kommt deshalb für Versicherungsfälle nicht darauf an, ob sie im Bereich des Gemeinschaftseigentums oder im Bereich des Sondereigentums eintreten. Das Gebäude war einheitlich versichert. Wenn durch die Schadensfälle nun ein so hoher Selbstbehalt entstanden ist, der die Reduzierung der Versicherungsprämie von 1994 bis 2000 aufgrund des Selbstbehaltes übersteigt, und sich damit die gewählte Versicherung als nachteilig erweist, trifft dies alle Wohnungseigentümer anteilig, und nicht den zufällig durch ein Schadensereignis Betroffenen.</p>
<p><rd nr="17"/>§ 6 Abs. 1 der Teilungserklärung ist nicht einschlägig. Er regelt die Kostenverteilung für Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten im Bereich des Sondereigentums, losgelöst von Versicherungsfällen. Die Regelung hinsichtlich der versicherbaren Kosten enthält § 6 Abs. 3 der Teilungserklärung. Die Argumentation des Antragstellers zu § 6 Abs. 1 geht deshalb fehl.</p>
<p><rd nr="18"/>Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Eine Erstattung außergerichtliche Kosten war nicht anzuordnen.</p>
<p><rd nr="19"/>Der Geschäftswert war gem. § 48 WEG auf 7.443,33 EURO (= 14.557,88 DM) festzusetzen.</p>
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111,724 | lg-kiel-2002-03-01-viii-ks-1201-viii | {
"id": 1064,
"name": "Landgericht Kiel",
"slug": "lg-kiel",
"city": 632,
"state": 17,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": null
} | VIII Ks 12/01, VIII Ks (12/01) | 2002-03-01T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:21 | 2019-01-17T11:35:39 | Urteil | ECLI:DE:LGKIEL:2002:0301.VIIIKS12.01.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>1 Jahr</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>verurteilt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Angeklagte hat die Kosten des Strafverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Gründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p style="text-align:center">(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>I.</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Der Angeklagte wurde am 19. März 1980 in P./Kosovo in Jugoslawien geboren. Seine Eltern, H. und D. H., waren selbständig in der Landwirtschaft tätig, die Familie verfügte über ein eigenes Stück Land. Der Angeklagte wuchs als zweitjüngstes von fünf Geschwistern auf. Er hat einen 19 Jahre alten Bruder Fi., einen 31 Jahre alten Bruder Fa., eine 24 Jahre alte Schwester F. und eine 26 Jahre alte Schwester I.. Letztere ist verheiratet und lebt in T./Albanien. Den Aufenthalt seiner übrigen Geschwister und seiner Eltern kennt der Angeklagte seit 1999 nicht.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>1987 wurde der Angeklagte im Alter von 7 Jahren in seinem Heimatort eingeschult und besuchte 4 Jahre lang die Dorfschule. Danach verließ er sie ohne Abschluss, da sich die Familie einen weiteren Schulbesuch in der nächsten Stadt nicht leisten konnte. Eine Berufsausbildung absolvierte der Angeklagte nicht, jedoch arbeitete er ab seinem 14. Lebensjahr von 1994 bis 1997 in einer privat geführten Goldmine, welche zwei Kilometer vom Heimatdorf entfernt lag. Bis zum Beginn der Bürgerkriegsunruhen arbeiteten dort Kosovo-Albaner und Serben einvernehmlich miteinander. Dann jedoch vermehrten sich die ethnischen Spannungen, so dass sich der Angeklagte schließlich nicht mehr traute, zur Arbeit zu gehen. Er fürchtete Übergriffe durch serbische Mitarbeiter, insbesondere durch Missbrauch von zur Sprengung in der Mine verwendetem Dynamit. Er hielt sich von da an zu Hause auf.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>Vom 27. Januar 1999 an leistete der Angeklagte Militärdienst bei einer Pioniereinheit. Bei einem Unfall erlitt der Angeklagte durch eine Minendetonation am 27. Dezember 1999 schwere Verletzungen an der gesamten linken Körperseite. Seine Eltern brachten ihn zur Behandlung in ein Krankenhaus nach Albanien, wo er zwei Monate lang stationär behandelt wurde. Anschließend kehrte er nicht mehr zur Armee zurück, sondern desertierte. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wohnte der Angeklagte bis August 2000 bei einem befreundeten Albaner in der nordalbanischen Stadt K..</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Anschließend fuhr der Angeklagte zu seiner älteren Schwester I. nach T.. Dort fasste er auch den Entschluss, nach Deutschland zu reisen, weil er sich einen festen Aufenthalt und Arbeit erhoffte. Dazu setzte er zunächst Mitte/Ende Februar mit dem Schiff nach Italien über und fuhr dann zusammen mit vier weiteren Personen in einem Auto bis H. mit. Dort meldete er sich nicht bei der zuständigen Ausländerbehörde, sondern kaufte einem Italiener mit dem Vornamen Giuseppe für 500,00 DM einen italienischen Pass ab, der auf den Namen „C. Lo P.” lautete und in den er sein Passbild einfügte oder einfügen ließ. Anschließend fuhr der Angeklagte nach L., wo er jedoch nur eine Nacht blieb. Er hatte zuvor von seiner Schwester I. gehört, dass sich seine Eltern eventuell in L. aufhalten würden, nachdem durch den Krieg im Kosovo das Elternhaus zerstört worden war. Er fand sie jedoch trotz der Hilfe eines Landsmannes dort nicht. Daraufhin fuhr der Angeklagte nach K., wo er bis zum Vorfall vom 3. April 2001 in einer Wohnung in der I.-straße 24 in K.-G. wohnte.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>II.</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>Am <strong>2. April 2001</strong> zwischen 18.00 und 19.00 Uhr begaben sich der Geschädigte M. K. und dessen Ehefrau N. K. in die Kneipe „K’s Eck” an der Kreuzung E.-straße/K.-weg in K.-G.. Dort trafen sie „A.”, die damalige Freundin des Angeklagten. Die Zeugin N. K. war zu diesem Zeitpunkt bereits alkoholisiert. Sie und „A.” konsumierten damals regelmäßig Kokain.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>Während der Geschädigte M. K. im Verlaufe des Abends zum V.-platz ging, um dort zu telefonieren, verließen die beiden Frauen die Kneipe und gingen in die von dem Angeklagten genutzte Wohnung in der I.-straße. Dort kamen sie zwischen 20.00 Uhr und 21.00 Uhr an. Anschließend erschien der gesondert verfolgte B. A. ebenfalls in der Wohnung und übergab der „A.” 1 bis 2 g Kokain. Er verließ die Wohnung nach einem auf seinem Handy eingegangenen Anruf. „A.” und die Zeugin N. K. konsumierten das Kokain in der Wohnung. Im Laufe des Abends kehrte der Zeuge A. in die Wohnung zurück und vollzog mit der Zeugin N. K. den Geschlechtsverkehr.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>Nachdem der Geschädigte M. K. vom Telefonieren am V.-platz in die Kneipe „K’s Eck” zurückgekehrt war und seine Ehefrau nicht mehr angetroffen hatte, erfuhr er, dass diese zusammen mit „A.”, der Freundin des Angeklagten, weggegangen sei.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>Am <strong>3. April 2001</strong> erhielt der Geschädigte M. K. auf der Suche nach seiner Ehefrau die Telefonnummer des Angeklagten. Er rief diesen an und bat ihn um ein Gespräch. Gegen 10.00 Uhr trafen sich die beiden. Der Geschädigte K. sprach den Angeklagten auf dessen Verhältnis zu „A.” an und fragte ihn, ob er den Aufenthaltsort „A.‘s” bzw. seiner Ehefrau kenne. Der Angeklagte leugnete jegliche Kenntnis vom Aufenthalt der Zeugin K.. Als der Geschädigte K. insistierte, begaben sich schließlich beide in die I.-straße. Während der Angeklagte in die dortige Spielhalle ging, um mit „A.” telefonisch Kontakt aufzunehmen, wartete der Geschädigte K. vor der Spielhalle in der Absicht herauszufinden, woher „A.” gegebenenfalls kommen würde. Auf diese Weise wollte er die Wohnung ausfindig machen, in der sich seine Ehefrau aufhielt. „A.” traf bereits wenige Minuten, nachdem sie von dem Angeklagten angerufen worden war, vor der Spielhalle ein, ohne dass der Geschädigte K. hatte erkennen können, woher sie gekommen war. Auch sie leugnete, den Aufenthaltsort der Zeugin K. zu kennen. Als der Geschädigte K. darauf drängte, selbst in der Wohnung der beiden nachzusehen, fuhren der Angeklagte und „A.” mit ihm in eine Seitenstraße der B.-straße zu einer dort befindlichen weiteren Wohnung. Der Geschädigte erkannte, dass sich seine Frau dort nicht aufhielt. Er brach die weitere Suche nach ihr daraufhin ab.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>Am späten Nachmittag gegen 17.00/18.00 Uhr kehrte die Zeugin N. K. in die Wohnung ihrer Mutter am O.-ring zurück. Dort traf sie den Geschädigten M. K. und berichtete ihm von den Vorkommnissen der letzten Nacht. Der Geschädigte, der seiner Frau keine nennenswerten Vorwürfe machte, beschloss daraufhin, den Angeklagten zur Rede zu stellen. Er rief ihn zu diesem Zwecke an und erfuhr, dass sich der Angeklagte im „K’s Eck” aufhielt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>Gegen 19.00/19.30 Uhr begaben sich die Eheleute K. in die vorbezeichnete Kneipe, wo sie den Angeklagten antrafen. Der Geschädigte trat unmittelbar nach dem Betreten der Gaststätte auf den Angeklagten zu und sprach ihn sofort darauf an, dass er am Vortag wider besseres Wissen angegeben habe, keine Kenntnis vom Aufenthalt der Zeugin K. zu haben. Der Geschädigte war dabei erregt. Es schloss sich ein zunächst verbaler Streit zwischen ihm und dem Angeklagten an, in dessen Verlauf M. K. dem Angeklagten darüber hinaus vorwarf, dass dieser mit der Zeugin K. Geschlechtsverkehr gehabt habe. Daraufhin wandte sich der Angeklagte an die Zeugin und bat sie, den Irrtum des Geschädigten aufzuklären, was sie auch tat. Indes trat dadurch keine Beruhigung der Situation ein. Auf die Vorwürfe des Geschädigten reagierte der Angeklagte schließlich mit dem Worten: „Ich bin Albaner, ich bin dir keine Rechenschaft schuldig”. Beide packten sich gegenseitig am Kragen und prügelten sich, wobei der Geschädigte M. K. zu Boden ging. Danach verließ der Angeklagte die Kneipe. Der Geschädigte folgte ihm unmittelbar, während die Zeugin N. K. zunächst in der Kneipe blieb und erst kurze Zeit später auf die Straße hinaustrat.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>Der Geschädigte K. redete auch draußen weiter auf den Angeklagten ein und verlangte Erklärungen für dessen Verhalten. Dabei verfolgte er den Angeklagten die E.-straße entlang an der „B.-stube” vorbei. Kurz hinter dieser kehrten die beiden jedoch auf das Verlangen des Geschädigten K. hin wieder um.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>In Höhe der „B.-stube” kam es sodann erneut zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten. Spätestens in dieser Situation traten auch die gesondert verfolgten Zeugen A. B., B. A. und eine sich als „R. M.” ausgebende männliche Person albanischer Volkszugehörigkeit zu dem Geschehen hinzu. Alle drei beteiligten sich auf Seiten des Angeklagten an der Auseinandersetzung mit dem Geschädigten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>Da auch aus der „B.-stube” diverse Personen zu dem Geschehen auf der Straße hinzu traten, die zum Teil - wie der Zeuge G. - den Geschädigten unterstützten, zum Teil schlichtend eingriffen und zum Teil auch lediglich beobachteten, entstand vor Ort eine unübersichtliche Menschenmenge.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Der gesondert verfolgte A. bewaffnete sich während der Auseinandersetzung mit dem Teil eines Besenstiels mit roter Plastikummantelung und schlug damit zumindest einmal auf den Geschädigten ein, der diesem Schlag jedoch ausweichen konnte. Der Angeklagte schlug mit Fäusten auf den sich in gleicher Weise wehrenden Zeugen K. ein, wodurch dieser Nasenbluten bekam. Auch die gesondert verfolgten A. B. und „R. M.” schlugen aufgrund eines bei Beginn der Tätlichkeiten nachträglich gefassten gemeinsamen Tatentschlusses mit Fäusten auf den Geschädigten ein. Im weiteren Verlauf stach der gesonderte verfolgte „M.” dem Zeugen G. zweimal in die Rückseite des Oberschenkels, wodurch der Zeuge stark blutende Wunden erlitt. G. fuhr daraufhin mit einem Taxi davon.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>Schließlich - ob vor oder nach den vom Zeugen G. empfangenen Messerstichen, ist offen geblieben - erlitt der Geschädigte M. K. auf ungeklärte Weise eine Abschürfung auf dem Nasenrücken sowie einen Stich in den Oberbauch, wodurch er sofort zu Boden ging. Der Zeuge S. und die Zeugin N. K., die das Geschehen aus etwa 8 m Entfernung, vor der Gaststätte „K’s Eck” stehend, beobachtet hatte, kümmerten sich anschließend um den Verletzen. Dieser wurde mit einem Krankentransportwagen in die Chirurgische Klinik der Universität K. verbracht. Dort wurde bei einer Laparoskopie freies Blut im Bauchraum des Geschädigten K. festgestellt. Es wurden 1,5 l Blut abgesaugt und anschließend eine Notoperation durchgeführt. Dabei wurde eine Stichverletzung, die bis in den linken Leberlappen führte, übernäht. Größere Gefäße waren von dem Stich nicht betroffen. Dessen ungeachtet war der Zustand des Verletzten infolge des drohenden fortlaufenden Blutverlustes, welcher in kürzester Zeit zu einem Volumenmangelschock geführt hätte, lebensbedrohlich. Der Geschädigte verblieb 6 Tage stationär in der Universitätsklinik und wurde dann auf eigenen Wunsch entlassen. Er hatte 1 1/2 Monate lang Schmerzen und verspürt solche noch heute, sobald Druck auf die Narbe ausgeübt wird.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>III.</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Der Angeklagte hat sich somit der <strong>gefährlichen Körperverletzung</strong> gemäß <strong>§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB</strong> schuldig gemacht, indem er <span style="text-decoration:underline">gemeinschaftlich</span> mit den gesondert verfolgten B., A. und „M.” gegen den Geschädigten M. K. vorging und auf diesen einschlug. Der Angeklagte und die drei gesondert verfolgten Personen handelten gemeinschaftlich im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Dies geschah in Form zumindest der sukzessiven Mittäterschaft, indem alle vier kurz nacheinander und in Ansehung der Schläge der jeweils anderen auf den Geschädigten einschlugen bzw. sich in anderer Weise an der tätlichen Schlägerei beteiligten und dabei bewusst zusammenwirkten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Der Angeklagte handelte auch rechtswidrig. Eine Notwehrsituation gemäß § 32 StGB lag nicht vor. Selbst wenn die Kammer zugunsten des Angeklagten davon ausgeht, dass zuvor in der Kneipe „K’s Eck” der Geschädigte selbst die körperliche Auseinandersetzung mit dem Angeklagten begonnen und damit einen Angriff gegen diesen gerichtet hatte, so liegen doch hinsichtlich des weiteren Verlaufes keinerlei Anhaltspunkte mehr dafür vor, dass die zunächst beendete Streitigkeit in der Kneipe nunmehr vor der „B.-stube” in gleicher Weise wieder von dem Geschädigten aufgenommen worden sein könnte. Damit fehlte es zur Zeit der Faustschläge des Angeklagten gegen den Kopf des Zeugen K. jedenfalls an einem „gegenwärtigen” Angriff desselben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>Soweit dem Angeklagten mit der Anklage der Vorwurf des versuchten Totschlages gemacht worden ist, hat sich dessen Berechtigung nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen lassen. Nach Durchführung der Beweisaufnahme kann insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass der Messerstich dem Zeugen K. nicht von dem Angeklagten, sondern aufgrund eines vom gemeinsamen Tatplan nicht erfassten gesonderten Tatentschlusses von „R. M.” versetzt worden ist. Er ist dem Angeklagten daher nicht sicher zurechenbar.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>IV.</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>Bei der Strafzumessung war zunächst vom Regelstrafrahmen des § 224 Abs.1, 1. Halbsatz StGB auszugehen, der die Verhängung von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren vorsieht. Zugunsten des Angeklagten hat die Kammer einen minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung angenommen, so dass die Strafe gemäß § 224 Abs. 1, 2. Halbsatz StGB einem Strafrahmen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe zu entnehmen war. Diese Bewertung der Kammer ergibt sich aus folgenden Erwägungen:</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>Vorstrafen des Angeklagten sind weder für das Inland noch für das Ausland bekannt geworden. Auch ist ihm auf Grund seiner Eigenschaft als Ausländer eine höhere Strafempfindlichkeit zuzubilligen. Er hat zudem im Rahmen der Auseinandersetzung vom 3. April 2001 den Streit ursprünglich nicht gesucht, sondern ist von dem Geschädigten M. K. beharrlich zu Erklärungen genötigt und, nachdem er die Kneipe „K’s Eck” verlassen hatte, von diesem sogar weiter verfolgt worden. Die ihm zurechenbaren Folgen der Schlägerei, nämlich das Nasenbluten und die leichte Abschürfung auf dem Nasenrücken, sind als gering einzustufen. Auch handelte es sich um eine Spontantat, die der Angeklagte erklärtermaßen bereut. Schließlich war auch seine geständige Einlassung vor dem Haftrichter zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>Zu Lasten des Angeklagten war andererseits zu berücksichtigen, dass dieser sich illegal in der Bundesrepublik Deutschland aufhält und sich einen falschen Pass verschafft hat. Zudem war zum Nachteil des Angeklagten auch zu bewerten, dass er den Grundkonflikt zwischen ihm und dem Geschädigten durch seine Lügen ausgelöst hatte.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>Aufgrund des Übergewichts der zu Gunsten des Angeklagten zu berücksichtigenden Umstände ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass zu Gunsten des Angeklagten von einem minder schweren Fall der gefährlichen Körperverletzung auszugehen war.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>Nach nochmaliger Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände - wenngleich aufgrund der bereits erfolgten Berücksichtigung bei der Strafrahmenwahl in abgeschwächter Form - hielt das Gericht im Rahmen der Einzelstrafzumessung eine <strong>Freiheitsstrafe von 1 Jahr</strong> hier für tat- und schuldangemessen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a class="Overl" name="rd_26" title="zum Orientierungssatz">26</a></dt>
<dd><p>Diese Strafe konnte gemäß <strong>§ 56 Abs.1 StGB</strong> zur <strong>Bewährung</strong> ausgesetzt werden. Auch wenn der Angeklagte keinen festen Wohnsitz und keine geregelte Arbeit hat und sich zudem illegal in Deutschland aufhält, konnte ihm, insbesondere da er bislang nicht vorbestraft ist, eine positive Prognose gestellt werden. Die Kammer geht davon aus, dass die Verhängung der Strafe und die Verbüßung des überwiegenden Teils derselben durch die Untersuchungshaft den Angeklagten bereits so weit beeindruckt haben und weiterhin beeindrucken, dass bereits sie ihn von der Begehung weiterer Straftaten abhalten werden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p style="text-align:center"><strong>V.</strong></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_27">27</a></dt>
<dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 465 Abs.1, 472 Abs.1 StPO.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
111,731 | lsgsh-2001-12-12-l-4-ka-1600 | {
"id": 1068,
"name": "Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht",
"slug": "lsgsh",
"city": null,
"state": 17,
"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | L 4 KA 16/00 | 2001-12-12T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:22 | 2019-01-17T11:35:39 | Urteil | ECLI:DE:LSGSH:2001:1212.L4KA16.00.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. Mai 2000 aufgehoben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Klage wird abgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten für beide Rechtszüge zu erstatten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Im Übrigen findet eine Kostenerstattung unter den Beteiligten nicht statt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>
Umstritten ist die bedarfsunabhängige Zulassung des Klägers als psychologischer Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>
Der 1953 geborene Kläger ist Diplom-Psychologe. Die Approbationsurkunde legte er dem Beklagten am 30. März 1999 vor. Er führt seit 1983 eine eigene Praxis, die er 1987 von Bayern nach St.-E. in Schleswig-Holstein verlegt hat. Daneben war der Kläger von 1987 bis 1992 für eine Therapieeinrichtung für erwachsene Suchtkranke tätig. Seit 1992 leitet er die Fachklinik C. I. der Therapiehilfe e. V. H. für suchtkranke Kinder und Jugendliche. Hierbei handelt es sich nach seinen eigenen Angaben um eine 3/4 Stelle.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>
Den Antrag des Klägers auf bedarfsunabhängige Zulassung für den Ort seiner Praxis vom 22. Dezember 1998 lehnte der Zulassungsausschuss mit Bescheid vom 7. Juni 1999 mit der Begründung ab, der Fachkundenachweis sei nicht erbracht und der Kläger habe im maßgeblichen Zeitraum vom 25. Juni 1994 bis 24. Juni 1997 (sogenanntes "Zeitfenster") nicht in ausreichendem Maße an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten teilgenommen. Der vom Kläger hiergegen eingelegte Widerspruch wurde vom Beklagten durch Bescheid vom 30. September 1999 zurückgewiesen. Zwar sah der Beklagte den Fachkundenachweis als erbracht an, er verneinte jedoch eine schützenswerte Vortätigkeit im "Zeitfenster", da der Kläger in dieser Zeit nur 105 Stunden an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen habe. Unter Hinweis auf die Motive des Gesetzgebers verlangte er eine Mindeststundenzahl von 250.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>
Gegen diesen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 4. Oktober 1999 zugestellten Bescheid hat er am 2. November 1999 Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben. Mit Urteil vom 9. Mai 2000 hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, den Kläger zur bedarfsunabhängigen vertragsärztlichen Versorgung als psychologischer Psychotherapeut zuzulassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger im "Zeitfenster" an der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen habe. Die Auffassung des Beklagten, dass hierfür die erbrachten 105 Stunden nicht ausreichten, sondern mindestens 250 Stunden erforderlich seien, finde im Gesetz keine Stütze.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>
Gegen dieses dem Beklagten am 22. Mai 2000 zugestellte Urteil richtet sich seine Berufung, die am 29. Mai 2000 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangen ist. Zur Begründung beruft sich der Beklagte auf mehrere Urteile des Bundessozialgerichts vom 8. November 2000 (z. B. B 6 KA 52/00 R), die seine Rechtsauffassung bestätigt hätten. Es sei nicht belegt, dass der Kläger im "Zeitfenster" in dem vom Bundessozialgericht geforderten Umfang an der Versorgung der Versicherten teilgenommen habe.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>
Der Beklagte beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. Mai 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>
die Berufung zurückzuweisen,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>
hilfsweise die Revision zuzulassen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>
Er ist der Auffassung, dass auch unter Berücksichtigung der oben genannten Urteile des Bundessozialgerichts davon auszugehen sei, dass er im "Zeitfenster" in ausreichendem Maße an der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung teilgenommen habe. Er legt weitere Bescheinigungen von Krankenkassen über von ihm durchgeführte psychotherapeutische Behandlungstätigkeiten vor, aus denen sich seiner Ansicht nach der geforderte Mindestumfang von 250 Behandlungsstunden ergebe. Unabhängig davon sei auch seine Tätigkeit als Leiter der Fachklinik C. I. anzuerkennen. Er habe dort eigenverantwortlich dafür Sorge getragen, dass psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt wurden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>
Der Senat hat Auskünfte der Krankenkassen, deren Mitglieder vom Kläger ambulant psychotherapeutisch behandelt worden sind, über den Umfang der erbrachten Leistungen eingeholt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Akten des Beklagten und der Gerichtsakten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2001, in der der Kläger gehört worden ist.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist auch begründet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger hat keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung als psychologischer Psychotherapeut zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Dies hat der Beklagte zu Recht entschieden. Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>
Nach § 95 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) setzt die Berechtigung zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen die Zulassung zur vertragsärztlichen bzw. vertragspsychotherapeutischen Versorgung voraus. Gemäß § 95 Abs. 10 SGB V können psychologische Psychotherapeuten unter bestimmten Voraussetzungen unabhängig vom Bedarf und der späteren Anordnung von Zulassungsbeschränkungen zur psychotherapeutischen Versorgung zugelassen werden. Im Hinblick auf die im begehrten Planungsbereich bestehende Zulassungssperre wegen Überversorgung könnte sich der Kläger dort nur auf Grund einer bedarfsunabhängigen Zulassung niederlassen. Er erfüllt jedoch nicht das Tatbestandsmerkmal des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V, nämlich der "Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung" der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen im so genannten "Zeitfenster".
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>
Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung der im Urteil des Bundessozialgerichts vom 8. November 2000 (B 6 KA 52/00 R) vertretenen Rechtsauffassung an, dass diese Regelung mit Verfassungsrecht im Einklang steht. Danach sind die Einbeziehung der Psychotherapeuten in die Bedarfsplanung und die Bindung der Privilegierung einer bedarfsunabhängigen Zulassung als Psychotherapeut an die Teilnahme an der ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten in der Vergangenheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 22. März 2001, 1 BvR 409/01, in MedR 2001, 515).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>
Wie das Bundessozialgericht in der oben genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, ist ein Behandlungsumfang von ca. 250 Stunden in einem halben bis einem Jahr während des "Zeitfensters" zur Konkretisierung des Begriffs der Teilnahme zu fordern. Dies wird vom Kläger nicht erfüllt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>
Der Senat schließt sich auch insoweit der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts im oben genannten Urteil an, dass der Behandlungsumfang gegenüber Versicherten der Krankenkassen annähernd einer halbtägigen Tätigkeit entsprochen haben muss und die Behandlungen in der eigenen Praxis nicht gegenüber anderen beruflichen Tätigkeiten, sei es in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, sei es gegenüber anderen Kostenträgern, von nachrangiger Bedeutung gewesen sein dürfen. Die Verweisung auf eine bedarfsabhängige Zulassung und der damit verbundene Zwang zu einem beruflichen Neuanfang an einem anderen als dem bisherigen Ort der ambulanten Tätigkeit kann nur dann eine unzumutbare Härte darstellen, wenn der bisherige ambulante Behandlungsumfang die Berufstätigkeit des Psychotherapeuten mitgeprägt hat oder objektiv nachvollziehbar darauf ausgerichtet gewesen ist. Danach muss die ambulante Behandlungstätigkeit nicht die einzige einkommensrelevante berufliche Tätigkeit gewesen sein, andererseits muss sie aber vom Umfang her für das gesamte Erwerbseinkommen bedeutsam gewesen sein. Eine Teilnahme im Sinne des § 95 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 SGB V kann daher ausgeschlossen werden, wenn im Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Psychotherapeuten im Zeitfenster andere Tätigkeiten gestanden haben und die ambulanten Behandlungen den Charakter einer Nebentätigkeit von untergeordneter Bedeutung hatten.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>
Die vorgelegten Aufstellungen der Krankenkassen über die Praxistätigkeit des Klägers sind zwar hinsichtlich der Zeiträume ungenau. Aber selbst bei einer Interpretation im Sinne des Klägers ergeben sich daraus keine 250 Stunden in einem halben bis einem Jahr, sondern dies lediglich bezogen auf das ganze "Zeitfenster" unter Einbeziehung der vom Beklagten bereits anerkannten 105 Stunden. Diese 105 Stunden lassen sich jedoch - wie der Beklagte selbst einräumt - anhand der Akten nur begrenzt nachvollziehen. Es befinden sich in den Akten lediglich zwei Kostenzusagen der BKK POST über jeweils 40 Stunden vom 17. Mai 1994 und 25. Oktober 1995.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>
Im Einzelnen ergibt sich aus den vorliegenden Aufstellungen der Krankenkassen Folgendes:
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>
BKK POST 80 Stunden  (1994 bis 1997)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>
HMK      50 Stunden  (1996 bis 1997)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>
KKH      55 Stunden  (1996)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_26">26</a></dt>
<dd><p>
HEK      25 Stunden  (1996 bis 1997)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_27">27</a></dt>
<dd><p>
TK       50 Stunden  (1993 bis 1995)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_28">28</a></dt>
<dd><p>
DAK      24 Stunden  (1997)
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_29">29</a></dt>
<dd><p>
        284 Stunden
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_30">30</a></dt>
<dd><p>
Dazu kommen die 105 bereits anerkannten Stunden, wobei darin dann die 80 Stunden der BKK POST enthalten sind. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass nur 56 der 80 Stunden abgerechnet wurden. Insgesamt ergeben sich also im gesamten "Zeitfenster" maximal 309 Stunden. Selbst bei einer für den Kläger günstigsten Auslegung der unklaren Zeitangaben auf den Bescheinigungen der Krankenkassen lässt sich nicht konstruieren, dass ca. 250 Stunden dieser 309 Stunden in einem halben bis einem Jahr erbracht wurden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_31">31</a></dt>
<dd><p>
Eine Betrachtung des gesamten "Zeitfensters" zeigt hingegen deutlich den geringen Behandlungsumfang. Ausgehend von 309 Stunden bei durchschnittlich 43 Arbeitswochen pro Kalenderjahr ergibt sich, dass im Durchschnitt 2,3 Behandlungsstunden pro Woche erbracht wurden. Selbst unter Hinzurechnung einer erheblichen Vorbereitungszeit für die erbrachten Behandlungsstunden lässt sich keine annähernd halbtägige Beschäftigung daraus ableiten.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_32">32</a></dt>
<dd><p>
Demgegenüber hat der Kläger mit einer Dreiviertelstelle (also mit etwa 30 Stunden wöchentlich) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Auch insoweit legt der Senat die eigenen Angaben des Klägers seiner Entscheidung zu Grunde. Nach einer Auskunft des Arbeitgebers des Klägers wurde die Tätigkeit im "C. I." sogar in Vollzeit ausgeübt. Dass damit die Tätigkeit in eigener Praxis nicht annähernd halbtägig und gegenüber der anderweitigen Berufsausübung nachrangig war, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung. Die ambulante Behandlungstätigkeit hat die Berufsausübung des Klägers mithin nicht entscheidend mitgeprägt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_33">33</a></dt>
<dd><p>
Aus diesen Gründen - auf die ausführlichen Darlegungen des Bundessozialgerichts in dem oben genannten Urteil wird insoweit ausdrücklich Bezug genommen - hat der Kläger keinen Anspruch auf bedarfsunabhängige Zulassung. Die Berufung des Beklagten ist daher begründet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_34">34</a></dt>
<dd><p>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_35">35</a></dt>
<dd><p>
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor. Die der Entscheidung des Senats zu Grunde liegenden Rechtsfragen sind durch mehrere Urteile des Bundessozialgerichts vom 8. November 2000 geklärt. Hiervon wird nicht abgewichen.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
111,721 | lg-kiel-2001-06-21-3-t-70800 | {
"id": 1064,
"name": "Landgericht Kiel",
"slug": "lg-kiel",
"city": 632,
"state": 17,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": null
} | 3 T 708/00 | 2001-06-21T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:20 | 2019-01-17T11:35:38 | Beschluss | ECLI:DE:LGKIEL:2001:0621.3T708.00.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Beschwerdewert beträgt 5.000 DM.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Gründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>In der Landeshauptversammlung vom 29.05.1999 haben die Mitglieder des Vereins u.a. einstimmig die Änderung der Satzung beschlossen. In der der Einladung zur Landeshaupt-versammlung beigefügten Tagesordnung war unter TOP 11 lediglich „Satzung (Fragen hierzu werden von Herrn ... beantwortet)“ angegeben. Allerdings war die Neufassung der Satzung dem Einladungsschreiben beigefügt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Auf den Antrag des Vereins, die Änderungen der Satzung in das Vereinsregister einzutragen, hat das Amtsgericht dem Verein durch Zwischenverfügung vom 25.08.1999 u.a. aufgegeben, das Einladungsschreiben mit Tagesordnung einzureichen. Nachdem dies bis zum 20.10.2000 nicht geschehen war, hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluß den Eintragungsantrag kostenpflichtig zurückgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>Dagegen wendet sich der Verein mit der Beschwerde.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>Nachdem der Verein im Verlauf des Beschwerdeverfahren die der Einladung beigefügte Tagesordnung eingereicht hatte, hat die Kammer das Verfahren dem Amtsgericht erneut vorgelegt. Daraufhin hat das Amtsgericht beanstandet, daß die Angaben in der Einladung nicht hinreichend bestimmt gewesen seien.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Die sofortige Beschwerde des Vereins ist gemäß § 160 a Abs. 1 FGG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB ist zur Gültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversamm-lung erforderlich, daß der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Daran fehlt es hier.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>Welche Anforderungen in Bezug auf die Genauigkeit der Bezeichnung zu stellen sind, ist im Einzelfall aus dem Zweck der Vorschrift heraus, die Mitglieder vor Überraschungen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zur Vorbereitung zu geben, zu beurteilen. Zwar ist nicht jeder Antrag wörtlich mitzuteilen, jedoch muß der Beschlußgegenstand seinem wesentlichen Inhalt nach umrissen sein. Davon ausgehend entspricht es, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung, daß die Angabe „Satzungsänderung“ in der Einladung zur Mitgliederversamm- lung keine genügend deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Beschußfassung darstellt, es sei denn, daß sich aus sonstigen Umständen eine ausreichende Konkretisierung ergibt (vgl. Santer/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl., Rdnr. 178 m.w.N). Eine hinreichende Konkretisierung ist im vorliegenden Fall auch nicht dadurch erfolgt, daß dem Einladungsschreiben eine Neufassung der Satzung beigefügt war. Denn um im einzelnen die Änderungen festzustellen, hätten die Mitglieder die bisherige Satzung mit der neuen Satzung Punkt für Punkt vergleichen müssen. Dies ist mit dem Zweck des § 32 Abs. 1 Satz 2 BGB, der auch darin besteht, die Mitglieder bereits bei der Berufung ausreichend zu informieren und ihnen gerade nicht eigene Nachprüfungen abzuverlangen, nicht vereinbar.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>Soweit der Verein behauptet, die Satzung sei in fast allen Punkten geändert worden, weshalb eine nähere Bezeichnung der Änderungen in der der Einladung beigefügten Tagenordnung nicht zuzumuten gewesen sei, ist dem nicht beizupflichten. Der Vergleich der alten mit der neuen Satzung ergibt, daß z.B. die §§ 1 bis 5 der Satzung völlig unverändert geblieben sind. Im übrigen sind die Änderungen auch nicht so umfangreich, daß es unzumutbar gewesen wäre, sie in der Berufung mitzuteilen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergibt sich aus §§ 132 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
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111,729 | lg-kiel-2000-11-17-13-o-24300 | {
"id": 1064,
"name": "Landgericht Kiel",
"slug": "lg-kiel",
"city": 632,
"state": 17,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": null
} | 13 O 243/00 | 2000-11-17T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:21 | 2019-01-17T11:35:39 | Urteil | ECLI:DE:LGKIEL:2000:1117.13O243.00.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für das Fahrzeug SE-xxxxxx, Versicherungsschutz aus dem bestehenden Versicherungsvertragsverhältnis mit der Versicherungsschein-Nr. K 901-605451/3 GCS für die Spritzschäden zu gewähren, welche der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug SE-M 595 am 31. Mai und 1. Juni 2000 bei den Landwirten xxxxxxx, Bebensee; xxxxxxxx, Kükels; xxxxxx, Högersdorf; xxxxxxx, Krögsberg; xxxxxxx, Göls und xxxxx, Warder verursacht hat.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 DM vorläufig vollstreckbar.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>Der Kläger verlangt von der Beklagten Deckungsschutz aus einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, der die allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zugrunde liegen. Der Kläger ist selbständiger landwirtschaftlicher Lohnunternehmer und Halter eines bei der Beklagten versicherten Unimogs mit dem amtlichen Kennzeichen SE-xxxx. Am 31. Mai und 1. Juni 2000 spritzte er auf Zuckerrübenflächen der im Tenor bezeichneten Landwirte gegen Unkraut. Er verwandte dafür eine mit dem Unimog seit 1965 fest verbundenen, zum Teil verschweißten Spritze, aus deren zwei Spritzlanzen durch den hydraulischen Druck des Motors die Spritzbrühe ausgebracht wird.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Der Kläger argwöhnt durch einen Dritten verursachte Beimengungen der verwandten Pflanzenschutzmittel mit dem Mittel Cato, welches dazu führte, dass sich am 10. Juni 2000 deutliche Vergilbungen der flachliegenden Blätter, Verhärtungen der Zellen und das Crosswerden der Blätter auf den behandelten Flächen zeigten. Zur weiteren Darstellung des Schadensbildes und der Ursachen wird auf die vom Kläger eingereichte gutachterliche Stellungnahme der Schuldt <strong>AGRO</strong> Concept GmbH vom September 2000 (Bl. 16 ff. d. A.) Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>Außer der ebenfalls angeschriebenen Betriebshaftpflichtversicherung des Klägers wies auch die Beklagte ihre Einstandspflicht zurück und zwar mit Schreiben vom 4. August 2000. Dort und in einem weiteren Schreiben vom 4. September 2000 führte sie zur Begründung an, dass der Schaden während eines Arbeitsrisikos entstanden sei, für den die Betriebshaftpflicht eingreife; der Schadenseintritt sei nicht mehr dem Betrieb des Kfz zuzurechnen, da die Funktion der Betriebseinrichtung als Arbeitsmaschine im Vordergrund stehe und es auch keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die besondere Bauart und die Betriebseinrichtung als Spritze diesen Schaden verursacht habe. Wegen des weiteren Inhaltes wird auf die eingereichten Anlagen (Bl. 5 und 6 d. A.) Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm hinsichtlich der von den geschädigten Landwirten bzw. Auftraggebern angemeldeten Schadenersatzansprüchen Versicherungsschutz zu gewähren, weil die Spritzschäden bei dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der auf dem Fahrzeug festmontierten Spritze entstanden seien.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn für das Fahrzeug SE-M 595 Versicherungsschutz aus dem bestehenden Versicherungsvertragsverhältnis mit der Versicherungsschein-Nr. K 901-605451/3 GCS für die Spritzschäden zu gewähren, welche der Kläger mit dem versicherten Fahrzeug SE-xxxx am 31. Mai und 1. Juni 2000 bei den Landwirten xxxxx, Bebensee; xxxxx, Kükels; xxxx, Högersdorf; xxx, Krögsberg; xxx, Göls und xxxxx, Warder verursacht hat.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte bestreitet das klägerische Vorbringen zur Gänze mit Nichtwissen, die Umstände im Zusammenhang mit der Montage der Spritze auf dem Unimog auch soweit sie schriftsätzlich vorgetragen wurden, erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung. Sie ist der Auffassung, die Kraftfahrzeug-Hapftpflichtversicherung umfasse nicht das Risiko, das sich nach der Behauptung des Klägers verwirklicht habe.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p></p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>Die Klage hat Erfolg.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten der geltend gemachte Anspruch zu. Gemäß § 10 Ziffer 1 AKB umfasst die Versicherung die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs (b) Sachen beschädigt oder zerstört werden oder (c) Vermögensschäden herbeigeführt werden. Das Gericht sieht es als unstreitig an, dass der Kläger durch das Aufbringen einer verunreinigten Spritzbrühe gegen Unkraut erhebliche Schäden an Zuckerrübenbeständen auf Flächen der im Tenor näher bezeichneten Landwirte verursacht hat, die aus diesem Grund Schadenersatzansprüche gegen den Kläger anmeldeten. Das Gericht hält das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen für unzulässig, soweit es sich gegen die behaupteten Schäden, den Umfang und die Ursächlichkeit des Schadens richtet. Die Beklagte hätte sich nicht nur mit der gutachterlichen Stellungnahme der Schuld AGRO Concept GmbH von September 2000 auseinandersetzen müssen, sondern sie wäre aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnisses auch gehalten gewesen, dem Tatsachenvortrag des Klägers durch eigene Schadenssachbearbeiter vor Ort nachzugehen. Denn es geht hier nicht um Zahlungsansprüche des Klägers gegen die beklagte Versicherung, sondern um Gewährung von Deckungsschutz für etwaige Klagen Geschädigter gegen den Kläger, dem dann nicht die Darlegungslast hinsichtlich des Schaden, dessen Umfangs und der Ursächlichkeit zufiele. Vorprozessual hat die Beklagte den vom Kläger geschilderten Sachverhalt ihren Schreiben noch zugrundegelegt, mit denen sie ihren Deckungsschutz versagt hat. Jedenfalls ohne jegliche Auseinandersetzung mit dem Sachverhaltsvortrag des Klägers und seiner nach sachkundiger Beratung vorgenommenen Ursachendarstellung kann die Beklagte mit ihrem Bestreiten mit Nichtwissen in diesem Prozess nicht gehört werden.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>Problematisch ist hier allein, ob Schäden durch „den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs“ verursacht wurden. Denn gemäß § 10 Ziffer 1 AKB sind nur solche Gefahren von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung gedeckt, die von dem versicherten Fahrzeug selbst ausgehen. Dem von der Kraftfahrzeugversicherung gedeckten Risiko sind nur solche Schäden nicht mehr zuzurechnen, die ihre überwiegende Ursache nicht im Gebrauch des Fahrzeugs, sondern in solchen Umständen haben, die zu den Gefahren des Gewerbebetriebes gehören. Nach diesen Grundsätzen hat der Bundesgerichtshof Schäden, die beim Be- und Entladen von Kraftfahrzeugen entstanden sind, noch deren Gebrauch zugeordnet (vergl. BGHZ 75, Seite 45). Denn das in der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherung versicherte Wagnis umfasst auch Ersatzansprüche für Schäden aus dem Gebrauch eines Fahrzeugs als Arbeitsmaschine (vergl. BGH NJW 1990, Seite 257). Der Begriff des „Gebrauchs“ im Sinne von § 10 AKB bestimmt sich nach dem Interesse, das der Versicherte daran hat, durch den Einsatz des Kraftfahrzeugs und der an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen nicht mit Haftpflichtansprüchen belastet zu werden. Bei Schäden, die durch einen Fahrzeugaufbau verursacht werden, soll es entscheidend darauf ankommen, ob es sich dabei um einen zwecksgebundenen Aufbau zum Fahrzeug handelt, d. h. um einen auf Dauer festinstallierten Aufbau des Fahrzeugs, oder um ein Gerät, das je nach Bedarf ausgetauscht werden kann (vergl. BGH VersR. 1994 S. 83; BGH VersR. 1969, Seite 726). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Aufbau um eine seit 1965 fest und dauerhaft mit dem Fahrzeug verbundene Spritze, die von dritter Seite unbemerkt für den Kläger mit Substanzen verunreinigt worden sein und deren Gebrauch zu den genannten Pflanzenschäden geführt haben soll. Die durch das Ausbringen der verunreinigten Spritzbrühe entstandenen Schäden sind danach durch den Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne von § 10 AKB verursacht worden. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen hinsichtlich Art und Weise der Montage der Spritze - vom Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Termin ergänzt - hält das Gericht für unzulässig. Im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnisses wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, sich hinsichtlich des Fahrzeugs samt Aufbau ein eigenes Bild zu verschaffen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 Satz 1 ZPO.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
174,999 | eugh-2000-10-17-c-11499 | {
"id": 2,
"name": "Europäischer Gerichtshof",
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"state": 19,
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} | C-114/99 | 2000-10-17T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:16 | 2019-01-31T19:09:16 | Urteil | ECLI:EU:C:2000:568 | <div id="banner">
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<p class="bglang">
<a class="langue" href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Avis juridique important</b></a>
<br/>
</p>
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<em class="none">|</em>
</div>
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<a name="top"/>
<h1>61999J0114</h1>
<p>
<strong>Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 17. Oktober 2000. - Roquette Frères SA gegen Office national interprofessionnel des céréales (ONIC). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour administrative d'appel de Nancy - Frankreich. - Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Ausfuhrerstattungen - Getreide - Anspruchsvoraussetzungen - Verarbeitung zu einem Erzeugnis, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft eingeführt wird. - Rechtssache C-114/99. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-08823<br/> </em>
</p>
<br/>
<div id="TexteOnly">
<p/><p><a href="#SM">Leitsätze</a><br/>
<a href="#I1">Parteien</a><br/>
<a href="#MO">Entscheidungsgründe</a><br/>
<a href="#CO">Kostenentscheidung</a><br/>
<a href="#DI">Tenor</a><br/>
</p>
<h2>Schlüsselwörter</h2><br/><em>
<p>Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Ausfuhrerstattungen - Anspruchsvoraussetzungen - Einfuhr des Erzeugnisses in das Bestimmungsland - Beibringung von Beweisen dafür, dass ein Erzeugnis, das zu einem anderen Erzeugnis verarbeitet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft eingeführt wird, in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist </p><p>(Verordnung Nr. 3665/87 der Kommission, Artikel 5 Absatz 1) </p>
</em><p/>
<a name="SM"/><h2>Leitsätze</h2><br/><em>
<p> $$Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist dahin auszulegen, dass die Zahlung einer Ausfuhrerstattung nicht von der Beibringung zusätzlicher Beweise abhängig gemacht werden kann, mit denen nachgewiesen werden kann, dass ein Erzeugnis in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist, wenn es dort einer Verarbeitung unterzogen worden ist, die als wesentlich anzusehen ist, weil das Erzeugnis in unumkehrbarer Weise zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft ausgeführt wird. (vgl. Randnr. 21 und Tenor)</p>
</em><p/>
<a name="I1"/><h2>Parteien</h2><br/><em>
<p>In der Rechtssache C-114/99 </p><p>betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) von der Cour administrative d'appel Nancy (Frankreich) in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit </p><p>Roquette Frères SA </p><p>gegen </p><p>Office national interprofessionnel des céréales (ONIC) </p><p>" vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) </p><p>erlässt </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Erste Kammer) </p><p>unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Wathelet sowie der Richter P. Jann und L. Sevón (Berichterstatter), </p><p>Generalanwalt: S. Alber </p><p>Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin </p><p>unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen </p><p>- der Roquette Frères SA, vertreten durch Rechtsanwalt N. Coutrelis, Paris, </p><p>- des Office national interprofessionnel des céréales (ONIC), vertreten durch Rechtsanwalt J.-P. Cordelier, Paris, </p><p>- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Berscheid und K.-D. Borchardt, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, </p><p>aufgrund des Sitzungsberichts, </p><p>nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Roquette Frères SA, vertreten durch Rechtsanwalt N. Coutrelis, der französischen Regierung, vertreten durch C. Vasak, stellvertretende Sekretärin für auswärtige Angelegenheiten in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigte und der Kommission, vertreten durch G. Berscheid, in der Sitzung vom 9. Dezember 1999, </p><p>nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Februar 2000, </p><p>folgendes </p><p>Urteil </p>
</em><p/>
<a name="MO"/><h2>Entscheidungsgründe</h2><br/><em>
<p>1 Die Cour administrative d'appel Nancy hat mit Urteil vom 25. März 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) zur Vorabentscheidung vorgelegt. </p><p>2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Roquette Frères SA (nachfolgend: Rechtsmittelführerin) und dem Office national interprofessionnel des céréales (nachfolgend: ONIC) wegen Ausfuhrerstattungen für von Ersterer nach Österreich ausgeführten Glukosesirup. </p><p>Anwendbare Rechtsvorschriften </p><p>3 Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 lautet: </p><p>"Unbeschadet der Artikel 5 und 16 ist die Zahlung der Ausfuhrerstattung von dem Nachweis abhängig, dass die Erzeugnisse, für welche die Ausfuhrerklärung angenommen wurde, spätestens sechzig Tage nach dieser Annahme das Zollgebiet der Gemeinschaft in unverändertem Zustand verlassen haben." </p><p>4 In Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung heißt es: </p><p>"Außer von der Voraussetzung, dass das Erzeugnis das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hat, ist die Zahlung der einheitlichen oder unterschiedlichen Erstattung davon abhängig, dass das Erzeugnis innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme der Ausfuhranmeldung in ein Drittland eingeführt wurde, es sei denn, dass es im Laufe der Beförderung infolge höherer Gewalt untergegangen ist, </p><p>a) wenn ernste Zweifel am Erreichen der tatsächlichen Bestimmung des Erzeugnisses bestehen </p><p>oder </p><p>b) wenn bei dem Erzeugnis aufgrund des Unterschieds zwischen dem für das ausgeführte Erzeugnis anzuwendenden Erstattungsbetrag und den für ein gleichartiges Erzeugnis zum Zeitpunkt der Annahme der Ausfuhranmeldung geltenden Eingangsabgaben die Möglichkeit besteht, dass es in die Gemeinschaft wieder eingeführt wird. </p><p>... </p><p>In den im vorigen Unterabsatz genannten Fällen finden Artikel 17 Absatz 3 und Artikel 18 Anwendung. </p><p>Außerdem können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusätzliche Beweismittel fordern, mit denen ihnen gegenüber nachgewiesen werden kann, dass das betreffende Erzeugnis tatsächlich in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist." </p><p>5 Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt: </p><p>"Das Erzeugnis gilt als eingeführt, wenn die Zollförmlichkeiten für die Abfertigung zum freien Verkehr in dem betreffenden Drittland erfuellt sind." </p><p>6 Artikel 18 der Verordnung regelt des Näheren, wie die Erfuellung der Zollförmlichkeiten nachgewiesen werden kann. </p><p>Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage </p><p>7 Im Anschluss an ihren Antrag auf Erstattung für die Ausfuhr von Glukosesirup nach Österreich vom 1. bis zum 7. März 1990 erhielt die Rechtsmittelführerin vom ONIC einen Vorschuss in Höhe von 254 179,82 FRF. </p><p>8 Da die Rechtsmittelführerin die vom ONIC geforderten zusätzlichen Beweise für den Verbrauch der Glukose in unverändertem Zustand auf dem österreichischen Markt nicht hatte beibringen können, stellte das ONIC den Anspruch der Rechtsmittelführerin auf die beantragte Erstattung wieder in Frage. Es weigerte sich deshalb, die Sicherheit in Höhe von 115 % des Vorschusses, also von 292 306,79 FRF, freizugeben, und erlegte der Rechtsmittelführerin wegen ihres Versäumnisses, die geforderten Belege beizubringen, eine Geldbuße auf. </p><p>9 Die Rechtsmittelführerin erhob beim Tribunal administratif Lille (Frankreich) Klage auf Erstattung eines Betrages in Höhe der Sicherheit. Dabei machte sie geltend, der im Rahmen des aktiven Veredelungsverkehrs ausgeführte Glukosesirup sei von seinem österreichischen Kunden zur Herstellung von Penicillin verwendet worden, von dem ein Teil anschließend wieder in die Gemeinschaft eingeführt worden sei. </p><p>10 Mit Urteil vom 7. August 1995 verurteilte das Tribunal administratif Lille das ONIC, der Rechtsmittelführerin 146 153,59 FRF Schadensersatz zu zahlen, und wies die Klage im Übrigen ab. </p><p>11 Beim vorlegenden Gericht hat die Rechtsmittelführerin die Abänderung dieses Urteils und insbesondere die Verurteilung des ONIC zur Zahlung eines dem Gesamtbetrag der Sicherheit entsprechenden Betrages nebst gesetzlichen Zinsen seit dem 16. November 1993 beantragt. </p><p>12 Da nach Auffassung der Cour administrative d'appel die Entscheidung des bei ihr anhängigen Rechtsstreits von der Auslegung der am 1. März 1990 geltenden gemeinschaftsrechtlichen Regelung über die Ausfuhrerstattung abhängt, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: </p><p>Kann die zuständige Kontrolleinrichtung (im vorliegenden Fall das ONIC) gemäß den am 1. März 1990 geltenden Vorschriften, insbesondere nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987, der als Voraussetzung für die Gewährung einer Ausfuhrerstattung vorsieht, "dass das betreffende Erzeugnis tatsächlich in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist", die Erstattungsansprüche des Lieferers allein deswegen in Frage stellen, weil der ausländische Kunde die gelieferte Ware zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet hat, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ausgeführt wird? </p><p>Zur Vorabentscheidungsfrage </p><p>13 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 dahin auszulegen ist, dass die Zahlung einer Ausfuhrerstattung von der Beibringung zusätzlicher Beweise abhängig gemacht werden kann, mit denen nachgewiesen werden kann, dass ein Erzeugnis in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist, wenn es dort einer Verarbeitung unterzogen worden ist, die als wesentlich anzusehen ist, weil das Erzeugnis in unumkehrbarer Weise zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft ausgeführt wird. </p><p>14 Die Rechtsmittelführerin, die französische Regierung und die Kommission führen hierzu aus, in Bezug auf nichtdifferenzierte Erstattungen könnten solche Beweise nur verlangt werden, wenn Anlass zu dem Verdacht bestehe, dass ein Erzeugnis, für das eine Erstattung gewährt worden sei, missbräuchlich wieder in die Gemeinschaft eingeführt werde. Das sei insbesondere dann nicht der Fall, wenn das ausgeführte Erzeugnis einer wesentlichen und unumkehrbaren Verarbeitung unterzogen worden sei, die die Wiedereinfuhr des ursprünglichen Erzeugnisses unmöglich mache. </p><p>15 Diese Auslegung werde auch durch die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 102, S. 11) gestützt, die die insoweit anwendbare Regelung erläutert habe. Gemäß Artikel 20 dieser Verordnung werde nämlich der Erstattungsanspruch nicht dadurch beeinträchtigt, dass ein Erzeugnis nach einer wesentlichen Verarbeitung im Bestimmungsdrittland wieder in die Gemeinschaft eingeführt werde. </p><p>16 Das ONIC ist dagegen der Auffassung, das Erzeugnis erfuelle, auch wenn es verarbeitet worden sei, ab dem Zeitpunkt, in dem es wieder in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt werde, nicht mehr die Voraussetzung, dass es das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen habe und in unveränderten Zustand im Bestimmungsdrittland zum Verbrauch bereitgestellt worden sei. Unter dieser Bereitstellung in unverändertem Zustand sei nämlich die Verwertung des Erzeugnisses in dem betreffenden Einfuhrdrittland zu verstehen. Eine Verwertung liege aber nicht vor, wenn das Erzeugnis nach einer einfachen Veränderung wieder in den Binnenmarkt der Gemeinschaft eingeführt werde. </p><p>17 Der Zweck des Artikels 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 besteht nach deren vierter Begründungserwägung darin, Missbräuche, im Fall von Unterabsatz 1 Buchstabe b der genannten Vorschrift namentlich die Gefahr einer Wiedereinfuhr des ausgeführten Erzeugnisses in die Gemeinschaft, zu verhindern (in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 1999 in der Rechtssache C-54/95, Deutschland/Kommission, Slg. 1999, I-35, Randnrn. 45 und 46). </p><p>18 Um solche Missbräuche zu bekämpfen, sind die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 4 der Verordnung Nr. 3665/87 berechtigt, zusätzliche Beweise zu fordern, mit denen nachgewiesen werden kann, dass das betreffende Erzeugnis tatsächlich in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist. Solche Nachweise können verlangt werden, wenn der Verdacht besteht oder feststeht, dass Missbräuche begangen worden sind (Urteil vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-347/93, Boterlux, Slg. 1994, I-3933, Randnrn. 25 und 27). </p><p>19 Ein Missbrauch durch die Wiedereinfuhr des zuvor exportierten Erzeugnisses in die Gemeinschaft kann aber nicht vorliegen, wenn das Erzeugnis einer wesentlichen und unumkehrbaren Verarbeitung unterzogen worden ist, die dazu geführt hat, dass es als solches nicht mehr existiert und ein neues Erzeugnis geschaffen worden ist, das unter eine andere Tarifposition fällt. </p><p>20 Die aus den Randnummern 17 bis 19 dieses Urteils folgende Auslegung, wonach im Fall einer wesentlichen Verarbeitung des betreffenden Erzeugnisses kein Missbrauch im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 3665/87 vorliegt, wird im Übrigen durch Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung Nr. 800/1999 erhärtet. Nach der neuen Bestimmung kann nämlich der Verdacht auf Wiedereinfuhr dadurch entkräftet werden, dass das Erzeugnis, für das eine nichtdifferenzierte Erstattung gewährt wird, einer wesentlichen Be- oder Verarbeitung im Sinne von Artikel 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) unterzogen worden ist, nachdem es das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hatte; nach dem Wortlaut der zuletzt genannten Bestimmung handelt es sich dabei um eine "wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung ..., die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt". </p><p>21 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 dahin auszulegen ist, dass die Zahlung einer Ausfuhrerstattung nicht von der Beibringung zusätzlicher Beweise abhängig gemacht werden kann, mit denen nachgewiesen werden kann, dass ein Erzeugnis in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist, wenn es dort einer Verarbeitung unterzogen worden ist, die als wesentlich anzusehen ist, weil das Erzeugnis in unumkehrbarer Weise zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft ausgeführt wird. </p>
</em><p/>
<a name="CO"/><h2>Kostenentscheidung</h2><br/><em>
<p>Kosten </p><p>22 Die Auslagen der französischen Regierung und der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. </p>
</em><p/>
<a name="DI"/><h2>Tenor</h2><br/><em>
<p>Aus diesen Gründen </p><p>hat </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Erste Kammer) </p><p>auf die ihm von der Cour administrative d'appel Nancy mit Urteil vom 25. März 1999 vorgelegte Frage für Recht erkannt: </p><p>Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist dahin auszulegen, dass die Zahlung einer Ausfuhrerstattung nicht von der Beibringung zusätzlicher Beweise abhängig gemacht werden kann, mit denen nachgewiesen werden kann, dass ein Erzeugnis in unverändertem Zustand auf den Markt des einführenden Drittlandes gelangt ist, wenn es dort einer Verarbeitung unterzogen worden ist, die als wesentlich anzusehen ist, weil das Erzeugnis in unumkehrbarer Weise zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses verwendet worden ist, bei dem die Möglichkeit besteht, dass es wieder in die Gemeinschaft ausgeführt wird. </p>
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175,000 | eugh-2000-10-12-c-399 | {
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} | C-3/99 | 2000-10-12T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:17 | 2019-01-31T19:09:17 | Urteil | ECLI:EU:C:2000:560 | <div id="banner">
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<h1>61999J0003</h1>
<p>
<strong>Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 12. Oktober 2000. - Cidrerie Ruwet SA gegen Cidre Stassen SA und HP Bulmer Ltd. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal de commerce de Bruxelles - Belgien. - Freier Warenverkehr - Richtlinie 75/106/EWG - Teilweise Angleichung - Flüssigkeiten in Fertigpackungen - Abfüllung nach Volumen - Apfelwein - Verbot von in der Richtlinie nicht vorgesehenen Nennvolumen durch einen Mitgliedstaat. - Rechtssache C-3/99. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-08749<br/> </em>
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<br/>
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<p/><p><a href="#SM">Leitsätze</a><br/>
<a href="#I1">Parteien</a><br/>
<a href="#MO">Entscheidungsgründe</a><br/>
<a href="#CO">Kostenentscheidung</a><br/>
<a href="#DI">Tenor</a><br/>
</p>
<h2>Schlüsselwörter</h2><br/><em>
<p>1 Rechtsangleichung - Fertigverpackung von Flüssigkeiten - Richtlinie 75/106 in der geänderten Fassung - Teilweise Harmonisierung - Verbot des Inverkehrbringens von Fertigpackungen mit einem in Anhang III Spalte I der Richtlinie nicht aufgeführten Nennvolumen durch die Mitgliedstaaten - Unzulässigkeit </p><p>(Richtlinie 75/106 des Rates in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676, Anhang III, Spalte 1) </p><p>2 Freier Warenverkehr - Mengenmäßige Beschränkungen - Maßnahmen gleicher Wirkung - Nationale Regelung, die das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten, durch die Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 geänderten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen verbietet - Unzulässigkeit - Rechtfertigung - Verbraucherschutz - Voraussetzungen - Beurteilung durch das nationale Gericht </p><p>(EG-Vertrag, Artikel 30 [nach Änderung jetzt Artikel 28 EG]; Richtlinie 75/106 des Rates in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676, Anhang III, Spalte 1) </p>
</em><p/>
<a name="SM"/><h2>Leitsätze</h2><br/><em>
<p>1 Die Richtlinie 75/106 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 gestattet es den Mitgliedstaaten nicht, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen, das nicht in Anhang III Spalte I dieser Richtlinie vorgesehen ist, zu verbieten. </p><p>Zwar war mit der Richtlinie 75/106 in ihrer ursprünglichen Fassung eine vollständige Angleichung der betreffenden innerstaatlichen Regelungen erfolgt, nach ihrer Änderung durch die Richtlinie 79/1005 bewirkte sie jedoch nur noch eine teilweise Harmonisierung. (vgl. Randnrn. 42-43, 57 und Tenor) </p><p>2 Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich durch die Richtlinie 75/106 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 festgelegten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen zu verbieten, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, dieses Verbot soll einem zwingenden Erfordernis des Verbraucherschutzes dienen, gilt unterschiedslos für inländische wie für eingeführte Erzeugnisse, ist notwendig, um dem fraglichen Erfordernis gerecht zu werden und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, und dieser Zweck kann nicht durch Maßnahmen erreicht werden, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken. </p><p>Das innerstaatliche Gericht muss bei der Beurteilung der Frage, ob tatsächlich die Gefahr besteht, dass der Verbraucher durch zu dicht beieinander liegende Nennvolumen derselben Flüssigkeit irregeführt wird, allen maßgeblichen Gesichtspunkten Rechnung tragen, indem es auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abstellt. (vgl. Randnrn. 51-53, 57 und Tenor) </p>
</em><p/>
<a name="I1"/><h2>Parteien</h2><br/><em>
<p>In der Rechtssache C-3/99 </p><p>betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Tribunal de commerce Brüssel (Belgien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit </p><p>Cidrerie Ruwet SA </p><p>gegen </p><p>Cidre Stassen SA, </p><p>HP Bulmer Ltd </p><p>vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) und über die Gültigkeit und Auslegung der Richtlinie 75/106/EWG des Rates vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (ABl. 1975, L 42, S. 1) in der Fassung der Richtlinien 79/1005/EWG des Rates vom 23. November 1979 (ABl. L 308, S. 25), 85/10/EWG des Rates vom 18. Dezember 1984 (ABl. 1985, L 4, S. 20), 88/316/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 (ABl. L 143, S. 26) und 89/676/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 (ABl. L 398, S. 18) </p><p>erlässt </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Sechste Kammer) </p><p>unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann (Berichterstatter) sowie der Richter J.-P. Puissochet und R. Schintgen, </p><p>Generalanwalt: N. Fennelly </p><p>Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin </p><p>unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen </p><p>- der Cidre Stassen SA und der HP Bulmer Ltd, vertreten durch Rechtsanwälte E. Deltour, A. Puts und P.-M. Louis, Brüssel, </p><p>- der belgischen Regierung, vertreten durch A. Snoecx, Beraterin im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigte, </p><p>- der deutschen Regierung, vertreten durch Ministerialrat W.-D. Plessing und Regierungsdirektor C.-D. Quassowski, Bundesministerium der Finanzen, als Bevollmächtigte, </p><p>- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Ewing, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte im Beistand von Barrister D. Bethlehem, </p><p>- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch Rechtsberaterin C. Giorgi und F. Anton, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, </p><p>- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater H. van Lier als Bevollmächtigten, </p><p>aufgrund des Sitzungsberichts, </p><p>nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Cidrerie Ruwet SA, vertreten durch Rechtsanwalt K. Carbonez, Brüssel, der Cidre Stassen SA und der HP Bulmer Ltd, vertreten durch Rechtsanwälte A. Puts und P.-M. Louis, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Barrister A. Robertson, des Rates, vertreten durch F. Anton, und der Kommission, vertreten durch H. van Lier, in der Sitzung vom 10. Februar 2000, </p><p>nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2000, </p><p>folgendes </p><p>Urteil </p>
</em><p/>
<a name="MO"/><h2>Entscheidungsgründe</h2><br/><em>
<p>1 Das Tribunal de commerce Brüssel hat mit Urteil vom 28. Dezember 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) sowie der Gültigkeit und der Auslegung der Richtlinie 75/106/EWG des Rates vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (ABl. 1975, L 42, S. 1) in der Fassung der Richtlinien 79/1005/EWG des Rates vom 23. November 1979 (ABl. L 308, S. 25), 85/10/EWG des Rates vom 18. Dezember 1984 (ABl. 1985, L 4, S. 20), 88/316/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 (ABl. L 143, S. 26) und 89/676/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 (ABl. L 398, S. 18) zur Vorabentscheidung vorgelegt. </p><p>2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Cidrerie Ruwet SA (im Folgenden: Firma Ruwet) mit Sitz in Belgien einerseits und der Cidre Stassen SA (im Folgenden: Firma Stassen), ebenfalls mit Sitz in Belgien, und der HP Bulmer Ltd (im Folgenden: Firma HP Bulmer) mit Sitz im Vereinigten Königreich andererseits wegen eines Antrags der Firma Ruwet auf Verurteilung der Firma Stassen, den Vertrieb von Apfelwein in Flaschen mit einem Nennvolumen von 0,33 l in Belgien einzustellen. </p><p>Rechtlicher Rahmen </p><p>Gemeinschaftsrecht </p><p>3 Artikel 30 EG-Vertrag bestimmt: </p><p>"Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen zwischen den Mitgliedstaaten verboten." </p><p>4 Nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 88/316 und 89/676 sind Gegenstand dieser Richtlinie die Fertigpackungen mit den in Anhang III aufgeführten fluessigen Erzeugnissen, also u. a. Wein, Apfelwein, Bier, Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke, Speiseessig, Speiseöle, Milch, Wasser, Limonaden und Frucht- und Gemüsesäfte. Artikel 1 Absatz 2 sieht Ausnahmen vor, die im vorliegenden Fall nicht erheblich sind. </p><p>5 Die erste und die vierte Begründungserwägung der Richtlinie 75/106 lauten: </p><p>"In den meisten Mitgliedstaaten sind die Bedingungen, unter denen in verschlossenen Fertigpackungen abgefuellte Flüssigkeiten in den Verkehr gebracht werden müssen, durch zwingende Rechtsvorschriften geregelt, die von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden sind und daher bei diesen Fertigpackungen zu Handelshemmnissen führen; diese Vorschriften sind deshalb anzugleichen. </p><p>... </p><p>Es empfiehlt sich, die Größen der Nennvolumen für ein und dasselbe Erzeugnis, die zu dicht beieinander liegen und zu einer Irreführung des Verbrauchers Anlass geben könnten, zahlenmäßig so weit wie möglich zu verringern; angesichts der enormen Lagerbestände an Fertigpackungen in der Gemeinschaft kann diese Verringerung jedoch nur schrittweise erfolgen." </p><p>6 Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten insbesondere, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit den in Anhang III vorgesehenen Nennvolumen in ihrem Gebiet zu gestatten. </p><p>7 Artikel 5 der Richtlinie bestimmte in seiner ursprünglichen Fassung: </p><p>"Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen von Fertigpackungen, die den Bestimmungen ... dieser Richtlinie entsprechen, nicht aus Gründen verweigern, verbieten oder beschränken, die sich auf das Volumen der Fertigpackungen [oder] dessen Feststellung ... beziehen." </p><p>8 Diese Bestimmung lautet in der Fassung der Richtlinien 79/1005 und 85/10 nunmehr wie folgt: </p><p>"(1) Die Mitgliedstaaten dürfen das Inverkehrbringen von Fertigpackungen, die dieser Richtlinie entsprechen, nicht aus Gründen verweigern, verbieten oder beschränken, die sich auf die Feststellung des Volumens der Fertigpackungen ... oder auf das in Anhang III Spalte I verzeichnete Nennvolumen beziehen. </p><p>..." </p><p>9 Artikel 4 der Richtlinie 75/106 schloss in seiner ursprünglichen Fassung Fertigpackungen mit anderen als den in Anhang III genannten Nennvolumen aus. </p><p>10 In Artikel 4 Absätze 1 und 2 hieß es: </p><p>"(1) Auf allen in Artikel 3 genannten Fertigpackungen muss stets das als Nennvolumen bezeichnete Flüssigkeitsvolumen, das jeweils in ihnen enthalten sein soll, gemäß Anhang I angegeben sein. </p><p>(2) Für diese Fertigpackungen sind allein die in Anhang III angegebenen Nennvolumen zulässig." </p><p>11 Der in Absatz 2 vorgesehene Ausschluss wurde durch eine Änderung dieser Vorschrift durch die Richtlinie 79/1005 beseitigt; in der sechsten Begründungserwägung der Änderungsrichtlinie heißt es: </p><p>"Für gewisse Mitgliedstaaten bringt die Verringerung der Zahl der Nennvolumen Schwierigkeiten mit sich. Für diese Mitgliedstaaten ist deshalb eine Übergangszeit vorzusehen, die den innergemeinschaftlichen Handel mit den betreffenden Erzeugnissen nicht behindert und die Durchführung dieser Richtlinie in den übrigen Mitgliedstaaten nicht gefährdet." </p><p>12 Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 89/676 untersagte jedoch nach dem - inzwischen erfolgten - Ablauf bestimmter Fristen das Inverkehrbringen der Erzeugnisse, die in Anhang III Nummer 1 Buchstaben a und b, Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 4 aufgeführt sind (insbesondere Wein, Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke), in Fertigpackungen mit anderen als den in Anhang III Spalte I aufgeführten Nennvolumen. </p><p>13 In dieser Spalte, die in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 die endgültig zulässigen Nennvolumen festlegt, ist das Volumen von 0,33 l für Apfelwein nicht vorgesehen. Für nicht schäumenden Apfelwein sieht sie in Nummer 1 Buchstabe c neun Nennvolumen vor: 0,10 l - 0,25 l - 0,375 l - 0,50 l - 0,75 l - 1 l - 1,5 l - 2 l - 5 l. Für schäumenden Apfelwein sieht sie in Nummer 2 Buchstabe b sieben Nennvolumen vor: 0,10 l - 0,20 l - 0,375 l - 0,75 l - 1 l - 1,5 l - 3 l. </p><p>Das belgische Recht </p><p>14 Die Königliche Verordnung vom 16. Februar 1982 über die Reihen der zulässigen Nennfuellmengen und Nennvolumen für bestimmte Erzeugnisse in Fertigpackungen (Moniteur belge vom 12. März 1982; im Folgenden: Königliche Verordnung) setzt die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 in belgisches Recht um. Er sieht nur die nach dieser Richtlinie zulässigen Nennvolumen vor. Somit ist das Inverkehrbringen von Apfelwein in 0,33-l-Flaschen in Belgien nicht gestattet. </p><p>Das Ausgangsverfahren </p><p>15 Die Firmen Ruwet, Stassen und HP Bulmer erzeugen und vertreiben verschiedene Apfelweinprodukte, die sowohl zum Verkauf auf den Inlandsmärkten als auch für den Export bestimmt sind. </p><p>16 Die Firma Stassen begann trotz des in der Königlichen Verordnung enthaltenen Verbots, für die Verbraucher bestimmten Apfelwein in 0,33-l-Flaschen auf dem belgischen Markt zu verkaufen. </p><p>17 Die Firma Ruwet forderte sie mit Schreiben vom 29. Mai und 16. Juni 1998 auf, den Vertrieb einzustellen. </p><p>18 Die Firma Stassen lehnte dies mit Schreiben vom 12. und 19. Juni 1998 ab. Die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 sei nicht ordnungsgemäß in das belgische Recht umgesetzt worden; sie untersage nicht den Verkauf von Apfelwein in Packungen mit anderen als den in Anhang III der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Volumen; die Königliche Verordnung verstoße dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass sie das Inverkehrbringen von Apfelwein in Packungen mit 0,33 l untersage; die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 würde gegen Artikel 30 EG-Vertrag verstoßen, wenn sie tatsächlich ein solches Verbot enthielte. </p><p>19 Am 26. Juni 1998 verklagte die Firma Ruwet die Firma Stassen vor dem Tribunal de commerce Brüssel und beantragte, sie zu verurteilen, den Vertrieb der streitigen Erzeugnisse in Belgien einzustellen. Die Firma HP Bulmer trat diesem innerstaatlichen Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten bei. </p><p>20 Das Tribunal de commerce Brüssel hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: </p><p>1. Ist es mit Artikel 30 EG-Vertrag vereinbar, dass die Richtlinie 75/106/EWG vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinie 79/1005/EWG vom 23. November 1979, die eine Übergangszeit vorsieht, den Mitgliedstaaten noch heute, also etwa zwanzig Jahre später und obwohl sich in dieser Zeit die Gewohnheiten geändert haben und das 0,33-l-Behältnis inzwischen weltweit beliebt und verbreitet ist, erlaubt, den Vertrieb anderer Behältnisse als der in Anhang III der Richtlinie vorgesehenen zuzulassen oder zu verbieten, woraus sich Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben können und im vorliegenden Fall ergeben, so dass die Mitgliedstaaten, die wie Belgien für Apfelwein die Behältnisreihen beschränken, damit über eine Maßnahme verfügen, die eine Beschränkung des freien Warenverkehrs bezweckt oder bewirkt? </p><p>2. Erlaubt die Richtlinie 75/106/EWG vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinie 79/1005/EWG vom 23. November 1979 den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Grundsatzes des freien Warenverkehrs eine Umsetzung dahin gehend, dass die nationale Regelung den Vertrieb von Behältnissen mit einer nicht in Anhang III der Richtlinie genannten Menge, hier des 0,33-l-Behältnisses für den Vertrieb von Apfelwein, untersagt? </p><p>Die Vorabentscheidungsfragen </p><p>21 Die erste Frage des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 im Hinblick auf Artikel 30 EG-Vertrag gültig ist, sofern sie es den Mitgliedstaaten gestattet, das Inverkehrbringen anderer als der in Anhang III Spalte I vorgesehenen Fertigpackungen nicht zuzulassen und auf diese Weise den freien Warenverkehr zu behindern. </p><p>22 Die zweite Frage geht dahin, ob diese Richtlinie so auszulegen ist, dass sie es den Mitgliedstaaten gestattet, durch eine nationale Regelung wie die Königliche Verordnung das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen, das nicht in ihrem Anhang III Spalte I vorgesehen ist, zu verbieten. </p><p>23 Die zweite Frage ist zuerst zu prüfen, denn eine Beantwortung der ersten Frage nach der Gültigkeit der fraglichen Richtlinie wäre nur erforderlich, wenn diese tatsächlich so auszulegen ist, dass sie es den Mitgliedstaaten gestattet, ein solches Verbot auszusprechen. </p><p>24 Falls sie nicht so auszulegen ist, wird unter Berücksichtigung der im Verfahren abgegebenen Erklärungen zu untersuchen sein, ob Artikel 30 einem Vertriebsverbot wie dem, um das es im Ausgangsverfahren geht, entgegensteht. </p><p>25 Die Firma Ruwet führt aus, das Ausgangsverfahren sei ein rein innerstaatlicher Rechtsstreit, in dem zwei Unternehmen, nämlich die Firma Stassen und sie selbst, über in Belgien hergestellte und in den Verkehr gebrachte Erzeugnisse stritten. Unter diesen Umständen sei die Frage der Vereinbarkeit der Königlichen Verordnung mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu prüfen. </p><p>26 Dazu genügt die Feststellung, dass das vorlegende Gericht dieses Vorbringen in seinem Urteil bereits zurückgewiesen und festgestellt hat, dass der Rechtsstreit nicht eine rein interne Situation betreffe, da die Frima Stassen nicht nur den von ihr erzeugten, sondern auch von ihr eingeführten Apfelwein verkaufe. </p><p>27 Die Firma Ruwet trägt weiter vor, die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 habe es den Mitgliedstaaten letztlich ermöglicht, entweder das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit anderen als den in ihrem Anhang III vorgesehenen Nennvolumen zu gestatten oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die nicht den Angaben in diesem Anhang entsprächen, zu verbieten. Diese optionelle Harmonisierung führe dazu, dass zwei verschiedene Märkte nebeneinander bestuenden, nämlich der für Erzeugnisse, die der genannten Richtlinie entsprächen und frei verkehren könnten, und derjenige der nicht konformen Erzeugnisse, die nicht frei verkehren könnten. Das Königreich Belgien habe somit für die zweite Alternative optieren dürfen, zumal diese Option den Schutz der Verbraucher sicherstelle, die andernfalls durch zu dicht beieinander liegende Nennvolumen irregeführt werden könnten. </p><p>28 Die belgische Regierung räumt ein, im Fall der optionellen Harmonisierung könnten die Importeure von Erzeugnissen, die nicht den in der Richtlinie genannten Standards entsprächen, sich grundsätzlich auf Artikel 30 EG-Vertrag berufen, um am freien Warenverkehr teilzuhaben. Habe der Einfuhrmitgliedstaat jedoch die Bestimmungen der Richtlinie für verbindlich erklärt und seine eigenen nationalen Standards aufgegeben, so könne er nicht gezwungen werden, nicht konforme Erzeugnisse zu akzeptieren. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Hersteller, die die für die Anpassung ihrer Produktion an die optionell harmonisierten Standards erforderlichen Ausgaben getätigt hätten, nicht für ihre Anstrengungen belohnt würden, während die Hersteller, die keine derartigen Ausgaben gehabt hätten, sich weiter auch für nicht konforme Erzeugnisse auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs berufen könnten. </p><p>29 Für den Fall, dass dieser Auffassung nicht zugestimmt werde, sei davon auszugehen, dass die sich aus der Königlichen Verordnung ergebende Behinderung der Einfuhr durch zwingende Erfordernisse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sei. </p><p>30 Die Firmen Stassen und HP Bulmer machen geltend, nach der Rechtsprechung, die auf das Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe, "Cassis de Dijon", Slg. 1979, 649) zurückgehe, erfasse der freie Warenverkehr im Sinne des Artikels 30 EG-Vertrag nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung alle in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellten Erzeugnisse. Die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 könne nicht dahin ausgelegt werden, dass sie eine nationale Maßnahme wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Vertriebsverbot gestatte. </p><p>31 Da mit dieser Richtlinie keine vollständige Harmonisierung erfolgt sei, blieben die Artikel 30 ff. anwendbar. Danach sei eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung nur dann durch zwingende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt, wenn sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahre. Dies sei jedoch in der Ausgangsrechtssache nicht der Fall. Das Verbot von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen von 0,33 l für Apfelwein, das dem Verbraucherschutz dienen solle, verhindere mengenbezogene Preisvergleiche mit den Getränken, die unmittelbar mit dem Apfelwein in Wettbewerb stuenden (Bier und alkoholfreie Getränke). Zudem könne der Verbraucherschutz hinsichtlich der Preisvergleiche durch eine andere Maßnahme erreicht werden, die weit weniger einschneidende Auswirkungen auf den Gemeinschaftshandel hätte als ein Verbot, nämlich eine Verpflichtung zur Angabe des Preises pro Maßeinheit (pro Liter) an den Regalen, in denen das Erzeugnis zum Kauf angeboten werde. Ein Vertriebsverbot wie in der Ausgangsrechtssache verstoße somit gegen Artikel 30 EG-Vertrag. </p><p>32 Die deutsche Regierung verweist zunächst hinsichtlich der Erzeugnisse, für die die Mitgliedstaaten weiterhin andere als die in Anhang III Spalte I der Richtlinie vorgesehenen Nennvolumen zulassen dürfen, auf das Urteil vom 19. Februar 1981 in der Rechtssache 130/80 (Kelderman, Slg. 1981, 527), in dem der Gerichtshof entschieden habe, dass eine nationale Regelung, die der Abgrenzung zwischen verschiedenen Brotgrößen und -gewichten diene und durch die eine Irreführung des Verbrauchers über die ihm tatsächlich angebotene Brotmenge vermieden werden könne, aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht zu rechtfertigen sei, da sich eine angemessene Unterrichtung des Verbrauchers durch eine geeignete Etikettierung erreichen lasse. Eine solche Vorschrift verstoße deshalb gegen Artikel 30 EG-Vertrag. Das Gemeinschaftsrecht enthalte Vorschriften über die Mengenkennzeichnung für Lebensmittel und zur Bekämpfung der irreführenden Aufmachung von Fertigpackungen. Die Markttransparenz werde mit der Umsetzung der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. L 80, S. 27) spätestens am 18. März 2000 verbessert. Einschränkungen des freien Warenverkehrs, die sich aus der Richtlinie 75/106 ergäben, ließen sich nach der Umsetzung der Richtlinie 98/6 generell nicht mehr aus Gründen des Verbraucherschutzes rechtfertigen. </p><p>33 Die Regierung des Vereinigten Königreichs führt aus, die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 gestatte es den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit anderen als den in der Richtlinie vorgesehenen Nennvolumen zuzulassen. Die Mitgliedstaaten dürften den Vertrieb dieser Erzeugnisse in ihrem Hoheitsgebiet nur unter Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Artikel 30 EG-Vertrag beschränken. </p><p>34 Auch müssten verwandte Gemeinschaftsvorschriften berücksichtigt werden, insbesondere die Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. 1979, L 33, S. 1), die Richtlinie 79/581/EWG des Rates vom 19. Juni 1979 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Lebensmittelpreise (ABl. L 158, S. 19) in der Fassung der Richtlinie 88/315/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 (ABl. L 142, S. 23) und die Richtlinie 98/6. Die Notwendigkeit einer Einschränkung des freien Warenverkehrs sei anhand dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und der Rechtsprechung des Gerichtshofes sowie nach Maßgabe der tatsächlichen Umstände zu beurteilen. </p><p>35 Der Rat erklärt, er beabsichtige nicht, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Königreich Belgien die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005 ordnungsgemäß umgesetzt hat. Seiner Meinung nach ergibt sich allerdings aus Artikel 5 und Anhang III dieser Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Apfelwein in Fertigpackungen mit einem Nennvolumen von 0,33 l nicht verbieten oder beschränken dürften. Die Richtlinie 98/6 bestätige, dass die Richtline 75/106 in der geänderten Fassung nicht dahin ausgelegt werden könne, dass sie das Inverkehrbringen von Apfelwein in 0,33-l-Flaschen aus Gründen des Verbraucherschutzes verbiete. </p><p>36 Die Kommission ist der Auffassung, dass die Richtlinie 75/106 in der geänderten Fassung es den Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in Artikel 5 aufgeführten Ausnahmen (siehe Randnr. 12 dieses Urteils) gestatte, andere als die in ihr vorgesehenen Fertigpackungen zuzulassen, so dass diese fortan neben jenen verwendet werden könnten. </p><p>37 Diese anderen Fertigpackungen fielen weiterhin unter Artikel 30 EG-Vertrag, der es einem Mitgliedstaat nicht verbiete, seine Verbraucher vor einer Aufmachung zu schützen, die geeignet sei, den Käufer irrezuführen. </p><p>38 Außerdem sei die Verwechslungsgefahr vom nationalen Gericht konkret unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen (Urteil vom 17. März 1983 in der Rechtssache 94/82, De Kikvorsch, Slg. 1983, 947). Im vorliegenden Fall müsse das einzelstaatliche Gericht die Abstände zwischen den Nennvolumen der in der in Rede stehenden Richtlinie vorgesehenen Reihen beachten. Diese Abstände ließen erkennen, bei welchen Nennvolumen angenommen werden könne, dass sie die Verbraucher vor jeder Verwechslungsgefahr schützten. Der Abstand zwischen einer Fertigpackung mit einem Nennvolumen von 0,33 l und einer Fertigpackung mit einem Nennvolumen von 0,375 l führe danach nicht zu einer signifikanten Verwechslungsgefahr, sofern die Etikettierung den Verbraucher in geeigneter Weise über das Volumen der abgepackten Flüssigkeit unterrichte. </p><p>39 Nach Auffassung der Kommission könnte das vorlegende Gericht auch Merkmale der Verpackung wie die Art oder die besondere Form der Fertigpackung, die eventuelle Angabe des Preises je Maßeinheit gemäß den Richtlinien 79/581 und 98/6 sowie die in der Richtlinie 75/106 in der geänderten Fassung für Konkurrenzprodukte oder allgemein für die meisten anderen Getränke vorgesehenen Nennvolumen berücksichtigen. </p><p>40 Die Richtlinie 75/106 wurde auf der Grundlage des Artikels 100 EG-Vertrag (jetzt Artikel 94 EG) zur Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten erlassen, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. </p><p>41 Nach ihrer ersten Begründungserwägung sollte sie die Hemmnisse für den freien Warenverkehr beseitigen, die sich für Getränke-Fertigpackungen aus der Unterschiedlichkeit der in den meisten Mitgliedstaaten bestehenden zwingenden Rechtsvorschriften ergaben. Ihrer vierten Begründungserwägung zufolge sollte sie außerdem den Schutz der Verbraucher vor Irreführung verbessern. </p><p>42 Mit der Richtlinie 75/106 in ihrer ursprünglichen Fassung war eine vollständige Angleichung der betreffenden innerstaatlichen Regelungen erfolgt: Artikel 4 Absatz 2 schloss das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit anderen als den in Anhang III vorgesehenen Nennvolumen aus, und Artikel 5 untersagte es den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen, die den Bestimmungen der Richtlinie entsprachen, aus Gründen zu beschränken, die sich auf ihr Volumen oder dessen Feststellung bezogen. </p><p>43 Nach der Streichung des Artikels 4 Absatz 2 durch die Richtlinie 79/1005 bewirkte die Richtlinie 75/106 nur noch eine teilweise Harmonisierung. Es wurde den Mitgliedstaaten wieder gestattet, das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit anderen als den in Anhang III vorgesehenen Nennvolumen zuzulassen, mit Ausnahme der Fertigpackungen mit bestimmten Erzeugnissen, die hier keine Rolle spielen (siehe Randnr. 12 dieses Urteils). </p><p>44 Entgegen der Auffassung der Firma Ruwet und der belgischen Regierung können die Fertigpackungen mit Nennvolumen, die nicht in Anhang III Spalte I der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 vorgesehen sind, jedoch unter Beachtung dieser Richtlinie in anderen Mitgliedstaaten zugelassen wurden, nicht schon deshalb von dem durch Artikel 30 EG-Vertrag gewährleisteten freien Warenverkehr ausgeschlossen werden, weil ein Mitgliedstaat wie in der Ausgangsrechtssache die gemeinschaftsrechtlich festgelegte Reihe der Nennvolumen für verbindlich erklärt hat. </p><p>45 Nach ständiger Rechtsprechung bezweckt Artikel 30 das Verbot jeder Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837, Randnr. 5). </p><p>46 In Ermangelung einer Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften verbietet Artikel 30 namentlich die Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich daraus ergeben, dass Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften wie etwa hinsichtlich ihrer Ausstattung, ihrer Etikettierung und ihrer Verpackung entsprechen müssen, auch wenn diese unterschiedslos für einheimische und eingeführte Erzeugnisse gelten (Urteil vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-470/93, Mars, Slg. 1995, I-1923, Randnr. 12). </p><p>47 Im Fall einer teilweisen Harmonisierung wie der, um die es hier geht, bezieht sich dieses Verbot auf das Verbot des Inverkehrbringens von Fertigpackungen, die nicht von dieser Harmonisierung erfasst werden. Andernfalls würde es den Mitgliedstaaten in einem solchen Fall gestattet, ihren nationalen Markt entgegen dem vom Vertrag verfolgten Ziel des freien Warenverkehrs gegen die Erzeugnisse abzuschotten, die nicht von den Gemeinschaftsvorschriften erfasst werden. </p><p>48 Eine nationale Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren streitige, die sich gegen Fertigpackungen mit einem Nennvolumen von 0,33 l richtet, die rechtmäßig in anderen Mitgliedstaaten hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, ist trotz unterschiedloser Geltung für inländischen und eingeführten Apfelwein geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Sie kann nämlich die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer dazu zwingen, das Erzeugnis je nach dem Ort des Inverkehrbringens unterschiedlich zu verpacken, und sie dadurch mit zusätzlichen Verpackungskosten belasten (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache Mars, Randnrn. 13 und 14). </p><p>49 Die belgische Regierung macht geltend, das im Ausgangsverfahren streitige Vertriebsverbot sei durch zwingende Gründe des Verbraucherschutzes gerechtfertigt. </p><p>50 Nach ständiger Rechtsprechung müssen Hemmnisse für den innergemeinschaftlichen Handel, die sich aus Unterschieden zwischen den nationalen Rechtsvorschriften ergeben, hingenommen werden, soweit solche Bestimmungen unterschiedslos für einheimische wie für eingeführte Erzeugnisse gelten und notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen, insbesondere des Verbraucherschutzes, gerecht zu werden. Die betreffenden Bestimmungen sind jedoch nur zulässig, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen und wenn dieser Zweck nicht durch Maßnahmen erreicht werden kann, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken (Urteil vom 26. November 1996 in der Rechtssache C-313/94, Graffione, Slg. 1996, I-6039, Randnr. 17, und die dort zitierte Rechtsprechung). </p><p>51 Mit der in der Ausgangsrechtssache streitigen Regelung will das Königreich Belgien unter Berufung auf das zwingende Erfordernis des Verbraucherschutzes verhindern, dass der Verbraucher durch zu dicht beieinander liegende Nennvolumen irregeführt wird. </p><p>52 Bei einer innerstaatlichen Maßnahme wie der hier beanstandeten muss das Gericht des Einfuhrmitgliedstaats für jede Fertigpackung, die ein Volumen hat, das nicht in Anhang III Spalte I der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinie 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 vorgesehen ist, die jedoch im Ausfuhrmitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht wurde, prüfen, ob tatsächlich die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher besteht. </p><p>53 Dabei muss es allen maßgeblichen Gesichtspunkten Rechnung tragen, indem es auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abstellt (Urteil vom 13. Januar 2000 in der Rechtssache C-220/98, Estée Lauder, Slg. 2000, I-117, Randnr. 30). </p><p>54 Das Gericht kann u. a. die Verpflichtung berücksichtigen, auf dem Etikett die Nettomenge der in der Verpackung enthaltenen Flüssigkeit in der Volumeneinheit (Liter, Zentiliter oder Milliliter) anzugeben. Diese Verpflichtung wird allgemein für alle fluessigen Lebensmittel in den Artikeln 3 Absatz 1 Nummer 4 und 8 Absatz 1 der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür (ABl. L 109, S. 29) aufgestellt, durch die die Richtlinie 79/112 kodifiziert und aufgehoben worden ist. Für die in der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 genannten Fertigpackungen ist diese Verpflichtung auch in Artikel 4 Absatz 1 dieser Richtlinie verankert, dessen Wortlaut durch die Richtlinie 79/1005 nicht geändert wurde. Das einzelstaatliche Gericht kann die damit verbundene Information berücksichtigen, wenn sie geeignet ist, beim Durchschnittsverbraucher eine Verwechslung zwischen den beiden Volumen zu verhindern und es ihm zu ermöglichen, beim Vergleich der Preise zweier unterschiedlicher Packungen mit derselben Flüssigkeit den festgestellten Unterschied in der Füllmenge zu berücksichtigen. </p><p>55 Das nationale Gericht kann weiter den Umstand berücksichtigen, dass die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 selbst in der Reihe von Nennvolumen, die sie in Anhang III Spalte I für verschiedene Flüssigkeiten (Milch, Wasser, Limonaden, Obst- und Gemüsesäfte) vorsieht, das Nebeneinander von Nennvolumen (0,20 l und 0,25 l) zulässt, zwischen denen ein Abstand von nur 0,05 l besteht, der kaum größer ist als der zwischen dem hier in Rede stehenden Volumen von 0,33 l und dem von 0,375 l, das in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten Reihe der für Apfelwein zugelassenen Nennvolumen vorgesehen ist. </p><p>56 Das nationale Gericht kann schließlich folgenden Gesichtspunkten Rechnung tragen: </p><p>- Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 79/581, der durch die Richtlinie 88/315 eingefügt wurde, enthielt eine Verpflichtung zur Angabe des Verkaufspreises je Maßeinheit (für Flüssigkeiten grundsätzlich in Litern) im Stadium des Verkaufes von Lebensmitteln an den Verbraucher; diese Verpflichtung galt u. a. für Apfelwein in Fertigpackungen mit Nennvolumen, die nicht in Anhang III Spalte I der Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 vorgesehen waren; </p><p>- diese Verpflichtung wurde durch die Richtlinie 98/6, von einigen Ausnahmen abgesehen, auf alle dem Verbraucher angebotenen Erzeugnisse erstreckt, insbesondere auf Apfelwein, und zwar unabhängig vom Nennvolumen der Fertigpackung. Die nationalen Durchführungsbestimmungen zu dieser Richtlinie mussten bis zum 18. März 2000 erlassen werden, d. h. vor dem Zeitpunkt, zu dem das vorlegende Gericht über den Antrag auf Erlass des Vertriebsverbots entscheiden wird. Diese Richtlinie wurde am 18. März 2000 durch die Richtlinie 79/581 aufgehoben. </p><p>57 Die zweite Vorabentscheidungsfrage ist deshalb wie folgt zu beantworten: </p><p>Die Richtlinie 75/106 in der Fassung der Richtlinien 79/1005, 85/10, 88/316 und 89/676 gestattet es den Mitgliedstaaten nicht, durch eine Regelung wie die belgische Königliche Verordnung das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen, das nicht in Anhang III Spalte I dieser Richtlinie vorgesehen ist, zu verbieten. </p><p>Artikel 30 EG-Vertrag verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen zu verbieten, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, dieses Verbot soll einem zwingenden Erfordernis des Verbraucherschutzes dienen, gilt unterschiedslos für inländische wie für eingeführte Erzeugnisse, ist notwendig, um dem fraglichen Erfordernis gerecht zu werden und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, und dieser Zweck kann nicht durch Maßnahmen erreicht werden, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken. </p><p>58 Aufgrund dieser Antwort erübrigt sich die Beantwortung der ersten Vorabentscheidungsfrage. </p>
</em><p/>
<a name="CO"/><h2>Kostenentscheidung</h2><br/><em>
<p>Kosten </p><p>59 Die Auslagen der belgischen und der deutschen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. </p>
</em><p/>
<a name="DI"/><h2>Tenor</h2><br/><em>
<p>Aus diesen Gründen hat </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Sechste Kammer) </p><p>auf die ihm vom Tribunal de commerce Brüssel mit Urteil vom 28. Dezember 1998 vorgelegten Fragen wie folgt entschieden: </p><p>Die Richtlinie 75/106/EWG des Rates vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Abfuellung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen in der Fassung der Richtlinien 79/1005/EWG des Rates vom 23. November 1979, 85/10/EWG des Rates vom 18. Dezember 1984, 88/316/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 und 89/676/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 gestattet es den Mitgliedstaaten nicht, durch eine Regelung wie die belgische Königliche Verordnung vom 16. Februar 1982 über die Reihen von zulässigen Nennfuellmengen und Nennvolumen von Behältnissen für bestimmte Erzeugnisse in Fertigpackungen das Inverkehrbringen von Fertigpackungen mit einem Nennvolumen, das nicht in Anhang III Spalte I dieser Richtlinie vorgesehen ist, zu verbieten. </p><p>Artikel 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 28 EG) verwehrt es einem Mitgliedstaat, das Inverkehrbringen einer Fertigpackung mit einem in der gemeinschaftsrechtlich festgelegten Reihe nicht enthaltenen Nennvolumen zu verbieten, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, es sei denn, dieses Verbot soll einem zwingenden Erfordernis des Verbraucherschutzes dienen, gilt unterschiedslos für inländische wie für eingeführte Erzeugnisse, ist notwendig, um dem fraglichen Erfordernis gerecht zu werden und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck, und dieser Zweck kann nicht durch Maßnahmen erreicht werden, die den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr weniger beschränken. </p>
</em><p/>
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175,001 | eugh-2000-10-12-t-12399 | {
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<a class="langue" href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Avis juridique important</b></a>
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<em class="none">|</em>
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<h1>61999A0123</h1>
<p>
<strong>Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 12. Oktober 2000. - JT's Corporation Ltd gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Transparenz - Zugang zu Dokumenten - Beschluß 94/90/EGKS, EG, Euratom - Tragweite der Ausnahme zum Schutz des öffentlichen Interesses - Urheberregel - Begründung. - Rechtssache T-123/99. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite II-03269<br/> </em>
</p>
<br/>
<div id="TexteOnly">
<p/><p><a href="#SM">Leitsätze</a><br/>
<a href="#I1">Parteien</a><br/>
<a href="#MO">Entscheidungsgründe</a><br/>
<a href="#CO">Kostenentscheidung</a><br/>
<a href="#DI">Tenor</a><br/>
</p>
<h2>Schlüsselwörter</h2><br/><em>
<p>1 Kommission - Recht auf Zugang zu Dokumenten der Kommission - Beschluss 94/90 - Entscheidung, durch die der Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten abgelehnt wird - Begriff - Aufforderung, einen Antrag auf Zugang zu präzisieren - Ausschluss - Unzulässigkeit einer Nichtigkeitsklage wegen einer angeblichen Zugangsverweigerung </p><p>(Beschluss 94/90 der Kommission) </p><p>2 Kommission - Recht auf Zugang zu Dokumenten der Kommission - Beschluss 94/90 - Ausnahmen vom Grundsatz des Zugangs zu Dokumenten - Verweigerung des Zugangs ohne vorherige Prüfung eines teilweisen Zugangs zu den nicht durch die Ausnahmen erfassten Informationen - Rechtswidrigkeit </p><p>(Beschluss 94/90 der Kommission) </p><p>3 Kommission - Recht auf Zugang zu Dokumenten der Kommission - Beschluss 94/90 - Beschränkungen des Grundsatzes des Zugangs zu Dokumenten - Urheberregel - Bedeutung - Verweigerung des Zugangs zu von einem Drittstaat herrührenden Dokumenten </p><p>(Beschluss 94/90 der Kommission) </p><p>4 Handlungen der Organe - Begründung - Verpflichtung - Umfang - Entscheidung, durch die der Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Kommission verweigert wird </p><p>(Artikel 253 EG; Beschluss 94/90 der Kommission) </p>
</em><p/>
<a name="SM"/><h2>Leitsätze</h2><br/><em>
<p>1 Im Rahmen des Beschlusses 94/90 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten lässt die von der Kommission nach einer stillschweigenden Ablehnung eines Zweitantrags auf Zugang ausgesprochene Aufforderung, den Antrag auf Zugang wegen der großen Zahl der betroffenen Dokumente zu präzisieren, die Prüfung des Antrags auf Zugang zu Dokumenten ausdrücklich offen und schließt offensichtlich die Möglichkeit nicht aus, Zugang zu einigen dieser Dokumente zu gewähren. Die Stellungnahme der Kommission in Bezug auf den Zugang zu den betroffenen Dokumenten ist daher nicht abschließend, so dass eine Nichtigkeitsklage, die gegen eine angebliche Weigerung gerichtet ist, Zugang zu diesen Dokumenten zu gewähren, unzulässig ist. </p><p>(vgl. Randnrn. 24-26) </p><p>2 Die Auslegung der Ausnahmen, die im Beschluss 94/90 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten, der einen Verhaltenskodex auf diesem Gebiet umfasst, vorgesehen sind, muss unter Berücksichtigung der Grundsätze des Rechts auf Information und der Verhältnismäßigkeit erfolgen, so dass die Kommission, bevor sie den Zugang zu einem Dokument als solchem verweigert, prüfen muss, ob ein teilweiser Zugang, d. h. ein Zugang zu den nicht von diesen Ausnahmen gedeckten Informationen, zu gewähren ist. </p><p>Demzufolge weist eine Entscheidung der Kommission, durch die der Zugang zu einen Drittstaat betreffenden dienstlichen Berichten der Gemeinschaft und zu Schreiben der Kommission an die Regierung dieses Staates verweigert wird und die keinen Hinweis darauf enthält, dass eine solche Prüfung stattgefunden hat, offensichtliche Fehler bei der Anwendung des Beschlusses 94/90 auf und ist daher für nichtig zu erklären. </p><p>(vgl. Randnrn. 44-46, 48) </p><p>3 Nach dem Beschluss 94/90 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten ist dann, wenn der Urheber des Dokuments, das sich im Besitz eines Organs befindet, eine natürliche oder juristische Person, ein Mitgliedstaat, ein anderes Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftsinstitution oder eine sonstige einzelstaatliche oder internationale Organisation ist, der Antrag direkt an den Urheber des Dokuments zu richten. Die Urheberregel kann von der Kommission bei der Behandlung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten angewendet werden, solange es keinen höherrangigen Rechtsgrundsatz gibt, der es ihr verbietet, Dokumente, deren Urheber sie nicht ist, vom Geltungsbereich des Verhaltenskodex auszunehmen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beschluss 94/90 auf allgemeine politische Erklärungen Bezug nimmt, nämlich auf die Erklärung Nr. 17 und auf bei mehreren Tagungen des Europäischen Rates getroffene Schlussfolgerungen, da diesen Erklärungen nicht die Bedeutung eines höherrangigen Rechtsgrundsatzes zukommt. </p><p>Die Kommission hat eine zutreffende Beurteilung vorgenommen, als sie die Auffassung vertrat, dass sie nicht verpflichtet sei, Zugang zu bestimmten Dokumenten zu gewähren, die die Regierung eines Drittstaats ihr zugeleitet hatte. </p><p>(vgl. Randnrn. 53-54) </p><p>4 Mit der sich aus Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) ergebenden Verpflichtung zur Begründung von Einzelfallentscheidungen wird ein doppeltes Ziel verfolgt; zum einen soll den Betroffenen ermöglicht werden, zur Verteidigung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, und zum anderen soll der Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzt werden, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Erfordernissen genügt, ist nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln. </p><p>Was einen Antrag auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Kommission angeht, hat diese für jedes Dokument, zu dem der Zugang beantragt wird, zu prüfen, ob dessen Offenlegung nach den ihr vorliegenden Informationen tatsächlich geeignet ist, einen der Aspekte des öffentlichen Interesses zu beeinträchtigen, der durch die Ausnahmeregelung geschützt ist, die in dem durch den Beschluss 94/90 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten angenommenen Verhaltenskodex vorgesehen ist. </p><p>Eine Entscheidung über die Verweigerung des Zugang, in deren Begründung die Kommission nicht erkennen lässt, dass sie eine konkrete Beurteilung der betreffenden Dokumente vorgenommen hat, entspricht nicht den oben genannten Erfordernissen und ist daher für nichtig zu erklären. </p><p>(vgl. Randnrn. 63-65) </p>
</em><p/>
<a name="I1"/><h2>Parteien</h2><br/><em>
<p>In der Rechtssache T-123/99 </p><p>JT's Corporation Ltd mit Sitz in Bromley (Vereinigtes Königreich), Prozeßbevollmächtigter: M. Cornwell-Kelly, Solicitor, Zustellungsanschrift: Kanzlei Wilson Associates, 3, boulevard Royal, Luxemburg, </p><p>Klägerin, </p><p>gegen </p><p>Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch U. Wölker und X. Lewis, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg, </p><p>Beklagte, </p><p>wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 11. März 1999, durch die der Klägerin der Zugang zu bestimmten Dokumenten verweigert wird, </p><p>erlässt </p><p>DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN </p><p>(Vierte Kammer) </p><p>unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter R. M. Moura Ramos und P. Mengozzi, </p><p>Kanzler: B. Pastor, Hauptverwaltungsrätin </p><p>aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2000, </p><p>folgendes </p><p>Urteil </p>
</em><p/>
<a name="MO"/><h2>Entscheidungsgründe</h2><br/><em>
<p>Rechtlicher Rahmen </p><p>1 Die Mitgliedstaaten haben in die Schlussakte des Vertrages über die Europäische Union folgende Erklärung (Nr. 17) zum Recht auf Zugang zu Informationen (im Folgenden: Erklärung Nr. 17) aufgenommen: </p><p>"Die Konferenz ist der Auffassung, dass die Transparenz des Beschlussverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt. Die Konferenz empfiehlt daher, dass die Kommission dem Rat spätestens 1993 einen Bericht über Maßnahmen vorlegt, mit denen die den Organen vorliegenden Informationen der Öffentlichkeit besser zugänglich gemacht werden sollen." </p><p>2 Der Rat und die Kommission haben am 6. Dezember 1993 einen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten (ABl. L 340, S. 41; im Folgenden: Verhaltenskodex) gebilligt, durch den die Grundsätze für den Zugang zu den ihnen vorliegenden Dokumenten festgelegt werden sollen. </p><p>3 Die Kommission nahm diesen Verhaltenskodex für ihren Zuständigkeitsbereich durch den Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (ABl. L 46, S. 58) an. </p><p>4 Der Verhaltenskodex statuiert folgenden allgemeinen Grundsatz: </p><p>"Die Öffentlichkeit erhält möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission und des Rates." </p><p>5 Der Verhaltenskodex bestimmt unter dem Titel "Bearbeitung der Erstanträge" im dritten Absatz (im Folgenden: Urheberregel): </p><p>"Ist der Urheber des Dokuments, das sich im Besitz eines Organs befindet, eine natürliche oder juristische Person, ein Mitgliedstaat, ein anderes Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftsinstitution oder eine sonstige einzelstaatliche oder internationale Organisation, so ist der Antrag direkt an den Urheber des Dokuments zu richten." </p><p>6 Die Umstände, auf die sich ein Gemeinschaftsorgan zur Rechtfertigung der Ablehnung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten berufen kann, werden im Verhaltenskodex im Abschnitt "Regelung der Ausnahmen" aufgeführt: </p><p>"Die Organe verweigern den Zugang zu Dokumenten, wenn sich durch deren Verbreitung eine Beeinträchtigung ergeben könnte in Bezug auf </p><p>- den Schutz des öffentlichen Interesses (öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen, Währungsstabilität, Rechtspflege, Inspektionstätigkeiten); </p><p>... </p><p>Die Organe können ferner den Zugang verweigern, um den Schutz des Interesses des Organs in Bezug auf die Geheimhaltung seiner Beratungen zu gewährleisten." </p><p>7 Am 4. März 1994 wurde die Mitteilung 94/C 67/03 der Kommission über die Verbesserung des Zugangs zu den Dokumenten (ABl. C 67, S. 5) veröffentlicht, in der im Einzelnen erläutert wird, wie der Beschluss 94/90 durchgeführt wird. Nach dieser Mitteilung "kann ... jedermann die Einsicht in ein unveröffentlichtes Kommissionsdokument einschließlich der vorbereitenden Dokumente und sonstiger Materialien beantragen". Zu den im Verhaltenskodex vorgesehenen Ausnahmen heißt es in der Mitteilung: "Die Kommission kann der Auffassung sein, dass der Zugang zu einem Dokument verweigert werden muß, da seine Weitergabe öffentliche und private Interessen schädigen und die Arbeit des Organs beeinträchtigen könnte." Dazu wird noch ausgeführt: "Es gibt keine automatische Ablehnung. Jeder Antrag wird einzeln geprüft." </p><p>8 Die Verordnung (EWG) Nr. 1468/81 des Rates vom 19. Mai 1981 betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission, um die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung zu gewährleisten (ABl. L 144, S. 1), in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 945/87 des Rates vom 30. März 1987 (ABl. L 90, S. 3) geänderten Fassung bestimmt in Artikel 15b: </p><p>"Zur Erreichung der Ziele dieser Verordnung kann die Kommission nach Maßgabe des Artikels 15a in Abstimmung und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Gemeinschaftsmissionen zum Zwecke der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Vornahme von Ermittlungen in Drittländern durchführen. </p><p>..." </p><p>9 Artikel 15c dieser Verordnung sieht vor: </p><p>"Die Feststellungen im Rahmen der in Artikel 15b genannten Gemeinschaftsmission und die dabei erlangten Auskünfte, insbesondere in Form von Unterlagen, die von den zuständigen Behörden der betroffenen Drittländer mitgeteilt werden, sind nach Maßgabe des Artikels 19 zu behandeln. </p><p>Zur Verwendung bei gerichtlichem Vorgehen oder der Verfolgung wegen Nichteinhaltung der Zoll- oder Agrarregelungen werden von der Kommission die erlangten Originalunterlagen oder beglaubigte Kopien davon an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf deren Antrag übermittelt." </p><p>10 Artikel 19 der Verordnung Nr. 1468/81 lautet wie folgt: </p><p>"1. Die Auskünfte, die im Rahmen der Durchführung dieser Verordnung in irgendeiner Form übermittelt werden, haben vertraulichen Charakter. Sie fallen unter das Berufsgeheimnis und genießen den Schutz, den das innerstaatliche Recht des Mitgliedstaats, der sie erhalten hat, für Auskünfte dieser Art gewährt ebenso wie denjenigen, den die entsprechenden Vorschriften, die auf die Gemeinschaftsinstitutionen Anwendung finden, vorsehen. </p><p>Die Auskünfte nach Unterabsatz 1 dürfen insbesondere keinen anderen Personen als denjenigen übermittelt werden, die in den Mitgliedstaaten oder den Institutionen der Gemeinschaft aufgrund ihrer Funktion befugt sind, sie zu kennen. Sie dürfen auch zu keinem anderen als dem in dieser Verordnung vorgesehenen Zweck verwendet werden, es sei denn, die Auskunft erteilende Behörde billigt dies ausdrücklich und der Weitergabe oder Verwendung stehen die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Empfängerbehörde ihren Sitz hat, nicht entgegen. </p><p>2. Absatz 1 steht nicht der Verwendung der aufgrund dieser Verordnung erhaltenen Auskünfte im Rahmen gerichtlicher Verfahren oder von Ermittlungsverfahren entgegen, die in der Folge wegen Nichtbeachtung der Zoll- oder der Agrarregelung eingeleitet worden sind. </p><p>Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, die diese Auskünfte erteilt hat, wird von einer derartigen Verwendung unverzüglich unterrichtet." </p><p>11 Die Verordnung Nr. 1468/81 wurde durch die Verordnung 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (ABl. L 82, S. 1), die seit 13. März 1998 anwendbar ist, aufgehoben und ersetzt. </p><p>Sachverhalt </p><p>12 Die Klägerin führt Textilien u. a. aus Bangladesch ein. 1997 und 1998 erhielt sie mehrere Aufforderungen zur Nachzahlung von Zöllen in einer Gesamthöhe von 661 133,89 Pfund Sterling (GBP). Diese Aufforderungen bezogen sich auf bestimmte Einfuhren von unter Kapitel 61 des Gemeinsamen Zolltarifs fallenden Waren in den Jahren 1994, 1995 und 1996. </p><p>13 Die betroffenen Einfuhren waren ursprünglich nach Vorlage von Ursprungsbescheinigungen im Rahmen des allgemeinen Präferenzsystems (im Folgenden: APS-Formulare A), in denen bescheinigt wurde, dass die Waren aus Bangladesch stammten, von der Zahlung von Zöllen befreit worden. Diese APS-Formulare A wurden in der Folge von der Regierung von Bangladesch für ungültig erklärt. </p><p>14 Die Klägerin erhob gegen die Aufforderung auf Nachzahlung von Zöllen Klage bei einem Gericht des Vereinigten Königreichs. Sie vermutete, dass sich aus einigen der Kommission vorliegenden Dokumenten die Gründe für die Ungültigerklärung der APS-Formulare A entnehmen lassen könnten, und forderte die Kommission auf, ihr Zugang zu folgenden Dokumenten zu gewähren: </p><p>- den dienstlichen Berichten ("rapports de mission") der Europäischen Union von 1993 bis 1996 über Bangladesch einschließlich Anlagen (Kategorie 1); </p><p>- den Antworten der Regierung von Bangladesch (Kategorie 2); </p><p>- den Entscheidungen der Kommission zu den dienstlichen Berichten (Kategorie 3); </p><p>- den Briefwechsel zwischen der Kommission und der Regierung von Bangladesch über die Ungültigerklärung der APS-Formulare A (Kategorie 4); </p><p>- den von der Kommission verfassten oder erhaltenen Berichten oder Kurzberichten über das Funktionieren des allgemeinen Präferenzsystems für aus Bangladesch von 1991 bis 1996 eingeführte Textilerzeugnisse (Kategorie 5). </p><p>15 Mit Schreiben vom 15. Dezember 1998 verweigerte die Kommission den Zugang zu den genannten Dokumenten. Die Klägerin bestätigte daraufhin ihren Antrag mit Schreiben vom 7. Januar 1999. Mit Schreiben vom 18. Februar 1999 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie den Zweitantrag so bald wie möglich bearbeiten und später eine Entscheidung treffen werde. Schließlich wies die Kommission mit Schreiben vom 11. März 1999 (im Folgenden: Entscheidung oder angefochtene Entscheidung) den Zweitantrag wie folgt zurück: </p><p>"...Für die erste Kategorie und einen Teil der vierten Kategorie der Dokumente (die dienstlichen Berichte mit Anlagen und den Briefwechsel der Kommission mit der Regierung von Bangladesch über die Ungültigerklärung der APS-Formulare A) gilt Folgendes: Diese Berichte werden deshalb durch die den Schutz des öffentlichen Interesses betreffende Ausnahme erfasst, weil sie sich auf die Inspektionstätigkeiten der Kommission beziehen. Diese Ausnahme vom Grundsatz des Zugangs ist in dem von der Kommission am 8. Februar 1994 angenommenen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Kommission und des Rates ausdrücklich vorgesehen. Für die Kommission ist es nämlich unabdingbar, dass sie diese Untersuchungen, die die Prüfung der Echtheit und der Ordnungsmäßigkeit der Bescheinigungen zum Gegenstand haben, unter Beachtung der Vertraulichkeit dieser Verfahren durchführen kann. Darüber hinaus sind eine offene Zusammenarbeit und ein Klima des gegenseitigen Vertrauens zwischen der Kommission, den betroffenen Mitgliedstaaten - die an der Durchführung der Mission beteiligt waren - und der Regierung von Bangladesch erforderlich, um die Beachtung der zollrechtlichen Vorschriften sicherstellen zu können. </p><p>Außerdem hat die Kommission die Untersuchung in Bangladesch sehr wohl gemäß der Verordnung Nr. 1468/81 durchgeführt ... Nach Artikel 15b dieser Verordnung in ihrer geänderten Fassung kann die Kommission nämlich in Abstimmung und in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Gemeinschaftsmissionen zum Zwecke der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und zur Vornahme von Ermittlungen in Drittländern durchführen. Die Feststellungen im Rahmen dieser Gemeinschaftsmissionen und die dabei erlangten Auskünfte sind gemäß Artikel 19 der Verordnung zu behandeln, wonach die Verwendung und der Austausch von Informationen im Rahmen der Vorschriften über die gegenseitige Unterstützung grundsätzlich strenger Vertraulichkeit unterliegen. Nach diesem Artikel ist es der Kommission oder den Behörden der Mitgliedstaaten verboten, die im Rahmen der Untersuchungen verlangten Auskünfte anderen Personen als denjenigen zu übermitteln, die in den Mitgliedstaaten oder den Institutionen der Gemeinschaft aufgrund ihrer Funktion dazu befugt sind, sie zu kennen oder sie zu verwenden. </p><p>Was die zweite Kategorie und einen Teil der vierten Kategorie der Dokumente (Antworten der Regierung von Bangladesch zu dem Bericht über ihre Agenturen und die Ungültigerklärung der APS-Formulare A betreffende Schreiben dieser Regierung an die Kommission) angeht, sieht der oben genannte Verhaltenskodex Folgendes vor: $Ist der Urheber des Dokuments, das sich im Besitz eines Organs befindet, eine natürliche oder juristische Person, ein Mitgliedstaat, ein anderes Gemeinschaftsorgan oder eine andere Gemeinschaftsinstitution oder eine sonstige einzelstaatliche oder internationale Organisation, so ist der Antrag direkt an den Urheber des Dokuments zu richten.` Da es sich bei diesen Schreiben nicht um Dokumente der Kommission handelt, lege ich Ihnen demzufolge nahe, unmittelbar mit den Stellen Verbindung aufzunehmen, von denen diese Schreiben stammen. </p><p>Was die dritte Dokumentenkategorie (Entscheidungen der Kommission zu den dienstlichen Berichten) betrifft, kann ich Ihnen mitteilen, dass es solche Dokumente nicht gibt, da keine $Entscheidungen der Kommission` in Bezug auf die von Ihnen genannten dienstlichen Berichte getroffen worden sind. </p><p>Was die fünfte Dokumentenkategorie (von der Kommission zusammengetragene oder erhaltene Berichte oder Kurzberichte über die Anwendung und die Verwaltung des allgemeinen Präferenzsystems für aus Bangladesch zwischen 1991 und 1996 eingeführte Textilwaren) betrifft, erstreckt sich Ihr Antrag auf eine so große Zahl von Dokumenten, dass es gänzlich undurchführbar erscheint, eine Arbeit in Angriff zu nehmen, die sich auf eine große Menge von Archiven anderer Generaldirektionen sowie auf die Archive der UCLAF für diesen Zeitraum erstrecken würde (der Umfang des Briefwechsels zu dieser Frage mit den Berichten und deren Anlagen beläuft sich auf Tausende von Dokumenten). Ich lege Ihnen daher nahe, Ihren Antrag in diesem Punkt zu präzisieren ..." </p><p>Verfahren und Anträge der Parteien </p><p>16 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 21. Mai 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. </p><p>17 Das schriftliche Verfahren hat am 15. Oktober 1999 geendet. </p><p>18 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und die Parteien im Rahmen von prozessleitenden Maßnahmen aufgefordert, schriftliche Fragen zu beantworten und bestimmte Dokumente vorzulegen. Die Parteien sind diesen Aufforderungen nachgekommen. </p><p>19 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung des Gerichts vom 29. März 2000 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet. </p><p>20 Die Klägerin beantragt, </p><p>- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären; </p><p>- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. </p><p>21 Die Beklagte beantragt, </p><p>- die Klage als unzulässig oder - hilfsweise - als unbegründet abzuweisen, was die angebliche Weigerung angeht, den Zugang zu den Dokumenten der Kategorie 5 zuzulassen; </p><p>- die Klage mangels Rechtsschutzinteresse als unzulässig oder - hilfsweise - als nicht begründet abzuweisen, soweit sie sich auf die Weigerung bezieht, den Zugang zum dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 zuzulassen; </p><p>- die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen; </p><p>- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. </p><p>Zur Zulässigkeit </p><p>Zur Zulässigkeit der Klage, soweit diese die von der Kommission erstellten oder erhaltenen Berichte oder Kurzberichte über das Funktionieren des allgemeinen Präferenzsystems für aus Bangladesch von 1991 bis 1996 eingeführte Textilerzeugnisse betrifft </p><p>22 Die Beklagte trägt vor, sie habe den Zugang zu den Dokumenten der Kategorie 5 nicht verweigert, sondern die Klägerin lediglich aufgefordert, ihren Antrag zu präzisieren, was diese in der Folge nicht getan habe. </p><p>23 Die Beklagte kommt zu dem Ergebnis, dass sie, was diese Dokumentenkategorie angehe, keine Entscheidung getroffen habe. Die vorliegende Nichtigkeitsklage sei daher teilweise unzulässig. </p><p>24 Das Gericht stellt fest, dass der Antrag der Klägerin auf Zugang zu Dokumenten, insbesondere zu den Dokumenten der Kategorie 5 anfänglich Gegenstand einer ablehnenden Entscheidung von Seiten der Kommission war. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 2 Absatz 4 des Beschlusses 94/90 bestimmt: "Ergeht innerhalb des auf die Einreichung des Zweitantrags folgenden Monats keine Antwort, so gilt der Antrag als abgelehnt." Im vorliegenden Fall hat die Kommission auf den Zweitantrag innerhalb dieser Frist von einem Monat ab Eingang des Antrags nicht geantwortet. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Kommission, bei der der Zweitantrag der Klägerin am 18. Januar 1999 eingegangen war, sich darauf beschränkt hat, der Klägerin mit Schreiben vom 18. Februar 1999 mitzuteilen, dass sie den Antrag so schnell wie möglich bearbeiten und ihre Antwort später versenden werde. Demzufolge lag nach Ablauf der Frist von einem Monat nach Eingang des Zweitantrags bei der Kommission eine Entscheidung über die Ablehnung dieses Antrags vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Schreiben vom 11. März 1999 an die Stelle dieser stillschweigenden Ablehnung getreten ist und dass sie in Bezug auf diese Ablehnung eine Entscheidung darstellt, die einen neuen Bestandteil enthält, nämlich die Ersetzung der früheren Verweigerung des Zugangs zu den Dokumenten der Kategorie 5 gegenüber der Klägerin durch eine Aufforderung, den Antrag auf Zugang zu diesen Dokumenten zu präzisieren. </p><p>25 Sodann ist festzustellen, dass die Kommission dadurch, dass sie die Klägerin aufgefordert hat, ihren Antrag wegen der großen Zahl der betroffenen Dokumente zu präzisieren, die Prüfung dieses Teils des Antrags auf Zugang zu Dokumenten ausdrücklich offen gelassen hat und offensichtlich die Möglichkeit nicht ausschließt, Zugang zu einigen dieser Dokumente zu gewähren (siehe entsprechend Beschluss des Gerichtshofes vom 28. Juni 1993 in der Rechtssache C-64/93, Donatab u. a./Kommission, Slg. 1993, I-3595, Randnrn. 13 und 14, und Beschluss des Gerichts vom 30. September 1999 in der Rechtssache T-182/98, UPS Europe/Kommission, Slg. 1999, II-2857, Randnrn. 39 bis 45). Die Stellungnahme der Kommission in Bezug auf den Zugang zu dieser Dokumentenkategorie ist daher nicht abschließend. </p><p>26 Die Klage ist demzufolge unzulässig, soweit sie die Dokumente der Kategorie 5 betrifft. </p><p>Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie sich auf den dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 bezieht </p><p>Vorbringen der Parteien </p><p>27 Die Beklagte trägt vor, die Klägerin verfüge bereits über dieses Dokument der "Kategorie 1", das sich im Übrigen in Kopie in der Anlage 5 zur Klageschrift befinde. Dieses Dokument sei der Klägerin von den britischen Zollbehörden am 22. Juli 1998 nach Streichung einiger Informationen übermittelt worden. Die Klägerin habe in keinem ihrer Schreiben angegeben, dass sie Zugang zu den von den britischen Behörden gestrichenen Informationen wünsche. </p><p>28 Die Beklagte gelangt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin kein berechtigtes Interesse am Zugang zu diesem Dokument habe. </p><p>29 Die Klägerin führt aus, sie habe einen Auszug aus dem in Frage stehenden dienstlichen Bericht und Kopien des Briefwechsels über die Verhandlungen zwischen der Kommission und der Regierung von Bangladesch erhalten, bestimmte Informationen wie die "Erklärungen der bengalischen Gesellschaften" im Anhang 1 seien aber gestrichen worden. Darüber hinaus seien ihr auch die im Rahmen der Mission zusammengetragenen und dem Bericht als Anlage beigefügten Berichte, Vermerke, Erklärungen, Rechnungen und Briefwechsel nicht übermittelt worden. Außerdem habe sie den Auszug aus diesem dienstlichen Bericht am 11. Mai 1999, also nach Erlass der angefochtenen Entscheidung, erhalten. </p><p>Beurteilung durch das Gericht </p><p>30 Man kann nicht umhin, festzustellen, dass die Klägerin keinen Zugang zu dem dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 in seiner Gesamtheit gehabt hat. Dass die Klägerin Zugang zu einem Teil der in ihrem Antrag genannten Dokumente gehabt hat, kann ihr nicht das Recht nehmen, die Veröffentlichung der anderen Teile dieses Dokuments und der anderen Dokumente zu fordern, zu denen sie noch keinen Zugang gehabt hat (Urteil des Gerichts vom 7. Dezember 1999 in der Rechtssache T-92/98, Interporc/Kommission, Slg. 1999, II-3521, Randnr. 46). Entgegen dem Vorbringen der Beklagten hat die Klägerin folglich ein Interesse daran, die Nichtigerklärung der Weigerung, Zugang zum dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 zu gewähren, zu erlangen. </p><p>Zur Begründetheit </p><p>31 Die Klägerin stützt ihre Klage im Wesentlichen auf zwei Klagegründe: Erstens liege ein Verstoß gegen den Beschluss 94/90 und gegen die Verordnung Nr. 1468/81 und zweitens ein solcher gegen Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) vor. </p><p>Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Beschluss 94/90 und gegen die Verordnung Nr. 1468/81 </p><p>32 Dieser Klagegrund ist unter Berücksichtigung der verschiedenen Dokumente zu prüfen, zu denen der Zugang beantragt worden ist. </p><p>Dienstliche Berichte und Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch </p><p>- Vorbringen der Parteien </p><p>33 Die Klägerin trägt vor, die hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten vorgesehenen Ausnahmen seien in der Weise eng auszulegen, dass die Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, der darin bestehe, der Öffentlichkeit so weit wie möglich Zugang zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten zu gewähren, nicht beeinträchtigt werde. Die Kommission müsse für jedes einzelne angeforderte Dokument prüfen, ob die Veröffentlichung tatsächlich einem der geschützten Interessen zuwiderlaufen könne. </p><p>34 Im vorliegenden Fall lasse aber nichts die Behauptung zu, dass die Veröffentlichung der angeforderten Auskünfte die Inspektionsarbeiten behindern könne, umso mehr als diese Arbeiten abgeschlossen seien. Im Übrigen ändere der Umstand, dass die betroffenen Dokumente im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Regierung eines Drittlandes erstellt worden seien, nichts an der Art der darin enthaltenen Informationen. Diese Informationen beträfen rein tatsächliche Fragen, die Auswirkungen darauf hätten, ob ein Anspruch auf eine Tarifermäßigung bei bestimmten Warenausfuhren bestehe, für die ursprünglich bescheinigt worden sei, dass diese Ermäßigung für sie in Anspruch genommen werden könne. Die in Frage stehenden Informationen seien ihrer Art nach nicht vertraulich oder sensibel. Sie beträfen z. B. keine diplomatischen oder allgemeinpolitischen oder handelspolitischen Fragen. </p><p>35 Nach Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1468/81 dürfe die Verwendung der aufgrund dieser Verordnung erhaltenen Auskünfte im Rahmen gerichtlicher Verfahren oder von Ermittlungsverfahren, die in der Folge wegen Nichtbeachtung der Zoll- oder der Agrarregelung eingeleitet worden seien, nicht verhindert werden. Die bei der Kommission angeforderten Informationen seien gerade zur Verwendung im Rahmen eines Gerichtsverfahrens bestimmt. Es verstoße folglich gegen Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1468/81, wenn man sich - wie die Kommission - auf die Vertraulichkeit dieser Informationen berufe. </p><p>36 Darüber hinaus verstoße die Verweigerung des Zugangs im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte. Die Informationen, zu denen der Zugang beantragt werde, würden nämlich verwendet, um Aufforderungen zur Nachzahlung von Zöllen zu rechtfertigen, ohne dass die Klägerin sich wegen der ihr von der Kommission entgegengehaltenen Weigerung sachgerecht verteidigen könne. Im Vereinigten Königreich habe derjenige, der eine Aufforderung zur Nachzahlung von Zöllen anfechte, zu beweisen, dass diese Zölle nicht geschuldet würden. Das mit dem Rechtsstreit über die Fälligkeit der Zölle befasste innerstaatliche Gericht sei nicht befugt, die Kommission zur Vorlage der Dokumente zu zwingen. </p><p>37 Die Beklagte macht vorab geltend, ein innerstaatliches Gericht könne der Kommission aufgeben, ihm spezifische Dokumente zugehen zu lassen, es sei denn, dass dies geeignet sei, das Funktionieren und die Unabhängigkeit der Gemeinschaft zu beeinträchtigen, was eine Weigerung des Gemeinschaftsorgans rechtfertigen könne. Das innerstaatliche Gericht, bei dem die Klägerin die von ihr geforderten Zölle angefochten habe, könne die Kommission darum ersuchen, ihm Dokumente zu übermitteln, soweit die Übermittlung dieser Dokumente nicht unter die oben genannte Ausnahme falle. </p><p>38 Die Beklagte trägt dann vor, die in Frage stehenden Dokumente seien im Rahmen von Ermittlungen gemäß der Verordnung Nr. 1468/81 erstellt worden. Sie gehörten daher zu der Kategorie der Inspektionstätigkeiten betreffenden Dokumente, die unter die zwingend vorgeschriebene Ausnahme in Bezug auf den Schutz des öffentlichen Interesses fielen. Ein Klima gegenseitigen Vertrauens zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und der Regierung von Bangladesch sei erforderlich, um die Beachtung der Zollvorschriften der Gemeinschaft sicherzustellen. Mit den seit Juli 1996 durchgeführten Inspektionen habe festgestellt werden sollen, ob die Behörden von Bangladesch den geltenden Vorschriften entsprechende Ursprungsbescheinigungen ausgestellt hätten. In einem solchen Rahmen sei aber ein Klima guter Zusammenarbeit unbedingt erforderlich. Dies treffe umso mehr zu, als die Kommission der Auffassung gewesen sei, dass die Durchführung der Inspektionen in Bangladesch von 1995 bis Mai 1996 gefährlich gewesen sei. </p><p>39 Die Beklagte beanstandet die Auslegung der Verordnung Nr. 1468/81 durch die Klägerin und weist darauf hin, dass in dieser Verordnung der Grundsatz der Vertraulichkeit der im Rahmen dieser Inspektionen erhaltenen Informationen niedergelegt sei. Zwar gebe es eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Bezug auf Gerichtsverfahren, diese Ausnahme befreie aber nur die zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten oder die Kommission von ihrer strengen Verpflichtung zur Beachtung der Vertraulichkeit dieser Informationen, wenn die Behörden diese im Rahmen von Gerichtsverfahren benötigten. Der betroffene Einzelne könne aufgrund dieser Ausnahme kein Recht auf Zugang zu diesen Informationen allein deshalb beanspruchen, weil ein Gerichtsverfahren anhängig sei. Dieses Recht sei nicht zugunsten der Einzelnen begründet worden und könne nur in dem durch das nationale Verfahrensrecht festgelegten Rahmen ausgeübt werden, wenn die zuständigen Stellen diese Informationen in einem Gerichtsverfahren verwendeten. </p><p>40 Die Klägerin trägt außerdem vor, ihre Untersuchung der Umstände, unter denen die Behörden von Bangladesch Ursprungsbescheinigungen ausgestellt hätten, sei noch nicht abgeschlossen. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte die Kommission zu Recht den beantragten Zugang verweigern können. </p><p>41 Schließlich könne die nationale Verwaltungsbehörde, die in dem bei einem britischen Gericht anhängigen Verfahren Partei sei, der Klägerin die betroffenen Dokumente gemäß Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1468/81 übermitteln. Die Frage, ob diese nationale Behörde verpflichtet sei, die Dokumente zu übermitteln, falle unter das innerstaatliche Recht. Auf jeden Fall stelle eine etwaige Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte der Klägerin im nationalen Rechtsverfahren keinen Umstand dar, der für sie im Rahmen des Beschlusses 94/90 weitergehende Rechte begründe, die weiter gingen als die Rechte, die jeder andere Antragsteller besitze. </p><p>42 In ihrer Erwiderung nimmt die Klägerin Bezug auf das Urteil des Gerichts vom 19. Juli 1999 in der Rechtssache T-14/98 (Hautala/Rat, Slg. 1999, II-2489), in dem entschieden worden sei, dass das Organ, bei dem der Antrag auf Zugang gestellt werde, zu prüfen habe, ob ein teilweiser Zugang zu den nicht durch die Ausnahmen erfassten Angaben zu gewähren sei, und dass das öffentliche Interesse gegebenenfalls angemessen dadurch geschützt werden könne, dass nach Prüfung Passagen eines Dokuments gestrichen würden, die dieses Interesse beeinträchtigen könnten. </p><p>43 Die Beklagte macht geltend, die Verweisung der Klägerin auf das Urteil Hautala/Rat stelle ein neues und daher unzulässiges Vorbringen im Sinne von Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts dar. Im Übrigen sei dieses Vorbringen, das auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gestützt sei, auf jeden Fall nicht begründet. </p><p>- Beurteilung durch das Gericht </p><p>44 Der Argumentation der Beklagten, dass die Verweisung auf das Urteil Hautala/Rat in der Erwiderung ein neues und daher unzulässiges Vorbringen darstelle, ist nicht zu folgen. Durch dieses Urteil wird nämlich lediglich die Tragweite des im Verhaltenskodex vorgesehenen Zugangsrechts verdeutlicht und ausgeführt, dass Ausnahmen von diesem Recht unter Berücksichtigung der Grundsätze des Rechts auf Information und der Verhältnismäßigkeit auszulegen sind und dass sich daraus ergibt, dass das Organ prüfen muss, ob ein teilweiser Zugang zu den nicht von diesen Ausnahmen gedeckten Informationen zu gewähren ist (Urteil Hautala/Rat, Randnr. 87). Die Verweisung auf dieses Urteil in der Erwiderung der Klägerin fügt sich daher in das bereits in der Klageschrift enthaltene Vorbringen ein, dass ein Verstoß gegen den Beschluss 94/90 vorliege, der als Anhang den Verhaltenskodex enthält. </p><p>45 Im Übrigen hat die Beklagte auf eine ihr in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage hin bestätigt, dass sie bei der Behandlung von Anträgen auf Zugang zu Dokumenten gewöhnlich die Möglichkeit prüfe, einen teilweisen Zugang zu gewähren. Daraus folgt, dass die Beklagte die Erheblichkeit der im Urteil Hautala/Rat genannten Grundsätze nicht bestreitet. </p><p>46 Die angefochtene Entscheidung enthält jedoch keinen Hinweis darauf, dass eine solche Prüfung stattgefunden hat. Ganz im Gegenteil zeigt die Begründung dieser Entscheidung (siehe oben, Randnr. 15), dass die Kommission nach Dokumentenkategorien und nicht nach den konkreten Informationen argumentiert hat, die die in Frage stehenden Dokumente enthalten. Die Kommission hat sich nämlich auf die Darlegung beschränkt, dass die dienstlichen Berichte "durch die den Schutz des öffentlichen Interesses betreffenden Ausnahmen erfasst [werden], weil sie sich auf die Inspektionstätigkeiten der Kommission beziehen", und dabei lediglich festgestellt, dass es für sie "unabdingbar [ist], dass sie diese Untersuchungen, die die Prüfung der Echtheit und der Ordnungsmäßigkeit der Bescheinigungen zum Gegenstand haben, unter Beachtung der Vertraulichkeit dieser Verfahren durchführen kann" und dass "eine offene Zusammenarbeit und ein Klima des gegenseitigen Vertrauens ... erforderlich [sind], um die Beachtung der zollrechtlichen Vorschriften sicherstellen zu können". Durch diese Formulierung gibt die Kommission zu verstehen, dass sie nicht konkret beurteilt hat, ob die für den Schutz des öffentlichen Interesses geltende Ausnahme auch tatsächlich für alle in diesen Dokumenten enthaltenen Informationen gilt. </p><p>47 Im Übrigen wird die Argumentation der Kommission durch den Auszug aus dem dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 entkräftet, die der Klägerin von den britischen Behörden übermittelt worden ist und den diese ihrer Klageschrift als Anlage beigefügt hat. Aus diesem Auszug geht nämlich hervor, dass ein großer Teil der Informationen, die er enthält, aus tatsächlichen Beschreibungen und Feststellungen besteht, die die Inspektionstätigkeiten und damit das öffentliche Interesse ganz offensichtlich nicht berühren (siehe Urteil des Gerichts vom 6. April 2000 in der Rechtssache T-188/98, Kuijer/Rat, Slg. 2000, II-0000, Randnr. 57). </p><p>48 Nach alledem weist die angefochtene Entscheidung, soweit sie die dienstlichen Berichte ("Kategorie 1") und die Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch ("Kategorie 4", teilweise) betrifft, offensichtliche Fehler bei der Anwendung des Beschlusses 94/90 auf und ist daher für nichtig zu erklären (Urteil Hautala/Rat, Randnrn. 87 und 88). </p><p>49 Diese Schlussfolgerung wird weder durch das Argument der Beklagten, dass das mit dem Rechtsstreit zwischen der Klägerin und den britischen Behörden befasste innerstaatliche Gericht unter Umständen befugt sei, von der Kommission die Vorlage der betroffenen Dokumente zu verlangen (siehe oben, Randnr. 37), noch durch das Argument entkräftet, dass das Zugangsrecht einer Partei in einem nationalen Gerichtsverfahren unter das innerstaatliche Recht falle (siehe oben, Randnr. 41). Diese Argumente sind für die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache unerheblich. Aus der Mitteilung 94/C 67/03 geht nämlich hervor, dass jedermann zu jedem Zeitpunkt einen Antrag auf Zugang zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten stellen kann (siehe oben, Randnr. 7). Sobald ein solcher Antrag gestellt worden ist, gelten die Vorschriften des Beschlusses 94/90, und die Kommission muss diesen Antrag unter Berücksichtigung des allgemeinen Grundsatzes prüfen, der in dem dem obengenannten Beschluss als Anhang beigefügten Verhaltenskodex enthalten ist, wonach die Öffentlichkeit einen möglichst umfassenden Zugang zu den Dokumenten der Kommission erhält (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 11. Januar 2000 in den Rechtssachen C-174/98 P und C-189/98 P, Niederlande und Van der Wal/Kommission, Slg. 2000, I-1, Randnrn. 27 bis 29; Urteil Interporc/Kommission, Randnrn. 44 und 45). </p><p>50 Ebenso wenig kann die Kommission ihre Weigerung, Zugang zu den im Antrag der Klägerin genannten Dokumenten zu gewähren, nach der Verordnung Nr. 1468/81 oder der Verordnung Nr. 515/97 rechtfertigen, in denen der Grundsatz der Vertraulichkeit der im Rahmen von Ermittlungen im Zollbereich erlangten Auskünfte niedergelegt ist. Der Verhaltenskodex, dessen Wortlaut dem Beschluss 94/90 als Anhang beigefügt ist, verleiht nämlich einem grundlegenden Recht Ausdruck, dem Recht auf Zugang zu den Dokumenten. Dieser Kodex wurde mit dem Ziel erlassen, die Gemeinschaft transparenter zu machen, wobei die Transparenz des Beschlussverfahrens ein Mittel ist, um den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung zu stärken (Erklärung Nr. 17). Sofern die Verordnung Nr. 1468/81 als lex specialis angewendet werden müsste, darf sie nicht im Widerspruch zu dem Beschluss 94/90 ausgelegt werden, dessen Hauptzweck darin besteht, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, die Ausübung öffentlicher Gewalt wirksamer auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu kontrollieren (Urteil Interporc/Kommission, Randnrn. 37 bis 39 und 43 bis 47; Urteile des Gerichts vom 19. Juli 1999 in der Rechtssache T-188/97, Rothmans/Kommission, Slg. 1999, II-2463, Randnr. 53, und vom 14. Oktober 1999 in der Rechtssache T-309/97, Bavarian Lager/Kommission, Slg. 1999, II-3217, Randnrn. 36 und 37). Außerdem bestimmen Artikel 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1468/81 und Artikel 45 Absatz 3 der ab 13. März 1998 geltenden Verordnung Nr. 515/97, dass die Vertraulichkeit der betreffenden Auskünfte "der Verwendung der aufgrund dieser Verordnung enthaltenen Auskünfte im Rahmen gerichtlicher Verfahren oder von Ermittlungsverfahren ..., die in der Folge wegen Nichtbeachtung der Zoll- oder Agrarregelung eingeleitet worden sind", nicht entgegensteht. Wie die Klägerin zu Recht unterstrichen hat, fällt ihr Antrag auf Zugang zu Dokumenten aber gerade in den Rahmen eines Gerichtsverfahrens. </p><p>Schreiben der Regierung von Bangladesch an die Kommission </p><p>- Vorbringen der Parteien </p><p>51 Die Klägerin trägt vor, die Urheberregel sei dahin auszulegen, dass ein Antrag auf Zugang zu Dokumenten nur dann an die Urheber der angeforderten Dokumente gerichtet werden müsse, wenn die Kommission keine Originale oder Kopien dieser Dokumente besitze. Von einem Kläger zu verlangen, dass er sich Dokumente bei Stellen beschaffe, die keiner gerichtliche Kontrolle unterlägen, obwohl diese Dokumente im Besitz der Kommission seien, würde darauf hinauslaufen, den Beschluss 94/90 und die Erklärung Nr. 17 zu umgehen. In diesem Zusammenhang führt die Klägerin noch aus, dass der Beschluss 94/90 so angewendet werden müsse, dass der eindeutigen Absicht der Parteien des Vertrages über die Europäische Union Wirksamkeit verliehen werde. Werde die Urheberregel nicht in dem von der Klägerin vorgeschlagenen Sinn ausgelegt, so verstieße sie außerdem gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach die erlassenen Maßnahmen zur Erreichung des Zieles des Schutzes der Vertraulichkeit und des öffentlichen Interesses erforderlich sein müssen. </p><p>52 Die Beklagte ist der Auffassung, die Argumentation der Klägerin werde durch den eindeutigen Wortlaut der Urheberregel widerlegt. Sie trägt vor, sie könne auf keinen Fall allein deshalb Zugang zu Dokumenten gewähren, die von den Regierungen von Drittländern erstellt seien, weil sie im Besitz dieser Dokumente sei. Die Entscheidung, Dokumente zu veröffentlichen, die von Dritten erstellt worden seien, sei ausschließlich deren Sache, da sie die Einzigen seien, die entscheiden könnten, ob sie eine Politik der Transparenz betreiben wollten. </p><p>- Beurteilung durch das Gericht </p><p>53 Die Urheberregel kann von der Kommission bei der Behandlung eines Antrags auf Zugang zu Dokumenten angewendet werden, solange es keinen höherrangigen Rechtsgrundsatz gibt, der es ihr verbietet, Dokumente, deren Urheber sie nicht ist, vom Geltungsbereich des Verhaltenskodex auszunehmen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beschluss 94/90 auf allgemeine politische Erklärungen Bezug nimmt, nämlich auf die Erklärung Nr. 17 und auf bei mehreren Tagungen des Europäischen Rates getroffene Schlussfolgerungen, da diesen Erklärungen nicht die Bedeutung eines höherrangigen Rechtsgrundsatzes zukommt (Urteil Interporc, Randnrn. 66, 73 und 74). </p><p>54 Nach alledem hat die Kommission eine zutreffende Beurteilung vorgenommen, als sie die Auffassung vertrat, dass sie nicht verpflichtet sei, Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, die die Regierung von Bangladesch ihr zugeleitet hatte. Demzufolge ist der erste Klagegrund insoweit zurückzuweisen, als er die Schreiben dieser Regierung an die Kommission betrifft. </p><p>Entscheidungen der Kommission zu den dienstlichen Berichten </p><p>- Vorbringen der Parteien </p><p>55 Die Klägerin bestreitet die Behauptung der Kommission, es gebe keine Entscheidungen zu den dienstlichen Berichten. Sie trägt insbesondere vor, nach dem dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 hätten mehrere Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Nacherhebung von Zöllen eingeleitet, wobei diesen Maßnahmen sicherlich eine Entscheidung der Kommission zugrunde liege, durch die die Empfehlungen des Berichts übernommen worden seien. Außerdem werde auf Seite 2 der Anlage 5 zum dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 angegeben, dass bei der Kommission drei Treffen zwischen Bediensteten dieses Organs und Vertretern der Mitgliedstaaten zur Erörterung des Berichts stattgefunden hätten. </p><p>56 Die Beklagte führt aus, die Klägerin habe die angeforderten Dokumente systematisch als "Entscheidungen" der Kommission definiert. Die Kommission habe daher angenommen, dass der Antrag sich auf Entscheidungen im Sinne von Artikel 189 EG-Vertrag (jetzt Artikel 249 EG) beziehe. In Bezug auf die dienstlichen Berichte sei aber keine derartige Entscheidung erlassen worden. </p><p>57 In ihrer Erwiderung trägt die Klägerin vor, die Kommission räume durch ihr Vorbringen in der Klagebeantwortung ein, dass es ein Dokument gebe. Die Klägerin vermutet, dass es sich um die Entscheidung der Kommission zum dienstlichen Bericht von November/Dezember 1996 handele. Hätte die Kommission keine Entscheidung getroffen, so wäre keine Maßnahme zur Nacherhebung von Zöllen von den Mitgliedstaaten eingeleitet worden. Die Kommission vermeide dadurch, dass sie die Frage aufwerfe, ob es sich um eine Entscheidung im Sinne von Artikel 189 des Vertrages handele, ihre Weigerung zu rechtfertigen, das Protokoll ihrer Entscheidung, durch die die Mitgliedstaaten aufgefordert würden, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, offenzulegen. </p><p>- Beurteilung durch das Gericht </p><p>58 Man kann nicht umhin, festzustellen, dass die Klägerin keine stichhaltigen oder übereinstimmenden Indizien beigebracht hat, um ihre Behauptung zu untermauern, dass es eine oder mehrere Entscheidungen der Kommission zu den dienstlichen Berichten gebe. In diesem Zusammenhang zeigt der Umstand, dass es Besprechungen zwischen Bediensteten der Kommission und Vertretern der Mitgliedstaaten über diese Berichte und nationalen Maßnahmen zur Nacherhebung von Zöllen gegeben hat, nicht notwendigerweise, dass es eine Entscheidung der Kommission neben deren Empfehlung am Ende der dienstlichen Berichte gibt. Darüber hinaus hat die Klägerin nichts vorgebracht, womit die Behauptung der Kommission widerlegt werden könnte, dass die Behörden der Mitgliedstaaten aufgrund der Empfehlungen, die die dienstlichen Berichte enthalten, Nacherhebungsverfahren einleiten können oder müssen, ohne dass eine Entscheidung der Kommission erforderlich oder sogar möglich wäre. </p><p>59 Der erste Klagegrund ist folglich insoweit zurückzuweisen, als er die angeblichen Entscheidungen der Kommission zu den dienstlichen Berichten betrifft. </p><p>60 Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als sie die dienstlichen Berichte und die Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch betrifft; im Übrigen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen. </p><p>Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 190 des Vertrages </p><p>Vorbringen der Parteien </p><p>61 Die Klägerin trägt vor, die angefochtene Entscheidung sei nicht ausreichend begründet. Die Kommission habe nämlich nicht für jedes angeforderte Dokument geprüft, ob die Veröffentlichung tatsächlich einem der geschützten Interessen zuwiderlaufen könne. </p><p>62 Die Beklagte macht geltend, die Begründung der angefochtenen Entscheidung sei erschöpfend. Was die dienstlichen Berichte und die Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch angehe, sei in der Entscheidung eindeutig angegeben, dass diese Dokumente zu der Inspektionstätigkeiten betreffenden Kategorie gehörten und daher durch die aus dem öffentlichen Interesse hergeleitete Ausnahme erfasst würden. Außerdem seien in der Entscheidung die Gründe dargelegt, aus denen die Veröffentlichung dieser Dokumente das öffentliche Interesse beeinträchtigen könne. Sie - die Beklagte - habe sich nicht auf die Feststellung beschränkt, dass die Dokumente unter die mit dem öffentlichen Interesse zusammenhängende Ausnahme fielen. In der Argumentation der angefochtenen Entscheidung werde nicht nur angegeben, warum die betroffene Dokumentenkategorie unter die Ausnahme falle, sondern auch warum die Veröffentlichung dieser Dokumente in der Praxis das öffentliche Interesse beeinträchtige. </p><p>Beurteilung durch das Gericht </p><p>63 Nach ständiger Rechtsprechung wird mit der Verpflichtung zur Begründung von Einzelfallentscheidungen ein doppeltes Ziel verfolgt; zum einen soll den Betroffenen ermöglicht werden, zur Verteidigung ihrer Rechte die tragenden Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, und zum anderen soll der Gemeinschaftsrichter in die Lage versetzt werden, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 15; Urteil des Gerichts vom 5. März 1997 in der Rechtssache T-105/95, WWF UK/Kommission, Slg. 1997, II-313, Randnr. 66). Die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung diesen Erfordernissen genügt, ist nämlich nicht nur im Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-122/94, Kommission/Rat, Slg. 1996, I-881, Randnr. 29; Urteil Kuijer/Rat, Randnr. 36). </p><p>64 Darüber hinaus geht aus der Rechtsprechung hervor, dass die Kommission für jedes Dokument, zu dem der Zugang beantragt ist, zu prüfen hat, ob dessen Offenlegung nach den ihr vorliegenden Informationen tatsächlich geeignet ist, einen der durch die Ausnahmenregelung geschützten Aspekte des öffentlichen Interesses zu beeinträchtigen (siehe analog Urteil des Gerichts vom 17. Juni 1998 in der Rechtssache T-174/95, Svenska Jouralistförbundet/Rat, Slg. 1998, II-2289, Randnr. 112; Urteil Kuijer/Rat, Randnr. 37). </p><p>65 Die Kommission muss folglich in der Begründung ihrer Entscheidung erkennen lassen, dass sie eine konkrete Beurteilung der betreffenden Dokumente vorgenommen hat (Urteil Kuijer/Rat, Randnr. 38). Wie das Gericht oben in Bezug auf die dienstlichen Berichte und die Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch aber bereits festgestellt hat (Randnr. 46), findet sich eine solche Beurteilung in der angefochtenen Entscheidung nicht. Vielmehr hat die Kommission sich ausschließlich auf die allgemeinen Merkmale der angeforderten Dokumentenkategorien gestützt. </p><p>66 Demzufolge greift der zweite Klagegrund insoweit durch, als er die dienstlichen Berichte ("Kategorie 1") und die Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch ("Kategorie 4",1 zum Teil) betrifft. </p><p>67 Dagegen ist die Begründung der angefochtenen Entscheidung ausreichend, was die anderen im Antrag der Klägerin genannten Dokumente betrifft. Was die Schreiben der Regierung von Bangladesch an die Kommission angeht, hat diese die Urheberregel angeführt und die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie eine Kopie der betreffenden Dokumente bei den Behörden von Bangladesch anfordern müsse. Die Klägerin konnte somit die Gründe der angefochtenen Entscheidung erkennen und das Gericht seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben. Die Klägerin verlangt daher zu Unrecht eine eingehendere Begründung (Urteil Interporc/Kommission, Randnr. 78). Auch ist davon auszugehen, dass die Kommission, was die angeblichen Entscheidungen zu den dienstlichen Berichten angeht, sich auf die Angabe beschränken konnte, dass es derartige Dokumente nicht gebe, ohne verpflichtet zu sein, im Einzelnen anzugeben, weshalb solche Entscheidungen nicht erlassen worden waren. </p><p>68 Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit durch sie der Zugang zu den dienstlichen Berichten der Europäischen Union von 1993 bis 1996 über Bangladesch einschließlich der Anhänge dieser Berichte und zu den Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch über die Ungültigerklärung der APS-Formulare A verweigert wird; im Übrigen ist die Klage abzuweisen. </p>
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<a name="CO"/><h2>Kostenentscheidung</h2><br/><em>
<p>Kosten </p><p>69 Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts kann dieses die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall entspricht es einer gerechten Beurteilung der Umstände des Rechtsstreits, wenn die Beklagte ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten der Klägerin trägt; diese trägt somit die Hälfte ihrer eigenen Kosten. </p>
</em><p/>
<a name="DI"/><h2>Tenor</h2><br/><em>
<p>Aus diesen Gründen </p><p>hat </p><p>DAS GERICHT </p><p>(Vierte Kammer) </p><p>für Recht erkannt und entschieden: </p><p>1. Die Entscheidung der Kommission vom 11. März 1999 wird für nichtig erklärt, soweit durch sie der Klägerin der Zugang zu den dienstlichen Berichten der Europäischen Union von 1993 bis 1996 betreffend Bangladesch einschließlich der Anhänge dieser Berichte und zu den Schreiben der Kommission an die Regierung von Bangladesch zur Ungültigerklärung der Ursprungsbescheinigungen im Rahmen des allgemeinen Präferenzsystems verweigert wird. </p><p>2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. </p><p>3. Die Klägerin trägt die Hälfte ihrer eigenen Kosten. </p><p>4. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Hälfte der Kosten der Klägerin. </p>
</em><p/>
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175,002 | eugh-2000-10-12-c-34799 | {
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"name": "Europäischer Gerichtshof",
"slug": "eugh",
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} | C-347/99 | 2000-10-12T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:23 | 2019-01-31T19:09:23 | Schlussantrag des Generalanwalts | ECLI:EU:C:2000:564 | <div id="banner">
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<a class="langue" href="http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Wichtiger rechtlicher Hinweis</b></a>
<br/>
</p>
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<em class="none">|</em>
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<h1>61999C0347</h1>
<p>
<strong>Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 12. Oktober 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Nichtumsetzung der Richtlinie 95/50/EG. - Rechtssache C-347/99. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-11647<br/> </em>
</p>
<br/>
<div id="TexteOnly">
<p/><h2>Schlußanträge des Generalanwalts</h2><br/><em>
<p>1. In dieser Rechtssache beantragt die Kommission, festzustellen, dass Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 95/50/EG des Rates vom 6. Oktober 1995(1) über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße verstoßen hat, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen oder jedenfalls nicht der Kommission mitgeteilt hat, um dieser Richtlinie nachzukommen. </p><p>2. In seiner Klagebeantwortung bestreitet Irland den Verstoß nicht. Es führt lediglich aus, es werde weiterhin an Verordnungsentwürfen zur Umsetzung der Richtlinie gearbeitet und man hoffe, die Umsetzungsverordnungen in Kürze zu erlassen. </p><p>Ergebnis </p><p>3. Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof nach meiner Ansicht </p><p>1. festzustellen, dass Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 95/50/EG des Rates vom 6. Oktober 1995 über einheitliche Verfahren für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße verstoßen hat, dass es nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen oder jedenfalls nicht der Kommission mitgeteilt hat, um dieser Richtlinie nachzukommen; </p><p>2. Irland die Kosten aufzuerlegen. </p><p>(1) - ABl. L 249, S. 35. </p>
</em><p/>
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175,003 | eugh-2000-10-12-c-2899 | {
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"name": "Europäischer Gerichtshof",
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} | C-28/99 | 2000-10-12T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:24 | 2019-01-31T19:09:24 | Schlussantrag des Generalanwalts | ECLI:EU:C:2000:561 | <div id="banner">
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<a class="langue" href="http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Wichtiger rechtlicher Hinweis</b></a>
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<h1>61999C0028</h1>
<p>
<strong>Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 12. Oktober 2000. - Strafverfahren gegen Jean Verdonck, Ronald Everaert und Edith de Baedts. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Rechtbank van eerste aanleg te Gent - Belgien. - Richtlinie 89/592/EWG - Nationale Regelung für Insidergeschäfte - Befugnis der Mitgliedstaaten, strengere Vorschriften zu erlassen - Allgemein geltende nationale Vorschrift. - Rechtssache C-28/99. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-03399<br/> </em>
</p>
<br/>
<div id="TexteOnly">
<p/><h2>Schlußanträge des Generalanwalts</h2><br/><em>
<p>1. Herr Verdonck, Herr Everaert und Frau De Baedts sind alle drei Mitglieder des Verwaltungsrats der Ter Beke NV, der beschlossen hat, das Unternehmen Chilled Food Business, einen Unternehmensbereich der Unilever NV, zu erwerben. Sie werden von der belgischen Justiz strafrechtlich wegen Insidergeschäften verfolgt. Man wirft ihnen vor, Insiderinformationen ausgenutzt zu haben, um an der Börse Kaufaufträge für Aktien von Ter Beke zu erteilen.</p><p>2. Die Angeklagten machen geltend, die belgische Regelung für Börsentransaktionen, die der gegen die sie eingeleiteten Strafverfolgung zugrunde liege, entspreche nicht der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte.</p><p>3. Sie berufen sich auf Artikel 6 der Richtlinie, wonach die Mitgliedstaaten strengere Vorschriften als die in der Richtlinie vorgesehenen erlassen können, sofern diese Vorschriften allgemein gelten.</p><p>4. Ihres Erachtens ist das belgische Gesetz strenger als die Richtlinie, da es nicht vorschreibe, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Besitz von Insiderinformationen durch einen Insider und der Vornahme einer Börsentransaktion durch diesen nachgewiesen werden müsse. Andererseits enthalte das Gesetz eine Ausnahmevorschrift zugunsten von Holdinggesellschaften. Das belgische Gesetz verstoße gegen das Gemeinschaftsrecht, indem es den ihnen gegenüber angewandten Straftatbestand verschärfe, dabei jedoch Holdinggesellschaften ausnehme.</p><p>5. Somit hat der Gerichtshof Artikel 6 der Richtlinie im Hinblick darauf auszulegen, über welchen Entscheidungsspielraum ein Mitgliedstaat verfügt, wenn er beschließt, die Richtlinie durch strengere Vorschriften als die in ihr vorgesehenen umzusetzen, diese Bestimmungen jedoch zugunsten von Holdinggesellschaften beschränkt.</p><p>I - Rechtlicher Rahmen</p><p>A - Gemeinschaftsrecht</p><p>6. Nach der Richtlinie ist der Erlass einer koordinierten Regelung auf Gemeinschaftsebene im Bereich der Insidergeschäfte durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, das reibungslose Funktionieren des Sekundärmarktes für Wertpapiere zu gewährleisten. Der Markt müsse Vertrauen bei den Anlegern schaffen, denn er spiele bei der Finanzierung der Wirtschaftssubjekte ein wichtige Rolle. Das Vertrauen beruht unter anderem auf der den Anlegern gegebenen Zusicherung, dass sie gleichgestellt sind und dass sie gegen die unrechtmäßige Verwendung einer Insiderinformation geschützt werden".</p><p>7. Nach Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie ist unter Insiderinformation" zu verstehen eine nicht öffentlich bekannte präzise Information, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieses Wertpapiers oder dieser Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen".</p><p>8. In Artikel 2 der Richtlinie heißt es:</p><p>(1) Jeder Mitgliedstaat untersagt den Personen, die</p><p>- als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten,</p><p>- durch ihre Beteiligung am Kapital des Emittenten</p><p>oder</p><p>- aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufs oder ihrer Aufgaben zu dieser Information Zugang haben,</p><p>über eine Insiderinformation verfügen, unter Ausnutzung derselben in Kenntnis der Sache für eigene oder fremde Rechnung entweder selbst oder indirekt die Wertpapiere des bzw. der von dieser Information betroffenen Emittenten zu erwerben oder zu veräußern.</p><p>(2) Sofern es sich bei den in Absatz 1 genannten Personen um Gesellschaften oder andere juristische Personen handelt, gilt das dort ausgesprochene Verbot für die natürlichen Personen, die an dem Beschluss beteiligt sind, das Geschäft für Rechnung der betreffenden juristischen Person zu tätigen."</p><p>9. Artikel 6 Satz 1 der Richtlinie lautet wie folgt:</p><p>Jeder Mitgliedstaat kann strengere Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen oder zusätzliche Vorschriften erlassen, sofern diese Vorschriften allgemein gelten."</p><p>B - Nationales Recht</p><p>10. Die Richtlinie wurde durch die Artikel 181 bis 189 des Gesetzes vom 4. Dezember 1990 über finanzielle Transaktionen und die Finanzmärkte in das belgische Recht umgesetzt.</p><p>11. Artikel 181 des Gesetzes von 1990 definiert den Begriff Insiderinformationen" wie folgt:</p><p>Für die Zwecke der Anwendung dieses Buches sind Insiderinformationen nicht öffentlich bekannte hinreichend präzise Informationen, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder anderen Finanzierungspapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere oder andere Finanzierungspapiere betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieses Wertpapiers, dieser Wertpapiere, dieses anderen Finanzierungspapiers oder dieser anderen Finanzierungspapiere beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>Als Insiderinformationen gelten nicht Informationen, über die Holdinggesellschaften in Ausübung ihrer Funktionen bei der Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, verfügen, sofern es sich dabei nicht um Informationen handelt, die aufgrund der Rechtsvorschriften über die Verpflichtungen zu veröffentlichen sind, die sich aus der Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse ergeben."</p><p>12. Artikel 182 Absatz 1 des Gesetzes von 1990 bestimmt:</p><p>Personen, die</p><p>1. als Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten,</p><p>2. durch ihre Beteiligung am Kapital des Emittenten oder</p><p>3. aufgrund ihrer Arbeit, ihres Berufs oder ihrer Aufgaben zu dieser Information Zugang haben,</p><p>über eine Information verfügen, von der ihnen bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein müsste, dass es sich dabei um eine Insiderinformation handelt, ist es verboten, für eigene oder fremde Rechnung entweder selbst oder indirekt die Wertpapiere oder andere Finanzierungspapiere, die diese Information betrifft, zu erwerben oder zu veräußern."</p><p>13. Holdinggesellschaften sind in Artikel 1 der Königlichen Verordnung Nr. 64 vom 10. November 1967 zur Regelung der Stellung der Holdinggesellschaften in der zuletzt durch Gesetz vom 22. März 1993 geänderten Fassung definiert.</p><p>14. Nach dieser Bestimmung sind Holdinggesellschaften:</p><p>1. die Gesellschaften belgischen Rechts, die Beteiligungen an einer oder mehreren belgischen oder ausländischen Tochtergesellschaften besitzen, die ihnen rechtlich oder tatsächlich die Macht verleihen, deren Tätigkeit zu leiten, sofern</p><p>a) sich diese Gesellschaften oder alle oder bestimmte ihrer Tochter- oder Enkelgesellschaften in Belgien zum Zweck der Ausgabe oder des Absatzes ihrer Aktien oder Anteile an die Öffentlichkeit gewandt haben;</p><p>b) der Wert ihrer Beteiligungen insgesamt mindestens fünfhundert Millionen Franken erreicht oder mindestens die Hälfte ihrer Eigenmittel darstellt;</p><p>2. die Gesellschaften belgischen Rechts, die oder deren Tochter- oder Enkelgesellschaften sich in Belgien zum Zweck der Ausgabe oder des Absatzes ihrer Aktien oder Anteile an die Öffentlichkeit gewandt haben und die Tochter- oder Enkelgesellschaften ausländischer Gesellschaften oder Einrichtungen sind, die unmittelbar oder mittelbar an Gesellschaften belgischen Rechts Beteiligungen besitzen, deren Wert insgesamt mindestens fünfhundert Millionen Franken erreicht oder mindestens die Hälfte ihrer Eigenmittel darstellt."</p><p>II - Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Verfahren</p><p>15. Der Verwaltungsrat von Ter Beke prüfte in seinen Sitzungen vom 22. August 1995 und vom 10. Oktober 1995 die Möglichkeiten eines Erwerbs der Firma Chilled Food Business. Am 19. Dezember 1995 billigte er ein Angebot auf Übernahme dieses Unternehmens.</p><p>16. Am 5. März 1996 unterzeichneten Ter Beke und Unilever eine Absichtserklärung, die am selben Tag veröffentlicht wurde und in der der Wunsch der beiden Unternehmen zum Ausdruck gebracht wurde, die zwischen ihnen laufenden Verhandlungen exklusiv fortzusetzen. Am 18. März 1996, nach der Veröffentlichung dieser Absichtserklärung, stieg der Kurs der Aktien von Ter Beke von 2 800 BEF auf 3 230 BEF, d. h. um 15,3 %.</p><p>17. Am 14. Mai 1996 unterzeichneten Ter Beke und Unilever die Vereinbarung über den Erwerb von Chilled Food Business.</p><p>18. Vom 6. bis zum 8. Februar 1996 erteilten die Angeklagten Börsenaufträge, die zum Erwerb von Aktien von Ter Beke zum Kurs von 2 590 BEF führten.</p><p>19. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen die Angeklagten bei der Rechtbank van eerste aanleg Gent Anklage mit der Begründung, sie hätten durch den Erwerb der Aktien von Ter Beke vor der Veröffentlichung der Absichtserklärung, die diese Gesellschaft gemeinsam mit Unilever abgegeben habe, unter Verstoß gegen die Artikel 181 bis 183 und 189 des Gesetzes von 1990 rechtswidrig eine Insiderinformation ausgenutzt.</p><p>III - Vorlagefragen</p><p>20. Die Rechtbank van eerste aanleg Gent ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von der Auslegung des Artikels 6 der Richtlinie 89/592 abhänge; sie hat daher das Verfahren mit Urteil vom 27. Januar 1999 ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p><p>1. Lässt Artikel 6 der Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte, wonach ,[j]eder Mitgliedstaat ... strengere Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen oder zusätzliche Vorschriften erlassen [kann], sofern diese Vorschriften allgemein gelten ..., es zu, dass Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats den Tatbestand strenger definieren, aber für eine bestimmte Kategorie von Gesellschaften, nämlich Holdinggesellschaften, eine spezifische Ausnahme von dieser strengeren Definition vorsehen?</p><p>2. Steht die Durchführung der Richtlinie 89/592/EWG, in Belgien durch Artikel 181 des Gesetzes vom 4. Dezember 1990 über finanzielle Transaktionen und die Finanzmärkte umgesetzt, im Einklang mit Artikel 6 dieser Richtlinie?</p><p>Artikel 181 lautet: ,Für die Zwecke der Anwendung dieses Buches sind Insiderinformationen: nicht öffentlich bekannte hinreichend präzise Informationen, die einen oder mehrere Emittenten von Wertpapieren oder anderen Finanzierungspapieren oder ein oder mehrere Wertpapiere oder andere Finanzierungspapiere betreffen und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Kurs dieses Wertpapiers, dieser Wertpapiere, dieses anderen Finanzierungspapiers oder dieser anderer Finanzierungspapiere beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>Als Insiderinformationen gelten nicht Informationen, über die Holdinggesellschaften in Ausübung ihrer Funktionen bei der Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, verfügen, sofern es sich dabei nicht um Informationen handelt, die aufgrund der Rechtsvorschriften über die Verpflichtungen zu veröffentlichen sind, die sich aus der Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse ergeben.</p><p>Die Vorschriften dieses Buches gelten für Wertpapiere und andere Finanzierungspapiere im Sinne des Artikels 1.</p><p>3. Falls ein Mitgliedstaat die Richtlinie 89/592/EWG so umgesetzt hat, wie dies der belgische Gesetzgeber in Artikel 181 des Gesetzes vom 4. Dezember 1990 über finanzielle Transaktionen und die Finanzmärkte getan hat, und diese Umsetzung gegen die Richtlinie verstoßen sollte, ist die strengere Vorschrift dann als nicht zum nationalen Recht gehörend anzusehen oder ist sie weiter uneingeschränkt anzuwenden, und zwar auch auf Holdinggesellschaften?"</p><p>IV - Vorbemerkungen</p><p>21. Die erste und die zweite Frage gehen dahin, ob eine nationale Regelung in Anbetracht der Richtlinie rechtmäßig ist, wenn sie wie das Gesetz von 1990 Holdinggesellschaften teilweise von dem in der Richtlinie vorgesehenen Verbot der Insidergeschäfte ausnimmt, indem sie es ihnen erlaubt, bestimmte Informationen, über die sie in Ausübung ihrer Rolle bei der Verwaltung anderer Gesellschaften verfügen, zu nutzen.</p><p>22. Beide Fragen betreffen die Auslegung von Artikel 6 der Richtlinie, der das Recht zum Erlass von Umsetzungsvorschriften, die strenger als die in der Richtlinie vorgesehenen Vorschriften sind, von der Voraussetzung abhängig macht, dass diese Vorschriften allgemein anwendbar sind. Der nationale Gesetzgeber hat insofern eine strengere Vorschrift gewählt, als Artikel 182 des Gesetzes von 1990 nicht vorschreibt, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Besitz von Insiderinformationen und dem Vorgehen des Insiders auf dem Markt für die Wertpapiere, auf die sich diese Informationen beziehen, bewiesen werden muss. Der Nachweis eines Verstoßes lässt sich somit leichter führen.</p><p>23. Die erste Frage geht dahin, ob die Ausnahme zulässig ist, aufgrund deren Holdinggesellschaften in bestimmten Fällen von dem Verbot von Insidergeschäften ausgenommen sind, das durch das nationale Recht in strengerer Weise umgesetzt worden ist.</p><p>24. In der zweiten Frage stellt das vorlegende Gericht zwar auf Artikel 6 der Richtlinie ab, verweist aber nicht mehr unmittelbarer auf die strengere Definition der Insidergeschäfte, soweit sich diese Frage darauf bezieht, dass das belgische Recht kein Kausalitätserfordernis enthält. Es befragt Sie nach der Definition der Insiderinformationen" im nationalen Recht, einer Kategorie, von der bestimmte Informationen, über die die Holdinggesellschaften verfügen, ausgeschlossen sind, was es diesen ermöglicht, diese Informationen zu ihren Gunsten zu verwenden, ohne die Sanktionen gegen diejenigen auf sich zu ziehen, die gegen die Regelung für finanzielle Transaktionen und die Finanzmärkte verstoßen.</p><p>25. Es vermag zu überraschen, dass eine Auslegung von Artikel 6 der Richtlinie für eine Beantwortung der zweiten Frage als notwendig erachtet wird. Artikel 181 des Gesetzes von 1990 enthält offenkundig keine strengere" Vorschrift im Sinne dieser Bestimmung.</p><p>26. Soweit nach Artikel 181 des Gesetzes von 1990 bestimmte Informationen, über die die Holdinggesellschaften verfügen, nicht als Insiderinformationen gelten, sind diese Gesellschaften vom Geltungsbereich der Transaktionen von Insidern verbietenden Regelung ausgenommen, wenn sie von diesen Informationen Gebrauch machen. Somit stellt sich das Gesetz von 1990 als weniger streng als die Richtlinie dar, denn es nimmt vom Verbot der Insidergeschäfte eine Reihe von Transaktionen aus, die Holdinggesellschaften an der Börse aufgrund von Informationen tätigen, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind.</p><p>27. Tatsächlich erweist es sich, betrachtet man die beiden Fragen gemeinsam, dass das vorlegende Gericht letztlich nur über ein und dieselbe Frage aufgeklärt werden möchte: Steht die Abweichung von dem im nationalen Recht eingeführten strengeren Verbot von Insidergeschäften, das durch eine besondere Definition des Begriffes Insiderinformation" zum Ausdruck kommt, mit Artikel 6 der Richtlinie im Einklang?</p><p>28. Daher sind die ersten beiden Fragen gemeinsam zu prüfen.</p><p>V - Zu den ersten beiden Fragen</p><p>29. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung zwar gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) nicht über die Vereinbarkeit einer nationalen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht befinden kann, doch befugt ist, dem vorlegenden Gericht alle Kriterien für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts an die Hand zu geben, die dieses in die Lage versetzen, bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens die Frage der Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen.</p><p>30. Im Übrigen bedürfen die Vorlagefragen zusätzlicher Erläuterungen, damit sie geklärt werden können. Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990 unterscheidet bei den Informationen, über die die Holdinggesellschaften verfügen, zwischen denjenigen, die nicht zu den Insiderinformationen gehören, und denjenigen, die als solche einzustufen sind, weil sie aufgrund der Rechtsvorschriften über die Verpflichtungen zu veröffentlichen sind, die sich aus der Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse ergeben".</p><p>31. Durch diese Unterscheidung gibt diese Bestimmung eine Definition der Nicht-Insiderinformationen, die offenkundig nicht sämtliche Informationen umfasst, über die Holdinggesellschaften verfügen. Es wird nicht gesagt, dass alle Informationen über die Gesellschaften, an denen die Holdinggesellschaften Beteiligungen halten, schon allein aufgrund dieses Umstandes von der genannten Einstufung ausgenommen sind. Es wäre daher übereilt, mit den Angeklagten zu dem Ergebnis zu gelangen, dass allein die Eigenschaft als Holdinggesellschaft ausreicht, um die rechtliche Regelung für diese Informationen zu bestimmen.</p><p>32. Die Antwort auf die Vorlagefragen kann für das belgische Gericht nur dann zweckdienlich sein, wenn die Art der Informationen genau bekannt ist, bei denen es sich nach Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990 weiterhin um Insiderinformationen" handelt. Das Vorlageurteil enthält hierzu jedoch keine Angaben. Die belgische Regierung erklärt dagegen Folgendes: Zum Zeitpunkt des den Angeklagten zur Last gelegten Sachverhalts waren die Gesellschaften, deren Anteilsscheine zur offiziellen Notierung an einer Wertpapierbörse zugelassen waren, verpflichtet, ,unverzüglich jede Tatsache oder Entscheidung zu veröffentlichen, von der sie Kenntnis haben und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs der Aktien an der Börse beträchtlich zu beeinflussen".</p><p>33. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei den Informationen im Sinne von Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990, die nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Verpflichtungen, die sich aus der Zulassung von Wertpapieren zur offiziellen Notierung an einer Wertpapierbörse ergeben, zu veröffentlichen sind, um diejenigen handelt, deren Verbreitung geeignet wäre, den Kurs der betroffenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen. Nach nationalem Recht handelt es sich bei diesen Informationen um Insiderinformationen".</p><p>34. Demgemäß können die Fragen genauer formuliert werden. Sie sind so zu verstehen, dass sie dahin gehen, ob Artikel 6 der Richtlinie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegensteht, die strengere Voraussetzungen festlegt, als sie in der Richtlinie vorgesehen sind, dabei jedoch von ihrem Geltungsbereich die Informationen, über die die Holdinggesellschaften aufgrund ihrer Rolle bei der Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften verfügen, ausschließt, da diese Informationen den Kurs der Wertpapiere nicht beeinflussen können.</p><p>35. Bei der Betrachtung von Artikel 181 des Gesetzes von 1990 wird deutlich, dass die Ausnahme für Holdinggesellschaften diese Gesellschaften nicht speziell von dem strengeren Verbot des Gesetzes von 1990 ausnimmt, sondern allgemeiner von dem Verbot aufgrund der Richtlinie, eine Insiderinformation in Kenntnis der Sache auszunutzen. Das Gesetz von 1990 behält diesen Gesellschaften nicht nur eine Regelung vor, die sich durch eine weniger strenge Abgrenzung des Geltungsbereichs des Verbotes auszeichnet. Es nimmt ganz einfach bestimmte Informationen, die sich im Besitz der Holdinggesellschaften befinden, von seiner Definition der Insiderinformationen" aus, deren Ausnutzung die Richtlinie verbietet. Damit begründet das Gesetz von 1990 eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes dieser Geschäfte unabhängig von der Art und Weise, auf die sie der nationale Gesetzgeber in sein Recht umzusetzen entschieden hat. Es unterscheidet somit nicht zwischen einer strengeren grundsätzlichen Bestimmung, die durch Sanktionen gekennzeichnet ist, deren Verhängung nicht vom Nachweis eines Kausalzusammenhangs abhängt, und einer Ausnahme für Holdinggesellschaften, mit der diese den gleichen Sanktionen ausgesetzt werden, sofern dieser Zusammenhang dargetan ist.</p><p>36. Will man sich daher dessen vergewissern, dass gemäß Artikel 6 der Richtlinie keine diskriminierende Unterscheidung zwischen den verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern vorgenommen wird, so ist zuvor zu prüfen, ob es dieser Artikel erlaubt, von seinem Geltungsbereich eine Kategorie von Wirtschaftsteilnehmern wie die Holdinggesellschaften auszunehmen.</p><p>37. Wenn dem so sein sollte, würden die Mitgliedstaaten, die strengere Vorschriften erlassen, nicht im Widerspruch zu der Voraussetzung der allgemeinen Anwendbarkeit der Umsetzungsnorm handeln, denn die Gemeinschaftsregelung würde es von Anfang an erlauben, bestimmte Gesellschaften von ihrem Anwendungsbereich auszunehmen. Die strengeren Vorschriften des nationalen Rechts müssten als allgemein anwendbar im Sinne von Artikel 6 der Richtlinie betrachtet werden.</p><p>38. Wäre dies jedoch nicht der Fall, so würde die Zulässigkeit der Ausnahme von der engeren Definition, die das nationale Recht den Insidergeschäften gibt, in Frage gestellt. Wahrscheinlich würde Artikel 6 der Richtlinie einer strengeren Regelung entgegenstehen, die in ihren Geltungsbereich nicht die selbst der Richtlinie unterfallenden Wirtschaftsteilnehmer einbezöge, und auf diese Weise den diskriminierenden Charakter der anwendbaren Regelung enthüllen.</p><p>Zum Geltungsbereich der Richtlinie: das Recht der Holdinggesellschaften, bestimmte Informationen auf einem Wertpapiermarkt auszunutzen</p><p>39. Es sei daran erinnert, dass nach Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie der Begriff Insiderinformation" drei Merkmale umfasst. Eine Information ist dann eine Insiderinformation, wenn sie präzise, nicht öffentlich bekannt und ferner geeignet ist, den Kurs der Wertpapiere, auf die sie sich bezieht, beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>40. Eine bloße Vermutung kann wegen ihres vagen und unbestimmten Charakters noch keine Insiderinformation darstellen. Ebenso ist, wenn die Information den Anlegern bereits bekannt ist, das Verbot ihrer Ausnutzung auf dem Markt zwecklos geworden, da ihr Bekanntwerden ihr jeden Insidercharakter nimmt. Die Gleichheit der Anleger, deren Beachtung zum Zweck der Wahrung des guten Funktionieren des Marktes mit der Richtlinie gerade angestrebt wird, ist gewährleistet, wenn jeder in der Lage ist, aufgrund der gleichen Informationen Wertpapiere zu erwerben oder zu veräußern.</p><p>41. Verfügt schließlich ein Wirtschaftsteilnehmer über eine sowohl präzise als auch vertrauliche Information, so kann diese nur dann als Insiderinformation" eingestuft werden, wenn ihre Ausnutzung ihm irgendeinen Vorteil verschaffen kann. Auch dann kann das ordnungsgemäße Funktionieren des Marktes durch die Ausnutzung einer Information nicht beeinflusst werden, wenn ihre Verbreitung die Kurse nicht beträchtlich beeinflusst. Die Vertraulichkeit einer präzisen Angabe in Bezug auf das Leben einer Gesellschaft macht aus dieser Angabe noch keine Waffe in der Hand des Anlegers, der über sie verfügt. Die Entscheidungen über die wirtschaftlichen Strategie, die ein an der Börse notiertes Unternehmen trifft, sind beispielsweise nicht notwendigerweise mit Bewegungen auf dem Wertpapiermarkt verbunden.</p><p>42. Somit zieht die Richtlinie eine Grenze zwischen den Informationen, die als neutral bezeichnet werden können, und denjenigen, von denen vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie für die Bewertung eines Unternehmens durch die Anleger und somit für den Kurs seiner Wertpapiere von Gewicht sind. Nur die letztgenannten stellen Insiderinformationen" im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie dar, deren Ausnutzung nach Artikel 2 der Richtlinie verboten ist.</p><p>43. Der Vergleich von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie mit Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990, im Licht von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung vom 18. September 1990 ausgelegt, ergibt eine große Ähnlichkeit der Bestimmungen, die beide Regelungen treffen.</p><p>44. Wie ich bereits ausgeführt habe, handelt es sich bei den Informationen, die nach Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990 weiterhin Insiderinformationen sind, auch wenn sie sich im Besitz einer Holdinggesellschaft befinden, um diejenigen, die nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Verpflichtungen aufgrund der Zulassung von Wertpapieren zur offiziellen Notierung an einer Wertpapierbörse zu veröffentlichen sind. Nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Königlichen Verordnung vom 18. September 1990 handelt es sich bei diesen Informationen um solche über die Tatsachen oder Entscheidungen, von denen die Gesellschaften, die an der Börse notiert werden, Kenntnis haben und die, wenn sie öffentlich bekannt würden, geeignet wären, den Börsenkurs der Aktien beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>45. Die Voraussetzung in Bezug auf die Auswirkungen der Informationen auf den Markt ist in Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie und Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990 nicht unterschiedlich formuliert. In beiden Regelungen bestimmt sie den Insidercharakter der Informationen, auch wenn sich diese im Besitz einer Holdinggesellschaft befinden.</p><p>46. Aus dem Gesetz von 1990 in Verbindung mit der Königlichen Verordnung von 1990 geht hervor, dass Insiderinformationen entweder als die Informationen im Besitz von an der Börse notierten Gesellschaften selbst oder als Informationen über diese Gesellschaften definiert werden, über die die Holdinggesellschaften wegen ihrer Rolle bei deren Verwaltung verfügen. Die belgische Regierung führt aus, dass die Informationen, die eine Holdinggesellschaft über die an der Börse notierten Gesellschaften besitze, wegen ihrer Rolle bei der Verwaltung dieser Gesellschaft erst von dem Zeitpunkt an als Insiderinformationen zu betrachten seien, zu dem diese Informationen bei der börsennotierten Gesellschaft zu Insiderinformationen würden.</p><p>Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie steht einer derartigen Auslegung nicht entgegen, da die in dieser Bestimmung enthaltene Definition der Insiderinformationen nicht auf die Eigenschaft ihres Inhabers abstellt. Vielmehr benennt Artikel 2 der Richtlinie ausdrücklich, welche natürlichen oder juristischen Person aufgrund ihrer Beteiligung am Kapital des Emittenten über Insiderinformationen verfügen. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass die Holdinggesellschaften von dieser Definition erfasst werden und dass das Verbot der Tätigung von Insidergeschäften nicht auf die emittierende Gesellschaft selbst oder ihr Personal beschränkt ist.</p><p>47. Zweifel könnte jedoch die Art und Weise hervorrufen, in der Artikel 1 der Richtlinie im nationalen Recht ausgelegt und in das nationale Recht umgesetzt worden ist. Aus den von der belgischen Regierung beschriebenen Umständen dürfte hervorgehen, dass nach dem nationalen Recht nur Aktien Wertpapiere sind, die Gegenstand von als Insiderinformationen einzustufenden Informationen sein können. Diese Beschränkung dürfte in der Richtlinie keine Rechtfertigung finden, die Wertpapiere im Allgemeinen erwähnt und diese im Übrigen sehr weit definiert.</p><p>48. Eine vollständigere Betrachtung des nationalen Rechts ergibt jedoch, dass die Königliche Verordnung von 1990 für Schuldverschreibungen eine Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 gleichende Bestimmung, nämlich Artikel 12 Nummer 1, enthält.</p><p>49. Auf alle Fälle ist es Sache des vorlegenden Gerichts, das allein für die Auslegung seines nationalen Rechts zuständig ist, festzustellen, ob nach der zur Zeit des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens geltenden nationalen Regelung die Kategorie der Informationen, über die Holdinggesellschaften verfügen und gemäß Artikel 181 Absatz 2 des Gesetzes von 1990 bekannt zu machen haben, die Informationen umfasst, die geeignet sind, den Börsenkurs sämtlicher Wertpapiere, wie sie in Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie definiert sind, beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>50. Nach allem gelange ich zu dem Ergebnis, dass der Begriff Insiderinformationen" im Sinne von Artikel 1 Nummer 1 der Richtlinie nicht für Informationen der in Artikel 181 des Gesetzes von 1990 beschriebenen Art gilt. So können Informationen dann nicht als Insiderinformationen" betrachtet werden, über die Holdinggesellschaften aufgrund ihrer Rolle bei der Verwaltung von Gesellschaften verfügen, an denen sie eine Beteiligung besitzen, wenn es sich bei ihnen nicht um diejenigen handelt, die bekannt zu machen sind, da sie geeignet sind, den Kurs der Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>Zu Artikel 6 der Richtlinie: Allgemeine Geltung der strengeren Vorschriften</p><p>51. Die Gründe, aus denen die Richtlinie einer derartigen Regelung nicht entgegensteht, lassen sich leicht von den bisherigen Ausführungen herleiten. Diese haben es ermöglicht, den Geltungsbereich der Richtlinie zu klären. So kann die Verwendung von Informationen, die keinen Einfluss auf den Kurs der Wertpapiere haben, durch Holdinggesellschaften vom Verbot der Insidergeschäfte ausgenommen werden.</p><p>52. Da die mit dieser Art von Informationen verbundenen Transaktionen nicht von der Richtlinie erfasst werden, unterliegen sie nicht nur nicht der Regelung, die die Mitgliedstaaten einzuführen haben, sondern auch nicht der strengeren Umsetzung, die vorzunehmen sie nach der Richtlinie ermächtigt sind.</p><p>53. Im vorliegenden Fall fallen die Holdinggesellschaften wie die anderen Gesellschaften unter die Regelung für Insidergeschäfte in der Form, wie sie im nationalen Recht in strengerer Weise festgelegt worden ist: Werden Informationen, die sich im Besitz der Holdinggesellschaften befinden, als Insiderinformationen" im Sinne des nationalen Rechts eingestuft, so unterliegen sie der Verbotsregelung des Artikels 182 Absatz 1 des Gesetzes von 1990. Allein aus dem Gebrauchmachen von Information durch eine Holdinggesellschaft ergibt sich daher noch keine Diskriminierung.</p><p>54. Informationen, über die derartige Gesellschaften verfügen und die das Gesetz von 1990 nicht als Insiderinformationen" betrachtet, sind vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen und werden daher weder von der Regelung des Verbotes von Insidergeschäften im Sinne der Richtlinie noch gar von den von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 der Richtlinie erlassenen strengeren Vorschriften erfasst.</p><p>55. Daher ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass es das in Artikel 6 der Richtlinie vorgesehene Recht, strengere Vorschriften zu erlassen, sofern diese allgemein gelten, zulässt, dass eine nationale Regelung von ihrem Geltungsbereich die Informationen, über die Holdinggesellschaften verfügen, ausnimmt, sofern diese Informationen nicht geeignet sind, den Kurs der Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen.</p><p>56. Nach allem braucht die dritte Vorlagefrage bei dem Stand der Informationen, über die ich in Bezug auf das geltende nationale Recht verfüge, nicht beantwortet zu werden.</p><p>Vorschlag</p><p>57. Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich vor, auf die Fragen der Rechtbank van eerste aanleg Gent wie folgt zu antworten:</p><p>Artikel 6 der Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte steht einer nationalen Regelung von der Art der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegen, die in Bezug auf die Definition des Verbotes von Insidergeschäften strengere Vorschriften als die in dieser Richtlinie vorgesehenen enthält, dabei aber von ihrem Geltungsbereich die Informationen, über die die Holdinggesellschaften aufgrund ihrer Rolle bei der Verwaltung der Gesellschaften verfügen, an denen sie eine Beteiligung besitzen, ausnimmt, wenn diese Informationen nicht geeignet sind, den Kurs der Wertpapiere beträchtlich zu beeinflussen. </p>
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175,004 | eugh-2000-10-12-c-37298 | {
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<a class="langue" href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Avis juridique important</b></a>
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<h1>61998J0372</h1>
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<strong>Urteil des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 12. Oktober 2000. - The Queen gegen Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, ex parte J.H. Cooke & Sons. - Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Divisional Court) - Vereinigtes Königreich. - Gemeinsame Agrarpolitik - Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 - Verordnung (EG) Nr. 762/94 - Beihilfen im Zusammenhang mit der mit nichtlandwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebauten Fläche und der Flächenstilllegung - Begriff "Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden". - Rechtssache C-372/98. </strong>
<br/>
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<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-08683<br/> </em>
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<div id="TexteOnly">
<p/><p><a href="#SM">Leitsätze</a><br/>
<a href="#I1">Parteien</a><br/>
<a href="#MO">Entscheidungsgründe</a><br/>
<a href="#CO">Kostenentscheidung</a><br/>
<a href="#DI">Tenor</a><br/>
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<h2>Schlüsselwörter</h2><br/><em>
<p>1 Landwirtschaft - Gemeinsame Agrarpolitik - Stützung von Erzeugern bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen - Beihilfen für Anbauflächen von Ackerpflanzen und für Stilllegungsflächen - Flächenstilllegung - Fläche, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurde - Begriff - Flächen, auf denen Gras angebaut wurde, das später gemäht und siliert wurde - Einbeziehung </p><p>(Verordnung Nr. 1765/92 des Rates; Verordnung Nr. 762/94 der Kommission, Artikel 2 Absatz 1) </p><p>2 Vorabentscheidungsverfahren - Auslegung - Zeitliche Wirkung von Auslegungsurteilen - Rückwirkung - Grenzen - Rechtssicherheit - Beurteilungsbefugnis des Gerichtshofes </p><p>(EG-Vertrag, Artikel 177 [jetzt Artikel 234 EG]) </p>
</em><p/>
<a name="SM"/><h2>Leitsätze</h2><br/><em>
<p>1 Im Rahmen der Unterstützungsregelung für Erzeuger bestimmter Kulturpflanzen ist Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 762/94 mit Durchführungsbestimmungen zur Flächenstilllegung so auszulegen, dass die Verpflichtung eines Erzeugers, "Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden", brachzulegen, Flächen erfasst, auf denen Gras angebaut wurde, das später gemäht und siliert wurde. </p><p>(vgl. Randnr. 38 und Tenor) </p><p>2 Der Gerichtshof kann die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfuellt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen. Die administrativen und praktischen Schwierigkeiten wegen der Überprüfung zahlreicher Vorgänge können schwerwiegenden Störungen nicht gleichgestellt werden. (vgl. Randnrn. 42-43) </p>
</em><p/>
<a name="I1"/><h2>Parteien</h2><br/><em>
<p>In der Rechtssache C-372/98 </p><p>betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Divisional Court) (Vereinigtes Königreich), in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit </p><p>The Queen </p><p>gegen </p><p>Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, </p><p>ex parte: J. H. Cooke & Sons, </p><p>vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Flächenstilllegung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates (ABl. L 90, S. 8) </p><p>erlässt </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Sechste Kammer) </p><p>unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter V. Skouris und R. Schintgen (Berichterstatter), </p><p>Generalanwalt: P. Léger </p><p>Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler </p><p>unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen </p><p>- der Firma J. H. Cooke & Sons, vertreten durch S. Isaacs, QC, M. Demetriou, Barrister, und D. de Ferrars, Solicitor, </p><p>- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Magrill, Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte im Beistand von P. M. Roth, QC, </p><p>- der dänischen Regierung, vertreten durch Abteilungsleiter J. Molde, Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, </p><p>- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Rotkirch und T. Pynnä, Regierungsbeauftragte, als Bevollmächtigte, </p><p>- der schwedischen Regierung, vertreten durch Departementsråd A. Kruse, Rechtssekretariat (EU) im Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, </p><p>- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Rechtsberater P. Oliver als Bevollmächtigten, </p><p>aufgrund des Sitzungsberichts, </p><p>nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Firma J. H. Cooke & Sons, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission in der Sitzung vom 27. Januar 2000, </p><p>nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Mai 2000, </p><p>folgendes </p><p>Urteil </p>
</em><p/>
<a name="MO"/><h2>Entscheidungsgründe</h2><br/><em>
<p>1 Der High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Divisional Court), hat mit Beschluss vom 25. August 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Oktober 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Flächenstilllegung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates (ABl. L 90, S. 8; im Folgenden: Durchführungsverordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt. </p><p>2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma J. H. Cooke & Sons, die die Bates Farm in Maer (Vereinigtes Königreich) betreibt (im Folgenden: Klägerin), und dem Ministry of Agriculture, Fisheries and Food (Minister für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung; im Folgenden: Beklagter) wegen der Ablehnung eines Antrags der Klägerin auf eine Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (ABl. L 181, S. 12) in der Fassung der Verordnungen (EG) Nrn. 231/94 des Rates vom 24. Januar 1994 (ABl. L 30, S. 2) und 1460/95 des Rates vom 22. Juni 1995 (ABl. L 144, S. 1) (im Folgenden: Grundverordnung) durch den Beklagten. </p><p>Rechtlicher Rahmen </p><p>3 Nach Artikel 1 der Grundverordnung wird mit dieser eine Ausgleichszahlungsregelung für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen eingeführt. Unter "landwirtschaftlichen Kulturpflanzen" im Sinne dieser Verordnung sind die in Anhang I aufgeführten Pflanzen zu verstehen; dieser Anhang unterschied in der im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeit zwischen Getreide, Ölsaaten und Eiweißpflanzen. </p><p>4 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Grundverordnung können die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen der Gemeinschaft eine Ausgleichszahlung unter den Bedingungen des Titels I dieser Verordnung beantragen. Nach Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 wird die Ausgleichszahlung für die Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebaut ist oder die nach Artikel 7 dieser Verordnung stillgelegt wurde. </p><p>5 Die Artikel 4, 5 und 6 der Grundverordnung legen die Einzelheiten der Berechnung der Ausgleichszahlungen für jede der in Randnummer 3 dieses Urteils erwähnten Kulturpflanzen fest. </p><p>6 Gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung müssen Erzeuger, die die Ausgleichszahlung beantragen, einen Teil ihrer Fläche stilllegen und erhalten dafür eine Ausgleichszahlung. </p><p>7 Artikel 7 der Grundverordnung legt die Einzelheiten dieser Verpflichtung zur Flächenstilllegung für jeden Erzeuger fest, der nach der allgemeinen Regelung Ausgleichszahlungen beantragt. </p><p>8 Artikel 7 Absätze 3 und 4 Unterabsatz 1 der Grundverordnung bestimmt: </p><p>"(3) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Umweltschutzmaßnahmen, die den Besonderheiten der stillgelegten Flächen Rechnung tragen müssen. </p><p>(4) Die stillgelegten Flächen können für die Erzeugung von Rohstoffen genutzt werden, die in der Gemeinschaft zu nicht in erster Linie für Lebensmittel- oder Futtermittelzwecke bestimmten Erzeugnissen verarbeitet werden, sofern eine wirksame Kontrolle gewährleistet ist." </p><p>9 Artikel 7 Absatz 5 der Grundverordnung setzt den Stilllegungsausgleich in Höhe der Ausgleichszahlung für Getreide fest. </p><p>10 Artikel 9 Absatz 1 der Grundverordnung lautet: </p><p>"Anträge auf Ausgleichszahlungen einschließlich der Stilllegung können nicht für Flächen gestellt werden, die am 31. Dezember 1991 als Dauerweiden, Dauerkulturen oder Wälder genutzt wurden oder die nichtlandwirtschaftlichen Zwecken dienten." </p><p>11 Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung, die auf der Grundlage des Artikels 12 der Grundverordnung erlassen wurde, bestimmt: </p><p>"Unbeschadet der Vorschriften des Artikels 7 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 ist Flächenstilllegung im Sinne dieser Verordnung die Brachlegung von Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden." </p><p>12 Artikel 3 Absatz 2 der Durchführungsverordnung lautet: </p><p>"Die stillgelegten Flächen müssen gepflegt werden, um sie in einem zufrieden stellenden agronomischen Zustand zu erhalten. Sie dürfen weder einer anderen landwirtschaftlichen Erzeugung als derjenigen dienen, die in Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 vorgesehen ist, noch einem Erwerbszweck zugeführt werden, der mit dem Anbau von Kulturpflanzen unvereinbar ist." </p><p>13 In Artikel 3 Absatz 3 der Durchführungsverordnung ist bestimmt: </p><p>"Die Mitgliedstaaten erlassen geeignete Vorschriften zum Schutz der Umwelt, die den Besonderheiten der stillgelegten Flächen Rechnung tragen." </p><p>14 Artikel 3 Absatz 4 der Durchführungsverordnung sieht vor: </p><p>"Um für die Ausgleichsregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 in Frage zu kommen, müssen die stillgelegten Flächen </p><p>- vom Antragsteller in den beiden dem Antrag vorangegangenen Jahren bewirtschaftet worden sein, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die nach vom betroffenen Mitgliedstaat festgelegten objektiven Kriterien ausreichend begründet sind ...; </p><p>- während eines spätestens am 15. Januar beginnenden und frühestens am 31. August endenden Zeitraums aus der Produktion genommen werden. Die Mitgliedstaaten legen jedoch zum einen die Bedingungen fest, unter denen die Erzeuger ab 15. Juli die Aussaat für eine Ernte im folgenden Jahr vornehmen dürfen, und zum anderen die Bedingungen, unter denen es erlaubt ist, die Flächen in den Mitgliedstaaten, die herkömmlicherweise die Wandertierhaltung betreiben, ab 15. Juli als Weideland zu nutzen. ..." </p><p>15 Artikel 4 Absatz 1 der Durchführungsverordnung bestimmt: </p><p>"Die Verpflichtung zur rotationsabhängigen Stilllegung gemäß Artikel 7 Absatz 1 zweiter Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 gilt als erfuellt, wenn keine der stillgelegten Parzellen im Rahmen der besonderen Stilllegung gemäß Artikel 2 Absatz 6 oder in einem der fünf Vorjahre im Rahmen der Stilllegung gemäß Artikel 7 derselben Verordnung stillgelegt worden ist. Eine bereits stillgelegte Parzelle darf jedoch erneut genutzt werden, wenn der Erzeuger über keine Fläche mehr verfügt, die ihm die Einhaltung des genannten Zeitraums ermöglichen würde." </p><p>16 Die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 355, S. 1), zu denen die durch die Grundverordnung eingeführte Unterstützungsregelung für Erzeuger bestimmter Kulturpflanzen gehört, sieht in Artikel 6 Absatz 1 erster Gedankenstrich vor, dass ein Betriebsinhaber eine oder mehrere Gemeinschaftsregelungen nur in Anspruch nehmen kann, wenn er für jedes Jahr einen Beihilfeantrag "Flächen" abgibt, der die landwirtschaftlich genutzten Parzellen einschließlich Futterflächen, die landwirtschaftlich genutzten Parzellen, die Gegenstand einer Flächenstilllegungsregelung sind, sowie die Brachflächen enthält. </p><p>17 Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L 391, S. 36) legt fest, welche Angaben der Beihilfeantrag "Flächen" enthalten muss. </p><p>18 Artikel 6 Absatz 1 dieser Verordnung lautet: </p><p>"Die Verwaltungskontrollen und die Kontrollen vor Ort werden so durchgeführt, dass zuverlässig geprüft werden kann, ob die Bedingungen für die Gewährung der Beihilfen und Prämien eingehalten wurden." </p><p>19 Artikel 9 der Verordnung Nr. 3887/92 regelt die Sanktionen für den Fall, dass die zuständigen Behörden festgestellt haben, dass die im Beihilfeantrag "Flächen" angegebene Fläche von der bei den Kontrollen tatsächlich ermittelten Fläche abweicht. Namentlich wird nach Artikel 9 Absatz 2 keinerlei Beihilfe für Flächen gewährt, wenn die in einem Beihilfeantrag "Flächen" angegebene Fläche die ermittelte Fläche um mehr als 20 % übersteigt. Nach dem letzten Unterabsatz dieses Absatzes gilt als ermittelte Fläche im Sinne des Artikels 9 die Fläche, bei der alle vorgeschriebenen Bedingungen erfuellt sind. </p><p>Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und die Vorlagefrage </p><p>20 Am 16. April 1997 stellte die Klägerin beim Beklagten einen Beihilfeantrag "Flächen" in Bezug auf 60,64 ha für Getreide, 23,90 ha für Ölsaaten und 5 ha für brachgelegte Flächen. Unbestritten war 1996 auf den letztgenannten Flächen Welsches Weidelgras angebaut worden, bei dem es sich um ein nicht dauerhaftes Gras handelt. Die Klägerin behauptet - was der Beklagte nicht überprüfen kann -, dass dieses Gras 1996 gemäht und siliert worden sei. </p><p>21 Am 17. September 1997 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, dass die brachgelegten Flächen nicht die Voraussetzungen dafür erfuellten, als Stilllegungsflächen behandelt zu werden, da sie nicht im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung im Vorjahr für Erntezwecke bebaut worden seien. Daher wurde gegen die Klägerin ein Bußgeld verhängt, und sie verlor ihren Anspruch auf Gewährung sämtlicher von ihr beantragter Beihilfen einschließlich der Beihilfen für Getreide und Ölsaaten in Höhe von insgesamt 28 000 GBP. </p><p>22 Auf den Widerspruch der Klägerin vom 26. September 1997 hin bestätigte der Beklagte die Ablehnung des Antrags mit einem neuen Bescheid vom 2. Oktober 1997. </p><p>23 Der Antrag der Klägerin auf gerichtliche Überprüfung des Bescheides durch das vorlegende Gericht wurde mit Entscheidung vom 28. Januar 1998 zugelassen; im Verfahren vor diesem Gericht tritt die Klägerin insbesondere der Ansicht des Beklagten entgegen, dass die Bebauung der Brachlegungsflächen im Jahr vor dem Stilllegungszeitraum durch die Aussaat von Gras, das später gemäht oder ausgerissen und entfernt worden sei, dazu führe, dass diese Flächen im folgenden Jahr nicht als stillgelegte Flächen im Sinne der Gemeinschaftsregelung in Betracht kämen. </p><p>24 Der Beklagte macht demgegenüber geltend, angesichts des Zweckes der Stilllegung von Flächen, der darin bestehe, die landwirtschaftliche Erzeugung zu verringern, könnten Stilllegungsflächen nur dann Anspruch auf eine Ausgleichszahlung eröffnen, wenn sie im Jahr vor dem Stilllegungszeitraum für die Zwecke einer solchen landwirtschaftlichen Erzeugung bebaut worden seien. </p><p>25 Der High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Divisional Court), hält eine Auslegung des Artikels 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung zur Entscheidung des Rechtsstreits für erforderlich; er hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: </p><p>Ist die Wendung "Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden" in Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Flächenstilllegung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates so auszulegen, dass sie Flächen erfasst, auf denen im Vorjahr Gras gesät wurde, das gemäht und siliert wurde? </p><p>26 Für die Beantwortung dieser Frage ergibt sich erstens aus der zweiten Begründungserwägung der Grundverordnung, dass die durch diese Verordnung eingeführte Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen ein besseres Marktgleichgewicht dadurch gewährleisten soll, dass die gemeinschaftlichen Preise für diese Pflanzen an die Weltmarktpreise angeglichen und die durch die Senkung der institutionellen Preise entstehenden Einkommenseinbußen durch eine Ausgleichszahlung an die Erzeuger ausgeglichen werden sollen, die solche Erzeugnisse zur Ernte anbauen. </p><p>27 Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Grundverordnung wird die Ausgleichszahlung nicht nur für die Fläche gewährt, die mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen im Sinne der Definitionen in Anhang I der Verordnung bebaut ist, sondern auch für die Fläche, zu deren Stilllegung die Erzeuger gemäß Artikel 2 Absatz 5 Unterabsatz 2 und Artikel 7 der Grundverordnung verpflichtet sind, wenn sie eine Ausgleichszahlung für ihre landwirtschaftliche Erzeugung erhalten möchten. </p><p>28 Zweitens verlangt Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung seinem Wortlaut nach nur, dass sich die Flächenstilllegung, die in der Absicht vorgenommen wird, eine Ausgleichszahlung nach der Grundverordnung zu erhalten, und die selbst den Anspruch auf einen Ausgleich eröffnet, auf Flächen bezieht, die im Jahr vor dem Stilllegungszeitraum für Erntezwecke bebaut wurden. </p><p>29 Keine Bestimmung der einschlägigen Gemeinschaftsregelung verlangt, dass auf den gemäß den Artikeln 2 Absatz 5 und 7 der Grundverordnung stillgelegten Flächen im Vorjahr bestimmte Kulturen eingesät worden sein müssen, namentlich eine der in Anhang I dieser Verordnung aufgeführten Kulturpflanzen. </p><p>30 Nach Artikel 7 Absatz 3 der Grundverordnung und Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Durchführungsverordnung müssen die stillgelegten Flächen so gepflegt werden, dass die Umwelt geschützt und ein zufrieden stellender agronomischer Zustand erhalten wird. Auch lässt Artikel 7 Absatz 4 der Grundverordnung zu, dass die stillgelegten Flächen für die Erzeugung von Rohstoffen genutzt werden, die in der Gemeinschaft zu nicht in erster Linie für Lebensmittel- oder Futtermittelzwecke bestimmten Erzeugnissen verarbeitet werden. </p><p>31 Keine dieser Bestimmungen betrifft jedoch die Anforderungen an die Pflege und Nutzung der stillgelegten Flächen im Jahr vor dem Stilllegungszeitraum, um die allein es im Ausgangsverfahren geht. </p><p>32 Die einzige Bestimmung der Gemeinschaftsregelung, die bestimmte Flächen wegen ihrer Verwendung vor ihrer Stilllegung von der durch die Grundverordnung eingeführten Stützungsregelung ausschließt, ist Artikel 9 dieser Verordnung, nach dessen Absatz 1 Anträge auf Ausgleichszahlungen einschließlich der Stilllegung nicht für Flächen gestellt werden können, die am 31. Dezember 1991 als Dauerweiden, Dauerkulturen oder Wälder genutzt wurden oder die nichtlandwirtschaftlichen Zwecken dienten. </p><p>33 Daher fallen alle im Jahr vor dem Stilllegungszeitraum eingesäten Flächen mit Ausnahme der in Artikel 9 Absatz 1 der Grundverordnung erwähnten unter die Definition des Artikels 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung und kommen für Ausgleichszahlungen bei Flächenstilllegungen unabhängig von den dort angebauten Pflanzen in Betracht, sofern sie für Erntezwecke bebaut wurden. </p><p>34 Eine Fläche, die mit einem nicht dauerhaften Gras eingesät war, das dazu bestimmt war, gemäht und dann siliert zu werden, und die somit nicht im Zustand von Weideland belassen wurde, ist als für Erntezwecke bebaut anzusehen. </p><p>35 Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den durch die Stützungsregelung für die Erzeuger bestimmter Kulturpflanzen, die durch die Grundverordnung eingeführt wurde, verfolgten Zwecken, zu denen als ein wesentlicher Bestandteil die Flächenstilllegung gehört. </p><p>36 Denn jede Stilllegung bebauter Flächen trägt unabhängig von der betroffenen Kultur auch dann, wenn es sich um eine Fläche handelt, auf der vorher Gras für Erntezwecke angebaut wurde, zur Verringerung der mit Kulturpflanzen bestellbaren Flächen im Sinne der Grundverordnung bei, die ihrerseits im Sinne der zweiten Begründungserwägung dieser Verordnung der Gewährleistung eines besseren Marktgleichgewichts förderlich ist. </p><p>37 Im Übrigen bestuende, wie der Generalanwalt in Nummer 44 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die Gefahr, dass die Erzeuger veranlasst würden, die Flächen im Jahr vor ihrer Stilllegung mit Kulturpflanzen im Sinne der Grundverordnung zu bestellen, wenn die Gewährung der Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen auf Flächen beschränkt wäre, die in diesem Jahr für die Erzeugung solcher Pflanzen verwendet wurden; dadurch könnte die Verwirklichung des Zweckes der Marktstabilisierung erschwert werden. </p><p>38 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung so auszulegen ist, dass die Wendung "Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden" Flächen erfasst, auf denen Gras angebaut wurde, das später gemäht und siliert wurde. </p><p>Zu den zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils </p><p>39 Die Regierung des Vereinigten Königreichs beantragt für den Fall, dass die Vorlagefrage bejaht wird, die Wirkungen des Urteils zeitlich zu begrenzen. </p><p>40 Zur Begründung ihres Antrags macht die Regierung des Vereinigten Königreichs geltend, dass die zuständigen nationalen Behörden Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung in gutem Glauben so ausgelegt hätten, da die Kommission sie trotz wiederholter Ersuchen um Klarstellung und Auskünfte, die sie in diesem Zusammenhang von 1992 bis 1997 an sie gerichtet hätten, nicht vor ihrem Auslegungsirrtum gewarnt habe. </p><p>41 Die Regierung des Vereinigten Königreichs macht ferner geltend, dass eine Bejahung der Vorlagefrage ohne Begrenzung der zeitlichen Wirkungen des Urteils zu erheblichen administrativen und praktischen Schwierigkeiten führen würde, da die zuständigen Behörden anhand der Auslegung des Gerichtshofes bis zu 10 000 seit 1993 bearbeitete Vorgänge überprüfen müssten. </p><p>42 Der Gerichtshof kann die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken (Urteil vom 23. Mai 2000 in der Rechtssache C-104/98, Buchner u. a., Slg. 2000, I-3625, Randnr. 39). Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfuellt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen (Urteil vom 28. September 1994 in der Rechtssache C-57/93, Vroege, Slg. 1994, I-4541, Randnr. 21). </p><p>43 Die von der Regierung des Vereinigten Königreichs angeführten administrativen und praktischen Schwierigkeiten wegen der Überprüfung zahlreicher Vorgänge können schwerwiegenden Störungen nicht gleichgestellt werden, zumal gewöhnlich die betroffenen Erzeuger nachweisen müssen, dass sie im Jahr vor der Stilllegung, für die sie die in der Grundverordnung vorgesehenen Stützungsmaßnahmen beantragt haben, diese Flächen mit einem nicht dauerhaften Gras eingesät haben, das sie sodann gemäht und siliert haben. </p><p>44 Ferner hat die Kommission zwar mehrere Schreiben nicht beantwortet, die die Regierung des Vereinigten Königreichs an sie gerichtet hatte, doch geht aus deren schriftlichen Erklärungen hervor, dass ihr seit Juli 1997 bekannt war, dass die Kommission Zweifel an der Richtigkeit der vom Vereinigten Königreich vorgenommenen Auslegung hatte und dass die Kommission ihr in einer bilateralen Sitzung am 30. September 1997 deutlich mitgeteilt hatte, dass sie diese Auslegung nicht teile. </p><p>45 Keiner dieser Umstände hat die Regierung des Vereinigten Königreichs dazu veranlasst, ihre Ansicht zu ändern, wie der Umstand belegt, dass sie Anfang Oktober 1997 die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Ausgleichszahlung bestätigt und vor dem nationalen Gericht weiterhin ihre eigene Auslegung vertreten hat. </p><p>46 Daher kann die Regierung des Vereinigten Königreichs im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vor dem Gerichtshof nicht geltend machen, dass sie aufgrund des Verhaltens der Kommission zu der Annahme berechtigt gewesen sei, dass Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung Flächen wie die im Ausgangsverfahren betroffenen nicht erfasse. </p><p>47 Folglich besteht kein Anlass, die Wirkungen des vorliegenden Urteils zeitlich zu begrenzen. </p>
</em><p/>
<a name="CO"/><h2>Kostenentscheidung</h2><br/><em>
<p>Kosten </p><p>Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs, der dänischen, der finnischen und der schwedischen Regierung sowie der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. </p>
</em><p/>
<a name="DI"/><h2>Tenor</h2><br/><em>
<p>Aus diesen Gründen </p><p>hat </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>(Sechste Kammer) </p><p>auf die ihm vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Divisional Court), mit Beschluss vom 25. August 1998 vorgelegte Frage für Recht erkannt: </p><p>Artikel 2 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 762/94 der Kommission vom 6. April 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Flächenstilllegung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates ist so auszulegen, dass die Wendung "Flächen, die im Vorjahr für Erntezwecke bebaut wurden" Flächen erfasst, auf denen Gras angebaut wurde, das später gemäht und siliert wurde. </p>
</em><p/>
</div>
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175,005 | eugh-2000-10-06-c-19798 | {
"id": 2,
"name": "Europäischer Gerichtshof",
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} | C-197/98 | 2000-10-06T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:26 | 2019-01-31T19:09:26 | Beschluss | ECLI:EU:C:2000:553 | <!-- // GENERAL Modal which is used by all the dynamic loading modal cases. -->
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|
175,006 | eugh-2000-10-05-c-33798 | {
"id": 2,
"name": "Europäischer Gerichtshof",
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"state": 19,
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"level_of_appeal": null
} | C-337/98 | 2000-10-05T00:00:00 | 2019-01-31T19:09:27 | 2019-01-31T19:09:27 | Urteil | ECLI:EU:C:2000:543 | <div id="banner">
<a name="top"/>
<div class="bglang">
<p class="bglang">
<a class="langue" href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/editorial/legal_notice.htm" accesskey="8"><b>Avis juridique important</b></a>
<br/>
</p>
</div>
<div class="bgtool">
<em class="none">|</em>
</div>
</div>
<a name="top"/>
<h1>61998J0337</h1>
<p>
<strong>Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 2000. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik. - Vertragsverletzung - Öffentliche Aufträge im Bereich der Verkehrsversorgung - Richtlinie 93/38/EWG - Zeitliche Geltung - Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes - Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb. - Rechtssache C-337/98. </strong>
<br/>
<em>
<br/>Sammlung der Rechtsprechung 2000 Seite I-08377<br/> </em>
</p>
<br/>
<div id="TexteOnly">
<p/><p><a href="#SM">Leitsätze</a><br/>
<a href="#I1">Parteien</a><br/>
<a href="#MO">Entscheidungsgründe</a><br/>
<a href="#CO">Kostenentscheidung</a><br/>
<a href="#DI">Tenor</a><br/>
</p>
<h2>Schlüsselwörter</h2><br/><em>
<p>1 Rechtsangleichung - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor - Richtlinie 93/38 - Keine Auswirkungen der Richtlinie auf Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist getroffen wurden </p><p>(Richtlinie 93/38 des Rates) </p><p>2 Vertragsverletzungsverfahren - Nachweis der Vertragsverletzung - Obliegenheit der Kommission - Vortrag von Tatsachen, die die Vertragsverletzung erkennen lassen </p><p>(EG-Vertrag, Artikel 169 [jetzt Artikel 226 EG]) </p>
</em><p/>
<a name="SM"/><h2>Leitsätze</h2><br/><em>
<p>1 Im Bereich des öffentlichen Auftragswesens verpflichtet das Gemeinschaftsrecht einen öffentlichen Auftraggeber eines Mitgliedstaats nicht, auf Antrag eines Einzelnen in bestehende, auf unbestimmte Zeit oder für mehrere Jahre abgeschlossene Rechtsverhältnisse einzugreifen, wenn diese Rechtsverhältnisse vor Ablauf der Umsetzungsfrist der fraglichen Richtlinie begründet worden sind. </p><p>Dieser allgemeine Grundsatz lässt sich auf alle Stadien eines Vergabeverfahrens anwenden, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie abgeschlossen wurden, aber zu einem Verfahren gehören, das erst nach diesem Datum zu einem Ende gekommen ist. Folglich ist die Richtlinie 93/38 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor nicht auf die Entscheidung eines öffentlichen Auftraggebers anwendbar, einen Auftrag im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zu vergeben, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist der genannten Richtlinie im Rahmen eines Vergabeverfahrens getroffen wurde, das erst nach dem Ablauf dieser Umsetzungsfrist zum Abschluss gekommen ist. (vgl. Randnrn. 38-39, 41-42) </p><p>2 Im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) obliegt es der Kommission, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen und dem Gerichtshof die erforderlichen Anhaltspunkte zu liefern, anhand deren er das Vorliegen dieser Vertragsverletzung prüfen kann. (vgl. Randnr. 45) </p>
</em><p/>
<a name="I1"/><h2>Parteien</h2><br/><em>
<p>In der Rechtssache C-337/98 </p><p>Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Nolin, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg, </p><p>Klägerin, </p><p>gegen </p><p>Französische Republik, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und A. Viéville-Bréville, Chargé de mission in derselben Direktion, als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift: Französische Botschaft, 8 B, boulevard Joseph II, Luxemburg, </p><p>Beklagte, </p><p>wegen Feststellung, dass die Französische Republik bei der Entscheidung vom 22. November 1996 über die Vergabe des Bauträgervertrags für das Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes an die Firma Matra-Transport gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84), insbesondere Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c, verstoßen hat, </p><p>erlässt </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der Kammerpräsidenten J. C. Moitinho de Almeida und L. Sevón sowie der Richter P. J. G. Kapteyn, J.-P. Puissochet, P. Jann, H. Ragnemalm, M. Wathelet und V. Skouris (Berichterstatter), </p><p>Generalanwalt: F. G. Jacobs </p><p>Kanzler: D. Louterman-Hubeau, Hauptverwaltungsrätin </p><p>aufgrund des Sitzungsberichts, </p><p>nach Anhörung der Parteien in der Sitzung vom 2. Februar 2000, in der die Kommission durch M. Nolin und die Französische Republik durch J.-F. Dobelle, stellvertretender Direktor in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, als Bevollmächtigten, und K. Rispal-Bellanger vertreten waren, </p><p>nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2000, </p><p>folgendes </p><p>Urteil </p>
</em><p/>
<a name="MO"/><h2>Entscheidungsgründe</h2><br/><em>
<p>1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 14. September 1998 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) Klage erhoben auf Feststellung, dass die Französische Republik bei der Entscheidung vom 22. November 1996 über die Vergabe des Bauträgervertrags für das Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes an die Firma Matra-Transport (im Folgenden: Matra) gegen die Verpflichtungen aus der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84), insbesondere Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c, verstoßen hat. </p><p>Rechtlicher Rahmen </p><p>Gemeinschaftsrecht </p><p>Richtlinie 93/38 </p><p>2 Artikel 4 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 93/38 sieht vor: </p><p>"(1) Die Auftraggeber wenden bei der Vergabe ihrer Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge oder der Durchführung ihrer Wettbewerbe Verfahren an, die den Vorschriften dieser Richtlinie entsprechen. </p><p>(2) Die Auftraggeber sorgen dafür, dass keine Diskriminierung von Lieferanten, Unternehmen oder Dienstleistungserbringern stattfindet." </p><p>3 Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 93/38 bestimmt: </p><p>"(2) Die Auftraggeber können in den folgenden Fällen auf ein Verfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zurückgreifen: </p><p>... </p><p>c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur von bestimmten Lieferanten, Unternehmen oder Dienstleistungserbringern durchgeführt werden kann". </p><p>4 Artikel 45 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 93/38 lautet wie folgt: </p><p>"(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um den Bestimmungen dieser Richtlinie nachzukommen und wenden sie spätestens ab 1. Juli 1994 an. ... </p><p>... </p><p>(3) Die Wirkung der Richtlinie 90/531/EWG endet unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in Bezug auf die in Artikel 37 jener Richtlinie genannten Fristen mit dem Beginn der Anwendung der vorliegenden Richtlinie durch die Mitgliedstaaten." </p><p>Richtlinie 90/531/EWG </p><p>5 Abgesehen von einigen redaktionellen Unterschieden hatten die in der Richtlinie 90/531/EWG des Rates vom 17. September 1990 betreffend die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 297, S. 1) enthaltenen Regelungen zum Verbot der Diskriminierung von Lieferanten oder Unternehmern (Artikel 4) und zu den Fällen, in denen der Rückgriff auf ein Verfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zulässig war (Artikel 15), denselben Inhalt wie die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 93/38, die in Randnummern 2 und 3 des vorliegenden Urteils wiedergegeben sind. </p><p>6 Artikel 37 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 90/531 lautete wie folgt: </p><p>"(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie bis spätestens 1. Juli 1992 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. </p><p>(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Maßnahmen gemäß Absatz 1 erst ab 1. Januar 1993 angewandt werden. </p><p>..." </p><p>Nationales Recht </p><p>7 Artikel 104 Abschnitt II des Code des marchés publics (Gesetz über öffentliche Aufträge) lautet wie folgt: </p><p>"Aufträge können im Verhandlungsweg ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb vergeben werden, wenn für die Ausführung nur ein bestimmter Unternehmer oder Lieferant in Betracht kommt. </p><p>Das ist insbesondere dann der Fall, </p><p>1. wenn der Bedarf nur durch eine Leistung gedeckt werden kann, für die die Nutzung von Patenten, Lizenzen oder Ausschließlichkeitsrechten erforderlich ist, über die nur ein bestimmter Unternehmer oder ein bestimmter Lieferant verfügt; </p><p>2. wenn der Bedarf nur durch eine Leistung gedeckt werden kann, die wegen technischer Erfordernisse, wegen erheblicher Vorinvestitionen oder wegen besonderer Einrichtungen oder eines Know-how nur an einen bestimmten Unternehmer oder Lieferanten vergeben werden kann, sowie </p><p>3. bei den im letzten Satz des Artikels 108 genannten Leistungen. </p><p>Für diese Aufträge ist die in Artikel 38 vorgesehene öffentliche Aufforderung zum Wettbewerb nicht erforderlich." </p><p>Vorgeschichte des Rechtsstreits </p><p>8 Mit Beschluss Nr. 89-18 vom 26. Oktober 1989 entschied das Comité syndical (Verbandsausschuss) des Syndicat intercommunal des transports collectifs de l'agglomération rennaise (Kommunaler Zweckverband für öffentliche Verkehrsmittel in der Stadtregion Rennes; im Folgenden: Sitcar), </p><p>"1. die bereits getroffenen Entscheidungen zugunsten eines öffentlichen Verkehrsmittels mit eigenem Fahrweg für die Stadtregion zu bestätigen ... </p><p>2. für die erste Linie den Linienführungsgrundsätzen aus der Studie $TAU` zu folgen, d. h. </p><p>- Bedienung von Villejean d'Ouest im Osten; - Nord-Süd-Durchquerung des historischen Stadtkerns; </p><p>- Einbeziehung des Bahnhofes, um bestmögliche Verbindungen zwischen den drei Verkehrsnetzen (Stadtnetz und Regionalnetz sowie Eisenbahnnetz) sicherzustellen; </p><p>- Bedienung des Viertels Alma-Châtillon und des wichtigsten, südöstlichen Gebiets des Viertels Blosne ... </p><p>3. die Technologie der automatischen Stadtbahn VAL zu wählen ... </p><p>4. den höchstmöglichen staatlichen Zuschuss zu beantragen ... </p><p>5. auf der vorstehenden Grundlage alle sachdienlichen Kontakte mit der Region und dem Département herzustellen ... </p><p>6. den Vorstand zu den erforderlichen Beratungen zu ermächtigen, damit bei einer der nächsten Sitzungen des Comité syndical der geplante Vertrag über die Studien für ein Vorprojekt geprüft werden kann ... </p><p>7. so bald wie möglich eine Änderung des derzeitigen Verteilungsschlüssels für die Gemeindebeiträge zum Sitcar zu prüfen ..." </p><p>9 Mit Beschluss Nr. 90-25 vom 19. Juli 1990 entschied das Comité syndical des Sitcar, </p><p>"1. davon Kenntnis zu nehmen, dass für die Planung und Verwirklichung des Teils $System und systembezogene Anlagen` ein Bauträgervertrag mit der Firma Matra-Transport abgeschlossen wird, sobald diese in der Lage ist, einen garantierten Endpreis zuzusichern; </p><p>2. die Vergabe eines Auftrags über Unterstützungsleistungen und begleitende Studien bei der Erstellung einer summarischen Vorstudie für den Teil $Tiefbau und nichtsystembezogene Anlagen` an die genannte Gesellschaft im Grundsatz zu billigen und den Präsidenten des Comité zur Unterzeichnung dieses Vertrages zu ermächtigen." </p><p>10 In einem Schreiben des Generaldirektors an den Präsidenten des Comité syndical des Sitcar vom 9. Juli 1991 teilte Matra mit, der garantierte Preis für das Referenzprojekt vom März 1991 betrage 987 Mio. FRF zum Wert von Januar 1991. Der Generaldirektor von Matra verwies allerdings darauf, dass Matra sich auf Verlangen des Sitcar darum bemüht habe, ausgehend von diesem Preis "Ersparnisse [zu erzielen], die sich aus Zusatzleistungen von Matra Transport und aus Vorschlägen für Umgestaltungen der Programme ergeben, die nicht zu einer Verminderung der Qualität der erbrachten Leistungen führen". Auf dieser Grundlage schlug er dem Sitcar verschiedene Änderungen der Programmdaten vor und kündigte zugleich an, dass bei einer Bestätigung dieser neuen Daten der garantierte Preis für den Teil "System" des VAL-Vorhabens auf 953,2 Mio. FRF ohne Steuern zum Wert von Januar 1991 gesenkt werden könne. </p><p>11 Mit Beschluss Nr. 93-44 vom 30. März 1993 billigte der Conseil du district urbain de l'agglomération rennaise (Stadtverbandsrat Rennes; im Folgenden: Conseil du district), der 1992 an die Stelle des Sitcar getreten war, die von Matra im Verhandlungsverfahren angebotenen Bauträgerleistungen und ermächtigte die Société d'économie mixte des transports collectifs de l'agglomération rennaise (gemischtwirtschaftliche Gesellschaft für öffentliche Verkehrsmittel im Raum Rennes; im Folgenden: Semtcar), den Auftrag an Matra entsprechend den Vorgaben der vom Conseil du district mit Beschluss vom 15. Januar 1993 gebilligten Bevollmächtigungsvereinbarung zu unterzeichnen. </p><p>12 Mit Urteil vom 16. Februar 1994 erklärte das Tribunal administratif Rennes (Frankreich) die Gemeinnützigkeitserklärung für das Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes vom 15. Februar 1993 für nichtig, was insbesondere zur Folge hatte, dass der staatliche Zuschuss, der zur Sicherung der Finanzierung der Arbeiten vorgesehen war, nicht gewährt werden konnte. </p><p>13 Mit Beschluss Nr. 95-233 vom 22. September 1995 erklärte der Conseil du district "die Rücknahme des Beschlusses Nr. 93-44 vom 30. März 1993 über die Billigung des mit Matra-Transport ausgehandelten Auftrags und die Ermächtigung des SEMTCAR zu dessen Unterzeichnung, da dieser Beschluss in Ermangelung einer auch nur ansatzweisen Umsetzung gegenstandslos geworden ist". Außerdem entschied der Conseil du district mit Beschluss Nr. 95-234 vom selben Tag, "SEMTCAR zu beauftragen, die Erstellung dieses Auftrags an Matra-Transport im Rahmen der voraussichtlichen Finanzausstattung des Vorhabens wieder aufzunehmen und dieses erneut dem Conseil du district zur Billigung zu unterbreiten". </p><p>14 Der Conseil du district billigte schließlich mit Beschluss Nr. 96-280 vom 22. November 1996 "den Entwurf eines im Verhandlungsweg an die Firma Matra-Transport International zu vergebenden Auftrags über die Verwirklichung des Teils Systeme und systembezogene Anlagen", wobei sich die gesamte Auftragssumme auf "1 054 360 000 FRF ohne Steuern zum Wert von November 1996 [belief], aufgeteilt in eine fest vereinbarte Tranche von 1 050 490 000 FRF ohne Steuern und eine bedingte Tranche von 3 870 000 FRF ohne Steuern". Außerdem wurde SEMTCAR ermächtigt, "den Auftrag gemäß Artikel 7.4 der Bevollmächtigungsvereinbarung vom 23. Februar 1993 zu unterzeichnen". </p><p>Vorverfahren </p><p>15 Auf eine Beschwerde über die Umstände der Vergabe des Stadtbahnvorhabens des Stadtverbands Rennes an Matra hin forderte die Kommission mit Schreiben vom 7. Januar 1997 die französischen Behörden auf, ihr verschiedene Informationen über die Vergabe dieses Auftrags zu übermitteln, wobei sie eine Begründung dafür verlangte, dass bei der Auftragsvergabe ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb nach Artikel 104 Abschnitt II des Code des marchés publics angewandt worden sei. </p><p>16 Die französischen Behörden antworteten der Kommission mit Schreiben vom 17. Februar 1997 sowie mit zwei ergänzenden Schreiben vom 25. Februar 1997 und vom 4. März 1997. Sie verwiesen insbesondere darauf, dass der fragliche Auftrag durch einen Beschluss des Comité syndical des Sitcar vom 26. Oktober 1989 vergeben worden sei und dass der öffentliche Auftraggeber zu diesem Zeitpunkt die Entscheidung zugunsten des automatischen Stadtbahnsystems vom Typ VAL getroffen habe, das von Matra geliefert werde. Nach Auffassung der französischen Behörden ist dieser Beschluss als Zuschlagserteilung anzusehen, die damit vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 90/531 am 1. Januar 1993 und a fortiori vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 93/38, insbesondere deren Artikel 4 Absatz 2 und 20 Absatz 2 Buchstabe c, am 1. Juli 1994 erfolgt sei. Hilfsweise machten die französischen Behörden geltend, Matra sei als einziges Unternehmen in der Lage gewesen, den Bedarf der Kommune zu decken. In diesem Zusammenhang trugen sie vor, dieses Unternehmen habe bereits erhebliche Vorinvestitionen am Standort Rennes getätigt, und folgerten, dass keine Gemeinschaftsvorschriften verletzt worden seien. </p><p>17 Die Kommission hielt diese Antwort für unbefriedigend und forderte die französischen Behörden mit Schreiben vom 17. Juni 1997 im Verfahren nach Artikel 169 EG-Vertrag auf, sich binnen sechs Wochen u. a. zur Vereinbarkeit von Artikel 104 Abschnitt II des Code des marchés publics, der die rechtliche Grundlage für die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers bildete, mit den Anforderungen des Artikels 20 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 93/38 zu äußern. </p><p>18 Die französischen Behörden antworteten auf die Aufforderung mit einem Schreiben vom 20. August 1997, in dem sie erneut bekräftigten, dass die Entscheidung über die Vergabe des Bauträgerauftrags an Matra durch Beschluss vom 26. Oktober 1989 getroffen worden sei, und hilfsweise, dass Artikel 104 Abschnitt II des Code des marchés publics mit Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie 93/38 vereinbar sei. Zwei ergänzende Antworten wurden am 29. September 1997 und am 7. November 1997 übermittelt. </p><p>19 Die Kommission war der Auffassung, dass diese Antworten keine Gesichtspunkte enthielten, die die Rügen aus dem Aufforderungsschreiben entkräften könnten, und richtete daher am 5. März 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die französische Regierung, die diese am 12. Juni 1998 beantwortete. </p><p>20 Aufgrund dieser rechtlichen und tatsächlichen Umstände hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben. </p><p>Zur Begründetheit </p><p>21 Die Kommission ist der Auffassung, dass die Vergabe des Bauträgervertrags für das Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb gegen die Richtlinie 93/38, insbesondere die Artikel 4 Absatz 2 und 20 Absatz 2 Buchstabe c, verstoßen habe. </p><p>22 Wie aus den Randnummern 8 bis 11 des vorliegenden Urteils hervorgeht, haben sich einige tatsächliche Ereignisse im Zusammenhang mit dem fraglichen Auftrag vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 93/38 zugetragen, so dass vor einer Entscheidung über den behaupteten Verstoß gegen diese Richtlinie zunächst deren Anwendbarkeit im vorliegenden Verfahren zu untersuchen ist. </p><p>23 Aus dem Beschluss des Comité syndical des Sitcar vom 19. Juli 1990 und insbesondere aus der darin enthaltenen Feststellung, dass "für die Planung und Verwirklichung des Teils $System und systembezogene Anlagen` ein Bauträgervertrag mit der Firma Matra-Transport abgeschlossen wird, sobald diese in der Lage ist, einen garantierten Endpreis zuzusichern", ergibt sich, dass die Verhandlungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und Matra zu diesem Zeitpunkt schon im Gange waren. </p><p>24 Außerdem bestätigte der Generaldirektor von Matra in seinem Schreiben vom 9. Juli 1991, dass der garantierte Preis für den Teil "System" des VAL-Vorhabens vorbehaltlich der Annahme verschiedener von ihm vorgeschlagener Änderungen des Referenzprojekts auf 953,2 Mio. FRF ohne Steuern zum Wert von Januar 1991 gesenkt werden könne; darin liegt ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, dass sich die Verhandlungen zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und Matra zu diesem Zeitpunkt in einem fortgeschrittenen Stadium befanden. </p><p>25 Daraus ergibt sich, dass die Verhandlungen des öffentlichen Auftraggebers mit Matra vor dem 1. Juli 1994, dem Ablaufdatum der Umsetzungsfrist der Richtlinie 93/38, und sogar vor dem 9. August 1993, dem Datum der Veröffentlichung dieser Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, aufgenommen wurden. </p><p>26 Da die Verhandlungen das wesentliche Kennzeichen einer Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren darstellen, ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass dieses Verfahren bereits vor dem Erlass der Richtlinie 93/38 und a fortiori vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist in Gang gesetzt wurde. Diese Richtlinie sieht aber keine Übergangsvorschriften für Verfahren vor, die bereits vor dem 1. Juli 1994 begonnen wurden und zu diesem Zeitpunkt noch andauern. </p><p>27 Da sich das fragliche Verfahren im vorliegenden Fall über einen langen Zeitraum erstreckt hat, ist zur Entscheidung über die Geltung der von der Kommission angeführten Bestimmungen der Richtlinie 93/38 zunächst das in diesem Verfahren zeitlich anwendbare Recht zu ermitteln. </p><p>28 Die Kommission ist der Auffassung, dass bei der Bestimmung des für ein Vergabeverfahren geltenden Rechts in der Regel das Datum der Auftragsvergabe zugrunde zu legen sei. Sie schließt zwar nicht aus, dass auch das Datum des Beginns des Vergabeverfahrens berücksichtigt werden könne. Allerdings müsse dann zwischen dem Verfahrensbeginn und der Auftragsvergabe ein angemessener Zeitraum liegen, was hier nicht der Fall sei. </p><p>29 Nach Auffassung der Kommission wurde der streitige Auftrag erst durch den Beschluss vom 22. November 1996 und damit deutlich nach Inkrafttreten der Richtlinie 93/38 vergeben. Der Beschluss vom 26. Oktober 1989 habe nur die Entscheidung für die Technologie der automatischen Stadtbahn VAL zum Gegenstand gehabt, die seinerzeit von mindestens zwei Herstellern entwickelt worden sei. Selbst am 19. Juli 1990 habe man noch nicht von einem Vertrag mit Matra sprechen können, da es noch an einer Einigung über den Preis oder die wesentlichen Elemente des Auftrags gefehlt habe. Die Entscheidung über die Auftragsvergabe an Matra sei daher erst durch den Beschluss des Conseil du district vom 30. März 1993, nachdem Matra förmlich einen garantierten Preis zugesichert habe, zustande gekommen. </p><p>30 Die Kommission betont, dass sie die vorliegende Klage nicht erhoben hätte, wenn zu diesem Zeitpunkt alles fest vereinbart gewesen wäre, obwohl die Richtlinie 90/531 damals bereits in Kraft gewesen sei. Nachdem die Gemeinnützigkeitserklärung vom Tribunal administratif Rennes für nichtig erklärt worden sei, habe der öffentliche Auftraggeber jedoch den Beschluss vom 30. März 1993 zurückgenommen, ohne dass er hierzu rechtlich verpflichtet gewesen wäre. Nach französischem Verwaltungsrecht stehe aber die Rücknahme einer Nichtigerklärung im streitigen Verfahren gleich. Die Kommission folgert daraus, dass die Rücknahme mangels einer Anfechtung durch Matra bestandskräftig geworden sei, was zur Folge habe, dass der genannte Beschluss als nichtexistent gelte. Daher sei der streitige Auftrag erst durch den Beschluss vom 22. November 1996 an Matra vergeben worden. </p><p>31 Die französische Regierung vertritt dagegen die Auffassung, dass für die Bestimmung des auf ein Vergabeverfahren anzuwendenden Rechts - ungeachtet der Tatsache, dass die öffentlichen Aufträge im Gemeinschaftsrecht als schriftlich abgeschlossene Verträge definiert seien - allein das Datum des Verfahrensbeginns zu berücksichtigen sei. Überdies finde sich für die Behauptung, dass zwischen Verfahrensbeginn und Auftragsvergabe ein angemessener Zeitraum liegen müsse, um den Verfahrensbeginn bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts berücksichtigen zu können, weder im Gemeinschaftsrecht noch in der Rechtsprechung des Gerichtshofes eine Grundlage. </p><p>32 Die französische Regierung ist der Ansicht, dass Matra nicht erst in dem Beschluss vom 22. November 1996, sondern implizit bereits in dem Beschluss vom 26. Oktober 1989 als Auftragnehmer bestimmt worden sei, da VAL eine Marke von Matra sei, so dass kein anderes Unternehmen als Matra als Vertragspartner für den öffentlichen Auftraggeber in Betracht gekommen wäre. Der Beschluss vom 19. Juli 1990 stelle eine Vergabeentscheidung dar: Sobald der Beschluss bestandskräftig geworden sei und Matra einen Preis zugesichert habe, hätte Matra auf der Erfuellung bestehen können, da der Beschluss Rechtsansprüche zugunsten dieses Unternehmens begründet habe. Matra habe am 9. Juli 1991 einen garantierten Endpreis von 953,2 Mio. FRF ohne Steuern zugesichert; damit habe es einen Anspruch auf den Abschluss eines Bauträgervertrags mit dem Stadtverband Rennes erworben. </p><p>33 Was die Rücknahme des Beschlusses vom 30. März 1993 angeht, so sei der öffentliche Auftraggeber zu dieser Maßnahme verpflichtet gewesen, die im Übrigen nicht auf der Absicht beruht habe, wesentliche Elemente des Auftrags neu zu verhandeln. Es sei weder bezweckt worden, die am 19. Juli 1990 getroffene Entscheidung zum Abschluss mit Matra in Frage zu stellen, noch sei eine solche Wirkung eingetreten. Mit der Rücknahme des Beschlusses habe der Conseil du district lediglich die Unterzeichnung des Auftrags hinausgeschoben und damit die Konsequenzen aus der Nichtigkeit der Gemeinnützigkeitserklärung gezogen, bei der es sich um einen Rechtsakt des Präfekten gehandelt habe, dessen Nichtigerklärung weder dem Stadtverband Rennes noch Matra, dem durch den Auftrag Begünstigten, zugerechnet werden könne. </p><p>34 Die französische Regierung räumt ein, dass die Rücknahme des Beschlusses bewirkt habe, dass der Vertrag für die Zukunft wie für die Vergangenheit aus der Rechtsordnung getilgt worden sei. Die materiellen Vertragsbestimmungen seien jedoch unabhängig von verfahrensrechtlichen Formalismen, wenn nicht bestätigt worden, so doch zumindest unbeanstandet geblieben, so dass das Verfahren der Auftragsvergabe, wenn schon nicht rechtlich, so doch zumindest tatsächlich lediglich bis zur Erteilung einer neuen Gemeinnützigkeitserklärung unterbrochen worden sei. Die Rücknahme des Beschlusses vom 30. März 1993 sei daher ein rein formaler Akt gewesen, der die materielle Kontinuität des Verfahrens nicht beeinträchtigt habe. </p><p>35 Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission der Französischen Republik mit der vorliegenden Klage einen Verstoß gegen die Richtlinie 93/38 vorwirft, der auf einer genau umschriebenen Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers beruhen soll. Bei dieser Entscheidung handelt es sich um die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb für die Vergabe des streitigen Auftrags. Diese Wahl findet nach Auffassung der Kommission in Artikel 20 Absatz 2 der Richtlinie 93/38 keine Grundlage. </p><p>36 Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über die Art des Verfahrens und das Erfordernis eines vorherigen Aufrufs zum Wettbewerb für die Vergabe eines öffentlichen Auftrags in einem eigenen Verfahrensabschnitt getroffen wird, in dem die wesentlichen Gesichtspunkte des Verfahrensablaufs festgelegt werden und das in der Regel zu Beginn des Verfahrens liegt. </p><p>37 Für die Beurteilung, ob die Richtlinie 93/38 auf eine solche Entscheidung anwendbar ist und welche Verpflichtungen das Gemeinschaftsrecht dem öffentlichen Auftraggeber insoweit auferlegt, ist daher grundsätzlich der Zeitpunkt zu berücksichtigen, zu dem die genannte Entscheidung getroffen worden ist. </p><p>38 Zwar erfolgte die Entscheidung für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb im vorliegenden Fall im Rahmen eines Vergabeverfahrens, das erst im November 1996, zwei Jahre nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 93/38, beendet wurde. Nach der Rechtsprechung im Bereich des öffentlichen Auftragswesens verpflichtet das Gemeinschaftsrecht jedoch einen öffentlichen Auftraggeber eines Mitgliedstaats nicht, auf Antrag eines Einzelnen in bestehende, auf unbestimmte Zeit oder für mehrere Jahre abgeschlossene Rechtsverhältnisse einzugreifen, wenn diese Rechtsverhältnisse vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie begründet worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 1998 in der Rechtssache C-76/97, Tögel, Slg. 1998, I-5357, Randnr. 54). </p><p>39 Auch wenn sich das Urteil Tögel auf einen Vertrag bezieht, der bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) geschlossen worden ist, lässt sich der darin enthaltene allgemeine Grundsatz auf alle Stadien eines Vergabeverfahrens anwenden, die vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie abgeschlossen wurden, aber zu einem Verfahren gehören, das erst nach diesem Datum zu einem Ende gekommen ist. </p><p>40 Zu dem Vorbringen der Kommission, wonach es für die Bestimmung der zeitlichen Geltung der Richtlinie 93/38 auf das Datum der Auftragsvergabe ankomme, genügt die Feststellung, dass es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen würde, das anwendbare Recht anhand des Datums der Auftragsvergabe zu bestimmen, da dieses Datum das Ende des Verfahrens bezeichnet, während die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für oder gegen einen vorherigen Aufruf zum Wettbewerb in der Regel zu Beginn des Verfahrens getroffen wird. </p><p>41 Obwohl sich den bei den Akten befindlichen Dokumenten nicht eindeutig entnehmen lässt, dass der öffentliche Auftraggeber eine förmliche Entscheidung für die Vergabe des streitigen Auftrags im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb getroffen hat, ist zu berücksichtigen, dass das Comité syndical des Sitcar in seinem Beschluss vom 19. Juli 1990 erklärt hat, "davon Kenntnis zu nehmen, dass für die Planung und Verwirklichung des Teils $Systeme und systembezogene Anlagen` ein Bauträgervertrag mit der Firma Matra-Transport abgeschlossen wird ...". Aus diesem Satz folgt, dass die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers für ein Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb spätestens zum Zeitpunkt dieses Beschlusses und damit deutlich vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 93/38 gefallen war. </p><p>42 Daraus ergibt sich, dass die Richtlinie 93/38 nicht auf die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers anwendbar ist, den Auftrag für das Stadtbahnvorhaben des Stadtverbands Rennes im Verhandlungsverfahren ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb zu vergeben. </p><p>43 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der öffentliche Auftraggeber in zwei getrennten Beschlüssen vom 22. September 1995 den Beschluss vom 30. März 1993 über die Vergabe des Auftrags an Matra zurückgenommen und die Semtcar beauftragt hat, die Verhandlungen mit Matra fortzusetzen. </p><p>44 Daher ist zu prüfen, ob die nach dem 22. September 1995 eingeleiteten Verhandlungen wesentlich andere Merkmale aufwiesen als die zuvor geführten und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Vertragsbestimmungen erkennen ließen, wodurch die Anwendung der Richtlinie 93/38 gerechtfertigt werden könnte. </p><p>45 Dabei ist zunächst daran zu erinnern, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Artikel 169 EG-Vertrag der Kommission obliegt, das Vorliegen der behaupteten Vertragsverletzung nachzuweisen und dem Gerichtshof die erforderlichen Anhaltspunkte zu liefern, anhand deren er das Vorliegen dieser Vertragsverletzung prüfen kann (vgl. u. a. Urteil vom 25. November 1999 in der Rechtssache C-96/98, Kommission/Frankreich, Slg. 1999, I-8531, Randnr. 36). </p><p>46 Folglich obliegt es der Kommission im vorliegenden Fall, alle erforderlichen Anhaltspunkte vorzutragen, um nachzuweisen, dass nach dem 22. September 1995 neue Verhandlungen eingeleitet worden sind, die den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Vertragsbestimmungen erkennen lassen, was die Anwendbarkeit der Richtlinie 93/38 begründen könnte. </p><p>47 Die Kommission trägt insoweit vor, eine Prüfung der Beschlüsse vom 30. März 1993 und vom 22. November 1996 ergebe, dass sich die Angebote in Bezug auf den Gegenstand und den Preis unterschieden. Nach Auffassung der Kommission bezieht sich das Angebot von 1993 auf das System VAL 206 zum Preis von 966,4 Mio. FRF ohne Steuern, während 1996 das System VAL 208 für 1 054 Mio. FRF ohne Steuern angeboten worden sei. </p><p>48 Die Änderung der Modellnummer bezeichne zwei unterschiedliche Versionen der VAL-Technologie. Außerdem unterschieden sich die beiden Angebote in finanzieller Hinsicht um fast 90 Mio. FRF ohne Steuern, was einer Erhöhung um etwa 10 % des Vertragswertes zwischen Januar 1993 und November 1996 entspreche und damit über der Gesamtinflation für diesen Zeitraum liege. </p><p>49 Die Kommission folgert aus diesen Anhaltspunkten, dass zwischen den beiden Angeboten von Matra erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die Technologie und den Preis bestuenden, was beweise, dass es sich nicht um denselben Vertrag handle. </p><p>50 Hierzu ist erstens festzustellen, dass der Umstand, dass sich das Angebot von 1993 auf das System VAL 206 bezog, während das Angebot von 1996 das System VAL 208 zum Gegenstand hatte, keinen Anhaltspunkt für die Neuverhandlung einer wesentlichen Vertragsbestimmung darstellt, durch die die Anwendung der Richtlinie 93/38 gerechtfertigt würde. </p><p>51 Wie die französische Regierung ausgeführt hat, ist diese Änderung der Angebotsbedingungen auf die Entwicklung des Materials zwischen 1993 und 1996 zurückzuführen; es handelt sich um eine geringfügige Änderung der Abmessungen der Fahrzeuge (2 cm Breite). Außerdem lässt es sich bei einem Verhandlungsverfahren, das sich seinem Wesen nach über einen längeren Zeitraum hinziehen kann, nicht ausschließen, dass die Parteien im Laufe der Verhandlungen eintretende neue technologische Entwicklungen berücksichtigen, ohne dass darin jedes Mal eine Neuverhandlung wesentlicher Vertragsbestimmungen gesehen werden könnte, die die Anwendung neuer Rechtsvorschriften rechtfertigen würde. </p><p>52 Was zweitens das Vorbringen der Kommission zu dem Preisunterschied zwischen dem Vertragsangebot von 1993 und dem von 1996 angeht, so stellt auch dieser Preisunterschied, selbst wenn er über der Gesamtinflation für den genannten Zeitraum liegen sollte, keinen Beweis dafür dar, dass die nach der Rücknahme des Beschlusses vom 30. März 1993 eingeleiteten Gespräche eine Neuverhandlung einer wesentlichen Vertragsbestimmung bezweckten. </p><p>53 Nach den Angaben der französischen Regierung, denen die Kommission nicht widersprochen hat, folgt die Preisentwicklung aus der getreuen Anwendung der Preisanpassungsformel in dem von beiden Parteien 1993 gebilligten Vertragsentwurf. Dieser Gesichtspunkt stellt eher ein Anzeichen für die Kontinuität des Verfahrens dar als ein Beweismittel für eine Neuverhandlung einer wesentlichen Vertragsbestimmung. </p><p>54 Drittens geht aus verschiedenen zu den Akten gereichten Unterlagen hervor, dass die Verhandlungen tatsächlich kurz nach dem 22. September 1995 auf der Grundlage aller vorangegangenen Vorgänge wieder aufgenommen wurden. </p><p>55 Die Formulierung "die Erstellung dieses Auftrags ... wieder aufzunehmen" im zweiten Beschluss vom 22. September 1995 spricht besonders deutlich für eine Fortführung und Aktualisierung der Verhandlungen. Zudem hat die französische Regierung ein Schreiben von Matra an die Semtcar vom 30. November 1995 vorgelegt, in dem Matra ausführt, dass sie die Auswirkungen einer Umstellung der Planung für die Durchführung der Arbeiten geprüft habe und unter Berücksichtigung der vereinbarten Aktualisierungen der besonderen administrativen Bestimmungen die Aufrechterhaltung des Anfang 1993 ausgehandelten Angebots bis zum 30. September 1996 bestätige. </p><p>56 Die Kommission hat daher keine Anhaltspunkte dafür beigebracht, dass nach der Rücknahme des Beschlusses vom 30. März 1993 und damit nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 93/38 neue Gespräche aufgenommen worden sind, die den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Vertragsbestimmungen erkennen lassen. </p><p>57 Nach alledem ist die Klage daher abzuweisen. </p>
</em><p/>
<a name="CO"/><h2>Kostenentscheidung</h2><br/><em>
<p>Kosten </p><p>58 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind der Kommission die Kosten aufzuerlegen. </p>
</em><p/>
<a name="DI"/><h2>Tenor</h2><br/><em>
<p>Aus diesen Gründen </p><p>hat </p><p>DER GERICHTSHOF </p><p>für Recht erkannt und entschieden: </p><p>1. Die Klage wird abgewiesen. </p><p>2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten des Verfahrens. </p>
</em><p/>
</div>
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111,733 | lsgsh-2000-06-27-l-6-ka-1999 | {
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<!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
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<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Januar 1999 aufgehoben.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Der Kläger hat der Beklagten die ihr zur Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt></dt>
<dd><p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd>
</dl>
</div></div>
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<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
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<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>
Gegenstand des Rechtsstreits ist die sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale I/96 bis I/97. Dabei streiten die Beteiligten im Berufungsverfahren (noch) über die Berichtigung der Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) Nr. 422 (Analgesie eines Hirnnerven an seiner Austrittsstelle an der Schädelbasis oder eines Hirnnervenganglions an der Schädelbasis), Nr. 430 (Sympathikusblockade am cervikalen Grenzstrang), Nr. 431 (Sympathikusblockade am thorakalen oder lumbalen Grenzstrang) und Nr. 443 (Plexusanalgesie, Spinal- oder Peridualanalgesie).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger ist als Orthopäde zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er führt schmerztherapeutische Behandlungen durch. Mit Bescheid vom 13. Juni 1996 nahm die Beklagte eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarabrechnung für das Quartal I/96 vor. Sie ließ u.a. in 394 Fällen die Gebührenordnungsnummer 422 und in 192 Fällen die Nr. 443 unberücksichtigt. Die Gebührenordnungsnummer 430 ließ sie in 354 Fällen und die Nr. 431 in 410 Fällen unberücksichtigt. Zur Begründung führte sie aus, die Anwendung der Sympathikusblockaden und der Analgesie der Hirnnerven erscheine blockartig und schematisch. Der Kläger wurde zur Beschreibung der Injektionstechniken unter Angabe der Art und Menge der eingesetzten Arzneimittel aufgefordert, ferner zur Mitteilung, bei welchen Diagnosen er die Verfahren durchgeführt habe. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 1996 (Eingang 28. Juni) Widerspruch ein, mit dem er seine Verfahrensweise erläuterte. Gegen die Honorarabrechnung für das Quartal I/96 wegen des Honorarverteilungsmaßstabes legte der Kläger ebenfalls mit Schreiben vom 19. September 1996 (Eingang 23. September) Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 nahm die Beklagte u.a. eine Nachvergütung der Gebührenordnungsnummern 422 und 443 vor und führte hierzu aus, die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Leistungen müsse im Rahmen der Wirtschaftlichkeits- bzw. Plausibilitätsprüfung beurteilt werden.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>
Mit Bescheid vom 23. Oktober 1996 nahm die Beklagte für das Quartal II/96 eine Berichtigung u.a. der Gebührenordnungsnummern 430, 431 vor. Der Kläger legte dagegen mit Schreiben vom 12. November 1996 (Eingang 14. November) Widerspruch ein. Für das Quartal III/96 berichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 28. November 1996 u.a. die Gebührenordnungsnummern 430, 431, gegen den der Kläger mit Schreiben vom 3. Dezember 1996 (Eingang 5. Dezember) Widerspruch einlegte. Für das Quartal IV/96 berichtigte die Beklagte mit Bescheid vom 4. März 1997 u.a. die Gebührenordnungsnummern 430, 431. Dagegen erhob der Kläger am 9. April 1997 (Eingang 11. April) Widerspruch (vgl. auch Schreiben des Klägers vom 23. April 1997).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>
Am 10. März 1997 fand ein kollegiales Gespräch mit der Schmerztherapie-Kommission der Beklagten wegen der Gebührenordnungspositionen 430, 431 und 443, ferner der Nummern 17 und 422 statt. Der Inhalt und das Ergebnis des Gesprächs ist zwischen den Beteiligten umstritten. Die Beklagte hat den Verlauf im Schreiben vom 2. April 1997 zusammengefasst; in dem von ihr erstellten Protokoll des Gesprächs vom 13. März ist vermerkt, der Kläger habe die Auffassung der Beklagten zu den strittigen Leistungsnummern akzeptiert. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1997 zurück. Sie führte u.a. aus, der Widerspruch sei hinsichtlich der Leistungen nach den Nummern 422 und 443 erledigt, nachdem sie entsprechende Nachvergütungen vorgenommen habe. Hinsichtlich der Gebührennummern 430, 431 und 443 als schmerztherapeutische Leistungen sei im Gespräch vom 10. März 1997 geklärt worden, dass der Kläger die Leistungsinhalte nicht erfüllt habe, da er die zwingend vorgeschriebenen Überwachungen sowie Messungen nicht vorgenommen habe. Der Kläger habe diese Entscheidung der Abteilung Qualitätssicherung akzeptiert und die Widersprüche als erledigt betrachtet. Dies gelte auch für den Ansatz der Gebührennummer 10 (therapeutisches hausärztliches Gespräch). Im übrigen sei der Widerspruch hinsichtlich weiterer EBM-Nummern unbegründet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>
Gegen die ihm am 10. Juni 1997 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 18. Juni 1997 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben (S 14 KA 205/97).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p>
Im Hinblick auf das Gespräch vom 10. März 1997 führte die Beklagte in ihrem Schreiben vom 2. April 1997 aus, dass Leistungen nach Abschnitt D I des EBM im Zusammenhang mit den Diagnosen Hörsturz, Schwindel und Tinnitus nicht schmerztherapeutisch indiziert seien. Außerdem habe der Kläger den Leistungsinhalt der Nummern 430, 431 und 443 nicht vollständig erbracht, denn er habe keine seitenvergleichenden Messungen der Hauttemperatur durchgeführt, keine ausreichende Überwachung vorgenommen und keine fachspezifische Dokumentation auf dem üblichen Anästhesieprotokoll gefertigt. Die Nummern 430 und 431 seien Sitzungsnummern, die nicht mehrfach im Rahmen einer Arzt/Patientenbegegnung abrechnungsfähig seien. Der Kläger wurde aufgefordert, die Honorarabrechnung des Quartals I/97 entsprechend zu berichtigen. Mit Bescheid vom 28. April 1997 nahm die Beklagte im Hinblick auf dieses Schreiben Berichtigungen für die Quartale I und II/96 der Gebührenordnungsnummern 422 und 443 vor. Für die Quartale III und IV/96 nahm sie eine Rückrechnung der Gebührenordnungsnummern im Hinblick auf die ab dem III. Quartal 1996 bestehende Budgetierung vor. Bereits mit Schreiben vom 9. April 1997 (Eingang 11. April) hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, mit dem er ausgeführt hatte, er habe die Leistungen tatsächlich erbracht, es fehle lediglich die Dokumentation, die er nicht vorlegen könne. Er sei jedoch über drei Jahre als Notarzt ausgebildet worden und habe fachspezifische Erfahrungen. Seine Mitarbeiter könnten bestätigen, dass er die abgerechneten Leistungen jeweils erbracht habe. Künftig werde er die Dokumentation vornehmen, obwohl sie sekundäre Bedeutung habe und lediglich für die Fragen der Haftpflicht sinnvoll sei. Eine Budgetierung sei ungerechtfertigt, denn die abgerechneten Leistungen zählten zu den Grundleistungen der Orthopäden. Die Bildung von Teilbudgets sei unzulässig.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>
Mit Bescheid vom 2. Juni 1997 nahm die Beklagte Belastungen für die Quartale I und II/96 vor, denen der Kläger mit Schreiben vom 17. Juni 1997 widersprach, mit Bescheid vom 20. Juni 1997 nahm sie Belastungen für die Quartale III und IV/96 vor.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p>
Mit Bescheid vom 30. Juni 1997 berichtigte die Beklagte für das Quartal I/97 die Positionen 14, 430, 431, 850, 443, 422, 1.585 und 3.211. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 3. Juli 1997 (Eingang 7. Juli). Seiner Honorarabrechnung für das Quartal I/97 widersprach er mit Schreiben vom 30. Juli 1997 (Eingang 7. August).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>
Mit Bescheid vom 30. Oktober 1997 kürzte die Beklagte für die Quartale I, III und IV/96 und I/97 hinsichtlich anderer Gebührennummern. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 13. November 1997 (Eingang 17. November). Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1997 nahm die Beklagte für das Quartal II/96 eine Nachvergütung der Gebührennummer 17 in 10 Fällen vor und wies den Widerspruch im übrigen zurück.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>
Am 29. Dezember 1997 hat der Kläger Untätigkeitsklage beim Sozialgericht Kiel wegen der Quartale I bis IV/96 (Bescheide vom 13. Juni 1996, 23. Oktober 1996, 28. November 1996 und 4. März 1997) im Hinblick darauf erhoben,, dass die Widersprüche hinsichtlich der Gebührennummern 422, 430, 431 und 443 noch nicht beschieden worden seien (S 14 KA 490/97).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>
Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 1998 zurück, in welchem sie zu allen berichtigten Gebührenpositionen Stellung nahm. Hinsichtlich der Gebührenpositionen 430 und 431 in den Quartalen I bis IV/96 verwies sie auf den Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 1997. Hinsichtlich der EBM-Nummer 290 für die Quartale I/96 bis I/97 verwies sie darauf, dass lediglich eine Streichung für I/96 vorgenommen, die Leistungen jedoch mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 nachvergütet worden seien. Hinsichtlich der Gebührennummer 443 sei der Widerspruch ebenfalls unzulässig, da der Kläger im Gespräch am 10. März 1997 die Maßnahme anerkannt und akzeptiert habe. Der Widerspruch sei auch insoweit unzulässig, als er sich gegen die rückwirkende Budgetierung der Quartale I und II/96 richte, denn sie, die Beklagte, habe mit Schreiben vom 20. November 1997 eine Nachvergütung vorgenommen. Im übrigen seien die Widersprüche unbegründet. Die Gebührennummern 17 und 18 habe der Kläger regelmäßig neben anderen Leistungen erbracht. Als Beratungs- und Erörterungsleistungen seien sie jedoch neben anderen Leistungen nicht abrechenbar. Das ergebe sich aus ihrer Art und aus ihrer Bewertung. Ein Aufklärungsgespräch vor operativen Eingriffen sei nur dann abrechnungsfähig, wenn der Leistungsinhalt (der Gebührennummer 17) vollständig erfüllt sei. Alle übrigen Gespräche, die diesem Anspruch nicht genügten, seien in der Ordinations- bzw. Konsultationsgebühr enthalten. Aus den Diagnosen des Klägers gehe nicht hervor, dass der Leistungsinhalt der Gebührennummern 17 und 18 vollständig erbracht worden sei. Die Leistungsnummer 14 könne nur von Nervenärzten, Psychiatern, Kinder- und Jugendpsychiatern sowie Neurologen abgerechnet werden. Den Leistungsinhalt der Nummern 430, 431 und 443 habe der Kläger nicht vollständig erbracht, da er weder seitenvergleichende Messungen der Hauttemperatur durchgeführt noch dokumentiert habe und nach dem Eingriff keine ausreichende Überwachung und fachspezifische Dokumentation auf einem für das Fachgebiet der Anästhesiologie üblichen Anästhesieprotokoll vorgenommen habe. Die Gebührennummern 850 und 851 seien für den Kläger mangels Genehmigung nicht abrechnungsfähig. Bei der Gebührennummer 1.585 handele es sich um eine Leistung nach dem Kapitel L III des EBM, die für den Kläger als Orthopäden fachfremd sei. Die Gebührennummer 3.211 könne bereits aufgrund des Inhalts der Leistungslegende nicht gleichzeitig neben Nr. 3.210 vergütet werden. Die Gebührennummer 423 könne im Quartal I/97 aus denselben Gründen wie in den Vorquartalen nicht vergütet werden. Soweit der Kläger gegen den Honorarbescheid I/97 Widerspruch eingelegt habe, sei nicht ersichtlich, welche Belastungen er neben den im Berichtigungsbescheid vom 30. Juni 1997 mitgeteilten geltend mache.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>
Gegen den am 3. September 1998 zugestellten Widerspruchsbescheid richtet sich die Klage, die am 14. September 1998 beim Sozialgericht Kiel eingegangen ist (S 14 KA 344/98).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger hat vorgetragen, er habe die Auffassung der Schmerztherapiekommission im Gespräch vom 10. März 1997 nicht anerkannt und akzeptiert, sondern lediglich gegen die Auffassung der Kommission, die ihm nach stundenlangen Verhandlungen nachts um 1:00 Uhr mitgeteilt worden sei, keine Einwendungen mehr geltend gemacht. Gleichwohl habe die Beklagte zu Unrecht wegen dieser Positionen den Widerspruch als unzulässig zurückgewiesen. Hinsichtlich der Gebührenordnungsnummer 256 hat der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Klage wegen der Nummern 14, 850, 851 EBM hat er zurückgenommen. Hinsichtlich der Gebührenordnungsnummer 422 hat er ausgeführt, die Beklagte habe unter einem fehlerhaften Schmerzbegriff schmerztherapeutische Indikationen bei Hörsturz, Schwindel und Tinnitus verneint. Nach der Definition der WHO sei Schmerz ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktuellen und potentiellen Gewebsschädigungen verknüpft sei oder mit Begriffen solcher Schädigungen umschrieben werde. Diese Voraussetzungen seien bei dem halswirbelsäulenbedingten Hörsturz, Schwindel und Tinnitus erfüllt. Er habe den Leistungsinhalt der Gebührenordnungsnummern 422, 430, 431 und 443 vollständig erbracht. Er habe seitenvergleichende Messungen der Hauttemperatur im Handauflegeverfahren durchgeführt und die vegetativen Reaktionen der Patienten geprüft. Es sei fraglich, wie vegetative Reaktionen mit einem Thermometer gemessen werden sollten. Er habe auch eine ordnungsgemäße Überwachung und fachspezifische Dokumentation vorgenommen. Die Patienten seien mittels EKG, Monitor und Puls-Oxymeter kontrolliert worden. Das Ergebnis sei durch Aufzeichnung dokumentiert worden. Die Aufzeichnungen in den entsprechenden Karteikarten, anfänglich in Kurzform, lägen der Beklagten vor. Die Anfertigung eines Anästhesieprotokolls sei nach dem EBM nicht vorgeschrieben. Außerdem hat er zu der Teilbudgetierung ab III/96 und zu den übrigen im Streit befindlichen Gebührennummern 17, 18, 1585 und 3211 EBM Stellung genommen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger hat beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p>
die Honorarbescheide für die Quartale I bis IV/96 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1997 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. April 1997 und 28. April 1997 sowie vom 30. Oktober 1997 und 30. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 1998 aufzuheben.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>
Die Beklagte hat beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p>
die Klage abzuweisen
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>
und sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 6. Januar 1999 die Verfahren S 14 KA 205/97, 490/97 und 344/98 unter Führung des erstgenannten Aktenzeichens zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Beteiligten haben sich in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Gebührenordnungsnummern 17 und 18 verglichen. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom selben Tag die Honorarbescheide der Beklagten betreffend die Quartale I bis IV/96 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 1997 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. April 1997, 28. April 1997 und 30. Juni 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. September 1998 insoweit aufgehoben, als die Honorierung der EBM-Nummern 422, 430, 431 und 443 abgelehnt bzw. zurückgefordert worden ist. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Untätigkeitsklage sei unzulässig gewesen, denn die Beklagte sei nicht untätig gewesen. Sie habe die EBM-Nummern 422 bis 443 bereits im Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 1997 - wenn auch am Rande - angesprochen und damit entsprechende Widersprüche beschieden. Zwar habe sie mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 1998 eine erneute Entscheidung vorgenommen, die jedoch der Auffassung des Gerichts nicht entgegenstehe. Hinsichtlich dieser Gebührenordnungsnummern sei die Klage auch begründet. Hinsichtlich der Gebührenordnungsnummer 1.585 habe die Beklagte die Honorierung zu Recht abgelehnt. Dies hat das Sozialgericht näher ausgeführt. Der Kläger habe einen Anspruch auf Vergütung der Gebührenordnungsnummern 422 bis 443 auch in den Fällen der beanstandeten Dokumentation oder im Rahmen der Behandlung von Tinnitus-Erkrankungen. In Kapitel D des EBM werde zwischen Anästhesien zur Schmerztherapie und bei operativen Eingriffen unterschieden. Diese erhebliche Einschränkung des Behandlungsspielraums der Ärzte erfordere eine weite Auslegung des Begriffes Schmerztherapie, der nicht nur Maßnahmen im Rahmen der Schmerztherapievereinbarung umfassen dürfe, sondern auch Missempfindungen, die dem Begriff des Schmerzes nach allgemeinem Verständnis noch relativ nah seien. Die Missempfindungen durch ein Tinnitusleiden fielen darunter. Der Kläger habe darüber hinaus die Leistungslegende erfüllt. Nach der Präambel zu Abschnitt D des EBM sei eine fachspezifische Dokumentation Teil der zu erbringenden Leistung. Dies setze jedoch nicht eine Dokumentation auf einem Standardformblatt für Anästhesisten voraus. Fraglich sei bereits, ob hier der Standard der Anästhesisten oder anderer Facharztgebiete heranzuziehen sei. Selbst in dem (engeren) Anästhesiebereich bestehe kein bestimmter Standard. In Schleswig-Holstein werde die Dokumentation in den verschiedenen Kliniken und Praxen unterschiedlich gehandhabt. Die Leistungsvoraussetzungen seien bei einer jedweden fachspezifischen Dokumentation erfüllt. Wenn diese nicht den Qualitätsanforderungen genügen sollten, sei dies eine Frage der Qualitätssicherung. Der Kläger habe nach seinen eigenen Darlegungen die Dokumentationen in seinen Patientenkarteien vorgenommen. Dabei genüge es, dass er in der Kartei den Vermerk "ohne Befunde" aufnehme. Das gelte auch für einen Nachweis des vegetativen Effektes bei der Ausführung einer Sympathikusblockade nach Nr. 442. Eine Temperaturmessung mit einem Thermometer sei nicht vorgeschrieben. Eine ordnungsgemäße Blockade bewirke einen vegetativen Effekt, der im betroffenen Bein zu einer Hautveränderung oder zu einer Erhöhung der Hauttemperatur führe. Der Unterschied zum nicht betroffenen Bein sei deutlich. Die Beklagte fordere zu Unrecht eine dokumentierte Überwachung von wenigstens 30 Minuten Dauer. Der EBM sehe bei einer länger als 30 Minuten dauernden Überwachung eine gesonderte Gebührennummer vor. Im Umkehrschluss folge daraus, dass auch kürzerdauernde Überwachungszeiten zulässig seien.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>
Gegen die ihr am 24. März 1999 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 19. April 1999 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, Missempfindungen bei Tinnitus und Hörsturz seien keine Indikationen zur Schmerztherapie. Tinnitus sei ein Geräusch im Ohr ungeklärter Ursache, für das es ebenso wie für Hörsturz und Schwindel keine gesicherten Therapiemöglichkeiten gebe, so dass unterschiedliche Methoden ausprobiert und angewandt würden. Zwar habe der Tinnitus in ausgeprägter Form ein quälendes und starkes Missempfinden zur Folge, das jedoch nicht als Schmerz bewertet werden könne. Die Dokumentation der Leistungen nach dem Kapitel D müsse die historische Entwicklung des EBM berücksichtigen. Nach dem EBM 10/94 sei eine Dokumentation der Anästhesieleistungen nicht durchzuführen gewesen. Diese sei erst seit dem EBM 1/96 erforderlich. Hintergrund sei die Unterteilung in allgemeine und spezifische Anästhesieleistungen. Die allgemeinen Anästhesieleistungen, die im EBM 1994 noch im Kapitel D aufgeführt gewesen seien, seien mit der Einführung des EBM 1996 in die Ordinationsgebühr eingeflossen und daher nicht mehr gesondert berechnungsfähig. Für die spezifischen Anästhesieleistungen, deren Punktzahlen erheblich erhöht worden seien, habe der Bewertungsausschuss in der Präambel zum Kapitel D entschieden, eine fachspezifische Dokumentation zu fordern. Bereits aus der Differenzierung ergebe sich, dass hierfür nicht eine beliebige Dokumentation ausreiche. Die fachspezifische Dokumentation beziehe sich auf die Anästhesieleistung, zu der auch die Protokollierung der Nachkontrolle gehöre. Nach der Präambel zum Abschnitt D I seien in den Leistungen 430, 431 und 443 das Anlegen eines intravenösen Zuganges, das EKG-Monitoring und die Puls-Oxymetrie als obligate Bestandteile enthalten, die ebenso wie der vegetative Effekt dokumentiert werden müssten. Beispielhaft sei bei diesen Leistungen eine Messung der Hauttemperatur aufgeführt. Einfaches Handauflegen reiche hierfür nicht aus, denn es entspreche als Messverfahren weder dem medizinischen Standard noch erfülle es die Anforderungen ärztlicher Sorgfaltspflichten. Sowohl die Messung als auch die Dokumentation diene dem Schutz der Patienten und müsse daher bestimmten Mindestanforderungen genügen. Nach der Leistungslegende der Nr. 443 umfasse die Leistung die Überwachung der Patienten bis zu zwei Stunden. Daraus könne der Umkehrschluss gezogen werden, dass eine Überwachung von weniger als 30 Minuten unzureichend sei. Nach den Gebührenordnungsnummern 63 ff. seien erst Überwachungen von längerer Dauer als zwei Stunden gesondert abrechnungsfähig.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>
Die Beklagte beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Januar 1999 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger beantragt,
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>
die Berufung zurückzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>
Er führt aus, die Diagnosen Hörsturz, Schwindel und Tinnitus erfüllten die Schmerzdefinition der WHO in vollem Umfang. Deren Behandlung sei der Schmerztherapie gleichartig. Die Leistungslegende zu Kapitel D des EBM verlange keine bestimmt geartete Dokumentation. Der Hinweis der Beklagten auf die historische Entwicklung gehe fehl. Er habe sämtliche Voraussetzungen der Präambel für die Leistungserbringung erfüllt. Er eröffne einen intravenösen Zugang und messe die Hauttemperatur. Dabei fühle er den vegetativen Effekt, z.B. Schweißausbruch, Gänsehaut, Erröten oder Erwärmung mit den Händen. Als Prüfung der Reaktion auf die Therapie sei dies aussagekräftiger als die bloße Messung der Temperatur mit Messgeräten, die unzureichend wäre, weil der Unterschied zu nicht betroffenen Bereichen nicht deutlich genug in Erscheinung trete. Er berücksichtige bei seiner Untersuchung das Gesamtbild des Patienten und stelle darauf ab, wie der Patient auf die Therapie reagiere. Alle medizinischen Schritte dokumentiere er fachspezifisch. Er notiere das Ergebnis des EKG-Monitorings. Allerdings verwende er hierbei keinen Papierstreifen. Dies sei auch nicht erforderlich. Er notiere die Puls-Oxymetrie und halte das Ergebnis der vegetativen Messung fest. Weitere Anforderungen beständen nicht. Die Überwachung sei zeitlich nicht bestimmt, sondern die Zeit sei von der durchgeführten konkreten Maßnahme abhängig. Bei der von ihm durchgeführten Blockade sei die Reaktion in der Regel innerhalb von drei bis acht Minuten abgeschlossen, im Einzelfall könne die Reaktionszeit auch länger dauern. Aus diesem Grunde lege die Gebührennummer 443 die Höchstzeit bis zu zwei Stunden fest. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte erstmals in dem Gespräch vom 10. März 1997 das Erfordernis weiterer Dokumentationen und Messungen angesprochen habe. Hinsichtlich der hier streitigen Quartale habe sie daher den Grundsatz Beratung vor Kürzung verletzt.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_26">26</a></dt>
<dd><p>
Die die angefochtenen Quartale betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Verfahrensakten L 6 KA 19/99, S 14 KA 490/97 und S 14 KA 344/98 haben dem Senat vorgelegen. Zur Ergänzung wird auf die Unterlagen Bezug genommen.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
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</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_27">27</a></dt>
<dd><p>
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel ist zulässig. Insbesondere ist sie nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Die berichtigten Gebührenordnungsnummern 422, 430, 431 und 443 des EBM, die allein Gegenstand der Berufung sind, haben einen Wert von über 1.000 DM. Bereits die mit Bescheid vom 13. Juni 1996 berichtigten Gebührenordnungspositionen überschreiten den Wert.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_28">28</a></dt>
<dd><p>
Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Honorierung der Nummern 422, 430, 431 und 443. Das insoweit der Klage stattgebende Urteil des Sozialgerichts Kiel ist folglich aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_29">29</a></dt>
<dd><p>
Ein Anspruch des Klägers ist allerdings nicht bereits aus dem Grund ausgeschlossen, weil er - wie die Beklagte vorträgt - in dem kollegialen Gespräch vom 10. März 1997 die Auffassung der Beklagten akzeptiert habe. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei einer derartigen Äußerung des Klägers um eine verfahrensrechtliche Erklärung handeln würde. Hierbei kommen eine Rücknahme der Widersprüche oder eine Erledigungserklärung hinsichtlich des Verfahrens in Betracht. Allerdings wäre hierbei weiter fraglich, ob der Kläger seine verfahrensbeendende Erklärung an den richtigen Adressaten abgegeben hätte. Der Widerspruch wäre an die die Berichtigungsbescheide erlassende Stelle zu richten gewesen. Die Schmerztherapie-Kommission der Beklagten, mit der das kollegiale Gespräch stattgefunden hat, zählt hierzu nicht. Andererseits könnte es sich auch um eine Klärung materiellen Inhalts durch den Kläger gehandelt haben. Hierbei wäre weiterhin zu erwägen, welche rechtliche Wirkung ihr beizumessen wäre. Es könnte sich um einen Verzicht des Klägers auf die geltend gemachten Gebührennummern handeln. Andererseits könnte auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegenstehen, dass der Kläger trotz seiner Erklärung die Leistungen weiter geltend macht. Diese Fragen können jedoch dahingestellt sein. Denn die Beklagte hat den Tatbestand der Erledigungserklärung durch den Kläger als Tatsache nicht hinreichend dargetan, während der Kläger selbst eine derartige Erklärung bestreitet. Dass er die Auffassung der Beklagten akzeptiert habe, entsprach lediglich deren Eindruck. Dies haben in der Berufungsverhandlung der Leiter der Abteilung Qualitätssicherung B. und die Beratende Ärztin Dr. Bi. ausdrücklich bestätigt. Das Protokoll über die Sitzung ist erst drei Tage später erstellt worden und gibt insofern keinen Wortlaut der Erklärung wieder. Eine derartige Erklärung ist nach dem Protokoll vom Kläger weder ausdrücklich bestätigt worden noch hat er das Protokoll gegengezeichnet. Da die Tatsache einer Akzeptanz durch den Kläger nicht hinreichend dargetan ist, kommt es auch nicht darauf an, in welcher Weise die Erklärung zustande gekommen ist.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_30">30</a></dt>
<dd><p>
Dem Kläger steht das Honorar für die geltend gemachten Leistungen der Gebührenordnungsnummern 422, 430, 431 und 443 des EBM jedoch nicht zu, da deren Tatbestände nicht erfüllt sind.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_31">31</a></dt>
<dd><p>
Der Senat kann noch nicht erkennen, dass der Kläger den Rahmen der Schmerztherapie, in deren Rahmen der Unterabschnitt I des Kapitels D des EBM abgerechnet werden kann, überschritten hat, indem er die Diagnosen Hörsturz, Schwindel und Tinnitus mit den im Streit befindlichen Leistungen behandelt hat. Der Begriff der Schmerztherapie ist im EBM nicht definiert. Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage) versteht darunter allgemein sowohl die kausale als auch die palliative Behandlung der Schmerzursache. Dies kann durch Eingriffe an der Nervenleitung, am zentralen Nervensystem oder auch auf psychiatrisch/psychologischem Wege geschehen. Nach Fields/Martin (Schmerz-Pathophysiologie und Behandlung, Harrisons Innere Medizin 1, 13. Auflage, Basel, 1989, S. 61) ist Schmerz sowohl eine Empfindung als auch eine Emotion, indem er eine unerwünschte, einen Körperteil betreffende Empfindung darstellt. Generell wird er als Krankheitssymptom verstanden. Ein derartig weiter Begriff, der von dem Wortlautgehalt der Überschrift zum Unterabschnitt I des Kapitels D EBM erfasst wird, lässt es zu, die Behandlungsweise des Klägers als Ausdruck der Schmerztherapie anzusehen. Denn er nimmt durch seine Leistungen Einfluss auf die Reizleitungen und greift damit auf die Weiterleitung der Schmerzempfindung ein. Nicht jede Behandlungsmaßnahme, die mit dem Ziel der Schmerzlinderung eingesetzt ist, kann ohne weiteres der Schmerztherapie im Sinne der Gebührenordnungsnummern 418 ff. EBM zugerechnet werden. Der Rahmen der zulässigen Auslegung des Begriffs ist jedoch bei den Leistungen des Klägers noch nicht überschritten. Verbleibende Unsicherheiten bei der Begriffsbildung gehen zu Lasten der Beklagten. Denn unter einengender Auslegung des EBM macht sie geltend, dass der Kläger von der Abrechnung ausgeschlossen ist, obwohl er den Leistungsinhalt der Gebührenordnungsnummern 422, 430, 431 und 443 - mit der Maßgabe der unten hervorgehobenen Einschränkungen - erbracht hat, weil dies im fehlerhaften Behandlungsrahmen geschehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.8.1994, 6 RKa 8/93, SozR 3-1500 § 96 Nr. 3).
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_32">32</a></dt>
<dd><p>
Nach § 87 Abs. 2 SGB V bestimmt der Einheitliche Bewertungsmaßstab den Inhalt der abrechenbaren Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Dies bedeutet, dass eine Leistungsposition nur dann abrechnungsfähig ist, wenn der Leistungsinhalt, der im EBM aufgeführt ist, vollständig erbracht worden ist. Dem entspricht die allgemeine Bestimmung des EBM A I 1. Dies ist bei dem Kläger nicht der Fall, denn er hat die notwendige Dokumentation, die Gegenstand der geltend gemachten Gebührennummern ist, nicht in der erforderlichen Weise durchgeführt. Nach Auskunft der Beteiligten im Berufungsverfahren betrifft die fehlerhafte Dokumentation alle Behandlungsscheine, so dass in allen von dem Kläger geltend gemachten Leistungen der Leistungsinhalt nicht vollständig erfüllt ist. Die Leistungslegende zum Kapitel D EBM bestimmt, dass Voraussetzung für die Berechnung der Leistungen die notwendigen sachlichen und personellen Bedingungen (z. B. Lagerungs- und Ruhemöglichkeiten, EKG-Monitoring, Ausrüstung zur Reanimation und Schockbehandlung) erfüllt sind und eine fachspezifische Dokumentation erfolgt. An dieser Dokumentation fehlt es bei dem Kläger. Dabei geht das Erfordernis der fachspezifischen Dokumentation über eine normale Befunddokumentation, die gemäß § 57 BMV-Ä regelmäßiger Bestandteil der ärztlichen Leistungen ist, hinaus. Anderenfalls hätte es der besonderen Hervorhebung in der Legende zu Kapitel D EBM nicht bedurft. Eine derartige qualifizierte Dokumentation hat der Kläger nicht gefertigt. Hierzu hat er selbst vorgetragen, die Dokumentation habe sich dann, wenn keine Auffälligkeiten zu erkennen gewesen waren, auf die Angabe "ohne Befund" beschränkt. Allerdings verlangt das Merkmal der fachspezifischen Dokumentation nicht notwendigerweise, dass die fachspezifischen Dokumentationsbögen des Fachgebiets Anästhesie verwandt werden müssen, denn die Leistungen der Nummern 418 ff. des EBM können nicht nur von Anästhesisten, sondern auch von Ärzten anderer Fachgruppen abgerechnet werden. Hinzu kommt, dass - wie der Leiter der Abteilung Qualitätssicherung der Beklagten in der Berufungsverhandlung mitteilte - kein verbindliches Formblatt für Anästhesien existiert. Maßgeblich ist jedoch, dass die auf dem von der Beklagten genannten Formblatt aufgeführten Parameter in irgendeiner Form von dem die Anästhesie durchführenden Arzt festgehalten werden. Die qualifizierte Dokumentation ist insbesondere für tiefgreifende Anästhesien, die der Kläger nach seinem eigenen Vortrag vorgenommen hat, erforderlich. Derartige Eingriffe machen eine umfassende Darlegung der eingesetzten Medikamente, der Durchführung der Leistung, der Leistungsdauer und der erhobenen, auch der regulären, Befunde erforderlich. Das vorgeschriebene EKG-Monitoring und die Ergebnisse der Pulsoxymetrie müssen festgehalten werden. Auch die Dauer der Überwachungszeit muss nachvollziehbar sein, unabhängig davon, ob sie den Zeitrahmen der Gebührenordnungsnummer 450 (EBM 7/96) überschreitet oder nicht.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_33">33</a></dt>
<dd><p>
Da es in allen nicht berücksichtigten Behandlungsfällen an der erforderlichen Dokumentation fehlt, sind die Leistungen nach der allgemeinen Bestimmung A I Ziffer 1 EBM nicht berechnungsfähig.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_34">34</a></dt>
<dd><p>
Daher ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese Leistungen sachlich-rechnerisch berichtigt hat. Auf die weitere Frage, ob in jedem Fall eine Beobachtungszeit von wenigstens einer halben Stunde einzuhalten ist, kommt es angesichts dessen nicht entscheidungserheblich an. Dies wird vom einzelnen Behandlungsfall abhängen. Allerdings scheint es dem Senat gerade unter den einzuhaltenden Sorgfaltskriterien sehr problematisch, einen Patienten nach den vom Kläger durchgeführten Eingriffen lediglich wenige Minuten zu beobachten und ihn alsdann "allein zu lassen".
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_35">35</a></dt>
<dd><p>
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_36">36</a></dt>
<dd><p>
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
111,737 | lsgsh-1999-12-03-l-3-p-699 | {
"id": 1068,
"name": "Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht",
"slug": "lsgsh",
"city": null,
"state": 17,
"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | L 3 P 6/99 | 1999-12-03T00:00:00 | 2018-11-27T02:30:22 | 2019-01-17T11:35:39 | Urteil | ECLI:DE:LSGSH:1999:1203.L3P6.99.0A | <div class="docLayoutText">
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_1">1</a></dt>
<dd><p>Die Beteiligten streiten noch um Kostenerstattung für vom Kläger erbrachte Verhinderungspflege in Höhe von 2.164,25 DM.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_2">2</a></dt>
<dd><p>Die Ehefrau des Klägers betrieb bis zum 31. Januar 1996 den ambulanten Pflegedienst K. Die Pflegeeinrichtung genoß Besitzstandsschutz nach § 73 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch (SGB XI). Zwischen der Beklagten und der Ehefrau des Klägers wurde am 31. August 1995 eine Vergütungsvereinbarung für ambulante Leistungen geschlossen. Seit dem 1. Februar 1996 ist der Kläger Inhaber des Pflegedienstes.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_3">3</a></dt>
<dd><p>Die ... 1905 geborene und am 9. März 1996 verstorbene bei der Beklagten versicherte K B erhielt von der Beklagten aufgrund eines Bescheides vom 11. August 1995 ab 1. April 1995 Kombinationsleistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Die Pflegesachleistung wurde zunächst durch die Diakonie-Sozialstation erbracht, die häusliche Pflege erfolgte durch den Sohn der Versicherten. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1995 zeigte der Kläger an, daß ab 3. Dezember 1995 der seiner Ehefrau gehörende ambulante Pflegedienst K die häusliche Pflege und ab 4. Dezember 1995 Verhinderungspflege durchführe. Am 12. Dezember 1995 beantragte die Versicherte sodann Leistungen bei Verhinderung der Pflegeperson für die Zeit vom 4. Dezember bis 8. Dezember 1995 wegen Krankenhausaufenthalts des sie pflegenden Sohnes. Mit Schreiben vom 4. Januar 1996 bat der Kläger um Überweisung von 2.800,00 DM für Leistungen bei Verhinderungspflege im Monat Dezember bei der Versicherten B. Für in der Zeit vom 4. bis 8. Dezember, 15., 22. und 29. Dezember 1995 geleistete häusliche Pflegehilfe stellte er der Beklagten mit Schreiben vom 4. Januar 1996 407,75 DM in Rechnung. Dieser Betrag wurde von der Beklagten auch beglichen. Mit Schreiben vom 14. Februar 1996 mahnte der Kläger die Zahlung der 2.800,00 DM für die Verhinderungspflege an. Die Beklagte forderte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 22. Februar 1996 auf, die Verhinderungspflege nach den nachzuweisenden Leistungskomplexen abzurechnen. Eine pauschale Begleichung der 2.800,00 DM sei nicht möglich. Daraufhin teilte der Kläger mit Schreiben vom 24. Februar 1996 mit, sein Pflegedienst sei vom Sohn der Versicherten beauftragt worden, wegen eines Krankenhausaufenthaltes Tag und Nacht die Verhinderungspflege durchzuführen. Es seien in der Zeit vom 4. Dezember bis 8. Dezember 1995 104 Einsatzstunden geleistet worden. Dies ergebe einen Verhinderungspflegesatz von 26,92 DM pro Stunde.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_4">4</a></dt>
<dd><p>Am 5. März 1996 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Schleswig Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe einen Vergütungsanspruch für die von seiner Einrichtung erbrachten Leistungen. Für die Höhe der Vergütung gebe es keine Tätigkeitsmerkmale. Die Leistungskomplexe fänden nur für Tätigkeiten Anwendung, die zusätzlich zu den Aufgaben des betreuenden Angehörigen erbracht würden. Für die Verhinderungspflege gebe es keine Grundlage für eine Tätigkeitszuordnung. Die von seiner Einrichtung erbrachten Leistungen hätten von jeder Privatperson erbracht werden können. Im Gegensatz zu einer solchen müsse er seinen Mitarbeitern jedoch Stundenlohn zahlen und dazu hohe Lohnnebenkosten, Kosten für Arbeitszeiten, für Arbeitsmaterialien und für ein Dienstfahrzeug finanzieren. Unter Berücksichtigung einer Nachtpauschale von 140,00 DM für 8 Stunden, wobei bei der Versicherten auch in der Nacht eine persönliche Betreuung erforderlich gewesen sei, und einer Tagesbetreuungszeit von 16 Stunden a 31,58 DM ergebe sich pro Tag und Nacht ein Satz von 645,28 DM. Für den Zeitraum vom 4. Dezember bis 8. Dezember mit 4 Nächten von insgesamt 32 Stunden und 72 Tagesstunden zu 31,58 DM ergebe sich ein Gesamtbetrag von 2.913,76 DM. Es seien nur 2.800,00 DM in Rechnung gestellt worden, weil der abrechenbare Höchstbetrag überschritten gewesen sei. Entsprechende Rechnungen habe er auch für andere Pflegekassen erstellt, die von diesen ohne Beanstandung beglichen worden seien. Dazu hat der Kläger Schreiben der B Ersatzkasse vom 16. April 1998 und der D A K vom 24. April 1998 zu den Akten gereicht.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_5">5</a></dt>
<dd><p>Der Kläger hat beantragt,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_6">6</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">die Beklagte zu verurteilen, für die geleistete Verhinderungspflege vom 4. bis zum 8. Dezember 1995 2.800,00 DM zu zahlen und entsprechend zu verzinsen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_7">7</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte hat beantragt,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_8">8</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">die Klage abzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_9">9</a></dt>
<dd><p>Sie ist der Auffassung gewesen, es widerspreche jeder Lebenserfahrung, daß für die Versicherte Frau B jeweils 24 Stunden Verhinderungspflege erbracht worden seien. Dem stünden auch die Ausführungen des Gutachters des MDK im Gutachten vom 26. Juli 1995 hinsichtlich des Pflegebedarfs der Verstorbenen entgegen. Im Rahmen der Verhinderungspflege könnten nur solche Hilfeleistungen von der Pflegekasse bezahlt werden, die zu den anerkannten Verrichtungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung gehörten. Die nach dem Pflegeversicherungsgesetz berücksichtigungsfähigen Hilfeleistungen im Sinne des § 14 Abs. 4 SGB XI stünden gewissermaßen vor der großen Klammer der §§ 36 ff SGB XI. Allgemeine Beaufsichtigung und Betreuung seien also auch nicht im Rahmen der Verhinderungspflege zu berücksichtigen, was die Erstattungsmöglichkeit seitens der Pflegeklasse betreffe. Welche Leistungen von ihr -- der Beklagten -- zu erbringen seien, ergebe sich aus dem Rahmenvertrag zwischen den Pflegekassen und den zugelassenen Pflegeeinrichtungen, der im Inland unmittelbar verbindlich sei. Der Anspruch des Klägers werde dem Grunde nach nicht bestritten. Solange sich dieser aber -- aus welchen Gründen auch immer -- weigere, eine Abrechnung im Sinne des Rahmenvertrages und der bestehenden Vergütungsvereinbarung vorzulegen, sei sie zu keiner Zahlung bereit. Dazu hat sie den Rahmenvertrag über die ambulante pflegerische Versorgung gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI für das Land Schleswig-Holstein zu den Akten gereicht.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_10">10</a></dt>
<dd><p>Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 26. November 1998 mit Urteil vom selben Tage die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Nach dem Gesetzeswortlaut bestehe nur eine Verpflichtung der Pflegekasse für die Kostenübernahme einer notwendigen Ersatzpflege, so daß das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 29 SGB XI zu beachten sei. Gerade dieses Erfordernis mache es aber unumgänglich, die erbrachten Leistungen nachzuweisen, weil erst dann eine Überprüfung möglich sei, ob diese auch notwendig gewesen seien. Im vorliegenden Fall gelte dies um so mehr, als der Kläger neben der von ihm durchgeführten Verhinderungspflege im gleichen Zeitraum auch Sachleistungen -- mit den Leistungskomplexen große Morgentoilette, Umlagern/ Betten, Reinigen der Wohnung und zweimal wöchentlichem Einkaufen -- gemäß § 36 SGB XI erbracht und abgerechnet habe. Das Nebeneinander von Sachleistungen gemäß § 36 SGB XI und Verhinderungspflege gemäß § 39 SGB XI sei zwar grundsätzlich möglich. Zu einer Berechnung doppelter Leistungen dürfe es jedoch nicht kommen. Zweifel an der Notwendigkeit bestünden auch im Hinblick auf die 24 Stunden am Tag durchgeführte Verhinderungspflege, insbesondere die während der Nachtzeit ununterbrochene Pflege. Zwar bestehe die Möglichkeit der Verhinderungspflege unabhängig von der Pflegestufe. Dies bedeute jedoch nicht, daß durch die Verhinderungspflege Leistungen außerhalb des Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung erbracht und erstattet verlangt werden könnten. Eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3 SGB XI sei nach den Gutachten des MDK nicht erforderlich gewesen, so daß eine 24-stündige Pflege allein schon unter dem zeitlichen Aspekt das Maß des Notwendigen überschritten habe. Welche pflegerischen Leistungen der Kläger konkret erbracht habe, sei von ihm nicht nachgewiesen worden. Eine Verpflichtung zur Vorlage der erbrachten Leistungen ergebe sich einerseits unmittelbar aus § 105 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI, andererseits aus dem gemäß § 75 Abs. 1 SGB XI geschlossenen Rahmenvertrag, der gemäß § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI für die Pflegekasse und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich sei.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_11">11</a></dt>
<dd><p>Gegen dieses dem Kläger am 2. Februar 1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 1999 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Damit macht er geltend, aus dem Gutachten des MDK ergebe sich einerseits der rein pflegerische Bedarf der Verstorbenen sowie andererseits aber auch die Notwendigkeit der permanenten Anwesenheit der Pflegeperson. Im Falle der Verhinderungspflege sei also die 24-stündige Betreuung notwendig gewesen. Daß sich daraus zwangsläufig der Betrag von 2.800,00 DM errechne, bedürfe keiner besonderen Erläuterung. Auf Anforderung des Senats hat der Kläger das Frau B betreffende Pflegeprotokoll, das Dienstbuch einer Pflegeperson sowie den Dienstplan vom 2. bis 8. Dezember 1995 übersandt.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_12">12</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte hat auf Grund des vom Kläger vorgelegten Pflegeprotokolls anerkannt, daß im Rahmen der Verhinderungspflege Leistungen in Höhe von insgesamt 635,75 DM abzurechnen seien. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 11. November 1999 Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_13">13</a></dt>
<dd><p>Der Kläger hat dies als Teilanerkenntnis ohne Anerkennung der Berechnungsgrundlage angenommen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_14">14</a></dt>
<dd><p>Der Kläger beantragt noch,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_15">15</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.164,20 DM zuzüglich Zinsen zu zahlen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_16">16</a></dt>
<dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_17">17</a></dt>
<dd><p style="margin-left:18pt">die Berufung zurückzuweisen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_18">18</a></dt>
<dd><p>Sie hält insoweit das angefochtene Urteil für zutreffend.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_19">19</a></dt>
<dd><p>Dem Senat haben die die verstorbene Versicherte betreffenden Akten der Beklagten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakten wird im übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen.</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_20">20</a></dt>
<dd><p>Von dem Frau B behandelnden Arzt Dr. F hat der Senat die Auskunft vom 18. November 1999 eingeholt.</p></dd>
</dl>
</div></div>
<div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc">
<!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgründe<!--hlIgnoreOff-->
</h4></div>
<div class="docLayoutText"><div>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_21">21</a></dt>
<dd><p>
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_22">22</a></dt>
<dd><p>
Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von -- aufgrund des angenommenen Teilanerkenntnisses -- nunmehr nur noch streitigen 2.164,25 DM verneint. Sein Urteil war deshalb zu bestätigen.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_23">23</a></dt>
<dd><p>
Zutreffend hat das Sozialgericht die nach § 54 Abs. 5 SGG erhobene echte Leistungsklage für zulässig erachtet. Denn Kläger und Beklagte stehen nicht in einem Subordinationsverhältnis, sondern sich gleichrangig gegenüber (vgl. Leitherer in Kasseler Kommentar, § 72 SGB XI Rz. 7). Zwar hat der Kläger mit der Beklagten keinen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen. Aus den Verwaltungsakten ergibt sich jedoch, daß die Pflegeeinrichtung Bestandsschutz nach § 73 Abs. 3 SGB XI genießt, d.h. es gilt ein Versorgungsvertrag als abgeschlossen. Dementsprechend hat die Beklagte mit der Pflegeeinrichtung auch die Vergütungsvereinbarung vom 1. August 1995 geschlossen. Daraus resultiert nach § 72 Abs. 4 SGB XI der Vergütungsanspruch gegen die Beklagte, den der Kläger zutreffend ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt durch die Beklagte im Wege der echten Leistungsklage geltend macht.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_24">24</a></dt>
<dd><p>
Der Kläger ist auch aktiv legitimiert. Zwar war zum Zeitpunkt der Leistungserbringung noch seine Ehefrau Inhaberin des "ambulanten Pflegedienstes Ärztehaus K". Jedoch ist der Betrieb nach den glaubhaften Angaben des Klägers mit allen Rechten und Pflichten am 1. Februar 1996 auf ihn übergegangen. Dementsprechend wurden auch die Verträge mit der Beklagten auf ihn umgeschrieben, ohne daß es zu neuen Vertragsabschlüssen kam.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_25">25</a></dt>
<dd><p>
Die Klage ist jedoch unbegründet. Daß die Voraussetzungen des § 39 SGB XI in der Fassung vom 1. April 1995 im Falle der verstorbenen Versicherten gegeben waren, ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig. Da die Versicherte Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI in Anspruch nahm, ist durch den Krankenhausaufenthalt des sie pflegenden Sohnes auch ein Verhinderungsfall eingetreten (vgl. dazu Leitherer aaO § 39 Rz. 11). Streitig ist allein die Höhe des Anspruchs. Nach § 39 Satz 1 SGB XI in der o.g. Fassung übernimmt die Pflegekasse die Kosten für eine Ersatzpflegekraft für längstens 4 Wochen je Kalenderjahr. Nach Satz 3 der Vorschrift dürfen die Aufwendungen der Pflegekasse im Einzelfall 2.800,00 DM im Kalenderjahr nicht überschreiten. Der Kläger als Träger einer Pflegeeinrichtung kann diesen Betrag jedoch nicht pauschal für eine rund um die Uhr durchgeführte Verhinderungspflege beanspruchen. Da nach § 73 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ein Versorgungsvertrag zwischen ihm und der Beklagten fingiert wird, ist er auch im übrigen an die bestehenden vertraglichen Vereinbarungen gebunden. Zwar wurde der Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 SGB XI erst am 11. Oktober 1996 rückwirkend ab 1. August 1995 geschlossen. Ob er für die Abrechnung der im Dezember 1995 erbrachten Leistungen Wirkungen entfalten kann, kann aber dahinstehen. Denn der Kläger bzw. seine Ehefrau hat am 31. August 1995 eine Vergütungsvereinbarung entsprechend § 89 Abs. 1 SGB XI mit der Beklagten geschlossen. Danach galten bis zum Abschluß eines Rahmenvertrages die Abrechnungsmodalitäten und Qualitätsanforderungen für die Krankenversicherung weiter, d.h. der Kläger mußte im Rahmen der ambulanten Pflege nach den insoweit geltenden Leistungskomplexen abrechnen, wie er es im übrigen im Falle der verstorbenen Versicherten auch getan hat. Die ambulanten Pflegeleistungen sind insoweit gleichbedeutend mit der häuslichen Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung im Sinne von § 36 SGB XI (vgl. Gürtler in Kasseler Kommentar § 89 SGB XI Rz. 3) und umfassen die Hilfeleistungen bei den in § 14 genannten gewöhnlichen und wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens. Dies muß nach Auffassung des Senats nicht nur für die häusliche Pflege, sondern auch im Rahmen der Verhinderungspflege gelten. Denn diese tritt an die Stelle der sonst geleisteten häuslichen Pflege und darf wie diese nach § 4 Abs. 3 SGB XI nur im notwendigen Umfang erbracht werden. Dies ist mittlerweile durch die Neufassung von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB XI klargestellt worden, wonach die Pflegekasse die Kosten einer "notwendigen" Ersatzpflege übernimmt. Diese Notwendigkeit kann aber nur dann festgestellt werden, wenn die Pflegeeinrichtung die erbrachten Leistungen nach § 105 Abs. 1 SGB XI im einzelnen aufzeichnet. Danach sind die an der Pflegeversorgung teilnehmenden Leistungserbringer verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen die von ihnen erbrachten Leistungen nach Art, Menge und Preis einschließlich des Tages und der Zeit der Leistung aufzuzeichnen (Nr. 1 der Vorschrift). Dies hat der Kläger eindeutig nicht getan, sondern zunächst pauschal 2.800,00 DM für die Verhinderungspflege abgerechnet. Auch die im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen (Pflegeprotokoll, auszugsweise Dienstbücher der Pflegepersonen sowie der Dienstplan) lassen die im einzelnen erbrachten Leistungen nicht erkennen. Zweifel an einer Pflegebedürftigkeit "rund um die Uhr" ergeben sich im übrigen aus der Auskunft des die verstorbene Versicherte seinerzeit behandelnden Arztes. Dieser hat ausgeführt, daß die Verstorbene -- soweit ihm, dem Arzt, erinnerlich -- in der Lage gewesen sei, allein im Hause zu bleiben. Die ständige Anwesenheit eine Aufsichtsperson sei nicht erforderlich gewesen. Im übrigen erhielt die Verstorbene auch keine Leistungen nach der Pflegestufe III. Dieser Frage brauchte der Senat letztlich aber nicht weiter nachzugehen, denn entsprechende Leistungen bei der Grundpflege auch nachts (vgl. dazu BSG vom 19. Februar 1998 -- B 3 P 7/97 R --) hat der Kläger weder nachgewiesen noch abgerechnet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_26">26</a></dt>
<dd><p>
Zwar kann diese Auslegung des § 39 SGB XI dazu führen, daß im Falle einer Verhinderung der Pflegeperson der Pflegebedürftige nicht -- jedenfalls nicht auf Kosten der Pflegeversicherung -- wie üblich außerhalb des Bedarfs an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung betreut wird. Dies liegt aber in der Natur der Pflegeversicherung, bei der es sich um keine "Vollversicherung" handelt. Zur Frage der Berücksichtigung der allgemeinen Beaufsichtigung von geistig Behinderten hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, daß diese bei der Bestimmung des Pflegebedarfs außer Betracht bleiben müsse. Dies sei zwar nicht ohne weiteres sachgerecht, jedoch nicht verfassungswidrig. Eine entsprechende Änderung könne nicht durch die Rechtsprechung erfolgen, sondern obliege angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes dem Gesetzgeber (vgl. BSG vom 28.11.1998 -- B 3 P 2/98 R --). Gleiches muß nach Auffassung des Senats auch im Rahmen der Verhinderungspflege gelten, die -- wie bereits oben ausgeführt -- an die Stelle der häuslichen Pflege tritt. Damit wird nach Auffassung des Senats der Sinn und Zweck der Verhinderungspflege, nämlich einerseits eine Entlastung der Pflegeperson und andererseits die Vermeidung von stationärer Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson (vgl. Leitherer, aaO § 39 SGB XI Rz. 2) auch nicht in ihr Gegenteil verkehrt. Ließe man eine pauschale Abrechnung rund um die Uhr zu, wäre der Anspruch -- wie im vorliegenden Fall -- innerhalb kürzester Zeit erschöpft. Die beabsichtige Entlastung der Pflegeperson könnte nicht eintreten. Ist diese nicht in der Lage, die gewünschte Betreuung anderweitig sicher zu stellen, bliebe zwar nur ein vorübergehendes Überwechseln in teilstationäre Pflege nach § 41 SGB XI oder Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI. Die Entlastung der Pflegeperson wäre in diesem Fall jedoch gewährleistet.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_27">27</a></dt>
<dd><p>
Über den von der Beklagten anerkannten Betrag hinaus steht dem Kläger schon wegen der fehlenden Dokumentation kein weiterer Zahlungsanspruch zu. Seine Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_28">28</a></dt>
<dd><p>
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Beklagte unverzüglich nach Vorlage des Pflegeprotokolls einen Teil des Anspruchs anerkannt hat, so daß eine Kostenbelastung insoweit unbillig wäre.
</p></dd>
</dl>
<dl class="RspDL">
<dt><a name="rd_29">29</a></dt>
<dd><p>
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen.
</p></dd>
</dl>
</div></div>
<br>
</div>
|
114,426 | olgk-1999-09-28-2-ws-50299 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 Ws 502/99 | 1999-09-28T00:00:00 | 2018-11-28T11:28:43 | 2019-02-12T08:36:07 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1999:0928.2WS502.99.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"><b><span style="text-decoration:underline;">G r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der ehemalige Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 7. März 1997 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. In dem in der Hauptverhandlung verkündeten Bewährungsbeschluss hat das Amtsgericht die Bewährungszeit auf 3 Jahre festgesetzt und dem Beschwerdeführer die Zahlung einer Geldbuße von 30.000,--DM auferlegt. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung des Angeklagten ist das Urteil am 24. Oktober 1997 durch die 1. kleine Strafkammer des Landgerichts Aachen unter Verwerfung des Rechtsmittels im übrigen im Schuldspruch abgeändert worden, wobei ein - erneuter - Bewährungsbeschluss nicht ergangen ist. Nach erfolgreich durchgeführter Revision des Angeklagten hat vor der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Aachen eine weitere Hauptverhandlung stattgefunden. In Abänderung des erstinstanzlichen Rechtsfolgenausspruches ist der Angeklagte am 19. Januar 1999 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt worden. Auch in dieser Hauptverhandlung ist ein Bewährungsbeschluss unterlassen worden. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach Rechtskraft des Urteils hat der ehemalige Angeklagte durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 1. Juli 1999 den Erlass eines Bewährungsbeschlusses gem. § 268 a StPO beantragt mit der Bitte, von der Verhängung einer Geldauflage im Hinblick auf die zwischenzeitliche Verschlechterung seiner finanziellen Verhältnisse abzusehen. Die Strafkammer hat unter dem 2. August 1999 entschieden, dass es bei den Bewährungsauflagen und der Bewährungszeitfestsetzung gemäß dem amtsgerichtlichen Beschluss vom 7. März 1997 verbleibe. Dagegen richtet sich die Beschwerde des ehemaligen Angeklagten, mit der er die Aufrechterhaltung der Geldauflage rügt. Die Strafkammer hat nicht abgeholfen. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist gem. § 304 Abs. 1 Satz 1 StPO statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel im Rahmen der eingeschränkten Überprüfbarkeit nach § 305 a Abs. 1 Satz 2 StPO auch als begründet. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Aufrechterhaltung der im amtsgerichtlichen Beschluss vom 7. März 1997 dem Beschwerdeführer auferlegten Geldbuße stellt eine gesetzwidrige Anordnung dar. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob die Strafkammer den gem. § 268 a StPO obligatorischen, offensichtlich aber versehentlich unterlassenen Beschluss in entsprechender Anwendung von § 453 StPO nachholen durfte (grundsätzlich befürwortend: OLG Koblenz MDR 1981, 423; OLG Düsseldorf MDR 1982, 1042; Kleinknecht/Meyer-Großner, StPO, 44. Aufl., § 268 a Rdnr. 8; KK-Fischer, StPO, 4. Aufl., § 453 Rdnr. 4; a.A. LG Freiburg StV 1994, 534; LG Kempten NJW 1978, 839; für eine eingeschränkte Nachholung: KMR-Paulus, StPO, § 453 Rdnr. 7). </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Es bedarf auch keiner Klärung der Frage, ob die als Berufungsgericht tätig gewordene Kammer nach Eintritt der Rechtskraft des von ihr verkündeten Urteils für die nachträglich getroffene Entscheidung - deren grundsätzliche Zulässigkeit unterstellt - zuständig gewesen ist oder ob über hierüber gemäß § 462 a Abs. 2 StPO das Amtsgericht zu befinden gehabt hätte (vgl. hierzu grundlegend: Senat in JR 1981, 473 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, soweit diese beanstandet wird, folgt daraus, dass die Strafkammer - annähernd 7 Monate nach Beendigung der Hauptverhandlung - die zu Lasten des Beschwerdeführers auferlegte Geldbuße aufrechterhalten hat. Jedenfalls eine solche Entscheidung war ihr im nachhinein verwehrt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auflagen gemäß § 56 b Abs. 2 StGB - insbesondere solche nach Nr. 4 der Vorschrift - dienen der Genugtuung für das in der Tatbegehung zu Tage getretene Unrecht; im Gegensatz zu Weisungen gem. § 56 c StGB haben sie einen repressiven, sanktionsähnlichen Charakter. Die Entscheidung darüber, ob eine Auflage als solche zu erteilen und in welcher Art sie auszugestalten ist, steht in engem Zusammenhang mit der verurteilenden Erkenntnis selbst und bildet mit dieser eine Regelungseinheit. So ist gewährleistet, dass die Rechtsfolgen der Tat insgesamt aufeinander abgestimmt sind. Die Entscheidung gemäß § 268 a StPO ist daher von den bei der Urteilsfindung beteiligten Personen, d.h. unter Mitwirkung der Schöffen, in der Hauptverhandlung zu treffen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Da aus den genannten Gründen für die Verhängung von Auflagen die Sicht der Hauptverhandlung maßgeblich ist, wird im Schrifttum die - unter den Voraussetzungen der §§ 56 e, 56 b StGB vom Gesetzgeber grundsätzlich für statthaft erachtete - nachträgliche Abänderung von Auflagen, unter rechtsstaatlichen und kriminalpolitischen Gründen als unzulässig angesehen, soweit diese nicht die Schadenswiedergutmachung zum Inhalt haben. Denn es erscheint nicht legitim, dem Gericht die Befugnis zuzuerkennen, das Genugtuungsbedürfnis während der Bewährungszeit anders zu beurteilen, als dies bei Erlass des Urteils geschehen ist (vgl. Schönke/Schröder-Stree, StGB, 25. Aufl., § 56 e Rdnr. 3 m.w.N.). Der Senat hält diese Bedenken jedenfalls dann für durchgreifend, wenn es von vorneherein an einem Bewährungsbeschluss gefehlt hat und eine Geldauflage in einem erheblichen zeitlichen Abstand von der Hauptverhandlung und ohne erkennbaren Bezug zu deren Inhalt verhängt worden ist (so im Ergebnis auch LG Osnabrück, NStZ 1985, 378 f.). Dies gilt zumal deshalb, weil die Formulierung in der angefochtenen Entscheidung, es solle bei den Auflagen aus dem amtsgerichtlichen Beschluss vom 7. März 1997 verbleiben, besorgen lässt, dass die Strafkammer in diesem Zusammenhang unzutreffenderweise davon ausgegangen ist, es komme auf den Zeitpunkt ihrer eigenen (Berufungs-)Entscheidung nicht an. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hinzu kommt, dass die Feststellungen des Berufungsurteils im Hinlick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten auch keine tragfähige Grundlage für eine nachträgliche Entscheidung bilden, bei der die Strafkammer die in der Beschwerde im einzelnen vorgetragene und teils durch Urkunden belegte zwischenzeitliche Verschlechterung der Situation bei Beachtung des Rechtsgedankens des § 56 e StGB im übrigen nicht außer Acht lassen durfte (vgl. OLG Frankfurt, aaO., S. 24). </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO. </p>
|
114,427 | lagd-1999-09-27-18-sa-79899 | {
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} | 18 Sa 798/99 | 1999-09-27T00:00:00 | 2018-11-28T11:28:43 | 2019-02-12T08:36:07 | Urteil | ECLI:DE:LAGD:1999:0927.18SA798.99.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">T a t b e s t a n d :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 1998.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger, der seit Juni 1969 bei der Beklagten beschäftigt ist, ist Mitglied der Industriegewerkschaft Metall. Die Beklagte gehört dem Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung an. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens Anwendung finden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e. V. und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitungen Dortmund und Wuppertal geschlossenen Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 haben Arbeitnehmer und Auszubildende, die am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen sechs Monate angehört haben, je Kalenderjahr Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen. Nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit beträgt die Sonderzahlung 50 % eines Monatsentgelts.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 07.10.1997 wurde zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V. und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirkleitung Nordrhein-Westfalen, ein Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1998 abgeschlossen, der zum 01.01.1998 in Kraft getreten und zum 31.12.1998 ausgelaufen ist (§ 7). § 2 dieses Tarifvertrages gestattet eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung und regelt weitere, sich daraus ergebende Fragen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In § 6 heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"> Die Tarifvertragsparteien werden sich, wie bisher, in besonders gravierenden</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Fällen, z. B. zur Abwendung einer Insolvenz, darum bemühen, für einzelne</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Unternehmen Sonderregelungen zu finden, um damit einen Beitrag zum Erhalt</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">der Unternehmen und der Arbeitsplätze zu leisten. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und der bei dieser gebildete Betriebsrat verhandelten seit April 1998 über einen Sanierungskonzept mit dem Ziel, jährlich 25 Mio. DM einzusparen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Am 24.06.1998 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab. In der Präambel zum Interessenausgleich heißt es u. a.:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px"> Die Ertragslage des Unternehmens ist seit Jahren rückläufig. Der Abschluss</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">des Interessenausgleichs und Sozialplans im Jahr 1997 hat entgegen den Er-</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">wartungen der Betriebspartner die Trendwende nicht erbracht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">...</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Eine Neuausrichtung der Gesellschaft ist unerlässlich. Sie ergibt sich im Einzelnen aus einer Studie zur Verlustfreimachung der Gesellschaft, die allen Mitgliedern der Einigungsstelle vorgelegen hat.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Die Neuausrichtung des Unternehmens macht eine erhebliche Personalreduzierung erneut unumgänglich.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Hiervon betroffen sind ca. 200 Arbeitnehmer ...</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Ziel der Maßnahmen sind die Sanierung des Unternehmens und die Sicherung der verbleibenden ca. 300 Arbeitsplätze.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Die Umsetzung der Maßnahmen wird voraussichtlich Ende 1999 abgeschlossen sein. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nach Ziffer 1. des Abschnitts B des Interessenausgleichs haben die Betriebsparteien vereinbart, dass ein Firmentarifvertrag für die im Unternehmen verbleibenden Arbeitnehmer mit u. a. einem vorläufigen Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld abgeschlossen wird. Ziffer 2. des Abschnitts B betrifft den Abschluss und die Kündigung von Betriebsvereinbarungen. Ziffer 3. des Abschnitts B bestimmt, dass Eingruppierungen überprüft und Leistungsbeurteilungen neu vorgenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Weiter ist im Abschnitt B des Interessenausgleichs vom 24.06.1998 u. a. Folgendes vereinbart:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> 4. AT-Angestellte</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Das Unternehmen wird im Rahmen individual-rechtlicher Maßnahmen bezogen auf die nicht tarifgebundenen Vertragsverhältnisse entsprechende Kürzungen im Rahmen des Katalogs B 1 3 des Interessenausgleichs herbeiführen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Die Festlegung dieser Maßnahmen hat bis zum 31. Juli 1998 zu erfolgen und wird mit dem Betriebsrat als Ergänzung zu diesem Interessenausgleich vereinbart werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen soll bis zum 30. September 1998 erfolgen, notfalls im Wege einer Änderungskündigung ...</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">5. Beschäftigungssicherung</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Im Interesse der Beschäftigungssicherung verständigen sich die Betriebspartner auf eine Ausweitung der Mitbestimmung</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:89px">- Gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG wird vereinbart, dass bis zum 31. De-</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">zember 2001 betriebsbedingte Kündigungen der Zustimmung des</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Betriebsrats bedürfen. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Be-</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">rechtigung der Nichterteilung der Zustimmung entscheidet die Eini-</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">gungsstelle.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">11. Schiedsklausel</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Bei Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung des Interessen-</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">ausgleichs, die Umsetzung der Betriebsänderung, ist jede Partei berechtigt, binnen Wochenfrist die Einigungsstelle unter ihrem bisherigen Vorsitzenden und bei gleicher numerischer Besetzung anzurufen... </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls am 24.06.1998 schlossen die Beklagte und die Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, einen als Vereinbarung gemäß § 6 TV Besch. 1998 bezeichneten Tarifvertrag ab. Die IG Metall wurde durch den Bezirkssekretär K., der in Vollmacht des Bezirksleiters gehandelt hat, vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Folgende Regelungen des Tarifvertrags sind für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung:</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> Präambel</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Im Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche und finanzielle Situation, in der</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">sich das Unternehmen befindet und zur Sicherung der Arbeitsplätze, schließen</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Vertragsparteien auf der Grundlage des § 6 des Tarifvertrages zur Be-</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">schäftigungssicherung in der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">Westfalen die nachfolgende tarifliche Vereinbarung:</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">§ 1 Geltungsbereich</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> ...</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">§ 2 Außertarifliche Angestellte, leitende Angestellte</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die außertariflichen Angestellten und die leitenden Angestellten des Unternehmens in einer Weise behandelt werden, die denjenigen Belastungen der übrigen gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten aus dieser Vereinbarung entspricht. Das Unternehmen wird den Betriebsrat über die getroffenen Regelungen unaufgefordert informieren.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 3 Zusätzliche Urlaubsvergütung</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Das Unternehmen zahlt den Beschäftigten in den Jahren 1999, 2000</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> und 2001 die jeweilige zusätzliche Urlaubsvergütung gemäß § 14 des</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">MTV nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 4 Teile des 13. Monatseinkommens</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Das Unternehmen zahlt an die Beschäftigten in den Jahren 1998, 1999,</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> 2000 und 2001 die Teile eines 13. Monatseinkommens gemäß Tarifver-</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">trag über die tarifliche Absicherung eines Teiles des 13. Monatsein-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">kommens nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 5 Besserungsschein</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Ein Anspruch auf Auszahlung der zusätzlichen Urlaubsvergütung an die</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Beschäftigten für die Jahre 1999, 2000 und 2001 gemäß § 3 und die</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Teile des 13. Monatseinkommens für die Jahre 1998, 1999, 2000 und</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> 2001 gemäß § 4 entsteht nur dann, wenn ein handelsrechtlicher Gewinn</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> von mehr als 3 % der Umsatzerlöse in den Jahren 1999 bis 2006 oder</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> in einem oder in mehreren dieser Jahre ausgewiesen wird...</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Eine Rückzahlung der vorstehend genannten zusätzlichen Urlaubsver-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> gütungen und der Teile des 13. Monatseinkommens erfolgt nur in dem</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Umfang, dass 50 % des jeweiligen Jahresmehrüberschusses (vor Rück-</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> zahlung) für die Rückzahlung der offenen Beträge verwendet wird.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Eine Rückzahlung entfällt, wenn die operative Tätigkeit in den bisherigen</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Geschäftsfeldern Kraftwerk, Industrie und Nuklear in Gänze unterge-</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> gangen ist. (Mit dem vorstehend genannten Untergang ist nicht eine evtl.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Liquidation gemeint).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Das Unternehmen wird dem Betriebsrat und der IG Metall jährlich erstmals in 1999 nach Erstellung der Unterlagen zur Überprüfung die jeweilige Bilanz, die jeweilige Gewinn- und Verlustrechnung, die entsprechenden Erläuterungen, den entsprechenden Lagebericht, den entsprechenden Anlagespiegel, den entsprechenden Beteiligungsspiegel und das entsprechende Testat des Wirtschaftsprüfers aushändigen.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Nach Vorlage der vorstehend genannten Unterlagen werden das Unternehmen, die IG Metall und der Betriebsrat in jedem Jahr unverzüglich in Verhandlungen darüber eintreten, inwieweit die Voraussetzungen für eine Rückzahlung der nicht ausgezahlten Beträge gegeben sind. Dabei wird zwischen den vorgenannten Parteien vereinbart, ob und in welcher Höhe Beträge an die Beschäftigten ausgezahlt werden.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">...</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 9 Insolvenzklausel / Leistungsbestimmungsrecht</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Im Falle der drohenden Insolvenz kann die IG Metall gegenüber dem</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Unternehmen für die Beschäftigten bezüglich der bis zu diesem Zeit-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> punkt noch nicht ausgezahlten Beträge der zusätzlichen Urlaubsver-</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> gütung und der Teile des 13. Monatseinkommens gem. der §§ 3 und 4</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> ein Leistungsbestimmungsrecht dergestalt ausüben, dass sämtliche</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgezahlten Beträge in Folge der</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> entsprechenden Geltendmachung unabhängig von den vorstehend be-</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> schriebenen Bedingungen dieser Vereinbarung unmittelbar auszuzahlen</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> sind. Insoweit ist die Vereinbarung insgesamt als von Anfang an als un-</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> wirksam anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> ...</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 12 Beschäftigungssicherung</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Während der Laufzeit dieser Vereinbarung bedürfen Kündigungen der</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Zustimmung des Betriebsrats und bei Meinungsverschiedenheiten über</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung entscheidet die</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Einigungsstelle gem. §§ 76, 102 Abs. 6 BetrVG.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> § 13 Inkrafttreten / Laufzeit</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Dieser Tarifvertrag tritt mit Datum des 01.07.1998 in Kraft und endet mit</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> Ausnahme der nachfolgenden Vorschriften ohne Nachwirkung am</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">31.12.2001. Die §§ 5 bis 9 enden ohne Nachwirkung am 31.12.2006... </p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und des Haustarifvertrages glich die Muttergesellschaft der Beklagten die bis dahin aufgelaufenen Verluste mit über 35 Mio. DM aus.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Am 19.11.1998 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten, dass die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat über eine Teilbetriebsstilllegung verhandelt, weil der vorgesehene Verlustabbau bis 2001 auf Grund der bisherigen Entwicklung nicht mehr gelingen könne. Am 23.11.1998 unterrichtete die Beklagte hierüber den Wirtschaftsausschuss und legte ihm ein Konzept Inhalt der Teilbetriebsschließung laut Durchrechnung 09.10.1998 vor. Danach war eine Einstellung der Geschäftsfelder LI, LK und LM und ein weiterer Personalabbau um mindestens 199 und maximal 245 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beabsichtigt. Der Geschäftsbereich Nuklear sollte verkauft oder ausgegliedert werden. Bei der Beklagten verbleiben sollte bis auf weiteres die Holding und der Bauhof.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 26.11.1998 kündigte die IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, durch den Bezirkssekretär K.den Tarifvertrag vom 24.06.1998 fristlos. Die Beklagte erklärte daraufhin der IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, mit Anwaltsschreiben vom 04.12.1998, sie weise die fristlose Kündigung gemäß § 174 BGB zurück, beanstande die Vorgehensweise gemäß § 180 BGB, auch halte die fristlose Kündigung in materieller Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Abschließend wird in dem Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte grundsätzlich gesprächsbereit sei.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Am 03.12.1998 fand bei der Beklagten auf Antrag des Betriebsrats vom 04.11.1998 eine Einigungsstellensitzung u. a. zum Thema Anpassung der AT-Gehälter statt. Zuvor hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat über eine neue Gehaltsstruktur für AT-Angestellte verhandelt und diesem einen Vorschlag für die Anpassung der AT-Gehälter unterbreitet. Auf das Protokoll des Gesprächs vom 06.08.1998 (Blatt 89 ff d. A.) und den Vorschlag der Beklagten vom 22.10.1998 (Blatt 83 ff d. A.) wird Bezug genommen. In der Sitzung der Einigungsstelle erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, eine Kürzung nach der Rasenmähermethode sei möglich, jedoch könnten dann ungleichmäßige Zuschläge gewährt werden. Daraufhin stellte die Arbeitnehmerseite zu diesem Streitpunkt keinen Antrag.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Am 17.02.1999 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen weiteren Interessenausgleich und Sozialplan. Mit Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit 184 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Inzwischen beabsichtigt die Beklagte die vollständige Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit bis zum 30.06.2000.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe weder bei den außertariflichen noch bei den leitenden Angestellten Belastungen vorgenommen, die denjenigen entsprächen, die die übrigen Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag vom 24.06.1998 zu tragen hätten.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Er hat die Auffassung vertreten, deshalb sei der Tarifvertrag nicht wirksam geworden. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung vom 26.11.1998 wirksam, weil die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags mit der Beschlussfassung des Aufsichtsrats vom 19.11.1998 weggefallen sei. Dadurch sei der Sinn der Vereinbarung, die Beschäftigung für 280 Arbeitnehmer für deren Laufzeit abzusichern, entfallen.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks"> die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 2.961,20 brutto nebst</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks"> 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks"> 04.01.1999 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks"> die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks"> vorsorglich, das Verfahren gemäß § 97 ArbGG auszusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat behauptet, es treffe nicht zu, dass die Parteien bei Abschluss des Tarifvertrags davon ausgegangen seien, spätestens im Jahr 2001 würden schwarze Zahlen geschrieben. Eine Nachzahlung der gestundeten Beträge sei ausdrücklich als unrealistisch eingestuft worden. Nach intensiver Diskussion sei von der im Zusammenhang mit Zugeständnissen auf Arbeitnehmerseite durchaus üblichen Verknüpfung mit einer Arbeitsplatzgarantie gerade Abstand genommen worden. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage lägen nicht vor. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung schon deshalb unwirksam, weil die IG Metall nicht einmal ein Angebot zum Gespräch unterbreitet habe.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei derzeit unbegründet, weil der Kläger nur unter den Voraussetzungen des § 5 ( Besserungsschein ) in der Zukunft eine Erfüllung der Klageforderung verlangen könne. Der Haustarifvertrag vom 24.06.1998 sei nach dem Grundsatz der Spezialität wirksam, die fristlose Kündigung vom 26.11.1998 unwirksam, weil der Tarifvertrag die Kündigung von Arbeitsverhältnissen nicht untersage. Falls die Beklagte ihre Pflichten aus § 2 des Haustarifvertrags verletzt habe, habe zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Gegen das ihm am 05.05.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 07.06.1999 (Montag) bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.08.1999 mit einem am 03.08.1999 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, Basis für die Vereinbarungen vom 24.06.1998 sei auch gewesen, dass die AT-Angestellten und leitenden Angestellten ihren Sanierungsbeitrag im gleichen Umfang leisteten wie die Tarifbeschäftigten. Die Beklagte habe jedoch zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, eine entsprechende Leistungspflicht für diesen Personenkreis festzulegen.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße dadurch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, was zur Unwirksamkeit der getroffenen Regelung führe. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wirksam, da die Betriebsparteien davon ausgegangen seien, in einem Zeitraum von drei Jahren sei eine Verlustfreimachung und dauerhafte Sanierung möglich und die verbleibenden 300 Arbeitsplätze könnten mit dem Sanierungskonzept gesichert werden. Es sei Teil des Sanierungskonzepts gewesen, dass die Muttergesellschaft der Beklagten unter Umständen verpflichtet gewesen wäre, einen etwa entstehenden Verlust im Geschäftsjahr 1998 wiederum auszugleichen. Zumindest sei das Schreiben der IG Metall vom 26.11.1998 als Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 9 des Tarifvertrags anzusehen, da von einer drohenden Insolvenz der Beklagten auszugehen sei.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks"> das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:89px">- 8 Ca 8308/98 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">an den Kläger DM 2.961,20 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">sich ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px"> </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks"> die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, in den Vereinbarungen fänden sich zahlreiche Hinweise darauf, dass gegebenenfalls auch von einem Scheitern der Sanierungsbemühungen ausgegangen werden müsse. Weil allen Beteiligten die Marktrisiken bekannt gewesen seien, habe sie, die Beklagte, sich gerade nicht zu einer Beschäftigungssicherung im Stande gesehen und sei nur zu einer Ausweitung der Mitbestimmung im Rahmen des § 102 BetrVG bereit gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks"> I.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG), frist- und formgerecht eingelegt und frist- und formgerecht begründet (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 222 Abs. 2, 519 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks"> II.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als zurzeit unbegründet abgewiesen, da die Beklagte zurzeit nicht verpflichtet ist, an den Kläger die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 11.12.1996 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">1. Der Tarifvertrag Vereinbarung gemäß § 6 TV Besch. 1998 vom 24.06.1998 findet auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern Tarifvertragsparteien. Nach § 3 Abs. 1 TVG sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist, tarifgebunden. Da der Kläger Mitglied der Industriegewerkschaft Metall ist, die den Tarifvertrag vom 24.06.1998 mit der Beklagten abgeschlossen hat, sind die Parteien auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit an den Tarifvertrag gebunden.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">2. Der Unternehmenstarifvertrag vom 24.06.1998 ist wirksam. Er gestattet nicht etwa unter Verzicht auf eine eigene inhaltliche Regelung den Betriebspartnern, von Regelungen anderer Tarifvertragsparteien abzuweichen, sondern regelt den Vertragsgegenstand selbst (vgl. BAG, Urteil vom 20.04.1999 1 AZR 631/98 -).</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Aus § 6 des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung 1998 ergibt sich nicht, dass der Unternehmenstarifvertrag unwirksam ist. Zwar ist hiernach vorgesehen, dass die Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages, also der Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen einerseits und die Industriegewerkschaft Metall andererseits, bemüht sein werden, in besonders gravierenden Fällen für einzelne Unternehmen Sonderregelungen zu finden. Es bestehen jedoch schon nach dem Wortlaut der Regelung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien Sonderregelungen durch Haustarifvertrag ausschließen wollten. Ob ein solcher Ausschluss zulässig wäre, kann somit dahingestellt bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte und die Industriegewerkschaft Metall haben mithin zwar in tatsächlicher Hinsicht keine Vereinbarung gemäß § 6 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1998 abgeschlossen. Auf die Wirksamkeit der getroffenen Regelung hat dies jedoch keinen Einfluss.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">3. Der Unternehmenstarifvertrag vom 24.06.1998 ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte möglicherweise ihre nach § 2 übernommene Verpflichtung, die außertariflichen und leitenden Angestellten in einer Weise zu behandeln, die den Belastungen der übrigen Arbeitnehmer aus dem Unternehmenstarifvertrag entspricht, nicht erfüllt hat. Denn die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags. Selbst wenn eine Partei von vornherein nicht die Absicht hat, einen Vertrag zu erfüllen, ist dieser wirksam und hat der andere Teil die Möglichkeit, Ansprüche oder Rechte aus dem Vertrag herzuleiten (vgl. etwa § 286 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">4. Nach dem Grundsatz der Spezialität in Fällen der Tarifkonkurrenz gilt für den Anspruch des Klägers auf die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 nicht der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens, sondern der Unternehmenstarifvertrag.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben nicht eigens vorgetragen, dass der Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung, dessen Mitglied die Beklagte ist, dem Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen angehört und die Tarifverträge für die Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens daher auf Grund beiderseitiger Mitgliedschaft (§§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 1 TVG) Anwendung finden. Ist dies der Fall, sind die Parteien gleichzeitig gemäß § 3 Abs.1 TVG an den Unternehmenstarifvertrag und den Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens gebunden. Die damit vorliegende Tarifkonkurrenz ist nach dem Grundsatz der Spezialität dahingehend zu lösen, dass der Tarifvertrag gilt, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten Rechnung trägt. Firmentarifverträge stellen gegenüber Verbandstarifverträgen stets die speziellere Regelung dar (vgl. BAG, Urteil vom 20.03.1991, NZA 1991, Seite 736 ff m. w. N.; BAG, Urteil vom 20.04.1999 1 AZR 631/98 -).</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Aber auch dann, wenn der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens auf Grund vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, verdrängt der Unternehmenstarifvertrag den Verbandstarifvertrag. Für das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG ist insoweit kein Raum, da dieses nicht für die Kollision gleichrangiger Regelungen gilt (vgl. BAG, Urteil vom 20.03.1991, a. a. 0., Seite 740).</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks"> III.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Die fristlose Kündigung des Unternehmenstarifvertrags durch die IG Metall ist unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die durch den Bezirkssekretär K.erklärte Kündigung mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 BGB oder mangels Vertretungsmacht nach § 180 Satz 1 BGB unwirksam ist. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Tarifvertrags kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Rechtsgedanke des § 626 BGB herangezogen werden. Damit ist ein Tarifvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist kündbar, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Vertrags nicht zumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.1997, NZA 1997, Seite 1236 m. w. N.).</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">2. Zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bestand kein Grund, den Tarifvertrag vom 24.06.1998 zu kündigen. Zu Recht hat der Kläger nicht geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei wirksam, weil die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 2 nicht nachgekommen sei. Denn zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung waren die Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat über die Umsetzung der mit § 2 übereinstimmenden Verpflichtung nach Abschnitt B Ziffer 4 des Interessenausgleichs vom 24.06.1998 noch nicht abgeschlossen. Die Verhandlung vor der Einigungsstelle stand vielmehr noch bevor. Für eine vorherige Kündigung wegen dieses Streitpunkts hatte daher auch die tarifschließende Gewerkschaft keinen Anlass.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">3. Die fristlose Kündigung ist auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags infolge des Beschlusses des Aufsichtsrats der Beklagten vom 19.11.1998 begründet. Auch wenn angenommen wird, dass die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags hierdurch weggefallen ist, folgt daraus nicht die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfordert der ultima-ratio-Grundsatz, der die außerordentliche Kündigung von Dauerrechtsverhältnissen prägt, dass die außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrags nur wirksam ist, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Unzumutbarkeit zu beseitigen. Die durch den Tarifvertrag unzumutbar belastete Partei muss daher zunächst versuchen, die Möglichkeiten der tarifautonomen Anpassung als milderes Mittel auszuschöpfen. Sie hat auch ohne eine im Tarifvertrag ausdrücklich enthaltene Nachverhandlungsklausel die Obliegenheit, mit der anderen Seite Verhandlungen zur Anpassung des Tarifvertrags aufzunehmen (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.1997, a. a. 0.). Ein entsprechendes Gesprächsangebot hat die IG Metall vor Erklärung der fristlosen Kündigung nicht abgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Klägers entfällt die Obliegenheit zu Anpassungsverhandlungen nicht deshalb, weil keine Anpassungsmöglichkeit besteht. Tatsächlich ist dies nicht der Fall, denn vorstellbar sind die unterschiedlichsten Regelungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und dem Fälligkeitszeitpunkt der Sonderzahlung und der Urlaubsvergütung, mit denen der neuen Lage Rechnung getragen werden kann. Jedenfalls weil das ultima-ratio-Prinzip nicht beachtet wurde, hat die fristlose Kündigung mithin nicht zur Beendigung des Unternehmenstarifvertrags geführt. Danach gilt auch § 4, der den Anspruch des Klägers auf die betriebliche Sonderzahlung nach dem Tarifvertrag zur Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 1998 ausschließt, über den Zeitpunkt der fristlosen Kündigung hinaus fort.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">4. Der Kläger kann auch nicht deshalb die tarifliche Sonderzahlung verlangen, weil die Geschäftsgrundlage des Unternehmenstarifvertrags infolge der von der Beklagten nach Erklärung der fristlosen Kündigung des Tarifvertrags getroffenen Entscheidung, ihre Geschäftstätigkeit bis zum 30.06.2000 vollständig einzustellen, entfallen ist. Ob diese Entscheidung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags geführt hat, kann an dieser Stelle wiederum dahinstehen, denn der Wegfall der Geschäftsgrundlage eines Einzelvertrags oder Kollektivvertrags führt grundsätzlich nicht zu seiner Beendigung sondern zu seiner Anpassung (vgl. BAG, Beschluss vom 10.08.1994, NZA 1995, Seite 318 zur Betriebsvereinbarung). Ist daher die Geschäftsgrundlage eines Tarifvertrags weggefallen, müssen die Tarifvertragsparteien über eine Anpassung an die veränderten Umstände verhandeln (vgl. Däubler, ZTR 1996, Seite 244). Anpassungsverhandlungen zwischen der IG Metall und der Beklagten haben aber auch nach der Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, bislang nicht stattgefunden. Solange dies nicht geschehen ist, gilt der Unternehmenstarifvertrag mit seinem bisherigen Inhalt fort.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">5. Selbst wenn die IG Metall das ihr nach § 9 des Unternehmenstarifvertrags eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt hat, ist der Tarifvertrag schließlich nicht nach dieser Regelung unwirksam geworden. Deren Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat erklärt hat, die Insolvenz sei unvermeidlich, wenn der Betriebsrat der Betriebsschließung nicht zustimme. Denn unstreitig haben die Betriebsparteien am 17.02.1999 einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Die Insolvenz soll damit nach dem Willen der Beklagten vermieden werden. Dass sie dennoch droht, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Tatsachen hat der Kläger nicht vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">6. Ebenso wenig wie der Kläger nach dem Tarifvertrag zur tariflichen Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens zurzeit einen Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 hat, ergibt sich der Zahlungsanspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte anderen Arbeitnehmern, etwa den außertariflichen oder leitenden Angestellten, ein 13. Monatsgehalt für das Jahr 1998 ganz oder teilweise gezahlt hätte. Das wird aber selbst vom Kläger nicht behauptet.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks"> IV.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Dem Arbeitsgericht ist auch darin zu folgen, dass es den Anspruch des Klägers lediglich als zurzeit unbegründet abgewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21.04.1988, NJW 1988, Seite 1983) verstößt es nicht gegen § 526 ZPO, wenn das Berufungsgericht auf die alleinige Berufung des Klägers die Klage als endgültig unbegründet abweist, nachdem das angefochtene Urteil die Klage lediglich als zurzeit unbegründet abgewiesen hat. Ob dieser, im Schrifttum teilweise abgelehnten Auffassung (vgl. Nachweise im Urteil vom 21.04.1988) zu folgen ist, bedarf im vorliegenden Streitfall keine Entscheidung. Denn die Klage kann nicht als endgültig unbegründet abgewiesen werden, weil der Kläger möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 hat.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">1. Der Anspruch ist nicht nach dem Unternehmenstarifvertrag dauerhaft auf Grund der beschlossenen Betriebsschließung ausgeschlossen, weil nach § 5 vereinbart ist, dass eine Rückzahlung entfällt, wenn die operative Tätigkeit in den bisherigen Geschäftsfeldern Kraftwerk, Industrie und Nuklear in Gänze untergegangen ist. Ob damit eine Betriebsschließung gemeint ist, ist nach dem Wortlaut fragwürdig. Weitere Feststellungen sind nicht möglich, weil selbst die Beklagte nicht geltend gemacht hat, sie sei nach dieser Tarifbestimmung auf Dauer nicht dazu verpflichtet, den Zahlungsanspruch zu erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">2. Der Anspruch entfällt auch nicht deshalb auf Dauer, weil er nach § 5 Unternehmenstarifvertrag die Erwirtschaftung eines Gewinns durch die Beklagte voraussetzt, womit nicht mehr zu rechnen ist. Dem steht schon entgegen, dass andererseits auch noch nicht feststeht, ob ein Fall der drohenden Insolvenz nach § 9 eintritt mit der Folge, dass die IG Metall von dem ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch machen kann.</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">3. Die Klage ist schließlich auch deshalb nicht als auf Dauer unbegründet abzuweisen, weil nach Auffassung der Kammer die Geschäftsgrundlage für den Unternehmenstarifvertrag tatsächlich weggefallen ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird gebildet durch die nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, aber beim Vertragsschluss zu Tage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht von ihm beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragsteils oder durch entsprechende Vorstellungen beider Vertragspartner, auf denen der Geschäftswille aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1996, NJW 1997, Seite 320 m. w. N.; BAG, Urteil vom 25.07.1990, NJW 1991, Seite 1563 m. w. N.; BAG, Beschluss vom 10.08.1994, a. a. 0.).</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Enthält bereits der Vertrag nach seinem ggf. durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Inhalt Regeln für das Fehlen, den Wegfall oder die Veränderung bestimmter Umstände, kommt die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht zum Tragen. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffen sollte, die Beklagte habe von Anfang an nicht die Absicht gehabt, die außertariflichen und leitenden Angestellten entsprechend zu belasten wie die übrigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, würde daher dadurch nicht die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags entfallen. Denn mit § 2 hat die Beklagte gegenüber der IG Metall eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung übernommen. Da sich aus § 12 ergibt, dass Kündigungen wohl der Zustimmung des Betriebsrats unterliegen, aber nicht ausgeschlossen sind, kann als Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags auch nicht etwa ein Verzicht der Beklagten auf weitere betriebsbedingte Kündigungen angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags, auf denen der Geschäftswille aufgebaut hat, war jedoch die Vorstellung beider Vertragspartner, dass der Sanierungsplan für das Unternehmen durchgeführt wird. Denn der Tarifvertrag und der Interessenausgleich vom 24.06.1998 enthalten aufeinander abgestimmte Regelungen. Ohne den Interessenausgleich wäre der Tarifvertrag nicht abgeschlossen worden. Der Interessenausgleich wiederum basiert auf Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat und einem Einigungsstellenverfahren. Da in der Präambel zum Interessenausgleich erklärt wird, eine Neuausrichtung der Gesellschaft nach Maßgabe einer Studie zur</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Verlustfreimachung mit dem Ziel der Sanierung und Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze sei unerlässlich, und sodann im Interessenausgleich als eine der Maßnahmen der Abschluss eines Firmentarifvertrags mit dem vorläufigen Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld vereinbart ist, ergibt sich daraus, dass auch die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, die im Tarifvertrag enthaltenen Vereinbarungen seien zur Umsetzung des Sanierungskonzepts notwendig. Durch die Präambel im Interessenausgleich sind diese Vorstellungen auch offen zu Tage getreten.</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagte entschieden hat, ihre Geschäftstätigkeit zum 30.06.2000 einzustellen, wird das Sanierungskonzept noch während der Laufzeit des Tarifvertrags nicht mehr durchgeführt. Damit ist dem entscheidenden Motiv beider Tarifvertragsparteien für den Abschluss des Tarifvertrags die Grundlage entzogen worden. Das macht die Anpassung des Tarifvertrags an die veränderten Umstände notwendig.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:18px"> </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks"> V.</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten der Berufung zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">RECHTSMITTELBELEHRUNG</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">REVISION</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">eingelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Die Revision muss</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">innerhalb einer Notfrist von einem Monat</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">Bundesarbeitsgericht,</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">Hugo-Preuß-Platz 1,</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">99084 Erfurt,</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">eingelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist gleichzeitig oder</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:28px">innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">schriftlich zu begründen.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">gez. Heinlein gez. Kröselberg gez. Bodenbenner</p>
|
114,428 | olgham-1999-09-27-6-u-5299 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 U 52/99 | 1999-09-27T00:00:00 | 2018-11-28T11:28:43 | 2019-02-14T10:24:53 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1999:0927.6U52.99.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war Eigentümerin eines bei dem Beklagten kasko-</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">versicherten Pkw, der ihr am 23.6.1995 zwischen 14.30 Uhr und 15.45 Uhr auf einem Parkplatz in U (V) entwendet</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">wurde. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Laut Protokoll über die Strafanzeige vom gleichen Tage gab die Klägerin gegenüber der örtlichen Polizei an, nach dem Abstellen des Pkw sei sie noch einmal zu dem Fahrzeug zurückgekehrt, habe den Kofferraum aufgeschlossen, einen Fotoapparat herausgenommen und anschließend vergessen, den Schlüssel abzuziehen. Am 26.6.1995 erklärte die Klägerin bei der Polizei, tatsächlich habe sie den Schlüssel abgezogen und in ihre Hosentasche gesteckt. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 27.9.1995 verweigerte der Beklagte Leistungen aus der Kaskoversicherung, weil die Klägerin in der Kasko-Schadenanzeige vom 28.6.1995 zum Verbleib des Schlüssels</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">falsche Angaben gemacht habe. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme mit der Begründung stattgegeben, daß der Beklagte selbst dann nicht leistungsfrei geworden sei, wenn die Klägerin den Schlüssel im Kofferraumschloß habe stecken lassen. Die Klägerin habe den Eintritt des Versicherungsfalles nämlich auch in diesem Falle nicht im Sinne des § 61 VVG grob fahrlässig herbeigeführt, weil der Klägerin dann allenfalls Augenblicksversagen bei einer Routinehandlung vorgeworfen werden könne. Der Beklagte sei auch nicht gemäß § 6 Abs. 3 VVG wegen Falschangaben der Klägerin in der Kasko-Schadenanzeige leistungsfrei geworden, weil die Vorsatzvermutung widerlegt sei. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit dem Ziel der Klageabweisung. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung des Beklagten war die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Denn ein Zahlungsanspruch gemäß §§ 1, 49 VVG, 12 AKB steht der Klägerin nicht zu, da der Beklagte gemäß § 61 VVG leistungsfrei geworden ist. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Entwendung ihres Pkw und damit den Eintritt des Versicherungsfalles grob fahrlässig dadurch verursacht, daß sie den Fahrzeugschlüssel im Kofferraumschloß hat stecken lassen, als sie sich von ihrem abgestellten Pkw entfernte. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Daß der Schlüssel sichtbar von außen im Kofferraumschloß gelassen worden ist, steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme fest. Der Zeuge L hat dies am 23.6.1995 gegen 15.00 Uhr, also mindestens 30 Minuten nachdem die Klägerin ihren Pkw verlassen hatte und ca. 45 Minuten bevor sie ihn auf den Parkplatz nicht wieder vorgefunden hat, gesehen. Entsprechendes hat der Zeuge bei seiner Vernehmung durch die Polizei am 28.6.1995, bei der er das Fahrzeug genau beschreiben konnte und sogar noch die Anfangsbuchstaben des amtlichen Kennzeichens in Erinnerung hatte, so bekundet. In einem Schreiben an das Landgericht vom 1.3.1997 hat er die Richtigkeit seiner damaligen polizeilichen Aussage noch einmal ausdrücklich bestätigt. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Aussage des Zeugen anläßlich seiner kommissarischen Vernehmung vom 27.11.1997. Zweifel an der Richtigkeit dieser Zeugenaussage ergeben sich nicht daraus, daß die Kunststoffreide des Schlüssels schwarz war und die Lackierung des Pkw auberginefarben. Denn für eine Person, die sich wie der Zeuge L nahe bei dem Pkw befunden hat, war der Schlüssel gleichwohl zu erkennen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Aussage des Zeugen L steht ferner nicht entgegen, daß die Zeugin T bekundet hat, sie habe gesehen, daß die Klägerin nach dem Herausnehmen des Fotoapparates aus dem Kofferraum einen Schlüssel mit einem braunen Etui in der Hand gehabt habe. Denn abgesehen davon, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß die Zeugin an einem derartigen Sachverhalt später noch eine sichere Erinnerung hatte, kann es sich bei dem Schlüssel, den die Zeugin T gesehen haben will, um einen anderen Schlüssel als den Fahrzeugschlüssel gehandelt haben. Wie sich aus der Aussage der Zeugin W vom 20.11.1997 ergibt, hat die Klägerin nämlich nach dem Diebstahl in ihre Handtasche einen Schlüsselbund zwischen ihren Reisepapieren gefunden. Um den Fahrzeugschlüssel hat es sich dabei aber nicht gehandelt. Aus der Aussage der Zeugin T läßt sich somit letztlich nichts zum Vorteil der Klägerin herleiten. Vielmehr spricht die Tatsache, daß der Schlüssel unstreitig ausgerechnet in der kurzen Zeitspanne zwischen dem Schließen des Kofferraums und der Rückkehr zum Abstellort des Pkw abhanden gekommen ist, deutlich dafür, daß er, wie vom Zeugen L bekundet, im Kofferraumschloß verblieben ist. Auf die weitere Frage, ob hierfür zusätzlich der Inhalt des Polizeiprotokolls vom 23.6.1995 spricht oder ob die darin enthaltenen Angaben der Klägerin auf einem Mißverständnis zwischen der Klägerin und der als Dolmetscherin tätig gewesenen Zeugin W beruhen, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Allerdings deutet die Aussage des Zeugen C, der als Polizeibeamter mit dem Vorgang befaßt gewesen ist, eher darauf hin, daß es zu einem solchen Mißverständnis nicht gekommen ist. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Pkw ist unter Verwendung des im Kofferraumschloß verbliebenen Fahrzeugschlüssels gestohlen worden. Dies muß daraus gefolgert werden, daß der Schlüssel für eine an einem Pkw-Diebstahl interessierte Person ebenso gut sichtbar war wie für den Zeugen L, ferner daraus, daß auf dem Parkplatz keine Aufbruchspuren gefunden worden sind sowie daraus, daß der Pkw von einem belebten Parkplatz entwendet worden ist, obwohl er mit einer elektronischen Wegfahrsperre ausgerüstet war. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sich grob fahrlässig verhalten, indem sie den Schlüssel im Kofferraumschluß beließ und dadurch den Eintritt des Versicherungsfalles herbeiführte. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet läßt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Objektiv handelt es sich bei dem Zurücklassen eines Pkw mit außen steckendem Fahrzeugschlüssel um einen besonders schweren Fehler. Zu den von jedem Versicherungsnehmer ohne weiteres zu erwartenden Sicherheitsvorkehrungen gehört es, ein abgestelltes Fahrzeug gemäß § 14 Abs. 2 StVO gegen unbefugte Benutzung zu sichern und zur Vermeidung eines Fahrzeugdiebstahls die Fahrzeugschlüssel so aufzubewahren, daß sie vor dem Zugriff beliebiger Dritter geschützt sind (vgl. OLG Hamm, VersR 94, 1462, 1463). Aber auch in subjektiver Hinsicht trifft die Klägerin das für die Annahme grober Fahrlässigkeit erforderliche gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerte Verschulden. Zwar mag der Klägerin ihr Fehler auch deswegen unterlaufen sein, weil es sich bei dem Herausnehmen eines Gegenstandes aus einem Pkw-Kofferraum um eine Routinetätigkeit handelt. Allein deswegen, weil die Klägerin entscheidend nur während eines kurzen Augenblicks versagt hat, entfällt aber der Vorwurf grober Fahrlässigkeit noch nicht (vgl. Römer/Langheid VVG § 61 An. 30 ff. m.w.N.). Zwar trifft einen Fahrzeugführer, der einen Fahrzeugschlüssel bei seinem Fahrzeug zurückläßt, nicht in jedem Falle der Vorwurf grober Fahrlässigkeit. So liegt nicht ohne weiteres grobe Fahrlässigkeit vor, wenn auf einem nicht öffentlichen Betriebsgelände ein Zündschlüssel während eines nur kurzfristig unterbrochenen Arbeitsvorganges steckenbleibt (vgl. BGH VersR 71, 1019). Auch kann es an einem gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigerten Verschulden fehlen, wenn etwa ein Ver-sicherungsnehmer in der Tiefgarage des von ihm bewohnten Hauses die Pkw-Schlüssel im Kofferraumschloß zurückläßt, weil er sich dadurch hat ablenken lassen, daß er in ungewöhnlicher Weise nicht nur mit dem Entladen des eigenen Pkw, sondern auch noch eines weiteren Fahrzeugs befaßt war (vgl. OLG Düsseldorf r + s 99, 229 = NVersZ 99, 386 = MDR 99, 1135). In der vorliegenden Sache ist aber zu berücksichtigen, daß die Klägerin ihren Pkw auf einem öffentlichen und damit jedermann zugänglichen Parkplatz zurückgelassen hat. Hinzu kam, daß es sich um ein relativ neues Fahrzeug handelte, das potentielle Diebe in gesteigertem Maße zu einer Spontantat reizen konnte, und zwar u.a. auch deswegen, weil es im Ausland abgestellt war und von dort aus leicht einem Absatzmarkt für illegal beschaffte Pkw zugeführt werden konnte. Schließlich hat die Klägerin ihren Pkw auch nicht nur für kurze Zeit, sondern für die Dauer von etwa zwei Stunden aus den Augen gelassen. Insgesamt hatte die Klägerin damit wegen erhöhter Diebstahlsgefahr konkreten Anlaß, bei der Sicherung ihres Pkw erhöhte Sorgfalt walten zu lassen. Daß sie dem unter den gegebenen Umständen nicht genügend Beachtung geschenkt hat, muß als grob fahrlässiges Verhalten gewertet werden (vgl. auch OLG Hamm NZV 91, 195). </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klage war somit unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 10, 546 ZPO.</p>
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