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olgkobl-2018-12-20-w-60118-kart
{ "id": 909, "name": "Oberlandesgericht Koblenz", "slug": "olgkobl", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
W 601/18 Kart
2018-12-20T00:00:00
2019-01-08T23:46:52
2019-02-12T13:10:40
Beschluss
ECLI:DE:OLGKOBL:2018:1220.W601.18KART.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Verf&#252;gungskl&#228;gerin gegen die Streitwertfestsetzung im Urteil der 12. Zivilkammer - 2. Kammer f&#252;r Handelssachen - des Landgerichts Mainz vom 27. Juni 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Verf&#252;gungskl&#228;gerin, mit der sie sich gegen die Festsetzung des Streitwerts f&#252;r das einstweilige Verf&#252;gungsverfahren auf 50.000 &#8364; wendet, ist zul&#228;ssig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg; die Beschwerde ist deshalb zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>1. Das Landgericht hat den Streitwert f&#252;r das einstweilige Verf&#252;gungsverfahren zu Recht auf 50.000 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>a) Auf das vorliegende Verfahren ist &#167; 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG in der seit dem 3. Februar 2017 geltenden Fassung anzuwenden, weil das einstweilige Verf&#252;gungsverfahren erst nach Inkrafttreten dieser Gesetzes&#228;nderung anh&#228;ngig geworden ist (vgl. &#167;&#160;71 Abs. 1 Satz 1 GKG); die Antragsschrift ist am 10. April 2018 bei dem Landgericht eingegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>b) Nach &#167; 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG bestimmt sich der Wert in Verfahren nach &#167; 47 Abs. 5 EnWG &#252;ber ger&#252;gte Rechtsverletzungen nach &#167; 3 der Zivilprozessordnung, der Wert betr&#228;gt h&#246;chstens 100.000 &#8364;. Nach &#167; 3 ZPO wird der Wert von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Ausweislich der Begr&#252;ndung des Ausschusses f&#252;r Wirtschaft und Energie (9.&#160;Ausschuss) zu seiner Beschlussempfehlung, in &#167; 53 Abs. 1 GKG eine neue Nr. 4 einzuf&#252;gen (BT-Drs. 18/10503 S. 7/8), soll durch die Streitwertbegrenzung auf 100.000 &#8364; im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes verhindert werden, dass hohe Gerichts- und Rechtsanwaltsgeb&#252;hren die beteiligten Unternehmen davon abhalten, durch die Beantragung einer einstweiligen Verf&#252;gung z&#252;gig Rechtsschutz zu suchen. Dies gelte umso mehr, als nach &#167;&#160;47 Abs. 5 n.F. EnWG potenziell drei Antr&#228;ge auf Erlass einer einstweiligen Verf&#252;gung in einem Konzessionsverfahren gestellt werden k&#246;nnten. Der Streitwert sei vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen. Der Regelung liege die Einsch&#228;tzung zugrunde, dass hierbei insoweit nicht der Wert der zu &#252;bernehmenden Netze und der dazugeh&#246;rigen Anlagen entscheidend sei. Streitgegenstand in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach &#167;&#160;47 Abs. 5 n.F. EnWG sei die Sicherung der Stellung des Anspruchstellers im Verfahren zur Vergabe der Wegenutzungsrechte und nicht die sich einem solchen Verfahren m&#246;glicherweise anschlie&#223;ende Netz&#252;bernahme. Vor diesem Hintergrund lasse die Streitwertbegrenzung auf h&#246;chstens 100.000 &#8364; den Gerichten einen angemessenen Spielraum zur Beurteilung des jeweiligen Einzelfalles (Begr&#252;ndung Beschlussempfehlung, aaO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>c) Die Streitwertfestsetzung des Landgerichts h&#228;lt sich innerhalb des durch &#167; 53 Abs. 1 Nr.&#160;4 GKG er&#246;ffneten Rahmens und ist in der H&#246;he angemessen. Der Streitwert ist nicht, wie die Verf&#252;gungskl&#228;gerin mit ihrem Hauptantrag erstrebt, auf bis zu 6.000 &#8364; festzusetzen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>aa) Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin hat in ihrer Antragsschrift den Streitwert (vorl&#228;ufig gesch&#228;tzt) mit 5.000 &#8364; angegeben; n&#228;her erl&#228;utert hat sie diesen Wert in der Antragsschrift nicht. Zwar hat die Wertangabe nach &#167; 61 GKG Bedeutung als Indiz f&#252;r den Wert und bleibt im Zweifel ma&#223;geblich (vgl. Z&#246;ller/Herget, ZPO, 32. Aufl., &#167; 3 Rdnr. 16 Stichwort &#8222;Wertangabe&#8220; m.w.Nachw.). Die Wertangabe ist jedoch f&#252;r das Gericht nicht bindend (D&#246;rndorfer in Binz/D&#246;rndorfer/Zimmermann, GKG, 4. Aufl., &#167; 61 Rdnr. 1 und 4 m.w.Nachw.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>bb) Die Wertangabe der Verf&#252;gungskl&#228;gerin in der Antragsschrift ist im Hinblick auf ihr anhand der Antragsschrift erkennbares Interesse an der Sicherung ihrer Stellung im Vergabeverfahren (Begr&#252;ndung Beschlussempfehlung aaO) wesentlich zu niedrig angesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>(1) Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin hat in ihrer 36-seitigen Antragsschrift zahlreiche R&#252;gen betreffend das Vergabeverfahren geltend gemacht. Insbesondere hat sie ausgef&#252;hrt, die Verf&#252;gungsbeklagte habe das R&#252;geregime nach &#167; 47 EnWG n.F. nicht wirksam eingef&#252;hrt, das Konzessionierungsverfahren enthalte durch seine Ausgestaltung eine unzul&#228;ssige Vorfestlegung, ferner sei die gew&#228;hlte Bewertungsmethode fehlerhaft und die Verf&#252;gungsbeklagte verwende eine Reihe von unzul&#228;ssigen Auswahlkriterien. Durch die Vielzahl ihrer R&#252;gen hat die Verf&#252;gungskl&#228;gerin ihr erhebliches Interesse an der Sicherung ihrer Rechtsstellung im Vergabeverfahren deutlich gemacht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>(2) Dagegen kommt es nicht entscheidend auf die Gr&#246;&#223;e oder den Wert des Netzes und der zu &#252;bertragenden Anlagen an (Begr&#252;ndung Beschlussempfehlung, aaO). Gleichwohl hat der Senat in die Gesamtbewertung einbezogen, dass es sich bei der Verf&#252;gungsbeklagten, um deren Gasnetz es geht, um eine kleinere Ortsgemeinde handelt. Allein dieser Umstand gebietet es jedoch nicht, den Streitwert ausschlie&#223;lich aus dem unteren Bereich des Streitwertrahmens zu entnehmen. Denn auch bei kleineren Netzen kann das wirtschaftliche Interesse des Anspruchstellers an der Zuschlagserteilung f&#252;r den Betrieb des Netzes die Streitwertgrenze von 100.000 &#8364; &#252;bersteigen. Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin hat Umst&#228;nde, die Aufschluss &#252;ber ihr wirtschaftliches Interesse an der Zuschlagserteilung geben w&#252;rden, nicht dargelegt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>(3) Ein Indiz f&#252;r das Interesse der Verf&#252;gungskl&#228;gerin an der Sicherstellung ihrer Rechte im Verfahren l&#228;sst sich dem zuvor gef&#252;hrten einstweiligen Verf&#252;gungsverfahren betreffend die Ortsgemeinde ...[Z] entnehmen, die ebenfalls der Verbandsgemeinde ...[Y] angeh&#246;rt (LG Mainz 12 HK O 29/17; OLG Koblenz U&#160;989/17 Kart). In jenem Verfahren hat die Verf&#252;gungskl&#228;gerin den Streitwert mit 50.000&#160;&#8364; angegeben. Das Landgericht und der Senat haben den Streitwert entsprechend festgesetzt, ohne dass dies von der Verf&#252;gungskl&#228;gerin beanstandet worden w&#228;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>(4) Die im Beschwerdeverfahren von der Verf&#252;gungskl&#228;gerin angef&#252;hrten Gesichtspunkte rechtfertigen keine niedrigere Wertfestsetzung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>(a) Unerheblich ist, dass die Verf&#252;gungskl&#228;gerin parallel acht weitere Verfahren gegen andere Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde ...[Y] gef&#252;hrt hat. Hiervon ausgehend erstrebt die Beschwerdef&#252;hrerin die Herabsetzung des Streitwerts auf bis zu 6.000&#160;&#8364; (50.000 &#8364; : 9 Verfahren). Ma&#223;geblich ist jedoch das konkrete Interesse der Verf&#252;gungskl&#228;gerin an der Durchsetzung ihrer Rechte in dem auf die jeweilige Ortsgemeinde und deren Gasnetz bezogenen Vergabeverfahren. Eine &#252;bergreifende &#8222;saldierende&#8220; Betrachtung s&#228;mtlicher einstweiliger Verf&#252;gungsverfahren kommt deshalb nicht in Betracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>(b) F&#252;r die hier allein zu beurteilende Bemessung des Streitwerts f&#252;r die Gerichtsgeb&#252;hren nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes ist es auch ohne Bedeutung, ob, wie die Verf&#252;gungskl&#228;gerin meint, ein Fall des &#167; 15 Abs. 2 RVG vorliegt, wonach der Rechtsanwalt die Geb&#252;hren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann. Die Geb&#252;hren f&#252;r das gerichtliche Verfahren fallen nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes in jedem einzelnen Verfahren an, dessen Streitwert deshalb auch gesondert zu beurteilen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>(c) Die weitere Erw&#228;gung der Verf&#252;gungskl&#228;gerin, sie werde unangemessen benachteiligt, weil hinsichtlich des Prozesskostenrisikos ein Ungleichgewicht sowie eine Ungleichbehandlung der Prozessparteien entstehe, trifft nicht zu. Zwar lassen die Ortsgemeinden der Verbandsgemeinde ...[Y] das Vergabeverfahren einheitlich durch die Verbandsgemeinde durchf&#252;hren, die ihrerseits anwaltlich beraten ist. Daraus folgt jedoch keine Ungleichbehandlung hinsichtlich des Prozesskostenrisikos. Vielmehr tr&#228;gt jede Partei das Prozesskostenrisiko des einzelnen Gerichtsverfahrens in gleicher Weise. Dass die jeweilige Ortsgemeinde betreffend die Verf&#252;gungskl&#228;gerin nur ein Verfahren</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>zu f&#252;hren hat, die Verf&#252;gungskl&#228;gerin dagegen einstweilige Verf&#252;gungsverfahren gegen alle Ortsgemeinden f&#252;hrt, ist nicht Ausdruck einer Ungleichbehandlung, sondern Folge des Umstandes, dass die Verf&#252;gungskl&#228;gerin sich um die Erteilung der Konzession f&#252;r das jeweilige Gasnetz aller Ortsgemeinden beworben hat. Dem Rechtsschutz- und Kosteninteresse der Anspruchsteller hat der Gesetzgeber schon durch die Streitwertbegrenzung nach &#167; 53 Abs. 1 Nr. 4 GKG Rechnung getragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>d) Auch der Hilfsantrag der Verf&#252;gungskl&#228;gerin, den Streitwert auf die Geb&#252;hrenstufe bis zu 2.000 &#8364; festzusetzen, ist nicht begr&#252;ndet. Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin ist der Auffassung, der Streitwert sei auf ein Drittel von bis zu 6.000 &#8364; (oben c)) herabzusetzen, weil Anspruchsteller nach &#167; 47 Abs. 5 EnWG gezwungen sein k&#246;nnten, bis zu drei einstweilige Verf&#252;gungsverfahren zu f&#252;hren. Dieser Gesichtspunkt ist jedoch ausweislich der Gesetzesbegr&#252;ndung schon Grund f&#252;r den Gesetzgeber gewesen, den Streitwert auf h&#246;chstens 100.000 &#8364; zu begrenzen (oben a)) und kann&#160;&#160;deshalb bei der Ermessensaus&#252;bung nicht nochmals mindernd ber&#252;cksichtigt werden. Hiervon abgesehen hat die Verf&#252;gungskl&#228;gerin auch nur ein Verfahren gegen die Verf&#252;gungsbeklagte gef&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>e) Der weiter hilfsweise gestellte Antrag, den Streitwert auf bis zu 13.000 &#8364; festzusetzen, ist unter die Bedingung gestellt, dass das Gericht davon ausgeht, dass f&#252;r alle neun Verfahren insgesamt ein Streitwert von 100.000 &#8364; anzusetzen ist (100.000 : 9 Verfahren). Diese prozessuale Bedingung ist nicht eingetreten. Dem Hilfsantrag ist aber auch in der Sache nicht stattzugeben. Zur Begr&#252;ndung wird auf die vorstehenden Ausf&#252;hrungen Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgeb&#252;hrenfrei; Kosten werden nicht erstattet (&#167;&#160;68 Abs. 3 GKG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>3. Dem Antrag der Verf&#252;gungskl&#228;gerin, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, kann nicht stattgegeben werden. Nach &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statt. Die Rechtsbeschwerde ist deshalb unstatthaft (vgl. auch Z&#246;ller/Herget, aaO, &#167; 3 Rdnr. 9 m.w.Nachw.).</p></dd> </dl> </div></div> </div>
142,287
olgsh-2018-12-20-5-u-27918
{ "id": 1070, "name": "Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht", "slug": "olgsh", "city": null, "state": 17, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
5 U 279/18
2018-12-20T00:00:00
2019-01-08T23:46:16
2019-01-17T12:02:27
Urteil
ECLI:DE:OLGSH:2018:1220.5U279.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Die Berufung des Kl&#228;gers gegen das am 25. Mai 2018 verk&#252;ndete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten der Berufung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Das Urteil ist vorl&#228;ufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Kl&#228;ger darf die Vollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in H&#246;he von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Die Revision wird zugelassen.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt"><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger verlangt von der Beklagten Schadensersatz aufgrund vermeintlicher Pflichtverletzungen im Rahmen eines Wertpapier-Kommissionsgesch&#228;fts.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger ist beruflich mit dem Handel von Wertpapieren und Derivaten befasst und erwarb und ver&#228;u&#223;erte im Rahmen einer laufenden Gesch&#228;ftsbeziehung zur Beklagten f&#252;r seine private Verm&#246;gensverwaltung mehrfach Wertpapiere. Am Morgen des 3. Juni 2011 erteilte er der Beklagten &#252;ber deren Mitarbeiter H. den Auftrag, 5.000 St&#252;ck des Wertpapiers mit der Bezeichnung &#8222;R.Silber&#8220; (&#8222;Silberzertifikate&#8220;) der Emittentin M GmbH (ISIN: XXX) zu erwerben. Die Beklagte beauftragte die X AG mit der Ausf&#252;hrung. Diese f&#252;hrte den Auftrag aus und erwarb die Wertpapiere um 10:22 Uhr an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse im Freiverkehr (sogenanntes &#8222;Scoach Premium Trading&#8220;) zum Preis von &#8364; 40,14 pro St&#252;ck.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die Anbieterin des Wertpapiers stellte nach Abschluss des Gesch&#228;fts einen sogenannten &#8222;Mistrade-Antrag&#8220; bei der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse mit der Begr&#252;ndung, das Gesch&#228;ft sei zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zu Stande gekommen, der marktgerechte Preis habe &#8364; 51,50 pro St&#252;ck betragen. Die B&#246;rse gab dem Antrag statt und hob das Gesch&#228;ft wegen offensichtlicher Preisabweichung nach &#167; 25 der &#8222;Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse&#8220; auf. Nach Mitteilung der Entscheidung an ihn wies der Kl&#228;ger den Mitarbeiter der Beklagten H. an, gegen diese Entscheidung vorzugehen, ohne konkretere Weisungen zu erteilen. Herr H. teilte der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse noch am 3. Juni 2011 telefonisch und nochmals am 10. Juni 2011 mit vom Kl&#228;ger vorgegebenem Text per E-Mail sowie ein Mitarbeiter der Beklagten am 23. November 2011 nach erneuter Aufforderung des Kl&#228;gers mit, dass dieser mit der Aufhebung des Gesch&#228;fts nicht einverstanden sei, ohne dass eine Reaktion der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse erfolgte. Am letzteren Tag erteilte der Kl&#228;ger gleichzeitig einen Verkaufsauftrag zum aktuellen Kassakurs an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse von seinerzeit &#8364; 49,24.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger verlangt von der Beklagten nunmehr Ersatz entgangenen Gewinns, den er aus der Differenz des Preises der Wertpapiere von &#8364; 40,14/ St&#252;ck am 3. Juni 2011 und &#8364; 49,25/ St&#252;ck am 23. November 2011 errechnet. Danach ergibt sich eine Differenz in H&#246;he von &#8364; 9,11/ St&#252;ck, ein errechneter Schaden in H&#246;he von &#8364; 45.550,00 (5.000 St&#252;ck x &#8364; 9,11/ St&#252;ck). Dazu macht er vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend. Bei der staatlich anerkannten G&#252;testelle C in X reichte er am 30. Dezember 2014 einen am 12. Januar 2015 der Beklagten zugestellten G&#252;teantrag ein (Anlage K 10, Blatt 64 d. A.). Mit Schreiben vom 20. April 2015 (Anlage K 12, Blatt 75 d. A.), das dem Kl&#228;ger am 22. April 2015 zuging, bescheinigte die G&#252;testelle die Erfolglosigkeit des G&#252;teverfahrens. Die Klage ist am 16. Oktober 2015 beim Landgericht eingegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat erstinstanzlich gemeint, er habe einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte, da diese es vers&#228;umt habe, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse durch Einlegung eines form- und fristgerechten Widerspruchs vorzugehen und so dem von ihm gew&#252;nschten Wertpapiergesch&#228;ft zur Durchf&#252;hrung zu verhelfen (&#167; 384 Abs. 1 und &#167; 385 Abs. 1 HGB). Dar&#252;ber hinaus habe sie ihm nicht gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 3 HGB zugleich mit der Anzeige von der Ausf&#252;hrung der Kommission den Dritten benannt, mit dem sie das Erwerbsgesch&#228;ft abgeschlossen habe und hafte sie nach Nr. 9 Satz 1 ihrer &#8222;Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hat sich im Wesentlichen lediglich zum Abschluss und zur Abwicklung des Gesch&#228;fts verpflichtet gesehen, nicht zum Vorgehen gegen die Mistrade-Entscheidung. Es fehle auch der Kausalzusammenhang zwischen dem unterbliebenen Widerspruch und dem geltend gemachten Schaden, da die Entscheidung auch bei Widerspruch nicht abge&#228;ndert worden w&#228;re. Einem Schadensersatzanspruch stehe auch &#167; 242 BGB entgegen, da der Kl&#228;ger ein Gesch&#228;ft habe ausf&#252;hren lassen wollen, dessen Preis erkennbar auf einem Fehler des Vertragspartners beruht habe. Dem Kl&#228;ger falle jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden zur Last. Dazu hat die Beklagte die Einrede der Verj&#228;hrung erhoben, da der G&#252;teantrag nicht hinreichend individualisiert gewesen sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Antr&#228;ge wird auf die tats&#228;chlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung hat es ausgef&#252;hrt, dem Kl&#228;ger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach nicht zu. Er folge zun&#228;chst nicht aus &#167; 280 Abs. 1 BGB i. V. m. &#167; 384 Abs. 1, &#167; 385 Abs. 1 HGB. Ein Kommissionsvertrag liege vor, die Beklagte habe aber keine Pflichten hieraus verletzt. Eine unmittelbare Benachrichtigung des Kl&#228;gers von der Mistrade-Entscheidung sei unstreitig pflichtgem&#228;&#223; erfolgt. Ein Versto&#223; gegen eine konkrete Weisung liege nicht vor, da der Kl&#228;ger die Beklagte nicht angewiesen habe, einen f&#246;rmlichen Rechtsbehelf einzulegen. Den erteilten Weisungen zur Kontaktaufnahme zur Frankfurter Wertpapierb&#246;rse und zur Versendung von E-Mails sei die Beklagte unstreitig nachgekommen. Eine Pflichtverletzung liege insbesondere auch nicht darin, dass die Beklagte es unterlie&#223;, gegen die Mistrade-Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse form- und fristgerecht Widerspruch einzulegen oder den Kl&#228;ger &#252;ber die M&#246;glichkeit eines solchen zu informieren. Zwar handele es sich bei der Entscheidung um einen Verwaltungsakt mit den entsprechenden m&#246;glichen Rechtsbehelfen. Ein kostenausl&#246;sender Widerspruch habe aber - ohne konkrete Weisung - nicht zu den Pflichten der Beklagten aus dem Kommissionsvertrag geh&#246;rt. Gleiches gelte f&#252;r eine Information &#252;ber die M&#246;glichkeit f&#246;rmlicher Rechtsbehelfe. Da die Beklagte nicht zu einer rechtlichen Beratung verpflichtet gewesen sei, w&#228;re ihr ein solcher Hinweis nur bei einer klaren und &#252;berschaubaren Rechtslage zumutbar gewesen, die nicht vorgelegen habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagte die Angelegenheit tats&#228;chlich &#252;bernommen habe. Der Kl&#228;ger habe nicht darauf vertrauen d&#252;rfen, dass die Beklagte &#252;ber die konkret verlangten Ma&#223;nahmen (Anruf, E-Mails) hinaus t&#228;tig werden w&#252;rde. Auch eines Hinweises auf die Unkenntnis der Beklagten habe es nicht bedurft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Ein Schadensersatzanspruch folge auch nicht aus &#167; 384 Abs. 3 HGB, da die Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Der Kl&#228;ger solle n&#228;mlich nicht besser gestellt werden, als sei ihm der Vertragspartner durch die Beklagte namhaft gemacht worden. Die Aufhebung des Gesch&#228;fts wegen Mistrades habe mit dem Namen des Vertragspartners nichts zu tun.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus &#167; 394 HGB i. V. m. Nr. 9 Satz 1 der Gesch&#228;ftsbedingungen der Beklagten, da auch diese Regelung nicht dem Zweck diene, eine Wirksamkeit des Gesch&#228;fts zu fingieren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mangels Hauptanspruchs st&#252;nden dem Kl&#228;ger auch keine Nebenforderungen zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Hiergegen richtet sich die Berufung des Kl&#228;gers, die er wie folgt begr&#252;ndet:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hafte bereits verschuldensunabh&#228;ngig aus &#167; 394 HGB i. V. m. Nr. 9 Satz 1 der Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte der Beklagten, wo sie eine Delkredere-Haftung &#252;bernommen habe. Es gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt daf&#252;r, dass sich der Kl&#228;ger wegen einer etwaigen Treuwidrigkeit nicht hierauf berufen k&#246;nne. Die vom Bundesgerichtshof zu &#167; 384 Abs. 3 HGB im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift entwickelte Reduktion sei nicht auf &#167; 394 HGB &#252;bertragbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Auch bestehe ein Anspruch aufgrund Weisungsversto&#223;es nach &#167; 385 Abs. 1 HGB. Es habe n&#228;mlich unstreitig - auch nach dem Tatbestand des angegriffenen Urteils - eine Weisung des Kl&#228;gers gegeben, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse vorzugehen. Daraus ergebe sich die Pflicht, die erforderlichen Ma&#223;nahmen zu ergreifen, hier Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Daneben hafte die Beklagte auch aus &#167; 280 Abs. 1 BGB mangels Aufkl&#228;rung &#252;ber das Erfordernis eines formgerechten Widerspruchs. Die Beklagte habe hierdurch sowohl den allgemeinen zivilrechtlichen Pflichtenkreis des Kommission&#228;rs als auch den besonderen Pflichtenkreis des Wertpapierdienstleistungsunternehmens verletzt. Der Kommission&#228;r habe im Rahmen der sachgerechten Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts auch den Mistrade-Fall zu ber&#252;cksichtigen, weil der Kunde dazu selbst gar nicht in der Lage sei. Die Beklagte habe daher Widerspruch einlegen oder zumindest den Kl&#228;ger &#252;ber die entsprechende Erforderlichkeit der Einlegung informieren m&#252;ssen. Auch ohne Rechtsbehelfsbelehrung in der Mistrade-Entscheidung sei ihr dies zumutbar gewesen. Schon am 3. Juni 2011 habe an der Erforderlichkeit eines Widerspruchs gegen die Entscheidung als Verwaltungsakt kein Zweifel bestanden. Die Rechtslage sei eindeutig gewesen, was auch in Gerichtsentscheidungen vor dem streitgegenst&#228;ndlichen Gesch&#228;ft ausgedr&#252;ckt worden sei und was der als &#8222;Wertpapierspezialist&#8220; ausgewiesene Mitarbeiter der Beklagten H. jedenfalls durch Nachfrage in der eigenen Rechtsabteilung h&#228;tte erkennen m&#252;ssen. Zumindest nach ein paar Tagen oder Wochen h&#228;tte sich f&#252;r die Beklagte aufdr&#228;ngen m&#252;ssen, schriftlich gegen die Mistrade-Entscheidung vorzugehen, da die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse auf das Telefonat und die E-Mail der Beklagten nicht in eine Sachpr&#252;fung eingetreten sei. Mangels Rechtsbehelfsbelehrung habe hierf&#252;r sogar ein Jahr Zeit bestanden. Auch das Kostenargument greife nicht, da die Beklagte die &#220;bernahme der ohnehin geringen Kosten eines Widerspruchs mit dem Kl&#228;ger h&#228;tte kl&#228;ren k&#246;nnen. Schlie&#223;lich habe die Beklagte es gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger &#252;bernommen, bei der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse gegen die Mistrade-Entscheidung vorzugehen. Damit habe sie eine Pflicht zur ordnungsgem&#228;&#223;en Ausf&#252;hrung gem&#228;&#223; &#167; 362 Abs. 1 Satz 1 HGB getroffen. H&#228;tte sie das nicht gewollt, h&#228;tte sie den Auftrag ausdr&#252;cklich gem&#228;&#223; &#167; 663 BGB ablehnen m&#252;ssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kl&#228;ger &#8364; 45.550,00 zuz&#252;glich 5 Prozentpunkte &#252;ber dem Basiszinssatz liegende Jahreszinsen seit dem 23. November 2011 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in H&#246;he von &#8364; 3.395,39 zu zahlen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Sie verteidigt im Wesentlichen das angegriffene Urteil und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers vom 17. Dezember 2018 hat dem Senat keinen Anlass gegeben, die m&#252;ndliche Verhandlung wiederzuer&#246;ffnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt"><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Die zul&#228;ssige Berufung ist nicht begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Dem Kl&#228;ger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in H&#246;he von &#8364; 45.550,00 nebst Nebenforderungen gegen die Beklagte nicht zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>A)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Ein Anspruch aus &#167; 394 HGB i. V. m. Nr. 9 Satz 1 der Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte (Delkredere-Haftung) besteht nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Zwischen den Parteien liegt ein Kommissionsgesch&#228;ft vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Vertragliche Grundlagen der zwischen dem Kl&#228;ger und der Beklagten bestehenden Beziehungen sind unter anderem die &#8222;Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte&#8220; (Anlage K 7, Blatt 56 f. d. A.), die gem&#228;&#223; dortigen Vorbemerkungen auch gelten, wenn die Rechte nicht in Urkunden verbrieft sind. Danach wird die Bank (hiesige Beklagte) Kundenauftr&#228;ge zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren entweder als Kommission&#228;rin ausf&#252;hren (Nr. 1 Abs. (2)) oder mit dem Kunden Festpreisgesch&#228;fte t&#228;tigen (Nr. 1 Abs. (3)). Da vorliegend kein Festpreisgesch&#228;ft im Raum steht, handelt es sich - was von den Parteien nicht in Frage gestellt wird und bei der Ausf&#252;hrung von Auftr&#228;gen zum Kauf von Wertpapieren dem Regelfall entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, juris Rn. 13; OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Rn. 32) - um ein Kommissionsgesch&#228;ft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Die Beklagte haftet grunds&#228;tzlich f&#252;r die ordnungsgem&#228;&#223;e Erf&#252;llung des Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fts Wertpapierkauf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Nr. 9 der &#8222;Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte&#8220; der Beklagten (Anlage K 7, Blatt 56 f. d. A.) regelt die Haftung der Bank bei Kommissionsgesch&#228;ften. Die Bank haftet f&#252;r die ordnungsgem&#228;&#223;e Erf&#252;llung des Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fts durch ihren Vertragspartner oder den Vertragspartner des Zwischenkommission&#228;rs im Sinne des &#167; 394 Abs. 1 HGB, also ohne Einschr&#228;nkung nach &#167; 278 BGB (vgl. Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, SoBedWp &#167; 9 Rn. 1).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Der Kommission&#228;r haftet dem Kommittenten aus dem Delkredere pers&#246;nlich (also mit seinem gesamten Verm&#246;gen) und unmittelbar (prim&#228;r, also ohne vorherige Inanspruchnahme des Dritten; anders &#167; 771 BGB). Der Kommittent kann aber Abtretung fordern und nach dieser den Dritten allein oder neben dem Kommission&#228;r belangen. Der Kommission&#228;r haftet unbeschr&#228;nkt f&#252;r die Erf&#252;llung, auch zum Beispiel wegen Sachmangels, aus Vertragsstrafen, f&#252;r Verzugsfolgen (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, SoBedWp &#167; 9 Rn. 3).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>3.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Allerdings besteht keine Haftung f&#252;r die Mistrade-Entscheidung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Die Haftung der Beklagten als Kommission&#228;rin setzt gem&#228;&#223; &#167; 394 Abs. 2 Satz 1 HGB eine wirksame Verbindlichkeit aus dem Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft voraus (BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, juris Rn. 18; OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Rn. 35, 37; F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 394 Rn. 5). Anders als die normale Garantie setzt sie das Bestehen der Verbindlichkeit des Dritten voraus (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, &#167; 394 Rn. 2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Daran fehlt es vorliegend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>a)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 394 Abs. 2 HGB ist der Kommission&#228;r, der f&#252;r den Dritten einzustehen hat, dem Kommittenten f&#252;r die Erf&#252;llung im Zeitpunkte des Verfalls (gemeint ist die F&#228;lligkeit der Forderung) unmittelbar insoweit verhaftet, als die Erf&#252;llung aus dem Vertragsverh&#228;ltnisse (mit dem Dritten) gefordert werden kann (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, &#167; 394 Rn. 3, 4; F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 394 Rn. 5). Der Einkaufskommission&#228;r muss somit grunds&#228;tzlich den Lieferanspruch erf&#252;llen. Das Ausma&#223; der Haftung wird durch den Bestand und den jeweiligen Umfang der Verbindlichkeit bestimmt, die der Kommission&#228;r gegen den Dritten begr&#252;ndet hat; sie ist somit akzessorisch. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des &#167; 394 Abs. 2 Satz 1 HGB, der die Delkrederehaftung b&#252;rgschafts&#228;hnlich ausformt (&#167; 767 BGB). Der Kommission&#228;r hat deshalb auch einzustehen, wenn sich der Charakter der Verbindlichkeit &#228;ndert, z.B. Gew&#228;hrleistungs-, Schadensersatz- oder Vertragsstrafenanspr&#252;che entstehen. Eine Schlechtleistung des Dritten, die Anspr&#252;che wegen Sach- oder Rechtsm&#228;ngeln oder sonstige vertragliche Sekund&#228;ranspr&#252;che ausl&#246;st, l&#228;sst somit die Einstandspflicht des Kommission&#228;rs bestehen bleiben (F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 394 Rn. 4: soweit dort von der &#8222;Einstandspflicht des Kommittenten&#8220; die Rede ist, handelt es sich offenbar um ein Schreibversehen). Damit haftet der Kommission&#228;r auch dann, wenn dem Dritten aufgrund einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung die Leistung unm&#246;glich geworden ist und sich der Anspruch auf Lieferung in einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterf&#252;llung umwandelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Der Kommission&#228;r haftet nur insoweit, als die Erf&#252;llung aus dem Vertragsverh&#228;ltnis (mit dem Dritten) gefordert werden kann, also nicht bei wirksamer Stornierung bei Mistrade (OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Rn. 35 ff.; Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, &#167; 394 Rn. 4).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Die Anbieterin der Wertpapiere, die M Ltd. stellte nach Abschluss des streitgegenst&#228;ndlichen Gesch&#228;fts am 3. Juni 2011 zum Preis in H&#246;he von &#8364; 40,14 pro St&#252;ck einen sogenannten &#8222;Mistrade-Antrag&#8220; bei der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse mit der Begr&#252;ndung, das Gesch&#228;ft sei zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zustande gekommen, der marktgerechte Preis habe &#8364; 51,50 pro St&#252;ck betragen. Die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse gab dem Antrag statt und hob das Gesch&#228;ft wegen offensichtlicher Preisabweichung nach &#167; 25 der &#8222;Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurt Wertpapierb&#246;rse&#8220; (Anlage K 3, Blatt 16 ff. d. A.) auf (vgl. Anlagen K 1 und K 2, Blatt 14 und 15 d. A.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Damit bestand keine Verbindlichkeit des Dritten (Anbieters der Wertpapiere) mehr.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Der Kommission&#228;r haftet lediglich f&#252;r die Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts durch den Gesch&#228;ftspartner, hier die Anbieterin der Wertpapiere, nicht aber f&#252;r die Aufhebung durch die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse. Diese traf die Entscheidung, dem Mistrade-Antrag wegen offensichtlicher Preisabweichung nach &#167; 25 der &#8222;Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurt Wertpapierb&#246;rse&#8220; stattzugeben. F&#252;r diese Entscheidung, die die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse gem&#228;&#223; &#167; 25 der genannten Bedingungen nach eigenen Ermittlungen traf, kann die Beklagte keine Haftung treffen (anders etwa bei zu Unrecht erfolgter Stornierung des Gesch&#228;fts durch die Emittenten, vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, juris Rn. 18 ff.; Senat, Beschluss vom 9. Januar 2004 - 5 U 130/03, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Eine Haftung der Beklagten auf Schadensersatz in Form des entgangenen Gewinns scheidet vorliegend aus, weil hinsichtlich der vom Kl&#228;ger am 3. Juni 2011 georderten 5.000 St&#252;ck &#8222;Silberzertifikate&#8220; zu einem Kurs von &#8364; 40,14 je St&#252;ck wirksame Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fte zwischen der Beklagten und der Anbieterin des Wertpapiers letztlich nicht zustande kamen. Denn die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse hat von dem ihr zustehenden Aufhebungsrecht erfolgreich Gebrauch gemacht (vgl. zu einem &#228;hnlichen Fall: OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Rn. 39). Sie hat &#252;ber die Aufhebung durch Verwaltungsakt entschieden. Sie ist eine Anstalt &#246;ffentlichen Rechts (vgl. &#167; 2 Abs. 1 B&#246;rsG) und handelt als solche hoheitlich. Dass sie im vorliegenden Fall eines privatrechtlich organisierten Freiverkehrs (vgl. &#167; 48 B&#246;rsG) unter dem Briefkopf &#8222;Deutsche B&#246;rse Group&#8220; (Anlage K 1, Blatt 14 d. A.) agierte, &#228;ndert daran nichts. Damit suggeriert sie zwar eine N&#228;he zur juristischen Person des Privatrechts &#8222;Deutsche B&#246;rse AG&#8220; und ihrer Konzern- und Tochtergesellschaften, das &#228;ndert aber nichts daran, dass die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse Anstalt des &#246;ffentlichen Rechts ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Soweit die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse im Rahmen der Vertragsaufhebung &#246;ffentlich-rechtlich handelte (so Jaskulla, WM 2012, 1708, 1711 ff. - privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt - mit Darstellung des Streitstandes siehe dazu im Einzelnen auch die angegriffene Entscheidung des Landgerichts), ist der Senat an die Bestandskraft des entsprechenden Verwaltungsakts aufgrund der Einheitlichkeit der Rechtsordnung, welche eine Bindung an Verwaltungsentscheidungen und verwaltungsgerichtliche Entscheidungen bedingt, gebunden (vgl. etwa zu &#167; 638 RVO: BGH, Urteil vom 4. April 1995 - VI ZR 327/93, juris Rn. 14).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen (auch falls die Frankfurter Wertpapierb&#246;rse zivilrechtlich gehandelt h&#228;tte) gelten f&#252;r die Aufhebung von Gesch&#228;ften im Open Market (Freiverkehr) die Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse gem&#228;&#223; &#167; 3 Abs. 2 der Handelsordnung f&#252;r den Freiverkehr an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse entsprechend. Hierin wird - &#228;hnlich einer Schiedsvereinbarung - der Gesch&#228;ftsf&#252;hrung der B&#246;rse die Entscheidung &#252;ber den Mistrade (&#167;&#167; 23 ff. der Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse) unter Ausschluss von Anspr&#252;chen der Parteien gegeneinander auf Schadensersatz (&#167; 32 der Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse) &#252;berlassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Insoweit ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass auch die Haftung aus &#167; 394 HGB i. V. m. Nr. 9 Satz 1 der Sonderbedingungen f&#252;r Wertpapiergesch&#228;fte (Delkredere-Haftung) nicht dem Zweck dient, eine Wirksamkeit des Gesch&#228;ftes zu fingieren, sondern dazu, den Kommittenten vom Risiko der Vertragstreue des Vertragspartners des Kommission&#228;rs zu befreien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Die Zwischenschaltung der X AG als Intermedi&#228;rin &#228;ndert nichts daran, dass es auf die Wirksamkeit des Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fts ankommt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>b)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>&#220;berdies wird vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kl&#228;ger zwar dargelegt, dass im Zeitraum von 31. Mai 2011 bis zum 10. Juni 2011 Gesch&#228;fte zu &#228;hnlichen Preisen wie dem tats&#228;chlich (zun&#228;chst) erzielten (&#8364; 40,14 je St&#252;ck) stattgefunden h&#228;tten (Anlage K 6, Blatt 51 ff. d. A.), damit wird aber noch nicht dargelegt, dass das konkrete Gesch&#228;ft nicht zu einem offensichtlich nicht marktgerechten Preis zustande gekommen ist, zumal nicht auszuschlie&#223;en ist, dass auch die Gesch&#228;fte, die deutlich vom von der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse als marktgerecht angesehenen Preis abwichen, ebenfalls im Rahmen eines Mistrade-Verfahrens aufgehoben wurden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Soweit der Kl&#228;ger die Auffassung vertritt, es sei unstreitig, dass tats&#228;chlich kein offensichtlich unzutreffender Preis vorgelegen habe, ist das unrichtig. Die Beklagte behauptet nicht nur einen solchen, sondern dar&#252;ber hinaus, dass der Kl&#228;ger - vermutlich mit Hilfe eines Computerprogramms - zielgerichtet nach derartigen Preisen suche.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>B)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Eine Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus &#167; 384 Abs. 3 HGB.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>Eine solche Haftung wird vom Kl&#228;ger in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend gemacht (&#167; 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 ZPO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Die Beklagte haftet auch nicht gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 3 HGB.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 3 HGB haftet der Kommission&#228;r dem Kommittenten zwar f&#252;r die Erf&#252;llung des Gesch&#228;fts, wenn er ihm nicht sogleich mit der Anzeige von der Ausf&#252;hrung der Kommission den Dritten namhaft macht, mit dem er das Gesch&#228;ft abgeschlossen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>a)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Zwischen den Parteien liegt ein Kommissionsgesch&#228;ft vor (siehe oben).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>b)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hat unstreitig den Namen des Dritten, von dem sie erwarb, nicht bekannt gemacht, sondern das streitgegenst&#228;ndliche Wertpapier f&#252;r die Kl&#228;gerin am Vormittag des 3. Juni 2011 &#252;ber die X AG an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse im Freiverkehr zum Preis von &#8364; 40,14 pro St&#252;ck erworben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>c)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>Die Vorschrift des &#167; 384 Abs. 3 HGB ist nach ihrem Sinn und Zweck vorliegend indes nicht anwendbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Die Selbsthaftung des Kommission&#228;rs nach &#167; 384 Abs. 3 HGB soll den Kommittenten vor Spekulationen des Kommission&#228;rs sch&#252;tzen, ihm nach der Anzeige der Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts ohne Nennung des Dritten einen weniger leistungsf&#228;higen Vertragspartner unterzuschieben oder das Gesch&#228;ft mit dem leistungsf&#228;higen Kontrahenten f&#252;r sich oder einen anderen Kommittenten in Anspruch zu nehmen (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 14 mwN; vgl. F&#252;ller in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 384 Rn. 43). Die Nennung des Dritten soll dem Kommission&#228;r erm&#246;glichen, eigenverantwortlich die Leistungsf&#228;higkeit des Dritten zu &#252;berpr&#252;fen oder sich mit ihm in Verbindung zu setzen, um festzustellen, ob tats&#228;chlich ein Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft zu den angezeigten Konditionen abgeschlossen worden ist (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 14 mwN).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Danach tritt die Selbsthaftung des Kommission&#228;rs nach &#167; 384 Abs. 3 HGB nach allgemeiner Auffassung nicht nur ein, wenn der Kommission&#228;r den Dritten nicht nennt, sondern auch in den F&#228;llen, in denen der Kommission&#228;r einen anderen Dritten nennt oder &#252;berhaupt nicht mit einem Dritten abgeschlossen hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1952 - I ZR 105/51, LM &#167; 675 BGB Nr. 3; F&#252;ller in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 384 Rn. 45) oder ein unwirksamer Selbsteintritt vorliegt (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 15 mwN).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Der Zweck des &#167; 384 Abs. 3 HGB ersch&#246;pft sich darin, den Kommittenten so zu stellen, als habe der Kommission&#228;r den Dritten benannt und ihm dar&#252;ber den Vollzug des Gesch&#228;fts erm&#246;glicht. Die aus dieser Vorschrift folgende Erf&#252;llungshaftung bezieht sich somit nur auf das tats&#228;chlich geschlossene Gesch&#228;ft und soll nicht noch zus&#228;tzlich dessen Wirksamkeit fingieren. Aufgrund dessen scheidet eine Haftung des Kommission&#228;rs nach &#167; 384 Abs. 3 HGB etwa aus, wenn er von dem Gesch&#228;ft h&#228;tte zur&#252;cktreten k&#246;nnen oder ihm die Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts unm&#246;glich geworden ist (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 16 mwN).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>So liegt der Fall hier. Die Aufhebung des Gesch&#228;fts wegen Mistrades hat mit dem Namen des Vertragspartners nichts zu tun, sondern betrifft die Wirksamkeit des Gesch&#228;fts, welche gerade nicht fingiert werden soll. Die Aufhebung des nicht marktgerechten Gesch&#228;fts (sogenannter Mistrade) wird vom Schutzzweck des &#167; 384 Abs. 3 HGB nicht erfasst. Die Stornierung w&#228;re auch dann erfolgt, wenn die Beklagte dem Kl&#228;ger den Dritten namhaft gemacht h&#228;tte. Eine Besserstellung des Kommittenten im Vergleich zu dieser Rechtslage wird mit &#167; 384 Abs. 3 HGB nicht bezweckt (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 17).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p>Dem steht nicht entgegen, dass bei der vorliegenden Fallkonstellation dem Kunden einer Bank erhebliche Verm&#246;genssch&#228;den drohen, wenn er etwa im Daytrading Gewinne sofort in neue Gesch&#228;fte investiert, dabei verliert und sodann das erste, gewinnbringende Gesch&#228;ft als &#8222;Mistrade" r&#252;ckabgewickelt wird. Der dadurch dem Kunden entstehende Schaden wird nicht von der Haftung aus &#167; 384 Abs. 3 HGB erfasst. Vielmehr wird der Kommittent insoweit dadurch ausreichend gesch&#252;tzt, dass der Kommission&#228;r - in Erf&#252;llung der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht nach &#167; 384 Abs. 1 Halbs. 2 HGB - in dem Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft einen dem &#167; 122 BGB entsprechenden Schadensersatzanspruch zu vereinbaren hat (BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 18).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p>Aufgrund dessen kann offen bleiben, ob die dispositive Vorschrift des &#167; 384 Abs. 3 HGB f&#252;r den Wertpapierhandel durch einen entgegenstehenden Handelsbrauch au&#223;er Kraft gesetzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1952 - I ZR 105/51, LM &#167; 675 BGB Nr. 3, juris; BGH, Urteil vom 23. Juni 2015 - XI ZR 386/13, Rn. 19).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>C)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>Ein Anspruch des Kl&#228;gers gegen die Beklagte auf Herausgabe eines Schadensersatzanspruches der Beklagten beziehungsweise der f&#252;r sie auftretenden X AG gegen die M GmbH (oder die f&#252;r sie an der B&#246;rse handelnden Akteurin/ Intermedi&#228;rin) gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 2 HGB besteht ebenfalls nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>Nach dieser Vorschrift hat der Kommission&#228;r dem Kommittenten unter anderem dasjenige herauszugeben, was er aus der Gesch&#228;ftsbesorgung erlangt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_62">62</a></dt> <dd><p>Die X AG und hier&#252;ber die Beklagte haben keinen Schadensersatzanspruch gegen die M GmbH (oder die f&#252;r sie an der B&#246;rse handelnden Akteurin), denn solche Anspr&#252;che sind gem&#228;&#223; &#167; 32 Satz 2 der Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse (Anlage K 3, Blatt 16 ff. d. A., dort Seite 20, Blatt 35 der Akte) ausgeschlossen. Hiernach sind gegenseitige Anspr&#252;che der Parteien auf Schadensersatz im Fall der Aufhebung von Gesch&#228;ften durch die Gesch&#228;ftsf&#252;hrung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse - wie hier - ausgeschlossen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>D)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_63">63</a></dt> <dd><p>Anspr&#252;che des Kl&#228;gers gegen die Beklagte aufgrund einer Pflichtverletzung im Rahmen des geschlossenen Kommissionsvertrages gem&#228;&#223; &#167; 280 Abs. 1 BGB i. V. m. &#167; 384 Abs. 1, &#167; 385 Abs. 1 HGB stehen dem Kl&#228;ger nicht zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_64">64</a></dt> <dd><p>Ein Kommissionsvertrag liegt vor (1.). Eine Pflichtverletzung liegt allerdings nicht vor (2.). Eine Pflicht des Kommission&#228;rs zur (Rechts-) Beratung hinsichtlich etwaig gegen eine Mistrade-Entscheidung einzulegende Rechtsmittel besteht - jedenfalls ohne konkrete Weisung - nicht (a). Es liegt weder ein Weisungsversto&#223; (b) noch ein Versto&#223; gegen Warn- oder Hinweispflichten (Erfordernis eines formgerechten Widerspruchs) (c) noch ein Versto&#223; gegen eine &#252;bernommene Verpflichtung (d) vor. Eine etwaige Pflichtverletzung erfolgte schuldhaft (3.), wurde f&#252;r den entgangenen Gewinn des Kl&#228;gers aber nicht kausal (4.). Ein Schaden besteht in beantragter H&#246;he (5.). Ein etwaiger Anspruch w&#228;re nicht verj&#228;hrt (6.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_65">65</a></dt> <dd><p>Ein Kommissionsvertrag liegt vor (siehe oben).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_66">66</a></dt> <dd><p>Eine Pflichtverletzung liegt allerdings nicht vor. Eine Pflicht des Kommission&#228;rs zur (Rechts-) Beratung hinsichtlich etwaig gegen eine Mistrade-Entscheidung einzulegende Rechtsmittel besteht - jedenfalls ohne konkrete Weisung - nicht (a). Es liegt weder ein Weisungsversto&#223; (b) noch ein Versto&#223; gegen Warn- oder Hinweispflichten (Erfordernis eines formgerechten Widerspruchs) (c) noch ein Versto&#223; gegen eine &#252;bernommene Verpflichtung (d).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_67">67</a></dt> <dd><p>Der Kommission&#228;r ist gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 1 HGB verpflichtet, das &#252;bernommene Gesch&#228;ft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuf&#252;hren; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Er hat dem Kommittenten gem&#228;&#223; &#167; 384 Abs. 2 HGB die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere von der Ausf&#252;hrung der Kommission unverz&#252;glich Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem Kommittenten &#252;ber das Gesch&#228;ft Rechenschaft abzulegen und ihm dasjenige herauszugeben, was er aus der Gesch&#228;ftsbesorgung erlangt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>a)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_68">68</a></dt> <dd><p>Eine Pflicht des Kommission&#228;rs zur (Rechts-) Beratung hinsichtlich etwaig gegen eine Mistrade-Entscheidung einzulegende Rechtsmittel besteht - jedenfalls ohne konkrete Weisung - danach nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_69">69</a></dt> <dd><p>Die Pflichten des Kommission&#228;rs betreffen die Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts. Allein hierbei hat er (jedenfalls zun&#228;chst) das Interesse des Kommitenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen. Danach hat er lediglich Benachrichtigungspflichten, insbesondere hinsichtlich der Ausf&#252;hrung, und ist er zur Rechenschaft und Herausgabe des aus der Gesch&#228;ftsbesorgung Erlangten verpflichtet. Mit einem Vorgehen gegen eine nach Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts erfolgte Entscheidung der B&#246;rse zur Aufhebung des Gesch&#228;fts wegen Mistrades hat dies nichts zu tun. Rat oder Empfehlung schuldet der Kommission&#228;r vor Auftrag in der Regel nur auf Verlangen (F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 384 Rn. 12), danach soweit handels&#252;blich oder von Treu und Glauben gefordert (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, &#167; 384 Rn. 2). Beides ist hier hinsichtlich der Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts weder vorgetragen noch ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>b)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_70">70</a></dt> <dd><p>Ein Versto&#223; gegen vom Kl&#228;ger erteilte Weisungen im Sinne des &#167; 384 Abs. 1, &#167; 385 Abs. 1 HGB liegt nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_71">71</a></dt> <dd><p>Weisung ist eine nach Vertragsschluss einseitig vom Kommittenten getroffene Bestimmung, mit der <em>das Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft</em> n&#228;her konkretisiert wird (F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 384 Rn. 18). Das Weisungsrecht ist ein den Vertrag ausf&#252;llendes, nicht ab&#228;nderndes Gestaltungsrecht des Kommittenten (Hopt in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, &#167; 384 Rn. 1). Der Kommittent kann nur im Rahmen des Kommissionsvertrages Weisungen erteilen (F&#252;ller in: Boujong/Ebenroth/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. 2015, &#167; 384 Rn. 19).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_72">72</a></dt> <dd><p>Der Kommission&#228;r ist gem&#228;&#223; &#167; 385 Abs. 1 HGB dem Kommittenten zum Ersatz des aus dem Weisungsversto&#223; entstehenden Schadens verpflichtet, wenn er nicht gem&#228;&#223; dessen Weisungen handelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>aa)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_73">73</a></dt> <dd><p>Das ist vorliegend nicht zu erkennen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(1)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_74">74</a></dt> <dd><p>Zum einen betraf die Anweisung des Kl&#228;gers, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse vorzugehen, nicht die Ausf&#252;hrung des Auftrages, die zu diesem Zeitpunkt l&#228;ngst erfolgt war.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(2)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_75">75</a></dt> <dd><p>Zum anderen ergriff die Beklagte auch nach Erledigung des eigentlichen Auftrags genau die Ma&#223;nahmen, die der Kl&#228;ger von ihr verlangte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_76">76</a></dt> <dd><p>Nach dem Tatbestand der angegriffenen Entscheidung ist mit der Wirkung des &#167; 314 ZPO festgestellt, dass der Kl&#228;ger den Mitarbeiter der Beklagten H. zun&#228;chst anwies, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse vorzugehen, ohne zu erkl&#228;ren, was genau zu tun sei. Nach dem Vortrag der Beklagten in der erstinstanzlichen m&#252;ndlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2016 (Protokoll, Blatt 244 ff. d. A., dort Seite 2, Blatt 245 d. A.) gab der Kl&#228;ger stets ganz konkrete Anweisungen, also auch hinsichtlich des Telefonats.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_77">77</a></dt> <dd><p>Daraufhin telefonierte der Mitarbeiter der Beklagten entsprechend dieser Anweisung mit der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse und teilte sogleich mit, dass der Kl&#228;ger mit der Aufhebung des Gesch&#228;fts nicht einverstanden sei. Am 10. Juni 2011 telefonierte der Kl&#228;ger erneut mit dem Mitarbeiter der Beklagten und wies diesen an, an bestimmte Empf&#228;nger eine E-Mail mit einem konkret vorgegebenen Text zu schreiben, was wiederum Herr H. exakt entsprechend der Vorgabe mit E-Mail vom 10. Juni 2011, 15:55 Uhr, tat (Anlage B 5, Blatt 192 f. d. A.). Hier&#252;ber unterrichtete er auch den Kl&#228;ger. Gleiches spielte sich am 23. November 2011 erneut ab, dieses Mal allerdings durch einen anderen Mitarbeiter der Beklagten, Herrn B (Anlage K 4, Blatt 37 d. A.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_78">78</a></dt> <dd><p>Damit ergriff die Beklagte durch ihre Mitarbeiter exakt die Ma&#223;nahmen, die der Kl&#228;ger von ihr verlangte. Wenn er nunmehr ausf&#252;hrt, es sei aus der Weisung des Kl&#228;gers f&#252;r die Beklagte erkennbar gewesen, dass sie die erforderlichen Ma&#223;nahmen zu ergreifen h&#228;tte, so kann dem schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Kl&#228;ger - wie er in seiner pers&#246;nlichen Anh&#246;rung im Rahmen der erstinstanzlichen m&#252;ndlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2016 (Protokoll, Blatt 244 ff. d. A.) einger&#228;umt hat - selbst nicht wusste, auf welchem Weg gegen die Mistrade-Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse vorzugehen war. Ob der Kl&#228;ger lediglich einen Anruf bei der B&#246;rse oder aber die Einlegung eines formellen Widerspruchs wollte, ist seiner Anweisung nach eigenen Angaben nicht eindeutig zu entnehmen. Verantwortlich f&#252;r den Widerspruch war aber, anders als f&#252;r die Ausf&#252;hrung des Gesch&#228;fts, der Kl&#228;ger selbst und nicht die Beklagte als Kommission&#228;rin. Diese schuldete keine Rechtsberatung oder aber die Einlegung eines formellen Widerspruchs gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_79">79</a></dt> <dd><p>&#220;berdies ist im Rahmen der Entscheidung &#252;ber den Mistrade-Antrag eine etwaige Stellungnahme fernm&#252;ndlich durchaus m&#246;glich, wie schon die Tatsache zeigt, dass auch der Antrag selbst gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 2 Satz 3 der Bedingungen f&#252;r Gesch&#228;fte an der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse (Anlage K 3, Blatt 16 ff. d. A.) nicht nur schriftlich, per Fax oder per E-Mail, sondern auch telefonisch gestellt werden kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>bb)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_80">80</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen h&#228;tten weder der Kommission&#228;r noch der Kommittent eine M&#246;glichkeit, durch Widerspruch die (unterstellt unrechtm&#228;&#223;ige) Aus&#252;bung des Aufhebungsrechtes zu verhindern; diese stellt ein einseitiges Gestaltungsrecht dar, so dass es auf ein Einverst&#228;ndnis des Kommission&#228;rs nicht ankommt (siehe dazu auch oben). Eine Pr&#252;fung der Voraussetzungen w&#252;rde somit leer laufen und w&#228;re nicht geeignet, Schwebezust&#228;nde zu beseitigen. Ein Interesse des Kommittenten im Sinne des &#167; 384 Abs. 1 HGB an einer Pr&#252;fung der Voraussetzungen f&#252;r eine Aufhebung seitens des Emittenten durch den Kommission&#228;r ist damit nicht erkennbar (OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Rn. 170).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>cc)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_81">81</a></dt> <dd><p>Darauf, ob der Beklagten ein Widerspruch nicht zuzumuten gewesen w&#228;re aufgrund unklarer Rechtslage und etwaiger Kosten eines Verfahrens, kommt es nicht mehr an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_82">82</a></dt> <dd><p>Insoweit ist dem vom Landgericht zitierten Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg (Urteil vom 4. Oktober 2013 - 13 U 211/11, dort unter II. 1. b), Beck-Online) jedenfalls insoweit zuzustimmen, als es die Anforderungen an die Beklagte als Kommission&#228;rin im Rahmen der ihr obliegenden Interessenwahrnehmungspflicht &#252;berspannt, sie ohne konkrete Weisung zu verpflichten, f&#252;r den Kl&#228;ger als Kommittenten (formell) Widerspruch gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse einzulegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_83">83</a></dt> <dd><p>Darauf, ob sie eine konkrete Weisung h&#228;tte einholen k&#246;nnen, kommt es angesichts der letztlich konkret erteilten Weisungen des Kl&#228;gers hinsichtlich der Versendung von ihm verfasster E-Mails nicht an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>c)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_84">84</a></dt> <dd><p>Der Kommittent kann einen Anspruch gegen den Kommission&#228;r auf Ersatz des entgangenen Gewinns auch nicht darauf st&#252;tzen, dieser habe seine Pflichten aus dem Kommissionsvertrag zur Wahrung der Interessen des Kommittenten nach Abschluss des Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fts verletzt, indem er die Berechtigung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse zur Stornierung des Wertpapiergesch&#228;fts nicht &#252;berpr&#252;ft und entsprechende Warnungen oder Hinweise erteilt habe. Diese Pr&#252;fung betrifft n&#228;mlich die Durchsetzung der Anspr&#252;che aus dem Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft. Zur Durchsetzung solcher Anspr&#252;che ist der Kommission&#228;r aber nicht verpflichtet (OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Leitsatz 5 und Rn. 167).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_85">85</a></dt> <dd><p>Eine solche Pflichtverletzung w&#228;re auch nicht kausal f&#252;r den durch entgangenen Gewinn entstandenen Schaden des Kommittenten. Das Stornierungsrecht stellt ein einseitiges Gestaltungsrecht des Wertpapieremittenten bzw. hier der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse dar, f&#252;r dessen Aus&#252;bung es auf ein Einverst&#228;ndnis des Kommission&#228;rs nicht ankommt. Ein Interesse des Kommittenten auf &#220;berpr&#252;fung der Voraussetzungen des Stornierungsrechts durch den Kommission&#228;r ist somit nicht erkennbar (OLG N&#252;rnberg, Urteil vom 10. Juli 2015 - 14 U 468/07, juris Leitsatz 6 und Rn. 168).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>d)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_86">86</a></dt> <dd><p>Ein Versto&#223; gegen eine Verpflichtung, die aus der &#220;bernahme der Aufgabe des Vorgehens gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse im Sinne des &#167; 662 BGB entstanden w&#228;re, besteht nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_87">87</a></dt> <dd><p>Die konkrete &#220;bernahme der Aufgabe, schriftlich Widerspruch gegen die Entscheidung einzulegen, wird weder vorgetragen noch ist sie ersichtlich. Spiegelbildlich zur nicht konkret erteilten Weisung &#252;bernahm die Beklagte auch nicht eine konkrete Verpflichtung; dies zumal auch nach den Angaben des Kl&#228;gers zum Zeitpunkt der Gespr&#228;che &#252;ber ein Vorgehen gegen die streitgegenst&#228;ndliche Entscheidung weder ihm noch dem Mitarbeiter der Beklagten klar war, was man konkret unternehmen m&#252;sste.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>3.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_88">88</a></dt> <dd><p>Eine etwaige Pflichtverletzung erfolgte schuldhaft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_89">89</a></dt> <dd><p>Es gilt die Vermutung des &#167; 280 Abs. 1 Satz 2 BGB, zu deren Widerlegung nichts vorgetragen oder ersichtlich ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>4.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_90">90</a></dt> <dd><p>Eine etwaige Pflichtverletzung wurde f&#252;r den entgangenen Gewinn des Kl&#228;gers nicht kausal.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_91">91</a></dt> <dd><p>Eine etwaige Pflichtverletzung rechtfertigt nicht die Klageforderung, weil der Kl&#228;ger, wenn in dem Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft (im au&#223;erb&#246;rslichen Handel) ein dem &#167; 122 BGB entsprechender Schadensersatzanspruch vereinbart worden w&#228;re, nur den Schaden, der ihm durch sein Vertrauen auf die G&#252;ltigkeit des Ausf&#252;hrungsgesch&#228;fts entstanden ist, nicht aber den Gewinn aus dem Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft, der den Gegenstand der Klage bildet, ersetzt verlangen k&#246;nnte (BGH, Urteil vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, juris Rn. 22). Gleiches muss im b&#246;rslichen Handel - wie hier - gelten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_92">92</a></dt> <dd><p>Ein ersatzf&#228;higer Schaden (negatives Interesse) ist weder vorgetragen noch ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>5.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_93">93</a></dt> <dd><p>Ein (allerdings nicht ersatzf&#228;higer, siehe oben) Schaden besteht in beantragter H&#246;he. Hierzu kann auf die im Tatbestand des angegriffenen Urteils befindliche Berechnung des Kl&#228;gers anhand der beauftragten Ver&#228;u&#223;erungsm&#246;glichkeit hinsichtlich der Papiere am 23. November 2011 (vgl. E-Mails des Mitarbeiters der Beklagten B, Anlage K 4, Blatt 37 d. A.) zu einem um &#8364; 9,11 pro St&#252;ck h&#246;heren Kurs (5.000 St&#252;ck x &#8364; 9,11 = &#8364; 45.550,00) verwiesen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>6.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_94">94</a></dt> <dd><p>Etwaige Anspr&#252;che des Kl&#228;gers sind nicht verj&#228;hrt im Sinne eines Leistungsverweigerungsrechts gem&#228;&#223; &#167; 214 Abs. 1 BGB.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>a)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_95">95</a></dt> <dd><p>Die regelm&#228;&#223;ige Verj&#228;hrungsfrist des &#167; 195 BGB von drei Jahren ist nicht abgelaufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_96">96</a></dt> <dd><p>Die Darlegungs- und Beweislast f&#252;r Beginn und Ablauf der Verj&#228;hrungsfrist tr&#228;gt derjenige, der sich als Schuldner auf sie beruft (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 &#8211; XI ZR 319/06, Rn. 25; Ellenberger in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, vor &#167; 194 Rn. 24), hier die Beklagte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_97">97</a></dt> <dd><p>Nach dem Abschluss des Gesch&#228;fts am 3. Juni 2011 entstand der Anspruch im Sinne des &#167; 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB grunds&#228;tzlich bereits zu diesem Zeitpunkt, weil bereits der Erwerb der Kapitalanlage aufgrund einer ggf. fehlerhaften Information urs&#228;chlich f&#252;r den sp&#228;teren Schaden ist, da der ohne die erforderliche Aufkl&#228;rung gefasste Entschluss von den M&#228;ngeln der fehlerhaften Aufkl&#228;rung beeinflusst ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - XI ZR 586/07).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_98">98</a></dt> <dd><p>Die weitere (subjektive) Voraussetzung des Verj&#228;hrungsbeginns gem&#228;&#223; &#167; 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, dass der Gl&#228;ubiger von den Anspruch begr&#252;ndenden Umst&#228;nden und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrl&#228;ssigkeit erklangen m&#252;sste, lag zu diesem Zeitpunkt bzw. jedenfalls kurz danach ebenfalls vor. Der Kl&#228;ger wurde durch den Mitarbeiter der Beklagten H. sogleich &#252;ber die Mistrade-Entscheidung informiert und wusste von den ergriffenen Ma&#223;nahmen der Beklagten, n&#228;mlich dem Telefonat und den anschlie&#223;enden E-Mails, die er selbst vorgegeben hatte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_99">99</a></dt> <dd><p>Damit lief die Verj&#228;hrungsfrist grunds&#228;tzlich mit dem Schluss des Jahres 2011 an (&#167; 199 Abs. 1 BGB) und endete nach Ablauf von drei Jahren (&#167; 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres 2014.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_100">100</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger kann sich allerdings auf eine Hemmung der Verj&#228;hrung aufgrund des G&#252;teantrags vom 30. Dezember 2014 (Anlage K 10, Blatt 64 ff. d. A.) gem&#228;&#223; &#167; 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB und in der Folge auf eine Hemmung durch Klageerhebung gem&#228;&#223; &#167; 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB berufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_101">101</a></dt> <dd><p>Der G&#252;teantrag war rechtzeitig (aa) und hinreichend individualisiert (bb). Er war gegen&#252;ber der Beklagten auch nicht rechtsmissbr&#228;uchlich (cc). Als am 16. Oktober 2015 Klage erhoben worden ist (Blatt 1 ff. d. A.), sind etwaige Anspr&#252;che noch nicht verj&#228;hrt gewesen (dd).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>aa)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_102">102</a></dt> <dd><p>Der G&#252;teantrag war rechtzeitig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_103">103</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB wird die Verj&#228;hrung dadurch gehemmt, dass die Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle veranlasst wird; die Verj&#228;hrung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demn&#228;chst bekannt gegeben wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_104">104</a></dt> <dd><p>Die Voraussetzungen dieser Norm, namentlich der Eingang des G&#252;teantrags am 30. Dezember 2014 und damit vor Ablauf der Verj&#228;hrungsfrist am 31. Dezember 2014 sowie die Bekanntgabe &#8222;demn&#228;chst&#8220;, n&#228;mlich mit Zustellung an die Beklagte am 12. Januar 2015, liegen nach dem Tatbestand der angegriffenen Entscheidung - mit der Wirkung des &#167; 314 ZPO - vor. Dagegen wendet sich die Berufung auch (naturgem&#228;&#223;) nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>bb)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_105">105</a></dt> <dd><p>Der G&#252;teantrag war auch hinreichend individualisiert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(1)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_106">106</a></dt> <dd><p>Der G&#252;teantrag muss zwar nicht in jeder Beziehung den Anforderungen des &#167; 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO f&#252;r eine Klageerhebung entsprechen. Er muss f&#252;r den Schuldner aber erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er pr&#252;fen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das G&#252;teverfahren eintreten m&#246;chte. Dementsprechend muss der G&#252;teantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gl&#228;ubigers unmissverst&#228;ndlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Auch wenn insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, weil das G&#252;teverfahren in erster Linie auf eine au&#223;ergerichtliche g&#252;tliche Beilegung des Rechtsstreits abzielt und keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren besteht, kommt hinzu, dass die G&#252;testelle durch den Antrag in die Lage versetzt werden muss, als neutrale Schlichterin und Vermittlerin im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Dies setzt voraus, dass sie ausreichend &#252;ber den Gegenstand des Verfahrens informiert wird. Ma&#223;gebend f&#252;r die Individualisierung ist sonach nicht allein die Perspektive des Antragsgegners, sondern auch die Sicht der G&#252;testelle, an die sich der G&#252;teantrag in erster Linie richtet, damit diese im Sinne einer g&#252;tlichen Einigung zwischen den Anspruchsparteien t&#228;tig wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_107">107</a></dt> <dd><p>Nach diesen Grunds&#228;tzen hat der G&#252;teantrag in Anlageberatungsf&#228;llen - wie hier nicht - regelm&#228;&#223;ig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungef&#228;hren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umrei&#223;en, so dass der Anspruch f&#252;r den Schuldner erkennbar ist und die G&#252;testelle in die Lage versetzt wird, auf der Grundlage der Angaben im G&#252;teantrag einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der G&#252;testelle ein R&#252;ckschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung m&#246;glich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der G&#252;teantrag seiner Funktion gem&#228;&#223; demgegen&#252;ber grunds&#228;tzlich nicht enthalten (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 20; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, Rn. 17; BGH, Urteil vom 20. August 2015 - III ZR 373/14, Rn. 18; BGH, Urteil vom 3. September 2015 &#8211; III ZR 347/14, Rn. 17; BGH, Beschluss vom 13. August 2015 - III ZR 358/14, Rn. 3; BGH, Beschl&#252;sse vom 16. Juli 2015 &#8211; III ZR 164/14, Rn. 3 und III ZR 302/14, Rn. 5; BGH, Beschl&#252;sse vom 18. Juni 2015 &#8211; III ZR 198/14, Rn. 25; III ZR 189/14, Rn. 24; III ZR 191/14, Rn. 25 und III ZR 227/14, Rn. 25; BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZR 116/15, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 - III ZB 88/15 Rn. 16; BGH, Beschluss vom 4. Februar 2016 - III ZR 356/14, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 - III ZB 74/15, Rn. 16; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016, III ZB 76/15, Rn. 16; BGH, Beschluss vom 24. M&#228;rz 2016 - III ZB 75/15, Rn. 16; BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016 - III ZR 341/15, 1. Absatz des Tenors; BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 - III ZR 90/15, Rn. 5). Jedenfalls die Gr&#246;&#223;enordnung der insoweit verfolgten Anspr&#252;che muss sich aber aus den Angaben zum Schaden ergeben (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 20).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_108">108</a></dt> <dd><p>Wesentliche Angaben zur Darstellung des Streitgegenstands m&#252;ssen sich nicht zwingend im G&#252;teantrag selbst befinden, wenn sich die Angaben in einem vorprozessualen Anspruchsschreiben finden, das dem Antrag beigef&#252;gt ist; es w&#228;re blo&#223;er Formalismus und erforderte lediglich unn&#246;tige Schreibarbeit, wenn verlangt w&#252;rde, die entsprechenden Textpassagen aus dem beigef&#252;gten Schreiben in den Antrag selbst zu &#252;bernehmen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 15 f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(2)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_109">109</a></dt> <dd><p>Diesen Anforderungen gen&#252;gt der G&#252;teantrag des Kl&#228;gers. Im G&#252;teantrag selbst (Anlage 10, Blatt 64 ff. d. A.) werden das streitgegenst&#228;ndliche Wertpapier sowie das Auftrags- und Erwerbsdatum und die Auftragssumme genannt; der geltend gemachte Schadensersatzbetrag wird konkret berechnet und beziffert. Dazu sind der Ablauf der Gesch&#228;ftsabwicklung und die ger&#252;gten vermeintlichen Pflichtverletzungen zumindest teilweise genannt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_110">110</a></dt> <dd><p>Das ist nach der dargestellten h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung ausreichend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(3)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_111">111</a></dt> <dd><p>Dem steht auch nicht entgegen, dass nicht alle vermeintlichen Pflichtverletzungen im G&#252;teantrag genannt sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(a)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_112">112</a></dt> <dd><p>Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass als vermeintliche Pflichtverletzung lediglich angegeben ist, dass sie es vers&#228;umt habe, <em>&#8222;&#8230;den B&#246;rsenmakler X AG anzuweisen, die erforderlichen Darlegungen im Pr&#252;fungsverfahren der Gesch&#228;ftsf&#252;hrung der B&#246;rse zu machen.&#8220;</em> sowie dem Kl&#228;ger im Sinne des &#167; 384 Abs. 3 HGB zeitgerecht den Dritten namhaft zu machen, mit dem die Beklagte das Ausf&#252;hrungsgesch&#228;ft geschlossen hatte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_113">113</a></dt> <dd><p>Nunmehr st&#252;tzt der Kl&#228;ger seine Klage und die Berufung allerdings im Wesentlichen darauf, dass die Beklagte es - entgegen einer vermeintlichen Weisung - vers&#228;umt habe, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse durch Einlegung eines form- und fristgerechten Widerspruchs vorzugehen und so dem von ihm gew&#252;nschten Wertpapiergesch&#228;ft zur Durchf&#252;hrung zu verhelfen bzw. ihn jedenfalls &#252;ber die Notwendigkeit eines schriftlichen Widerspruchs zu informieren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(b)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_114">114</a></dt> <dd><p>F&#252;r F&#228;lle der Anlageberatung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Verj&#228;hrung mehrerer eigenst&#228;ndiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorw&#252;rfe zwar materiell-rechtlich selbst&#228;ndig zu beurteilen sind. Die kenntnisabh&#228;ngige regelm&#228;&#223;ige Verj&#228;hrungsfrist nach &#167;&#167; 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich f&#252;r jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des &#167; 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB f&#252;r jede Pflichtverletzung getrennt zu pr&#252;fen sind (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, Rn. 14 mwN; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, Rn. 15). Die Reichweite der Hemmungswirkung von Rechtsverfolgungsma&#223;nahmen gem&#228;&#223; &#167; 204 Abs. 1 BGB beurteilt sich jedoch - ebenso wie die materielle Rechtskraft nach &#167; 322 Abs. 1 ZPO - nicht nach dem einzelnen materiell-rechtlichen Anspruch, sondern nach dem den Streitgegenstand bildenden prozessualen Anspruch. Dieser erfasst alle materiell-rechtlichen Anspr&#252;che, die sich im Rahmen des Rechtsschutzbegehrens aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen, in Anlageberatungsf&#228;llen folglich s&#228;mtliche Pflichtverletzungen eines zu einer Anlageentscheidung f&#252;hrenden Beratungsvorgangs, und zwar ohne R&#252;cksicht darauf, ob diese Pflichtverletzungen vorgetragen worden sind oder vorgetragen h&#228;tten werden k&#246;nnen (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, Rn. 15 ff; BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, Rn. 142 ff.; BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, Rn. 1; BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, Rn. 15; BGH Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 303/14, Rn. 8 ff; BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14, Rn. 15; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, Rn. 15). Dementsprechend wird die Verj&#228;hrung der Anspr&#252;che f&#252;r jeden einer Anlageentscheidung zugrunde liegenden Beratungsfehler gehemmt, wenn in unverj&#228;hrter Zeit wegen eines oder mehrerer Beratungsfehler Klage erhoben oder ein Mahn- oder G&#252;teverfahren eingeleitet wird (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, Rn. 15; BGH Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 303/14, Rn. 8 ff; jeweils mwN; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - III ZR 170/14, Rn. 15).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_115">115</a></dt> <dd><p>Diese Ma&#223;st&#228;be sind auf den vorliegenden Fall eines vermeintlichen Versto&#223;es gegen eine Weisung und eine Pflicht zum formgem&#228;&#223;en Widerspruch gegen eine Mistrade-Entscheidung zu &#252;bertragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(c)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_116">116</a></dt> <dd><p>Vorliegend waren die einzelnen Pflichtverletzungen also im G&#252;teantrag nicht zu benennen, sondern umfasste dessen Hemmungswirkung s&#228;mtliche Pflichtverletzungen im Rahmen des geschilderten Sachverhalts.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_117">117</a></dt> <dd><p>Dieses zumal in der Schilderung des Sachverhalts im G&#252;teantrag (Anlage K 10, Blatt 64 ff. d. A.) der seinerzeitige Antragsteller und jetzige Kl&#228;ger bereits erkl&#228;rt hat, dass er der Beklagten die Weisung erteilt habe, gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse Widerspruch zu erheben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>cc)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_118">118</a></dt> <dd><p>Der G&#252;teantrag des Kl&#228;gers gegen&#252;ber der Beklagten war auch nicht missbr&#228;uchlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_119">119</a></dt> <dd><p>Es ist grunds&#228;tzlich legitim und begr&#252;ndet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Antragsteller eine G&#252;testelle ausschlie&#223;lich zum Zwecke der Verj&#228;hrungshemmung anruft (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - VI ZR 306/92, juris Rn. 22; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 526/14, Rn. 33; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 25). Hiervon ist jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn schon vor der Einreichung des G&#252;teantrags feststeht, dass der Antragsgegner nicht bereit ist, an einem G&#252;teverfahren mitzuwirken und sich auf eine au&#223;ergerichtliche Einigung einzulassen, und er dies dem Antragsteller schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hat. In einem solchen Fall ist von vornherein sicher, dass der Zweck des au&#223;ergerichtlichen G&#252;teverfahrens - die Entlastung der Justiz und ein dauerhafter Rechtsfrieden durch konsensuale L&#246;sungen (BTDrucks 14/980, Seite 1 und 5) - nicht erreicht werden kann, weshalb sich eine gleichwohl erfolgte Inanspruchnahme der G&#252;testelle als rechtsmissbr&#228;uchlich erweist. Als Rechtsfolge einer derartigen missbr&#228;uchlichen Inanspruchnahme des Verfahrens ist es dem Gl&#228;ubiger gem&#228;&#223; &#167; 242 BGB verwehrt, sich auf eine Hemmung der Verj&#228;hrung durch Bekanntgabe des G&#252;teantrags zu berufen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 - III ZR 238/14, Rn. 23 mwN [f&#252;r Hemmung durch Mahnverfahren]; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 526/14, Rn. 34).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_120">120</a></dt> <dd><p>Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben war der G&#252;teantrag gegen&#252;ber der Beklagten nicht rechtsmissbr&#228;uchlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_121">121</a></dt> <dd><p>Der Zweck der Verj&#228;hrungshemmung bewirkt dies allein nicht. Es stand auch nicht bereits vor der Einreichung des G&#252;teantrags fest, dass die Beklagte nicht bereit sein w&#252;rde, an einem G&#252;teverfahren mitzuwirken und sich auf eine au&#223;ergerichtliche Einigung einzulassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>dd)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_122">122</a></dt> <dd><p>Als am 16. Oktober 2015 Klage erhoben worden ist (Blatt 1 ff. d. A.), sind etwaige Anspr&#252;che des Kl&#228;gers noch nicht verj&#228;hrt gewesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_123">123</a></dt> <dd><p>Die Hemmung der Verj&#228;hrung durch Bekanntgabe des G&#252;teantrags endete mit Ablauf des 20. Oktober 2015. Unter Ber&#252;cksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu &#167; 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endete die Verj&#228;hrungshemmung sechs Monate, nachdem die G&#252;testelle (hier: C GmbH) veranlasst hatte, das Absehen vom G&#252;teverfahren dem Kl&#228;ger mitzuteilen. Das ist hier am 20. April 2015 der Fall gewesen (Anlage K 12, Blatt 75 d. A.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(1)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_124">124</a></dt> <dd><p>&#167; 204 Abs. 2 Satz 1 BGB legt f&#252;r die in Absatz 1 geregelten Hemmungstatbest&#228;nde fest, dass die Hemmung sechs Monate nach der rechtskr&#228;ftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_125">125</a></dt> <dd><p>Grunds&#228;tzlich endet ein G&#252;teverfahren im Sinne des &#167; 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB durch Abschluss eines Vergleichs, die R&#252;cknahme des G&#252;teantrags oder durch die Einstellung des Verfahrens wegen Scheiterns des Einigungsversuchs. Dabei kann die konkrete Beendigung des Verfahrens nur innerhalb der Verfahrensordnung der jeweiligen G&#252;testelle festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, Rn. 160; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 27; BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 - III ZR 100/15, Rn. 9). &#167; 204 Abs. 2 Satz 1 BGB ist dabei nach seinem Sinn und Zweck so auszulegen ist, dass es auch in dem Fall, in dem die Beendigung eines Hemmungstatbestands vom Gl&#228;ubiger nicht unmittelbar wahrnehmbar ist, f&#252;r den Lauf der sechsmonatigen Nachlauffrist darauf ankommt, dass dieser Umstand dem Gl&#228;ubiger zur Kenntnis gebracht wird (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 32). Denn der Zweck der Nachlauffrist des &#167; 204 Abs. 2 Satz 1 BGB besteht darin, dass dem Gl&#228;ubiger insbesondere dann, wenn im Verfahren keine Sachentscheidung ergeht, in jedem Falle eine Frist bleibt, in der weitere Rechtsverfolgungsma&#223;nahmen eingeleitet werden k&#246;nnen (BTDrucks 14/6040, Seite 117); das aber setzt die Kenntnis von der Verfahrensbeendigung voraus (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 30 f.). Auch beim G&#252;teverfahren ist im Grundsatz eine Kenntnisnahme des Gl&#228;ubigers vom Beendigungsgrund geboten, damit sie die vom Gesetzgeber einger&#228;umte Nachlauffrist nutzen k&#246;nnen (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 32). Das bedeutet, dass selbst dann, wenn nach der Verfahrensordnung das G&#252;teverfahren bereits mit Eingang der ablehnenden Stellungnahme des Gegners beendet ist, der Beginn der Nachlauffrist davon abh&#228;ngt, dass die Bekanntgabe der Weigerung an die Gegenpartei durch die G&#252;testelle veranlasst wird (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 30 ff.; BGH, Beschluss vom 4. Mai 2016 - III ZR 100/15, Rn. 10). An die Veranlassung der Bekanntgabe wird dabei deshalb angekn&#252;pft, weil im G&#252;teverfahren eine f&#246;rmliche Zustellung nicht vorgeschrieben ist (vgl. auch &#167; 15a EGZPO; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 405/14, Rn. 37).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>(2)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_126">126</a></dt> <dd><p>Danach ist f&#252;r die Beendigung des G&#252;teverfahrens nach der einschl&#228;gigen Verfahrensordnung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem veranlasst worden ist, die Entscheidung der G&#252;testelle zum Absehen von einer Schlichtung vom 20. April 2015 (Anlage K 12, Blatt 75 d. A.) dem Kl&#228;ger zur Kenntnis zu bringen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_127">127</a></dt> <dd><p>Von dieser Veranlassung ist fr&#252;hestens am 20. April 2015 auszugehen. Damit endete die Nachlauffrist des &#167; 204 Abs. 2 Satz 1 BGB fr&#252;hestens am 20. Oktober 2015. Die Klageerhebung am 16. Oktober 2015 hat mithin die Verj&#228;hrungsfrist erneut rechtzeitig gem&#228;&#223; &#167; 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>b)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_128">128</a></dt> <dd><p>F&#252;r den Ablauf der absoluten Verj&#228;hrungsfrist gem&#228;&#223; &#167; 199 Abs. 3 BGB bestehen hinsichtlich der einzelnen geltend gemachten Pflichtverletzungen keine Anhaltspunkte. Denn der Anspruch entstand erst am 3. Juni 2011. Die Klageerhebung am 16. Oktober 2015 hat mithin die Verj&#228;hrungsfrist jedenfalls rechtzeitig gem&#228;&#223; &#167; 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>E)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_129">129</a></dt> <dd><p>Damit bestehen auch keine Nebenanspr&#252;che (Zinsen, vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>F)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_130">130</a></dt> <dd><p>Die Nebenentscheidungen beruhen auf &#167; 97 Abs. 1, &#167; 708 Nr. 10, &#167; 711 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>G)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_131">131</a></dt> <dd><p>Die Revision ist zuzulassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_132">132</a></dt> <dd><p>Die Revision ist nach &#167; 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, wenn die Rechtssache grunds&#228;tzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_133">133</a></dt> <dd><p>Grunds&#228;tzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, kl&#228;rungsbed&#252;rftige und kl&#228;rungsf&#228;hige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von F&#228;llen stellen kann (BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 &#8211; V ZB 16/02, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, juris Rn. 2). Kl&#228;rungsbed&#252;rftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage h&#246;chstrichterlich noch nicht gekl&#228;rt ist (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 381/10, Rn. 12). Die hier entscheidenden Rechtsfragen sind aufgrund der genannten h&#246;chstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt. Ob der Kommission&#228;r &#252;ber die M&#246;glichkeiten belehren muss, wie gegen die Entscheidung der Frankfurter Wertpapierb&#246;rse vorgegangen werden kann und welche Ma&#223;nahmen er selbst ergreifen muss, ist ungekl&#228;rt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_134">134</a></dt> <dd><p>Auch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist tangiert, da hierin nicht eindeutig gekl&#228;rt scheint, welche Pflichten den Kommission&#228;r im jeweiligen Fall exakt treffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_135">135</a></dt> <dd><p>Auch die Frage der Delkrederehaftung bei Zwischenschaltung eines Intermedi&#228;rs ist von grunds&#228;tzlicher Bedeutung.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
125,234
lg-munchen-ii-2018-12-20-7-o-1049617
{ "id": 268, "name": "Landgericht München II", "slug": "lg-munchen-ii", "city": 188, "state": 4, "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Landgericht" }
7 O 10496/17
2018-12-20T00:00:00
2019-01-04T14:23:48
2019-02-12T11:30:57
Endurteil
<h2>Tenor</h2> <div> <p>I. Die Beklagte wird verurteilt,</p> <p>1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 &#8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen:</p> <p>Vorrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <p>die Folgendes umfassen:</p> <p>eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet.</p> <p>(Anspruch 1, unmittelbare Verletzung)</p> <p>2. der Kl&#228;gerin dar&#252;ber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen habt, und zwar unter Angabe</p> <p>a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <p>b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (n&#228;mlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <p>3. der Kl&#228;gerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen hat und zwar unter Angabe:</p> <p>a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,</p> <p>b) der einzelnen Lieferungen (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschlie&#223;lich der Verkaufsstellen, f&#252;r welche die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der einzelnen Angebote (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <p>d) der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,</p> <p>e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Belege (n&#228;mlich Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen,</p> <p>wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempf&#228;nger statt der Kl&#228;gerin einem von der Kl&#228;gerin zu benennenden, ihr gegen&#252;ber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ans&#228;ssigen, vereidigten Wirtschaftspr&#252;fer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten tr&#228;gt, und ihn erm&#228;chtigt und verpflichtet, der Kl&#228;gerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempf&#228;nger in der Liste enthalten ist;</p> <p>4. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zur&#252;ckzurufen,</p> <p>indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen einger&#228;umt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zur&#252;ckzugeben und den Dritten f&#252;r den Fall der R&#252;ckgabe der Erzeugnisse eine R&#252;ckzahlung des gegebenenfalls bereits bezahlten Kaufpreises sowie die &#220;bernahme der Kosten der R&#252;ckgabe zugesagt wird und endg&#252;ltig zu entfernen, indem die Beklagte die erfolgreich zur&#252;ckgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nimmt.</p> <p>II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.1. bezeichneten, seit dem 9. September 2017 begangenen Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.</p> <p>III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p> <p>IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 668,4 Mio. &#8364; vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <p><rd nr="1"/>Die Kl&#228;gerin nimmt die Beklagtenseite wegen Verletzung ihrer Rechte aus dem nationalen Teil des europ&#228;ischen Patents EP &#8230; 461 auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, R&#252;ckruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.</p> <p>A. Zu den Parteien</p> <p><rd nr="2"/>Die Kl&#228;gerin ist eingetragene Inhaberin des europ&#228;ischen Patents &#8230; 461 (im Folgenden: Klagepatent, Anlage K&#160;5) mit dem Titel &#8222;Leistungseffizienter Niederspannungs-H&#252;llkurvenverfolger&#8220;. Sie ist eine USamerikanische Gesellschaft mit Sitz in San Diego, Kalifornien.</p> <p><rd nr="3"/>Die Beklagte ist das Mutterunternehmen der P.-Gruppe und eine USamerikanische Gesellschaft mit Sitz in Cupertino, Kalifornien. Sie entwickelt, vertreibt und stellt u.a. mobile Computer und Kommunikationsger&#228;te her. Sie bietet in Deutschland die angegriffene Ausf&#252;hrungsform an, unter anderem auf der Website der deutschen P. Online Stores.</p> <p>B. Zu dem Klagepatent</p> <p><rd nr="4"/>I. Die Kl&#228;gerin hat das Klagepatent am 24.06.2012 angemeldet. Der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte (nach Klageerhebung) am 09.08.2017.</p> <p><rd nr="5"/>II. Patentanspruch 1 lautet im englischen Original wie folgt:</p> <p>&#8222;1. An apparatus (150) comprising:</p> <p>an inductor (162) operative to receive a switching signal and provide a supply current;</p> <p>a switcher (160b) operative to sense an input current (Isen) and generate the switching signal to charge and discharge the inductor to provide the supply current, the switcher (160b) adding an offset to the input current to generate a larger supply current via the inductor than without the offset an envelope amplifier (170a) operative to receive an envelope signal and provide a second supply current (Ienv) based on the envelope signal, wherein a total supply current (Ipa) comprises the supply current from the switcher (160b) and the second supply current from the envelope amplifier (170a); and a boost converter (180) operative to receive a first supply voltage and provide a boosted supply voltage having a higher voltage than the first supply voltage, wherein the envelope amplifier selectively operates based on the first supply voltage or the boosted supply voltage.&#8220;</p> <p><rd nr="6"/>Patentanspruch 1 lautet in deutscher &#220;bersetzung wie folgt:</p> <p>&#8222;1. Eine Vorrichtung (150), die Folgendes umfasst:&#8220;</p> <p><rd nr="7"/>Eine Induktivit&#228;t (162), die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement (160b), das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms (Isen) und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement (160b) dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstroms [sic] &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker (170a), der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms (Ienv) basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom (Ipa) den Versorgungsstrom von dem Schaltelement (160b) und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker (170a) umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler (180), der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet.</p> <p><rd nr="8"/>Die Merkmale des (zuletzt allein) geltend gemachten Patentanspruchs 1 gliedern die Parteien &#252;bereinstimmend nach der Merkmalsgliederung K&#160;2, der sich die Kammer anschlie&#223;t.</p> <p><rd nr="9"/>III. Mit der nachfolgenden Abbildung (Figur 5 des Klagepatents - im Original in Schwarzwei&#223;) wird der Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausf&#252;hrungsbeispiels verdeutlicht:</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-1-de.png" alt=""/></p> <p><rd nr="10"/>Das Klagepatent befasst sich mit der Bereitstellung einer Stromversorgung f&#252;r elektrische Verst&#228;rker, insbesondere zum Zwecke der &#220;bertragung elektrischer Signale.</p> <p><rd nr="11"/>Um Informationen &#252;ber die Luftschnittstelle zu &#252;bertragen, werden sie typischerweise in ein hochfrequentes Signal (RF-Signal, &#8222;radio frequency-signal&#8220;) umgewandelt und sodann &#252;ber einen Kommunikationskanal an einen Empf&#228;nger &#252;bertragen. Das RF-Signal wird dabei durch einen Leistungsverst&#228;rker (&#8222;power amplifier&#8220;) verst&#228;rkt (vgl. Abs. [0002] f. KPS). Diese Verst&#228;rkung ist energieintensiv. Insbesondere bei dem Einsatz mobiler Ger&#228;te, die mit Batterien betrieben werden, ist ein effizienter Einsatz von Energie gew&#252;nscht.</p> <p><rd nr="12"/>Das Klagepatent benennt als Stand der Technik die so genannte H&#252;llkurvenverfolgung, die in der Lage ist, dem zu sendenden hochfrequenten Signal zeitlich zu folgen. Hintergrund ist, dass das zu &#252;bertragende Signal gr&#246;&#223;ere Amplituden (Spannbreiten eines Signals) aufweisen kann. Wieviel Energie in die Verst&#228;rkung und &#220;bermittlung des Signals investiert werden muss, h&#228;ngt insbesondere von dieser Amplitude ab. Ohne die H&#252;llkurvenverfolgung muss eine Spannung angelegt werden, die in der Lage ist, die gesamte Bandbreite der Amplitude abzudecken. Ist das Signal schwach und die Amplitude klein, wird so unn&#252;tz Energie aufgewandt, die als W&#228;rme abgegeben wird. Durch die H&#252;llkurvenverfolgung kann ein bedarfsspeziI. Energieaufwand betrieben werden, was Energie spart. Bildlich l&#228;sst sich das wie folgt darstellen (Abbildung Klage S. 8 - im Original in Farbe):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-2-de.jpeg" alt=""/></p> <p><rd nr="13"/>Die linke Abbildung zeigt die lineare Spannungsversorgung ohne H&#252;llkurvenverfolgung, die rechte Abbildung eine solche mit H&#252;llkurvenverfolgung. Der rot markierte Bereich stellt jeweils &#252;bersch&#252;ssig aufgewendete Energie dar.</p> <p><rd nr="14"/>IV. Das Klagepatent ist - unstreitig - nicht standardessentiell.</p> <p>C. Zu der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform</p> <p><rd nr="15"/>Die kl&#228;gerseits als angegriffene Ausf&#252;hrungsform identifizierten Ger&#228;te enthalten den Chip Typ O. 81003 M (im Folgenden &#8222;O.-Chip&#8220;). Mit der Klage griff die Kl&#228;gerin explizit zun&#228;chst die Mobiltelefone P. 7plus und P. 7 der Beklagtenseite an. Mit der Replik (dort S. 13) benannte sie explizit auch die Ger&#228;te P. 8, P. 8 plus, P. X als verletzend. Sie beschr&#228;nkte ihren Angriff indes nicht auf die vorgenannten Ger&#228;ttypen, sondern griff alle Ausf&#252;hrungsformen an, die von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen (S. 17, 20 der Klageschrift).</p> <p><rd nr="16"/>Der O.-Chip ist Teil des O.-Envelope Trackers. Dieser wiederum ist Teil des Radio Freqency Front End (RFFE) der angegriffenen P.s (S. 18/20 Klageschrift, S. 10/11 Replik, jeweils mit Bildern). Der O.-Envelope Tracker stellt ein sog. System Inside Package Modul dar, das einen Chip und weitere Elemente wie Kondensatoren (capacitors) und Induktivit&#228;ten (inductors) umfasst.</p> <p><rd nr="17"/>Die genaue Ausgestaltung des O.-Chips ist zwischen den Parteien streitig. Die Kl&#228;gerin hat im Wege eines reverse engineering das gesamte Modul O.-Enevlope-Tracker untersucht. Die Untersuchungsergebnisse liegen vor in Form von Teardown-Reports (Nr. 1: K&#160;3, korrigiert K&#160;7 - siehe S. 2 Schriftsatz vom 30.11.2017 = Bl. 197 d. A., vergr&#246;&#223;erte Schaltpl&#228;ne K&#160;15, elektronische Version K&#160;16 = S. 13 Replik; Nr. 2: K&#160;4, zu der Erstellungsweise der Teardown-Reports siehe Replik S. 11/12). Die urspr&#252;nglichen Schaltpl&#228;ne lagen dabei nicht vor. Auf Basis dieses Reports hat die Kl&#228;gerin ein privates Sachverst&#228;ndigengutachten zur Funktionsweise des Chips anfertigen lassen und vorgelegt (K 22).</p> <p><rd nr="18"/>Folgende Bauteile enth&#228;lt die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unstreitig: Sie weist einen envelope tracker auf, der einen Versorgungsstrom f&#252;r einen Leistungsverst&#228;rker bereitstellt. Der Versorgungsstrom wird verst&#228;rkt. Des Weiteren gibt es eine Induktivit&#228;t mit Schaltelement. Das Schaltelement wird basierend auf dem Leistungsnachverfolgungssignal gesteuert. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verf&#252;gt auch &#252;ber einen Kondensator, dessen Auswirkungen f&#252;r ihre Funktionsweise zwischen den Parteien streitig ist.</p> <p><rd nr="19"/>D. Die Beklagte ist Konzernmutter der P. Distribution International ULC mit Sitz in Irland und der P. Retail Germany BV &amp; Co KG mit Sitz in Frankfurt a.M., Deutschland. Mit deren Hilfe vertreibt sie die vorgenannten Endger&#228;te in Deutschland (S. 20/22 Klageschrift). Die Beklagte ist Inhaberin der Internet-Domain <span style="text-decoration: underline">www.P...com</span> (S. 21 Klageschrift, Whois-Abfrage K&#160;5).</p> <p>E. </p> <p><rd nr="20"/>Die Kl&#228;gerin bringt (zusammengefasst) vor:</p> <p><rd nr="21"/>I. Die Klage sei nicht wegen &#167;&#160;145 PatG unzul&#228;ssig. Die Kl&#228;gerin bestreite mit Nichtwissen, dass die Klage der Beklagtenseite nicht am 18.10.2017 zugestellt worden sei (S. 2 Schriftsatz 25.01.2018). Die Beklagtenseite trage schon nicht schl&#252;ssig vor, weil es nach unstreitigem Vortrag noch nicht einmal eine &#220;bereinstimmung der Oberbegriffe der unabh&#228;ngigen Anspr&#252;che beider Klagepatente gebe, und sie nicht eine &#220;berlappung der charakteristischen Teile der beiden Patente darlege (S. 4/5 Schriftsatz 25.01.2018), und verkenne au&#223;erdem den rechtlichen Ma&#223;stab des &#167;&#160;145 PatG nach der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung. Richtigerweise gebe es keine &#220;berlappung zwischen den charakteristischen Merkmalen der beiden Klagepatente; &#220;bereinstimmung bestehe zwischen ihnen nur insoweit, als in beiden F&#228;llen ein Envelope Signal = H&#252;llkurvensignal einer Leistungsversorgungseinheit zugef&#252;hrt werde. Es bestehe noch nicht einmal ein identischer Oberbegriff (S. 5/12 Schriftsatz 25.01.2018, Figuren K&#160;8,K 9).</p> <p><rd nr="22"/>Auch die zweite Erw&#228;gung der Beklagtenseite, wonach das Klagepatent ein Problem l&#246;se, das das Mannheimer Patent erschaffe, greife nicht durch - schon deswegen nicht, weil das Mannheimer Patent priorit&#228;tsj&#252;nger sei. Das Klagepatent l&#246;se unabh&#228;ngig von dem Mannheimer Patent das technische Problem der Steigerung der Effizienz der Energieversorgung des Leistungsverst&#228;rkers. Die Charakteristika der Lehre des Mannheimer Patents (einheitliches Leistungsverfolgungssignal f&#252;r mehrere Sendesignale, einheitliche Versorgungsspannung f&#252;r einzigen Leistungsverst&#228;rker) seien f&#252;r die Lehre des hiesigen Klagepatents ohne Bedeutung (S. 4/5 Replik). Richtig sei, dass die Ausgestaltung der im Klagepatent gesch&#252;tzten Vorrichtung &#8222;PA supply generator 150&#8220; auch ein Element der Lehre des Mannheimer Patents sei. Die konkrete Ausgestaltung der hier gesch&#252;tzten Vorrichtung spiele f&#252;r das Mannheimer Patent hingegen keine Rolle (S. 5 Replik).</p> <p><rd nr="23"/>II. Das Klagepatent sei unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verletzt.</p> <p><rd nr="24"/>1. &#8222;Offset&#8220; oder Versatz im Sinne des Merkmals 1.2.1 sei eine Manipulation, die entweder dadurch erfolgen k&#246;nne, dass dem abgef&#252;hlten Strom ein Versatzstrom hinzugef&#252;gt werde, oder indem in der Einheit (Komparator), die den abgef&#252;hlten Strom bewertet, die Referenzwerte ge&#228;ndert w&#252;rden. Anspruchsgem&#228;&#223; sei der Offset nur (insoweit unstreitig, S. 3 Klageerwiderung II = Bl. 274 d. A.), wenn der Offset bewirke, dass der &#252;ber die Induktivit&#228;t generierte Versorgungsstrom mit Offset gr&#246;&#223;er sei als ohne Offset. Soweit das Ausf&#252;hrungsbeispiel von Offset current spreche, beziehe sich dies auf Unteranspruch 3. M1.2.1 sei hingegen breiter zu verstehen, wie [0039] des Klagepatents zeige.</p> <p><rd nr="25"/>2. Die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen machen nach Auffassung der Kl&#228;gerin von dem Merkmal 1.2.1 wortsinngem&#228;&#223; Gebrauch:</p> <p><rd nr="26"/>Unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung m&#252;sse es schlicht einen Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 geben. Unbeachtlich sei der Einwand der Beklagten unter Verweis auf die Entgegenhaltung &#8222;Choi&#8220;, der O.-Chip in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform weise eine andere Architektur auf und m&#252;sse daher keinen Offset erzeugen: die Lehre in &#8222;Choi&#8220; funktioniere f&#252;r die hier erforderlichen Bandbreiten nicht, wie &#8222;Choi&#8220; selbst klarstelle.</p> <p><rd nr="27"/>Jedenfalls der Digital-Analog-Wandler (digital-to-analog-converter, DAC) passe den Strom an und erzeuge so einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset. Dass der DAC deaktiviert sei, wie die Beklagtenseite behauptete, bestritt die Kl&#228;gerin und unterstrich, dass auch eine Deaktivierung aus Rechtsgr&#252;nden nicht aus einer Verletzung herausf&#252;hre.</p> <p><rd nr="28"/>Mit der Replik brachte die Kl&#228;gerin vor, auch der Komparator (Figur 3.4.6 aus dem Teardown-Bericht) stelle einen Offset dar (dort S. 62, Bl. 414 d. A.). Mit der Triplik (dort S. 15 ff., Bl. 638 ff. d. A.) erl&#228;uterte die Kl&#228;gerin ihr Vorbringen unter Bezugnahme auf das Privatgutachten K&#160;23.</p> <p><rd nr="29"/>II.1. &#8222;selektiv basierend&#8220; im Sinne des Merkmals 1.4.1 meine: Vboost komme nur zum Einsatz, wenn die Batteriespannung unterhalb eines bestimmten Grenzwerts liegt. Entscheidend sei daher die selektive Verwendung einer geboosteten Spannung f&#252;r die Versorgung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers. Nicht entscheidend sei, ob die erste Versorgungsspannung, wie sie am Boost Converter anliegt, genau identisch mit der Versorgungsspannung ist, wie sie vom H&#252;llkurvenverst&#228;rker zu jedem Zeitpunkt als Alternative zur geboosteten Spannung verwendet wird.</p> <p><rd nr="30"/>2. Es sei letztlich unstreitig, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine geboostete Spannung verwende, wenn die Batteriespannung unter einen gewissen Spannungswert absinke - dann arbeite der H&#252;llkurvenverst&#228;rker nicht mit der niedrigen Batteriespannung, sondern mit einer h&#246;heren Spannung, die durch einen mittels Kondensator erzeugten Boost hervorgerufen werde. Unbeachtlich sei, dass die Batteriespannung und die geboostete Spannung jeweils noch reguliert w&#252;rden - derartige Ma&#223;nahmen der Spannungsanpassung lasse das Klagepatent zu. Demnach sei eine wortsinngem&#228;&#223;e Verwirklichung des Merkmals 1.4.1 gegeben.</p> <p><rd nr="31"/>Das umfassende Vorbringen der Kl&#228;gerin zu der Auslegung der (streitigen) Merkmale und der Darstellung der wortsinngem&#228;&#223;en Verletzung stellt das Gericht im Rahmen der Entscheidungsgr&#252;nde dar.</p> <p><rd nr="32"/>III. Die Kl&#228;gerin ist der Auffassung, die Beklagtenseite habe das kl&#228;gerische Vorbringen nicht (substantiiert) bestritten (S. 3 Replik). Soweit sie in der Quadruplik erstmals ansatzweise substantiiert bestritten habe sollte, sei dieses Vorbringen versp&#228;tet und daher nach &#167;&#160;296 ZPO zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="33"/>Die Kl&#228;gerin habe in einem technisch komplizierten, kosten- und arbeitsintensiven (S. 57 Replik) Verfahren des reverse engingeering einen tear down-Bericht erstellen lassen, um substantiiert vortragen zu k&#246;nnen. Das Bestreiten der Beklagtenseite sei in Anbetracht dessen unsubstantiiert. Die Beklagtenseite habe nach eigenen Angaben Informationen &#252;ber den konkreten Aufbau des Chips, wolle sie nur nicht preisgeben. Der nur pauschale Verweis auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers verfinge indes nicht (S. 57/58 Replik). Das Aufkl&#228;rungsinteresse der Kl&#228;gerin habe jedenfalls nach der neueren Rechtsprechung des BGH Vorrang (S. 58/60 Replik, unter Verweis auf BGH GRUR Int 2007, 157, 161 Rn. 42 - Restschadstoffentfernung und BGH GRUR 2010, 318 - Lichtbogenschn&#252;rung zu einer Vorlage nur gegen&#252;ber den kl&#228;gerischen Prozessbevollm&#228;chtigten).</p> <p><rd nr="34"/>Die Kl&#228;gerin habe zwar in den USA vor dem US District Court for the Middle District of North Carolina ein sog. Discovery-Verfahren eingeleitet (28 USC &#167;&#160;1782), um Informationen &#252;ber die Architektur des O.-Chips zu erhalten (S. 3 Replik). Sie habe indes nicht versprochen, die Schaltpl&#228;ne des O.-Chips aus dem Discovery-Verfahren in das Verfahren einzuf&#252;hren, hierauf habe sich die Beklagtenseite folglich nicht verlassen d&#252;rfen. Vielmehr habe sie schon mit der Replik (dort S. 3) deutlich gemacht, dass es auf die Schaltpl&#228;ne rechtlich gar nicht ankomme, weil der Vortrag der Beklagten rechtlich unbeachtlich sei (S. 15 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="35"/>IV. Die Kl&#228;gerin lizenziere nur Contract Manufacturers (CMs), hierdurch sei indes grunds&#228;tzlich auch die Beklagtenseite gesch&#252;tzt. Die Vertr&#228;ge s&#228;hen capture periods vor, die die ihnen unterfallenden Schutzrechte von bestimmten Einsatzzeitpunkten abh&#228;ngig machten. Hier&#252;ber sei die Beklagtenseite stets informiert gewesen (S. 82 Replik, S. 2/3 Schriftsatz 31.10.2018). Keiner der CMs sei mit Blick auf das hiesige Klagepatent lizenziert (S. 3 Schriftsatz 31.10.2018, FBD 203 S. 2, K&#160;10 S. 4, konkludent Replik S. 83).</p> <p><rd nr="36"/>Die Kl&#228;gerin treffe mit Blick auf den Lizenzeinwand keine (sekund&#228;re) Darlegungslast, jedenfalls nicht nach Autorisierung der US-Anw&#228;lte der Kl&#228;gerin, der Beklagtenseite die Angaben der Kl&#228;gerin zu best&#228;tigen. Die Beklagtenseite h&#228;tte schlicht bei ihren CMs um die erforderlichen Informationen nachfragen k&#246;nnen, die gewillt gewesen seien, Ausk&#252;nfte zu geben, wie die Beklagtenseite selbst vorbringe (S. 2, 5 Schriftsatz 31.10.2018, FBD 204). Die Anfrage FB 202 vom 12.09.2018 sei die erste Anfrage zur Lizenzierung bei der Kl&#228;gerin seit Anh&#228;ngigkeit hiesiger Verfahren (S. 4 Schriftsatz 31.10.2018). Bez&#252;glich des Ersch&#246;pfungseinwands trage die Beklagtenseite die Darlegungslast, auch wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden sei (S. 4 Schriftsatz 31.10.2018, unter Bezug u.a. auf OLG D&#252;sseldorf GRUR 2017, 1219, 1220, Rn. 119 ff.; OLG M&#252;nchen GRUR-RR 2003, 303, 304; BGH GRUR 2012, 630, 633 Rn. 37 ff. - Converse II).</p> <p><rd nr="37"/>Die Beklagtenseite habe die CMs angewiesen, die Lizenzgeb&#252;hren nicht mehr zu zahlen, weswegen die Kl&#228;gerin Zahlungsklage gegen die CMs, und Klage wegen Eingriffs in die Vertragsbeziehungen zu den CMs gegen die Beklagtenseite habe erheben m&#252;ssen. Vertragsverhandlungen, um das hiesige Klagepatent in die Lizenzvertr&#228;ge einzubeziehen, h&#228;tten wegen der Nichtzahlung der Lizenzgeb&#252;hren nicht stattgefunden (S. 84/85 Replik). Durch die Anstiftung der CMs, die Lizenzgeb&#252;hren nicht zu zahlen, h&#228;tte die Beklagtenseite sich zu ihrer behaupteten Lizenzbereitschaft in Widerspruch gesetzt (S. 48 Triplik).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; </p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="38"/>Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite auch nicht versichert, alle CMs seien mit Blick auf alle Schutzrechte lizenziert, vielmehr habe die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite das Gegenteil mitgeteilt (S. 83 Replik, S. 8 Schriftsatz 31.10.2018, Zusammenstellung K&#160;11).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; </p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="39"/>V. Auch der Kartellrechtseinwand der Beklagtenseite greife nicht durch.</p> <p><rd nr="40"/>Es gebe schon keinen sachlich begrenzten Markt f&#252;r &#8222;Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze&#8220;, auf einem solchen habe die Kl&#228;gerin auch keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagtenseite behaupte auch noch nicht einmal einen relevanten Missbrauch auf dem sachlich relevanten Markt (S. 85/86 Replik, S. 59/62 Triplik). Die Argumentation der Beklagtenseite, warum der Unterlassungsanspruch ein Mittel zum Ausschluss von N. vom LTE-Basisband-Chipsatz-Markt sei, sei nicht schl&#252;ssig. Insbesondere habe die Kl&#228;gerin das Klagepatent auch an CMs lizenziert; die Beklagtenseite habe aber kein Interesse hieran gehabt (S. 86/89 Replik). Die Lizenzs&#228;tze seien nicht ausbeuterisch, das lege die darlegungs- und beweisbelastete Beklagtenseite nicht dar (S. 46/48 Triplik). Im &#220;brigen sei eine missbr&#228;uchliche Zielsetzung auf dem Markt f&#252;r &#8222;Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze&#8220; nicht geeignet, eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit des Unterlassungsanspruchs betreffend den (nicht beherrschten) Markt f&#252;r Radio Frequency Front End Chips zu begr&#252;nden, denn daf&#252;r brauche es eine objektive Verkn&#252;pfung zwischen der marktbeherrschenden Stellung, dem angeblichen Missbrauch und den angeblich wettbewerbsbeschr&#228;nkenden Auswirkungen (S. 89/90 Replik). Auch vergangenes, mit Bu&#223;geld belegtes (und damit sanktioniertes) Verhalten k&#246;nne eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit nicht begr&#252;nden (S. 90/94 Replik, S. 62/64 Triplik), abgesehen davon, dass die beklagtenseits in Bezug genommenen KOM-Entscheidungen noch nicht rechtskr&#228;ftig abgeschlossen seien. Eine Konsultation der Kommission komme ebenso wenig wie ein Vorabentscheidungsverfahren in Betracht (S. 95 Replik, S. 64/65 Triplik). Denn die gerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs wegen einer Patentverletzung k&#246;nne keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin begr&#252;nden (S. 50/54 Triplik, nur unter au&#223;ergew&#246;hnlichen Umst&#228;nden), und es gebe auch keine neue Fallkategorie, weil die Beklagtenseite eine Lizenzierung jedenfalls bewusst verhindert habe (S. 54/56 Triplik). Es sei durch den Unterlassungsanspruch auch kein Ausschluss des Wettbewerbs zu bef&#252;rchten; vielmehr trage die Beklagtenseite gerade vor, dass die Patentbenutzung f&#252;r die T&#228;tigkeit der Beklagtenseite nicht erforderlich sei (S. 56 Triplik).</p> <p><rd nr="41"/>VI. Das Verfahren sei auch nicht mit Blick auf das Verfahren vor dem UK High Court (nach &#167;&#160;148 ZPO/ <verweis.norm>Art. 30 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm>) auszusetzen, weil es im dortigen Verfahren allein um standardessentielle Patente gehe (S. 95/98 Replik, K&#160;19, FBD 9 S. 43 ff., S. 65/68 Triplik). Auch im &#220;brigen sei das Verfahren nicht auszusetzen.</p> <p><rd nr="42"/>VII. Der Beklagten stehe keine Aufbrauchfrist zu. Die Beklagtenseite habe ausdr&#252;cklich erkl&#228;rt, dass die patentierte Technologie nicht unverzichtbar sei, so dass ein Unterlassungstitel keine erheblichen Auswirkungen auf die Beklagtenseite h&#228;tte. Die Beklagtenseite habe auch keinen Anlass gehabt, davon auszugehen, dass ihre Produkte unbegrenzt von den Lizenzvereinbarungen erfasst sein w&#252;rden (S. 98 Replik, S. 68 Triplik).</p> <p><rd nr="43"/>VIII. Die geforderte Sicherheitsleistung sei weit &#252;berh&#246;ht; die Beklagtenseite habe hierzu nicht substantiiert vorgetragen (S. 98 Replik).</p> <p>E. Antr&#228;ge</p> <p><rd nr="44"/>I. Die Kl&#228;gerin hat zun&#228;chst folgenden Antrag gestellt:</p> <p>I. Die Beklagte wird verurteilt,</p> <p>1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 &#8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen:</p> <p>Vorrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <p>die Folgendes umfassen:</p> <p>eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet (Anspruch 1, unmittelbare Verletzung) insbesondere wenn das Schaltelement basierend auf der ersten Versorgungsspannung arbeitet, und wobei der Versatz bzw. Offset basierend auf der ersten Versorgungsspannung bestimmt wird;</p> <p>(Anspruch 2, unmittelbare Verletzung) und/oder insbesondere wenn das Schaltelement Folgendes umfasst:</p> <p>einen Summierer, der betreibbar ist zum Summieren des Eingangsstroms und eines Versatz- bzw. Offsetstroms und zum Bereitstellen eines summierten Stroms, einen Stromabf&#252;hlverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des summierten Stroms und zum Bereitstellen eines abgef&#252;hlten Signals, und einen Treiber, der betreibbar ist zum Empfangen des abgef&#252;hlten Signals und zum Bereitstellen wenigstens eines Steuersignals, das verwendet wird zum Generieren des Schaltsignals f&#252;r die Induktivit&#228;t;</p> <p>(Anspruch 3, unmittelbare Verletzung) dies insbesondere wenn das wenigstens eine Steuersignal ein erstes Steuersignal und ein zweites Steuersignal umfasst, und wobei das Schaltelement weiter Folgendes umfasst:</p> <p>einen P-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. PMOS-Transistor (PMOS = P-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das erste Steuersignal empf&#228;ngt, einer Quelle bzw. Source, die eine erste Versorgungsspannung empf&#228;ngt, und einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt, und einen N-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. NMOS-Transistor (NMOS = N-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das zweite Steuersignal empf&#228;ngt, einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt und einer Quelle bzw. Source, die an Schaltungsmasse gekoppelt ist;</p> <p>(Anspruch 4, unmittelbare Verletzung) und/oder insbesondere wenn die Vorrichtung weiter Folgendes umfasst:</p> <p>einen Leistungsverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des Versorgungsstroms von der Induktivit&#228;t und zum Empfangen und Verst&#228;rken eines Eingangshochfrequenz- bzw. Eingangs-HF-Signals und zum Bereitstellen eines Ausgangs-HF-Signals.</p> <p>(Anspruch 5, unmittelbare Verletzung)</p> <p>2. der Kl&#228;gerin dar&#252;ber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen habt, und zwar unter Angabe</p> <p>a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <p>b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (n&#228;mlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <p>3. der Kl&#228;gerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen hat und zwar unter Angabe:</p> <p>a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,</p> <p>b) der einzelnen Lieferungen (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschlie&#223;lich der Verkaufsstellen, f&#252;r welche die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der einzelnen Angebote (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und - preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <p>d) der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,</p> <p>e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Belege (n&#228;mlich Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen,</p> <p>wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempf&#228;nger statt der Kl&#228;gerin einem von der Kl&#228;gerin zu benennenden, ihr gegen&#252;ber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ans&#228;ssigen, vereidigten Wirtschaftspr&#252;fer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten tr&#228;gt, und ihn erm&#228;chtigt und verpflichtet, der Kl&#228;gerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempf&#228;nger in der Liste enthalten ist;</p> <p>4. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zur&#252;ckzurufen,</p> <p>indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen einger&#228;umt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zur&#252;ckzugeben und den Dritten f&#252;r den Fall der R&#252;ckgabe der Erzeugnisse eine R&#252;ckzahlung des gegebenenfalls bereits bezahlten Kaufpreises sowie die &#220;bernahme der Kosten der R&#252;ckgabe zugesagt wird und endg&#252;ltig zu entfernen, indem die Beklagte die erfolgreich zur&#252;ckgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nimmt.</p> <p>II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.l. bezeichneten, seit dem 9. September 2017 begangenen Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.</p> <p>III. Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Rechtsstreits.</p> <p><rd nr="45"/>Die Kl&#228;gerin stellte zuletzt den obigen Antrag, mit der Ma&#223;gabe, dass die Bezugnahme auf Unteranspr&#252;che 2 bis 5 entf&#228;llt (S. 3 des Protokolls 7 O 10495/17 vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="46"/>II. Die Beklagtenseite beantragt,</p> <p>Klageabweisung,</p> <p>hilfsweise Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das anh&#228;ngige Einspruchsverfahren.</p> <p><rd nr="47"/>Sie beantragt weiter hilfsweise, das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von mindestens 1,671 Mrd. &#8364; f&#252;r vorl&#228;ufig vollstreckbar zu erkl&#228;ren, und den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (auch durch Gestellung einer B&#252;rgschaft) abzuwenden.</p> <p><rd nr="48"/>Im Hinblick auf die nichttechnischen Erwiderungen beantragt die Beklagtenseite weiter hilfsweise die Aussetzung bis zur rechtskr&#228;ftigen Entscheidung des UK High Court, &#167;&#160;148 ZPO, bzw. bis zur Entscheidung der EU-Kommission &#252;ber die Wettbewerbsverfahren gegen die Kl&#228;gerin wegen AT.40220, AT.39711, <verweis.norm>Art. 16 <v.abk ersatz="VO 2003/1/EG">VO 2003/1/EG</v.abk></verweis.norm>, au&#223;erdem weiter hilfsweise von der EU Kommission eine Stellungnahme zur Anwendung der Wettbewerbsregeln einzuholen und das Verfahren bis zum Erhalt der Stellungnahme auszusetzen, und zuletzt hilfsweise eine Vorlage an den EuGH, um die Kartellrechtswidrigkeit des behaupteten kl&#228;gerischen Verhaltens &#252;berpr&#252;fen zu lassen.</p> <p><rd nr="49"/>Die Kl&#228;gerin wendet sich gegen eine Aussetzung.</p> <p><rd nr="50"/>F. Die Beklagtenseite bringt (zusammengefasst) vor:</p> <p><rd nr="51"/>I. Die Klage sei unzul&#228;ssig, &#167;&#160;145 PatG. Eine Klage vor dem Landgericht Mannheim wegen Verletzung des EPs 2 954 737 (DE 60 2014 010 962.4) (Klageschrift LG Mannheim FBD 1, dortige Klagepatentschrift FBD 2) betreffe eine gleichartige Handlung wie die hiesige Klage. Auch in dem dortigen Verfahren gehe es um das envelope tracking durch den O.-Chip 81003M (S. 3/4, 6 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 178/179 d. A.). Auch Parteiidentit&#228;t bestehe (S. 6 Schriftsatz 20.11.2017).</p> <p><rd nr="52"/>Zur Darlegung der Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 des Patents EP 2 954 737 nimmt das Gericht Bezug auf S. 3 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 178 d. A.</p> <p><rd nr="53"/>Es bestehe zwischen beiden geltend gemachten Verletzungshandlungen ein so enger technischer Zusammenhang, dass die gemeinsame Durchsetzung beider Patente sich aufdr&#228;nge. In beiden Verfahren greife die Kl&#228;gerin den O.-Chip an, einmal als Leistungsversorgungsgenerator im Sinne des hiesigen Klagepatents, einmal im Sinne eines Envelope Tracking Moduls im Sinne des Mannheimer Klagepatents, so dass die technischen Lehren beider Patente nach Auffassung der Kl&#228;gerin zusammenwirken m&#252;ssten. Das zeige sich auch daran, dass Figur 5 des hiesigen Klagepatents der Figur 9 des Mannheimer Klagepatents entspreche. Nach Auffassung der Kl&#228;gerin nutze das hiesige Klagepatent das im Mannheimer Klagepatent beanspruchte Leistungsverfolgungssignal als H&#252;llkurvensignal. Ferner verweise das Mannheimer Klagepatent auf die Anmeldung des US-Gegenst&#252;cks des hiesigen Klagepatents (S. 7/8 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 182/183 d. A.).</p> <p><rd nr="54"/>Die Lehre des hiesigen Klagepatents gestalte die charakteristischen Merkmale des in Mannheim geltend gemachten Patents durch zus&#228;tzliche Merkmale weiter aus. Der Zusammenhang ergebe sich des Weiteren daraus, dass die Zusammenfassung einer Vielzahl von I/Q-Paaren einer Vielzahl von Sendesignalen zu einem einzigen Leistungsverfolgungssignal die insbesondere f&#252;r die sogenannte Carrier Aggregation spezifische Energieverteilung im Sendesignal bewirke (st&#228;rkere Spreizung von Durchschnittssendeleistung und Spitzensendeleistung) (S. 45 ff Duplik). Der Frequenzabstand der einzelnen Tr&#228;ger bed&#252;rfe einer hohen Sendeleistung und damit einer hohen Spannungsversorgung (S. 50/51 Duplik, unter Bezugnahme auf kl&#228;gerische Replik im Mannheimer Verfahren HRM 7, dort S. 37).</p> <p><rd nr="55"/>Schon wegen der hiesigen Sachverst&#228;ndigen-Anh&#246;rung sei es prozess&#246;konomischer, beide Verfahren zusammen zu verhandeln (S. 53 Duplik).</p> <p><rd nr="56"/>Der Antrag nach &#167;&#160;145 PatG sei auch nicht verfristet, im &#220;brigen sei die Versp&#228;tung jedenfalls entschuldigt, &#167;&#160;296 Abs. 3 ZPO (S. 2/5 Schriftsatz vom 18.01.2018).</p> <p><rd nr="57"/>II. Die Beklagte verletze das Klagepatent - jedenfalls bei zutreffender Auslegung - nicht.</p> <p><rd nr="58"/>1. Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 k&#246;nne sich (allein) auf die Hinzuf&#252;gung von Strom beziehen, weil sich andere Dinge Strom nicht hinzuf&#252;gen lie&#223;en. Das Ausf&#252;hrungsbeispiel in Beschreibungsstelle [0039] S. 2 des Klagepatents sei nicht beansprucht. Der Anspruch sei auf eine Ausgestaltung beschr&#228;nkt, in der der zweite Versorgungsstrom auch den Spulenstrom zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne (Gleichstrom). Wenn man die Auslegung der Kl&#228;gerin heranziehe, ergebe sich kein Neuheitswert gegen&#252;ber dem zitierten Patent &#8222;Mathe&#8220;, das sei ersichtlich nicht gemeint.</p> <p><rd nr="59"/>2. Das Merkmal 1.2.1 sei nicht verwirklicht. Die Kl&#228;gerin trage noch nicht einmal schl&#252;ssig vor, da sie sich nur auf den Teardown-Bericht st&#252;tze, der keinen eindeutigen Aufschluss &#252;ber die tats&#228;chliche Funktionsweise der angegriffene Ausf&#252;hrungsform biete (S. 4 Klageerwiderung II). Der von der Kl&#228;gerin zun&#228;chst als DAC identifzierte Funktionsblock sei deaktiviert und im &#220;brigen technisch nicht in der Lage, den Versorgungsstrom zu erh&#246;hen (S. 4 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="60"/>II.1. Das Merkmal 1.4.1 sei nicht verwirklicht, wenn der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung arbeitet, die ihrerseits auf der ersten oder auf der erh&#246;hten Versorgungsspannung basiere. Richtigerweise erfordere das Merkmal ein Umschalten zwischen der ersten Versorgungsspannung und der von dieser abgeleiteten Spannung. Eine &#8222;wahlweise&#8220;-Konfiguration k&#246;nne die Beklagtenseite nicht einmal w&#228;hlen; sie sei vielmehr zulieferseitig ausgeschlossen (S. 4 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="61"/>III. Generell k&#246;nne die Beklagtenseite nur so viel vortragen, wie es Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers O. erlaubten. Insbesondere Schaltpl&#228;ne k&#246;nne sie nicht vorlegen. Indes habe die Kl&#228;gerin im ersten Termin in Aussicht gestellt, die Schaltpl&#228;ne nach Durchf&#252;hrung des US-Discovery-Verfahrens vorzulegen. Die Beklagtenseite habe sich auf diese Ank&#252;ndigung der Kl&#228;gerin verlassen und auch verlassen d&#252;rfen. Daher d&#252;rfe, soweit man erst den Vortrag in der Quadruplik als substantiiertes Bestreiten ansehen wolle, dieser jedenfalls nicht als versp&#228;tet gewertet werden: erst nach Vorlage der Triplik habe die Beklagtenseite erkannt, dass die Kl&#228;gerin trotz Durchf&#252;hrung des Discovery-Verfahrens die Schaltpl&#228;ne nicht vorlegen w&#252;rde, und habe unter Inanspruchnahme des Zulieferers weiter vorgetragen (S. 14 Protokoll).</p> <p><rd nr="62"/>IV. Ihren Antrag auf Aussetzung mit Blick auf die Nichtigkeitsklage st&#252;tzt die Beklagtenseite vor allem auf die Entgegenhaltung Hou (HRM 2, 2a) aus dem Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent. Die Beklagtenseite ist der Auffassung, diese nehme alle Merkmale der streitgegenst&#228;ndlichen Anspr&#252;che neuheitssch&#228;dlich vorweg. Des Weiteren sei das Klagepatent mit Blick auf die Entgegenhaltungen K. (HRM 4a) und K1 (HRM 3a) nicht erfinderisch.</p> <p><rd nr="63"/>V. Erstmals mit der Quadruplik brachte die Beklagtenseite einen Lizenzeinwand vor.</p> <p><rd nr="64"/>Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite mehrfach zugesichert, &#252;ber ihre CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert zu sein. Deswegen und wegen der systematischen Verschleierung der Kl&#228;gerin mit Blick auf das Ausma&#223; der Lizenzierung in zeitlicher Hinsicht (&#8222;capture periods&#8220;) sei davon auszugehen, dass die Beklagtenseite auch bez&#252;glich des Klagepatents der Lizenz- und/oder Ersch&#246;pfungseinwand zustehe. Au&#223;erdem trage die Kl&#228;gerin jedenfalls nach &#167;&#160;242 BGB die sekund&#228;re Darlegungslast (S. 2, 6, 14/15 Quadruplik Teil III, unter Bezugnahme auf BGH GRUR 2012, 626 - Converse I und BGH GRUR 2004, 268 - Blasenfreie Gummibahn II). Gleichwohl behaupte die Kl&#228;gerin nach wie vor, f&#252;r das hiesige Klagepatent seien die CMs nicht lizenziert (S. 4 Quadruplik Teil III). Da die Beklagtenseite weiterhin ihre Produkte von CMs bez&#246;ge (genauer: von den CMs O., I. und E., die jeder f&#252;r sich alle explizit angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen herstellten, S. 12 Quadruplik Teil III), sollten Patentverletzungsklagen im &#220;brigen eigentlich ausgeschlossen sein (S. 16 Quadruplik Teil I, FBD 29, S. 6 Quadruplik Teil III). Gleiches gelte mit Blick auf die kl&#228;gerseits &#246;ffentlich in Bezug genommene forbearance-Politik, wonach sie SEPverletzende Mitbewerber nicht verfolge (S. 17 Quadruplik).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230;</p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="65"/>Die Beklagtenseite habe die CMs nicht zum Vertragsbruch angestiftet (S. 36 Quadruplik Teil I, Quadruplik Teil III S. 13). Rechtlich sei die Nichtzahlung von Lizenzgeb&#252;hren an dieser Stelle unerheblich, weil die Kl&#228;gerin jedenfalls keine K&#252;ndigung behaupte, daher die jeweilige Lizenz auch nicht erloschen sein k&#246;nne (S. 13 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="66"/>Die Beklagtenseite unterstrich schon in der Klageerwiderung (dort S. 12), die Lizenzvertr&#228;ge zwischen der Kl&#228;gerin und deren Auftragsfertigern seien geheim. Die Beklagtenseite k&#246;nne sie nicht einsehen und pr&#252;fen. Auch FBD 204, wonach die Informationen in FBD 203 korrekt sein sollen, sei nicht ausreichend, weil sie der Beklagtenseite keine eigene Pr&#252;fungsm&#246;glichkeit einr&#228;ume und nur die Prozessbevollm&#228;chtigten Kenntnis nehmen k&#246;nnten, auf deren Kenntnis es aber prozessual nicht ankomme (S. 4, 14 Quadruplik Teil III). Dass sie mithin nicht schon vor der Quadruplik den Lizenzeinwand habe erheben k&#246;nnen, liege allein an dem Verhalten der Kl&#228;gerin, die der Beklagtenseite systematisch eine Offenlegung des Umfangs der Lizenzen verweigert habe (S. 6/10 Quadruplik Teil III). Auch in einem beklagtenseits angestrengten Discovery-Verfahren nach 28 USC &#167;&#160;1782 habe die Kl&#228;gerin der Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge widersprochen, mit der Begr&#252;ndung, dass mangels Berufung der Beklagtenseite auf den Lizenzeinwand eine Relevanz der Vertr&#228;ge nicht zu ersehen sei (S. 10 Quadruplik Teil III, FBD 208). Die Beklagtenseite habe mit Blick auf die langj&#228;hrigen und wichtigen Gesch&#228;ftsbeziehungen zu den CMs erst zu dem Mittel der Streitverk&#252;ndung gegriffen, als sich abzeichnete, dass andere Wege nicht zum Erfolg f&#252;hren w&#252;rden (S. 11 Quadruplik Teil III). Sie habe im &#220;brigen alle au&#223;ergerichtlichen und gerichtlichen Schritte ausgesch&#246;pft, um an die relevanten Informationen zu gelangen (S. 16 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="67"/>Die Kl&#228;gerin habe einger&#228;umt, dass f&#252;r einige Patente Lizenzen f&#252;r die CMs E. und O. best&#252;nden (FBD 203), habe indes gerade nicht dargelegt und begr&#252;ndet, wieso dies f&#252;r das Klagepatent nicht der Fall sein solle. Wenn ein CM lizenziert sei, dann umfasse die Lizenz - so sehe das auch die Kl&#228;gerin - jedenfalls auch die Beklagtenseite (S. 12 Quadruplik Teil III). An den durch lizenzierte CMs hergestellten Produkten sei auch Ersch&#246;pfung eingetreten (S. 16 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="68"/>F&#252;r den Fall, dass die Kammer davon ausgehe, dass die Beklagtenseite die Darlegungslast f&#252;r die kl&#228;gerseits verheimlichten Umst&#228;nde treffe, beantragte die Beklagtenseite, der Kl&#228;gerin die Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge nach &#167;&#167; 421, 423 oder nach &#167;&#160;142 ZPO aufzugeben (S. 17/20 Quadruplik Teil III).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230;</p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="69"/>VI. Im &#220;brigen sei jedenfalls ein etwaiger Ausspruch des Unterlassungsanspruchs unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, weil er gegen Kartellrecht versto&#223;en w&#252;rde: Die Kl&#228;gerin halte auf dem Markt f&#252;r Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze und auf dem SEP-Lizenzmarkt (zum relevanten Markt S. 28/30 Klageerwiderung = Bl. 228/230 d. A., FBD 10a, S. 19/21 Quadruplik) eine marktbeherrschende Stellung (S. 30/34 Klageerwiderung = Bl. 230/ d. A., S. 4 ff. Duplik, FBD 11, FBD 21, SVG, S. 21/22 Quadruplik). Die relevanten M&#228;rkte seien durch starke Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet (S. 34/35 Klageerwiderung = Bl. 234/235 d. A., S. 15/19 Duplik, FBD 12, FBD 23, FBD 21, SVG, S. 25/30 Quadruplik). Eine Vielzahl von Wettbewerbsbeh&#246;rden (im Einzelnen S. 26/28, 49/50 Klageerwiderung = Bl. 226/228, 249/250 d. A., FBD 8a, 9, 10) ermittelten wegen missbr&#228;uchlichen Verhaltens (u.a. die &#8222;no-licence-no-chips&#8220;-Politik = wettbewerbswidrige Kopplungsvereinbarung, s. S. 4/5, 12, 38/40 Klageerwiderung, S. 21 Duplik, S. 32/33 Quadruplik, Rabattvertr&#228;ge u.a. im Gegenzug zu Nichtangriffsklauseln, S. 5/6, 13/17, 36/38, 40/41 Klageerwiderung, S. 19/21 Duplik, S. 31/32 Quadruplik) gegen die Kl&#228;gerin, teilweise sei sie schon zur Zahlung hoher Bu&#223;gelder verpflichtet worden. Unter anderem habe sie durch ein Rabattsystem die Beklagtenseite zu einem exklusiven Bezug von Premium-Basisband-Chips&#228;tzen gezwungen, um so ihre Mitbewerber aus dem Markt zu dr&#228;ngen. Nur durch die Rabattierung habe die Beklagtenseite die diskriminierend hohen Lizenzgeb&#252;hren (S. 41/43 Klageerwiderung = Bl. 241/243 d. A., S. 21/22 Duplik, FBD 24, S. 33/34 Quadruplik) der Kl&#228;gerin, die die Auftragsfertiger ihr weiterbelastet h&#228;tten, wirtschaftlich auf ein angemessenes Ma&#223; reduzieren zu k&#246;nnen (S. 17, 37 Klageerwiderung = Bl. 217, 237 d. A.). Auch die selektive Lizenzpraxis sei wegen der hieraus folgenden strukturell &#252;berh&#246;hten Lizenzgeb&#252;hren und entstehender Intransparenz missbr&#228;uchlich (S. 34/35 Quadruplik). Ihre marktbeherrschende Stellung wolle sie auch durch die hiesige Klage st&#228;rken. Dabei sei irrelevant, dass das hiesige Verfahren keine Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze betr&#228;fe. Denn die Kl&#228;gerin wolle die Beklagtenseite durch die hiesige und andere Klagen (&#220;bersicht FBD 8) daf&#252;r &#8222;bestrafen&#8220;, dass die Beklagtenseite nach einer f&#252;nfj&#228;hrigen Periode des Bezugs nur von Chips der Kl&#228;gerin nunmehr N.-Chips&#228;tze verwende (S. 48/49 Klageerwiderung, FBD 13). So mache die Kl&#228;gerin ihre angeblichen Unterlassungsanspr&#252;che &#252;berwiegend (Bl. 206 = S. 6 der Klageerwiderung Teil I) gegen P.s geltend, die Chips&#228;tze von N. enthielten. Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite mehrfach zugesichert, &#252;ber ihre CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert zu sein. Da die Beklagtenseite weiterhin ihre Chips von CMs bez&#246;gen, sollten Patentverletzungsklagen eigentlich ausgeschlossen sein (S. 16 Quadruplik, FBD 29). Gleiches gelte mit Blick auf die kl&#228;gerseits &#246;ffentlich in Bezug genommene forbearance-Politik, wonach sie SEPverletzende Mitbewerber nicht verfolge (S. 17 Quadruplik). Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs habe kein anderes Ziel als die Aufrechterhaltung und Ausweitung der marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin durch den Ausschluss von N., sei daher missbr&#228;uchlich, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>, und daher abzuweisen. Anderenfalls tr&#252;ge das Gericht zu einer Sch&#228;digung oder einem Ausschluss des Wettbewerbs auf dem Markt f&#252;r Premium-Basisband-Chips&#228;tzen bei (S. 52 Klageerwiderung). Auch wenn hier ein nicht-beherrschter Markt betroffen sei, m&#252;sse nach der Rechtsprechung des EuGH das hiesige Verhalten mit Blick auf die Stellung der Kl&#228;gerin im beherrschten Markt in einer Gesamtbetrachtung gew&#252;rdigt werden (S. 46/48 Klageerwiderung = Bl. 246/248 d. A., S. 38/40 Duplik, S. 3/4, 23/25, 38/39 Quadruplik). Wenn die Beklagtenseite zu einem Alleinbezug von Chips&#228;tzen von der Kl&#228;gerin gezwungen w&#252;rde, k&#246;nnte sich N. voraussichtlich nicht auf dem Markt halten, und die Kl&#228;gerin k&#246;nnte ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt f&#252;r Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze zu einer Monopolstellung ausbauen. Dies h&#228;tte auch Auswirkungen auf den entstehenden Markt f&#252;r 5G-Basisband-Chips&#228;tze (S. 31/34 Duplik). Auch Patente seien nicht schrankenlos gew&#228;hrt (S. 44/46 Klageerwiderung = Bl. 244/246 d. A., S. 37/38 Duplik). Hinzu komme, dass die hier fragliche Technologie zwar nicht unverzichtbar sei, aber nicht ohne Weiteres &#228;nderbar und technologisch mit Basisband-Chips&#228;tzen verbunden (S. 51 Klageerwiderung, S. 23 ff. Duplik, S. 41 ff. Quadruplik). Die Kl&#228;gerin selbst betone die Wichtigkeit der hier fraglichen Energiesparfunktionen (S. 50/52 Klageerwiderung, FBD 14).</p> <p><rd nr="70"/>Die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs w&#252;rde zu einer erheblichen Behinderung und Beseitigung des Wettbewerbs im relevanten Markt f&#252;hren, auch weil RF-Schaltkreise mit dem Basisband-Chipsatz-Markt technisch eng verbunden seien (S. 23/ Duplik, SVG, Zeugen A., I.).</p> <p><rd nr="71"/>Auch die US International Trade Commission (ITC) habe k&#252;rzlich aus kartellrechtlichen Erw&#228;gungen (verankert in der USamerikanischen Rechtsfigur des &#8222;public interest&#8220;) eine Unterlassungsanordnung trotz festgestellter Verletzung abgelehnt (Schriftsatz vom 8.11.2018, FBD 35(a)).</p> <p><rd nr="72"/>Neben der m&#246;glichen Aussetzung nach <verweis.norm>Art. 16 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 2003/1/EG">VO 2003/1/EG</v.abk></verweis.norm>, oder zur Anfrage bei der Europ&#228;ischen Kommission oder zur Durchf&#252;hrung eines Vorabentscheidungsverfahrens oder mit Blick auf ein Verfahren im Vereinigten K&#246;nigreich (S. 7, 53/57 unten der Klageerwiderung Teil I = Bl. 207, 253/257 d. A., S. 34/44 Duplik, Urteil UK FBD 27, S. 51/52 Quadruplik, Schriftsatz vom 8.11.2018, FBD 36) m&#252;sse das Gericht daher die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit des Ausspruchs des Unterlassungsanspruchs nach <verweis.norm>Art. 3 Abs. 2 der <v.abk ersatz="Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG beachten (S">Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG beachten (S</v.abk></verweis.norm>. 8, 59/62 Klageerwiderung Teil I = Bl. 208, 259/262 d. A., FBD 17). Die Kl&#228;gerin versto&#223;e auch unmittelbar gegen <verweis.norm>Art. 3 der <v.abk ersatz="Entscheidung der Kommission vom 24">Entscheidung der Kommission vom 24</v.abk></verweis.norm>.01.2018 (S. 6, 9/16 Quadruplik). Der Unterlassungsantrag sei schlie&#223;lich missbr&#228;uchlich nach &#167;&#160;242 BGB: die Kl&#228;gerin habe der Beklagten seit Jahren versichert, sie st&#252;nde im Genuss einer umfassenden Durchlizenzierung implementierter Patente ihrer Auftragsfertiger (S. 8, 18/26, 62/64 Klageerwiderung Teil I = Bl. 208, 218/226, 262/264 d. A.). Die Kl&#228;gerin habe sich geweigert, der Beklagtenseite Lizenzen zu erteilen (S. 64 Klageerwiderung), auch f&#252;r SEPs (S. 43/44 Klageerwiderung = Bl. 243/244 d. A.). Jedenfalls m&#252;sse der Beklagtenseite wegen &#167;&#160;242 BGB eine Aufbrauchfrist gew&#228;hrt werden (S. 64/65 Klageerwiderung, S. 44/46 Duplik, S. 53 Quadruplik).</p> <p><rd nr="73"/>VII. Hilfsweise seien R&#252;ckruf- und Vernichtungsanspr&#252;che wegen Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit abzuweisen, weiter hilfsweise seien vollstreckungsrechtliche Besonderheiten zu beachten (S. 65/71 Klageerwiderung, FBD 18, FBD 19, S. 46 Duplik), insbesondere eine erh&#246;hte Vollstreckungssicherheit.</p> <p><rd nr="74"/>G. Die Klage vom 17.07.2017 wurde der Beklagtenseite am 05.12.2017 zugestellt (EB hinter Bl. 56 d. A.). Bereits unter dem 18.10.2017 war der Beklagtenseite nebst Beschluss nach &#167;&#160;184 ZPO eine beglaubigte Abschrift der Terminsverf&#252;gung vom 21.07.2017 (Bl. 54 d. A.) und eine Ladung zum Termin zugegangen. Unter dem 12.10.2017 bestellten sich Prozessbevollm&#228;chtigte f&#252;r die Beklagtenseite; die Klageerwiderungsfrist wurde f&#252;r das materielle Vorbringen verl&#228;ngert bis 15.12.2017 (Bl. 173 d. A., Verf&#252;gung vom 12.10.2017). Unter dem 20.11.2017 erhob die Beklagtenseite die Einrede der Unzul&#228;ssigkeit nach &#167;&#160;145 PatG, mit Blick auf eine in Mannheim durch Zustellung an die Beklagtenseite am 10.11.2017 erhobene Klage wegen einer Verletzung des Patents EP 2 954 737 (DE 60 2014 010 962.4).</p> <p><rd nr="75"/>Ein Antrag auf Gestellung einer Prozesskostensicherheit der Beklagtenseite (Schriftsatz vom 20.11.2017 S. 9 ff. = Bl. 184 ff. d. A.) wurde mit Beschluss vom 27.11.2017 behandelt (Bl. 186/188 d. A.).</p> <p><rd nr="76"/>Wegen geheimhaltungsbed&#252;rftiger Informationen wurde die &#214;ffentlichkeit w&#228;hrend der Sitzung am 08.11.2018 per Beschluss zeitweise ausgeschlossen. Unter dem 20.12.2018 hat die Kammer einen Beschluss gem. <verweis.norm>&#167; 173 Abs. 2 <v.abk ersatz="GVG">GVG</v.abk></verweis.norm> erlassen. Soweit dieses Urteil im Tatbestand oder in den Entscheidungsgr&#252;nden geheimhaltungsbed&#252;rftige Informationen erh&#228;lt, sind diese grau hinterlegt. Vorab wird jeweils auf die Geheimhaltungsbed&#252;rftigkeit der folgenden Passage hingewiesen, auch das Ende der geheimhaltungsbed&#252;rftigen Passage wurde markiert.</p> <p><rd nr="77"/>M&#246;glicherweise war die Zutrittsm&#246;glichkeit zu dem Landgericht M&#252;nchen I w&#228;hrend der Sitzung am 08.11.2018 von ca. 18 Uhr bis ca. 19.10 Uhr nicht gegeben. Das Gericht hat, nachdem es von Umst&#228;nden erfahren hat, die hierauf hindeuten, den fraglichen Teil der Sitzung sicherheitshalber nachgeholt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8.11.2018, die Aktenvermerke hierzu, sowie auf die Entscheidungsgr&#252;nde verwiesen.</p> <p><rd nr="78"/>Das Gericht hat sich durch einen Sachverst&#228;ndigen technisch beraten lassen (Anordnung S. 1 der Verf&#252;gung vom 21.03.2018 = Bl. 345 d. A.). Es hat ferner unter Ausschluss der &#214;ffentlichkeit Beweis erhoben durch Zeugenanh&#246;rung. Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8.11.2018 sowie auf die Entscheidungsgr&#252;nde verwiesen.</p> <p><rd nr="79"/>Nach dem Schluss der m&#252;ndlichen Verhaltung reichten die Parteien nachgelassene und nicht nachgelassene Schrifts&#228;tze wie folgt ein:</p> <p>Klagepartei:</p> <p>Schriftsatz vom 29.11.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 6.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 7.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 12.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 14.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Beklagtenseite:</p> <p>Schriftsatz vom 22.11.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 29.11.2018 (nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 10.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 13.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 13.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 17.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p><rd nr="80"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22.11.2018 beantragte die Beklagtenseite den Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung wegen Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs der Beklagtenseite. Im Einzelnen stellt das Gericht das Begehr der Beklagtenseite in den Entscheidungsgr&#252;nden dar.</p> <p><rd nr="81"/>Im &#220;brigen nimmt das Gericht Bezug auf s&#228;mtliche zwischen den Parteien gewechselten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen, sowie alle gerichtlichen Verf&#252;gungen, Vermerke, Beschl&#252;sse und Protokolle.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p><rd nr="82"/>Die Klage ist zul&#228;ssig (A.) und begr&#252;ndet (unter B.). Das Verfahren ist entscheidungsreif. Eine Wiederer&#246;ffnung der m&#252;ndlichen Verhandlung ist nicht angezeigt (E.).</p> <p>A. Zul&#228;ssigkeit</p> <p><rd nr="83"/>Die Klage ist zul&#228;ssig.</p> <p>I. Zust&#228;ndigkeit</p> <p><rd nr="84"/>Das Landgericht M&#252;nchen I ist international und &#246;rtlich nach <verweis.norm>Art. 7 Nr. 2 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> zust&#228;ndig. Die sachliche Zust&#228;ndigkeit folgt aus &#167;&#160;143 PatG, weil es sich um eine Patentstreitsache handelt.</p> <p>II. <verweis.norm>Art. 64 Abs. 3 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;145 PatG</p> <p><rd nr="85"/><verweis.norm>Art. 64 Abs. 3 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;145 PatG steht der Zul&#228;ssigkeit der Klage nicht entgegen. Die Einrede aus &#167;&#160;145 PatG ist zwar beklagtenseits fristgerecht erhoben, greift aber mangels gleichartiger Handlungen iSd &#167;&#160;145 PatG nicht durch.</p> <p>1. Frist</p> <p><rd nr="86"/>Die Einrede aus &#167;&#160;145 PatG ist fristgerecht erhoben. Die Einrede des &#167;&#160;145 PatG betrifft die Zul&#228;ssigkeit der weiteren Klage (Benkard PatG/Grabinski/Z&#252;lch PatG &#167; 145 Rn. 2 mwN) und muss daher innerhalb der Klageerwiderungsfrist geltend gemacht werden, &#167;&#160;282 Abs. 3 S. 2 ZPO (BeckOK PatR/Kircher PatG &#167; 145 Rn. 23). Das ist hier geschehen: die Beklagtenseite hat sich noch vor f&#246;rmlicher Klagezustellung und innerhalb der (verl&#228;ngerten materiellen) Klageerwiderungsfrist auf &#167;&#160;145 PatG berufen.</p> <p>2. keine gleichartige Handlung iSd &#167;&#160;145 PatG</p> <p><rd nr="87"/>Es liegt indes keine gleichartige Handlung iSd <verweis.norm>&#167; 145 <v.abk ersatz="PatG">PatG</v.abk></verweis.norm> vor.</p> <p><rd nr="88"/>a. &#8222;Handlung&#8220; ist nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung der mit dem Klageantrag konkret beschriebene, durch die Ausgestaltung eines bestimmten Teils der Gesamtvorrichtung charakterisierte konkrete Verletzungstatbestand ( BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 24 - Raffvorhang; BGH GRUR 1989, 187, 189 - Kreiselegge II). Nicht entscheidend ist, ob Verletzungstatbest&#228;nde durch dieselbe (Gesamt-)Vorrichtung verwirklicht werden (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 25 - Raffvorhang). Ob eine Handlung gleichartig ist, ist bei einer wertenden Abw&#228;gung der Interessen des Beklagten auf Schutz vor einer Inanspruchnahme in mehreren Prozessen einerseits und der Interessen des Kl&#228;gers an der Durchsetzung seiner Schutzrechte andererseits zu bestimmen. Ma&#223;geblich ist, ob es sich aufdr&#228;ngt, beide Patente in einer Klage anzugreifen, weil die Handlungen &#8222;im Vergleich zu der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zus&#228;tzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen&#8220;, so dass sie einen engen technischen Zusammenhang aufzeigen (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 27 - Raffvorhang). Nicht ausreichend ist es, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch f&#252;r die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestands von Bedeutung sind. Vielmehr muss auch im zweiten Rechtsstreit die konkrete Ausgestaltung dieser Teile angegriffen werden, in derselben oder in abgewandelter Form (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 28 - Raffvorhang). &#167;&#160;145 PatG ist mit Blick auf <verweis.norm>Art. 14 <v.abk ersatz="GG eng zu verstehen (BGH GRUR 2011">GG eng zu verstehen (BGH GRUR 2011</v.abk></verweis.norm>, 411, 413 Rn. 18 ff. mwN - Raffvorhang).</p> <p><rd nr="89"/>b. Hiernach liegen keine gleichartigen Handlungen vor.</p> <p><rd nr="90"/>Die Klage in Mannheim richtet sich zwar unstreitig gegen dieselben Beklagten. Ebenso ist die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in beiden Verfahren dieselbe, und die Kl&#228;gerin greift in beiden Verfahren u.a. den O.-Chip an. Die Handlungen im Sinne des Klageantrags sind aber weder dieselben noch gleichartig, weil die Patente, deren Schutz durch die Klagen verfolgt wird, keinen hinreichenden technischen Zusammenhang aufweisen. Beide Patente befassen sich zwar grunds&#228;tzlich mit einem H&#252;llkurvensignal. Schon die Oberbegriffe (&#8220;Power Tracker for multiple transmit signals sent simultaneously&#8220; in FBD 2 und &#8222;Lowvoltage power-efficient envelope tracker&#8220; im hiesigen Klagepatent) sind indes nicht deckungsgleich. Das hiesige Klagepatent versucht, ein speziell bei Niedrigspannung auftretendes Problem zu l&#246;sen. Das Patent FBD 2 (im Folgenden vereinfachend &#8222;Mannheimer Patent&#8220;) unternimmt es, aus mehreren Komponenten ein einheitliches Power Tracking Signal zu erzeugen. Der Power Tracker des Mannheimer Patents ist nicht das Gleiche wie der Envelope Tracker im hiesigen Klagepatent (Vortrag Kl&#228;gerin S. 9 Schriftsatz 25.01.2018, unbestritten).</p> <p><rd nr="91"/>Unbeachtlich ist dabei auch, dass die Merkmalsanalysen beider Patente bei einer Gegen&#252;berstellung teils &#220;berschneidungen aufweisen (Duplik S. 49/50). Die Beklagtenseite st&#252;tzt sich dabei auch auf Unteranspr&#252;che, die nicht Gegenstand der Klage in Mannheim sind, wie sich aus FBD 1 ergibt. Nur die klageweise in Bezug genommenen (Unter-) Anspr&#252;che k&#246;nnen f&#252;r die ma&#223;gebliche, durch die Klageantr&#228;ge umgrenzte Handlung im Sinne des &#167;&#160;145 PatG indes eine Rolle spielen. Nach oben dargestellter h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung ist f&#252;r die Anwendbarkeit des <verweis.norm>&#167; 145 <v.abk ersatz="PatG">PatG</v.abk></verweis.norm> nicht ausreichend, wenn es technische &#220;berschneidungen gibt, vielmehr soll er nur Anwendung finden, wenn in beiden Verfahren die konkrete Ausgestaltung der fraglichen Teile einer Gesamtvorrichtung angegriffen ist. Das ist hier nicht der Fall. Aus den gleichen Gr&#252;nden ist die &#220;bereinstimmung in den Figuren 5 des hiesigen Klagepatents/ Figur 9 des Mannheimer Patents irrelevant.</p> <p><rd nr="92"/>Die Beklagtenseite dringt auch nicht durch mit ihrer Argumentation, das hiesige Klagepatent gestalte die technische Lehre des Mannheimer Patents weiter aus. Hiergegen spricht schon, dass das hiesige Klagepatent j&#252;nger ist als das Mannheimer Patent, also denklogisch nicht an das Mannheimer Patent ankn&#252;pfen kann. Dann kann es dessen Lehre auch nicht (zielgerichtet) weiter ausgestalten. Das belegt auch nicht die Zusammenschau der beiden Patentanspr&#252;che, wie die Beklagtenseite sie betreibt (S. 47/48 Duplik). Das Mannheimer Patent setzt auf einem Leistungsversorgungsgenerator 586 auf, beispielsweise dargestellt in Figur 5. Wie der Leistungsversorgungsgenerator ausgestaltet sein soll, l&#228;sst das Mannheimer Patent offen. Dass es zwingend an das Klagepatent ankn&#252;pft, ist nicht ersichtlich, wie die Kl&#228;gerin zu Recht unterstrichen hat (S. 5 Replik).</p> <p><rd nr="93"/>Dabei ist auch unbeachtlich, dass das von dem Klagepatent adressierte Problem insbesondere bei der Kombination mehrerer Sendesignale (Carrier Aggregation) entsteht, und letzteres Gegenstand des Mannheimer Patents ist (zu S. 51/52 Duplik). Hieraus folgt gleichwohl nicht, dass das Mannheimer Patent sich die technische Lehre des hiesigen Klagepatents zu Eigen macht. Dies folgt insbesondere nicht aus dem beklagtenseits in Bezug genommenen Unteranspruch 9 des Mannheimer Patents. Dieser ist schon nicht Gegenstand der Klage in Mannheim und daher nicht handlungsdefinierend, s.o. Wegen der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Anwendung des &#167;&#160;145 PatG (s.o.) kann allein der Umstand, dass die Einbindung der Erfindung eines Patents in die Anwendung der Erfindung eines anderen Patents zielf&#252;hrend sein k&#246;nnte, nicht einen technischen Zusammenhang im Sinne des &#167;&#160;145 PatG begr&#252;nden.</p> <p><rd nr="94"/>Schlie&#223;lich ist f&#252;r &#167;&#160;145 PatG nicht durchgreifend entscheidend, dass im hiesigen Verfahren ein Sachverst&#228;ndiger geh&#246;rt wurde. Ziel des &#167;&#160;145 PatG ist es nicht, die Verfahrens&#246;konomie zu erh&#246;hen, sondern die Beklagtenseite vor einer &#252;bergeb&#252;hrlichen Inanspruchnahme zu sch&#252;tzen. Die ZPO sieht insbesondere mit &#167;&#160;411a ZPO eine andere niederschwellige M&#246;glichkeit vor, eine nochmalige Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung in parallelen Verfahren zu vermeiden.</p> <p><rd nr="95"/>III. Die zuletzt gestellten Klageantr&#228;ge sind hinreichend bestimmt, weil in Gesamtschau mit der Klagebegr&#252;ndung klar wird, wogegen sich die Kl&#228;gerin wendet. Die Kammer hat im Hinblick auf die ausf&#252;hrliche Schilderung der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform in den Entscheidungsgr&#252;nden davon abgesehen, den Tenor entsprechend der BGH-Rechtsprechung (GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung und GRUR 2012, 485 - Rohrreinigungsd&#252;se II) zu konkretisieren.</p> <p><rd nr="96"/>IV. Die besonderen Zul&#228;ssigkeitsvoraussetzungen f&#252;r die Schadensfeststellungsklage sind gegeben. Ein Feststellungsinteresse iSd &#167;&#160;256 ZPO liegt vor. Der Schadensersatzanspruch der Kl&#228;gerin ist vor Erteilung der begehrten Ausk&#252;nfte noch nicht bezifferbar.</p> <p><rd nr="97"/>IV. Es liegt eine objektive Klageh&#228;ufung vor, &#167;&#160;260 ZPO.</p> <p><rd nr="98"/>V. Der Klage fehlt nicht das Rechtsschutzbed&#252;rfnis, auch nicht wegen des beklagtenseits erhobenen Kartellrechtseinwands.</p> <p><rd nr="99"/>1. Das Rechtsschutzbed&#252;rfnis fehlt einer Klage nur unter besonderen Umst&#228;nden. Grunds&#228;tzlich besteht ein Anspruch auf die M&#246;glichkeit, ein ordentliches Gericht anzurufen. Das Rechtsschutzbed&#252;rfnis einer Klage ist von der Begr&#252;ndetheit zu trennen, d.h. der Berechtigung des materiellen Klagebegehrens (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, vor <verweis.norm>&#167; 253 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 18 mwN). Eine Klage kann u.a. unzul&#228;ssig sein, wenn das Gericht bei einer Gesamtw&#252;rdigung Indizien daf&#252;r feststellt, dass der Kl&#228;ger mit der Klage ausschlie&#223;lich prozesszweckfremde Zwecke verfolgt (BGH NJW 2017, 674, 675 Rn. 25 mwN; als h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung zu dem Rechtsschutzbed&#252;rfnis als allgemeine Prozessvoraussetzung auf das Patentrecht &#252;bertragbar).</p> <p><rd nr="100"/>Immaterialg&#252;terrechte sind im europ&#228;ischen Prim&#228;r- und Sekund&#228;rrecht ebenso wie national auf verfassungsrechtlicher Ebene gesch&#252;tzt. Sie gew&#228;hren ein Ausschlie&#223;lichkeitsrecht, das insbesondere die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gew&#228;hrt. Dessen Aus&#252;bung kann grunds&#228;tzlich keinen Missbrauch begr&#252;nden (Calliess/Ruffert-Wei&#223;, EUV/AEUV, 5. Auflage, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> Rn. 39 mwN): Es ist eine Grundwertung des Patentrechts, dass der Patentinhaber sein Ausschlie&#223;lichkeitsrecht auch aus&#252;ben darf. Anderes kann grunds&#228;tzlich nur gelten, wenn das fragliche Patent standardessenziell ist und dem Patentinhaber hierdurch eine marktbeherrschende Stellung vermittelt, oder wenn sich aus den Modalit&#228;ten der Aus&#252;bung der Rechte aus dem (nicht standardessentiellen aber nicht umgehbaren) Patent ergibt, dass ein kartellrechtlich relevantes Ziel verfolgt wird (und die Aus&#252;bung des Rechts mithin nicht mehr seinem &#8222;spezifischen Gegenstand&#8220; entspricht, siehe Calliess/Ruffert-Wei&#223;, EUV/AEUV, 5. Auflage, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> Rn. 39 mwN; grundlegend EuGH verb. Rs. C-241/91 P und 242/91 P GRUR-Int 1995, 490, 493, Rn. 50 ff. - Magill; EuGH 238/87 GRUR-Int 1990, 141, Rn. 9 - Volvo/Veng). An die Annahme einer solchen Ausnahmesituation sind strenge Anforderungen zu stellen (zB EuGH Rs. C-418/01 - IMS Health MMR 2004, 456, Rn. 34, 35 mwN). Eine Lizenz soll dann erteilt werden m&#252;ssen, wenn ihre Verweigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, die Verweigerung darf nicht gerechtfertigt sein, und sie muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschlie&#223;en (EuGH Rs. C-418/01 - IMS Health MMR 2004, 456, Rn. 38 mwN). Dieser Ansatz kann dahingehend generalisiert werden, dass bei Vorliegen der vorgenannten Umst&#228;nde die Geltendmachung von Anspr&#252;chen auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung aus einem Ausschlie&#223;lichkeit vermittelnden Immaterialg&#252;terrecht ausgeschlossen sein soll.</p> <p><rd nr="101"/>2. Nach diesem Ma&#223;stab liegt keine Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit der Antr&#228;ge auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung (nachfolgend alleine: Antrag auf Unterlassung) vor, die zu einer Unzul&#228;ssigkeit der Klage insoweit f&#252;hren w&#252;rde.</p> <p><rd nr="102"/>a. Das Gericht pr&#252;ft die Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit des Antrags auf Unterlassung als Teil der Zul&#228;ssigkeit der Klage, obwohl die Beklagtenseite diesen Punkt (nur) als Begr&#252;ndetheitsproblem ansieht. Das Gericht hat aber die Zul&#228;ssigkeit einer Klage von Amts wegen zu pr&#252;fen und vorgetragene Tatsachen rechtlich eigenst&#228;ndig zu werten, unabh&#228;ngig von der juristischen Einkleidung durch die Parteien.</p> <p><rd nr="103"/>b. Die Beklagtenseite hat nicht belegt, dass die Kl&#228;gerin (lediglich) prozesszweckfremde Ziele mit der Klage verfolgt. Sie hat nicht belegt, dass die Klage nur dem Zweck dient, ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt f&#252;r Premium-Basisband-Chips&#228;tze auszubauen, und/ oder N. als Mitbewerber aus dem Markt zu dr&#228;ngen.</p> <p><rd nr="104"/>Irrelevant ist, ob die Kl&#228;gerin eine marktbeherrschende Stellung innehat, und wenn ja, auf welchem Markt. Denn die Geltendmachung der kl&#228;gerischen Anspr&#252;che, insbesondere des Unterlassungsanspruchs, ist schon keine missbr&#228;uchliche Verhaltensweise. Entgegen den oben dargestellten Grunds&#228;tzen hat die Beklagtenseite schon nicht belegt, dass durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert wird. Vielmehr behauptet die Beklagtenseite, dass die patentgem&#228;&#223;e Erfindung nicht benutzt werde, und die Nutzung auch nicht erforderlich sei. Die engen Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH die Geltendmachung eines Immaterialg&#252;terrechts ausgeschlossen sein soll, sind mithin nicht erf&#252;llt.</p> <p><rd nr="105"/>Die Vorgehensweise der Kl&#228;gerin erfordert des Weiteren keine Marktmacht, auch nicht bei der beklagtenseits herangezogenen Gesamtschau des Prozessverhaltens der Kl&#228;gerin. Die Kl&#228;gerin geht als Patentinhaberin gegen die Beklagtenseite vor, unabh&#228;ngig von der Stellung beider Parteien auf bestimmten M&#228;rkten. Die Beklagtenseite behauptet zwar, dass die Kl&#228;gerin mit den Klagen ein au&#223;erhalb des eigentlichen Klagebegehrens liegendes Ziel verfolge, n&#228;mlich N. aus dem Markt zu dr&#228;ngen. Dem steht indes schon entgegen, dass die Kl&#228;gerin nach dem Vortrag der Beklagtenseite ihre Unterlassungsanspr&#252;che (nur) &#8222;&#252;berwiegend&#8220; gegen P.s richte, die N.-Chips enthielten (S. 6 Klageerwiderung Teil I). Das bedeutet gleichzeitig, dass sie auch gegen P.s vorgeht, die Qualcomm-Chips enthalten. Belegt ist die Behauptung, die Kl&#228;gerin verfolge mit den Klagen das Ziel, N. aus dem Markt zu dr&#228;ngen, im &#220;brigen nicht. Schlie&#223;lich kommt hinzu, dass die Beklagtenseite eines der wichtigsten Unternehmen auf dem Markt der Mobilfunktelefonherstellung ist, und die hiesigen Verfahren Signalwirkung f&#252;r andere Unternehmen haben k&#246;nnen, die ein gesondertes gerichtliches Vorgehen gegen diese Unternehmen entbehrlich machen w&#252;rde. Im &#220;brigen hat die Beklagtenseite nicht im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten anderen Unternehmen durch welche konkreten Produkte Patentrechte der Kl&#228;gerin verletzen und warum und seit wann die Kl&#228;gerin hiervon in einer Weise Kenntnis erlangt hat, die eine Klageerhebung mit einiger Erfolgswahrscheinlichkeit erm&#246;glichten.</p> <p><rd nr="106"/>Wollte man der Argumentationslinie der Beklagtenseite folgen, w&#228;re die Kl&#228;gerin im &#220;brigen effektiv jeglicher M&#246;glichkeit beraubt, die Verletzung ihrer Patente durch Mobilfunkhersteller zu ahnden, jedenfalls soweit diese andere als ihre Chips verwenden. Konsequent zu Ende gedacht d&#252;rfte die Kl&#228;gerin auch nicht gegen die Hersteller patentverletzender Chips (wie hier O.) vorgehen, weil ein etwaiger Unterlassungs- und R&#252;ckrufanspruch Auswirkungen auf Mobilfunkhersteller und damit mittelbar auf die Marktquote N.s haben k&#246;nnte. Die Kl&#228;gerin w&#228;re mithin wegen einer (bestrittenen) marktbeherrschenden Stellung auf einem abgeschlossenen Markt effektiv daran gehindert, jegliche ihrer Patente - gleich welcher Markt hierdurch betroffen sein k&#246;nnte - durchzusetzen. Dieses Ergebnis ist mit der oben dargestellten gesetzgeberischen Wertung des Patentrechts nicht vereinbar.</p> <p><rd nr="107"/>Hinzu kommt: Die Beklagtenseite wird nicht durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Klagewege gezwungen, wieder die Kl&#228;gerin als Lieferantin zu w&#228;hlen (S. 49 Klageerwiderung Teil I). Sie w&#228;re allenfalls auf die Kl&#228;gerin als Lieferantin verwiesen, wenn sie die (erwiesene, dazu sogleich) Patentverletzung nicht abstellen k&#246;nnte. Das ist indes kein kartellrechtlich relevanter Punkt. Eine Berufung auf eine Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit des Vorgehens der Kl&#228;gerin w&#228;re jedenfalls der Beklagtenseite als Patentverletzerin verwehrt - denn eine solche Berufung w&#228;re ihrerseits rechtsmissbr&#228;uchlich.</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>c. &#8230;</p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="108"/>Ein Anspruch auf Lizenzerteilung kommt nur unter engen Voraussetzungen bei standardessentiellen Patenten in Betracht, ein solches liegt unstreitig nicht vor. Eine Ausweitung auf nicht standardessentielle Patente, kommt nach der Rechtsprechung des EuGH (wie vorzitiert) allenfalls dann in Betracht, wenn deren Benutzung unabdingbar ist. Die Beklagtenseite tr&#228;gt insoweit aber gerade vor, das Klagepatent nicht zu benutzen und dass die Benutzung auch nicht notwendig, mithin nicht unabdingbar, sei.</p> <p><rd nr="109"/>d. Die Kl&#228;gerin verst&#246;&#223;t durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auch nicht gegen die Entscheidung der EU-Kommission, Case AT.40220. Zwar ist sie trotz der eingelegten Nichtigkeitsklage mangels Suspensivwirkung (<verweis.norm>Art. 278 S. 1 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>) verbindlich. Der Beschluss der EU-Kommission erfasst aber die hiesige Klage nicht. Wie oben festgestellt, stellt die Klage keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin dar. Insbesondere ist f&#252;r die Klage keine marktbeherrschende Stellung erforderlich, sondern nur die Inhaberschaft des Klagepatents. Es liegt mithin kein Verhalten vor, das ein vergleichbares Ziel oder eine vergleichbare Wirkung aufweist wie das durch den Beschluss der EU-Kommission adressierte Verhalten.</p> <p><rd nr="110"/>3. Ein anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung der ITC. Das erkennende Gericht ist an die Entscheidung der ITC nicht gebunden, wie die Beklagtenseite selbst unterstreicht. Ungeachtet dessen sieht die Kammer keine inhaltliche &#220;bertragbarkeit der Entscheidung der ITC auf den hiesigen Fall. Ma&#223;geblich ist, dass die ITC eine gerichts&#228;hnliche Beh&#246;rde ist, die bestimmte Ma&#223;nahmen aussprechen kann. Ihre Anrufung ist aber nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer nicht die einzige M&#246;glichkeit, sich in den USA gegen eine Patentverletzung zu wehren. Vielmehr bleibt hierneben die M&#246;glichkeit, Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anzustrengen, s. 281 Patent Act, wenngleich diese andere Rechtsfolgen zeitigen k&#246;nnen. Die Kl&#228;gerin ist in den USA durch die Entscheidung FBD 35 mithin nicht rechtlos gestellt, worauf FBD 35 auch abstellt (S. 194: &#8222;Another relevant matter that I note is that Qualcomm is an established and profitable concern that has an adequate remedy at law for any patent infringement by P..&#8220;) Die Anrufung der ordentlichen Gerichte ist in Deutschland aber die einzige dem Patentinhaber unmittelbar zur Verf&#252;gung stehende Ahndungsm&#246;glichkeit einer Patentverletzung. Mithin ist schon die rechtliche Situation, von der FBD 35 ausgeht, nicht mit der Situation vergleichbar, wie sie sich der Kammer pr&#228;sentiert.</p> <p><rd nr="111"/>4. Nach alledem ist die Klage nicht als kartellrechtsversto&#223;end anzusehen. Sie ist nicht rechtsmissbr&#228;uchlich.</p> <p>B. Begr&#252;ndetheit</p> <p><rd nr="112"/>Die Klage ist begr&#252;ndet. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform benutzt das Klagepatent (unter I.), die Beklagte hat die Patentverletzung begangen (unter II.). Die Beklagte dringt mit ihrem Lizenz- und Ersch&#246;pfungseinwand nicht durch (unter III.).</p> <p>I. Klagepatent</p> <p><rd nr="113"/>Das Klagepatent betrifft ein Verfahren f&#252;r eine effiziente Stromversorgung elektrischer Verst&#228;rker, speziell eines H&#252;llkurvenverfolgers (englisch envelope tracker).</p> <p><rd nr="114"/>Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme der Priorit&#228;t vom 23.06.2011 (US 201113167659) am 24.06.2012 angemeldet. Die Patenterteilung wurde am 09.08.2017 ver&#246;ffentlicht.</p> <p>1. Relevanter Fachmann</p> <p><rd nr="115"/>Relevanter Fachmann ist nach der &#252;bereinstimmenden Definition der Parteien im Termin am 08.02.2018 (S. 3 des Protokolls 7 O 10495/17), der sich die Kammer anschlie&#223;t, ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrj&#228;hriger Erfahrung auf dem Gebiet des Chipdesigns f&#252;r Mobilfunkanwendungen.</p> <p>2. Stand der Technik</p> <p><rd nr="116"/>Im Stand der Technik war zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt, Informationen in RF-Signale (&#8220;radio frequency signal&#8220;, hochfrequentes Signal) umzuwandeln und sodann an einen Empf&#228;nger zu &#252;bertragen. Vor &#220;bertragung wird das RF-Signal durch einen power amplifier (Leistungsverst&#228;rker) verst&#228;rkt [0002], [0003]. Alle Amplituden (Ausschl&#228;ge) eines Signals m&#252;ssen verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig verst&#228;rkt werden, was energieintensiv ist.</p> <p><rd nr="117"/>Das Klagepatent baut auf der (im Stand der Technik bekannten, [0005]) sog. H&#252;llkurvenverfolgung (&#8222;envelope tracking&#8220;) als ein m&#246;gliches Mittel zur Optimierung des Leistungswirkungsgrads von Hochfrequenz-Leistungsverst&#228;rkern auf. Ansatz der H&#252;llkurvenverfolgung ist, einem Signal spezifisch zu folgen, mithin den Verlauf einer Amplitude abzubilden, und die Energieversorgung entsprechend der Amplitude zu- und abnehmen zu lassen. Alternativ m&#252;sste so viel Spannung angelegt werden, dass die gesamte Bandbreite einer Amplitude abgebildet werden k&#246;nnte, was zu &#252;bersch&#252;ssiger Energieabgabe f&#252;hren w&#252;rde - eine erh&#246;hte W&#228;rmeabgabe und eine ineffiziente Nutzung der Batterie w&#228;ren die Folge (zum envelope tracking und zu der Alternative, dem sog. average power tracking S. 27/30 Replik):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-3-de.jpeg" alt=""/></p> <p>(Abbildung Klage S. 8, im Original in Farbe)</p> <p><rd nr="118"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker (= Linearverst&#228;rker) hat indes f&#252;r sich gesehen einen schlechten Wirkungsgrad, d.h. bei der Verst&#228;rkung geht viel Energie verloren.</p> <p>3. Kritik am Stand der Technik</p> <p><rd nr="119"/>Dieser Stand der Technik wird in der Patentschrift nicht ausdr&#252;cklich kritisiert.</p> <p><rd nr="120"/>Das Klagepatent beschreibt es indes als w&#252;nschenswert, dass der Leistungsverst&#228;rker in der Lage ist, eine hohe Ausgangsleistung bereitzustellen, und einen hohen Leistungswirkungsgrad (&#8222;power-added efficiency&#8220;) aufweist, auch bei geringer Batteriespannung [0003] S. 2, 3.</p> <p><rd nr="121"/>Angestrebt wird ein Ausgleich zwischen einer m&#246;glichst akkuraten Leistung, u.a. der Verst&#228;rkung zur &#220;bertragung des RF-Signals, und der Batterieleistungsdauer.</p> <p>4. Aufgabe</p> <p><rd nr="122"/>Als Aufgabe gibt die Klagepatentschrift in [0005] an: &#8222;Techniques for efficiently generating a power supply for a power amplifier and/or other circuits are described herein.&#8220; Das soll insbesondere dann gelten, wenn die Batteriespannung niedrig ist ([0033]). Dieser Wertung schlie&#223;t sich die Kammer an.</p> <p><rd nr="123"/>Die Kl&#228;gerin beschreibt die technische Aufgabe - beklagtenseits unbestritten - wie folgt: Es solle ein Leistungsverst&#228;rker mit einem hohen Wirkungsgrad bei der Leistungsversorgung geschaffen werden, der f&#252;r den Einsatz in einem batteriebetriebenen Ger&#228;t geeignet ist, insbesondere dann, wenn die Batteriespannung niedrig ist (S. 30/31 Replik, [0031]). Dem ist zuzustimmen.</p> <p>5. L&#246;sung</p> <p><rd nr="124"/>Das Klagepatent schl&#228;gt zur L&#246;sung dieser Aufgabe in Patentanspruch 1 eine Vorrichtung vor, um eine effiziente Leistungsversorgung auch bei sinkender oder niedriger Batteriespannung sicherzustellen. Die Vorrichtung umfasst ein Schaltelement, einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker und einen Boost Converter [0006] S. 1. Der Einsatz eines Schaltelements mit einer Induktivit&#228;t und die flexible Steuerung des Ladens der Induktivit&#228;t mittels eines Offsets, sowie der selektive Einsatz einer geboosteten Versorgungsspannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker ist zentral f&#252;r die Erfindung (S. 31 Replik).</p> <p><rd nr="125"/>Beide Parteien gliedern Patentanspruch 1 auf dieselbe folgende Weise (K 2), der sich die Kammer anschlie&#223;t:</p> <p>Anspruch 1</p> <p>1. Vorrichtung, die Folgendes umfasst:</p> <p>1.1 eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>1.2 ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms,</p> <p>1.2.1 wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>1.3 einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung,</p> <p>1.4 einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal,</p> <p>1.4.1 wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet</p> <p>1.5 wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst;</p> <p>Anspruch 2</p> <p>2. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das Schaltelement basierend auf der ersten Versorgungsspannung arbeitet, und wobei der Versatz bzw. Offset basierend auf der ersten Versorgungsspannung bestimmt wird.</p> <p>Anspruch 3</p> <p>3. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das Schaltelement Folgendes umfasst:</p> <p>3.1 einen Summierer, der betreibbar ist zum Summieren des Eingangsstroms und eines Versatz- bzw. Offsetstroms und zum Bereitstellen eines summierten Stroms,</p> <p>3.2 einen Stromabf&#252;hlverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des summierten Stroms und zum Bereitstellen eines abgef&#252;hlten Signals, und</p> <p>3.3 einen Treiber, der betreibbar ist zum Empfangen des abgef&#252;hlten Signals und zum Bereitstellen wenigstens eines Steuersignals, das verwendet wird zum Generieren des Schaltsignals f&#252;r die Induktivit&#228;t.</p> <p>Anspruch 4</p> <p>4. Die Vorrichtung nach Anspruch 3,</p> <p>4.1 wobei das wenigstens eine Steuersignal ein erstes Steuersignal und ein zweites Steuersignal umfasst, und</p> <p>4.2 wobei das Schaltelement weiter Folgendes umfasst:</p> <p>4.2.1 einen P-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. PMOS-Transistor (PMOS = P-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das erste Steuersignal empf&#228;ngt, einer Quelle bzw. Source, die eine erste Versorgungsspannung empf&#228;ngt, und einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt, und</p> <p>4.2.2 einen N-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. NMOS-Transistor (NMOS = N-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das zweite Steuersignal empf&#228;ngt, einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt und einer Quelle bzw. Source, die an Schaltungsmasse gekoppelt ist.</p> <p>Anspruch 5</p> <p><rd nr="126"/>5. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Vorrichtung weiter umfasst: einen Leistungsverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des Versorgungsstroms von der Induktivit&#228;t und zum Empfangen und Verst&#228;rken eines Eingangshochfrequenz- bzw. Eingangs-HF-Signals und zum Bereitstellen eines Ausgangs-HF-Signals.</p> <p><rd nr="127"/>Mit der nachfolgenden (systemischen) Abbildung (im Original in schwarz-wei&#223;) wird der Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausf&#252;hrungsbeispiels verdeutlicht:</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-4-de.png" alt=""/></p> <p><rd nr="128"/>In obiger Abbildung ist dargestellt, wie der Leistungsverst&#228;rkers (PA) mit Strom versorgt wird: Ihm wird ein Gesamtversorgungsstrom Ipa zugef&#252;gt, der aus zwei &#8222;Stromteilen&#8220; gebildet wird: Der eine Versorgungsstrom kommt von dem rechts angesiedelten Schaltelement (Switcher). Dabei handelt es sich um den patentgem&#228;&#223; ersten Versorgungsstrom (Merkmal 1.1). Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker, links in obiger Figur, stellt einen zweiten Versorgungsstrom bereit, Merkmal 1.4, in der Figur Ienv. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet mit - wahlweise geboosteten - Batteriestrom, das Schaltelement mit Batteriestrom, der von der Induktivit&#228;t = Spule bereitgestellt wird. Letzterer wird in obiger Figur als Iind bezeichnet.</p> <p><rd nr="129"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker empf&#228;ngt ein H&#252;llkurvensignal und stellt basierend hierauf signalspezifisch den anspruchsgem&#228;&#223; zweiten Versorgungsstrom bereit. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet mit Batteriestrom, der so schnell ist, dass er dem H&#252;llkurvensignal auch bei den h&#246;heren Amplituden folgen kann, was die Induktivit&#228;t nicht leisten kann (S. 36 Replik, [0034]). Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet indes nicht effizient genug, so dass der Hauptanteil des Gesamtversorgungsstroms f&#252;r den Leistungsverst&#228;rker Ipa aus dem ersten Versorgungsstrom, mithin von der Induktivit&#228;t/ dem Schaltelement kommen soll. Die Induktivit&#228;t arbeitet weit effizienter. Der Fachmann erkennt, dass die Induktivit&#228;t einen h&#246;heren Wirkungsgrad als ein Linearverst&#228;rker hat. Deshalb soll nach dem Klagepatent ein m&#246;glichster gro&#223;er Anteil des Versorgungsstroms von dem Switcher bereitgestellt werden (S. 32 Replik, [0032]). H&#252;llkurvenverst&#228;rker und Induktivit&#228;t h&#228;ngen an der Batteriespannung, Vbat.</p> <p><rd nr="130"/>Ob die Induktivit&#228;t l&#228;dt oder entl&#228;dt (= mit der Batterie verbunden ist oder nicht) ist abh&#228;ngig von dem Schaltelement: Dem Schaltelement wird der von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker kommende abgef&#252;hlte Strom Isen zugef&#252;hrt; das Schaltelement vergleicht den Isen als Spannung mit einer Referenzspannung. Das geschieht in der Figur 5 im Current Sense Amplifier, einem Komparator (Analog-Digital-Wandler). Er ordnet den Eingangsstrom (abgef&#252;hlten Strom) oder die gewandelten Spannungen anhand von vorgegebenen Referenzspannungen, f&#252;r die &#252;blicherweise ein Fenster definiert ist, ein, und gibt basierend hierauf ein Signal mit den logischen Gr&#246;&#223;en high oder low aus, das &#252;ber den Driver das Schaltsignal (an oder aus) steuert (S. 34/35 Replik). Je nach Ma&#223; des Stroms Isen wird die Induktivit&#228;t geladen oder nicht, und liefert sie mehr oder weniger ersten Versorgungsstrom zum Gesamtversorgungsstrom Ipa.</p> <p><rd nr="131"/>Durch einen patentgem&#228;&#223;en Offset (Merkmal 1.2.1) kann auf die Menge des von der Induktivit&#228;t gelieferten Anteils am Versorgungsstrom Einfluss genommen werden. Die Auslegung dieses Merkmals ist zwischen den Parteien streitig. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker kann selektiv mit der Batteriespannung (erste Versorgungsspannung, Vbat) und mit der geboosteten Spannung (Vboost) betrieben werden, Merkmale 1.3 und 1.4.1. Zwischen den Parteien ist auch die Auslegung des Merkmals 1.4.1 streitig. Die Kammer geht auf die Auslegung dieser Merkmale nachfolgend gesondert ein.</p> <p>II. Wortsinngem&#228;&#223;er Gebrauch</p> <p><rd nr="132"/>Die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen machen von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngem&#228;&#223; Gebrauch. Die Beklagte verletzt das Patent unmittelbar gem&#228;&#223; &#167;&#160;9 Nr. 1 PatG.</p> <p>1. angegriffene Ausf&#252;hrungsform</p> <p><rd nr="133"/>Die kl&#228;gerseits als angegriffene Ausf&#252;hrungsform identifizierten Ger&#228;te enthalten den Chip Typ O. 81003 M (im Folgenden &#8222;O.-Chip&#8220;). Mit der Klage griff die Kl&#228;gerin explizit zun&#228;chst die Ger&#228;te P. 7plus und P. 7 der Beklagtenseite an. Mit der Replik (dort S. 13) benannte sie explizit auch die Ger&#228;te P. 8, P. 8 plus, P. X als verletzend. Sie beschr&#228;nkte ihren Angriff indes nicht auf die vorgenannten Ger&#228;ttypen, sondern griff alle Ausf&#252;hrungsformen an, die von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen (S. 17, 20 der Klageschrift).</p> <p><rd nr="134"/>Der O.-Chip ist Teil des O.-Envelope Trackers. Dieser wiederum ist Teil des Radio Freqency Front End (RFFE) der angegriffenen P.s (S. 18/20 Klageschrift, S. 10/11 Replik, jeweils mit Bildern). Der O.-Envelope Tracker stellt ein sog. System Inside Package Modul dar, das einen Chip und weitere Elemente wie Kondensatoren (capacitors) und Induktivit&#228;ten (inductors) umfasst.</p> <p><rd nr="135"/>Die genaue Ausgestaltung des O.-Chips ist zwischen den Parteien streitig. Die Kl&#228;gerin hat im Wege eines reverse engineering das gesamte Modul O.-Enevlope-Tracker untersucht. Die Untersuchungsergebnisse liegen vor in Form von Teardown-Reports (Nr. 1: K&#160;3, korrigiert K&#160;7 - siehe S. 2 Schriftsatz vom 30.11.2017 = Bl. 197 d. A., vergr&#246;&#223;erte Schaltpl&#228;ne K&#160;15, elektronische Version K&#160;16 = S. 13 Replik; Nr. 2: K&#160;4, zu der Erstellungsweise der Teardown-Reports siehe Replik S. 11/12). Die urspr&#252;nglichen Schaltpl&#228;ne lagen dabei nicht vor. Auf Basis dieses Reports hat die Kl&#228;gerin ein privates Sachverst&#228;ndigengutachten zur Funktionsweise des Chips anfertigen lassen und vorgelegt (K 22).</p> <p><rd nr="136"/>Folgende Bauteile enth&#228;lt die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unstreitig: Sie weist einen envelope tracker auf, der einen Versorgungsstrom f&#252;r einen Leistungsverst&#228;rker bereitstellt. Der Versorgungsstrom wird verst&#228;rkt. Des Weiteren gibt es eine Induktivit&#228;t mit Schaltelement. Das Schaltelement wird basierend auf dem Leistungsnachverfolgungssignal gesteuert. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verf&#252;gt auch &#252;ber einen Kondensator, dessen Auswirkungen f&#252;r ihre Funktionsweise zwischen den Parteien streitig ist.</p> <p><rd nr="137"/>Mangels wirksamen Bestreitens der Beklagtenseite (dazu sogleich) geht das Gericht davon aus, dass sich der H&#252;llkurvenmodulator in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform darstellen l&#228;sst wie in Abbildung 1 des Privatgutachtens K&#160;23 (Abbildung im Original schwarz-weiss):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-5-de.png" alt=""/></p> <p><rd nr="138"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker liefert in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform hiernach den zweiten Versorgungsstrom Ienv. Durch einen Kondensator werden die Gleichstromanteile des Ienv entnommen. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker liefert Ipa daher nur Wechselstrom zu. Der Gleichstrom kommt vollst&#228;ndig von dem Schaltelement.</p> <p><rd nr="139"/>Der Gesamtversorgungsstrom Ipa ist in Abh&#228;ngigkeit von dem H&#252;llkurvensignal variabel. Um eine ausreichende Menge Gleichstrom f&#252;r den Gesamtversorgungsstrom bereitzustellen, wird dem abgef&#252;hlten Strom Isen (eine Nachbildung von Ienv) ein Offset/ Versatz hinzugef&#252;gt, indem der Schaltpunkt des Komparators verringert und dadurch der Tastgrad der Schaltstufe erh&#246;ht wird. Im Einzelnen verweist die Kammer auf das Gutachten K&#160;23.</p> <p><rd nr="140"/>Ungeachtet der konkreten Ausgestaltung des Offsets geht die Kammer im &#220;brigen mit der Kl&#228;gerin (mangels wirksamen Bestreitens der Beklagtenseite) davon aus, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform &#252;ber einen Offset verf&#252;gen muss.</p> <p><rd nr="141"/>Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform weist einen Boost Converter auf, der technisch eine Buck-Boost-Kombination darstellt. Der Buck-Konverter liefert eine Ausgangsspannung, die kleiner/ gleich der Batteriespannung sein kann, der Bost-Konverter generiert eine Ausgangsspannung, die gr&#246;&#223;er als die Batteriespannung ist. In dem Boost Converter Control wird entschieden, ob Boost- oder Buck-Funktion geschaltet werden m&#252;ssen, oder ob die Batteriespannung direkt auf den Ausgang geschaltet wird. F&#252;r die Einzelheiten wird auf das Privatgutachten K&#160;23 verwiesen.</p> <p>2. Unmittelbare wortsinngem&#228;&#223;e Nutzung</p> <p><rd nr="142"/>Patentanspruch 1 des Klagepatents wird durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; benutzt, weil alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 1 des Klagepatents durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verwirklicht werden.</p> <p>a. Schutzbereichsbestimmung</p> <p><rd nr="143"/>Gem&#228;&#223; <verweis.norm>Art. 69 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> wird der Schutzbereich eines europ&#228;ischen Patents durch die Patentanspr&#252;che bestimmt. Beschreibung und Zeichnungen sind zur Auslegung indes heranzuziehen. Erforderlich ist eine funktionsorientierte Auslegung, wobei die Patentschrift grunds&#228;tzlich ihr eigenes Lexikon stellen kann (BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Begriffe in den Patentanspr&#252;chen und in der Patentbeschreibung sind so zu deuten, wie sie der angesprochene Durchschnittsfachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Ber&#252;cksichtigung von Aufgabe und L&#246;sung der Erfindung versteht (BGH GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube, mwN). Eine Auslegung muss auch dann (wohlwollend) erfolgen, wenn der Wortlaut scheinbar eindeutig ist (BGH GRUR 2015, 875, 876 - Rotorelemente, mwN). Auch innerhalb eines Patentanspruchs mehrfach verwendete Begriffe m&#252;ssen jeweils in Bezug auf die im konkreten Zusammenhang gegebene technische Funktion ausgelegt werden und k&#246;nnen sogar unterschiedlich zu verstehen sein (K&#252;hnen, 10. Auflage A. Rn. 52 mwN).</p> <p>b. Unstreitig verwirklichte Merkmale</p> <p><rd nr="144"/>Zu Recht ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.3 und 1.4 unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; verwirklicht sind.</p> <p><rd nr="145"/>c. M 1.2.1 verwirklicht Auch das Merkmal 1.2.1 (&#8220;the switcher adding an offset to the input current to generate a larger supply current via the inductor than without the offset&#8220;) ist verwirklicht.</p> <p>(1) Auslegung &#8222;Offset&#8220;</p> <p><rd nr="146"/>&#8222;Offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 ist mit der Kl&#228;gerin dahingehend auszulegen, dass er jegliche Ver&#228;nderung der Bewertung des Eingangsstroms umfasst.</p> <p><rd nr="147"/>(a) Die Kl&#228;gerin hat hierzu vorgebracht:</p> <p><rd nr="148"/>(aa) Der Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 bewirke anspruchsgem&#228;&#223;, dass der &#252;ber die Induktivit&#228;t generierte Versorgungsstrom gr&#246;&#223;er sei als ein Versorgungsstrom ohne Offset. Diese Ma&#223;nahme sei insbesondere wichtig wenn die Batteriespannung sinke, weil dann die Induktivit&#228;t langsamer lade und der Induktivit&#228;tsstrom sinke (S. 34 Replik, Figur 4b und [0035] des Klagepatents). Durch den Offset k&#246;nne bewusst herbeigef&#252;hrt werden, dass sich das Schaltelement l&#228;nger im &#8222;An&#8220;-Zustand befinde als ohne Offset, was zu einer Erh&#246;hung des durch die Induktivit&#228;t bereitgestellten ersten Versorgungsstroms (Gleichstromanteil des Gesamtversorgungsstroms, S. 4 Schriftsatz 31.10.2018) gegen&#252;ber einer Vorrichtung ohne Offset f&#252;hre (S. 16 Klageschrift, Abs. [0041] von K&#160;1/ [0037] von K&#160;5, S. 7, 38/40, 43/44 Replik). Der Offset sei damit eine Ver&#228;nderung (&#8220;Manipulation&#8221;) der Bewertung des &#8220;Eingangsstroms&#8221; (abgef&#252;hlter Strom), die zu einer anderen Steuerung der Induktivit&#228;t durch das Schaltelement f&#252;hre (S. 7, 38 Replik, [0040], Figur 4c). Der Offset k&#246;nne patentgem&#228;&#223; durch jede beliebige Ma&#223;nahme/ Mechanismus implementiert werden, durch welche die Pulsl&#228;nge der Schaltsignale verl&#228;ngert werde, die Induktivit&#228;t somit l&#228;nger lade, was zu einem h&#246;heren ersten Versorgungsstrom als ohne Offset f&#252;hre (S. 8, 21, 41 Replik, Klagepatent [0039] aE, S. 9 Triplik, S. 3 Schriftsatz 6.12.2018). Beweisw&#252;rdigend stellte die Kl&#228;gerin heraus, das habe auch der gerichtliche Sachverst&#228;ndige best&#228;tigt (S. 3 Schriftsatz 6.12.2018).</p> <p><rd nr="149"/>Das k&#246;nne dadurch geschehen, dass der abgef&#252;hlte Strom manipuliert werde (also ein Versatzstrom hinzugef&#252;gt werde), oder dadurch, dass in der Einheit (Komparator), welche den abgef&#252;hlten Strom mit Blick auf das das Schaltelement steuernde Signal (mit einer bestimmten Pulsl&#228;nge) bewerte, die Referenzwerte ge&#228;ndert w&#252;rden (&#196;nderung einer Referenzspannung im Komparator). Dass letzteres als Realisierung eines Offset ohne Hinzuf&#252;gung eines Offsetstroms m&#246;glich sei, erkenne der Fachmann (S. 14 Triplik mit Erl&#228;uterung, Gutachten K 23 S. 12). In beiden F&#228;llen werde in dem System eines grunds&#228;tzlich vom abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom gesteuerten Induktivit&#228;tsstroms durch eine weitere Ma&#223;nahme der Versorgungsstromanteil der Induktivit&#228;t (Schaltelement) vergr&#246;&#223;ert und somit der Anteil des H&#252;llkurvenstroms an der Leistungsversorgung des Leistungsverst&#228;rkers verringert (S. 9 Triplik).</p> <p><rd nr="150"/>Der Offset m&#252;sse nicht in Reaktion auf eine Ver&#228;nderung der Batteriespannung festgelegt werden (das betreffe nur Anspruch 2), vielmehr sei durch das Klagepatent allgemein die Lehre gesch&#252;tzt, dass durch einen Offset - abh&#228;ngig von verschiedenen Inputvariablen - ein h&#246;herer Induktorstrom erzeugt werden k&#246;nne als ohne Offset (S. 41/42 Replik, [0038]).</p> <p><rd nr="151"/>(bb) In dem Ausf&#252;hrungsbeispiel werde der Offset in Gestalt eines offset current hinzugef&#252;gt (Versatzstrom). Diese besondere Ausgestaltung sei indes Gegenstand des Anspruchs 3, der deshalb ausdr&#252;cklich von einem Offsetstrom spreche. Schon systematisch k&#246;nne daher Gegenstand des Offsets im Sinne des Anspruchs 1 nicht (nur) ein Offsetstrom sein, zumal der Offset iSd Anspruchs 1 dann auf das Ausf&#252;hrungsbeispiel in Figur 5 beschr&#228;nkt w&#228;re - das aber liefe den anerkannten Auslegungsgrunds&#228;tzen entgegen. Auch f&#252;r die Figur 5 werde Offsetstrom in der Beschreibung [0036] im &#220;brigen nur als Beispiel genannt (S. 13 Triplik). Das vorgenannte Verst&#228;ndnis entspreche auch dem Sprachgebrauch der Beschreibung [0037] zu diesem Ausf&#252;hrungsbeispiel. Der Wortlaut des unabh&#228;ngigen Anspruchs 1, M 1.2.1 sei indes breiter. Es gen&#252;ge jeder Offset (Versatz), nicht nur ein offset current. Entscheidend sei allein die bereits im Wortlaut des Anspruchs genannte Funktion, n&#228;mlich dass der von der Induktivit&#228;t gelieferte erste Versorgungsstrom (M1.1) durch den &#8222;Mechanismus&#8220; [0039] gr&#246;&#223;er werde als ohne den Offset (Wortlaut M 1.2.1) (S. 42/45 Replik, S. 11 Triplik).</p> <p><rd nr="152"/>Die Kl&#228;gerin erl&#228;uterte, das Hinzuf&#252;gen eines Versatzes zum &#8222;Eingangsstrom&#8220; (input current) sei deshalb im Wortlaut des M1.2.1 genannt, weil der Eingangsstrom, also bevorzugt der abgef&#252;hlte Strom Isen, ohne den Versatz nach M1.2 gerade die Gr&#246;&#223;e sei, an welche die Generierung des Schaltsignals zum Laden der Induktivit&#228;t ankn&#252;pfe. Allerdings gelte auch f&#252;r den Eingangsstrom (Isen), dass dieser typischerweise in eine Spannung umgewandelt werde, bevor ein Komparator (wie der Current Sense Amplifier) ein Ausgangssignal erzeuge (high/ low), welches das Eingangssignal bewerte. Der Anspruch fordere mithin nicht, dass gerade der Strom die Eingangsgr&#246;&#223;e eines vergleichenden Elements sein m&#252;sse (S. 43 Replik).</p> <p><rd nr="153"/>F&#252;r den Fachmann sei eine Vielzahl von Implementierungen f&#252;r den Offset auch ohne Hinzuf&#252;gen von Strom denkbar (S. 14/15 Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 12). Entscheidend sei, dass neben dem abgef&#252;hlten Strom Isen ein zweiter Eingabeparameter Eingang in die Steuerung des Switchers finde und somit die Bewertung der Eingangsgr&#246;&#223;e des abgef&#252;hlten Stroms &#8222;manipuliert&#8220; werde. Zum Vergleich verwies die Kl&#228;gerin auf die Patentschrift O. K&#160;18, Fig 14, 5a uns 5b. Hier werde in der Beschreibung Sp. 25 Z. 37 ff der Begriff &#8222;offset voltage&#8220; verwendet, der gerade nicht deckungsgleich sei mit offset, so wie im Klagepatent offset current ungleich offset sei (S. 45 Replik, K&#160;18). Auch im &#220;brigen belege die Patentschrift K&#160;18, dass das fachm&#228;nnische Verst&#228;ndnis von Offset dem der Kl&#228;gerin entspreche. Insbesondere sei ein Offset erreichbar durch eine &#196;nderung des Fensters der Referenzgr&#246;&#223;en M&#160;1 und M&#160;2, weil so die Bewertung des abgef&#252;hlten Signals ge&#228;ndert werde (S. 45/49 Replik). Der in K 18 enthaltene Kondensator bewirke eine Entkoppelung der jeweiligen Ausgangsspannung von H&#252;llkurvenverst&#228;rker und Induktivit&#228;t, anders als im Ausf&#252;hrungsbeispiel des Klagepatents. Diese m&#252;sse grunds&#228;tzlich durch einen Offset kompensiert werden, anderenfalls w&#252;rde der Leistungsverst&#228;rker nicht genug Strom erhalten (S. 48/49 Replik).</p> <p><rd nr="154"/>(cc) Die Kl&#228;gerin unterstreicht: Soweit die Beklagtenseite meine, [0039] S. 2 sei nicht beansprucht, begr&#252;nde sie das nicht. Dabei stelle das Patent grunds&#228;tzlich sein eigenes Lexikon, wie die h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung schon mehrfach festgestellt habe (S. 7, 12 Triplik unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Der hiesige Fall sei mit den Konstellationen in BGH Okklusionsvorrichtung (GRUR 2011, 701) und Diglycidverbindung (GRUR 2012, 45) gerade nicht vergleichbar. Insbesondere habe es im Erteilungsverfahren keine Anspruchs&#228;nderung gegeben, siehe HRM01-K 4: Anspruch 1 = dort Anspruch 20, UA3 = dort abh&#228;ngiger Anspruch 22 (S. 13 Triplik).</p> <p><rd nr="155"/>(dd) Soweit die Beklagtenseite sich auf den Standpunkt stellen wolle, Merkmal 1.2.1 beanspruche nur eine Ausgestaltung, in der der zweite Versorgungsstrom auch den Strom, den die Spule zur Verf&#252;gung stellt, zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne, sei das mit den nach <verweis.norm>Art. 69 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> anerkannten Auslegungsgrunds&#228;tzen nicht vereinbar, weil der Anspruch sich dazu nicht verhalte (S. 6 Schriftsatz 31.10.2018). Der Leistungsverst&#228;rker sei auch nicht auf einen fixen Gleichstromanteil angewiesen (mit der Folge, dass das Schaltelement immer den gleichen Strom liefern w&#252;rde, unabh&#228;ngig von der Einstellung des Offsets). Vielmehr richte sich die Menge des ben&#246;tigten Gesamtversorgungsstroms (Ipa) allein nach dem H&#252;llkurvensignal. Es k&#246;nne in einem dynamischen System wie dem hiesigen keine exakten Abgrenzungen zwischen Gleich- und Wechselstromanteilen geben, daher spreche auch das Klagepatent in [0015] im Zusammenhang mit dem Schaltelement von einem Anteil mit Gleichstrom und niedrigen Frequenzen. Der &#220;bergang von Gleichzu Wechselstrom sei flie&#223;end (S. 9 Schriftsatz 12.12.2018).</p> <p><rd nr="156"/>(b) Die Beklagtenseite bringt hingegen vor:</p> <p><rd nr="157"/>Zutreffend sei, dass das &#8222;Offset&#8220; stromerh&#246;hende Funktion habe (S. 3 Klageerwiderung).</p> <p><rd nr="158"/>Mit der Duplik betonte die Beklagtenseite, f&#252;r ein breites Verst&#228;ndnis entsprechend dem der Kl&#228;gerin gebe es keine Grundlage im Klagepatent. M1.2.1 benenne Zweck (&#8222;um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset&#8220;) und Mittel (&#8222;wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt&#8220;). Ver&#228;ndert werde entgegen der kl&#228;gerischen Darstellung nicht eine Bewertung des Eingangsstroms, sondern dieser selbst, und zwar durch Hinzuf&#252;gen eines Offsets, mithin durch Addition von Strom. Bei einer &#196;nderung der Referenzspannung im Komparator werde dem Eingangsstrom nichts hinzugef&#252;gt (S. 18 Duplik, S. 7 Quadruplik, SVG). Die Beklagtenseite st&#252;tzte sich auf [0027], wonach ein Ensemble aus Schaltelement und Induktivit&#228;t eingeschaltet sei, wenn ein hoher Eingangsstrom abgef&#252;hlt werde, sonst nicht. Daher m&#252;sse sich der Offset stromerh&#246;hend auf diesen Eingangsstrom auswirken, wenn er die Einschaltdauer verl&#228;ngern solle. Die Beklagtenseite meint, die Kl&#228;gerin f&#252;hre in der Sache eine &#196;quivalenzdiskussion, ohne deren Voraussetzungen im Einzelnen aufzuzeigen (S. 6 Quadruplik).</p> <p><rd nr="159"/>Zu Zweck/ Ursache erl&#228;uterte die Beklagtenseite in der Quadruplik, Merkmal 1.2.1 des Klagepatents beanspruche eine Erh&#246;hung des Gleichstromanteils von Iind (S. 3/5 Quadruplik, S. 6 oben von K&#160;22, SVG, rechtsausf&#252;hrend S. 7 Schriftsatz 10.12.2018).</p> <p><rd nr="160"/>Zu [0036] unterstrich die Beklagtenseite, es fehle an anderen Dingen, die man Strom hinzuf&#252;gen k&#246;nne (S. 20 Duplik, S. 8/9 Quadruplik, SVG). [0039] S. 2 (Offset durch andersgeartete Ver&#228;nderung der Pulsbreite eines Ausgangssignals) sei nicht beansprucht. Und/Oder [0039] befasse sich nur mit dem Begriff des Hinzuf&#252;gens (S. 8 Quadruplik). Anspruch 3 befasse sich entgegen der kl&#228;gerischen Darstellung nicht mit dem Offset an sich, sondern mit dem Switcher (S. 9 Quadruplik).</p> <p><rd nr="161"/>Die Patentschrift O. (K 18) habe nichts mit dem Klagepatent zu tun, sondern befasse sich mit der Ladung eines Kondensators, der dazu diene, Signale unver&#228;ndert in einen anderen Spannungsbereich zu verschieben, um die Effizienz der Schaltung zu optimieren. Die kl&#228;gerischen Ausf&#252;hrungen zu einem angeblichen Zusammenhang von Entkoppelung und Offset seien g&#228;nzlich unverst&#228;ndlich und entz&#246;gen sich einer Erwiderung. Der Kondensator diene in der Patentschrift O. nicht der Erzeugung einer geboosteten Spannung, sondern nur der Gl&#228;ttung der Ausgangsspannung (S. 21/22 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="162"/>Die Beklagtenseite betont: Folgte man der Auslegung der Kl&#228;gerin, w&#252;rde schon der im Klagepatent erw&#228;hnte Stand der Technik &#8222;Mathe&#8220; (HRM1/K 16, dort Fig. 6) einen Offset aufweisen. Das sei aber ersichtlich nicht gemeint: vielmehr erfordere Anspruch 1 des Klagepatents einen &#8222;Offset&#8220; in der Form eines steuernden Stromsignals, das &#252;berdies die merkmalsgem&#228;&#223;e Wirkung habe (S. 10/12 Quadruplik).</p> <p><rd nr="163"/>(c) Wertung Bei einer gebotenen funktionsorientierten Auslegung wie unter a. dargelegt, ist Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 im kl&#228;gerischen Sinne auszulegen.</p> <p><rd nr="164"/>(aa) Eine rein funktionale Betrachtung f&#252;hrt den Fachmann zu dem kl&#228;gerischen Verst&#228;ndnis. Denn entscheidend f&#252;r die Funktionsweise des Switchers ist die Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms, die patentgem&#228;&#223; durch den Offset erfolgen soll. Ob das Schaltelement dem abgef&#252;hlten Strom einen Offset (=Strom) hinzuf&#252;gt oder die Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms auf andere Weise herbeif&#252;hrt, ist dabei funktionell aus Sicht des Fachmanns nicht entscheidend.</p> <p><rd nr="165"/>Erh&#246;ht werden muss der Induktivit&#228;tsstrom = Gleichstrom, nicht der Gleichstromanteil. F&#252;r ein solches beschr&#228;nkendes Verst&#228;ndnis macht das Klagepatent keine Vorgaben.</p> <p><rd nr="166"/>(bb) Eine einschr&#228;nkende Auslegung in dem Sinne, dass offset nur einen Versatzstrom meine, l&#228;sst sich dem Wortlaut des Klagepatents nicht entnehmen. Der Hauptanspruch 1 spricht nur von &#8222;offset&#8220;, ohne sich auf einen Strom zu beschr&#228;nken. Nur Unteranspruch 3 bezieht sich explizit auf einen offset current. Das zeigt im Umkehrschluss, dass &#8222;offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 weiter zu verstehen ist als in Unteranspruch 3.</p> <p><rd nr="167"/>(aaa) Unteranspr&#252;che k&#246;nnen bei der Auslegung des Hauptanspruchs Ber&#252;cksichtigung finden, wobei die Auslegung eines Unteranspruchs den Gegenstand des Hauptanspruchs grunds&#228;tzlich nicht einengen darf. Dabei ist insbesondere zu beachten, worin die mit dem Unteranspruch vorgeschlagene Erg&#228;nzung der technischen Lehre des Hauptanspruchs besteht und auf welche Weise sie den Gegenstand des Hauptanspruchs fortbildet. R&#252;ckschl&#252;sse sind eher zul&#228;ssig, wenn ein Merkmal im Interesse funktionaler Optimierung um einen dieses Merkmal weiter ausformenden Aspekt erg&#228;nzt wird, als wenn den Merkmalen des Hauptanspruchs additiv ein weiteres Element hinzugef&#252;gt wird (BGH GRUR 2016, 1031, 1033 Rn. 15 - W&#228;rmetauscher, mwN).</p> <p><rd nr="168"/>(bbb) Im Streitfall definiert Unteranspruch 3 den Hauptanspruch 1 weiter, ohne nur additiv Elemente hinzuzuf&#252;gen. Summer, Stromabf&#252;hlverst&#228;rker und Treiber werden dort erstmals in den Anspr&#252;chen aufgef&#252;hrt.</p> <p><rd nr="169"/>(ccc) Nicht zum Erfolg verhilft der Beklagtenseite ihre Argumentation, Unteranspruch 3 befasse sich nur mit dem Switcher, ohne den Offset n&#228;her definieren zu wollen. Dem vermag sich die Kammer nicht zwingend anzuschlie&#223;en, gleichwohl kann diese Frage dahinstehen: Anspruch 3 macht n&#228;mlich zugleich deutlich, dass der &#8222;offset current&#8220; in den vorhergehenden Anspr&#252;chen noch nicht definiert ist. Anderenfalls lie&#223;e sich die Verwendung des Wortes &#8222;an&#8220; als undefinierter Artikel nicht erkl&#228;ren. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich um ein redaktionelles Versehen handelt, weil in Bezug auf den input current, vordefiniert in Anspruch 1, der bestimmte Artikel &#8222;the&#8220;, in Bezug auf den - ebenfalls noch nicht vordefinierten summed current - ebenfalls der unbestimmte Artikel verwendet wird. Das Klagepatent differenziert hier mithin bewusst.</p> <p><rd nr="170"/>(cc) Gegen das kl&#228;gerische Verst&#228;ndnis spricht auch nicht die Formulierung des Hauptanspruchs, wonach das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz/ Offset hinzuf&#252;gt (&#8220;the switcher adding an offset to the input current to generate (&#8230;)&#8220;). Unstreitig kann Strom nichts anderes als Strom hinzugef&#252;gt werden (zu der Argumentation der Beklagten, S. 20 Duplik, S. 8/9 Quadruplik). Funktionell versteht der Fachmann das Merkmal indes dahingehend, dass durch eine Ma&#223;nahme ein Versatz herbeigef&#252;hrt wird.</p> <p><rd nr="171"/>Das ergibt sich aus den Ausf&#252;hrungsbeispielen in der Klagepatentschrift.</p> <p><rd nr="172"/>(aaa) Beschreibungen und Zeichnungen sind nicht nur Grundlage f&#252;r die Bestimmung des Schutzbereichs, sondern auch f&#252;r die Auslegung des Patentanspruchs. Der Patentanspruch ist so zu lesen, dass sich im Zweifel keine Widerspr&#252;che zu den Ausf&#252;hrungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben. Ein anderes gilt grunds&#228;tzlich nur, wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen l&#228;sst und ein unaufl&#246;sbarer Widerspruch verbleibt (BGH GRUR 2015, 972, 974 Rn. 22 - Kreuzgest&#228;nge, mwN).</p> <p><rd nr="173"/>(bbb) Hiernach ist zu ber&#252;cksichtigen, dass [0036] generell von offset spricht, und den Versatzstrom (offset current) nur als Beispiel (&#8220;e.g.&#8220;) benennt. In [0038] ist generell die Rede von offset. Auch in [0039] S. 1 wird nur der offset benannt. In [0039] S. 2 wird explizit unterstrichen, dass ein offset mit irgendeinem geeigneten Mechanismus (&#8222;via any suitable mechanism&#8220;) hervorgerufen werden kann.</p> <p><rd nr="174"/>Insbesondere die letztgenannte Beschreibungsstelle spricht f&#252;r die Kl&#228;gerin. Die Beklagtenseite dringt nicht durch mit ihrer Argumentation, [0039] S. 2 sei nicht beansprucht. Grunds&#228;tzlich gilt, dass der Patentanspruch nach M&#246;glichkeit so zu lesen ist, dass er mit der Beschreibung in Einklang zu bringen ist, s.o. Genau das ist aber der Fall, wenn man offset so versteht wie die Kl&#228;gerin.</p> <p><rd nr="175"/>Der Sachverst&#228;ndige hat dem Gericht dieses Verst&#228;ndnis aus Sicht des Fachmanns best&#228;tigt. Er hat unterstrichen, dass Figur 5 des Klagepatents systemisch ist und f&#252;r den Fachmann nicht dargestellt ist, dass es sich um einen Offset im Strom handeln m&#252;sse. Vielmehr k&#246;nne auch eine Erh&#246;hung der Spannung einen patentgem&#228;&#223;en Offset darstellen (S. 4/5 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="176"/>Das Gericht folgt den Angaben des Sachverst&#228;ndigen vollumf&#228;nglich. Er hat als Lehrstuhlinhaber einer angesehenen technischen Universit&#228;t im technisch einschl&#228;gigen Bereich seine hohe fachliche Kompetenz dargelegt. Seine Angaben waren dem Gericht technisch plausibel und in sich schl&#252;ssig. Er erl&#228;uterte sie auf wiederholte Nachfragen in einer mehrst&#252;ndigen Anh&#246;rung in sich konsistent. Eine Meinungs&#228;nderung des Sachverst&#228;ndigen beruhte darauf, dass er gezeigte Figuren nur nach Erl&#228;uterung und bei Unterstellung bestimmter Tatsachen als wahr technisch nachvollziehen konnte, nicht auf fehlender technischer Expertise. (dd) Dem Klagepatent ist nicht zu entnehmen, dass der Offset einen Strom erh&#246;hen m&#252;sste, der auch von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker geliefert werden k&#246;nnte - mithin einen Wechselstrom. Ebenso wenig enth&#228;lt das Klagepatent einen Hinweis darauf, dass der Anteil des Spulenstroms an dem Gesamtversorgungsstrom sich durch den Offset ver&#228;ndern m&#252;sste.</p> <p><rd nr="177"/>(ee) Gegen die kl&#228;gerische Auslegung spricht schlie&#223;lich nicht die Entgegenhaltung Mathe.</p> <p><rd nr="178"/>(aaa) Zitierte Schriften d&#252;rfen zur Ermittlung des Stands der Technik, der Anhaltspunkte f&#252;r das Verst&#228;ndnis eines Merkmals liefern kann, herangezogen werden (K&#252;hnen, 10. Auflage, A. Rn. 55). Nach einer Meinung sind Patentanspr&#252;che dabei grunds&#228;tzlich so auszulegen, dass ihr Inhalt nicht durch zitierte Schriften neuheitssch&#228;dlich offenbart w&#228;re (zu auf dem Deckblatt zitierten Druckschriften K&#252;hnen, 10. Auflage, A. Rn. 55). Offenbart ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, &#8222;was aus fachm&#228;nnischer Sicht einer Schrift &#8222;unmittelbar und eindeutig&#8220; zu entnehmen ist&#8220; (BGH GRUR 2009, 382, 384 - Olanzapin mwN).</p> <p><rd nr="179"/>(bbb) Nach diesen Grunds&#228;tzen gebietet die Entgegenhaltung Mathe keine andere Auslegung als oben dargestellt.</p> <p><rd nr="180"/>Die Entgegenhaltung Mathe ist in [0031] zitiert, indes nur zur Darlegung der m&#246;glichen Ausf&#252;hrung des envelope amplifiers - bildlich gesprochen mit dem linken Teil des Bilds K&#160;17. Der &#8222;offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 befasst sich - wiederum bildlich gesprochen - mit dem rechten Teil, dem Schaltelement. Weil sich das Zitat in [0031] nur auf den envelope amplifier bezieht, darf die Entgegenhaltung Mathe schon nicht zur Ermittlung des fachm&#228;nnischen Verst&#228;ndnisses mit Blick auf das Schaltelement/ den Offset herangezogen werden.</p> <p><rd nr="181"/>Im &#220;brigen ist in der Entgegenhaltung Mathe zwar die Rede von einem Offset, allerdings nur in [0097]. Der Offset ist der Entgegenhaltung auch nicht im Sinne der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.</p> <p><rd nr="182"/>Das dargestellte Verst&#228;ndnis der Kammer hat der Sachverst&#228;ndige dem Gericht im Termin aus Sicht des Fachmanns best&#228;tigt (S. 4 des Protokolls). Der Sachverst&#228;ndige hat dem Gericht dar&#252;ber hinaus verdeutlicht, dass aus Sicht des Fachmanns der Offset in der Entgegenhaltung Mathe der Stabilisierung der Arbeitspunkte im H&#252;llkurvenverst&#228;rker dient, nicht der Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms wie im Klagepatent (S. 4 des Protokolls).</p> <p><rd nr="183"/>(ff) Ein anderes folgt nicht aus der vorl&#228;ufigen Stellungnahme der Einspruchsabteilung K&#160;23, dort 4.1.2 (zu S. 11 Schriftsatz vom 10.12.2018). Nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer wird hier mitgeteilt, dass schon die Offenbarung eines Offsets fraglich ist, dass aber jedenfalls die weiteren Voraussetzungen des Merkmals 1.2.1 fraglich seien. Die Einspruchsabteilung teilt aber nicht explizit mit, dass ein merkmalsgem&#228;&#223;er Offset nur ein solcher sei, der einen Versatzstrom hinzuf&#252;gt.</p> <p><rd nr="184"/>(gg) Nach alledem ist Merkmal 1.2.1 dahingehend auszulegen, dass jegliche Ver&#228;nderung an dem abgef&#252;hlten Strom, die eine Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms bewirkt, einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset darstellt.</p> <p><rd nr="185"/>(2) Nutzung M 1.2.1 durch angegriffene Ausf&#252;hrungsform Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform macht von Merkmal 1.2.1 Gebrauch. Denn sie f&#252;gt dem abgef&#252;hlten Strom einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset hinzu.</p> <p><rd nr="186"/>(a) Die Kl&#228;gerin hat hierzu vorgebracht:</p> <p><rd nr="187"/>(aa) Mit der Klage st&#252;tzte sich die Kl&#228;gerin mit Blick auf die Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 zun&#228;chst (nur) auf den Digital-Analog-Wandler (digital-to-analog converter, DAC). Sie erl&#228;uterte, der Digital-Analog-Wandler passe den Strom mittels der (in nachfolgenden Darstellungen gr&#252;n umrandeten) programmierbaren Stromsenke oder der (in nachfolgenden Darstellungen rot umrandeten) programmierbaren Stromquelle in der Stromsenke an und gebe ihn an der VG-VOUT1-Verbindung an die Stromabf&#252;hleinheit (Merkmal 1.2) ab. Dieser Strom werde sodann in den Komparator eingespeist, der das Schaltsignal f&#252;r das Schaltelement generiere. Indem der Strom angepasst werde, werde ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset hinzugef&#252;gt. Bildlich lasse sich das wie folgt zeigen (S. 28/29 Klageschrift, K&#160;3 Figuren 3.4.6, 3.4.6.6, Hervorhebungen kl&#228;gerseits hinzugef&#252;gt):</p> <p>Figur 3.4.6 (im Original farbig):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-6-de.png" alt=""/></p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33572-7-de.png" alt=""/>Detail, Figur 3.4.6.6 (im Original farbig)</p> <p><rd nr="188"/>An der Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 durch den DAC hielt die Kl&#228;gerin auch nach weiterem Vortrag fest (Triplik S. 24/25, Privatgutachten K&#160;23 S. 11, 13).</p> <p><rd nr="189"/>Eine beklagtenseits behauptete Deaktivierung der DAC-Funktionseinheit bestritt die Kl&#228;gerin und unterstrich, eine Deaktivierung sei aus Rechtsgr&#252;nden ohnehin unerheblich (S. 8, 54/56, Replik, unter Berufung auf BGH - Rangierkatze, OLG D&#252;sseldorf - Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik). Das Vorbringen der Beklagtenseite, die Funktionseinheit stelle auch bei Aktivierung keinen Offset bereit, sei unsubstantiiert und daher unbeachtlich (S. 8, 56/57 Replik).</p> <p><rd nr="190"/>(bb) Im &#220;brigen m&#252;sse es - unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung - einen Offset in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform geben, weil der Spulenstrom auch bei sinkender Batteriespannung konstant bleibe oder steige - anderenfalls w&#252;rden die angegriffenen Ger&#228;te bei sinkender Batteriespannung deutlich ineffizienter arbeiten und sich stark erw&#228;rmen. Auch die Messungen der Kl&#228;gerin zeigten, dass es einen Versatz geben m&#252;sse, weil die Ausgangsspannung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers unterhalb der Ausgansspannung der Induktivit&#228;t liege (S. 12 von K&#160;27). Auch die beklagtenseits in Bezug genommene Erh&#246;hung des Gleichstromanteils belege gerade, dass es einen Offset geben m&#252;sse - anders sei nicht zu erkl&#228;ren, dass sich der Spulenstrom &#228;ndere, denn der H&#252;llkurvenstrom steuere unstreitig den Spulenstrom. Er m&#252;sse mithin ver&#228;ndert oder anders bewertet werden, um eine Erh&#246;hung des Spulenstroms zu erreichen (S. 4/5 Schriftsatz 23.10.2018). Es komme f&#252;r eine Verletzung nicht darauf an, dass gerade durch eine bestimmte Komponente eine Signalisierung vorgenommen werde, wie die Kl&#228;gerin schon in der m&#252;ndlichen Verhandlung betont habe (S. 57 Replik).</p> <p><rd nr="191"/>Die von der Beklagtenseite ins Feld gef&#252;hrte Entgegenhaltung Choi sei unbeachtlich, weil die dortige Lehre schon f&#252;r 5 MHz-Bandbreite des Eingangssignals nicht mehr funktioniere, das hier wesentliche LTE-Signal aber eine Bandbreite von bis zu 20 MHz habe (S. 5/7, 26 ff. Triplik). F&#252;r gr&#246;&#223;ere Bandbreiten als 5 MHz sehe Choi es im Ergebnis als effizienter an, eine parallele Stromquelle bereitzustellen, als ein Schaltelement mit hoher Schaltfrequenz zu benutzen (S. 28/29 Triplik). Die Kl&#228;gerin habe die Schaltfrequenz in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform &#252;berpr&#252;ft und habe hierdurch ebenfalls belegt, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht die Architektur von Choi haben k&#246;nne (S. 6, 30/31 Triplik). Unbeachtlich sei auch das Argument der Beklagtenseite mit Blick auf die Versorgungsspannung f&#252;r das Schaltelement. Auch das Schaltelement k&#246;nne nach dem Teardown-Report mit einer h&#246;heren als der Batteriespannung versorgt werden. Das habe indes nichts mit Choi zu tun, und sei von dem Anspruch 1 des Klagepatents auch nicht ausgeschlossen. Das Problem der absinkenden Batteriespannung werde mit einem Boost-Converter f&#252;r das Schaltelement auch nicht behoben (S. 31/32 Triplik).</p> <p><rd nr="192"/>(cc) Im &#220;brigen best&#252;nden weitere Signalisierungen, die einen Offset bereitstellen k&#246;nnten. Die Kl&#228;gerin habe noch weitere Signalisierungswege identifiziert, die die Induktivit&#228;t durch das Schalelement patentgem&#228;&#223; steuere - das lasse sich gut an der US-Patentschrift der Lieferantin O. (K 18) und dem Teardown-Bericht erl&#228;utern (S. 8, 22, 60 ff der Replik). Die Ausgaben der Induktivit&#228;t und des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers seien durch einen Kondensator getrennt. Daher m&#252;sse es in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform einen Offset geben, weil die Spannung des H&#252;llkurvensignals nicht mehr unver&#228;ndert &#8222;durchgeschaltet&#8220; werden k&#246;nne. Es gebe einen Komparator (genauer gebe es drei Komparatoren, die alle drei genutzt werden k&#246;nnten), der die Bewertung des abgef&#252;hlten Stroms manipuliere.</p> <p><rd nr="193"/>Die Kl&#228;gerin erg&#228;nzte in der Triplik, ma&#223;geblich sei der Einsatz von zwei Komparatoren, die jeweils &#252;ber zwei Eingangssignale verf&#252;gten: die Signale CMP_VR1 bzw. CMP_VR2 von dem Reference Voltage Generator (Referenzspannung), sowie den abgef&#252;hlten Strom Isens, nach dessen Umwandlung in eine Spannung Vcmp. Diese Spannungen w&#252;rden in den Komparatoren verglichen. Die Ausgangssignale der beiden Komparatoren w&#252;rden das Schaltsignal steuern. Durch die Programmierung der Referenzspannung in den Komparatoren w&#252;rde der Eingangsstrom Isens mit einem anderen Schaltpunkt bewertet, damit w&#252;rde durch die Programmierung der Referenzspannung in den Komparatoren ein Offset hinzugef&#252;gt (S. 15/19 Triplik, Privatgutachten K&#160;23). Es bestehe ein Spannungsfenster, wie es die Kl&#228;gerin schon mit Blick auf die Patentschrift O. K&#160;17 in der Replik dargelegt habe (S. 21 Triplik).</p> <p><rd nr="194"/>(dd) Soweit die Kl&#228;gerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 6.12.2018 (dort S. 5/7) die Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform auf Basis der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung auf neue Weise erl&#228;uterte, war der hierin enthaltene Sachvortrag wegen &#167;&#160;296a ZPO nicht mehr zuzulassen und gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung. Wie unter (c) zu sehen sein wird, kam es hierauf nicht an.</p> <p><rd nr="195"/>(b) Die Beklagte r&#252;gte den Vortrag der Kl&#228;gerin unter Bezugnahme auf den Teardown-Bericht zun&#228;chst als unschl&#252;ssig (S. 4 Klageerwiderung II) und bestritt die Richtigkeit des Teardown-Berichts generell mit Nichtwissen (S. 30 Duplik). Sie unterstrich, sie k&#246;nne wegen Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers O. nur eingeschr&#228;nkt vortragen (S. 3 Protokoll vom 08.02.2018, S. 23/24 Duplik).</p> <p><rd nr="196"/>Sie bringt des Weiteren vor:</p> <p><rd nr="197"/>(aa) Der fragliche DAC-Funktionsblock in dem O.-Chip sei deaktiviert (S. 4, 6/7 Klageerwiderung II). Der O.-Chip werde mittels des N.-Chips PMB 5750 konfiguriert (S. 6 Klageerwiderung II, SVG). Die entsprechende Deaktivierung nehme der Zulieferer N. vor und k&#246;nne seitens der Beklagten nicht ver&#228;ndert werden. F&#252;r die Kunden sei sie irreversibel (S. 7 Klageerwiderung II, SVG). Der Chip k&#246;nne auch nicht allein betrieben werden, sondern brauche &#8222;Zuarbeit&#8220;, u.a. ein analoges H&#252;llkurvensignal, von einem anderen Chip (S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). F&#252;r die Erstellung der entsprechenden Firmware brauche es Programmierkenntnisse, den streng geheimen Sourcecode f&#252;r den zweiten Chip und die Kenntnis eines 120 Seiten starken Programming Guide f&#252;r den U.-Chip (S. 29 Quadruplik, SVG, Zeugen A., O.). De facto gebe es daher keine deaktivierten Schaltkreise; die Situation sei auch mit dem vom BGH in dem Urteil &#8222;Rangierkatze&#8220; entschiedenen Fall nicht vergleichbar (S. 29/30 Quadruplik).</p> <p><rd nr="198"/>Im &#220;brigen sei der Funktionsblock nicht in der Lage, den Versorgungsstrom zu erh&#246;hen (S. 4, 8 Klageerwiderung II). Bei einer Aktivierung k&#246;nne der Funktionsblock zwar Signale zur Gesamtschaltung beisteuern, es sei indes ausgeschlossen, dass hierdurch ein gr&#246;&#223;erer Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t generiert werde als ohne Versatz/ Offset. Daher k&#246;nne es sich nicht um einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset handeln (S. 8 Klageerwiderung II, SVG). Im Termin am 8.02.2018 trug die Beklagtenseite vor, dass es in dem von der Kl&#228;gerin angegriffenen O.-Chip kein Bauteil gebe, dass dazu f&#252;hre, dass ein Schalter l&#228;nger ge&#246;ffnet werde, was dazu f&#252;hre, dass gem&#228;&#223; dem Merkmal 1.2.1 &#252;ber die Induktivit&#228;t ein gr&#246;&#223;erer Versorgungsstrom generiert werde, als ohne diese Ma&#223;nahme. Dies sei dadurch begr&#252;ndet, dass bei der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform aufgrund eines abweichenden Designs des H&#252;llkurvenverfolgers das erfindungsgem&#228;&#223;e Problem nicht auftrete und dadurch auch nicht durch diese Ma&#223;nahmen gel&#246;st werden m&#252;sse (S. 3/4 Protokoll vom 8.02.2018).</p> <p><rd nr="199"/>Die Beklagtenseite pr&#228;zisierte in Duplik und Quadruplik, der DAC geh&#246;re wohl zu einer zulieferseitig als &#8222;ICOR&#8220; bezeichneten Komponente, die im &#8222;Teardown Report&#8220; der Kl&#228;gerin insbesondere hinsichtlich ihrer Einbindung in die Gesamtschaltung nicht vollst&#228;ndig erfasst sei. Ihre Betr&#228;ge sollten lediglich der Signal-Gl&#228;ttung dienen und w&#252;rden an zwei Stellen in die Schaltung eingespeist, so dass sie sich dem Betrage nach wieder aufh&#246;ben. Es sei damit schaltungstechnisch ausgeschlossen, dass hierdurch ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset bereitgestellt werde. Die Ladedauer sei vom &#8222;ICOR&#8220; g&#228;nzlich unabh&#228;ngig (S. 33/34 Duplik, SVG). In der Quadruplik erg&#228;nzte sie, die Komponente k&#246;nne au&#223;erdem nur Wechselstrom liefern, keinen Gleichstrom, so dass sie schon deswegen keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen k&#246;nne. Das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde ferner auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt, nicht nur dem abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom, und w&#252;rde schlie&#223;lich nicht in Abh&#228;ngigkeit von der Batteriespannung erzeugt. Die gelb markierte Linie f&#252;hre daher weder zu einem DAC, noch transportiere sie Informationen &#252;ber eine Batteriespannung (S. 18/20 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="200"/>Daher komme es auf die Deaktivierung der Komponente gar nicht mehr an, im &#220;brigen verstehe die Kl&#228;gerin indes die Entscheidung &#8222;Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik&#8220; falsch (S. 34 Duplik).</p> <p><rd nr="201"/>(bb) Die Grundannahme der Kl&#228;gerin, es m&#252;sse unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung einen Offset geben, sei unzutreffend (S. 2 Duplik, SVG). Es gebe in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform schlicht keinen Offset, weder aktiviert noch deaktiviert (S. 31 Duplik, SVG). Die Kl&#228;gerin verkenne, dass die klagepatentgem&#228;&#223;e Lehre keine L&#246;sung f&#252;r ein allgemeines Problem sei, sondern f&#252;r ein nur bei der im Klagepatent konkret zugrunde gelegten Architektur auftretendes Problem (S. 3/14, 32 Duplik). So w&#252;rden in anderen Architekturen Schaltelemente und Induktivit&#228;ten verwendet, die erheblich schneller als das Leistungsnachverfolgungssignal arbeiteten. Zudem w&#252;rde nicht nur dem Leistungsnachverfolgungssignal, sondern auch der Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t eine gleiche, gegebenenfalls verst&#228;rkte Spannung zur Verf&#252;gung gestellt. So sei es in der Entgegenhaltung Choi (HRM 5a/b), die ebenfalls ohne Offset auskomme (S. 14/17 Duplik). Soweit die Kl&#228;gerin in der Triplik hierzu Messungen vorgetragen habe, habe sie einen atypischen Fall angenommen; die Schlussfolgerung der Kl&#228;gerin sei falsch (S. 27 Quadruplik, Zeuge A., SVG).</p> <p><rd nr="202"/>Die Beklagtenseite k&#246;nne wegen der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers O. derzeit nicht anhand von Schaltpl&#228;nen die relevanten Eigenschaften der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform erl&#228;utern. Sobald die Schaltpl&#228;ne aus dem US-Discovery-Verfahren aber kl&#228;gerseits vorgelegt w&#252;rden, w&#252;rde sich zeigen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t aufweise, die wie in Choi deutlich schneller schalte als die Perioden des Leistungsnachverfolgungssignals lang seien und im Bedarfsfall (bei sinkender Batteriespannung, S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.) mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt w&#252;rden (S. 25 Duplik). Daher sei ein Offset hier weder erforderlich noch vorhanden (S. 25 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="203"/>Die Beklagtenseite unterstrich, die Kl&#228;gerin habe zu dem Offset in der Klage (dort S. 27/28) anders vorgetragen als in der Replik (dort S. 15) (S. 28 Duplik).</p> <p><rd nr="204"/>(cc) Soweit die Kl&#228;gerin sich auf die Patentschrift O. K&#160;18 beziehe, sei der Verweis r&#228;tselhaft. Dort gehe es nicht darum, dass der Offset einem Eingangsstrom hinzugef&#252;gt werde. Weitere Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin zu einem Zusammenhang von Entkoppelung und Offset seien g&#228;nzlich unverst&#228;ndlich und entz&#246;gen sich der Erwiderung (S. 21 Duplik). K&#160;17 bez&#246;ge sich auch nur auf die Ladung eines Kondensators, der dazu diene, ein Signal als solches unver&#228;ndert in einen anderen Spannungsbereich zu verschieben, um die Effizienz der Schaltung zu optimieren. Die &#196;nderungen der Spannung, auf die sich die Kl&#228;gerin bezieht, &#228;nderten keinen durch Schaltelement und Induktivit&#228;t erzeugten Teilstrom, der in einen Gesamtstrom eingehe. Der Kondensator diene in Fig. 6 von K&#160;17 nur der Gl&#228;ttung der Ausgangsspannung und sei nicht entscheidend f&#252;r die Erzeugung einer geboosteten Spannung (S. 22 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="205"/>Soweit die Kl&#228;gerin auf weitere Signalisierungen Bezug nehme, sei der Vortrag unschl&#252;ssig und unsubstantiiert (S. 33 Duplik). Die Kl&#228;gerin lege nicht dar, wieso sich hier ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset ergeben solle - tats&#228;chlich gebe es ihn nicht (S. 34/35 Duplik, SVG). Der Kondensator, auf den die Kl&#228;gerin auf S. 59 oben Replik Bezug nimmt, habe mit dem Offset nichts zu tun (S. 35 Duplik, SVG). Das vermeintliche Zusammenwirken S. 60 oben Replik basiere auf einem grundlegenden Fehlverst&#228;ndnis der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform, das sich mit den Schaltpl&#228;nen aufkl&#228;ren lassen werde. Die gelb eingezeichnete &#8222;Feedbackleitung&#8220; existiere jedenfalls nicht, auch sonst funktioniere die Schaltung anders als dargestellt (S. 35 Duplik).</p> <p><rd nr="206"/>Zu dem erg&#228;nzten Vortrag der Kl&#228;gerin zu den Komparatoren in der Triplik f&#252;hrte die Beklagtenseite in der Quadruplik aus, die Komparatoren seien so zusammengeschaltet, dass sie nur gemeinsam programmiert werden k&#246;nnten: ihre Schwellwerte seien von einer festen Referenzspannung von 1,2 V jeweils zwingend gleich weit beabstandet. Der eine diene dem Einschalten, der anderen dem Ausschalten des Ladevorgangs, daher sei ausgeschlossen, dass durch ihre Programmierung das Tastverh&#228;ltnis eines Signals zur Steuerung des Schaltelements vergr&#246;&#223;ert und damit der Induktivit&#228;tsstrom durch Verl&#228;ngerung der Ladedauer der Induktivit&#228;t erh&#246;ht werde (S. 21 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). Dies ergebe sich aus der Illustration S. 22 Quadruplik. Das habe die Kl&#228;gerin unber&#252;cksichtigt gelassen, wohl weil die angegriffene Ausf&#252;hrungsform f&#252;r zwei Modi vorgesehen sei (Average Power Tracking Mode und Envelope Tracking Mode), zwischen denen hin- und hergeschaltet werden k&#246;nne. Diese Modi schl&#246;ssen sich indes wechselseitig aus, auch hardwaretechnisch seien bestimmte Bauteile nur dem einen Modus zugeordnet. Die Kl&#228;gerin betrachte aber f&#228;lschlicherweise Elemente aus beiden Modi zusammen (S. 23/24 Quadruplik).</p> <p><rd nr="207"/>Ferner seien die Referenzwerte in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform fest auf 1,1 bzw. 1,3 V programmiert. Eine &#196;nderung k&#246;nnte weder die Beklagtenseite noch ihre Abnehmer bewerkstelligen, vielmehr m&#252;sste N. seine Firmware &#228;ndern (S. 25, 30, 32 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). Eine ge&#228;nderte Referenzspannung k&#246;nne auch nicht Gegenstand eines Vorrichtungsanspruchs sein (S. 32, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="208"/>Auch die Str&#246;me ICorr und ICS seien stromlos gestellt und damit deaktiviert. Im &#220;brigen k&#246;nnten sie wegen des Kondensators keinen Offset bereitstellen (S. 33 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="209"/>(dd) Schlie&#223;lich werde der Kondensator in dem Privatgutachten nicht hinreichend gew&#252;rdigt: aus seiner Existenz folge, dass der gesamte Gleichstromanteil des Verst&#228;rkerstroms zwingend von Schaltelement und Induktivit&#228;t bereitgestellt werde, wie auch der Privatgutachter auf S. 6 oben von K&#160;22 zu konzedieren scheine (S. 26 Quadruplik). So wie der Strom Iind nicht abfallen k&#246;nne, k&#246;nne ein Offset ihn auch nicht erh&#246;hen (S. 26 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="210"/>(ee) Auf weiteres Vorbringen in den nicht nachgelassenen Schrifts&#228;tzen nimmt das Gericht unter (c) Bezug.</p> <p>(c) Wertung</p> <p><rd nr="211"/>Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verwirklicht hiernach Merkmal 1.2.1.</p> <p><rd nr="212"/>(aa) Vorab: Der Vortrag der Kl&#228;gerin gen&#252;gte - auch ohne Vorlage der Schaltpl&#228;ne - den Anforderungen an substantiierten Klagevortrag.</p> <p><rd nr="213"/>Gem&#228;&#223; &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO hatte die Kl&#228;gerin vollst&#228;ndig und der Wahrheit gem&#228;&#223; vorzutragen. Die Kl&#228;gerin hatte dabei grunds&#228;tzliche alle f&#252;r sie g&#252;nstigen Tatsachen zu beweisen. Die Gestaltung der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform ist Tatfrage (und damit einer Gest&#228;ndnisfiktion zug&#228;nglich, &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO: BGH GRUR 2009, 1142, 1143, Rn. 14 - MP3-Player-Import). Ist die Pflicht zum vollst&#228;ndigen Vortrag aus &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO erf&#252;llt, trifft den Gegner eine Erkl&#228;rungslast aus &#167;&#160;138 Abs. 2 ZPO. Ein blo&#223; pauschales Bestreiten gen&#252;gt hierf&#252;r grunds&#228;tzlich nicht. Abh&#228;ngig von der Tiefe des Vorbringens der Kl&#228;gerseite muss die Beklagtenseite entsprechend tiefen Gegenvortrag erbringen. Anderenfalls greift nach &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO eine Gest&#228;ndnisfiktion. Den Gegner trifft hierbei eine Erkundigungspflicht zu Vorg&#228;ngen im Bereich von Personen auch in fremden Unternehmen, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung der erkl&#228;rungspflichtigen Partei t&#228;tig geworden sind (Cepl/Vo&#223;-Nielen, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, &#167;&#160;138 ZPO Rn. 36 mwN). Ebenso kann die Pflicht bestehen, weitere Hilfsmittel einzusetzen, u.a. auch die Zuhilfenahme externer Sachverst&#228;ndiger (ibid. mwN), wenngleich der Gegner zur Entkr&#228;ftung eines Privatgutachtens der Gegenseite grunds&#228;tzlich kein eigenes Gutachten erstellen lassen muss (ibid Rn. 42 mwN). Auf &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO kann sich die Beklagtenseite nicht berufen, wenn sie beispielsweise bei einem Zulieferer Informationen &#252;ber den Aufbau einer angegriffenen Ausf&#252;hrungsform h&#228;tte erfragen k&#246;nnen, ihrer Erkundigungspflicht aber nicht nachkam (ibid Rn. 25 mwN).</p> <p><rd nr="214"/>Einer Partei kann grunds&#228;tzlich nicht die Durchf&#252;hrung eines US-Discovery-Verfahrens abverlangt werden, um ihrer Vortragslast zu gen&#252;gen. Das Discovery-Verfahren geht &#252;ber die von der ZPO vorgesehene Darlegungs- und Beweislast hinaus, weil es letztlich Ausforschungsm&#246;glichkeiten bietet, die die ZPO gerade verhindern will (siehe etwa Stellungnahme des Ausschusses f&#252;r Recht und Verbraucherschutz, BT-Drs. 18/11637 S. 4). Der deutsche Gesetzgeber hat eine Erkl&#228;rung nach <verweis.norm>Art. 23 <v.abk ersatz="HB&#220;">HB&#220;</v.abk></verweis.norm> abgegeben (BGBl. II 1979, 781), wonach Rechtshilfeersuchen, die auf pretrial-discovery-Verfahren gerichtet sind, nicht erledigt werden, siehe <verweis.norm>&#167; 14 <v.abk ersatz="AusfG-HB&#220;">AusfG-HB&#220;</v.abk></verweis.norm>. Wenn schon keine Rechtshilfeersuchen bearbeitet werden, kann einer vor einem deutschen Gericht klagenden Partei nach dieser Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers erst recht nicht abverlangt werden, ein Discovery-Verfahren durchzuf&#252;hren, um vortragen zu k&#246;nnen.</p> <p><rd nr="215"/>Hiernach hat die Kl&#228;gerin ihrer Vortragslast gen&#252;gt. Die Komplexit&#228;t des fraglichen Bauteils bringt es mit sich, dass Feststellungen &#252;ber die Funktionsweise ohne Kenntnis der Schaltpl&#228;ne nur schwer getroffen werden k&#246;nnen. Gewissheit &#252;ber die Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform k&#246;nnen nur Schaltpl&#228;ne bringen, die nicht &#246;ffentlich verf&#252;gbar sind. Die Kl&#228;gerin hat unter Zuhilfenahme eines Tear Down-Reports zu der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform vorgetragen, und damit alles getan, was sie zu einer Aufkl&#228;rung beitragen konnte. Weitere auch prozessuale M&#246;glichkeiten standen ihr nicht zur Verf&#252;gung: Sie konnte gegen die Beklagtenseite insbesondere nicht nach &#167;&#160;140c PatG die Besichtigung der Schaltpl&#228;ne verlangen, weil diese sich vorprozessual nicht im Besitz der Beklagtenseite befanden, sondern im Besitz des Zulieferers O.. Die Kl&#228;gerin h&#228;tte im Prozess nicht mit Erfolg einen Antrag nach &#167;&#160;142 ZPO stellen k&#246;nnen, weil der Zulieferer als Dritter im Sinne des &#167;&#160;142 Abs. 2 S. 1 ZPO gegebenenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht aus &#167;&#160;384 Nr. 3 ZPO hatte. Auch die Beklagtenseite h&#228;tte die Vorlage mit Blick auf Gesch&#228;ftsgeheimnisse verweigern k&#246;nnen, so wie sie sich darauf berief, nicht weiter vortragen zu k&#246;nnen. Die Verweigerung der Vorlage h&#228;tte das Gericht nicht ohne Weiteres als Zugest&#228;ndnis eines bestimmten Inhalts werten d&#252;rfen.</p> <p><rd nr="216"/>Die Schaltpl&#228;ne mittels eines US-Discovery-Verfahrens zu erlangen, konnte der Kl&#228;gerin nach oben Gesagtem nach &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO gerade nicht auferlegt werden.</p> <p><rd nr="217"/>(bb) Das Gericht hat davon auszugehen, dass ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset vorliegt, weil die Beklagtenseite den kl&#228;gerischen Vortrag nicht wirksam bestritten hat, dass die Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform die Existenz eines Offsets verlange.</p> <p><rd nr="218"/>(aaa) Ein wirksames Bestreiten ist abh&#228;ngig von dem Grad der Tiefe des Vortrags des Gegners: w&#228;hrend allgemeine Erkl&#228;rungen &#8222;einfach&#8220; bestritten werden d&#252;rfen, m&#252;ssen substantiierte Ausf&#252;hrungen des Gegners auch substantiiert bestritten werden (Cepl/Vo&#223;-Nielen, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage 2018, &#167;&#160;138 ZPO Rn. 21, 22 mwN). Bestreiten mit Nichtwissen ist nur unter den Voraussetzungen des &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO zul&#228;ssig, im &#220;brigen prozessual unbeachtlich. Bestreiten, das nicht so tiefgehend ist wie die Erkl&#228;rung des Gegners, ist prozessual ebenfalls unbeachtlich. Das f&#252;hrt zu einer Gest&#228;ndnisfiktion, &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO.</p> <p><rd nr="219"/>(bbb) Wie oben dargelegt, hat die Kl&#228;gerin substantiiert vorgetragen. Sie hat insbesondere dargelegt, dass die Ausgangsspannung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers unterhalb der Ausgansspannung der Induktivit&#228;t liege. Weil der Strom des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers Einfluss auf die Ladung der Induktivit&#228;t nimmt, liegt es auf der Hand, dass die Spannung (nach Wandlung eines Stroms in Spannung, siehe im Privatgutachten K&#160;23 Abbildung 1: &#8222;I to V&#8220;) ver&#228;ndert wird. Die Beklagtenseite musste daher substantiiert bestreiten, mithin darlegen, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform ohne Offset funktioniere.</p> <p><rd nr="220"/>Dem hat sie nicht gen&#252;gt. Sie hat zwar vorgebracht, es gebe in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform schlicht keinen Offset, ein solcher sei wegen der Architektur der angegriffene Ausf&#252;hrungsform - entsprechend Choi - auch nicht erforderlich. Wegen der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers k&#246;nne die Beklagtenseite nicht n&#228;her zu der Ausgestaltung vortragen, nach Vorlage der Schaltpl&#228;ne aus dem US-Discovery-Verfahren w&#252;rde sich aber zeigen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t aufweise, die wie in Choi deutlich schneller schalte als die Perioden des Leistungsnachverfolgungssignals lang seien und im Bedarfsfall (bei sinkender Batteriespannung, S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.) mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt w&#252;rden (S. 25 Duplik).</p> <p><rd nr="221"/>Ihr Bestreiten war dabei indes nicht erheblich. Unerheblich war das Bestreiten der kl&#228;gerischen Behauptung, die Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform bewirke, dass sie keinen Offset brauche. Denn die Beklagtenseite hat nicht dargelegt, aufgrund welcher technischer Ausgestaltung die angegriffene Ausf&#252;hrungsform gerade keinen Offset brauche, obwohl die Kl&#228;gerin ihrerseits technische Gr&#252;nde f&#252;r das zwingend erforderliche Vorhandensein eines Offsets dargelegt hat. Unbeachtlich war der beklagtenseitige Verweis auf die Entgegenhaltung Choi: Diese funktioniert in den hier erforderlichen Signalbreiten gerade nicht. Das ergibt sich schon aus der Patentschrift selbst; zus&#228;tzlich hat der Sachverst&#228;ndige, dem das Gericht vollumf&#228;nglich folgt (s.o.), dies festgestellt.</p> <p><rd nr="222"/>Wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform stattdessen funktionieren soll, hat die Beklagtenseite nicht dargetan. Insbesondere ist hier auch nicht ihre Behauptung heranzuziehen, die angegriffene Ausf&#252;hrungsform funktioniere mittels eines Boosts der Spannung an den Switcher. Entgegen der beweisw&#252;rdigenden Darlegung der Beklagtenseite, der Sachverst&#228;ndige habe ihre Behauptung best&#228;tigt, wonach ein Offset in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform weder erforderlich noch vorhanden sei, sieht das Gericht diesen Vortrag nicht best&#228;tigt (zu Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 147). Der Sachverst&#228;ndige hat in der Anh&#246;rung zwar wie beklagtenseits in Bezug genommen angegeben &#8222;Mit Blick auf den Unterschied der Figuren 4 a und 4 b kann ich sagen, dass f&#252;r den Fall, dass bei der Figur 4 b statt der Spannung VSW = 2,3 V wie bei der Figur 4 a 3,7 V angesetzt werden, sich der Graph so verhalten w&#252;rde wie bei Figur 4 a, weil es f&#252;r das Messergebnis (der an der Induktivit&#228;t messbare Strom) egal ist, woher die erh&#246;hte Spannung kommt.&#8220; Das ist indes eine technische Selbstverst&#228;ndlichkeit. Der Unterschied zwischen den Figuren 4a und 4b besteht gerade darin, dass Vsw differiert, siehe [0034] und [0035] des Klagepatents. Wenn der Unterschied in der Spannung aufgehoben wird, verhalten sich die Figuren denklogisch gleich. Das ist kein Beweis f&#252;r die Behauptung der Beklagtenseite, es brauche in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform keinen Offset. Sie hat n&#228;mlich nicht dargetan, warum in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform Vsw 3,7 V ist und sie gleichzeitig grunds&#228;tzlich energieschonend (S. 51 Klageerwiderung Teil I) funktioniert. Soweit die Beklagtenseite sich darauf beruft, die Spannung an den Switcher werde geboostet (S. 50 Schriftsatz 22.11.2018) erkl&#228;rt das zwar, warum Vsw 3,7 V ist, aber nicht, wie dann energieschonend gearbeitet werden kann. Denn nach den Feststellungen des Sachverst&#228;ndigen w&#228;re der Boost zwar technisch machbar, aber gerade nicht energieeffizient.</p> <p><rd nr="223"/>Im &#220;brigen ist die Angabe des Sachverst&#228;ndigen, es sei technisch machbar, die Spannung dauerhaft heraufzusetzen, f&#252;r die Argumentation der Beklagtenseite unerheblich. Denn diese Behauptung hat die Beklagtenseite vor dem Termin am 8.11.2018 gerade nicht aufgestellt. Sie unterstrich in der Duplik zwar, dass dies bei der Entgegenhaltung Choi so sei (S. 17 Duplik), behauptete indes in Bezug auf die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in der Duplik, die Spannung werde &#8222;im Bedarfsfall&#8220; mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt. &#8222;Im Bedarfsfall&#8220; bedeutet gerade nicht dauerhaft. Die Beklagtenseite machte sich die Angabe des Sachverst&#228;ndigen im Termin als f&#252;r sie positives Ergebnis der Beweisaufnahme zwar im Zweifel zu Eigen (dazu beispielsweise BGH, Beschluss vom 03.12.2015, VII ZR 77/15, Beck RS 2015, 21041, Randnummer 14, im Grundsatz auf das Patentrecht &#252;bertragbar; explizit S. 50 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 148). Dann aber war sie jedenfalls versp&#228;tet, weil erst aufgrund dieser Behauptung eine Sichtung der Schaltpl&#228;ne durch den Sachverst&#228;ndigen erforderlich w&#252;rde, was einen weiteren Termin erforderlich machen w&#252;rde (dazu sogleich).</p> <p><rd nr="224"/>Soweit die Beklagtenseite mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.12.2018 unter Bezugnahme auf die Privatgutachten P. und I. erg&#228;nzend zu der Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform vortrug und unterstrich, das Schaltelement k&#246;nne hier mit einer effizienten, geboosteten Spannung versorgt werden, war der Vortrag nach &#167;&#160;296a zur&#252;ckzuweisen und gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung. Die Beklagtenseite hat nicht vorgebracht, warum sie die Privatgutachten erst nach Schluss der m&#252;ndlichen Verhandlung vorlegte. Die Privatsachverst&#228;ndige P. hat bereits im Juni 2018 vor der ITC eine Stellungnahme abgegeben, s. S. 1 von HRM 13, Fu&#223;note 1. Die Beklagtenseite hat das Verfahren vor der ITC eng verfolgt, wie sie insbesondere im kartellrechtlichen Teil dargelegt hat. Warum die Beklagtenseite daher das Gutachten HRM 13 nicht jedenfalls mit der Quadruplik vorlegen, und so eine Stellungnahme des Sachverst&#228;ndigen hierauf erm&#246;glichen konnte, hat sie nicht dargetan.</p> <p><rd nr="225"/>Ebenso wenig belegt die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommen w&#252;rde.</p> <p><rd nr="226"/>Die Beklagtenseite meint, der Kondensator f&#252;hre dazu, dass der gesamte Gleichstromanteil des Verst&#228;rkerstroms zwingend von Schaltelement und Induktivit&#228;t bereitgestellt werde - das &#252;bersehe auch der Sachverst&#228;ndige. Das Klagepatent befasse sich unstreitig nur mit der Erh&#246;hung des durchschnittlichen Stroms = Gleichstromanteils. Der Wechselstromanteil trage kodierte Information, und solle gerade nicht ver&#228;ndert werden.</p> <p><rd nr="227"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz stellte die Beklagtenseite klar, der Gesamtversorgungsstrom Ipa entspreche daher dem Induktivit&#228;tsstrom Iind (Ipa = Iind), S. 8 Schriftsatz vom 10.12.2018, unter Berufung auf Privatgutachten SV P..</p> <p><rd nr="228"/>Dieser Angriff ist nicht schl&#252;ssig. Der gerichtliche Sachverst&#228;ndige hat best&#228;tigt, dass &#252;ber den Kondensator die Gleichstromlieferung von dem Linear Amplifier, der den patentgem&#228;&#223;en H&#252;llkurvenverst&#228;rker entspricht, an den Power Amplifier unterdr&#252;ckt wird. So ist das System gezwungen, (Gleich-)Strom &#252;berwiegend &#252;ber den Driver zur Verf&#252;gung zu stellen, w&#228;hrend der gelieferte Wechselstrom die kodierte Information (die Einh&#252;llende) weitergebe. Das ist auch in dem Gutachten K&#160;23 dargestellt, wonach der Kondensator die Reduktion des Stroms Ienv bewirkt (S. 5 unten). Der Betrag, um den der Strom reduziert wird, muss denklogisch von der Induktivit&#228;t kommen, um die ben&#246;tigte Gesamtstrommenge Ipa zu erhalten. Ein Bauteil in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform muss daher denklogisch das Signal geben, den Induktivit&#228;tsstrom zu erh&#246;hen. Weil die Gesamtstrommenge Ipa nicht konstant ist, ist auch die von der Induktivit&#228;t gelieferte Strommenge nicht konstant. Dass der Gleichstromanteil, der von der Induktivit&#228;t geliefert wird, dabei immer 100% ist, verbietet das Klagepatent nicht, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="229"/>Entgegen der Darstellung der Beklagtenseite kann Ipa nicht Iind entsprechen, weil dann die Information aus dem Wechselstromanteil des Ienv nicht weitergegeben w&#252;rde. Dass der Wechselstromanteil, der geliefert w&#252;rde, durch den Kondensator nicht beeinflusst w&#252;rde, hat der gerichtliche Sachverst&#228;ndige dargelegt (S. 5 unten Protokoll 8.11.2018).Ihr hilft auch nicht der Verweis auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers. Die Beklagtenvertreter hatten nach eigenem Vortrag Kenntnis von den Schaltpl&#228;nen, durften hierzu nur keine konkreteren Angaben machen. Ein Fall des &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO, in dem die Beklagtenseite wirksam mit Nichtwissen bestreiten durfte, liegt daher schon nicht vor. Es kann dahinstehen, ob &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO auch eingreift, wenn eine Partei durch ein Gesch&#228;ftsgeheimnis an substantiiertem Vortrag gehindert ist. Ein solches hat die Beklagtenseite jedenfalls nicht substantiiert vorgebracht, sich vielmehr nur pauschal auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers bezogen.</p> <p><rd nr="230"/>Unbeachtlich war auch das Bestreiten im Termin am 08.02.2018: Hier hat die Beklagtenseite nur das Vorbringen der Kl&#228;gerin negiert. Auch ein einfaches Bestreiten war nicht ausreichend, weil die Kl&#228;gerin substantiiert dargelegt hat, welche Gr&#252;nde f&#252;r das Vorhandensein eines Offsets sprechen.</p> <p><rd nr="231"/>(ccc) Somit hat das Gericht davon auszugehen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset aufweisen muss.</p> <p><rd nr="232"/>Das Gericht muss diesen (nicht wirksam bestrittenen) Vortrag der Kl&#228;gerin nach dem Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz f&#252;r dieses Urteil unterstellen, ohne die beklagtenseits angebotenen Beweise auf Basis ihres Vortrags zu erheben, insbesondere die angebotenen pr&#228;senten Zeugen zu h&#246;ren. Die Beweiserhebung auf Basis des noch nicht hinreichend detaillierten Vortrags der Beklagtenseite w&#228;re Ausforschung gewesen: Es gilt, dass die Parteien die Tatsachen vorzutragen haben, und die Zeugen nur zu der Richtigkeit der wirksam bestrittenen Tatsachen geh&#246;rt werden.</p> <p><rd nr="233"/>Gleiches gilt f&#252;r den im Termin am 08.11.2018 angebotenen Sachverst&#228;ndigenbeweis &#8222;zum Beweis, dass die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen keinen patentgem&#228;&#223;en Offset aufweisen, weil selbst bei Unterstellung, dass die dortigen Ma&#223;nahmen noch als Offset zu verstehen sein k&#246;nnten, jedenfalls im Endeffekt dadurch keine h&#246;heren Str&#246;me bereitgestellt w&#252;rden. Ferner werde eine einheitliche Ausgangsspannung dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker bereitgestellt. Dar&#252;ber hinaus wird auch dem Switcher eine Versorgungsspannung &#252;ber einen Buck-Boost-Converter bereitgestellt. Die Fensterverschiebung gem&#228;&#223; Schriftsatz vom 15.10.2018, Seite 22 ergebe sich wie gezeigt.&#8220; (S. 6 Protokoll). Auch dieser Vortrag ist unsubstantiiert, weil er die kl&#228;gerischen Behauptungen lediglich negiert. Auch der Sachverst&#228;ndige hat hierin aus technischer Sicht keine neuen Tatsachen erkannt (S. 7 Protokoll). Eine Beweiserhebung auf Basis eines unsubstantiierten Tatsachenvortrags h&#228;tte die Kl&#228;gerin in ihren Rechten verletzt.</p> <p><rd nr="234"/>(cc) Auch der kl&#228;gerseits in Bezug genommene DAC ist als Offset im klagepatentgem&#228;&#223;en Sinne anzusehen.</p> <p><rd nr="235"/>(aaa) Soweit die Beklagtenseite zun&#228;chst behauptete, der fragliche Funktionsblock sei deaktiviert, ist dies aus Rechtsgr&#252;nden unbeachtlich.</p> <p><rd nr="236"/>Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung liegt eine Patentverletzung schon dann vor, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform objektiv geeignet sind, die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen regelm&#228;&#223;ig, nur in Ausnahmef&#228;llen oder zuf&#228;llig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkung zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelm&#228;&#223;ig so bedient wird, dass die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entf&#228;llt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdr&#252;cklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgem&#228;&#223;en Lehre m&#246;glich bleibt (BGH GRUR 2006, 399, 401 Rn. 21 - Rangierkatze mwN).</p> <p><rd nr="237"/>Die behauptete Deaktivierung ist hiernach unbeachtlich. Die Deaktivierung ist unstreitig nicht irreversibel. Mit dem erforderlichen Knowhow und technischen Equipment ist es demnach m&#246;glich, die Deaktivierung aufzuheben. Das hat auch der Sachverst&#228;ndige festgestellt. Dass ein Durchschnittsverwender den Funktionsblock nicht deaktivieren kann, ist dabei nicht relevant. Die Deaktivierung f&#252;hrt mithin jedenfalls nicht aus der Patentverletzung heraus.</p> <p><rd nr="238"/>(bbb) Der Vortrag in der Klageerwiderung II, wonach der Funktionsblock jedenfalls keinen patentgem&#228;&#223;en Offset zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne, war nach oben dargestelltem Ma&#223;stab als einfaches Bestreiten prozessual unbeachtlich.</p> <p><rd nr="239"/>(ccc) Auch der Vortrag in der Duplik/ Quadruplik ist unbeachtlich, weil er unschl&#252;ssig ist.</p> <p><rd nr="240"/>Die Beklagtenseite behauptete hier zwar, die Betr&#228;ge des fraglichen Funktionsteils dienten nur der Signalgl&#228;ttung und w&#252;rden an zwei Stellen in die Schaltung eingespeist, so dass sie sich dem Betrage nach wieder aufh&#246;ben. Sie trug aber nicht vor, wo die Betr&#228;ge in die Schaltung eingespeist werden, so dass nicht schl&#252;ssig vorgebracht ist, dass ein Offset ausgeschlossen ist.</p> <p><rd nr="241"/>Auch die mit der Quadruplik erhobene Behauptung, die Komponente k&#246;nne nur Wechselstrom liefern, ist technisch nicht schl&#252;ssig. Zwar kann die Spule/ Induktivit&#228;t nur Gleichstrom liefern, und (nur) die Erh&#246;hung des Gleichstroms ist nach obiger Auslegung patentgem&#228;&#223;. Unerheblich ist dabei indes, ob der DAC-/ICOR-Funktionsblock nur Wechselstrom liefern kann. Denn der aus dem DAC/ ICOR kommende Strom wird nach dem Vortrag der Kl&#228;gerin &#252;ber die Stromabf&#252;hleinheit in den Komparator eingespeist, der das Schaltsignal f&#252;r das Schaltelement signalisiert. Beansprucht ist nur, dass sich der Spulenstrom durch den Offset erh&#246;ht, gleich ob durch Einspeisung von Wechselstrom oder Gleichstrom. Auch wenn der DAC/ ICOR nur Wechselstrom liefern kann, ist daher gerade nicht ausgeschlossen, dass er den Induktivit&#228;tsstrom (Gleichstrom) erh&#246;ht. Insbesondere kann der Komparator (nach Wandlung von Strom in Spannung) nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer auch Wechselspannung mit Gleichspannung vergleichen, nachdem die Wechselspannung gleichgeschaltet worden ist.</p> <p><rd nr="242"/>Der Sachverst&#228;ndige hat in seiner Anh&#246;rung best&#228;tigt, dass der Vortrag der Beklagtenseite nicht schl&#252;ssig ist.</p> <p><rd nr="243"/>Die Behauptung der Beklagtenseite, das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde nicht nur dem abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom, sondern auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt, ist unbeachtlich (BGH Rangierkatze, wie vor). Solange durch die Hinzuf&#252;gung des Signals zu dem abgef&#252;hlten Strom der Induktivit&#228;tsstrom erh&#246;ht wird, handelt es sich um einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset.</p> <p><rd nr="244"/>Soweit die Beklagtenseite schlie&#223;lich vortrug, die gelbe Linie existiere nicht (S. 35 Duplik), f&#252;hre nicht zu einem DAC und transportiere auch keine Informationen &#252;ber eine Batteriespannung, ist dies unsubstantiiert. Die blo&#223;e Negation ist ein einfaches, unbeachtliches Bestreiten. Die Beklagtenseite bringt auch nicht vor, was stattdessen die etwaige Funktion sein soll.</p> <p><rd nr="245"/>(ddd) Auch der Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik zu den kl&#228;gerseits in Bezug genommenen Komparatoren ist nicht schl&#252;ssig.</p> <p><rd nr="246"/>Davon ist die Kammer nach Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen Professor A. &#252;berzeugt. Der Sachverst&#228;ndige erkl&#228;rte zun&#228;chst, er k&#246;nne bei Wahrunterstellung der Angaben der Beklagtenseite nicht erkennen, dass keine Patentverletzung vorliege. Denn sie pr&#228;sentiere keine Alternative, wie der O.-Chip anders als patentgem&#228;&#223; funktionieren k&#246;nne (S. 7 des Protokolls vom 08.11.2018 oben).</p> <p><rd nr="247"/>Der Sachverst&#228;ndige r&#228;umte auf weitere Nachfrage der Beklagtenseite ein, er erkenne aus technischer Sicht keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset, wenn er von der Richtigkeit der Figuren S. 22 der Quadruplik ausgehe. Die Figuren k&#246;nne er mathematisch nachvollziehen, wenn er die Behauptungen der Beklagtenseite S. 21 der Quadruplik als wahr unterstelle, die Schwellwerte seien zwingend gleich weit beabstandet und unter einer festen Differenzspannung von 1,2 Volt eingestellt, au&#223;erdem verschiebe sich das Signal nicht (S. 7 des Protokolls vom 08.11.2018). Er unterstrich gleichzeitig, er k&#246;nne den Ausf&#252;hrungen und Figuren der Beklagtenseite in der Quadruplik gleichwohl nicht entnehmen, ob oder ob nicht das Signal verschoben werde.</p> <p><rd nr="248"/>Hernach hat die Beklagtenseite gerade nicht dargelegt, wie der O.-Chip funktionieren soll, ohne das Klagepatent zu verletzen. Nichts anderes folgt aus den Angaben des Sachverst&#228;ndigen S. 7 des Protokolls Mitte, wonach kein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset bestehe, wenn der Sachverst&#228;ndige die vorzitierten beklagtenseits herangezogenen Bedingungen unterstelle. Denn ma&#223;geblich f&#252;r die Frage eines Offsets ist gerade die Signal&#228;nderung. Wenn technisch unterstellt wird, dass das Signal nicht verschoben wird, gibt es denklogisch keinen Offset. Der Vorhalt der Beklagtenseite, auf den der Sachverst&#228;ndige S. 7 Mitte des Protokolls vom 8.11.2018 reagierte, lie&#223; mithin letztlich keinen Schluss auf die Schl&#252;ssigkeit des (schrifts&#228;tzlichen) Beklagtenvorbringens zu. Im &#220;brigen hat die Beklagtenseite auch dann nicht dargestellt, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform insgesamt funktioniert, das hei&#223;t welche abweichende Architektur bewirkt, dass eine Hysterese entsteht, und wie gleichzeitig die beklagtenseits in Bezug genommenen Energiesparfunktionen (Klageerwiderung Teil I S. 51) verwirklicht werden k&#246;nnen.</p> <p><rd nr="249"/>Nach alledem war auch dieses Beklagtenvorbringen nicht schl&#252;ssig.</p> <p><rd nr="250"/>Gleiches gilt f&#252;r das Vorbringen der Beklagtenseite, die Kl&#228;gerin betrachte Schaltkreise zusammen, die wegen zweier Modi der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform nicht zusammen betrachtet werden d&#252;rften: hardwarem&#228;&#223;ig w&#252;rden hier mittels einer Art Wechselschalter verschiedene Funktionen zu- und abgeschaltet (S. 23/24 Duplik). Die Beklagtenseite hat auch hier nicht vorgebracht, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform denn stattdessen funktionieren soll.</p> <p><rd nr="251"/>Soweit die Beklagtenseite zu diesem Punkt erg&#228;nzend unter Bezugnahme auf die Privatgutachten I. und P. vortrug, war ihr Vortrag nach &#167;&#160;296a ZPO zur&#252;ckzuweisen, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="252"/>(fff) Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es erstmals substantiierter Vortrag, als solcher versp&#228;tet und daher nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO.</p> <p><rd nr="253"/>Nach <verweis.norm>&#167; 296 Abs. 2 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> k&#246;nnen Angriffs- und Verteidigungsmittel zur&#252;ckgewiesen werden, wenn sie entgegen &#167;&#160;282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht werden, wenn ihre Zulassung nach der freien &#220;berzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verz&#246;gern w&#252;rde, und die Versp&#228;tung auf grober Nachl&#228;ssigkeit beruht.</p> <p><rd nr="254"/>Angriffs- und Verteidigungsmittel sind u.a. tats&#228;chliches Vorbringen sowie Bestreiten (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;282 ZPO Rn. 2).</p> <p><rd nr="255"/>Sie sind nicht rechtzeitig vorgebracht, wenn sie sp&#228;ter vorgebracht werden, als es - abgestellt auf die jeweilige Prozesslage - einer sorgf&#228;ltigen und auf F&#246;rderung des Verfahrens bedachten Prozessf&#252;hrung entspricht (Cepl/Vo&#223;-Schilling, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage 2018, <verweis.norm>&#167; 296 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 35).</p> <p><rd nr="256"/>Eine Verz&#246;gerung tritt ein, wenn der Prozessablauf durch die Zulassung des versp&#228;teten Vorbringens kausal und erheblich verl&#228;ngert w&#252;rde (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;296 ZPO Rn. 11, 12).</p> <p><rd nr="257"/>Grobe Nachl&#228;ssigkeit liegt vor bei Verletzung der prozessualen Sorgfalt in ungew&#246;hnlich gro&#223;em Ma&#223;e, wenn Partei oder Prozessbevollm&#228;chtigte das au&#223;er Acht lassen, was jedem, der einen Prozess f&#252;hrt, h&#228;tte einleuchten m&#252;ssen (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;296 ZPO Rn. 27 mwN).</p> <p><rd nr="258"/>Hiernach w&#228;re das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik wegen Versp&#228;tung zur&#252;ckzuweisen und daher nicht mehr entscheidungserheblich.</p> <p><rd nr="259"/>Das Vorbringen in der Quadruplik stellt ein Verteidigungsmittel iSd &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO dar.</p> <p><rd nr="260"/>Den Tatsachenvortrag erbrachte die Beklagtenseite entgegen &#167;&#160;282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig. Er h&#228;tte schon in der Duplik als Erwiderung auf die Replik erfolgen m&#252;ssen. Denn in der Replik hatte die Kl&#228;gerin die hier fraglichen Punkte erstmals angebracht.</p> <p><rd nr="261"/>Die Kl&#228;gerin hat schon in der Klage vorgebracht, der DAC k&#246;nne einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen. In der Replik hat sie insbesondere unterstrichen, diesen Vortrag habe die Beklagte nicht wirksam bestritten, und des Weiteren die Abbildungen S. 16, 62 Replik dargetan, in denen u.a. eine gelbe Feedbacklinie dargestellt ist, die Informationen &#252;ber die Batteriespannung an den DAC zur&#252;ckgebe. Deren Existenz bestritt die Beklagtenseite zwar in der Duplik und erwiderte, der DAC geh&#246;re, soweit ersichtlich, zu einer Komponente &#8222;ICOR&#8220;, die nur der Signal-Gl&#228;ttung dienen solle. Dieses Vorbringen war nach oben Gesagtem indes unschl&#252;ssig. Erstmals in der Quadruplik brachte die Beklagtenseite vor, die Komponente k&#246;nne nur Wechselstrom liefern und schon deswegen keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen (S. 18/19 Quadruplik). Das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde au&#223;erdem nicht nur dem &#8222;abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom&#8220; sondern auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt. Schlie&#223;lich werde es - entgegen der Annahme der Kl&#228;gerin - nicht in Abh&#228;ngigkeit von der Batteriespannung erzeugt (S. 19 Quadruplik mit Abbildung). Die gelbe Feedbacklinie f&#252;hre auch weder zu einem DAC, noch transportiere sie Informationen &#252;ber eine Batteriespannung (S. 20 Quadruplik, Zeuge A., SVG).</p> <p><rd nr="262"/>Dieses Vorbringen in der Quadruplik f&#252;hrt - ohne dass es durch weiteren Vortrag der Kl&#228;gerin veranlasst gewesen w&#228;re - &#252;ber den Vortrag in der Duplik hinaus. Ein rechtzeitiges Vorbringen h&#228;tte insbesondere vorausgesetzt, dass die Kl&#228;gerin hierauf gegebenenfalls noch schrifts&#228;tzlich im Rahmen der f&#252;r sie geltenden n&#228;chsten Schriftsatzfrist (Triplik) h&#228;tte erwidern k&#246;nnen. Insbesondere mit Blick auf die avisierte Sachverst&#228;ndigenbegutachtung h&#228;tte es einer prozessf&#246;rdernden Verfahrensf&#252;hrung entsprochen, den fraglichen Vortrag in der Duplik zu erbringen.</p> <p><rd nr="263"/>Durch die Ber&#252;cksichtigung des Vortrags w&#252;rde eine kausale Verz&#246;gerung eintreten. Unbeachtlich war dabei, dass Herr A. als Zeuge angeboten war: er war als pr&#228;senter Zeuge im Termin am 8.11.2018 anwesend und h&#228;tte ohne Verz&#246;gerung geh&#246;rt werden k&#246;nnen. Indes w&#228;re die Kl&#228;gerin erstmals durch den (als solchen unterstellten) substantiierten Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik veranlasst gewesen, die im Discovery-Verfahren erlangten Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Deren Sichtung h&#228;tte nicht im Termin erfolgen k&#246;nnen, sondern h&#228;tte nach Angabe des Sachverst&#228;ndigen mindestens 100 Arbeitsstunden erfordert. Das Gericht h&#228;tte mithin vertagen und nach entsprechender Sichtung die m&#252;ndliche Verhandlung fortsetzen m&#252;ssen. Der n&#228;chste freie Termin der Kammer f&#252;r eine Verhandlung hiesiger zeitlicher Dimensionen liegt Mitte 2019. Der Verk&#252;ndungstermin konnte hingegen schon auf Dezember 2018 anberaumt werden. Durch die Ber&#252;cksichtigung des Vorbringens der Beklagtenseite w&#228;re mithin eine Verz&#246;gerung eingetreten.</p> <p><rd nr="264"/>Die Beklagtenseite handelte dabei auch grob nachl&#228;ssig. Denn es leuchtet jedem Prozessbeteiligten sofort ein, dass substantiierte Behauptungen des Gegners &#252;ber die Funktionsweise einer angegriffenen Ausf&#252;hrungsform substantiiert bestritten werden m&#252;ssen, und dass Geheimhaltungsinteressen zwischen einer Partei und einem Dritten nicht zu Lasten des Prozessgegners f&#252;hren k&#246;nnen. Unbeachtlich ist dabei das Vorbringen der Beklagtenseite, eine etwaige Verz&#246;gerung sei der Kl&#228;gerin zuzurechnen, weil sie sich verpflichtet h&#228;tte, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Eine derartige Verpflichtung hat die Kl&#228;gerin im Termin am 08.02.2018 nicht erkl&#228;rt. Insbesondere haben die Parteien keinen Zwischenvergleich geschlossen mit dem Inhalt, dass die Kl&#228;gerin die Schaltpl&#228;ne vorlegen werde. Die Kl&#228;gerin hat schon in der Replik unterstrichen, dass es auf die Schaltpl&#228;ne nach dem derzeitigen Vortragsstand nicht ankomme, und dies in der Triplik nur noch versch&#228;rft. Mithin hatte die Beklagtenseite schon nach der Replik Anlass, vertieft vorzutragen und sich nicht auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zu verlassen, somit im Rahmen der Duplik. Das Gericht hatte im &#220;brigen ohne Vorlage der Schaltpl&#228;ne einen Sachverst&#228;ndigen beauftragt, und die Beweisaufnahme gerade nicht von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne abh&#228;ngig gemacht. Auch dies gab der Beklagtenseite Anlass, unabh&#228;ngig von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne substantiiert vorzutragen.</p> <p><rd nr="265"/>Gleiches gilt mit Blick auf den erweiterten Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik zu den Komparatoren. Zwar hat die Kl&#228;gerin ihren Vortrag zu den Komparatoren in der Triplik erg&#228;nzt und durch Vorlage eines Privatgutachtens unterf&#252;ttert. Sie hatte indes die wesentlichen Aspekte bereits in der Replik im Rahmen der Erl&#228;uterung der Wirkweise des Offset vorgetragen (&#8222;Dasselbe w&#228;re nat&#252;rlich auch einfach dadurch m&#246;glich, dass die Referenzgr&#246;&#223;en M1 und M2 ver&#228;ndert w&#252;rden (also die Referenzspannungen, mit denen die &#8222;sense voltage 124&#8220; verglichen wird). Man &#228;ndert so die Bewertung dieses abgef&#252;hlten Signals, indem man die Skala (das Fenster mit Ml und M2) verschiebt; somit erreicht dasselbe Signal die Punkte bereits bei geringeren oder h&#246;heren Werten der tats&#228;chlich abgef&#252;hlten Spannung.&#8220; (S. 45 Replik)).</p> <p><rd nr="266"/>Der neue Vortrag in der Quadruplik ist mithin wegen &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, wollte man ihn als substantiiert ansehen.</p> <p><rd nr="267"/>(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus den nachterminlich beweisw&#252;rdigend unterstrichenen Aspekten.</p> <p><rd nr="268"/>Entgegen der beweisw&#252;rdigenden Darlegung der Beklagtenseite, der Sachverst&#228;ndige habe ihre Behauptung best&#228;tigt, wonach ein Offset in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform weder erforderlich noch vorhanden sei, sieht das Gericht diesen Vortrag nicht best&#228;tigt (zu Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 147), siehe schon oben unter (c)(bb)(bbb).</p> <p><rd nr="269"/>(ee) Auch die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform belegt nicht deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommen w&#252;rde, wie oben dargelegt (zu S. 8 Schriftsatz vom 10.12.2018, S. 10 Schriftsatz 12.12.2018).</p> <p><rd nr="270"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es jedenfalls versp&#228;tet, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO, &#167;&#160;296 a ZPO, siehe oben.</p> <p><rd nr="271"/>Nach alledem ist Merkmal 1.2.1 verwirklicht.</p> <p><rd nr="272"/>d. M 1.4.1 verwirklicht Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform macht auch von Merkmal 1.4.1 (&#8220;wherein the envelope amplifier selectively operates based on the first supply voltage or the boosted supply voltage&#8220;) des Klagepatents Gebrauch.</p> <p>(1) Auslegung</p> <p><rd nr="273"/>&#8222;selectively operates based on&#8220; in diesem Sinne ist dahingehend zu verstehen, dass auch die Verwendung des ersten Versorgungsstroms oder des geboosteten Versorgungsstroms nach einer Nachjustierung klagepatentgem&#228;&#223; ist. &#8222;selectively&#8220; ist als wahlweise zu verstehen, ohne dass es eines Umschaltens bed&#252;rfte.</p> <p><rd nr="274"/>(a) Die Kl&#228;gerin bringt zu der Auslegung dieses Merkmals vor:</p> <p><rd nr="275"/>Besondere Bedeutung erlange der Boost Converter, wenn die Spannung der Batterie abnehme (zB von 3,2 auf 2,5 Volt). In diesem Fall reiche diese Spannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker unter Umst&#228;nden nicht mehr aus, um hohe Amplituden des H&#252;llkurvensignals akkurat zu verarbeiten. Der Einsatz des Boost Converters f&#252;hre dazu, dass bei Bedarf eine erh&#246;hte Spannung (zB 3,2 Volt) f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Verf&#252;gung steht, wie [0033] erl&#228;utere. Der Einsatz des Boost Converter trage dazu bei, dass der Envelope Tracker auch bei einer abnehmenden Batteriespannung zum Einsatz kommen k&#246;nne (S. 49/50 Replik mit Figur). Die Spannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker werde bei sinkender Batteriespannung (zB 2,5 V) vom Boost Converter bereitgestellt, wodurch sich eine erh&#246;hte Spannung ergebe, zB 3,2 V. W&#228;hrend die Batteriespannung allein nicht in der Lage w&#228;re, den H&#252;llkurvenverst&#228;rker bei bestimmten Spitzen des H&#252;llkurvensignals mit einer ausreichenden Spannung zu versorgen, sei dies mittels der erh&#246;hten Spannung wieder m&#246;glich. Dadurch w&#252;rden Verzerrungen im verst&#228;rkten Signal vermieden. Wie eine geboostete Spannung erzeugt werde (n&#228;mlich mit dem Kondensator 618), sei dem Fachmann zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt gewesen; das Klagepatent zeige das beispielhaft anhand Fig 6.</p> <p><rd nr="276"/>Die Funktion des Merkmals liege darin, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Effizienzsteigerung nur dann auf der Basis einer erh&#246;hten, geboosteten Spannung (Vboost) arbeite, wenn dies infolge eines gro&#223;en Ausschlags der H&#252;llkurve des RF-Signals erforderlich sei. Im &#220;brigen arbeite er basierend auf der Spannung der Batterie (Vbat), siehe [0028]. Der selektive Boost trage damit zur Effizienzsteigerung bei, vgl [0044] (nicht beansprucht) und [0045] (beansprucht). Nur wenn die Batteriespannung hernach unterhalb eines bestimmten Grenzwerts liege komme Vboost zum Einsatz. Wenn Vbat &#252;ber dem Grenzwert liege, bleibe es bei der Batteriespannung Vbat. Entscheidend sei mithin die selektive Verwendung einer geboosteten Spannung f&#252;r die Versorgung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers. Nicht entscheidend sei, ob die erste Versorgungsspannung, wie sie am Boost Converter anliegt, genau identisch mit der Versorgungsspannung sei, wie sie vom H&#252;llkurvenverst&#228;rker zu jedem Zeitpunkt als Alternative zur geboosteten Spannung verwendet werde. Dem Fachmann sei n&#228;mlich zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt gewesen, dass die Versorgungsspannung zu hoch sein k&#246;nnte, und sie durch einen Abw&#228;rtswandler auf einen niedrigeren Wert eingestellt werden m&#252;sste. Eine solche Ma&#223;nahme lasse das Klagepatent offen. Ein solcher Abw&#228;rtswandler (step down converter oder buck converter) werde zB auch f&#252;r das Herabsetzen der Spannung des in Fig 2b des Klagepatents dargestellten Average Power Tracker verwendet (S. 52 Replik, S. 10 Triplik). Der Anspruchswortlaut lasse auch offen, ob die geboostete Spannung wiederum auf einen Zielwert reguliert werde (S. 8/9 Replik).</p> <p><rd nr="277"/>Diese Auslegung werde auch durch den Anspruchswortlaut gest&#252;tzt: &#8222;Basierend auf&#8220; belege, dass nicht die identische erste Eingangsspannung oder die geboostete Spannung mit demselben Wert auch am H&#252;llkurvenverst&#228;rker anliegen m&#252;sse, sondern auch etwa eine weiter auf einen Zielwert angepasste (&#8222;regulierte&#8220;) Spannung anliegen k&#246;nne (S. 53 Replik).</p> <p><rd nr="278"/>(b) Die Beklagte macht geltend:</p> <p><rd nr="279"/>Das Merkmal erfordere die M&#246;glichkeit eines bedarfsweisen Umschaltens zwischen der ersten Versorgungsspannung und der von dieser abgeleiteten Spannung, wie sich schon im Umkehrschluss aus der nicht beanspruchten Beschreibungsstelle [0044] ergebe (S. 23 Duplik, S. 14 Quadruplik, SVG). In der Quadruplik (S. 13) unterstrich sie, der H&#252;llkurvenverst&#228;rker erhalte patentgem&#228;&#223; selektiv die erste Versorgungsspannung als solche, oder die erh&#246;hte Versorgungsspannung als solche, und k&#246;nne auf dieser Grundlage arbeiten. Es hei&#223;e in Merkmal 1.4.1 gerade nicht, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung arbeite, die ihrerseits auf der ersten oder auf der erh&#246;hten Versorgungsspannung basiere. Die erh&#246;hte Versorgungsspannung werde aus der ersten Versorgungsspannung gewonnen (M1.3); die erste Versorgungsspannung bleibe als solche aber erhalten. Dabei sei irrelevant, dass der buck converter zum Priorit&#228;tszeitpunkt schon bekannt gewesen sei: dann h&#228;tte die Kl&#228;gerin ihn schlie&#223;lich in den Anspruch aufnehmen k&#246;nnen; mangels Aufnahme sei davon auszugehen, dass die Kl&#228;gerin dies nicht gemeint habe. Die Beklagtenseite unterstrich, die &#220;berlegungen des Privatgutachters der Kl&#228;gerin bewegten sich eher im Bereich &#228;quivalenzrechtlicher &#220;berlegungen (S. 14 Quadruplik).</p> <p><rd nr="280"/>(c) Wertung Bei gebotener funktionaler Auslegung des Merkmals ergibt sich ein Verst&#228;ndnis im Sinne der kl&#228;gerischen Lesart.</p> <p><rd nr="281"/>Funktionell ist entscheidend, dass der envelope tracker je nach Energiebedarf und Batteriespannung mit der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten Spannung arbeitet. Eine Einschr&#228;nkung dahingehend, dass genau die erste Versorgungsspannung oder genau die geboostete Spannung - ohne Zwischenschaltung einer Nachregulierung - verwendet werden muss, l&#228;sst sich dem Klagepatent weder im Anspruchswortlaut noch in der Beschreibung entnehmen. Zwar spricht Merkmal 1.4.1 von &#8220;the first supply voltage&#8221; und &#8220;the boosted supply voltage&#8221;. Die Verwendung des bestimmten Artikels ist indes nur Folge der allgemein &#252;blichen Technik, nur bei erster Verwendung eines Begriffs den unbestimmten Artikel &#8222;a&#8220; zu verwenden, ansonsten &#8222;the&#8220;.</p> <p><rd nr="282"/>Zur Erl&#228;uterung des fachm&#228;nnischen Verst&#228;ndnisses hat der Sachverst&#228;ndige dem Gericht dargelegt, dass es zwar m&#246;glich, aber technisch unvern&#252;nftig sei, eine Spannung erst durch einen boost zu erh&#246;hen, und sie sodann wieder herunter zu regulieren. Eine Nachjustierung einer geboosteten Spannung indes sei operativ sinnvoll, da das Schaltmoment technisch sehr kritisch sei und die Gefahr bestehe, das System gegebenenfalls nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen.</p> <p><rd nr="283"/>&#8222;selectively&#8220; ist nicht so zu verstehen, dass es eines Umschaltens bed&#252;rfte, vielmehr ist es als wahlweise zu verstehen: Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet je nach Bedarf entweder mit der ersten Versorgungsspannung oder mit der geboosteten Spannung. Ein anderes folgt im Umkehrschluss weder aus der (unstreitig) nicht beanspruchten Beschreibungsstelle [0044]. Auch aus [0045] ergibt es sich nicht. Zwar ist in [0045] die Rede von einem Switch, indes wird in [0045] nur ein Ausf&#252;hrungsbeispiel gegeben, das die Auslegung des Patentanspruchs grunds&#228;tzlich nicht einschr&#228;nkt.</p> <p><rd nr="284"/>(2) Nutzung M 1.4.1 Merkmal 1.4.1 wird nach obiger Auslegung von der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform auch benutzt.</p> <p><rd nr="285"/>(a) Die Kl&#228;gerin meint: Soweit die Beklagte bestreite, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv auf der Basis einer geboosteten Spannung oder einer Versorgungsspannung arbeiten w&#252;rde, unter Verweis darauf, dass stets nur eine &#8222;regulierte&#8220; Spannung vorliege, liege das nur an der divergierenden Auslegung (S. 8/9 Replik).</p> <p><rd nr="286"/>In der Klage unterstrich die Kl&#228;gerin, der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeite mit der als &#8222;VDD3I2&#8220; bezeichneten Ausgabe des Boostwandlers (Figur 3.6). Bei dieser k&#246;nne es sich wahlweise um die geboostete Spannung oder die erste Spannung im Sinne des Anspruchs handeln. Dies ergebe sich aus den Figuren 3.2, 3.2.9 und 3.4.6 der Anlage K 3.</p> <p><rd nr="287"/>Der Boostwandler umfasse einen Schaltblock mit Schaltern, deren Eing&#228;nge an VDD_EX gebunden seien. Diese Schalter k&#246;nnten so konfiguriert werden, dass der Wandler wahlweise entweder die nicht-geboostete erste Versorgungsspannung (VDD2_EX) oder die geboostete Spannung als seine Ausgabespannung (VDD3) ausgeben k&#246;nne (S. 33/34 Klageschrift).</p> <p><rd nr="288"/>In der Replik betonte die Kl&#228;gerin, die Beklagte &#8222;verschleiere&#8220; mit dem Begriff der regulierten Spannung die Tatsachen. Sie habe nicht bestritten, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung betrieben werden k&#246;nne und m&#252;sse, die &#252;ber der Batteriespannung liege, sofern die Batteriespannung unter einen bestimmten Wert gesunken sei. Liege die Spannung &#252;ber einem bestimmten Wert, werde in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform keine geboostete Versorgungsspannung verwendet - der H&#252;llkurvenverst&#228;rker operiere &#8222;basierend auf der ersten Batteriespannung&#8220;. Unerheblich sei, ob noch weitere Ma&#223;nahmen zu Regelung der Batteriespannung oder der geboosteten Spannung vorgesehen seien (S. 9, 63 Replik, S. 33 ff. Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 18 ff.). Dass die Batteriespannung und die geboostete Spannung noch reguliert w&#252;rden, &#228;ndere daran nichts, weil nach zutreffender Auslegung der H&#252;llkurvenverst&#228;rker gleichwohl selektiv auf Basis der geboosteten Spannung oder der ersten Versorgungsspannung arbeite (S. 63 Replik). Die Kl&#228;gerin unterstrich, selbst wenn man ein Umschalten zwischen zwei verschiedenen spezifischen Spannungswerten fordern wollte, w&#228;re ein solches in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform gegeben (S. 37/38 Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 21/24).</p> <p><rd nr="289"/>(b) Die Beklagte macht geltend:</p> <p><rd nr="290"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker der angegriffene Ausf&#252;hrungsform arbeite immer nur mit der Ausgangsspannung des &#8222;Boostwandlers&#8220;, nicht selektiv aufgrund zweier verschiedener Spannungen (S. 9 Klageerwiderung Teil I, S. 25 Duplik). Die Ausgangsspannung am Buck Boost Converter werde den jeweiligen Anforderungen entsprechend aus der Batteriespannung erzeugt (S. 36/37 Duplik, SVG). Die von der Kl&#228;gerin ins Auge gefasste Konfiguration gebe es nicht, diese sei vielmehr zulieferseitig ausgeschlossen. Die kl&#228;gerseitig erw&#228;hnten Schalter k&#246;nnten das Eingangssignal auch nicht zum Ausgang &#8222;durchschalten&#8220;, so dass die unver&#228;nderte erste Versorgungsspannung ausgegeben w&#252;rde (S. 9 Klageerwiderung II, SVG). Es werde insbesondere nicht zwischen zwei Spannungen hin- und hergeschaltet (S. 37 Duplik). In der Quadruplik pr&#228;zisierte die Beklagtenseite, die von der Kl&#228;gerin in Bezug genommene blaue Box schalte nicht zwischen Buck und Boost, sondern enthalte Schaltkreise, die beides nutzten, um eine konstante, programmierte Ausgansspannung unabh&#228;ngig von der Batteriespannung zur Verf&#252;gung zu stellen. Die gr&#252;nen Boxen seien nicht Buck Converter, sondern Steuerungsschaltkreise (S. 30 Quadruplik). Daher sei ausgeschlossen, dass zwischen erster und erh&#246;hter Versorgungsspannung selektiv geschaltet werde (S. 33 Quadruplik, SVG, Zeuge I. A.).</p> <p>(c) Wertung </p> <p><rd nr="291"/>Hiernach ist Merkmal 1.4.1 verwirklicht.</p> <p><rd nr="292"/>(aa) Unbeachtlich ist zun&#228;chst die Einlassung der Beklagtenseite, in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform sei die kl&#228;gerseits ins Auge gefasste Konfiguration zulieferseitig ausgeschlossen. Wegen der zuvor dargestellten h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung (BGH Rangierkatze) kommt es hierauf nicht an. Vielmehr belegt die Behauptung der Beklagtenseite eine Verletzung.</p> <p><rd nr="293"/>(bb) Ebenso ist irrelevant die Behauptung der Beklagtenseite, die erste oder geboostete Spannung w&#252;rden ihrerseits vor Verwendung reguliert, so dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker nicht basierend auf diesen Spannungen arbeiten w&#252;rde. Das Merkmal fordert nur, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker die erste oder die geboostete Spannung nutzt, unabh&#228;ngig davon, ob eine Regulierungsma&#223;nahme zwischengeschaltet ist.</p> <p><rd nr="294"/>(cc) Das Vorbringen der Beklagtenseite in der Duplik, die Ausgangsspannung am Buck Boost Converter werde den jeweiligen Anforderungen entsprechend aus der Batteriespannung erzeugt (S. 36/37 Duplik, SVG), hilft nicht aus der Verletzung heraus. Soweit hierin ein Bestreiten der kl&#228;gerischen Behauptung liegen soll, wonach die angegriffene Ausf&#252;hrungsform bei einem Absinken unter eine bestimmte Batteriespannung mit einer geboosteten Spannung arbeiten m&#252;sse, ist dieses Bestreiten nach obigen Ma&#223;st&#228;ben nicht substantiiert. Die Kl&#228;gerin hat substantiiert vorgebracht, warum die angegriffene Ausf&#252;hrungsform auf eine geboostete Spannung zur&#252;ckgreifen m&#252;sse. Der blo&#223;e Vortrag, die Ausgangsspannung werde (allein) aus der Batteriespannung erzeugt, gen&#252;gt nicht f&#252;r ein substantiiertes Bestreiten, weil er &#252;ber ein blo&#223;es Negieren der kl&#228;gerseitigen Behauptung nicht hinausgeht.</p> <p><rd nr="295"/>(dd) Auch der Vortrag in der Quadruplik f&#252;hrt nicht schl&#252;ssig aus einer Verletzung heraus. Die Beklagtenseite behauptet zwar auch hier, die Ausgangsspannung sei unabh&#228;ngig von der Batteriespannung, legt indes nicht dar, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform dann bei sinkender Batteriespannung stattdessen funktioniert. Daher ist davon auszugehen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform schon das enge Verst&#228;ndnis der Beklagtenseite von &#8222;selectively operates&#8220; verwirklicht.</p> <p><rd nr="296"/>Hinzu kommt: Bei dem oben dargelegten weiten Verst&#228;ndnis des Begriffs &#8222;selectively operates based on (&#8230;)&#8220; vermittelt auch eine (konstante) Ausgangsspannung, die indes auf buck und boost beruht, und die sodann dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Verf&#252;gung gestellt wird, eine merkmalsgem&#228;&#223;e erste oder geboostete Spannung.</p> <p><rd nr="297"/>(ee) Auch der Sachverst&#228;ndige, dem das Gericht aus o.g. Gr&#252;nden folgt, hat dem Gericht vermittelt, dass der Vortrag der Beklagtenseite nicht schl&#252;ssig ist.</p> <p>e. M 1.5 verwirklicht </p> <p><rd nr="298"/>Auch Merkmal 1.5, dessen Verwirklichung die Beklagtenseite erst mit - nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 10.12.2018 angriff (S. 10), ist erf&#252;llt.</p> <p><rd nr="299"/>(1) Die Auslegung dieses Merkmals ergibt, dass sich der Gesamtversorgungsstrom Ipa aus dem ersten Versorgungsstrom von dem Schaltelement und dem zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker zusammensetzt. Gesamtversorgungsstrom bezieht sich dabei nicht nur auf den Gleichstrom. Sprachlich l&#228;sst sich eine solche Beschr&#228;nkung nicht begr&#252;nden. Sie macht auch technisch keinen Sinn. Denn unstreitig liefert der H&#252;llkurvenverst&#228;rker Wechselstrom. Ein Gesamtversorgungsstrom, der auch den Strom des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers umfasst, kann daher nicht nur Gleichstrom bedeuten.</p> <p>(2) Nutzung Merkmal 1.5</p> <p><rd nr="300"/>Das Merkmal ist in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform erf&#252;llt. Das behandelte die Beklagtenseite in der Duplik (dort S. 30) explizit als unstreitig.</p> <p><rd nr="301"/>Auch die im Schriftsatz vom 10.12.2018 dargelegten Umst&#228;nde sind nicht geeignet, aus der Verletzung herauszuf&#252;hren: Die Beklagtenseite behauptet zwar, die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen w&#252;rden keinen Gesamtversorgungsstrom, bestehend aus den zwei Versorgungsstr&#246;men von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker und dem Schaltelement, bilden. Zum Beleg dieser Tatsache tr&#228;gt sie indes vor, dass der Gleichstromanteil des Schaltelements stets 100% betragen w&#252;rde. Das bedeutet indes keine Nichtverletzung. Denn gleichwohl liefert der H&#252;llkurvenverst&#228;rker - f&#252;r sich gesehen unstreitig - den Wechselstromanteil zu dem Gesamtversorgungsstrom zu. Die Behauptung der Beklagtenseite, die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verletze das Merkmal 1.5 nicht, ist mithin letztlich auf die (ge&#228;nderte) Auslegung des Merkmals zur&#252;ckzuf&#252;hren, der die Kammer nicht folgt.</p> <p><rd nr="302"/>Wollte man den Vortrag der Beklagtenseite anders verstehen, w&#252;rde er neue Tatsachen enthalten, die nach Schluss der m&#252;ndlichen Verhandlung vorgetragen wurden und daher nach &#167;&#160;296a ZPO unbeachtlich sind und keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung geboten, &#167;&#160;156 ZPO.</p> <p><rd nr="303"/>f. Auf die Unteranspr&#252;che kam es nach der Umformulierung der Antr&#228;ge durch die Kl&#228;gerin im Termin am 8.11.2018 (S. 3 Protokoll vom 8.11.2018) nicht mehr an.</p> <p><rd nr="304"/>4. Die Beklagtenseite ist passivlegitimiert. Die Beklagte entwickelt, vertreibt und stellt unstreitig u.a. mobile Computer und Kommunikationsger&#228;te her, und bietet in Deutschland unstreitig die angegriffene Ausf&#252;hrungsform an, unter anderem auf der Website des deutschen P. Online Stores.</p> <p><rd nr="305"/>III. Lizenzeinwand greift nicht durch Die Beklagtenseite hat nicht dargelegt und bewiesen, f&#252;r die fraglichen Nutzungshandlungen lizenziert zu sein.</p> <p><rd nr="306"/>1. Jede Partei muss grunds&#228;tzlich die f&#252;r sie positiven Umst&#228;nde darlegen und beweisen. Darlegungs- und beweisbelastet f&#252;r den Lizenzeinwand ist daher die Partei, die sich auf eine bestehende Lizenz beruft (K&#252;hnen, 10. Auflage, E. 187 zum Lizenzeinwand, Rn. 562 zum Ersch&#246;pfungseinwand; BGH GRUR 2004, 268, 269 - Blasenfrei Gummibahn II mwN). Eine sekund&#228;re Darlegungslast der gegnerischen Partei, d.h. eine Darbietung von Informationen zur Erleichterung der Beweisf&#252;hrung, kann nur in Betracht kommen, wenn ihre Darlegung f&#252;r die darlegungsbelastete Partei mit erh&#246;hten Schwierigkeiten verbunden ist, w&#228;hrend sie f&#252;r den Gegner ohne Weiteres m&#246;glich und zumutbar ist (BGH GRUR 2004, 268, 269 - Blasenfrei Gummibahn II). Das setzt voraus, dass bereits Anhaltspunkte f&#252;r die darzulegende Tatsache vorgetragen werden (zB Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, vor &#167;&#160;284 ZPO Rn. 34 mwN). Aus der sekund&#228;ren Darlegungslast ergibt sich keine Verpflichtung, Urkunden vorzulegen - hierf&#252;r gelten <verweis.norm>&#167;&#167; 421 ff. <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;142 ZPO (BGH NJW 2007, 2989 Rn. 16).</p> <p><rd nr="307"/>Gesch&#228;ftsgeheimnisse m&#252;ssen nicht offenbart werden (BGH GRUR 2012, 626, 628, Rn. 27, 28 - Converse I; auf patentrechtliche Fragestellungen &#252;bertragbar).</p> <p><rd nr="308"/>2. Hiernach greift keine sekund&#228;re Darlegungslast der Kl&#228;gerin f&#252;r das Vorbringen der Beklagtenseite, sie sei durch eine Lizenz ihrer CMs gesch&#252;tzt.</p> <p><rd nr="309"/>Wegen der grunds&#228;tzlich ihr obliegenden Darlegungslast traf zun&#228;chst die Beklagtenseite die Verpflichtung, die Frage einer Lizenzierung mit den ihr zur Verf&#252;gung stehenden Mitteln aufzukl&#228;ren. Es war ihr ohne Weiteres zuzumuten, bei ihren CMs nachzufragen, ob eine Lizenzierung auch mit Blick auf das hiesige Klagepatent bestehe. Zwar tr&#228;gt sie vor, sie habe dies getan, allerdings h&#228;tten ihr die CMs Ausk&#252;nfte wegen Geheimhaltungsverpflichtungen verschwiegen (S. 7/10 Quadruplik Teil III). Indes fanden die Anfragen bei den CMs nach dem Vortrag der Beklagtenseite 2016 in Vorbereitung auf Lizenzvereinbarungen statt, nicht mit Blick auf das hiesige Verfahren. Dass die Beklagtenseite nach Klageerhebung bei den CMs um Informationen nachgesucht hat, um eine Verteidigungslinie aufzubauen, hat sie nicht vorgebracht.</p> <p><rd nr="310"/>Die Kammer ist sich des Umstands bewusst, dass insbesondere Streitverk&#252;ndungen gegen&#252;ber Gesch&#228;ftspartnern nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Prozessuale Zur&#252;ckhaltung aus gesch&#228;ftlichen Gr&#252;nden zu &#252;ben steht jeder Partei frei. Indes kann eine - auch gesch&#228;ftlich notwendige - prozessuale Entscheidung gegen eine Streitverk&#252;ndung nicht zu der Annahme einer sekund&#228;ren Darlegungslast zu Lasten der Kl&#228;gerin f&#252;hren. Vielmehr bewirkt die Nichtaussch&#246;pfung m&#246;glicher Aufkl&#228;rungsquellen, dass es bei der Darlegungslast der Beklagtenseite bleibt.</p> <p><rd nr="311"/>Ebenso erkennt das Gericht nicht, dass die Weigerung der Kl&#228;gerin, Informationen im US-Discovery-Verfahren preiszugeben, eine sekund&#228;re Darlegungslast entstehen l&#228;sst. Wie oben dargelegt, wirken deutsche Gerichte nicht im Rahmen der Rechtshilfe an US-Discovery-Verfahren mit. Das Gericht kann daher nicht - &#252;ber die &#8222;Hintert&#252;r&#8220; der sekund&#228;ren Darlegungslast - einer Partei faktisch auferlegen, an dem US-Discovery-Verfahren mitzuwirken.</p> <p><rd nr="312"/>3. Ihrer Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagtenseite nicht nachgekommen. Die Kl&#228;gerin hat eine Lizenzierung mit Blick auf das Klagepatent substantiiert bestritten. Die Beklagtenseite hat nicht belegt, dass (seit wann?) das Klagepatent an die fraglichen CMs lizenziert ist.</p> <p><rd nr="313"/>Das Gericht musste auch nicht der Kl&#228;gerin auferlegen, die (Original-) Lizenzvertr&#228;ge vorzulegen. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus <verweis.norm>&#167;&#167; 421 ff. <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, noch aus &#167;&#160;142 ZPO.</p> <p><rd nr="314"/>Eine Anordnung nach &#167;&#160;421 ZPO setzt nach &#167;&#160;422 ZPO eine b&#252;rgerlich-rechtliche Vorlagepflicht voraus. Dazu hat die Beklagtenseite nichts vorgetragen, eine solche Verpflichtung ist auch sonst nicht ersichtlich. Sie hat einen Vorlagegrund nicht glaubhaft gemacht, &#167;&#160;424 Nr. 5 S. 2 ZPO. Insbesondere bestand hier kein Vorlageanspruch aus &#167;&#160;423 ZPO, weil die Kl&#228;gerin nur auf den Inhalt der Vertr&#228;ge, nicht auf die Vertr&#228;ge als Urkunde Bezug genommen hatte (hierzu Thomas/Putzo-Reichold, &#167;&#160;423 ZPO Rn. 1; M&#252;KoZPO/Schreiber ZPO &#167; 423 Rn. 1).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230;</p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="315"/>4. Aus den gleichen Gr&#252;nden war keine Anordnung nach &#167;&#160;142 ZPO geboten: Die Beklagtenseite hat die Beweiseignung der Urkunde, die f&#252;r eine Anordnung nach &#167;&#160;142 ZPO indes Voraussetzung ist, selbst in Abrede gestellt.</p> <p><rd nr="316"/>Wollte man entgegen 2. eine sekund&#228;re Darlegungslast der Kl&#228;gerin annehmen, w&#228;re sie dieser jedenfalls nachgekommen. Denn sie hat vorgetragen, dass das Klagepatent nicht den capture periods der einschl&#228;gigen Lizenzvertr&#228;ge unterf&#228;llt, und Verhandlungen &#252;ber die Einbeziehung des Klagepatents wegen des Streits &#252;ber die (Nicht-) Zahlung von Lizenzgeb&#252;hren nicht stattgefunden h&#228;tten. N&#228;her, n&#228;mlich unter Angabe der capture period, musste sie nicht vortragen, weil ihr die Auskunft &#252;ber Gesch&#228;ftsgeheimnisse (um solche handelt es sich bei dem Umfang von Lizenzvertr&#228;gen zwischen der Kl&#228;gerin und den CMs) nicht zumutbar war.</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>5.&#8230; </p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="317"/>6. Auf die Nichtzahlung der Lizenzgeb&#252;hren kam es nicht an, wie die Beklagtenseite zu Recht unterstreicht. Nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer argumentiert die Kl&#228;gerin insoweit indes nicht mit einer Beendigung der Lizenzvertr&#228;ge ex nunc, sondern legt mit ihrem Vortrag dar, warum es nicht zu einer vertraglichen Einbeziehung der Klagepatente in die Lizenzvertr&#228;ge mit den CMs kam.</p> <p><rd nr="318"/>7. Irrelevant ist der Vortrag, die Beklagtenseite sei stets lizenzwillig gewesen. Da das Klagepatent unstreitig kein standaressentielles Patent ist, war die Kl&#228;gerin nicht verpflichtet, die Beklagtenseite direkt zu lizenzieren. So sieht es auch die beklagtenseits zitierte ITC (S. 194 von FBD 35, vorletzter Absatz).</p> <p><rd nr="319"/>8. Ein anderes folgt schlie&#223;lich nicht aus dem Umstand, dass die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite suggeriert habe, sie sei &#252;ber die CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert.</p> <p><rd nr="320"/>Zwar kann eine solche Mitteilung grunds&#228;tzlich einen Vertrauenstatbestand schaffen, der eine sp&#228;tere Rechtsverfolgung wegen &#167;&#160;242 BGB unzul&#228;ssig machen w&#252;rde (venire contra factum proprium). Dass die Kl&#228;gerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, was sie bestreitet, hat die Beklagtenseite indes nicht belegt. Der Inhalt der beklagtenseits in Bezug genommenen Mitteilungen der Kl&#228;gerin ist nicht streitig, indes folgt hieraus nicht, dass die Beklagtenseite auf eine Durchlizenzierung vertrauen durfte:</p> <p><rd nr="321"/>Das folgt nicht aus FBD 29. Insbesondere durfte sich die Beklagtenseite nicht wegen einer E-Mail aus 2005 darauf verlassen, dass zwingend auch ein 2017 erteiltes Patent dem Lizenzportfolio aller CMs unterfalle.</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; </p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="322"/>Dem vorgetragenen m&#252;ndlichen Vorbringen vom 18.08.2017 kann das Gericht nicht entnehmen, dass die Kl&#228;gerin sich hier auf alle erdenklichen Patente bezog. Hinzu kommt, dass die Kl&#228;gerin am 18.08.2017 jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand f&#252;r das hier streitgegenst&#228;ndliche Verhalten schaffen konnte, weil die hiesige Klage schon am 17.07.2017 erhoben worden ist.</p> <p><rd nr="323"/>Der Vortrag der Kl&#228;gerin vor dem Southern District Court of California kann ebenfalls keinen Vertrauenstatbestand geschaffen haben, weil die Kl&#228;gerin hier nicht davon spricht, dass alle nicht-standardessentiellen Patente Teil der Lizenzvereinbarungen seien (&#8222;certain patents&#8220;, &#8222;many other patents&#8220;). Dass Lizenznehmer bestimmte Rechte an dem globalen Patentportfolio der Kl&#228;gerin erlangten, durfte die Beklagtenseite gleichwohl nicht dahingehend verstehen, dass die CMs automatisch Lizenzen an allen Rechten, auch neu erteilten Patenten, erhielten.</p> <p><rd nr="324"/>9. Gleiches gilt mit Blick auf die beklagtenseits (in anderem Kontext) vorgetragene forbearance-Politik der Kl&#228;gerin. Diese bezieht sich auf standardessentielle Patente, worum es sich bei hiesigem Klagepatent gerade nicht handelt. Mithin schuf die Kl&#228;gerin hier keinen Vertrauenstatbestand, sie werde die Beklagtenseite wegen der Verletzung des Klagepatents nicht verfolgen.</p> <p><rd nr="325"/>10. Nach alledem hatte die Beklagtenseite die Darlegungs- und Beweislast f&#252;r eine Lizenzierung, sie hat eine solche aber nicht belegt. Daher greifen weder Lizenz- noch Ersch&#246;pfungseinwand durch.</p> <p>IV. Anspr&#252;che der Kl&#228;gerin</p> <p><rd nr="326"/>Wegen der vorgenannten Verletzungshandlung stehen der Kl&#228;gerin folgende Anspr&#252;che zu:</p> <p>1. Unterlassung</p> <p><rd nr="327"/>Die Kl&#228;gerin hat Anspruch auf Unterlassung, <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> iVm &#167;&#160;139 Abs. 1 PatG.</p> <p><rd nr="328"/>a. Hinsichtlich der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform besteht Wiederholungsgefahr. Sie wird durch die festgestellten rechtswidrigen Benutzungshandlungen indiziert. Es besteht die Besorgnis k&#252;nftiger Rechtsverletzungen.</p> <p><rd nr="329"/>b. Der Anspruch ist nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig wegen Versto&#223;es gegen das Kartellrecht. Wie oben im Rahmen der Zul&#228;ssigkeit der Klage dargelegt, greift der Kartellrechtseinwand der Beklagten nicht durch.</p> <p><rd nr="330"/>c. Ebenso wenig steht <verweis.norm>Art. 3 Abs. 2 der <v.abk ersatz="Richtlinie 2004/48/EG">Richtlinie 2004/48/EG</v.abk></verweis.norm> zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (&#8222;Durchsetzungsrichtlinie&#8220;) dem Ausspruch des Unterlassungsgebots entgegen. Das Unterlassungsgebot ist nach oben Gesagtem nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p><rd nr="331"/>d. Es besteht auch kein Anlass, der Beklagtenseite eine Aufbrauchfrist einzur&#228;umen.</p> <p><rd nr="332"/>(1) Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Aufbrauchfrist in Patentverletzungsverfahren nur als Ausnahmefall zu gew&#228;hren. Denn der Unterlassungsanspruch ist der zentrale Anspruch um das Patent als Ausschlie&#223;lichkeitsrecht durchzusetzen. Eine Aufbrauchfrist kann daher nur in Betracht kommen, wenn die wirtschaftlichen Folgen eines mit sofortiger Wirkung bestehenden Unterlassungsgebots den Verletzer im Einzelfall aufgrund besonderer Umst&#228;nde &#252;ber das gew&#246;hnliche Ma&#223; hinaus derart treffen und benachteiligen w&#252;rden, dass die unbedingte Untersagung unzumutbar erscheinen l&#228;sst (BGH GRUR 2016, 1031, 1036 - W&#228;rmetauscher).</p> <p><rd nr="333"/>(2) Die Beklagtenseite st&#252;tzt sich auf den Umstand, dass die Kl&#228;gerin ihr suggeriert habe, sie nehme an dem Schutz der ihren Zulieferern erteilten Lizenzen teil (S. 64/65 Klageerwiderung II). Des Weiteren macht sie geltend, es handele sich bei dem Chip um ein funktionswesentliches komplexes Bauteil, das nicht leicht ersetzt werden k&#246;nne, und wobei erhebliche Marktbarrieren auf dem Zulieferermarkt best&#252;nden. Der Chip sei wertm&#228;&#223;ig untergeordnet. Die Kl&#228;gerin sei schlie&#223;lich durch Schadensersatzanspr&#252;che hinreichend gesichert (S. 45/46 Duplik, S. 53 Quadruplik).</p> <p><rd nr="334"/>Sie benannte einen Zeitraum von bis zu 36 Monaten als erforderlich f&#252;r eine Umstellung (S. 29/30 Duplik).</p> <p><rd nr="335"/>(3) Wie unter III.8. dargelegt, kann sich die Beklagtenseite nicht mit Erfolg deswegen auf eine Einrede aus &#167;&#160;242 BGB st&#252;tzen (venire contra factum proprium), weil die Kl&#228;gerin ihr suggeriert habe, sie sei durch Lizenzen ihrer Zulieferer gesch&#252;tzt.</p> <p><rd nr="336"/>Auch die mit der Duplik vorgebrachten Einw&#228;nde verfangen nicht. Die Beklagtenseite bringt Umst&#228;nde vor, die bei Patentverletzungsverfahren &#252;blich sind. Gleichwohl ist es nicht ausreichend, die Kl&#228;gerin auf einen Schadensersatzanspruch zu verweisen, weil der Unterlassungsanspruch das zentrale Verteidigungsmittel eines Ausschlie&#223;lichkeitsrechts ist. Der Verweis auf einen Schadensersatzanspruch k&#228;me einer Zwangslizenzierung im Ergebnis gleich, was mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit gerade nicht vereinbar ist. Das gilt insbesondere mit Blick auf den beklagtenseits in Anspruch genommenen Zeitraum von bis zu 36 Monaten f&#252;r eine Umstellung.</p> <p>2. Auskunft- und Rechnungslegung</p> <p><rd nr="337"/>Die geltend gemachten Anspr&#252;che auf Auskunft und Rechnungslegung bestehen ebenfalls. Der Anspruch auf Auskunft &#252;ber Herkunft und Vertriebsweg der angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> iVm &#167;&#160;140 b Abs. 1 PatG. Der Umfang der Auskunftspflicht folgt aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;140 b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, <verweis.norm>&#167;&#167; 242, 259 <v.abk ersatz="BGB">BGB</v.abk></verweis.norm>. Hierdurch soll die Kl&#228;gerin in die Lage versetzt werden, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Kl&#228;gerin ist im &#220;brigen auf die Angaben der Beklagten angewiesen, &#252;ber die sie ohne eigenes Verschulden nicht verf&#252;gt. Die Beklagten werden durch die von ihr abverlangten Anspr&#252;che auch nicht unzumutbar belastet. Der Anspruch bezieht sich auf Gegenst&#228;nde, die seit dem 09.09.2017 in Verkehr gelangt sind. Dabei hat die Kl&#228;gerin bereits eine einmonatige Karenzzeit ab Erteilung des Patents (am 09.08.2017, K&#160;5) eingerechnet.</p> <p>3. R&#252;ckruf- und Vernichtungsanspruch</p> <p><rd nr="338"/>Der R&#252;ckrufanspruch der Kl&#228;gerin gegen die Beklagte ist gem&#228;&#223; <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;140 a Abs. 3 PatG im tenorierten Umfang gegeben. Insbesondere liegt keine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit iSd &#167;&#160;140 a Abs. 4 PatG vor.</p> <p><rd nr="339"/>a. Darlegungs- und beweisbelastet f&#252;r die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit ist die Beklagtenseite. &#167;&#160;140a Abs. 4 PatG erfordert eine Einzelfallpr&#252;fung und ist als Ausnahmetatbestand restriktiv zu handhaben (Benkard PatG/Grabinski/Z&#252;lch, PatG &#167; 140a Rn. 8, 8a mwN; BGH GRUR 1997, 899, 901 - Vernichtungsanspruch). In die Abw&#228;gung einzustellen sind etwa Grad und Schwere des Verschuldens, Ab&#228;nderungsm&#246;glichkeiten, sowie generalpr&#228;ventive Gesichtspunkte.</p> <p><rd nr="340"/>b. Die Beklagtenseite bringt vor, die Kl&#228;gerin sei keine Wettbewerberin der Beklagten, so dass das wirtschaftliche Interesse der Kl&#228;gerin an dem R&#252;ckruf und der Vernichtung der angegriffenen Produkte &#8222;marginal&#8220; sei. Eine Schadensersatzzahlung w&#252;rde ihrem Interesse vollumf&#228;nglich gerecht. Zudem sei das Interesse der Kl&#228;gerin lediglich auf eine untergeordnete Funktionalit&#228;t eines untergeordneten Teilbereichs der P.s beschr&#228;nkt. Die Beklagtenseite hingegen habe ein sehr hohes wirtschaftliches Interesse (allein f&#252;r 2017/2018 gehe es um Ger&#228;te im Gesamtwert von mindestens 1,671 Mrd. &#8364;), des Weiteren sei bei ihr ein erheblicher Imageschaden zu bef&#252;rchten (S. 65/66 Klageerwiderung Teil II).</p> <p><rd nr="341"/>c. Hernach ist der Beklagtenseite zwar darin zuzustimmen, dass die Kl&#228;gerin keine Wettbewerberin der Beklagtenseite ist. Gleichwohl kann das wirtschaftliche Interesse der Kl&#228;gerin an der Vernichtung der Produkte nicht, wie von der Beklagtenseite erfolgt, marginalisiert werden. Denn sie ist Wettbewerberin anderer Zulieferer der Beklagtenseite, wie diese an anderer Stelle unterstreicht, und daher auch an einem R&#252;ckruf der ihre Patente verletzenden Ausf&#252;hrungsformen interessiert.</p> <p><rd nr="342"/>Dem hohen wirtschaftlichen Interesse der Beklagtenseite steht ein ebenfalls hohes wirtschaftliches Interesse der Kl&#228;gerin an der Durchsetzung ihrer Patente entgegen. Des Weiteren wird dem hohen wirtschaftlichen Interesse durch die sehr hohe Sicherheitsleistung begegnet. Der Umstand, dass die Beklagtenseite einen Imageschaden bef&#252;rchtet, kann eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit nicht begr&#252;nden. Sie h&#228;tte die M&#246;glichkeit gehabt, einen R&#252;ckruf durch Vermeidung der Patentverletzung zu verhindern.</p> <p><rd nr="343"/>4. Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach Der Kl&#228;gerin steht auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil die Beklagte schuldhaft gehandelt hat, <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat die im Verkehr erforderlichen Informations- und Nachforschungspflichten jedenfalls fahrl&#228;ssig verletzt. Die Beklagte h&#228;tte pr&#252;fen m&#252;ssen, ob die angegriffene Ausf&#252;hrungsform im Einzelfall gegen die Klagepatente verst&#246;&#223;t.</p> <p><rd nr="344"/>V. Einwendungen oder Einreden bestehen nicht.</p> <p><rd nr="345"/>Insbesondere ist der Anspruch auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung nach dem unter A.VI. Gesagten nicht wegen eines Versto&#223;es gegen das Kartellrecht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p><rd nr="346"/>Ebenso wenig besteht nach dem unter III.8. und IV.1. Gesagten eine Einrede aus &#167;&#160;242 BGB (venire contra factum proprium), weil die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite suggeriert h&#228;tte, sie nehme an dem Schutz der ihren Zulieferern erteilten Lizenzen teil.</p> <p><rd nr="347"/>C. Keine Aussetzung wegen Einspruchsverfahrens</p> <p><rd nr="348"/>Das Verfahren war nicht mit Blick auf das beklagtenseits eingeleitete Einspruchsverfahren auszusetzen, &#167;&#160;148 ZPO.</p> <p>I. Aussetzungsma&#223;stab</p> <p><rd nr="349"/>Die Einleitung eines Einspruchsverfahrens stellt als solches keinen Grund, das Verfahren auszusetzen. Anderenfalls w&#252;rde man dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beimessen, die ihm nach dem Gesetz gerade fremd ist (BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug). Bei der gebotenen Interessenabw&#228;gung hat grunds&#228;tzlich das Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung des ihm erteilten Patents Vorrang (siehe Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 106 mwN). Denn das Patent bietet nur eine beschr&#228;nkte Schutzdauer. F&#252;r die Dauer der Aussetzung ist das Schutzrecht mit Blick auf den Unterlassungsantrag, der einen wesentlichen Teil des Schutzrechts darstellt, noch zus&#228;tzlich praktisch aufgehoben. Daher kommt eine Aussetzung grunds&#228;tzlich nur in Betracht, wenn die Vernichtung mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 107 mwN).</p> <p><rd nr="350"/>Eine Aussetzung kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn neuheitssch&#228;dlicher Stand der Technik vorgelegt wird, der im Erteilungsverfahren nicht ber&#252;cksichtigt wurde, und der der technischen Lehre des Klagepatents n&#228;her kommt als der ber&#252;cksichtigte Stand der Technik (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 111 mwN).</p> <p><rd nr="351"/>Bei der Aussetzungsentscheidung sind durch das Verletzungsgericht lediglich diejenigen Umst&#228;nde zu pr&#252;fen, welche von der Beklagtenseite in einer in sich geschlossenen, verst&#228;ndlichen und zusammenh&#228;ngenden Darstellung schrifts&#228;tzlich vorbereitet vorgetragen worden sind. Allgemein reicht eine Bezugnahme auf Anlagen allenfalls dann aus, wenn diese Anlagen selbst den Anforderungen an schrifts&#228;tzliches Vorbringen im Zivilprozess gen&#252;gen. Dies ist jedoch bei einem an das DPMA, das EPA oder das BPatG gerichteten Schriftsatz oftmals gerade nicht der Fall, weil sich die Parteien in einer Vielzahl von F&#228;llen darauf verlassen, dass die dort statuierten Spruchk&#246;rper mit technisch sachverst&#228;ndigen Personen besetzt sind, die den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und denen eventuell im Einzelfall sogar Stand der Technik bereits gel&#228;ufig ist, ohne dass es hierzu n&#228;herer Erl&#228;uterungen bedarf. Hingegen sind im Patentverletzungsprozess wie in jedem Zivilprozess aufgrund des Vortragsgrundsatzes die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde schrifts&#228;tzlich vorzutragen, aus welchen sich die begehrte Rechtsfolge ergibt. Eine Amtsermittlung findet nicht statt. M&#252;ndliche Ausf&#252;hrungen k&#246;nnen den schrifts&#228;tzlichen Vortrag allenfalls in einzelnen Punkten erg&#228;nzen, vertiefen oder verdeutlichen. Bei dem Einwand fehlender Rechtsbest&#228;ndigkeit eines Patents geh&#246;ren hierzu auch Erl&#228;uterungen zu Gegenstand und Hintergrund der in den Entgegenhaltungen beschriebenen und offenbarten Erfindungen, sowie zu den Kenntnissen und der Herangehensweise des angesprochenen Fachmanns. Denn erst durch einen dahingehenden Sachvortrag wird eine mit ausschlie&#223;lich juristisch qualifizierten Richtern besetzte Patentstreitkammer in die Lage versetzt, eine Aussage dazu zu treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Streitpatent vor dem Hintergrund der derart schrifts&#228;tzlich diskutierten Entgegenhaltungen als rechtsbest&#228;ndig erweisen wird (st&#228;ndige Rechtsprechung der Kammer, z.B. LG M&#252;nchen I, Schlussurteil vom 24.07.2014 - Aktenzeichen 7 0 24814/13, BeckRS 2014, 16686).</p> <p><rd nr="352"/>Eine Aussetzung wegen fehlender Erfindungsh&#246;he ist nicht grunds&#228;tzlich ausgeschlossen, indes kommt sie nur in Betracht, wenn sich f&#252;r die Zuerkennung keine vern&#252;nftigen Argumente finden lassen (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 114 mwN). Der Vortrag der die Nichtigkeit einwendenden Partei muss die Anforderungen der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung (BGH GRUR 2018, 1128, 1130, Rn. 27 ff. - Gurtstraffer) zu der Darlegung fehlender Erfindungsh&#246;he erf&#252;llen.</p> <p>II. Hiernach keine Aussetzung</p> <p><rd nr="353"/>Hiernach besteht kein Anlass, das Verfahren auszusetzen. Denn aus dem Vorbringen der Beklagtenseite und den Entgegenhaltung Hou (HRM2a-c), K1 (HRAM3a/b) und K. (HRM 4a/b) ergibt sich keine &#252;berwiegende Wahrscheinlichkeit daf&#252;r, dass sich das Klagepatent nicht als rechtsbest&#228;ndig erweisen wird.</p> <p>1. Hou nicht neuheitssch&#228;dlich</p> <p><rd nr="354"/>Die Entgegenhaltung Hou nimmt den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitssch&#228;dlich vorweg.</p> <p><rd nr="355"/>a. Unstreitig offenbart Hou nicht explizit einen Boostwandler. Die Beklagtenseite meint, Hou impliziere auch batteriebetriebene Ger&#228;te, bei denen es auf der Hand liege, erh&#246;hte Spannungen mittels eines Boost- oder Aufw&#228;rtswandlers zu erzeugen (S. 17 Klageerwiderung II). Im &#220;brigen sei das Klagepatent nicht auf batteriebetriebene Ger&#228;te beschr&#228;nkt, und die Entgegenhaltung Hou nicht auf Verwendung in einer Basisstation. Der Fachmann erkenne vielmehr, dass &#8222;Hou&#8220; das Ziel verfolge, die vom Linearverst&#228;rker verbrauchte Leistung zu minimieren und den Gesamtwirkungsgrad der Tracking-Stromquelle zu erh&#246;hen (S. 37 ff Duplik). Figur 5 der Entgegenhaltung zeige Batterien (was der Fachmann als Hinweis auf einen Boost-Converter verstehe, S. 41 ff. Duplik, S. 35 Quadruplik).</p> <p><rd nr="356"/>b. Die Kl&#228;gerin unterstreicht, Hou adressiere nicht das Problem des Klagepatents, ein Envelope Tracking auch f&#252;r mobile, batteriebetriebene Endger&#228;te bei sinkender Batteriespannung effizient nutzbar machen zu k&#246;nnen. Daher fehle es - neben dem Offset - an einem klagepatentgem&#228;&#223;en Boostwandler (S. 65/66 Replik, S. 39 Triplik). Figur 5 der Entgegenhaltung Hou belege nur die grunds&#228;tzlich dem Klagepatent vergleichbare hybride Struktur. Die hybride Struktur sei aber nicht der Kern der kl&#228;gerischen Erfindung (S. 66 Replik). Genauer: Die H&#252;llkurvenverfolgung mit hybrider Architektur sei im Stand der Technik in Basisstationen bekannt gewesen, die &#220;bertragung auf mobile Endger&#228;te hingegen eine Neuheit. Nur hier trete das Problem der begrenzten Kapazit&#228;t der Batterie als Spannungsquelle auf. Daher w&#252;rde der Fachmann erwarten, dass Hou auf Besonderheiten mobiler Endger&#228;te eingehe, wenn diese adressiert w&#228;ren. Das sei aber - anders als im Klagepatent ([0011], [0018], [0033]) - bei der Entgegenhaltung gerade nicht der Fall. Die von der Beklagtenseite zitierten Passagen st&#252;nden in keinem Zusammenhang mit der Spannungsversorgung des Linearverst&#228;rkers (S. 38/39 Triplik).</p> <p><rd nr="357"/>Der Boostwandler lasse sich auch nicht mitlesen. Damit seien Merkmale 1.3 und 1.4.1 nicht erf&#252;llt (S. 68 Replik, S. 40 Triplik). Die Batterien seien in Fig 5 nur exemplarisch dargestellt. Der Fachmann w&#252;rde einen Boost Converter als solchen bezeichnen, wenn er einen darstellen wollte, wie die beklagtenseits vorgelegten Fachver&#246;ffentlichungen zeigten. Die Entgegenhaltung Hou befasse sich nicht mit dem Problem von Einschr&#228;nkungen bei der Versorgungsquelle, ebenso wenig mit der Generierung der Versorgungsspannung (S. 40 Triplik).</p> <p><rd nr="358"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.11.2018 legte die Kl&#228;gerin eine Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 23.11.2018 (K 32) vor, die vorl&#228;ufig der Meinung ist, dass das Klagepatent nicht zu widerrufen ist.</p> <p><rd nr="359"/>c. Es k&#246;nnte an der Verwirklichung von Merkmal 1.3 und 1.4.1 fehlen. Der Boost-Wandler wird durch die Entgegenhaltung Hou (unstreitig) nicht offenbart. F&#252;r die Kammer ergibt sich aus der Entgegenhaltung auch nicht unmittelbar und eindeutig, dass der Fachmann den Boost-Converter &#8222;mitliest&#8220;. Die Kammer vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Fachmann mitliest, dass bei batteriebetriebenen Ger&#228;ten automatisch ein Boostwandler zum Einsatz kommt. Jedenfalls ist der Kammer nicht ersichtlich, dass sich die Entgegenhaltung Hou auf batteriebetriebene Ger&#228;te bezieht. Der einzige Anhaltspunkt hierf&#252;r ist die Figur 5, in der Batterien dargestellt sind. Das bewirkt indes keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines Boostwandlers.</p> <p><rd nr="360"/>Auf die Stellungnahme der Einspruchsabteilung des EPA (K 32) kam es nicht mehr an.</p> <p><rd nr="361"/>Ebenso wenig war die Verwirklichung der anderen Merkmale noch relevant</p> <p><rd nr="362"/>2. Erfindungsh&#246;he fehlt nicht Die Beklagtenseite hat nicht dargelegt, dass es Anspruch 1 gegen&#252;ber einer Kombination von K. und K^^ an erfinderischer T&#228;tigkeit fehlt.</p> <p><rd nr="363"/>a. K1 offenbart unstreitig keine Umschaltbarkeit der Versorgungsspannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker (S. 18/21 Klageerwiderung II). Die Beklagtenseite unterstreicht indes, K. offenbare einen solchen (S. 21/23 Klageerwiderung II). Zur Veranlassung tr&#228;gt die Beklagtenseite vor, Umschalten der Versorgungsspannung und Vorsehen eines Offsets seien aggregative Ma&#223;nahmen, deren gemeinsame Wirkung nicht &#252;ber die Summe der Einzelwirkungen hinausgingen, sie h&#228;tten keinen kombinatorischen Effekt. Daher sei der Gegenstand von Anspruch 1 f&#252;r den Fachmann durch K1 und K. nahegelegt und beruhe nicht auf erfinderischer T&#228;tigkeit (S. 23 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="364"/>b. Die Kl&#228;gerin unterstreicht, dass die Entgegenhaltung K1 auch Merkmal 1.2.1 nicht offenbare (S. 69/73 Replik). K. offenbare entgegen der Ansicht der Beklagtenseite keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Boostwandler und habe auch keine mobilen Endger&#228;te im Blick (S. 73/79 Replik). Die Angaben der Beklagtenseite zu einer Kombination beider Entgegenhaltungen seien unsubstantiiert (S. 79 Replik).</p> <p><rd nr="365"/>c. Nach den eingangs dargelegten Aussetzungsma&#223;st&#228;ben gen&#252;gt der Vortrag der Beklagtenseite nicht, um eine Aussetzung wegen fehlender erfinderischer T&#228;tigkeit zu begr&#252;nden. Insbesondere legt die Beklagtenseite nicht dar, wieso der Fachmann eine der beiden Lehren zum Ausgangspunkt genommen h&#228;tte, und wieso er Veranlassung gehabt h&#228;tte, beiden Lehren zu kombinieren. Das sieht die Beklagtenseite auch und hat zu der fehlenden erfinderischen T&#228;tigkeit ab der Duplik nicht mehr vorgetragen. Weitere Ausf&#252;hrungen hierzu sind nicht veranlasst.</p> <p><rd nr="366"/>D. Keine Aussetzung wegen anderer Verfahren</p> <p><rd nr="367"/>Das Verfahren war auch nicht mit Blick auf andere Verfahren (im Einzelnen sogleich) auszusetzen.</p> <p><rd nr="368"/>I. Eine Aussetzung war nicht mit Blick auf das Verfahren vor dem UK High Court angezeigt.</p> <p><rd nr="369"/>1. <verweis.norm>Art. 30 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> gebot keine Aussetzung. Hiernach kann ein Gericht ein Verfahren aussetzen, wenn in einem anderen Mitgliedstaat ein im Zusammenhang stehendes Verfahren anh&#228;ngig ist. Verfahren stehen nach <verweis.norm>Art. 30 Abs. 3 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> in Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen k&#246;nnten. Bestehen wegen der mutma&#223;lichen Verletzung desselben Immaterialg&#252;terrechts Verfahren vor verschiedenen Gerichten, kann eine Aussetzung in Betracht kommen (zB M&#252;KoZPO/Gottwald Br&#252;ssel Ia-VO Art. 30 Rn. 2 mwN).</p> <p><rd nr="370"/>Die Verfahren stehen hiernach in keinem Zusammenhang iSd <verweis.norm>Art. 30 Abs. 3 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm>. Denn das Verfahren vor dem UK High Court betrifft nicht das hiesige Klagepatent, sondern standardessentielle Patente. Auch wegen der kartellrechtlichen Vorfragen war eine Aussetzung nicht angezeigt, weil nichtessentielle und standardessentielle Patente kartellrechtlich anders zu beurteilen sind.</p> <p><rd nr="371"/>2. Aus denselben Gr&#252;nden war auch keine Aussetzung nach &#167;&#160;148 ZPO geboten.</p> <p><rd nr="372"/>II. Auch mit Blick auf zwei anh&#228;ngige Wettbewerbsverfahren gegen die Kl&#228;gerin war eine Aussetzung nicht nach <verweis.norm>Art. 16 Abs. 1 S. 3 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO">VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO</v.abk></verweis.norm>) angezeigt. Denn wie oben dargelegt kann die hiesige Klage keinen Versto&#223; gegen <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> (vormals <verweis.norm>Art. 82 <v.abk ersatz="EGV">EGV</v.abk></verweis.norm>-Nizza) begr&#252;nden.</p> <p><rd nr="373"/>III. Ebenso wenig war die Einholung einer Stellungnahme oder Informationen der EU-Kommission nach <verweis.norm>Art.15 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO">VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO</v.abk></verweis.norm>) erforderlich. Denn das Gericht konnte, wie oben gezeigt, anhand der schon ergangenen Entscheidungen des EuGH &#252;ber die kartellrechtlichen Fragen entscheiden.</p> <p><rd nr="374"/>IV. Auch ein Vorabentscheidungsersuchen kommt aus vorgenannten Gr&#252;nden nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass das erkennende Gericht zu der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens nicht verpflichtet ist, weil es nicht letztinstanzlich entscheidet, <verweis.norm>Art. 267 Abs. 3 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>.</p> <p><rd nr="375"/>E. Kein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung, &#167;&#160;156 ZPO Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung war nicht nach &#167;&#160;156 ZPO geboten.</p> <p><rd nr="376"/>I. Kein Wiederaufnahmegrund nach &#167;&#160;156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Es liegt kein Wiederaufnahmegrund nach &#167;&#160;156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor. Die Beklagtenseite ist nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Geh&#246;r verletzt.</p> <p><rd nr="377"/>1. Kein Versto&#223; gegen das rechtliche Geh&#246;r durch Nichtgew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist</p> <p>a. Vorbringen der Kl&#228;gerin</p> <p><rd nr="378"/>Die Beklagtenseite bringt vor, ihr rechtliches Geh&#246;r sei verletzt, weil ihr - entgegen h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung (unter Bezugnahme auf BGH NJW 2009, 2604; NJW 2018, 2723) - keine Schriftsatzfrist zur Stellungnahme auf die Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen einger&#228;umt worden ist. Es habe sich hier offensichtlich um schwierige technische Sachfragen gehandelt - genau darum habe das Gericht schlie&#223;lich einen Sachverst&#228;ndigen geladen und auch in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 deutlich gemacht, dass die Fragen komplex seien. Auch der Sachverst&#228;ndige habe das Vorbringen der Beklagtenseite nicht &#8222;leicht&#8220; verstanden. Die Beklagtenseite selbst sei schlie&#223;lich nicht sachkundig, sondern sei auf Unterst&#252;tzung ihres Zulieferers O. angewiesen. Der als pr&#228;senter Zeuge anwesende Herr I. A. habe aber wegen einer m&#246;glichen Vernehmung nicht an der Sitzung teilgenommen, weil das Gericht auch auf Frage hin nicht mitgeteilt habe, dass der Zeuge nicht mehr geh&#246;rt werde, und er daher zu der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung nicht hinzugezogen worden sei. Die Beklagtenseite sei gerade nicht privatgutachterlich beraten gewesen, daher sei der Fall anders gelagert als BGH Xa ZR 130/07. Vor diesem Hintergrund h&#228;tte das Gericht der Beklagtenseite zwingend eine Schriftsatzfrist einr&#228;umen m&#252;ssen; die M&#246;glichkeit einer m&#252;ndlichen Stellungnahme im Termin sei nicht ausreichend gewesen. Vorsichtshalber habe die Beklagtenseite die Stellungnahme des Sachverst&#228;ndigen gleichwohl mit nicht nachgelassenem Schriftsatz gew&#252;rdigt. Eine privatgutachterliche Stellungnahme sei der Beklagtenseite auch nur im Rahmen einer Schriftsatzfrist m&#246;glich, etwaige weitere &#196;u&#223;erungen werde sie gegebenenfalls nachreichen. Auf Basis eines Gegenprivatgutachtens der Beklagtenseite k&#246;nnte der Sachverst&#228;ndige seine Angaben gegebenenfalls revidieren oder pr&#228;zisieren. Auch dies sei ein Grund, warum ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung geboten sei.</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="379"/>Die m&#252;ndliche Gutachtenserstattung ist durch die ZPO ausdr&#252;cklich vorgesehen, &#167;&#160;402, &#167;&#160;395 ZPO. Die Anordnung einer schriftlichen Begutachtung steht im Ermessen des Gerichts, &#167;&#160;411 ZPO. Die ZPO sieht grunds&#228;tzlich eine Er&#246;rterung einer Beweisaufnahme noch im Termin vor, um einerseits zu gew&#228;hrleisten, dass die Parteien sich zu allen entscheidungserheblichen Punkten &#228;u&#223;ern konnten, andererseits eine Diskussion noch unter dem Eindruck der Beweisaufnahme zu erm&#246;glichen. Daher ist grunds&#228;tzlich keine Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist erforderlich (BGH NJW 2018, 2723, 2724 Rn. 25 mwN).</p> <p><rd nr="380"/>Eine vorl&#228;ufige Beweisw&#252;rdigung des Gerichts nach Beweisaufnahme ist grunds&#228;tzlich nicht Voraussetzung f&#252;r eine Er&#246;rterung (BGH NJW 2016, 3100, 3103 a.A. Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 279 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 5), da Beweisw&#252;rdigung Rechtsausf&#252;hrung ist.</p> <p><rd nr="381"/>Die W&#252;rdigung einer Anh&#246;rung eines Sachverst&#228;ndigen ist nach Auffassung der 7. Zivilkammer grunds&#228;tzlich Beweisw&#252;rdigung und damit stets zul&#228;ssige Rechtsausf&#252;hrung. Im Anschluss an eine Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung muss eine Stellungnahmem&#246;glichkeit nur gew&#228;hrt werden, wenn der Partei eine sofortige Stellungnahme nicht abverlangt werden kann, weil sie Zeit braucht, um in Kenntnis der Sitzungsniederschrift angemessen vorzutragen (BGH NW 2018, 2723, 2724 Rn. 26). Das kann bei nur m&#252;ndlich erstatteten Gutachten der Fall sein, wenn die technischen Fragen komplex waren, um der Partei gegebenenfalls die M&#246;glichkeit zu geben, sich sachverst&#228;ndig beraten zu lassen und auf dieser Grundlage zu dem Beweisergebnis Stellung zu nehmen (BGH NJW 2009, 2604, 2605, Rn. 8 mwN). Ebenso ist eine Stellungnahmefrist erforderlich, wenn ein Sachverst&#228;ndiger zu komplexen Fragen m&#252;ndlich ausf&#252;hrlich angeh&#246;rt wird, ohne dass er vorher ein schriftliches Gutachten erstattet hat (BGH NJW 2018, 2723, 2724 Rn. 26 mwN).</p> <p><rd nr="382"/>Eine Partei muss bei nicht gew&#228;hrter Schriftsatzfrist alle M&#246;glichkeiten der Geh&#246;rsverschaffung ausnutzen, insbesondere wenn das Gericht zu erkennen gegeben hat, es werde sich mit jeglichem Vorbringen, sei es nachgelassen oder nicht, auseinandersetzen (BGH NJW 2018, 2723, 2725/6 Rn. 36 ff.).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="383"/>Nach Vorgesagtem liegt keine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs vor.</p> <p><rd nr="384"/>Die Fragestellungen, zu denen der Sachverst&#228;ndige Stellung nahm, waren nicht komplex. Der Sachverst&#228;ndige war aufgefordert, das Gericht bei der Bewertung des Parteivortrags zu unterst&#252;tzen. Insbesondere sollte er dazu Stellung nehmen, ob der Vortrag der Beklagtenseite aus technischer Sicht plausibel belege, dass die Beklagtenseite das Klagepatent nicht verletze. Er bewertete damit nur Parteivortrag. Wenngleich der Sachverst&#228;ndige aus technischer Sicht Stellung nahm, war dies eine Plausibilit&#228;tspr&#252;fung. Er konfrontierte Parteien und Gericht nicht mit einer von ihm technisch durchgef&#252;hrten &#220;berpr&#252;fung, die neuen Sachvortrag der Parteien erforderlich machen konnte. Die technischen Fragen, mit denen er sich befasste, sind dabei aus Sicht des Gerichts zwar komplex. Aus Sicht der Beklagtenseite sind sie es indes nicht, denn es handelt sich um ihren eigenen technischen Vortrag. Es ging in dem Termin nicht etwa um die sachverst&#228;ndigenseits ermittelte konkrete Ausgestaltung des O.-Chips, sondern nur um den Vortrag der Parteien, insbesondere der Beklagtenseite, zu dessen Ausgestaltung.</p> <p><rd nr="385"/>Unbeachtlich ist dabei, dass der Sachverst&#228;ndige an einer Stelle seine Meinung &#228;nderte. Das ist kein Beleg f&#252;r die technische Komplexit&#228;t. Vielmehr hatte er den kompliziert vorgetragenen Beklagtenvortrag erst durch die Erl&#228;uterung in der m&#252;ndlichen Verhandlung verstehen k&#246;nnen und dann auch die entsprechende Frage beantwortet.</p> <p><rd nr="386"/>Ebenso wenig ist relevant, dass die Beklagtenseite, auch wenn sein nach au&#223;en als Herstellerin der angegriffenen Mobiltelefone auftritt, nach eigenem Vortrag nicht &#252;ber hinreichende technische Sachkunde verf&#252;gt. Es war ihr unbenommen, einen Privatgutachter hinzuzuziehen und zum Termin mitzubringen, wie die Kl&#228;gerin dies unternommen hat. Unabh&#228;ngig hiervon war die Beklagtenseite im Termin durch 5 Patentanw&#228;lte und 8 technisch versierte Rechtsanw&#228;lte von zwei renommierten Kanzleien vertreten. Die Beklagtenseite kannte nach eigenem Vortrag (S. 3 des Protokolls vom 08.02.2011) die Schaltpl&#228;ne des O.-Chips seit geraumer Zeit.</p> <p><rd nr="387"/>Die Beklagtenseite h&#228;tte auch den als pr&#228;senten Zeugen angebotenen Herrn A. zu der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung hinzuziehen d&#252;rfen. Die Kammer hat ihn selbst nicht als Zeugen geladen oder einen dahingehenden Beweisbeschluss erlassen. Der pr&#228;sente Herr A. war demnach als Teil der im Sitzungssaal anwesenden &#214;ffentlich zu werten. Herr A. hatte den Sitzungssaal auf freiwilliger Basis verlassen (S. 3 Protokoll vom 8.11.2018). Unabh&#228;ngig hiervon schlie&#223;t die ZPO die Anwesenheit eines Zeugen bei einer Anh&#246;rung eines Sachverst&#228;ndigen nicht aus, arg e contr e <verweis.norm>&#167; 394 Abs. 1 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, wobei &#167;&#160;394 Abs. 1 ZPO f&#252;r Sachverst&#228;ndige gerade nicht gilt (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;394 ZPO Rn. 1). Die Entscheidung &#252;ber die Anwesenheit des Herrn A. w&#228;hrend der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung lag daher im alleinigen Ermessen des Herrn A..</p> <p><rd nr="388"/>Das Gericht hatte insbesondere bereits mit Verf&#252;gung vom 26.10.2018 darauf aufmerksam gemacht, dass eine etwaige Vernehmung des Herrn A. als pr&#228;senten Zeugen von den Angaben des Sachverst&#228;ndigen abh&#228;ngen k&#246;nnte, so dass es vor Abschluss der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung nicht darauf hinweisen konnte, dass eine derartige Einvernahme nicht in Betracht kommt. Nach Ende der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung hatte der Vorsitzende in einer Verhandlungspause auf Frage eines der Beklagtenvertreter mitgeteilt, dass eine Einvernahme des Herrn A. als Zeuge nicht in Betracht kommt. Dar&#252;ber hinaus h&#228;tte die Beklagtenseite jederzeit Unterbrechung beantragen k&#246;nnen, um gegebenenfalls technische Aspekte mit dem pr&#228;senten Herrn A. zu kl&#228;ren und um dann dem Sachverst&#228;ndigen Vorhalte machen k&#246;nnen. Das Gericht hat Antr&#228;gen der Beklagten auf Unterbrechungen, wie im Protokoll vom 08.11.2018 dokumentiert, bei entsprechender Begr&#252;ndung entsprochen.</p> <p><rd nr="389"/>Ebenso wenig ist relevant, dass das Gericht seine vorl&#228;ufige Beweisw&#252;rdigung nicht mitteilte. Das war nach vorzitierter h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung nicht erforderlich (zu S. 3 Schriftsatz vom 13.12.2018). Im &#220;brigen hat die Kammer deutlich gemacht, dem Sachverst&#228;ndigen voraussichtlich folgen zu wollen, und nach seinen Angaben im Ergebnis eher von einer Verletzung auszugehen. Anderenfalls w&#228;re insbesondere keine Diskussion des Rechtsbestands und des Lizenzeinwands erforderlich gewesen.</p> <p><rd nr="390"/>Hinzu kommt, dass die Nichtgew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist hier jedenfalls nicht das rechtliche Geh&#246;r verletzte, weil das Gericht deutlich machte, jeden weiteren Vortrag zur Kenntnis zu nehmen und die Erforderlichkeit des Wiedereintritts in die m&#252;ndliche Verhandlung zu pr&#252;fen (S. 21 des Protokolls vom 8.11.2018: &#8222;Die Kammer verspricht, etwaige Antr&#228;ge auf Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung zu pr&#252;fen.&#8220;). Dass die Kammer diese Selbstverpflichtung wahrnimmt, hat sie durch dieses Urteil belegt. Daher hatte die Beklagtenseite Gelegenheit und Anlass, unabh&#228;ngig von der Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist den Vortrag zu erbringen, den sie im Rahmen einer Schriftsatzfrist erbracht h&#228;tte.</p> <p><rd nr="391"/>Die Beklagtenseite ist dem auch mit den nachterminlichen Schrifts&#228;tzen, insbesondere dem Schriftsatz vom 22.11.2018 und dem Schriftsatz vom 10.12.2018, mit dem sie zwei Privatgutachten vorlegte, nachgekommen. Auch auf dieser Basis war indes kein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung angezeigt, wie im Folgenden darzustellen sein wird. 2. Zu Unrecht &#252;bergangene Beweismittel (Zeugen A., O., Schaltpl&#228;ne)</p> <p>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="392"/>Die Beklagtenseite sieht ihr rechtliches Geh&#246;r des Weiteren dadurch verletzt, dass die Kammer die Herren A. und O. nicht als pr&#228;sente Zeugen geh&#246;rt und die Schaltpl&#228;ne aus dem Discovery-Verfahren nicht eingef&#252;hrt hat.</p> <p><rd nr="393"/>Die Beklagtenseite meint, das Gericht habe die Bereithaltung der Herren A. und O. als pr&#228;sente Zeugen in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 gefordert, um in der Verhandlung sodann ohne Begr&#252;ndung hiervon abzuweichen. Von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne habe das Gericht nur mit Blick auf die Zeit (100 bis 160 Sachverst&#228;ndigenstunden zur Sichtung) Abstand genommen.</p> <p><rd nr="394"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, rechtlich sei das &#220;bergehen eines entscheidungserheblichen Beweisangebotes eine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs. Das gelte auch, wenn die Anforderungen an die Darlegungslast &#252;berspannt w&#252;rden (S. 13 Schriftsatz vom 22.11.2018 unter Bezugnahme auf BGH VI ZR 565/15 Rn. 6). Die Kammer habe den Vortrag der Beklagtenseite aus der Quadruplik nicht &#252;bergehen d&#252;rfen, weil er nicht versp&#228;tet gewesen sei (S. 14/25 Schriftsatz vom 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="395"/>Entscheidungserhebliche, rechtzeitig (isd <verweis.norm>&#167;&#167; 282, 296 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>) angebotene Beweise m&#252;ssen erhoben werden. Die Anforderungen an die Darlegungslast stellt die Beklagtenseite unter Bezug auf BGH VI ZR 565/15 richtig dar.</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="396"/>Gleichwohl liegt hier keine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs vor. Die nicht erhobenen Beweise sind nicht entscheidungserheblich.</p> <p><rd nr="397"/>(1) Nicht entscheidungserheblich waren die Zeugenangebote O. und A..</p> <p><rd nr="398"/>(a) Die Herren A. und O. wurden erstmals in der Quadruplik als Zeugen benannt. Herr A. ist - neben einem Sachverst&#228;ndigengutachten - als Beweis f&#252;r den gesamten technischen Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik als Zeuge angeboten worden. Herr O. ist nur zum Beweis der Tatsache als Zeuge angeboten, dass eine Umprogrammierung des Chips durch die Beklagtenseite oder ihre Abnehmer ausgeschlossen sei (S. 29 Quadruplik).</p> <p><rd nr="399"/>(b) Dem Zeugenangebot O. durfte das Gericht nach oben genanntem Ma&#223;stab nicht nachgehen, weil seine Angaben aus Rechtsgr&#252;nden nicht entscheidungserheblich waren. Soweit er zum Beweis von Tatsachen als Zeuge angeboten war, kann das Gericht diese behaupteten Tatsachen aus Rechtsgr&#252;nden als wahr unterstellen, ohne dass sich am Ergebnis etwas &#228;ndern w&#252;rde. Im &#220;brigen handelte sich bei den &#8222;Tatsachen&#8220;, zu deren Beweis er angeboten war, um Sachverst&#228;ndigenfragen.</p> <p><rd nr="400"/>(aa) Die Beklagtenseite hat hier vorgebracht: &#8222;Um eine solche Firmware zu erstellen, bedarf es neben der Programmierkenntnisse und insbesondere dem streng geheimen Sourcecode der vorhandenen Firmware f&#252;r den zweiten Chip (im Falle der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform eines Chips des Zulieferers N.) auch der Kenntnis eines 120 Seiten starken &#8222;Programming Guide&#8220; f&#252;r den Chip O. 81003M. Dieser ist ebenfalls streng geheim und beispielsweise den Abnehmern der Beklagten nicht zug&#228;nglich. Eine wie auch immer geartete &#196;nderung der Programmierung kann im &#220;brigen ausschlie&#223;lich durch den Zulieferer N. vorgenommen werden, da die Firmware selbst der Beklagten nur in bin&#228;rer, nicht lesbarer Form zur Verf&#252;gung gestellt wird. Eine nicht programmierte Benutzung durch die Beklagte oder ihre Abnehmer ist daher insgesamt ausgeschlossen.&#8220;</p> <p><rd nr="401"/>(bb) Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung liegt eine Patentverletzung schon dann vor, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform objektiv geeignet sind, die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen regelm&#228;&#223;ig, nur in Ausnahmef&#228;llen oder zuf&#228;llig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkung zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelm&#228;&#223;ig so bedient wird, dass die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entf&#228;llt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdr&#252;cklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgem&#228;&#223;en Lehre m&#246;glich bleibt (BGH GRUR 2006, 399, 401 Rn. 21 - Rangierkatze mwN).</p> <p><rd nr="402"/>Eine Patentverletzung kann auch angenommen werden, wenn eine angegriffene Ausf&#252;hrungsform im Auslieferungszustand nicht von s&#228;mtlichen Merkmalen der im Patent unter Schutz gestellten technischen Lehre Gebrauch macht, der Abnehmer aber selbstverst&#228;ndlich und mit Sicherheit eine f&#252;r den Erfindungsgedanken nebens&#228;chliche Ver&#228;nderung an der Vorrichtung vornehmen wird, die zur Verwirklichung s&#228;mtlicher Merkmale des Patentanspruchs f&#252;hrt. Die hinreichende Sicherheit wurde abgelehnt f&#252;r den Aufruf eines Algorithmusses, der in der Firmware zwar vorhanden war, f&#252;r eine bestimmungsgem&#228;&#223;e Nutzung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform aber nicht erforderlich war, und zumindest rudiment&#228;re Kenntnisse der Informatik voraussetzte und nicht dargelegt war, dass die Abnehmer von dem Hersteller Anleitungen oder Software erhalten w&#252;rden, um durch den Funktionsaufruf eine patentgem&#228;&#223;e Vorrichtung herzustellen (OLG D&#252;sseldorf GRUR-RR 2016, 97, 101/102 - Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik mwN).</p> <p><rd nr="403"/>(cc) Hiernach war Herr O. nicht als Zeugen zu h&#246;ren.</p> <p><rd nr="404"/>(aaa) Er war nicht zu der Behauptung zu h&#246;ren, &#8222;[e]ine wie auch immer geartete &#196;nderung der Programmierung kann im &#220;brigen ausschlie&#223;lich durch den Zulieferer N. vorgenommen werden, da die Firmware selbst der Beklagten nur in bin&#228;rer, nicht lesbarer Form zur Verf&#252;gung gestellt wird. Eine nicht programmierte Benutzung durch die Beklagte oder ihre Abnehmer ist daher insgesamt ausgeschlossen.&#8220; Hierbei handelte es sich nicht um Zeugensondern um Sachverst&#228;ndigenfragen. Ma&#223;geblich f&#252;r die Beantwortung der Frage, ob eine &#196;nderung der Programmierung unter den genannten Voraussetzungen nur durch N. vorgenommen werden k&#246;nne, ist keine menschliche Wahrnehmung, zu der ein Zeuge befragt werden kann. Vielmehr geht es um die Frage des technisch M&#246;glichen, die als Sachverst&#228;ndigenfrage zu qualifizieren ist. Der Zeuge k&#246;nnte nur angeben, ob nach seiner Kenntnis andere Unternehmen neben N. zu einer &#196;nderung der Programmierung in der Lage sind. Verneinte er dies, bedeutete dies indes nicht, dass die technische M&#246;glichkeit nicht best&#252;nde.</p> <p><rd nr="405"/>Das Gericht hat diese Frage daher folgerichtig mit dem Sachverst&#228;ndigen besprochen.</p> <p><rd nr="406"/>(bbb) Auch zu den &#252;brigen Behauptungen war Herr O. nicht zu h&#246;ren. Das Gericht kann als wahr unterstellen, dass f&#252;r die Erstellung von Firmware Programmierkenntnisse, der geheime Sourcecode der vorhandenen Firmware f&#252;r den zweiten Chip und die Kenntnis eines geheimen, den Abnehmern der Beklagtenseite nicht zug&#228;nglichen Programming Guides f&#252;r den O.-Chip erforderlich sind. Aus Rechtsgr&#252;nden kommt es auf diese Fragen aber nach dem unter (1) und (2)(a) gesagten nicht an. Denn eine Patentverletzung ist schon dann gegeben, wenn eine angegriffene Ausf&#252;hrungsform so genutzt werden kann, dass sie die Merkmale des Klagepatents verwirklicht. Genau das ist aber hier der Fall, wie schon oben dargelegt.</p> <p><rd nr="407"/>(ccc) Auch Herrn A. durfte das Gericht nicht als Zeugen h&#246;ren. Denn die Behauptungen, zu deren Beweis er angeboten war, f&#252;hrten schon nicht aus einer Verletzung heraus und waren daher nicht schl&#252;ssig und nicht entscheidungsrelevant. Des Weiteren waren sie versp&#228;tet und daher nach &#167;&#160;296 ZPO nicht beachtlich, damit ebenfalls nicht entscheidungsrelevant. Auf dieser Basis durfte das Gericht wegen des Verbots der Ausforschung den angebotenen Zeugenbeweis nicht erheben.</p> <p><rd nr="408"/>Die Behauptungen der Beklagtenseite, zu denen die Zeugeneinvernahme des Herrn A. angeboten war, f&#252;hrten nicht aus einer Verletzung des Klagepatents heraus. Sie waren daher nicht schl&#252;ssig, wie schon oben dargelegt.</p> <p><rd nr="409"/>Nach alledem war das Beklagtenvorbringen auch in der Quadruplik nicht schl&#252;ssig und damit nicht entscheidungsrelevant. Daher durften die Herren A. und O. nicht geh&#246;rt werden. Das Gericht hatte schon in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 unterstrichen, dass sie nur zu h&#246;ren sein k&#246;nnten, wenn es auf die Tatsachen, deren Richtigkeit sie best&#228;tigen sollen, noch ank&#228;me (S. 2 der Verf&#252;gung).</p> <p><rd nr="410"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es erstmals substantiierter Vortrag, als solcher versp&#228;tet und daher nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO, wie oben dargelegt. Auch zu versp&#228;tetem Vorbringen ist ein angebotener Zeuge nicht zu h&#246;ren. Dabei ist unbeachtlich, dass die Herren A. und O. als pr&#228;sente Zeugen mitgebracht waren und sofort h&#228;tten geh&#246;rt werden k&#246;nnen. Die Kl&#228;gerin h&#228;tte sich indes, wollte man den Vortrag - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, (erstmals) veranlasst gesehen, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen, die im Rahmen des Termins nicht h&#228;tten gesichtet werden k&#246;nnen, s.o. Vielmehr h&#228;tte es eines neuen Termins bedurft. Daher war das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik - ungeachtet der Pr&#228;senz der Zeugen - als unsubstantiiert, hilfsweise als versp&#228;tet, zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="411"/>(2) Das Gericht musste auch nicht die Schaltpl&#228;ne &#8222;einf&#252;hren&#8220;. Die Einf&#252;hrung von Unterlagen obliegt den Parteien. Das Gericht hatte der Kl&#228;gerseite anheimgestellt, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Die Kl&#228;gerin hatte dies f&#252;r den Fall eines Hinweises des Gerichts dahingehend, dass es den Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik nicht als versp&#228;tet ansehe, ins Auge gefasst (S. 8 des Protokolls vom 8.11.2018). Die Beklagtenseite hat mit Blick auf die Schaltpl&#228;ne keinen Antrag nach &#167;&#160;142 ZPO gestellt, so dass das Gericht der Kl&#228;gerin die Vorlage auch nicht aufgeben musste. Im &#220;brigen fehlte nach oben Gesagtem die Beweiserheblichkeit.</p> <p><rd nr="412"/>Das Gericht musste die Vorlage der Schaltpl&#228;ne auch nicht im Vorfeld des Termins anordnen, um der Annahme der Pr&#228;klusionsregelung des &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO entgegenzuwirken und die Versp&#228;tung der Beklagtenseite &#8222;aufzufangen&#8220;. Wegen der von dem Sachverst&#228;ndigen ins Auge gefassten zeitlichen Dimension der Sichtung der Schaltpl&#228;ne w&#228;re eine solche vor dem Termin schlicht nicht mehr m&#246;glich gewesen.</p> <p><rd nr="413"/>Nach alledem musste das Gericht weder die Herren O. und A. als Zeugen h&#246;ren, noch Schaltpl&#228;ne vorlegen lassen und in Augenschein nehmen oder durch den Sachverst&#228;ndigen begutachten lassen. Es hat keine angebotenen Beweismittel zu Unrecht &#252;bergangen.</p> <p><rd nr="414"/>3. Kein Versto&#223; gegen die Hinweispflicht aus &#167;&#160;139 ZPO</p> <p><rd nr="415"/>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="416"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, das Gericht habe (erst) mit Verf&#252;gung vom 24.10.2018 darauf hingewiesen, dass die Beklagtenseite noch keine validen technischen Informationen vorgebracht habe, die - bei einer Wahrunterstellung - aus der Patentverletzung herausf&#252;hrten. Das Gericht habe auch nicht auf eine m&#246;gliche sekund&#228;re Darlegungslast trotz der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers hingewiesen. Schlie&#223;lich h&#228;tten die Parteien im Termin am 08.02.2018 &#252;ber die M&#246;glichkeit gesprochen, die Schaltpl&#228;ne im Rahmen eines US-Discovery-Verfahrens zu erhalten, und die Beklagtenseite habe mitgeteilt, nach deren Vorlage detailliert vortragen zu k&#246;nnen. H&#228;tte das Gericht fr&#252;her auf eine m&#246;gliche fehlende Substantiierung des Vortrags der Beklagtenseite hingewiesen, h&#228;tte die Beklagtenseite fr&#252;her bei ihrem Zulieferer um Freigabe weiterer Informationen bitten k&#246;nnen, wie f&#252;r die Quadruplik geschehen. Auch der Zulieferer O. habe sich darauf verlassen, dass die Schaltpl&#228;ne vorgelegt w&#252;rden. Vor Erhalt der Triplik sei es der Beklagten nicht m&#246;glich gewesen, weitergehenden technischen Vortrag zu erhalten (S. 34/37 Schriftsatz vom 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="417"/><verweis.norm>&#167; 139 Abs. 2 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> gibt dem Gericht - in Konkretisierung des Grundsatzes auf rechtliches Geh&#246;r - unter bestimmten Voraussetzungen Hinweispflichten auf. Diese greifen grunds&#228;tzlich, wenn eine Partei einen Gesichtspunkt erkennbar &#252;bersehen oder f&#252;r unerheblich gehalten hat, &#167;&#160;139 Abs. 2 S. 1 ZPO, sowie wenn das Gericht einen Gesichtspunkt anders beurteilt als beide Parteien, &#167;&#160;139 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Hinweispflicht steht zwischen Geh&#246;rsgew&#228;hrung einerseits und Parteiherrschaft &#252;ber Prozessstoff sowie Neutralit&#228;tspflichten des Gerichts andererseits (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 2).</p> <p><rd nr="418"/>Geboten ist ein Hinweis, wenn das Gericht Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollm&#228;chtigter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 6 unter Verweis auf BGH NJW 2007, 1455, 1456 Rn. 10; BVerfG NJW 1994, 1274). Nach Hinweisen des Gegners, die die betroffene Partei in gebotener Form &#252;ber Sach- und Rechtslage unterrichteten, und die der Gegner verstanden hat, muss das Gericht nicht erneut einen entsprechenden Hinweis geben (BGH NJW-RR 2008, 581 mwN; Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 6a). Auf eine in der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung bekannte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast muss das Gericht nicht hinweisen (BVerfG Beschluss vom 27. September 2018 - 1 BvR 426/13, juris).</p> <p><rd nr="419"/>Sofern ein Hinweis geboten ist, muss er fr&#252;hzeitig und unmissverst&#228;ndlich gegeben werden (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 11, 12a).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="420"/>Hernach hat das Gericht keine Hinweispflicht verletzt. Dass substantiierter Parteivortrag vom Gegner substantiiert bestritten werden muss, ist eine prozessuale Selbstverst&#228;ndlichkeit, die das Gericht der (qualititativ und quantitativ weit &#252;berdurchschnittlich) anwaltlich vertretenen Beklagtenseite nicht erkl&#228;ren brauchte. Das Gericht musste auch nicht darauf hinweisen, dass ihr Vortrag noch nicht hinreichend substantiiert war. Denn hierauf hatte die Kl&#228;gerin und das Gericht, letzteres mit den Worten, dass der Kl&#228;gervortrag besser zu verstehen sei als der Beklagtenvortrag, bereits im Termin vom 8.2.2018 hingewiesen, weswegen die beklagte Partei sich gen&#246;tigt sah wie folgt vorzutragen:</p> <p>&#8222;Beklagtenvertreter tr&#228;gt vor, dass die beklagte Partei Schwierigkeiten gehabt habe, Informationen zur Chiparchitektur zu erhalten. Diese Schwierigkeiten seien aber mittlerweile teilweise behoben. Allerdings sehe sich die Beklagte derzeit nicht in der Lage, die Schaltpl&#228;ne dem Gericht vorzulegen, weil Geheimhaltungsinteressen des Chipherstellers entgegenst&#252;nden." (Prot. vom 8.2.2018, S. 3).</p> <p><rd nr="421"/>Das Gericht hat die Unverst&#228;ndlichkeit des Beklagtenvortrags zum Anlass genommen, vorsorglich, mit Einverst&#228;ndnis beider Parteien, einen Sachverst&#228;ndigen zur Beratung der Kammer w&#228;hrend des Haupttermins hinzuzuziehen (Prot. vom 8.2.2018, S. 4).</p> <p><rd nr="422"/>Sp&#228;testens seit der Replik (S. 8 unter 8.-, 9.-, S.51 unten, S. 52, 54, 55 ff., S. 58) hatte die Kl&#228;gerin dar&#252;ber hinaus best&#228;ndig und unmissverst&#228;ndlich darauf hingewiesen, dass der Sachvortrag der beklagten Partei zur Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform aus ihrer Sicht unzureichend sei. So hatte sie schon auf S. 3 der Replik auf das eingeleitete US-Discovery-Verfahren verwiesen, aber unterstrichen, dass es auf die Schaltpl&#228;ne nicht ankommen werde, weil &#8222;die prim&#228;re Verteidigung der Beklagten schon gar nicht schl&#252;ssig ist, also der Tatsachenvortrag (&#8222;Deaktivierung&#8220; bestimmter Elemente) rechtlich nicht erheblich ist, jedenfalls aber prozessual nicht hinreichend substantiiert erfolgt ist und somit unbeachtlich bleiben muss.&#8220; In der Triplik fasste sie dies noch sch&#228;rfer und teilte mit, dass die deutschen Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin noch keine Einsicht in die erhaltenen Schaltpl&#228;ne genommen h&#228;tten, und es ihrer Vorlage auch nicht bed&#252;rfe, weil prozessual das kl&#228;gerseitige Vorbringen (wegen unschl&#252;ssigen und unsubstantiierten Bestreitens durch die beklagte Partei) unstreitig sei.</p> <p><rd nr="423"/>Die Beklagtenseite hat das auch verstanden. Sie hat sich in der m&#252;ndlichen Verhandlung am 08.02.2018 wie oben dargestellt dahingehend eingelassen, dass die Informationsbeschaffung schwierig gewesen sei, &#252;ber die Schaltpl&#228;ne mittlerweile aber zu verf&#252;gen, sie aber dennoch - wegen Geheimhaltungsinteressen - nicht vorlegen k&#246;nne (S. 3 Protokoll vom 8.02.2018). Sie hat ihr Bestreiten des Weiteren in einer Erkl&#228;rung zu Protokoll weiter gefasst als in der Klageerwiderung (S. 3/4 Protokoll vom 8.02.2018). Sie hat auch und insbesondere den Hinweis der Kl&#228;gerin in deren Triplik verstanden und hierauf den Vortrag f&#252;r die Quadruplik &#252;berarbeitet. Die Beklagtenseite tr&#228;gt selbst vor, auf die Triplik hin weiteren Vortrag von dem Zulieferer abgefragt zu haben (&#8222;so wie dies dann f&#252;r die Quadruplik erfolgt ist&#8220;, S. 36 Schriftsatz vom 22.11.2018, Rn. 106). Mithin hat sie verstanden, dass sie ihren Vortrag nachbessern musste. Dieser Hinweis aus der Triplik stammt vom 13.08.2018; die Beklagtenseite hatte bis zum Termin am 8.11.2018 mithin noch fast 3 Monate Zeit zur Erwiderung. Bis zum Ablauf der Schriftsatzfrist f&#252;r die Quadruplik hatte sie gut 2 Monate Zeit. Dass 2 Monate zu kurz gewesen w&#228;ren, um substantiiert vorzutragen, bringt die Beklagtenseite nicht vor. Im &#220;brigen w&#228;re nach ihrem eigenen Vorbringen ein Hinweis des Gerichts vor der Triplik sinnlos gewesen, weil sie von ihrem Zulieferer erst weitere Informationen habe einfordern k&#246;nnen, nachdem feststand, dass die Kl&#228;gerin die Schaltpl&#228;ne nicht vorlegen werde (S. 37 Schriftsatz vom 22.11.2018 Rn. 106).</p> <p><rd nr="424"/>Auf die fehlende Schl&#252;ssigkeit des Vortrags (auch noch) in der Quadruplik hat das Gericht so schnell wie m&#246;glich, n&#228;mlich mit Verf&#252;gung vom 25.10.2018 reagiert. Eine fr&#252;here Reaktion war wegen des Umfangs und der Komplexit&#228;t der eingereichten Schrifts&#228;tze nicht m&#246;glich. Auf den letzten Hinweis des Gerichts hin hat die Beklagtenseite in der m&#252;ndlichen Verhandlung weder durch Anpassung ihres Vortrags in Beisein des Sachverst&#228;ndigen, noch durch einen Antrag auf Einr&#228;umung einer Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf die Hinweise des Gerichts vom 26.10.2018 (<verweis.norm>&#167; 139 Abs. 5 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>) reagiert.</p> <p><rd nr="425"/>Ein anderes folgt auch nicht daraus, dass die Parteien im Termin am 08.02.2018 &#252;ber die Einleitung eines US-Discovery-Verfahrens gesprochen hatten und die Kl&#228;gerin ein solches im Anschluss tats&#228;chlich durchf&#252;hrte. Die Kl&#228;gerin hatte sich durch die Einleitung des Verfahrens nicht verpflichtet, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Insbesondere haben die Parteien keinen Prozessvergleich (Zwischenvergleich) dar&#252;ber geschlossen, dass die Kl&#228;gerin die Pl&#228;ne erholen und vorlegen w&#252;rde. Nur dann w&#228;re sie hierzu verpflichtet gewesen. Die Kl&#228;gerin hat auch kein Vertrauen in Anspruch genommen, dass sie die Schaltpl&#228;ne zweifelsohne vorlegen w&#252;rde. Schon in der Replik vom 13.04.2018 hatte sie deutlich gemacht, dass es zum damaligen Stand auf die Schaltpl&#228;ne nicht ankommen w&#252;rde (s.o.). Die Nichtvorlage ist mithin kein widerspr&#252;chliches Verhalten der Kl&#228;gerin. Das Gericht hat sich schlie&#223;lich die zun&#228;chst avisierte Vorlage der Schaltpl&#228;ne durch die Kl&#228;gerin nicht zu eigen gemacht. Die Vorlage oder Nichtvorlage von Unterlagen steht grunds&#228;tzlich in anwaltlichem Ermessen. Die Parteien sind die Herren des Verfahrens und bestimmen selbst dar&#252;ber, welche Unterlagen sie in den Prozess einf&#252;hren. Nur im Fall des &#167;&#160;142 ZPO ordnet das Gericht eine Vorlage von Unterlagen an - die Voraussetzungen hierf&#252;r lagen aber nicht vor, s.o.. Das Gericht nahm auch seinerseits kein Vertrauen in Anspruch, die Beklagtenseite m&#252;sse ihren Vortrag erst nach Vorlage der Pl&#228;ne substantiieren. Insbesondere hat das Gericht die Beweisaufnahme nicht von der Vorlage der Pl&#228;ne abh&#228;ngig gemacht, und damit deutlich gemacht, dass es unabh&#228;ngig von den Schaltpl&#228;ne entscheidungsrelevant auch allein auf die Beurteilung des bisherigen Bestreitens ankommen k&#246;nnte.</p> <p><rd nr="426"/>Das Gericht sieht nicht die sekund&#228;re Darlegungslast bei der Beklagten, sondern sieht ihr Bestreiten als prozessual unbeachtlich an (zu S. 35 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 101).</p> <p><rd nr="427"/>Unbeachtlich ist dabei, dass das Gericht die mitgebrachten Herren nicht als pr&#228;sente Zeugen h&#246;rte (zu S. 36 Schriftsatz vom 22.11.2018, Rn. 105). Das geschah ma&#223;geblich deswegen, weil der Vortrag der Beklagtenseite technisch nicht schl&#252;ssig war, s.o. Die Einvernahme von Zeugen zu unschl&#252;ssigem Vortrag ist nicht angezeigt.</p> <p><rd nr="428"/>&#220;berraschend ist die Entscheidung schlie&#223;lich auch nicht deswegen, weil das Gericht zu dem Termin am 8.11.2018 einen Sachverst&#228;ndigen lud, obwohl es davon ausging, dass der Vortrag der Beklagtenseite technisch noch nicht schl&#252;ssig war. Erstens musste das Gericht in Betracht ziehen, dass die (wie oben dargelegt qualitativ und quantitativ deutlich &#252;berdurchschnittlich) anwaltlich vertretene Beklagtenseite ihren Vortrag noch rechtzeitig vor dem zweiten Termin oder sp&#228;testens im zweiten Termin nachbessern w&#252;rde. Zweitens war es gerade Aufgabe des Sachverst&#228;ndigen, das - technisch nicht vorgebildete - Gericht bei der Pr&#252;fung des technischen Parteivortrags auf Schl&#252;ssigkeit zu unterst&#252;tzen. Die Ladung des Sachverst&#228;ndigen entsprach damit gerade der Intention der Kammer, der Beklagtenseite rechtliches Geh&#246;r zu gew&#228;hren in dem Bestreben, etwaiges aus Expertensicht erhebliches Vorbringen der Beklagten nicht aufgrund mangelnden technischen Verst&#228;ndnisses auf Seiten der Mitglieder der Kammer unzutreffend als unschl&#252;ssig zu werten.</p> <p><rd nr="429"/>Nach alledem hat das Gericht nicht gegen seine Hinweispflicht versto&#223;en.</p> <p>4. Kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG</p> <p><rd nr="430"/>Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung ist auch nicht wegen eines Versto&#223;es gegen &#167;&#160;169 GVG geboten: es liegt schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG vor; ein etwaiger erfolgter Versto&#223; ist jedenfalls durch vorsorgliche Wiederholung des betroffenen Teils der Sitzung geheilt worden.</p> <p>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="431"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, dass durch die fehlende Zugangsm&#246;glichkeit zum Sitzungssaal f&#252;r mindestens 45 Minuten die &#214;ffentlichkeit nicht gew&#228;hrleistet gewesen sei, was jedenfalls an fahrl&#228;ssiger Unkenntnis des Gerichts liege. Dieser Verfahrensfehler sei durch die blo&#223;e Doppelung und Verlesung der fraglichen Teile der Sitzungsniederschrift nicht geheilt worden (S. 38 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 111) zumal unklar sei, ob das Gericht tats&#228;chlich alle Verfahrensteile erfasst habe, bei denen die &#214;ffentlichkeit entgegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG bereits nicht mehr bestanden habe (S. 38/39 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 113/115). Eine Heilung w&#228;re wegen der Komplexit&#228;t des Falles und dem Erfordernis, die zeitintensive Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung ohne Protokoll zur Ged&#228;chtnisunterst&#252;tzung nach bereits zehnst&#252;ndiger Verhandlung nochmals w&#252;rdigen zu m&#252;ssen, allenfalls durch eine Vertagung m&#246;glich gewesen (S. 40 Schriftsatz vom 22.11.2018 Rn. 120).</p> <p><rd nr="432"/>Hinzu komme, dass die &#214;ffentlichkeit mangels lesbaren Hinweises schlicht nicht informiert gewesen sei, dass noch eine m&#252;ndliche Verhandlung stattfinde (S. 39/40 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 116/119).</p> <p><rd nr="433"/>Unter dem 13.12.2018 unterstrich sie, es sei gerichtsbekannt, dass das Gerichtsgeb&#228;ude ab 18 Uhr verschlossen sei. Das Gericht h&#228;tte daher Schlie&#223;kr&#228;fte von sich aus &#252;ber den Fortgang der Verhandlung informieren m&#252;ssen - das sei gerade unterblieben (S. 15).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="434"/>M&#252;ndliche Verhandlungen haben grunds&#228;tzlich &#246;ffentlich stattzufinden, &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG. Dazu geh&#246;rt einerseits die M&#246;glichkeit, von einer Sitzung Kenntnis zu nehmen, andererseits die M&#246;glichkeit, an ihr auch teilzunehmen (BVerfG NJW 2002, 814 mwN). Das &#214;ffentlichkeitsprinzip dient der Kontrolle staatlicher Machtaus&#252;bung und der St&#228;rkung der richterlichen Unabh&#228;ngigkeit sowie des Vertrauens der Allgemeinheit in die dritte Gewalt (M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 1 mwN).</p> <p><rd nr="435"/>Die &#214;ffentlichkeit ist verletzt, wenn sie mit Wissen und Wollen des Vorsitzenden/ des Gerichts (Z&#246;ller-L&#252;ckemann, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 13 unter Verweis auf BGH NJW 1970, 1846, 1847) oder in fahrl&#228;ssiger Unkenntnis des Gerichts ausgeschlossen oder beschr&#228;nkt wird (siehe nur M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 60 mwN). Nur eine der entscheidenden Kammer vorwerfbare Sorgfaltspflichtverletzung ist zu ber&#252;cksichtigen, nicht eine Verletzung durch andere Mitarbeiter der Gerichtsbeh&#246;rde (BGH NJW 1970, 1846, 1847; Z&#246;ller-L&#252;ckemann, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 13 mwN; M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 60 mwN).</p> <p><rd nr="436"/>Eine versehentlich verschlossene Eingangst&#252;r des Gerichtsgeb&#228;udes verletzt &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG nur, wenn das Gericht die Zugangsbeschr&#228;nkung bemerkt hat oder bei gebotener Sorgfalt h&#228;tte erkennen k&#246;nnen (BVerwG BeckRS 1984, 31265222 unter I.). Gleiches gilt, wenn die Au&#223;ent&#252;r - vom Gericht unbemerkt - ins Schloss f&#228;llt und nicht mehr ge&#246;ffnet werden kann (BGH NJW 1966, 1570, 1571). Auch die bewusste Schlie&#223;ung der T&#252;r durch einen Gerichtswachtmeister begr&#252;ndet keinen Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG, wenn das erkennende Gericht kein Verschulden (auch keine fehlende &#220;berwachung des fraglichen Gerichtswachtmeister) trifft, insbesondere wenn eine (grunds&#228;tzlich eingehaltene) Dienstanweisung besteht, die T&#252;r nicht vor Ende aller Sitzungen zu verschlie&#223;en (zu &#167;&#160;338 Nr. 6 StPO OLG Karlsruhe, BeckRS 9998, 40367 unter 1.a.).</p> <p><rd nr="437"/>Eine Heilung erfolgt durch Wiederholung der betroffenen Teile der Sitzung (Kissel/Mayer-Mayer, GVG, 9. Auflage 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 61; M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167; 169 Rn. 70).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="438"/>Nach Vorgesagtem liegt schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 GVG vor. Ein etwaiger Versto&#223; wurde jedenfalls geheilt.</p> <p><rd nr="439"/>(1) Ein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 GVG liegt nicht vor.</p> <p><rd nr="440"/>Nach Kenntnis der Kammer am Terminstag bestand die grunds&#228;tzliche Handhabung - bis einschlie&#223;lich dem 8.11.2018 (die Handhabung wurde in der Folgezeit ge&#228;ndert) - darin, dass Zugang zu den Sitzungss&#228;len des Landgerichts M&#252;nchen I, die sich im Geb&#228;ude L.platz 7 befinden, nach Schlie&#223;ung der Pforte im Justizgeb&#228;ude L.platz 7 &#252;ber die st&#228;ndige besetzte Pforte das Amtsgericht M&#252;nchen, Geb&#228;ude Pacellistrasse 5, gew&#228;hrt wird. Beide Geb&#228;ude sind miteinander verbunden. Am Eingang des Landgerichts wurde hierzu entsprechend ein Hinweisschild/Wegweiser aufgestellt. Dies war auch am 8.11.2018 so, wovon sich die Mitglieder der Kammer sowie die Protokollf&#252;hrerin nach Ende der Sitzung pers&#246;nlich &#252;berzeugt haben. Auf die diesbez&#252;glichen Aktenvermerke wird verwiesen.</p> <p><rd nr="441"/>Zwar bestand m&#246;glicherweise faktisch eine Beschr&#228;nkung der Zugangsm&#246;glichkeit zu dem Sitzungssaal 501, in dem der Termin in dieser Sache am 8.11.2018 stattfand, von ca. 18 Uhr bis ca. 19.15 Uhr. Denn die T&#252;r des Amtsgerichts war ab 18.00 Uhr versperrt und die einzige Wachperson zeitweilig auf Streifgang. Diese Zugangsbeschr&#228;nkung beruhte indes nicht auf einer fahrl&#228;ssigen Unkenntnis der Kammer.</p> <p><rd nr="442"/>Insoweit hat die Kammer am 8.11.2018 gegen 19.15 Uhr Nachfolgendes festgestellt (vgl. 7 O 10495/17 Prot. v. 8.11.2018, S.16):</p> <p>&#8222;Der Vorsitzende gibt bekannt, dass Frau E. vom Eingang Amtsgericht M&#252;nchen, &#252;ber den auch das Landgericht erreicht werden kann, mitgeteilt hat, dass ein Mann bei ihr gewesen sei und sie habe die Auskunft gegeben, dass die T&#252;r zu sei. Sie habe nicht gewusst, dass noch eine Verhandlung laufe. H&#228;tte sie das gewusst, h&#228;tte sie den Zugang gew&#228;hrt. Auch sei sie 5 Minuten f&#252;r einen Rundgang weg gewesen. Der Vorsitzende hat sich selbst davon &#252;berzeugt, dass die T&#252;r w&#228;hrend dieses Rundgangs von au&#223;en nicht zu &#246;ffnen ist. Der Vorsitzende hat Frau E. angewiesen, ab jetzt (19:15 Uhr) keine Rundg&#228;nge mehr zu machen, sondern an der Pforte Wache zu halten und etwaigen Personen, die Zugang zur hiesigen Sitzung begehren, einzulassen. Zus&#228;tzlich wurde ein entsprechender handschriftlicher auf gelben Papier gehaltener Zettel an der T&#252;r angebracht.&#8220;</p> <p><rd nr="443"/>Bis zum Hinweis durch einen der Beklagtenvertreter bestand keine Veranlassung f&#252;r die Mitglieder der Kammer davon auszugehen, dass der Zugang zu den noch andauernden Sitzungen des Amtsgericht/Landgerichts entgegen der dargestellten grunds&#228;tzlichen Handhabung nicht mehr gew&#228;hrt ist. Die Kammer hat selbst penibel auf die Einhaltung des Grundsatzes der &#214;ffentlichkeit geachtet, wie die Dokumentation des (bewussten) Ausschlusses/ Wiederherstellung der &#214;ffentlichkeit im Protokoll vom 8.11.2018 zeigt. Es waren auch nach 18 Uhr Zuh&#246;rer im Saal anwesend. Die Kammer war bei aller gebotenen Sorgfalt nicht gehalten, sich durch Kontrolle der Eingangst&#252;ren des Gerichts bzw. des Amtsgerichts Gewissheit zu verschaffen, dass keine Zugangsbeschr&#228;nkung bestand. Sie durfte davon ausgehen, dass die Wachtmeister und/oder andere hiermit betraute Personen ihre Dienstaufgaben &#246;ffentlichkeitswahrend erf&#252;llten. Eine Verletzung der &#214;ffentlichkeit liegt auch nicht darin begr&#252;ndet, dass die &#214;ffentlichkeit nicht gewusst h&#228;tte, dass eine Verhandlung stattfand. Der Sitzungssaal 501 ist gro&#223; und liegt im 5. Stock Richtung K.platz/Stachus. Er war zur fraglichen Zeit hell erleuchtet. Sonnenuntergang am Verhandlungstag war in M&#252;nchen um 16.45 Uhr. Um 18.00 Uhr war es daher stockfinster. Durch seine Positionierung im 5. Stock mit Blickrichtung Karlsplatz/ Stachus war f&#252;r jedes Mitglied der interessierten &#214;ffentlichkeit durch die bodentiefe und sich &#252;ber die gesamte L&#228;nge des Saals erstreckende Fensterfront weithin erkennbar, dass noch eine Verhandlung mit zahlreichen Personen stattfand.</p> <p><rd nr="444"/>Schlie&#223;lich folgt aus den Angaben der Frau E., dass Sie den Zugang gew&#228;hrt h&#228;tte, wenn sie gewusst h&#228;tte, dass noch eine Sitzung laufe. Dem ist zu entnehmen, dass interessierten Mitgliedern der &#214;ffentlichkeit Zugang gew&#228;hrt worden w&#228;re, wenn eventuell auch mit 5 Minuten Verz&#246;gerung aufgrund des Rundgangs, wenn sie bei Frau E. mit dem Wunsch vorstellig geworden w&#228;ren, an der noch andauernden Sitzung teilnehmen zu wollen.</p> <p><rd nr="445"/>Im &#220;brigen befand sich ein Sitzungsaushang vor der Eingangst&#252;re zum Sitzungssaal 501, zu dem nach (eindeutiger) Wiederherstellung der &#214;ffentlichkeit wieder Zugang bestand. Zus&#228;tzlich befestigte der Vorsitzende einen Hinweis an der T&#252;r des Amtsgerichts (S. 16 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="446"/>(2) Wollte man dies anders sehen, w&#228;re ein etwaiger Versto&#223; jedenfalls geheilt.</p> <p><rd nr="447"/>Die Kammer hat vorsorglich die fraglichen Teile der Sitzung wiederholt. Sie hat dabei mindestens den gesamten, von einem etwaigen Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG erfassten Teil wiederholt. Als zeitliche Marke hat sich die Kammer an dem im Protokoll festgehaltenen Ende der nicht &#246;ffentlichen Zeugeneinvernahme orientiert (17.20 Uhr). Zur Sicherheit wurden alle nachfolgenden &#246;ffentlichen Sitzungsteile, beginnend mit der Er&#246;rterung der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung wiederholt. Zwar fanden im unmittelbaren Anschluss an die Entlassung des Zeugen noch - nicht &#246;ffentliche - Er&#246;rterungen statt. Diese haben aber nach der sicheren Erinnerung der Mitglieder der Kammer nur wenige Minuten in Anspruch genommen und keinesfalls &#252;ber 18.00 Uhr hinaus angedauert.</p> <p><rd nr="448"/>Die Wiederholung gen&#252;gte hier f&#252;r eine Heilung. Die Kammer hat nicht, wie die Beklagtenseite suggeriert, lediglich die Protokollniederschrift verlesen und dies als Wiederholung angesehen. Vielmehr hat das Gericht die Protokollniederschrift als Kurzinformation der &#214;ffentlichkeit und als Ged&#228;chtnisst&#252;tze f&#252;r die Prozessbevollm&#228;chtigten verlesen, und sodann Gelegenheit gegeben, etwaigen Vortrag - tats&#228;chlich - zu wiederholen oder weiteren Vortrag - tats&#228;chlich - zu erbringen (S. 18 Protokoll 8.11.2018 Mitte: &#8222;Das Gericht gibt bekannt, dass es jetzt den Ausf&#252;hrungen der Beklagtenvertreter lauschen wird.&#8220;). Der Kl&#228;gervertreter hat auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen. Und auch der Beklagtenvertreter hat schlie&#223;lich auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen und von der einger&#228;umten M&#246;glichkeit, den zu wiederholenden Vortrag erneut zu halten, keinen Gebrauch gemacht.</p> <p><rd nr="449"/>Das Gericht musste zur Heilung auch nicht vertagen, wie beklagtenseits beantragt. Die Beklagtenseite war durch 5 Anw&#228;lte der den technischen Teil der Verteidigung bearbeitenden Kanzlei vertreten, von denen bei Beginn der Wiederholung noch 4 Anw&#228;lte anwesend waren (S. 18 Protokoll 8.11.2018). Nur zwei der Prozessbevollm&#228;chtigten bef&#252;rworteten eine Vertagung (S. 18 Protokoll 8.11.2018). Auch die weiter anwesenden 5 Patentanw&#228;lte der Beklagten haben keine k&#246;rperliche und/oder geistige Ersch&#246;pfung geltend gemacht. Schon deswegen war eine Vertagung nicht geboten, wie mit Beschluss vom 8.11.2018 (S. 19 Protokoll Mitte) dargelegt. Wie die anschlie&#223;end protokollierten Wortbeitr&#228;ge der Beklagtenvertreter belegen, waren diese auch nach Durchf&#252;hrung der Wiederholung ohne Weiteres in der Lage, dem Verhandlungsverlauf zu folgen und sachgerechten Vortrag zu halten.</p> <p><rd nr="450"/>5. Kein Versto&#223; gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren Schlie&#223;lich liegt kein Versto&#223; gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren vor.</p> <p>a. Vortrag der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="451"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers O. h&#228;tten unstreitig bestanden. Daher habe man im ersten Termin eine Vorgehensweise vereinbart, auf die sich die Beklagtenseite verlassen habe. Die Kl&#228;gerin habe sich indes widerspr&#252;chlich verhalten, was zu ihren Lasten gehen m&#252;sse, nicht zu Lasten der Beklagtenseite (S. 41 Schriftsatz vom 22.11.2013 Rn. 122). Das Gericht sei im Haupttermin am 8.11.2018 bestrebt gewesen, das Verfahren trotz erkennbar fehlender tats&#228;chlicher Grundlage hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform und in Abweichung zu dem zwischen den Parteien und dem Gericht abgesprochenen Prozedere in diesem Termin zu Ende zu bringen, zu Lasten der Beklagten (S. 41/42 Schriftsatz 22.11.2018). So habe es in den Fragen an den Sachverst&#228;ndigen die technischen Fragestellungen (insbesondere zum Offset) nicht herausgearbeitet, weder in der vorbereitenden Verf&#252;gung noch in der Hauptverhandlung. Auf die zeitlich begrenzte Verf&#252;gbarkeit des Sachverst&#228;ndigen seien die Parteien zuvor nicht hingewiesen worden. Der Sachverst&#228;ndige sei insbesondere aus Zeitgr&#252;nden ohne Fragen zu den Schaltpl&#228;nen und technischen Aussagen des Zeugen A. entlassen worden (S. 43 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 127). Wenn das Gericht der - unzureichenden - Einsch&#228;tzung des Sachverst&#228;ndigen folgen wolle, dass er 160 Stunden f&#252;r die Sichtung der Schaltpl&#228;ne brauche, h&#228;tte das Gericht nicht bis zum Termin hinwarten d&#252;rfen, sondern Abhilfe schaffen m&#252;ssen, etwa durch eine Vorlageanordnung an die Kl&#228;gerin. Darauf k&#246;nne jedenfalls kein Versp&#228;tungsvorwurf gegen&#252;ber der Beklagtenseite gest&#252;tzt werden (S. 43/44 Schriftsatz 22.11.2018). Vorlageantr&#228;ge der Beklagtenseite bez&#252;glich der Lizenzvertr&#228;ge seien nach der ad-hoc-Einvernahme eines Zeugen zur&#252;ckgewiesen worden, mit der Begr&#252;ndung, dass der Augenschein zu viel Zeit koste und nicht in Bezug auf den Inhalt zu erfolgen habe, wobei letzteres Verst&#228;ndnis befremde (S. 44 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 132). Auch bei der Pr&#252;fung von Heilungsm&#246;glichkeiten des Versto&#223;es gegen die &#214;ffentlichkeit sei das Gericht allein von dem Bestreben getragen gewesen, einen weiteren Termin zu verhindern; insbesondere sei die beantragte Vertagung abgelehnt worden (S. 44/45 Schriftsatz 22.11.2018). Ein Antrag auf Einr&#228;umung einer Schriftsatzfrist sei abgelehnt worden, obwohl die Beklagtenseite deutlich gemacht habe, auch zum Tats&#228;chlichen gegebenenfalls noch vortragen zu wollen (S. 45 Schriftsatz 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="452"/>Der Grundsatz des fairen Verfahrens (<verweis.norm>Art. 6 <v.abk ersatz="EMRK">EMRK</v.abk></verweis.norm>, Art. 47 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet das Gericht, sein Verfahren berechenbar zu gestalten und verbietet dem Gericht widerspr&#252;chliches Verhalten. Das Verfahren muss &#252;berpr&#252;fbar gestaltet sein; des Weiteren treffen das Gericht F&#252;rsorgepflichten gegen&#252;ber den Parteien (zum Ganzen siehe nur Z&#246;ller-G. Vollkommer, ZPO, 32. Aufl. 2018, Einleitung Rn. 101 mwN).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="453"/>Hiernach hat das Gericht den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht verletzt.</p> <p><rd nr="454"/>(1) Wie bereits dargelegt, gab es keine Vereinbarung der Parteien dar&#252;ber, dass die Kl&#228;gerin verpflichtet sei, die Schaltpl&#228;ne im US-Discovery-Verfahren zu erhalten und in das Verfahren einzuf&#252;hren. Die Kl&#228;gerin verhielt sich nicht widerspr&#252;chlich, sondern hatte bereits in der Replik deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zum damaligen Vortragsstand nicht erforderlich sei. Das Gericht hat kein Vertrauen in Anspruch genommen, es werde auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zuwarten.</p> <p><rd nr="455"/>(2) Das Gericht war im Termin bestrebt, dem Beschleunigungsgrundsatz nachzukommen. Nach dem M&#252;nchner Verfahren wird im zweiten Termin &#252;blicherweise die m&#252;ndliche Verhandlung geschlossen. Dabei hat das Gericht das Verfahren keineswegs &#252;berbeschleunigt und dadurch Rechte der Beklagtenseite abgeschnitten, sondern die Sache in der von 9.00 Uhr bis 21.00 Uhr andauernden Sitzung ausf&#252;hrlich er&#246;rtert, und durch die Verfahrensleitung f&#252;r eine Konzentration und Beschleunigung genutzt - wie es die ZPO vorsieht.</p> <p><rd nr="456"/>Eine &#8222;tats&#228;chliche Grundlage hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform&#8220; brauchte das Gericht dabei nicht. Denn die konkrete Ausgestaltung ist f&#252;r das Gericht wegen des Beibringungsgrundsatzes so lange nicht relevant wie die behauptete Ausgestaltung nicht wirksam bestritten ist. Das war sie jedenfalls bis zu der Vorlage der Quadruplik nicht, wie oben dargelegt. Erst durch den Vortrag in der Quadruplik konnte, soweit der Vortrag schl&#252;ssig gewesen w&#228;re, die Vorlage der Schaltpl&#228;ne erforderlich werden. Erst hierdurch w&#228;re auch eine Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen erforderlich geworden, was dann m&#246;glicherweise zu einer Zur&#252;ckweisung des Vortrags nach &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO gef&#252;hrt h&#228;tte, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="457"/>(3) Das Gericht hat auch im &#220;brigen nicht unter Verkennung der Grunds&#228;tze des fairen Verfahrens im Wesentlichen zu Lasten der Beklagtenseite entschieden:</p> <p><rd nr="458"/>(a) Zutreffend ist, dass Sachverst&#228;ndige grunds&#228;tzlich nur zu technischen Fragen zu h&#246;ren sind. Indes hat das Gericht dem Sachverst&#228;ndigen im Ergebnis nicht die Beantwortung von Rechtsfragen aufgegeben, sondern beweiserhebliche Tatsachenfragen im Sinne einer leichteren Verst&#228;ndlichkeit und zur Arbeitserleichterung lediglich &#8222;juristisch eingekleidet&#8220;. Es hat dem Sachverst&#228;ndigen gleichzeitig verdeutlicht, dass die technische Hinleitung zu der Beantwortung einer Frage ma&#223;geblich von Interesse ist (S. 3 Mitte Verf&#252;gung vom 25.10.2018: &#8222;Der Sachverst&#228;ndige wird darauf hingewiesen, dass es der Kammer vor allem darum geht, die technischen Informationen besser zu verstehen und einzuordnen. Es ist daher weniger die konkrete Antwort auf die Frage von Interesse, sondern vor allem die Herleitung der Begr&#252;ndung f&#252;r die jeweilige Antwort.&#8220;). Mithin lag in der Fragestellung, die im &#220;brigen von der Beklagtenseite im Termin nicht beanstandet worden ist, kein Versto&#223; gegen das Gebot des fairen Verfahrens.</p> <p><rd nr="459"/>Unbeachtlich war dabei, dass der Sachverst&#228;ndige nicht den gesamten Sitzungstag lang Zeit hatte. Die Beklagtenseite hat nicht vorgebracht, weitere Fragen an den Sachverst&#228;ndigen richten zu wollen, die sie aufgrund der zeitlichen Beschr&#228;nkung nicht hatte stellen k&#246;nnen. Der Sachverst&#228;ndige wurde um 13.20 Uhr entlassen. Zuvor hatte keine der Parteien mehr Fragen an ihn gestellt (vgl. Prot. S. 8). Er h&#228;tte bei weiteren Fragen dem Gericht noch bis 14.00 Uhr zur Verf&#252;gung gestanden. Die zeitlichen Beschr&#228;nkungen in Bezug auf den Sachverst&#228;ndigen hatte keinen Einfluss auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne und der Anh&#246;rung des Herrn A.: die Kl&#228;gerin entschied, die Schaltpl&#228;ne nicht vorzulegen, die Kammer sah keinen Anlass, ihr dies aufzugeben, wie oben dargelegt. Zudem war die Vorlage der Schaltpl&#228;ne allenfalls durch den Vortrag in der Quadruplik veranlasst, wie zuvor dargelegt. W&#252;rde man hernach eine Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen f&#252;r erforderlich halten, w&#252;rde gerade die hieraus folgende notwendige Vertagung der Sitzung die Versp&#228;tung iSd &#167;&#160;296 ZPO begr&#252;nden, siehe oben. Herr A. war nicht als pr&#228;senter Zeuge zu h&#246;ren, weil der Tatsachenvortrag, der in sein Wissen gestellt war, technisch nicht schl&#252;ssig war, siehe oben.</p> <p><rd nr="460"/>Eine Pr&#228;zisierung der nach Auffassung der Beklagtenseite &#8222;frei schwebenden&#8220; Diskussion war nicht erforderlich (zu S. 43 Schriftsatz 22.11.2013, Rn. 128). Das Gericht sah den Vortrag der Beklagtenseite bis zur Quadruplik als nicht schl&#252;ssig an, wie es durch die Fragen in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 deutlich gemacht hatte. Es musste daher nicht den Sachverst&#228;ndigen auf die Tatsachengrundlage hin befragen: Es ging darum, das Verst&#228;ndnis des Gerichts von dem technischen Gehalt des Beklagtenvortrags durch den Sachverst&#228;ndigen als technischen Experten &#252;berpr&#252;fen zu lassen. Die Beklagtenseite hatte umfassend Gelegenheit, den Sachverst&#228;ndigen zu befragen, wie die Beklagtenseite im Ergebnis auch nicht in Frage stellt. Dass das Gericht die Zul&#228;ssigkeit von Fragen pr&#252;ft, verst&#246;&#223;t nicht gegen das Gebot des fairen Verfahrens, sondern ist als Ausfluss der Beschleunigungs- und Konzentrationsmaxime ein Gebot der ZPO, <verweis.norm>&#167;&#167; 402, 397 Abs. 3 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>.</p> <p><rd nr="461"/>(b) Der Sachverst&#228;ndige hat auf Bitten des Gerichts eine grobe Einsch&#228;tzung gegeben, wie viel Zeit er f&#252;r die Sichtung von Schaltpl&#228;nen nebst Simulationsmodellen ben&#246;tigen w&#252;rde, und dabei 160 Arbeitsstunden genannt. Diese Zahl diente nur der Einsch&#228;tzung der Kammer, ob eine Sichtung im Rahmen einer Unterbrechung der Sitzung mit anschlie&#223;ender Fortsetzung der Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen noch am 8.11.2018 m&#246;glich w&#228;re. Das war sie offensichtlich nicht. Dabei ist irrelevant, ob die Einsch&#228;tzung des Sachverst&#228;ndigen &#8222;unzureichend&#8220; war, wie die Beklagtenseite meint (S. 43 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 129). Die Behauptung der Beklagtenseite ist insoweit schon unsubstantiiert, weil sie ihrerseits nicht angibt, in wie vielen Stunden diese Arbeit stattdessen geschafft sein m&#252;sste. Selbst wenn w&#228;re ein anderer gerichtlicher Sachverst&#228;ndiger damit zu betrauen gewesen, weil der derzeit gerichtlich bestellte Sachverst&#228;ndige ja nicht in der Lage war, die Sichtung schneller vorzunehmen. Die Suche und Einarbeitung h&#228;tte aber das Verfahren wiederum verz&#246;gert. Im &#220;brigen h&#228;tte schon eine Dauer von einigen Stunden eine Vertagung erforderlich gemacht, so dass die Angabe &#8222;100 bis 160 Stunden&#8220; die Kammer jedenfalls in die Lage versetzte zu erkennen, dass eine Sichtung im Rahmen einer Unterbrechung der Sitzung nicht zielf&#252;hrend sein w&#252;rde. Das Gericht hatte keine eigenen Erkenntnisse, wie lange die Befassung mit Schaltpl&#228;nen dauert, und konnte daher bei Abfassung des Hinweisbeschlusses noch nicht wissen, dass eine blo&#223;e Unterbrechung der Sitzung, etwa im Rahmen der Mittagspause, nicht gen&#252;gen w&#252;rde (zu S. 44 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 130). Schon deswegen musste es der Kl&#228;gerin nicht aufgeben, die Schaltpl&#228;ne im Vorfeld vorzulegen. Die Kl&#228;gerin war durch die Beschr&#228;nkungen des US-Discovery-Verfahrens auch nicht in der Lage, die Pl&#228;ne ohne Geheimhaltungsanordnung vorzulegen. Diese kann nach dem GVG aber nur in der m&#252;ndlichen Verhandlung ausgesprochen werden. Zu den &#252;brigen Gr&#252;nden s.o.</p> <p><rd nr="462"/>Richtigerweise f&#252;hrt der Umstand, dass bei Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen eine Vertagung bzw. ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung erforderlich w&#252;rde zu einer der Beklagtenseite vorwerfbaren Versp&#228;tung, wie vor (zu S. 44 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 131).</p> <p><rd nr="463"/>Die Anordnung der Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge war beantragt &#8222;zum Nachweis des beweiserheblichen Umstandes, dass das Klagepatent in die sog. &#8222;capture periods&#8220; f&#228;llt und damit Lizenzrechte der CMs bestehen, auf deren Grundlage auch die Beklagte Benutzungsrechte f&#252;r einen Lizenz- und/oder Ersch&#246;pfungseinwand herleiten k&#246;nnen&#8220; (S. 17 Quadruplik Teil III). Wie oben (unter E.) dargelegt hat die Beklagtenseite nichts dazu vorgetragen, woraus sich ein materiellrechtlicher Anspruch auf Vorlage ergibt (<verweis.norm>&#167; 422 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>). Sie hat ihn nicht glaubhaft gemacht, &#167;&#160;424 Nr. 5 S. 2 ZPO. Insbesondere bestand hier kein Vorlageanspruch aus &#167;&#160;423 ZPO, weil die Kl&#228;gerin nur auf den Inhalt der Vertr&#228;ge, nicht auf die Vertr&#228;ge als Urkunde Bezug genommen hatte (hierzu Thomas/Putzo-Reichold, &#167;&#160;423 ZPO Rn. 1).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; </p> <p>Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil </p> <p><rd nr="464"/>(c) Auch aus dem Umstand, dass nach Feststellung der m&#246;glichen Zugangsbeschr&#228;nkung vom Gericht keine Vertagung angeordnet wurde, ergibt sich kein Versto&#223; gegen das Gebot des fairen Verfahrens (zu Schriftsatz 22.11.2018 S. 44/45, Rn. 133). Wie oben dargelegt bestand schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 GVG. Auch eine Vertagung war nicht geboten, wie vor.</p> <p><rd nr="465"/>(d) Die Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist war nach oben Gesagtem ebenfalls nicht geboten (zu S. 45 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 134).</p> <p>6. Ergebnis</p> <p><rd nr="466"/>Nach alledem besteht kein Grund aus &#167;&#160;156 Abs. 2 ZPO, das Verfahren wiederaufzunehmen.</p> <p><rd nr="467"/>II. Kein Grund zum Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO Es besteht auch kein Wiedereintrittsgrund nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO.</p> <p><rd nr="468"/>Die Wiederer&#246;ffnung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Sie kann angezeigt sein, wenn beispielsweise entgegen &#167;&#160;296a ZPO neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorgebracht werden oder ein Verfahrensfehler (nur) durch r&#252;geloses Verhandeln geheilt wurde. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung den Beschleunigungs- und Konzentrationsgrundsatz einerseits sowie die Vermeidung eines Rechtsmittelverfahrens andererseits zu ber&#252;cksichtigen. &#167;&#160;296 ZPO darf &#252;ber die Wiederaufnahme nicht obsolet gemacht werden (zum ganzen Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 156 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 4,5 mwN).</p> <p><rd nr="469"/>1. Keine Wiederaufnahme wegen der unter I. geschilderten, beklagtenseits in Bezug genommenen Umst&#228;nde Hiernach besteht aufgrund der vorgenannten Umst&#228;nde (auch) kein Anlass zur Wiederer&#246;ffnung des Verfahrens nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO (zu S. 45/46 Schriftsatz 22.11.2018). Die angebotenen, nicht erhobenen Beweismittel sind wegen fehlender Schl&#252;ssigkeit des Vorbringens der Beklagtenseite und wegen &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO unbeachtlich, s.o. &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO ist entgegen der Darstellung der Beklagtenseite einschl&#228;gig, weil allenfalls aufgrund der Quadruplik eine Beweisaufnahme veranlasst w&#228;re und die Beweisaufnahme (insbesondere durch die Sichtung der Schaltpl&#228;ne durch den Sachverst&#228;ndigen) einen neuen Termin erforderlich machen w&#252;rde. Unerheblich ist dabei, dass die Kl&#228;gerin keine weitere Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf neues Vorbringen in der Quadruplik beantragt hatte (zu S. 46 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 139).</p> <p><rd nr="470"/>Das Gericht entscheidet nicht auf &#8222;unvollst&#228;ndiger&#8220; Sachlage, sondern auf der nach dem Beibringungsgrundsatz ma&#223;geblichen Sachlage. Das Gericht geht davon aus, dass auch ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung eine Berufung nicht verhindern kann. Die Ermittlung der Sachlage verlagert das Gericht keineswegs auf die Rechtsmittelinstanz, vielmehr gilt insoweit &#167;&#160;531 ZPO.</p> <p><rd nr="471"/>2. Kein Wiedereintritt wegen (neuen) Vortrags der Beklagtenseite Auch der (neue) Vortrag der Beklagtenseite zur Nichtverletzung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.11.2018 (dort S. 47 ff.) und im Schriftsatz vom 10.12.2018 mit Privatgutachten gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung.</p> <p>a. Offset</p> <p><rd nr="472"/>Die Beklagte hatte das Vorhandensein eines Offsets in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform bis zur Quadruplik nicht substantiiert bestritten, s.o..</p> <p><rd nr="473"/>Soweit die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 10.12.2018 die Privatgutachten P. und I. vorlegte, geboten auch diese keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung, wie oben dargelegt.</p> <p>b. Kondensator</p> <p><rd nr="474"/>Auch die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform belegt nicht deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommt, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="475"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es jedenfalls versp&#228;tet, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO, siehe oben.</p> <p>c. M 1.4.1</p> <p><rd nr="476"/>Der Vortrag der Beklagtenseite auf S. 61/62 des Schriftsatzes vom 22.11.2018 enth&#228;lt nur beweisw&#252;rdigende Ausf&#252;hrungen und gebietet keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung.</p> <p><rd nr="477"/>d. Damit ist ein abweichendes Design der Architektur der angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht (rechtzeitig) dargetan.</p> <p><rd nr="478"/>e. Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO ist nach alledem nicht angezeigt.</p> <p>F. Kostenentscheidung</p> <p><rd nr="479"/>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#160;91 ZPO.</p> <p>G. Vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit</p> <p><rd nr="480"/>Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167;&#160;709 S. 2 ZPO.</p> <p><rd nr="481"/>I. Auszusprechen war eine einheitliche Sicherheitsleistung in H&#246;he von 668,4 Mio. &#8364;.</p> <p><rd nr="482"/>Die Beklagtenseite hatte auf der Grundlage von Verkaufszahlen auf dem Konsumentenmarkt in Deutschland im Jahr 2016 (FBD 18, 19) geltend gemacht, ein Betrag von 1,671 Mrd. &#8364; sei f&#252;r die Sicherheitsleistung mindestens anzusetzen. Diesen Betrag hatte die Kl&#228;gerin nicht substantiiert bestritten (S. 95/96 Replik), nur angegeben, die Beklagtenseite habe die Umsatz&#228;nderungen wegen der neuen Modelle noch nicht ber&#252;cksichtigt (S. 20 Protokoll vom 8.11.2018). Hierauf erkl&#228;rte die Beklagtenseite, es sei deswegen ein Abschlag von 60% vorzunehmen (ibid.).</p> <p><rd nr="483"/>Dieser Wert war durch die Kammer daher anzusetzen.</p> <p><rd nr="484"/>Vor dem Hintergrund der konkreten Umst&#228;nde des Einzelfalles und unter Abw&#228;gung aller Interessen war die von der Kl&#228;gerin beantragte Aufteilung der Sicherheitsleistung auf die einzelnen Ziffern des Tenors nicht geboten.</p> <p><rd nr="485"/>II. Der Antrag der Beklagtenseite auf Gew&#228;hrung von Vollstreckungsschutz nach &#167;&#160;712 ZPO war abzulehnen.</p> <p><rd nr="486"/><verweis.norm>&#167; 712 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> ist als Ausnahmevorschrift restriktiv zu behandeln. Die Norm setzt einen unersetzlichen Nachteil voraus (Z&#246;ller-Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 712 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 1). Die &#252;blichen Nachteile einer vorl&#228;ufigen Vollstreckung sind hingegen hinzunehmen. Hiernach hat die Beklagtenseite nach o.G. gerade keine unersetzlichen Nachteile aufgezeigt. Die dargelegten Risiken werden durch die der Kl&#228;gerin auferlegte hohe Sicherheitsleistung hinreichend abgefangen.</p> </div>
125,233
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7 O 10495/17
2018-12-20T00:00:00
2019-01-04T14:23:47
2019-02-12T11:30:57
Endurteil
<h2>Tenor</h2> <div> <p>I. Die Beklagten werden verurteilt,</p> <p>1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 &#8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen:</p> <p>Vorrichtungen</p> <p>in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <p>die Folgendes umfassen:</p> <p>eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet</p> <p>1. (Anspruch 1, unmittelbare Verletzung)</p> <p>2. der Kl&#228;gerin dar&#252;ber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen haben, und zwar unter Angabe</p> <p>a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <p>b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (n&#228;mlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <p>3. der Kl&#228;gerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen haben und zwar unter Angabe:</p> <p>a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,</p> <p>b) der einzelnen Lieferungen (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschlie&#223;lich der Verkaufsstellen, f&#252;r welche die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der einzelnen Angebote (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <p>d) der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,</p> <p>e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Belege (n&#228;mlich Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen,</p> <p>wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempf&#228;nger statt der Kl&#228;gerin einem von der Kl&#228;gerin zu benennenden, ihr gegen&#252;ber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ans&#228;ssigen, vereidigten Wirtschaftspr&#252;fer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen, und ihn erm&#228;chtigen und verpflichten, der Kl&#228;gerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempf&#228;nger in der Liste enthalten ist;</p> <p>4. die in der Bundesrepublik Deutschland jeweils in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Kl&#228;gerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;</p> <p>5. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zur&#252;ckzurufen,</p> <p>indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen einger&#228;umt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zur&#252;ckzugeben und den Dritten f&#252;r den Fall der R&#252;ckgabe der Erzeugnisse eine R&#252;ckzahlung des gegebenenfalls bereits bezahlten Kaufpreises sowie die &#220;bernahme der Kosten der R&#252;ckgabe zugesagt wird und endg&#252;ltig zu entfernen, indem die Beklagten die erfolgreich zur&#252;ckgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nehmen.</p> <p>II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.l. bezeichneten, seit dem 9. September 2017 begangenen Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.</p> <p>III. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p> <p>IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 668,4 Mio. &#8364; vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <p><rd nr="1"/>Die Kl&#228;gerin nimmt die Beklagtenseite wegen Verletzung ihrer Rechte aus dem nationalen Teil des europ&#228;ischen Patents EP &#8230;461 auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, R&#252;ckruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.</p> <p>A. Zu den Parteien</p> <p><rd nr="2"/>Die Kl&#228;gerin ist eingetragene Inhaberin des europ&#228;ischen Patents &#8230;461 (im Folgenden: Klagepatent, Anlage K&#160;5) mit dem Titel &#8222;Leistungseffizienter Niederspannungs-H&#252;llkurvenverfolger&#8220;. Sie ist eine USamerikanische Gesellschaft mit Sitz in San D., Kalifornien.</p> <p><rd nr="3"/>Die Beklagte zu 1 ist eine irische Tochtergesellschaft der P. Inc. mit Sitz in H., C., Irland. Sie ist f&#252;r den deutschen P. Online Store sowie f&#252;r das P. Contact Center verantwortlich. Die Beklagte zu 2 betreibt die physischen P. Retail Stores in Deutschland. Ihre Komplement&#228;rin ist die P. Holding B.V. mit Sitz in A., Niederlande. Kommanditistin ist die P. Retail Europe Holding mit Sitz in H., C., Irland.</p> <p>B. Zu dem Klagepatent</p> <p><rd nr="4"/>I. Die Kl&#228;gerin hat das Klagepatent am 24.06.2012 angemeldet. Der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte (nach Klageerhebung) am 09.08.2017.</p> <p><rd nr="5"/>II. Patentanspruch 1 lautet im englischen Original wie folgt:</p> <p>&#8222;1. An apparatus (150) comprising:</p> <p>an inductor (162) operative to receive a switching signal and provide a supply current;</p> <p>a switcher (160b) operative to sense an input current (Isen) and generate the switching signal to charge and discharge the inductor to provide the supply current, the switcher (160b) adding an offset to the input current to generate a larger supply current via the inductor than without the offset an envelope amplifier (170a) operative to receive an envelope signal and provide a second supply current (Ienv) based on the envelope signal, wherein a total supply current (Ipa) comprises the supply current from the switcher (160b) and the second supply current from the envelope amplifier (170a); and a boost converter (180) operative to receive a first supply voltage and provide a boosted supply voltage having a higher voltage than the first supply voltage, wherein the envelope amplifier selectively operates based on the first supply voltage or the boosted supply voltage.&#8220;</p> <p><rd nr="6"/>Patentanspruch 1 lautet in deutscher &#220;bersetzung wie folgt:</p> <p>&#8222;1. Eine Vorrichtung (150), die Folgendes umfasst:&#8220;</p> <p><rd nr="7"/>Eine Induktivit&#228;t (162), die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement (160b), das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms (Isen) und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement (160b) dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstroms [sic] &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker (170a), der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms (Ienv) basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom (Ipa) den Versorgungsstrom von dem Schaltelement (160b) und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker (170a) umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler (180), der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet.</p> <p><rd nr="8"/>Die Merkmale des (zuletzt allein) geltend gemachten Patentanspruchs 1 gliedern die Parteien &#252;bereinstimmend nach der Merkmalsgliederung K&#160;2, der sich die Kammer anschlie&#223;t.</p> <p><rd nr="9"/>III. Mit der nachfolgenden Abbildung (Figur 5 des Klagepatents - im Original in Schwarzwei&#223;) wird der Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausf&#252;hrungsbeispiels verdeutlicht:</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-1-de.JPG" alt=""/></p> <p><rd nr="10"/>Das Klagepatent befasst sich mit der Bereitstellung einer Stromversorgung f&#252;r elektrische Verst&#228;rker, insbesondere zum Zwecke der &#220;bertragung elektrischer Signale.</p> <p><rd nr="11"/>Um Informationen &#252;ber die Luftschnittstelle zu &#252;bertragen, werden sie typischerweise in ein hochfrequentes Signal (RF-Signal, &#8222;radio frequency-signal&#8220;) umgewandelt und sodann &#252;ber einen Kommunikationskanal an einen Empf&#228;nger &#252;bertragen. Das RF-Signal wird dabei durch einen Leistungsverst&#228;rker (&#8222;power amplifier&#8220;) verst&#228;rkt (vgl. Abs. [0002] f. KPS). Diese Verst&#228;rkung ist energieintensiv. Insbesondere bei dem Einsatz mobiler Ger&#228;te, die mit Batterien betrieben werden, ist ein effizienter Einsatz von Energie gew&#252;nscht.</p> <p><rd nr="12"/>Das Klagepatent benennt als Stand der Technik die so genannte H&#252;llkurvenverfolgung, die in der Lage ist, dem zu sendenden hochfrequenten Signal zeitlich zu folgen. Hintergrund ist, dass das zu &#252;bertragende Signal gr&#246;&#223;ere Amplituden (Spannbreiten eines Signals) aufweisen kann. Wieviel Energie in die Verst&#228;rkung und &#220;bermittlung des Signals investiert werden muss, h&#228;ngt insbesondere von dieser Amplitude ab. Ohne die H&#252;llkurvenverfolgung muss eine Spannung angelegt werden, die in der Lage ist, die gesamte Bandbreite der Amplitude abzudecken. Ist das Signal schwach und die Amplitude klein, wird so unn&#252;tz Energie aufgewandt, die als W&#228;rme abgegeben wird. Durch die H&#252;llkurvenverfolgung kann ein bedarfsspeziI. Energieaufwand betrieben werden, was Energie spart. Bildlich l&#228;sst sich das wie folgt darstellen (Abbildung Klage S. 8 - im Original in Farbe):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-2-de.jpeg" alt=""/></p> <p><rd nr="13"/>Die linke Abbildung zeigt die lineare Spannungsversorgung ohne H&#252;llkurvenverfolgung, die rechte Abbildung eine solche mit H&#252;llkurvenverfolgung. Der rot markierte Bereich stellt jeweils &#252;bersch&#252;ssig aufgewendete Energie dar.</p> <p><rd nr="14"/>IV. Das Klagepatent ist - unstreitig - nicht standardessentiell.</p> <p>C. Zu der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform</p> <p><rd nr="15"/>Die kl&#228;gerseits als angegriffene Ausf&#252;hrungsform identifizierten Ger&#228;te enthalten den Chip Typ U. 81003 M (im Folgenden &#8222;U.-Chip&#8220;). Mit der Klage griff die Kl&#228;gerin explizit zun&#228;chst die Mobiltelefone P. 7plus und P. 7 der Beklagtenseite an. Mit der Replik (dort S. 13) benannte sie explizit auch die Ger&#228;te P. 8, P. 8 plus, P. X als verletzend. Sie beschr&#228;nkte ihren Angriff indes nicht auf die vorgenannten Ger&#228;ttypen, sondern griff alle Ausf&#252;hrungsformen an, die von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen (S. 17, 20 der Klageschrift).</p> <p><rd nr="16"/>Der U.-Chip ist Teil des U.-Envelope Trackers. Dieser wiederum ist Teil des Radio Freqency Front End (RFFE) der angegriffenen P.s (S. 18/20 Klageschrift, S. 10/11 Replik, jeweils mit Bildern). Der U.-Envelope Tracker stellt ein sog. System Inside Package Modul dar, das einen Chip und weitere Elemente wie Kondensatoren (capacitors) und Induktivit&#228;ten (inductors) umfasst.</p> <p><rd nr="17"/>Die genaue Ausgestaltung des U.-Chips ist zwischen den Parteien streitig. Die Kl&#228;gerin hat im Wege eines reverse engineering das gesamte Modul U.-Enevlope-Tracker untersucht. Die Untersuchungsergebnisse liegen vor in Form von Teardown-Reports (Nr. 1: K&#160;3, korrigiert K&#160;7 - siehe S. 2 Schriftsatz vom 30.11.2017 = Bl. 197 d. A., vergr&#246;&#223;erte Schaltpl&#228;ne K&#160;15, elektronische Version K&#160;16 = S. 13 Replik; Nr. 2: K&#160;4, zu der Erstellungsweise der Teardown-Reports siehe Replik S. 11/12). Die urspr&#252;nglichen Schaltpl&#228;ne lagen dabei nicht vor. Auf Basis dieses Reports hat die Kl&#228;gerin ein privates Sachverst&#228;ndigengutachten zur Funktionsweise des Chips anfertigen lassen und vorgelegt (K 22).</p> <p><rd nr="18"/>Folgende Bauteile enth&#228;lt die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unstreitig: Sie weist einen envelope tracker auf, der einen Versorgungsstrom f&#252;r einen Leistungsverst&#228;rker bereitstellt. Der Versorgungsstrom wird verst&#228;rkt. Des Weiteren gibt es eine Induktivit&#228;t mit Schaltelement. Das Schaltelement wird basierend auf dem Leistungsnachverfolgungssignal gesteuert. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verf&#252;gt auch &#252;ber einen Kondensator, dessen Auswirkungen f&#252;r ihre Funktionsweise zwischen den Parteien streitig ist.</p> <p><rd nr="19"/>D. Die Beklagte zu 1 ist eine irische Tochtergesellschaft der P. Inc. mit Sitz in H., C., Irland. Sie ist f&#252;r den deutschen P. Online Store sowie f&#252;r das P. Contact Center verantwortlich. Die Beklagte zu 2 betreibt die physischen P. Retail Stores in Deutschland. Ihre Komplement&#228;rin ist die P. Holding B.V. mit Sitz in Amsterdam, Niederlande. Kommanditistin ist die P. Retail Europe Holding mit Sitz in H., C., Irland.</p> <p><rd nr="20"/>Die Beklagte zu 1 ist f&#252;r den deutschen P. Online Store und mithin f&#252;r den Internet-Vertrieb der angegriffenen drahtlosen Endger&#228;te in Deutschland verantwortlich. Die Beklagte zu 2 betreibt die physischen P. Retail Stores in Deutschland und ist damit ebenfalls f&#252;r den Vertrieb der angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen verantwortlich.</p> <p>E. </p> <p><rd nr="21"/>Die Kl&#228;gerin bringt (zusammengefasst) vor:</p> <p><rd nr="22"/>I. Die Klage sei nicht wegen &#167;&#160;145 PatG unzul&#228;ssig. Der Einwand der Beklagten zu 1) sei schon verfristet, au&#223;erdem sei die hiesige Klage ihr fr&#252;her (am 31.8.2017) zugestellt worden als die Mannheimer Klage (5.10.2017) (S. 2/4 Schriftsatz vom 25.01.2018).</p> <p><rd nr="23"/>Die Beklagtenseite trage des Weiteren nicht schl&#252;ssig vor, weil es nach unstreitigem Vortrag noch nicht einmal eine &#220;bereinstimmung der Oberbegriffe der unabh&#228;ngigen Anspr&#252;che beider Klagepatente gebe, und sie nicht eine &#220;berlappung der charakteristischen Teile der beiden Patente darlege (S. 4/5 Schriftsatz 25.01.2018), und verkenne au&#223;erdem den rechtlichen Ma&#223;stab des &#167;&#160;145 PatG nach der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung. Richtigerweise gebe es keine &#220;berlappung zwischen den charakteristischen Merkmalen der beiden Klagepatente; &#220;bereinstimmung bestehe zwischen ihnen nur insoweit, als in beiden F&#228;llen ein Envelope Signal = H&#252;llkurvensignal einer Leistungsversorgungseinheit zugef&#252;hrt werde. Es bestehe noch nicht einmal ein identischer Oberbegriff (S. 5/12 Schriftsatz 25.01.2018, Figuren K&#160;8,K 9).</p> <p><rd nr="24"/>Auch die zweite Erw&#228;gung der Beklagtenseite, wonach das Klagepatent ein Problem l&#246;se, das das Mannheimer Patent erschaffe, greife nicht durch - schon deswegen nicht, weil das Mannheimer Patent priorit&#228;tsj&#252;nger sei. Das Klagepatent l&#246;se unabh&#228;ngig von dem Mannheimer Patent das technische Problem der Steigerung der Effizienz der Energieversorgung des Leistungsverst&#228;rkers. Die Charakteristika der Lehre des Mannheimer Patents (einheitliches Leistungsverfolgungssignal f&#252;r mehrere Sendesignale, einheitliche Versorgungsspannung f&#252;r einzigen Leistungsverst&#228;rker) seien f&#252;r die Lehre des hiesigen Klagepatents ohne Bedeutung (S. 4/5 Replik). Richtig sei, dass die Ausgestaltung der im Klagepatent gesch&#252;tzten Vorrichtung &#8222;PA supply generator 150&#8220; auch ein Element der Lehre des Mannheimer Patents sei. Die konkrete Ausgestaltung der hier gesch&#252;tzten Vorrichtung spiele f&#252;r das Mannheimer Patent hingegen keine Rolle (S. 5 Replik).</p> <p><rd nr="25"/>II. Das Klagepatent sei unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verletzt.</p> <p>1. &#8222;Offset&#8220; oder Versatz im Sinne des Merkmals 1.2.1 sei eine Manipulation, die entweder dadurch erfolgen k&#246;nne, dass dem abgef&#252;hlten Strom ein Versatzstrom hinzugef&#252;gt werde, oder indem in der Einheit (Komparator), die den abgef&#252;hlten Strom bewertet, die Referenzwerte ge&#228;ndert w&#252;rden. Anspruchsgem&#228;&#223; sei der Offset nur (insoweit unstreitig, S. 3 Klageerwiderung II = Bl. 274 d. A.), wenn der Offset bewirke, dass der &#252;ber die Induktivit&#228;t generierte Versorgungsstrom mit Offset gr&#246;&#223;er sei als ohne Offset. Soweit das Ausf&#252;hrungsbeispiel von Offset current spreche, beziehe sich dies auf Unteranspruch 3. M1.2.1 sei hingegen breiter zu verstehen, wie [0039] des Klagepatents zeige.</p> <p><rd nr="26"/>2. Die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen machen nach Auffassung der Kl&#228;gerin von dem Merkmal 1.2.1 wortsinngem&#228;&#223; Gebrauch:</p> <p><rd nr="27"/>Unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung m&#252;sse es schlicht einen Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 geben. Unbeachtlich sei der Einwand der Beklagten unter Verweis auf die Entgegenhaltung &#8222;Choi&#8220;, der U.-Chip in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform weise eine andere Architektur auf und m&#252;sse daher keinen Offset erzeugen: die Lehre in &#8222;Choi&#8220; funktioniere f&#252;r die hier erforderlichen Bandbreiten nicht, wie &#8222;Choi&#8220; selbst klarstelle.</p> <p><rd nr="28"/>Jedenfalls der Digital-Analog-Wandler (digital-to-analog-converter, DAC) passe den Strom an und erzeuge so einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset. Dass der DAC deaktiviert sei, wie die Beklagtenseite behauptete, bestritt die Kl&#228;gerin und unterstrich, dass auch eine Deaktivierung aus Rechtsgr&#252;nden nicht aus einer Verletzung herausf&#252;hre.</p> <p><rd nr="29"/>Mit der Replik brachte die Kl&#228;gerin vor, auch der Komparator (Figur 3.4.6 aus dem Teardown-Bericht) stelle einen Offset dar (dort S. 62, Bl. 414 d. A.). Mit der Triplik (dort S. 15 ff., Bl. 638 ff. d. A.) erl&#228;uterte die Kl&#228;gerin ihr Vorbringen unter Bezugnahme auf das Privatgutachten K&#160;23.</p> <p>II.1. &#8222;selektiv basierend&#8220; im Sinne des Merkmals 1.4.1 meine: Vboost komme nur zum Einsatz, wenn die Batteriespannung unterhalb eines bestimmten Grenzwerts liegt. Entscheidend sei daher die selektive Verwendung einer geboosteten Spannung f&#252;r die Versorgung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers. Nicht entscheidend sei, ob die erste Versorgungsspannung, wie sie am Boost Converter anliegt, genau identisch mit der Versorgungsspannung ist, wie sie vom H&#252;llkurvenverst&#228;rker zu jedem Zeitpunkt als Alternative zur geboosteten Spannung verwendet wird.</p> <p><rd nr="30"/>2. Es sei letztlich unstreitig, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine geboostete Spannung verwende, wenn die Batteriespannung unter einen gewissen Spannungswert absinke - dann arbeite der H&#252;llkurvenverst&#228;rker nicht mit der niedrigen Batteriespannung, sondern mit einer h&#246;heren Spannung, die durch einen mittels Kondensator erzeugten Boost hervorgerufen werde. Unbeachtlich sei, dass die Batteriespannung und die geboostete Spannung jeweils noch reguliert w&#252;rden - derartige Ma&#223;nahmen der Spannungsanpassung lasse das Klagepatent zu. Demnach sei eine wortsinngem&#228;&#223;e Verwirklichung des Merkmals 1.4.1 gegeben.</p> <p><rd nr="31"/>Das umfassende Vorbringen der Kl&#228;gerin zu der Auslegung der (streitigen) Merkmale und der Darstellung der wortsinngem&#228;&#223;en Verletzung stellt das Gericht im Rahmen der Entscheidungsgr&#252;nde dar.</p> <p><rd nr="32"/>III. Die Kl&#228;gerin ist der Auffassung, die Beklagtenseite habe das kl&#228;gerische Vorbringen nicht (substantiiert) bestritten (S. 3 Replik). Soweit sie in der Quadruplik erstmals ansatzweise substantiiert bestritten habe sollte, sei dieses Vorbringen versp&#228;tet und daher nach &#167;&#160;296 ZPO zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="33"/>Die Kl&#228;gerin habe in einem technisch komplizierten, kosten- und arbeitsintensiven (S. 57 Replik) Verfahren des reverse engingeering einen tear down-Bericht erstellen lassen, um substantiiert vortragen zu k&#246;nnen. Das Bestreiten der Beklagtenseite sei in Anbetracht dessen unsubstantiiert. Die Beklagtenseite habe nach eigenen Angaben Informationen &#252;ber den konkreten Aufbau des Chips, wolle sie nur nicht preisgeben. Der nur pauschale Verweis auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers verfinge indes nicht (S. 57/58 Replik). Das Aufkl&#228;rungsinteresse der Kl&#228;gerin habe jedenfalls nach der neueren Rechtsprechung des BGH Vorrang (S. 58/60 Replik, unter Verweis auf BGH GRUR Int 2007, 157, 161 Rn. 42 - Restschadstoffentfernung und BGH GRUR 2010, 318 - Lichtbogenschn&#252;rung zu einer Vorlage nur gegen&#252;ber den kl&#228;gerischen Prozessbevollm&#228;chtigten).</p> <p><rd nr="34"/>Die Kl&#228;gerin habe zwar in den USA vor dem US District Court for the Middle District of North Carolina ein sog. Discovery-Verfahren eingeleitet (28 USC &#167;&#160;1782), um Informationen &#252;ber die Architektur des U.-Chips zu erhalten (S. 3 Replik). Sie habe indes nicht versprochen, die Schaltpl&#228;ne des U.-Chips aus dem Discovery-Verfahren in das Verfahren einzuf&#252;hren, hierauf habe sich die Beklagtenseite folglich nicht verlassen d&#252;rfen. Vielmehr habe sie schon mit der Replik (dort S. 3) deutlich gemacht, dass es auf die Schaltpl&#228;ne rechtlich gar nicht ankomme, weil der Vortrag der Beklagten rechtlich unbeachtlich sei (S. 15 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="35"/>IV. Die Kl&#228;gerin lizenziere nur Contract Manufacturers (CMs), hierdurch sei indes grunds&#228;tzlich auch die Beklagtenseite gesch&#252;tzt. Die Vertr&#228;ge s&#228;hen capture periods vor, die die ihnen unterfallenden Schutzrechte von bestimmten Einsatzzeitpunkten abh&#228;ngig machten. Hier&#252;ber sei die Beklagtenseite stets informiert gewesen (S. 82 Replik, S. 2/3 Schriftsatz 31.10.2018). Keiner der CMs sei mit Blick auf das hiesige Klagepatent lizenziert (S. 3 Schriftsatz 31.10.2018, FBD 203 S. 2, K&#160;10 S. 4, konkludent Replik S. 83).</p> <p><rd nr="36"/>Die Kl&#228;gerin treffe mit Blick auf den Lizenzeinwand keine (sekund&#228;re) Darlegungslast, jedenfalls nicht nach Autorisierung der US-Anw&#228;lte der Kl&#228;gerin, der Beklagtenseite die Angaben der Kl&#228;gerin zu best&#228;tigen. Die Beklagtenseite h&#228;tte schlicht bei ihren CMs um die erforderlichen Informationen nachfragen k&#246;nnen, die gewillt gewesen seien, Ausk&#252;nfte zu geben, wie die Beklagtenseite selbst vorbringe (S. 2, 5 Schriftsatz 31.10.2018, FBD 204). Die Anfrage FB 202 vom 12.09.2018 sei die erste Anfrage zur Lizenzierung bei der Kl&#228;gerin seit Anh&#228;ngigkeit hiesiger Verfahren (S. 4 Schriftsatz 31.10.2018). Bez&#252;glich des Ersch&#246;pfungseinwands trage die Beklagtenseite die Darlegungslast, auch wenn dies mit Schwierigkeiten verbunden sei (S. 4 Schriftsatz 31.10.2018, unter Bezug u.a. auf OLG D&#252;sseldorf GRUR 2017, 1219, 1220, Rn. 119 ff.; OLG M&#252;nchen GRUR-RR 2003, 303, 304; BGH GRUR 2012, 630, 633 Rn. 37 ff. - Converse II).</p> <p><rd nr="37"/>Die Beklagtenseite habe die CMs angewiesen, die Lizenzgeb&#252;hren nicht mehr zu zahlen, weswegen die Kl&#228;gerin Zahlungsklage gegen die CMs, und Klage wegen Eingriffs in die Vertragsbeziehungen zu den CMs gegen die Beklagtenseite habe erheben m&#252;ssen. Vertragsverhandlungen, um das hiesige Klagepatent in die Lizenzvertr&#228;ge einzubeziehen, h&#228;tten wegen der Nichtzahlung der Lizenzgeb&#252;hren nicht stattgefunden (S. 84/85 Replik). Durch die Anstiftung der CMs, die Lizenzgeb&#252;hren nicht zu zahlen, h&#228;tte die Beklagtenseite sich zu ihrer behaupteten Lizenzbereitschaft in Widerspruch gesetzt (S. 48 Triplik).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="38"/>Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite auch nicht versichert, alle CMs seien mit Blick auf alle Schutzrechte lizenziert, vielmehr habe die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite das Gegenteil mitgeteilt (S. 83 Replik, S. 8 Schriftsatz 31.10.2018, Zusammenstellung K&#160;11).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="39"/>V. Auch der Kartellrechtseinwand der Beklagtenseite greife nicht durch.</p> <p><rd nr="40"/>Es gebe schon keinen sachlich begrenzten Markt f&#252;r &#8222;Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze&#8220;, auf einem solchen habe die Kl&#228;gerin auch keine marktbeherrschende Stellung. Die Beklagtenseite behaupte auch noch nicht einmal einen relevanten Missbrauch auf dem sachlich relevanten Markt (S. 85/86 Replik, S. 59/62 Triplik). Die Argumentation der Beklagtenseite, warum der Unterlassungsanspruch ein Mittel zum Ausschluss von N. vom LTE-Basisband-Chipsatz-Markt sei, sei nicht schl&#252;ssig. Insbesondere habe die Kl&#228;gerin das Klagepatent auch an CMs lizenziert; die Beklagtenseite habe aber kein Interesse hieran gehabt (S. 86/89 Replik). Die Lizenzs&#228;tze seien nicht ausbeuterisch, das lege die darlegungs- und beweisbelastete Beklagtenseite nicht dar (S. 46/48 Triplik). Im &#220;brigen sei eine missbr&#228;uchliche Zielsetzung auf dem Markt f&#252;r &#8222;Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze&#8220; nicht geeignet, eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit des Unterlassungsanspruchs betreffend den (nicht beherrschten) Markt f&#252;r Radio Frequency Front End Chips zu begr&#252;nden, denn daf&#252;r brauche es eine objektive Verkn&#252;pfung zwischen der marktbeherrschenden Stellung, dem angeblichen Missbrauch und den angeblich wettbewerbsbeschr&#228;nkenden Auswirkungen (S. 89/90 Replik). Auch vergangenes, mit Bu&#223;geld belegtes (und damit sanktioniertes) Verhalten k&#246;nne eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit nicht begr&#252;nden (S. 90/94 Replik, S. 62/64 Triplik), abgesehen davon, dass die beklagtenseits in Bezug genommenen KOM-Entscheidungen noch nicht rechtskr&#228;ftig abgeschlossen seien. Eine Konsultation der Kommission komme ebenso wenig wie ein Vorabentscheidungsverfahren in Betracht (S. 95 Replik, S. 64/65 Triplik). Denn die gerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs wegen einer Patentverletzung k&#246;nne keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin begr&#252;nden (S. 50/54 Triplik, nur unter au&#223;ergew&#246;hnlichen Umst&#228;nden), und es gebe auch keine neue Fallkategorie, weil die Beklagtenseite eine Lizenzierung jedenfalls bewusst verhindert habe (S. 54/56 Triplik). Es sei durch den Unterlassungsanspruch auch kein Ausschluss des Wettbewerbs zu bef&#252;rchten; vielmehr trage die Beklagtenseite gerade vor, dass die Patentbenutzung f&#252;r die T&#228;tigkeit der Beklagtenseite nicht erforderlich sei (S. 56 Triplik).</p> <p><rd nr="41"/>VI. Das Verfahren sei auch nicht mit Blick auf das Verfahren vor dem UK High Court (nach &#167;&#160;148 ZPO/ <verweis.norm>Art. 30 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm>) auszusetzen, weil es im dortigen Verfahren allein um standardessentielle Patente gehe (S. 95/98 Replik, K&#160;19, FBD 9 S. 43 ff., S. 65/68 Triplik). Auch im &#220;brigen sei das Verfahren nicht auszusetzen.</p> <p><rd nr="42"/>VII. Den Beklagten stehe keine Aufbrauchfrist zu. Die Beklagtenseite habe ausdr&#252;cklich erkl&#228;rt, dass die patentierte Technologie nicht unverzichtbar sei, so dass ein Unterlassungstitel keine erheblichen Auswirkungen auf die Beklagtenseite h&#228;tte. Die Beklagtenseite habe auch keinen Anlass gehabt, davon auszugehen, dass ihre Produkte unbegrenzt von den Lizenzvereinbarungen erfasst sein w&#252;rden (S. 98 Replik, S. 68 Triplik).</p> <p><rd nr="43"/>VIII. Die geforderte Sicherheitsleistung sei weit &#252;berh&#246;ht; die Beklagtenseite habe hierzu nicht substantiiert vorgetragen (S. 98 Replik).</p> <p>F. Antr&#228;ge</p> <p><rd nr="44"/>I. Die Beklagten werden verurteilt,</p> <p>1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 &#8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den gesetzlichen Vertretern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen:</p> <p>Vorrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <p>die Folgendes umfassen:</p> <p>eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms, wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal, wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst; und einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung, wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet (Anspruch 1, unmittelbare Verletzung) insbesondere wenn das Schaltelement basierend auf der ersten Versorgungsspannung arbeitet, und wobei der Versatz bzw. Offset basierend auf der ersten Versorgungsspannung bestimmt wird;</p> <p>(Anspruch 2, unmittelbare Verletzung) und/oder insbesondere wenn das Schaltelement Folgendes umfasst:</p> <p>einen Summierer, der betreibbar ist zum Summieren des Eingangsstroms und eines Versatz- bzw. Offsetstroms und zum Bereitstellen eines summierten Stroms, einen Stromabf&#252;hlverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des summierten Stroms und zum Bereitstellen eines abgef&#252;hlten Signals, und einen Treiber, der betreibbar ist zum Empfangen des abgef&#252;hlten Signals und zum Bereitstellen wenigstens eines Steuersignals, das verwendet wird zum Generieren des Schaltsignals f&#252;r die Induktivit&#228;t;</p> <p>(Anspruch 3, unmittelbare Verletzung) dies insbesondere wenn das wenigstens eine Steuersignal ein erstes Steuersignal und ein zweites Steuersignal umfasst, und wobei das Schaltelement weiter Folgendes umfasst:</p> <p>einen P-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. PMOS-Transistor (PMOS = P-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das erste Steuersignal empf&#228;ngt, einer Quelle bzw. Source, die eine erste Versorgungsspannung empf&#228;ngt, und einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt, und einen N-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. NMOS-Transistor (NMOS = N-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das zweite Steuersignal empf&#228;ngt, einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt und einer Quelle bzw. Source, die an Schaltungsmasse gekoppelt ist;</p> <p>(Anspruch 4, unmittelbare Verletzung) und/oder insbesondere wenn die Vorrichtung weiter Folgendes umfasst:</p> <p>einen Leistungsverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des Versorgungsstroms von der Induktivit&#228;t und zum Empfangen und Verst&#228;rken eines Eingangshochfrequenz- bzw. Eingangs-HF-Signals und zum Bereitstellen eines Ausgangs-HF-Signals.</p> <p>(Anspruch 5, unmittelbare Verletzung)</p> <p>2. der Kl&#228;gerin dar&#252;ber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen haben, und zwar unter Angabe</p> <p>a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <p>b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (n&#228;mlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <p>3. der Kl&#228;gerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. September 2017 begangen haben und zwar unter Angabe:</p> <p>a) der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse,</p> <p>b) der einzelnen Lieferungen (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschlie&#223;lich der Verkaufsstellen, f&#252;r welche die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <p>c) der einzelnen Angebote (unter Angabe der Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie aller Identifikationsmerkmale wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer), aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und - preisen (und ggf. Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <p>d) der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,</p> <p>e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <p>wobei zum Nachweis der Angaben zu b) die entsprechenden Belege (n&#228;mlich Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen,</p> <p>wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempf&#228;nger statt der Kl&#228;gerin einem von der Kl&#228;gerin zu benennenden, ihr gegen&#252;ber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ans&#228;ssigen, vereidigten Wirtschaftspr&#252;fer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen, und ihn erm&#228;chtigen und verpflichten, der Kl&#228;gerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempf&#228;nger in der Liste enthalten ist;</p> <p>4. die in der Bundesrepublik Deutschland jeweils in ihrem unmittelbaren und/oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Kl&#228;gerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;</p> <p>5. die unter Ziffer I.1. bezeichneten, in Verkehr gebrachten und im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zur&#252;ckzurufen,</p> <p>indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen einger&#228;umt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zur&#252;ckzugeben und den Dritten f&#252;r den Fall der R&#252;ckgabe der Erzeugnisse eine R&#252;ckzahlung des gegebenenfalls bereits bezahlten Kaufpreises sowie die &#220;bernahme der Kosten der R&#252;ckgabe zugesagt wird und endg&#252;ltig zu entfernen, indem die Beklagten die erfolgreich zur&#252;ckgerufenen Erzeugnisse wieder an sich nehmen.</p> <p>II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I.l. bezeichneten, seit dem 9. September 2017 begangenen Handlungen der Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.</p> <p><rd nr="45"/>Die Kl&#228;gerin stellte zuletzt den obigen Antrag, mit der Ma&#223;gabe, dass die Bezugnahme auf Unteranspr&#252;che 2 bis 5 entf&#228;llt (S. 3 des Protokolls 7 O 10495/17 vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="46"/>II. Die Beklagtenseite beantragt,</p> <p>Klageabweisung,</p> <p>hilfsweise Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf das anh&#228;ngige Einspruchsverfahren.</p> <p><rd nr="47"/>Sie beantragt weiter hilfsweise, das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von mindestens 1,671 Mrd. &#8364; f&#252;r vorl&#228;ufig vollstreckbar zu erkl&#228;ren, und den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (auch durch Gestellung einer B&#252;rgschaft) abzuwenden.</p> <p><rd nr="48"/>Im Hinblick auf die nichttechnischen Erwiderungen beantragt die Beklagtenseite weiter hilfsweise die Aussetzung bis zur rechtskr&#228;ftigen Entscheidung des UK High Court, &#167;&#160;148 ZPO, bzw. bis zur Entscheidung der EU-Kommission &#252;ber die Wettbewerbsverfahren gegen die Kl&#228;gerin wegen AT.40220, AT.39711, <verweis.norm>Art. 16 <v.abk ersatz="VO 2003/1/EG">VO 2003/1/EG</v.abk></verweis.norm>, au&#223;erdem weiter hilfsweise von der EU Kommission eine Stellungnahme zur Anwendung der Wettbewerbsregeln einzuholen und das Verfahren bis zum Erhalt der Stellungnahme auszusetzen, und zuletzt hilfsweise eine Vorlage an den EuGH, um die Kartellrechtswidrigkeit des behaupteten kl&#228;gerischen Verhaltens &#252;berpr&#252;fen zu lassen.</p> <p><rd nr="49"/>Die Kl&#228;gerin wendet sich gegen eine Aussetzung.</p> <p><rd nr="50"/>G. Die Beklagtenseite bringt (zusammengefasst) vor:</p> <p><rd nr="51"/>I. Die Klage sei unzul&#228;ssig, &#167;&#160;145 PatG. Eine Klage vor dem Landgericht Mannheim wegen Verletzung des EPs 2 954 737 (DE 60 2014 010 962.4) (Klageschrift LG Mannheim FBD 1, dortige Klagepatentschrift FBD 2) betreffe eine gleichartige Handlung wie die hiesige Klage. Auch in dem dortigen Verfahren gehe es um das envelope tracking durch den U.-Chip 81003M (S. 3/4, 6 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 178/179 d. A.). Auch Parteiidentit&#228;t bestehe (S. 6 Schriftsatz 20.11.2017).</p> <p><rd nr="52"/>Zur Darlegung der Merkmalsgliederung des Anspruchs 1 des Patents EP 2 954 737 nimmt das Gericht Bezug auf S. 3 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 178 d. A.</p> <p><rd nr="53"/>Es bestehe zwischen beiden geltend gemachten Verletzungshandlungen ein so enger technischer Zusammenhang, dass die gemeinsame Durchsetzung beider Patente sich aufdr&#228;nge. In beiden Verfahren greife die Kl&#228;gerin den U.-Chip an, einmal als Leistungsversorgungsgenerator im Sinne des hiesigen Klagepatents, einmal im Sinne eines Envelope Tracking Moduls im Sinne des Mannheimer Klagepatents, so dass die technischen Lehren beider Patente nach Auffassung der Kl&#228;gerin zusammenwirken m&#252;ssten. Das zeige sich auch daran, dass Figur 5 des hiesigen Klagepatents der Figur 9 des Mannheimer Klagepatents entspreche. Nach Auffassung der Kl&#228;gerin nutze das hiesige Klagepatent das im Mannheimer Klagepatent beanspruchte Leistungsverfolgungssignal als H&#252;llkurvensignal. Ferner verweise das Mannheimer Klagepatent auf die Anmeldung des US-Gegenst&#252;cks des hiesigen Klagepatents (S. 7/8 Schriftsatz vom 20.11.2017 = Bl. 182/183 d. A.).</p> <p><rd nr="54"/>Die Lehre des hiesigen Klagepatents gestalte die charakteristischen Merkmale des in Mannheim geltend gemachten Patents durch zus&#228;tzliche Merkmale weiter aus. Der Zusammenhang ergebe sich des Weiteren daraus, dass die Zusammenfassung einer Vielzahl von I/Q-Paaren einer Vielzahl von Sendesignalen zu einem einzigen Leistungsverfolgungssignal die insbesondere f&#252;r die sogenannte Carrier Aggregation spezifische Energieverteilung im Sendesignal bewirke (st&#228;rkere Spreizung von Durchschnittssendeleistung und Spitzensendeleistung) (S. 45 ff Duplik). Der Frequenzabstand der einzelnen Tr&#228;ger bed&#252;rfe einer hohen Sendeleistung und damit einer hohen Spannungsversorgung (S. 50/51 Duplik, unter Bezugnahme auf kl&#228;gerische Replik im Mannheimer Verfahren HRM 7, dort S. 37).</p> <p><rd nr="55"/>Schon wegen der hiesigen Sachverst&#228;ndigen-Anh&#246;rung sei es prozess&#246;konomischer, beide Verfahren zusammen zu verhandeln (S. 53 Duplik).</p> <p><rd nr="56"/>Der Antrag nach &#167;&#160;145 PatG sei auch nicht verfristet, im &#220;brigen sei die Versp&#228;tung jedenfalls entschuldigt, &#167;&#160;296 Abs. 3 ZPO (S. 2/5 Schriftsatz vom 18.01.2018).</p> <p><rd nr="57"/>II. Die Beklagtenseite verletze das Klagepatent - jedenfalls bei zutreffender Auslegung - nicht.</p> <p><rd nr="58"/>1. Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 k&#246;nne sich (allein) auf die Hinzuf&#252;gung von Strom beziehen, weil sich andere Dinge Strom nicht hinzuf&#252;gen lie&#223;en. Das Ausf&#252;hrungsbeispiel in Beschreibungsstelle [0039] S. 2 des Klagepatents sei nicht beansprucht. Der Anspruch sei auf eine Ausgestaltung beschr&#228;nkt, in der der zweite Versorgungsstrom auch den Spulenstrom zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne (Gleichstrom). Wenn man die Auslegung der Kl&#228;gerin heranziehe, ergebe sich kein Neuheitswert gegen&#252;ber dem zitierten Patent &#8222;Mathe&#8220;, das sei ersichtlich nicht gemeint.</p> <p><rd nr="59"/>2. Das Merkmal 1.2.1 sei nicht verwirklicht. Die Kl&#228;gerin trage noch nicht einmal schl&#252;ssig vor, da sie sich nur auf den Teardown-Bericht st&#252;tze, der keinen eindeutigen Aufschluss &#252;ber die tats&#228;chliche Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform biete (S. 4 Klageerwiderung II). Der von der Kl&#228;gerin zun&#228;chst als DAC identifzierte Funktionsblock sei deaktiviert und im &#220;brigen technisch nicht in der Lage, den Versorgungsstrom zu erh&#246;hen (S. 4 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="60"/>II.1. Das Merkmal 1.4.1 sei nicht verwirklicht, wenn der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung arbeitet, die ihrerseits auf der ersten oder auf der erh&#246;hten Versorgungsspannung basiere. Richtigerweise erfordere das Merkmal ein Umschalten zwischen der ersten Versorgungsspannung und der von dieser abgeleiteten Spannung. Eine &#8222;wahlweise&#8220;-Konfiguration k&#246;nne die Beklagtenseite nicht einmal w&#228;hlen; sie sei vielmehr zulieferseitig ausgeschlossen (S. 4 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="61"/>III. Generell k&#246;nne die Beklagtenseite nur so viel vortragen, wie es Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers U. erlaubten. Insbesondere Schaltpl&#228;ne k&#246;nne sie nicht vorlegen. Indes habe die Kl&#228;gerin im ersten Termin in Aussicht gestellt, die Schaltpl&#228;ne nach Durchf&#252;hrung des US-Discovery-Verfahrens vorzulegen. Die Beklagtenseite habe sich auf diese Ank&#252;ndigung der Kl&#228;gerin verlassen und auch verlassen d&#252;rfen. Daher d&#252;rfe, soweit man erst den Vortrag in der Quadruplik als substantiiertes Bestreiten ansehen wolle, dieser jedenfalls nicht als versp&#228;tet gewertet werden: erst nach Vorlage der Triplik habe die Beklagtenseite erkannt, dass die Kl&#228;gerin trotz Durchf&#252;hrung des Discovery-Verfahrens die Schaltpl&#228;ne nicht vorlegen w&#252;rde, und habe unter Inanspruchnahme des Zulieferers weiter vorgetragen (S. 14 Protokoll).</p> <p><rd nr="62"/>IV. Ihren Antrag auf Aussetzung mit Blick auf die Nichtigkeitsklage st&#252;tzt die Beklagtenseite vor allem auf die Entgegenhaltung Hou (HRM 2, 2a) aus dem Einspruchsverfahren gegen das Klagepatent. Die Beklagtenseite ist der Auffassung, diese nehme alle Merkmale der streitgegenst&#228;ndlichen Anspr&#252;che neuheitssch&#228;dlich vorweg. Des Weiteren sei das Klagepatent mit Blick auf die Entgegenhaltungen Kim (HRM 4a) und Kwak (HRM 3a) nicht erfinderisch.</p> <p><rd nr="63"/>V. Erstmals mit der Quadruplik brachte die Beklagtenseite einen Lizenzeinwand vor.</p> <p><rd nr="64"/>Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite mehrfach zugesichert, &#252;ber ihre CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert zu sein. Deswegen und wegen der systematischen Verschleierung der Kl&#228;gerin mit Blick auf das Ausma&#223; der Lizenzierung in zeitlicher Hinsicht (&#8222;capture periods&#8220;) sei davon auszugehen, dass die Beklagtenseite auch bez&#252;glich des Klagepatents der Lizenz- und/oder Ersch&#246;pfungseinwand zustehe. Au&#223;erdem trage die Kl&#228;gerin jedenfalls nach &#167;&#160;242 BGB die sekund&#228;re Darlegungslast (S. 2, 6, 14/15 Quadruplik Teil III, unter Bezugnahme auf BGH GRUR 2012, 626 - Converse I und BGH GRUR 2004, 268 - Blasenfreie Gummibahn II). Gleichwohl behaupte die Kl&#228;gerin nach wie vor, f&#252;r das hiesige Klagepatent seien die CMs nicht lizenziert (S. 4 Quadruplik Teil III). Da die Beklagtenseite weiterhin ihre Produkte von CMs bez&#246;ge (genauer: von den CMs O., I. und E., die jeder f&#252;r sich alle explizit angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen herstellten, S. 12 Quadruplik Teil III), sollten Patentverletzungsklagen im &#220;brigen eigentlich ausgeschlossen sein (S. 16 Quadruplik Teil I, FBD 29, S. 6 Quadruplik Teil III). Gleiches gelte mit Blick auf die kl&#228;gerseits &#246;ffentlich in Bezug genommene forbearance-Politik, wonach sie SEPverletzende Mitbewerber nicht verfolge (S. 17 Quadruplik).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="65"/>Die Beklagtenseite habe die CMs nicht zum Vertragsbruch angestiftet (S. 36 Quadruplik Teil I, Quadruplik Teil III S. 13). Rechtlich sei die Nichtzahlung von Lizenzgeb&#252;hren an dieser Stelle unerheblich, weil die Kl&#228;gerin jedenfalls keine K&#252;ndigung behaupte, daher die jeweilige Lizenz auch nicht erloschen sein k&#246;nne (S. 13 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="66"/>Die Beklagtenseite unterstrich schon in der Klageerwiderung (dort S. 12), die Lizenzvertr&#228;ge zwischen der Kl&#228;gerin und deren Auftragsfertigern seien geheim. Die Beklagtenseite k&#246;nne sie nicht einsehen und pr&#252;fen. Auch FBD 204, wonach die Informationen in FBD 203 korrekt sein sollen, sei nicht ausreichend, weil sie der Beklagtenseite keine eigene Pr&#252;fungsm&#246;glichkeit einr&#228;ume und nur die Prozessbevollm&#228;chtigten Kenntnis nehmen k&#246;nnten, auf deren Kenntnis es aber prozessual nicht ankomme (S. 4, 14 Quadruplik Teil III). Dass sie mithin nicht schon vor der Quadruplik den Lizenzeinwand habe erheben k&#246;nnen, liege allein an dem Verhalten der Kl&#228;gerin, die der Beklagtenseite systematisch eine Offenlegung des Umfangs der Lizenzen verweigert habe (S. 6/10 Quadruplik Teil III). Auch in einem beklagtenseits angestrengten Discovery-Verfahren nach 28 USC &#167;&#160;1782 habe die Kl&#228;gerin der Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge widersprochen, mit der Begr&#252;ndung, dass mangels Berufung der Beklagtenseite auf den Lizenzeinwand eine Relevanz der Vertr&#228;ge nicht zu ersehen sei (S. 10 Quadruplik Teil III, FBD 208). Die Beklagtenseite habe mit Blick auf die langj&#228;hrigen und wichtigen Gesch&#228;ftsbeziehungen zu den CMs erst zu dem Mittel der Streitverk&#252;ndung gegriffen, als sich abzeichnete, dass andere Wege nicht zum Erfolg f&#252;hren w&#252;rden (S. 11 Quadruplik Teil III). Sie habe im &#220;brigen alle au&#223;ergerichtlichen und gerichtlichen Schritte ausgesch&#246;pft, um an die relevanten Informationen zu gelangen (S. 16 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="67"/>Die Kl&#228;gerin habe einger&#228;umt, dass f&#252;r einige Patente Lizenzen f&#252;r die CMs E. und O. best&#252;nden (FBD 203), habe indes gerade nicht dargelegt und begr&#252;ndet, wieso dies f&#252;r das Klagepatent nicht der Fall sein solle. Wenn ein CM lizenziert sei, dann umfasse die Lizenz - so sehe das auch die Kl&#228;gerin - jedenfalls auch die Beklagtenseite (S. 12 Quadruplik Teil III). An den durch lizenzierte CMs hergestellten Produkten sei auch Ersch&#246;pfung eingetreten (S. 16 Quadruplik Teil III).</p> <p><rd nr="68"/>F&#252;r den Fall, dass die Kammer davon ausgehe, dass die Beklagtenseite die Darlegungslast f&#252;r die kl&#228;gerseits verheimlichten Umst&#228;nde treffe, beantragte die Beklagtenseite, der Kl&#228;gerin die Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge nach &#167;&#167; 421, 423 oder nach &#167;&#160;142 ZPO aufzugeben (S. 17/20 Quadruplik Teil III).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="69"/>VI. Im &#220;brigen sei jedenfalls ein etwaiger Ausspruch des Unterlassungsanspruchs unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, weil er gegen Kartellrecht versto&#223;en w&#252;rde: Die Kl&#228;gerin halte auf dem Markt f&#252;r Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze und auf dem SEP-Lizenzmarkt (zum relevanten Markt S. 28/30 Klageerwiderung = Bl. 228/230 d. A., FBD 10a, S. 19/21 Quadruplik) eine marktbeherrschende Stellung (S. 30/34 Klageerwiderung = Bl. 230/ d. A., S. 4 ff. Duplik, FBD 11, FBD 21, SVG, S. 21/22 Quadruplik). Die relevanten M&#228;rkte seien durch starke Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet (S. 34/35 Klageerwiderung = Bl. 234/235 d. A., S. 15/19 Duplik, FBD 12, FBD 23, FBD 21, SVG, S. 25/30 Quadruplik). Eine Vielzahl von Wettbewerbsbeh&#246;rden (im Einzelnen S. 26/28, 49/50 Klageerwiderung = Bl. 226/228, 249/250 d. A., FBD 8a, 9, 10) ermittelten wegen missbr&#228;uchlichen Verhaltens (u.a. die &#8222;no-licence-no-chips&#8220;-Politik = wettbewerbswidrige Kopplungsvereinbarung, s. S. 4/5, 12, 38/40 Klageerwiderung, S. 21 Duplik, S. 32/33 Quadruplik, Rabattvertr&#228;ge u.a. im Gegenzug zu Nichtangriffsklauseln, S. 5/6, 13/17, 36/38, 40/41 Klageerwiderung, S. 19/21 Duplik, S. 31/32 Quadruplik) gegen die Kl&#228;gerin, teilweise sei sie schon zur Zahlung hoher Bu&#223;gelder verpflichtet worden. Unter anderem habe sie durch ein Rabattsystem die Beklagtenseite zu einem exklusiven Bezug von Premium-Basisband-Chips&#228;tzen gezwungen, um so ihre Mitbewerber aus dem Markt zu dr&#228;ngen. Nur durch die Rabattierung habe die Beklagtenseite die diskriminierend hohen Lizenzgeb&#252;hren (S. 41/43 Klageerwiderung = Bl. 241/243 d. A., S. 21/22 Duplik, FBD 24, S. 33/34 Quadruplik) der Kl&#228;gerin, die die Auftragsfertiger ihr weiterbelastet h&#228;tten, wirtschaftlich auf ein angemessenes Ma&#223; reduzieren zu k&#246;nnen (S. 17, 37 Klageerwiderung = Bl. 217, 237 d. A.). Auch die selektive Lizenzpraxis sei wegen der hieraus folgenden strukturell &#252;berh&#246;hten Lizenzgeb&#252;hren und entstehender Intransparenz missbr&#228;uchlich (S. 34/35 Quadruplik). Ihre marktbeherrschende Stellung wolle sie auch durch die hiesige Klage st&#228;rken. Dabei sei irrelevant, dass das hiesige Verfahren keine Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze betr&#228;fe. Denn die Kl&#228;gerin wolle die Beklagtenseite durch die hiesige und andere Klagen (&#220;bersicht FBD 8) daf&#252;r &#8222;bestrafen&#8220;, dass die Beklagtenseite nach einer f&#252;nfj&#228;hrigen Periode des Bezugs nur von Chips der Kl&#228;gerin nunmehr N.-Chips&#228;tze verwende (S. 48/49 Klageerwiderung, FBD 13). So mache die Kl&#228;gerin ihre angeblichen Unterlassungsanspr&#252;che &#252;berwiegend (Bl. 206 = S. 6 der Klageerwiderung Teil I) gegen P.s geltend, die Chips&#228;tze von N. enthielten. Die Kl&#228;gerin habe der Beklagtenseite mehrfach zugesichert, &#252;ber ihre CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert zu sein. Da die Beklagtenseite weiterhin ihre Chips von CMs bez&#246;gen, sollten Patentverletzungsklagen eigentlich ausgeschlossen sein (S. 16 Quadruplik, FBD 29). Gleiches gelte mit Blick auf die kl&#228;gerseits &#246;ffentlich in Bezug genommene forbearance-Politik, wonach sie SEPverletzende Mitbewerber nicht verfolge (S. 17 Quadruplik). Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs habe kein anderes Ziel als die Aufrechterhaltung und Ausweitung der marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin durch den Ausschluss von N., sei daher missbr&#228;uchlich, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>, und daher abzuweisen. Anderenfalls tr&#252;ge das Gericht zu einer Sch&#228;digung oder einem Ausschluss des Wettbewerbs auf dem Markt f&#252;r Premium-Basisband-Chips&#228;tzen bei (S. 52 Klageerwiderung). Auch wenn hier ein nicht-beherrschter Markt betroffen sei, m&#252;sse nach der Rechtsprechung des EuGH das hiesige Verhalten mit Blick auf die Stellung der Kl&#228;gerin im beherrschten Markt in einer Gesamtbetrachtung gew&#252;rdigt werden (S. 46/48 Klageerwiderung = Bl. 246/248 d. A., S. 38/40 Duplik, S. 3/4, 23/25, 38/39 Quadruplik). Wenn die Beklagtenseite zu einem Alleinbezug von Chips&#228;tzen von der Kl&#228;gerin gezwungen w&#252;rde, k&#246;nnte sich N. voraussichtlich nicht auf dem Markt halten, und die Kl&#228;gerin k&#246;nnte ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt f&#252;r Premium-LTE-Basisband-Chips&#228;tze zu einer Monopolstellung ausbauen. Dies h&#228;tte auch Auswirkungen auf den entstehenden Markt f&#252;r 5G-Basisband-Chips&#228;tze (S. 31/34 Duplik). Auch Patente seien nicht schrankenlos gew&#228;hrt (S. 44/46 Klageerwiderung = Bl. 244/246 d. A., S. 37/38 Duplik). Hinzu komme, dass die hier fragliche Technologie zwar nicht unverzichtbar sei, aber nicht ohne Weiteres &#228;nderbar und technologisch mit Basisband-Chips&#228;tzen verbunden (S. 51 Klageerwiderung, S. 23 ff. Duplik, S. 41 ff. Quadruplik). Die Kl&#228;gerin selbst betone die Wichtigkeit der hier fraglichen Energiesparfunktionen (S. 50/52 Klageerwiderung, FBD 14).</p> <p><rd nr="70"/>Die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs w&#252;rde zu einer erheblichen Behinderung und Beseitigung des Wettbewerbs im relevanten Markt f&#252;hren, auch weil RF-Schaltkreise mit dem Basisband-Chipsatz-Markt technisch eng verbunden seien (S. 23/ Duplik, SVG, Zeugen A., I.).</p> <p><rd nr="71"/>Auch die US International Trade Commission (ITC) habe k&#252;rzlich aus kartellrechtlichen Erw&#228;gungen (verankert in der USamerikanischen Rechtsfigur des &#8222;public interest&#8220;) eine Unterlassungsanordnung trotz festgestellter Verletzung abgelehnt (Schriftsatz vom 8.11.2018, FBD 35(a)).</p> <p><rd nr="72"/>Neben der m&#246;glichen Aussetzung nach <verweis.norm>Art. 16 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 2003/1/EG">VO 2003/1/EG</v.abk></verweis.norm>, oder zur Anfrage bei der Europ&#228;ischen Kommission oder zur Durchf&#252;hrung eines Vorabentscheidungsverfahrens oder mit Blick auf ein Verfahren im Vereinigten K&#246;nigreich (S. 7, 53/57 unten der Klageerwiderung Teil I = Bl. 207, 253/257 d. A., S. 34/44 Duplik, Urteil UK FBD 27, S. 51/52 Quadruplik, Schriftsatz vom 8.11.2018, FBD 36) m&#252;sse das Gericht daher die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit des Ausspruchs des Unterlassungsanspruchs nach <verweis.norm>Art. 3 Abs. 2 der <v.abk ersatz="Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG beachten (S">Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG beachten (S</v.abk></verweis.norm>. 8, 59/62 Klageerwiderung Teil I = Bl. 208, 259/262 d. A., FBD 17). Die Kl&#228;gerin versto&#223;e auch unmittelbar gegen <verweis.norm>Art. 3 der <v.abk ersatz="Entscheidung der Kommission vom 24">Entscheidung der Kommission vom 24</v.abk></verweis.norm>.01.2018 (S. 6, 9/16 Quadruplik). Der Unterlassungsantrag sei schlie&#223;lich missbr&#228;uchlich nach &#167;&#160;242 BGB: die Kl&#228;gerin habe den Beklagten seit Jahren versichert, sie st&#252;nde im Genuss einer umfassenden Durchlizenzierung implementierter Patente ihrer Auftragsfertiger (S. 8, 18/26, 62/64 Klageerwiderung Teil I = Bl. 208, 218/226, 262/264 d. A.). Die Kl&#228;gerin habe sich geweigert, der Beklagtenseite Lizenzen zu erteilen (S. 64 Klageerwiderung), auch f&#252;r SEPs (S. 43/44 Klageerwiderung = Bl. 243/244 d. A.). Jedenfalls m&#252;sse der Beklagtenseite wegen &#167;&#160;242 BGB eine Aufbrauchfrist gew&#228;hrt werden (S. 64/65 Klageerwiderung, S. 44/46 Duplik, S. 53 Quadruplik).</p> <p><rd nr="73"/>VII. Hilfsweise seien R&#252;ckruf- und Vernichtungsanspr&#252;che wegen Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit abzuweisen, weiter hilfsweise seien vollstreckungsrechtliche Besonderheiten zu beachten (S. 65/71 Klageerwiderung, FBD 18, FBD 19, S. 46 Duplik), insbesondere eine erh&#246;hte Vollstreckungssicherheit.</p> <p><rd nr="74"/>H. Die Klage vom 17.07.2017 wurde der Beklagtenseite am 05.12.2017 zugestellt (EB hinter Bl. 56 d. A.). Bereits unter dem 18.10.2017 war der Beklagtenseite nebst Beschluss nach &#167;&#160;184 ZPO eine beglaubigte Abschrift der Terminsverf&#252;gung vom 21.07.2017 (Bl. 54 d. A.) und eine Ladung zum Termin zugegangen. Unter dem 12.10.2017 bestellten sich Prozessbevollm&#228;chtigte f&#252;r die Beklagtenseite; die Klageerwiderungsfrist wurde f&#252;r das materielle Vorbringen verl&#228;ngert bis 15.12.2017 (Bl. 173 d. A., Verf&#252;gung vom 12.10.2017). Unter dem 20.11.2017 erhob die Beklagtenseite die Einrede der Unzul&#228;ssigkeit nach &#167;&#160;145 PatG, mit Blick auf eine in Mannheim durch Zustellung an die Beklagtenseite am 10.11.2017 erhobene Klage wegen einer Verletzung des Patents EP 2 954 737 (DE 60 2014 010 962.4).</p> <p><rd nr="75"/>Ein Antrag auf Gestellung einer Prozesskostensicherheit der Beklagtenseite (Schriftsatz vom 20.11.2017 S. 9 ff. = Bl. 184 ff. d. A.) wurde mit Beschluss vom 27.11.2017 behandelt (Bl. 186/188 d. A.).</p> <p><rd nr="76"/>Wegen geheimhaltungsbed&#252;rftiger Informationen wurde die &#214;ffentlichkeit w&#228;hrend der Sitzung am 08.11.2018 per Beschluss zeitweise ausgeschlossen. Unter dem 20.12.2018 hat die Kammer einen Beschluss gem. <verweis.norm>&#167; 173 Abs. 2 <v.abk ersatz="GVG">GVG</v.abk></verweis.norm> erlassen. Soweit dieses Urteil im Tatbestand oder in den Entscheidungsgr&#252;nden geheimhaltungsbed&#252;rftige Informationen erh&#228;lt, sind diese grau hinterlegt. Vorab wird jeweils auf die Geheimhaltungsbed&#252;rftigkeit der folgenden Passage hingewiesen, auch das Ende der geheimhaltungsbed&#252;rftigen Passage wurde markiert.</p> <p><rd nr="77"/>M&#246;glicherweise war die Zutrittsm&#246;glichkeit zu dem Landgericht M&#252;nchen I w&#228;hrend der Sitzung am 08.11.2018 von ca. 18 Uhr bis ca. 19.10 Uhr nicht gegeben. Das Gericht hat, nachdem es von Umst&#228;nden erfahren hat, die hierauf hindeuten, den fraglichen Teil der Sitzung sicherheitshalber nachgeholt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8.11.2018, die Aktenvermerke hierzu, sowie auf die Entscheidungsgr&#252;nde verwiesen.</p> <p><rd nr="78"/>Das Gericht hat sich durch einen Sachverst&#228;ndigen technisch beraten lassen (Anordnung S. 1 der Verf&#252;gung vom 21.03.2018 = Bl. 345 d. A.). Es hat ferner unter Ausschluss der &#214;ffentlichkeit Beweis erhoben durch Zeugenanh&#246;rung. Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 8.11.2018 sowie auf die Entscheidungsgr&#252;nde verwiesen.</p> <p><rd nr="79"/>Nach dem Schluss der m&#252;ndlichen Verhaltung reichten die Parteien nachgelassene und nicht nachgelassene Schrifts&#228;tze wie folgt ein:</p> <p>Klagepartei:</p> <p>Schriftsatz vom 29.11.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 6.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 7.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 12.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 14.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Beklagtenseite:</p> <p>Schriftsatz vom 22.11.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 29.11.2018 (nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 10.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 13.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 13.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p>Schriftsatz vom 17.12.2018 (nicht nachgelassen)</p> <p><rd nr="80"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 22.11.2018 beantragte die Beklagtenseite den Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung wegen Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs der Beklagtenseite. Im Einzelnen stellt das Gericht das Begehr der Beklagtenseite in den Entscheidungsgr&#252;nden dar.</p> <p><rd nr="81"/>Im &#220;brigen nimmt das Gericht Bezug auf s&#228;mtliche zwischen den Parteien gewechselten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen, sowie alle gerichtlichen Verf&#252;gungen, Vermerke, Beschl&#252;sse und Protokolle.</p> <p><rd nr="82"/>Soweit in diesem Tatbestand und in den nachfolgenden Entscheidungsgr&#252;nden auf Seitenzahlen von Schrifts&#228;tzen und Anlagennummern Bezug genommen wird, beziehen sich diese auf Seitenzahlen und Anlagennummern in dem Parallelverfahren 7 O 10796/17.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p><rd nr="83"/>Die Klage ist zul&#228;ssig (A.) und begr&#252;ndet (unter B.). Das Verfahren ist entscheidungsreif. Eine Wiederer&#246;ffnung der m&#252;ndlichen Verhandlung ist nicht angezeigt (E.).</p> <p>A. Zul&#228;ssigkeit</p> <p><rd nr="84"/>Die Klage ist zul&#228;ssig.</p> <p>I. Zust&#228;ndigkeit</p> <p><rd nr="85"/>Das Landgericht M&#252;nchen I ist international und &#246;rtlich nach <verweis.norm>Art. 7 Nr. 2 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> zust&#228;ndig. Die sachliche Zust&#228;ndigkeit folgt aus &#167;&#160;143 PatG, weil es sich um eine Patentstreitsache handelt.</p> <p>II. <verweis.norm>Art. 64 Abs. 3 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;145 PatG</p> <p><rd nr="86"/><verweis.norm>Art. 64 Abs. 3 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;145 PatG steht der Zul&#228;ssigkeit der Klage nicht entgegen. Die Einrede aus &#167;&#160;145 PatG ist zwar beklagtenseits fristgerecht erhoben, greift aber mangels gleichartiger Handlungen iSd &#167;&#160;145 PatG nicht durch.</p> <p>1. Frist</p> <p><rd nr="87"/>Die Einrede aus &#167;&#160;145 PatG ist jeweils fristgerecht erhoben. Die Einrede des &#167;&#160;145 PatG betrifft die Zul&#228;ssigkeit der weiteren Klage (Benkard PatG/Grabinski/Z&#252;lch PatG &#167; 145 Rn. 2 mwN) und muss daher innerhalb der Klageerwiderungsfrist geltend gemacht werden, &#167;&#160;282 Abs. 3 S. 2 ZPO (BeckOK PatR/Kircher PatG &#167; 145 Rn. 23). Das ist hier geschehen: die Beklagtenseite hat sich innerhalb der (verl&#228;ngerten materiellen) Klageerwiderungsfrist auf &#167;&#160;145 PatG berufen.</p> <p><rd nr="88"/>2. Mit Blick auf die Beklagte zu 1) liegt schon keine weitere Klage vor. Denn die hiesige Klage wurde der Beklagten zu 1) vor der Mannheimer Klage zugestellt, mithin rechtsh&#228;ngig iSd &#167;&#160;145 PatG. Unbeachtlich ist, dass der Beklagten zu 2) erst die Klage im Mannheimer Verfahren zugestellt wurde: die hiesigen Beklagten sind einfache Streitgenossen, die Rechtsh&#228;ngigkeit und die Wirkungen des &#167;&#160;145 PatG sind f&#252;r jeden Streitgenossen gesondert festzusetzen.</p> <p><rd nr="89"/>3. Jedenfalls keine gleichartige Handlung iSd &#167;&#160;145 PatG Es liegt im &#220;brigen jedenfalls keine gleichartige Handlung iSd <verweis.norm>&#167; 145 <v.abk ersatz="PatG">PatG</v.abk></verweis.norm> vor.</p> <p>a. &#8222;Handlung&#8220; ist nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung der mit dem Klageantrag konkret beschriebene, durch die Ausgestaltung eines bestimmten Teils der Gesamtvorrichtung charakterisierte konkrete Verletzungstatbestand ( BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 24 - Raffvorhang; BGH GRUR 1989, 187, 189 - Kreiselegge II). Nicht entscheidend ist, ob Verletzungstatbest&#228;nde durch dieselbe (Gesamt-)Vorrichtung verwirklicht werden (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 25 - Raffvorhang). Ob eine Handlung gleichartig ist, ist bei einer wertenden Abw&#228;gung der Interessen des Beklagten auf Schutz vor einer Inanspruchnahme in mehreren Prozessen einerseits und der Interessen des Kl&#228;gers an der Durchsetzung seiner Schutzrechte andererseits zu bestimmen. Ma&#223;geblich ist, ob es sich aufdr&#228;ngt, beide Patente in einer Klage anzugreifen, weil die Handlungen &#8222;im Vergleich zu der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zus&#228;tzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen&#8220;, so dass sie einen engen technischen Zusammenhang aufzeigen (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 27 - Raffvorhang). Nicht ausreichend ist es, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch f&#252;r die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestands von Bedeutung sind. Vielmehr muss auch im zweiten Rechtsstreit die konkrete Ausgestaltung dieser Teile angegriffen werden, in derselben oder in abgewandelter Form (BGH GRUR 2011, 411, 414 Rn. 28 - Raffvorhang). &#167;&#160;145 PatG ist mit Blick auf <verweis.norm>Art. 14 <v.abk ersatz="GG eng zu verstehen (BGH GRUR 2011">GG eng zu verstehen (BGH GRUR 2011</v.abk></verweis.norm>, 411, 413 Rn. 18 ff. mwN - Raffvorhang).</p> <p><rd nr="90"/>b. Hiernach liegen keine gleichartigen Handlungen vor.</p> <p><rd nr="91"/>Die Klage in Mannheim richtet sich zwar unstreitig gegen dieselben Beklagten. Ebenso ist die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in beiden Verfahren dieselbe, und die Kl&#228;gerin greift in beiden Verfahren u.a. den U.-Chip an. Die Handlungen im Sinne des Klageantrags sind aber weder dieselben noch gleichartig, weil die Patente, deren Schutz durch die Klagen verfolgt wird, keinen hinreichenden technischen Zusammenhang aufweisen. Beide Patente befassen sich zwar grunds&#228;tzlich mit einem H&#252;llkurvensignal. Schon die Oberbegriffe (&#8220;Power Tracker for multiple transmit signals sent simultaneously&#8220; in FBD 2 und &#8222;Lowvoltage power-efficient envelope tracker&#8220; im hiesigen Klagepatent) sind indes nicht deckungsgleich. Das hiesige Klagepatent versucht, ein speziell bei Niedrigspannung auftretendes Problem zu l&#246;sen. Das Patent FBD 2 (im Folgenden vereinfachend &#8222;Mannheimer Patent&#8220;) unternimmt es, aus mehreren Komponenten ein einheitliches Power Tracking Signal zu erzeugen. Der Power Tracker des Mannheimer Patents ist nicht das Gleiche wie der Envelope Tracker im hiesigen Klagepatent (Vortrag Kl&#228;gerin S. 9 Schriftsatz 25.01.2018, unbestritten).</p> <p><rd nr="92"/>Unbeachtlich ist dabei auch, dass die Merkmalsanalysen beider Patente bei einer Gegen&#252;berstellung teils &#220;berschneidungen aufweisen (Duplik S. 49/50). Die Beklagtenseite st&#252;tzt sich dabei auch auf Unteranspr&#252;che, die nicht Gegenstand der Klage in Mannheim sind, wie sich aus FBD 1 ergibt. Nur die klageweise in Bezug genommenen (Unter-) Anspr&#252;che k&#246;nnen f&#252;r die ma&#223;gebliche, durch die Klageantr&#228;ge umgrenzte Handlung im Sinne des &#167;&#160;145 PatG indes eine Rolle spielen. Nach oben dargestellter h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung ist f&#252;r die Anwendbarkeit des <verweis.norm>&#167; 145 <v.abk ersatz="PatG">PatG</v.abk></verweis.norm> nicht ausreichend, wenn es technische &#220;berschneidungen gibt, vielmehr soll er nur Anwendung finden, wenn in beiden Verfahren die konkrete Ausgestaltung der fraglichen Teile einer Gesamtvorrichtung angegriffen ist. Das ist hier nicht der Fall. Aus den gleichen Gr&#252;nden ist die &#220;bereinstimmung in den Figuren 5 des hiesigen Klagepatents/ Figur 9 des Mannheimer Patents irrelevant.</p> <p><rd nr="93"/>Die Beklagtenseite dringt auch nicht durch mit ihrer Argumentation, das hiesige Klagepatent gestalte die technische Lehre des Mannheimer Patents weiter aus. Hiergegen spricht schon, dass das hiesige Klagepatent j&#252;nger ist als das Mannheimer Patent, also denklogisch nicht an das Mannheimer Patent ankn&#252;pfen kann. Dann kann es dessen Lehre auch nicht (zielgerichtet) weiter ausgestalten. Das belegt auch nicht die Zusammenschau der beiden Patentanspr&#252;che, wie die Beklagtenseite sie betreibt (S. 47/48 Duplik). Das Mannheimer Patent setzt auf einem Leistungsversorgungsgenerator 586 auf, beispielsweise dargestellt in Figur 5. Wie der Leistungsversorgungsgenerator ausgestaltet sein soll, l&#228;sst das Mannheimer Patent offen. Dass es zwingend an das Klagepatent ankn&#252;pft, ist nicht ersichtlich, wie die Kl&#228;gerin zu Recht unterstrichen hat (S. 5 Replik).</p> <p><rd nr="94"/>Dabei ist auch unbeachtlich, dass das von dem Klagepatent adressierte Problem insbesondere bei der Kombination mehrerer Sendesignale (Carrier Aggregation) entsteht, und letzteres Gegenstand des Mannheimer Patents ist (zu S. 51/52 Duplik). Hieraus folgt gleichwohl nicht, dass das Mannheimer Patent sich die technische Lehre des hiesigen Klagepatents zu eigen macht. Dies folgt insbesondere nicht aus dem beklagtenseits in Bezug genommenen Unteranspruch 9 des Mannheimer Patents. Dieser ist schon nicht Gegenstand der Klage in Mannheim und daher nicht handlungsdefinierend, s.o. Wegen der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Anwendung des &#167;&#160;145 PatG (s.o.) kann allein der Umstand, dass die Einbindung der Erfindung eines Patents in die Anwendung der Erfindung eines anderen Patents zielf&#252;hrend sein k&#246;nnte, nicht einen technischen Zusammenhang im Sinne des &#167;&#160;145 PatG begr&#252;nden.</p> <p><rd nr="95"/>Schlie&#223;lich ist f&#252;r &#167;&#160;145 PatG nicht durchgreifend entscheidend, dass im hiesigen Verfahren ein Sachverst&#228;ndiger geh&#246;rt wurde. Ziel des &#167;&#160;145 PatG ist es nicht, die Verfahrens&#246;konomie zu erh&#246;hen, sondern die Beklagtenseite vor einer &#252;bergeb&#252;hrlichen Inanspruchnahme zu sch&#252;tzen. Die ZPO sieht insbesondere mit &#167;&#160;411a ZPO eine andere niederschwellige M&#246;glichkeit vor, eine nochmalige Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung in parallelen Verfahren zu vermeiden.</p> <p><rd nr="96"/>III. Die zuletzt gestellten Klageantr&#228;ge sind hinreichend bestimmt, weil in Gesamtschau mit der Klagebegr&#252;ndung klar wird, wogegen sich die Kl&#228;gerin wendet. Die Kammer hat im Hinblick auf die ausf&#252;hrliche Schilderung der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform in den Entscheidungsgr&#252;nden davon abgesehen, den Tenor entsprechend der BGH-Rechtsprechung (GRUR 2005, 569 - Blasfolienherstellung und GRUR 2012, 485 - Rohrreinigungsd&#252;se II) zu konkretisieren.</p> <p><rd nr="97"/>IV. Die besonderen Zul&#228;ssigkeitsvoraussetzungen f&#252;r die Schadensfeststellungsklage sind gegeben. Ein Feststellungsinteresse iSd &#167;&#160;256 ZPO liegt vor. Der Schadensersatzanspruch der Kl&#228;gerin ist vor Erteilung der begehrten Ausk&#252;nfte noch nicht bezifferbar.</p> <p><rd nr="98"/>V. Es liegt eine objektive und subjektive Klageh&#228;ufung vor, &#167;&#160;260 ZPO (analog).</p> <p><rd nr="99"/>VI. Der Klage fehlt nicht das Rechtsschutzbed&#252;rfnis, auch nicht wegen des beklagtenseits erhobenen Kartellrechtseinwands.</p> <p><rd nr="100"/>1. Das Rechtsschutzbed&#252;rfnis fehlt einer Klage nur unter besonderen Umst&#228;nden. Grunds&#228;tzlich besteht ein Anspruch auf die M&#246;glichkeit, ein ordentliches Gericht anzurufen. Das Rechtsschutzbed&#252;rfnis einer Klage ist von der Begr&#252;ndetheit zu trennen, d.h. der Berechtigung des materiellen Klagebegehrens (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, vor <verweis.norm>&#167; 253 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 18 mwN). Eine Klage kann u.a. unzul&#228;ssig sein, wenn das Gericht bei einer Gesamtw&#252;rdigung Indizien daf&#252;r feststellt, dass der Kl&#228;ger mit der Klage ausschlie&#223;lich prozesszweckfremde Zwecke verfolgt (BGH NJW 2017, 674, 675 Rn. 25 mwN; als h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung zu dem Rechtsschutzbed&#252;rfnis als allgemeine Prozessvoraussetzung auf das Patentrecht &#252;bertragbar).</p> <p><rd nr="101"/>Immaterialg&#252;terrechte sind im europ&#228;ischen Prim&#228;r- und Sekund&#228;rrecht ebenso wie national auf verfassungsrechtlicher Ebene gesch&#252;tzt. Sie gew&#228;hren ein Ausschlie&#223;lichkeitsrecht, das insbesondere die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gew&#228;hrt. Dessen Aus&#252;bung kann grunds&#228;tzlich keinen Missbrauch begr&#252;nden (Calliess/Ruffert-Wei&#223;, EUV/AEUV, 5. Auflage, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> Rn. 39 mwN): Es ist eine Grundwertung des Patentrechts, dass der Patentinhaber sein Ausschlie&#223;lichkeitsrecht auch aus&#252;ben darf. Anderes kann grunds&#228;tzlich nur gelten, wenn das fragliche Patent standardessenziell ist und dem Patentinhaber hierdurch eine marktbeherrschende Stellung vermittelt, oder wenn sich aus den Modalit&#228;ten der Aus&#252;bung der Rechte aus dem (nicht standardessentiellen aber nicht umgehbaren) Patent ergibt, dass ein kartellrechtlich relevantes Ziel verfolgt wird (und die Aus&#252;bung des Rechts mithin nicht mehr seinem &#8222;spezifischen Gegenstand&#8220; entspricht, siehe Calliess/Ruffert-Wei&#223;, EUV/AEUV, 5. Auflage, <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> Rn. 39 mwN; grundlegend EuGH verb. Rs. C-241/91 P und 242/91 P GRUR-Int 1995, 490, 493, Rn. 50 ff. - Magill; EuGH 238/87 GRUR-Int 1990, 141, Rn. 9 - Volvo/Veng). An die Annahme einer solchen Ausnahmesituation sind strenge Anforderungen zu stellen (zB EuGH Rs. C-418/01 - IMS Health MMR 2004, 456, Rn. 34, 35 mwN). Eine Lizenz soll dann erteilt werden m&#252;ssen, wenn ihre Verweigerung das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht, die Verweigerung darf nicht gerechtfertigt sein, und sie muss geeignet sein, jeglichen Wettbewerb auf einem abgeleiteten Markt auszuschlie&#223;en (EuGH Rs. C-418/01 - IMS Health MMR 2004, 456, Rn. 38 mwN). Dieser Ansatz kann dahingehend generalisiert werden, dass bei Vorliegen der vorgenannten Umst&#228;nde die Geltendmachung von Anspr&#252;chen auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung aus einem Ausschlie&#223;lichkeit vermittelnden Immaterialg&#252;terrecht ausgeschlossen sein soll.</p> <p><rd nr="102"/>2. Nach diesem Ma&#223;stab liegt keine Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit der Antr&#228;ge auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung (nachfolgend alleine: Antrag auf Unterlassung) vor, die zu einer Unzul&#228;ssigkeit der Klage insoweit f&#252;hren w&#252;rde.</p> <p><rd nr="103"/>a. Das Gericht pr&#252;ft die Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit des Antrags auf Unterlassung als Teil der Zul&#228;ssigkeit der Klage, obwohl die Beklagtenseite diesen Punkt (nur) als Begr&#252;ndetheitsproblem ansieht. Das Gericht hat aber die Zul&#228;ssigkeit einer Klage von Amts wegen zu pr&#252;fen und vorgetragene Tatsachen rechtlich eigenst&#228;ndig zu werten, unabh&#228;ngig von der juristischen Einkleidung durch die Parteien.</p> <p><rd nr="104"/>b. Die Beklagtenseite hat nicht belegt, dass die Kl&#228;gerin (lediglich) prozesszweckfremde Ziele mit der Klage verfolgt. Sie hat nicht belegt, dass die Klage nur dem Zweck dient, ihre marktbeherrschende Stellung auf dem Markt f&#252;r Premium-Basisband-Chips&#228;tze auszubauen, und/ oder N. als Mitbewerber aus dem Markt zu dr&#228;ngen.</p> <p><rd nr="105"/>Irrelevant ist, ob die Kl&#228;gerin eine marktbeherrschende Stellung innehat, und wenn ja, auf welchem Markt. Denn die Geltendmachung der kl&#228;gerischen Anspr&#252;che, insbesondere des Unterlassungsanspruchs, ist schon keine missbr&#228;uchliche Verhaltensweise. Entgegen den oben dargestellten Grunds&#228;tzen hat die Beklagtenseite schon nicht belegt, dass durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs das Auftreten eines neuen Erzeugnisses verhindert wird. Vielmehr behauptet die Beklagtenseite, dass die patentgem&#228;&#223;e Erfindung nicht benutzt werde, und die Nutzung auch nicht erforderlich sei. Die engen Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH die Geltendmachung eines Immaterialg&#252;terrechts ausgeschlossen sein soll, sind mithin nicht erf&#252;llt.</p> <p><rd nr="106"/>Die Vorgehensweise der Kl&#228;gerin erfordert des Weiteren keine Marktmacht, auch nicht bei der beklagtenseits herangezogenen Gesamtschau des Prozessverhaltens der Kl&#228;gerin. Die Kl&#228;gerin geht als Patentinhaberin gegen die Beklagtenseite vor, unabh&#228;ngig von der Stellung beider Parteien auf bestimmten M&#228;rkten. Die Beklagtenseite behauptet zwar, dass die Kl&#228;gerin mit den Klagen ein au&#223;erhalb des eigentlichen Klagebegehrens liegendes Ziel verfolge, n&#228;mlich N. aus dem Markt zu dr&#228;ngen. Dem steht indes schon entgegen, dass die Kl&#228;gerin nach dem Vortrag der Beklagtenseite ihre Unterlassungsanspr&#252;che (nur) &#8222;&#252;berwiegend&#8220; gegen P.s richte, die N.-Chips enthielten (S. 6 Klageerwiderung Teil I). Das bedeutet gleichzeitig, dass sie auch gegen P.s vorgeht, die Qualcomm-Chips enthalten. Belegt ist die Behauptung, die Kl&#228;gerin verfolge mit den Klagen das Ziel, N. aus dem Markt zu dr&#228;ngen, im &#220;brigen nicht. Schlie&#223;lich kommt hinzu, dass die Beklagtenseite eines der wichtigsten Unternehmen auf dem Markt der Mobilfunktelefonherstellung ist, und die hiesigen Verfahren Signalwirkung f&#252;r andere Unternehmen haben k&#246;nnen, die ein gesondertes gerichtliches Vorgehen gegen diese Unternehmen entbehrlich machen w&#252;rde. Im &#220;brigen hat die Beklagtenseite nicht im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten anderen Unternehmen durch welche konkreten Produkte Patentrechte der Kl&#228;gerin verletzen und warum und seit wann die Kl&#228;gerin hiervon in einer Weise Kenntnis erlangt hat, die eine Klageerhebung mit einiger Erfolgswahrscheinlichkeit erm&#246;glichten.</p> <p><rd nr="107"/>Wollte man der Argumentationslinie der Beklagtenseite folgen, w&#228;re die Kl&#228;gerin im &#220;brigen effektiv jeglicher M&#246;glichkeit beraubt, die Verletzung ihrer Patente durch Mobilfunkhersteller zu ahnden, jedenfalls soweit diese andere als ihre Chips verwenden. Konsequent zu Ende gedacht d&#252;rfte die Kl&#228;gerin auch nicht gegen die Hersteller patentverletzender Chips (wie hier U.) vorgehen, weil ein etwaiger Unterlassungs- und R&#252;ckrufanspruch Auswirkungen auf Mobilfunkhersteller und damit mittelbar auf die Marktquote N.s haben k&#246;nnte. Die Kl&#228;gerin w&#228;re mithin wegen einer (bestrittenen) marktbeherrschenden Stellung auf einem abgeschlossenen Markt effektiv daran gehindert, jegliche ihrer Patente - gleich welcher Markt hierdurch betroffen sein k&#246;nnte - durchzusetzen. Dieses Ergebnis ist mit der oben dargestellten gesetzgeberischen Wertung des Patentrechts nicht vereinbar.</p> <p><rd nr="108"/>Hinzu kommt: Die Beklagtenseite wird nicht durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs im Klagewege gezwungen, wieder die Kl&#228;gerin als Lieferantin zu w&#228;hlen (S. 49 Klageerwiderung Teil I). Sie w&#228;re allenfalls auf die Kl&#228;gerin als Lieferantin verwiesen, wenn sie die (erwiesene, dazu sogleich) Patentverletzung nicht abstellen k&#246;nnte. Das ist indes kein kartellrechtlich relevanter Punkt. Eine Berufung auf eine Rechtsmissbr&#228;uchlichkeit des Vorgehens der Kl&#228;gerin w&#228;re jedenfalls der Beklagtenseite als Patentverletzerin verwehrt - denn eine solche Berufung w&#228;re ihrerseits rechtsmissbr&#228;uchlich.</p> <p><rd nr="109"/>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>c. &#8230;</p> <p>&#8222; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="110"/>Ein Anspruch auf Lizenzerteilung kommt nur unter engen Voraussetzungen bei standardessentiellen Patenten in Betracht, ein solches liegt unstreitig nicht vor. Eine Ausweitung auf nicht standardessentielle Patente, kommt nach der Rechtsprechung des EuGH (wie vorzitiert) allenfalls dann in Betracht, wenn deren Benutzung unabdingbar ist. Die Beklagtenseite tr&#228;gt insoweit aber gerade vor, das Klagepatent nicht zu benutzen und dass die Benutzung auch nicht notwendig, mithin nicht unabdingbar, sei.</p> <p><rd nr="111"/>d. Die Kl&#228;gerin verst&#246;&#223;t durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auch nicht gegen die Entscheidung der EU-Kommission, Case AT.40220. Zwar ist sie trotz der eingelegten Nichtigkeitsklage mangels Suspensivwirkung (<verweis.norm>Art. 278 S. 1 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>) verbindlich. Der Beschluss der EU-Kommission erfasst aber die hiesige Klage nicht. Wie oben festgestellt, stellt die Klage keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung der Kl&#228;gerin dar. Insbesondere ist f&#252;r die Klage keine marktbeherrschende Stellung erforderlich, sondern nur die Inhaberschaft des Klagepatents. Es liegt mithin kein Verhalten vor, das ein vergleichbares Ziel oder eine vergleichbare Wirkung aufweist wie das durch den Beschluss der EU-Kommission adressierte Verhalten.</p> <p><rd nr="112"/>3. Ein anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung der ITC. Das erkennende Gericht ist an die Entscheidung der ITC nicht gebunden, wie die Beklagtenseite selbst unterstreicht. Ungeachtet dessen sieht die Kammer keine inhaltliche &#220;bertragbarkeit der Entscheidung der ITC auf den hiesigen Fall. Ma&#223;geblich ist, dass die ITC eine gerichts&#228;hnliche Beh&#246;rde ist, die bestimmte Ma&#223;nahmen aussprechen kann. Ihre Anrufung ist aber nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer nicht die einzige M&#246;glichkeit, sich in den USA gegen eine Patentverletzung zu wehren. Vielmehr bleibt hierneben die M&#246;glichkeit, Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anzustrengen, s. 281 Patent Act, wenngleich diese andere Rechtsfolgen zeitigen k&#246;nnen. Die Kl&#228;gerin ist in den USA durch die Entscheidung FBD 35 mithin nicht rechtlos gestellt, worauf FBD 35 auch abstellt (S. 194: &#8222;Another relevant matter that I note is that Qualcomm is an established and profitable concern that has an adequate remedy at law for any patent infringement by P..&#8220;) Die Anrufung der ordentlichen Gerichte ist in Deutschland aber die einzige dem Patentinhaber unmittelbar zur Verf&#252;gung stehende Ahndungsm&#246;glichkeit einer Patentverletzung. Mithin ist schon die rechtliche Situation, von der FBD 35 ausgeht, nicht mit der Situation vergleichbar, wie sie sich der Kammer pr&#228;sentiert.</p> <p><rd nr="113"/>4. Nach alledem ist die Klage nicht als kartellrechtsversto&#223;end anzusehen. Sie ist nicht rechtsmissbr&#228;uchlich.</p> <p>B. Begr&#252;ndetheit</p> <p><rd nr="114"/>Die Klage ist begr&#252;ndet. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform benutzt das Klagepatent (unter I.), die Beklagten haben die Patentverletzung begangen (unter II.). Die Beklagten dringen mit ihrem Lizenz- und Ersch&#246;pfungseinwand nicht durch (unter III.).</p> <p>I. Klagepatent</p> <p><rd nr="115"/>Das Klagepatent betrifft ein Verfahren f&#252;r eine effiziente Stromversorgung elektrischer Verst&#228;rker, speziell eines H&#252;llkurvenverfolgers (englisch envelope tracker).</p> <p><rd nr="116"/>Das Klagepatent wurde unter Inanspruchnahme der Priorit&#228;t vom 23.06.2011 (US 201113167659) am 24.06.2012 angemeldet. Die Patenterteilung wurde am 09.08.2017 ver&#246;ffentlicht.</p> <p>1. Relevanter Fachmann</p> <p><rd nr="117"/>Relevanter Fachmann ist nach der &#252;bereinstimmenden Definition der Parteien im Termin am 08.02.2018 (S. 3 des Protokolls 7 O 10495/17), der sich die Kammer anschlie&#223;t, ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrj&#228;hriger Erfahrung auf dem Gebiet des Chipdesigns f&#252;r Mobilfunkanwendungen.</p> <p>2. Stand der Technik</p> <p><rd nr="118"/>Im Stand der Technik war zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt, Informationen in RF-Signale (&#8220;radio frequency signal&#8220;, hochfrequentes Signal) umzuwandeln und sodann an einen Empf&#228;nger zu &#252;bertragen. Vor &#220;bertragung wird das RF-Signal durch einen power amplifier (Leistungsverst&#228;rker) verst&#228;rkt [0002], [0003]. Alle Amplituden (Ausschl&#228;ge) eines Signals m&#252;ssen verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig verst&#228;rkt werden, was energieintensiv ist.</p> <p><rd nr="119"/>Das Klagepatent baut auf der (im Stand der Technik bekannten, [0005]) sog. H&#252;llkurvenverfolgung (&#8222;envelope tracking&#8220;) als ein m&#246;gliches Mittel zur Optimierung des Leistungswirkungsgrads von Hochfrequenz-Leistungsverst&#228;rkern auf. Ansatz der H&#252;llkurvenverfolgung ist, einem Signal spezifisch zu folgen, mithin den Verlauf einer Amplitude abzubilden, und die Energieversorgung entsprechend der Amplitude zu- und abnehmen zu lassen. Alternativ m&#252;sste so viel Spannung angelegt werden, dass die gesamte Bandbreite einer Amplitude abgebildet werden k&#246;nnte, was zu &#252;bersch&#252;ssiger Energieabgabe f&#252;hren w&#252;rde - eine erh&#246;hte W&#228;rmeabgabe und eine ineffiziente Nutzung der Batterie w&#228;ren die Folge (zum envelope tracking und zu der Alternative, dem sog. average power tracking S. 27/30 Replik):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-3-de.jpeg" alt=""/></p> <p>(Abbildung Klage S. 8, im Original in Farbe)</p> <p><rd nr="120"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker (= Linearverst&#228;rker) hat indes f&#252;r sich gesehen einen schlechten Wirkungsgrad, d.h. bei der Verst&#228;rkung geht viel Energie verloren.</p> <p>3. Kritik am Stand der Technik</p> <p><rd nr="121"/>Dieser Stand der Technik wird in der Patentschrift nicht ausdr&#252;cklich kritisiert.</p> <p><rd nr="122"/>Das Klagepatent beschreibt es indes als w&#252;nschenswert, dass der Leistungsverst&#228;rker in der Lage ist, eine hohe Ausgangsleistung bereitzustellen, und einen hohen Leistungswirkungsgrad (&#8222;power-added efficiency&#8220;) aufweist, auch bei geringer Batteriespannung [0003] S. 2, 3.</p> <p><rd nr="123"/>Angestrebt wird ein Ausgleich zwischen einer m&#246;glichst akkuraten Leistung, u.a. der Verst&#228;rkung zur &#220;bertragung des RF-Signals, und der Batterieleistungsdauer.</p> <p>4. Aufgabe</p> <p><rd nr="124"/>Als Aufgabe gibt die Klagepatentschrift in [0005] an: &#8222;Techniques for efficiently generating a power supply for a power amplifier and/or other circuits are described herein.&#8220; Das soll insbesondere dann gelten, wenn die Batteriespannung niedrig ist ([0033]). Dieser Wertung schlie&#223;t sich die Kammer an.</p> <p><rd nr="125"/>Die Kl&#228;gerin beschreibt die technische Aufgabe - beklagtenseits unbestritten - wie folgt: Es solle ein Leistungsverst&#228;rker mit einem hohen Wirkungsgrad bei der Leistungsversorgung geschaffen werden, der f&#252;r den Einsatz in einem batteriebetriebenen Ger&#228;t geeignet ist, insbesondere dann, wenn die Batteriespannung niedrig ist (S. 30/31 Replik, [0031]). Dem ist zuzustimmen.</p> <p>5. L&#246;sung</p> <p><rd nr="126"/>Das Klagepatent schl&#228;gt zur L&#246;sung dieser Aufgabe in Patentanspruch 1 eine Vorrichtung vor, um eine effiziente Leistungsversorgung auch bei sinkender oder niedriger Batteriespannung sicherzustellen. Die Vorrichtung umfasst ein Schaltelement, einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker und einen Boost Converter [0006] S. 1. Der Einsatz eines Schaltelements mit einer Induktivit&#228;t und die flexible Steuerung des Ladens der Induktivit&#228;t mittels eines Offsets, sowie der selektive Einsatz einer geboosteten Versorgungsspannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker ist zentral f&#252;r die Erfindung (S. 31 Replik).</p> <p><rd nr="127"/>Beide Parteien gliedern Patentanspruch 1 auf dieselbe folgende Weise (K 2), der sich die Kammer anschlie&#223;t:</p> <p>Anspruch 1</p> <p><rd nr="128"/>1. Vorrichtung, die Folgendes umfasst:</p> <p>1.1 eine Induktivit&#228;t, die betreibbar ist zum Empfangen eines Schaltsignals und zum Bereitstellen eines Versorgungsstroms;</p> <p>1.2 ein Schaltelement, das betreibbar ist zum Abf&#252;hlen eines Eingangsstroms und zum Generieren des Schaltsignals zum Laden und Entladen der Induktivit&#228;t zum Bereitstellen des Versorgungsstroms,</p> <p>1.2.1 wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt, um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset;</p> <p>1.3 einen Boost- bzw. Aufw&#228;rtswandler, der betreibbar ist zum Empfangen einer ersten Versorgungsspannung und zum Bereitstellen einer geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung mit einer h&#246;heren Spannung als die erste Versorgungsspannung,</p> <p>1.4 einen H&#252;llkurvenverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen eines H&#252;llkurvensignals und zum Bereitstellen eines zweiten Versorgungsstroms basierend auf dem H&#252;llkurvensignal,</p> <p>1.4.1 wobei der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv basierend auf der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten bzw. erh&#246;hten Versorgungsspannung arbeitet</p> <p>1.5 wobei ein Gesamtversorgungsstrom den Versorgungsstrom von dem Schaltelement und den zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker umfasst;</p> <p>Anspruch 2</p> <p><rd nr="129"/>2. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das Schaltelement basierend auf der ersten Versorgungsspannung arbeitet, und wobei der Versatz bzw. Offset basierend auf der ersten Versorgungsspannung bestimmt wird.</p> <p>Anspruch 3</p> <p><rd nr="130"/>3. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei das Schaltelement Folgendes umfasst:</p> <p>3.1 einen Summierer, der betreibbar ist zum Summieren des Eingangsstroms und eines Versatz- bzw. Offsetstroms und zum Bereitstellen eines summierten Stroms,</p> <p>3.2 einen Stromabf&#252;hlverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des summierten Stroms und zum Bereitstellen eines abgef&#252;hlten Signals, und</p> <p>3.3 einen Treiber, der betreibbar ist zum Empfangen des abgef&#252;hlten Signals und zum Bereitstellen wenigstens eines Steuersignals, das verwendet wird zum Generieren des Schaltsignals f&#252;r die Induktivit&#228;t.</p> <p>Anspruch 4</p> <p><rd nr="131"/>4. Die Vorrichtung nach Anspruch 3,</p> <p>4.1 wobei das wenigstens eine Steuersignal ein erstes Steuersignal und ein zweites Steuersignal umfasst, und</p> <p>4.2 wobei das Schaltelement weiter Folgendes umfasst:</p> <p>4.2.1 einen P-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. PMOS-Transistor (PMOS = P-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das erste Steuersignal empf&#228;ngt, einer Quelle bzw. Source, die eine erste Versorgungsspannung empf&#228;ngt, und einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt, und</p> <p>4.2.2 einen N-Kanal-Metalloxidhalbleiter- bzw. NMOS-Transistor (NMOS = N-channel metal oxide semiconductor) mit einem Gate, das das zweite Steuersignal empf&#228;ngt, einer Senke bzw. Drain, die das Schaltsignal bereitstellt und einer Quelle bzw. Source, die an Schaltungsmasse gekoppelt ist.</p> <p>Anspruch 5</p> <p><rd nr="132"/>5. Die Vorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Vorrichtung weiter umfasst: einen Leistungsverst&#228;rker, der betreibbar ist zum Empfangen des Versorgungsstroms von der Induktivit&#228;t und zum Empfangen und Verst&#228;rken eines Eingangshochfrequenz- bzw. Eingangs-HF-Signals und zum Bereitstellen eines Ausgangs-HF-Signals.</p> <p><rd nr="133"/>Mit der nachfolgenden (systemischen) Abbildung (im Original in schwarz-wei&#223;) wird der Erfindungsgegenstand anhand eines bevorzugten Ausf&#252;hrungsbeispiels verdeutlicht:</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-4-de.JPG" alt=""/></p> <p><rd nr="134"/>In obiger Abbildung ist dargestellt, wie der Leistungsverst&#228;rkers (PA) mit Strom versorgt wird: Ihm wird ein Gesamtversorgungsstrom Ipa zugef&#252;gt, der aus zwei &#8222;Stromteilen&#8220; gebildet wird: Der eine Versorgungsstrom kommt von dem rechts angesiedelten Schaltelement (Switcher). Dabei handelt es sich um den patentgem&#228;&#223; ersten Versorgungsstrom (Merkmal 1.1). Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker, links in obiger Figur, stellt einen zweiten Versorgungsstrom bereit, Merkmal 1.4, in der Figur Ienv. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet mit - wahlweise geboosteten - Batteriestrom, das Schaltelement mit Batteriestrom, der von der Induktivit&#228;t = Spule bereitgestellt wird. Letzterer wird in obiger Figur als Iind bezeichnet.</p> <p><rd nr="135"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker empf&#228;ngt ein H&#252;llkurvensignal und stellt basierend hierauf signalspezifisch den anspruchsgem&#228;&#223; zweiten Versorgungsstrom bereit. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet mit Batteriestrom, der so schnell ist, dass er dem H&#252;llkurvensignal auch bei den h&#246;heren Amplituden folgen kann, was die Induktivit&#228;t nicht leisten kann (S. 36 Replik, [0034]). Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet indes nicht effizient genug, so dass der Hauptanteil des Gesamtversorgungsstroms f&#252;r den Leistungsverst&#228;rker Ipa aus dem ersten Versorgungsstrom, mithin von der Induktivit&#228;t/ dem Schaltelement kommen soll. Die Induktivit&#228;t arbeitet weit effizienter. Der Fachmann erkennt, dass die Induktivit&#228;t einen h&#246;heren Wirkungsgrad als ein Linearverst&#228;rker hat. Deshalb soll nach dem Klagepatent ein m&#246;glichster gro&#223;er Anteil des Versorgungsstroms von dem Switcher bereitgestellt werden (S. 32 Replik, [0032]). H&#252;llkurvenverst&#228;rker und Induktivit&#228;t h&#228;ngen an der Batteriespannung, Vbat.</p> <p><rd nr="136"/>Ob die Induktivit&#228;t l&#228;dt oder entl&#228;dt (= mit der Batterie verbunden ist oder nicht) ist abh&#228;ngig von dem Schaltelement: Dem Schaltelement wird der von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker kommende abgef&#252;hlte Strom Isen zugef&#252;hrt; das Schaltelement vergleicht den Isen als Spannung mit einer Referenzspannung. Das geschieht in der Figur 5 im Current Sense Amplifier, einem Komparator (Analog-Digital-Wandler). Er ordnet den Eingangsstrom (abgef&#252;hlten Strom) oder die gewandelten Spannungen anhand von vorgegebenen Referenzspannungen, f&#252;r die &#252;blicherweise ein Fenster definiert ist, ein, und gibt basierend hierauf ein Signal mit den logischen Gr&#246;&#223;en high oder low aus, das &#252;ber den Driver das Schaltsignal (an oder aus) steuert (S. 34/35 Replik). Je nach Ma&#223; des Stroms Isen wird die Induktivit&#228;t geladen oder nicht, und liefert sie mehr oder weniger ersten Versorgungsstrom zum Gesamtversorgungsstrom Ipa.</p> <p><rd nr="137"/>Durch einen patentgem&#228;&#223;en Offset (Merkmal 1.2.1) kann auf die Menge des von der Induktivit&#228;t gelieferten Anteils am Versorgungsstrom Einfluss genommen werden. Die Auslegung dieses Merkmals ist zwischen den Parteien streitig. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker kann selektiv mit der Batteriespannung (erste Versorgungsspannung, Vbat) und mit der geboosteten Spannung (Vboost) betrieben werden, Merkmale 1.3 und 1.4.1. Zwischen den Parteien ist auch die Auslegung des Merkmals 1.4.1 streitig. Die Kammer geht auf die Auslegung dieser Merkmale nachfolgend gesondert ein.</p> <p>II. Wortsinngem&#228;&#223;er Gebrauch</p> <p><rd nr="138"/>Die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen machen von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngem&#228;&#223; Gebrauch. Die Beklagten verletzen das Patent unmittelbar gem&#228;&#223; &#167;&#160;9 Nr. 1 PatG.</p> <p>1. angegriffene Ausf&#252;hrungsform</p> <p><rd nr="139"/>Die kl&#228;gerseits als angegriffene Ausf&#252;hrungsform identifizierten Ger&#228;te enthalten den Chip Typ U. 81003 M (im Folgenden &#8222;U.-Chip&#8220;). Mit der Klage griff die Kl&#228;gerin explizit zun&#228;chst die Ger&#228;te P. 7plus und P. 7 der Beklagtenseite an. Mit der Replik (dort S. 13) benannte sie explizit auch die Ger&#228;te P. 8, P. 8 plus, P. X als verletzend. Sie beschr&#228;nkte ihren Angriff indes nicht auf die vorgenannten Ger&#228;ttypen, sondern griff alle Ausf&#252;hrungsformen an, die von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen (S. 17, 20 der Klageschrift).</p> <p><rd nr="140"/>Der U.-Chip ist Teil des U.-Envelope Trackers. Dieser wiederum ist Teil des Radio Freqency Front End (RFFE) der angegriffenen P.s (S. 18/20 Klageschrift, S. 10/11 Replik, jeweils mit Bildern). Der U.-Envelope Tracker stellt ein sog. System Inside Package Modul dar, das einen Chip und weitere Elemente wie Kondensatoren (capacitors) und Induktivit&#228;ten (inductors) umfasst.</p> <p><rd nr="141"/>Die genaue Ausgestaltung des U.-Chips ist zwischen den Parteien streitig. Die Kl&#228;gerin hat im Wege eines reverse engineering das gesamte Modul U.-Enevlope-Tracker untersucht. Die Untersuchungsergebnisse liegen vor in Form von Teardown-Reports (Nr. 1: K&#160;3, korrigiert K&#160;7 - siehe S. 2 Schriftsatz vom 30.11.2017 = Bl. 197 d. A., vergr&#246;&#223;erte Schaltpl&#228;ne K&#160;15, elektronische Version K&#160;16 = S. 13 Replik; Nr. 2: K&#160;4, zu der Erstellungsweise der Teardown-Reports siehe Replik S. 11/12). Die urspr&#252;nglichen Schaltpl&#228;ne lagen dabei nicht vor. Auf Basis dieses Reports hat die Kl&#228;gerin ein privates Sachverst&#228;ndigengutachten zur Funktionsweise des Chips anfertigen lassen und vorgelegt (K 22).</p> <p><rd nr="142"/>Folgende Bauteile enth&#228;lt die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unstreitig: Sie weist einen envelope tracker auf, der einen Versorgungsstrom f&#252;r einen Leistungsverst&#228;rker bereitstellt. Der Versorgungsstrom wird verst&#228;rkt. Des Weiteren gibt es eine Induktivit&#228;t mit Schaltelement. Das Schaltelement wird basierend auf dem Leistungsnachverfolgungssignal gesteuert. Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verf&#252;gt auch &#252;ber einen Kondensator, dessen Auswirkungen f&#252;r ihre Funktionsweise zwischen den Parteien streitig ist.</p> <p><rd nr="143"/>Mangels wirksamen Bestreitens der Beklagtenseite (dazu sogleich) geht das Gericht davon aus, dass sich der H&#252;llkurvenmodulator in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform darstellen l&#228;sst wie in Abbildung 1 des Privatgutachtens K&#160;23 (Abbildung im Original schwarz-weiss):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-5-de.png" alt=""/></p> <p><rd nr="144"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker liefert in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform hiernach den zweiten Versorgungsstrom Ienv. Durch einen Kondensator werden die Gleichstromanteile des Ienv entnommen. Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker liefert Ipa daher nur Wechselstrom zu. Der Gleichstrom kommt vollst&#228;ndig von dem Schaltelement.</p> <p><rd nr="145"/>Der Gesamtversorgungsstrom Ipa ist in Abh&#228;ngigkeit von dem H&#252;llkurvensignal variabel. Um eine ausreichende Menge Gleichstrom f&#252;r den Gesamtversorgungsstrom bereitzustellen, wird dem abgef&#252;hlten Strom Isen (eine Nachbildung von Ienv) ein Offset/ Versatz hinzugef&#252;gt, indem der Schaltpunkt des Komparators verringert und dadurch der Tastgrad der Schaltstufe erh&#246;ht wird. Im Einzelnen verweist die Kammer auf das Gutachten K&#160;23.</p> <p><rd nr="146"/>Ungeachtet der konkreten Ausgestaltung des Offsets geht die Kammer im &#220;brigen mit der Kl&#228;gerin (mangels wirksamen Bestreitens der Beklagtenseite) davon aus, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform &#252;ber einen Offset verf&#252;gen muss.</p> <p><rd nr="147"/>Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform weist einen Boost Converter auf, der technisch eine Buck-Boost-Kombination darstellt. Der Buck-Konverter liefert eine Ausgangsspannung, die kleiner/ gleich der Batteriespannung sein kann, der Bost-Konverter generiert eine Ausgangsspannung, die gr&#246;&#223;er als die Batteriespannung ist. In dem Boost Converter Control wird entschieden, ob Boost- oder Buck-Funktion geschaltet werden m&#252;ssen, oder ob die Batteriespannung direkt auf den Ausgang geschaltet wird. F&#252;r die Einzelheiten wird auf das Privatgutachten K&#160;23 verwiesen.</p> <p>2. Unmittelbare wortsinngem&#228;&#223;e Nutzung</p> <p><rd nr="148"/>Patentanspruch 1 des Klagepatents wird durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; benutzt, weil alle Merkmale des geltend gemachten Anspruchs 1 des Klagepatents durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verwirklicht werden.</p> <p>a. Schutzbereichsbestimmung</p> <p><rd nr="149"/>Gem&#228;&#223; <verweis.norm>Art. 69 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> wird der Schutzbereich eines europ&#228;ischen Patents durch die Patentanspr&#252;che bestimmt. Beschreibung und Zeichnungen sind zur Auslegung indes heranzuziehen. Erforderlich ist eine funktionsorientierte Auslegung, wobei die Patentschrift grunds&#228;tzlich ihr eigenes Lexikon stellen kann (BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Begriffe in den Patentanspr&#252;chen und in der Patentbeschreibung sind so zu deuten, wie sie der angesprochene Durchschnittsfachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Ber&#252;cksichtigung von Aufgabe und L&#246;sung der Erfindung versteht (BGH GRUR 1999, 909, 911 - Spannschraube, mwN). Eine Auslegung muss auch dann (wohlwollend) erfolgen, wenn der Wortlaut scheinbar eindeutig ist (BGH GRUR 2015, 875, 876 - Rotorelemente, mwN). Auch innerhalb eines Patentanspruchs mehrfach verwendete Begriffe m&#252;ssen jeweils in Bezug auf die im konkreten Zusammenhang gegebene technische Funktion ausgelegt werden und k&#246;nnen sogar unterschiedlich zu verstehen sein (K&#252;hnen, 10. Auflage A. Rn. 52 mwN).</p> <p>b. Unstreitig verwirklichte Merkmale</p> <p><rd nr="150"/>Zu Recht ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.3 und 1.4 unmittelbar wortsinngem&#228;&#223; verwirklicht sind.</p> <p><rd nr="151"/>c. M 1.2.1 verwirklicht Auch das Merkmal 1.2.1 (&#8220;the switcher adding an offset to the input current to generate a larger supply current via the inductor than without the offset&#8220;) ist verwirklicht.</p> <p>(1) Auslegung &#8222;Offset&#8220;</p> <p>&#8222;Offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 ist mit der Kl&#228;gerin dahingehend auszulegen, dass er jegliche Ver&#228;nderung der Bewertung des Eingangsstroms umfasst.</p> <p><rd nr="152"/>(a) Die Kl&#228;gerin hat hierzu vorgebracht:</p> <p><rd nr="153"/>(aa) Der Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 bewirke anspruchsgem&#228;&#223;, dass der &#252;ber die Induktivit&#228;t generierte Versorgungsstrom gr&#246;&#223;er sei als ein Versorgungsstrom ohne Offset. Diese Ma&#223;nahme sei insbesondere wichtig wenn die Batteriespannung sinke, weil dann die Induktivit&#228;t langsamer lade und der Induktivit&#228;tsstrom sinke (S. 34 Replik, Figur 4b und [0035] des Klagepatents). Durch den Offset k&#246;nne bewusst herbeigef&#252;hrt werden, dass sich das Schaltelement l&#228;nger im &#8222;An&#8220;-Zustand befinde als ohne Offset, was zu einer Erh&#246;hung des durch die Induktivit&#228;t bereitgestellten ersten Versorgungsstroms (Gleichstromanteil des Gesamtversorgungsstroms, S. 4 Schriftsatz 31.10.2018) gegen&#252;ber einer Vorrichtung ohne Offset f&#252;hre (S. 16 Klageschrift, Abs. [0041] von K&#160;1/ [0037] von K&#160;5, S. 7, 38/40, 43/44 Replik). Der Offset sei damit eine Ver&#228;nderung (&#8220;Manipulation&#8221;) der Bewertung des &#8220;Eingangsstroms&#8221; (abgef&#252;hlter Strom), die zu einer anderen Steuerung der Induktivit&#228;t durch das Schaltelement f&#252;hre (S. 7, 38 Replik, [0040], Figur 4c). Der Offset k&#246;nne patentgem&#228;&#223; durch jede beliebige Ma&#223;nahme/ Mechanismus implementiert werden, durch welche die Pulsl&#228;nge der Schaltsignale verl&#228;ngert werde, die Induktivit&#228;t somit l&#228;nger lade, was zu einem h&#246;heren ersten Versorgungsstrom als ohne Offset f&#252;hre (S. 8, 21, 41 Replik, Klagepatent [0039] aE, S. 9 Triplik, S. 3 Schriftsatz 6.12.2018). Beweisw&#252;rdigend stellte die Kl&#228;gerin heraus, das habe auch der gerichtliche Sachverst&#228;ndige best&#228;tigt (S. 3 Schriftsatz 6.12.2018).</p> <p><rd nr="154"/>Das k&#246;nne dadurch geschehen, dass der abgef&#252;hlte Strom manipuliert werde (also ein Versatzstrom hinzugef&#252;gt werde), oder dadurch, dass in der Einheit (Komparator), welche den abgef&#252;hlten Strom mit Blick auf das das Schaltelement steuernde Signal (mit einer bestimmten Pulsl&#228;nge) bewerte, die Referenzwerte ge&#228;ndert w&#252;rden (&#196;nderung einer Referenzspannung im Komparator). Dass letzteres als Realisierung eines Offset ohne Hinzuf&#252;gung eines Offsetstroms m&#246;glich sei, erkenne der Fachmann (S. 14 Triplik mit Erl&#228;uterung, Gutachten K 23 S. 12). In beiden F&#228;llen werde in dem System eines grunds&#228;tzlich vom abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom gesteuerten Induktivit&#228;tsstroms durch eine weitere Ma&#223;nahme der Versorgungsstromanteil der Induktivit&#228;t (Schaltelement) vergr&#246;&#223;ert und somit der Anteil des H&#252;llkurvenstroms an der Leistungsversorgung des Leistungsverst&#228;rkers verringert (S. 9 Triplik).</p> <p><rd nr="155"/>Der Offset m&#252;sse nicht in Reaktion auf eine Ver&#228;nderung der Batteriespannung festgelegt werden (das betreffe nur Anspruch 2), vielmehr sei durch das Klagepatent allgemein die Lehre gesch&#252;tzt, dass durch einen Offset - abh&#228;ngig von verschiedenen Inputvariablen - ein h&#246;herer Induktorstrom erzeugt werden k&#246;nne als ohne Offset (S. 41/42 Replik, [0038]).</p> <p><rd nr="156"/>(bb) In dem Ausf&#252;hrungsbeispiel werde der Offset in Gestalt eines offset current hinzugef&#252;gt (Versatzstrom). Diese besondere Ausgestaltung sei indes Gegenstand des Anspruchs 3, der deshalb ausdr&#252;cklich von einem Offsetstrom spreche. Schon systematisch k&#246;nne daher Gegenstand des Offsets im Sinne des Anspruchs 1 nicht (nur) ein Offsetstrom sein, zumal der Offset iSd Anspruchs 1 dann auf das Ausf&#252;hrungsbeispiel in Figur 5 beschr&#228;nkt w&#228;re - das aber liefe den anerkannten Auslegungsgrunds&#228;tzen entgegen. Auch f&#252;r die Figur 5 werde Offsetstrom in der Beschreibung [0036] im &#220;brigen nur als Beispiel genannt (S. 13 Triplik). Das vorgenannte Verst&#228;ndnis entspreche auch dem Sprachgebrauch der Beschreibung [0037] zu diesem Ausf&#252;hrungsbeispiel. Der Wortlaut des unabh&#228;ngigen Anspruchs 1, M 1.2.1 sei indes breiter. Es gen&#252;ge jeder Offset (Versatz), nicht nur ein offset current. Entscheidend sei allein die bereits im Wortlaut des Anspruchs genannte Funktion, n&#228;mlich dass der von der Induktivit&#228;t gelieferte erste Versorgungsstrom (M1.1) durch den &#8222;Mechanismus&#8220; [0039] gr&#246;&#223;er werde als ohne den Offset (Wortlaut M 1.2.1) (S. 42/45 Replik, S. 11 Triplik).</p> <p><rd nr="157"/>Die Kl&#228;gerin erl&#228;uterte, das Hinzuf&#252;gen eines Versatzes zum &#8222;Eingangsstrom&#8220; (input current) sei deshalb im Wortlaut des M1.2.1 genannt, weil der Eingangsstrom, also bevorzugt der abgef&#252;hlte Strom Isen, ohne den Versatz nach M1.2 gerade die Gr&#246;&#223;e sei, an welche die Generierung des Schaltsignals zum Laden der Induktivit&#228;t ankn&#252;pfe. Allerdings gelte auch f&#252;r den Eingangsstrom (Isen), dass dieser typischerweise in eine Spannung umgewandelt werde, bevor ein Komparator (wie der Current Sense Amplifier) ein Ausgangssignal erzeuge (high/ low), welches das Eingangssignal bewerte. Der Anspruch fordere mithin nicht, dass gerade der Strom die Eingangsgr&#246;&#223;e eines vergleichenden Elements sein m&#252;sse (S. 43 Replik).</p> <p><rd nr="158"/>F&#252;r den Fachmann sei eine Vielzahl von Implementierungen f&#252;r den Offset auch ohne Hinzuf&#252;gen von Strom denkbar (S. 14/15 Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 12). Entscheidend sei, dass neben dem abgef&#252;hlten Strom Isen ein zweiter Eingabeparameter Eingang in die Steuerung des Switchers finde und somit die Bewertung der Eingangsgr&#246;&#223;e des abgef&#252;hlten Stroms &#8222;manipuliert&#8220; werde. Zum Vergleich verwies die Kl&#228;gerin auf die Patentschrift U. K&#160;18, Fig 14, 5a uns 5b. Hier werde in der Beschreibung Sp. 25 Z. 37 ff der Begriff &#8222;offset voltage&#8220; verwendet, der gerade nicht deckungsgleich sei mit offset, so wie im Klagepatent offset current ungleich offset sei (S. 45 Replik, K&#160;18). Auch im &#220;brigen belege die Patentschrift K&#160;18, dass das fachm&#228;nnische Verst&#228;ndnis von Offset dem der Kl&#228;gerin entspreche. Insbesondere sei ein Offset erreichbar durch eine &#196;nderung des Fensters der Referenzgr&#246;&#223;en M&#160;1 und M&#160;2, weil so die Bewertung des abgef&#252;hlten Signals ge&#228;ndert werde (S. 45/49 Replik). Der in K 18 enthaltene Kondensator bewirke eine Entkoppelung der jeweiligen Ausgangsspannung von H&#252;llkurvenverst&#228;rker und Induktivit&#228;t, anders als im Ausf&#252;hrungsbeispiel des Klagepatents. Diese m&#252;sse grunds&#228;tzlich durch einen Offset kompensiert werden, anderenfalls w&#252;rde der Leistungsverst&#228;rker nicht genug Strom erhalten (S. 48/49 Replik).</p> <p><rd nr="159"/>(cc) Die Kl&#228;gerin unterstreicht: Soweit die Beklagtenseite meine, [0039] S. 2 sei nicht beansprucht, begr&#252;nde sie das nicht. Dabei stelle das Patent grunds&#228;tzlich sein eigenes Lexikon, wie die h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung schon mehrfach festgestellt habe (S. 7, 12 Triplik unter Bezugnahme auf BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube). Der hiesige Fall sei mit den Konstellationen in BGH Okklusionsvorrichtung (GRUR 2011, 701) und Diglycidverbindung (GRUR 2012, 45) gerade nicht vergleichbar. Insbesondere habe es im Erteilungsverfahren keine Anspruchs&#228;nderung gegeben, siehe HRM01-K 4: Anspruch 1 = dort Anspruch 20, UA3 = dort abh&#228;ngiger Anspruch 22 (S. 13 Triplik).</p> <p><rd nr="160"/>(dd) Soweit die Beklagtenseite sich auf den Standpunkt stellen wolle, Merkmal 1.2.1 beanspruche nur eine Ausgestaltung, in der der zweite Versorgungsstrom auch den Strom, den die Spule zur Verf&#252;gung stellt, zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne, sei das mit den nach <verweis.norm>Art. 69 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> anerkannten Auslegungsgrunds&#228;tzen nicht vereinbar, weil der Anspruch sich dazu nicht verhalte (S. 6 Schriftsatz 31.10.2018). Der Leistungsverst&#228;rker sei auch nicht auf einen fixen Gleichstromanteil angewiesen (mit der Folge, dass das Schaltelement immer den gleichen Strom liefern w&#252;rde, unabh&#228;ngig von der Einstellung des Offsets). Vielmehr richte sich die Menge des ben&#246;tigten Gesamtversorgungsstroms (Ipa) allein nach dem H&#252;llkurvensignal. Es k&#246;nne in einem dynamischen System wie dem hiesigen keine exakten Abgrenzungen zwischen Gleich- und Wechselstromanteilen geben, daher spreche auch das Klagepatent in [0015] im Zusammenhang mit dem Schaltelement von einem Anteil mit Gleichstrom und niedrigen Frequenzen. Der &#220;bergang von Gleichzu Wechselstrom sei flie&#223;end (S. 9 Schriftsatz 12.12.2018).</p> <p><rd nr="161"/>(b) Die Beklagtenseite bringt hingegen vor:</p> <p><rd nr="162"/>Zutreffend sei, dass das &#8222;Offset&#8220; stromerh&#246;hende Funktion habe (S. 3 Klageerwiderung).</p> <p><rd nr="163"/>Mit der Duplik betonte die Beklagtenseite, f&#252;r ein breites Verst&#228;ndnis entsprechend dem der Kl&#228;gerin gebe es keine Grundlage im Klagepatent. M1.2.1 benenne Zweck (&#8222;um einen gr&#246;&#223;eren Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t zu generieren als ohne den Versatz bzw. Offset&#8220;) und Mittel (&#8222;wobei das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz bzw. Offset hinzuf&#252;gt&#8220;). Ver&#228;ndert werde entgegen der kl&#228;gerischen Darstellung nicht eine Bewertung des Eingangsstroms, sondern dieser selbst, und zwar durch Hinzuf&#252;gen eines Offsets, mithin durch Addition von Strom. Bei einer &#196;nderung der Referenzspannung im Komparator werde dem Eingangsstrom nichts hinzugef&#252;gt (S. 18 Duplik, S. 7 Quadruplik, SVG). Die Beklagtenseite st&#252;tzte sich auf [0027], wonach ein Ensemble aus Schaltelement und Induktivit&#228;t eingeschaltet sei, wenn ein hoher Eingangsstrom abgef&#252;hlt werde, sonst nicht. Daher m&#252;sse sich der Offset stromerh&#246;hend auf diesen Eingangsstrom auswirken, wenn er die Einschaltdauer verl&#228;ngern solle. Die Beklagtenseite meint, die Kl&#228;gerin f&#252;hre in der Sache eine &#196;quivalenzdiskussion, ohne deren Voraussetzungen im Einzelnen aufzuzeigen (S. 6 Quadruplik).</p> <p><rd nr="164"/>Zu Zweck/ Ursache erl&#228;uterte die Beklagtenseite in der Quadruplik, Merkmal 1.2.1 des Klagepatents beanspruche eine Erh&#246;hung des Gleichstromanteils von Iind (S. 3/5 Quadruplik, S. 6 oben von K&#160;22, SVG, rechtsausf&#252;hrend S. 7 Schriftsatz 10.12.2018).</p> <p><rd nr="165"/>Zu [0036] unterstrich die Beklagtenseite, es fehle an anderen Dingen, die man Strom hinzuf&#252;gen k&#246;nne (S. 20 Duplik, S. 8/9 Quadruplik, SVG). [0039] S. 2 (Offset durch andersgeartete Ver&#228;nderung der Pulsbreite eines Ausgangssignals) sei nicht beansprucht. Und/Oder [0039] befasse sich nur mit dem Begriff des Hinzuf&#252;gens (S. 8 Quadruplik). Anspruch 3 befasse sich entgegen der kl&#228;gerischen Darstellung nicht mit dem Offset an sich, sondern mit dem Switcher (S. 9 Quadruplik).</p> <p><rd nr="166"/>Die Patentschrift U. (K 18) habe nichts mit dem Klagepatent zu tun, sondern befasse sich mit der Ladung eines Kondensators, der dazu diene, Signale unver&#228;ndert in einen anderen Spannungsbereich zu verschieben, um die Effizienz der Schaltung zu optimieren. Die kl&#228;gerischen Ausf&#252;hrungen zu einem angeblichen Zusammenhang von Entkoppelung und Offset seien g&#228;nzlich unverst&#228;ndlich und entz&#246;gen sich einer Erwiderung. Der Kondensator diene in der Patentschrift U. nicht der Erzeugung einer geboosteten Spannung, sondern nur der Gl&#228;ttung der Ausgangsspannung (S. 21/22 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="167"/>Die Beklagtenseite betont: Folgte man der Auslegung der Kl&#228;gerin, w&#252;rde schon der im Klagepatent erw&#228;hnte Stand der Technik &#8222;Mathe&#8220; (HRM1/K 16, dort Fig. 6) einen Offset aufweisen. Das sei aber ersichtlich nicht gemeint: vielmehr erfordere Anspruch 1 des Klagepatents einen &#8222;Offset&#8220; in der Form eines steuernden Stromsignals, das &#252;berdies die merkmalsgem&#228;&#223;e Wirkung habe (S. 10/12 Quadruplik).</p> <p><rd nr="168"/>(c) Wertung Bei einer gebotenen funktionsorientierten Auslegung wie unter a. dargelegt, ist Offset im Sinne des Merkmals 1.2.1 im kl&#228;gerischen Sinne auszulegen.</p> <p><rd nr="169"/>(aa) Eine rein funktionale Betrachtung f&#252;hrt den Fachmann zu dem kl&#228;gerischen Verst&#228;ndnis. Denn entscheidend f&#252;r die Funktionsweise des Switchers ist die Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms, die patentgem&#228;&#223; durch den Offset erfolgen soll. Ob das Schaltelement dem abgef&#252;hlten Strom einen Offset (=Strom) hinzuf&#252;gt oder die Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms auf andere Weise herbeif&#252;hrt, ist dabei funktionell aus Sicht des Fachmanns nicht entscheidend.</p> <p><rd nr="170"/>Erh&#246;ht werden muss der Induktivit&#228;tsstrom = Gleichstrom, nicht der Gleichstromanteil. F&#252;r ein solches beschr&#228;nkendes Verst&#228;ndnis macht das Klagepatent keine Vorgaben.</p> <p><rd nr="171"/>(bb) Eine einschr&#228;nkende Auslegung in dem Sinne, dass offset nur einen Versatzstrom meine, l&#228;sst sich dem Wortlaut des Klagepatents nicht entnehmen. Der Hauptanspruch 1 spricht nur von &#8222;offset&#8220;, ohne sich auf einen Strom zu beschr&#228;nken. Nur Unteranspruch 3 bezieht sich explizit auf einen offset current. Das zeigt im Umkehrschluss, dass &#8222;offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 weiter zu verstehen ist als in Unteranspruch 3.</p> <p><rd nr="172"/>(aaa) Unteranspr&#252;che k&#246;nnen bei der Auslegung des Hauptanspruchs Ber&#252;cksichtigung finden, wobei die Auslegung eines Unteranspruchs den Gegenstand des Hauptanspruchs grunds&#228;tzlich nicht einengen darf. Dabei ist insbesondere zu beachten, worin die mit dem Unteranspruch vorgeschlagene Erg&#228;nzung der technischen Lehre des Hauptanspruchs besteht und auf welche Weise sie den Gegenstand des Hauptanspruchs fortbildet. R&#252;ckschl&#252;sse sind eher zul&#228;ssig, wenn ein Merkmal im Interesse funktionaler Optimierung um einen dieses Merkmal weiter ausformenden Aspekt erg&#228;nzt wird, als wenn den Merkmalen des Hauptanspruchs additiv ein weiteres Element hinzugef&#252;gt wird (BGH GRUR 2016, 1031, 1033 Rn. 15 - W&#228;rmetauscher, mwN).</p> <p><rd nr="173"/>(bbb) Im Streitfall definiert Unteranspruch 3 den Hauptanspruch 1 weiter, ohne nur additiv Elemente hinzuzuf&#252;gen. Summer, Stromabf&#252;hlverst&#228;rker und Treiber werden dort erstmals in den Anspr&#252;chen aufgef&#252;hrt.</p> <p><rd nr="174"/>(ccc) Nicht zum Erfolg verhilft der Beklagtenseite ihre Argumentation, Unteranspruch 3 befasse sich nur mit dem Switcher, ohne den Offset n&#228;her definieren zu wollen. Dem vermag sich die Kammer nicht zwingend anzuschlie&#223;en, gleichwohl kann diese Frage dahinstehen: Anspruch 3 macht n&#228;mlich zugleich deutlich, dass der &#8222;offset current&#8220; in den vorhergehenden Anspr&#252;chen noch nicht definiert ist. Anderenfalls lie&#223;e sich die Verwendung des Wortes &#8222;an&#8220; als undefinierter Artikel nicht erkl&#228;ren. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass es sich um ein redaktionelles Versehen handelt, weil in Bezug auf den input current, vordefiniert in Anspruch 1, der bestimmte Artikel &#8222;the&#8220;, in Bezug auf den - ebenfalls noch nicht vordefinierten summed current - ebenfalls der unbestimmte Artikel verwendet wird. Das Klagepatent differenziert hier mithin bewusst.</p> <p><rd nr="175"/>(cc) Gegen das kl&#228;gerische Verst&#228;ndnis spricht auch nicht die Formulierung des Hauptanspruchs, wonach das Schaltelement dem Eingangsstrom einen Versatz/ Offset hinzuf&#252;gt (&#8220;the switcher adding an offset to the input current to generate (&#8230;)&#8220;). Unstreitig kann Strom nichts anderes als Strom hinzugef&#252;gt werden (zu der Argumentation der Beklagten, S. 20 Duplik, S. 8/9 Quadruplik). Funktionell versteht der Fachmann das Merkmal indes dahingehend, dass durch eine Ma&#223;nahme ein Versatz herbeigef&#252;hrt wird.</p> <p><rd nr="176"/>Das ergibt sich aus den Ausf&#252;hrungsbeispielen in der Klagepatentschrift.</p> <p><rd nr="177"/>(aaa) Beschreibungen und Zeichnungen sind nicht nur Grundlage f&#252;r die Bestimmung des Schutzbereichs, sondern auch f&#252;r die Auslegung des Patentanspruchs. Der Patentanspruch ist so zu lesen, dass sich im Zweifel keine Widerspr&#252;che zu den Ausf&#252;hrungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben. Ein anderes gilt grunds&#228;tzlich nur, wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen l&#228;sst und ein unaufl&#246;sbarer Widerspruch verbleibt (BGH GRUR 2015, 972, 974 Rn. 22 - Kreuzgest&#228;nge, mwN).</p> <p><rd nr="178"/>(bbb) Hiernach ist zu ber&#252;cksichtigen, dass [0036] generell von offset spricht, und den Versatzstrom (offset current) nur als Beispiel (&#8220;e.g.&#8220;) benennt. In [0038] ist generell die Rede von offset. Auch in [0039] S. 1 wird nur der offset benannt. In [0039] S. 2 wird explizit unterstrichen, dass ein offset mit irgendeinem geeigneten Mechanismus (&#8222;via any suitable mechanism&#8220;) hervorgerufen werden kann.</p> <p><rd nr="179"/>Insbesondere die letztgenannte Beschreibungsstelle spricht f&#252;r die Kl&#228;gerin. Die Beklagtenseite dringt nicht durch mit ihrer Argumentation, [0039] S. 2 sei nicht beansprucht. Grunds&#228;tzlich gilt, dass der Patentanspruch nach M&#246;glichkeit so zu lesen ist, dass er mit der Beschreibung in Einklang zu bringen ist, s.o. Genau das ist aber der Fall, wenn man offset so versteht wie die Kl&#228;gerin.</p> <p><rd nr="180"/>Der Sachverst&#228;ndige hat dem Gericht dieses Verst&#228;ndnis aus Sicht des Fachmanns best&#228;tigt. Er hat unterstrichen, dass Figur 5 des Klagepatents systemisch ist und f&#252;r den Fachmann nicht dargestellt ist, dass es sich um einen Offset im Strom handeln m&#252;sse. Vielmehr k&#246;nne auch eine Erh&#246;hung der Spannung einen patentgem&#228;&#223;en Offset darstellen (S. 4/5 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="181"/>Das Gericht folgt den Angaben des Sachverst&#228;ndigen vollumf&#228;nglich. Er hat als Lehrstuhlinhaber einer angesehenen technischen Universit&#228;t im technisch einschl&#228;gigen Bereich seine hohe fachliche Kompetenz dargelegt. Seine Angaben waren dem Gericht technisch plausibel und in sich schl&#252;ssig. Er erl&#228;uterte sie auf wiederholte Nachfragen in einer mehrst&#252;ndigen Anh&#246;rung in sich konsistent. Eine Meinungs&#228;nderung des Sachverst&#228;ndigen beruhte darauf, dass er gezeigte Figuren nur nach Erl&#228;uterung und bei Unterstellung bestimmter Tatsachen als wahr technisch nachvollziehen konnte, nicht auf fehlender technischer Expertise. (dd) Dem Klagepatent ist nicht zu entnehmen, dass der Offset einen Strom erh&#246;hen m&#252;sste, der auch von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker geliefert werden k&#246;nnte - mithin einen Wechselstrom. Ebenso wenig enth&#228;lt das Klagepatent einen Hinweis darauf, dass der Anteil des Spulenstroms an dem Gesamtversorgungsstrom sich durch den Offset ver&#228;ndern m&#252;sste.</p> <p><rd nr="182"/>(ee) Gegen die kl&#228;gerische Auslegung spricht schlie&#223;lich nicht die Entgegenhaltung Mathe.</p> <p><rd nr="183"/>(aaa) Zitierte Schriften d&#252;rfen zur Ermittlung des Stands der Technik, der Anhaltspunkte f&#252;r das Verst&#228;ndnis eines Merkmals liefern kann, herangezogen werden (K&#252;hnen, 10. Auflage, A. Rn. 55). Nach einer Meinung sind Patentanspr&#252;che dabei grunds&#228;tzlich so auszulegen, dass ihr Inhalt nicht durch zitierte Schriften neuheitssch&#228;dlich offenbart w&#228;re (zu auf dem Deckblatt zitierten Druckschriften K&#252;hnen, 10. Auflage, A. Rn. 55). Offenbart ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, &#8222;was aus fachm&#228;nnischer Sicht einer Schrift &#8222;unmittelbar und eindeutig&#8220; zu entnehmen ist&#8220; (BGH GRUR 2009, 382, 384 - Olanzapin mwN).</p> <p><rd nr="184"/>(bbb) Nach diesen Grunds&#228;tzen gebietet die Entgegenhaltung Mathe keine andere Auslegung als oben dargestellt.</p> <p><rd nr="185"/>Die Entgegenhaltung Mathe ist in [0031] zitiert, indes nur zur Darlegung der m&#246;glichen Ausf&#252;hrung des envelope amplifiers - bildlich gesprochen mit dem linken Teil des Bilds K&#160;17. Der &#8222;offset&#8220; im Sinne des Merkmals 1.2.1 befasst sich - wiederum bildlich gesprochen - mit dem rechten Teil, dem Schaltelement. Weil sich das Zitat in [0031] nur auf den envelope amplifier bezieht, darf die Entgegenhaltung Mathe schon nicht zur Ermittlung des fachm&#228;nnischen Verst&#228;ndnisses mit Blick auf das Schaltelement/ den Offset herangezogen werden.</p> <p><rd nr="186"/>Im &#220;brigen ist in der Entgegenhaltung Mathe zwar die Rede von einem Offset, allerdings nur in [0097]. Der Offset ist der Entgegenhaltung auch nicht im Sinne der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung unmittelbar und eindeutig zu entnehmen.</p> <p><rd nr="187"/>Das dargestellte Verst&#228;ndnis der Kammer hat der Sachverst&#228;ndige dem Gericht im Termin aus Sicht des Fachmanns best&#228;tigt (S. 4 des Protokolls). Der Sachverst&#228;ndige hat dem Gericht dar&#252;ber hinaus verdeutlicht, dass aus Sicht des Fachmanns der Offset in der Entgegenhaltung Mathe der Stabilisierung der Arbeitspunkte im H&#252;llkurvenverst&#228;rker dient, nicht der Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms wie im Klagepatent (S. 4 des Protokolls).</p> <p><rd nr="188"/>(ff) Ein anderes folgt nicht aus der vorl&#228;ufigen Stellungnahme der Einspruchsabteilung K&#160;23, dort 4.1.2 (zu S. 11 Schriftsatz vom 10.12.2018). Nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer wird hier mitgeteilt, dass schon die Offenbarung eines Offsets fraglich ist, dass aber jedenfalls die weiteren Voraussetzungen des Merkmals 1.2.1 fraglich seien. Die Einspruchsabteilung teilt aber nicht explizit mit, dass ein merkmalsgem&#228;&#223;er Offset nur ein solcher sei, der einen Versatzstrom hinzuf&#252;gt.</p> <p><rd nr="189"/>(gg) Nach alledem ist Merkmal 1.2.1 dahingehend auszulegen, dass jegliche Ver&#228;nderung an dem abgef&#252;hlten Strom, die eine Erh&#246;hung des Induktivit&#228;tsstroms bewirkt, einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset darstellt.</p> <p><rd nr="190"/>(2) Nutzung M 1.2.1 durch angegriffene Ausf&#252;hrungsform Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform macht von Merkmal 1.2.1 Gebrauch. Denn sie f&#252;gt dem abgef&#252;hlten Strom einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset hinzu.</p> <p><rd nr="191"/>(a) Die Kl&#228;gerin hat hierzu vorgebracht:</p> <p><rd nr="192"/>(aa) Mit der Klage st&#252;tzte sich die Kl&#228;gerin mit Blick auf die Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 zun&#228;chst (nur) auf den Digital-Analog-Wandler (digital-to-analog converter, DAC). Sie erl&#228;uterte, der Digital-Analog-Wandler passe den Strom mittels der (in nachfolgenden Darstellungen gr&#252;n umrandeten) programmierbaren Stromsenke oder der (in nachfolgenden Darstellungen rot umrandeten) programmierbaren Stromquelle in der Stromsenke an und gebe ihn an der VG-VOUT1-Verbindung an die Stromabf&#252;hleinheit (Merkmal 1.2) ab. Dieser Strom werde sodann in den Komparator eingespeist, der das Schaltsignal f&#252;r das Schaltelement generiere. Indem der Strom angepasst werde, werde ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset hinzugef&#252;gt. Bildlich lasse sich das wie folgt zeigen (S. 28/29 Klageschrift, K&#160;3 Figuren 3.4.6, 3.4.6.6, Hervorhebungen kl&#228;gerseits hinzugef&#252;gt):</p> <p>Figur 3.4.6 (im Original farbig):</p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-6-de.png" alt=""/></p> <p><img src="BayBuergerServiceRS_2018_33489-7-de.png" alt=""/></p> <p>Detail, Figur 3.4.6.6 (im Original farbig)</p> <p><rd nr="193"/>An der Verwirklichung des Merkmals 1.2.1 durch den DAC hielt die Kl&#228;gerin auch nach weiterem Vortrag fest (Triplik S. 24/25, Privatgutachten K 23 S. 11, 13).</p> <p><rd nr="194"/>Eine beklagtenseits behauptete Deaktivierung der DAC-Funktionseinheit bestritt die Kl&#228;gerin und unterstrich, eine Deaktivierung sei aus Rechtsgr&#252;nden ohnehin unerheblich (S. 8, 54/56, Replik, unter Berufung auf BGH - Rangierkatze, OLG D&#252;sseldorf - Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik). Das Vorbringen der Beklagtenseite, die Funktionseinheit stelle auch bei Aktivierung keinen Offset bereit, sei unsubstantiiert und daher unbeachtlich (S. 8, 56/57 Replik).</p> <p><rd nr="195"/>(bb) Im &#220;brigen m&#252;sse es - unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung - einen Offset in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform geben, weil der Spulenstrom auch bei sinkender Batteriespannung konstant bleibe oder steige - anderenfalls w&#252;rden die angegriffenen Ger&#228;te bei sinkender Batteriespannung deutlich ineffizienter arbeiten und sich stark erw&#228;rmen. Auch die Messungen der Kl&#228;gerin zeigten, dass es einen Versatz geben m&#252;sse, weil die Ausgangsspannung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers unterhalb der Ausgansspannung der Induktivit&#228;t liege (S. 12 von K&#160;27). Auch die beklagtenseits in Bezug genommene Erh&#246;hung des Gleichstromanteils belege gerade, dass es einen Offset geben m&#252;sse - anders sei nicht zu erkl&#228;ren, dass sich der Spulenstrom &#228;ndere, denn der H&#252;llkurvenstrom steuere unstreitig den Spulenstrom. Er m&#252;sse mithin ver&#228;ndert oder anders bewertet werden, um eine Erh&#246;hung des Spulenstroms zu erreichen (S. 4/5 Schriftsatz 23.10.2018). Es komme f&#252;r eine Verletzung nicht darauf an, dass gerade durch eine bestimmte Komponente eine Signalisierung vorgenommen werde, wie die Kl&#228;gerin schon in der m&#252;ndlichen Verhandlung betont habe (S. 57 Replik).</p> <p><rd nr="196"/>Die von der Beklagtenseite ins Feld gef&#252;hrte Entgegenhaltung Choi sei unbeachtlich, weil die dortige Lehre schon f&#252;r 5 MHz-Bandbreite des Eingangssignals nicht mehr funktioniere, das hier wesentliche LTE-Signal aber eine Bandbreite von bis zu 20 MHz habe (S. 5/7, 26 ff. Triplik). F&#252;r gr&#246;&#223;ere Bandbreiten als 5 MHz sehe Choi es im Ergebnis als effizienter an, eine parallele Stromquelle bereitzustellen, als ein Schaltelement mit hoher Schaltfrequenz zu benutzen (S. 28/29 Triplik). Die Kl&#228;gerin habe die Schaltfrequenz in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform &#252;berpr&#252;ft und habe hierdurch ebenfalls belegt, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht die Architektur von Choi haben k&#246;nne (S. 6, 30/31 Triplik). Unbeachtlich sei auch das Argument der Beklagtenseite mit Blick auf die Versorgungsspannung f&#252;r das Schaltelement. Auch das Schaltelement k&#246;nne nach dem Teardown-Report mit einer h&#246;heren als der Batteriespannung versorgt werden. Das habe indes nichts mit Choi zu tun, und sei von dem Anspruch 1 des Klagepatents auch nicht ausgeschlossen. Das Problem der absinkenden Batteriespannung werde mit einem Boost-Converter f&#252;r das Schaltelement auch nicht behoben (S. 31/32 Triplik).</p> <p><rd nr="197"/>(cc) Im &#220;brigen best&#252;nden weitere Signalisierungen, die einen Offset bereitstellen k&#246;nnten. Die Kl&#228;gerin habe noch weitere Signalisierungswege identifiziert, die die Induktivit&#228;t durch das Schalelement patentgem&#228;&#223; steuere - das lasse sich gut an der US-Patentschrift der Lieferantin U. (K 18) und dem Teardown-Bericht erl&#228;utern (S. 8, 22, 60 ff der Replik). Die Ausgaben der Induktivit&#228;t und des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers seien durch einen Kondensator getrennt. Daher m&#252;sse es in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform einen Offset geben, weil die Spannung des H&#252;llkurvensignals nicht mehr unver&#228;ndert &#8222;durchgeschaltet&#8220; werden k&#246;nne. Es gebe einen Komparator (genauer gebe es drei Komparatoren, die alle drei genutzt werden k&#246;nnten), der die Bewertung des abgef&#252;hlten Stroms manipuliere.</p> <p><rd nr="198"/>Die Kl&#228;gerin erg&#228;nzte in der Triplik, ma&#223;geblich sei der Einsatz von zwei Komparatoren, die jeweils &#252;ber zwei Eingangssignale verf&#252;gten: die Signale CMP_VR1 bzw. CMP_VR2 von dem Reference Voltage Generator (Referenzspannung), sowie den abgef&#252;hlten Strom Isens, nach dessen Umwandlung in eine Spannung Vcmp. Diese Spannungen w&#252;rden in den Komparatoren verglichen. Die Ausgangssignale der beiden Komparatoren w&#252;rden das Schaltsignal steuern. Durch die Programmierung der Referenzspannung in den Komparatoren w&#252;rde der Eingangsstrom Isens mit einem anderen Schaltpunkt bewertet, damit w&#252;rde durch die Programmierung der Referenzspannung in den Komparatoren ein Offset hinzugef&#252;gt (S. 15/19 Triplik, Privatgutachten K&#160;23). Es bestehe ein Spannungsfenster, wie es die Kl&#228;gerin schon mit Blick auf die Patentschrift U. K&#160;17 in der Replik dargelegt habe (S. 21 Triplik).</p> <p><rd nr="199"/>(dd) Soweit die Kl&#228;gerin mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 6.12.2018 (dort S. 5/7) die Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform auf Basis der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung auf neue Weise erl&#228;uterte, war der hierin enthaltene Sachvortrag wegen &#167;&#160;296a ZPO nicht mehr zuzulassen und gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung. Wie unter (c) zu sehen sein wird, kam es hierauf nicht an.</p> <p><rd nr="200"/>(b) Die Beklagten r&#252;gten den Vortrag der Kl&#228;gerin unter Bezugnahme auf den Teardown-Bericht zun&#228;chst als unschl&#252;ssig (S. 4 Klageerwiderung II) und bestritten die Richtigkeit des Teardown-Berichts generell mit Nichtwissen (S. 30 Duplik). Sie unterstrichen, sie k&#246;nnten wegen Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers U. nur eingeschr&#228;nkt vortragen (S. 3 Protokoll vom 08.02.2018, S. 23/24 Duplik).</p> <p><rd nr="201"/>Sie bringt des Weiteren vor:</p> <p><rd nr="202"/>(aa) Der fragliche DAC-Funktionsblock in dem U.-Chip sei deaktiviert (S. 4, 6/7 Klageerwiderung II). Der U.-Chip werde mittels des N.-Chips PMB 5750 konfiguriert (S. 6 Klageerwiderung II, SVG). Die entsprechende Deaktivierung nehme der Zulieferer N. vor und k&#246;nne seitens der Beklagten nicht ver&#228;ndert werden. F&#252;r die Kunden sei sie irreversibel (S. 7 Klageerwiderung II, SVG). Der Chip k&#246;nne auch nicht allein betrieben werden, sondern brauche &#8222;Zuarbeit&#8220;, u.a. ein analoges H&#252;llkurvensignal, von einem anderen Chip (S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). F&#252;r die Erstellung der entsprechenden Firmware brauche es Programmierkenntnisse, den streng geheimen Sourcecode f&#252;r den zweiten Chip und die Kenntnis eines 120 Seiten starken Programming Guide f&#252;r den U.-Chip (S. 29 Quadruplik, SVG, Zeugen A., O.). De facto gebe es daher keine deaktivierten Schaltkreise; die Situation sei auch mit dem vom BGH in dem Urteil &#8222;Rangierkatze&#8220; entschiedenen Fall nicht vergleichbar (S. 29/30 Quadruplik).</p> <p><rd nr="203"/>Im &#220;brigen sei der Funktionsblock nicht in der Lage, den Versorgungsstrom zu erh&#246;hen (S. 4, 8 Klageerwiderung II). Bei einer Aktivierung k&#246;nne der Funktionsblock zwar Signale zur Gesamtschaltung beisteuern, es sei indes ausgeschlossen, dass hierdurch ein gr&#246;&#223;erer Versorgungsstrom &#252;ber die Induktivit&#228;t generiert werde als ohne Versatz/ Offset. Daher k&#246;nne es sich nicht um einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset handeln (S. 8 Klageerwiderung II, SVG). Im Termin am 8.02.2018 trug die Beklagtenseite vor, dass es in dem von der Kl&#228;gerin angegriffenen U.-Chip kein Bauteil gebe, dass dazu f&#252;hre, dass ein Schalter l&#228;nger ge&#246;ffnet werde, was dazu f&#252;hre, dass gem&#228;&#223; dem Merkmal 1.2.1 &#252;ber die Induktivit&#228;t ein gr&#246;&#223;erer Versorgungsstrom generiert werde, als ohne diese Ma&#223;nahme. Dies sei dadurch begr&#252;ndet, dass bei der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform aufgrund eines abweichenden Designs des H&#252;llkurvenverfolgers das erfindungsgem&#228;&#223;e Problem nicht auftrete und dadurch auch nicht durch diese Ma&#223;nahmen gel&#246;st werden m&#252;sse (S. 3/4 Protokoll vom 8.02.2018).</p> <p><rd nr="204"/>Die Beklagtenseite pr&#228;zisierte in Duplik und Quadruplik, der DAC geh&#246;re wohl zu einer zulieferseitig als &#8222;ICOR&#8220; bezeichneten Komponente, die im &#8222;Teardown Report&#8220; der Kl&#228;gerin insbesondere hinsichtlich ihrer Einbindung in die Gesamtschaltung nicht vollst&#228;ndig erfasst sei. Ihre Betr&#228;ge sollten lediglich der Signal-Gl&#228;ttung dienen und w&#252;rden an zwei Stellen in die Schaltung eingespeist, so dass sie sich dem Betrage nach wieder aufh&#246;ben. Es sei damit schaltungstechnisch ausgeschlossen, dass hierdurch ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset bereitgestellt werde. Die Ladedauer sei vom &#8222;ICOR&#8220; g&#228;nzlich unabh&#228;ngig (S. 33/34 Duplik, SVG). In der Quadruplik erg&#228;nzte sie, die Komponente k&#246;nne au&#223;erdem nur Wechselstrom liefern, keinen Gleichstrom, so dass sie schon deswegen keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen k&#246;nne. Das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde ferner auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt, nicht nur dem abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom, und w&#252;rde schlie&#223;lich nicht in Abh&#228;ngigkeit von der Batteriespannung erzeugt. Die gelb markierte Linie f&#252;hre daher weder zu einem DAC, noch transportiere sie Informationen &#252;ber eine Batteriespannung (S. 18/20 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="205"/>Daher komme es auf die Deaktivierung der Komponente gar nicht mehr an, im &#220;brigen verstehe die Kl&#228;gerin indes die Entscheidung &#8222;Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik&#8220; falsch (S. 34 Duplik).</p> <p><rd nr="206"/>(bb) Die Grundannahme der Kl&#228;gerin, es m&#252;sse unabh&#228;ngig von der konkreten Implementierung einen Offset geben, sei unzutreffend (S. 2 Duplik, SVG). Es gebe in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform schlicht keinen Offset, weder aktiviert noch deaktiviert (S. 31 Duplik, SVG). Die Kl&#228;gerin verkenne, dass die klagepatentgem&#228;&#223;e Lehre keine L&#246;sung f&#252;r ein allgemeines Problem sei, sondern f&#252;r ein nur bei der im Klagepatent konkret zugrunde gelegten Architektur auftretendes Problem (S. 3/14, 32 Duplik). So w&#252;rden in anderen Architekturen Schaltelemente und Induktivit&#228;ten verwendet, die erheblich schneller als das Leistungsnachverfolgungssignal arbeiteten. Zudem w&#252;rde nicht nur dem Leistungsnachverfolgungssignal, sondern auch der Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t eine gleiche, gegebenenfalls verst&#228;rkte Spannung zur Verf&#252;gung gestellt. So sei es in der Entgegenhaltung Choi (HRM 5a/b), die ebenfalls ohne Offset auskomme (S. 14/17 Duplik). Soweit die Kl&#228;gerin in der Triplik hierzu Messungen vorgetragen habe, habe sie einen atypischen Fall angenommen; die Schlussfolgerung der Kl&#228;gerin sei falsch (S. 27 Quadruplik, Zeuge A., SVG).</p> <p><rd nr="207"/>Die Beklagtenseite k&#246;nne wegen der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers U. derzeit nicht anhand von Schaltpl&#228;nen die relevanten Eigenschaften der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform erl&#228;utern. Sobald die Schaltpl&#228;ne aus dem US-Discovery-Verfahren aber kl&#228;gerseits vorgelegt w&#252;rden, w&#252;rde sich zeigen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t aufweise, die wie in Choi deutlich schneller schalte als die Perioden des Leistungsnachverfolgungssignals lang seien und im Bedarfsfall (bei sinkender Batteriespannung, S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.) mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt w&#252;rden (S. 25 Duplik). Daher sei ein Offset hier weder erforderlich noch vorhanden (S. 25 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="208"/>Die Beklagtenseite unterstrich, die Kl&#228;gerin habe zu dem Offset in der Klage (dort S. 27/28) anders vorgetragen als in der Replik (dort S. 15) (S. 28 Duplik).</p> <p><rd nr="209"/>(cc) Soweit die Kl&#228;gerin sich auf die Patentschrift U. K&#160;18 beziehe, sei der Verweis r&#228;tselhaft. Dort gehe es nicht darum, dass der Offset einem Eingangsstrom hinzugef&#252;gt werde. Weitere Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin zu einem Zusammenhang von Entkoppelung und Offset seien g&#228;nzlich unverst&#228;ndlich und entz&#246;gen sich der Erwiderung (S. 21 Duplik). K&#160;17 bez&#246;ge sich auch nur auf die Ladung eines Kondensators, der dazu diene, ein Signal als solches unver&#228;ndert in einen anderen Spannungsbereich zu verschieben, um die Effizienz der Schaltung zu optimieren. Die &#196;nderungen der Spannung, auf die sich die Kl&#228;gerin bezieht, &#228;nderten keinen durch Schaltelement und Induktivit&#228;t erzeugten Teilstrom, der in einen Gesamtstrom eingehe. Der Kondensator diene in Fig. 6 von K&#160;17 nur der Gl&#228;ttung der Ausgangsspannung und sei nicht entscheidend f&#252;r die Erzeugung einer geboosteten Spannung (S. 22 Duplik, SVG).</p> <p><rd nr="210"/>Soweit die Kl&#228;gerin auf weitere Signalisierungen Bezug nehme, sei der Vortrag unschl&#252;ssig und unsubstantiiert (S. 33 Duplik). Die Kl&#228;gerin lege nicht dar, wieso sich hier ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset ergeben solle - tats&#228;chlich gebe es ihn nicht (S. 34/35 Duplik, SVG). Der Kondensator, auf den die Kl&#228;gerin auf S. 59 oben Replik Bezug nimmt, habe mit dem Offset nichts zu tun (S. 35 Duplik, SVG). Das vermeintliche Zusammenwirken S. 60 oben Replik basiere auf einem grundlegenden Fehlverst&#228;ndnis der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform, das sich mit den Schaltpl&#228;nen aufkl&#228;ren lassen werde. Die gelb eingezeichnete &#8222;Feedbackleitung&#8220; existiere jedenfalls nicht, auch sonst funktioniere die Schaltung anders als dargestellt (S. 35 Duplik).</p> <p><rd nr="211"/>Zu dem erg&#228;nzten Vortrag der Kl&#228;gerin zu den Komparatoren in der Triplik f&#252;hrte die Beklagtenseite in der Quadruplik aus, die Komparatoren seien so zusammengeschaltet, dass sie nur gemeinsam programmiert werden k&#246;nnten: ihre Schwellwerte seien von einer festen Referenzspannung von 1,2 V jeweils zwingend gleich weit beabstandet. Der eine diene dem Einschalten, der anderen dem Ausschalten des Ladevorgangs, daher sei ausgeschlossen, dass durch ihre Programmierung das Tastverh&#228;ltnis eines Signals zur Steuerung des Schaltelements vergr&#246;&#223;ert und damit der Induktivit&#228;tsstrom durch Verl&#228;ngerung der Ladedauer der Induktivit&#228;t erh&#246;ht werde (S. 21 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). Dies ergebe sich aus der Illustration S. 22 Quadruplik. Das habe die Kl&#228;gerin unber&#252;cksichtigt gelassen, wohl weil die angegriffene Ausf&#252;hrungsform f&#252;r zwei Modi vorgesehen sei (Average Power Tracking Mode und Envelope Tracking Mode), zwischen denen hin- und hergeschaltet werden k&#246;nne. Diese Modi schl&#246;ssen sich indes wechselseitig aus, auch hardwaretechnisch seien bestimmte Bauteile nur dem einen Modus zugeordnet. Die Kl&#228;gerin betrachte aber f&#228;lschlicherweise Elemente aus beiden Modi zusammen (S. 23/24 Quadruplik).</p> <p><rd nr="212"/>Ferner seien die Referenzwerte in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform fest auf 1,1 bzw. 1,3 V programmiert. Eine &#196;nderung k&#246;nnte weder die Beklagtenseite noch ihre Abnehmer bewerkstelligen, vielmehr m&#252;sste N. seine Firmware &#228;ndern (S. 25, 30, 32 Quadruplik, SVG, Zeuge A.). Eine ge&#228;nderte Referenzspannung k&#246;nne auch nicht Gegenstand eines Vorrichtungsanspruchs sein (S. 32, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="213"/>Auch die Str&#246;me ICorr und ICS seien stromlos gestellt und damit deaktiviert. Im &#220;brigen k&#246;nnten sie wegen des Kondensators keinen Offset bereitstellen (S. 33 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="214"/>(dd) Schlie&#223;lich werde der Kondensator in dem Privatgutachten nicht hinreichend gew&#252;rdigt: aus seiner Existenz folge, dass der gesamte Gleichstromanteil des Verst&#228;rkerstroms zwingend von Schaltelement und Induktivit&#228;t bereitgestellt werde, wie auch der Privatgutachter auf S. 6 oben von K&#160;22 zu konzedieren scheine (S. 26 Quadruplik). So wie der Strom Iind nicht abfallen k&#246;nne, k&#246;nne ein Offset ihn auch nicht erh&#246;hen (S. 26 Quadruplik, SVG, Zeuge A.).</p> <p><rd nr="215"/>(ee) Auf weiteres Vorbringen in den nicht nachgelassenen Schrifts&#228;tzen nimmt das Gericht unter (c) Bezug.</p> <p>(c) Wertung</p> <p>Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verwirklicht hiernach Merkmal 1.2.1.</p> <p><rd nr="216"/>(aa) Vorab: Der Vortrag der Kl&#228;gerin gen&#252;gte - auch ohne Vorlage der Schaltpl&#228;ne - den Anforderungen an substantiierten Klagevortrag.</p> <p><rd nr="217"/>Gem&#228;&#223; &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO hatte die Kl&#228;gerin vollst&#228;ndig und der Wahrheit gem&#228;&#223; vorzutragen. Die Kl&#228;gerin hatte dabei grunds&#228;tzliche alle f&#252;r sie g&#252;nstigen Tatsachen zu beweisen. Die Gestaltung der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform ist Tatfrage (und damit einer Gest&#228;ndnisfiktion zug&#228;nglich, &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO: BGH GRUR 2009, 1142, 1143, Rn. 14 - MP3-Player-Import). Ist die Pflicht zum vollst&#228;ndigen Vortrag aus &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO erf&#252;llt, trifft den Gegner eine Erkl&#228;rungslast aus &#167;&#160;138 Abs. 2 ZPO. Ein blo&#223; pauschales Bestreiten gen&#252;gt hierf&#252;r grunds&#228;tzlich nicht. Abh&#228;ngig von der Tiefe des Vorbringens der Kl&#228;gerseite muss die Beklagtenseite entsprechend tiefen Gegenvortrag erbringen. Anderenfalls greift nach &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO eine Gest&#228;ndnisfiktion. Den Gegner trifft hierbei eine Erkundigungspflicht zu Vorg&#228;ngen im Bereich von Personen auch in fremden Unternehmen, die unter Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung der erkl&#228;rungspflichtigen Partei t&#228;tig geworden sind (Cepl/Vo&#223;-Nielen, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, &#167;&#160;138 ZPO Rn. 36 mwN). Ebenso kann die Pflicht bestehen, weitere Hilfsmittel einzusetzen, u.a. auch die Zuhilfenahme externer Sachverst&#228;ndiger (ibid. mwN), wenngleich der Gegner zur Entkr&#228;ftung eines Privatgutachtens der Gegenseite grunds&#228;tzlich kein eigenes Gutachten erstellen lassen muss (ibid Rn. 42 mwN). Auf &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO kann sich die Beklagtenseite nicht berufen, wenn sie beispielsweise bei einem Zulieferer Informationen &#252;ber den Aufbau einer angegriffenen Ausf&#252;hrungsform h&#228;tte erfragen k&#246;nnen, ihrer Erkundigungspflicht aber nicht nachkam (ibid Rn. 25 mwN).</p> <p><rd nr="218"/>Einer Partei kann grunds&#228;tzlich nicht die Durchf&#252;hrung eines US-Discovery-Verfahrens abverlangt werden, um ihrer Vortragslast zu gen&#252;gen. Das Discovery-Verfahren geht &#252;ber die von der ZPO vorgesehene Darlegungs- und Beweislast hinaus, weil es letztlich Ausforschungsm&#246;glichkeiten bietet, die die ZPO gerade verhindern will (siehe etwa Stellungnahme des Ausschusses f&#252;r Recht und Verbraucherschutz, BT-Drs. 18/11637 S. 4). Der deutsche Gesetzgeber hat eine Erkl&#228;rung nach <verweis.norm>Art. 23 <v.abk ersatz="HB&#220;">HB&#220;</v.abk></verweis.norm> abgegeben (BGBl. II 1979, 781), wonach Rechtshilfeersuchen, die auf pretrial-discovery-Verfahren gerichtet sind, nicht erledigt werden, siehe <verweis.norm>&#167; 14 <v.abk ersatz="AusfG-HB&#220;">AusfG-HB&#220;</v.abk></verweis.norm>. Wenn schon keine Rechtshilfeersuchen bearbeitet werden, kann einer vor einem deutschen Gericht klagenden Partei nach dieser Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers erst recht nicht abverlangt werden, ein Discovery-Verfahren durchzuf&#252;hren, um vortragen zu k&#246;nnen.</p> <p><rd nr="219"/>Hiernach hat die Kl&#228;gerin ihrer Vortragslast gen&#252;gt. Die Komplexit&#228;t des fraglichen Bauteils bringt es mit sich, dass Feststellungen &#252;ber die Funktionsweise ohne Kenntnis der Schaltpl&#228;ne nur schwer getroffen werden k&#246;nnen. Gewissheit &#252;ber die Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform k&#246;nnen nur Schaltpl&#228;ne bringen, die nicht &#246;ffentlich verf&#252;gbar sind. Die Kl&#228;gerin hat unter Zuhilfenahme eines Tear Down-Reports zu der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform vorgetragen, und damit alles getan, was sie zu einer Aufkl&#228;rung beitragen konnte. Weitere auch prozessuale M&#246;glichkeiten standen ihr nicht zur Verf&#252;gung: Sie konnte gegen die Beklagtenseite insbesondere nicht nach &#167;&#160;140c PatG die Besichtigung der Schaltpl&#228;ne verlangen, weil diese sich vorprozessual nicht im Besitz der Beklagtenseite befanden, sondern im Besitz des Zulieferers U.. Die Kl&#228;gerin h&#228;tte im Prozess nicht mit Erfolg einen Antrag nach &#167;&#160;142 ZPO stellen k&#246;nnen, weil der Zulieferer als Dritter im Sinne des &#167;&#160;142 Abs. 2 S. 1 ZPO gegebenenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht aus &#167;&#160;384 Nr. 3 ZPO hatte. Auch die Beklagtenseite h&#228;tte die Vorlage mit Blick auf Gesch&#228;ftsgeheimnisse verweigern k&#246;nnen, so wie sie sich darauf berief, nicht weiter vortragen zu k&#246;nnen. Die Verweigerung der Vorlage h&#228;tte das Gericht nicht ohne Weiteres als Zugest&#228;ndnis eines bestimmten Inhalts werten d&#252;rfen.</p> <p><rd nr="220"/>Die Schaltpl&#228;ne mittels eines US-Discovery-Verfahrens zu erlangen, konnte der Kl&#228;gerin nach oben Gesagtem nach &#167;&#160;138 Abs. 1 ZPO gerade nicht auferlegt werden.</p> <p><rd nr="221"/>(bb) Das Gericht hat davon auszugehen, dass ein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset vorliegt, weil die Beklagtenseite den kl&#228;gerischen Vortrag nicht wirksam bestritten hat, dass die Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform die Existenz eines Offsets verlange.</p> <p><rd nr="222"/>(aaa) Ein wirksames Bestreiten ist abh&#228;ngig von dem Grad der Tiefe des Vortrags des Gegners: w&#228;hrend allgemeine Erkl&#228;rungen &#8222;einfach&#8220; bestritten werden d&#252;rfen, m&#252;ssen substantiierte Ausf&#252;hrungen des Gegners auch substantiiert bestritten werden (Cepl/Vo&#223;-Nielen, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage 2018, &#167;&#160;138 ZPO Rn. 21, 22 mwN). Bestreiten mit Nichtwissen ist nur unter den Voraussetzungen des &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO zul&#228;ssig, im &#220;brigen prozessual unbeachtlich. Bestreiten, das nicht so tiefgehend ist wie die Erkl&#228;rung des Gegners, ist prozessual ebenfalls unbeachtlich. Das f&#252;hrt zu einer Gest&#228;ndnisfiktion, &#167;&#160;138 Abs. 3 ZPO.</p> <p><rd nr="223"/>(bbb) Wie oben dargelegt, hat die Kl&#228;gerin substantiiert vorgetragen. Sie hat insbesondere dargelegt, dass die Ausgangsspannung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers unterhalb der Ausgansspannung der Induktivit&#228;t liege. Weil der Strom des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers Einfluss auf die Ladung der Induktivit&#228;t nimmt, liegt es auf der Hand, dass die Spannung (nach Wandlung eines Stroms in Spannung, siehe im Privatgutachten K&#160;23 Abbildung 1: &#8222;I to V&#8220;) ver&#228;ndert wird. Die Beklagtenseite musste daher substantiiert bestreiten, mithin darlegen, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform ohne Offset funktioniere.</p> <p><rd nr="224"/>Dem hat sie nicht gen&#252;gt. Sie hat zwar vorgebracht, es gebe in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform schlicht keinen Offset, ein solcher sei wegen der Architektur der angegriffene Ausf&#252;hrungsform - entsprechend Choi - auch nicht erforderlich. Wegen der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers k&#246;nne die Beklagtenseite nicht n&#228;her zu der Ausgestaltung vortragen, nach Vorlage der Schaltpl&#228;ne aus dem US-Discovery-Verfahren w&#252;rde sich aber zeigen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform eine Kombination aus Schaltelement und Induktivit&#228;t aufweise, die wie in Choi deutlich schneller schalte als die Perioden des Leistungsnachverfolgungssignals lang seien und im Bedarfsfall (bei sinkender Batteriespannung, S. 28 Quadruplik, SVG, Zeuge A.) mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt w&#252;rden (S. 25 Duplik).</p> <p><rd nr="225"/>Ihr Bestreiten war dabei indes nicht erheblich. Unerheblich war das Bestreiten der kl&#228;gerischen Behauptung, die Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform bewirke, dass sie keinen Offset brauche. Denn die Beklagtenseite hat nicht dargelegt, aufgrund welcher technischer Ausgestaltung die angegriffene Ausf&#252;hrungsform gerade keinen Offset brauche, obwohl die Kl&#228;gerin ihrerseits technische Gr&#252;nde f&#252;r das zwingend erforderliche Vorhandensein eines Offsets dargelegt hat. Unbeachtlich war der beklagtenseitige Verweis auf die Entgegenhaltung Choi: Diese funktioniert in den hier erforderlichen Signalbreiten gerade nicht. Das ergibt sich schon aus der Patentschrift selbst; zus&#228;tzlich hat der Sachverst&#228;ndige, dem das Gericht vollumf&#228;nglich folgt (s.o.), dies festgestellt.</p> <p><rd nr="226"/>Wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform stattdessen funktionieren soll, hat die Beklagtenseite nicht dargetan. Insbesondere ist hier auch nicht ihre Behauptung heranzuziehen, die angegriffene Ausf&#252;hrungsform funktioniere mittels eines Boosts der Spannung an den Switcher. Entgegen der beweisw&#252;rdigenden Darlegung der Beklagtenseite, der Sachverst&#228;ndige habe ihre Behauptung best&#228;tigt, wonach ein Offset in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform weder erforderlich noch vorhanden sei, sieht das Gericht diesen Vortrag nicht best&#228;tigt (zu Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 147). Der Sachverst&#228;ndige hat in der Anh&#246;rung zwar wie beklagtenseits in Bezug genommen angegeben &#8222;Mit Blick auf den Unterschied der Figuren 4 a und 4 b kann ich sagen, dass f&#252;r den Fall, dass bei der Figur 4 b statt der Spannung VSW = 2,3 V wie bei der Figur 4 a 3,7 V angesetzt werden, sich der Graph so verhalten w&#252;rde wie bei Figur 4 a, weil es f&#252;r das Messergebnis (der an der Induktivit&#228;t messbare Strom) egal ist, woher die erh&#246;hte Spannung kommt.&#8220; Das ist indes eine technische Selbstverst&#228;ndlichkeit. Der Unterschied zwischen den Figuren 4a und 4b besteht gerade darin, dass Vsw differiert, siehe [0034] und [0035] des Klagepatents. Wenn der Unterschied in der Spannung aufgehoben wird, verhalten sich die Figuren denklogisch gleich. Das ist kein Beweis f&#252;r die Behauptung der Beklagtenseite, es brauche in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform keinen Offset. Sie hat n&#228;mlich nicht dargetan, warum in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform Vsw 3,7 V ist und sie gleichzeitig grunds&#228;tzlich energieschonend (S. 51 Klageerwiderung Teil I) funktioniert. Soweit die Beklagtenseite sich darauf beruft, die Spannung an den Switcher werde geboostet (S. 50 Schriftsatz 22.11.2018) erkl&#228;rt das zwar, warum Vsw 3,7 V ist, aber nicht, wie dann energieschonend gearbeitet werden kann. Denn nach den Feststellungen des Sachverst&#228;ndigen w&#228;re der Boost zwar technisch machbar, aber gerade nicht energieeffizient.</p> <p><rd nr="227"/>Im &#220;brigen ist die Angabe des Sachverst&#228;ndigen, es sei technisch machbar, die Spannung dauerhaft heraufzusetzen, f&#252;r die Argumentation der Beklagtenseite unerheblich. Denn diese Behauptung hat die Beklagtenseite vor dem Termin am 8.11.2018 gerade nicht aufgestellt. Sie unterstrich in der Duplik zwar, dass dies bei der Entgegenhaltung Choi so sei (S. 17 Duplik), behauptete indes in Bezug auf die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in der Duplik, die Spannung werde &#8222;im Bedarfsfall&#8220; mit einer im Vergleich zur Batteriespannung h&#246;heren Spannung versorgt. &#8222;Im Bedarfsfall&#8220; bedeutet gerade nicht dauerhaft. Die Beklagtenseite machte sich die Angabe des Sachverst&#228;ndigen im Termin als f&#252;r sie positives Ergebnis der Beweisaufnahme zwar im Zweifel zu Eigen (dazu beispielsweise BGH, Beschluss vom 03.12.2015, VII ZR 77/15, Beck RS 2015, 21041, Randnummer 14, im Grundsatz auf das Patentrecht &#252;bertragbar; explizit S. 50 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 148). Dann aber war sie jedenfalls versp&#228;tet, weil erst aufgrund dieser Behauptung eine Sichtung der Schaltpl&#228;ne durch den Sachverst&#228;ndigen erforderlich w&#252;rde, was einen weiteren Termin erforderlich machen w&#252;rde (dazu sogleich).</p> <p><rd nr="228"/>Soweit die Beklagtenseite mit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10.12.2018 unter Bezugnahme auf die Privatgutachten P. und I. erg&#228;nzend zu der Architektur der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform vortrug und unterstrich, das Schaltelement k&#246;nne hier mit einer effizienten, geboosteten Spannung versorgt werden, war der Vortrag nach &#167;&#160;296a zur&#252;ckzuweisen und gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung. Die Beklagtenseite hat nicht vorgebracht, warum sie die Privatgutachten erst nach Schluss der m&#252;ndlichen Verhandlung vorlegte. Die Privatsachverst&#228;ndige P. hat bereits im Juni 2018 vor der ITC eine Stellungnahme abgegeben, s. S. 1 von HRM 13, Fu&#223;note 1. Die Beklagtenseite hat das Verfahren vor der ITC eng verfolgt, wie sie insbesondere im kartellrechtlichen Teil dargelegt hat. Warum die Beklagtenseite daher das Gutachten HRM 13 nicht jedenfalls mit der Quadruplik vorlegen, und so eine Stellungnahme des Sachverst&#228;ndigen hierauf erm&#246;glichen konnte, hat sie nicht dargetan.</p> <p><rd nr="229"/>Ebenso wenig belegt die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommen w&#252;rde.</p> <p><rd nr="230"/>Die Beklagtenseite meint, der Kondensator f&#252;hre dazu, dass der gesamte Gleichstromanteil des Verst&#228;rkerstroms zwingend von Schaltelement und Induktivit&#228;t bereitgestellt werde - das &#252;bersehe auch der Sachverst&#228;ndige. Das Klagepatent befasse sich unstreitig nur mit der Erh&#246;hung des durchschnittlichen Stroms = Gleichstromanteils. Der Wechselstromanteil trage kodierte Information, und solle gerade nicht ver&#228;ndert werden.</p> <p><rd nr="231"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz stellte die Beklagtenseite klar, der Gesamtversorgungsstrom Ipa entspreche daher dem Induktivit&#228;tsstrom Iind (Ipa = Iind), S. 8 Schriftsatz vom 10.12.2018, unter Berufung auf Privatgutachten SV P..</p> <p><rd nr="232"/>Dieser Angriff ist nicht schl&#252;ssig. Der gerichtliche Sachverst&#228;ndige hat best&#228;tigt, dass &#252;ber den Kondensator die Gleichstromlieferung von dem Linear Amplifier, der den patentgem&#228;&#223;en H&#252;llkurvenverst&#228;rker entspricht, an den Power Amplifier unterdr&#252;ckt wird. So ist das System gezwungen, (Gleich-)Strom &#252;berwiegend &#252;ber den Driver zur Verf&#252;gung zu stellen, w&#228;hrend der gelieferte Wechselstrom die kodierte Information (die Einh&#252;llende) weitergebe. Das ist auch in dem Gutachten K&#160;23 dargestellt, wonach der Kondensator die Reduktion des Stroms Ienv bewirkt (S. 5 unten). Der Betrag, um den der Strom reduziert wird, muss denklogisch von der Induktivit&#228;t kommen, um die ben&#246;tigte Gesamtstrommenge Ipa zu erhalten. Ein Bauteil in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform muss daher denklogisch das Signal geben, den Induktivit&#228;tsstrom zu erh&#246;hen. Weil die Gesamtstrommenge Ipa nicht konstant ist, ist auch die von der Induktivit&#228;t gelieferte Strommenge nicht konstant. Dass der Gleichstromanteil, der von der Induktivit&#228;t geliefert wird, dabei immer 100% ist, verbietet das Klagepatent nicht, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="233"/>Entgegen der Darstellung der Beklagtenseite kann Ipa nicht Iind entsprechen, weil dann die Information aus dem Wechselstromanteil des Ienv nicht weitergegeben w&#252;rde. Dass der Wechselstromanteil, der geliefert w&#252;rde, durch den Kondensator nicht beeinflusst w&#252;rde, hat der gerichtliche Sachverst&#228;ndige dargelegt (S. 5 unten Protokoll 8.11.2018).Ihr hilft auch nicht der Verweis auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers. Die Beklagtenvertreter hatten nach eigenem Vortrag Kenntnis von den Schaltpl&#228;nen, durften hierzu nur keine konkreteren Angaben machen. Ein Fall des &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO, in dem die Beklagtenseite wirksam mit Nichtwissen bestreiten durfte, liegt daher schon nicht vor. Es kann dahinstehen, ob &#167;&#160;138 Abs. 4 ZPO auch eingreift, wenn eine Partei durch ein Gesch&#228;ftsgeheimnis an substantiiertem Vortrag gehindert ist. Ein solches hat die Beklagtenseite jedenfalls nicht substantiiert vorgebracht, sich vielmehr nur pauschal auf Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers bezogen.</p> <p><rd nr="234"/>Unbeachtlich war auch das Bestreiten im Termin am 08.02.2018: Hier hat die Beklagtenseite nur das Vorbringen der Kl&#228;gerin negiert. Auch ein einfaches Bestreiten war nicht ausreichend, weil die Kl&#228;gerin substantiiert dargelegt hat, welche Gr&#252;nde f&#252;r das Vorhandensein eines Offsets sprechen.</p> <p><rd nr="235"/>(ccc) Somit hat das Gericht davon auszugehen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset aufweisen muss.</p> <p><rd nr="236"/>Das Gericht muss diesen (nicht wirksam bestrittenen) Vortrag der Kl&#228;gerin nach dem Verhandlungs- oder Beibringungsgrundsatz f&#252;r dieses Urteil unterstellen, ohne die beklagtenseits angebotenen Beweise auf Basis ihres Vortrags zu erheben, insbesondere die angebotenen pr&#228;senten Zeugen zu h&#246;ren. Die Beweiserhebung auf Basis des noch nicht hinreichend detaillierten Vortrags der Beklagtenseite w&#228;re Ausforschung gewesen: Es gilt, dass die Parteien die Tatsachen vorzutragen haben, und die Zeugen nur zu der Richtigkeit der wirksam bestrittenen Tatsachen geh&#246;rt werden.</p> <p><rd nr="237"/>Gleiches gilt f&#252;r den im Termin am 08.11.2018 angebotenen Sachverst&#228;ndigenbeweis &#8222;zum Beweis, dass die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen keinen patentgem&#228;&#223;en Offset aufweisen, weil selbst bei Unterstellung, dass die dortigen Ma&#223;nahmen noch als Offset zu verstehen sein k&#246;nnten, jedenfalls im Endeffekt dadurch keine h&#246;heren Str&#246;me bereitgestellt w&#252;rden. Ferner werde eine einheitliche Ausgangsspannung dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker bereitgestellt. Dar&#252;ber hinaus wird auch dem Switcher eine Versorgungsspannung &#252;ber einen Buck-Boost-Converter bereitgestellt. Die Fensterverschiebung gem&#228;&#223; Schriftsatz vom 15.10.2018, Seite 22 ergebe sich wie gezeigt.&#8220; (S. 6 Protokoll). Auch dieser Vortrag ist unsubstantiiert, weil er die kl&#228;gerischen Behauptungen lediglich negiert. Auch der Sachverst&#228;ndige hat hierin aus technischer Sicht keine neuen Tatsachen erkannt (S. 7 Protokoll). Eine Beweiserhebung auf Basis eines unsubstantiierten Tatsachenvortrags h&#228;tte die Kl&#228;gerin in ihren Rechten verletzt.</p> <p><rd nr="238"/>(cc) Auch der kl&#228;gerseits in Bezug genommene DAC ist als Offset im klagepatentgem&#228;&#223;en Sinne anzusehen.</p> <p><rd nr="239"/>(aaa) Soweit die Beklagtenseite zun&#228;chst behauptete, der fragliche Funktionsblock sei deaktiviert, ist dies aus Rechtsgr&#252;nden unbeachtlich.</p> <p><rd nr="240"/>Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung liegt eine Patentverletzung schon dann vor, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform objektiv geeignet sind, die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen regelm&#228;&#223;ig, nur in Ausnahmef&#228;llen oder zuf&#228;llig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkung zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelm&#228;&#223;ig so bedient wird, dass die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entf&#228;llt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdr&#252;cklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgem&#228;&#223;en Lehre m&#246;glich bleibt (BGH GRUR 2006, 399, 401 Rn. 21 - Rangierkatze mwN).</p> <p><rd nr="241"/>Die behauptete Deaktivierung ist hiernach unbeachtlich. Die Deaktivierung ist unstreitig nicht irreversibel. Mit dem erforderlichen Knowhow und technischen Equipment ist es demnach m&#246;glich, die Deaktivierung aufzuheben. Das hat auch der Sachverst&#228;ndige festgestellt. Dass ein Durchschnittsverwender den Funktionsblock nicht deaktivieren kann, ist dabei nicht relevant. Die Deaktivierung f&#252;hrt mithin jedenfalls nicht aus der Patentverletzung heraus.</p> <p><rd nr="242"/>(bbb) Der Vortrag in der Klageerwiderung II, wonach der Funktionsblock jedenfalls keinen patentgem&#228;&#223;en Offset zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nne, war nach oben dargestelltem Ma&#223;stab als einfaches Bestreiten prozessual unbeachtlich.</p> <p><rd nr="243"/>(ccc) Auch der Vortrag in der Duplik/ Quadruplik ist unbeachtlich, weil er unschl&#252;ssig ist.</p> <p><rd nr="244"/>Die Beklagtenseite behauptete hier zwar, die Betr&#228;ge des fraglichen Funktionsteils dienten nur der Signalgl&#228;ttung und w&#252;rden an zwei Stellen in die Schaltung eingespeist, so dass sie sich dem Betrage nach wieder aufh&#246;ben. Sie trug aber nicht vor, wo die Betr&#228;ge in die Schaltung eingespeist werden, so dass nicht schl&#252;ssig vorgebracht ist, dass ein Offset ausgeschlossen ist.</p> <p><rd nr="245"/>Auch die mit der Quadruplik erhobene Behauptung, die Komponente k&#246;nne nur Wechselstrom liefern, ist technisch nicht schl&#252;ssig. Zwar kann die Spule/ Induktivit&#228;t nur Gleichstrom liefern, und (nur) die Erh&#246;hung des Gleichstroms ist nach obiger Auslegung patentgem&#228;&#223;. Unerheblich ist dabei indes, ob der DAC-/ICOR-Funktionsblock nur Wechselstrom liefern kann. Denn der aus dem DAC/ ICOR kommende Strom wird nach dem Vortrag der Kl&#228;gerin &#252;ber die Stromabf&#252;hleinheit in den Komparator eingespeist, der das Schaltsignal f&#252;r das Schaltelement signalisiert. Beansprucht ist nur, dass sich der Spulenstrom durch den Offset erh&#246;ht, gleich ob durch Einspeisung von Wechselstrom oder Gleichstrom. Auch wenn der DAC/ ICOR nur Wechselstrom liefern kann, ist daher gerade nicht ausgeschlossen, dass er den Induktivit&#228;tsstrom (Gleichstrom) erh&#246;ht. Insbesondere kann der Komparator (nach Wandlung von Strom in Spannung) nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer auch Wechselspannung mit Gleichspannung vergleichen, nachdem die Wechselspannung gleichgeschaltet worden ist.</p> <p><rd nr="246"/>Der Sachverst&#228;ndige hat in seiner Anh&#246;rung best&#228;tigt, dass der Vortrag der Beklagtenseite nicht schl&#252;ssig ist.</p> <p><rd nr="247"/>Die Behauptung der Beklagtenseite, das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde nicht nur dem abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom, sondern auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt, ist unbeachtlich (BGH Rangierkatze, wie vor). Solange durch die Hinzuf&#252;gung des Signals zu dem abgef&#252;hlten Strom der Induktivit&#228;tsstrom erh&#246;ht wird, handelt es sich um einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset.</p> <p><rd nr="248"/>Soweit die Beklagtenseite schlie&#223;lich vortrug, die gelbe Linie existiere nicht (S. 35 Duplik), f&#252;hre nicht zu einem DAC und transportiere auch keine Informationen &#252;ber eine Batteriespannung, ist dies unsubstantiiert. Die blo&#223;e Negation ist ein einfaches, unbeachtliches Bestreiten. Die Beklagtenseite bringt auch nicht vor, was stattdessen die etwaige Funktion sein soll.</p> <p><rd nr="249"/>(ddd) Auch der Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik zu den kl&#228;gerseits in Bezug genommenen Komparatoren ist nicht schl&#252;ssig.</p> <p><rd nr="250"/>Davon ist die Kammer nach Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen Professor A. &#252;berzeugt. Der Sachverst&#228;ndige erkl&#228;rte zun&#228;chst, er k&#246;nne bei Wahrunterstellung der Angaben der Beklagtenseite nicht erkennen, dass keine Patentverletzung vorliege. Denn sie pr&#228;sentiere keine Alternative, wie der U.-Chip anders als patentgem&#228;&#223; funktionieren k&#246;nne (S. 7 des Protokolls vom 08.11.2018 oben).</p> <p><rd nr="251"/>Der Sachverst&#228;ndige r&#228;umte auf weitere Nachfrage der Beklagtenseite ein, er erkenne aus technischer Sicht keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset, wenn er von der Richtigkeit der Figuren S. 22 der Quadruplik ausgehe. Die Figuren k&#246;nne er mathematisch nachvollziehen, wenn er die Behauptungen der Beklagtenseite S. 21 der Quadruplik als wahr unterstelle, die Schwellwerte seien zwingend gleich weit beabstandet und unter einer festen Differenzspannung von 1,2 Volt eingestellt, au&#223;erdem verschiebe sich das Signal nicht (S. 7 des Protokolls vom 08.11.2018). Er unterstrich gleichzeitig, er k&#246;nne den Ausf&#252;hrungen und Figuren der Beklagtenseite in der Quadruplik gleichwohl nicht entnehmen, ob oder ob nicht das Signal verschoben werde.</p> <p><rd nr="252"/>Hernach hat die Beklagtenseite gerade nicht dargelegt, wie der U.-Chip funktionieren soll, ohne das Klagepatent zu verletzen. Nichts anderes folgt aus den Angaben des Sachverst&#228;ndigen S. 7 des Protokolls Mitte, wonach kein klagepatentgem&#228;&#223;er Offset bestehe, wenn der Sachverst&#228;ndige die vorzitierten beklagtenseits herangezogenen Bedingungen unterstelle. Denn ma&#223;geblich f&#252;r die Frage eines Offsets ist gerade die Signal&#228;nderung. Wenn technisch unterstellt wird, dass das Signal nicht verschoben wird, gibt es denklogisch keinen Offset. Der Vorhalt der Beklagtenseite, auf den der Sachverst&#228;ndige S. 7 Mitte des Protokolls vom 8.11.2018 reagierte, lie&#223; mithin letztlich keinen Schluss auf die Schl&#252;ssigkeit des (schrifts&#228;tzlichen) Beklagtenvorbringens zu. Im &#220;brigen hat die Beklagtenseite auch dann nicht dargestellt, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform insgesamt funktioniert, das hei&#223;t welche abweichende Architektur bewirkt, dass eine Hysterese entsteht, und wie gleichzeitig die beklagtenseits in Bezug genommenen Energiesparfunktionen (Klageerwiderung Teil I S. 51) verwirklicht werden k&#246;nnen.</p> <p><rd nr="253"/>Nach alledem war auch dieses Beklagtenvorbringen nicht schl&#252;ssig.</p> <p><rd nr="254"/>Gleiches gilt f&#252;r das Vorbringen der Beklagtenseite, die Kl&#228;gerin betrachte Schaltkreise zusammen, die wegen zweier Modi der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform nicht zusammen betrachtet werden d&#252;rften: hardwarem&#228;&#223;ig w&#252;rden hier mittels einer Art Wechselschalter verschiedene Funktionen zu- und abgeschaltet (S. 23/24 Duplik). Die Beklagtenseite hat auch hier nicht vorgebracht, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform denn statt dessen funktionieren soll.</p> <p><rd nr="255"/>Soweit die Beklagtenseite zu diesem Punkt erg&#228;nzend unter Bezugnahme auf die Privatgutachten I. und P. vortrug, war ihr Vortrag nach &#167;&#160;296a ZPO zur&#252;ckzuweisen, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="256"/>(fff) Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es erstmals substantiierter Vortrag, als solcher versp&#228;tet und daher nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO.</p> <p><rd nr="257"/>Nach <verweis.norm>&#167; 296 Abs. 2 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> k&#246;nnen Angriffs- und Verteidigungsmittel zur&#252;ckgewiesen werden, wenn sie entgegen &#167;&#160;282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht werden, wenn ihre Zulassung nach der freien &#220;berzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verz&#246;gern w&#252;rde, und die Versp&#228;tung auf grober Nachl&#228;ssigkeit beruht.</p> <p><rd nr="258"/>Angriffs- und Verteidigungsmittel sind u.a. tats&#228;chliches Vorbringen sowie Bestreiten (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;282 ZPO Rn. 2).</p> <p><rd nr="259"/>Sie sind nicht rechtzeitig vorgebracht, wenn sie sp&#228;ter vorgebracht werden, als es - abgestellt auf die jeweilige Prozesslage - einer sorgf&#228;ltigen und auf F&#246;rderung des Verfahrens bedachten Prozessf&#252;hrung entspricht (Cepl/Vo&#223;-Schilling, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage 2018, <verweis.norm>&#167; 296 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 35).</p> <p><rd nr="260"/>Eine Verz&#246;gerung tritt ein, wenn der Prozessablauf durch die Zulassung des versp&#228;teten Vorbringens kausal und erheblich verl&#228;ngert w&#252;rde (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;296 ZPO Rn. 11, 12).</p> <p><rd nr="261"/>Grobe Nachl&#228;ssigkeit liegt vor bei Verletzung der prozessualen Sorgfalt in ungew&#246;hnlich gro&#223;em Ma&#223;e, wenn Partei oder Prozessbevollm&#228;chtigte das au&#223;er Acht lassen, was jedem, der einen Prozess f&#252;hrt, h&#228;tte einleuchten m&#252;ssen (Z&#246;ller-Greger, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;296 ZPO Rn. 27 mwN).</p> <p><rd nr="262"/>Hiernach w&#228;re das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik wegen Versp&#228;tung zur&#252;ckzuweisen und daher nicht mehr entscheidungserheblich.</p> <p><rd nr="263"/>Das Vorbringen in der Quadruplik stellt ein Verteidigungsmittel iSd &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO dar.</p> <p><rd nr="264"/>Den Tatsachenvortrag erbrachte die Beklagtenseite entgegen &#167;&#160;282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig. Er h&#228;tte schon in der Duplik als Erwiderung auf die Replik erfolgen m&#252;ssen. Denn in der Replik hatte die Kl&#228;gerin die hier fraglichen Punkte erstmals angebracht.</p> <p><rd nr="265"/>Die Kl&#228;gerin hat schon in der Klage vorgebracht, der DAC k&#246;nne einen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen. In der Replik hat sie insbesondere unterstrichen, diesen Vortrag habe die Beklagtenseite nicht wirksam bestritten, und des Weiteren die Abbildungen S. 16, 62 Replik dargetan, in denen u.a. eine gelbe Feedbacklinie dargestellt ist, die Informationen &#252;ber die Batteriespannung an den DAC zur&#252;ckgebe. Deren Existenz bestritt die Beklagtenseite zwar in der Duplik und erwiderte, der DAC geh&#246;re, soweit ersichtlich, zu einer Komponente &#8222;ICOR&#8220;, die nur der Signal-Gl&#228;ttung dienen solle. Dieses Vorbringen war nach oben Gesagtem indes unschl&#252;ssig. Erstmals in der Quadruplik brachte die Beklagtenseite vor, die Komponente k&#246;nne nur Wechselstrom liefern und schon deswegen keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Offset bereitstellen (S. 18/19 Quadruplik). Das Gl&#228;ttungssignal w&#252;rde au&#223;erdem nicht nur dem &#8222;abgef&#252;hlten H&#252;llkurvenstrom&#8220; sondern auch dem H&#252;llkurvenstrom selbst hinzugef&#252;gt. Schlie&#223;lich werde es - entgegen der Annahme der Kl&#228;gerin - nicht in Abh&#228;ngigkeit von der Batteriespannung erzeugt (S. 19 Quadruplik mit Abbildung). Die gelbe Feedbacklinie f&#252;hre auch weder zu einem DAC, noch transportiere sie Informationen &#252;ber eine Batteriespannung (S. 20 Quadruplik, Zeuge A., SVG).</p> <p><rd nr="266"/>Dieses Vorbringen in der Quadruplik f&#252;hrt - ohne dass es durch weiteren Vortrag der Kl&#228;gerin veranlasst gewesen w&#228;re - &#252;ber den Vortrag in der Duplik hinaus. Ein rechtzeitiges Vorbringen h&#228;tte insbesondere vorausgesetzt, dass die Kl&#228;gerin hierauf gegebenenfalls noch schrifts&#228;tzlich im Rahmen der f&#252;r sie geltenden n&#228;chsten Schriftsatzfrist (Triplik) h&#228;tte erwidern k&#246;nnen. Insbesondere mit Blick auf die avisierte Sachverst&#228;ndigenbegutachtung h&#228;tte es einer prozessf&#246;rdernden Verfahrensf&#252;hrung entsprochen, den fraglichen Vortrag in der Duplik zu erbringen.</p> <p><rd nr="267"/>Durch die Ber&#252;cksichtigung des Vortrags w&#252;rde eine kausale Verz&#246;gerung eintreten. Unbeachtlich war dabei, dass Herr A. als Zeuge angeboten war: er war als pr&#228;senter Zeuge im Termin am 8.11.2018 anwesend und h&#228;tte ohne Verz&#246;gerung geh&#246;rt werden k&#246;nnen. Indes w&#228;re die Kl&#228;gerin erstmals durch den (als solchen unterstellten) substantiierten Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik veranlasst gewesen, die im Discovery-Verfahren erlangten Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Deren Sichtung h&#228;tte nicht im Termin erfolgen k&#246;nnen, sondern h&#228;tte nach Angabe des Sachverst&#228;ndigen mindestens 100 Arbeitsstunden erfordert. Das Gericht h&#228;tte mithin vertagen und nach entsprechender Sichtung die m&#252;ndliche Verhandlung fortsetzen m&#252;ssen. Der n&#228;chste freie Termin der Kammer f&#252;r eine Verhandlung hiesiger zeitlicher Dimensionen liegt Mitte 2019. Der Verk&#252;ndungstermin konnte hingegen schon auf Dezember 2018 anberaumt werden. Durch die Ber&#252;cksichtigung des Vorbringens der Beklagtenseite w&#228;re mithin eine Verz&#246;gerung eingetreten.</p> <p><rd nr="268"/>Die Beklagtenseite handelte dabei auch grob nachl&#228;ssig. Denn es leuchtet jedem Prozessbeteiligten sofort ein, dass substantiierte Behauptungen des Gegners &#252;ber die Funktionsweise einer angegriffenen Ausf&#252;hrungsform substantiiert bestritten werden m&#252;ssen, und dass Geheimhaltungsinteressen zwischen einer Partei und einem Dritten nicht zu Lasten des Prozessgegners f&#252;hren k&#246;nnen. Unbeachtlich ist dabei das Vorbringen der Beklagtenseite, eine etwaige Verz&#246;gerung sei der Kl&#228;gerin zuzurechnen, weil sie sich verpflichtet h&#228;tte, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Eine derartige Verpflichtung hat die Kl&#228;gerin im Termin am 08.02.2018 nicht erkl&#228;rt. Insbesondere haben die Parteien keinen Zwischenvergleich geschlossen mit dem Inhalt, dass die Kl&#228;gerin die Schaltpl&#228;ne vorlegen werde. Die Kl&#228;gerin hat schon in der Replik unterstrichen, dass es auf die Schaltpl&#228;ne nach dem derzeitigen Vortragsstand nicht ankomme, und dies in der Triplik nur noch versch&#228;rft. Mithin hatte die Beklagtenseite schon nach der Replik Anlass, vertieft vorzutragen und sich nicht auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zu verlassen, somit im Rahmen der Duplik. Das Gericht hatte im &#220;brigen ohne Vorlage der Schaltpl&#228;ne einen Sachverst&#228;ndigen beauftragt, und die Beweisaufnahme gerade nicht von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne abh&#228;ngig gemacht. Auch dies gab der Beklagtenseite Anlass, unabh&#228;ngig von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne substantiiert vorzutragen.</p> <p><rd nr="269"/>Gleiches gilt mit Blick auf den erweiterten Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik zu den Komparatoren. Zwar hat die Kl&#228;gerin ihren Vortrag zu den Komparatoren in der Triplik erg&#228;nzt und durch Vorlage eines Privatgutachtens unterf&#252;ttert. Sie hatte indes die wesentlichen Aspekte bereits in der Replik im Rahmen der Erl&#228;uterung der Wirkweise des Offset vorgetragen (&#8222;Dasselbe w&#228;re nat&#252;rlich auch einfach dadurch m&#246;glich, dass die Referenzgr&#246;&#223;en M1 und M2 ver&#228;ndert w&#252;rden (also die Referenzspannungen, mit denen die &#8222;sense voltage 124&#8220; verglichen wird). Man &#228;ndert so die Bewertung dieses abgef&#252;hlten Signals, indem man die Skala (das Fenster mit Ml und M2) verschiebt; somit erreicht dasselbe Signal die Punkte bereits bei geringeren oder h&#246;heren Werten der tats&#228;chlich abgef&#252;hlten Spannung.&#8220; (S. 45 Replik)).</p> <p><rd nr="270"/>Der neue Vortrag in der Quadruplik ist mithin wegen &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, wollte man ihn als substantiiert ansehen.</p> <p><rd nr="271"/>(dd) Ein anderes ergibt sich nicht aus den nachterminlich beweisw&#252;rdigend unterstrichenen Aspekten.</p> <p><rd nr="272"/>Entgegen der beweisw&#252;rdigenden Darlegung der Beklagtenseite, der Sachverst&#228;ndige habe ihre Behauptung best&#228;tigt, wonach ein Offset in der angegriffene Ausf&#252;hrungsform weder erforderlich noch vorhanden sei, sieht das Gericht diesen Vortrag nicht best&#228;tigt (zu Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 147), siehe schon oben unter (c)(bb)(bbb).</p> <p><rd nr="273"/>(ee) Auch die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform belegt nicht deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommen w&#252;rde, wie oben dargelegt (zu S. 8 Schriftsatz vom 10.12.2018, S. 10 Schriftsatz 12.12.2018).</p> <p><rd nr="274"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es jedenfalls versp&#228;tet, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO, &#167;&#160;296 a ZPO, siehe oben.</p> <p><rd nr="275"/>Nach alledem ist Merkmal 1.2.1 verwirklicht.</p> <p>d. M 1.4.1 verwirklicht Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform macht auch von Merkmal 1.4.1 (&#8220;wherein the envelope amplifier selectively operates based on the first supply voltage or the boosted supply voltage&#8220;) des Klagepatents Gebrauch.</p> <p>(1) Auslegung</p> <p>&#8222;selectively operates based on&#8220; in diesem Sinne ist dahingehend zu verstehen, dass auch die Verwendung des ersten Versorgungsstroms oder des geboosteten Versorgungsstroms nach einer Nachjustierung klagepatentgem&#228;&#223; ist. &#8222;selectively&#8220; ist als wahlweise zu verstehen, ohne dass es eines Umschaltens bed&#252;rfte.</p> <p><rd nr="276"/>(a) Die Kl&#228;gerin bringt zu der Auslegung dieses Merkmals vor:</p> <p><rd nr="277"/>Besondere Bedeutung erlange der Boost Converter, wenn die Spannung der Batterie abnehme (zB von 3,2 auf 2,5 Volt). In diesem Fall reiche diese Spannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker unter Umst&#228;nden nicht mehr aus, um hohe Amplituden des H&#252;llkurvensignals akkurat zu verarbeiten. Der Einsatz des Boost Converters f&#252;hre dazu, dass bei Bedarf eine erh&#246;hte Spannung (zB 3,2 Volt) f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Verf&#252;gung steht, wie [0033] erl&#228;utere. Der Einsatz des Boost Converter trage dazu bei, dass der Envelope Tracker auch bei einer abnehmenden Batteriespannung zum Einsatz kommen k&#246;nne (S. 49/50 Replik mit Figur). Die Spannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker werde bei sinkender Batteriespannung (zB 2,5 V) vom Boost Converter bereitgestellt, wodurch sich eine erh&#246;hte Spannung ergebe, zB 3,2 V. W&#228;hrend die Batteriespannung allein nicht in der Lage w&#228;re, den H&#252;llkurvenverst&#228;rker bei bestimmten Spitzen des H&#252;llkurvensignals mit einer ausreichenden Spannung zu versorgen, sei dies mittels der erh&#246;hten Spannung wieder m&#246;glich. Dadurch w&#252;rden Verzerrungen im verst&#228;rkten Signal vermieden. Wie eine geboostete Spannung erzeugt werde (n&#228;mlich mit dem Kondensator 618), sei dem Fachmann zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt gewesen; das Klagepatent zeige das beispielhaft anhand Fig 6.</p> <p><rd nr="278"/>Die Funktion des Merkmals liege darin, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Effizienzsteigerung nur dann auf der Basis einer erh&#246;hten, geboosteten Spannung (Vboost) arbeite, wenn dies infolge eines gro&#223;en Ausschlags der H&#252;llkurve des RF-Signals erforderlich sei. Im &#220;brigen arbeite er basierend auf der Spannung der Batterie (Vbat), siehe [0028]. Der selektive Boost trage damit zur Effizienzsteigerung bei, vgl [0044] (nicht beansprucht) und [0045] (beansprucht). Nur wenn die Batteriespannung hernach unterhalb eines bestimmten Grenzwerts liege komme Vboost zum Einsatz. Wenn Vbat &#252;ber dem Grenzwert liege, bleibe es bei der Batteriespannung Vbat. Entscheidend sei mithin die selektive Verwendung einer geboosteten Spannung f&#252;r die Versorgung des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers. Nicht entscheidend sei, ob die erste Versorgungsspannung, wie sie am Boost Converter anliegt, genau identisch mit der Versorgungsspannung sei, wie sie vom H&#252;llkurvenverst&#228;rker zu jedem Zeitpunkt als Alternative zur geboosteten Spannung verwendet werde. Dem Fachmann sei n&#228;mlich zum Priorit&#228;tszeitpunkt bekannt gewesen, dass die Versorgungsspannung zu hoch sein k&#246;nnte, und sie durch einen Abw&#228;rtswandler auf einen niedrigeren Wert eingestellt werden m&#252;sste. Eine solche Ma&#223;nahme lasse das Klagepatent offen. Ein solcher Abw&#228;rtswandler (step down converter oder buck converter) werde zB auch f&#252;r das Herabsetzen der Spannung des in Fig 2b des Klagepatents dargestellten Average Power Tracker verwendet (S. 52 Replik, S. 10 Triplik). Der Anspruchswortlaut lasse auch offen, ob die geboostete Spannung wiederum auf einen Zielwert reguliert werde (S. 8/9 Replik).</p> <p><rd nr="279"/>Diese Auslegung werde auch durch den Anspruchswortlaut gest&#252;tzt: &#8222;Basierend auf&#8220; belege, dass nicht die identische erste Eingangsspannung oder die geboostete Spannung mit demselben Wert auch am H&#252;llkurvenverst&#228;rker anliegen m&#252;sse, sondern auch etwa eine weiter auf einen Zielwert angepasste (&#8222;regulierte&#8220;) Spannung anliegen k&#246;nne (S. 53 Replik).</p> <p><rd nr="280"/>(b) Die Beklagtenseite macht geltend:</p> <p><rd nr="281"/>Das Merkmal erfordere die M&#246;glichkeit eines bedarfsweisen Umschaltens zwischen der ersten Versorgungsspannung und der von dieser abgeleiteten Spannung, wie sich schon im Umkehrschluss aus der nicht beanspruchten Beschreibungsstelle [0044] ergebe (S. 23 Duplik, S. 14 Quadruplik, SVG). In der Quadruplik (S. 13) unterstrich sie, der H&#252;llkurvenverst&#228;rker erhalte patentgem&#228;&#223; selektiv die erste Versorgungsspannung als solche, oder die erh&#246;hte Versorgungsspannung als solche, und k&#246;nne auf dieser Grundlage arbeiten. Es hei&#223;e in Merkmal 1.4.1 gerade nicht, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung arbeite, die ihrerseits auf der ersten oder auf der erh&#246;hten Versorgungsspannung basiere. Die erh&#246;hte Versorgungsspannung werde aus der ersten Versorgungsspannung gewonnen (M1.3); die erste Versorgungsspannung bleibe als solche aber erhalten. Dabei sei irrelevant, dass der buck converter zum Priorit&#228;tszeitpunkt schon bekannt gewesen sei: dann h&#228;tte die Kl&#228;gerin ihn schlie&#223;lich in den Anspruch aufnehmen k&#246;nnen; mangels Aufnahme sei davon auszugehen, dass die Kl&#228;gerin dies nicht gemeint habe. Die Beklagtenseite unterstrich, die &#220;berlegungen des Privatgutachters der Kl&#228;gerin bewegten sich eher im Bereich &#228;quivalenzrechtlicher &#220;berlegungen (S. 14 Quadruplik).</p> <p><rd nr="282"/>(c) Wertung Bei gebotener funktionaler Auslegung des Merkmals ergibt sich ein Verst&#228;ndnis im Sinne der kl&#228;gerischen Lesart.</p> <p><rd nr="283"/>Funktionell ist entscheidend, dass der envelope tracker je nach Energiebedarf und Batteriespannung mit der ersten Versorgungsspannung oder der geboosteten Spannung arbeitet. Eine Einschr&#228;nkung dahingehend, dass genau die erste Versorgungsspannung oder genau die geboostete Spannung - ohne Zwischenschaltung einer Nachregulierung - verwendet werden muss, l&#228;sst sich dem Klagepatent weder im Anspruchswortlaut noch in der Beschreibung entnehmen. Zwar spricht Merkmal 1.4.1 von &#8220;the first supply voltage&#8221; und &#8220;the boosted supply voltage&#8221;. Die Verwendung des bestimmten Artikels ist indes nur Folge der allgemein &#252;blichen Technik, nur bei erster Verwendung eines Begriffs den unbestimmten Artikel &#8222;a&#8220; zu verwenden, ansonsten &#8222;the&#8220;.</p> <p><rd nr="284"/>Zur Erl&#228;uterung des fachm&#228;nnischen Verst&#228;ndnisses hat der Sachverst&#228;ndige dem Gericht dargelegt, dass es zwar m&#246;glich, aber technisch unvern&#252;nftig sei, eine Spannung erst durch einen boost zu erh&#246;hen, und sie sodann wieder herunter zu regulieren. Eine Nachjustierung einer geboosteten Spannung indes sei operativ sinnvoll, da das Schaltmoment technisch sehr kritisch sei und die Gefahr bestehe, das System gegebenenfalls nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen.</p> <p>&#8222;selectively&#8220; ist nicht so zu verstehen, dass es eines Umschaltens bed&#252;rfte, vielmehr ist es als wahlweise zu verstehen: Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeitet je nach Bedarf entweder mit der ersten Versorgungsspannung oder mit der geboosteten Spannung. Ein anderes folgt im Umkehrschluss weder aus der (unstreitig) nicht beanspruchten Beschreibungsstelle [0044]. Auch aus [0045] ergibt es sich nicht. Zwar ist in [0045] die Rede von einem Switch, indes wird in [0045] nur ein Ausf&#252;hrungsbeispiel gegeben, das die Auslegung des Patentanspruchs grunds&#228;tzlich nicht einschr&#228;nkt.</p> <p><rd nr="285"/>(2) Nutzung M 1.4.1 Merkmal 1.4.1 wird nach obiger Auslegung von der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform auch benutzt.</p> <p><rd nr="286"/>(a) Die Kl&#228;gerin meint: Soweit die Beklagtenseite bestreite, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker selektiv auf der Basis einer geboosteten Spannung oder einer Versorgungsspannung arbeiten w&#252;rde, unter Verweis darauf, dass stets nur eine &#8222;regulierte&#8220; Spannung vorliege, liege das nur an der divergierenden Auslegung (S. 8/9 Replik).</p> <p><rd nr="287"/>In der Klage unterstrich die Kl&#228;gerin, der H&#252;llkurvenverst&#228;rker arbeite mit der als &#8222;VDD3I2&#8220; bezeichneten Ausgabe des Boostwandlers (Figur 3.6). Bei dieser k&#246;nne es sich wahlweise um die geboostete Spannung oder die erste Spannung im Sinne des Anspruchs handeln. Dies ergebe sich aus den Figuren 3.2, 3.2.9 und 3.4.6 der Anlage K 3.</p> <p><rd nr="288"/>Der Boostwandler umfasse einen Schaltblock mit Schaltern, deren Eing&#228;nge an VDD_EX gebunden seien. Diese Schalter k&#246;nnten so konfiguriert werden, dass der Wandler wahlweise entweder die nicht-geboostete erste Versorgungsspannung (VDD2_EX) oder die geboostete Spannung als seine Ausgabespannung (VDD3) ausgeben k&#246;nne (S. 33/34 Klageschrift).</p> <p><rd nr="289"/>In der Replik betonte die Kl&#228;gerin, die Beklagtenseite &#8222;verschleiere&#8220; mit dem Begriff der regulierten Spannung die Tatsachen. Sie habe nicht bestritten, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker mit einer Spannung betrieben werden k&#246;nne und m&#252;sse, die &#252;ber der Batteriespannung liege, sofern die Batteriespannung unter einen bestimmten Wert gesunken sei. Liege die Spannung &#252;ber einem bestimmten Wert, werde in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform keine geboostete Versorgungsspannung verwendet - der H&#252;llkurvenverst&#228;rker operiere &#8222;basierend auf der ersten Batteriespannung&#8220;. Unerheblich sei, ob noch weitere Ma&#223;nahmen zu Regelung der Batteriespannung oder der geboosteten Spannung vorgesehen seien (S. 9, 63 Replik, S. 33 ff. Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 18 ff.). Dass die Batteriespannung und die geboostete Spannung noch reguliert w&#252;rden, &#228;ndere daran nichts, weil nach zutreffender Auslegung der H&#252;llkurvenverst&#228;rker gleichwohl selektiv auf Basis der geboosteten Spannung oder der ersten Versorgungsspannung arbeite (S. 63 Replik). Die Kl&#228;gerin unterstrich, selbst wenn man ein Umschalten zwischen zwei verschiedenen spezifischen Spannungswerten fordern wollte, w&#228;re ein solches in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform gegeben (S. 37/38 Triplik, Privatgutachten K&#160;23 S. 21/24).</p> <p><rd nr="290"/>(b) Die Beklagtenseite macht geltend:</p> <p><rd nr="291"/>Der H&#252;llkurvenverst&#228;rker der angegriffene Ausf&#252;hrungsform arbeite immer nur mit der Ausgangsspannung des &#8222;Boostwandlers&#8220;, nicht selektiv aufgrund zweier verschiedener Spannungen (S. 9 Klageerwiderung Teil I, S. 25 Duplik). Die Ausgangsspannung am Buck Boost Converter werde den jeweiligen Anforderungen entsprechend aus der Batteriespannung erzeugt (S. 36/37 Duplik, SVG). Die von der Kl&#228;gerin ins Auge gefasste Konfiguration gebe es nicht, diese sei vielmehr zulieferseitig ausgeschlossen. Die kl&#228;gerseitig erw&#228;hnten Schalter k&#246;nnten das Eingangssignal auch nicht zum Ausgang &#8222;durchschalten&#8220;, so dass die unver&#228;nderte erste Versorgungsspannung ausgegeben w&#252;rde (S. 9 Klageerwiderung II, SVG). Es werde insbesondere nicht zwischen zwei Spannungen hin- und hergeschaltet (S. 37 Duplik). In der Quadruplik pr&#228;zisierte die Beklagtenseite, die von der Kl&#228;gerin in Bezug genommene blaue Box schalte nicht zwischen Buck und Boost, sondern enthalte Schaltkreise, die beides nutzten, um eine konstante, programmierte Ausgansspannung unabh&#228;ngig von der Batteriespannung zur Verf&#252;gung zu stellen. Die gr&#252;nen Boxen seien nicht Buck Converter, sondern Steuerungsschaltkreise (S. 30 Quadruplik). Daher sei ausgeschlossen, dass zwischen erster und erh&#246;hter Versorgungsspannung selektiv geschaltet werde (S. 33 Quadruplik, SVG, Zeuge I. A.).</p> <p><rd nr="292"/>(c) Wertung Hiernach ist Merkmal 1.4.1 verwirklicht.</p> <p><rd nr="293"/>(aa) Unbeachtlich ist zun&#228;chst die Einlassung der Beklagtenseite, in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform sei die kl&#228;gerseits ins Auge gefasste Konfiguration zulieferseitig ausgeschlossen. Wegen der zuvor dargestellten h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung (BGH Rangierkatze) kommt es hierauf nicht an. Vielmehr belegt die Behauptung der Beklagtenseite eine Verletzung.</p> <p><rd nr="294"/>(bb) Ebenso ist irrelevant die Behauptung der Beklagtenseite, die erste oder geboostete Spannung w&#252;rden ihrerseits vor Verwendung reguliert, so dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker nicht basierend auf diesen Spannungen arbeiten w&#252;rde. Das Merkmal fordert nur, dass der H&#252;llkurvenverst&#228;rker die erste oder die geboostete Spannung nutzt, unabh&#228;ngig davon, ob eine Regulierungsma&#223;nahme zwischengeschaltet ist.</p> <p><rd nr="295"/>(cc) Das Vorbringen der Beklagtenseite in der Duplik, die Ausgangsspannung am Buck Boost Converter werde den jeweiligen Anforderungen entsprechend aus der Batteriespannung erzeugt (S. 36/37 Duplik, SVG), hilft nicht aus der Verletzung heraus. Soweit hierin ein Bestreiten der kl&#228;gerischen Behauptung liegen soll, wonach die angegriffene Ausf&#252;hrungsform bei einem Absinken unter eine bestimmte Batteriespannung mit einer geboosteten Spannung arbeiten m&#252;sse, ist dieses Bestreiten nach obigen Ma&#223;st&#228;ben nicht substantiiert. Die Kl&#228;gerin hat substantiiert vorgebracht, warum die angegriffene Ausf&#252;hrungsform auf eine geboostete Spannung zur&#252;ckgreifen m&#252;sse. Der blo&#223;e Vortrag, die Ausgangsspannung werde (allein) aus der Batteriespannung erzeugt, gen&#252;gt nicht f&#252;r ein substantiiertes Bestreiten, weil er &#252;ber ein blo&#223;es Negieren der kl&#228;gerseitigen Behauptung nicht hinausgeht.</p> <p><rd nr="296"/>(dd) Auch der Vortrag in der Quadruplik f&#252;hrt nicht schl&#252;ssig aus einer Verletzung heraus. Die Beklagtenseite behauptet zwar auch hier, die Ausgangsspannung sei unabh&#228;ngig von der Batteriespannung, legt indes nicht dar, wie die angegriffene Ausf&#252;hrungsform dann bei sinkender Batteriespannung stattdessen funktioniert. Daher ist davon auszugehen, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform schon das enge Verst&#228;ndnis der Beklagtenseite von &#8222;selectively operates&#8220; verwirklicht.</p> <p><rd nr="297"/>Hinzu kommt: Bei dem oben dargelegten weiten Verst&#228;ndnis des Begriffs &#8222;selectively operates based on (&#8230;)&#8220; vermittelt auch eine (konstante) Ausgangsspannung, die indes auf buck und boost beruht, und die sodann dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker zur Verf&#252;gung gestellt wird, eine merkmalsgem&#228;&#223;e erste oder geboostete Spannung.</p> <p><rd nr="298"/>(ee) Auch der Sachverst&#228;ndige, dem das Gericht aus o.g. Gr&#252;nden folgt, hat dem Gericht vermittelt, dass der Vortrag der Beklagtenseite nicht schl&#252;ssig ist.</p> <p><rd nr="299"/>e. M 1.5 verwirklicht Auch Merkmal 1.5, dessen Verwirklichung die Beklagtenseite erst mit - nicht nachgelassenem - Schriftsatz vom 10.12.2018 angriff (S. 10), ist erf&#252;llt.</p> <p><rd nr="300"/>(1) Die Auslegung dieses Merkmals ergibt, dass sich der Gesamtversorgungsstrom Ipa aus dem ersten Versorgungsstrom von dem Schaltelement und dem zweiten Versorgungsstrom von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker zusammensetzt. Gesamtversorgungsstrom bezieht sich dabei nicht nur auf den Gleichstrom. Sprachlich l&#228;sst sich eine solche Beschr&#228;nkung nicht begr&#252;nden. Sie macht auch technisch keinen Sinn. Denn unstreitig liefert der H&#252;llkurvenverst&#228;rker Wechselstrom. Ein Gesamtversorgungsstrom, der auch den Strom des H&#252;llkurvenverst&#228;rkers umfasst, kann daher nicht nur Gleichstrom bedeuten.</p> <p>(2) Nutzung Merkmal 1.5</p> <p><rd nr="301"/>Das Merkmal ist in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform erf&#252;llt. Das behandelte die Beklagtenseite in der Duplik (dort S. 30) explizit als unstreitig.</p> <p><rd nr="302"/>Auch die im Schriftsatz vom 10.12.2018 dargelegten Umst&#228;nde sind nicht geeignet, aus der Verletzung herauszuf&#252;hren: Die Beklagtenseite behauptet zwar, die angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen w&#252;rden keinen Gesamtversorgungsstrom, bestehend aus den zwei Versorgungsstr&#246;men von dem H&#252;llkurvenverst&#228;rker und dem Schaltelement, bilden. Zum Beleg dieser Tatsache tr&#228;gt sie indes vor, dass der Gleichstromanteil des Schaltelements stets 100% betragen w&#252;rde. Das bedeutet indes keine Nichtverletzung. Denn gleichwohl liefert der H&#252;llkurvenverst&#228;rker - f&#252;r sich gesehen unstreitig - den Wechselstromanteil zu dem Gesamtversorgungsstrom zu. Die Behauptung der Beklagtenseite, die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verletze das Merkmal 1.5 nicht, ist mithin letztlich auf die (ge&#228;nderte) Auslegung des Merkmals zur&#252;ckzuf&#252;hren, der die Kammer nicht folgt.</p> <p><rd nr="303"/>Wollte man den Vortrag der Beklagtenseite anders verstehen, w&#252;rde er neue Tatsachen enthalten, die nach Schluss der m&#252;ndlichen Verhandlung vorgetragen wurden und daher nach &#167;&#160;296a ZPO unbeachtlich sind und keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung geboten, &#167;&#160;156 ZPO.</p> <p><rd nr="304"/>f. Auf die Unteranspr&#252;che kam es nach der Umformulierung der Antr&#228;ge durch die Kl&#228;gerin im Termin am 8.11.2018 (S. 3 Protokoll vom 8.11.2018) nicht mehr an.</p> <p><rd nr="305"/>4. Die Beklagtenseite ist passivlegitimiert. Die Beklagte zu 1 ist unstreitig f&#252;r den deutschen P. Online Store und f&#252;r den Internet-Vertrieb der angegriffenen drahtlosen Endger&#228;te in Deutschland verantwortlich. Die Beklagte zu 2) ist ebenfalls unstreitig f&#252;r den Vertrieb verantwortlich.</p> <p><rd nr="306"/>III. Lizenzeinwand greift nicht durch Die Beklagtenseite hat nicht dargelegt und bewiesen, f&#252;r die fraglichen Nutzungshandlungen lizenziert zu sein.</p> <p><rd nr="307"/>1. Jede Partei muss grunds&#228;tzlich die f&#252;r sie positiven Umst&#228;nde darlegen und beweisen. Darlegungs- und beweisbelastet f&#252;r den Lizenzeinwand ist daher die Partei, die sich auf eine bestehende Lizenz beruft (K&#252;hnen, 10. Auflage, E. 187 zum Lizenzeinwand, Rn. 562 zum Ersch&#246;pfungseinwand; BGH GRUR 2004, 268, 269 - Blasenfrei Gummibahn II mwN). Eine sekund&#228;re Darlegungslast der gegnerischen Partei, d.h. eine Darbietung von Informationen zur Erleichterung der Beweisf&#252;hrung, kann nur in Betracht kommen, wenn ihre Darlegung f&#252;r die darlegungsbelastete Partei mit erh&#246;hten Schwierigkeiten verbunden ist, w&#228;hrend sie f&#252;r den Gegner ohne Weiteres m&#246;glich und zumutbar ist (BGH GRUR 2004, 268, 269 - Blasenfrei Gummibahn II). Das setzt voraus, dass bereits Anhaltspunkte f&#252;r die darzulegende Tatsache vorgetragen werden (zB Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, vor &#167;&#160;284 ZPO Rn. 34 mwN). Aus der sekund&#228;ren Darlegungslast ergibt sich keine Verpflichtung, Urkunden vorzulegen - hierf&#252;r gelten <verweis.norm>&#167;&#167; 421 ff. <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;142 ZPO (BGH NJW 2007, 2989 Rn. 16).</p> <p><rd nr="308"/>Gesch&#228;ftsgeheimnisse m&#252;ssen nicht offenbart werden (BGH GRUR 2012, 626, 628, Rn. 27, 28 - Converse I; auf patentrechtliche Fragestellungen &#252;bertragbar).</p> <p><rd nr="309"/>2. Hiernach greift keine sekund&#228;re Darlegungslast der Kl&#228;gerin f&#252;r das Vorbringen der Beklagtenseite, sie sei durch eine Lizenz ihrer CMs gesch&#252;tzt.</p> <p><rd nr="310"/>Wegen der grunds&#228;tzlich ihr obliegenden Darlegungslast traf zun&#228;chst die Beklagtenseite die Verpflichtung, die Frage einer Lizenzierung mit den ihr zur Verf&#252;gung stehenden Mitteln aufzukl&#228;ren. Es war ihr ohne Weiteres zuzumuten, bei ihren CMs nachzufragen, ob eine Lizenzierung auch mit Blick auf das hiesige Klagepatent bestehe. Zwar tr&#228;gt sie vor, sie habe dies getan, allerdings h&#228;tten ihr die CMs Ausk&#252;nfte wegen Geheimhaltungsverpflichtungen verschwiegen (S. 7/10 Quadruplik Teil III). Indes fanden die Anfragen bei den CMs nach dem Vortrag der Beklagtenseite 2016 in Vorbereitung auf Lizenzvereinbarungen statt, nicht mit Blick auf das hiesige Verfahren. Dass die Beklagtenseite nach Klageerhebung bei den CMs um Informationen nachgesucht hat, um eine Verteidigungslinie aufzubauen, hat sie nicht vorgebracht.</p> <p><rd nr="311"/>Die Kammer ist sich des Umstands bewusst, dass insbesondere Streitverk&#252;ndungen gegen&#252;ber Gesch&#228;ftspartnern nicht leichtfertig ausgesprochen werden. Prozessuale Zur&#252;ckhaltung aus gesch&#228;ftlichen Gr&#252;nden zu &#252;ben steht jeder Partei frei. Indes kann eine - auch gesch&#228;ftlich notwendige - prozessuale Entscheidung gegen eine Streitverk&#252;ndung nicht zu der Annahme einer sekund&#228;ren Darlegungslast zu Lasten der Kl&#228;gerin f&#252;hren. Vielmehr bewirkt die Nichtaussch&#246;pfung m&#246;glicher Aufkl&#228;rungsquellen, dass es bei der Darlegungslast der Beklagtenseite bleibt.</p> <p><rd nr="312"/>Ebenso erkennt das Gericht nicht, dass die Weigerung der Kl&#228;gerin, Informationen im US-Discovery-Verfahren preiszugeben, eine sekund&#228;re Darlegungslast entstehen l&#228;sst. Wie oben dargelegt, wirken deutsche Gerichte nicht im Rahmen der Rechtshilfe an US-Discovery-Verfahren mit. Das Gericht kann daher nicht - &#252;ber die &#8222;Hintert&#252;r&#8220; der sekund&#228;ren Darlegungslast - einer Partei faktisch auferlegen, an dem US-Discovery-Verfahren mitzuwirken.</p> <p><rd nr="313"/>3. Ihrer Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagtenseite nicht nachgekommen. Die Kl&#228;gerin hat eine Lizenzierung mit Blick auf das Klagepatent substantiiert bestritten. Die Beklagtenseite hat nicht belegt, dass (seit wann?) das Klagepatent an die fraglichen CMs lizenziert ist.</p> <p><rd nr="314"/>Das Gericht musste auch nicht der Kl&#228;gerin auferlegen, die (Original-) Lizenzvertr&#228;ge vorzulegen. Eine solche Pflicht ergibt sich weder aus <verweis.norm>&#167;&#167; 421 ff. <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, noch aus &#167;&#160;142 ZPO.</p> <p><rd nr="315"/>Eine Anordnung nach &#167;&#160;421 ZPO setzt nach &#167;&#160;422 ZPO eine b&#252;rgerlich-rechtliche Vorlagepflicht voraus. Dazu hat die Beklagtenseite nichts vorgetragen, eine solche Verpflichtung ist auch sonst nicht ersichtlich. Sie hat einen Vorlagegrund nicht glaubhaft gemacht, &#167;&#160;424 Nr. 5 S. 2 ZPO. Insbesondere bestand hier kein Vorlageanspruch aus &#167;&#160;423 ZPO, weil die Kl&#228;gerin nur auf den Inhalt der Vertr&#228;ge, nicht auf die Vertr&#228;ge als Urkunde Bezug genommen hatte (hierzu Thomas/Putzo-Reichold, &#167;&#160;423 ZPO Rn. 1; M&#252;KoZPO/Schreiber ZPO &#167; 423 Rn. 1).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="316"/>4. Aus den gleichen Gr&#252;nden war keine Anordnung nach &#167;&#160;142 ZPO geboten: Die Beklagtenseite hat die Beweiseignung der Urkunde, die f&#252;r eine Anordnung nach &#167;&#160;142 ZPO indes Voraussetzung ist, selbst in Abrede gestellt.</p> <p><rd nr="317"/>Wollte man entgegen 2. eine sekund&#228;re Darlegungslast der Kl&#228;gerin annehmen, w&#228;re sie dieser jedenfalls nachgekommen. Denn sie hat vorgetragen, dass das Klagepatent nicht den capture periods der einschl&#228;gigen Lizenzvertr&#228;ge unterf&#228;llt, und Verhandlungen &#252;ber die Einbeziehung des Klagepatents wegen des Streits &#252;ber die (Nicht-) Zahlung von Lizenzgeb&#252;hren nicht stattgefunden h&#228;tten. N&#228;her, n&#228;mlich unter Angabe der capture period, musste sie nicht vortragen, weil ihr die Auskunft &#252;ber Gesch&#228;ftsgeheimnisse (um solche handelt es sich bei dem Umfang von Lizenzvertr&#228;gen zwischen der Kl&#228;gerin und den CMs) nicht zumutbar war.</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>5. &#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="318"/>6. Auf die Nichtzahlung der Lizenzgeb&#252;hren kam es nicht an, wie die Beklagtenseite zu Recht unterstreicht. Nach dem Verst&#228;ndnis der Kammer argumentiert die Kl&#228;gerin insoweit indes nicht mit einer Beendigung der Lizenzvertr&#228;ge ex nunc, sondern legt mit ihrem Vortrag dar, warum es nicht zu einer vertraglichen Einbeziehung der Klagepatente in die Lizenzvertr&#228;ge mit den CMs kam.</p> <p><rd nr="319"/>7. Irrelevant ist der Vortrag, die Beklagtenseite sei stets lizenzwillig gewesen. Da das Klagepatent unstreitig kein standaressentielles Patent ist, war die Kl&#228;gerin nicht verpflichtet, die Beklagtenseite direkt zu lizenzieren. So sieht es auch die beklagtenseits zitierte ITC (S. 194 von FBD 35, vorletzter Absatz).</p> <p><rd nr="320"/>8. Ein anderes folgt schlie&#223;lich nicht aus dem Umstand, dass die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite suggeriert habe, sie sei &#252;ber die CMs f&#252;r das gesamte Portfolio lizenziert.</p> <p><rd nr="321"/>Zwar kann eine solche Mitteilung grunds&#228;tzlich einen Vertrauenstatbestand schaffen, der eine sp&#228;tere Rechtsverfolgung wegen &#167;&#160;242 BGB unzul&#228;ssig machen w&#252;rde (venire contra factum proprium). Dass die Kl&#228;gerin einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, was sie bestreitet, hat die Beklagtenseite indes nicht belegt. Der Inhalt der beklagtenseits in Bezug genommenen Mitteilungen der Kl&#228;gerin ist nicht streitig, indes folgt hieraus nicht, dass die Beklagtenseite auf eine Durchlizenzierung vertrauen durfte:</p> <p><rd nr="322"/>Das folgt nicht aus FBD 29. Insbesondere durfte sich die Beklagtenseite nicht wegen einer E-Mail aus 2005 darauf verlassen, dass zwingend auch ein 2017 erteiltes Patent dem Lizenzportfolio aller CMs unterfalle.</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="323"/>Dem vorgetragenen m&#252;ndlichen Vorbringen vom 18.08.2017 kann das Gericht nicht entnehmen, dass die Kl&#228;gerin sich hier auf alle erdenklichen Patente bezog. Hinzu kommt, dass die Kl&#228;gerin am 18.08.2017 jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand f&#252;r das hier streitgegenst&#228;ndliche Verhalten schaffen konnte, weil die hiesige Klage schon am 17.07.2017 erhoben worden ist.</p> <p><rd nr="324"/>Der Vortrag der Kl&#228;gerin vor dem Southern District Court of California kann ebenfalls keinen Vertrauenstatbestand geschaffen haben, weil die Kl&#228;gerin hier nicht davon spricht, dass alle nicht-standardessentiellen Patente Teil der Lizenzvereinbarungen seien (&#8222;certain patents&#8220;, &#8222;many other patents&#8220;). Dass Lizenznehmer bestimmte Rechte an dem globalen Patentportfolio der Kl&#228;gerin erlangten, durfte die Beklagtenseite gleichwohl nicht dahingehend verstehen, dass die CMs automatisch Lizenzen an allen Rechten, auch neu erteilten Patenten, erhielten.</p> <p><rd nr="325"/>9. Gleiches gilt mit Blick auf die beklagtenseits (in anderem Kontext) vorgetragene forbearance-Politik der Kl&#228;gerin. Diese bezieht sich auf standardessentielle Patente, worum es sich bei hiesigem Klagepatent gerade nicht handelt. Mithin schuf die Kl&#228;gerin hier keinen Vertrauenstatbestand, sie werde die Beklagtenseite wegen der Verletzung des Klagepatents nicht verfolgen.</p> <p><rd nr="326"/>10. Nach alledem hatte die Beklagtenseite die Darlegungs- und Beweislast f&#252;r eine Lizenzierung, sie hat eine solche aber nicht belegt. Daher greifen weder Lizenz- noch Ersch&#246;pfungseinwand durch.</p> <p>IV. Anspr&#252;che der Kl&#228;gerin</p> <p><rd nr="327"/>Wegen der vorgenannten Verletzungshandlung stehen der Kl&#228;gerin folgende Anspr&#252;che zu:</p> <p>1. Unterlassung</p> <p><rd nr="328"/>Die Kl&#228;gerin hat Anspruch auf Unterlassung, <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> iVm &#167;&#160;139 Abs. 1 PatG.</p> <p><rd nr="329"/>a. Hinsichtlich der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform besteht Wiederholungsgefahr. Sie wird durch die festgestellten rechtswidrigen Benutzungshandlungen indiziert. Es besteht die Besorgnis k&#252;nftiger Rechtsverletzungen.</p> <p><rd nr="330"/>b. Der Anspruch ist nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig wegen Versto&#223;es gegen das Kartellrecht. Wie oben im Rahmen der Zul&#228;ssigkeit der Klage dargelegt, greift der Kartellrechtseinwand der Beklagten nicht durch.</p> <p><rd nr="331"/>c. Ebenso wenig steht <verweis.norm>Art. 3 Abs. 2 der <v.abk ersatz="Richtlinie 2004/48/EG">Richtlinie 2004/48/EG</v.abk></verweis.norm> zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (&#8222;Durchsetzungsrichtlinie&#8220;) dem Ausspruch des Unterlassungsgebots entgegen. Das Unterlassungsgebot ist nach oben Gesagtem nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p>d. Es besteht auch kein Anlass, der Beklagtenseite eine Aufbrauchfrist einzur&#228;umen.</p> <p><rd nr="332"/>(1) Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Aufbrauchfrist in Patentverletzungsverfahren nur als Ausnahmefall zu gew&#228;hren. Denn der Unterlassungsanspruch ist der zentrale Anspruch um das Patent als Ausschlie&#223;lichkeitsrecht durchzusetzen. Eine Aufbrauchfrist kann daher nur in Betracht kommen, wenn die wirtschaftlichen Folgen eines mit sofortiger Wirkung bestehenden Unterlassungsgebots den Verletzer im Einzelfall aufgrund besonderer Umst&#228;nde &#252;ber das gew&#246;hnliche Ma&#223; hinaus derart treffen und benachteiligen w&#252;rden, dass die unbedingte Untersagung unzumutbar erscheinen l&#228;sst (BGH GRUR 2016, 1031, 1036 - W&#228;rmetauscher).</p> <p><rd nr="333"/>(2) Die Beklagtenseite st&#252;tzt sich auf den Umstand, dass die Kl&#228;gerin ihr suggeriert habe, sie nehme an dem Schutz der ihren Zulieferern erteilten Lizenzen teil (S. 64/65 Klageerwiderung II). Des Weiteren macht sie geltend, es handele sich bei dem Chip um ein funktionswesentliches komplexes Bauteil, das nicht leicht ersetzt werden k&#246;nne, und wobei erhebliche Marktbarrieren auf dem Zulieferermarkt best&#252;nden. Der Chip sei wertm&#228;&#223;ig untergeordnet. Die Kl&#228;gerin sei schlie&#223;lich durch Schadensersatzanspr&#252;che hinreichend gesichert (S. 45/46 Duplik, S. 53 Quadruplik).</p> <p><rd nr="334"/>Sie benannte einen Zeitraum von bis zu 36 Monaten als erforderlich f&#252;r eine Umstellung (S. 29/30 Duplik).</p> <p><rd nr="335"/>(3) Wie unter III.8. dargelegt, kann sich die Beklagtenseite nicht mit Erfolg deswegen auf eine Einrede aus &#167;&#160;242 BGB st&#252;tzen (venire contra factum proprium), weil die Kl&#228;gerin ihr suggeriert habe, sie sei durch Lizenzen ihrer Zulieferer gesch&#252;tzt.</p> <p><rd nr="336"/>Auch die mit der Duplik vorgebrachten Einw&#228;nde verfangen nicht. Die Beklagtenseite bringt Umst&#228;nde vor, die bei Patentverletzungsverfahren &#252;blich sind. Gleichwohl ist es nicht ausreichend, die Kl&#228;gerin auf einen Schadensersatzanspruch zu verweisen, weil der Unterlassungsanspruch das zentrale Verteidigungsmittel eines Ausschlie&#223;lichkeitsrechts ist. Der Verweis auf einen Schadensersatzanspruch k&#228;me einer Zwangslizenzierung im Ergebnis gleich, was mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit gerade nicht vereinbar ist. Das gilt insbesondere mit Blick auf den beklagtenseits in Anspruch genommenen Zeitraum von bis zu 36 Monaten f&#252;r eine Umstellung.</p> <p>2. Auskunft- und Rechnungslegung</p> <p><rd nr="337"/>Die geltend gemachten Anspr&#252;che auf Auskunft und Rechnungslegung bestehen ebenfalls. Der Anspruch auf Auskunft &#252;ber Herkunft und Vertriebsweg der angegriffenen Ausf&#252;hrungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm> iVm &#167;&#160;140 b Abs. 1 PatG. Der Umfang der Auskunftspflicht folgt aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;140 b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, <verweis.norm>&#167;&#167; 242, 259 <v.abk ersatz="BGB">BGB</v.abk></verweis.norm>. Hierdurch soll die Kl&#228;gerin in die Lage versetzt werden, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Kl&#228;gerin ist im &#220;brigen auf die Angaben der Beklagten angewiesen, &#252;ber die sie ohne eigenes Verschulden nicht verf&#252;gt. Die Beklagten werden durch die von ihr abverlangten Anspr&#252;che auch nicht unzumutbar belastet. Der Anspruch bezieht sich auf Gegenst&#228;nde, die seit dem 09.09.2017 in Verkehr gelangt sind. Dabei hat die Kl&#228;gerin bereits eine einmonatige Karenzzeit ab Erteilung des Patents (am 09.08.2017, K&#160;5) eingerechnet.</p> <p>3. R&#252;ckruf- und Vernichtungsanspruch</p> <p><rd nr="338"/>Der R&#252;ckrufanspruch der Kl&#228;gerin gegen die Beklagten ist gem&#228;&#223; <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;140 a Abs. 3 PatG im tenorierten Umfang gegeben. Insbesondere liegt keine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit iSd &#167;&#160;140 a Abs. 4 PatG vor.</p> <p><rd nr="339"/>a. Darlegungs- und beweisbelastet f&#252;r die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit ist die Beklagtenseite. &#167;&#160;140a Abs. 4 PatG erfordert eine Einzelfallpr&#252;fung und ist als Ausnahmetatbestand restriktiv zu handhaben (Benkard PatG/Grabinski/Z&#252;lch, PatG &#167; 140a Rn. 8, 8a mwN; BGH GRUR 1997, 899, 901 - Vernichtungsanspruch). In die Abw&#228;gung einzustellen sind etwa Grad und Schwere des Verschuldens, Ab&#228;nderungsm&#246;glichkeiten, sowie generalpr&#228;ventive Gesichtspunkte.</p> <p><rd nr="340"/>b. Die Beklagtenseite bringt vor, die Kl&#228;gerin sei keine Wettbewerberin der Beklagten, so dass das wirtschaftliche Interesse der Kl&#228;gerin an dem R&#252;ckruf und der Vernichtung der angegriffenen Produkte &#8222;marginal&#8220; sei. Eine Schadensersatzzahlung w&#252;rde ihrem Interesse vollumf&#228;nglich gerecht. Zudem sei das Interesse der Kl&#228;gerin lediglich auf eine untergeordnete Funktionalit&#228;t eines untergeordneten Teilbereichs der P.s beschr&#228;nkt. Die Beklagtenseite hingegen habe ein sehr hohes wirtschaftliches Interesse (allein f&#252;r 2017/2018 gehe es um Ger&#228;te im Gesamtwert von mindestens 1,671 Mrd. &#8364;), des Weiteren sei bei ihr ein erheblicher Imageschaden zu bef&#252;rchten (S. 65/66 Klageerwiderung Teil II).</p> <p><rd nr="341"/>c. Hernach ist der Beklagtenseite zwar darin zuzustimmen, dass die Kl&#228;gerin keine Wettbewerberin der Beklagtenseite ist. Gleichwohl kann das wirtschaftliche Interesse der Kl&#228;gerin an der Vernichtung der Produkte nicht, wie von der Beklagtenseite erfolgt, marginalisiert werden. Denn sie ist Wettbewerberin anderer Zulieferer der Beklagtenseite, wie diese an anderer Stelle unterstreicht, und daher auch an einem R&#252;ckruf der ihre Patente verletzenden Ausf&#252;hrungsformen interessiert.</p> <p><rd nr="342"/>Dem hohen wirtschaftlichen Interesse der Beklagtenseite steht ein ebenfalls hohes wirtschaftliches Interesse der Kl&#228;gerin an der Durchsetzung ihrer Patente entgegen. Des Weiteren wird dem hohen wirtschaftlichen Interesse durch die sehr hohe Sicherheitsleistung begegnet. Der Umstand, dass die Beklagtenseite einen Imageschaden bef&#252;rchtet, kann eine Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit nicht begr&#252;nden. Sie h&#228;tte die M&#246;glichkeit gehabt, einen R&#252;ckruf durch Vermeidung der Patentverletzung zu verhindern.</p> <p><rd nr="343"/>4. Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach Der Kl&#228;gerin steht auch ein Anspruch auf Schadensersatz zu, weil die Beklagten schuldhaft gehandelt haben, <verweis.norm>Art. 64 Abs. 1 <v.abk ersatz="EP&#220;">EP&#220;</v.abk></verweis.norm>, &#167;&#160;139 Abs. 2 PatG. Die Beklagten haben die im Verkehr erforderlichen Informations- und Nachforschungspflichten jedenfalls fahrl&#228;ssig verletzt. Die Beklagten h&#228;tten pr&#252;fen m&#252;ssen, ob die angegriffene Ausf&#252;hrungsform im Einzelfall gegen die Klagepatente verst&#246;&#223;t.</p> <p><rd nr="344"/>V. Einwendungen oder Einreden bestehen nicht.</p> <p><rd nr="345"/>Insbesondere ist der Anspruch auf Unterlassung, R&#252;ckruf und Vernichtung nach dem unter A.VI. Gesagten nicht wegen eines Versto&#223;es gegen das Kartellrecht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p><rd nr="346"/>Ebenso wenig besteht nach dem unter III.8. und IV.1. Gesagten eine Einrede aus &#167;&#160;242 BGB (venire contra factum proprium), weil die Kl&#228;gerin der Beklagtenseite suggeriert h&#228;tte, sie nehme an dem Schutz der ihren Zulieferern erteilten Lizenzen teil.</p> <p>C. Keine Aussetzung wegen Einspruchsverfahrens</p> <p><rd nr="347"/>Das Verfahren war nicht mit Blick auf das beklagtenseits eingeleitete Einspruchsverfahren auszusetzen, &#167;&#160;148 ZPO.</p> <p>I. Aussetzungsma&#223;stab</p> <p><rd nr="348"/>Die Einleitung eines Einspruchsverfahrens stellt als solches keinen Grund, das Verfahren auszusetzen. Anderenfalls w&#252;rde man dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beimessen, die ihm nach dem Gesetz gerade fremd ist (BGH GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug). Bei der gebotenen Interessenabw&#228;gung hat grunds&#228;tzlich das Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung des ihm erteilten Patents Vorrang (siehe Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 106 mwN). Denn das Patent bietet nur eine beschr&#228;nkte Schutzdauer. F&#252;r die Dauer der Aussetzung ist das Schutzrecht mit Blick auf den Unterlassungsantrag, der einen wesentlichen Teil des Schutzrechts darstellt, noch zus&#228;tzlich praktisch aufgehoben. Daher kommt eine Aussetzung grunds&#228;tzlich nur in Betracht, wenn die Vernichtung mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 107 mwN).</p> <p><rd nr="349"/>Eine Aussetzung kann insbesondere dann in Betracht kommen, wenn neuheitssch&#228;dlicher Stand der Technik vorgelegt wird, der im Erteilungsverfahren nicht ber&#252;cksichtigt wurde, und der der technischen Lehre des Klagepatents n&#228;her kommt als der ber&#252;cksichtigte Stand der Technik (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 111 mwN).</p> <p><rd nr="350"/>Bei der Aussetzungsentscheidung sind durch das Verletzungsgericht lediglich diejenigen Umst&#228;nde zu pr&#252;fen, welche von der Beklagtenseite in einer in sich geschlossenen, verst&#228;ndlichen und zusammenh&#228;ngenden Darstellung schrifts&#228;tzlich vorbereitet vorgetragen worden sind. Allgemein reicht eine Bezugnahme auf Anlagen allenfalls dann aus, wenn diese Anlagen selbst den Anforderungen an schrifts&#228;tzliches Vorbringen im Zivilprozess gen&#252;gen. Dies ist jedoch bei einem an das DPMA, das EPA oder das BPatG gerichteten Schriftsatz oftmals gerade nicht der Fall, weil sich die Parteien in einer Vielzahl von F&#228;llen darauf verlassen, dass die dort statuierten Spruchk&#246;rper mit technisch sachverst&#228;ndigen Personen besetzt sind, die den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln und denen eventuell im Einzelfall sogar Stand der Technik bereits gel&#228;ufig ist, ohne dass es hierzu n&#228;herer Erl&#228;uterungen bedarf. Hingegen sind im Patentverletzungsprozess wie in jedem Zivilprozess aufgrund des Vortragsgrundsatzes die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde schrifts&#228;tzlich vorzutragen, aus welchen sich die begehrte Rechtsfolge ergibt. Eine Amtsermittlung findet nicht statt. M&#252;ndliche Ausf&#252;hrungen k&#246;nnen den schrifts&#228;tzlichen Vortrag allenfalls in einzelnen Punkten erg&#228;nzen, vertiefen oder verdeutlichen. Bei dem Einwand fehlender Rechtsbest&#228;ndigkeit eines Patents geh&#246;ren hierzu auch Erl&#228;uterungen zu Gegenstand und Hintergrund der in den Entgegenhaltungen beschriebenen und offenbarten Erfindungen, sowie zu den Kenntnissen und der Herangehensweise des angesprochenen Fachmanns. Denn erst durch einen dahingehenden Sachvortrag wird eine mit ausschlie&#223;lich juristisch qualifizierten Richtern besetzte Patentstreitkammer in die Lage versetzt, eine Aussage dazu zu treffen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich das Streitpatent vor dem Hintergrund der derart schrifts&#228;tzlich diskutierten Entgegenhaltungen als rechtsbest&#228;ndig erweisen wird (st&#228;ndige Rechtsprechung der Kammer, z.B. LG M&#252;nchen I, Schlussurteil vom 24.07.2014 - Aktenzeichen 7 0 24814/13, BeckRS 2014, 16686).</p> <p><rd nr="351"/>Eine Aussetzung wegen fehlender Erfindungsh&#246;he ist nicht grunds&#228;tzlich ausgeschlossen, indes kommt sie nur in Betracht, wenn sich f&#252;r die Zuerkennung keine vern&#252;nftigen Argumente finden lassen (Cepl/Vo&#223;-Cepl, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 2. Auflage, &#167;&#160;148 ZPO Rn. 114 mwN). Der Vortrag der die Nichtigkeit einwendenden Partei muss die Anforderungen der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung (BGH GRUR 2018, 1128, 1130, Rn. 27 ff. - Gurtstraffer) zu der Darlegung fehlender Erfindungsh&#246;he erf&#252;llen.</p> <p>II. Hiernach keine Aussetzung</p> <p><rd nr="352"/>Hiernach besteht kein Anlass, das Verfahren auszusetzen. Denn aus dem Vorbringen der Beklagtenseite und den Entgegenhaltung Hou (HRM2a-c), Kwak (HRAM3a/b) und Kim (HRM 4a/b) ergibt sich keine &#252;berwiegende Wahrscheinlichkeit daf&#252;r, dass sich das Klagepatent nicht als rechtsbest&#228;ndig erweisen wird.</p> <p><rd nr="353"/>1. Hou nicht neuheitssch&#228;dlich Die Entgegenhaltung Hou nimmt den Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neuheitssch&#228;dlich vorweg.</p> <p><rd nr="354"/>a. Unstreitig offenbart Hou nicht explizit einen Boostwandler. Die Beklagtenseite meint, Hou impliziere auch batteriebetriebene Ger&#228;te, bei denen es auf der Hand liege, erh&#246;hte Spannungen mittels eines Boost- oder Aufw&#228;rtswandlers zu erzeugen (S. 17 Klageerwiderung II). Im &#220;brigen sei das Klagepatent nicht auf batteriebetriebene Ger&#228;te beschr&#228;nkt, und die Entgegenhaltung Hou nicht auf Verwendung in einer Basisstation. Der Fachmann erkenne vielmehr, dass &#8222;Hou&#8220; das Ziel verfolge, die vom Linearverst&#228;rker verbrauchte Leistung zu minimieren und den Gesamtwirkungsgrad der Tracking-Stromquelle zu erh&#246;hen (S. 37 ff Duplik). Figur 5 der Entgegenhaltung zeige Batterien (was der Fachmann als Hinweis auf einen Boost-Converter verstehe, S. 41 ff. Duplik, S. 35 Quadruplik).</p> <p><rd nr="355"/>b. Die Kl&#228;gerin unterstreicht, Hou adressiere nicht das Problem des Klagepatents, ein Envelope Tracking auch f&#252;r mobile, batteriebetriebene Endger&#228;te bei sinkender Batteriespannung effizient nutzbar machen zu k&#246;nnen. Daher fehle es - neben dem Offset - an einem klagepatentgem&#228;&#223;en Boostwandler (S. 65/66 Replik, S. 39 Triplik). Figur 5 der Entgegenhaltung Hou belege nur die grunds&#228;tzlich dem Klagepatent vergleichbare hybride Struktur. Die hybride Struktur sei aber nicht der Kern der kl&#228;gerischen Erfindung (S. 66 Replik). Genauer: Die H&#252;llkurvenverfolgung mit hybrider Architektur sei im Stand der Technik in Basisstationen bekannt gewesen, die &#220;bertragung auf mobile Endger&#228;te hingegen eine Neuheit. Nur hier trete das Problem der begrenzten Kapazit&#228;t der Batterie als Spannungsquelle auf. Daher w&#252;rde der Fachmann erwarten, dass Hou auf Besonderheiten mobiler Endger&#228;te eingehe, wenn diese adressiert w&#228;ren. Das sei aber - anders als im Klagepatent ([0011], [0018], [0033]) - bei der Entgegenhaltung gerade nicht der Fall. Die von der Beklagtenseite zitierten Passagen st&#252;nden in keinem Zusammenhang mit der Spannungsversorgung des Linearverst&#228;rkers (S. 38/39 Triplik).</p> <p><rd nr="356"/>Der Boostwandler lasse sich auch nicht mitlesen. Damit seien Merkmale 1.3 und 1.4.1 nicht erf&#252;llt (S. 68 Replik, S. 40 Triplik). Die Batterien seien in Fig 5 nur exemplarisch dargestellt. Der Fachmann w&#252;rde einen Boost Converter als solchen bezeichnen, wenn er einen darstellen wollte, wie die beklagtenseits vorgelegten Fachver&#246;ffentlichungen zeigten. Die Entgegenhaltung Hou befasse sich nicht mit dem Problem von Einschr&#228;nkungen bei der Versorgungsquelle, ebenso wenig mit der Generierung der Versorgungsspannung (S. 40 Triplik).</p> <p><rd nr="357"/>Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.11.2018 legte die Kl&#228;gerin eine Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 23.11.2018 (K 32) vor, die vorl&#228;ufig der Meinung ist, dass das Klagepatent nicht zu widerrufen ist.</p> <p><rd nr="358"/>c. Es k&#246;nnte an der Verwirklichung von Merkmal 1.3 und 1.4.1 fehlen. Der Boost-Wandler wird durch die Entgegenhaltung Hou (unstreitig) nicht offenbart. F&#252;r die Kammer ergibt sich aus der Entgegenhaltung auch nicht unmittelbar und eindeutig, dass der Fachmann den Boost-Converter &#8222;mitliest&#8220;. Die Kammer vermag schon nicht zu beurteilen, ob der Fachmann mitliest, dass bei batteriebetriebenen Ger&#228;ten automatisch ein Boostwandler zum Einsatz kommt. Jedenfalls ist der Kammer nicht ersichtlich, dass sich die Entgegenhaltung Hou auf batteriebetriebene Ger&#228;te bezieht. Der einzige Anhaltspunkt hierf&#252;r ist die Figur 5, in der Batterien dargestellt sind. Das bewirkt indes keine unmittelbare und eindeutige Offenbarung eines Boostwandlers.</p> <p><rd nr="359"/>Auf die Stellungnahme der Einspruchsabteilung des EPA (K 32) kam es nicht mehr an.</p> <p><rd nr="360"/>Ebenso wenig war die Verwirklichung der anderen Merkmale noch relevant</p> <p><rd nr="361"/>2. Erfindungsh&#246;he fehlt nicht Die Beklagtenseite hat nicht dargelegt, dass es Anspruch 1 gegen&#252;ber einer Kombination von Kim und Kwak an erfinderischer T&#228;tigkeit fehlt.</p> <p><rd nr="362"/>a. Kwak offenbart unstreitig keine Umschaltbarkeit der Versorgungsspannung f&#252;r den H&#252;llkurvenverst&#228;rker (S. 18/21 Klageerwiderung II). Die Beklagtenseite unterstreicht indes, Kim offenbare einen solchen (S. 21/23 Klageerwiderung II). Zur Veranlassung tr&#228;gt die Beklagtenseite vor, Umschalten der Versorgungsspannung und Vorsehen eines Offsets seien aggregative Ma&#223;nahmen, deren gemeinsame Wirkung nicht &#252;ber die Summe der Einzelwirkungen hinausgingen, sie h&#228;tten keinen kombinatorischen Effekt. Daher sei der Gegenstand von Anspruch 1 f&#252;r den Fachmann durch Kwak und Kim nahegelegt und beruhe nicht auf erfinderischer T&#228;tigkeit (S. 23 Klageerwiderung II).</p> <p><rd nr="363"/>b. Die Kl&#228;gerin unterstreicht, dass die Entgegenhaltung Kwak auch Merkmal 1.2.1 nicht offenbare (S. 69/73 Replik). Kim offenbare entgegen der Ansicht der Beklagtenseite keinen klagepatentgem&#228;&#223;en Boostwandler und habe auch keine mobilen Endger&#228;te im Blick (S. 73/79 Replik). Die Angaben der Beklagtenseite zu einer Kombination beider Entgegenhaltungen seien unsubstantiiert (S. 79 Replik).</p> <p><rd nr="364"/>c. Nach den eingangs dargelegten Aussetzungsma&#223;st&#228;ben gen&#252;gt der Vortrag der Beklagtenseite nicht, um eine Aussetzung wegen fehlender erfinderischer T&#228;tigkeit zu begr&#252;nden. Insbesondere legt die Beklagtenseite nicht dar, wieso der Fachmann eine der beiden Lehren zum Ausgangspunkt genommen h&#228;tte, und wieso er Veranlassung gehabt h&#228;tte, beiden Lehren zu kombinieren. Das sieht die Beklagtenseite auch und hat zu der fehlenden erfinderischen T&#228;tigkeit ab der Duplik nicht mehr vorgetragen. Weitere Ausf&#252;hrungen hierzu sind nicht veranlasst.</p> <p>D. Keine Aussetzung wegen anderer Verfahren</p> <p><rd nr="365"/>Das Verfahren war auch nicht mit Blick auf andere Verfahren (im Einzelnen sogleich) auszusetzen.</p> <p><rd nr="366"/>I. Eine Aussetzung war nicht mit Blick auf das Verfahren vor dem UK High Court angezeigt.</p> <p><rd nr="367"/>1. <verweis.norm>Art. 30 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> gebot keine Aussetzung. Hiernach kann ein Gericht ein Verfahren aussetzen, wenn in einem anderen Mitgliedstaat ein im Zusammenhang stehendes Verfahren anh&#228;ngig ist. Verfahren stehen nach <verweis.norm>Art. 30 Abs. 3 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm> in Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen k&#246;nnten. Bestehen wegen der mutma&#223;lichen Verletzung desselben Immaterialg&#252;terrechts Verfahren vor verschiedenen Gerichten, kann eine Aussetzung in Betracht kommen (zB M&#252;KoZPO/Gottwald Br&#252;ssel Ia-VO Art. 30 Rn. 2 mwN).</p> <p><rd nr="368"/>Die Verfahren stehen hiernach in keinem Zusammenhang iSd <verweis.norm>Art. 30 Abs. 3 <v.abk ersatz="EuGVVO">EuGVVO</v.abk></verweis.norm>. Denn das Verfahren vor dem UK High Court betrifft nicht das hiesige Klagepatent, sondern standardessentielle Patente. Auch wegen der kartellrechtlichen Vorfragen war eine Aussetzung nicht angezeigt, weil nichtessentielle und standardessentielle Patente kartellrechtlich anders zu beurteilen sind.</p> <p><rd nr="369"/>2. Aus denselben Gr&#252;nden war auch keine Aussetzung nach &#167;&#160;148 ZPO geboten.</p> <p><rd nr="370"/>II. Auch mit Blick auf zwei anh&#228;ngige Wettbewerbsverfahren gegen die Kl&#228;gerin war eine Aussetzung nicht nach <verweis.norm>Art. 16 Abs. 1 S. 3 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO">VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO</v.abk></verweis.norm>) angezeigt. Denn wie oben dargelegt kann die hiesige Klage keinen Versto&#223; gegen <verweis.norm>Art. 102 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm> (vormals <verweis.norm>Art. 82 <v.abk ersatz="EGV">EGV</v.abk></verweis.norm>-Nizza) begr&#252;nden.</p> <p><rd nr="371"/>III. Ebenso wenig war die Einholung einer Stellungnahme oder Informationen der EU-Kommission nach <verweis.norm>Art.15 Abs. 1 <v.abk ersatz="VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO">VO 1/2003/EG (Wettbewerbsregeln-DVO</v.abk></verweis.norm>) erforderlich. Denn das Gericht konnte, wie oben gezeigt, anhand der schon ergangenen Entscheidungen des EuGH &#252;ber die kartellrechtlichen Fragen entscheiden.</p> <p><rd nr="372"/>IV. Auch ein Vorabentscheidungsersuchen kommt aus vorgenannten Gr&#252;nden nicht in Betracht. Hinzu kommt, dass das erkennende Gericht zu der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens nicht verpflichtet ist, weil es nicht letztinstanzlich entscheidet, <verweis.norm>Art. 267 Abs. 3 <v.abk ersatz="AEUV">AEUV</v.abk></verweis.norm>.</p> <p><rd nr="373"/>E. Kein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung, &#167;&#160;156 ZPO Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung war nicht nach &#167;&#160;156 ZPO geboten.</p> <p><rd nr="374"/>I. Kein Wiederaufnahmegrund nach &#167;&#160;156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Es liegt kein Wiederaufnahmegrund nach &#167;&#160;156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor. Die Beklagtenseite ist nicht in ihrem Anspruch auf rechtliches Geh&#246;r verletzt.</p> <p>1. Kein Versto&#223; gegen das rechtliche Geh&#246;r durch Nichtgew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist</p> <p>a. Vorbringen der Kl&#228;gerin</p> <p><rd nr="375"/>Die Beklagtenseite bringt vor, ihr rechtliches Geh&#246;r sei verletzt, weil ihr - entgegen h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung (unter Bezugnahme auf BGH NJW 2009, 2604; NJW 2018, 2723) - keine Schriftsatzfrist zur Stellungnahme auf die Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen einger&#228;umt worden ist. Es habe sich hier offensichtlich um schwierige technische Sachfragen gehandelt - genau darum habe das Gericht schlie&#223;lich einen Sachverst&#228;ndigen geladen und auch in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 deutlich gemacht, dass die Fragen komplex seien. Auch der Sachverst&#228;ndige habe das Vorbringen der Beklagtenseite nicht &#8222;leicht&#8220; verstanden. Die Beklagtenseite selbst sei schlie&#223;lich nicht sachkundig, sondern sei auf Unterst&#252;tzung ihres Zulieferers U. angewiesen. Der als pr&#228;senter Zeuge anwesende Herr I. A. habe aber wegen einer m&#246;glichen Vernehmung nicht an der Sitzung teilgenommen, weil das Gericht auch auf Frage hin nicht mitgeteilt habe, dass der Zeuge nicht mehr geh&#246;rt werde, und er daher zu der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung nicht hinzugezogen worden sei. Die Beklagtenseite sei gerade nicht privatgutachterlich beraten gewesen, daher sei der Fall anders gelagert als BGH Xa ZR 130/07. Vor diesem Hintergrund h&#228;tte das Gericht der Beklagtenseite zwingend eine Schriftsatzfrist einr&#228;umen m&#252;ssen; die M&#246;glichkeit einer m&#252;ndlichen Stellungnahme im Termin sei nicht ausreichend gewesen. Vorsichtshalber habe die Beklagtenseite die Stellungnahme des Sachverst&#228;ndigen gleichwohl mit nicht nachgelassenem Schriftsatz gew&#252;rdigt. Eine privatgutachterliche Stellungnahme sei der Beklagtenseite auch nur im Rahmen einer Schriftsatzfrist m&#246;glich, etwaige weitere &#196;u&#223;erungen werde sie gegebenenfalls nachreichen. Auf Basis eines Gegenprivatgutachtens der Beklagtenseite k&#246;nnte der Sachverst&#228;ndige seine Angaben gegebenenfalls revidieren oder pr&#228;zisieren. Auch dies sei ein Grund, warum ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung geboten sei.</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="376"/>Die m&#252;ndliche Gutachtenserstattung ist durch die ZPO ausdr&#252;cklich vorgesehen, &#167;&#160;402, &#167;&#160;395 ZPO. Die Anordnung einer schriftlichen Begutachtung steht im Ermessen des Gerichts, &#167;&#160;411 ZPO. Die ZPO sieht grunds&#228;tzlich eine Er&#246;rterung einer Beweisaufnahme noch im Termin vor, um einerseits zu gew&#228;hrleisten, dass die Parteien sich zu allen entscheidungserheblichen Punkten &#228;u&#223;ern konnten, andererseits eine Diskussion noch unter dem Eindruck der Beweisaufnahme zu erm&#246;glichen. Daher ist grunds&#228;tzlich keine Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist erforderlich (BGH NJW 2018, 2723, 2724 Rn. 25 mwN).</p> <p><rd nr="377"/>Eine vorl&#228;ufige Beweisw&#252;rdigung des Gerichts nach Beweisaufnahme ist grunds&#228;tzlich nicht Voraussetzung f&#252;r eine Er&#246;rterung (BGH NJW 2016, 3100, 3103 a.A. Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 279 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 5), da Beweisw&#252;rdigung Rechtsausf&#252;hrung ist.</p> <p><rd nr="378"/>Die W&#252;rdigung einer Anh&#246;rung eines Sachverst&#228;ndigen ist nach Auffassung der 7. Zivilkammer grunds&#228;tzlich Beweisw&#252;rdigung und damit stets zul&#228;ssige Rechtsausf&#252;hrung. Im Anschluss an eine Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung muss eine Stellungnahmem&#246;glichkeit nur gew&#228;hrt werden, wenn der Partei eine sofortige Stellungnahme nicht abverlangt werden kann, weil sie Zeit braucht, um in Kenntnis der Sitzungsniederschrift angemessen vorzutragen (BGH NW 2018, 2723, 2724 Rn. 26). Das kann bei nur m&#252;ndlich erstatteten Gutachten der Fall sein, wenn die technischen Fragen komplex waren, um der Partei gegebenenfalls die M&#246;glichkeit zu geben, sich sachverst&#228;ndig beraten zu lassen und auf dieser Grundlage zu dem Beweisergebnis Stellung zu nehmen (BGH NJW 2009, 2604, 2605, Rn. 8 mwN). Ebenso ist eine Stellungnahmefrist erforderlich, wenn ein Sachverst&#228;ndiger zu komplexen Fragen m&#252;ndlich ausf&#252;hrlich angeh&#246;rt wird, ohne dass er vorher ein schriftliches Gutachten erstattet hat (BGH NJW 2018, 2723, 2724 Rn. 26 mwN).</p> <p><rd nr="379"/>Eine Partei muss bei nicht gew&#228;hrter Schriftsatzfrist alle M&#246;glichkeiten der Geh&#246;rsverschaffung ausnutzen, insbesondere wenn das Gericht zu erkennen gegeben hat, es werde sich mit jeglichem Vorbringen, sei es nachgelassen oder nicht, auseinandersetzen (BGH NJW 2018, 2723, 2725/6 Rn. 36 ff.).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="380"/>Nach Vorgesagtem liegt keine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs vor.</p> <p><rd nr="381"/>Die Fragestellungen, zu denen der Sachverst&#228;ndige Stellung nahm, waren nicht komplex. Der Sachverst&#228;ndige war aufgefordert, das Gericht bei der Bewertung des Parteivortrags zu unterst&#252;tzen. Insbesondere sollte er dazu Stellung nehmen, ob der Vortrag der Beklagtenseite aus technischer Sicht plausibel belege, dass die Beklagtenseite das Klagepatent nicht verletze. Er bewertete damit nur Parteivortrag. Wenngleich der Sachverst&#228;ndige aus technischer Sicht Stellung nahm, war dies eine Plausibilit&#228;tspr&#252;fung. Er konfrontierte Parteien und Gericht nicht mit einer von ihm technisch durchgef&#252;hrten &#220;berpr&#252;fung, die neuen Sachvortrag der Parteien erforderlich machen konnte. Die technischen Fragen, mit denen er sich befasste, sind dabei aus Sicht des Gerichts zwar komplex. Aus Sicht der Beklagtenseite sind sie es indes nicht, denn es handelt sich um ihren eigenen technischen Vortrag. Es ging in dem Termin nicht etwa um die sachverst&#228;ndigenseits ermittelte konkrete Ausgestaltung des U.-Chips, sondern nur um den Vortrag der Parteien, insbesondere der Beklagtenseite, zu dessen Ausgestaltung.</p> <p><rd nr="382"/>Unbeachtlich ist dabei, dass der Sachverst&#228;ndige an einer Stelle seine Meinung &#228;nderte. Das ist kein Beleg f&#252;r die technische Komplexit&#228;t. Vielmehr hatte er den kompliziert vorgetragenen Beklagtenvortrag erst durch die Erl&#228;uterung in der m&#252;ndlichen Verhandlung verstehen k&#246;nnen und dann auch die entsprechende Frage beantwortet.</p> <p><rd nr="383"/>Ebenso wenig ist relevant, dass die Beklagtenseite, auch wenn sein nach au&#223;en als Herstellerin der angegriffenen Mobiltelefone auftritt, nach eigenem Vortrag nicht &#252;ber hinreichende technische Sachkunde verf&#252;gt. Es war ihr unbenommen, einen Privatgutachter hinzuzuziehen und zum Termin mitzubringen, wie die Kl&#228;gerin dies unternommen hat. Unabh&#228;ngig hiervon war die Beklagtenseite im Termin durch 5 Patentanw&#228;lte und 8 technisch versierte Rechtsanw&#228;lte von zwei renommierten Kanzleien vertreten. Die Beklagtenseite kannte nach eigenem Vortrag (S. 3 des Protokolls vom 08.02.2011) die Schaltpl&#228;ne des U.-Chips seit geraumer Zeit.</p> <p><rd nr="384"/>Die Beklagtenseite h&#228;tte auch den als pr&#228;senten Zeugen angebotenen Herrn A. zu der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung hinzuziehen d&#252;rfen. Die Kammer hat ihn selbst nicht als Zeugen geladen oder einen dahingehenden Beweisbeschluss erlassen. Der pr&#228;sente Herr A. war demnach als Teil der im Sitzungssaal anwesenden &#214;ffentlich zu werten. Herr A. hatte den Sitzungssaal auf freiwilliger Basis verlassen (S. 3 Protokoll vom 8.11.2018). Unabh&#228;ngig hiervon schlie&#223;t die ZPO die Anwesenheit eines Zeugen bei einer Anh&#246;rung eines Sachverst&#228;ndigen nicht aus, arg e contr e <verweis.norm>&#167; 394 Abs. 1 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>, wobei &#167;&#160;394 Abs. 1 ZPO f&#252;r Sachverst&#228;ndige gerade nicht gilt (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;394 ZPO Rn. 1). Die Entscheidung &#252;ber die Anwesenheit des Herrn A. w&#228;hrend der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung lag daher im alleinigen Ermessen des Herrn A..</p> <p><rd nr="385"/>Das Gericht hatte insbesondere bereits mit Verf&#252;gung vom 26.10.2018 darauf aufmerksam gemacht, dass eine etwaige Vernehmung des Herrn A. als pr&#228;senten Zeugen von den Angaben des Sachverst&#228;ndigen abh&#228;ngen k&#246;nnte, so dass es vor Abschluss der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung nicht darauf hinweisen konnte, dass eine derartige Einvernahme nicht in Betracht kommt. Nach Ende der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung hatte der Vorsitzende in einer Verhandlungspause auf Frage eines der Beklagtenvertreter mitgeteilt, dass eine Einvernahme des Herrn A. als Zeuge nicht in Betracht kommt. Dar&#252;ber hinaus h&#228;tte die Beklagtenseite jederzeit Unterbrechung beantragen k&#246;nnen, um gegebenenfalls technische Aspekte mit dem pr&#228;senten Herrn A. zu kl&#228;ren und um dann dem Sachverst&#228;ndigen Vorhalte machen k&#246;nnen. Das Gericht hat Antr&#228;gen der Beklagten auf Unterbrechungen, wie im Protokoll vom 08.11.2018 dokumentiert, bei entsprechender Begr&#252;ndung entsprochen.</p> <p><rd nr="386"/>Ebenso wenig ist relevant, dass das Gericht seine vorl&#228;ufige Beweisw&#252;rdigung nicht mitteilte. Das war nach vorzitierter h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung nicht erforderlich (zu S. 3 Schriftsatz vom 13.12.2018). Im &#220;brigen hat die Kammer deutlich gemacht, dem Sachverst&#228;ndigen voraussichtlich folgen zu wollen, und nach seinen Angaben im Ergebnis eher von einer Verletzung auszugehen. Anderenfalls w&#228;re insbesondere keine Diskussion des Rechtsbestands und des Lizenzeinwands erforderlich gewesen.</p> <p><rd nr="387"/>Hinzu kommt, dass die Nichtgew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist hier jedenfalls nicht das rechtliche Geh&#246;r verletzte, weil das Gericht deutlich machte, jeden weiteren Vortrag zur Kenntnis zu nehmen und die Erforderlichkeit des Wiedereintritts in die m&#252;ndliche Verhandlung zu pr&#252;fen (S. 21 des Protokolls vom 8.11.2018: &#8222;Die Kammer verspricht, etwaige Antr&#228;ge auf Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung zu pr&#252;fen.&#8220;). Dass die Kammer diese Selbstverpflichtung wahrnimmt, hat sie durch dieses Urteil belegt. Daher hatte die Beklagtenseite Gelegenheit und Anlass, unabh&#228;ngig von der Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist den Vortrag zu erbringen, den sie im Rahmen einer Schriftsatzfrist erbracht h&#228;tte.</p> <p><rd nr="388"/>Die Beklagtenseite ist dem auch mit den nachterminlichen Schrifts&#228;tzen, insbesondere dem Schriftsatz vom 22.11.2018 und dem Schriftsatz vom 10.12.2018, mit dem sie zwei Privatgutachten vorlegte, nachgekommen. Auch auf dieser Basis war indes kein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung angezeigt, wie im Folgenden darzustellen sein wird. 2. Zu Unrecht &#252;bergangene Beweismittel (Zeugen A., O., Schaltpl&#228;ne)</p> <p>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="389"/>Die Beklagtenseite sieht ihr rechtliches Geh&#246;r des Weiteren dadurch verletzt, dass die Kammer die Herren A. und O. nicht als pr&#228;sente Zeugen geh&#246;rt und die Schaltpl&#228;ne aus dem Discovery-Verfahren nicht eingef&#252;hrt hat.</p> <p><rd nr="390"/>Die Beklagtenseite meint, das Gericht habe die Bereithaltung der Herren A. und O. als pr&#228;sente Zeugen in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 gefordert, um in der Verhandlung sodann ohne Begr&#252;ndung hiervon abzuweichen. Von der Vorlage der Schaltpl&#228;ne habe das Gericht nur mit Blick auf die Zeit (100 bis 160 Sachverst&#228;ndigenstunden zur Sichtung) Abstand genommen.</p> <p><rd nr="391"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, rechtlich sei das &#220;bergehen eines entscheidungserheblichen Beweisangebotes eine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs. Das gelte auch, wenn die Anforderungen an die Darlegungslast &#252;berspannt w&#252;rden (S. 13 Schriftsatz vom 22.11.2018 unter Bezugnahme auf BGH VI ZR 565/15 Rn. 6). Die Kammer habe den Vortrag der Beklagtenseite aus der Quadruplik nicht &#252;bergehen d&#252;rfen, weil er nicht versp&#228;tet gewesen sei (S. 14/25 Schriftsatz vom 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="392"/>Entscheidungserhebliche, rechtzeitig (isd <verweis.norm>&#167;&#167; 282, 296 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>) angebotene Beweise m&#252;ssen erhoben werden. Die Anforderungen an die Darlegungslast stellt die Beklagtenseite unter Bezug auf BGH VI ZR 565/15 richtig dar.</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="393"/>Gleichwohl liegt hier keine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs vor. Die nicht erhobenen Beweise sind nicht entscheidungserheblich.</p> <p><rd nr="394"/>(1) Nicht entscheidungserheblich waren die Zeugenangebote O. und A.</p> <p><rd nr="395"/>(a) Die Herren A. und O. wurden erstmals in der Quadruplik als Zeugen benannt. Herr A. ist - neben einem Sachverst&#228;ndigengutachten - als Beweis f&#252;r den gesamten technischen Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik als Zeuge angeboten worden. Herr O. ist nur zum Beweis der Tatsache als Zeuge angeboten, dass eine Umprogrammierung des Chips durch die Beklagtenseite oder ihre Abnehmer ausgeschlossen sei (S. 29 Quadruplik).</p> <p><rd nr="396"/>(b) Dem Zeugenangebot O. durfte das Gericht nach oben genanntem Ma&#223;stab nicht nachgehen, weil seine Angaben aus Rechtsgr&#252;nden nicht entscheidungserheblich waren. Soweit er zum Beweis von Tatsachen als Zeuge angeboten war, kann das Gericht diese behaupteten Tatsachen aus Rechtsgr&#252;nden als wahr unterstellen, ohne dass sich am Ergebnis etwas &#228;ndern w&#252;rde. Im &#220;brigen handelte sich bei den &#8222;Tatsachen&#8220;, zu deren Beweis er angeboten war, um Sachverst&#228;ndigenfragen.</p> <p><rd nr="397"/>(aa) Die Beklagtenseite hat hier vorgebracht: &#8222;Um eine solche Firmware zu erstellen, bedarf es neben der Programmierkenntnisse und insbesondere dem streng geheimen Sourcecode der vorhandenen Firmware f&#252;r den zweiten Chip (im Falle der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform eines Chips des Zulieferers N.) auch der Kenntnis eines 120 Seiten starken &#8222;Programming Guide&#8220; f&#252;r den Chip U. 81003M. Dieser ist ebenfalls streng geheim und beispielsweise den Abnehmern der Beklagten nicht zug&#228;nglich. Eine wie auch immer geartete &#196;nderung der Programmierung kann im &#220;brigen ausschlie&#223;lich durch den Zulieferer N. vorgenommen werden, da die Firmware selbst der Beklagten nur in bin&#228;rer, nicht lesbarer Form zur Verf&#252;gung gestellt wird. Eine nicht programmierte Benutzung durch die Beklagte oder ihre Abnehmer ist daher insgesamt ausgeschlossen.&#8220;</p> <p><rd nr="398"/>(bb) Nach h&#246;chstrichterlicher Rechtsprechung liegt eine Patentverletzung schon dann vor, wenn die Merkmale der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform objektiv geeignet sind, die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen zu erreichen. Unerheblich ist, ob die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen regelm&#228;&#223;ig, nur in Ausnahmef&#228;llen oder zuf&#228;llig erreicht werden und ob es der Verletzer darauf absieht, diese Wirkung zu erzielen. Deshalb liegt eine Patentverletzung auch vor, wenn eine Vorrichtung regelm&#228;&#223;ig so bedient wird, dass die patentgem&#228;&#223;en Eigenschaften und Wirkungen nicht erzielt werden. Die Patentverletzung entf&#228;llt in diesem Fall selbst dann nicht, wenn der Hersteller oder Lieferant seinen Abnehmern ausdr&#252;cklich eine andere Verwendung seiner Vorrichtung empfiehlt, solange die Nutzung der patentgem&#228;&#223;en Lehre m&#246;glich bleibt (BGH GRUR 2006, 399, 401 Rn. 21 - Rangierkatze mwN).</p> <p><rd nr="399"/>Eine Patentverletzung kann auch angenommen werden, wenn eine angegriffene Ausf&#252;hrungsform im Auslieferungszustand nicht von s&#228;mtlichen Merkmalen der im Patent unter Schutz gestellten technischen Lehre Gebrauch macht, der Abnehmer aber selbstverst&#228;ndlich und mit Sicherheit eine f&#252;r den Erfindungsgedanken nebens&#228;chliche Ver&#228;nderung an der Vorrichtung vornehmen wird, die zur Verwirklichung s&#228;mtlicher Merkmale des Patentanspruchs f&#252;hrt. Die hinreichende Sicherheit wurde abgelehnt f&#252;r den Aufruf eines Algorithmusses, der in der Firmware zwar vorhanden war, f&#252;r eine bestimmungsgem&#228;&#223;e Nutzung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform aber nicht erforderlich war, und zumindest rudiment&#228;re Kenntnisse der Informatik voraussetzte und nicht dargelegt war, dass die Abnehmer von dem Hersteller Anleitungen oder Software erhalten w&#252;rden, um durch den Funktionsaufruf eine patentgem&#228;&#223;e Vorrichtung herzustellen (OLG D&#252;sseldorf GRUR-RR 2016, 97, 101/102 - Prim&#228;re Verschl&#252;sselungslogik mwN).</p> <p><rd nr="400"/>(cc) Hiernach war Herr O. nicht als Zeugen zu h&#246;ren.</p> <p><rd nr="401"/>(aaa) Er war nicht zu der Behauptung zu h&#246;ren, &#8222;[e]ine wie auch immer geartete &#196;nderung der Programmierung kann im &#220;brigen ausschlie&#223;lich durch den Zulieferer N. vorgenommen werden, da die Firmware selbst der Beklagten nur in bin&#228;rer, nicht lesbarer Form zur Verf&#252;gung gestellt wird. Eine nicht programmierte Benutzung durch die Beklagte oder ihre Abnehmer ist daher insgesamt ausgeschlossen.&#8220; Hierbei handelte es sich nicht um Zeugensondern um Sachverst&#228;ndigenfragen. Ma&#223;geblich f&#252;r die Beantwortung der Frage, ob eine &#196;nderung der Programmierung unter den genannten Voraussetzungen nur durch N. vorgenommen werden k&#246;nne, ist keine menschliche Wahrnehmung, zu der ein Zeuge befragt werden kann. Vielmehr geht es um die Frage des technisch M&#246;glichen, die als Sachverst&#228;ndigenfrage zu qualifizieren ist. Der Zeuge k&#246;nnte nur angeben, ob nach seiner Kenntnis andere Unternehmen neben N. zu einer &#196;nderung der Programmierung in der Lage sind. Verneinte er dies, bedeutete dies indes nicht, dass die technische M&#246;glichkeit nicht best&#252;nde.</p> <p><rd nr="402"/>Das Gericht hat diese Frage daher folgerichtig mit dem Sachverst&#228;ndigen besprochen.</p> <p><rd nr="403"/>(bbb) Auch zu den &#252;brigen Behauptungen war Herr O. nicht zu h&#246;ren. Das Gericht kann als wahr unterstellen, dass f&#252;r die Erstellung von Firmware Programmierkenntnisse, der geheime Sourcecode der vorhandenen Firmware f&#252;r den zweiten Chip und die Kenntnis eines geheimen, den Abnehmern der Beklagtenseite nicht zug&#228;nglichen Programming Guides f&#252;r den U.-Chip erforderlich sind. Aus Rechtsgr&#252;nden kommt es auf diese Fragen aber nach dem unter (1) und (2)(a) gesagten nicht an. Denn eine Patentverletzung ist schon dann gegeben, wenn eine angegriffene Ausf&#252;hrungsform so genutzt werden kann, dass sie die Merkmale des Klagepatents verwirklicht. Genau das ist aber hier der Fall, wie schon oben dargelegt.</p> <p><rd nr="404"/>(ccc) Auch Herrn A. durfte das Gericht nicht als Zeugen h&#246;ren. Denn die Behauptungen, zu deren Beweis er angeboten war, f&#252;hrten schon nicht aus einer Verletzung heraus und waren daher nicht schl&#252;ssig und nicht entscheidungsrelevant. Des Weiteren waren sie versp&#228;tet und daher nach &#167;&#160;296 ZPO nicht beachtlich, damit ebenfalls nicht entscheidungsrelevant. Auf dieser Basis durfte das Gericht wegen des Verbots der Ausforschung den angebotenen Zeugenbeweis nicht erheben.</p> <p><rd nr="405"/>Die Behauptungen der Beklagtenseite, zu denen die Zeugeneinvernahme des Herrn A. angeboten war, f&#252;hrten nicht aus einer Verletzung des Klagepatents heraus. Sie waren daher nicht schl&#252;ssig, wie schon oben dargelegt.</p> <p><rd nr="406"/>Nach alledem war das Beklagtenvorbringen auch in der Quadruplik nicht schl&#252;ssig und damit nicht entscheidungsrelevant. Daher durften die Herren A. und O. nicht geh&#246;rt werden. Das Gericht hatte schon in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 unterstrichen, dass sie nur zu h&#246;ren sein k&#246;nnten, wenn es auf die Tatsachen, deren Richtigkeit sie best&#228;tigen sollen, noch ank&#228;me (S. 2 der Verf&#252;gung).</p> <p><rd nr="407"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es erstmals substantiierter Vortrag, als solcher versp&#228;tet und daher nicht mehr zu ber&#252;cksichtigen, &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO, wie oben dargelegt. Auch zu versp&#228;tetem Vorbringen ist ein angebotener Zeuge nicht zu h&#246;ren. Dabei ist unbeachtlich, dass die Herren A. und O. als pr&#228;sente Zeugen mitgebracht waren und sofort h&#228;tten geh&#246;rt werden k&#246;nnen. Die Kl&#228;gerin h&#228;tte sich indes, wollte man den Vortrag - wie nicht - als schl&#252;ssig ansehen, (erstmals) veranlasst gesehen, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen, die im Rahmen des Termins nicht h&#228;tten gesichtet werden k&#246;nnen, s.o. Vielmehr h&#228;tte es eines neuen Termins bedurft. Daher war das Vorbringen der Beklagtenseite in der Quadruplik - ungeachtet der Pr&#228;senz der Zeugen - als unsubstantiiert, hilfsweise als versp&#228;tet, zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="408"/>(2) Das Gericht musste auch nicht die Schaltpl&#228;ne &#8222;einf&#252;hren&#8220;. Die Einf&#252;hrung von Unterlagen obliegt den Parteien. Das Gericht hatte der Kl&#228;gerseite anheimgestellt, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Die Kl&#228;gerin hatte dies f&#252;r den Fall eines Hinweises des Gerichts dahingehend, dass es den Vortrag der Beklagtenseite in der Quadruplik nicht als versp&#228;tet ansehe, ins Auge gefasst (S. 8 des Protokolls vom 8.11.2018). Die Beklagtenseite hat mit Blick auf die Schaltpl&#228;ne keinen Antrag nach &#167;&#160;142 ZPO gestellt, so dass das Gericht der Kl&#228;gerin die Vorlage auch nicht aufgeben musste. Im &#220;brigen fehlte nach oben Gesagtem die Beweiserheblichkeit.</p> <p><rd nr="409"/>Das Gericht musste die Vorlage der Schaltpl&#228;ne auch nicht im Vorfeld des Termins anordnen, um der Annahme der Pr&#228;klusionsregelung des &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO entgegenzuwirken und die Versp&#228;tung der Beklagtenseite &#8222;aufzufangen&#8220;. Wegen der von dem Sachverst&#228;ndigen ins Auge gefassten zeitlichen Dimension der Sichtung der Schaltpl&#228;ne w&#228;re eine solche vor dem Termin schlicht nicht mehr m&#246;glich gewesen.</p> <p><rd nr="410"/>Nach alledem musste das Gericht weder die Herren O. und A. als Zeugen h&#246;ren, noch Schaltpl&#228;ne vorlegen lassen und in Augenschein nehmen oder durch den Sachverst&#228;ndigen begutachten lassen. Es hat keine angebotenen Beweismittel zu Unrecht &#252;bergangen.</p> <p>3. Kein Versto&#223; gegen die Hinweispflicht aus &#167;&#160;139 ZPO</p> <p>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="411"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, das Gericht habe (erst) mit Verf&#252;gung vom 24.10.2018 darauf hingewiesen, dass die Beklagtenseite noch keine validen technischen Informationen vorgebracht habe, die - bei einer Wahrunterstellung - aus der Patentverletzung herausf&#252;hrten. Das Gericht habe auch nicht auf eine m&#246;gliche sekund&#228;re Darlegungslast trotz der Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers hingewiesen. Schlie&#223;lich h&#228;tten die Parteien im Termin am 08.02.2018 &#252;ber die M&#246;glichkeit gesprochen, die Schaltpl&#228;ne im Rahmen eines US-Discovery-Verfahrens zu erhalten, und die Beklagtenseite habe mitgeteilt, nach deren Vorlage detailliert vortragen zu k&#246;nnen. H&#228;tte das Gericht fr&#252;her auf eine m&#246;gliche fehlende Substantiierung des Vortrags der Beklagtenseite hingewiesen, h&#228;tte die Beklagtenseite fr&#252;her bei ihrem Zulieferer um Freigabe weiterer Informationen bitten k&#246;nnen, wie f&#252;r die Quadruplik geschehen. Auch der Zulieferer U. habe sich darauf verlassen, dass die Schaltpl&#228;ne vorgelegt w&#252;rden. Vor Erhalt der Triplik sei es den Beklagten nicht m&#246;glich gewesen, weitergehenden technischen Vortrag zu erhalten (S. 34/37 Schriftsatz vom 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="412"/><verweis.norm>&#167; 139 Abs. 2 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> gibt dem Gericht - in Konkretisierung des Grundsatzes auf rechtliches Geh&#246;r - unter bestimmten Voraussetzungen Hinweispflichten auf. Diese greifen grunds&#228;tzlich, wenn eine Partei einen Gesichtspunkt erkennbar &#252;bersehen oder f&#252;r unerheblich gehalten hat, &#167;&#160;139 Abs. 2 S. 1 ZPO, sowie wenn das Gericht einen Gesichtspunkt anders beurteilt als beide Parteien, &#167;&#160;139 Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Hinweispflicht steht zwischen Geh&#246;rsgew&#228;hrung einerseits und Parteiherrschaft &#252;ber Prozessstoff sowie Neutralit&#228;tspflichten des Gerichts andererseits (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 2).</p> <p><rd nr="413"/>Geboten ist ein Hinweis, wenn das Gericht Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbevollm&#228;chtigter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 6 unter Verweis auf BGH NJW 2007, 1455, 1456 Rn. 10; BVerfG NJW 1994, 1274). Nach Hinweisen des Gegners, die die betroffene Partei in gebotener Form &#252;ber Sach- und Rechtslage unterrichteten, und die der Gegner verstanden hat, muss das Gericht nicht erneut einen entsprechenden Hinweis geben (BGH NJW-RR 2008, 581 mwN; Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 6a). Auf eine in der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung bekannte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast muss das Gericht nicht hinweisen (BVerfG Beschluss vom 27. September 2018 - 1 BvR 426/13, juris).</p> <p><rd nr="414"/>Sofern ein Hinweis geboten ist, muss er fr&#252;hzeitig und unmissverst&#228;ndlich gegeben werden (Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;139 ZPO Rn. 11, 12a).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="415"/>Hernach hat das Gericht keine Hinweispflicht verletzt. Dass substantiierter Parteivortrag vom Gegner substantiiert bestritten werden muss, ist eine prozessuale Selbstverst&#228;ndlichkeit, die das Gericht der (qualititativ und quantitativ weit &#252;berdurchschnittlich) anwaltlich vertretenen Beklagtenseite nicht erkl&#228;ren brauchte. Das Gericht musste auch nicht darauf hinweisen, dass ihr Vortrag noch nicht hinreichend substantiiert war. Denn hierauf hatte die Kl&#228;gerin und das Gericht, letzteres mit den Worten, dass der Kl&#228;gervortrag besser zu verstehen sei als der Beklagtenvortrag, bereits im Termin vom 8.2.2018 hingewiesen, weswegen die beklagte Partei sich gen&#246;tigt sah wie folgt vorzutragen:</p> <p>&#8222;Beklagtenvertreter tr&#228;gt vor, dass die beklagte Partei Schwierigkeiten gehabt habe, Informationen zur Chiparchitektur zu erhalten. Diese Schwierigkeiten seien aber mittlerweile teilweise behoben. Allerdings sehe sich die Beklagte derzeit nicht in der Lage, die Schaltpl&#228;ne dem Gericht vorzulegen, weil Geheimhaltungsinteressen des Chipherstellers entgegenst&#252;nden. (Prot. vom 8.2.2018, S. 3).</p> <p><rd nr="416"/>Das Gericht hat die Unverst&#228;ndlichkeit des Beklagtenvortrags zum Anlass genommen, vorsorglich, mit Einverst&#228;ndnis beider Parteien, einen Sachverst&#228;ndigen zur Beratung der Kammer w&#228;hrend des Haupttermins hinzuzuziehen (Prot. vom 8.2.2018, S. 4).</p> <p><rd nr="417"/>Sp&#228;testens seit der Replik (S. 8 unter 8.-, 9.-, S.51 unten, S. 52, 54, 55 ff., S. 58) hatte die Kl&#228;gerin dar&#252;ber hinaus best&#228;ndig und unmissverst&#228;ndlich darauf hingewiesen, dass der Sachvortrag der beklagten Partei zur Funktionsweise der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform aus ihrer Sicht unzureichend sei. So hatte sie schon auf S. 3 der Replik auf das eingeleitete US-Discovery-Verfahren verwiesen, aber unterstrichen, dass es auf die Schaltpl&#228;ne nicht ankommen werde, weil &#8222;die prim&#228;re Verteidigung der Beklagten schon gar nicht schl&#252;ssig ist, also der Tatsachenvortrag (&#8222;Deaktivierung&#8220; bestimmter Elemente) rechtlich nicht erheblich ist, jedenfalls aber prozessual nicht hinreichend substantiiert erfolgt ist und somit unbeachtlich bleiben muss.&#8220; In der Triplik fasste sie dies noch sch&#228;rfer und teilte mit, dass die deutschen Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin noch keine Einsicht in die erhaltenen Schaltpl&#228;ne genommen h&#228;tten, und es ihrer Vorlage auch nicht bed&#252;rfe, weil prozessual das kl&#228;gerseitige Vorbringen (wegen unschl&#252;ssigen und unsubstantiierten Bestreitens durch die beklagte Partei) unstreitig sei.</p> <p><rd nr="418"/>Die Beklagtenseite hat das auch verstanden. Sie hat sich in der m&#252;ndlichen Verhandlung am 08.02.2018 wie oben dargestellt dahingehend eingelassen, dass die Informationsbeschaffung schwierig gewesen sei, &#252;ber die Schaltpl&#228;ne mittlerweile aber zu verf&#252;gen, sie aber dennoch - wegen Geheimhaltungsinteressen - nicht vorlegen k&#246;nne (S. 3 Protokoll vom 8.02.2018). Sie hat ihr Bestreiten des Weiteren in einer Erkl&#228;rung zu Protokoll weiter gefasst als in der Klageerwiderung (S. 3/4 Protokoll vom 8.02.2018). Sie hat auch und insbesondere den Hinweis der Kl&#228;gerin in deren Triplik verstanden und hierauf den Vortrag f&#252;r die Quadruplik &#252;berarbeitet. Die Beklagtenseite tr&#228;gt selbst vor, auf die Triplik hin weiteren Vortrag von dem Zulieferer abgefragt zu haben (&#8222;so wie dies dann f&#252;r die Quadruplik erfolgt ist&#8220;, S. 36 Schriftsatz vom 22.11.2018, Rn. 106). Mithin hat sie verstanden, dass sie ihren Vortrag nachbessern musste. Dieser Hinweis aus der Triplik stammt vom 13.08.2018; die Beklagtenseite hatte bis zum Termin am 8.11.2018 mithin noch fast 3 Monate Zeit zur Erwiderung. Bis zum Ablauf der Schriftsatzfrist f&#252;r die Quadruplik hatte sie gut 2 Monate Zeit. Dass 2 Monate zu kurz gewesen w&#228;ren, um substantiiert vorzutragen, bringt die Beklagtenseite nicht vor. Im &#220;brigen w&#228;re nach ihrem eigenen Vorbringen ein Hinweis des Gerichts vor der Triplik sinnlos gewesen, weil sie von ihrem Zulieferer erst weitere Informationen habe einfordern k&#246;nnen, nachdem feststand, dass die Kl&#228;gerin die Schaltpl&#228;ne nicht vorlegen werde (S. 37 Schriftsatz vom 22.11.2018 Rn. 106).</p> <p><rd nr="419"/>Auf die fehlende Schl&#252;ssigkeit des Vortrags (auch noch) in der Quadruplik hat das Gericht so schnell wie m&#246;glich, n&#228;mlich mit Verf&#252;gung vom 25.10.2018 reagiert. Eine fr&#252;here Reaktion war wegen des Umfangs und der Komplexit&#228;t der eingereichten Schrifts&#228;tze nicht m&#246;glich. Auf den letzten Hinweis des Gerichts hin hat die Beklagtenseite in der m&#252;ndlichen Verhandlung weder durch Anpassung ihres Vortrags in Beisein des Sachverst&#228;ndigen, noch durch einen Antrag auf Einr&#228;umung einer Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf die Hinweise des Gerichts vom 26.10.2018 (<verweis.norm>&#167; 139 Abs. 5 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>) reagiert.</p> <p><rd nr="420"/>Ein anderes folgt auch nicht daraus, dass die Parteien im Termin am 08.02.2018 &#252;ber die Einleitung eines US-Discovery-Verfahrens gesprochen hatten und die Kl&#228;gerin ein solches im Anschluss tats&#228;chlich durchf&#252;hrte. Die Kl&#228;gerin hatte sich durch die Einleitung des Verfahrens nicht verpflichtet, die Schaltpl&#228;ne vorzulegen. Insbesondere haben die Parteien keinen Prozessvergleich (Zwischenvergleich) dar&#252;ber geschlossen, dass die Kl&#228;gerin die Pl&#228;ne erholen und vorlegen w&#252;rde. Nur dann w&#228;re sie hierzu verpflichtet gewesen. Die Kl&#228;gerin hat auch kein Vertrauen in Anspruch genommen, dass sie die Schaltpl&#228;ne zweifelsohne vorlegen w&#252;rde. Schon in der Replik vom 13.04.2018 hatte sie deutlich gemacht, dass es zum damaligen Stand auf die Schaltpl&#228;ne nicht ankommen w&#252;rde (s.o.). Die Nichtvorlage ist mithin kein widerspr&#252;chliches Verhalten der Kl&#228;gerin. Das Gericht hat sich schlie&#223;lich die zun&#228;chst avisierte Vorlage der Schaltpl&#228;ne durch die Kl&#228;gerin nicht zu eigen gemacht. Die Vorlage oder Nichtvorlage von Unterlagen steht grunds&#228;tzlich in anwaltlichem Ermessen. Die Parteien sind die Herren des Verfahrens und bestimmen selbst dar&#252;ber, welche Unterlagen sie in den Prozess einf&#252;hren. Nur im Fall des &#167;&#160;142 ZPO ordnet das Gericht eine Vorlage von Unterlagen an - die Voraussetzungen hierf&#252;r lagen aber nicht vor, s.o.. Das Gericht nahm auch seinerseits kein Vertrauen in Anspruch, die Beklagtenseite m&#252;sse ihren Vortrag erst nach Vorlage der Pl&#228;ne substantiieren. Insbesondere hat das Gericht die Beweisaufnahme nicht von der Vorlage der Pl&#228;ne abh&#228;ngig gemacht, und damit deutlich gemacht, dass es unabh&#228;ngig von den Schaltpl&#228;ne entscheidungsrelevant auch allein auf die Beurteilung des bisherigen Bestreitens ankommen k&#246;nnte.</p> <p><rd nr="421"/>Das Gericht sieht nicht die sekund&#228;re Darlegungslast bei den Beklagten, sondern sieht ihr Bestreiten als prozessual unbeachtlich an (zu S. 35 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 101).</p> <p><rd nr="422"/>Unbeachtlich ist dabei, dass das Gericht die mitgebrachten Herren nicht als pr&#228;sente Zeugen h&#246;rte (zu S. 36 Schriftsatz vom 22.11.2018, Rn. 105). Das geschah ma&#223;geblich deswegen, weil der Vortrag der Beklagtenseite technisch nicht schl&#252;ssig war, s.o. Die Einvernahme von Zeugen zu unschl&#252;ssigem Vortrag ist nicht angezeigt.</p> <p><rd nr="423"/>&#220;berraschend ist die Entscheidung schlie&#223;lich auch nicht deswegen, weil das Gericht zu dem Termin am 8.11.2018 einen Sachverst&#228;ndigen lud, obwohl es davon ausging, dass der Vortrag der Beklagtenseite technisch noch nicht schl&#252;ssig war. Erstens musste das Gericht in Betracht ziehen, dass die (wie oben dargelegt qualitativ und quantitativ deutlich &#252;berdurchschnittlich) anwaltlich vertretene Beklagtenseite ihren Vortrag noch rechtzeitig vor dem zweiten Termin oder sp&#228;testens im zweiten Termin nachbessern w&#252;rde. Zweitens war es gerade Aufgabe des Sachverst&#228;ndigen, das - technisch nicht vorgebildete - Gericht bei der Pr&#252;fung des technischen Parteivortrags auf Schl&#252;ssigkeit zu unterst&#252;tzen. Die Ladung des Sachverst&#228;ndigen entsprach damit gerade der Intention der Kammer, der Beklagtenseite rechtliches Geh&#246;r zu gew&#228;hren in dem Bestreben, etwaiges aus Expertensicht erhebliches Vorbringen der Beklagten nicht aufgrund mangelnden technischen Verst&#228;ndnisses auf Seiten der Mitglieder der Kammer unzutreffend als unschl&#252;ssig zu werten.</p> <p><rd nr="424"/>Nach alledem hat das Gericht nicht gegen seine Hinweispflicht versto&#223;en.</p> <p>4. Kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG</p> <p><rd nr="425"/>Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung ist auch nicht wegen eines Versto&#223;es gegen &#167;&#160;169 GVG geboten: es liegt schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG vor; ein etwaiger erfolgter Versto&#223; ist jedenfalls durch vorsorgliche Wiederholung des betroffenen Teils der Sitzung geheilt worden.</p> <p>a. Vorbringen der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="426"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, dass durch die fehlende Zugangsm&#246;glichkeit zum Sitzungssaal f&#252;r mindestens 45 Minuten die &#214;ffentlichkeit nicht gew&#228;hrleistet gewesen sei, was jedenfalls an fahrl&#228;ssiger Unkenntnis des Gerichts liege. Dieser Verfahrensfehler sei durch die blo&#223;e Doppelung und Verlesung der fraglichen Teile der Sitzungsniederschrift nicht geheilt worden (S. 38 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 111) zumal unklar sei, ob das Gericht tats&#228;chlich alle Verfahrensteile erfasst habe, bei denen die &#214;ffentlichkeit entgegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG bereits nicht mehr bestanden habe (S. 38/39 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 113/115). Eine Heilung w&#228;re wegen der Komplexit&#228;t des Falles und dem Erfordernis, die zeitintensive Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung ohne Protokoll zur Ged&#228;chtnisunterst&#252;tzung nach bereits zehnst&#252;ndiger Verhandlung nochmals w&#252;rdigen zu m&#252;ssen, allenfalls durch eine Vertagung m&#246;glich gewesen (S. 40 Schriftsatz vom 22.11.2018 Rn. 120).</p> <p><rd nr="427"/>Hinzu komme, dass die &#214;ffentlichkeit mangels lesbaren Hinweises schlicht nicht informiert gewesen sei, dass noch eine m&#252;ndliche Verhandlung stattfinde (S. 39/40 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 116/119).</p> <p><rd nr="428"/>Unter dem 13.12.2018 unterstrich sie, es sei gerichtsbekannt, dass das Gerichtsgeb&#228;ude ab 18 Uhr verschlossen sei. Das Gericht h&#228;tte daher Schlie&#223;kr&#228;fte von sich aus &#252;ber den Fortgang der Verhandlung informieren m&#252;ssen - das sei gerade unterblieben (S. 15).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="429"/>M&#252;ndliche Verhandlungen haben grunds&#228;tzlich &#246;ffentlich stattzufinden, &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG. Dazu geh&#246;rt einerseits die M&#246;glichkeit, von einer Sitzung Kenntnis zu nehmen, andererseits die M&#246;glichkeit, an ihr auch teilzunehmen (BVerfG NJW 2002, 814 mwN). Das &#214;ffentlichkeitsprinzip dient der Kontrolle staatlicher Machtaus&#252;bung und der St&#228;rkung der richterlichen Unabh&#228;ngigkeit sowie des Vertrauens der Allgemeinheit in die dritte Gewalt (M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 1 mwN).</p> <p><rd nr="430"/>Die &#214;ffentlichkeit ist verletzt, wenn sie mit Wissen und Wollen des Vorsitzenden/ des Gerichts (Z&#246;ller-L&#252;ckemann, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 13 unter Verweis auf BGH NJW 1970, 1846, 1847) oder in fahrl&#228;ssiger Unkenntnis des Gerichts ausgeschlossen oder beschr&#228;nkt wird (siehe nur M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 60 mwN). Nur eine der entscheidenden Kammer vorwerfbare Sorgfaltspflichtverletzung ist zu ber&#252;cksichtigen, nicht eine Verletzung durch andere Mitarbeiter der Gerichtsbeh&#246;rde (BGH NJW 1970, 1846, 1847; Z&#246;ller-L&#252;ckemann, ZPO, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 13 mwN; M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167;&#160;169 Rn. 60 mwN).</p> <p><rd nr="431"/>Eine versehentlich verschlossene Eingangst&#252;r des Gerichtsgeb&#228;udes verletzt &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG nur, wenn das Gericht die Zugangsbeschr&#228;nkung bemerkt hat oder bei gebotener Sorgfalt h&#228;tte erkennen k&#246;nnen (BVerwG BeckRS 1984, 31265222 unter I.). Gleiches gilt, wenn die Au&#223;ent&#252;r - vom Gericht unbemerkt - ins Schloss f&#228;llt und nicht mehr ge&#246;ffnet werden kann (BGH NJW 1966, 1570, 1571). Auch die bewusste Schlie&#223;ung der T&#252;r durch einen Gerichtswachtmeister begr&#252;ndet keinen Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG, wenn das erkennende Gericht kein Verschulden (auch keine fehlende &#220;berwachung des fraglichen Gerichtswachtmeister) trifft, insbesondere wenn eine (grunds&#228;tzlich eingehaltene) Dienstanweisung besteht, die T&#252;r nicht vor Ende aller Sitzungen zu verschlie&#223;en (zu &#167;&#160;338 Nr. 6 StPO OLG Karlsruhe, BeckRS 9998, 40367 unter 1.a.).</p> <p><rd nr="432"/>Eine Heilung erfolgt durch Wiederholung der betroffenen Teile der Sitzung (Kissel/Mayer-Mayer, GVG, 9. Auflage 2018, &#167;&#160;169 GVG Rn. 61; M&#252;KoZPO/Zimmermann GVG &#167; 169 Rn. 70).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="433"/>Nach Vorgesagtem liegt schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 GVG vor. Ein etwaiger Versto&#223; wurde jedenfalls geheilt.</p> <p><rd nr="434"/>(1) Ein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 GVG liegt nicht vor.</p> <p><rd nr="435"/>Nach Kenntnis der Kammer am Terminstag bestand die grunds&#228;tzliche Handhabung - bis einschlie&#223;lich dem 8.11.2018 (die Handhabung wurde in der Folgezeit ge&#228;ndert) - darin, dass Zugang zu den Sitzungss&#228;len des Landgerichts M&#252;nchen I, die sich im Geb&#228;ude Lenbachplatz 7 befinden, nach Schlie&#223;ung der Pforte im Justizgeb&#228;ude Lenbachplatz 7 &#252;ber die st&#228;ndige besetzte Pforte das Amtsgericht M&#252;nchen, Geb&#228;ude Pacellistrasse 5, gew&#228;hrt wird. Beide Geb&#228;ude sind miteinander verbunden. Am Eingang des Landgerichts wurde hierzu entsprechend ein Hinweisschild/Wegweiser aufgestellt. Dies war auch am 8.11.2018 so, wovon sich die Mitglieder der Kammer sowie die Protokollf&#252;hrerin nach Ende der Sitzung pers&#246;nlich &#252;berzeugt haben. Auf die diesbez&#252;glichen Aktenvermerke wird verwiesen.</p> <p><rd nr="436"/>Zwar bestand m&#246;glicherweise faktisch eine Beschr&#228;nkung der Zugangsm&#246;glichkeit zu dem Sitzungssaal 501, in dem der Termin in dieser Sache am 8.11.2018 stattfand, von ca. 18 Uhr bis ca. 19.15 Uhr. Denn die T&#252;r des Amtsgerichts war ab 18.00 Uhr versperrt und die einzige Wachperson zeitweilig auf Streifgang. Diese Zugangsbeschr&#228;nkung beruhte indes nicht auf einer fahrl&#228;ssigen Unkenntnis der Kammer.</p> <p><rd nr="437"/>Insoweit hat die Kammer am 8.11.2018 gegen 19.15 Uhr Nachfolgendes festgestellt (vgl. 7 O 10495/17 Prot. v. 8.11.2018, S.16):</p> <p>&#8222;Der Vorsitzende gibt bekannt, dass Frau E. vom Eingang Amtsgericht M&#252;nchen, &#252;ber den auch das Landgericht erreicht werden kann, mitgeteilt hat, dass ein Mann bei ihr gewesen sei und sie habe die Auskunft gegeben, dass die T&#252;r zu sei. Sie habe nicht gewusst, dass noch eine Verhandlung laufe. H&#228;tte sie das gewusst, h&#228;tte sie den Zugang gew&#228;hrt. Auch sei sie 5 Minuten f&#252;r einen Rundgang weg gewesen. Der Vorsitzende hat sich selbst davon &#252;berzeugt, dass die T&#252;r w&#228;hrend dieses Rundgangs von au&#223;en nicht zu &#246;ffnen ist. Der Vorsitzende hat Frau E. angewiesen, ab jetzt (19:15 Uhr) keine Rundg&#228;nge mehr zu machen, sondern an der Pforte Wache zu halten und etwaigen Personen, die Zugang zur hiesigen Sitzung begehren, einzulassen. Zus&#228;tzlich wurde ein entsprechender handschriftlicher auf gelben Papier gehaltener Zettel an der T&#252;r angebracht.&#8220;</p> <p><rd nr="438"/>Bis zum Hinweis durch einen der Beklagtenvertreter bestand keine Veranlassung f&#252;r die Mitglieder der Kammer davon auszugehen, dass der Zugang zu den noch andauernden Sitzungen des Amtsgericht/Landgerichts entgegen der dargestellten grunds&#228;tzlichen Handhabung nicht mehr gew&#228;hrt ist. Die Kammer hat selbst penibel auf die Einhaltung des Grundsatzes der &#214;ffentlichkeit geachtet, wie die Dokumentation des (bewussten) Ausschlusses/ Wiederherstellung der &#214;ffentlichkeit im Protokoll vom 8.11.2018 zeigt. Es waren auch nach 18 Uhr Zuh&#246;rer im Saal anwesend. Die Kammer war bei aller gebotenen Sorgfalt nicht gehalten, sich durch Kontrolle der Eingangst&#252;ren des Gerichts bzw. des Amtsgerichts Gewissheit zu verschaffen, dass keine Zugangsbeschr&#228;nkung bestand. Sie durfte davon ausgehen, dass die Wachtmeister und/oder andere hiermit betraute Personen ihre Dienstaufgaben &#246;ffentlichkeitswahrend erf&#252;llten. Eine Verletzung der &#214;ffentlichkeit liegt auch nicht darin begr&#252;ndet, dass die &#214;ffentlichkeit nicht gewusst h&#228;tte, dass eine Verhandlung stattfand. Der Sitzungssaal 501 ist gro&#223; und liegt im 5. Stock Richtung Karlsplatz/Stachus. Er war zur fraglichen Zeit hell erleuchtet. Sonnenuntergang am Verhandlungstag war in M&#252;nchen um 16.45 Uhr. Um 18.00 Uhr war es daher stockfinster. Durch seine Positionierung im 5. Stock mit Blickrichtung Karlsplatz/Stachus war f&#252;r jedes Mitglied der interessierten &#214;ffentlichkeit durch die bodentiefe und sich &#252;ber die gesamte L&#228;nge des Saals erstreckende Fensterfront weithin erkennbar, dass noch eine Verhandlung mit zahlreichen Personen stattfand.</p> <p><rd nr="439"/>Schlie&#223;lich folgt aus den Angaben der Frau E., dass Sie den Zugang gew&#228;hrt h&#228;tte, wenn sie gewusst h&#228;tte, dass noch eine Sitzung laufe. Dem ist zu entnehmen, dass interessierten Mitgliedern der &#214;ffentlichkeit Zugang gew&#228;hrt worden w&#228;re, wenn eventuell auch mit 5 Minuten Verz&#246;gerung aufgrund des Rundgangs, wenn sie bei Frau E. mit dem Wunsch vorstellig geworden w&#228;ren, an der noch andauernden Sitzung teilnehmen zu wollen.</p> <p><rd nr="440"/>Im &#220;brigen befand sich ein Sitzungsaushang vor der Eingangst&#252;re zum Sitzungssaal 501, zu dem nach (eindeutiger) Wiederherstellung der &#214;ffentlichkeit wieder Zugang bestand. Zus&#228;tzlich befestigte der Vorsitzende einen Hinweis an der T&#252;r des Amtsgerichts (S. 16 Protokoll vom 8.11.2018).</p> <p><rd nr="441"/>(2) Wollte man dies anders sehen, w&#228;re ein etwaiger Versto&#223; jedenfalls geheilt.</p> <p><rd nr="442"/>Die Kammer hat vorsorglich die fraglichen Teile der Sitzung wiederholt. Sie hat dabei mindestens den gesamten, von einem etwaigen Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 S. 1 GVG erfassten Teil wiederholt. Als zeitliche Marke hat sich die Kammer an dem im Protokoll festgehaltenen Ende der nicht &#246;ffentlichen Zeugeneinvernahme orientiert (17.20 Uhr). Zur Sicherheit wurden alle nachfolgenden &#246;ffentlichen Sitzungsteile, beginnend mit der Er&#246;rterung der Sachverst&#228;ndigenanh&#246;rung wiederholt. Zwar fanden im unmittelbaren Anschluss an die Entlassung des Zeugen noch - nicht &#246;ffentliche - Er&#246;rterungen statt. Diese haben aber nach der sicheren Erinnerung der Mitglieder der Kammer nur wenige Minuten in Anspruch genommen und keinesfalls &#252;ber 18.00 Uhr hinaus angedauert.</p> <p><rd nr="443"/>Die Wiederholung gen&#252;gte hier f&#252;r eine Heilung. Die Kammer hat nicht, wie die Beklagtenseite suggeriert, lediglich die Protokollniederschrift verlesen und dies als Wiederholung angesehen. Vielmehr hat das Gericht die Protokollniederschrift als Kurzinformation der &#214;ffentlichkeit und als Ged&#228;chtnisst&#252;tze f&#252;r die Prozessbevollm&#228;chtigten verlesen, und sodann Gelegenheit gegeben, etwaigen Vortrag - tats&#228;chlich - zu wiederholen oder weiteren Vortrag - tats&#228;chlich - zu erbringen (S. 18 Protokoll 8.11.2018 Mitte: &#8222;Das Gericht gibt bekannt, dass es jetzt den Ausf&#252;hrungen der Beklagtenvertreter lauschen wird.&#8220;). Der Kl&#228;gervertreter hat auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen. Und auch der Beklagtenvertreter hat schlie&#223;lich auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen und von der einger&#228;umten M&#246;glichkeit, den zu wiederholenden Vortrag erneut zu halten, keinen Gebrauch gemacht.</p> <p><rd nr="444"/>Das Gericht musste zur Heilung auch nicht vertagen, wie beklagtenseits beantragt. Die Beklagtenseite war durch 5 Anw&#228;lte der den technischen Teil der Verteidigung bearbeitenden Kanzlei vertreten, von denen bei Beginn der Wiederholung noch 4 Anw&#228;lte anwesend waren (S. 18 Protokoll 8.11.2018). Nur zwei der Prozessbevollm&#228;chtigten bef&#252;rworteten eine Vertagung (S. 18 Protokoll 8.11.2018). Auch die weiter anwesenden 5 Patentanw&#228;lte der Beklagten haben keine k&#246;rperliche und/oder geistige Ersch&#246;pfung geltend gemacht. Schon deswegen war eine Vertagung nicht geboten, wie mit Beschluss vom 8.11.2018 (S. 19 Protokoll Mitte) dargelegt. Wie die anschlie&#223;end protokollierten Wortbeitr&#228;ge der Beklagtenvertreter belegen, waren diese auch nach Durchf&#252;hrung der Wiederholung ohne Weiteres in der Lage, dem Verhandlungsverlauf zu folgen und sachgerechten Vortrag zu halten.</p> <p><rd nr="445"/>5. Kein Versto&#223; gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren Schlie&#223;lich liegt kein Versto&#223; gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren vor.</p> <p>a. Vortrag der Beklagtenseite</p> <p><rd nr="446"/>Die Beklagtenseite unterstreicht, Geheimhaltungsinteressen des Zulieferers U. h&#228;tten unstreitig bestanden. Daher habe man im ersten Termin eine Vorgehensweise vereinbart, auf die sich die Beklagtenseite verlassen habe. Die Kl&#228;gerin habe sich indes widerspr&#252;chlich verhalten, was zu ihren Lasten gehen m&#252;sse, nicht zu Lasten der Beklagtenseite (S. 41 Schriftsatz vom 22.11.2013 Rn. 122). Das Gericht sei im Haupttermin am 8.11.2018 bestrebt gewesen, das Verfahren trotz erkennbar fehlender tats&#228;chlicher Grundlage hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform und in Abweichung zu dem zwischen den Parteien und dem Gericht abgesprochenen Prozedere in diesem Termin zu Ende zu bringen, zu Lasten der Beklagten (S. 41/42 Schriftsatz 22.11.2018). So habe es in den Fragen an den Sachverst&#228;ndigen die technischen Fragestellungen (insbesondere zum Offset) nicht herausgearbeitet, weder in der vorbereitenden Verf&#252;gung noch in der Hauptverhandlung. Auf die zeitlich begrenzte Verf&#252;gbarkeit des Sachverst&#228;ndigen seien die Parteien zuvor nicht hingewiesen worden. Der Sachverst&#228;ndige sei insbesondere aus Zeitgr&#252;nden ohne Fragen zu den Schaltpl&#228;nen und technischen Aussagen des Zeugen A. entlassen worden (S. 43 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 127). Wenn das Gericht der - unzureichenden - Einsch&#228;tzung des Sachverst&#228;ndigen folgen wolle, dass er 160 Stunden f&#252;r die Sichtung der Schaltpl&#228;ne brauche, h&#228;tte das Gericht nicht bis zum Termin hinwarten d&#252;rfen, sondern Abhilfe schaffen m&#252;ssen, etwa durch eine Vorlageanordnung an die Kl&#228;gerin. Darauf k&#246;nne jedenfalls kein Versp&#228;tungsvorwurf gegen&#252;ber der Beklagtenseite gest&#252;tzt werden (S. 43/44 Schriftsatz 22.11.2018). Vorlageantr&#228;ge der Beklagtenseite bez&#252;glich der Lizenzvertr&#228;ge seien nach der ad-hoc-Einvernahme eines Zeugen zur&#252;ckgewiesen worden, mit der Begr&#252;ndung, dass der Augenschein zu viel Zeit koste und nicht in Bezug auf den Inhalt zu erfolgen habe, wobei letzteres Verst&#228;ndnis befremde (S. 44 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 132). Auch bei der Pr&#252;fung von Heilungsm&#246;glichkeiten des Versto&#223;es gegen die &#214;ffentlichkeit sei das Gericht allein von dem Bestreben getragen gewesen, einen weiteren Termin zu verhindern; insbesondere sei die beantragte Vertagung abgelehnt worden (S. 44/45 Schriftsatz 22.11.2018). Ein Antrag auf Einr&#228;umung einer Schriftsatzfrist sei abgelehnt worden, obwohl die Beklagtenseite deutlich gemacht habe, auch zum Tats&#228;chlichen gegebenenfalls noch vortragen zu wollen (S. 45 Schriftsatz 22.11.2018).</p> <p>b. Ma&#223;stab</p> <p><rd nr="447"/>Der Grundsatz des fairen Verfahrens (<verweis.norm>Art. 6 <v.abk ersatz="EMRK">EMRK</v.abk></verweis.norm>, Art. 47 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta, Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet das Gericht, sein Verfahren berechenbar zu gestalten und verbietet dem Gericht widerspr&#252;chliches Verhalten. Das Verfahren muss &#252;berpr&#252;fbar gestaltet sein; des Weiteren treffen das Gericht F&#252;rsorgepflichten gegen&#252;ber den Parteien (zum Ganzen siehe nur Z&#246;ller-G. Vollkommer, ZPO, 32. Aufl. 2018, Einleitung Rn. 101 mwN).</p> <p>c. Entscheidung des Gerichts</p> <p><rd nr="448"/>Hiernach hat das Gericht den Grundsatz des fairen Verfahrens nicht verletzt.</p> <p><rd nr="449"/>(1) Wie bereits dargelegt, gab es keine Vereinbarung der Parteien dar&#252;ber, dass die Kl&#228;gerin verpflichtet sei, die Schaltpl&#228;ne im US-Discovery-Verfahren zu erhalten und in das Verfahren einzuf&#252;hren. Die Kl&#228;gerin verhielt sich nicht widerspr&#252;chlich, sondern hatte bereits in der Replik deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zum damaligen Vortragsstand nicht erforderlich sei. Das Gericht hat kein Vertrauen in Anspruch genommen, es werde auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne zuwarten.</p> <p><rd nr="450"/>(2) Das Gericht war im Termin bestrebt, dem Beschleunigungsgrundsatz nachzukommen. Nach dem M&#252;nchner Verfahren wird im zweiten Termin &#252;blicherweise die m&#252;ndliche Verhandlung geschlossen. Dabei hat das Gericht das Verfahren keineswegs &#252;berbeschleunigt und dadurch Rechte der Beklagtenseite abgeschnitten, sondern die Sache in der von 9.00 Uhr bis 21.00 Uhr andauernden Sitzung ausf&#252;hrlich er&#246;rtert, und durch die Verfahrensleitung f&#252;r eine Konzentration und Beschleunigung genutzt - wie es die ZPO vorsieht.</p> <p><rd nr="451"/>Eine &#8222;tats&#228;chliche Grundlage hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der angegriffene Ausf&#252;hrungsform&#8220; brauchte das Gericht dabei nicht. Denn die konkrete Ausgestaltung ist f&#252;r das Gericht wegen des Beibringungsgrundsatzes so lange nicht relevant wie die behauptete Ausgestaltung nicht wirksam bestritten ist. Das war sie jedenfalls bis zu der Vorlage der Quadruplik nicht, wie oben dargelegt. Erst durch den Vortrag in der Quadruplik konnte, soweit der Vortrag schl&#252;ssig gewesen w&#228;re, die Vorlage der Schaltpl&#228;ne erforderlich werden. Erst hierdurch w&#228;re auch eine Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen erforderlich geworden, was dann m&#246;glicherweise zu einer Zur&#252;ckweisung des Vortrags nach &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO gef&#252;hrt h&#228;tte, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="452"/>(3) Das Gericht hat auch im &#220;brigen nicht unter Verkennung der Grunds&#228;tze des fairen Verfahrens im Wesentlichen zu Lasten der Beklagtenseite entschieden:</p> <p><rd nr="453"/>(a) Zutreffend ist, dass Sachverst&#228;ndige grunds&#228;tzlich nur zu technischen Fragen zu h&#246;ren sind. Indes hat das Gericht dem Sachverst&#228;ndigen im Ergebnis nicht die Beantwortung von Rechtsfragen aufgegeben, sondern beweiserhebliche Tatsachenfragen im Sinne einer leichteren Verst&#228;ndlichkeit und zur Arbeitserleichterung lediglich &#8222;juristisch eingekleidet&#8220;. Es hat dem Sachverst&#228;ndigen gleichzeitig verdeutlicht, dass die technische Hinleitung zu der Beantwortung einer Frage ma&#223;geblich von Interesse ist (S. 3 Mitte Verf&#252;gung vom 25.10.2018: &#8222;Der Sachverst&#228;ndige wird darauf hingewiesen, dass es der Kammer vor allem darum geht, die technischen Informationen besser zu verstehen und einzuordnen. Es ist daher weniger die konkrete Antwort auf die Frage von Interesse, sondern vor allem die Herleitung der Begr&#252;ndung f&#252;r die jeweilige Antwort.&#8220;). Mithin lag in der Fragestellung, die im &#220;brigen von der Beklagtenseite im Termin nicht beanstandet worden ist, kein Versto&#223; gegen das Gebot des fairen Verfahrens.</p> <p><rd nr="454"/>Unbeachtlich war dabei, dass der Sachverst&#228;ndige nicht den gesamten Sitzungstag lang Zeit hatte. Die Beklagtenseite hat nicht vorgebracht, weitere Fragen an den Sachverst&#228;ndigen richten zu wollen, die sie aufgrund der zeitlichen Beschr&#228;nkung nicht hatte stellen k&#246;nnen. Der Sachverst&#228;ndige wurde um 13.20 Uhr entlassen. Zuvor hatte keine der Parteien mehr Fragen an ihn gestellt (vgl. Prot. S. 8). Er h&#228;tte bei weiteren Fragen dem Gericht noch bis 14.00 Uhr zur Verf&#252;gung gestanden. Die zeitlichen Beschr&#228;nkungen in Bezug auf den Sachverst&#228;ndigen hatte keinen Einfluss auf die Vorlage der Schaltpl&#228;ne und der Anh&#246;rung des Herrn A.: die Kl&#228;gerin entschied, die Schaltpl&#228;ne nicht vorzulegen, die Kammer sah keinen Anlass, ihr dies aufzugeben, wie oben dargelegt. Zudem war die Vorlage der Schaltpl&#228;ne allenfalls durch den Vortrag in der Quadruplik veranlasst, wie zuvor dargelegt. W&#252;rde man hernach eine Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen f&#252;r erforderlich halten, w&#252;rde gerade die hieraus folgende notwendige Vertagung der Sitzung die Versp&#228;tung iSd &#167;&#160;296 ZPO begr&#252;nden, siehe oben. Herr A. war nicht als pr&#228;senter Zeuge zu h&#246;ren, weil der Tatsachenvortrag, der in sein Wissen gestellt war, technisch nicht schl&#252;ssig war, siehe oben.</p> <p><rd nr="455"/>Eine Pr&#228;zisierung der nach Auffassung der Beklagtenseite &#8222;frei schwebenden&#8220; Diskussion war nicht erforderlich (zu S. 43 Schriftsatz 22.11.2013, Rn. 128). Das Gericht sah den Vortrag der Beklagtenseite bis zur Quadruplik als nicht schl&#252;ssig an, wie es durch die Fragen in der Verf&#252;gung vom 25.10.2018 deutlich gemacht hatte. Es musste daher nicht den Sachverst&#228;ndigen auf die Tatsachengrundlage hin befragen: Es ging darum, das Verst&#228;ndnis des Gerichts von dem technischen Gehalt des Beklagtenvortrags durch den Sachverst&#228;ndigen als technischen Experten &#252;berpr&#252;fen zu lassen. Die Beklagtenseite hatte umfassend Gelegenheit, den Sachverst&#228;ndigen zu befragen, wie die Beklagtenseite im Ergebnis auch nicht in Frage stellt. Dass das Gericht die Zul&#228;ssigkeit von Fragen pr&#252;ft, verst&#246;&#223;t nicht gegen das Gebot des fairen Verfahrens, sondern ist als Ausfluss der Beschleunigungs- und Konzentrationsmaxime ein Gebot der ZPO, <verweis.norm>&#167;&#167; 402, 397 Abs. 3 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>.</p> <p><rd nr="456"/>(b) Der Sachverst&#228;ndige hat auf Bitten des Gerichts eine grobe Einsch&#228;tzung gegeben, wie viel Zeit er f&#252;r die Sichtung von Schaltpl&#228;nen nebst Simulationsmodellen ben&#246;tigen w&#252;rde, und dabei 160 Arbeitsstunden genannt. Diese Zahl diente nur der Einsch&#228;tzung der Kammer, ob eine Sichtung im Rahmen einer Unterbrechung der Sitzung mit anschlie&#223;ender Fortsetzung der Anh&#246;rung des Sachverst&#228;ndigen noch am 8.11.2018 m&#246;glich w&#228;re. Das war sie offensichtlich nicht. Dabei ist irrelevant, ob die Einsch&#228;tzung des Sachverst&#228;ndigen &#8222;unzureichend&#8220; war, wie die Beklagtenseite meint (S. 43 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 129). Die Behauptung der Beklagtenseite ist insoweit schon unsubstantiiert, weil sie ihrerseits nicht angibt, in wie vielen Stunden diese Arbeit stattdessen geschafft sein m&#252;sste. Selbst wenn w&#228;re ein anderer gerichtlicher Sachverst&#228;ndiger damit zu betrauen gewesen, weil der derzeit gerichtlich bestellte Sachverst&#228;ndige ja nicht in der Lage war, die Sichtung schneller vorzunehmen. Die Suche und Einarbeitung h&#228;tte aber das Verfahren wiederum verz&#246;gert. Im &#220;brigen h&#228;tte schon eine Dauer von einigen Stunden eine Vertagung erforderlich gemacht, so dass die Angabe &#8222;100 bis 160 Stunden&#8220; die Kammer jedenfalls in die Lage versetzte zu erkennen, dass eine Sichtung im Rahmen einer Unterbrechung der Sitzung nicht zielf&#252;hrend sein w&#252;rde. Das Gericht hatte keine eigenen Erkenntnisse, wie lange die Befassung mit Schaltpl&#228;nen dauert, und konnte daher bei Abfassung des Hinweisbeschlusses noch nicht wissen, dass eine blo&#223;e Unterbrechung der Sitzung, etwa im Rahmen der Mittagspause, nicht gen&#252;gen w&#252;rde (zu S. 44 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 130). Schon deswegen musste es der Kl&#228;gerin nicht aufgeben, die Schaltpl&#228;ne im Vorfeld vorzulegen. Die Kl&#228;gerin war durch die Beschr&#228;nkungen des US-Discovery-Verfahrens auch nicht in der Lage, die Pl&#228;ne ohne Geheimhaltungsanordnung vorzulegen. Diese kann nach dem GVG aber nur in der m&#252;ndlichen Verhandlung ausgesprochen werden. Zu den &#252;brigen Gr&#252;nden s.o.</p> <p><rd nr="457"/>Richtigerweise f&#252;hrt der Umstand, dass bei Befassung des Sachverst&#228;ndigen mit den Schaltpl&#228;nen eine Vertagung bzw. ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung erforderlich w&#252;rde zu einer der Beklagtenseite vorwerfbaren Versp&#228;tung, wie vor (zu S. 44 Schriftsatz 22.11.2018, Rn. 131).</p> <p><rd nr="458"/>Die Anordnung der Vorlage der Lizenzvertr&#228;ge war beantragt &#8222;zum Nachweis des beweiserheblichen Umstandes, dass das Klagepatent in die sog. &#8222;capture periods&#8220; f&#228;llt und damit Lizenzrechte der CMs bestehen, auf deren Grundlage auch die Beklagte Benutzungsrechte f&#252;r einen Lizenz- und/oder Ersch&#246;pfungseinwand herleiten k&#246;nnten&#8220; (S. 17 Quadruplik Teil III). Wie oben (unter E.) dargelegt hat die Beklagtenseite nichts dazu vorgetragen, woraus sich ein materiellrechtlicher Anspruch auf Vorlage ergibt (<verweis.norm>&#167; 422 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>). Sie hat ihn nicht glaubhaft gemacht, &#167;&#160;424 Nr. 5 S. 2 ZPO. Insbesondere bestand hier kein Vorlageanspruch aus &#167;&#160;423 ZPO, weil die Kl&#228;gerin nur auf den Inhalt der Vertr&#228;ge, nicht auf die Vertr&#228;ge als Urkunde Bezug genommen hatte (hierzu Thomas/Putzo-Reichold, &#167;&#160;423 ZPO Rn. 1).</p> <p>Beginn geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p>&#8230; Ende geheimhaltungsbed&#252;rftiger Teil</p> <p><rd nr="459"/>(c) Auch aus dem Umstand, dass nach Feststellung der m&#246;glichen Zugangsbeschr&#228;nkung vom Gericht keine Vertagung angeordnet wurde, ergibt sich kein Versto&#223; gegen das Gebot des fairen Verfahrens (zu Schriftsatz 22.11.2018 S. 44/45, Rn. 133). Wie oben dargelegt bestand schon kein Versto&#223; gegen &#167;&#160;169 Abs. 1 GVG. Auch eine Vertagung war nicht geboten, wie vor.</p> <p><rd nr="460"/>(d) Die Gew&#228;hrung einer Schriftsatzfrist war nach oben Gesagtem ebenfalls nicht geboten (zu S. 45 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 134).</p> <p>6. Ergebnis</p> <p><rd nr="461"/>Nach alledem besteht kein Grund aus &#167;&#160;156 Abs. 2 ZPO, das Verfahren wiederaufzunehmen.</p> <p><rd nr="462"/>II. Kein Grund zum Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO Es besteht auch kein Wiedereintrittsgrund nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO.</p> <p><rd nr="463"/>Die Wiederer&#246;ffnung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Sie kann angezeigt sein, wenn beispielsweise entgegen &#167;&#160;296a ZPO neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorgebracht werden oder ein Verfahrensfehler (nur) durch r&#252;geloses Verhandeln geheilt wurde. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung den Beschleunigungs- und Konzentrationsgrundsatz einerseits sowie die Vermeidung eines Rechtsmittelverfahrens andererseits zu ber&#252;cksichtigen. &#167;&#160;296 ZPO darf &#252;ber die Wiederaufnahme nicht obsolet gemacht werden (zum ganzen Z&#246;ller-Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 156 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 4,5 mwN).</p> <p><rd nr="464"/>1. Keine Wiederaufnahme wegen der unter I. geschilderten, beklagtenseits in Bezug genommenen Umst&#228;nde Hiernach besteht aufgrund der vorgenannten Umst&#228;nde (auch) kein Anlass zur Wiederer&#246;ffnung des Verfahrens nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO (zu S. 45/46 Schriftsatz 22.11.2018). Die angebotenen, nicht erhobenen Beweismittel sind wegen fehlender Schl&#252;ssigkeit des Vorbringens der Beklagtenseite und wegen &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO unbeachtlich, s.o. &#167;&#160;296 Abs. 2 ZPO ist entgegen der Darstellung der Beklagtenseite einschl&#228;gig, weil allenfalls aufgrund der Quadruplik eine Beweisaufnahme veranlasst w&#228;re und die Beweisaufnahme (insbesondere durch die Sichtung der Schaltpl&#228;ne durch den Sachverst&#228;ndigen) einen neuen Termin erforderlich machen w&#252;rde. Unerheblich ist dabei, dass die Kl&#228;gerin keine weitere Schriftsatzfrist zur Erwiderung auf neues Vorbringen in der Quadruplik beantragt hatte (zu S. 46 Schriftsatz 22.11.2018 Rn. 139).</p> <p><rd nr="465"/>Das Gericht entscheidet nicht auf &#8222;unvollst&#228;ndiger&#8220; Sachlage, sondern auf der nach dem Beibringungsgrundsatz ma&#223;geblichen Sachlage. Das Gericht geht davon aus, dass auch ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung eine Berufung nicht verhindern kann. Die Ermittlung der Sachlage verlagert das Gericht keineswegs auf die Rechtsmittelinstanz, vielmehr gilt insoweit &#167; 531 ZPO.</p> <p><rd nr="466"/>2. Kein Wiedereintritt wegen (neuen) Vortrags der Beklagtenseite Auch der (neue) Vortrag der Beklagtenseite zur Nichtverletzung im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22.11.2018 (dort S. 47 ff.) und im Schriftsatz vom 10.12.2018 mit Privatgutachten gebot keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung.</p> <p>a. Offset</p> <p><rd nr="467"/>Die Beklagte hatte das Vorhandensein eines Offsets in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform bis zur Quadruplik nicht substantiiert bestritten, s.o.</p> <p><rd nr="468"/>Soweit die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 10.12.2018 die Privatgutachten P. und I. vorlegte, geboten auch diese keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung, wie oben dargelegt.</p> <p>b. Kondensator</p> <p><rd nr="469"/>Auch die Verwendung des Kondensators in der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform belegt nicht deren anderweitige Architektur, die gerade ohne Offset auskommt, wie oben dargelegt.</p> <p><rd nr="470"/>Wollte man das Vorbringen der Beklagtenseite als schl&#252;ssig ansehen, w&#228;re es jedenfalls versp&#228;tet, &#167; 296 Abs. 2 ZPO, siehe oben.</p> <p><rd nr="471"/>c. M 1.4.1 Der Vortrag der Beklagtenseite auf S. 61/62 des Schriftsatzes vom 22.11.2018 enth&#228;lt nur beweisw&#252;rdigende Ausf&#252;hrungen und gebietet keinen Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung.</p> <p><rd nr="472"/>d. Damit ist ein abweichendes Design der Architektur der angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht (rechtzeitig) dargetan.</p> <p><rd nr="473"/>e. Ein Wiedereintritt in die m&#252;ndliche Verhandlung nach &#167;&#160;156 Abs. 1 ZPO ist nach alledem nicht angezeigt.</p> <p>F. Kostenentscheidung</p> <p><rd nr="474"/>Die Kostenentscheidung beruht auf <verweis.norm>&#167;&#167; 91, 100 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>.</p> <p>G. Vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit</p> <p><rd nr="475"/>Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167;&#160;709 S. 2 ZPO.</p> <p><rd nr="476"/>I. Auszusprechen war eine einheitliche Sicherheitsleistung in H&#246;he von 668,4 Mio. &#8364;.</p> <p><rd nr="477"/>Die Beklagtenseite hatte auf der Grundlage von Verkaufszahlen auf dem Konsumentenmarkt in Deutschland im Jahr 2016 (FBD 18, 19) geltend gemacht, ein Betrag von 1,671 Mrd. &#8364; sei f&#252;r die Sicherheitsleistung mindestens anzusetzen. Diesen Betrag hatte die Kl&#228;gerin nicht substantiiert bestritten (S. 95/96 Replik), nur angegeben, die Beklagtenseite habe die Umsatz&#228;nderungen wegen der neuen Modelle noch nicht ber&#252;cksichtigt (S. 20 Protokoll vom 8.11.2018). Hierauf erkl&#228;rte die Beklagtenseite, es sei deswegen ein Abschlag von 60% vorzunehmen (ibid.).</p> <p><rd nr="478"/>Dieser Wert war durch die Kammer daher anzusetzen.</p> <p><rd nr="479"/>Vor dem Hintergrund der konkreten Umst&#228;nde des Einzelfalles und unter Abw&#228;gung aller Interessen war die von der Kl&#228;gerin beantragte Aufteilung der Sicherheitsleistung auf die einzelnen Ziffern des Tenors nicht geboten.</p> <p><rd nr="480"/>II. Der Antrag der Beklagtenseite auf Gew&#228;hrung von Vollstreckungsschutz nach &#167;&#160;712 ZPO war abzulehnen.</p> <p><rd nr="481"/><verweis.norm>&#167; 712 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> ist als Ausnahmevorschrift restriktiv zu behandeln. Die Norm setzt einen unersetzlichen Nachteil voraus (Z&#246;ller-Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, <verweis.norm>&#167; 712 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm> Rn. 1). Die &#252;blichen Nachteile einer vorl&#228;ufigen Vollstreckung sind hingegen hinzunehmen. Hiernach hat die Beklagtenseite nach o.G. gerade keine unersetzlichen Nachteile aufgezeigt. Die dargelegten Risiken werden durch die der Kl&#228;gerin auferlegte hohe Sicherheitsleistung hinreichend abgefangen.</p> </div>
125,213
ovgnrw-2018-12-20-13-e-33718a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
13 E 337/18.A
2018-12-20T00:00:00
2019-01-04T14:23:29
2019-02-12T11:31:53
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.13E337.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;ger gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 13. April 2018 wird verworfen.</p> <p>Das Beschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Au&#223;ergerichtliche Kosten sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist unzul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Kl&#228;ger gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13.&#160;April 2018 ist nicht statthaft, weil gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz &#8211; mit Ausnahme der hier nicht einschl&#228;gigen Nichtzulassung der Revision (&#167; 133 Abs. 1 VwGO) &#8211; nicht mit der Beschwerde angefochten werden k&#246;nnen. Dieser Ausschluss erstreckt sich auf s&#228;mtliche Nebenverfahren eines Verfahrens nach dem Asylgesetz, insbesondere auch auf die Ablehnung von Prozesskostenhilfe f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur st&#228;ndigen obergerichtlichen Rechtsprechung zuletzt etwa HessVGH, Beschluss vom 1. September 2017 &#8211; 7 D 1519/17.A &#8211;, juris; BayVGH, Beschluss vom 30. Mai 2017 &#8211; 21 CS 17.30500 &#8211;, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15. September 2016 &#8211; OVG 3 S 73.16 &#8211;, juris; OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2014 &#8211; 13 E 523/14.A &#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die durch die Kl&#228;ger als Beleg f&#252;r eine vermeintlich abweichende Ansicht angef&#252;hrten Entscheidungen des Nieders&#228;chsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs betreffen allein die hier nicht gegebene Konstellation einer gegen die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde gerichteten Klage auf Erteilung einer Duldung nach &#167; 60a AufenthG oder einer Aufenthaltserlaubnis, mit der nach erfolglosem Asylverfahren Vollstreckungsma&#223;nahmen auf der Grundlage einer nach &#167;&#160;34 AsylG angedrohten Abschiebung abgewehrt werden sollen. Sie beruhen auf der hier nicht n&#228;her zu beurteilenden Erw&#228;gung, dass es sich bei diesen Ma&#223;nahmen oder Entscheidungen um solche handelt, die ihre Grundlage nicht im Asylgesetz, sondern im Aufenthaltsgesetz finden, auch wenn sie der Abwendung von Vollstreckungsma&#223;nahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht nach einem abgeschlossenen Asylverfahren dienen.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. NdsOVG, Beschluss vom 13. September 2016 &#8209;&#160;13 PA 151/16&#160;&#8209;, juris Rn. 3 ff., und BayVGH, Beschluss vom 4. Januar 2016 &#8211; 10 C 15.2105 &#8211; juris, Rn. 17 f.; vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 25.&#160;September 1997 &#8211; 1 C 6.97 &#8211;, NVwZ 1998, 299 (300 f.) = juris, Rn. 15 ff., und Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, 83. Erg&#228;nzungslieferung, April 2009, &#167; 80 Rn.&#160;16 ff.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hier betrifft die Beschwerde hingegen auch nach den durch die Kl&#228;ger angef&#252;hrten obergerichtlichen Entscheidungen ein erstinstanzliches Verfahren nach dem Asylgesetz im Sinne von &#167; 80 AsylG. Streitgegenstand ist bzw. war der durch die Kl&#228;ger angefochtene Bescheid des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge, mit dem dieses den Asylantrag der Kl&#228;ger gem&#228;&#223; &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG wegen einer internationalen Zust&#228;ndigkeit Italiens als unzul&#228;ssig abgelehnt und die weiteren ihm nach &#167; 31 Abs. 3 AsylG i.V.m. &#167; 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sowie &#167;&#167; 34a Abs. 1 Satz 4, 34 AsylG obliegenden Entscheidungen getroffen hat.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Senat legt die Beschwerde trotz der Ausf&#252;hrungen zur Beschwerdebegr&#252;ndung in Anbetracht der ausdr&#252;cklichen Prozesserkl&#228;rung im Schriftsatz vom 20.&#160;April 2018 zudem dahin aus, dass sie sich allein gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe richtet. Allerdings weist der Senat im Hinblick auf die teils weitergehenden Ausf&#252;hrungen in der Beschwerdebegr&#252;ndung darauf hin, dass auch die &#252;brigen im Beschluss des Verwaltungsgerichts getroffenen Entscheidungen zur Einstellung des Verfahrens und zur Kostentragung nicht mit der Beschwerde anfechtbar sind und &#252;ber eine Anh&#246;rungsr&#252;ge gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts nach &#167;&#160;152a VwGO das Verwaltungsgericht selber zu befinden h&#228;tte.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. m. &#167;&#160;127 Abs. 4 ZPO und &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar.</p>
125,212
ovgnrw-2018-12-20-4-a-151716
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 1517/16
2018-12-20T00:00:00
2019-01-04T14:23:28
2019-02-12T11:31:53
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.4A1517.16.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag der Kl&#228;gerin auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 16.6.2016 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts K&#246;ln wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 20.000,00 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag der Kl&#228;gerin auf Zulassung der Berufung ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der &#167; 124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO zuzulassen. Zweifel in diesem Sinn sind anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.6.2000 &#8210; 1 BvR 830/00 &#8210;, NVwZ 2000, 1163 = juris, Rn. 15.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Zulassungsvorbringen stellt die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht schl&#252;ssig in Frage. Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 11.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 27.5.2015 betreffend die F&#246;rderperiode 2010 ist im noch aufrechterhaltenen Umfang rechtm&#228;&#223;ig.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der aufgehobene Zuwendungsbescheid vom 28.9.2010 ist entgegen der Ansicht der Kl&#228;gerin von Anfang an rechtswidrig im Sinne von &#167;&#160;48 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwVfG gewesen. Die Kl&#228;gerin hatte keinen Anspruch auf die mit Antrag vom 28.1.2010 begehrte Zuwendung, weil sie nach der an der F&#246;rderrichtlinie ausgerichteten Zuwendungspraxis der Beklagten nicht zum Kreis der Zuwendungsberechtigten geh&#246;rte. Nach bereits erfolgter Bewilligung einer Zuwendung ist nach der im &#246;ffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des &#167;&#160;133 BGB nicht ma&#223;geblich, was die Beh&#246;rde bei ihrer Erkl&#228;rung gedacht hat (innerer Wille), sondern wie der B&#252;rger die Erkl&#228;rung unter Ber&#252;cksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umst&#228;nde bei objektiver Auslegung verstehen musste.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1983 &#8210; 7 C 70.80 &#8210;, DVBl. 1983, 810 = juris, Rn. 15; OVG NRW, Beschluss vom 11.5.2016 &#8210; 4 A 1983/13 &#8210;, juris, Rn.&#160;11 ff., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Kl&#228;gerin war aus dem Bewilligungsbescheid f&#252;r das Jahr 2010, aus der einschl&#228;gigen F&#246;rderrichtlinie sowie aus der Aufforderung zur &#220;bersendung eines Nachweises &#252;ber gewerblichen G&#252;terkraftverkehr (oder Werkverkehr) vom 19.8.2010 erkennbar, dass die Beklagte den Kreis der Zuwendungsberechtigten auf diejenigen Unternehmen festgelegt hat, die als antragstellendes Unternehmen G&#252;terkraftverkehr im Sinne des &#167;&#160;1 G&#252;KG durchf&#252;hren. Die Beklagte hat mit dem Erlass des Zuwendungsbescheides vom 28.9.2010 gegen&#252;ber der Kl&#228;gerin deutlich gemacht, dass sie ihre Zuwendungspraxis an den Vorgaben der einschl&#228;gigen F&#246;rderrichtlinie ausrichtet. Die Beklagte hat der Kl&#228;gerin eine Zuwendung f&#252;r die Zeit vom 28.1.2010 bis 31.12.2010 (Bewilligungszeitraum) gem&#228;&#223; der Richtlinie des Bundesministeriums f&#252;r Verkehr, Bau und Stadtentwicklung &#252;ber die F&#246;rderung der Sicherheit und der Umwelt in Unternehmen des G&#252;terkraftverkehrs mit schweren Nutzfahrzeugen vom 19.10.2009 (BAnz. S.&#160;3743 ff.) in der Fassung der &#196;nderung vom 19.5.2010 (BAnz. S.&#160;2062) &#8211; &#8220;De-minimis&#8220;-F&#246;rderrichtlinie &#8211; bewilligt. Dabei hat sie Bezug genommen auf den Antrag vom 28.1.2010, in dem angegeben war, dass das antragstellende Unternehmen gewerblichen G&#252;terkraftverkehr betreibe (Ziffer 2a des Antrags), und der die Erkl&#228;rung enthielt, dass das antragstellende Unternehmen G&#252;terkraftverkehr im Sinne des &#167;&#160;1 G&#252;KG durchf&#252;hre (Ziffer 5.1 1. Spiegelstrich des Antrags). Gleichzeitig hat das antragstellende Unternehmen best&#228;tigt, dass es die &#8220;De-miminis&#8220;-F&#246;rderrichtlinie zur Kenntnis genommen habe und als verbindlich anerkenne. Nach Nr.&#160;3.1 der &#8222;De-minimis&#8220;-F&#246;rderrichtlinie geh&#246;ren zum Kreis der Zuwendungsberechtigten Unternehmen, die G&#252;terkraftverkehr im Sinne von &#167;&#160;1 G&#252;KG betreiben. Nach &#167;&#160;3 Abs.&#160;1 G&#252;KG ist der gewerbliche G&#252;terkraftverkehr erlaubnispflichtig und im Falle der fehlenden Erlaubnis mit einer Geldbu&#223;e bewehrt (&#167;&#160;19 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1b G&#252;KG). Da ein illegaler Betrieb nicht mit &#246;ffentlichen Mitteln gef&#246;rdert werden kann, stand nach dem objektiven Empf&#228;ngerhorizont fest, dass nur ein Unternehmen Zuwendungen erhalten kann, das selbst &#252;ber die erforderliche g&#252;terkraftverkehrsrechtliche Erlaubnis verf&#252;gt. Zwar war in dem Antrag als antragstellendes Unternehmen zun&#228;chst nicht die Kl&#228;gerin, sondern die G.&#160;&#160;&#160;&#160; U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. KG benannt. Die Kl&#228;gerin hat aber mit Schreiben vom 21.7.2010 klargestellt, dass sie die Antragstellerin sei und sich damit die in dem Antrag gemachten Erkl&#228;rungen zu Eigen gemacht. Ferner machte die Beklagte der Kl&#228;gerin durch die Aufforderung zur &#220;bersendung eines Nachweises &#252;ber gewerblichen G&#252;terverkehr (oder Werkverkehr) vom 19.8.2010, sowie einem entsprechenden telefonischen Hinweis vom 7.9.2010 deutlich, dass die Bewilligung von Zuwendungen f&#252;r den G&#252;terkraftverkehr die erforderliche g&#252;terkraftverkehrsrechtliche Erlaubnis voraussetzt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin verf&#252;gte im F&#246;rderzeitraum jedoch nicht &#252;ber eine auf sie ausgestellte erforderliche Erlaubnis f&#252;r den gewerblichen G&#252;terkraftverkehr im Sinne von &#167;&#167;&#160;1, 3 G&#252;KG. Entgegen dem Zulassungsvorbringen erstreckt sich die der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. KG unter dem 7.4.2000 erteilte Erlaubnis nicht auf die Kl&#228;gerin. Die Erlaubnis nach &#167;&#160;3 G&#252;KG wird personen- bzw. unternehmensbezogen erteilt. Dies ergibt sich bereits aus &#167;&#160;3 Abs.&#160;2 G&#252;KG in der seinerzeit geltenden Fassung, wonach die Erlaubnis einem Unternehmer, dessen Unternehmen seinen Sitz im Inland hat, f&#252;r die Dauer von bis zu f&#252;nf Jahren erteilt wird. Ein Unternehmen in diesem Sinne wurde nach der seinerzeit geltenden Rechtslage europarechtlich definiert als jede nat&#252;rliche Person, jede juristische Person mit oder ohne Erwerbszweck, jede Vereinigung oder jeder Zusammenschluss von Personen ohne Rechtspers&#246;nlichkeit und mit oder ohne Erwerbszweck sowie jedes staatliche Organ, unabh&#228;ngig davon, ob dieses &#252;ber eine eigene Rechtspers&#246;nlichkeit verf&#252;gt oder von einer Beh&#246;rde mit Rechtspers&#246;nlichkeit abh&#228;ngt.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. Art. 1 der Richtlinie 92/26/EG des Rates vom 29.4.1996 (ABl. Nr. L 124 vom 23.5.1996, S. 1); sowie &#228;hnlich nunmehr in Art.&#160;2 Nr.&#160;1 und 4 der Verordnung (EG) Nr.&#160;1071/2009 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 21.10.2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln f&#252;r die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG des Rates (ABl. Nr. L 300 vom 14.11.2009, S. 51).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Daraus ist zu schlie&#223;en, dass Gesellschaften mit und ohne eigene Rechtspers&#246;nlichkeit jeweils Unternehmer sein k&#246;nnen, also auch teilrechtsf&#228;hige Personengesellschaften wie die Kommanditgesellschaft. Dass zwischen diesen unterschiedlichen Gesellschaftsformen bei der Erlaubniserteilung zu differenzieren ist, best&#228;tigt Randnummer&#160;8 der gem&#228;&#223; &#167;&#160;23 Abs.&#160;1 G&#252;KG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum G&#252;terkraftverkehrsrecht vom 8.4.2009 (G&#252;KVwV, BAnz. S.&#160;1476 ff.). Diese Vorschrift sieht dabei u.&#160;a. vor, dass Kommanditgesellschaften (Buchstabe e) und Kapitalgesellschaften (Buchstabe f), die ein G&#252;terkraftverkehrsgewerbe betreiben, Unternehmer im Sinne des G&#252;terkraftverkehrsgesetzes sind. Auch Randnummern&#160;16 und 17 G&#252;KVwV verdeutlichen die Personen- bzw. Unternehmensgebundenheit der Erlaubnis. Danach ist sowohl bei einer Rechtsform&#228;nderung ein neues Erteilungsverfahren als auch bei einer reinen Namens&#228;nderung eine Berichtigung der Erlaubnis erforderlich.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Rechtsform&#228;nderung OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 12.9.2016 &#8210; 4 A 1613/15 &#8210;, juris, Rn. 5 f., und vom 12.6.2014 &#8210; 4 A 488/14 &#8210;, juris, Rn. 3; BR-Drs. 940/08 vom 3.12.2008, Seite&#160;12.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Allein der von der Kl&#228;gerin geltend gemachte Umstand, dass der der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH und Co. KG erteilten Erlaubnis eine Anzahl von Abschriften beigef&#252;gt wurde, die der Summe der auf sie und der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH und Co. KG zugelassenen Fahrzeuge entspricht, &#228;ndert &#8210; auch wenn die Ausstellung einer Erlaubnisurkunde f&#252;r die Kl&#228;gerin nur versehentlich unterblieben ist &#8210; nichts daran, dass die Erlaubnis nur der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH und Co. KG erteilt wurde. Der Senat vermag auch die Einsch&#228;tzung der Kl&#228;gerin nicht zu teilen, die ihr erteilte Erlaubnis leide allenfalls unter einem heilbaren Schreibfehler. Denn die von ihr vorgelegte Erlaubnis wurde nicht ihr, sondern der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH und Co. KG erteilt, die eine solche Erlaubnis auch beantragt hatte. Diese wies deswegen auch keinen Schreibfehler auf. Es fehlt vielmehr g&#228;nzlich an einer der Kl&#228;gerin erteilten Erlaubnis. Auch wenn die Kl&#228;gerin darauf vertraut haben sollte, die erteile Erlaubnis gelte auch f&#252;r sie, wird sie dadurch nicht zur Inhaberin der Erlaubnis. Denn &#167; 3 G&#252;KG erfordert die tats&#228;chliche Erteilung einer Erlaubnis. Deswegen ist ferner unerheblich, ob zugunsten der Kl&#228;gerin die Voraussetzungen f&#252;r die Erteilung einer Erlaubnis vorlagen.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.3.2018 &#8210; 4 A 185/16 &#8210;, juris, Rn. 14.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Kl&#228;gerin gleichwohl davon ausgehen durfte, die Beklagte werde ihr die Zuwendung auch ohne die erforderliche Erlaubnis gew&#228;hren, liegen nicht vor. Insbesondere l&#228;sst sich dies nicht aus dem Umstand schlie&#223;en, dass die Beklagte der Kl&#228;gerin die Zuwendung bewilligt hat, obwohl diese auf die Aufforderung, einen Nachweis dar&#252;ber einzureichen, dass sie gewerblichen G&#252;terverkehr oder Werkverkehr betreibt, nur die nicht mehr g&#252;ltige Erlaubnisurkunde vom 13.3.1986 der &#8222;G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co.&#8220; eingereicht hatte. Denn aufgrund des vorher gewechselten Schriftverkehrs zur Frage, ob die Kl&#228;gerin oder die G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. KG Antragstellerin sei sowie der Aufforderung zur Erbringung eines Nachweises, dass sie G&#252;terkraftverkehr betreibt, war f&#252;r die Kl&#228;gerin erkennbar, dass es der Beklagten darauf ankam, dass sie selbst (und nicht die G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. KG) &#252;ber eine g&#252;ltige Erlaubnis zur Durchf&#252;hrung von G&#252;terkraftverkehr verf&#252;gt. Der Kl&#228;gerin war ferner &#8210; ungeachtet dessen, dass es sich bei der vorgelegten Erlaubnis der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. schon nicht um die ihr erteilte Erlaubnis handelte &#8210; bekannt, dass die von ihr vorgelegte Erlaubnis keine G&#252;ltigkeit mehr hatte. Dies ergibt sich schon daraus, dass die G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH &amp; Co. KG diese im Jahr 2000 in eine neue Erlaubnis umgetauscht hat. Die Kl&#228;gerin musste aus den vorgenannten Umst&#228;nden damit rechnen, dass die Beklagte bei der Bearbeitung ihres Zuwendungsantrags und &#220;berpr&#252;fung der Zuwendungsvoraussetzungen lediglich &#252;bersehen hat, dass sie keine ihr die Aus&#252;bung von G&#252;terverkehr gestattende Erlaubnis vorgelegt hat.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend gibt das Zulassungsvorbringen auch nichts Durchgreifendes daf&#252;r her, dass der Kl&#228;gerin entgegen der Wertung des Verwaltungsgerichts Vertrauensschutz im Sinne von &#167; 48 Abs. 2 S&#228;tze 1 und 2 VwVfG zukommen k&#246;nnte. Auch insoweit hat sie die Annahme des Verwaltungsgerichts, Vertrauensschutz sei gem&#228;&#223; &#167;&#160;48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ausgeschlossen, nicht in Frage gestellt. Denn sie hat weder dargelegt noch belegt, dass ihre Angaben im Zuwendungsantrag entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts korrekt und vollst&#228;ndig gewesen sein k&#246;nnten. Dass die Kl&#228;gerin davon ausging, die der G.&#160;&#160;&#160;&#160; GmbH und Co. KG erteilte Erlaubnis berechtige auch sie zum Betreiben von G&#252;terverkehr, musste im Rahmen der Ermessenserw&#228;gungen nicht ber&#252;cksichtigt werden. F&#252;r die Anwendung des &#167; 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ist ein Verschulden nicht erforderlich.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.5.1996 &#8210; 3 C 13.94 &#8210;, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 = juris, Rn. 48, m.&#160;w.&#160;N., und vom 20.10.1987 &#8210; 9 C 255.86 &#8210;, BVerwGE 78, 139 = juris, Rn. 17, m.&#160;w.&#160;N; OVG NRW, Beschluss vom 30.10.2018&#8210; 4 A 151/17 &#8210;, juris, Rn. 13.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ist ein Vertrauensschutz bereits gem&#228;&#223; &#167; 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ausgeschlossen, so kommt es nicht darauf an, ob die Kl&#228;gerin grob fahrl&#228;ssig im Sinne von &#167; 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG gehandelt hat.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ebenso wenig ist in diesem Zusammenhang von Belang, ob der Beklagten aufgrund der Bewilligung der Zuwendung trotz Vorlage einer nicht mehr g&#252;ltigen Erlaubnis f&#252;r den gewerblichen G&#252;terkraftverkehr gegebenenfalls der Vorhalt eigener grober Fahrl&#228;ssigkeit gemacht werden k&#246;nnte. Eine Mitverantwortung der Beh&#246;rde kann verlorenen Vertrauensschutz nicht wieder begr&#252;nden.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1996 &#8210; 3 C 13.94 &#8210;, Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 1 = juris, Rn. 50, m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch im &#220;brigen sind Ermessensfehler der Beklagten nicht schl&#252;ssig dargelegt. Insbesondere handelt es sich bei einer fehlenden g&#252;terkraftverkehrsrechtlichen Erlaubnis nicht nur um eine marginale Unstimmigkeit, sondern um das Fehlen der Berechtigung zur Durchf&#252;hrung gewerblichen G&#252;tertransportverkehrs im Sinne von &#167;&#167;&#160;1, 3 G&#252;KG und damit der Berechtigung f&#252;r die beantragte Zuwendung, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten der Bewilligung einer Zuwendung entgegensteht.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den &#167;&#167; 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist nach &#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
125,211
ovgnrw-2018-12-20-4-a-473318a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 4733/18.A
2018-12-20T00:00:00
2019-01-04T14:23:28
2019-02-12T11:31:53
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.4A4733.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 15.10.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die mit dem Zulassungsvorbringen geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG) ist nicht gegeben.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher h&#246;chstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht gekl&#228;rte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen w&#252;rde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Kl&#228;rung bedarf. F&#252;r die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit und -f&#228;higkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.1.2016 &#8211; 4 A 2103/15.A &#8211;, juris, Rn.&#160;2&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine auf tats&#228;chliche Verh&#228;ltnisse gest&#252;tzte Grundsatzr&#252;ge erfordert &#252;berdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die f&#252;r die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegens&#228;tzliche Ausk&#252;nfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen W&#252;rdigung zug&#228;nglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelf&#252;hrers, durch die Benennung von bestimmten begr&#252;ndeten Informationen, Ausk&#252;nften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf&#252;r darzulegen, dass nicht die Feststellungen und Einsch&#228;tzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Kl&#228;rung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.2.2017 &#8211; 4 A 685/14.A &#8211;, juris, Rn. 5 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt die Antragsbegr&#252;ndung nicht. Die vom Kl&#228;ger sinngem&#228;&#223; aufgeworfene Frage,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">ob die Volksgruppe der Hazara in Pakistan verfolgt wird,</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">f&#252;hrt nicht zur Berufungszulassung. Der Kl&#228;ger legt die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit der Frage nicht schl&#252;ssig dar.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit dem Verweis auf andere zugunsten der jeweiligen Betroffenen entschiedene, angeblich gleichgelagerte F&#228;lle, der Verneinung einer inl&#228;ndischen Fluchtalternative und dem Hinweis auf T&#246;tungen, wof&#252;r der Kl&#228;ger jeweils keine Belege liefert, ersch&#252;ttert er nicht die auf den Lagebericht des Ausw&#228;rtigen Amtes (Stand Mai 2016) gest&#252;tzte Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts, er k&#246;nne insbesondere in der Anonymit&#228;t pakistanischer Gro&#223;st&#228;dte unbehelligt leben. Es besteht selbst unter Ber&#252;cksichtigung des pauschalen Hinweises auf T&#246;tungen kein ausreichender Anhalt daf&#252;r, dass einem nach Pakistan zur&#252;ckkehrenden Volkszugeh&#246;rigen der Hazara keine inl&#228;ndische Fluchtalternative zur Verf&#252;gung st&#252;nde. Insoweit benennt der Kl&#228;ger bereits keine Erkenntnisquellen, aus denen sich eine generelle Gef&#228;hrdung von Volkszugeh&#246;rigen der Hazara in allen Landesteilen Pakistans ergeben k&#246;nnte. Entsprechendes ist, entgegen dem Zulassungsvorbringen, nicht &#8222;gerichtsbekannt&#8220;. Es ist nicht Aufgabe des Senats, sondern obliegt aufgrund seiner Darlegungslast gem&#228;&#223; &#167;&#160;78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dem Kl&#228;ger, diejenigen Informationen aufzufinden und konkret zu benennen, die aus seiner Sicht f&#252;r die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Frage von Bedeutung sind. Dabei ist das beanstandete Alter der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Erkenntnisquellen ohne Belang.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kl&#228;ger einwendet, es m&#252;sse eine Auskunft des Ausw&#228;rtigen Amtes zur Verfolgungssituation der Hazara eingeholt werden, bem&#228;ngelt er eine Verletzung der gerichtlichen Aufkl&#228;rungspflicht. Dies f&#252;hrt jedoch nicht auf einen Verfahrensmangel im Sinne der &#167;&#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, 138 VwGO. Ein Aufkl&#228;rungsmangel begr&#252;ndet grunds&#228;tzlich &#8210; so auch hier &#8210; weder einen Geh&#246;rsversto&#223;, noch geh&#246;rt er zu den sonstigen Verfahrensm&#228;ngeln im Sinne von &#167;&#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, 138 VwGO. Dies gilt auch insoweit, als der gerichtlichen Aufkl&#228;rungspflicht verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 &#8210; 4 A 2203/15.A &#8210;, juris, Rn. 24 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Soweit er geltend macht, ein Verweis auf eine interne Schutzm&#246;glichkeit in der Anonymit&#228;t von Gro&#223;st&#228;dten sei unzul&#228;ssig, weil gerade auch dort &#220;bergriffe Dritter drohten, wendet er sich gegen die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts. Diese ist dem sachlichen Recht zuzuordnen. Einw&#228;nde hiergegen rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels nach &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschl&#252;sse vom 1.2.2010 &#8210; 10 B 21.09 u. a. &#8210;, juris, Rn. 13, m. w. N., und vom 2.11.1995 &#8210; 9 B 710.94 &#8210;, DVBl. 1996, 108 = juris, Rn. 5.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Schriftsatz vom 18.12.2018, der ohnehin nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eingegangen ist und neues Vorbringen enth&#228;lt, l&#228;sst keinen Zulassungsgrund erkennen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO und &#167;&#160;83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;80 AsylG unanfechtbar.</p>
116,767
ovgnrw-2018-12-20-6-a-299118
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 2991/18
2018-12-20T00:00:00
2018-12-27T18:03:36
2019-02-12T11:31:54
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.6A2991.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst tr&#228;gt.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gr&#252;nden ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat angenommen, der Kl&#228;ger habe keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids der Bezirksregierung E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vom 5. Januar 2017, mit dem seine Bewerbung unter Hinweis auf das Verbot der Sprungbef&#246;rderung als unzul&#228;ssig zur&#252;ckgewiesen wurde. Zur Begr&#252;ndung hat das Verwaltungsgericht auf seinen Beschluss vom 9. Mai 2017 - 2 L 249/17 - sowie den Beschluss des Senats vom 28. August 2017 - 6 B 638/17 - im parallelen Eilverfahren Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es kann offen bleiben, ob der nicht n&#228;her begr&#252;ndeten Auffassung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zu folgen ist, die Klage sei zul&#228;ssig. Die Antragsbegr&#252;ndung zeigt jedenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme auf, der Kl&#228;ger erf&#252;lle als Studienrat (A 13 BBesO) nicht die Anforderungen f&#252;r die Besetzung der in der Zeit vom 11. November bis 22. Dezember 2016 auf der Internetseite <span style="text-decoration:underline">www.stella.nrw.de</span> des Ministeriums f&#252;r Schule und Weiterbildung NRW ausgeschriebenen (Bef&#246;rderungs-)Stelle eines Studiendirektors (A 15 BBesO) als Fachleiter zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben am Berufskolleg West der Stadt F.&#160;&#160;&#160;&#160; .</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die - vom Kl&#228;ger erneut geforderte - Auslegung der Stellenausschreibung nach dem objektiven Empf&#228;ngerhorizont potentieller Bewerber ergibt nach den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Beschl&#252;ssen, dass nicht nur der Dienstposten, sondern das Bef&#246;rderungsamt selbst Gegenstand der Ausschreibung und der Bewerberkreis auf Personen beschr&#228;nkt war, die in das Statusamt eines Studiendirektors bef&#246;rdert werden konnten und sollten. Darauf wird Bezug genommen. Das Antragsvorbringen - die dort wiedergegebene, &#252;berwiegend bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren angef&#252;hrte Rechtsprechung eingeschlossen - stellt diese Annahme und ihre Begr&#252;ndung nicht schl&#252;ssig in Frage.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger legt im Zulassungsverfahren nicht dar, warum f&#252;r die von ihm besonders betonte Auslegung nach dem Wortlaut ausgerechnet andere Stellenausschreibungen des beklagten Landes ma&#223;geblich sein sollten. Diese geben keinen Aufschluss dar&#252;ber, wie die streitgegenst&#228;ndliche Ausschreibung zu verstehen war. Dem objektiven potentiellen Bewerber, der sich daf&#252;r interessiert, sind abweichend formulierte Anforderungsprofile oder eine bestimmte Ausschreibungspraxis des beklagten Landes m&#246;glicherweise auch gar nicht bekannt. Aus dem mit der Antragsbegr&#252;ndung angef&#252;hrten Umstand, dass bei anderen Stellen das Verbot der Sprungbef&#246;rderung Bewerbern der Besoldungsgruppe A 13 auf A 15-Stellen nicht entgegengehalten worden sei, sondern diese vielmehr ausdr&#252;cklich zur Bewerbung aufgefordert worden seien, kann der Kl&#228;ger zu seinen Gunsten nichts ableiten. Selbst wenn es sich dabei - wie hier - um Bef&#246;rderungsstellen gehandelt haben sollte, gebietet ein solches Vorgehen weder eine andere Auslegung der streitgegenst&#228;ndlichen Ausschreibung noch eine Gleichbehandlung (im Unrecht). Dies zugrunde gelegt, musste das Verwaltungsgericht auch die Besetzungspraxis nicht n&#228;her aufkl&#228;ren. Wie der Senat im oben angef&#252;hrten Beschluss ausgef&#252;hrt hat, ist schlie&#223;lich unerheblich, dass in der streitgegenst&#228;ndlichen Ausschreibung das Verbot der Sprungbef&#246;rderung nicht ausdr&#252;cklich erw&#228;hnt wurde. Denn aus den &#252;brigen Angaben war erkennbar, dass der Bewerberkreis auf Beamte beschr&#228;nkt war, denen im Wege der Bef&#246;rderung - gegebenenfalls nach einer Erprobungszeit - das Statusamt eines Studiendirektors (A 15 BBesO) &#252;bertragen werden konnte.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kl&#228;ger pauschal auf den gesamten Sachvortrag im einstweiligen Rechtsschutz und im Klageverfahren erster Instanz Bezug nimmt, gen&#252;gt dies nicht den Darlegungsanforderungen des &#167; 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">II. Die Rechtssache weist keine besonderen tats&#228;chlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von &#167; 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Das w&#228;re nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Kl&#228;gers begr&#252;ndeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung g&#228;ben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren kl&#228;ren lassen, sondern die Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens erfordern; der Ausgang des Rechtstreits muss als offen erscheinen. Dies ist &#8209; wie oben ausgef&#252;hrt &#8209; nicht der Fall.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">III. Die Berufung ist auch nicht wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von &#167; 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Was die Auslegung der streitgegenst&#228;ndlichen Ausschreibung angeht, formuliert der Kl&#228;ger schon keine konkrete Rechtsfrage, hinsichtlich derer er im &#220;brigen weiter darlegen m&#252;sste, warum sie kl&#228;rungsbed&#252;rftig und entscheidungserheblich ist und aus welchen Gr&#252;nden ihr Bedeutung &#252;ber den Einzelfall hinaus zukommt.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">An der erforderlichen Darlegung der grunds&#228;tzlichen Bedeutung fehlt es auch hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfrage, &#8222;ob und wann eine Sprungbef&#246;rderung vorliegt und ob die einschl&#228;gige Regelung des &#167; 19 Abs. 4 LBG NRW mit dem Grundgesetz, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG, vereinbar ist.&#8220; Dass die Bef&#246;rderung eines Studienrats (Besoldungsgruppe A 13 BBesO) zum Studiendirektor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) gegen &#167; 19 Abs. 4 LBG, &#167; 7 Abs. 1 Satz 1 LVO NRW verstie&#223;e, ergibt sich im &#220;brigen unmittelbar aus dem Wortlaut dieser Vorschriften. Der Vortrag zur m&#246;glichen Besetzung eines Funktionsamts mit Beamten verschiedener Status&#228;mter ist irrelevant, weil hier nach den obigen Ausf&#252;hrungen nicht nur ein Dienstposten, sondern auch das Bef&#246;rderungsamt besetzt werden sollte. Ob das Verbot der Sprungbef&#246;rderung verfassungsgem&#228;&#223; ist, ist ebenfalls nicht entscheidungserheblich. Der Dienstherr hat sich in Aus&#252;bung des ihm zukommenden Spielraums daf&#252;r entschieden, die streitbefangene Stelle als Bef&#246;rderungsstelle auszuschreiben und nicht zu erkennen gegeben, auch A 13-Bewerber ansprechen zu wollen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2, &#167; 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#160;52 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Satz 1 Nr. 1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskr&#228;ftig (&#167; 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).</p>
116,766
ovgnrw-2018-12-20-4-a-103117a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 1031/17.A
2018-12-20T00:00:00
2018-12-27T18:03:36
2019-02-12T11:31:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.4A1031.17A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 23.3.2017 wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Zulassungsgrund einer Versagung des rechtlichen Geh&#246;rs (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG i. V. m. &#167;&#160;138 Nr.&#160;3 VwGO) liegt nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Gebot rechtlichen Geh&#246;rs verpflichtet das Gericht, die Ausf&#252;hrungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erw&#228;gung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grunds&#228;tzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erw&#228;gung gezogen hat. Ein Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgr&#252;nden ausdr&#252;cklich zu befassen. Deshalb m&#252;ssen im Einzelfall besondere Umst&#228;nde deutlich machen, dass tats&#228;chliches Vorbringen eines Beteiligten entweder &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Teil eines Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die f&#252;r das Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist, in den Entscheidungsgr&#252;nden nicht ein, so l&#228;sst dies auf die Nichtber&#252;cksichtigung des Vortrags schlie&#223;en, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2014 &#8210; 4 C 35.13 &#8210;, NVwZ 2015, 656 = juris, Rn. 42; OVG NRW, Beschluss vom 21.1.2016 &#8210; 4 A 787/15.A &#8210;, juris, Rn. 3 f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit seiner R&#252;ge, das Verwaltungsgericht habe seine Schilderungen in der m&#252;ndlichen Verhandlung ignoriert, wonach sein Bruder von seinen religi&#246;sen Gegnern auch in Kaschmir, Lahore und Karachi aufgesp&#252;rt worden sei, weswegen keine inl&#228;ndische Fluchtalternative bestehe, zeigt der Kl&#228;ger eine Versagung rechtlichen Geh&#246;rs nicht auf.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat den diesbez&#252;glichen Vortrag im Tatbestand ber&#252;cksichtigt, indem es auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen hat (Urteilsabdruck Seite 3, letzter Absatz). In den Entscheidungsgr&#252;nden hat es diesen Vortrag der Sache nach gew&#252;rdigt und bezogen auf das Verfolgungsschicksal des Kl&#228;gers als nicht entscheidungserheblich angesehen. Es hat hierzu ausgef&#252;hrt, soweit seine Br&#252;der in Pakistan sehr bekannt sein sollten, betr&#228;fe dies den Kl&#228;ger nur mittelbar, weil er selbst durch seine T&#228;tigkeit in der Gemeinde nicht in ganz Pakistan bekannt sei (Urteilsabdruck Seite 7, 2. Absatz).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kl&#228;ger mit der oben wiedergegebenen R&#252;ge sinngem&#228;&#223; die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts beanstandet, zeigt er keinen Verfahrensfehler i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG i.&#160;V.&#160;m. &#167; 138 VwGO auf. Die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung ist dem sachlichen Recht zuzuordnen und rechtfertigt von vornherein nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschl&#252;sse vom 1.2.2010 &#8210; 10 B 21.09 u. a. &#8210;, juris, Rn. 13, m. w. N., und vom 2.11.1995 &#8210; 9 B 710.94 &#8210;, NVwZ-RR 1996, 359 = juris, Rn. 5.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den &#167;&#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO und 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;80 AsylG).</p>
116,765
ovgnrw-2018-12-20-6-b-171618
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 B 1716/18
2018-12-20T00:00:00
2018-12-27T18:03:35
2019-02-12T11:31:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.6B1716.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der angefochtene Beschluss wird ge&#228;ndert.</p> <p>Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin vorl&#228;ufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache - 1 K 3850/18 (VG Aachen) - nicht verpflichtet ist, sich auf der Grundlage der Untersuchungsaufforderung des Antragsgegners vom 21.&#160;September 2018 einer polizei- oder fach&#228;rztlichen Untersuchung zu unterziehen, soweit diese &#252;ber die Erhebung einer Anamnese, eine allgemeine k&#246;rperliche Untersuchung, ein Ruhe-EKG, ein Belastungs-EKG, eine Lungenfunktionspr&#252;fung, einen H&#246;rtest, eine Untersuchung der Sehsch&#228;rfe, des Gesichtsfeldes, des Farbsinns, des r&#228;umlichen Sehens sowie eine allgemeine Blut- und Urinuntersuchung hinausgeht.</p> <p>Im &#220;brigen wird die Beschwerde zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtsz&#252;gen tragen die Antragstellerin zu &#190; und der Antragsgegner zu &#188;.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Beschwerde, &#252;ber die der Senat gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Rahmen der von der Antragstellerin dargelegten Gr&#252;nde befindet, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat es abgelehnt, im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass die Antragstellerin vorl&#228;ufig nicht verpflichtet ist, sich auf der Grundlage der Untersuchungsaufforderung des Antragsgegners vom 21. September 2018 einer polizei&#228;rztlichen Untersuchung ihrer Polizeidienstf&#228;higkeit und gegebenenfalls nachfolgend ihrer allgemeinen Dienstf&#228;higkeit zu unterziehen. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (&#167; 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 920 Abs. 2, 294 ZPO). Die Untersuchungsanordnung sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin sei angeh&#246;rt worden; Schwerbehindertenvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Personalrat seien ordnungsgem&#228;&#223; beteiligt worden. Auch materiell-rechtlich begegne die auf &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. &#167; 33 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW gest&#252;tzte Untersuchungsanordnung keinen Bedenken. Aufgrund der seit dem 2.&#160;Oktober 2017 bestehenden und noch andauernden Dienstunf&#228;higkeit der Antragstellerin l&#228;gen hinreichende Anhaltspunkte f&#252;r ihre Polizeidienstunf&#228;higkeit und allgemeine Dienstunf&#228;higkeit vor. Auch Art und Umfang der polizei&#228;rztlichen Untersuchung w&#252;rden in der Untersuchungsanordnung hinreichend konkretisiert. Die Einholung einer fach&#228;rztlichen Zusatzbegutachtung auf dem Fachgebiet Psychiatrie werde von der Untersuchungsanordnung noch nicht umfasst, sondern solle erst nach gesonderter Aufforderung erfolgen; die Angabe des Fachgebiets sei eine blo&#223;e Information.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die mit der Beschwerde gegen diese n&#228;her begr&#252;ndeten Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nur teilweise durch.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die streitgegenst&#228;ndliche Untersuchungsanordnung ist rechtsfehlerhaft, soweit - &#252;ber die Erhebung einer Anamnese, eine allgemeine k&#246;rperliche Untersuchung, ein Ruhe-EKG, ein Belastungs-EKG, eine Lungenfunktionspr&#252;fung, einen H&#246;rtest, eine Untersuchung der Sehsch&#228;rfe, des Gesichtsfeldes, des Farbsinns, des r&#228;umlichen Sehens sowie eine allgemeine Blut- und Urinuntersuchung hinausgehend - eine fach&#228;rztliche Zusatzbegutachtung auf dem Fachgebiet &#8222;(m&#246;glicherweise) Psychiatrie&#8220; angeordnet wird. In diesem Umfang sind entgegen den Annahmen des Verwaltungsgerichts die tats&#228;chlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht (&#167; 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. &#167;&#167;&#160;920 Abs. 2, 294 ZPO; dazu a). Die mit der Beschwerde geltend gemachten Einw&#228;nde gegen die auf die Untersuchungsanordnung im &#220;brigen bezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts greifen nicht durch (b). Der Senat konnte daher im Rahmen des ihm hinsichtlich des Inhalts der einstweiligen Anordnung zustehenden Ermessens die aus der Entscheidungsformel ersichtliche einstweilige Anordnung treffen (c).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a) St&#252;tzt der Dienstherr - wie hier - die Untersuchungsaufforderung (allein) auf die erhebliche Dauer der Fehlzeiten des Beamten und w&#228;hlt damit den ihm vom Gesetzgeber er&#246;ffneten Weg &#252;ber die vermutete Dienstunf&#228;higkeit nach &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, ist es grunds&#228;tzlich auch nicht zu beanstanden, wenn er eine amts- oder polizei&#228;rztliche Untersuchung zur Erhebung des Krankheitsbildes und seiner m&#246;glichen Entwicklung anordnet, um eine Grundlage f&#252;r die nach &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erforderliche Prognose zu erhalten. Eine weitergehende Festlegung von Art und Umfang der Untersuchung ist regelm&#228;&#223;ig weder rechtlich geboten noch m&#246;glich, da die Einzelheiten der Untersuchung von deren Verlauf und den dabei gewonnenen Erkenntnissen abh&#228;ngig sind.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. ausf&#252;hrlich dazu OVG NRW, Beschluss vom 4. September 2018 - 6 B 1124/18 -, juris Rn. 7 ff., 19 ff., mit weiteren Nachweisen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im &#220;brigen gilt, dass der Beamte sich allgemeinen k&#246;rperlichen Untersuchungen, die etwa auch Inhalt einer gew&#246;hnlichen haus&#228;rztlichen Vorsorgeuntersuchung sind, grunds&#228;tzlich unterziehen muss. In diesem Umfang bestehen insbesondere auch keine Bedenken hinsichtlich der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der angeordneten Untersuchungen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 29. November 2018 - 6 B 1662/18 -, juris Rn. 7, vom 27. M&#228;rz 2018 - 6 B 208/18 -, juris Rn. 21, und vom 22. Februar 2018 - 6 B 1464/17 -, juris Rn. 19 ff.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Art und Umfang der hier konkret angeordneten Untersuchungen bzw. Begutachtungen gehen indessen &#252;ber eine solche, grunds&#228;tzlich zul&#228;ssige allgemeine Untersuchung hinaus, n&#228;mlich soweit der Antragsgegner eine fach&#228;rztliche Zusatzbegutachtung auf dem Fachgebiet &#8222;(m&#246;glicherweise) Psychiatrie&#8220; angeordnet hat.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erstreckt sich die streitgegenst&#228;ndliche Untersuchungsanordnung auch auf die Einholung der genannten fach&#228;rztlichen Zusatzbegutachtung. Das ergibt sich unter Ber&#252;cksichtigung des sog. objektiven Empf&#228;ngerhorizonts (Rechtsgrunds&#228;tze der &#167;&#167;&#160;133, 157 BGB) aus den Formulierungen auf Seite 3 der Untersuchungsaufforderung, mit denen diese Untersuchung ausdr&#252;cklich mit aufgelistet wird. Nach dem dort verwendeten Satz &#8222;Art und Umfang der zur Begutachtung ihrer Polizeidienstf&#228;higkeit vorzunehmenden Untersuchungen umfasst: ...&#8220; werden verschiedene der formularm&#228;&#223;ig vorgegebenen Untersuchungsm&#246;glichkeiten durch Ankreuzen gekennzeichnet. Ebenso ist die Zeile &#8222;eine fach&#228;rztliche Zusatzbegutachtung auf dem Fachgebiet: ...&#8220; angekreuzt. In der nachfolgenden, eigens f&#252;r die &#8222;konkrete Benennung&#8220; der Zusatzbegutachtung freigehaltenen Zeile findet sich der Eintrag &#8222;- (m&#246;glicherweise) Psychiatrie -&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der in Klammern gesetzte Zusatz &#8222;m&#246;glicherweise&#8220; hat nicht zur Folge, dass die Zusatzbegutachtung als von der streitgegenst&#228;ndlichen Untersuchungsaufforderung noch nicht umfasst anzusehen w&#228;re. Vielmehr bringt der Antragsgegner damit zum Ausdruck, dass er - unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit - die Durchf&#252;hrung einer solchen Untersuchung bereits in seinen Willen aufgenommen bzw. angeordnet hat.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2018 - 6 B 1087/18 -, juris Rn. 12.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls nichts anderes folgt daraus, dass unmittelbar anschlie&#223;end an die konkret aufgelisteten Untersuchungen weiter ausgef&#252;hrt wird: &#8222;Im Falle von spezifischen Erkrankungen oder unklaren Befunden/Symptomen k&#246;nnen Erg&#228;nzungen um spezielle Laboruntersuchungen, technische Untersuchungen oder Zusatzgutachten von Fach&#228;rztinnen/Fach&#228;rzten erforderlich werden. Hierzu werden Sie jedoch gesondert aufgefordert.&#8220; Denn es ist aus Empf&#228;ngersicht nicht anzunehmen, dass sich dieser Hinweis auf eine gesonderte Aufforderung - der zugleich aussagt, dass entsprechende Untersuchungen von der aktuellen Anordnung noch nicht erfasst sind - auf die streitgegenst&#228;ndliche fach&#228;rztliche Zusatzbegutachtung bezieht. Diese wurde n&#228;mlich zuvor durch Ankreuzen sowie durch die konkrete Angabe des Fachgebiets ausdr&#252;cklich - neben verschiedenen weiteren Untersuchungen - angeordnet, ohne dass unmittelbar dazu eine Einschr&#228;nkung oder sonstiger Vorbehalt einer separaten Untersuchungsaufforderung angemerkt worden w&#228;re. Der nachfolgende allgemeine Hinweis auf &#8222;gesonderte Aufforderungen&#8220; im Falle von Zusatzbegutachtungen kann daher aus objektiver Empf&#228;ngersicht nur so verstanden werden, dass er nur dar&#252;ber hinausgehende, weitere Untersuchungen und Begutachtungen betrifft, deren Erforderlichkeit sich m&#246;glicherweise erst im Verlauf der angeordneten Untersuchung ergibt.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Soweit der Antragsgegner in seiner erstinstanzlichen Antragserwiderung vom 8. November 2018 ausgef&#252;hrt hat, die Angabe der fach&#228;rztlichen Zusatzbegutachtung auf dem Fachgebiet &#8222;(m&#246;glicherweise) Psychiatrie&#8220; habe lediglich der Information der Antragstellerin gedient, kommt das in der Untersuchungsanordnung unzureichend zum Ausdruck. Diese Sichtweise findet sich - wie eben dargestellt - nicht in den insoweit in erster Linie ma&#223;geblichen Formulierungen der Anordnung wieder.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die danach auch die konkrete fach&#228;rztliche Zusatzbegutachtung umfassende Untersuchungsaufforderung wird indessen den oben aufgezeigten Anforderungen an die Rechtm&#228;&#223;igkeit nicht gerecht. Der Antragsgegner st&#252;tzt seine Zweifel - wie bereits dargestellt in grunds&#228;tzlich zul&#228;ssiger Weise - allein auf die umfangreichen Fehlzeiten der Antragstellerin, ohne n&#228;here Erkenntnisse &#252;ber die Art der Erkrankung oder sonstige Ursachen f&#252;r seine Zweifel an der Dienstf&#228;higkeit zu benennen. Er verweist lediglich ohne n&#228;here Konkretisierung darauf, die Antragstellerin leide nach eigenen Angaben &#8222;aktuell an zwei Erkrankungen&#8220;. Macht der Dienstherr aber neben den Fehlzeiten keine konkreten Angaben zum Untersuchungsanlass, fehlt es f&#252;r die Anordnung solcher spezifischer fach&#228;rztlicher Zusatzgutachten an einer hinreichenden Grundlage bzw. konkret begr&#252;ndeten Zweifeln an der Dienstf&#228;higkeit, die gerade die Anordnung dieser Untersuchungen als erforderlich erscheinen lassen.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. bereits OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2018 - 6 B 1628/18 -, juris Rn. 27.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Angesichts der angeordneten psychiatrischen Zusatzuntersuchung, die mit einer besonderen Eingriffsintensit&#228;t verbunden ist,</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 7. September 2018 - 6 B 1113/18 -, juris Rn. 27 f., mit weiteren Nachweisen,</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">gilt dies hier in gesteigertem Ma&#223;e.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">b) Die gegen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Untersuchungsaufforderung im &#220;brigen dargelegten Gr&#252;nde greifen hingegen nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">(1) Ohne Erfolg wendet die Beschwerde ein, die Untersuchungsanordnung sei formell rechtswidrig, weil die Beteiligung der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und der Gleichstellungsbeauftragten aus den Verwaltungsvorg&#228;ngen nicht ersichtlich sei. Das Verwaltungsgericht hat dazu zutreffend darauf hingewiesen, dass diese ausweislich des Schreibens vom 23. Juli 2018 (Blatt 12 f. der Verwaltungsvorg&#228;nge, Beiakte Heft 5) &#252;ber die beabsichtigte Begutachtung der Polizeidienstf&#228;higkeit und der allgemeinen Dienstf&#228;higkeit der Antragstellerin informiert worden seien. Anhaltspunkte daf&#252;r, dass dieses Schreiben die Schwerbehindertenvertretung oder die Gleichstellungsbeauftragte nicht erreicht haben k&#246;nnte, sind weder erkennbar noch werden sie mit der Beschwerde vorgetragen. Entsprechende Anhaltspunkte lassen sich entgegen der Auffassung der Beschwerde auch nicht daraus herleiten, dass sich in den Verwaltungsvorg&#228;ngen lediglich die Verf&#252;gung der &#220;bersendung des betreffenden Schreibens befindet, das Beteiligungsschreiben selbst (jeweils per Mail an die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragte) aber weder nochmals eigens ausgedruckt noch in der Akte abgeheftet wurde. Dass dies den Anforderungen des &#167; 18 Abs. 2 Satz 6 LGG NRW nicht gen&#252;gen w&#252;rde, macht die Beschwerde schon nicht geltend. Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund, welche Ma&#223;nahmen diese Vorschrift erfasst.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch der Umstand, dass sich keine Antwortschreiben der Schwerbehindertenvertretung und der Gleichstellungsbeauftragten in den Verwaltungsvorg&#228;ngen befinden, ist f&#252;r sich gesehen unbedenklich. Denn &#167; 18 Abs. 1 Satz 1 LGG NRW und &#167; 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sehen lediglich eine Unterrichtung und Anh&#246;rung durch den Dienstherrn, nicht aber eine R&#252;ckmeldung vor.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss 6. September 2018 - 6 B 962/18 -, juris Rn. 12.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">(2) In materiell-rechtlicher Hinsicht trifft es auf keine Bedenken, dass der Dienstherr hier - wie oben festgestellt - die Untersuchungsaufforderung allein auf die erhebliche Dauer der Fehlzeiten der Antragstellerin gest&#252;tzt und damit den ihm vom Gesetzgeber er&#246;ffneten Weg &#252;ber die vermutete Dienstf&#228;higkeit nach &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG gew&#228;hlt hat. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Vermutensregel auf Polizeivollzugsbeamte anwendbar. Der Dienstherr kann auch gegen&#252;ber Polizeivollzugsbeamten Zweifel an der Dienstf&#228;higkeit auf die Regelung des &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG st&#252;tzen. Der Umstand, dass sich die Voraussetzungen f&#252;r die Annahme der Polizeidienstunf&#228;higkeit nach &#167; 115 Abs. 1, 1. Halbsatz LBG NRW von denen der allgemeinen Dienstunf&#228;higkeit nach &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, &#167;&#160;33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW unterscheiden, f&#252;hrt daran nicht vorbei. Denn diese Vorgaben betreffen lediglich die Feststellung der Polizeidienstunf&#228;higkeit bzw. allgemeinen Dienstunf&#228;higkeit. Zweifel an der Polizeidienstf&#228;higkeit sind hingegen - ebenso wie an der allgemeinen Dienstf&#228;higkeit - regelm&#228;&#223;ig bereits dann begr&#252;ndet, wenn der Polizeivollzugsbeamte &#252;ber einen l&#228;ngeren Zeitraum, insbesondere in dem in &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. &#167; 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW festgelegten Umfang (d.h. drei Monate innerhalb von sechs Monaten) oder sogar noch dar&#252;ber hinaus dienstunf&#228;hig erkrankt ist. Versieht ein Polizeivollzugsbeamter &#252;ber einen solchen erheblichen Zeitraum krankheitsbedingt keinen Dienst, liegt es nahe, dass dies (auch) auf einer Erkrankung beruhen kann, die die Polizeidienstunf&#228;higkeit und die allgemeine Dienstunf&#228;higkeit begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 3. September 2018 - 6 B 860/18 -, juris Rn. 12 f., vom 23. Juli 2018 - 6 B 563/18 -, juris Rn. 5, und vom 27. M&#228;rz 2018 - 6 B 208/18 -, a. a. O., Rn. 12.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Demnach sind im Streitfall Zweifel sowohl an der Polizeidienstf&#228;higkeit als auch an der allgemeinen Dienstf&#228;higkeit der Antragstellerin gegeben, weil diese seit dem 2.&#160;Oktober 2017 und damit im Zeitpunkt der Untersuchungsaufforderung seit nahezu einem Jahr ununterbrochen dienstunf&#228;hig erkrankt war. Dies gilt insbesondere, weil die Antragstellerin dienstunf&#228;hig erkrankt ist, obwohl ihr wegen gesundheitlicher Einschr&#228;nkungen bereits seit dem Jahr 2011 die Dienstaus&#252;bung teilweise in Heimarbeit erm&#246;glicht worden war. Daher ist hier auch nicht anzunehmen, dass die Antragstellerin nur deswegen krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweist, weil sie den erh&#246;hten Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht gewachsen ist. Vielmehr f&#252;hren diese Fehlzeiten dar&#252;ber hinaus auch auf Zweifel an der allgemeinen Dienstunf&#228;higkeit.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 27. M&#228;rz 2018 &#8209;&#160;6&#160;B 208/18 -, a. a. O., Rn. 15, und vom 22. Februar 2018 - 6 B 1464/17 -, a. a. O., Rn. 10.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Aus dem von der Antragstellerin angef&#252;hrten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 - l&#228;sst sich nichts Abweichendes herleiten. Die Beschwerde meint, dass danach l&#228;ngere Krankheitszeiten nicht automatisch Zweifel an der Dienstf&#228;higkeit bedingten; es m&#252;sse dar&#252;ber hinaus noch dargelegt werden, weshalb die l&#228;ngeren Krankheitszeiten Zweifel an der Dienstf&#228;higkeit begr&#252;ndeten. Der zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts betrifft - anders als die Beschwerde offenbar meint - eine abweichende Fallkonstellation. Darin hatte der Dienstherr die Untersuchungsanordnung nicht auf Fehlzeiten in dem in &#167;&#160;26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. &#167; 33 Abs. 1 Satz 3 LBG NRW festgelegten Umfang gest&#252;tzt.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der vom Antragsgegner gew&#228;hlte Weg &#252;ber die Vermutensregel des &#167; 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG ist ferner nicht deswegen zu beanstanden, weil er - wie die Beschwerde einwendet - aufgrund der Entbindung der behandelnden &#196;rzte von der Schweigepflicht umfassende Informationen &#252;ber das Krankheitsbild der Antragstellerin h&#228;tte einholen und die Untersuchungsanordnung sachgerecht h&#228;tte begrenzen k&#246;nnen. Vielmehr ist dem Dienstherrn auch dann der Weg &#252;ber die sog. Vermutensregel nicht verschlossen, wenn er &#252;ber die reinen Fehlzeiten hinausgehende Erkenntnisse &#252;ber die Erkrankung(en) hatte oder h&#228;tte gewinnen k&#246;nnen. Denn der Dienstherr hat in F&#228;llen erheblicher Ausfallzeiten ein berechtigtes Interesse daran - unabh&#228;ngig von m&#246;glicherweise bekannten bzw. durch Privat&#228;rzte bereits diagnostizierten Erkrankungen - auch die n&#228;heren Umst&#228;nde in Bezug auf den allgemeinen bzw. sonstigen Gesundheitszustand des Beamten oder das Vorliegen weiterer Erkrankungen aufzukl&#228;ren<em>.</em> In solchen Fallkonstellationen griffe es vielmehr zu kurz, wenn die Untersuchung grunds&#228;tzlich nur auf bekannte oder bereits privat&#228;rztlich diagnostizierten Erkrankungen gest&#252;tzt werden k&#246;nnte bzw. nur unter ausdr&#252;cklicher Benennung dieser Erkrankungen erfolgen d&#252;rfte.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. September 2018 - 6 B 1087/18 -, juris Rn. 10.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ein solches Vorgehen ist auch nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Auch die vorhandene oder &#8209;&#160;durch Befragung der behandelnden Privat&#228;rzte - ohne Weiteres ermittelbare Kenntnis m&#246;glicher Ursachen der Fehlzeiten beseitigt das berechtigte Interesse des Dienstherrn an einer weiteren und umfassenden Kl&#228;rung des Gesundheitszustandes des Beamten durch zudem mit den Anforderungen der Dienstaus&#252;bung vertraute Amts&#228;rzte nicht. Sind Untersuchungsanlass gerade langdauernde Fehlzeiten, ist es nicht fernliegend, dass neben den bekannten Erkrankungen auch noch weitere gesundheitliche Einschr&#228;nkungen vorliegen. Welche der bekannten - oder aufgrund der Entbindung der behandelnden Privat&#228;rzte von der &#228;rztlichen Schweigepflicht ermittelbaren - Erkrankungen den Fehlzeiten zugrunde liegen, wird dem Dienstherrn ohnehin ohne Heranziehung amts- oder polizei&#228;rztlichen Sachverstandes allenfalls eingeschr&#228;nkt m&#246;glich sein. Deren - polizei- bzw. amts&#228;rztlicher - Ermittlung und Feststellung bedarf es im &#220;brigen nicht zuletzt auch mit Blick auf die Suche nach einer weiteren Verwendungsm&#246;glichkeit f&#252;r den Beamten, zu der der Dienstherr im Fall der Dienstunf&#228;higkeit grunds&#228;tzlich verpflichtet ist.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. September 2018 - 6 B 1113/18 -, a. a. O., Rn. 19.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ein entsprechendes Aufkl&#228;rungsinteresse folgt hier auch daraus, dass bei der Antragstellerin ausweislich der dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorg&#228;nge schon ab dem Jahr 2011 krankheitsbedingte Einschr&#228;nkungen vorlagen und der Antragsgegner diese bereits bei der weiteren Verwendung - teilweiser Einsatz in Heimarbeit - ber&#252;cksichtigt hat. Gleichwohl ist die Antragstellerin seit dem 2. Oktober 2017 wieder dienstunf&#228;hig erkrankt.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">(c) Im Hinblick auf den Inhalt der einstweiligen Anordnung kommt dem Gericht ein Ermessensspielraum zu (vgl. &#167; 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. &#167; 938 Abs. 1 ZPO). Es kann hinter dem Antrag zur&#252;ck bleiben und u.U. auch eine geeignete andere Regelung treffen. Der Senat hat in Aus&#252;bung dieses Ermessens die von der Antragstellerin begehrte vorl&#228;ufige Feststellung nur im Hinblick auf die Durchf&#252;hrung von Untersuchungen bzw. die Einholung von &#228;rztlichen Fachgutachten getroffen, die &#252;ber die im Tenor benannten Untersuchungen hinausgehen. Nur insoweit ist die Untersuchungsanordnung als rechtlich fehlerhaft anzusehen. Angesichts der in der Anordnung vorgenommenen Gliederung der einzelnen Untersuchungen Anordnung (genaue Auflistung der einzelnen Untersuchungen und Anordnung von fach&#228;rztlichen Zusatzbegutachtungen) ist die getroffene Differenzierung m&#246;glich und sachgerecht. Sie dr&#228;ngt sich angesichts der Abtrennbarkeit der letztgenannten fach&#228;rztlichen Begutachtungen sowie des auf der Hand liegenden Bed&#252;rfnisses einer polizeiamts&#228;rztlichen Untersuchung nach etwa einj&#228;hriger Dienstunf&#228;higkeit geradezu auf.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167; 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 1 und&#160; 2, &#167; 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO; &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p>
116,764
ovgnrw-2018-12-20-6-b-168118
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 B 1681/18
2018-12-20T00:00:00
2018-12-27T18:03:35
2019-02-12T11:31:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.6B1681.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ge&#228;ndert.</p> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtsz&#252;gen.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner antragsgem&#228;&#223; im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller vorl&#228;ufig zur Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes, beginnend ab dem 2. Januar 2019, zuzulassen, solange er, der Antragsgegner, &#252;ber die diesbez&#252;gliche Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts nicht erneut entschieden hat. Zur Begr&#252;ndung hat es ausgef&#252;hrt, der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller, der die Pr&#252;fung f&#252;r den gehobenen Justizdienst bestanden habe und damit die Voraussetzung des &#167; 2 Nr. 1 der Verordnung &#252;ber die Ausbildung und Pr&#252;fung f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen (APOAA) erf&#252;lle, d&#252;rfe die Zulassung zur Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes nicht deshalb versagt werden, weil er auch die zweite juristische Staatspr&#252;fung bestanden habe. Die in &#167; 1 Abs. 2 und &#167; 1 Abs. 1 i. V. m. &#167;&#160;2 f. APOAA vorgesehenen Zugangsm&#246;glichkeiten zur Amtsanwaltslaufbahn best&#252;nden nebeneinander. Der Wortlaut des &#167; 1 Abs. 2 APOAA gebe nichts daf&#252;r her, dass die dort geregelte &#8222;ausnahmsweise Direktzulassung&#8220; f&#252;r Volljuristen die ausschlie&#223;liche Zugangsm&#246;glichkeit sei. Dies sei auch nicht mit teleologischen Erw&#228;gungen zu rechtfertigen. Allein aus dem Fehlen von Vorschriften &#252;ber eine etwaige (Teil-) Anerkennung w&#228;hrend des juristischen Vorbereitungsdienstes erworbener Kenntnisse im Rahmen der Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienst lasse sich nicht schlie&#223;en, dass der Verordnungsgeber Volljuristen, die auch die Pr&#252;fung f&#252;r den gehobenen Justizdienst bestanden h&#228;tten, den Zugang zur Einf&#252;hrungszeit g&#228;nzlich habe verwehren wollen. Der Hinweis des Antragsgegners auf &#167; 9 Abs. 1 AGGVG BW habe f&#252;r die hier in Rede stehende nordrhein-westf&#228;lische Norm keine Relevanz. Der Verfassungsrang des durch Art. 33 Abs. 2 GG garantierten Anspruchs auf Zugang zu &#246;ffentlichen &#196;mtern verbiete es, den Zugang zur Amtsanwaltslaufbahn von Kostengesichtspunkten - wie etwa der Ersparnis von Aufwendungen f&#252;r die Durchf&#252;hrung einer Einf&#252;hrungszeit gem&#228;&#223; &#167;&#167; 6 ff. APOAA f&#252;r Volljuristen - abh&#228;ngig zu machen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die vom Antragsgegner hiergegen mit der Beschwerdebegr&#252;ndung erhobenen Einw&#228;nde (&#167; 146 Abs. 4 S&#228;tze 3 und 6 VwGO) verlangen die Ab&#228;nderung des angefochtenen Beschlusses. Der auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag ist unbegr&#252;ndet. Der Antragsteller hat das Vorliegen der tats&#228;chlichen Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht (&#167; 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. &#167;&#167; 920 Abs. 2, 294 ZPO). Er kann keine erneute Bescheidung seines Antrags auf Zulassung zur Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes zum 2. Januar 2019 beanspruchen. Die durch Bescheid des Antragsgegners vom 29. August 2018 erfolgte Ablehnung der beantragten Zulassung ist rechtm&#228;&#223;ig. Zu Recht h&#228;lt der Antragsgegner dem Antragsteller entgegen, dass ihm, weil er Volljurist ist, ein Anspruch auf Zulassung zur Einf&#252;hrungszeit nicht zusteht.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 2 APOAA kann ein Beamter zur Einf&#252;hrungszeit zugelassen werden, der die Pr&#252;fung f&#252;r den gehobenen Justizdienst bestanden hat (1.), nach der Pers&#246;nlichkeit und den bisherigen Leistungen f&#252;r den Amtsanwaltsdienst besonders geeignet erscheint (2.), das 45. Lebensjahr, als schwerbehinderter Mensch oder als gleichgestellter behinderter Mensch (&#167; 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX) das 48. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (3.) und in geordneten wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen lebt (4.). Die Bef&#228;higung f&#252;r den Amtsanwaltsdienst besitzt, wer eine Einf&#252;hrungszeit abgeleistet und die Pr&#252;fung f&#252;r den Amtsanwaltsdienst bestanden hat (&#167; 1 Abs. 1 APOAA). Mit Erfolg gepr&#252;fte Beamte sind m&#246;glichst im Amtsanwaltsdienst zu verwenden. Sie f&#252;hren w&#228;hrend der Zeit, in denen sie als Amtsanw&#228;lte t&#228;tig, aber noch nicht zum Amtsanwalt ernannt worden sind, die Dienstbezeichnung &#8222;beauftragter Amtsanwalt&#8220;, sonst die bisherige Amts- und Dienstbezeichnung (&#167; 29 Abs. 1 APOAA). Die Ernennung zum Amtsanwalt soll regelm&#228;&#223;ig erst erfolgen, wenn der Beamte nach Beendigung der Einf&#252;hrungszeit mindestens ein Jahr als beauftragter Amtsanwalt selbstst&#228;ndig t&#228;tig gewesen ist (&#167; 29 Abs. 2 APOAA). Neben dem auf diese Weise er&#246;ffneten Zugang zur Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes sieht &#167; 1 Abs. 2 APOAA f&#252;r Volljuristen die M&#246;glichkeit des direkten Zugangs zu dieser Laufbahn vor. Nach dieser Vorschrift kann zum Amtsanwalt ausnahmsweise auch ernannt werden, wer die zweite juristische Staatspr&#252;fung bestanden hat.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Bereits nach dem Wortlaut des &#167; 1 Abs. 2 APOAA liegt es nahe, dass die zum einen in &#167; 29 i. V. m. &#167; 1 Abs. 2 und &#167; 2 APOAA und zum anderen in &#167;&#160;1 Abs. 2 APOAA vorgesehenen M&#246;glichkeiten des Zugangs zur Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes einander ausschlie&#223;en mit der Folge, dass ein Volljurist ausschlie&#223;lich beanspruchen kann, im Wege des direkten Zugangs nach &#167; 1 Abs. 2 APOAA zugelassen zu werden.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch VG D&#252;sseldorf, Urteil vom 5. Mai 2017</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">- 13 K 7850/13 -, juris Rn. 39.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieser Zugangsm&#246;glichkeit liegt ausweislich der &#220;berschrift des &#167; 1 APOAA (&#8222;Erwerb der Bef&#228;higung&#8220;) offensichtlich die Erw&#228;gung zugrunde, dass Bewerber, die das zweite juristische Staatsexamen bestanden haben, bereits mit dem Studium der Rechtswissenschaft und der anschlie&#223;enden Referendarausbildung auch die Bef&#228;higung f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes erworben haben. Sie sollen die Einf&#252;hrungszeit nicht mehr ableisten m&#252;ssen, weil sie &#252;ber die dort zu gewinnenden F&#228;higkeiten und Kenntnisse schon verf&#252;gen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch VG D&#252;sseldorf, Urteil vom 5. Mai 2017</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">- 13 K 7850/13 -, a. a. O.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die dem Rechnung tragende zweckorientierte Auslegung f&#252;hrt zu dem Ergebnis, dass ein Volljurist allein beanspruchen kann, im Wege des direkten Zugangs gem&#228;&#223; &#167;&#160;1 Abs. 2 APOAA zur Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes zugelassen zu werden. Ein Anspruch auf Zulassung zur Einf&#252;hrungszeit nach &#167; 2 APOAA mit der Folge der Zugangsm&#246;glichkeit nach &#167; 29 APOAA besteht daneben nicht. Dies gilt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts auch dann, wenn diese von einem Beamten angestrebt wird, der, wie der Antragsteller, sowohl die Pr&#252;fung f&#252;r den gehobenen Justizdienst als auch das zweite juristische Staatsexamen bestanden hat. Ansonsten w&#252;rde ein solcher Beamter auf Kosten des Landeshaushalts bei voller Besoldung die f&#252;nfzehn Monate dauernde Einf&#252;hrungszeit als Studierender an der Fachhochschule f&#252;r Rechtspflege durchlaufen (vgl. &#167;&#167; 4 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 APOAA), obwohl dies nach der (nachvollziehbaren) Einsch&#228;tzung des Verordnungsgebers f&#252;r einen Volljuristen in Anbetracht der mit dem rechtswissenschaftlichen Studium und der anschlie&#223;enden Referendarausbildung bereits erworbenen Bef&#228;higung f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes unn&#246;tig ist.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. VG D&#252;sseldorf, Urteil vom 5. Mai 2017 - 13 K 7850/13 -, juris Rn. 39.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Daf&#252;r, dass es der Intention des Verordnungsgebers entspricht, einem Volljuristen ausschlie&#223;lich den Weg des direkten Zugangs zur Laufbahn f&#252;r den Amtsanwaltsdienst zu er&#246;ffnen, spricht im &#220;brigen auch der Umstand, dass die APOAA - anders als etwa &#167; 7 Abs. 4 der Rechtspflegerausbildungsordnung - keine Bestimmung enth&#228;lt, wonach ein mit Erfolg absolviertes Studium der Rechtswissenschaft bzw. eine Referendarausbildung in einem bestimmten zeitlichen Umfang auf die Einf&#252;hrungszeit angerechnet werden kann. Zwischen den im Rahmen des Studiums der Rechtswissenschaft und der Referendarzeit vermittelten Ausbildungsinhalten und den Ausbildungsinhalten, die Gegenstand der Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes sind, bestehen &#220;berschneidungen. Es dr&#228;ngt sich daher auf, dass der Verordnungsgeber, wenn er auch einem Volljuristen den Zugang zu dieser Einf&#252;hrungszeit h&#228;tte er&#246;ffnen wollen, eine Regelung zur Anrechnung der Studien- bzw. Referendarzeiten in die APOAA aufgenommen h&#228;tte.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten zwischen den Beteiligten weist der Senat auf Folgendes hin:</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Liegt dem oben gefundenen Ergebnis im Wesentlichen die teleologische Erw&#228;gung zugrunde, dass der Antragsteller die Zulassung zur Einf&#252;hrungszeit f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes nicht beanspruchen kann, weil anzunehmen ist, dass er die auf diesem Wege zu erwerbende Bef&#228;higung f&#252;r die Laufbahn des Amtsanwaltsdienstes aufgrund der bestandenen zweiten juristischen Staatspr&#252;fung bereits besitzt, darf er nicht gleichzeitig allein deshalb vom Zugang zum Amtsanwaltsdienst ausgeschlossen werden. Diese Konsequenz w&#228;re offensichtlich mit Art. 12 Abs. 1 sowie Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbar, der ein allgemeines Recht f&#252;r alle Deutschen auf chancengleichen Zugang zu jedem &#246;ffentlichen Amt nach Ma&#223;gabe von Eignung, Bef&#228;higung und fachlicher Leistung enth&#228;lt.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wie das Verwaltungsgericht D&#252;sseldorf in seinem Urteil vom 5. Mai 2017 - 13 K 7850/13 -, a. a. O., Rn. 41 ff., ebenfalls bereits zu Recht ausgef&#252;hrt hat, ist der Antragsteller, der seit Jahren als Justizoberinspektor im Dienst des Antragsgegners steht und als Rechtspfleger verwendet wird, vielmehr als Ausnahmefall im Sinne des &#167; 1 Abs. 2 APOAA zu behandeln, f&#252;r den eine Abweichung von der f&#252;r Volljuristen ansonsten geltenden Verwaltungspraxis gerechtfertigt und geboten ist. Die f&#252;r den regelm&#228;&#223;ig praktizierten Ausschluss von Volljuristen vom Amtsanwaltsdienst herangezogenen Sachgr&#252;nde sind in der bei ihm vorliegenden besonderen Konstellation nicht in gleicher Weise tragf&#228;hig. Soweit die Bezirksvertrauensperson der nichtrichterlichen schwerbehinderten Menschen in ihrer Stellungnahme vom 27. August 2018 ausgef&#252;hrt hat, durch die Zulassung eines Volljuristen w&#252;rde den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern die Aufstiegsm&#246;glichkeit genommen, ist das vor dem Hintergrund der Umst&#228;nde des konkreten Falls weder verst&#228;ndlich noch haltbar. Denn damit wird der Antragsteller, der aktuell als Rechtspfleger t&#228;tig ist und f&#252;r den die T&#228;tigkeit im Amtsanwaltsdienst demnach ebenfalls einen beruflichen Aufstieg darstellte, allein aufgrund seiner (bereits vorhandenen) Qualifikation von diesem ausgeschlossen und somit gegen&#252;ber den &#252;brigen Beamten ungerechtfertigt diskriminiert.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die mithin aufgrund eines entsprechenden Antrags des Antragstellers &#252;ber seine direkte Zulassung zum Amtsanwaltsdienst zu treffende Ermessensentscheidung ist entgegen der im Vermerk vom 24. August 2018 niedergelegten Annahme auch nicht bzw. jedenfalls nicht im ablehnenden Sinne intendiert. Ebenso wenig kann einem auf &#167; 1 Abs. 2 APOAA gest&#252;tzten Zulassungsbegehren des Antragstellers entgegengehalten werden, dass, wie im Bescheid vom 29. August 2018 (vgl. Nr. 2) ausgef&#252;hrt, die Stellen im Amtsanwaltsdienst f&#252;r diejenigen frei gehalten werden m&#252;ssen, die die Einf&#252;hrungszeit erfolgreich absolvieren; dies liefe wiederum auf die unvertretbare Konsequenz hinaus, dass dem Antragsteller (nur) deshalb der Zugang zum Amtsanwaltsdienst versperrt w&#252;rde, weil davon auszugehen ist, dass er &#252;ber die daf&#252;r erforderlichen, in der Einf&#252;hrungszeit zu gewinnenden F&#228;higkeiten und Kenntnisse bereits verf&#252;gt. Andererseits kann der Antragsteller jedoch - wie allerdings mit Schreiben vom 9. November 2017 noch geltend gemacht - auch nicht beanspruchen, dass f&#252;r ihn eine weitere Stelle geschaffen wird. Vielmehr ist &#252;ber die Vergabe der Stellen im Amtsanwaltsdienst, wenn und soweit sie zur Verf&#252;gung stehen, gem&#228;&#223; Art. 33 Abs. 2 GG zu entscheiden, im Falle einer Konkurrenz mehrerer Bewerber also nach den Grunds&#228;tzen der Bestenauslese. Dies d&#252;rfte bereits die der Ernennung vorausgehende Entscheidung &#252;ber die Verwendung im Amtsanwaltsdienst (&#167; 29 Abs. 1 APOAA) betreffen, weil es sich dabei um eine Dienstpostenbesetzung handeln d&#252;rfte, mit der die Auswahl f&#252;r die &#196;mtervergabe vorweggenommen bzw. vorbestimmt wird (&#167; 29 Abs. 2 APOAA).</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 &#8209;&#160;2&#160;A 3.13 -, BVerwGE 151, 14 = juris Rn. 15 m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ber&#252;cksichtigen kann der Antragsgegner bei der zu treffenden Ermessensentscheidungen hingegen, ob der Antragsteller - neben derjenigen nach &#167; 2 Nr. 1 APOAA - die &#252;brigen Zugangsvoraussetzungen f&#252;r die Einf&#252;hrungszeit gem&#228;&#223; &#167; 2 APOAA erf&#252;llt, namentlich, ob er im Sinne von &#167; 2 Nr. 2 APOAA nach der Pers&#246;nlichkeit und den bisherigen Leistungen f&#252;r den Amtsanwaltsdienst besonders geeignet erscheint. Denn der Umstand, dass der Antragsteller &#252;ber das zweite juristische Staatsexamen verf&#252;gt, l&#228;sst lediglich den Erwerb der f&#252;r den Amtsanwaltsdienst erforderlichen Kenntnisse und F&#228;higkeiten in der Einf&#252;hrungszeit entbehrlich werden, ersetzt aber nicht die sonstigen Zugangsvoraussetzungen. Bei der wertenden Entscheidung &#252;ber das Vorliegen der Voraussetzung nach &#167; 2 Nr. 2 APOAA werden, wie das VG K&#246;ln im Beschluss 19. Dezember&#160;2016 - 19 L 2569/16 -, juris Rn. 20, ausgef&#252;hrt hat, die Feststellungen in seinen dienstlichen Beurteilungen nicht vollst&#228;ndig au&#223;er Betracht bleiben k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#167; 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs.&#160;3 Satz 3 GKG).</p>
116,763
ovgnrw-2018-12-20-4-e-78718
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 787/18
2018-12-20T00:00:00
2018-12-27T18:03:34
2019-02-12T11:31:52
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1220.4E787.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde gegen den den Antrag auf Beiladung zum erstinstanzlichen Verfahren ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 25.7.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Beschwerdef&#252;hrerin tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses die Beiladung der Beschwerdef&#252;hrerin im erstinstanzlichen Verfahren abgelehnt hat, hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdef&#252;hrerin ist nicht notwendig beizuladen (dazu unten 1.) Zwar liegen die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung vor (dazu unten 2.). Der Senat &#252;bt das ihm bei der Entscheidung &#252;ber die Beiladung einger&#228;umte Ermessen aber dahingehend aus, dass er diese ablehnt (dazu unten 3).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1.&#160;Wenn an einem streitigen Rechtsverh&#228;ltnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegen&#252;ber nur einheitlich ergehen kann, sind sie notwendig beizuladen (&#167; 65 Abs. 2 VwGO). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Kl&#228;gerin begehrt im vorliegenden Klageverfahren die Aufhebung des Bescheides, mit dem die Beklagte die Erteilung einer gl&#252;cksspielrechtlichen Erlaubnis versagt hat, sowie die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung ihres Erlaubnisantrags. An diesem Rechtsverh&#228;ltnis ist die Beschwerdef&#252;hrerin als Eigent&#252;merin und Vermieterin der R&#228;umlichkeiten, in denen die Kl&#228;gerin die Spielhalle betreibt, nicht beteiligt. Durch die beh&#246;rdliche Versagungsverf&#252;gung selbst wird das Mietverh&#228;ltnis nicht ber&#252;hrt. Die Versagungsverf&#252;gung greift nicht unmittelbar und zwangsl&#228;ufig in die Rechte der Beschwerdef&#252;hrerin ein. Dass Eigent&#252;mer und Vermieter gegebenenfalls geltend machen k&#246;nnen, durch den angefochtenen Verwaltungsakt ebenfalls in ihren Rechten verletzt zu sein, begr&#252;ndet noch nicht die Notwendigkeit einer einheitlichen gerichtlichen Entscheidung.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 4.3.1988 &#8211; 4 B 36.88 &#8211;, NVwZ 1988, 730 = juris, Rn. 11, m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">2.&#160;Die Voraussetzungen f&#252;r die M&#246;glichkeit einer einfachen Beiladung liegen vor. Nach &#167; 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht einen Dritten beiladen, wenn dessen rechtliche Interessen durch die Entscheidung ber&#252;hrt werden. Ein rechtliches Interesse besteht, wenn der Dritte in einer solchen Beziehung zu einem Hauptbeteiligten des Verfahrens oder zu dem Streitgegenstand steht, dass das Unterliegen eines der Hauptbeteiligten seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern k&#246;nnte. Unerheblich ist, ob die Rechtsposition, auf die die Entscheidung einwirken kann, durch &#246;ffentliches oder b&#252;rgerliches Recht begr&#252;ndet wird.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.9.1981 &#8211; 8 C 1.81 u.&#160;a. &#8211;, BVerwGE 64, 67 = juris, Rn.&#160;10.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Ein Unterliegen der Kl&#228;gerin in diesem Rechtsstreit h&#228;tte &#8211; sofern sich der Rechtsstreit nicht faktisch erledigt h&#228;tte, vgl. dazu unter 3. &#8211; die Rechtsposition der Beschwerdef&#252;hrerin als Vermieterin der Spielhalle verschlechtern k&#246;nnen. Zwar ber&#252;hrt &#8211; wie oben ausgef&#252;hrt &#8211; die Versagungsverf&#252;gung nicht unmittelbar den Bestand des Mietverh&#228;ltnisses. Es erscheint aber jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Umstand, dass die Kl&#228;gerin das vermietete Objekt nicht mehr in der vertraglich vereinbarten Weise nutzen kann, die Kl&#228;gerin zur Abgabe von Erkl&#228;rungen berechtigt, die Ausfluss auf den Bestand oder die Ausgestaltung des Mietverh&#228;ltnisses haben (z.&#160;B. K&#252;ndigung, Wegfall der Gesch&#228;ftsgrundlage, Minderung des Mietzinses).</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">3.&#160;Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 65 Abs. 1 VwGO vor, trifft das Beschwerdegericht die Entscheidung &#252;ber die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung nach eigenem Ermessen, ohne auf die Nachpr&#252;fung des Ermessens der Vorinstanz beschr&#228;nkt zu sein.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.8.2016 &#8211; 4 E 409/16 &#8211;, juris, Rn. 6 f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Senat sieht von einer Beiladung der Beschwerdef&#252;hrerin ab, weil diese nicht prozess&#246;konomisch ist. Der streitgegenst&#228;ndliche Bescheid ist inzwischen faktisch &#252;berholt, weil die Beklagte nach Durchf&#252;hrung eines Auswahlverfahrens zwischen der Spielhalle der Kl&#228;gerin und einer anderen Spielhalle die Erteilung einer Erlaubnis an die Kl&#228;gerin erneut mit Bescheid vom 22.12.2017 versagt hat. Die von der Kl&#228;gerin im vorliegenden Verfahren allein begehrte Neubescheidung ihres Antrags ist damit bereits erfolgt. Der auf die Neubescheidung hin ergangene Bescheid ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu &#167; 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabh&#228;ngige Geb&#252;hr anf&#228;llt.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 152 VwGO unanfechtbar.</p>
188,438
bverwg-2018-12-19-3-b-3918
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3 B 39/18
2018-12-19T00:00:00
2019-02-11T11:03:04
2019-02-11T11:03:04
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:191218B3B39.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob auch in Portionspackungen abgef&#252;llter Honig eine Herkunftskennzeichnung enthalten muss.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>1. Die Kl&#228;gerin, ein in Deutschland ans&#228;ssiges Unternehmen im Bereich der Herstellung und Abf&#252;llung von Honig, vertreibt unter dem Namen "Breitsamer Imkergold" ein Produkt, das 120 Portionspackungen mit jeweils 20 g abgef&#252;lltem Honig in Form von mit einem verschwei&#223;ten Aluminiumdeckel verschlossenen Portionsbechern in einem Sammelkarton enth&#228;lt. Der Karton weist neben anderen Angaben zur Lebensmittelkennzeichnung auch die Bezeichnung des Ursprungslands des Honigs auf; diese Angabe findet sich auf den einzelnen Portionspackungen nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte sah hierin einen Versto&#223; gegen die einem Lebensmittelunternehmer obliegenden Etikettierungspflichten und erlie&#223; im Oktober 2012 einen Bu&#223;geldbescheid wegen eines Versto&#223;es gegen die Vorschriften der Honigverordnung. Die Kl&#228;gerin wandte sich gegen das Bu&#223;geld und erhob eine verwaltungsgerichtliche Klage, mit dem Antrag, festzustellen, dass es nicht gegen ihre Kennzeichnungspflichten versto&#223;e, wenn sie mehrere, nicht zum Einzelverkauf bestimmte Portionspackungen ohne Angabe des Ursprungslands in einer ordnungsgem&#228;&#223; gekennzeichneten Fertigpackung in den Verkehr bringe. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Auf die von der Kl&#228;gerin eingelegte Berufung setzte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren aus und legte dem Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union verschiedene Fragen zur Auslegung der ma&#223;geblichen Vorschriften des Unionsrechts vor, die dieser durch Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15 - beantwortete. Danach ist Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/13/EG dahin auszulegen, dass jede der Honig-Portionspackungen, die die Form eines mit einem versiegelten Aluminiumdeckel verschlossenen Portionsbechers aufweisen und in Sammelkartons abgepackt sind, die an Gemeinschaftseinrichtungen abgegeben werden, ein "vorverpacktes" Lebensmittel ist, wenn diese Gemeinschaftseinrichtungen diese Portionen einzeln verkaufen oder sie in fertig zusammengestellten Gerichten, die pauschal bezahlt werden, an den Endverbraucher abgeben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Im fortgef&#252;hrten Berufungsverfahren stellte die Kl&#228;gerin klar, nachdem das Bu&#223;geldverfahren eingestellt worden sei, gehe es ihr nur noch um die Feststellung der k&#252;nftigen Rechtslage. Mit Urteil vom 3. Mai 2018 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zur&#252;ckgewiesen. F&#252;r die Beurteilung der Rechtslage im ma&#223;geblichen Zeitpunkt k&#246;nne zwar auf die zwischenzeitlich au&#223;er Kraft getretene Richtlinie 2000/13/EG nicht mehr abgestellt werden. Zur Auslegung der nunmehr ma&#223;geblichen Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher &#252;ber Lebensmittel (ABl. L 304, S. 18) in der Fassung der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 &#252;ber neuartige Lebensmittel (ABl. L 327, S. 1) lasse sich die Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union zur Richtlinie 2000/13/EG aber gleichwohl &#252;bertragen. Die entscheidungserheblichen Vorschriften entspr&#228;chen sich nach ihrem Wortlaut, systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Sie hat weder einen Verfahrensmangel noch eine grunds&#228;tzliche Bedeutung aufgezeigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>2. Die Beschwerde hat keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruhen kann (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>a) Das Berufungsgericht hat nicht dadurch gegen die ihm obliegende Sachaufkl&#228;rungspflicht versto&#223;en, dass es keine weiteren Ermittlungen zu der Frage angestellt hat, ob die Portionspackungen auch einzeln verkauft werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach &#167; 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der auch im Berufungsverfahren Anwendung findet (&#167; 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Tatsachenfragen, die f&#252;r die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich sind, m&#252;ssen daher aufgekl&#228;rt werden. Die Aufkl&#228;rungspflicht verlangt hingegen nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlungen anstellt, die aus seiner Sicht unn&#246;tig sind, weil es nach seinem Rechtsstandpunkt auf das Ermittlungsergebnis f&#252;r den Ausgang des Rechtsstreits nicht ankommt. Ein Verfahrensfehler liegt nur vor, wenn das Gericht auf Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung weitere Ermittlungen h&#228;tte anstellen m&#252;ssen (BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1998 - 1 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 &lt;119&gt;). Wird dagegen die der Tatsachenaufkl&#228;rung zugrunde liegende Rechtssatzbildung ger&#252;gt, betrifft dies nicht die Handhabung des Verfahrens.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht ist - in Anlehnung an das Urteil des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union zu Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/13/EG (EuGH, Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15 [ECLI:EU:C:2016:718], Breitsamer und Ulrich - Rn. 54 f.) - davon ausgegangen, dass die streitgegenst&#228;ndlichen Honig-Portionspackungen als solche, d.h. ohne den mehrere Portionspackungen umschlie&#223;enden Sammelkarton, ein vorverpacktes Lebensmittel darstellen. Unabh&#228;ngig davon, ob die Abgabe in einer fertig zusammengestellten Mahlzeit oder in einem Einzelverkauf erfolge, sei die Portionspackung dazu bestimmt, "verzehrfertig" ohne weitere Zubereitung abgegeben zu werden (UA Rn. 37 f.). Weitere Ermittlungen dazu, ob die Portionspackungen auch einzeln verkauft werden, sind danach nicht erforderlich. Die Unterscheidung, ob es sich bei dem Verkauf von Portionspackungen um Einzelverkauf handelt oder nicht, ist im Berufungsurteil vielmehr ausdr&#252;cklich als nicht erforderlich bewertet worden (UA Rn. 38). Dem entspricht, dass auch der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union (f&#252;r den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/13/EG) entschieden hat, dass keine Unterscheidung danach getroffen werden m&#252;sse, ob es sich bei dem Verkauf von Honig-Portionspackungen wie den im Ausgangsverfahren fraglichen um einen Einzelverkauf handelt oder nicht (EuGH, Urteil vom 22. September 2016 a.a.O. Rn. 81).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig hiervon legt die Beschwerde auch nicht dar, dass das Berufungsgericht zu weiteren Aufkl&#228;rungsma&#223;nahmen verpflichtet gewesen w&#228;re. Die Kl&#228;gerin r&#228;umt ein, dass im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ein Beweisantrag nicht gestellt worden ist. Da die Aufkl&#228;rungsr&#252;ge kein zul&#228;ssiges Mittel daf&#252;r darstellt, eigene Vers&#228;umnisse in der Tatsacheninstanz nachzuholen (BVerwG, Beschl&#252;sse vom 31. Juli 2014 - 2 B 20.14 - Buchholz 310 &#167; 86 Abs. 1 VwGO Nr. 381 Rn. 14 und vom 30. Januar 2018 - 3 B 4.17 [ECLI:DE:BVerwG:2018:300118B3B4.17.0] - juris Rn. 12), liegt ein Mangel des gerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Sachverhaltsaufkl&#228;rung grunds&#228;tzlich nur vor, wenn sich die weitere Beweiserhebung dem Berufungsgericht auch ohne f&#246;rmlichen Antrag der Beteiligten h&#228;tte aufdr&#228;ngen m&#252;ssen. Anhaltspunkte hierf&#252;r zeigt die Beschwerde nicht auf. Der in Bezug genommenen Passage aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union (EuGH, Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - Rn. 35) l&#228;sst sich nur entnehmen, dass die Frage, ob die in Rede stehenden Honig-Portionspackungen auch einzeln verkauft werden, zum Tatsachenstoff geh&#246;rt. Eine Entscheidungserheblichkeit der Frage folgt aus diesen Ausf&#252;hrungen nicht. Der Hinweis d&#252;rfte vielmehr dem Umstand geschuldet sein, dass der Vorlagebeschluss mit seinen abgestuften Vorlagefragen insoweit keine Festlegung enth&#228;lt (vgl. hierzu auch die Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Sharpston vom 5. April 2016 - C-113/15 [ECLI:EU:C:2016:200], Breitsamer und Ulrich - Rn. 36).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>b) Das Berufungsgericht war auch nicht zu einer weiteren Amtsermittlung hinsichtlich der Frage verpflichtet, ob der Kl&#228;gerin der Vertrieb durch den Anbieter der Gemeinschaftsverpflegung oder die Abgabe an den Endverbraucher zugerechnet werden k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde legt bereits nicht dar, welche weitere Tatsachenaufkl&#228;rung insoweit vermisst wird und warum sich deren Aufkl&#228;rung dem Gericht auch ohne entsprechenden Beweisantrag der Kl&#228;gerin h&#228;tte aufdr&#228;ngen m&#252;ssen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig hiervon ist die Erforderlichkeit einer weiteren Sachverhaltsaufkl&#228;rung auf Grundlage der dem Berufungsurteil zugrunde gelegten Rechtsauffassung auch nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Kl&#228;gerin als Herstellerin und damit verantwortliche Lebensmittelunternehmerin gem&#228;&#223; Art. 8 Abs. 1 Alt. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 die prim&#228;re Verantwortung f&#252;r die ordnungsgem&#228;&#223;e Kennzeichnung der Honig-Portionspackungen trifft. Entgegen der Vorstellung der Kl&#228;gerin ende ihre Verantwortlichkeit auch bei der Abgabe an den Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung nicht mit der ordnungsgem&#228;&#223;en Kennzeichnung des Sammelkartons (UA Rn. 39) Danach bedarf es keiner Zurechnung der Abgabe durch den Anbieter der Gemeinschaftsverpflegung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Rechtserheblich k&#246;nnte auf Grundlage dieser Auffassung nur eine Einschr&#228;nkung der der Kl&#228;gerin selbst obliegenden Informationspflicht sein. In Betracht kommt insoweit eine Kennzeichnungserleichterung nach Art. 8 Abs. 7 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Das Vorliegen der hierf&#252;r erforderlichen Voraussetzungen hat das Berufungsgericht verneint, weil die Variante des Buchst. a nicht f&#252;r den hier vorliegenden Verkauf an Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung gelte und die Variante des Buchst. b ausscheide, weil die vorverpackten Honig-Portionsbecher unver&#228;ndert weitergegeben w&#252;rden (UA Rn. 39). Verfahrensr&#252;gen hiergegen enth&#228;lt die Beschwerde nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>c) Das Berufungsgericht hat der Kl&#228;gerin schlie&#223;lich nicht den gesetzlichen Richter entzogen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist auch der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Kommt ein deutsches Gericht einer Verpflichtung zur Anrufung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union nicht nach, kann hierin deshalb auch ein Entzug des gesetzlichen Richters liegen (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2017 - 2 BvR 424/17 - BVerfGE 147, 364 Rn. 37).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Eine Vorlagepflicht folgt aus Art. 267 Abs. 3 des Vertrags &#252;ber die Arbeitsweise der Europ&#228;ischen Union (AEUV) aber nur f&#252;r Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden k&#246;nnen. Rechtsmittel in diesem Sinne ist auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (EuGH, Urteil der Gro&#223;en Kammer vom 16. Dezember 2008 - C-210/06 [ECLI:EU:C:2008:723], Cartesio - Rn. 75 ff.; BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 1990 - 2 BvL 12/88 u.a. - BVerfGE 82, 159 &lt;196&gt;; BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 1997 - 6 B 32.97 - NVwZ-RR 1998, 752 &lt;754&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Anhaltspunkte daf&#252;r, dass hier ausnahmsweise ein nicht letztinstanzlich t&#228;tiges Gericht zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union verpflichtet gewesen sein sollte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Voraussetzungen f&#252;r die Annahme einer Verletzung der Vorlagepflicht durch das Berufungsgericht sind damit bereits in formaler Hinsicht nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>bb) Unabh&#228;ngig hiervon ist das Berufungsgericht in nicht zu beanstandender Weise zu der &#220;berzeugung gelangt, dass die im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 anhand der ma&#223;geblichen Bestimmungen und der bislang ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union hinreichend sicher beantwortet werden k&#246;nnen. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union bedurfte es daher nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:EU:C:335], C.I.L.F.I.T. - Rn. 21).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Entgegen der mit der Beschwerde vorgetragenen Auffassung ergibt sich die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung nicht bereits aus den Erw&#228;gungen, die das Berufungsgericht im Rahmen seines Vorlagebeschlusses vom 11. Februar 2015 angestellt hat. Zwar ist dort auch die Frage nach der Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gestellt worden, was daf&#252;r spricht, dass das Berufungsgericht selbst die Frage nicht als hinreichend klar bewertet hat. Eine Antwort hierauf hat der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union im Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - auch nicht gegeben. Aus den Begr&#252;ndungserw&#228;gungen des benannten Urteils zur Auslegung der Vorg&#228;ngervorschrift in Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/13/EG ergeben sich indes R&#252;ckschl&#252;sse und Anhaltspunkte auch f&#252;r die Auslegung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Die Beurteilungssituation des Berufungsgerichts im Zeitpunkt seines Urteils vom 3. Mai 2018 stellt sich daher anders dar als bei Abfassung des Vorlagebeschlusses.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Die Annahme, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union zu vorverpackten Lebensmitteln im Sinne von Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/13/EG auch auf die Rechtslage nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 &#252;bertragen werden kann, hat das Berufungsgericht auf Wortlaut, Entstehungsgeschichte, systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Vorschriften gest&#252;tzt. Ernstliche Zweifel an dieser Auffassung hat die Beschwerde nicht aufgezeigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>Ob die Formulierung in Nr. 2 Buchst. d des Anhangs X der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, wonach das Verbrauchsdatum auf jeder vorverpackten Einzelportion angegeben werden muss, bei dieser Auslegung tats&#228;chlich vollumf&#228;nglich &#252;berfl&#252;ssig wird, kann dabei offenbleiben. Offenkundig erscheint dies angesichts der von Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 abweichenden Formulierungen jedenfalls nicht. Selbst wenn die Regelung f&#252;r das Verbrauchsdatum insoweit nur deklaratorischen Charakter haben sollte, lie&#223;e dies aber keinen R&#252;ckschluss auf die Auslegung des Begriffs des "vorverpackten Lebensmittels" insgesamt zu. Dies gilt erst recht, wenn die Frage der Kennzeichnung des Verbrauchsdatums auf vorverpackten Einzelportionen im Normgebungsverfahren streitig gewesen sein sollte, wie die Kl&#228;gerin im Berufungsverfahren vorgetragen hat. Dies h&#228;tte vielmehr hinreichend Anlass f&#252;r eine nur klarstellende Aufnahme der Regelung in den alle Einzelf&#228;lle in den Blick nehmenden Anhang der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 gegeben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>Auch der Vortrag, dass sich das Bundesministerium f&#252;r Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz der Republik &#214;sterreich der Auffassung angeschlossen habe, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 bis auf Weiteres nicht auf Kleinstpackungen von Lebensmitteln, die nur im Rahmen von angebotenen Mahlzeiten wie z.B. einem Hotelfr&#252;hst&#252;ck abgegeben werden, angewendet werden soll, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union hat bereits f&#252;r das dieser Auffassung zugrunde liegende Dokument einer von der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europ&#228;ischen Kommission eingesetzten Arbeitsgruppe aus Sachverst&#228;ndigen der Mitgliedstaaten festgestellt, dass derartigen Einsch&#228;tzungen keinerlei Bindungswirkung zukommt (EuGH, Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - Rn. 78). Es entspricht auch st&#228;ndiger Rechtsprechung, dass der Europ&#228;ischen Kommission nicht die Befugnis zukommt, gegen das Unionsrecht versto&#223;ende Verhaltensweisen zu genehmigen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Dezember 1995 - C-415/93 [ECLI:EU:C:1995:463], Bosman - Rn. 136). F&#252;r die Praxis &#246;sterreichischer Exekutivstellen kann nichts anderes gelten (vgl. Streinz, JuS 2017, 372 &lt;373&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Die mit der Beschwerde behaupteten grundlegenden Unterschiede durch das Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 sind damit nicht ersichtlich. Soweit die Beschwerde bereits die Auslegung im Urteil des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - kritisiert, folgt hieraus nichts anderes. Man mag der Auffassung sein, dass die Differenzierung zwischen dem in einem Hotel angebotenen losen Honig und einer vorverpackten Honig-Portionspackung nicht sachgerecht erscheint (vgl. Darbo/Meier, ZLR 2016, 853 &lt;858&gt;; Riemer, EuZW 2016, 879 &lt;880&gt;) und eine kennzeichnungspflichtige Verkaufseinheit daher nur die Sammelpackung, nicht aber die darin enthaltenen Portionspackung sein sollte (vgl. Beschwerdebegr&#252;ndung, S. 7). Diese Kritik bezieht sich indes auf die vom Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union bereits entschiedene Frage. Ihr lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, dass die Auslegung unter Geltung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 anderen Gesichtspunkten folgen m&#252;sste.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Hinreichend klar erscheint die Rechtslage im &#220;brigen auch deshalb, weil sie in den Schlussantr&#228;gen der Generalanw&#228;ltin Sharpston vom 5. April 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - (Rn. 68 ff.) ausdr&#252;cklich beschrieben und beurteilt worden ist. Ungeachtet ihres fehlenden Entscheidungscharakters lassen die Ausf&#252;hrungen erkennen, dass es keine vern&#252;nftigen Gr&#252;nde daf&#252;r gibt, warum die Beurteilung der Frage, ob die vorliegenden Honig-Portionspackungen als "vorverpackte Lebensmittel" einzustufen sind, unter der Geltung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 anders zu sehen sein sollte, als auf Grundlage der Richtlinie 2000/13/EG. Argumente gegen den Gleichlauf der Auslegung sind dort nicht benannt. Nachdem der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union die Rechtslage f&#252;r die Anwendung des Art. 1 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2000/13/EG gekl&#228;rt hat, ist deshalb nicht ersichtlich, woraus sich fortbestehende Zweifel an der zutreffenden Einordnung der Rechtslage unter Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 ergeben sollten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>Sie folgen insbesondere nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs selbst. Zwar l&#228;sst sich der Urteilsbegr&#252;ndung nicht mit Sicherheit entnehmen, welche Information der Gerichtshof f&#252;r eine sachgerechte Antwort hinsichtlich der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 noch f&#252;r erforderlich gehalten hatte (vgl. EuGH, Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - Rn. 36). In der Literatur ist insoweit auf den f&#252;r das Vorlagegericht ma&#223;geblichen Zeitpunkt f&#252;r die Beurteilung der Sach- und Rechtslage verwiesen worden (vgl. Darbo/Meier, ZLR 2016, 853 f.). Unabh&#228;ngig hiervon sind der Entscheidung jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte daf&#252;r zu entnehmen, dass die Auslegungsfrage unter Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 inhaltlich von anderen Kriterien bestimmt sein k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>Derartiges ist auch sonst nicht erkennbar. Die Definition des "vorverpackten Lebensmittels" in Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 weist nach ihrem Wortlaut zwar geringf&#252;gige Unterschiede zu ihrer Vorg&#228;ngervorschrift auf. Dass damit inhaltliche &#196;nderungen verbunden sein k&#246;nnten, ist indes nicht ersichtlich. Auch die Entstehungsmaterialien geben hierauf keinen Hinweis. Worin der Unterschied zwischen einer Verkaufseinheit, die "ohne weitere Verarbeitung" abgegeben werden soll, und derjenigen, die "als solche" abgegeben wird, liegen sollte, ist nicht erkennbar. Auch das vom Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union im Urteil vom 22. September 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - betonte Verkaufselement durch "Feilbieten" ist unver&#228;ndert geblieben. Die sprachliche Neufassung l&#228;sst Anhaltspunkte f&#252;r eine inhaltliche Differenzierung damit nicht erkennen; sie werden auch von der Beschwerde nicht benannt. Die Neufassung wirkt im &#220;brigen eher enger (vgl. Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Sharpston vom 5. April 2016 - C-113/15, Breitsamer und Ulrich - Rn. 71). Schlie&#223;lich ist das im Urteil des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union vom 22. September 2016 ma&#223;geblich herangezogene Verbraucherinteresse an der Unterrichtung &#252;ber das Ursprungsland in Erw&#228;gungsgrund 29 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 ausdr&#252;cklich normiert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>3. Die Beschwerde hat keine grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>Die f&#252;r kl&#228;rungsbed&#252;rftig gehaltene Frage kann, soweit sie f&#252;r den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, anhand der bestehenden Rechtsprechung aus den bereits dargelegten Gr&#252;nden auch ohne Durchf&#252;hrung eines Revisionsverfahrens hinreichend sicher bejaht werden: Auch wenn sie in einem verschlossenen Sammelkarton vertrieben werden, stellt jede Portionspackung, die in Form eines mit einem versiegelten Aluminiumdeckel verschlossenen Portionsbechers 20 g Honig enth&#228;lt und dazu bestimmt ist, "verzehrfertig" ohne weitere Zubereitung abgegeben zu werden, ein vorverpacktes Lebensmittel im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 dar, das mit der Angabe des Ursprungslands versehen werden muss.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts f&#252;r das Beschwerdeverfahren beruht auf &#167; 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. &#167; 52 Abs. 2 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
180,196
bgh-2018-12-19-xii-zb-5318
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XII ZB 53/18
2018-12-19T00:00:00
2019-02-07T14:17:45
2019-02-07T14:17:45
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:191218BXIIZB53.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 30. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts M&#252;nchen vom 12. Januar 2018 wird auf Kosten der Antragstellerin verworfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Wert: 11.069 &#8364;</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde wegen Vers&#228;umung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die Antragstellerin macht Schadensersatzanspr&#252;che gegen ihren fr&#252;heren Ehemann, den Antragsgegner, geltend. Das Amtsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 11. Juli 2017 abgewiesen. Auf dem von der Verfahrensbevollm&#228;chtigten der Antragstellerin an das Amtsgericht zur&#252;ckgesandten Empfangsbekenntnis ist als Zustelldatum des Beschlusses der 25. Juni 2017 vermerkt. Die Antragstellerin hat am 27. Juli 2017 Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts eingelegt. Das Beschwerdegericht hat mit Verf&#252;gung vom 4. August 2017 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde versp&#228;tet eingegangen sei, und zu diesem Hinweis eine Frist zur Stellungnahme gew&#228;hrt. In einem von einem Kanzleiangestellten der urlaubsabwesenden Verfahrensbevollm&#228;chtigten auf deren Anweisung verfassten und mit dem Zusatz "i.A." unterzeichneten Schreiben vom 29. August 2017 ist mitgeteilt, dass der Beschluss des Amtsgerichts erst am 25. Juli 2017 bei der Verfahrensbevollm&#228;chtigten eingegangen sei. In dem Schreiben ist des Weiteren beantragt worden, "die Stellungnahmefrist (&#8230;) um 3 Wochen, also sp&#228;testens bis 20.09.2017, zu verl&#228;ngern". Das Beschwerdegericht hat mit Schreiben des Vorsitzenden vom 29. August 2017 best&#228;tigt, dass der Beschluss des Amtsgerichts denknotwendig erst im Juli 2017 an die Verfahrensbevollm&#228;chtigte zugestellt worden sein konnte, so dass die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden sei. Ferner hat es "auf Antrag der Rechtsanw&#228;ltin (&#8230;) vom 29.08.2017 die Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist antragsgem&#228;&#223; verl&#228;ngert".</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerdebegr&#252;ndung ist am 13. Oktober 2017 beim Beschwerdegericht eingegangen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin verworfen und deren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur&#252;ckgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die gem&#228;&#223; &#167; 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm &#167;&#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zul&#228;ssig, da die Voraussetzungen des &#167; 574 Abs. 2 ZPO nicht erf&#252;llt sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem verfahrensrechtlich gew&#228;hrleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip). Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es den Gerichten, den Verfahrensbeteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung einger&#228;umten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgr&#252;nden nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2014 - XII ZB 257/14 - FamRZ 2015, 135 Rn. 9 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>1. Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Beschwerdebegr&#252;ndung der Antragstellerin versp&#228;tet eingegangen ist. Denn durch die Verf&#252;gung vom 29. August 2017 ist die Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist nicht verl&#228;ngert worden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>F&#252;r den Umfang einer gerichtlichen Fristverl&#228;ngerung ist der objektive Inhalt der Mitteilung ma&#223;geblich, die an die die Fristverl&#228;ngerung beantragende Partei gerichtet ist (vgl. BGH Beschluss vom 8. April 2015 - VII ZB 62/14 - NJW 2015, 1966 Rn. 12 mwN). Mit einer "antragsgem&#228;&#223;en" Verl&#228;ngerung macht das Beschwerdegericht den Verl&#228;ngerungsantrag zum Inhalt der Fristverl&#228;ngerung selbst (vgl. BGH Beschluss vom 2. Juni 2016 - III ZB 13/16 - juris Rn. 7 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach diesen Ma&#223;gaben ist die Verf&#252;gung des Vorsitzenden vom 29. August 2017 dahin zu verstehen, dass die Frist zur Stellungnahme auf den gerichtlichen Hinweis vom 4. August 2017 bis zum 20. September 2017 verl&#228;ngert worden ist. Der Schriftsatz vom 29. August 2017 enthielt den ausdr&#252;cklichen Antrag, "die Stellungnahmefrist um 3 Wochen, also sp&#228;testens bis 20.09.2017" zu verl&#228;ngern. Allein darauf bezog sich mithin die "antragsgem&#228;&#223;e Verl&#228;ngerung" in der gerichtlichen Verf&#252;gung. Daran &#228;ndert auch die Tatsache nichts, dass der Vorsitzende auf Grund eines Schreibversehens die "Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist" verl&#228;ngert hat. Denn es ist lediglich ein Antrag auf Verl&#228;ngerung der Stellungnahmefrist zu dem gerichtlichen Hinweis gestellt worden, nicht dagegen ein Antrag auf Verl&#228;ngerung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Selbst wenn aber - &#252;ber den Antrag hinausgehend - eine Verl&#228;ngerung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist ausgesprochen worden w&#228;re, h&#228;tte diese sich nur auf die beantragte Dauer bis zum 20. September 2017 bezogen und w&#228;re wegen der ohnehin bis zum 25. September 2017 laufenden gesetzlichen Frist gegenstandslos gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>2. Das Beschwerdegericht hat der Antragstellerin auch zu Recht gem&#228;&#223; &#167; 117 Abs. 5 FamFG iVm &#167; 233 ZPO eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Vers&#228;umung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist versagt, weil eine unverschuldete Fristvers&#228;umung nicht dargetan ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>a) Der Antrag auf Fristverl&#228;ngerung unterliegt gem&#228;&#223; &#167; 114 Abs. 1 FamFG dem Anwaltszwang (vgl. BGHZ 93, 300 = NJW 1985, 1558, 1559). Der Antrag konnte daher vom Kanzleiangestellten der Verfahrensbevollm&#228;chtigten der Antragstellerin bereits nicht wirksam gestellt werden, was der Verfahrensbevollm&#228;chtigten bekannt sein musste. Der Antragstellerin ist nach &#167; 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden ihrer Verfahrensbevollm&#228;chtigten zuzurechnen. Da diese den Antrag ihrem Kanzleiangestellten &#252;berlie&#223;, ist es nicht ausschlaggebend, ob dieser - wie von ihr dargelegt - einen weitergehenden Antrag auf Verl&#228;ngerung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist h&#228;tte verfassen und an das Beschwerdegericht absenden sollen. Denn ein solcher Antrag h&#228;tte nur von der Rechtsanw&#228;ltin selbst gestellt werden k&#246;nnen und w&#228;re mithin nicht wirksam gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>b) Auf einen vom Gericht gesetzten Vertrauenstatbestand kann sich die Antragstellerin ebenfalls nicht berufen. Die vom zust&#228;ndigen Senatsvorsitzenden bewilligte Fristverl&#228;ngerung h&#228;tte die Verfahrensbevollm&#228;chtigte selbst bei w&#246;rtlichem Verst&#228;ndnis nur auf ihren Antrag vom 29. August 2017 beziehen k&#246;nnen. Nur dieser war gestellt worden. Da der Antrag aber bereits in zeitlicher Hinsicht beschr&#228;nkt war und in dieser Form keine Verl&#228;ngerung der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist ergeben konnte, bestand insoweit f&#252;r ein sch&#252;tzenswertes Vertrauen schon keine Grundlage.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Daraus ergibt sich zugleich, dass auch eine Auskunft der Gesch&#228;ftsstelle des Beschwerdegerichts zu einem Fristablauf am 16. Oktober 2017 abgesehen von der insoweit nicht ersichtlichen richterlichen Fristverl&#228;ngerung (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 1993 - XII ZB 157/93 - FamRZ 1994, 302, 303 mwN; BGH Beschluss vom 15. Oktober 2003 - VIII ZB 39/03 - BGHReport 2004, 270, 271 mwN; BGH Beschluss vom 22. Oktober 1997 - VIII ZB 32/97 - NJW 1998, 1155, 1156 mwN) kein sch&#252;tzenswertes Vertrauen h&#228;tte begr&#252;nden k&#246;nnen. Denn der Verfahrensbevollm&#228;chtigten h&#228;tte zumindest bekannt sein m&#252;ssen, dass ein entsprechender Antrag schon nicht gestellt worden war.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Von einer weiteren Begr&#252;ndung der Entscheidung wird nach &#167; 577 Abs. 6 ZPO iVm &#167; 564 ZPO abgesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dose&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Klinkhammer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">G&#252;nter</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Nedden-Boeger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Guhling&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
180,194
bgh-2018-12-19-xii-zb-50518
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XII ZB 505/18
2018-12-19T00:00:00
2019-02-07T14:17:45
2019-02-07T14:17:45
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:191218BXIIZB505.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 10. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei. Au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Antrag des Betroffenen auf Beiordnung eines Notanwalts wird gem&#228;&#223; &#167; 10 Abs. 4 Satz 3 FamFG in Verbindung mit &#167; 78 b ZPO zur&#252;ckgewiesen, weil ein ausreichendes eigenes Bem&#252;hen um die Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht dargelegt und glaubhaft gemacht ist (vgl. BGH Beschl&#252;sse vom 11. Mai 2017 - V ZA 10/17 - juris Rn. 3 und vom 19. Oktober 2011 - I ZR 98/11 - juris Rn. 2).</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der im Jahre 1990 geborene Betroffene leidet an einer Chromosomenanomalie (Trisomie 8, auch bekannt als Warkany-Syndrom 2) mit St&#246;rungen der Impulskontrolle und der sozialen Interaktionen. Er wurde im Oktober 2009 wegen eines im August 2008 in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung begangenen Mordes an einem achtj&#228;hrigen M&#228;dchen zu einer Jugendstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Am 16. August 2018 wurde er nach vollst&#228;ndiger Vollstreckung der Strafe aus der Haft entlassen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Seit Mitte 2017 hatte der Betroffene die Jugendstrafe in der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-W&#252;rttemberg verb&#252;&#223;t. Mit Beschluss vom 17. Juli 2018 wurde F&#252;hrungsaufsicht f&#252;r den Betroffenen angeordnet und er wurde unter anderem angewiesen, festen Wohnsitz bei der Carl-Theodor-Welcker-Stiftung in Freiburg oder einer vergleichbaren staatlich anerkannten Einrichtung des Betreuten Wohnens zu nehmen und sich mindestens einmal monatlich bei der f&#252;r seinen Wohnsitz/gew&#246;hnlichen Aufenthaltsort zust&#228;ndigen forensischen Ambulanz vorzustellen. Nachdem bei Haftentlassung die Kosten&#252;bernahme f&#252;r eine Aufnahme in der in dem F&#252;hrungsaufsichtsbeschluss bezeichneten Einrichtung noch nicht gekl&#228;rt war, wurde der Betroffene &#252;bergangsweise in die Freig&#228;ngereinrichtung der Sozialtherapeutischen Anstalt Baden-W&#252;rttemberg aufgenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Am 23. August 2018 hat das Landratsamt (Beteiligter zu 1) als Kreispolizeibeh&#246;rde beim Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen nach den Vorschriften des baden-w&#252;rttembergischen Gesetzes &#252;ber Hilfen und Schutzma&#223;nahmen bei psychischen Krankheiten (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG BW) beantragt. Nach Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens und Anh&#246;rung des Betroffenen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 11. September 2018 die Unterbringung des Betroffenen f&#252;r die Dauer von einem Jahr angeordnet. Auf die hiergegen vom Betroffenen und vom Verfahrenspfleger (Beteiligter zu 2) eingelegten Beschwerden hat das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluss aufgehoben und den Unterbringungsantrag zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Dagegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin die &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung des Betroffenen begehrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>1. Das Landgericht hat zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung ausgef&#252;hrt, eine gegenw&#228;rtige Gefahr f&#252;r Dritte aufgrund einer psychischen St&#246;rung des Betroffenen lasse sich nicht feststellen. Nach dem eingeholten Sachverst&#228;ndigengutachten liege zwar ein durch die Chromosomenanomalie ausgel&#246;stes Krankheitsbild vor. Die aufgrund der durchgef&#252;hrten therapeutischen Ma&#223;nahmen erzielte Verbesserung der Impulskontrolle und des Umgangs mit Frustrationen und Konflikten, die Bereitschaft des Betroffenen zu weiterer Behandlung sowie der Umstand, dass es sich bei dem begangenen Delikt um ein singul&#228;res Lebensereignis gehandelt habe, lie&#223;en laut Sachverst&#228;ndigem das Risiko eines erneuten Sexualdelikts aber allenfalls moderat erscheinen und ein erneutes T&#246;tungsdelikt nicht wahrscheinlich sein. Diese Einsch&#228;tzung entspreche auch dem w&#228;hrend der Haft im November 2017 erstellten kriminalprognostischen Gutachten, demzufolge bei einer weiteren Betreuung des Betroffenen in Freiheit die R&#252;ckfallgefahr hinsichtlich schwerer Straftaten als relativ niedrig einzusch&#228;tzen sei. Die aufgrund des R&#252;ckfallrisikos bestehende latente Gefahr weiterer Straftaten rechtfertige keine Unterbringungsma&#223;nahme. Ihr zu begegnen sei Aufgabe der F&#252;hrungsaufsicht. Angesichts der Behandlungseinsicht des Betroffenen und seiner Bereitschaft, sich weiter behandeln zu lassen und betreut zu wohnen, k&#246;nne der Schluss auf eine gegenw&#228;rtige Fremdgef&#228;hrdung auch nicht aus der gegen&#252;ber der Polizei vorgenommenen Selbsteinsch&#228;tzung des Betroffenen zu seinem R&#252;ckfallrisiko gezogen werden. Die entsprechenden Ausf&#252;hrungen der Sachverst&#228;ndigen deckten sich mit dem bei der pers&#246;nlichen Anh&#246;rung gewonnenen Eindruck.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>2. Das h&#228;lt rechtlicher Nachpr&#252;fung stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach &#167; 13 Abs. 1 PsychKHG BW k&#246;nnen Personen gegen ihren Willen untergebracht werden, wenn sie unterbringungsbed&#252;rftig sind. Unterbringungsbed&#252;rftig ist gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW, wer infolge einer psychischen St&#246;rung nach &#167; 1 Nr. 1 PsychKHG BW sein Leben oder seine Gesundheit erheblich gef&#228;hrdet oder eine erhebliche gegenw&#228;rtige Gefahr f&#252;r Rechtsg&#252;ter anderer darstellt, wenn die Gef&#228;hrdung oder Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Die &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung zur Verhinderung einer Fremdgef&#228;hrdung setzt mithin neben einer Krankheit oder Behinderung aufgrund einer psychischen St&#246;rung (&#167; 1 Nr. 1 PsychKHG BW) auch eine dadurch bedingte, nur durch eine Unterbringung des Betroffenen vermeidbare erhebliche gegenw&#228;rtige Gefahrenlage voraus. Das Landgericht hat in rechtlich beanstandungsfreier Weise das Vorliegen einer solchen Gefahrenlage verneint.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>a) Durch die landesrechtlichen Vorschriften zur &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung wird unter anderem das Grundrecht der Freiheit der Person eingeschr&#228;nkt (vgl. hier &#167; 56 PsychKHG BW). Inhalt und Reichweite eines freiheitsbeschr&#228;nkenden Gesetzes sind von den Fachgerichten so auszulegen, dass dieses eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfaltet. Die Freiheit der Person nimmt - als Grundlage und Voraussetzung der Entfaltungsm&#246;glichkeiten des Einzelnen - einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sie als "unverletzlich" bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschr&#228;nkung nur aufgrund eines f&#246;rmlichen Gesetzes zul&#228;sst und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG besondere Verfahrensgarantien statuiert. Pr&#228;ventive Eingriffe in das Freiheitsgrundrecht sind daher nur zul&#228;ssig, wenn der Schutz hochrangiger Rechtsg&#252;ter dies unter strikter Beachtung des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes erfordert. Dem Freiheitsanspruch des Betroffenen ist das Sicherungsbed&#252;rfnis der Allgemeinheit entgegenzuhalten; beide sind im Einzelfall abzuw&#228;gen (Senatsbeschluss vom 14. Dezember 2011 - XII ZB 488/11 - FamRZ 2012, 442 Rn. 17 f. mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>b) Mit Blick auf diese verfassungsrechtlichen Vorgaben ist eine Gefahrenlage als gegenw&#228;rtig im Sinne des &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW einzustufen, wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umst&#228;nde jedoch jederzeit zu erwarten ist (Zimmermann PsychKHG BW &#167; 13 Rn. 21 mwN). Dies kann auch bei Gefahr f&#252;r h&#246;chstrangige Rechtsg&#252;ter Dritter nur dann bejaht werden, wenn zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit daf&#252;r besteht, dass die Gefahr sich verwirklicht (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 1329, 1330; NJW 2000, 881, 882).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>aa) Unter welchen Voraussetzungen eine Gefahr gegenw&#228;rtig ist, wird im baden-w&#252;rttembergischen Gesetz &#252;ber Hilfen und Schutzma&#223;nahmen bei psychischen Krankheiten vom 25. November 2014 (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz - PsychKHG; GBl. 2014, 534) nicht n&#228;her bestimmt. Demgegen&#252;ber legt die &#252;berwiegende Anzahl der entsprechenden Gesetzeswerke der anderen Bundesl&#228;nder fest, dass von einer gegenw&#228;rtigen Gefahr dann auszugehen ist, wenn ein schadenstiftendes Ereignis unmittelbar bevorsteht oder sein Eintritt zwar unvorhersehbar, wegen besonderer Umst&#228;nde jedoch jederzeit zu erwarten ist (so oder &#228;hnlich &#167; 15 Abs. 3 PsychKG BE, &#167; 8 Abs. 3 BbgPsychKG, &#167; 9 Abs. 3 PsychKG BRE, &#167; 9 Abs. 2 HmbPsychKG, &#167; 11 Abs. 2 PsychKG NRW, &#167; 11 Abs. 1 Satz 2 PsychKG RP, &#167; 7 Abs. 2 PsychKG SH, &#167; 7 Abs. 3 Th&#252;rPsychKG; weitergehend &#167; 16 NPsychKG iVm &#167; 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG: Gegenw&#228;rtig ist danach eine Gefahr, bei der die Einwirkung des sch&#228;digenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allern&#228;chster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht.). Diese Definition steht im Einklang mit dem Verst&#228;ndnis dieses Tatbestandsmerkmals in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur (vgl. etwa BayObLG FamRZ 1998, 1329, 1330; NJW 2000, 881, 882 und FamRZ 2004, 1064; OLGR Schleswig 2006, 294, 296; Brinkmann/Gr&#228;bsch Geschlossene Unterbringung psychisch Kranker &#167; 7 Rn. 7; Marschner in Marschner/Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. Teil B Rn. 114 f.) und wird den verfassungsrechtlichen Ma&#223;gaben gerecht. Denn sie stellt sicher, dass der mit einer Unterbringung verbundene gravierende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen zur pr&#228;ventiven Gefahrenabwehr nur dann erfolgt, wenn ohne den Eingriff ein Schaden f&#252;r ebenfalls verfassungsrechtlich gesch&#252;tzte Rechtspositionen Dritter in ausreichender Weise vorherzusehen ist. F&#252;r &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW gilt insoweit nichts Abweichendes.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>bb) Den f&#252;r die Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung notwendigen Grad gibt diese Definition zwar nur mittelbar vor. Auch bei einer Gefahr f&#252;r h&#246;chstrangige Rechtsg&#252;ter Dritter ist aber zumindest eine hohe Eintrittswahrscheinlichkeit erforderlich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>(1) Der Bundesgerichtshof hat die betreuungsrechtliche Unterbringung nach &#167; 1906 BGB bereits wiederholt zur Unterbringung nach den Landespsychiatriegesetzen abgegrenzt. Er hat dabei jeweils klargestellt, dass die zivilrechtliche im Gegensatz zur &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr f&#252;r den Betroffenen verlangt, sondern insoweit "nur" eine ernstliche und konkrete Gefahr f&#252;r Leib oder Leben des Betroffenen notwendig ist (vgl. Senatsbeschl&#252;sse vom 22. August 2012 - XII ZB 295/12 - FamRZ 2012, 1705 Rn. 3 und vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14 mwN; BGH Beschl&#252;sse vom 16. M&#228;rz 2017 - V ZB 150/16 - NZM 2017, 454 Rn. 12 und vom 21. September 2017 - I ZB 125/16 - FamRZ 2018, 372 Rn. 23). Hinsichtlich der &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung wegen Fremdgef&#228;hrdung hat der Senat die Fortdauer einer langj&#228;hrigen Unterbringung als verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig erachtet, weil von diesem nach wie vor die akute und mithin hochgradige Gefahr f&#252;r Leben, Leib sowie sexuelle Selbstbestimmung und damit f&#252;r h&#246;chstrangige Rechtsg&#252;ter anderer ausging (Senatsbeschluss vom 23. September 2015 - XII ZB 291/15 - FamRZ 2016, 39 zu &#167; 11 PsychKG NRW).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>In diesem gegen&#252;ber der zivilrechtlichen Unterbringung engeren Gefahrenbegriff spiegelt sich wider, dass die &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung nicht dem Erwachsenenschutz, sondern dem Polizeirecht zuzuordnen ist. Eine "gegenw&#228;rtige Gefahr" im Sinne des Polizeirechts setzt dem Grundsatz nach voraus, dass der Eintritt des Schadens sofort und nahezu mit Gewissheit zu erwarten ist (BVerwG NVwZ 2005, 220, 222). Dem gen&#252;gt entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung (so wohl auch Coeppicus BtPrax 1999, 130, 131 f.) eine latente und damit nicht in diesem Sinne akute Fremdgefahr bereits im Ansatz nicht (vgl. Lamberz Die Unterbringung psychisch Kranker S. 67). Vielmehr &#252;berwiegt in F&#228;llen einer vom Betroffenen lediglich latent ausgehenden Gefahr sein Freiheitsgrundrecht gegen&#252;ber den Schutzinteressen der Allgemeinheit. Denn mithilfe des Polizeirechts kann und soll keine absolute Sicherheit vor jeder denkbaren und m&#246;glichen Gefahr gew&#228;hrleistet, sondern in angemessener Weise auf konkrete Gefahrenlagen reagiert werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Soweit der Gesetzgeber das Spannungsfeld zwischen der grundrechtlich gesch&#252;tzten Rechtsposition des Einzelnen und dem Schutz der Allgemeinheit - etwa bei der Abschiebungsandrohung nach &#167; 58 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (vgl. dazu BVerwGE 159, 296 = ZAR 2018, 117 Rn. 26) - auch ohne akute Gefahr zu Gunsten des Schutzes der Allgemeinheit aufl&#246;st, f&#252;hrt dies im Unterbringungsrecht schon wegen des dort im Hinblick auf den Eingriff in das Freiheitsgrundrecht enger als im allgemeinen Polizeirecht auszulegenden Gefahrbegriff zu keinem anderen Ergebnis (vgl. Dodegge/Zimmermann PsychKG NRW &#167; 11 Rn. 8; Marschner in Marschner/Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. Teil B Rn. 125). Im &#220;brigen bed&#252;rfte eine solche Regelung - unbeschadet ihrer verfassungsrechtlichen Zul&#228;ssigkeit im Einzelfall - jedenfalls einer ausdr&#252;cklichen gesetzgeberischen Entscheidung. Daran fehlt es aber bei &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW, der gerade eine "gegenw&#228;rtige Gefahr" fordert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>(2) F&#252;r das Erfordernis einer (zumindest) hohen Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung sprechen auch die Bestimmungen des Strafrechts zur Unterbringung und zur Sicherungsverwahrung. So verlangt &#167; 66 b Satz 1 Nr. 2 StGB (ebenso &#167; 7 Abs. 4 Nr. 2 JGG) f&#252;r die nachtr&#228;gliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung die hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung erheblicher Straftaten. Bei im Strafurteil vorbehaltener Sicherungsverwahrung setzt deren Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 66 a Abs. 3 Satz 2 StGB (ebenso &#167; 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 JGG) voraus, dass vom T&#228;ter erhebliche Taten zu erwarten sind. Die f&#252;r eine Unterbringung nach &#167; 63 StGB erforderliche Gef&#228;hrlichkeitsprognose ist nur dann gegeben, wenn eine Wahrscheinlichkeit h&#246;heren Grades besteht, dass der T&#228;ter infolge seines fortdauernden Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen werde (BGH Beschl&#252;sse vom 19. Januar 2017 - 4 StR 595/16 - NStZ-RR 2017, 203, 205 und vom 17. Februar 2016 - 2 StR 545/15 - StV 2016, 720 Rn. 12; Urteil vom 10. Dezember 2014 - 2 StR 170/14 - NStZ 2015, 387). Eine lediglich latente Gefahr und die blo&#223;e M&#246;glichkeit zuk&#252;nftiger Straftaten reichen jedenfalls nicht aus (M&#252;nchKommStGB/van Gemmeren 3. Aufl. &#167; 63 Rn. 62; vgl. auch BGH Urteil vom 18. August 2011 - 3 StR 209/11 - juris Rn. 5). Schlie&#223;lich ist die f&#252;r die (anf&#228;ngliche) Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach &#167; 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB erforderliche Gef&#228;hrlichkeit nur bei Vorliegen einer bestimmten Wahrscheinlichkeit f&#252;r die zuk&#252;nftige Begehung von Straftaten, die eine erhebliche St&#246;rung des Rechtsfriedens darstellen, gegeben (BGH Beschluss vom 3. Dezember 2002 - 4 StR 416/02 - NStZ-RR 2003, 108 f. mwN). Anders liegt es bei der ebenfalls der Vermeidung k&#252;nftiger Straftaten dienenden, aber nicht unmittelbar in das Freiheitsgrundrecht des Verurteilten eingreifenden F&#252;hrungsaufsicht nach &#167; 68 StGB: F&#252;r deren Anordnung reicht jedenfalls schon die blo&#223;e Wahrscheinlichkeit aus, dass der Verurteilte weitere Straftaten begehen wird (vgl. Sch&#246;nke/Schr&#246;der/Stree/Kinzig StGB 29. Aufl. &#167; 68 Rn. 6 mwN; daf&#252;r, dass insoweit sogar weniger als die Wahrscheinlichkeit ausreicht: M&#252;nchKommStGB/Gro&#223; 3. Aufl. &#167; 68 Rn. 8 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Wie die &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung greifen die strafrechtlichen Instrumente der Unterbringung und der Sicherungsverwahrung zum Schutz der Allgemeinheit in die Freiheitsrechte des Einzelnen ein. W&#228;hrend jedoch im Bereich des Strafrechts bereits eine Rechtsgutverletzung durch den T&#228;ter erfolgt sein muss, setzt die &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung von ihrer Konzeption her fr&#252;her an und l&#228;sst allein die vom Betroffenen ausgehende Gefahr f&#252;r die Rechtsg&#252;ter Dritter gen&#252;gen, ohne dass sich diese zwingend schon verwirklicht haben muss. Daraus folgt zum einen, dass es sich um zwei Arten der Gefahrpr&#228;vention mit rechtssystematisch unterschiedlichen Ausgangspunkten handelt, so dass dem Strafrecht auch bei einem bereits Straff&#228;lligen insoweit kein "Vorrang" zukommt. Zum anderen bedingt dies aber auch, dass die Anforderungen an die Gefahrprognose bei der &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung jedenfalls nicht niedriger sein k&#246;nnen als im Strafrecht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde insoweit auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu &#167; 255 StGB, wonach eine Gefahr f&#252;r Leib oder Leben im Sinne dieser Norm auch dann als "gegenw&#228;rtig" anzusehen sein kann, wenn sie als "Dauergefahr" jederzeit - zu einem ungewissen Zeitpunkt, alsbald oder auch sp&#228;ter - in einen Schaden umschlagen kann. Denn diese Auslegung ist ausdr&#252;cklich in Anbetracht des Sinns von &#167; 255 StGB erfolgt, bestimmte F&#228;lle der Erpressung wegen der vom T&#228;ter gezielt eingesetzten wirklichen oder vermeintlichen Gef&#228;hrlichkeit der Drohung unter erh&#246;hte Strafe zu stellen (vgl. BGH Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 332/98 - NStZ-RR 1999, 266, 267).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>(3) Aus alledem l&#228;sst sich allerdings kein fester, f&#252;r jeden Einzelfall g&#252;ltiger Wahrscheinlichkeitsgrad der Gefahrverwirklichung - gar im Sinne eines festen Prozentsatzes - ableiten, ab dem eine Gefahr im f&#252;r eine &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung erforderlichen Ma&#223;e "gegenw&#228;rtig" ist. Vielmehr ist der Grad der Gefahr in Relation zum m&#246;glichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Ma&#223;nahme zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 31. Mai 2017 - XII ZB 342/16 - FamRZ 2017, 1422 Rn. 12; vgl. auch Marschner in Marschner/Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. Teil B Rn. 124, 129). Denn jeder sicherheitsrechtlichen Gefahrenprognose liegt nach den allgemeinen Grunds&#228;tzen des Gefahrenabwehrrechts eine wechselseitige Beziehung von Eintrittswahrscheinlichkeit und (m&#246;glichem) Schadensausma&#223; zu Grunde. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind daher umso geringere Anforderungen zu stellen, je gr&#246;&#223;er und folgenschwerer der m&#246;gliche Schaden ist (BVerwG NVwZ-RR 2013, 435 Rn. 15 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Selbst bei - wie hier - drohenden schwerwiegenden Sch&#228;den f&#252;r h&#246;chstrangige Rechtsg&#252;ter wie etwa Leben, Gesundheit und sexuelle Selbstbestimmung ist eine pr&#228;ventive Freiheitsentziehung zum Nachteil des Betroffenen aber nur dann durch das Schutzbed&#252;rfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt, wenn die Prognose jedenfalls einer hohen Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung besteht (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 1329, 1330; NJW 2000, 881, 882 und FamRZ 2004, 1064). Dies kommt nicht nur in der in verschiedenen L&#228;ndergesetzen verwendeten Definition der "Gegenw&#228;rtigkeit" mit den Begriffen "unmittelbar bevorsteht" und "zu erwarten" zum Ausdruck. Es ergibt sich auch aus dem Vergleich der &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung mit der zivilrechtlichen Unterbringung auf der einen und mit den strafrechtlichen Pr&#228;ventionsinstrumenten auf der anderen Seite. Zudem folgt es aus dem verfassungsrechtlichen Gewicht des mit der Unterbringung verbundenen pr&#228;ventiven Eingriffs in das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen, f&#252;r den auch &#252;berwiegende Wahrscheinlichkeiten noch keine ausreichende Grundlage darstellen k&#246;nnen (vgl. BVerfG FamRZ 2018, 1442 Rn. 109 und BVerfGE 115, 320 = NJW 2006, 1939 Rn. 142 unter Verweis auf &#167; 2 Nr. 1 lit. b Nds. SOG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Mit Blick einerseits auf die Bedeutung des Freiheitsgrundrechts des Betroffenen und andererseits auf das berechtigte Interesse der Allgemeinheit an einem effektiven Schutz vor gegenw&#228;rtigen Gefahren stellt das Erfordernis einer (zumindest) hohen Wahrscheinlichkeit den f&#252;r das praktische Leben brauchbaren Grad der Gewissheit vom jederzeitigen Gefahreintritt dar (vgl. OLG K&#246;ln OLGR 2004, 74, 75; Brinkmann/Gr&#228;bsch Geschlossene Unterbringung psychisch Kranker &#167; 7 Rn. 7; Dodegge/Zimmermann PsychKG NRW &#167; 11 Rn. 12; Zimmermann PsychKHG BW &#167; 13 Rn. 21).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>(4) F&#252;r die vom Tatrichter in eigener Verantwortung zu treffende Gefahrprognose sind insbesondere die Pers&#246;nlichkeit des Betroffenen, sein fr&#252;heres Verhalten, sein aktuelles Befinden und seine zu erwartenden Lebensumst&#228;nde ma&#223;geblich (BayObLG FamRZ 1998, 1329, 1330; NJW 2000, 881, 882; FamRZ 2004, 1064; Marschner in Marschner/Volckart/Lesting Freiheitsentziehung und Unterbringung 5. Aufl. Teil B Rn. 127; Zimmermann PsychKHG BW &#167; 13 Rn. 21). Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Prognoseentscheidung nur daraufhin &#252;berpr&#252;fen, ob der Tatrichter seiner Entscheidung unzutreffende rechtliche Ma&#223;st&#228;be zugrunde gelegt, Verfahrensregeln verletzt, insbesondere entscheidungserhebliche Umst&#228;nde unber&#252;cksichtigt gelassen, oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungss&#228;tze versto&#223;en hat (vgl. Senatsbeschl&#252;sse vom 9. Mai 2018 - XII ZB 553/17 - FamRZ 2018, 1192 Rn. 14 und vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 17; BGH Beschluss vom 19. Juni 2012 - KVR 15/11 - WM 2013, 1806 Rn. 15 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>c) Das ist hier - anders als die Rechtsbeschwerde meint - nicht der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat bei seiner Pr&#252;fung, ob von dem Betroffenen eine gegenw&#228;rtige Gefahr im Sinne des &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW ausgeht, keine zu hohen Anforderungen an den Grad der Wahrscheinlichkeit einer Gefahrverwirklichung gestellt. Vielmehr ist es sogar davon ausgegangen, es m&#252;sse - lediglich - eine Situation vorliegen, die in &#252;berschaubarer Zukunft einen Schadenseintritt wahrscheinlich mache. Im Rahmen seiner Gefahrprognose hat es die vom Betroffenen nach der Haftentlassung gegen&#252;ber der Polizei abgegebene Einsch&#228;tzung seines R&#252;ckfallrisikos mit 20 Prozent ber&#252;cksichtigt und hat sie sachverst&#228;ndig beraten als Beleg daf&#252;r gewertet, dass der Betroffene die erforderliche, ihm in langj&#228;hrigen Therapien vermittelte gedankliche Besch&#228;ftigung mit potenziellen R&#252;ckfallsituationen vornimmt, um diese fr&#252;hzeitig zu erkennen und angemessen reagieren zu k&#246;nnen. Dies l&#228;sst rechtsbeschwerderechtlich relevante Fehler ebenso wenig erkennen wie der aus dem im Unterbringungsverfahren eingeholten sowie aus den bereits w&#228;hrend der Haftzeit erstellten kriminalprognostischen Sachverst&#228;ndigengutachten gezogene Schluss des Landgerichts, dass der Betroffene &#252;ber Behandlungseinsicht und -bereitschaft verf&#252;gt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Soweit die Rechtsbeschwerde auf die pers&#246;nliche Situation des Betroffenen unmittelbar nach der Haftentlassung abhebt, wo es in der Freig&#228;ngereinrichtung an der notwendigen engmaschigen sozialen und psychologischen Betreuung und an einer Tagesstruktur f&#252;r den Betroffenen gefehlt haben soll, war dieser Zustand zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung jedenfalls nicht mehr aktuell. Vielmehr hatte der Betroffene die Zusage f&#252;r eine Aufnahme in der im F&#252;hrungsaufsichtsbeschluss bezeichneten Einrichtung des Betreuten Wohnens, wo er seinen Wohnsitz nehmen wollte und nach Beendigung der &#246;ffentlich-rechtlichen Unterbringung durch den angefochtenen Beschluss des Landgerichts auch genommen hat. Damit waren die in dem kriminalprognostischen Sachverst&#228;ndigengutachten genannten Rahmenbedingungen gegeben, unter denen von einer relativ niedrigen R&#252;ckfallgefahr auszugehen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>Ebenfalls ohne Erfolg r&#252;gt die Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe rechtlich unzutreffend darauf abgestellt, dass es allein Aufgabe der strafrechtlichen F&#252;hrungsaufsicht sei, den Betroffenen von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten. Zwar ist richtig, dass die F&#252;hrungsaufsicht nicht den gleichen Schutz der Allgemeinheit vor vom Betroffenen ausgehenden Gefahren f&#252;r die Rechtsg&#252;ter Dritter gew&#228;hrleisten kann wie eine &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung. Daher kann bei gegenw&#228;rtiger Gefahr im Sinne des &#167; 13 Abs. 3 PsychKHG BW trotz bestehender F&#252;hrungsaufsicht eine &#246;ffentlich-rechtliche Unterbringung geboten sein. Das hat das Landgericht aber nicht verkannt. Vielmehr ist es bei seiner Prognose zu einer lediglich latenten Gefahr und darauf aufbauend in rechtlich beanstandungsfreier Weise zu dem Schluss gelangt, dass dieser durch die ebenfalls der Pr&#228;vention dienende F&#252;hrungsaufsicht ausreichend begegnet werden kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>Von einer weiteren Begr&#252;ndung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet w&#228;re, zur Kl&#228;rung von Rechtsfragen grunds&#228;tzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (&#167; 74 Abs. 7 FamFG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dose&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Klinkhammer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">G&#252;nter</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Nedden-Boeger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Guhling&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
180,193
bgh-2018-12-19-iv-zr-25517
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
IV ZR 255/17
2018-12-19T00:00:00
2019-02-07T14:17:44
2019-02-07T14:17:44
Urteil
ECLI:DE:BGH:2018:191218UIVZR255.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam - 6. Zivilkammer - vom 27. September 2017 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Streitwert f&#252;r das Revisionsverfahren betr&#228;gt bis 3.000 &#8364;.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger, der bei der Beklagten eine Krankheitskostenversicherung nach dem Tarif "Vision 1-4500" und eine Krankentagegeldversicherung nach dem Tarif "TV 42" unterh&#228;lt, wendet sich mit seiner Klage gegen Beitragserh&#246;hungen durch die Beklagte zum 1. Januar 2012 und zum 1. Januar 2013.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Mit Schreiben vom November 2011 erh&#246;hte die Beklagte die monatliche Pr&#228;mie im Tarif "TV 42" mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 um 3,91 &#8364;. Mit weiterem Schreiben vom November 2012 passte sie die monatlichen Beitr&#228;ge zum 1. Januar 2013 im Tarif "Vision 1-4500" um 23,03 &#8364; und im Tarif "TV 42" um 1,51 &#8364; an. Den Pr&#228;mienanpassungen hatte jeweils ein von der Beklagten bestellter Treuh&#228;nder zugestimmt, der von 1996 bis 2014 f&#252;r sie und ihre Rechtsvorg&#228;ngerin t&#228;tig war. Der Kl&#228;ger zahlte fortan die erh&#246;hten Beitr&#228;ge.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Mit seiner im Jahr 2016 erhobenen Klage wendet sich der Kl&#228;ger gegen die vorgenannten Beitragserh&#246;hungen. Er begehrt die R&#252;ckzahlung der bis einschlie&#223;lich Dezember 2015 auf die Erh&#246;hungen entfallenden Pr&#228;mienanteile, insgesamt 1.071,12 &#8364; nebst Zinsen, ferner die Feststellung, dass die Pr&#228;mienerh&#246;hungen unwirksam seien und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Erh&#246;hungsbetrages verpflichtet sei. Weiter m&#246;chte er festgestellt wissen, dass die Beklagte zur Herausgabe von Nutzungen verpflichtet sei, die sie bis zum 29. Februar 2016 aus seinen Zahlungen auf die Beitragserh&#246;hungen gezogen habe, und sie diese Nutzungen ab dem 1. M&#228;rz 2016 mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen habe. Schlie&#223;lich nimmt er die Beklagte auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Auslagen in Anspruch.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger h&#228;lt die Erh&#246;hungen aus formellen und materiellen Gr&#252;nden f&#252;r unwirksam. Sie seien bereits nicht ordnungsgem&#228;&#223; im Sinne von &#167; 203 Abs. 5 VVG begr&#252;ndet. Insbesondere fehle es aber an der nach &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG erforderlichen Zustimmung eines unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nders. Der von der Beklagten bestellte Treuh&#228;nder sei von ihr nicht wirtschaftlich unabh&#228;ngig gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte meint, die Pr&#228;mienanpassungen entspr&#228;chen den vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben. Sie erhebt die Einrede der Verj&#228;hrung und beruft sich auf Verwirkung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Die Revision hat Erfolg. Sie f&#252;hrt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an das Berufungsgericht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in r+s 2018, 24 und VersR 2018, 471 ver&#246;ffentlicht ist, sind die streitgegenst&#228;ndlichen Pr&#228;mienerh&#246;hungen unwirksam, weil der ihnen zustimmende Treuh&#228;nder nicht unabh&#228;ngig gewesen sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Wirksamkeitsvoraussetzung der Pr&#228;mienanpassung sei nach &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG, dass "ein unabh&#228;ngiger Treuh&#228;nder" zugestimmt habe. Die den Zivilgerichten auf Veranlassung eines Versicherten obliegende Pr&#252;fung, ob die Pr&#228;mienerh&#246;hung wirksam ist, beziehe sich nicht nur auf die inhaltliche versicherungsmathematische Berechnung der Pr&#228;mienerh&#246;hung, sondern umfasse aufgrund verfassungsgerichtlicher Vorgaben auch die Fragen zur Person des Treuh&#228;nders einschlie&#223;lich seiner Unabh&#228;ngigkeit.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Die durch &#167; 12b VAG a.F. vorgesehene Pr&#252;fung des auch in &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG genannten Tatbestandsmerkmals durch die Aufsichtsbeh&#246;rde k&#246;nne die zivilrechtliche Pr&#252;fungskompetenz nicht ausschlie&#223;en. Eine &#220;berpr&#252;fung der treuh&#228;nderischen "Unabh&#228;ngigkeit" ausschlie&#223;lich im Verfahren nach &#167; 12b Abs. 3 bis 5 VAG a.F. vorzunehmen, ohne dass der Versicherte dies angreifen k&#246;nne, sei mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht in Einklang zu bringen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Hinsichtlich der Anforderungen an die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders sei nach dem Sinn und Zweck des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG eine Gesamtw&#252;rdigung erforderlich, ob bei objektiv-generalisierender, verst&#228;ndiger W&#252;rdigung das Vertrauen gerechtfertigt sei, der Treuh&#228;nder werde die Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer angemessen wahrnehmen. Im Rahmen dieser Gesamtw&#252;rdigung seien die in &#167; 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 HGB geregelten Anforderungen als ein Gesichtspunkt zu ber&#252;cksichtigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Bei einer solchen W&#252;rdigung ergebe sich die fehlende Unabh&#228;ngigkeit des bei der Beklagten t&#228;tig gewordenen Treuh&#228;nders aus dem Umfang seiner von ihr bezogenen Verg&#252;tung, dem Umstand, dass er f&#252;r sie &#252;ber einen Zeitraum von &#252;ber 15 Jahren t&#228;tig gewesen sei und hierbei alle Pr&#228;mienanpassungen der Beklagten gepr&#252;ft habe, aber auch von einem mit ihr verbundenen Unternehmen ein Ruhegehalt bezogen habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Die geltend gemachten Anspr&#252;che des Kl&#228;gers seien nicht verj&#228;hrt. F&#252;r den Verj&#228;hrungsbeginn sei erforderlich, dass er Kenntnis von den Umst&#228;nden der Unwirksamkeit der Zustimmung des Treuh&#228;nders gehabt oder grob fahrl&#228;ssig nicht gehabt habe. Dies sei fr&#252;hestens 2015 der Fall gewesen. Die Anspr&#252;che seien auch nicht verwirkt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>II. Das h&#228;lt rechtlicher Nachpr&#252;fung nicht stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>1. Soweit sich die Revision gegen die Zul&#228;ssigkeit der Feststellungsantr&#228;ge richtet, bleiben ihre Angriffe allerdings ohne Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>a) Ein feststellungsf&#228;higes gegenw&#228;rtiges Rechtsverh&#228;ltnis liegt auch insoweit vor, als der Kl&#228;ger die Unwirksamkeit der Beitragsanpassung zum 1. Januar 2012 festgestellt wissen m&#246;chte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Die Revision nimmt zu Unrecht an, dass diese Beitragsanpassung wegen der zeitlich nachfolgenden Erh&#246;hung zum 1. Januar 2013 &#252;berholt sei und sich gegenw&#228;rtige Rechtsfolgen aus ihr nur noch mit Blick auf die R&#252;ckforderung eines etwaig &#252;berzahlten Betrages ergeben k&#246;nnten, die bereits Gegenstand des bezifferten Leistungsantrags sei. Allein mit dem vom Kl&#228;ger erstrebten Leistungsurteil w&#228;re nicht rechtskr&#228;ftig festgestellt, dass er zuk&#252;nftig nicht zur Zahlung des sich aus der Beitragsanpassung zum 1. Januar 2012 ergebenden Erh&#246;hungsbetrages verpflichtet ist. Ein gegenw&#228;rtiges Feststellungsinteresse kann daher hinsichtlich fr&#252;herer Pr&#228;mienanpassungen allenfalls dann zu verneinen sein, wenn sich der Versicherungsnehmer - anders als im Streitfall - nicht zugleich gegen die Wirksamkeit einer nachfolgenden Pr&#228;mienanpassung wendet (vgl. Reinhard, VersR 2000, 216, 217 f.). Zudem ist die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Pr&#228;mienerh&#246;hung eine Vorfrage f&#252;r den Leistungsantrag und geht zugleich &#252;ber das dort erfasste Rechtsschutzziel des Kl&#228;gers hinaus. Sie ist deshalb auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von &#167; 256 Abs. 2 ZPO zul&#228;ssig (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 29 m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>b) Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Revision, die Klage scheitere am Vorrang der Leistungsklage, soweit sie auf Feststellung der Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen gerichtet sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>Zwar ist eine auf Feststellung des Anspruchsgrundes gerichtete Klage unzul&#228;ssig, wenn dem Kl&#228;ger eine Klage auf Leistung m&#246;glich und zumutbar ist und diese das Rechtsschutzziel ersch&#246;pft, weil er im Sinne einer besseren Rechtsschutzm&#246;glichkeit den Streitstoff in einem Prozess kl&#228;ren kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Vers&#228;umnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, NJW 2017, 1823 Rn. 14; Urteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 456/16, NJW 2018, 227 Rn. 12; jeweils m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil die von der Beklagten gezogenen Nutzungen aus den nach Auffassung des Kl&#228;gers rechtsgrundlos gezahlten Pr&#228;mienanteilen f&#252;r ihn im Zeitpunkt der Klageerhebung nur teilweise bezifferbar waren und es daher an der Zumutbarkeit der Erhebung einer Leistungsklage fehlte. Ein Versicherungsnehmer, der vom beklagten Versicherer die Herausgabe von Nutzungen aus rechtsgrundlos geleisteten Beitragszahlungen verlangt, ist f&#252;r Anfall und H&#246;he tats&#228;chlich gezogener Nutzungen darlegungs- und beweisbelastet. Dies verlangt ihm, wie der Senat wiederholt entschieden hat, einen Tatsachenvortrag ab, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tats&#228;chliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter H&#246;he - etwa in H&#246;he von f&#252;nf Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz - gest&#252;tzt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14, r+s 2015, 435 Rn. 46; IV ZR 448/14, r+s 2015, 438 Rn. 51; vom 11. November 2015 - IV ZR 513/14, r+s 2016, 20 Rn. 48). Wie die Revisionserwiderung zu Recht hervorhebt, hat der Kl&#228;ger bereits in der Klageschrift darauf hingewiesen, dass ihm ein derartiger Tatsachenvortrag f&#252;r die Jahre 2015 und 2016 nicht m&#246;glich sei, weil es zum damaligen Zeitpunkt an ver&#246;ffentlichten Gesch&#228;ftsberichten der Beklagten f&#252;r diesen Zeitraum fehlte. Befindet sich aber ein anspruchsbegr&#252;ndender Sachverhalt im Zeitpunkt der Klageerhebung noch in der Entwicklung, so steht der Umstand, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung eine Bezifferung teilweise m&#246;glich w&#228;re, der Bejahung des Feststellungsinteresses jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Anspruch seiner Natur nach sinnvollerweise erst nach Abschluss seiner Entwicklung beziffert werden kann (BGH, Urteil vom 30. M&#228;rz 1983 - VIII ZR 3/82, NJW 1984, 1552 unter A I 2 c [juris Rn. 27] m.w.N.). Die Feststellungsklage ist dann insgesamt zul&#228;ssig (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2016 - VI ZR 506/14, r+s 2016, 533 Rn. 6, 8 m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Ist eine Feststellungsklage gem&#228;&#223; &#167; 256 ZPO - wie hier - in zul&#228;ssiger Weise erhoben worden, braucht ein Kl&#228;ger auch nicht nachtr&#228;glich zur Leistungsklage &#252;berzugehen, wenn diese im Laufe des Rechtsstreits m&#246;glich wird (vgl. Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 82/04, BGHZ 164, 181, 183 m.w.N. [juris Rn. 8]; st. Rspr.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>2. Ebenso erfolglos bleibt der Angriff der Revision, dass die Klage jedenfalls wegen eines Versto&#223;es gegen Treu und Glauben oder unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung abweisungsreif sei. Beides hat das Berufungsgericht - auch unter Ber&#252;cksichtigung des Revisionsvorbringens - rechtsfehlerfrei verneint.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>Insbesondere hat es eine Heranziehung der vom Bundesgerichtshof nach gefestigter Rechtsprechung bei Unwirksamkeit von Preisanpassungsklauseln in Energieversorgungsvertr&#228;gen angewandten so genannten "Dreijahresl&#246;sung" mangels Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen zu Recht abgelehnt (entgegen Kalis in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts 3. Aufl. &#167; 44 Rn. 219). Diese Dreijahresl&#246;sung besagt, dass der Kunde die Unwirksamkeit von Preiserh&#246;hungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis &#252;bersteigenden Preis f&#252;hren, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserh&#246;hung erstmals ber&#252;cksichtigt worden ist, beanstandet hat (vgl. zuletzt Urteile vom 6. April 2016 - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 21; vom 5. Oktober 2016 - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 12; jeweils m.w.N.). Dieser Rechtsprechung liegt die Erw&#228;gung zugrunde, mittels einer erg&#228;nzenden Vertragsauslegung eine durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstandene L&#252;cke im Vertrag zu vermeiden, um ein dem urspr&#252;nglichen Regelungsplan der Parteien widersprechendes untragbares Ergebnis, die Gesamtnichtigkeit des Versorgungsvertrages, im Interesse beider Vertragsteile zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2016 aaO Rn. 23, 32 ff.). Um eine derartige Gesamtnichtigkeit geht es hier nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Anders als die Revision meint, trifft den Versicherungsnehmer auch keine "Obliegenheit", binnen eines Jahres zumindest einen Vorbehalt zu erkl&#228;ren, wenn er sich eine &#220;berpr&#252;fung der Berechtigung der Beitragsanpassung offenhalten m&#246;chte. Das Gesetz sieht im Gegenteil f&#252;r Klagen gegen Pr&#228;mienanpassungen gerade keine Fristen vor (siehe M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 925). Der Gesetzgeber hat bei der Reform des Versicherungsvertragsrechts durch Streichung des &#167; 12 Abs. 3 VVG a.F. vielmehr zum Ausdruck gebracht, auf Sonderregelungen, die dem Versicherer die M&#246;glichkeit geben, die Verj&#228;hrungsfrist zu Lasten des Vertragspartners einseitig zu verk&#252;rzen, verzichten zu wollen (BT-Drucks. 16/3945 S. 64 li. Sp.). Entgegen der Auffassung der Revision l&#228;sst sich eine solche Beschr&#228;nkung auch nicht mit gesteigerten Loyalit&#228;tspflichten des Versicherungsnehmers gegen&#252;ber dem Versicherer und der Gemeinschaft der Versicherten rechtfertigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Schlie&#223;lich liegt in der Geltendmachung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs keine widerspr&#252;chliche und damit unzul&#228;ssige Rechtsaus&#252;bung. Der Einwand der Revision, mit Blick auf die aufsichtsrechtliche Verpflichtung des Versicherers zur Beitragsanpassung sei dieser bei ihrer Unwirksamkeit zu deren Nachholung verpflichtet, weshalb eine Pflicht zur alsbaldigen R&#252;ckgew&#228;hr ein schutzw&#252;rdiges Interesse an der Geltendmachung eines formalen Mangels ausschlie&#223;e, ber&#252;cksichtigt nicht, dass der Kl&#228;ger die streitgegenst&#228;ndlichen Pr&#228;mienanpassungen auch in materieller Hinsicht angreift.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>3. Zu Recht wendet sich die Revision demgegen&#252;ber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei begr&#252;ndet, weil der den Pr&#228;mienerh&#246;hungen zustimmende Treuh&#228;nder nicht unabh&#228;ngig gewesen sei und die Erh&#246;hungen damit unwirksam seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>a) Richtig ist allerdings, dass der Versicherer bei einer Krankenversicherung, in der sein ordentliches K&#252;ndigungsrecht gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, zu einer Neufestsetzung der Pr&#228;mie nach &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG nur berechtigt ist, sofern unter anderem ein "unabh&#228;ngiger Treuh&#228;nder" die technischen Berechnungsgrundlagen &#252;berpr&#252;ft und der Pr&#228;mienanpassung zugestimmt hat. Ob die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders damit eine konstitutive Voraussetzung f&#252;r die materiell-rechtliche Wirksamkeit seiner Zustimmung ist, die in vollem Umfang der zivilgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ist hingegen umstritten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>Von einem Teil der Rechtsprechung und der Literatur wird dies angenommen (vgl. etwa LG Berlin VersR 2018, 465, 466 f. [juris Rn. 34 ff.]; Urteil vom 24. Mai 2018 - 23 O 144/17; LG Frankfurt (Oder) VersR 2018, 669 f. [juris Rn. 69 f.]; LG Aschaffenburg, Urteil vom 4. April 2018 - 33 O 125/17; LG Hamburg, Urteil vom 18. April 2018 - 314 O 90/17; LG Landshut, Urteil vom 9. Mai 2018 - 73 O 1526/17; LG Koblenz, Urteil vom 17. Mai 2018 - 16 O 219/17; LG Kleve, Urteil vom 21. Juni 2018 - 6 O 34/17, BeckRS 2018, 13526 Rn. 17 f.; LG Offenburg, Urteil vom 27. Juli 2018 - 2 O 379/17, BeckRS 2018, 16523 Rn. 20 ff.; LG K&#246;ln, Urteil vom 26. September 2018 - 23 O 95/18, BeckRS 2018, 25497 Rn. 25 f.; M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 553 f.; ders., Private Krankenversicherung &#167; 12b VAG Rn. 44 f.; HK-VVG/Marko, 3. Aufl. &#167; 203 Rn. 17; PK-VersR/Ortmann/Rubin, 3. Aufl. &#167; 163 VVG Rn. 13; Sch&#252;ffner/Franck in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts 3. Aufl. &#167; 47 Rn. 123a ff.; BK-VVG/Schwintowski, &#167; 172 Rn. 18; Ossyra, VuR 2018, 373, 379 f.; Renger, VersR 1994, 1257, 1259).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>Nach der Gegenauffassung unterliegt die ordnungsgem&#228;&#223;e und wirksame Bestellung des Treuh&#228;nders wegen ihrer aufsichtsrechtlichen Natur allein der Kontrolle durch die zust&#228;ndige Aufsichtsbeh&#246;rde. Als formelle Voraussetzung der Wirksamkeit der Zustimmung sei von den Zivilgerichten nur zu pr&#252;fen, ob letztere von einem unter Mitwirkung der Aufsichtsbeh&#246;rde verfahrensrechtlich ordnungsgem&#228;&#223; bestellten Treuh&#228;nder erkl&#228;rt worden sei (OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 62 ff.; Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002] S. 505 f., 603 f.; ders., ZVersWiss 91 [2002], 621, 627; Peters, Der Pr&#228;mien- und der Bedingungsanpassungstreuh&#228;nder in der substitutiven privaten Krankenversicherung [2007] S. 288 ff., 315; Kalis in Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts 3. Aufl. &#167; 44 Rn. 217; ders., r+s 2018, 464, 467; Voit, VersR 2017, 727, 730 ff.; Werber, VersR 2017, 1115, 1116; D. Wendt, VersR 2018, 449, 450 f.; Th&#252;sing/J&#228;nsch, VersR 2018, 837, 847 ff.; Schnepp/Icha-Spratte, VersR 2018, 1221, 1228; vgl. auch AG Freiburg, Urteil vom 27. April 2018 - 4 C 2543/13). Teilweise wird hierbei nach einzelnen Anforderungen an die Person des Treuh&#228;nders differenziert und jedenfalls dessen wirtschaftliche Unabh&#228;ngigkeit als allein aufsichtsbeh&#246;rdlicher Kontrolle unterliegende Voraussetzung angesehen (HK-VAG/Brand, &#167; 157 Rn. 27 f.; ders. in Festschrift Schwintowski [2017] S. 19, 42; Voit in Pr&#246;lss/Martin, VVG 30. Aufl. &#167; 203 Rn. 25). Andere Autoren betrachten es als entscheidend, ob der Treuh&#228;nder bei unterstellter Unabh&#228;ngigkeit die Zustimmung h&#228;tte erteilen m&#252;ssen, verlagern die Reichweite der zivilgerichtlichen Pr&#252;fung mithin auf die materielle Ebene (so Wiemer/Richter, r+s 2017, 404, 405; &#228;hnlich dies., VersR 2018, 641, 644 ff.; vgl. auch Schnepp/Icha-Spratte aaO S. 1229).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>b) Zutreffend ist die Auffassung, nach der die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders von den Zivilgerichten im Rechtsstreit &#252;ber eine Pr&#228;mienanpassung nicht gesondert zu pr&#252;fen ist. Soweit &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Neufestsetzung der Pr&#228;mie von der Zustimmung eines "unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nders" abh&#228;ngig macht, handelt es sich dabei nur um eine Bezeichnung f&#252;r diejenige Person, die nach den Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) - im Streitfall &#167; 12b VAG in der bis zum 31. Dezember 2015 g&#252;ltigen Fassung (im Folgenden &#167; 12b VAG a.F.), heute &#167;&#167; 155, 157 VAG - f&#252;r diese Aufgabe bestellt worden ist. Dagegen stellt die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders kein eigenst&#228;ndiges Tatbestandsmerkmal dar, das von den Zivilgerichten im Rechtsstreit um die Berechtigung einer Pr&#228;mienanpassung gesondert zu pr&#252;fen ist. Dies folgt aus einer Auslegung des &#167; 203 VVG, die ausgehend von dem Wortlaut (dazu unter aa)) und der Systematik der gesetzlichen Regelung (dazu unter bb)) ihre Entstehungsgeschichte (dazu unter cc)), ihren Sinn und Zweck (dazu unter dd)) sowie die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gew&#228;hrleistung eines effektiven Rechtsschutzes (dazu unter ee)) ber&#252;cksichtigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>aa) Allerdings kn&#252;pft &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG die Berechtigung des Versicherers zur Pr&#228;mienanpassung an die Zustimmung eines "unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nders" und erw&#228;hnt damit ausdr&#252;cklich eine der aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen des &#167; 12b Abs. 3 Satz 1 VAG a.F. f&#252;r die Treuh&#228;nderbestellung. Dies l&#228;sst, ber&#252;cksichtigt man nur den Wortlaut, ein Verst&#228;ndnis als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal immerhin m&#246;glich erscheinen. Anders als die Revisionserwiderung meint, f&#252;hrt dies aber bereits keineswegs eindeutig zu dem Ergebnis, dass die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders als auch materielle Wirksamkeitsbedingung seiner Zustimmung zur Pr&#228;mienanpassung einer umfassenden zivilgerichtlichen Kontrolle unterliegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>Doch selbst wenn man den Wortlaut im Sinne einer materiellen Wirksamkeitsvoraussetzung verstehen wollte, so darf die Auslegung der Norm bei einer solchen reinen Wortlautinterpretation nicht Halt machen. Ma&#223;gebend f&#252;r die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist vielmehr der zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, dessen Erfassung die nebeneinander zul&#228;ssigen, sich erg&#228;nzenden Methoden der Auslegung aus dem Wortlaut der Norm, aus ihrem Zusammenhang, aus ihrem Zweck sowie aus den Gesetzgebungsmaterialien und der Entstehungsgeschichte dienen (Senatsurteil vom 8. November 2017 - IV ZR 551/15, r+s 2018, 54 Rn. 18 m.w.N.; zur Ver&#246;ffentlichung in BGHZ bestimmt).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>bb) F&#252;r ein Verst&#228;ndnis dahingehend, dass die Unabh&#228;ngigkeit nur Voraussetzung f&#252;r die Bestellung des Treuh&#228;nders, nicht aber f&#252;r die Wirksamkeit der von ihm nach Bestellung abgegebenen Erkl&#228;rung ist, spricht zun&#228;chst die Systematik der gesetzlichen Regelungen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>Die Bestimmung des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG wiederholt den in der aufsichtsrechtlichen Vorschrift des &#167; 12b Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. (jetzt &#167; 155 Abs. 1 Satz 1 VAG) verwendeten Begriff, ohne zugleich - insoweit anders als das Aufsichtsrecht in &#167; 12b Abs. 3 und 4 VAG a.F. (jetzt &#167; 157 VAG) - eine Aussage dar&#252;ber zu treffen, von welchen Voraussetzungen die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders abh&#228;ngt (vgl. OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 66) und welche Rechtsfolgen sich aus ihrem Fehlen ergeben (vgl. auch Voit, VersR 2017, 727, 731; Th&#252;sing/J&#228;nsch, VersR 2018, 837, 849). Auch greift die Vorschrift die weiteren Voraussetzungen, an die &#167; 12b Abs. 3 VAG a.F. (jetzt &#167; 157 Abs. 1 VAG) die Bestellung des Treuh&#228;nders kn&#252;pft, nicht auf. Schon das deutet darauf hin, dass es sich beim Vorliegen der im Versicherungsaufsichtsgesetz geregelten Bestellungsvoraussetzungen nicht um ein tatbestandliches Merkmal einer vertragsrechtlich wirksamen Pr&#228;mienanpassung handeln soll.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_35">35</a> </dt> <dd> <p>cc) Insbesondere l&#228;sst sich aber den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber weder mit der Einf&#252;hrung des Zustimmungserfordernisses durch einen unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nder im Jahre 1994 noch bei der Reform des Versicherungsvertragsrechts durch das Gesetz vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) eine dahingehende &#220;berpr&#252;fungsm&#246;glichkeit f&#252;r den einzelnen Versicherungsnehmer beabsichtigt hat. Ausweislich der Gesetzesmaterialien spricht vielmehr alles daf&#252;r, dass der Gesetzgeber mit dem in &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG bzw. dessen Vorl&#228;uferbestimmung in &#167; 178g Abs. 2 VVG a.F. und &#167; 12b Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. &#252;bereinstimmend verwendeten Begriff des "unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nders" jene Person bezeichnen wollte, die nach den im Aufsichtsrecht bestimmten Voraussetzungen unter Einhaltung des dort geregelten Verfahrens wirksam vom Versicherer zum Treuh&#228;nder bestellt worden ist, ohne damit eine eigenst&#228;ndige materiell-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Pr&#228;mienanpassung zu verbinden (so auch Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002] S. 505 f.; Peters, Der Pr&#228;mien- und der Bedingungsanpassungstreuh&#228;nder in der substitutiven privaten Krankenversicherung [2007] S. 288 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_36">36</a> </dt> <dd> <p>(1) Das Erfordernis der Zustimmung eines unabh&#228;ngigen Treuh&#228;nders zur Pr&#228;mienanpassung bei einer Krankenversicherung, bei der das ordentliche K&#252;ndigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, geht zur&#252;ck auf die mit Wirkung vom 29. Juli 1994 durch das Dritte Gesetz zur Durchf&#252;hrung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europ&#228;ischen Gemeinschaften (Drittes Durchf&#252;hrungsgesetz/EWG zum VAG) vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630) in das Versicherungsvertragsgesetz eingef&#252;gte Bestimmung des &#167; 178g Abs. 2 VVG a.F. Der Gesetzgeber sah mit R&#252;cksicht darauf, dass Krankenversicherungen langfristig angelegt sind und das ordentliche K&#252;ndigungsrecht des Versicherers entweder gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, aus Gr&#252;nden der Gew&#228;hrleistung der dauernden Erf&#252;llbarkeit der Versicherungsleistung und auch wegen der nicht auszuschlie&#223;enden Notwendigkeit, &#196;nderungen der Verh&#228;ltnisse des Gesundheitswesens Rechnung zu tragen, einen fortbestehenden Anpassungsbedarf. Da das bisherige Instrumentarium - Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Tarifgenehmigung durch die Aufsichtsbeh&#246;rde - mit R&#252;cksicht auf die unionsrechtlichen Vorgaben der Dritten Richtlinie Schadenversicherung (Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften f&#252;r die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur &#196;nderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG) nicht mehr zur Verf&#252;gung stand, musste ein neues Instrumentarium entwickelt werden (BT-Drucks. 12/6959 S. 105 re. Sp.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_37">37</a> </dt> <dd> <p>Dabei sollte aber das bew&#228;hrte Verfahren, den Versicherer zu verpflichten, zumindest j&#228;hrlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen und bei einer Ver&#228;nderung von mehr als 10 vom Hundert alle Tarifbeitr&#228;ge zu &#252;berpr&#252;fen und, soweit erforderlich, nach aufsichtsbeh&#246;rdlicher Genehmigung anzupassen, f&#252;r die nach Art der Lebensversicherung betriebene Krankenversicherung im Kern beibehalten werden; an die Stelle der Aufsichtsbeh&#246;rde sollte ein unabh&#228;ngiger Treuh&#228;nder treten (BT-Drucks. 12/6959 S. 62 re. Sp.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_38">38</a> </dt> <dd> <p>Die genannte Verpflichtung der Versicherer wurde - auf der Grundlage des durch Art. 54 der Dritten Richtlinie Schadenversicherung er&#246;ffneten Gestaltungsspielraums (vgl. BT-Drucks. 12/6959 S. 105 re. Sp.; BVerwG VersR 1999, 1001, 1002 f. [juris Rn. 28]; Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002] S. 437 f.; K&#252;ntzel, VersR 1996, 148, 150) - durch die entsprechende Regelung in &#167; 12b Abs. 2 VAG a.F. (jetzt &#167; 155 Abs. 3 VAG) sichergestellt. Dem Treuh&#228;nder wurden hierbei mittels eines an die Stelle des fr&#252;heren Genehmigungserfordernisses getretenen Pr&#252;fungssystems (BVerwG aaO [juris Rn. 26]) Funktionen &#252;bertragen, die im bisherigen System von der Aufsicht wahrgenommen wurden (Grote aaO S. 419 m.w.N.; Peters, Der Pr&#228;mien- und der Bedingungsanpassungstreuh&#228;nder in der substitutiven privaten Krankenversicherung [2007] S. 106, 158; BK-VVG/Schwintowski, &#167; 172 Rn. 14; Winter in Bruck/M&#246;ller, VVG 9. Aufl. &#167; 163 Rn. 21; Pr&#228;ve, VW 1994, 800, 804; ders., VersR 1995, 733, 739; Kirscht, VersR 2003, 1072, 1073; D. Wendt, VersR 2018, 449, 450; anders Renger, Die Verantwortung des Treuh&#228;nders in der privaten Krankenversicherung [1997] S. 22). Der Ma&#223;stab der Treuh&#228;nderentscheidung sollte dabei grunds&#228;tzlich kein anderer sein, als es bis 1994 der der Aufsichtsbeh&#246;rde war (Winter in Bruck/M&#246;ller, VVG 9. Aufl. &#167; 163 Rn. 21). Der Gesetzgeber hat damit an einer - wenn auch gegen&#252;ber dem bisherigen Recht modifizierten - Vorabkontrolle festgehalten (vgl. BVerwG aaO [juris Rn. 28]).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_39">39</a> </dt> <dd> <p>Welche Anforderungen an den Treuh&#228;nder zu stellen sind, sollte sich allein nach dem Aufsichtsrecht bestimmen, wie in der Gesetzesbegr&#252;ndung zum Treuh&#228;nder in der Lebensversicherung ausdr&#252;cklich betont wird (BT-Drucks. 12/6959 S. 102 li. Sp.). Aus dem Umstand, dass in der Gesetzesbegr&#252;ndung zu &#167; 178g VVG a.F. wenige Seiten sp&#228;ter nur noch die fachlichen Qualifikationen ausdr&#252;cklich erw&#228;hnt sind (aaO S. 105 re. Sp.), kann angesichts der im &#220;brigen gleichgelagerten Systemumstellung nicht auf einen Willen des Gesetzgebers zu einer insoweit differenzierenden Regelung geschlossen werden, f&#252;r die kein Grund erkennbar w&#228;re.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_40">40</a> </dt> <dd> <p>Insgesamt gibt das Aufsichtsrecht damit die Anforderungen an den Treuh&#228;nder vor und sichert zugleich die zu beachtenden Interessen der Versicherten. Um die Aufsichtsbeh&#246;rde in die Lage zu versetzen, auch weiterhin Ma&#223;nahmen ergreifen zu k&#246;nnen, wenn das Versicherungsunternehmen nach Auffassung des Treuh&#228;nders eine notwendige Erh&#246;hung oder Senkung der Pr&#228;mien nicht durchf&#252;hrt, hat der Gesetzgeber in &#167; 12b Abs. 2 Satz 5 VAG a.F. (jetzt &#167; 155 Abs. 3 Satz 5 VAG n.F.) dem Treuh&#228;nder eine Unterrichtungspflicht gegen&#252;ber der Aufsichtsbeh&#246;rde auferlegt (BT-Drucks. 12/6959 S. 63 li. Sp.). Dadurch hat er die Bedeutung des Treuh&#228;nders als "vorgeschaltete Informationsquelle" der Aufsichtsbeh&#246;rde im Rahmen der ihr obliegenden Aufgaben betont (Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002] S. 420; vgl. auch Pr&#228;ve, VersR 1995, 733, 739). Die Mitwirkung der Aufsichtsbeh&#246;rde im Bestellungsverfahren gem&#228;&#223; &#167; 12b Abs. 4 VAG a.F. wiederum soll sicherstellen, dass das Versicherungsunternehmen mit der Pr&#252;fung der Pr&#228;mienkalkulation einen unabh&#228;ngigen und sachkundigen Treuh&#228;nder betraut (so BT-Drucks. 12/6959 S. 63 li. Sp.), und so die Belange der an der Bestellung des Treuh&#228;nders nicht beteiligten Versicherten hinreichend gewahrt bleiben, insbesondere die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders gew&#228;hrleistet ist (Grote aaO S. 478). Ferner berechtigte &#167; 12b Abs. 4 Satz 3 VAG a.F. (jetzt &#167; 157 Abs. 2 Satz 3 VAG) die Aufsichtsbeh&#246;rde, die Bestellung eines anderen Treuh&#228;nders zu verlangen, wenn nachtr&#228;glich Umst&#228;nde bekannt werden, die seiner Bestellung entgegenstehen w&#252;rden oder der Treuh&#228;nder die ihm obliegenden Aufgaben nicht ordnungsgem&#228;&#223; erf&#252;llt, insbesondere bei Zustimmung zu einer den Rechtsvorschriften nicht entsprechenden Pr&#228;mien&#228;nderung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_41">41</a> </dt> <dd> <p>(2) Auch durch die Reform des Versicherungsvertragsrechts durch das Gesetz vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631) hat sich daran nichts ge&#228;ndert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_42">42</a> </dt> <dd> <p>Der Gesetzgeber hat bei dieser Gelegenheit in &#167; 203 Abs. 2 Satz 4 VVG auf die Vorschriften des &#167; 12b Abs. 1 bis 2a VAG a.F. (nunmehr &#167; 155 VAG) und auf die aufgrund der Erm&#228;chtigungsgrundlage in &#167; 12c VAG a.F. (jetzt &#167; 160 VAG) erlassene Verordnung &#252;ber die versicherungsmathematischen Methoden zur Pr&#228;mienkalkulation und zur Berechnung der Alterungsr&#252;ckstellung in der privaten Krankenversicherung (Kalkulationsverordnung - KalV) vom 18. November 1996 (BGBl. I S. 1783) - vgl. nunmehr Verordnung betreffend die Aufsicht &#252;ber die Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit in der privaten Krankenversicherung (Krankenversicherungsaufsichtsverordnung - KVAV) vom 18. April 2016 (BGBl. I S. 780) - verwiesen und so den materiellen Kern dieser Bestimmungen im Vertragsrecht abgebildet (vgl. BT-Drucks. 16/3945 S. 113 re. Sp.). Hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an den Treuh&#228;nder hat der Gesetzgeber dagegen von dieser M&#246;glichkeit keinen Gebrauch gemacht. Damit bietet die Vorschrift des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG weiterhin keinen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass der Gesetzgeber &#252;ber die aufsichtsrechtlichen Vorgaben f&#252;r die Treuh&#228;nderbestellung und das dabei einzuhaltende Verfahren hinaus entsprechende Anforderungen auch f&#252;r das Vertragsrecht aufstellen wollte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_43">43</a> </dt> <dd> <p>dd) Gegen eine solche Annahme spricht nicht zuletzt der Zweck der Regelung, wie er im Wortlaut des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG selbst ebenfalls zum Ausdruck kommt. Dieser Zweck, Gr&#252;nde der Rechtssicherheit und die in &#167; 12 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. &#167; 11 Abs. 2 VAG a.F. (vgl. nunmehr &#167; 146 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. &#167; 138 Abs. 2 VAG n.F.) f&#252;r die substitutive Krankenversicherung angeordnete Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer gebieten es, die Entscheidung &#252;ber die Bestellungsvoraussetzungen einheitlich zu treffen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_44">44</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Bestimmung des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG berechtigt den Versicherer unter den dort aufgestellten Voraussetzungen zur Pr&#228;mienanpassung "auch f&#252;r bestehende Versicherungsverh&#228;ltnisse". Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Versicherer sein unter den gesetzlichen Voraussetzungen bestehendes Gestaltungsrecht nicht f&#252;r einzelne, sondern nur f&#252;r eine Mehrzahl gleichartig betroffener Vertr&#228;ge aus&#252;ben soll (siehe auch &#167; 12b Abs. 2 Satz 2 VAG a.F.: "alle Pr&#228;mien dieses Tarifs"; vgl. Wriede, VersR 1994, 251, 253). Das gesetzliche Anpassungsrecht des Versicherers zielt n&#228;mlich vorrangig darauf ab, die dauernde Erf&#252;llbarkeit der Vertr&#228;ge zu gew&#228;hrleisten (so ausdr&#252;cklich BT-Drucks. 12/6959 S. 105 re. Sp.; vgl. Pr&#228;ve, VersR 1995, 733, 737; Renger, VersR 1993, 678, 681). Es dient damit der Wahrung der Belange aller Versicherten. Auch die Regelungen der &#167;&#167; 5, 11a, 12, 12b und 13d VAG a.F. sollen sicherstellen, dass die Versicherungspr&#228;mie in einer Weise kalkuliert wird, die zum einen die dauernde Erf&#252;llbarkeit der vom Versicherungsunternehmen versprochenen Leistungen gew&#228;hrleistet und zum anderen sp&#228;tere Pr&#228;miensteigerungen ausschlie&#223;t, soweit sie nicht auf vom Versicherungsunternehmen nicht beeinflussbaren Gr&#252;nden beruhen. Die dauernde Erf&#252;llbarkeit der Versicherungsvertr&#228;ge ist das Hauptziel der Versicherungsaufsicht und im Bereich der substitutiven Krankenversicherung ein Schutzgut von erh&#246;hter Bedeutung (BVerwG VersR 1999, 1001, 1003 [juris Rn. 28]).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_45">45</a> </dt> <dd> <p>(2) Damit erf&#252;llt &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG als vertragsrechtliches Korrelat zur entsprechenden aufsichtsrechtlichen Verpflichtung des Versicherers eine Aufgabe, die im Allgemeinen der Aufsichtsbeh&#246;rde im Rahmen ihrer Rechts- und Finanzaufsicht &#252;ber die Versicherungsunternehmen zugewiesen ist (siehe &#167; 81 Abs. 1 Satz 2 VAG a.F.; nunmehr &#167; 294 Abs. 2 Satz 2 VAG n.F.). Der die Zustimmung erkl&#228;rende Treuh&#228;nder ist Vertreter der Interessen der Gesamtheit der Versicherungsnehmer. Seine Einschaltung soll einen Ausgleich daf&#252;r schaffen, dass das Gesetz dem Versicherer ein einseitiges Vertrags&#228;nderungsrecht einr&#228;umt und dadurch die Vertragsfreiheit der Versicherungsnehmer einschr&#228;nkt (Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 312 [juris Rn. 35] m.w.N.). Seine Entscheidung dient dabei der Wahrung der Belange aller Versicherten, die mit den individuellen Interessen einzelner Versicherungsnehmer nicht durchweg &#252;bereinzustimmen brauchen (vgl. BVerfG VersR 2000, 214, 216 [juris Rn. 14] und auch BVerwG VersR 1996, 1133 [juris Rn. 4]; Kalis, r+s 2018, 464, 467).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_46">46</a> </dt> <dd> <p>(3) Diese Anbindung der Aufgabenwahrnehmung des Treuh&#228;nders an das Versichertenkollektiv (vgl. Peters, Der Pr&#228;mien- und der Bedingungsanpassungstreuh&#228;nder in der substitutiven privaten Krankenversicherung [2007] S. 145 f. m.w.N.) steht einem subjektiven Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf zivilgerichtliche &#220;berpr&#252;fung der aufsichtsrechtlich definierten Bestellungsvoraussetzungen des Treuh&#228;nders entgegen. Die Entscheidung &#252;ber diese Voraussetzungen ist vielmehr allein im Aufsichtsrecht zu suchen, das in &#167; 12b Abs. 4 VAG a.F. der Aufsichtsbeh&#246;rde die Aufgabe &#252;bertragen hat, &#252;ber die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders zu wachen (vgl. Buchholz, VersR 2005, 866, 867 und auch Winter in Bruck/M&#246;ller, VVG 9. Aufl. &#167; 163 Rn. 21 zum Pr&#228;mientreuh&#228;nder in der Lebensversicherung). Ein solches aufsichtsrechtlich geregeltes und einheitliches Verfahren dient dazu, rasche und einheitliche Klarheit zu schaffen, um Gef&#228;hrdungs- und Zergliederungserscheinungen zu begegnen (vgl. auch OLG Stuttgart NVersZ 2002, 164, 168 [juris Rn. 120]; Kirscht, VersR 2003, 1072, 1080; Kalis, r+s 2018, 464, 469). Diese gesetzliche Kompetenzzuweisung w&#252;rde durch eine sachliche &#220;berpr&#252;fung einzelner Bestellungsvoraussetzungen im Rechtsstreit des einzelnen Versicherungsnehmers um die Wirksamkeit der Pr&#228;mienanpassung mangels Rechtskraftwirkung f&#252;r andere Versicherungsnehmer unterlaufen (in diese Richtung auch Wiemer/Richter, VersR 2018, 641, 647; Th&#252;sing/J&#228;nsch, VersR 2018, 837, 852 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_47">47</a> </dt> <dd> <p>(4) Dagegen best&#252;nde bei der &#220;berpr&#252;fung der Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders im Zivilrechtsstreit in erh&#246;htem Ma&#223;e die Gefahr divergierender Entscheidungen mit der Folge einer St&#246;rung der Beitrags- und Leistungsstabilit&#228;t. Die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders k&#246;nnte von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beurteilt werden mit der Folge, dass auch eine materiell gerechtfertigte Pr&#228;mienerh&#246;hung bei einzelnen Versicherungsnehmern desselben Tarifs Bestand hat, bei anderen jedoch nicht (so zutreffend OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 78 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_48">48</a> </dt> <dd> <p>Mit der von den Zivilgerichten durchzuf&#252;hrenden materiellen Pr&#252;fung von Voraussetzungen und Umfang der vorgenommenen Pr&#228;mienerh&#246;hung (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, 325 [juris Rn. 7]) erfolgt zugleich eine umfassende &#220;berpr&#252;fung der Ordnungsgem&#228;&#223;heit der vorgenommenen Beitragsanpassung, was f&#252;r die Stabilit&#228;t der Pr&#228;mien unabdingbar ist. M&#252;sste das Zivilgericht dagegen die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders &#252;berpr&#252;fen und f&#252;hrte bereits diese Pr&#252;fung zur Unwirksamkeit der Beitragsanpassung, w&#252;rde das die Gefahr bergen, dass eine &#220;berpr&#252;fung ihrer Richtigkeit im &#220;brigen unterbliebe und eine diesbez&#252;glich nicht zu beanstandende Anpassung f&#252;r unwirksam erkl&#228;rt w&#252;rde, obwohl auch ein anderer Treuh&#228;nder ebenso die Zustimmung h&#228;tte erteilen m&#252;ssen (ebenso OLG Celle aaO Rn. 82) und sich eine etwa fehlende Neutralit&#228;t oder Unabh&#228;ngigkeit des tats&#228;chlich t&#228;tig gewordenen Treuh&#228;nders damit gar nicht ausgewirkt h&#228;tte, weil dieser aufgrund des Vorliegens der materiellen Anpassungsvoraussetzungen verpflichtet war, der Beitragserh&#246;hung zuzustimmen (vgl. Voit, VersR 2017, 727, 732 f.; Wiemer/Richter, VersR 2018, 641, 646).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_49">49</a> </dt> <dd> <p>Es liefe jedoch dem Zweck der Regelungen in &#167; 12b Abs. 2, 2a VAG a.F. (jetzt &#167; 155 VAG) und &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG zuwider, wenn eine Pr&#228;mienanpassung trotz Vorliegens der inhaltlichen Voraussetzungen allein an einer fehlenden Unabh&#228;ngigkeit des zust&#228;ndigen Treuh&#228;nders scheiterte (so zutreffend BeckOK-VAG/Franz/Frey, &#167; 157 Rn. 30a [Stand: 1. September 2018]). Denn die Vorschriften zur Pr&#228;mienanpassung bezwecken es, die Einhaltung des &#196;quivalenzprinzips und die dauerhafte Erf&#252;llbarkeit der Versicherungsleistungen zu gew&#228;hrleisten (BT-Drucks. 12/6959 S. 105 re. Sp.). Demgem&#228;&#223; berechtigt die Regelung in &#167; 12b Abs. 2, 2a VAG a.F. (jetzt &#167; 155 VAG) den Versicherer nicht nur zur Vornahme einer Pr&#228;mienanpassung unter den dort genannten Voraussetzungen, sondern begr&#252;ndet zugleich eine entsprechende Verpflichtung. Daraus ergibt sich, dass - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch eine vor&#252;bergehende &#196;quivalenzst&#246;rung im Interesse der Beitragsstabilit&#228;t vermieden werden muss. Eine solche tr&#228;te ein, wenn eine Pr&#228;mienanpassung, zu der der Versicherer zwecks Erhaltung seiner Leistungsf&#228;higkeit aus materiellen Gr&#252;nden verpflichtet ist, nur wegen fehlender Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders f&#252;r unwirksam erkl&#228;rt w&#252;rde, diese aber im Zuge der n&#228;chsten j&#228;hrlichen &#220;berpr&#252;fung vom Versicherer nachgeholt werden m&#252;sste, wobei die dann vorzunehmende Anpassung wegen der zwischenzeitlich entstandenen L&#252;cke bei den Pr&#228;mienzahlungen gegebenenfalls sogar h&#246;her ausfallen k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_50">50</a> </dt> <dd> <p>(5) Anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - auch nicht unter Ber&#252;cksichtigung der dem Pr&#228;mientreuh&#228;nder durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626) mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in &#167; 12b Abs. 1a VAG a.F. (nunmehr &#167; 155 Abs. 2 VAG) &#252;bertragenen Mitwirkung bei der Verwendung der Mittel aus den R&#252;ckstellungen f&#252;r Beitragsr&#252;ckerstattung (a.A. Ossyra, VuR 2018, 373, 379). Der Zweck der Einschaltung des Pr&#228;mientreuh&#228;nders bei dieser Aufgabe erfordert ebenfalls keine &#220;berpr&#252;fungsm&#246;glichkeit seiner Unabh&#228;ngigkeit durch den einzelnen Versicherungsnehmer im Rechtsstreit &#252;ber eine Pr&#228;mienanpassung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_51">51</a> </dt> <dd> <p>Die Verwendung der Mittel aus der R&#252;ckstellung f&#252;r Beitragsr&#252;ckerstattung ist in systematischer Hinsicht Teil der Pr&#228;mienberechnung (M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 408; vgl. auch Senatsurteile vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, 332 f. [juris Rn. 22 ff.]; vom 1. Juli 1992 - IV ZR 191/91, BGHZ 119, 55, 58 [juris Rn. 13 ff.]). Die Feststellung, ob die im Rahmen einer Nachkalkulation nach &#167; 12b Abs. 2 Satz 2 VAG a.F. errechneten Anpassungen limitiert werden m&#252;ssen und inwieweit dem Versicherer daf&#252;r Mittel aus den R&#252;ckstellungen f&#252;r Beitragsr&#252;ckerstattung zur Verf&#252;gung stehen, ist Bestandteil der Neukalkulation der Pr&#228;mie (so auch Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002], S. 576 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_52">52</a> </dt> <dd> <p>Bei der Frage, ob und in welcher H&#246;he die Mittel aus den R&#252;ckstellungen f&#252;r Beitragsr&#252;ckerstattung zu verwenden sind, handelt es sich aber im Kern um eine unternehmerische Entscheidung, die - mit Ausnahme der nach &#167; 12a Abs. 3 VAG a.F. vorgeschriebenen Verwendung, die alleine &#228;lteren Versicherten zugutekommt - gerade nicht durch inhaltliche gesetzliche Vorgaben determiniert werden sollte (vgl. Gutachten der Unabh&#228;ngigen Expertenkommission zur Untersuchung der Problematik steigender Beitr&#228;ge der privat Krankenversicherten im Alter, BT-Drucks. 13/4945 S. 40). Aus diesem Grunde verbleibt auch das origin&#228;re Entscheidungsrecht &#252;ber die Mittelverwendung zun&#228;chst beim Versicherer. Der Treuh&#228;nder hat lediglich eine Kontrollfunktion und darf sein Veto nur einlegen, wenn sich die Entscheidung des Versicherers nicht im Rahmen dessen h&#228;lt, was bei Beachtung der gesetzlichen Beurteilungsspielr&#228;ume, deren Einhaltung der Treuh&#228;nder unter Anwendung eines objektiv generalisierenden Ma&#223;stabs (siehe BT-Drucks. 14/1245 S. 122 li. Sp.) &#252;berwachen soll, zul&#228;ssig ist; einen dar&#252;ber hinausgehenden Spielraum, dem sich der Versicherer unterordnen m&#252;sste, hat er nicht (vgl. Pr&#228;ve in Pr&#246;lss/Dreher, VAG 13. Aufl. &#167; 155 Rn. 13 a.E.; Reinhard, VersR 2003, 952, 955; M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 435, 594 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_53">53</a> </dt> <dd> <p>Die Grenzen der dem Versicherer zustehenden Beurteilungsspielr&#228;ume sind dabei im Rahmen der materiellen &#220;berpr&#252;fung der Berechtigung des Versicherers zur Pr&#228;mienanpassung voll gerichtlich &#252;berpr&#252;fbar (vgl. M&#252;nchKomm-VVG/Boetius aaO Rn. 435, 595; f&#252;r eine unter Umst&#228;nden zur Unwirksamkeit der Beitragsanpassung f&#252;hrende &#220;berpr&#252;fung der nach &#167; 12b Abs. 1a Satz 3 VAG a.F. zu beachtenden "Zumutbarkeit" einer Pr&#228;miensteigerung ausdr&#252;cklich Gerwins, NVersZ 2000, 353, 360).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_54">54</a> </dt> <dd> <p>(6) Entgegen einzelner Stimmen in der Literatur (siehe insoweit nur Kaulbach in Fahr/Kaulbach/B&#228;hr/Pohlmann, VAG 5. Aufl. &#167; 11b Rn. 5, &#167; 12b Rn. 25; vgl. auch G&#246;ertz in Kaulbach/B&#228;hr/Pohlmann, VAG 6. Aufl. &#167; 142 Rn. 5) macht das vorstehend dargelegte Verst&#228;ndnis des &#167; 203 Abs. 2 Satz 1 VVG die Einbindung des Treuh&#228;nders in das Pr&#228;mienerh&#246;hungsverfahren auch nicht etwa entbehrlich. Sie beschr&#228;nkt vielmehr die M&#246;glichkeiten des Versicherers, die Berechtigung der Pr&#228;mienerh&#246;hung durch das Nachschieben von Unterlagen im Prozess darlegen zu k&#246;nnen, weil nur die Unterlagen, die der Versicherer dem Treuh&#228;nder zur Pr&#252;fung gem&#228;&#223; &#167; 12b VAG a.F., &#167; 15 KalV a.F. (nunmehr &#167; 17 KVAV) vorgelegt hat, Gegenstand der gerichtlichen &#220;berpr&#252;fung sind (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, 329 f. [juris Rn. 15 f., 25]; vgl. auch Senatsurteil vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, r+s 2016, 85 Rn. 26 sowie Gerwins, NVersZ 1999, 53, 54). Zugleich verhindert die Verweigerung der Zustimmung eine Pr&#228;mienanpassung durch den Versicherer und erspart dem einzelnen Versicherungsnehmer so eine gerichtliche &#220;berpr&#252;fung. Dem Treuh&#228;nder kommt damit auch weiterhin seine vom Gesetzgeber intendierte "Filterfunktion" (vgl. Voit, VersR 2017, 727, 732) zu.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_55">55</a> </dt> <dd> <p>(7) Anders als die Revisionserwiderung meint, ist die Einhaltung des Unabh&#228;ngigkeitserfordernisses durch die aufsichtsrechtlichen Kontrollinstrumente zudem hinreichend gesichert. Das Gesetz r&#228;umt den Aufsichtsbeh&#246;rden verschiedene M&#246;glichkeiten ein, die Anforderungen des &#167; 12b Abs. 3 VAG a.F. an die fachliche Qualifikation und Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders durchzusetzen und notfalls selbst den Treuh&#228;nder zu bestellen, &#167; 12b Abs. 4 Satz 4 VAG a.F. (jetzt &#167; 157 Abs. 2 Satz 4 VAG). Damit ist ein H&#246;chstma&#223; an Aufsichtsbefugnissen gew&#228;hrleistet (so auch Abschlussbericht der Kommission zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 19. April 2004 S. 185; vgl. ferner B&#252;rkle, VersR 2004, 826, 831; Brand, Festschrift Schwintowski [2017] S. 19, 37). Alle &#252;brigen Fragen im Zusammenhang mit einer Beitragsanpassung k&#246;nnen bei deren materieller &#220;berpr&#252;fung gekl&#228;rt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_56">56</a> </dt> <dd> <p>ee) Der aufgrund des Rechtsstaatsprinzips notwendige wirkungsvolle Rechtsschutz gegen vom Versicherer vorgenommene Beitragsanpassungen ist ebenfalls gew&#228;hrleistet, ohne dass dem einzelnen Versicherungsnehmer hierf&#252;r eine gesonderte &#220;berpr&#252;fung der Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders und damit der aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen f&#252;r die Bestellung zum Treuh&#228;nder erm&#246;glicht werden m&#252;sste.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_57">57</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsordnung muss daf&#252;r sorgen, dass die verfassungsrechtlich gesch&#252;tzten Interessen derjenigen, die von der gesetzlichen Einschr&#228;nkung der Vertragsfreiheit betroffen sind, hinreichend gewahrt werden (Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 306 [juris Rn. 21]; vgl. auch BVerfG VersR 2005, 1109, 1117 f. [juris Rn. 131 ff.] und VersR 2005, 1127, 1130 f. [juris Rn. 59 ff.]). Eine solche wirkungsvolle richterliche Kontrolle auf Veranlassung und unter Mitwirkung des einzelnen Versicherungsnehmers ist aber bereits dadurch garantiert, dass die Pr&#228;mienanpassung im Individualprozess in sachlicher Hinsicht einer umfassenden tats&#228;chlichen und rechtlichen Pr&#252;fung durch die Zivilgerichte anhand der ma&#223;geblichen privatrechtlichen Normen unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2015 - IV ZR 272/15, r+s 2016, 85 Rn. 9, 21; vom 16. Juni 2004 - IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323, 325 [juris Rn. 7]; BVerfG VersR 2000, 214, 215 f. [juris Rn. 11 ff.]). Diese &#220;berpr&#252;fung erfolgt anhand der ins Einzelne gehenden engen und verbindlichen materiellen Vorgaben. Der Treuh&#228;nder hat die ihm obliegende Zustimmung zu erteilen, wenn die Beitragsberechnung mit diesen Vorgaben in Einklang steht (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 aaO S. 328 f. [juris Rn. 13]). Bestandteil der insoweit stattfindenden &#220;berpr&#252;fung sind wie dargelegt alle vom Treuh&#228;nder zu beachtenden materiell-rechtlichen Vorgaben f&#252;r die Beitragskalkulation einschlie&#223;lich der Verwendung der Mittel aus den R&#252;ckstellungen f&#252;r Beitragsr&#252;ckerstattung und deren Auswirkung auf die Anpassungen der einzelnen Tarife. Dazu geh&#246;rt nicht nur das Vorliegen der Anpassungsvoraussetzungen, sondern auch, ob die vom Versicherer vorgenommene Neuberechnung der Pr&#228;mie nach aktuariellen Grunds&#228;tzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften und eventuell zugunsten des Versicherten davon abweichenden vertraglichen Bestimmungen in Einklang steht. Diese &#220;berpr&#252;fung hat sich sowohl auf die Ermittlung des Anpassungsfaktors als auch auf die Limitierungsma&#223;nahmen zu erstrecken (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 aaO S. 332 f. [juris Rn. 22-24]). Der Ma&#223;stab f&#252;r die letztgenannte Pr&#252;fung ergibt sich dabei aus &#167; 12b Abs. 1a Satz 2 und 3 VAG a.F. (vgl. zu den Einzelheiten insoweit Grote, Die Rechtsstellung der Pr&#228;mien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuh&#228;nder nach dem VVG und dem VAG [2002] S. 584 ff.; Gerwins, NVersZ 2000, 353, 359). Somit kann im Rahmen dieser materiellen &#220;berpr&#252;fung abschlie&#223;end gekl&#228;rt werden, ob eine Pr&#228;mienerh&#246;hung nach Grund und H&#246;he zu Recht erfolgt ist (zutreffend OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 70); die sachliche Richtigkeit der Zustimmung des Treuh&#228;nders zur Pr&#228;mienanpassung wird insofern inzident mitgepr&#252;ft (Rixecker, ZfS 2018, 645).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_58">58</a> </dt> <dd> <p>Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts l&#228;sst sich auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Dezember 1999 (1 BvR 2203/98, VersR 2000, 214) nicht entnehmen, dass die Gew&#228;hrleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes daneben eine gesonderte &#220;berpr&#252;fung der Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders durch die Zivilgerichte verlangt. Gegenstand des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Ausgangsverfahrens waren Pr&#228;mienerh&#246;hungen vor und nach der Rechts&#228;nderung im Jahr 1994. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht ber&#252;cksichtigt, dass dem Versicherungsnehmer hinsichtlich der f&#252;r die Wirksamkeit der Pr&#228;mienerh&#246;hung bis 1994 notwendigen Genehmigung der Aufsichtsbeh&#246;rde keine verwaltungsgerichtliche &#220;berpr&#252;fung er&#246;ffnet war, da sie dem einzelnen Versicherungsnehmer gegen&#252;ber keine unmittelbaren Rechtswirkungen entfaltete (vgl. BVerfG aaO S. 216 [juris Rn. 13] mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts: BVerwGE 30, 135; 75, 147; BVerwG VersR 1996, 1133); f&#252;r entscheidend hat das Bundesverfassungsgericht gehalten, dass den Versicherungsnehmern eine umfassende tats&#228;chliche und rechtliche &#220;berpr&#252;fung der Berechnung der Pr&#228;mienerh&#246;hungen durch die (Zivil-)Gerichte erm&#246;glicht werden muss. Eine solche aber ist ihnen auch heute - wie dargelegt - er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_59">59</a> </dt> <dd> <p>c) Das vorstehend aufgezeigte, durch Auslegung ermittelte Normverst&#228;ndnis steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des erkennenden Senats vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297). Zwar hat der Senat dort n&#228;here Ausf&#252;hrungen dazu, welche Anforderungen an die Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders zu stellen sind, deshalb als nicht erforderlich angesehen, weil der damalige Kl&#228;ger insoweit keine konkreten, auf die Person des Treuh&#228;nders bezogenen Bedenken erhoben hatte (aaO S. 312 [juris Rn. 34 f.]). Jener Entscheidung lag aber ein vom jetzt zur Entscheidung stehenden Fall abweichender Sachverhalt zugrunde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_60">60</a> </dt> <dd> <p>In dem damaligen Verfahren war &#252;ber die Wirksamkeit einer im Treuh&#228;nderverfahren gem&#228;&#223; &#167; 172 Abs. 2 VVG in seiner bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung durchgef&#252;hrten Ersetzung von Klauseln in Allgemeinen Bedingungen der Lebensversicherung zu entscheiden, die der Senat durch Urteile vom 9. Mai 2001 (IV ZR 121/00, BGHZ 147, 354 und IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373) wegen Versto&#223;es gegen das Transparenzgebot f&#252;r unwirksam erkl&#228;rt hatte. Insoweit oblag dem Treuh&#228;nder bei der Bedingungsanpassung im Wesentlichen eine rechtliche Beurteilung, so dass er in einem im Streitfall den Zivilgerichten zugewiesenen Aufgabenbereich t&#228;tig wurde. Auf den auch hierin liegenden Unterschied der Treuh&#228;ndert&#228;tigkeit im Vergleich zur Pr&#228;mienanpassung hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. Juni 2004 (IV ZR 117/02, BGHZ 159, 323) hingewiesen (aaO S. 328 f. [juris Rn. 13 f.]; ebenso OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 73; Th&#252;sing/J&#228;nsch, VersR 2018, 837, 848; Wiemer/Richter, VersR 2018, 641, 646).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_61">61</a> </dt> <dd> <p>Bei der Reform des Versicherungsvertragsrechts im Jahre 2008 hat der Gesetzgeber dann sowohl in der Lebens- als auch in der Krankenversicherung bewusst davon abgesehen, die bis dahin in den &#167;&#167; 172 Abs. 2, 178g Abs. 3 Satz 2 VVG a.F. vorgesehene Mitwirkung eines Treuh&#228;nders bei der Anpassung unwirksamer Versicherungsbedingungen in das neue Recht zu &#252;bernehmen, eben weil dem Bedingungstreuh&#228;nder im Wesentlichen eine rechtliche Beurteilung oblag und seine Zustimmung deshalb beim Versicherungsnehmer den Eindruck erwecken konnte, dass eine gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der Wirksamkeit der neuen Klausel von vornherein erfolglos w&#228;re (siehe BT-Drucks. 16/3945 S. 100 re. Sp.; S. 113 re. Sp.). Schon wegen dieser Unterschiede l&#228;sst sich aus dem genannten Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 (IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297) jedenfalls f&#252;r die Rechtslage nach der VVG-Reform nicht entnehmen, dass eine gesonderte &#220;berpr&#252;fung der Unabh&#228;ngigkeit des Treuh&#228;nders im Rechtsstreit &#252;ber eine Pr&#228;mienanpassung erforderlich w&#228;re.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_62">62</a> </dt> <dd> <p>4. Soweit im vorliegenden Rechtsstreit die Pr&#228;mienanpassung nicht nur in der Krankheitskostenversicherung, sondern auch in der Krankentagegeldversicherung des Kl&#228;gers betroffen ist, lassen die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts dar&#252;ber hinaus nicht erkennen, dass es sich bei letzterer um eine Versicherung handelt, bei der das ordentliche K&#252;ndigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Vorschrift des &#167; 203 Abs. 2 VVG jedoch anwendbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_63">63</a> </dt> <dd> <p>III. Die Sache ist nach alledem an das Berufungsgericht zur&#252;ckzuverweisen, da es zur Entscheidung des Rechtsstreits noch weiterer Feststellungen bedarf.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_64">64</a> </dt> <dd> <p>1. Insoweit wird das Berufungsgericht nicht nur die Frage der Unk&#252;ndbarkeit der Krankentagegeldversicherung zu kl&#228;ren, sondern auch der - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - bisher nicht behandelten Frage nachzugehen haben, ob die Pr&#228;mienanpassungen ausreichend im Sinne von &#167; 203 Abs. 5 VVG begr&#252;ndet worden sind (vgl. zum Streitstand hinsichtlich der Anforderungen an die Mitteilung OLG Celle r+s 2018, 547 Rn. 91; M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 1157; ders., Private Krankenversicherung &#167; 203 VVG Rn. 206; Brand, VersR 2018, 453, 457 einerseits und LG Neuruppin VersR 2018, 469; LG Berlin VersR 2018, 465; Klimke, VersR 2016, 22, 24; D. Wendt, VersR 2018, 449, 453; PK-VersR/Br&#246;mmelmeyer, 3. Aufl. &#167; 203 VVG Rn. 47 andererseits; differenzierend Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. &#167; 203 Rn. 19).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_65">65</a> </dt> <dd> <p>Der Senat weist dabei f&#252;r das weitere Verfahren darauf hin, dass eine etwaige zun&#228;chst unzureichende Mitteilung der Gr&#252;nde m&#246;glicherweise nur den Zahlungsantr&#228;gen auf R&#252;ckzahlung der bis einschlie&#223;lich 2015 geleisteten Pr&#228;mienzahlungen, nicht aber auch den dar&#252;ber hinaus reichenden Feststellungsantr&#228;gen zum Erfolg verhelfen w&#252;rde, sofern eine ausreichende Mitteilung der Gr&#252;nde in den detaillierten Angaben in der Klageerwiderung erblickt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_66">66</a> </dt> <dd> <p>Wenn eine Mitteilung der Pr&#228;mienanpassung zun&#228;chst ohne eine den Anforderungen des &#167; 203 Abs. 5 VVG gen&#252;gende Begr&#252;ndung erfolgt, diese aber sp&#228;ter nachgeholt wird, wird dadurch die f&#252;r die Wirksamkeit der Neufestsetzung der Pr&#228;mie angeordnete Frist in Lauf gesetzt (so auch M&#252;nchKomm-VVG/Boetius, 2. Aufl. &#167; 203 Rn. 1160). Dies folgt aus einer Auslegung der Norm.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_67">67</a> </dt> <dd> <p>a) Schon der Wortlaut der Regelung macht deutlich, dass sie lediglich den Zeitpunkt des Eintritts der Wirkung der Anpassungserkl&#228;rung an die Mitteilung der Neufestsetzung als solcher einerseits und der f&#252;r sie ma&#223;geblichen Gr&#252;nde andererseits kn&#252;pft. Dagegen gibt der Wortlaut der Vorschrift keinen Anhalt daf&#252;r, dass die Wirksamkeit der Gestaltungserkl&#228;rung des Versicherers selbst von der Mitteilung der f&#252;r sie ma&#223;geblichen Gr&#252;nde abh&#228;ngen soll. Diese bestimmt sich vielmehr nach allgemeinen Regeln (vgl. insoweit auch M&#252;nchKomm-VVG/Wandt, 2. Aufl. &#167; 163 Rn. 72, 75).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_68">68</a> </dt> <dd> <p>b) Gegen ein abweichendes Normverst&#228;ndnis spricht weiter, dass das Versicherungsvertragsgesetz, soweit es an die Verletzung einer dem Versicherer gesetzlich auferlegten Hinweis- oder Begr&#252;ndungspflicht eine endg&#252;ltige Sanktion kn&#252;pft, dies ausdr&#252;cklich anordnet (vgl. etwa &#167; 5 Abs. 3 VVG). Ansonsten l&#228;sst es eine Nachholung gesetzlich gebotener Informationen und Hinweise und einen daran ankn&#252;pfenden Lauf von Fristen zu (vgl. &#167; 8 Abs. 2 VVG). Demgem&#228;&#223; wird auch f&#252;r die vom Versicherer aufgrund einer Anpassungsklausel vorgenommene Pr&#228;mienerh&#246;hung &#252;berwiegend vertreten, dass der gebotene Hinweis auf das K&#252;ndigungsrecht des Versicherungsnehmers gem&#228;&#223; &#167; 40 Abs. 1 Satz 1 VVG nachgeholt werden kann (vgl. HK-VVG/Karczewski, 3. Aufl. &#167; 40 Rn. 15; Stagl/Brand in Looschelders/Pohlmann, VVG 3. Aufl. &#167; 40 Rn. 10; Reiff in Pr&#246;lss/Martin, VVG 30. Aufl. &#167; 40 Rn. 21 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_69">69</a> </dt> <dd> <p>c) Vor allem aber sprechen die Gesetzgebungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck des &#167; 203 Abs. 5 VVG f&#252;r die Heilungsm&#246;glichkeit eines Begr&#252;ndungsmangels. Zu der Vorg&#228;ngerregelung in &#167; 178g Abs. 4 VVG a.F., die das Wirksamwerden der Pr&#228;mienanpassung allerdings nur an eine "Benachrichtigung" des Versicherungsnehmers kn&#252;pfte, ohne weitergehende inhaltliche Anforderungen aufzustellen, wurde es nicht in Zweifel gezogen, dass bei Fehlen einer ordnungsgem&#228;&#223;en Benachrichtigung oder einer Nichtbeweisbarkeit ihres Zugangs dem Versicherer das Recht zur Nachholung nicht abgeschnitten sein sollte (vgl. LG K&#246;ln, Urteil vom 4. Juli 2007 - 23 O 367/04, juris Rn. 43 sowie zur entsprechenden Bestimmung f&#252;r die Lebensversicherung Kollhosser in Pr&#246;lss/Martin, VVG 27. Aufl. &#167; 172 Rn. 39; zum neuen Recht siehe Schneider in Pr&#246;lss/Martin, VVG 30. Aufl. &#167; 163 Rn. 16).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_70">70</a> </dt> <dd> <p>Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien waren mit der Neufassung des Gesetzes wesentliche inhaltliche &#196;nderungen gegen&#252;ber dem fr&#252;heren Gesetzeszustand lediglich insoweit beabsichtigt, als der Regelungsinhalt der dispositiven Bestimmung des &#167; 178g Abs. 4 VVG a.F. nunmehr halbzwingend ausgestaltet werden sollte (siehe BT-Drucks. 16/3945 S. 114 li. Sp. sowie S. 99 re. Sp. zur Parallelbestimmung in &#167; 163 Abs. 3 VVG). Danach spricht nichts daf&#252;r, dass der Gesetzgeber mit der neugefassten Bestimmung des &#167; 203 Abs. 5 VVG die endg&#252;ltige Unwirksamkeit einer Beitragsanpassung im Falle nicht ausreichender Mitteilung der Gr&#252;nde herbeif&#252;hren wollte; im Wortlaut der Vorschrift kommt dies nicht zum Ausdruck. Die Norm zielt vielmehr - wie ihre Vorl&#228;uferbestimmung - in erster Linie darauf ab, dem Versicherungsnehmer einen gewissen Zeitraum zu belassen, um sich auf eine ihm mitgeteilte Vertrags&#228;nderung einstellen zu k&#246;nnen und sich dar&#252;ber klar zu werden, ob er innerhalb der zeitgleich ausgestalteten Frist des &#167; 205 Abs. 4 VVG sein K&#252;ndigungsrecht aus&#252;bt oder die Pr&#228;mien&#228;nderung zum Anlass nimmt, von seinem Tarifwechselrecht nach &#167; 204 VVG Gebrauch zu machen, auf das ihn der Versicherer bei der substitutiven Krankenversicherung nach &#167; 6 Abs. 2 VVG-InfoV bei der Pr&#228;mienerh&#246;hung ebenfalls hinzuweisen hat (vgl. auch M&#252;nchKomm-VVG/Wandt, 2. Aufl. &#167; 163 Rn. 75).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_71">71</a> </dt> <dd> <p>2. Soweit das Berufungsgericht eine ausreichende Mitteilung der ma&#223;geblichen Gr&#252;nde f&#252;r die Neufestsetzung der Pr&#228;mie bejaht, wird es sodann die materiellen Voraussetzungen der Pr&#228;mienanpassung zu pr&#252;fen haben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_72">72</a> </dt> <dd> <p>3. Sollte es danach die geltend gemachten Zahlungsanspr&#252;che ganz oder teilweise f&#252;r berechtigt halten, wird es auch die Frage der Verj&#228;hrung neu zu beurteilen haben, die angesichts der dreij&#228;hrigen Verj&#228;hrungsfrist des &#167; 195 BGB sowie der Klageerhebung im Jahre 2016 allerdings nur f&#252;r die im Jahre 2012 geleisteten Pr&#228;mienanteile in Betracht kommt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Mayen&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Harsdorf-Gebhardt&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Lehmann</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Brockm&#246;ller&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Bu&#223;mann&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,100
bgh-2018-12-19-xii-zr-518
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XII ZR 5/18
2018-12-19T00:00:00
2019-02-01T13:09:22
2019-02-01T13:09:22
Urteil
ECLI:DE:BGH:2018:191218UXIIZR5.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Januar 2018 wird auf Kosten der Beklagten zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger macht gegen die Beklagte einen mietrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen vertragswidriger Nutzung von Gewerber&#228;umen zu Wohnzwecken geltend.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Mit Vertrag vom 28. Mai 2010 mietete die Beklagte von der damaligen Eigent&#252;merin des Geb&#228;udes das Erdgeschoss (275 qm), das erste Obergeschoss (205 qm), drei Kellerr&#228;ume (75 qm) sowie eine anteilige Fl&#228;che des Eingangsbereichs im Erdgeschoss (ca. 20 qm). Mietbeginn war der 1. Juni 2010. In &#167; 2 des Mietvertrags hei&#223;t es: "Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsb&#252;ros".</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger erwarb die Immobilie von der damaligen Vermieterin. Die Beklagte nutzt seit Bezug der Immobilie das gesamte erste Obergeschoss zu Wohnzwecken. Einen auf den 2. Mai 2011 datierten Nachtrag zum Mietvertrag, der ihr r&#252;ckwirkend die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken erlaubt h&#228;tte, unterzeichnete die Beklagte nicht. Mit Schreiben vom 14. Juli 2016 forderte der Kl&#228;ger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 29. Juli 2016 auf, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, das erste Obergeschoss der Immobilie zu Wohnzwecken zu nutzen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zur&#252;ckgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Revision hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das Oberlandesgericht hat seine in ZMR 2018, 499 ver&#246;ffentlichte Entscheidung wie folgt begr&#252;ndet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Dem Kl&#228;ger stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach &#167; 541 BGB zu. Die teilweise Nutzung des Mietobjekts als Wohnung stelle keinen vertragsgem&#228;&#223;en Gebrauch dar, weil der Beklagten auf der Grundlage des geschlossenen Mietvertrags eine Nutzung des Objekts zu Wohnzwecken nicht erlaubt sei. Die Regelung in &#167; 2 des Mietvertrags sei eindeutig und keiner anderslautenden Interpretation zug&#228;nglich. Die Vermietung erfolge zum Betrieb eines Rechtsanwaltsb&#252;ros (Nr. 1) und die Nutzung der Mietr&#228;ume zu jedwedem anderen Zweck bed&#252;rfe der ausdr&#252;cklichen schriftlichen Genehmigung (Nr. 3). Eine solche schriftliche Genehmigung hinsichtlich einer Nutzung zu Wohnzwecken liege aber nicht vor. Die Beklagte habe auch nicht bewiesen, dass sich der Vermieter m&#252;ndlich mit einer Nutzung zu Wohnzwecken einverstanden erkl&#228;rt habe. Die gem&#228;&#223; &#167; 541 BGB erforderliche Abmahnung sei erfolgt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Wenn der Beklagten nur die Nutzung zu B&#252;rozwecken erlaubt gewesen sei und sie sich sodann geweigert habe, den ersten Nachtrag zum Mietvertrag zu unterschreiben, welcher ihr die Nutzung zu Wohnzwecken erlaubt h&#228;tte, handele vielmehr die Beklagte rechtsmissbr&#228;uchlich, wenn sie nunmehr im Prozess geltend mache, der Unterlassungsanspruch sei verwirkt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verj&#228;hrt. Zwar verj&#228;hre auch ein Unterlassungsanspruch in drei Jahren, wobei die Verj&#228;hrungsfrist grunds&#228;tzlich mit der Zuwiderhandlung zu laufen beginne. Im vorliegenden Fall sei jedoch von einem Dauerversto&#223; mit der Folge auszugehen, dass der Anspruch des Vermieters auf Unterlassung w&#228;hrend der Mietzeit st&#228;ndig neu entstehe und mithin w&#228;hrend der Mietzeit nicht verj&#228;hre. Die (vertragliche) Pflicht, bei Gewerberaummietverh&#228;ltnissen eine Wohnnutzung ohne Erlaubnis des Vermieters zu unterlassen, stelle eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung dar. Diese Pflicht des Mieters ersch&#246;pfe sich nicht in einer einmaligen Unterlassung, sondern gehe dahin, die Mietsache w&#228;hrend der Mietzeit zu keinem Zeitpunkt als Wohnung zu nutzen, und entstehe daher w&#228;hrend des Mietverh&#228;ltnisses st&#228;ndig neu. Bei dem Versto&#223; gegen (Dauer-)Unterlassungspflichten spr&#228;chen auch Sinn und Zweck der Verj&#228;hrungsvorschriften nicht f&#252;r eine Verj&#228;hrung des Unterlassungsanspruchs, weil keine Verdunkelungsgefahr durch Zeitablauf bestehe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Das h&#228;lt der rechtlichen Nachpr&#252;fung stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht zu der Auffassung gelangt, dass dem Kl&#228;ger gem&#228;&#223; &#167; 541 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung der R&#228;umlichkeiten im ersten Obergeschoss des Mietobjekts zu Wohnzwecken zusteht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>a) Zutreffend ist das Oberlandesgericht hierbei davon ausgegangen, dass im Rahmen eines Mietverh&#228;ltnisses ein Unterlassungsanspruch wegen einer vertragswidrigen Nutzung der Mietsache nicht auf &#167; 1004 BGB gest&#252;tzt werden kann, sondern allein &#167; 541 BGB anwendbar ist. F&#252;r den Bereich der Wohnraummiete hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 17. April 2007 - VIII ZB 93/06 - NJW 2007, 2180). Bei Mietverh&#228;ltnissen &#252;ber Gewerber&#228;ume gilt nichts anderes. Aus der systematischen Stellung des &#167; 541 BGB im "Untertitel 1. Allgemeine Vorschriften f&#252;r Mietverh&#228;ltnisse" folgt, dass die Vorschrift f&#252;r alle Mietverh&#228;ltnisse gilt und daher stets &#167; 1004 BGB verdr&#228;ngt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank Mietrecht 13. Aufl. &#167; 541 BGB Rn. 2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>b) Nach &#167; 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>aa) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts haben die Mietvertragsparteien ausschlie&#223;lich eine gewerbliche Nutzung der Mietr&#228;ume, n&#228;mlich zum Betrieb eines Rechtsanwaltsb&#252;ros (&#167; 2 Nr. 1 des Mietvertrags), vereinbart. Eine andere Nutzung der Mietr&#228;ume ist dem Mieter nach &#167; 2 Nr. 3 des Mietvertrags nur mit ausdr&#252;cklicher schriftlicher Genehmigung gestattet. Das Vorliegen einer solchen Genehmigung hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Schlie&#223;lich ist auch die W&#252;rdigung des Oberlandesgerichts, die Beklagte habe eine m&#252;ndliche Vereinbarung, mit der ihr die Nutzung der R&#228;ume im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken gestattet wurde, nicht beweisen k&#246;nnen, aus Rechtsgr&#252;nden nicht zu beanstanden. Auch die Revision erinnert hiergegen nichts.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>bb) Die tats&#228;chliche Nutzung der angemieteten R&#228;ume im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken durch die Beklagte h&#228;lt sich nicht innerhalb des vereinbarten Nutzungszwecks.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>cc) Schlie&#223;lich hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass die nach &#167; 541 BGB erforderliche Abmahnung der Beklagten erfolgt ist. Danach hat der Kl&#228;ger die Beklagte mit Schreiben vom 14. Juli 2016 unter Fristsetzung bis zum 29. Juli 2016 aufgefordert, die Nutzung des ersten Obergeschosses zu Wohnzwecken zu unterlassen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2. Rechtsfehlerfrei ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte dem Unterlassungsanspruch des Kl&#228;gers nicht die Einrede der Verj&#228;hrung entgegenhalten kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>a) Grunds&#228;tzlich unterliegt der Anspruch des Vermieters aus &#167; 541 BGB der regelm&#228;&#223;igen Verj&#228;hrung des &#167; 195 BGB mit einer Frist von drei Jahren (Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/Mersson Gewerberaummiete &#167; 541 BGB Rn. 25; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. &#167; 548 BGB Rn. 64). F&#252;r den Beginn der Verj&#228;hrung kommt es dabei nach &#167; 199 Abs. 5 BGB - neben dem Vorliegen der in &#167; 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten subjektiven Voraussetzungen - statt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs grunds&#228;tzlich auf den der Zuwiderhandlung an. Ob diese Regelung zum Verj&#228;hrungsbeginn auch dann eingreift, wenn der Mieter - wie im vorliegenden Fall - die Mietsache dauerhaft vertragswidrig nutzt, ist im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung umstritten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass auch bei einer vertragswidrigen Handlung, die eine dauernde Beeintr&#228;chtigung nach sich zieht, der Anspruch auf Beseitigung bzw. Unterlassung bereits mit Beginn der Beeintr&#228;chtigung entstehe (OLG Brandenburg NJ 2008, 176, 178; LG Halle ZMR 2014, 644, 645; LG Saarbr&#252;cken Urteil vom 24. Oktober 2008 - 5 T 48/08 - juris Rn. 57 ff. zu dem Anspruch aus &#167; 1004 Abs. 1 BGB iVm &#167; 15 Abs. 3 WEG; Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] &#167; 199 Rn. 109).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>bb) Die Gegenansicht nimmt an, dass bei einem andauernden vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache - wie der unerlaubten Nutzung von Gewerber&#228;umen zu Wohnzwecken - der Anspruch des Vermieters aus &#167; 541 BGB w&#228;hrend des bestehenden Mietverh&#228;ltnisses nicht verj&#228;hren kann (LG Hamburg ZMR 2013, 632, 634; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. &#167; 548 BGB Rn. 64; M&#252;nchKommBGB/Bieber 7. Aufl. &#167; 541 Rn. 17; BeckOK BGB/Fritzsche [Stand: 1. November 2018] &#167; 1004 Rn. 121).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>b) Die letztgenannte Ansicht trifft zu. Der aus &#167; 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verj&#228;hrt w&#228;hrend des laufenden Mietverh&#228;ltnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>aa) Der Bundesgerichtshof hat f&#252;r den Bereich des Wohnungseigentumsrechts bereits entschieden, dass bei einer zweckwidrigen Nutzung einer Teileigentumseinheit als Wohnraum der Unterlassungsanspruch der &#252;brigen Wohnungseigent&#252;mer aus &#167; 1004 Abs. 1 BGB bzw. &#167; 15 Abs. 3 WEG nicht verj&#228;hrt, solange die Nutzung andauert (BGH Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14 - NJW-RR 2015, 781 Rn. 9; vgl. auch BGH Beschluss vom 16. Juni 2011 - V ZA 1/11 - ZMR 2011, 967 Rn. 7). Zur Begr&#252;ndung wurde dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass in diesem Fall der Schwerpunkt der St&#246;rung nicht vornehmlich in der Aufnahme der zweckwidrigen Nutzung liegt, sondern die &#252;brigen Wohnungseigent&#252;mer in gleicher Weise dadurch beeintr&#228;chtigt werden, dass die zweckwidrige Nutzung dauerhaft aufrechterhalten wird (BGH Urteil vom 8. Mai 2015 - V ZR 178/14 - NJW-RR 2015, 781 Rn. 9).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>bb) Diese Erw&#228;gung tr&#228;gt auch im vorliegenden Fall. Nutzt ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten R&#228;umlichkeiten als Wohnung, liegt der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens ebenfalls nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch verletzt der Mieter fortw&#228;hrend die ihm w&#228;hrend der gesamten Dauer des Mietverh&#228;ltnisses obliegende mietvertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Dieser Dauerverpflichtung des Mieters entspricht die aus &#167; 535 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem vertragsgem&#228;&#223;en Zustand zu erhalten (vgl. Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer/Mersson Gewerberaummiete &#167; 541 BGB Rn. 2; Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. &#167; 548 BGB Rn. 64). Zu dieser hat der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits entschieden, dass sie eine vertragliche Dauerverpflichtung darstellt, die w&#228;hrend des Bestehens des Vertragsverh&#228;ltnisses schon begrifflich nicht verj&#228;hren kann, weil sie w&#228;hrend dieses Zeitraums gleichsam st&#228;ndig neu entsteht (vgl. BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292 Rn. 17). F&#252;r eine davon abweichende verj&#228;hrungsrechtliche Behandlung der Verpflichtung des Mieters, die Mietsache w&#228;hrend der gesamten Dauer des Mietverh&#228;ltnisses nur zu dem vertraglich vereinbarten Zweck zu nutzen, besteht kein Grund. In beiden F&#228;llen handelt es sich jeweils um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung. F&#252;r solche Dauerverpflichtungen hat der Bundesgerichtshof indes auch in anderem rechtlichen Zusammenhang mehrfach entschieden, dass die Verj&#228;hrung nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch andauert (vgl. BGH Urteile vom 18. September 2018 - II ZR 152/17 - NZG 2018, 1301 Rn. 18; vom 22. April 2016 - V ZR 189/15 - NJW-RR 2017, 210 Rn. 35 f.; vom 12. Juni 2015 - V ZR 168/14 - NJW-RR 2016, 24 Rn. 31 und vom 27. April 2012 - V ZR 177/11 - NJW-RR 2012, 910 Rn. 10).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>cc) Entgegen der Auffassung der Revision stehen auch Sinn und Zweck der Verj&#228;hrungsvorschriften der Annahme nicht entgegen, dass der Unterlassungsanspruch des Vermieters nach &#167; 541 BGB w&#228;hrend des laufenden Mietverh&#228;ltnisses nicht verj&#228;hren kann. Die Verj&#228;hrung beruht auf den Gedanken des Schuldnerschutzes, des Rechtsfriedens (BGH Urteil vom 25. Juli 2017 - VI ZR 222/16 - NJW 2017, 2755 Rn. 9) und der Rechtssicherheit (Senatsurteil BGHZ 128, 74 = NJW 1995, 252, 253). Sie soll den Schuldner davor sch&#252;tzen, wegen l&#228;nger zur&#252;ckliegender Vorg&#228;nge in Anspruch genommen zu werden, die er nicht mehr aufkl&#228;ren kann, weil ihm Beweismittel f&#252;r etwa begr&#252;ndete Einwendungen abhanden gekommen oder Zeugen nicht mehr auffindbar sind (BGHZ 184, 253 = NJW 2010, 1292 Rn. 18 und BGHZ 122, 241 = NJW 1993, 2054, 2055). Dabei stellt das Verj&#228;hrungsrecht die Vermutung auf, dass ein Anspruch, der aus weit zur&#252;ckliegendem Entstehungsgrund erhoben wird, m&#246;glicherweise nie entstanden oder bereits erloschen ist. Dies soll dem Schuldner die M&#246;glichkeit geben, einen Anspruch abzuwehren, ohne ihn inhaltlich bek&#228;mpfen zu m&#252;ssen. Sollte der Anspruch doch bestehen, hat der Berechtigte den Nachteil der Verj&#228;hrung durch seine Nachl&#228;ssigkeit in der Regel selbst verschuldet (BGH Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR 253/16 - NJW 2018, 2056 Rn. 25).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Diese Schuldnerschutzgedanken der Verj&#228;hrungsregelungen kommen hier nicht zum Tragen. Mit seinem Unterlassungsbegehren macht der Vermieter keinen Anspruch geltend, f&#252;r dessen Entstehung es auf einen in der Vergangenheit liegenden Vorgang ankommt. Voraussetzung f&#252;r den Anspruch des Vermieters aus &#167; 541 BGB ist, dass der Mieter im Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme die Mietsache entgegen dem vertraglich vereinbarten Zweck nutzt. Der Vermieter reagiert daher mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs auf ein gegenw&#228;rtiges und aus seiner Sicht vertragswidriges Verhalten des Mieters, um eine vertragsgem&#228;&#223;e Nutzung der Mietr&#228;ume f&#252;r die Zukunft sicherzustellen. Da somit der Ankn&#252;pfungspunkt des Unterlassungsanspruchs aus &#167; 541 BGB die gegenw&#228;rtige Nutzung der Mietsache durch den Mieter ist, treffen diesen die Nachteile, vor denen das Verj&#228;hrungsrecht den Schuldner sch&#252;tzen will, nicht. Ob hierbei im Einzelfall der Mieter aufgrund des Zeitablaufs Schwierigkeiten hat, eine vom ihm behauptete nachtr&#228;gliche &#196;nderung des Mietzwecks zu beweisen, ist ein allgemeines beweisrechtliches Problem und f&#252;r die Frage, ob die Schuldnerschutzgedanken der Verj&#228;hrungsregelungen im vorliegenden Fall ber&#252;hrt sind, ohne Bedeutung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>dd) K&#246;nnte bei einer andauernden vertragswidrigen Nutzung der Mietsache durch den Mieter der Anspruch aus &#167; 541 BGB bereits w&#228;hrend des laufenden Vertragsverh&#228;ltnisses verj&#228;hren, w&#252;rde dies schlie&#223;lich zu einem Ergebnis f&#252;hren, das mit den Rechtsfolgen der Verj&#228;hrung nicht in Einklang st&#252;nde. Grunds&#228;tzlich f&#252;hrt der Eintritt der Verj&#228;hrung nicht zum Erl&#246;schen des Anspruchs (Staudinger/Peters/Jacoby BGB [2014] &#167; 214 Rn. 36). Mit Ablauf der Verj&#228;hrungsfrist darf der Schuldner lediglich die geschuldete Leistung verweigern und erh&#228;lt die M&#246;glichkeit, durch Erhebung der Verj&#228;hrungseinrede (&#167; 214 Abs. 1 BGB) die Durchsetzbarkeit des gegen ihn gerichteten Anspruchs zu verhindern. In der hier zu entscheidenden Fallkonstellation h&#228;tte die Erhebung der Verj&#228;hrungseinrede jedoch zur Folge, dass der Vermieter anschlie&#223;end keine M&#246;glichkeit mehr h&#228;tte, die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache zu verhindern. Ihm bliebe lediglich die M&#246;glichkeit, den Mietvertrag nach &#167; 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB au&#223;erordentlich zu k&#252;ndigen, wobei hierf&#252;r eine erhebliche Gef&#228;hrdung der Mietsache sowie der Rechte des Vermieters hinzutreten m&#252;ssten. Will der Vermieter aber am Vertrag festhalten, m&#252;sste er die vertragswidrige Nutzung durch den Mieter bis zur Beendigung des Mietverh&#228;ltnisses dulden. Der Mieter w&#228;re somit durch die Erhebung der Verj&#228;hrungseinrede nicht nur vor seiner Inanspruchnahme gesch&#252;tzt, sondern er h&#228;tte es in der Hand, nur durch Zeitablauf und Erhebung der Verj&#228;hrungseinrede das Mietverh&#228;ltnis inhaltlich umzugestalten, etwa - wie im vorliegenden Fall - von der gewerblichen Nutzung zur Wohnnutzung. Dies ist nicht Sinn und Zweck der Verj&#228;hrungsvorschriften (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl Mietrecht 13. Aufl. &#167; 548 BGB Rn. 64 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>3. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Anspruch des Kl&#228;gers auf Unterlassung der vertragswidrigen Nutzung der Mietr&#228;ume zu Wohnzwecken auch nicht verwirkt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>a) Zwar kann der Anspruch nach &#167; 541 BGB grunds&#228;tzlich verwirkt werden (BeckOK BGB/Wiederhold [Stand: 1. November 2018] &#167; 541 Rn. 15). Eine Verwirkung kommt jedoch nach allgemeinen Grunds&#228;tzen nur in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht l&#228;ngere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage w&#228;re, und der Verpflichtete sich mit R&#252;cksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - FamRZ 2018, 589 Rn. 12). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs m&#252;ssen zum reinen Zeitablauf also besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umst&#228;nde hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (Senatsurteile vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 mwN und BGHZ 152, 217 = FamRZ 2002, 1698, 1699). Dementsprechend kann ein blo&#223;es Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs f&#252;r sich genommen kein berechtigtes Vertrauen des Schuldners ausl&#246;sen (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2018 - XII ZB 133/17 - FamRZ 2018, 589 Rn. 15), da der Vertrauenstatbestand nicht durch blo&#223;en Zeitablauf geschaffen werden kann (Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 11 mwN). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu w&#252;rdigenden Umst&#228;nden des Einzelfalls (Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12 - NJW-RR 2014, 195 Rn. 7 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>b) Unter Anwendung dieser Ma&#223;st&#228;be ist das Oberlandesgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass im vorliegenden Fall eine Verwirkung nach &#167; 242 BGB ausscheidet. Denn es fehlt jedenfalls an der Verwirklichung des Umstandsmoments.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>Das Oberlandesgericht hat keine ausreichenden Umst&#228;nde festgestellt, die ein Vertrauen der Beklagten rechtfertigen w&#252;rden, dass der Kl&#228;ger mit einer dauerhaften Nutzung der R&#228;umlichkeiten im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken einverstanden war. Die Revision r&#252;gt zwar in diesem Zusammenhang, das Oberlandesgericht habe den Vortrag der Beklagten nicht angemessen gew&#252;rdigt, wonach diese im Vertrauen darauf, dass ihr die Wohnnutzung gestattet gewesen sei, hohe Investitionen get&#228;tigt habe. Dabei verkennt sie allerdings, dass auch der als &#252;bergangen ger&#252;gte Vortrag der Beklagten nicht ausreichend gewesen w&#228;re, das f&#252;r die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu begr&#252;nden. Die Beklagte hat weder substantiiert vorgetragen, welche Investitionen von ihr get&#228;tigt worden sind, noch hat sie dargelegt, wann die Investitionen erfolgt sind. Der Beklagten wurde jedoch im Mai 2011 durch die &#220;bersendung des Nachtrags zum Mietvertrag, der ihr die Wohnnutzung erlaubt h&#228;tte, deutlich gemacht, dass der damalige Vermieter mit einer Nutzung der Mietr&#228;ume im ersten Obergeschoss des Anwesens ohne eine entsprechende &#196;nderung des Mietvertrags nicht einverstanden war. Zur Begr&#252;ndung des Umstandsmoments w&#228;re daher ein nachfolgendes Verhalten des Kl&#228;gers erforderlich gewesen, aus dem die Beklagte redlicher Weise den Schluss h&#228;tte ziehen k&#246;nnen, der Kl&#228;ger sei dauerhaft mit der vertragswidrigen Nutzung der Mietr&#228;ume einverstanden. Ein solches vertrauensbegr&#252;ndendes Verhalten des Kl&#228;gers hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Es ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision als &#252;bergangen ger&#252;gten Vortrag der Beklagten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dose&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Klinkhammer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">G&#252;nter</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Nedden-Boeger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Guhling&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,089
bverwg-2018-12-19-4-bn-4218
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
4 BN 42/18
2018-12-19T00:00:00
2019-02-01T13:09:15
2019-02-01T13:09:15
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:191218B4BN42.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die auf &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gest&#252;tzte Beschwerde bleibt erfolglos.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>I. Die Revision ist nicht nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grunds&#228;tzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Grunds&#228;tzlich bedeutsam im Sinne von &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Kl&#228;rung einer bisher h&#246;chstrichterlich ungekl&#228;rten, in ihrer Bedeutung &#252;ber den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, kl&#228;rungsbed&#252;rftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegr&#252;ndung muss dargelegt (&#167; 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also n&#228;her ausgef&#252;hrt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse kl&#228;rungsbed&#252;rftig und warum ihre Kl&#228;rung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 &lt;91&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>1. Die Antragsgegnerin sieht in der Sache grunds&#228;tzlichen Kl&#228;rungsbedarf,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>wie konkret die in Betracht gezogenen st&#228;dtebaulichen Ma&#223;nahmen f&#252;r den Erlass einer Vorkaufssatzung nach &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB sein m&#252;ssen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Frage f&#252;hrt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht kl&#228;rungsf&#228;hig w&#228;re. Gem&#228;&#223; &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann die Gemeinde in Gebieten, in denen sie st&#228;dtebauliche Ma&#223;nahmen in Betracht zieht, zur Sicherung einer geordneten st&#228;dtebaulichen Entwicklung durch Satzung Fl&#228;chen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundst&#252;cken zusteht. Zu den st&#228;dtebaulichen Ma&#223;nahmen im Sinne dieser Vorschrift z&#228;hlen alle Ma&#223;nahmen, die einen st&#228;dtebaulichen Bezug aufweisen und der Gemeinde dazu dienen, ihre Planungsvorstellungen zu verwirklichen. Die Gemeinde erh&#228;lt durch diese Regelung die M&#246;glichkeit, bereits im Fr&#252;hstadium der Vorbereitung st&#228;dtebaulicher Ma&#223;nahmen Grundst&#252;cke zu erwerben. F&#246;rmlich konkretisierter Planungsabsichten bedarf es daher nicht. Das Instrument des Vorkaufsrechts stellt der Gesetzgeber der Gemeinde aber nicht als Mittel einer allgemeinen Bodenbevorratung oder zum Erwerb von Grundst&#252;cken zur Verf&#252;gung, die zur Umsetzung der von ihr betriebenen Planung ersichtlich nicht ben&#246;tigt werden. (BVerwG, Beschl&#252;sse vom 14. April 1994 - 4 B 70.94 Buchholz 406.11 &#167; 25 BauGB Nr. 2 S. 3, vom 15. Februar 2000 - 4 B 10.00 - Buchholz 406.11 &#167; 25 BauGB Nr. 4 S. 2 f. und vom 8. September 2009 - 4 BN 38.09 - BRS 74 Nr. 129 Rn. 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Wie konkret die in Betracht zu ziehenden st&#228;dtebaulichen Ma&#223;nahmen bezeichnet werden m&#252;ssen, h&#228;ngt ma&#223;gebend von den Umst&#228;nden des jeweiligen Einzelfalles ab und entzieht sich rechtsgrunds&#228;tzlicher Kl&#228;rung. Die von der Antragsgegnerin formulierten Fragen k&#246;nnten nur f&#252;r eine Vielzahl von F&#228;llen im Stil eines juristischen Kommentars oder Lehrbuchs beantwortet werden. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (BVerwG, Beschl&#252;sse vom 11. Februar 2016 - 4 B 1.16 - ZfBR 2016, 372 Rn. 2 und vom 21. M&#228;rz 2018 - 4 BN 2.18 - ZfBR 2018, 469 Rn. 2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>2. Die Antragsgegnerin m&#246;chte rechtsgrunds&#228;tzlich kl&#228;ren lassen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob der notwendige Grad der Konkretisierung f&#252;r die st&#228;dtebaulichen Ma&#223;nahmen im Sinne des &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB von der Gr&#246;&#223;e der von der Vorkaufsatzung umfassten Fl&#228;che abh&#228;ngig ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Frage f&#252;hrt nicht zur Zulassung der Revision. Soweit der Fall sie aufwirft, bedarf ihre Beantwortung nicht der Durchf&#252;hrung eines Revisionsverfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Geltungsbereich des angegriffenen Vorkaufsrechts gepr&#252;ft (UA Rn. 20 f.) und dabei insbesondere auch die Fl&#228;chen quantifiziert, die der Fl&#228;chennutzungsplan der Antragsgegnerin nicht als Fl&#228;chen f&#252;r den Gemeinbedarf darstellt. Dies war rechtlich geboten: Weil das Vorkaufsrecht kein Mittel allgemeiner Bodenbevorratung ist (BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2000 - 4 B 10.00 - Buchholz 406.11 &#167; 25 BauGB Nr. 4 S. 3), muss sich der r&#228;umliche Umgriff der Satzung an &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB messen lassen. Damit tritt notwendig die Gr&#246;&#223;e des Gebiets in den Blick. Weiterer rechtsgrunds&#228;tzlicher Kl&#228;rungsbedarf ist weder dargelegt noch ersichtlich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>II. Die Revision ist nicht wegen Divergenz nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Eine die Revision gem&#228;&#223; &#167; 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO er&#246;ffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des &#167; 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 &#167; 133 &lt;n.F.&gt; VwGO Nr. 26 S. 14).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde entnimmt dem Senatsbeschluss vom 14. April 1994 - 4 B 70.94 - (Buchholz 406.11 &#167; 25 BauGB Nr. 2 S. 3) den Rechtssatz, dass es f&#252;r den Erlass einer Vorkaufssatzung nach &#167; 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB keiner f&#246;rmlich konkretisierten Planungsabsichten bed&#252;rfe. Von diesem Rechtssatz ist die Vorinstanz indes nicht abgewichen, sondern hat - damit &#252;bereinstimmend - angenommen, dass die Planvorstellungen nicht in einem f&#246;rmlichen Verfahren entwickelt sein m&#252;ssen und auch informelle Planungen f&#252;r &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ausreichen k&#246;nnen (UA Rn. 19). Aus den Ausf&#252;hrungen in Rn. 24 des Urteils folgt nichts Anderes; auch hier geht der Verwaltungsgerichtshof der Frage nach, ob eine "hinreichend konkrete informelle Planung" vorliege.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf &#167; 47 Abs. 1 und 3, &#167; 52 Abs. 1 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
175,078
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C-40/17
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ECLI:EU:C:2018:1039
<p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DES GENERALANWALTS</p> <p class="C36Centre">MICHAL BOBEK</p> <p class="C36Centre">vom 19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement">Rechtssache C&#8209;40/17</p> <p class="C37Centregras">Fashion ID GmbH &amp; Co. KG</p> <p class="C37Centregras">gegen</p> <p class="C37Centregras">Verbraucherzentrale NRW e.&#160;V.,</p> <p class="C37Centregras">Beteiligte:</p> <p class="C37Centregras">Facebook Ireland Limited,</p> <p class="C37Centregras">Landesbeauftragte f&#252;r Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen</p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts D&#252;sseldorf [Deutschland])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Richtlinie 95/46/EG&#160;&#8211; Schutz der personenbezogenen Daten der Nutzer von Webseiten&#160;&#8211; Klagebefugnis eines Verbraucherschutzverbandes&#160;&#8211; Haftung des Betreibers einer Webseite&#160;&#8211; Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte&#160;&#8211; Eingebundenes Plugin&#160;&#8211; Facebook-,Gef&#228;llt mir&#8216;-Button&#160;&#8211; Berechtigte Interessen&#160;&#8211; Einwilligung der betroffenen Person&#160;&#8211; Informationspflicht&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einf&#252;hrung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Fashion ID GmbH&#160;&amp;&#160;Co. KG ist ein Onlineh&#228;ndler f&#252;r Modeartikel. In ihre Webseite ist ein Plugin, der Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button, eingebunden. Besucht ein Nutzer die Webseite von Fashion ID, werden Facebook daher Informationen &#252;ber die IP&#8209;Adresse dieses Nutzers und der Browser-String &#252;bermittelt. Unabh&#228;ngig davon, ob der Nutzer den &#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button angeklickt hat oder &#252;ber ein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gt, erfolgt die &#220;bermittlung automatisch beim Laden der Webseite von Fashion&#160;ID.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verbraucherzentrale NRW e.&#160;V., ein deutscher Verbraucherschutzverband, hat mit der Begr&#252;ndung, die Verwendung des Plugins versto&#223;e gegen Datenschutzrecht, gegen Fashion&#160;ID eine Unterlassungsklage erhoben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das mit der Sache befasste Oberlandesgericht D&#252;sseldorf (Deutschland) ersucht nun um die Auslegung einer Reihe von Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG (im Folgenden: Richtlinie 95/46)(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>). Zun&#228;chst m&#246;chte es wissen, ob die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, die einem Verbraucherschutzverband in einem Fall wie dem vorliegenden eine Klagebefugnis einr&#228;umt. Materiell-rechtlich lautet die wichtigste Frage, ob Fashion&#160;ID in Bezug auf die erfolgende Datenverarbeitung als &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; anzusehen ist und, wenn ja, wie die einzelnen sich aus der Richtlinie 95/46 ergebenden Verpflichtungen in einer solchen Konstellation zu erf&#252;llen sind. Auf wessen &#8222;berechtigte Interessen&#8220; ist bei der nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 vorzunehmenden Abw&#228;gung abzustellen? Ist Fashion&#160;ID verpflichtet, betroffene Personen &#252;ber die Datenverarbeitung zu informieren? Und muss Fashion&#160;ID diesbez&#252;glich die in Kenntnis der Sachlage zu erteilenden Einwilligungen der betroffenen Personen einholen?</p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtsrahmen</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <i>Richtlinie 95/46</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Ziel der Richtlinie 95/46 ist in ihrem Art.&#160;1 bestimmt, dessen Abs.&#160;1 lautet: &#8222;Die Mitgliedstaaten gew&#228;hrleisten &#8230; den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsph&#228;re nat&#252;rlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten&#8220;. Nach Abs.&#160;2 dieser Bestimmung &#8222;beschr&#228;nken oder untersagen [die Mitgliedstaaten] nicht den freien Verkehr personenbezogener Daten zwischen Mitgliedstaaten aus Gr&#252;nden des gem&#228;&#223; Absatz&#160;1 gew&#228;hrleisteten Schutzes&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 enth&#228;lt Begriffsbestimmungen, und zwar bezeichnet</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;,personenbezogene Daten&#8216; alle Informationen &#252;ber eine bestimmte oder bestimmbare nat&#252;rliche Person (,betroffene Person&#8216;); als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identit&#228;t sind;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;,Verarbeitung personenbezogener Daten&#8216; (,Verarbeitung&#8216;) jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgef&#252;hrten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammen-hang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Ver&#228;nderung, das Auslesen, das Abfragen, die Benutzung, die Weitergabe durch &#220;bermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verkn&#252;pfung sowie das Sperren, L&#246;schen oder Vernichten;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;,f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8216; die nat&#252;rliche oder juristische Person, Beh&#246;rde, Einrichtung oder jede andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen &#252;ber die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Sind die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten in einzelstaatlichen oder gemeinschaftlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt, so k&#246;nnen der f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche bzw. die spezifischen Kriterien f&#252;r seine Benennung durch einzelstaatliche oder gemeinschaftliche Rechtsvorschriften bestimmt werden;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">h)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;,Einwilligung der betroffenen Person&#8216; jede Willensbekundung, die ohne Zwang, f&#252;r den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 sieht Voraussetzungen vor, die f&#252;r die Zul&#228;ssigkeit der Verarbeitung von Daten erf&#252;llt sein m&#252;ssen: &#8222;Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich erfolgen darf, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erf&#252;llt ist:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">f)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Verarbeitung ist erforderlich zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten &#252;bermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gem&#228;&#223; Artikel 1 Absatz 1 gesch&#252;tzt sind, &#252;berwiegen.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;10 legt die Informationen fest, die die betroffene Person zumindest erhalten muss: </p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Person, bei der die sie betreffenden Daten erhoben werden, vom f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen oder seinem Vertreter zumindest die nachstehenden Informationen erh&#228;lt, sofern diese ihr noch nicht vorliegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Identit&#228;t des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen und gegebenenfalls seines Vertreters,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweckbestimmungen der Verarbeitung, f&#252;r die die Daten bestimmt sind,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;weitere Informationen, beispielsweise betreffend</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Empf&#228;nger oder Kategorien der Empf&#228;nger der Daten,</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Frage, ob die Beantwortung der Fragen obligatorisch oder freiwillig ist, sowie m&#246;gliche Folgen einer unterlassenen Beantwortung,</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;das Bestehen von Auskunfts- und Berichtigungsrechten bez&#252;glich sie betreffender Daten,</p> <p class="C10Marge1">sofern sie unter Ber&#252;cksichtigung der spezifischen Umst&#228;nde, unter denen die Daten erhoben werden, notwendig sind, um gegen&#252;ber der betroffenen Person eine Verarbeitung nach Treu und Glauben zu gew&#228;hrleisten.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kapitel&#160;III der Richtlinie 95/46 betrifft Rechtsbehelfe, die Haftung und Sanktionen. Die darin enthaltenen Art.&#160;22 bis 24 sehen Folgendes vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Artikel&#160;22</p> <p class="C02AlineaAltA">Rechtsbehelfe</p> <p class="C02AlineaAltA">Unbeschadet des verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahrens, das vor Beschreiten des Rechtsweges insbesondere bei der in Artikel&#160;28 genannten Kontrollstelle eingeleitet werden kann, sehen die Mitgliedstaaten vor, dass jede Person bei der Verletzung der Rechte, die ihr durch die f&#252;r die betreffende Verarbeitung geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften garantiert sind, bei Gericht einen Rechtsbehelf einlegen kann.</p> <p class="C02AlineaAltA">Artikel&#160;23</p> <p class="C02AlineaAltA">Haftung</p> <p class="C02AlineaAltA">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass jede Person, der wegen einer rechtswidrigen Verarbeitung oder jeder anderen mit den einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht zu vereinbarenden Handlung ein Schaden entsteht, das Recht hat, von dem f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen Schadenersatz zu verlangen.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche kann teilweise oder vollst&#228;ndig von seiner Haftung befreit werden, wenn er nachweist, dass der Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, ihm nicht zur Last gelegt werden kann.</p> <p class="C02AlineaAltA">Artikel&#160;24</p> <p class="C02AlineaAltA">Sanktionen</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Ma&#223;nahmen, um die volle Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie sicherzustellen, und legen insbesondere die Sanktionen fest, die bei Verst&#246;&#223;en gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften anzuwenden sind.&#8220;</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Deutsches Recht</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <i>Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; &#167;&#160;3 Abs.&#160;1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (im Folgenden: UWG) sind unlautere gesch&#228;ftliche Handlungen unzul&#228;ssig.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wer eine unzul&#228;ssige gesch&#228;ftliche Handlung vornimmt, kann nach &#167;&#160;8 Abs.&#160;1 und&#160;3 Nr.&#160;3 UWG auf Antrag einer in der Liste nach dem Unterlassungsklagengesetz oder im Verzeichnis der Europ&#228;ischen Kommission nach Art.&#160;4 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2009/22/EG &#252;ber Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>) eingetragenen &#8222;qualifizierten Einrichtung&#8220; unter Umst&#228;nden auf Beseitigung und &#8211; auch vorbeugend &#8211; auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <i>Unterlassungsklagengesetz</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;2 Abs.&#160;1 und&#160;2 Nr.&#160;11 des Unterlassungsklagengesetzes sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Gesch&#228;ftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), kann im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. &#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschrift sind insbesondere</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">11.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Vorschriften, welche die Zul&#228;ssigkeit regeln</p> <p class="C11Marge1avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Erhebung personenbezogener Daten eines Verbrauchers durch einen Unternehmer oder</p> <p class="C11Marge1avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Verarbeitung oder der Nutzung personenbezogener Daten, die &#252;ber einen Verbraucher erhoben wurden, durch einen Unternehmer,</p> <p class="C13Marge2">wenn die Daten zu Zwecken der Werbung, der Markt- und Meinungsforschung, des Betreibens einer Auskunftei, des Erstellens von Pers&#246;nlichkeits- und Nutzungsprofilen, des Adresshandels, des sonstigen Datenhandels oder zu vergleichbaren kommerziellen Zwecken erhoben, verarbeitet oder genutzt werden&#8220;.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <i>Telemediengesetz</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;2 Abs.&#160;1 des Telemediengesetzes (im Folgenden: TMG) bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Im Sinne dieses Gesetzes</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ist Diensteanbieter jede nat&#252;rliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereith&#228;lt oder den Zugang zur Nutzung vermittelt &#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;12 Abs.&#160;1 TMG lautet: &#8222;Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten zur Bereitstellung von Telemedien nur erheben und verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdr&#252;cklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;13 Abs.&#160;1 TMG sieht vor: </p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs &#252;ber Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie &#252;ber die Verarbeitung seiner Daten in Staaten au&#223;erhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46 &#8230; in allgemein verst&#228;ndlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Bei einem automatisierten Verfahren, das eine sp&#228;tere Identifizierung des Nutzers erm&#246;glicht und eine Erhebung oder Verwendung personenbezogener Daten vorbereitet, ist der Nutzer zu Beginn dieses Verfahrens zu unterrichten. Der Inhalt der Unterrichtung muss f&#252;r den Nutzer jederzeit abrufbar sein.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;15 Abs.&#160;1 TMG lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Diensteanbieter darf personenbezogene Daten eines Nutzers nur erheben und verwenden, soweit dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme von Telemedien zu erm&#246;glichen und abzurechnen (Nutzungsdaten). Nutzungsdaten sind insbesondere</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Merkmale zur Identifikation des Nutzers,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angaben &#252;ber Beginn und Ende sowie des Umfangs der jeweiligen Nutzung und</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angaben &#252;ber die vom Nutzer in Anspruch genommenen Telemedien.&#8220;</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Fashion ID (im Folgenden: Beklagte) ist ein Onlineh&#228;ndler. Sie vertreibt &#252;ber ihre Webseite Modeartikel. Die Beklagte hat das von Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook Ireland)(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>) bereitgestellte &#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Plugin in ihre Webseite eingebunden. Folglich erscheint auf der Webseite der Beklagten der sogenannte Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Vorabentscheidungsersuchen wird ferner erl&#228;utert, wie der (nicht sichtbare) Teil des Plugins funktioniert: Sucht ein Besucher der Webseite der Beklagten die Seite auf, auf der der Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button platziert ist, sendet sein Browser automatisch Informationen betreffend seine IP&#8209;Adresse und den Browser-String an Facebook Ireland. Die &#220;bermittlung dieser Informationen erfolgt, ohne dass der Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button angeklickt zu werden braucht. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich auch, dass Facebook Ireland offenbar verschiedene Arten von Cookies (session-, datr- und fr-Cookies) auf dem Ger&#228;t des Nutzers platziert, wenn die Webseite der Beklagten besucht wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verbraucherzentrale NRW (im Folgenden: Kl&#228;gerin), ein Verbraucherschutzverband, hat vor einem Landgericht in Deutschland Klage gegen die Beklagte erhoben. Die Kl&#228;gerin beantragte, die Beklagte zu verurteilen, dass diese es unterl&#228;sst, das Social Plugin &#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220; von Facebook auf der Internetseite zu integrieren,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ohne die Nutzer der Internetseite bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anbieter des Plugins beginnt, Zugriff auf die IP&#8209;Adresse und den Browser-String des Nutzers zu nehmen, ausdr&#252;cklich und un&#252;bersehbar &#252;ber den Zweck der Erhebung und der Verwendung der so &#252;bermittelten Daten aufzukl&#228;ren und/oder</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ohne die Einwilligung der Nutzer der Internetseite zu dem Zugriff auf die IP&#8209;Adresse und den Browser-String durch den Plugin-Anbieter und zu der Datenverwendung einzuholen, jeweils bevor der Zugriff erfolgt, und/oder</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ohne die Nutzer, die ihre Einwilligung im Sinne des Klageantrags zu 2 erteilt haben, &#252;ber deren jederzeitige Widerruflichkeit mit Wirkung f&#252;r die Zukunft zu informieren, und/oder</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;zu behaupten ,Wenn Sie Nutzer eines sozialen Netzwerks sind und nicht m&#246;chten, dass das soziale Netzwerk &#252;ber unseren Internetauftritt Daten &#252;ber Sie sammelt und mit ihren bei dem sozialen Netzwerk gespeicherten Nutzerdaten verkn&#252;pft, m&#252;ssen Sie sich vor dem Besuch unseres Internetauftritts bei dem sozialen Netzwerk ausloggen&#8216;&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;gerin behauptete, Facebook Inc. oder Facebook Ireland w&#252;rden die IP&#8209;Adresse und den Browser-String speichern und mit einem bestimmten Benutzer (Mitglied oder Nichtmitglied) verkn&#252;pfen. Die Beklagte erkl&#228;rt sich hierzu mit Nichtwissen. Facebook Ireland macht geltend, Die IP&#8209;Adresse werde in eine generische IP&#8209;Adresse umgewandelt und nur noch als solche gespeichert. Eine Zuordnung der IP&#8209;Adresse und des Browser-String zu Nutzerkonten finde nicht statt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Landgericht verurteilte die Beklagte gem&#228;&#223; den ersten drei Klageantr&#228;gen. Die Beklagte legte Berufung ein. Die Kl&#228;gerin legte hinsichtlich des vierten Klageantrags Anschlussberufung ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem tats&#228;chlichen und rechtlichen Hintergrund hat das Oberlandesgericht D&#252;sseldorf beschlossen, dem Gerichtshof die folgenden Fragen vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Steht die Regelung in den Art.&#160;22, 23 und 24 der Richtlinie 95/46 einer nationalen Regelung entgegen, die neben den Eingriffsbefugnissen der Datenschutzbeh&#246;rden und den Rechtsbehelfsm&#246;glichkeiten des Betroffenen gemeinn&#252;tzigen Verb&#228;nden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einr&#228;umt, im Falle von Verletzungen gegen den Verletzer vorzugehen?</p> <p class="C02AlineaAltA">Falls die erste Frage verneint wird:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem jemand einen Programmcode in seine Webseite einbindet, der den Browser des Benutzers veranlasst, Inhalte von einem Dritten anzufordern und hierzu personenbezogene Daten an den Dritten zu &#252;bermitteln, der Einbindende &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46, wenn er selber diesen Datenverarbeitungsvorgang nicht beeinflussen kann?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Falls die zweite Frage zu verneinen ist: Ist Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 dahin auszulegen, dass er die Haftung und Verantwortlichkeit in dem Sinne abschlie&#223;end regelt, dass er einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme eines Dritten entgegensteht, der zwar nicht &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; ist, aber die Ursache f&#252;r den Verarbeitungsvorgang setzt, ohne diesen zu beeinflussen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf wessen &#8222;berechtigte Interessen&#8220; ist in einer Konstellation wie der vorliegenden bei der nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 vorzunehmenden Abw&#228;gung abzustellen? Auf das Interesse an der Einbindung von Drittinhalten oder auf das Interesse des Dritten?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">5.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wem gegen&#252;ber muss die nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a und Art.&#160;2 Buchst.&#160;h der Richtlinie 95/46 zu erkl&#228;rende Einwilligung in einer Konstellation wie der vorliegenden erfolgen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">6.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Trifft die Informationspflicht des Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 in einer Situation wie der vorliegenden auch den Betreiber der Webseite, der den Inhalt eines Dritten eingebunden hat und so die Ursache f&#252;r die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Dritten setzt?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;gerin, die Beklagte, Facebook Ireland, die Landesbeauftragte f&#252;r Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LDI NRW) sowie die belgische, die deutsche, die italienische, die &#246;sterreichische und die polnische Regierung sowie die Kommission haben schriftliche Erkl&#228;rungen eingereicht. Anl&#228;sslich der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 6.&#160;September 2018 haben die Kl&#228;gerin, die Beklagte, Facebook Ireland, die LDI NRW, die belgische, die deutsche und die &#246;sterreichische Regierung sowie die Kommission m&#252;ndliche Erkl&#228;rungen abgegeben.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den vorliegenden Schlussantr&#228;gen schlage ich vor, dass die Richtlinie 95/46 einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die einem Verbraucherschutzverband wie der Kl&#228;gerin die Befugnis einr&#228;umt, gegen eine behauptete Verletzung von Datenschutzrecht gerichtlich vorzugehen (Abschnitt&#160;A). Ferner bin ich der Auffassung, dass die Beklagte gemeinsam mit Facebook Ireland ein &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; ist, wobei ihre Haftung jedoch auf eine bestimmte Phase der Verarbeitung von Daten begrenzt ist (Abschnitt&#160;B). Drittens bin ich der Ansicht, dass bei der nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 vorzunehmenden Abw&#228;gung auf die berechtigten Interessen nicht nur der Beklagten, sondern auch auf die von Facebook Ireland abzustellen ist (daneben sind selbstverst&#228;ndlich die Rechte der betroffenen Personen zu ber&#252;cksichtigen) (Abschnitt&#160;C). Viertens muss f&#252;r die betreffende Phase der Datenverarbeitung die in Kenntnis der Sachlage zu erteilende Einwilligung der betroffenen Person gegen&#252;ber der Beklagten erkl&#228;rt werden. Die Beklagte hat au&#223;erdem die Pflicht, der betroffenen Person Informationen bereitzustellen (Abschnitt&#160;D).</p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nationale Regelung, die Verbraucherschutzverb&#228;nden eine Klagebefugnis einr&#228;umt </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der ersten Vorlagefrage m&#246;chte das vorlegende Gericht in Erfahrung bringen, ob die Richtlinie 95/46 einer nationalen Regelung entgegensteht, die Verbraucherschutzverb&#228;nden die Befugnis einr&#228;umt, gerichtlich gegen eine Person vorzugehen, die mutma&#223;lich Datenschutzrecht verletzt. Das vorlegende Gericht nimmt insoweit konkret auf die Art.&#160;22 bis 24 der Richtlinie 95/46 Bezug. Es weist darauf hin, dass die betreffende nationale Regelung als eine &#8222;geeignete Ma&#223;nahme&#8220; nach Art.&#160;24 angesehen werden k&#246;nnte. Ferner betont es, dass die Verordnung (EU) 2016/679 (im Folgenden: DSGVO)(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>), welche an die Stelle der Richtlinie 95/46 getreten ist, in ihrem Art.&#160;80 Abs.&#160;2 Vereinigungen nunmehr dieses Recht ausdr&#252;cklich verleiht(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Beklagte und Facebook Ireland machen geltend, die Richtlinie 95/46 r&#228;ume solchen Verb&#228;nden keine Klagebefugnis ein, da eine solche Klagebefugnis in der Richtlinie 95/46, die auf eine vollst&#228;ndige Harmonisierung abziele, nicht erw&#228;hnt sei. Nach Ansicht der Beklagten w&#252;rde das Einr&#228;umen einer solchen Klagebefugnis aufgrund des &#246;ffentlichen Drucks, dem die Aufsichtsbeh&#246;rden hierdurch ausgesetzt w&#252;rden, deren Unabh&#228;ngigkeit gef&#228;hrden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;gerin, die LDI&#160;NRW und alle Regierungen, die in der vorliegenden Rechtssache Stellung genommen haben, sind &#252;bereinstimmend der Ansicht, dass die Richtlinie 95/46 der betreffenden Regelung nicht entgegensteht. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit letzterer Ansicht stimme ich &#252;berein(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich halte es f&#252;r wichtig, zun&#228;chst auf die in Art.&#160;288 Art.&#160;3 AEUV niedergelegte verfassungsrechtliche (Grund&#8209;)Regel hinzuweisen, wonach eine &#8222;Richtlinie &#8230; f&#252;r jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich [ist], &#8230; jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel [&#252;berl&#228;sst]&#8220;(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hieraus folgt, dass die Ma&#223;nahmen zur Umsetzung der sich aus einer Richtlinie ergebenden Verpflichtungen im freien Ermessen der Mitgliedstaaten liegen, solange diese Ma&#223;nahmen nicht durch die Richtlinie selbst ausdr&#252;cklich ausgeschlossen werden bzw. nicht zu den Zielen der Richtlinie im Widerspruch stehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Wortlaut der Richtlinie 95/46 schlie&#223;t die M&#246;glichkeit, nach nationalem Recht Verbraucherschutzverb&#228;nden eine Klagebefugnis einzur&#228;umen, nicht ausdr&#252;cklich aus.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Betrachtet man die von der Richtlinie 95/46 verfolgten <i>Ziele</i>, z&#228;hlt hierzu, &#8222;bei der Verarbeitung personenbezogener Daten einen wirksamen und umfassenden Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten nat&#252;rlicher Personen, insbesondere des Rechts auf Privatleben zu gew&#228;hrleisten&#8220;(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>). Ferner darf nach dem zehnten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 95/46 &#8222;[d]ie Angleichung [der einzelstaatlichen] Rechtsvorschriften [in diesem Bereich] nicht zu einer Verringerung des durch diese Rechtsvorschriften garantierten Schutzes f&#252;hren, sondern muss im Gegenteil darauf abzielen, in der Gemeinschaft ein hohes Schutzniveau sicherzustellen&#8220;(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem Vorabentscheidungsersuchen kann entnommen werden, dass Deutschland Verb&#228;nden wie der Kl&#228;gerin eine Klagebefugnis einger&#228;umt hat, damit diese gegen von ihnen als unlauter erachtete gesch&#228;ftliche Handlungen oder gegen Verbraucherschutzrecht, darunter Datenschutzrecht, verletzende Praktiken vorgehen k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem Hintergrund vermag ich nicht zu erkennen, inwiefern die Einr&#228;umung einer solchen Klagebefugnis in irgendeiner Weise zu den Zielen der Richtlinie 95/46 im Widerspruch stehen oder die Bem&#252;hungen um die Erreichung dieser Ziele beeintr&#228;chtigen sollte. Wenn &#252;berhaupt, d&#252;rfte die Einr&#228;umung einer Klagebefugnis an diese Art von Verband die Erreichung dieser Ziele und die Umsetzung der Richtlinie eher f&#246;rdern, indem sie tats&#228;chlich zur St&#228;rkung der Rechte der betroffenen Personen durch ein Verbandsklagerecht beitr&#228;gt(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich bin daher der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten &#8211; wenn sie dies w&#252;nschen &#8211; nicht daran gehindert sind, eine Regelung zu treffen, die Verb&#228;nden eine Klagebefugnis wie die einr&#228;umt, die es der Kl&#228;gerin erm&#246;glicht, eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende zu erheben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angesichts dieser Antwort halte ich die Er&#246;rterungen, die sich im Laufe des vorliegenden Verfahrens ergeben und sich darauf konzentriert haben, ob die betreffende nationale Regelung im Sinne einer Art von &#8222;geeigneten Ma&#223;nahme&#8220; unter Art.&#160;24 der Richtlinie 95/46 oder aber unter Art.&#160;22 f&#228;llt, f&#252;r recht &#252;berfl&#252;ssig. Wenn die Mitgliedstaaten eine Richtlinie mit den ihnen angemessen erscheinenden Mitteln umsetzen k&#246;nnen und die besondere Art der Umsetzung weder durch den Wortlaut noch durch Ziel und Zweck der Richtlinie ausgeschlossen wird, ist der spezifische Artikel der Richtlinie, unter den eine bestimmte nationale Ma&#223;nahme subsumiert werden kann, von sekund&#228;rer Bedeutung(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>). Dennoch, dies sei hier der guten Ordnung halber klargestellt, k&#246;nnten &#8222;geeignete Ma&#223;nahmen, um die volle Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie sicherzustellen&#8220;, nach Art.&#160;24 selbstverst&#228;ndlich so ausgelegt werden, dass sie nationale Bestimmungen wie die in der vorliegenden Rechtssache angesprochenen umfassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich glaube nicht, dass diese allgemeine Schlussfolgerung durch die nachfolgenden, im Laufe dieses Verfahrens er&#246;rterten Erw&#228;gungen in irgendeiner Weise in Frage gestellt wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Erstes trifft es zu, dass die Richtlinie 95/46 nicht in der in Anhang&#160;I zur Richtlinie 2009/22 enthaltenen Liste aufgef&#252;hrt ist. Die Richtlinie enth&#228;lt Vorschriften betreffend Unterlassungsklagen, die von sogenannten &#8222;qualifizierten Einrichtungen&#8220; zur Wahrung der Gruppeninteressen von Verbrauchern erhoben werden k&#246;nnen(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>). Die Liste in Anhang&#160;I umfasst mehrere Richtlinien, nicht jedoch die Richtlinie 95/46.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedoch kann die in Anhang&#160;I der Richtlinie 2009/22 enthaltene Liste, wie von der deutschen Regierung geltend gemacht wird, nicht in dem Sinne als abschlie&#223;end angesehen werden, dass sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenst&#252;nde, die Unterlassungsklagen im Interesse der Einhaltung von Vorschriften vorsehen, die in anderen als den in Anhang&#160;I der Richtlinie 2009/22 aufgef&#252;hrten Richtlinien enthalten sind. Erst recht w&#252;rde es &#252;berraschen, wenn eine solche im Sekund&#228;rrecht enthaltene beispielhafte Liste pl&#246;tzlich dahin ausgelegt w&#252;rde, als nehme sie den Mitgliedstaaten ihr durch den Vertrag vorgesehenes Wahlrecht, wie sie eine Richtlinie umsetzen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Zweites wende ich mich dem von der Beklagten und von Facebook Ireland geltend gemachten Argument einer von der Richtlinie 95/46 herbeigef&#252;hrten vollst&#228;ndigen Harmonisierung zu, das nach deren Ansicht jedes nicht ausdr&#252;cklich vorgesehene Klagerecht ausschlie&#223;t.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es trifft zu, dass die der Richtlinie 95/46 entspringende Harmonisierung nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht auf eine Mindestharmonisierung beschr&#228;nkt ist, sondern zu einer &#8222;grunds&#228;tzlich umfassenden&#8220; Harmonisierung f&#252;hrt(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>). Zugleich ist jedoch anerkannt worden, dass diese Richtlinie &#8222;den Mitgliedstaaten einen weiten Handlungsspielraum in bestimmten Bereichen einr&#228;umt&#8220;, sofern dies im Einklang mit der Richtlinie 95/46 geschieht(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie ich bereits an anderer Stelle ausgef&#252;hrt habe(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>), kann die Frage, ob auf unionsrechtlicher Ebene eine &#8222;vollst&#228;ndige Harmonisierung&#8220; (im Sinne eines jedes gesetzgeberische T&#228;tigwerden der Mitgliedstaaten ausschlie&#223;enden Vorrangs) vorliegt, nicht allgemein, d.&#160;h. in Bezug auf ein ganzes Rechtsgebiet oder den Gegenstand einer Richtlinie, beantwortet werden. Vielmehr ist diese Pr&#252;fung in Bezug auf jede spezifische Bestimmung (eine bestimmte Regelung oder einen spezifischen Aspekt) der fraglichen Richtlinie vorzunehmen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Betrachtet man die in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehenden, &#8222;verfahrensrechtlichen&#8220; Bestimmungen der Richtlinie 95/46, n&#228;mlich die Art.&#160;22 bis 24, so f&#228;llt ihr allgemein gehaltener Wortlaut auf(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>). Angesichts dieser allgemein und abstrakt gehaltenen Bestimmungen w&#228;re es schon bemerkenswert, anzunehmen, dass sie gesetzgeberische Ausschlusswirkung entfalten, die jegliche Ma&#223;nahmen ausschlie&#223;t, die von den Mitgliedstaaten ergriffen werden k&#246;nnen, die aber nicht konkret in diesen Artikeln erw&#228;hnt werden(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Drittes betraf ein weiteres von der Beklagten vorgetragenes Argument die Bedrohung der Unabh&#228;ngigkeit der Aufsichtsbeh&#246;rden(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>). Im Wesentlichen machte sie geltend, dass Verbraucherschutzverb&#228;nde, wenn ihnen eine Klagebefugnis einger&#228;umt w&#252;rde, neben und/oder anstelle der Aufsichtsbeh&#246;rde rechtlich vorgehen w&#252;rden, was zu einem &#246;ffentlichen Druck auf die Aufsichtsbeh&#246;rde und ihre Voreingenommenheit f&#252;hren w&#252;rde und damit letztlich dem in Art.&#160;28 Abs.&#160;1 der Richtlinie niedergelegten Erfordernis der v&#246;lligen Unabh&#228;ngigkeit der Aufsichtsbeh&#246;rden zuwiderliefe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Argument hat kein Gewicht. Unter der Pr&#228;misse, dass eine solche Aufsichtsbeh&#246;rde &#252;berhaupt tats&#228;chlich vollst&#228;ndig unabh&#228;ngig ist(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>), kann ich ebenso wenig wie die deutsche Regierung erkennen, inwiefern eine Klage wie die im Ausgangsverfahren die beh&#246;rdliche Unabh&#228;ngigkeit bedrohen k&#246;nnen soll. Ein Verband kann dem Recht nicht in dem Sinne Geltung verschaffen, dass seine Beurteilung die Aufsichtsbeh&#246;rden bindet. Diese Macht liegt ausschlie&#223;lich bei den Gerichten. Ein Verbraucherschutzverband kann wie jede sonstige Person auch lediglich eine Klage erheben. Somit ist das Vorbringen, jede von einer Privatperson oder einem Verbraucherschutzverband erhobene (Privat&#8209;)Klage setze die mit der (&#246;ffentlichen) Durchsetzung betrauten Beh&#246;rden einem Druck aus und d&#252;rfe daher nicht neben einem System der &#246;ffentlichen Durchsetzung bestehen, derart abwegig, dass es einer weiter gehenden Auseinandersetzung mit dieser Argumentation nicht bedarf(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Viertes und Letztes wende ich mich dem Argument zu, Art.&#160;80 Abs.&#160;2 DSGVO sei so zu verstehen, dass eine fr&#252;here Situation ge&#228;ndert (und in ihr Gegenteil verkehrt) wird, indem etwas (eine Klagebefugnis von Verb&#228;nden) einger&#228;umt wird, was zuvor nicht zul&#228;ssig war.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Vorbringen vermag nicht zu &#252;berzeugen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass sich mit der DSGVO, die die Richtlinie 95/46 ersetzt, die Natur des Rechtsakts, in dem die Regelungen zu finden sind, von einer Richtlinie zu einer Verordnung gewandelt hat. Dieser Wandel bedeutet auch, dass im Gegensatz zu einer Richtlinie, bei der die Mitgliedstaaten die freie Wahl der Mittel haben, wie sie die Inhalte dieses Rechtsakts umsetzen, nationale Vorschriften zur Durchf&#252;hrung einer Verordnung grunds&#228;tzlich nur dann erlassen werden d&#252;rfen, wenn hierf&#252;r eine ausdr&#252;ckliche Erm&#228;chtigung vorliegt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesem Blickwinkel betrachtet ist das Argument fragw&#252;rdig, der nunmehr in der DSGVO enthaltenen ausdr&#252;cklichen Bestimmung &#252;ber die Klagebefugnis von Verb&#228;nden sei zu entnehmen, dass die Richtlinie 95/46 einer Klagebefugnis entgegengestanden habe. Wenn aus einer solchen Gegen&#252;berstellung &#252;berhaupt ein Argument abgeleitet werden kann(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>), w&#228;re es eher das Gegenteilige: Wenn die Richtlinie (auf der Grundlage meiner obigen Argumente) dem Erlass von Vorschriften zur Einr&#228;umung einer solchen Klagebefugnis nicht entgegenstand, w&#252;rde der Wandel der Rechtsform von einer Richtlinie zur Verordnung es rechtfertigen, eine solche Bestimmung in die Verordnung aufzunehmen, um zu verdeutlichen, dass ein solches Klagerecht tats&#228;chlich weiterhin besteht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen gelange ich daher zu meinem ersten Zwischenergebnis, dass die Richtlinie 95/46 einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die gemeinn&#252;tzigen Verb&#228;nden die Befugnis einr&#228;umt, zur Wahrung der Interessen der Verbraucher rechtlich gegen den mutma&#223;lichen Verletzer von Datenschutzrecht vorzugehen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist Fashion&#160;ID ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht kl&#228;ren lassen, ob die Beklagte dadurch, dass sie auf ihrer Webseite ein Plugin eingebunden hat, das den Browser des Benutzers veranlasst, Inhalte von einem Dritten anzufordern und personenbezogene Daten an den Dritten &#252;bermittelt, selbst dann als ein &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 anzusehen ist, wenn sie selbst diesen Datenverarbeitungsvorgang nicht beeinflussen kann.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die vom vorlegenden Gericht in seiner Frage angesprochene fehlende <i>M&#246;glichkeit der Beeinflussung des Datenverarbeitungsvorgangs</i> angeht, verstehe ich diese im Kontext des vorliegenden Falles so, dass sie sich nicht auf das <i>Ausl&#246;sen</i> des Vorgangs der &#220;bermittlung dieser Daten bezieht (denn rein tats&#228;chlich hat die Beklagte ja insoweit eindeutig einen Einfluss, als sie das betreffende Plugin eingebunden hat). Die fehlende M&#246;glichkeit scheint sich eher auf die etwaige <i>nachfolgende Verarbeitung</i> der Daten durch Facebook Ireland zu beziehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie das vorlegende Gericht angemerkt hat, birgt die Antwort auf seine zweite Frage Implikationen, die weit &#252;ber den vorliegenden Fall und das von Facebook Ireland betriebene soziale Netzwerk hinausgehen. Denn in eine ganze Reihe von Webseiten sind Drittinhalte unterschiedlicher Arten eingebunden. W&#228;re eine Person wie die Beklagte als ein &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; einzustufen, der deshalb eine (Mit&#8209;)Verantwortung f&#252;r eine (nachfolgende) Verarbeitung der zuvor erhobenen Daten tr&#228;gt, weil der betreffende Webseiten-Betreiber Drittinhalte eingebunden hat, die die &#220;bermittlung solcher Daten erm&#246;glichen, so h&#228;tte eine solche Aussage tats&#228;chlich weitreichendere Auswirkungen auf die Art und Weise des Umgangs mit Drittinhalten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Innerhalb der Struktur der vorliegenden Rechtssache ist die zweite Frage zudem die Schl&#252;sselfrage, die das Kernproblem erfasst: <i>Wer</i> tr&#228;gt die Verantwortung in F&#228;llen, in denen Drittinhalte in eine Webseite eingebunden werden, und <i>wof&#252;r</i> genau? Auch hat die (Un&#8209;)Genauigkeit bei der Beantwortung dieser Frage Auswirkungen auf die Antworten auf die sich anschlie&#223;enden Fragen nach den berechtigten Interessen, der Einwilligung und der Informationspflicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Abschnitt werde ich zun&#228;chst einige einleitende Bemerkungen zu dem f&#252;r den vorliegenden Fall bedeutsamen Begriff der personenbezogenen Daten machen&#160;(1). Anschlie&#223;end stelle ich neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs vor, der gegebenenfalls zu entnehmen ist, wie die zweite Frage beantwortet werden k&#246;nnte, falls die fr&#252;heren Entscheidungen des Gerichtshofs ohne Er&#246;rterung weiter gehender Fragen betrachtet werden k&#246;nnen&#160;(2). Sodann erl&#228;utere ich, warum vielleicht weitere Fragen gestellt werden und die etwas genauere Analyse im Kontext des vorliegenden Falles vertieft werden sollten&#160;(3). Abschlie&#223;end werde ich zwecks Bestimmung des Begriffs der (gemeinsamen) Verantwortlichkeit f&#252;r die Verarbeitung von Daten die Einheit aus &#8222;Zwecken und Mitteln&#8220; hervorheben, die im Verh&#228;ltnis der (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen in Bezug auf die jeweilige Phase der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenverarbeitungsvorgang) vorliegen sollte&#160;(4).</p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Begriff &#8222;personenbezogene Daten&#8220; in der vorliegenden Rechtssache</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist daran zu erinnern, dass der Begriff &#8222;personenbezogene Daten&#8220; in Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 &#8222;alle Informationen &#252;ber eine bestimmte oder bestimmbare nat&#252;rliche Person (,betroffene Person&#8216;)&#8220; bezeichnet. Im 26.&#160;Erw&#228;gungsgrund dieser Richtlinie wird dazu erl&#228;utert, dass &#8222;[b]ei der Entscheidung, ob eine Person bestimmbar ist, &#8230; alle Mittel ber&#252;cksichtigt werden [sollten], die vern&#252;nftigerweise entweder von dem Verantwortlichen f&#252;r die Verarbeitung oder von einem Dritten eingesetzt werden k&#246;nnten, um die betreffende Person zu bestimmen&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat bereits klargestellt, dass IP&#8209;Adressen unter bestimmten Umst&#228;nden personenbezogene Daten darstellen k&#246;nnen(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>). Er hat ferner festgestellt, dass es f&#252;r diese Zwecke, damit &#8222;eine bestimmbare Person&#8220; im Sinne des Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 angenommen werden kann &#8222;nicht erforderlich ist, dass die Information f&#252;r sich genommen die Identifizierung der betreffenden Person erm&#246;glicht&#8220;, und dass gegebenenfalls auf zus&#228;tzliche Informationen zur&#252;ckgegriffen werden muss. Des Weiteren ist &#8222;[es] nicht erforderlich&#160;&#8230;, dass sich alle zur Identifizierung der betreffenden Person erforderlichen Informationen in den H&#228;nden einer einzigen Person befinden&#8220;, sofern die M&#246;glichkeit der Verkn&#252;pfung der jeweiligen Informationen &#8222;ein Mittel darstellt, das vern&#252;nftigerweise zur Bestimmung der betreffenden Person eingesetzt werden kann&#8220;(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht hat nicht er&#246;rtert, ob die IP&#8209;Adresse f&#252;r sich genommen oder zusammen mit dem ebenfalls &#252;bermittelten Browser-String personenbezogene Daten im Sinne dieser Kriterien darstellen. Facebook Ireland tritt dieser Einstufung offenbar entgegen(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies zu pr&#252;fen, ist eindeutig Sache des nationalen Gerichts. Im Allgemeinen gilt f&#252;r eingebundene Plugins oder sonstige Drittinhalte, dass die Information f&#252;r ihre Einstufung als personenbezogen zwingend die (direkte oder indirekte) Identifizierung der betroffenen Person erm&#246;glichen muss. F&#252;r die Zwecke der vorliegenden Rechtssache gehe ich davon aus, dass, wie es sich aus den Fragen des vorlegenden Gerichts zu ergeben scheint, in einer Konstellation wie der des Ausgangsverfahrens die IP&#8209;Adresse und der Browser-String tats&#228;chlich personenbezogene Daten darstellen und die vom Gerichtshof klargestellten Kriterien des Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie erf&#252;llen.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein locuta, causa finita?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die Antwort auf die zweite Frage angeht, machen die Beklagte und Facebook Ireland geltend, dass die Beklagte nicht als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher angesehen werden k&#246;nne, da sie keinen Einfluss auf die sp&#228;ter personenbezogenen Daten habe, die verarbeitet w&#252;rden. Daher k&#246;nne nur Facebook Ireland als ein solcher eingestuft werden. Hilfsweise tr&#228;gt Facebook Ireland vor, dass die Beklagte mit ihr zusammen, d.&#160;h. als ein gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher, handele, wobei die Verantwortlichkeit einer Person wie der Beklagten allerdings auf ihren tats&#228;chlichen Einflussbereich beschr&#228;nkt sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;gerin, LDI NRW und s&#228;mtliche Regierungen, die in der vorliegenden Rechtssache Erkl&#228;rungen abgegeben haben, sowie die Kommission vertreten im Wesentlichen &#252;bereinstimmend den Standpunkt, dass der Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; weit gefasst sei und die Beklagte umfasse. Hinsichtlich des genauen Umfangs der Verantwortlichkeit der Beklagten weichen die in diesen Erkl&#228;rungen vertretenen Auffassungen jedoch erheblich voneinander ab. Die Unterschiede betreffen die Frage, ob die Beklagte und Facebook Ireland als gemeinsam verantwortlich angesehen werden sollten oder nicht, ob ihre gemeinsame Verantwortlichkeit auf die Phase der Verarbeitung personenbezogener Daten beschr&#228;nkt sein sollte, in der die Beklagte tats&#228;chlich beteiligt ist, und ob in diesem Zusammenhang zwischen den Besuchern der Webseite der Beklagten, die &#252;ber ein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gen, und solchen, die kein solches Konto haben, unterschieden werden sollte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Ausgangspunkt ist klar, dass der Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; nach Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 eine Person erfasst, die &#8222;<i>allein oder gemeinsam</i> mit anderen &#252;ber die <i>Zwecke und Mittel</i> der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet&#8220;(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>). Der Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; kann sich daher auf mehrere an der Verarbeitung personenbezogener Daten beteiligte Akteure beziehen(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>) und sollte weit ausgelegt werden(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der Frage einer gemeinsamen Verantwortlichkeit f&#252;r die Verarbeitung von Daten hat sich der Gerichtshof k&#252;rzlich im Urteil Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein befasst(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>).<i/>In Bezug auf die Rolle des Betreibers einer Facebook-Fanpage ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betreiber gemeinsam mit Facebook Ireland als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 gehandelt habe. Der Betreiber sei n&#228;mlich gemeinsam mit Facebook Ireland an der Entscheidung &#252;ber die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten der Besucher der Fanpage beteiligt gewesen(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Konkret hat der Gerichtshof ausgef&#252;hrt, dass der Betreiber es durch die Einrichtung der betreffenden Fanpage Facebook Ireland erm&#246;glicht habe, &#8222;auf dem Computer oder jedem anderen Ger&#228;t der Person, die seine Fanpage besucht hat, Cookies zu platzieren&#8220;, und so personenbezogene Daten zu verarbeiten(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>). Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass &#8222;die Einrichtung einer Fanpage auf Facebook von Seiten ihres Betreibers eine Parametrierung u.&#160;a. entsprechend seinem Zielpublikum sowie den Zielen der Steuerung oder F&#246;rderung seiner T&#228;tigkeiten impliziert, die sich auf die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Erstellung der aufgrund der Besuche der Fanpage erstellten Statistiken auswirkt&#8220;(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>). Die betreffende Datenverarbeitung erm&#246;glicht es Facebook Ireland, &#8222;sein System der Werbung &#8230; zu verbessern&#8220;, und zum anderen habe der Betreiber zum Zweck der besseren Steuerung der Vermarktung seiner T&#228;tigkeit anonymisierte Statistiken erhalten(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof gelangte zu dem Ergebnis, dass der betreffende Betreiber durch &#8222;die von ihm vorgenommene Parametrierung&#8220; an der Entscheidung &#252;ber die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten der Besucher seiner Fanpage beteiligt gewesen sei. Daher sei er als gemeinsam mit Facebook Ireland f&#252;r diese Verarbeitung Verantwortlicher (mit &#8222;noch h&#246;herer&#8220; Verantwortlichkeit hinsichtlich der personenbezogenen Daten von Personen, die keine Facebook-Nutzer seien) anzusehen(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Urteil Jehovan todistajat<i/>hob der Gerichtshof eine weitere wichtige Klarstellung zum Begriff des gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen hervor: Eine gemeinsame Verantwortlichkeit mehrerer Akteure setzt nicht voraus, dass jeder von ihnen Zugang zu (den bzw. s&#228;mtlichen) personenbezogenen Daten hat. Somit konnte eine Religionsgemeinschaft auch in den F&#228;llen ein gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher sein, in denen die Gemeinschaft selbst offenbar keinen Zugang zu den betreffenden erhobenen Daten hatte. In diesem Fall waren die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas im Besitz der personenbezogenen Daten. Es gen&#252;gte, dass diese Gemeinschaft die Verk&#252;ndigungst&#228;tigkeit, in deren Rahmen offenbar personenbezogene Daten erhoben wurden, organisierte, koordinierte und zu ihr ermunterte(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Von einem h&#246;heren Abstraktionsniveau ausgehend und bei Konzentration auf den Begriff der gemeinsamen Verantwortlichkeit f&#252;r die Verarbeitung bin ich angesichts dieser k&#252;rzlich ergangenen Entscheidungen geneigt, der Schlussfolgerung zuzustimmen, dass die Beklagte als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher t&#228;tig wird und gemeinsam mit Facebook Ireland f&#252;r die Verarbeitung von Daten verantwortlich ist(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Erstens hat die Beklagte es Facebook Ireland durch die Verwendung des betreffenden Plugins offenbar erm&#246;glicht, personenbezogene Daten von den Nutzern der Webseite der Beklagten zu erlangen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens ist die Beklagte anders als der Webseiten-Betreiber in der Rechtssache Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein zwar offenbar nicht an der Parametrisierung von Informationen &#252;ber die Nutzer ihrer Webseite, welche ihr in anonymisierter oder sonstiger Form zur&#252;ck&#252;bermittelt werden, beteiligt. Der angestrebte &#8222;Nutzen&#8220; scheint in der kostenlosen Werbung f&#252;r ihre Produkte zu liegen, die offenbar stattfindet, wenn der Besucher ihrer Webseite auf den Facebook-&#8222;Gef&#228;llt mir&#8220;-Button klickt, um seine Gedanken &#8211; sagen wir zu einem schwarzen Cocktailkleid &#8211; mit anderen &#252;ber sein Facebook-Nutzerkonto zu teilen. Vorbehaltlich einer Sachverhaltspr&#252;fung durch das vorlegende Gericht erm&#246;glicht die Verwendung des Plugins es der Beklagten also offenbar, die Werbung f&#252;r ihre Produkte zu optimieren, indem sie diese auf Facebook sichtbar machen kann.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter einem anderen Blickwinkel betrachtet k&#246;nnte man von der Beklagten aber sagen, dass sie an der Parametrisierung der erhobenen Daten schon dadurch beteiligt ist, dass sie das betreffende Plugin in ihre Webseite einbindet. Denn bereits das Plugin selbst gibt Parameter f&#252;r die zu erhebenden personenbezogenen Daten vor. Indem die Beklagte das betreffende Tool also freiwillig in ihre Webseite einbindet, hat sie die besagten Parameter in Bezug auf die Besucher ihrer Webseite festgelegt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens kann eine Person im Licht des Urteils Jehovan todistajat in jedem Fall als gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher eingestuft werden, selbst wenn sie nicht einmal Zugang zu den &#8222;Fr&#252;chten der gemeinsamen Arbeit&#8220; hat. Demnach scheint der Umstand, dass die Beklagte keinen Zugang zu den an Facebook weitergegebenen Daten hat oder dass sie keine ma&#223;geschneiderten oder aggregierten statistischen Daten zur&#252;ckerh&#228;lt, nicht von entscheidender Bedeutung zu sein.</p> <p class="C23Titrenumerote3">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu den Problemen: Wann also ist eine Person kein gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wird ein wirksamer Schutz besser erreicht, wenn alle f&#252;r die Sicherstellung dieses Schutzes verantwortlich gemacht werden?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies ist zusammengefasst das tiefer gehende moralische und praktische Dilemma, das durch den vorliegenden Fall zutage tritt und in rechtlicher Hinsicht seinen Ausdruck in der Reichweite der Definition des (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen findet. In dem verst&#228;ndlichen Bestreben, den wirksamen Schutz personenbezogener Daten sicherzustellen, hat die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs auf die Frage nach einer enger oder weiter ausfallenden Definition des Begriffs des (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen einen sehr inklusiven Ansatz verfolgt. Bisher war der Gerichtshof jedoch im Zusammenhang mit den sich anschlie&#223;enden Fragen nach den konkreten Pflichten und der spezifischen Haftung der Beteiligten, die als gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche eingestuft werden, noch nicht mit den praktischen Implikationen eines derart umfassenden definitorischen Ansatzes befasst. Da die vorliegende Rechtssache genau diese Gelegenheit einer Kl&#228;rung er&#246;ffnet, schlage ich vor, sie zu ergreifen, um die definitorische Genauigkeit zu erh&#246;hen, die in Bezug auf den Begriff der (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen gegeben sein sollte.</p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur Verpflichtung und Verantwortlichkeit</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nimmt man den einschl&#228;gigen Test zur Erkennung eines &#8222;gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen&#8220; genauer unter die Lupe, scheint nach den Urteilen Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein und Jehovan todistajat das entscheidende Kriterium zu sein, dass die fragliche Person die Erhebung und &#220;bermittlung personenbezogener Daten &#8222;erm&#246;glichte&#8220;, und zwar gegebenenfalls verkn&#252;pft mit einem gewissen Input, den ein solcher gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher in Bezug auf die Parametrisierung hat (und bestehe er auch nur in einer stillschweigenden Billigung der vorgenommenen Parametrisierung)(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>). Sollte dies tats&#228;chlich der Fall sein, ist entgegen einer entsprechenden, im Urteil Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>)<i/>deutlich formulierten Absicht, genau dies auszuschlie&#223;en, schwerlich erkennbar, warum normale Nutzer einer Online-Anwendung, ob nun eines sozialen Netzwerks, einer sonstigen interaktiven Plattform oder anderer Programme(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>), nicht ebenfalls gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche sein sollten. Ein Benutzer wird sein Nutzerkonto typischerweise einrichten, indem er dem Administrator Parameter bereitstellt, wie sein Nutzerkonto aufgebaut sein soll und welche Informationen er &#252;ber was und von wem zu erhalten w&#252;nscht. Er wird au&#223;erdem seine Freunde, Kollegen und sonstige Personen einladen, Informationen in Gestalt von (h&#228;ufig recht sensiblen) personenbezogenen Daten &#252;ber die Anwendung zu teilen, wobei er nicht nur Daten betreffend diese Personen bereitstellt, sondern sie auch einl&#228;dt, sich ihrerseits einzubringen, wodurch er eindeutig zur Erlangung und Verarbeitung personenbezogener Daten dieser Personen beitr&#228;gt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was ist au&#223;erdem mit den sonstigen Beteiligten in einer &#8222;Kette personenbezogener Daten&#8220;? W&#228;ren, wenn man es auf die Spitze treibt und das einzige ma&#223;gebliche Kriterium f&#252;r eine gemeinsame Verantwortlichkeit f&#252;r die Verarbeitung darin besteht, die Verarbeitung von Daten erm&#246;glicht zu haben, also in einer beliebigen Phase der Verarbeitung im Ergebnis einen tats&#228;chlichen Beitrag zu leisten, nicht auch der Internetdienstanbieter, der die Datenverarbeitung erm&#246;glicht, weil er den Zugang zum Internet gew&#228;hrt, oder gar der Stromversorger gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche, die eine gemeinsame Haftung f&#252;r die Verarbeitung von personenbezogenen Daten treffen k&#246;nnte?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die intuitive Antwort hierauf lautet selbstverst&#228;ndlich &#8222;nein&#8220;. Das Problem liegt darin, dass die Abgrenzung der Verantwortlichkeit sich bisher nicht aus dem weiten Begriff des gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen ergibt. Die Gefahr einer zu weit gefassten Definition besteht darin, dass sie eine ganze Reihe von Personen gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung von personenbezogenen Daten verantwortlich sein l&#228;sst.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegensatz zu den im vorstehenden Abschnitt dargestellten F&#228;llen enden die vom vorlegenden Gericht in dieser Rechtssache gestellten Fragen nicht an dem Punkt, wie der Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; zu definieren ist. Sie greifen hiermit im Zusammenhang stehende Fragen der Zuweisung von konkret aus der Richtlinie 95/46 resultierenden Verpflichtungen auf und gehen diesen weiter nach. Die betreffenden Fragestellungen selbst verdeutlichen die Probleme einer zu umfassenden Definition des &#8222;gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen&#8220;, und zwar insbesondere im Zusammenhang mit dem Fehlen einer pr&#228;zisen Vorschrift dar&#252;ber, welche konkreten Pflichten und Verantwortlichkeiten genau sich f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen aus der Richtlinie 95/46 ergeben. Die Erkl&#228;rungen der Parteien zu den Fragen 5 und 6, die sich mit der genauen Zuweisung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verantwortlichkeiten befassen, veranschaulichen dies gut.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der f&#252;nften Frage soll in Erfahrung gebracht werden, <i>wer</i> die Einwilligung der betroffenen Person f&#252;r <i>welchen Zweck</i> einzuholen hat. Die auf diese Frage vorgeschlagenen Antworten unterscheiden sich erheblich.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;gerin und die LDI&#160;NRW vertreten die Ansicht, die Verpflichtung zur Einholung der in Kenntnis der Sachlage zu erteilenden Einwilligung der betroffenen Person liege bei der Beklagten, die die Entscheidung getroffen habe, das betreffende Plugin einzubinden. Dies ist nach Ansicht der Kl&#228;gerin vor allem f&#252;r Nutzer von Bedeutung, die &#252;ber kein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gen und der Geltung der Nutzungsbedingungen von Facebook nicht zugestimmt haben. Die Beklagte vertritt den Standpunkt, die Einwilligung m&#252;sse gegen&#252;ber dem Dritten erkl&#228;rt werden, der die eingebundenen Inhalte bereitstelle, also Facebook Ireland. Facebook Ireland ist der Auffassung, die Einwilligung sei nicht an einen bestimmten Adressaten zu richten, da die Richtlinie 95/46 lediglich angebe, dass die Einwilligung ohne Zwang, f&#252;r den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erteilt werden m&#252;sse.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#214;sterreich, Deutschland und Polen machen geltend, die Einwilligung m&#252;sse erteilt werden, bevor eine Verarbeitung von Daten erfolge, und nach dem Vorbringen &#214;sterreichs muss sie sich sowohl auf die Erhebung als auch auf die m&#246;gliche &#220;bermittlung von Daten erstrecken. Polen hebt hervor, dass die Einwilligung der Beklagten erteilt werden m&#252;sse. Deutschland vertritt die Auffassung, dass sie gegen&#252;ber der Beklagten oder dem Dritten, der die eingebundenen Inhalte bereitstelle (Facebook Ireland), erkl&#228;rt werden m&#252;sse, weil beide gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung verantwortlich seien. Die Beklagte m&#252;sse sich lediglich die Einwilligung f&#252;r die Daten&#252;bermittlung an den Dritten erteilen lassen, da sie in Bezug auf alle sonstigen Datenverarbeitungsvorg&#228;nge und die Verwendung der erhobenen Daten nicht mehr als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche t&#228;tig werde. Dies schlie&#223;e jedoch nicht die M&#246;glichkeit aus, dass dem Betreiber der Webseite die Einwilligung in die durch den Dritten erfolgende Verarbeitung erteilt werde, f&#252;r die gegebenenfalls eine die beiden verbindende Vereinbarung gelte. Italien macht geltend, die Einwilligung m&#252;sse gegen&#252;ber all denen erkl&#228;rt werden, die an der Verarbeitung personenbezogener Daten beteiligt seien, d.&#160;h. gegen&#252;ber der Beklagten und Facebook Ireland. Belgien und die Kommission heben hervor, dass die Richtlinie 95/46 keine Angabe dazu mache, wem gegen&#252;ber die Einwilligung erkl&#228;rt werden m&#252;sse.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#196;hnlich vielf&#228;ltige Auffassungen gibt es dazu, <i>wen</i> die Informationspflicht aus Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 mit genau <i>welchem Inhalt</i> trifft, was mit der sechsten Frage des vorlegenden Gerichts thematisiert wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht der Kl&#228;gerin ist der Betreiber der Webseite verpflichtet, der betroffenen Person die notwendigen Informationen mitzuteilen. Die Beklagte argumentiert umgekehrt, indem sie betont, die Informationspflicht treffe Facebook Ireland, weil die Beklagte &#252;ber keine genauen Erkenntnisse verf&#252;ge. In &#228;hnlicher Weise hebt auch Facebook Ireland hervor, die Informationspflicht treffe sie, da sich diese Verpflichtung nur an den f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen oder dessen Vertreter richte. Die Antwort auf die sechste Vorlagefrage sei eng damit verkn&#252;pft, ob der Betreiber der Webseite ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher sei. Art.&#160;10 verdeutliche, dass es unangemessen sei, den Betreiber einer Webseite als einen f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen einzustufen, da er zur Bereitstellung von Informationen nicht in der Lage sei. Die LDI NRW ist der Auffassung, dass die Informationen vom Betreiber der Webseite erteilt werden m&#252;ssen, erkennt jedoch an, wie schwierig es zu bestimmen ist, welche Informationen mitgeteilt werden sollten, da die Beklagte keinen Einfluss auf die durch Facebook Ireland erfolgende Verarbeitung von Daten hat. Das Ineinandergreifen der Datenverarbeitungsziele lege nahe, dass der Betreiber der Webseite f&#252;r die von ihm erm&#246;glichte Verarbeitung Mitverantwortung tragen sollte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Belgien, Italien und Polen f&#252;hren aus, die Informationspflicht gelte auch f&#252;r einen Webseiten-Betreiber wie den hier in Rede stehenden, da er als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher einzustufen sei. Belgien erg&#228;nzt, dass den Webseiten-Betreiber auch eine Verpflichtung treffen k&#246;nnte, den Zweck der sich anschlie&#223;enden Verarbeitung von Daten zu &#252;berpr&#252;fen und angemessene Vorkehrungen zu treffen, um den Schutz nat&#252;rlicher Personen sicherzustellen. Die deutsche Regierung macht geltend, die Informationspflicht treffe den Betreiber einer Webseite insoweit, als er f&#252;r die Verarbeitung verantwortlich sei, n&#228;mlich f&#252;r die &#220;bermittlung von Daten an den externen Bereitsteller der eingebundenen Inhalte, nicht jedoch f&#252;r alle nachfolgenden Datenverarbeitungsvorg&#228;nge, die in der Verantwortung des externen Inhalte-Bereitstellers erfolgen. Nach Ansicht &#214;sterreichs und der Kommission unterliegen sowohl der Betreiber der Webseite als auch der externe Bereitsteller von Inhalten der Informationspflicht aus Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;ber die durch die Fragen 5 und 6 aufgeworfenen Probleme hinaus mag hier erg&#228;nzt werden, dass wahrscheinlich &#228;hnliche begriffliche Schwierigkeiten auftreten, wenn man andere durch die Richtlinie 95/46 festgelegte Verpflichtungen wie das Auskunftsrecht nach deren Art.&#160;12 betrachtet. Zwar hat der Gerichtshof im Urteil Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein ausgef&#252;hrt, dass &#8222;[d]ie Richtlinie 95/46 &#8230; nicht [verlangt], dass bei einer gemeinsamen Verantwortlichkeit mehrerer Betreiber f&#252;r dieselbe Verarbeitung jeder Zugang zu den betreffenden personenbezogenen Daten hat&#8220;(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>). Doch kann ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher, der selbst keinen Zugang zu Daten hat, f&#252;r die er gleichwohl aber als (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher eingestuft wird, einer betroffenen Person diesen Zugang verst&#228;ndlicherweise nicht gew&#228;hren (geschweige denn weitere Vorg&#228;nge wie die Berichtigung oder L&#246;schung von Daten vornehmen).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit f&#228;llt der Mangel an begrifflicher Klarheit in die eine Richtung (wer ist gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher und in Bezug auf was genau), die in manchen F&#228;llen zu einer Unklarheit in die andere Richtung (wen treffen welche Verpflichtungen) f&#252;hren kann, in einen Bereich, in dem einem potenziellen gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen die Erf&#252;llung geltenden Rechts tats&#228;chlich unm&#246;glich ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Selbstverst&#228;ndlich k&#246;nnte man vorschlagen, dass zur genauen Zuordnung der Verantwortlichkeit unter den (m&#246;glicherweise recht zahlreichen) gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen Vertr&#228;ge geschlossen werden sollten. Diese w&#252;rden nicht nur f&#252;r eine Verteilung der Verantwortlichkeit sorgen, sondern auch die Partei festlegen, die die jeweiligen Verpflichtungen nach der Richtlinie, einschlie&#223;lich derer zu erf&#252;llen h&#228;tte, die physisch nur von einer Partei erf&#252;llt werden k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point86">86.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich halte diesen Vorschlag f&#252;r &#228;u&#223;erst problematisch. Erstens ist er unter Ber&#252;cksichtigung des dichten Netzes von Formularvertr&#228;gen, die von jedem beliebigen Beteiligten, darunter sehr wahrscheinlich auch von einer Reihe von regul&#228;ren Nutzern, abgeschlossen werden m&#252;ssten, g&#228;nzlich unrealistisch(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>). Zweitens w&#252;rden die Anwendung geltenden Rechts und die danach vorgesehene Verteilung von Verantwortlichkeit von privatrechtlichen Vertr&#228;gen abh&#228;ngig gemacht, auf die Dritte, die die ihnen zustehenden Rechte durchsetzen wollen, wom&#246;glich keinen Zugriff h&#228;tten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point87">87.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens wird mit Art.&#160;26 DSGVO, dies sei hier vielleicht unter teilweiser Vorwegnahme einiger dieser Fragen angemerkt, offenbar ein neues System der gemeinsamen Haftung eingef&#252;hrt. Zweifellos ist die DSGVO <i>ratione temporis</i> auf die in diesem Abschnitt er&#246;rterten F&#228;lle und auch auf die vorliegende Rechtssache nicht anwendbar. Doch w&#228;re es recht &#252;berraschend, wenn die Auslegung von Schl&#252;sselbegriffen, darunter die des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen, der Verarbeitung und der personenbezogenen Daten, (ohne guten Grund) erheblich von der bestehenden Rechtsprechung abwiche, es sei denn, die Neuregelung s&#228;he eine konkrete oder systematische &#196;nderung der ma&#223;geblichen Begriffsbestimmungen vor, was nicht der Fall zu sein scheint, weil Art.&#160;4 der DSGVO (allerdings unter Hinzuf&#252;gung einer Reihe von neuen Begriffsbestimmungen) weitgehend dieselben Schl&#252;sselbegriffe wie Art.&#160;2 der Richtlinie 95/46 enth&#228;lt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point88">88.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn dem tats&#228;chlich so w&#228;re, w&#252;rde das mit Art.&#160;26 Abs.&#160;3 der DSGVO offenbar eingef&#252;hrte System der gemeinsamen Haftung von gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen zu einer erheblichen Herausforderung. Einerseits k&#246;nnen gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche nach Art.&#160;26 Abs.&#160;1 der DSGVO &#8222;[festlegen], wer von ihnen welche Verpflichtung &#8230; erf&#252;llt&#8220;. Andererseits stellt Art.&#160;26 Abs.&#160;3 der DSGVO klar, dass &#8222;die betroffene Person ihre Rechte&#8220; ungeachtet einer solchen Vereinbarung &#8222;bei und gegen&#252;ber jedem einzelnen der Verantwortlichen geltend machen [kann]&#8220;. Somit kann jeder der gemeinsam Verantwortlichen f&#252;r die fragliche Verarbeitung von Daten haftbar gemacht werden.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Betrachtung des gro&#223;en Ganzen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point89">89.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor langer Zeit (bestimmte Science-Fiction-Fans w&#252;rden hier wohl erg&#228;nzen: &#8222;in einer weit, weit entfernten Galaxie&#8220;) war es einmal cool, in einem sozialen Netzwerk aktiv zu sein. Dann wurde es allm&#228;hlich cool, kein Nutzer eines sozialen Netzwerks zu sein. Heutzutage wird es als eine Untat angesehen, in einem solchen Netzwerk aktiv zu sein (f&#252;r das neuartige Formen einer Haftung f&#252;r fremdes Verschulden eingef&#252;hrt werden m&#252;ssen).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point90">90.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist nicht zu leugnen, dass Recht vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen gesprochen wird. Rechtsprechung sollte daher selbstverst&#228;ndlich auf solche Entwicklungen reagieren, nicht jedoch von ihnen bestimmt werden. Wie jede sonstige Anwendung und jedes andere Programm auch ist ein soziales Netzwerk ein Werkzeug. &#196;hnlich wie ein Messer oder ein Auto kann es unterschiedlich verwendet werden. Im Fall einer Nutzung f&#252;r die falschen Zwecke muss der betreffende Missbrauch zweifellos rechtlich verfolgt werden. Aber es ist wohl keine gute Idee, alle zu bestrafen, die jemals ein Messer benutzt haben. Normalerweise verfolgt man die Person(en), die die Gewalt &#252;ber das Messer hatte(n), als mit ihm Schaden angerichtet wurde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point91">91.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher sollte, wenn auch vielleicht nicht immer in genauer Entsprechung, so doch wenigstens ein angemessenes Verh&#228;ltnis zwischen Macht, Einfluss und Verantwortlichkeit bestehen. Das moderne Recht umfasst nat&#252;rlich verschiedene Formen der objektiven Haftung, die nur bei Eintritt bestimmter Erfolge greift. Hierbei handelt es sich jedoch eher um gerechtfertigte Ausnahmen. Weist man jemandem, der keinen Einfluss auf den Ausgang des Geschehens hatte, ohne vern&#252;nftigen Grund eine Verantwortung zu, wird eine solche Zurechnung von Haftung typischerweise als unangemessen oder ungerecht angesehen(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point92">92.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Beantwortung der am Anfang dieses Abschnitts (Nr.&#160;71) gestellten Frage w&#252;rde ein Skeptiker mit Herkunft aus den &#246;stlicheren Teilen der Europ&#228;ischen Union angesichts seiner geschichtlichen Erfahrung wohl anmerken, dass ein Schutzmechanismus in der Regel massiv an Wirksamkeit verliert, wenn die Verantwortlichkeit hierf&#252;r jedermann zugewiesen ist. Macht man jedermann verantwortlich, bedeutet dies, dass tats&#228;chlich niemand verantwortlich ist. Vielmehr wird sich der eine Beteiligte, der f&#252;r einen bestimmten Vorgang verantwortlich gemacht werden sollte, der eine, der tats&#228;chlich Kontrolle aus&#252;bt, wahrscheinlich hinter all den anderen nominell &#8222;Mitverantwortlichen&#8220; verstecken, wodurch die Wirksamkeit des Schutzes erheblich leiden d&#252;rfte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point93">93.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich gilt, dass keine gute (Auslegung einer) Regelung dazu f&#252;hren sollte, dass die darin vorgesehenen Verpflichtungen von den jeweiligen Adressaten tats&#228;chlich nicht erf&#252;llt werden k&#246;nnen. Soll also die in zupackender Weise getroffene Bestimmung des Begriffs der (gemeinsamen) Verantwortlichkeit nicht in eine an alle Akteure gerichtete und gerichtlich gest&#252;tzte Anordnung mutieren, offline zu gehen und soziale Netzwerke, Plugins sowie gegebenenfalls sonstige Drittinhalte nicht mehr zu nutzen, muss bei der Bestimmung der Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten die Lebenswirklichkeit eine Rolle spielen, wobei wiederum die Fragen von Kenntnis, origin&#228;rer Verhandlungsmacht und der F&#228;higkeit, auf beliebige der hier in Rede stehenden Aktivit&#228;ten Einfluss zu nehmen, einzubeziehen sind(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>).</p> <p class="C23Titrenumerote3">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur&#252;ck zu den (gesetzgeberischen) Wurzeln: Einheit von Zwecken und Mitteln in Bezug auf einen bestimmten Verarbeitungsvorgang</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point94">94.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Obwohl der Gerichtshof im Urteil Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein bei der Bestimmung des Begriffs der gemeinsamen Verantwortlichkeit eine recht zupackende Haltung eingenommen hat, hat er doch auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Haftung eines (gemeinsam) Verantwortlichen zu begrenzen. Konkret hat er ausgef&#252;hrt, &#8222;dass das Bestehen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit &#8230; nicht zwangsl&#228;ufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit der verschiedenen Akteure zur Folge hat, die von einer Verarbeitung personenbezogener Daten betroffen sind. &#8230; [D]iese Akteure [k&#246;nnen] in die Verarbeitung personenbezogener Daten in verschiedenen Phasen und in unterschiedlichem Ausma&#223; in der Weise einbezogen sein, dass der Grad der Verantwortlichkeit eines jeden von ihnen unter Ber&#252;cksichtigung aller ma&#223;geblichen Umst&#228;nde des Einzelfalls zu beurteilen ist&#8220;(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point95">95.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;W&#228;hrend es in der Rechtssache Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein nicht erforderlich war, sich mit dieser konkreten Fragestellung zu befassen, besteht diese Notwendigkeit in der vorliegenden Rechtssache, in der das vorlegende Gericht den Gerichtshof unmittelbar darum ersucht, die m&#246;glichen Verpflichtungen der Beklagten festzustellen, die sich aus ihrem Status als Verantwortlicher ergeben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point96">96.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht des in Art.&#160;26 der DSGVO neu eingef&#252;hrten Systems einer gemeinsamen Haftung ist es schwierig vorherzusehen, inwiefern eine <i>gemeinsame Verantwortlichkeit</i> mit Blick auf dasselbe Ergebnis einer potenziell rechtswidrigen/rechtm&#228;&#223;igen Verarbeitung personenbezogener Daten eine <i>ungleiche Verantwortlichkeit</i> implizieren k&#246;nnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Art.&#160;26 Abs.&#160;1 der DSGVO, der auf eine gemeinsame (d.&#160;h. gesamtschuldnerische) Haftung hinzudeuten scheint(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point97">97.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich halte jedoch die zweite Aussage des Gerichtshofs f&#252;r die Kernaussage, n&#228;mlich dass &#8222;diese Akteure in die Verarbeitung personenbezogener Daten in verschiedenen Phasen und in unterschiedlichem Ausma&#223; &#8230; einbezogen sein [k&#246;nnen]&#8220;. Diese Beurteilung findet in den in der Richtlinie 95/46 enthaltenen Begriffsbestimmungen eine St&#252;tze, und zwar insbesondere in Anbetracht der Definition in der Richtlinie 95/40 i)&#160;des Begriffs &#8222;Verarbeitung&#8220; (Art.&#160;2 Buchst.&#160;b) und ii)&#160;des Begriffs &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; (Art.&#160;2 Buchst.&#160;d).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point98">98.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens umfasst der Begriff &#8222;Verarbeitung personenbezogener Daten&#8220; &#8222;jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgef&#252;hrten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Ver&#228;nderung, das Auslesen, das Abfragen, die Benutzung, die Weitergabe durch &#220;bermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verkn&#252;pfung sowie das Sperren, L&#246;schen oder Vernichten&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point99">99.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn der Begriff &#8222;Verarbeitung&#8220; &#228;hnlich wie der Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; ziemlich weit gefasst ist(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>), zielt er doch deutlich auf eine <i>Phase</i> der Verarbeitung ab: Er verweist auf einen <i>Vorgang</i> oder eine <i>Vorgangsreihe</i>, wobei eine anschauliche Aufz&#228;hlung angibt, um welche einzelnen dieser Vorg&#228;nge es sich handeln k&#246;nnte. Die Logik legt es daher nahe, die Frage der Verantwortlichkeit mit Blick auf den betreffenden konkreten Vorgang zu pr&#252;fen, und eben nicht mit Blick auf ein unbestimmtes B&#252;ndel von allem M&#246;glichen, was als Verarbeitung bezeichnet werden kann(<a href="#Footnote47" name="Footref47">47</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point100">100.</a>&#160;Zweitens ist der Begriff der gemeinsamen Verantwortlichkeit in der Richtlinie 95/46 nicht ausdr&#252;cklich bestimmt. Logisch baut dieser Begriff auf dem in Art.&#160;2 Buchst.&#160;d bestimmten Begriff &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; auf: Die Situation einer gemeinsamen Verantwortlichkeit ist gegeben, wenn zwei oder mehr Personen gemeinsam &#252;ber <i>Mittel und Zwecke der Verarbeitung</i> personenbezogener Daten entscheiden(<a href="#Footnote48" name="Footref48">48</a>). Mit anderen Worten ist Voraussetzung daf&#252;r, dass zwei (oder mehr) Personen als gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche einzustufen sind, dass in ihrem Verh&#228;ltnis zueinander <i>die Zwecke und Mittel</i> der Verarbeitung personenbezogener Daten <i>identisch</i> sind.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point101">101.</a>&#160;Die jeweiligen Verpflichtungen und die m&#246;gliche Haftung von gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen sind meines Erachtens aus der Verkn&#252;pfung dieser beiden Begriffsbestimmungen herzuleiten. Ein (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher ist f&#252;r den Vorgang oder die Vorgangsreihe verantwortlich, f&#252;r den bzw. f&#252;r die er, soweit es den betreffenden Verarbeitungs<i>vorgang </i>angeht, einen Beitrag zu der Entscheidung &#252;ber dessen <i>Zwecke und Mittel</i> leistet. Im Gegensatz dazu kann die betreffende Person weder f&#252;r die vorhergehenden noch die nachfolgenden Phasen der Gesamtkette der Datenverarbeitungsvorg&#228;nge verantwortlich gemacht werden, f&#252;r die sie weder die Zwecke noch die Mittel der betreffenden Phase der Verarbeitung festlegen konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point102">102.</a>&#160;In der vorliegenden Rechtssache besteht die ma&#223;gebliche Phase der Verarbeitung (bzw. bestehen die betreffenden Vorg&#228;nge) in der <i>Erhebung</i> und <i>&#220;bermittlung</i> personenbezogener Daten, die mittels des Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Buttons erfolgt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point103">103.</a>&#160;Was erstens die Mittel dieser Datenverarbeitungsvorg&#228;nge angeht, scheint, wie von der Kl&#228;gerin, LDI NRW und der deutschen Regierung vorgetragen worden ist, festzustehen, dass die Beklagte &#252;ber die Verwendung des betreffenden Plugins entscheidet, das als Hilfsmittel f&#252;r die Erhebung und &#220;bermittlung der personenbezogenen Daten dient. Diese Erhebung und &#220;bermittlung werden durch den Besuch der Webseite der Beklagten ausgel&#246;st. Das betreffende Plugin wurde der Beklagten von Facebook Ireland zur Verf&#252;gung gestellt. Sowohl Facebook Ireland als auch die Beklagte haben somit offenbar willentlich die Erhebungs- und &#220;bermittlungsphase der Datenverarbeitung eingeleitet. Dies in tats&#228;chlicher Hinsicht zu pr&#252;fen und festzustellen, bleibt selbstverst&#228;ndlich Sache des nationalen Gerichts.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point104">104.</a>&#160;Was zweitens den <i>Zweck</i> der Datenverarbeitung angeht, gibt das Vorabentscheidungsersuchen nicht an, aus welchen Gr&#252;nden die Beklagte die Entscheidung getroffen hat, den Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Button auf ihrer Webseite einzubinden. Jedoch scheint diese Entscheidung vorbehaltlich einer &#220;berpr&#252;fung durch das vorlegende Gericht von dem Wunsch getragen gewesen zu sein, die Sichtbarkeit der Produkte der Beklagten &#252;ber das soziale Netzwerk zu erh&#246;hen. Gleichzeitig d&#252;rften die an Facebook Ireland &#252;bermittelten Daten auch f&#252;r deren eigene kommerzielle Zwecke verwendet werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point105">105.</a>&#160;Ungeachtet dessen, dass gegebenenfalls keine identische kommerzielle Nutzung der Daten stattfindet, verfolgen die Beklagte und Facebook Ireland allgemein offenbar kommerzielle Zwecke, die sich wechselseitig erg&#228;nzen. Daher besteht trotz fehlender Zweckidentit&#228;t eine Einheit der Zwecke: Es werden n&#228;mlich kommerzielle und werbliche Zwecke verfolgt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point106">106.</a>&#160;Nach dem Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache scheint es daher so zu sein, dass die Beklagte und Facebook Ireland gemeinsam die Mittel und Zwecke der Datenverarbeitung in der Phase der Erhebung und &#220;bermittlung der betreffenden personenbezogenen Daten festlegen. Insoweit handelt die Beklagte als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher und besteht ihre Haftung &#8211; ebenfalls insoweit &#8211; gemeinsam mit der von Facebook Ireland.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point107">107.</a>&#160;Zugleich bin ich der Auffassung, dass die Haftung der Beklagten auf die Phase der Datenverarbeitung beschr&#228;nkt sein muss, an der sie tats&#228;chlich beteiligt ist, und dass sie nicht auf etwaige nachfolgende Phasen der Datenverarbeitung erstreckt werden darf, wenn eine derartige Verarbeitung au&#223;erhalb der Einflusssph&#228;re und, so w&#252;rde man meinen, auch ohne Kenntnis der Beklagten erfolgt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point108">108.</a>&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen lautet mein zweites Zwischenergebnis daher, dass eine Person wie die Beklagte, die ein Plugin eines Dritten in ihre Webseite eingebunden hat, welches die Erhebung und &#220;bermittlung personenbezogener Daten des Nutzers veranlasst (wobei der betreffende Dritte das Plugin bereitgestellt hat), als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 anzusehen ist. Die (gemeinsame) Verantwortlichkeit des betreffenden f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen ist jedoch auf die Verarbeitungsvorg&#228;nge beschr&#228;nkt, f&#252;r die er tats&#228;chlich einen Beitrag zur Entscheidung &#252;ber die Mittel und Zwecke der Verarbeitung der personenbezogenen Daten leistet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point109">109.</a>&#160;Mit diesem Ergebnis wird dann auch eine Antwort auf die dritte Vorlagefrage gegeben. Mit dieser Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 95/46 in Bezug auf die Beklagte der Anwendung des im nationalen Recht verankerten Rechtsinstituts der St&#246;rerhaftung entgegensteht, wenn festgestellt werden sollte, dass die Beklagte <i>nicht</i> als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher <i>angesehen werden kann</i>. Dem Vorabentscheidungsersuchen zufolge verpflichtet das Rechtsinstitut der St&#246;rerhaftung die Person, die keine Rechtsverletzung begeht, jedoch die Gefahr einer solchen Rechtsverletzung durch einen Dritten geschaffen oder erh&#246;ht hat, alles in ihrer Macht Stehende und ihr Zumutbare zu tun, um den Eintritt dieser Rechtsverletzung zu verhindern. F&#252;r den Fall, dass die Beklagte nicht als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher angesehen werden kann, vertritt das vorlegende Gericht den Standpunkt, dass die Voraussetzungen f&#252;r die Anwendung des Rechtsinstituts der St&#246;rerhaftung erf&#252;llt sind, weil die Beklagte durch die Einbindung des Plugins in Gestalt des Facebook-&#8222;Gef&#228;llt&#160;mir&#8220;-Buttons zumindest die Gefahr einer Rechtsverletzung durch Facebook geschaffen hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point110">110.</a>&#160;In Anbetracht der Antwort auf die zweite Vorlagefrage ist die dritte Frage nicht zu beantworten. Sobald festgestellt worden ist, dass eine bestimmte Person als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne der Richtlinie 95/46 einzustufen ist, m&#252;ssen ihre Verpflichtungen als f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher im Licht der durch diese Richtlinie festgelegten Verpflichtungen beurteilt werden. Z&#246;ge man den gegenteiligen Schluss, w&#252;rde dies in den verschiedenen Mitgliedstaaten zu einer unterschiedlichen Haftung der f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen f&#252;r eine bestimmte Rechtsverletzung f&#252;hren. In diesem Sinne und im Hinblick auf die Definition des Begriffs &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; bewirkt die Richtlinie 95/46 hinsichtlich der Adressaten der Verpflichtungen tats&#228;chlich eine vollst&#228;ndige Harmonisierung(<a href="#Footnote49" name="Footref49">49</a>).</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Berechtigte Interessen, auf die nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 abzustellen ist </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point111">111.</a>&#160;Die vierte in der vorliegenden Rechtssache gestellte Frage betrifft die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten bei fehlender Einwilligung der betroffenen Person im Sinne von Art.&#160;7 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point112">112.</a>&#160;Das vorlegende Gericht verweist hierzu auf Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46, wonach die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtm&#228;&#223;ig ist, wenn sie &#8222;erforderlich [ist] zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten &#252;bermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person &#8230; &#252;berwiegen&#8220;. Konkret m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, auf <i>wessen</i> berechtigte Interessen im Kontext des vorliegenden Falles abzustellen ist: Auf die Interessen der Beklagten, die Drittinhalte eingebunden hat, oder auf die Interessen dieses Dritten (namentlich Facebook Ireland)(<a href="#Footnote50" name="Footref50">50</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point113">113.</a>&#160;Zun&#228;chst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission den Standpunkt vertritt, die vierte Frage sei irrelevant, weil die Einwilligung des Nutzers <i>in der vorliegenden Sache</i> in Anwendung der zur Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG &#252;ber die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsph&#228;re in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie f&#252;r elektronische Kommunikation) erlassenen Rechtsvorschriften ohnehin eingeholt werden m&#252;sse(<a href="#Footnote51" name="Footref51">51</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point114">114.</a>&#160;Ich stimme der Kommission darin zu, dass die Datenschutzrichtlinie f&#252;r elektronische Kommunikation (die nach ihrem Art.&#160;1 Abs.&#160;2 eine Detaillierung und Erg&#228;nzung der Richtlinie 95/46 in der elektronischen Kommunikation darstellt)(<a href="#Footnote52" name="Footref52">52</a>) insoweit auf den vorliegenden Fall anwendbar sein d&#252;rfte, als auf den Ger&#228;ten der Nutzer eine Platzierung von Cookies erfolgt(<a href="#Footnote53" name="Footref53">53</a>). Ferner definieren Art.&#160;2 Buchst.&#160;f und der 17.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Datenschutzrichtlinie f&#252;r elektronische Kommunikation den Begriff der Einwilligung durch Verweis auf den Begriff &#8222;Einwilligung&#8220; in der Richtlinie 95/46.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point115">115.</a>&#160;Ob in der vorliegenden Rechtssache eine Platzierung von Cookies stattgefunden hat, wurde in der m&#252;ndlichen Verhandlung ausf&#252;hrlich er&#246;rtert. Die entsprechende Sachverhaltsaufkl&#228;rung ist Sache des nationalen Gerichts. Wie im Vorabentscheidungsersuchen ausgef&#252;hrt, geht das vorlegende Gericht aber jedenfalls davon aus, dass die &#252;bermittelten Daten personenbezogene Daten darstellen(<a href="#Footnote54" name="Footref54">54</a>). Die Platzierung von Cookies beantwortet daher offenbar nicht alle Fragen, die in der vorliegenden Rechtssache im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Daten aufgeworfen werden(<a href="#Footnote55" name="Footref55">55</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point116">116.</a>&#160;Ich bin daher der Ansicht, dass die vierte Frage einer weiter gehenden Er&#246;rterung bedarf.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point117">117.</a>&#160;Die Kl&#228;gerin macht geltend, dass auf die berechtigten Interessen der Beklagten abzustellen sei. Zudem k&#246;nnten sich im vorliegenden Fall weder die Beklagte noch Facebook Ireland auf ein berechtigtes Interesse berufen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point118">118.</a>&#160;Die Beklagte und Facebook Ireland bringen im Wesentlichen vor, dass auf die berechtigten Interessen sowohl der Person, die die Drittinhalte einbinde, als auch auf die Dritten abzustellen sei, w&#228;hrend auch die Interessen der Webseiten-Besucher ber&#252;cksichtigt werden m&#252;ssten, deren Grundrechte betroffen sein k&#246;nnten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point119">119.</a>&#160;Die LDI&#160;NRW, Polen, Deutschland und Italien sind der Auffassung, dass auf die berechtigten Interessen sowohl der Beklagten als auch von Facebook Ireland abzustellen sei, da beide die in Rede stehende Verarbeitung erm&#246;glicht h&#228;tten. &#214;sterreich vertritt einen &#228;hnlichen Standpunkt. Unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofs Google Spain und Google hebt auch Belgien hervor, dass auf die berechtigten Interessen sowohl des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen als auch der Dritten abzustellen sei, denen die betreffenden personenbezogenen Daten &#252;bermittelt worden seien.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point120">120.</a>&#160;Es ist zun&#228;chst daran zu erinnern, dass jegliche Verarbeitung personenbezogener Daten &#252;ber die sonstigen Voraussetzungen hinaus grunds&#228;tzlich eines der in Art.&#160;7 der Richtlinie 95/46 aufgef&#252;hrten Kriterien erf&#252;llen muss, die der Datenverarbeitung Rechtm&#228;&#223;igkeit verleihen(<a href="#Footnote56" name="Footref56">56</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point121">121.</a>&#160;Konkret zu Art.&#160;7 Buchst.&#160;f hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass nach dieser Bestimmung &#8222;die Verarbeitung personenbezogener Daten unter drei kumulativen Voraussetzungen zul&#228;ssig [ist]: berechtigtes Interesse, das von dem f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten &#252;bermittelt werden&#160;(1), Erforderlichkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses&#160;(2) und kein &#220;berwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person&#160;(3)&#8220;(<a href="#Footnote57" name="Footref57">57</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point122">122.</a>&#160;Die Richtlinie 95/46 enth&#228;lt weder eine Definition noch eine Aufz&#228;hlung der &#8222;berechtigten Interessen&#8220;. Dieser Begriff ist offenbar recht dehnbar und offen(<a href="#Footnote58" name="Footref58">58</a>). Kein Interesse ist <i>per se</i> ausgeschlossen, vorausgesetzt nat&#252;rlich, dass es f&#252;r sich genommen nicht rechtswidrig ist. Wie als wesentlicher Punkt in der m&#252;ndlichen Verhandlung er&#246;rtert und bereits oben ausgef&#252;hrt worden ist(<a href="#Footnote59" name="Footref59">59</a>), d&#252;rfte in der vorliegenden Rechtssache die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten zu Zwecken einer verbesserten Werbung ma&#223;geblich sein, auch wenn die von der Beklagten und von Facebook Ireland konkret verfolgten kommerziellen Ziele letztlich nicht absolut identisch sind.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point123">123.</a>&#160;Aufgrund dieser &#220;berlegungen stimme ich zu, dass Marketing oder Werbung als solche ein berechtigtes Interesse darstellen kann(<a href="#Footnote60" name="Footref60">60</a>). Im Kontext der vorliegenden Rechtssache f&#228;llt es schwer, &#252;ber diese Feststellung hinauszugehen, da keine konkreten Angaben dazu vorliegen, in welcher Weise die erhobenen und &#252;bermittelten Daten genau verwendet werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point124">124.</a>&#160;Dies vorausgeschickt macht das vorlegende Gericht keine Ausf&#252;hrungen betreffend die W&#252;rdigung der berechtigten Interessen, die im Ausgangsverfahren geltend gemacht werden, und ersucht insoweit auch nicht um eine Kl&#228;rung. Mit seiner vierten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht in Erfahrung bringen, <i>auf wessen</i> berechtigte Interessen abzustellen ist, damit die Abw&#228;gung nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 vorgenommen werden kann.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point125">125.</a>&#160;Vor dem Hintergrund der von mir oben auf die zweite Frage vorgeschlagenen Antwort vertrete ich den Standpunkt, dass auf die berechtigten <i>Interessen sowohl</i> der Beklagten <i>als auch</i> von Facebook Ireland abzustellen ist, da <i>beide</i> in Bezug auf den jeweiligen<i/>Datenverarbeitungsvorgang <i>als gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche t&#228;tig werden.</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point126">126.</a>&#160;Da ihr Status als gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche impliziert, dass sie auch gemeinsam &#252;ber die Zwecke der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheiden, muss f&#252;r jeden von ihnen zumindest &#8211; wie oben dargelegt &#8211; ganz allgemein das Bestehen eines berechtigten Interesses nachgewiesen werden. Dieses Interesse muss sodann wie im letzten Halbsatz des Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 vorgesehen(<a href="#Footnote61" name="Footref61">61</a>) gegen die Rechte der betroffenen Personen abgewogen werden, wobei diese Abw&#228;gung &#8222;grunds&#228;tzlich von den konkreten Umst&#228;nden des Einzelfalls&#8220; abh&#228;ngt(<a href="#Footnote62" name="Footref62">62</a>). Ich weise darauf hin, dass die Verarbeitung von Daten unter solchen Umst&#228;nden an die Voraussetzung ihrer Erforderlichkeit gekn&#252;pft ist(<a href="#Footnote63" name="Footref63">63</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point127">127.</a>&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen gelange ich zu dem dritten Zwischenergebnis, dass bei der Pr&#252;fung, ob personenbezogene Daten nach den in Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 niedergelegten Kriterien verarbeitet werden d&#252;rfen, auf die berechtigten Interessen beider im Einzelfall f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen abzustellen ist und dass diese Interessen gegen die Rechte der betroffenen Personen abgewogen werden m&#252;ssen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verpflichtungen der Beklagten im Zusammenhang mit der bei der betroffenen Person einzuholenden Einwilligung und der ihr bereitzustellenden Informationen</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point128">128.</a>&#160;Mit der f&#252;nften Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, wem gegen&#252;ber die nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a und Art.&#160;2 Buchst.&#160;h der Richtlinie 95/46 einzuholende Einwilligung in einer Konstellation wie der der vorliegenden Rechtssache zu erkl&#228;ren ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point129">129.</a>&#160;Mit der sechsten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht in Erfahrung bringen, ob die Informationspflicht aus Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 in der vorliegenden Konstellation f&#252;r einen Webseiten-Betreiber (wie die Beklagte) gilt, der in seine Webseite Drittinhalte eingebunden und hierdurch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den betreffenden Dritten veranlasst hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point130">130.</a>&#160;Wie wir bereits gesehen haben(<a href="#Footnote64" name="Footref64">64</a>), gibt es f&#252;r die Beantwortung dieser Fragen eine Vielzahl von Vorschl&#228;gen. Sobald jedoch die Art der in der zweiten Frage angesprochenen Verpflichtung hinsichtlich sowohl des Verpflichteten <i>(wer)</i> als auch ihres Inhalts <i>(wozu)</i> und somit diese Frage im Vorfeld genau gekl&#228;rt worden ist, wird die Beantwortung der Fragen 5 und 6, die bestimmte sich ergebende Verpflichtungen betreffen, einfacher.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point131">131.</a>&#160;Zun&#228;chst einmal bin ich der Auffassung, dass sowohl die Einwilligung als auch die bereitgestellten Informationen alle Aspekte der Datenverarbeitungsvorg&#228;nge, f&#252;r die die gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen gemeinsam haftbar sind, abdecken m&#252;ssen, n&#228;mlich die Erhebung und die &#220;bermittlung der Daten. Umgekehrt erstrecken sich die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Einwilligung und der Information nicht auf die nachfolgenden Phasen der Datenverarbeitung, an denen die Beklagte nicht beteiligt ist und &#252;ber deren Mittel oder Zwecke sie logischerweise nicht entscheidet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point132">132.</a>&#160;Zweitens k&#246;nnte man unter diesen Voraussetzungen vorschlagen, dass die Einwilligung gegen&#252;ber jedem der beiden gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen erkl&#228;rt werden kann. Angesichts der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles muss diese Einwilligung jedoch gegen&#252;ber der Beklagten erkl&#228;rt werden, weil die Datenverarbeitungsvorg&#228;nge mit dem tats&#228;chlichen Besuch der Webseite der Beklagten in Gang gesetzt werden. Einer wirksamen und rechtzeitigen Wahrung der Rechte der betroffenen Personen entspr&#228;che es offensichtlich nicht, wenn die Einwilligung lediglich gegen&#252;ber dem gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen erkl&#228;rt w&#252;rde, der (wenn &#252;berhaupt) erst zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt an der Verarbeitung beteiligt ist, n&#228;mlich erst nachdem die Erhebung und die &#220;bermittlung der Daten bereits erfolgt ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point133">133.</a>&#160;Eine &#228;hnliche Antwort ist in Bezug auf die f&#252;r die Beklagte aus Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 resultierende Informationspflicht zu geben. In dieser Bestimmung ist ein Mindestbestand an Informationen festgelegt, die der betroffenen Person von dem f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen (oder von dessen Vertreter) mitgeteilt werden m&#252;ssen. Er umfasst die folgenden Elemente: die Identit&#228;t des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen (oder seines Vertreters), die Zweckbestimmungen der Verarbeitung, f&#252;r die die Daten bestimmt sind, und weitere Informationen, &#8222;sofern sie unter Ber&#252;cksichtigung der spezifischen Umst&#228;nde, unter denen die Daten erhoben werden, notwendig sind, um gegen&#252;ber der betroffenen Person eine Verarbeitung nach Treu und Glauben zu gew&#228;hrleisten&#8220;. Art.&#160;10 nennt Beispiele f&#252;r solche weiteren Informationen, darunter solche, die f&#252;r die vorliegende Rechtssache bedeutsam sein k&#246;nnten, n&#228;mlich Informationen betreffend die Empf&#228;nger der Daten und das Bestehen von Auskunfts- und Berichtigungsrechten betreffend Daten &#252;ber die betroffene Person.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point134">134.</a>&#160;In Anbetracht dieser Liste scheint die Beklagte eindeutig in der Lage zu sein, Informationen &#252;ber die Identit&#228;t der gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen, &#252;ber den Zweck der jeweiligen Phase der Verarbeitung (die Vorg&#228;nge, f&#252;r die sie eine gemeinsame Verantwortlichkeit trifft) und dar&#252;ber, dass diese Daten &#252;bermittelt werden, bereitzustellen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point135">135.</a>&#160;Was die Auskunfts- und Berichtigungsrechte angeht, gehe ich demgegen&#252;ber davon aus, dass die Beklagte selbst keinen Zugang zu den an Facebook Ireland &#252;bermittelten Daten hat, da sie in keiner Weise an der Speicherung von Daten beteiligt ist. Daher k&#246;nnte man z.&#160;B. vorschlagen, dass dieser Punkt zum Gegenstand einer Vereinbarung mit Facebook Ireland gemacht werden m&#252;sste.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point136">136.</a>&#160;&#220;ber die oben dargelegten Argumente hinaus(<a href="#Footnote65" name="Footref65">65</a>) w&#252;rden solche Vorschl&#228;ge die Verpflichtungen und die Haftung von (gemeinsam) f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen jedoch wiederum auf Vorg&#228;nge erstrecken, f&#252;r die sie nicht verantwortlich sind. Wenn gemeinsame Verantwortlichkeit bedeutet, f&#252;r die Vorg&#228;nge verantwortlich zu sein, f&#252;r die im Verh&#228;ltnis der gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen untereinander eine Einheit von Zwecken und Mitteln gegeben ist, dann m&#252;ssen die sich weiter aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen wie etwa im Zusammenhang mit der Einwilligung, der Information sowie der Auskunft oder Berichtigung in ihrem Umfang der betreffenden Ausgangsverpflichtung entsprechen(<a href="#Footnote66" name="Footref66">66</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point137">137.</a>&#160;Die Kommission hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Webseiten-Besucher, die &#252;ber ein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gen, gegebenenfalls bereits zu einem fr&#252;heren Zeitpunkt in eine solche Daten&#252;bermittlung eingewilligt haben k&#246;nnten. Dies k&#246;nnte zu einer differenzierten Haftung der Beklagten f&#252;hren, wobei die Kommission offenbar zum Ausdruck bringen m&#246;chte, dass die Informationspflicht der Beklagten und die Verpflichtung zur Einholung der Einwilligung durch sie dann lediglich in Bezug auf Besucher der Webseite der Beklagten gelten w&#252;rde, die nicht &#252;ber ein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point138">138.</a>&#160;Diese Auffassung teile ich nicht. Ich halte den Gedanken f&#252;r problematisch, dass die &#8222;Facebook-Nutzer&#8220; unter den in der vorliegenden Rechtssache gegebenen Umst&#228;nden eine andere (weniger Schutz bietende) Behandlung erfahren, weil sie bereits in die M&#246;glichkeit einer Verarbeitung (aller) ihrer personenbezogenen Daten durch Facebook eingewilligt haben sollen. Diese Argumentation impliziert ja, dass man mit Erstellung eines Facebook-Nutzerkontos im Voraus in jegliche Datenverarbeitung einwilligt, die im Zusammenhang mit Online-Aktivit&#228;ten solcher &#8222;Facebook-Nutzer&#8220; durch Dritte erfolgt, die in einer beliebigen Verbindung mit Facebook stehen. Dies w&#252;rde selbst in einer Konstellation gelten, in der es keinerlei &#228;u&#223;ere Anzeichen daf&#252;r g&#228;be, dass eine solche Datenverarbeitung erfolgt (wie es der Fall zu sein scheint, wenn man die Webseite der Beklagten lediglich besucht). Mit anderen Worten: Schl&#246;sse man sich der Sichtweise der Kommission an, w&#252;rde ein Nutzer durch Erstellung eines Facebook-Nutzerkontos gegen&#252;ber Facebook praktisch auf jeglichen Schutz von online hinterlegten personenbezogenen Daten verzichten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point139">139.</a>&#160;Ich bin daher der Auffassung, dass die Haftung und die Verpflichtungen der Beklagten im Zusammenhang mit der Einwilligung und Information gegen&#252;ber allen betroffenen Personen die gleichen sein sollten, unabh&#228;ngig davon, ob diese &#252;ber ein Facebook-Nutzerkonto verf&#252;gen oder nicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point140">140.</a>&#160;Au&#223;erdem besteht wiederum kein Zweifel daran, dass die betreffende Einwilligung erteilt und die besagten Informationen bereitgestellt werden m&#252;ssen, <i>bevor</i> eine Erhebung und &#220;bermittlung der Daten erfolgt(<a href="#Footnote67" name="Footref67">67</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point141">141.</a>&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen gelange ich in Beantwortung der Fragen 5 und 6 zu meinem letzten Zwischenergebnis, dass die nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 einzuholende Einwilligung der betroffenen Person in einer Konstellation wie der der vorliegenden Rechtssache gegen&#252;ber einem Webseiten-Betreiber wie der Beklagten, der Drittinhalte in seine Webseite eingebunden hat, zu erkl&#228;ren ist. Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 ist dahin auszulegen, dass die sich aus dieser Bestimmung ergebende Informationspflicht auch f&#252;r diesen Webseiten-Betreiber gilt. Die Einwilligung der betroffenen Person nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 muss eingeholt und die Informationen im Sinne von Art.&#160;10 dieser Richtlinie m&#252;ssen bereitgestellt werden, bevor die Erhebung und die &#220;bermittlung der Daten erfolgt. Jedoch muss der Umfang dieser Verpflichtungen der gemeinsamen Verantwortlichkeit des betreffenden Webseiten-Betreibers f&#252;r die Erhebung und &#220;bermittlung der personenbezogenen Daten entsprechen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point142">142.</a>&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Oberlandesgericht D&#252;sseldorf (Deutschland) gestellten Fragen wie folgt zu beantworten:</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Richtlinie 95/46/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 24.&#160;Oktober 1995 zum Schutz nat&#252;rlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die gemeinn&#252;tzigen Verb&#228;nden die Befugnis einr&#228;umt, zur Wahrung der Interessen der Verbraucher rechtlich gegen den mutma&#223;lichen Verletzer von Datenschutzrecht vorzugehen.</p> <p class="C02AlineaAltA">Eine Person, die ein von einem Dritten bereitgestelltes Plugin in ihre Webseite eingebunden hat, welches die Erhebung und &#220;bermittlung der personenbezogenen Daten des Nutzers veranlasst, ist als ein f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;d der Richtlinie 95/46 anzusehen. Die (gemeinsame) Verantwortlichkeit des betreffenden f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen ist jedoch auf die Verarbeitungsvorg&#228;nge beschr&#228;nkt, f&#252;r die er tats&#228;chlich einen Beitrag zur Entscheidung &#252;ber die Mittel und Zwecke der Verarbeitung der personenbezogenen Daten leistet.</p> <p class="C02AlineaAltA">Bei der Pr&#252;fung, ob personenbezogene Daten nach den in Art.&#160;7 Buchst.&#160;f der Richtlinie 95/46 niedergelegten Kriterien verarbeitet werden d&#252;rfen, ist auf die berechtigten Interessen beider im Einzelfall f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen abzustellen, und diese Interessen sind gegen die Rechte der betroffenen Personen abzuw&#228;gen.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 einzuholende Einwilligung der betroffenen Person ist gegen&#252;ber dem Webseiten-Betreiber zu erkl&#228;ren, der Drittinhalte in seine Webseite eingebunden hat. Art.&#160;10 der Richtlinie 95/46 ist dahin auszulegen, dass die sich aus dieser Bestimmung ergebende Informationspflicht auch f&#252;r diesen Webseiten-Betreiber gilt. Die Einwilligung der betroffenen Person nach Art.&#160;7 Buchst.&#160;a der Richtlinie 95/46 muss eingeholt und die Informationen im Sinne von Art.&#160;10 dieser Richtlinie m&#252;ssen bereitgestellt werden, bevor die Erhebung und die &#220;bermittlung der Daten erfolgt. Jedoch muss der Umfang dieser Verpflichtungen der gemeinsamen Verantwortlichkeit des betreffenden Webseiten-Betreibers f&#252;r die Erhebung und &#220;bermittlung der personenbezogenen Daten entsprechen.</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Englisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 24.&#160;Oktober 1995 zum Schutz nat&#252;rlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl.&#160;1995, L&#160;281, S.&#160;31). </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 23.&#160;April 2009 (ABl.&#160;2009, L&#160;110, S.&#160;30).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich weise darauf hin, dass das Plugin der Beklagten laut dem Vorabentscheidungsersuchen entweder von Facebook Ireland <i>oder</i> von deren in den Vereinigten Staaten von Amerika ans&#228;ssigen Muttergesellschaft Facebook Inc. bereitgestellt wurde. Es ist jedoch wohl davon auszugehen, dass Facebook Ireland im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren sowohl im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht als auch im Verfahren vor dem Gerichtshof eine m&#246;gliche Haftung gem&#228;&#223; der Richtlinie 95/46 &#252;bernimmt. Ich sehe daher keinen Grund, die m&#246;gliche Anwendbarkeit der Richtlinie 95/46 in Bezug auf die Muttergesellschaft von Facebook Ireland zu er&#246;rtern.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verordnung des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 27.&#160;April 2016 zum Schutz nat&#252;rlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46 (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl.&#160;2016, L&#160;119, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8222;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen vorsehen, dass jede der in Absatz&#160;1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabh&#228;ngig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gem&#228;&#223; Artikel&#160;77 zust&#228;ndigen Aufsichtsbeh&#246;rde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln&#160;78 und&#160;79 aufgef&#252;hrten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gem&#228;&#223; dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Vollst&#228;ndigkeit halber ist zu erg&#228;nzen, dass der Gerichtshof, obwohl das Urteil vom 28.&#160;Juli 2016, Verein f&#252;r Konsumenteninformation (C&#8209;191/15, EU:C:2016:612), eine Frage der Auslegung der Richtlinie 95/46 im Zusammenhang mit einem von einem Verband angestrengten nationalen Verfahren betraf, sich in dem betreffenden Fall deshalb nicht mit dem Problem der Klagebefugnis des Verbandes befasst hat, weil diese konkrete Frage schlicht nicht aufgeworfen wurde. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So auch festgehalten z.&#160;B. in den Urteilen vom 23.&#160;Mai 1985, Kommission/Deutschland (C&#8209;29/84, EU:C:1985:229, Rn.&#160;22), vom 14.&#160;Februar 2012, Flachglas Torgau (C&#8209;204/09, EU:C:2012:71, Rn.&#160;60), und vom 19.&#160;April 2018, CMR (C&#8209;645/16, EU:C:2018:262, Rn.&#160;19).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Mai 2014, Google Spain und Google (C&#8209;131/12, EU:C:2014:317, Rn.&#160;53).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. auch Urteil vom 16.&#160;Dezember 2008, Huber (C&#8209;524/06, EU:C:2008:724, Rn.&#160;50).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die vorliegende Rechtssache unterscheidet sich insofern vom Urteil vom 25.&#160;Januar 2018, Schrems (C&#8209;498/16, EU:C:2018:37), als eine Abtretung von Anspr&#252;chen an eine bestimmte Person keine Rolle spielt und es im nationalen Recht offenbar eine klare Rechtsgrundlage daf&#252;r gibt, was als eine Art Vertretung der Gruppeninteressen der Verbraucher erscheint.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Oder aber, um es anders auszudr&#252;cken, die Mitgliedstaaten werden insbesondere betreffend institutionelle Strukturen oder Verfahren auch eine Reihe von sonstigen Punkten regeln m&#252;ssen, die ebenfalls nicht ausdr&#252;cklich in einer Richtlinie erw&#228;hnt sind (wie etwa hinsichtlich der gerichtlichen Durchsetzung eines Rechts nicht nur die Frage der Klagebefugnis, sondern z.&#160;B. auch Klagefristen, (etwaige) Gerichtsgeb&#252;hren, die Zust&#228;ndigkeit von Gerichten usw.). K&#246;nnte man dann also argumentieren, dass deshalb, weil weder Art.&#160;22 noch Art.&#160;24 der Richtlinie 95/46 auch nur einen dieser Punkte anspricht, der Mitgliedstaat daran gehindert sei, diese Punkte im nationalen Recht zu regeln? </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; der Definition in Art.&#160;3 der Richtlinie 2009/22.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. z.&#160;B. Urteile vom 6.&#160;November 2003, Lindqvist (C&#8209;101/01, EU:C:2003:596, Rn.&#160;96), vom 16.&#160;Dezember 2008, Huber (C&#8209;524/06, EU:C:2008:724, Rn.&#160;51), vom 24.&#160;November 2011, Asociaci&#243;n Nacional de Establecimientos Financieros de Cr&#233;dito<i/>(C&#8209;468/10 und C&#8209;469/10, EU:C:2011:777, Rn.&#160;29), und vom 7.&#160;November 2013,<i/>IPI<i/>(C&#8209;473/12, EU:C:2013:715, Rn.&#160;31).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 6.&#160;November 2003, Lindqvist (C&#8209;101/01, EU:C:2003:596, Rn.&#160;97).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Dzivev (C&#8209;310/16, EU:C:2018:623, Nrn.&#160;72 und&#160;74).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wiedergegeben oben in Nr.&#160;8.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. wiederum die obigen Beispiele, Fn.&#160;12. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die gem&#228;&#223; Art.&#160;28 der Richtlinie 95/46 daf&#252;r verantwortlich sind, die Einhaltung der aufgrund dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften zu &#252;berwachen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu dem nach Art.&#160;28 Abs.&#160;1 der Richtlinie 95/46 erforderlichen Standard vgl. Urteile vom 9.&#160;M&#228;rz 2010, Kommission/Deutschland (C&#8209;518/07, EU:C:2010:125, Rn.&#160;18 bis 30), und vom 16.&#160;Oktober 2012, Kommission/&#214;sterreich (C&#8209;614/10, EU:C:2012:631, Rn.&#160;41 bis 66).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;W&#252;rde z.&#160;B. entsprechend in einem anderen Rechtsgebiet die Durchsetzung von Wettbewerbsrecht durch eine Privatperson die Unabh&#228;ngigkeit von (nationalen) Kartellbeh&#246;rden bedrohen? Vgl. Urteile vom 20.&#160;September 2001, Courage und Crehan (C&#8209;453/99, EU:C:2001:465, Rn.&#160;26, 27 und 29), sowie vom 13.&#160;Juli 2006, Manfredi u.&#160;a. (C&#8209;295/04 bis C&#8209;298/04, EU:C:2006:461, Rn.&#160;59 bis 60). Vgl. auch den f&#252;nften Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2014/104/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;November 2014 &#252;ber bestimmte Vorschriften f&#252;r Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europ&#228;ischen Union (ABl.&#160;2014, L&#160;349, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was bedeutet (unabh&#228;ngig von der konkreten Frage der ge&#228;nderten Rechtsform) ganz allgemein der Umstand, dass der Gesetzgeber etwas in einen sp&#228;ter erlassenen Rechtsakt aufgenommen hat, das in der fr&#252;heren Rechtsform derselben Regelung nicht enthalten war, f&#252;r deren Auslegung? Es k&#246;nnte durchaus sein, dass der fragliche Grundsatz bereits in der fr&#252;heren Rechtsform derselben Regelung &#8222;inh&#228;rent vorhanden&#8220; war und nunmehr lediglich klargestellt worden ist. Es k&#246;nnte aber auch bedeuten, dass gerade deshalb, weil die betreffende Bestimmung in der fr&#252;heren Regelung nicht enthalten war, die neue Regelung eine &#196;nderung darstellt. Angesichts der h&#228;ufigen und fragw&#252;rdigen (missbr&#228;uchlichen) Verwendung des Arguments &#8222;es war schon immer enthalten und wird nun lediglich ausdr&#252;cklich erw&#228;hnt&#8220;, was im Ergebnis zu einer Ausweitung der Anwendung der neuen Bestimmung &#252;ber ihren zeitlichen Geltungsbereich hinaus f&#252;hrt, sollte diese Art von Argumentation wenn &#252;berhaupt nur mit Vorsicht herangezogen werden.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Betreffend das Problem dynamischer IP&#8209;Adressen, siehe Urteil vom 19.&#160;Oktober 2016, Breyer (C&#8209;582/14, EU:C:2016:779, Rn.&#160;33&#160;ff.). Siehe auch Urteil vom 24.&#160;November 2011, Scarlet Extended<i/>(C&#8209;70/10, EU:C:2011:771, Rn.&#160;51).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 19.&#160;Oktober 2016, Breyer (C&#8209;582/14, EU:C:2016:779, Rn.&#160;41 bis&#160;45).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nr.&#160;19.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hervorhebung nur hier.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;29), und vom 10.&#160;Juli 2018, Jehovan todistajat (C&#8209;25/17, EU:C:2018:551, Rn.&#160;65).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteile vom 13.&#160;Mai 2014, Google Spain und Google (C&#8209;131/12, EU:C:2014:317, Rn.&#160;34), sowie vom 10.&#160;Juli 2018, Jehovan todistajat (C&#8209;25/17, EU:C:2018:551, Rn.&#160;66).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018 (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;31 und&#160;39).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;36).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;34 und&#160;38).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018, Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;39 und&#160;41).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 10.&#160;Juli 2018 (C&#8209;25/17, EU:C:2018:551, Rn.&#160;68 bis&#160;72). </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie Generalanwalt Bot in seinen Schlussantr&#228;gen in der Rechtssache Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein (C&#8209;210/16, EU:C:2017:796, Nrn.&#160;66 bis&#160;72) vorgeschlagen hat.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die vermeintlich naheliegende Analogie aus dem Verbraucherschutz, wonach die &#8222;nicht unternehmerische&#8220; Partei in Verhandlungen dasselbe Mitspracherecht bei der Aushandlung von Vertragsbedingungen haben sollte, d&#252;rfte in diesem Zusammenhang nicht zum Tragen kommen. Somit kann diskutiert werden, wie viel &#8222;Parametrisierung&#8220; bei dem Betreiber einer Fanpage tats&#228;chlich stattfindet (und wie viel T&#228;tigkeit wie bei jedem sonstigen &#8222;Verbraucher&#8220; auch lediglich im mechanischen Anklicken und Ausw&#228;hlen vorhandener Optionen besteht).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018 (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Heutzutage &#252;bermitteln eine Reihe von Programmen und Anwendungen teils mit ausdr&#252;cklicher und manchmal wohl auch mit weniger ausdr&#252;cklicher Zustimmung der Benutzer analytische Daten, die auch personenbezogene Daten umfassen k&#246;nnen, an den Entwickler oder Vertreiber der Software.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018 (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;38).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber, unter welchen genauen Bedingungen und mit welcher Verhandlungsmacht dies stattfinden w&#252;rde, kann selbstverst&#228;ndlich diskutiert werden (siehe auch oben, Fn.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Oder wie es Sir Humphrey Appleby (der sich dabei offenbar selbst auf ein &#228;lteres Zitat aus unbekannter Quelle gest&#252;tzt hat) freim&#252;tiger formuliert hat: &#8222;Verantwortung ohne Macht &#8211; in allen Zeiten das Vorrecht des Eunuchen&#8220; (Zitat aus <i>Yes, Prime Minister</i>, 2.&#160;Staffel, Folge&#160;7, &#8222;The National Education Service&#8220;, erstmals am 21.&#160;Januar 1988 ausgestrahlt).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch in dem oben in Nr.&#160;73 sowie in den Fn.&#160;38 und&#160;42 skizzierten Sinne.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Juni 2018 (C&#8209;210/16, EU:C:2018:388, Rn.&#160;43).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nrn.&#160;87 und&#160;88. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe auch Stellungnahme 4/2007 der Artikel-29-Datenschutzgruppe (ein durch Art.&#160;29 der Richtlinie 95/46 eingesetztes Beratungsgremium, nunmehr ersetzt durch den nach Art.&#160;69 der DSGVO eingerichteten Europ&#228;ischen Datenschutzausschuss) zum Begriff der personenbezogenen Daten, 01248/07/EN&#160;WP&#160;136, 20.&#160;Juni 2007, S.&#160;4.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref47" name="Footnote47">47</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies auch einfach deshalb, weil die Verarbeitung kaum je linear erfolgen wird und alle in Art.&#160;2 Buchst.&#160;b aufgef&#252;hrten Vorg&#228;nge nacheinander durchl&#228;uft, und zwar durch eine Person. Vielmehr d&#252;rfte die Existenz personenbezogener Daten eher zyklischen Charakter haben, d.&#160;h. mit Nebenlinien hier und dort in Kreisl&#228;ufen ablaufen, wobei Datens&#228;tze an verschiedenen Enden erhoben, danach von einer anderen Person eingesehen, anschlie&#223;end zusammengefasst und eingesehen und schlie&#223;lich eventuell neu kombiniert und an andere Personen zur&#252;ck&#252;bermittelt w&#252;rden usw.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref48" name="Footnote48">48</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Artikel-29-Datenschutzgruppe f&#252;hrte hierzu aus: &#8222;Eine gemeinsame Kontrolle ist somit gegeben, wenn verschiedene Parteien im Zusammenhang mit spezifischen Verarbeitungen entweder &#252;ber den Zweck oder &#252;ber wesentliche Elemente der Mittel entscheiden&#160;&#8230;&#8220; Siehe Stellungnahme 1/2010 der Artikel&#8209;29-Datenschutzgruppe zu den Begriffen &#8222;f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlicher&#8220; und &#8222;Auftragsverarbeiter&#8220;, angenommen am 16.&#160;Februar 2010, 00264/10/EN&#160;WP&#160;169, S.&#160;19.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref49" name="Footnote49">49</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegensatz zu der in Bezug auf die erste Frage oben in den Nrn.&#160;39 bis&#160;42 er&#246;rterten Situation.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref50" name="Footnote50">50</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Lekt&#252;re der deutschen Fassung der vierten Frage ist die Reichweite der vom vorlegenden Gericht gestellten Frage nach meinem Verst&#228;ndnis auf die Feststellung der Interessen, auf die abzustellen ist, begrenzt und nicht, wie die englische &#220;bersetzung der in deutscher Sprache abgefassten Frage nahelegen k&#246;nnte, dahin, welchen Interessen bei der Abw&#228;gung die <i>entscheidende</i> Bedeutung (z.&#160;B. im Sinne gr&#246;&#223;eren Gewichts) <i>beizumessen</i> ist. Die Frage geht also offenbar dahin, was in den Abw&#228;gungsvorgang einzubeziehen ist, und nicht, wie das Ergebnis der Abw&#228;gung aussehen m&#252;sste.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref51" name="Footnote51">51</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 12.&#160;Juli 2002 (Datenschutzrichtlinie f&#252;r elektronische Kommunikation) (ABl.&#160;2002, L&#160;201, S.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref52" name="Footnote52">52</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. auch Urteil vom 5.&#160;Mai 2011, Deutsche Telekom (C&#8209;543/09, EU:C:2011:279, Rn.&#160;50). Laut dem zehnten Erw&#228;gungsgrund der Datenschutzrichtlinie gilt &#8222;[i]m Bereich der elektronischen Kommunikation &#8230; die Richtlinie 95/46&#8230; vor allem f&#252;r alle Fragen des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten, die von der vorliegenden Richtlinie nicht spezifisch erfasst werden, einschlie&#223;lich der Pflichten des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen und der Rechte des Einzelnen. Die Richtlinie 95/46&#8230; gilt f&#252;r nicht &#246;ffentliche Kommunikationsdienste&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref53" name="Footnote53">53</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Zusammenhang Art.&#160;5 Abs.&#160;3 der Datenschutzrichtlinie, wonach &#8222;[d]ie Mitgliedstaaten [sicherstellen], dass die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endger&#228;t eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, nur gestattet ist, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gem&#228;&#223; der Richtlinie 95/46&#8230; u.&#160;a. &#252;ber die Zwecke der Verarbeitung erh&#228;lt, seine Einwilligung gegeben hat&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref54" name="Footnote54">54</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Kontext wird hier wiederum auf den einleitenden Abschnitt B.1 (vgl. oben, Nrn.&#160;55 bis&#160;58) und auf die Notwendigkeit der &#220;berpr&#252;fung verwiesen, was tats&#228;chlich genau &#252;bermittelt wird und ob diese Informationen tats&#228;chlich personenbezogene Daten darstellen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref55" name="Footnote55">55</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe auch Arbeitsunterlage 02/2013 der Artikel-29-Datenschutzgruppe mit Leitlinien f&#252;r die Einholung der Einwilligung zur Verwendung von Cookies, 1676/13/EN&#160;WP&#160;208, 2.&#160;Oktober 2013, S.&#160;5 und&#160;6, mit dem Hinweis: &#8222;Da die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf bereits im Ger&#228;t eines Nutzers gespeicherte Informationen mittels Cookies die Verarbeitung personenbezogener Daten umfassen kann, gelten in solchen F&#228;llen eindeutig die Vorschriften &#252;ber den Datenschutz.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref56" name="Footnote56">56</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13.&#160;Mai 2014<i>, </i>Google Spain und Google<i/>(C&#8209;131/12, EU:C:2014:317<i>,</i> Rn.&#160;71 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung), sowie vom 4.&#160;Mai 2017, R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:336, Rn.&#160;25).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref57" name="Footnote57">57</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 4.&#160;Mai 2017, R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:336, Rn.&#160;28). Vgl. auch Urteil vom 24.&#160;November 2011, Asociaci&#243;n Nacional de Establecimientos Financieros de Cr&#233;dito (C&#8209;468/10 und C&#8209;469/10, EU:C:2011:777, Rn.&#160;38).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref58" name="Footnote58">58</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:43, Nrn.&#160;64 und&#160;65). Wie von mir dort angemerkt, sind die Transparenz (Urteil vom 9.&#160;November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert, C&#8209;92/09 und C&#8209;93/09, EU:C:2010:662, Rn.&#160;77), der Schutz des Eigentums, der Gesundheit und der Familie (Urteil vom 11.&#160;Dezember 2014, Ryne&#353;, C&#8209;212/13, EU:C:2014:2428, Rn.&#160;34) als solche vom Gerichtshof anerkannt worden. Vgl. auch Urteile vom 29.&#160;Januar 2008, Promusicae (C&#8209;275/06, EU:C:2008:54, Rn.&#160;53), und vom 4.&#160;Mai 2017, R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:336, Rn.&#160;29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref59" name="Footnote59">59</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nrn.&#160;104 und&#160;105 dieser Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref60" name="Footnote60">60</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe auch Stellungnahme 06/2014 der Artikel-29-Datenschutzgruppe zum &#8222;Begriff des berechtigten Interesses des f&#252;r die Verarbeitung Verantwortlichen gem&#228;&#223; Artikel 7 der Richtlinie 95/46/EG&#8220; (844/14/EN&#160;WP&#160;217), S.&#160;25.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref61" name="Footnote61">61</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie ich bereits andernorts ausgef&#252;hrt habe, m&#252;ssen die jeweiligen &#8222;konkurrierenden berechtigten Interessen nicht nur nachgewiesen werden, sondern auch schwerer wiegen &#8230; als die Interessen oder Rechte und Freiheiten der betroffenen Person&#8220;, die sich aus den Art.&#160;7 und 8 der Charta ergeben. Siehe auch meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:43, Nrn.&#160;56 und 66 bis 69 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref62" name="Footnote62">62</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 4.&#160;Mai 2017, R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:336, Rn.&#160;31 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref63" name="Footnote63">63</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Zwecke (die geltend gemachten berechtigten Interessen) und die gew&#228;hlten Mittel (die verarbeiteten personenbezogenen Daten) m&#252;ssen also in einem angemessenen Verh&#228;ltnis zueinander stehen. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4.&#160;Mai 2017, R&#299;gas satiksme (C&#8209;13/16, EU:C:2017:336, Rn.&#160;30 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref64" name="Footnote64">64</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Oben, Nrn.&#160;76 bis&#160;82 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref65" name="Footnote65">65</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Oben, Nrn. 84 bis 88.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref66" name="Footnote66">66</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was selbstverst&#228;ndlich nicht ausschlie&#223;t, dass diese Verpflichtung auch andere potenzielle (und anschlie&#223;end t&#228;tig werdende) gemeinsam f&#252;r die Verarbeitung Verantwortliche in Bezug auf die Datenverarbeitungsvorg&#228;nge trifft, an denen sie beteiligt sind. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref67" name="Footnote67">67</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nr.&#160;132. Vgl. Arbeitsunterlage 02/2013 der Artikel-29-Datenschutzgruppe mit Leitlinien f&#252;r die Einholung der Einwilligung zur Verwendung von Cookies, 1676/13/EN&#160;WP&#160;208, 2.&#160;Oktober 2013, S.&#160;4. Vgl. auch Stellungnahme 15/2011 der Artikel&#8209;29-Datenschutzgruppe zur Definition des Begriffs &#8222;Einwilligung&#8220;, 1197/11/EN&#160;WP&#160;208, 13.&#160;Juli 2011, S.&#160;9.</p>
175,077
eugh-2018-12-19-c-68117
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-681/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:18
2019-01-31T19:21:18
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2018:1041
<p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DES GENERALANWALTS</p> <p class="C36Centre">HENRIK SAUGMANDSGAARD &#216;E</p> <p class="C36Centre">vom 19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>681/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>slewo // schlafen leben wohnen GmbH</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Sascha Ledowski</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Verbraucherschutz&#160;&#8211; Richtlinie 2011/83/EU &#8211; Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k und Art.&#160;16 Buchst.&#160;e&#160;&#8211; Im Fernabsatz geschlossener Vertrag&#160;&#8211; Widerrufsrecht&#160;&#8211; Ausnahmen&#160;&#8211; Versiegelte Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#160;&#8211; Etwaige Einbeziehung einer Matratze, deren Schutzfolie nach der Lieferung entfernt wurde&#160;&#8211; Voraussetzungen f&#252;r die Einstufung einer Ware als mit einer Versiegelung versehen&#160;&#8211; Umfang der Verpflichtung, den Verbraucher &#252;ber den Verlust seines Widerrufsrechts zu informieren&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) betrifft die Auslegung von Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k und von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83/EU(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>), die die Beschr&#228;nkung des Rechts auf Widerruf zum Gegenstand haben, das grunds&#228;tzlich dem Verbraucher zusteht, wenn er einen Vertrag im Fernabsatz schlie&#223;t.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits &#252;ber die Aus&#252;bung des Widerrufsrechts durch einen Verbraucher, der auf einer Internetseite eine Matratze erworben hatte und diese zur&#252;ckgeben wollte, nachdem er die Schutzfolie, mit der diese zum Zeitpunkt ihrer Lieferung versehen war, entfernt hatte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof wird um Feststellung ersucht, ob Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht betreffend &#8222;versiegelte Waren&#160;&#8230;, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220;, Waren erfasst, die &#8211; wie Matratzen &#8211; beim Gebrauch in direkten Kontakt mit dem menschlichen K&#246;rper kommen k&#246;nnen, jedoch gleichwohl durch eine geeignete Reinigung wieder verkehrsf&#228;hig gemacht werden k&#246;nnen. Meines Erachtens ist diese Frage zu verneinen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angenommen, der Gerichtshof w&#252;rde die erste Frage bejahen, m&#252;sste er sodann festlegen, unter welchen Bedingungen eine derartige Verpackung von Waren als Versiegelung angesehen werden kann, deren &#214;ffnung zum Verlust des Widerrufsrechts im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 f&#252;hrt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Er m&#252;sste ferner zu den Modalit&#228;ten der Information Stellung nehmen, die der Unternehmer dem Verbraucher hinsichtlich der Umst&#228;nde erteilen muss, unter denen dieser sein Widerrufsrecht nach Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k dieser Richtlinie verliert.</p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Erw&#228;gungsgr&#252;nde 34, 37, 47 und 49 der Richtlinie 2011/83 lauten wie folgt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;(34) Bevor der Verbraucher durch einen Fernabsatzvertrag &#8230; gebunden ist, sollte der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verst&#228;ndlicher Weise informieren. &#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(37)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da der Verbraucher im Versandhandel die Waren nicht sehen kann, bevor er den Vertrag abschlie&#223;t, sollte ihm ein Widerrufsrecht zustehen. Aus demselben Grunde sollte dem Verbraucher gestattet werden, die Waren, die er gekauft hat, zu pr&#252;fen und zu untersuchen, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise der Waren festzustellen. &#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(47)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Manche Verbraucher &#252;ben ihr Widerrufsrecht aus, nachdem sie die Waren in einem gr&#246;&#223;eren Ma&#223; genutzt haben, als zur Feststellung ihrer Beschaffenheit, ihrer Eigenschaften und ihrer Funktionsweise n&#246;tig gewesen w&#228;re. In diesem Fall sollte der Verbraucher das Widerrufsrecht nicht verlieren, sollte aber f&#252;r einen etwaigen Wertverlust der Waren haften. Wenn er Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren feststellen will, sollte der Verbraucher mit ihnen nur so umgehen und sie nur so in Augenschein nehmen, wie er das in einem Gesch&#228;ft tun d&#252;rfte. So sollte der Verbraucher beispielsweise ein Kleidungsst&#252;ck nur anprobieren, nicht jedoch tragen d&#252;rfen. Der Verbraucher sollte die Waren daher w&#228;hrend der Widerrufsfrist mit der geb&#252;hrenden Sorgfalt behandeln und in Augenschein nehmen. Die Verpflichtungen des Verbrauchers im Falle des Widerrufs sollten den Verbraucher nicht davon abhalten, sein Widerrufsrecht auszu&#252;ben. </p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(49)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es sollten sowohl f&#252;r Fernabsatzvertr&#228;ge als auch f&#252;r au&#223;erhalb von Gesch&#228;ftsr&#228;umen geschlossene Vertr&#228;ge bestimmte Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten. Ein Widerrufsrecht k&#246;nnte beispielsweise in Anbetracht der Beschaffenheit bestimmter Waren oder Dienstleistungen unzweckm&#228;&#223;ig sein. &#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 (&#8222;Information der Verbraucher und Widerrufsrecht bei Fernabsatz&#8209; und au&#223;erhalb von Gesch&#228;ftsr&#228;umen geschlossenen Vertr&#228;gen&#8220;) Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k dieser Richtlinie bestimmt: &#8222;Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz &#8230; gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verst&#228;ndlicher Weise&#8220;, unter anderem &#8222;in F&#228;llen, in denen gem&#228;&#223; Artikel&#160;16 kein Widerrufsrecht besteht, [dar&#252;ber], dass der Verbraucher nicht &#252;ber ein Widerrufsrecht verf&#252;gt, oder gegebenenfalls [&#252;ber] die Umst&#228;nde, unter denen der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;9 (&#8222;Widerrufsrecht&#8220;) Abs.&#160;1 dieser Richtlinie lautet: &#8222;Sofern nicht eine der Ausnahmen gem&#228;&#223; Artikel&#160;16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen [Fernabsatzvertrag] ohne Angabe von Gr&#252;nden und ohne andere Kosten als in Artikel&#160;13 Absatz&#160;2 und Artikel&#160;14 vorgesehen widerrufen kann.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;16 (&#8222;Ausnahmen vom Widerrufsrecht&#8220;) Buchst.&#160;e dieser Richtlinie hei&#223;t es: &#8222;Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzvertr&#228;gen &#8230; kein Widerrufsrecht nach den Artikeln&#160;9 bis&#160;15 vor, wenn &#8230; versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde&#8220;.</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Ausgangsverfahren, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Revisionskl&#228;gerin des Ausgangsverfahrens, die slewo&#160;//&#160;schlafen leben wohnen GmbH (im Folgenden: slewo), ist eine Online-H&#228;ndlerin, die u.&#160;a. Matratzen vertreibt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 25.&#160;November 2014 bestellte der Revisionsbeklagte des Ausgangsverfahrens, Herr Sascha Ledowski, zu privaten Zwecken &#252;ber die Website von slewo eine Matratze. Die auf der Rechnung abgedruckten Allgemeinen Gesch&#228;ftsbedingungen enthielten eine &#8222;Widerrufsbelehrung f&#252;r Verbraucher&#8220; in der hei&#223;t: &#8222;Wir tragen die Kosten der R&#252;cksendung der Waren. &#8230; Ihr Widerrufsrecht erlischt in folgenden F&#228;llen vorzeitig: Bei Vertr&#228;gen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.&#8220; Bei der Lieferung war die Matratze mit einer Schutzfolie versehen, die Herr Ledowski danach entfernte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit E&#8209;Mail vom 9.&#160;Dezember 2014 teilte Herr Ledowski slewo mit, dass er die Matratze zur&#252;cksenden wolle, und bat sie, deren R&#252;cktransport zu veranlassen. Da seiner Bitte nicht nachgekommen wurde, trug er die Kosten f&#252;r diesen Transport.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Ledowski erhob Klage gegen slewo auf Erstattung des Kaufpreises und der Transportkosten in H&#246;he von insgesamt 1&#160;190,11 Euro zuz&#252;glich Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil des Amtsgerichts Mainz (Deutschland) vom 26.&#160;November 2015 wurde der Klage stattgegeben. Dieses Urteil wurde in der Berufungsinstanz am 10.&#160;August 2016 vom Landgericht Mainz (Deutschland) mit der Begr&#252;ndung best&#228;tigt(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>), eine Matratze sei kein Hygieneartikel(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>), und dem Verbraucher stehe somit auch nach dem Entfernen der Schutzfolie ein Widerrufsrecht zu.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, bei dem slewo Revision eingelegt hat, h&#228;ngt die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Auslegung von Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k und von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 ab. Mit Entscheidung vom 15.&#160;November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 6.&#160;Dezember 2017, hat er das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass zu den dort genannten Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind, auch Waren (wie etwa Matratzen) geh&#246;ren, die zwar bei bestimmungsgem&#228;&#223;em Gebrauch direkt mit dem menschlichen K&#246;rper in Kontakt kommen k&#246;nnen, aber durch geeignete (Reinigungs&#8209;)Ma&#223;nahmen des Unternehmers wieder verkehrsf&#228;hig gemacht werden k&#246;nnen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Falls die Frage&#160;1 zu bejahen ist:</p> <p class="C11Marge1avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Welche Voraussetzungen muss die Verpackung einer Ware erf&#252;llen, damit von einer Versiegelung im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 gesprochen werden kann?</p> <p class="C13Marge2">und</p> <p class="C11Marge1avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hat der vom Unternehmer vor Eintritt der Vertragsbindung zu erteilende Hinweis nach Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83 in der Weise zu erfolgen, dass der Verbraucher unter konkreter Bezugnahme auf den Kaufgegenstand (hier: Matratze) und die angebrachte Versiegelung darauf hingewiesen wird, dass er das Widerrufsrecht bei Entfernung des Siegels verliert?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schriftliche Erkl&#228;rungen sind von slewo, Herrn Ledowski, der belgischen und der italienischen Regierung sowie von der Europ&#228;ischen Kommission eingereicht worden. Eine m&#252;ndliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst m&#246;chte ich darauf hinweisen, dass die zweite Vorlagefrage, die aus zwei Teilen besteht, nur f&#252;r den Fall gestellt ist, dass der Gerichtshof die erste Vorlagefrage bejaht. Da dies meines Erachtens zu verneinen ist, muss sich der Gerichtshof meiner Ansicht nach zur zweiten Frage nicht &#228;u&#223;ern. Der Vollst&#228;ndigkeit halber und angesichts der Neuartigkeit der darin aufgeworfenen Probleme werde ich jedoch auch zu dieser Frage Stellung nehmen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum Begriff von Waren, &#8222;die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220; im Sinne von </b>Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83<b> (erste Frage)</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bevor ich mit der W&#252;rdigung der ersten Vorabentscheidungsfrage selbst beginne, erscheint es mir angebracht, auf einige wesentliche Aspekte betreffend dieses Vorabentscheidungsersuchens insgesamt hinzuweisen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Erstens</i> ist festzustellen, dass dieses Ersuchen einen sowohl auf juristischer als auch auf praktischer Ebene <i>sehr spezifischen Bereich </i>des Verbraucherschutzes betrifft, n&#228;mlich denjenigen der Fernabsatzvertr&#228;ge, die Gegenstand spezieller Vorschriften der Richtlinie 2011/83 sind(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>), auch wenn diese Vertr&#228;ge zugleich deren allgemeinen Regeln unterliegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insbesondere ist in Art.&#160;9 der Richtlinie vorgesehen, dass den Verbrauchern bei dieser Art von Vertr&#228;gen grunds&#228;tzlich ein Widerrufsrecht zusteht(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>), einschlie&#223;lich des Rechts auf vollst&#228;ndige R&#252;ckzahlung, au&#223;er im Fall der missbr&#228;uchlichen Nutzung der Ware; dieses Recht erkl&#228;rt sich aus den besonderen Schwierigkeiten, mit denen jeder K&#228;ufer konfrontiert ist, wenn er einen Fernabsatzvertrag schlie&#223;t. Wie es n&#228;mlich in den Erw&#228;gungsgr&#252;nden 37 und 47 dieser Richtlinie hei&#223;t, ist es den Verbrauchern in diesem Rahmen nicht m&#246;glich, die Ware, die sie interessiert, zu pr&#252;fen und zu untersuchen, bevor sie diese bestellt und empfangen haben, weswegen ihnen eine Frist zum Nachdenken und zum etwaigen Widerruf nach einer Untersuchung der gelieferten Ware einger&#228;umt wird, wobei die Unternehmer allerdings ihrerseits gegen eine m&#246;gliche missbr&#228;uchliche Nutzung dieses Rechts gesch&#252;tzt sind(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>). Im Einklang mit diesen Erw&#228;gungsgr&#252;nden ist es den Verbrauchern somit m&#246;glich, die gekaufte Ware zu pr&#252;fen und zu untersuchen, dies jedoch nur, soweit es erforderlich ist, um die Beschaffenheit, die Eigenschaften und die Funktionsweise dieser Ware festzustellen(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings sieht Art.&#160;16 dieser Richtlinie sehr genau definierte Ausnahmen vom Widerrufsrecht vor, darunter in Buchst.&#160;e den Ausschluss der Lieferung &#8222;versiegelte[r] Waren&#160;&#8230;, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;cknahme geeignet sind&#8220;(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>), wenn &#8222;deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde&#8220;. Ich weise bereits hier darauf hin, dass diese Begriffe meines Erachtens unbestreitbar unterschiedlich sind, aber gleichwohl eng zusammenh&#228;ngen, und dass sie kumulative Bedingungen f&#252;r die Anwendung dieser Vorschrift darstellen. Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k dieser Richtlinie verpflichtet den Unternehmer, den Verbraucher vor Vertragsschluss speziell &#252;ber die in ihrem Art.&#160;16 Buchst.&#160;e vorgesehene Ausnahme vom Widerrufsrecht zu informieren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zweitens</i> m&#246;chte ich auf bestimmte <i>Grunds&#228;tze f&#252;r die Auslegung</i> des Unionsrechts hinweisen, die f&#252;r alle vom vorlegenden Gericht hier aufgeworfenen Fragen gelten. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum einen ergibt sich aus der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass f&#252;r die Auslegung von Vorschriften des Unionsrechts, die nicht auf das Recht der Mitgliedstaaten verweisen, wie es bei den Vorschriften, um die es in der vorliegenden Rechtssache geht, der Fall ist, nicht nur deren Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele der Regelung, zu der sie geh&#246;ren, zu ber&#252;cksichtigen sind(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen ist, was die Vorschriften des Unionsrechts anbelangt, die nach Art.&#160;169&#160;AEUV zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen und ein hohes Verbraucherschutzniveau erreichen sollen &#8211; wie die Vorschriften, um die es hier geht(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>) &#8211; einer Auslegung der Vorzug zu geben, die es so weit wie m&#246;glich erlaubt(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>), die Erreichung dieses Ziels nicht zu gef&#228;hrden(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>) und dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Verbraucher im Verh&#228;ltnis zum Unternehmer als unterlegen angesehen werden muss(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass diejenigen unionsrechtlichen Vorschriften, die einen Ausnahmecharakter haben, insbesondere jene, die zu Schutzzwecken gew&#228;hrte Rechte einschr&#228;nken, einer Auslegung, die &#252;ber die in dem betreffenden Rechtsakt ausdr&#252;cklich vorgesehenen F&#228;lle hinausgeht, nicht zug&#228;nglich sind(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>), wobei allerdings diese enge Auslegung die praktische Wirksamkeit dieser Einschr&#228;nkung wahren muss und deren Ziel zu beachten ist(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>). Mit dem vorlegenden Gericht bin ich der Auffassung, dass die Vorschriften der Richtlinie 2011/83, um die es im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geht, eng auszulegen sind, da sie eine Ausnahme von der allgemeinen Regel darstellen, wonach den Verbrauchern grunds&#228;tzlich ein Widerrufsrecht zusteht, wenn sie Fernabsatzvertr&#228;ge schlie&#223;en. Diese Auffassung wird im &#220;brigen auch in dem von der Generaldirektion Justiz der Kommission ver&#246;ffentlichten Leitfaden zu dieser Richtlinie vertreten(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist im Licht all dieser Erw&#228;gungen zu betrachten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner <i>ersten Frage</i> m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Begriff &#8222;<i>Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind</i>&#8220; in Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen ist, dass unter diese Bestimmung Waren wie etwa Matratzen fallen, die zwar bei bestimmungsgem&#228;&#223;em Gebrauch direkt mit dem menschlichen K&#246;rper in Kontakt kommen k&#246;nnen, aber durch geeignete Reinigungsma&#223;nahmen des Unternehmers wieder verkehrsf&#228;hig gemacht werden k&#246;nnen. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu dieser Frage gibt es zwei Auffassungen. Nach der ersten, der sich slewo und die belgische Regierung anschlie&#223;en, sollte dem Verbraucher unter den in dieser Frage angesprochenen Umst&#228;nden kein Widerrufsrecht zustehen. Demgegen&#252;ber sollte der Verbraucher nach der zweiten Auffassung, f&#252;r die sich das vorlegende Gericht, Herr Ledowski, die italienische Regierung und die Kommission aussprechen, nicht die M&#246;glichkeit verlieren, in einem derartigen Fall sein Widerrufsrecht auszu&#252;ben. Ich schlie&#223;e mich aus den folgenden Gr&#252;nden der letztgenannten Auffassung an.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst einmal ist meines Erachtens &#8211; auch wenn diesbez&#252;glich in den beim Gerichtshof eingereichten Erkl&#228;rungen Zweifel ge&#228;u&#223;ert wurden &#8211; die Kontroverse betreffend die Frage, ob Matratzen tats&#228;chlich Waren sind, &#8222;die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220;, wie dies in der Vorlagefrage angenommen wird, von vornherein auszuklammern. Eine solche Einstufung gibt keinen Anlass zur Diskussion, wenn es um die Anprobe eines Kleidungsst&#252;cks geht, einer Art von Waren, die beispielhaft im 47.&#160;Erw&#228;gungsgrund dieser Richtlinie angef&#252;hrt wird. Zwar wird eine Matratze unter gew&#246;hnlichen Nutzungsbedingungen im Allgemeinen mindestens mit einem Bettlaken bezogen, doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Verbraucher die Matratze, nachdem er sie aus der Verpackung genommen hat, in der sie ihm geliefert wurde, einer kurzen Pr&#252;fung unterzieht, indem er sich darauf legt, ohne sie zu beziehen. Da im &#220;brigen das vorlegende Gericht von dieser Annahme ausgeht, ist es meines Erachtens nicht Sache des Gerichtshofs, dies in Frage zu stellen, da es sich hierbei um eine Tatsachenw&#252;rdigung handelt(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorlagefrage, dass der Gerichtshof &#8211; &#252;ber den speziellen Fall der Matratzen hinaus, wie er Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist &#8211; gefragt wird, ob der Verbraucher in dem Fall, in dem bei einer Ware, die direkt mit dem menschlichen K&#246;rper in Kontakt kommen kann(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>), nach der Lieferung die Versiegelung entfernt wurde und sie als dementsprechend benutzt angesehen wird, sein Widerrufsrecht verliert, auch wenn der Verk&#228;ufer dieser Ware durchaus geeignete Reinigungsma&#223;nahmen ergreifen kann, um sie ohne Beeintr&#228;chtigung der Gesundheit oder der Hygiene wieder zu verkaufen(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht verweist auf den von einem Teil der deutschen Lehre vertretenen, auf eine Bejahung hinauslaufenden Standpunkt(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>) und f&#252;hrt aus, die Wendung &#8222;die nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220; k&#246;nne gegebenenfalls bedeuten, dass das entscheidende Kriterium der Zustand der Ware als solcher sei, nachdem ihre Versiegelung vom Verbraucher entfernt worden sei, und nicht die Frage, ob der Unternehmer sie anschlie&#223;end dank Reinigungsma&#223;nahmen wieder in einen verkehrsf&#228;higen Zustand versetzen k&#246;nne. In demselben Sinne macht die belgische Regierung geltend, die Frage, ob es m&#246;glich sei, die von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 erfassten Waren zu reinigen, stelle ein Kriterium dar, das in dieser Vorschrift nicht enthalten sei; diese m&#252;sse daher eng ausgelegt werden, da sie eine Ausnahmeregelung darstelle.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mangels genauer Angaben in der Richtlinie 2011/83 oder den dazugeh&#246;rigen Materialien(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>) muss diese Vorschrift jedoch meiner Ansicht nach zwar eng, aber im Einklang mit dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Ziel ausgelegt werden(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>), ein hohes Schutzniveau f&#252;r den Verbraucher, der einen Fernabsatzvertrag geschlossen hat, zu erreichen, indem es diesem grunds&#228;tzlich erm&#246;glicht wird, die Ware, die er gekauft hat, ohne sie zu sehen, zu pr&#252;fen und zur&#252;ckzusenden, wenn er nach dieser Pr&#252;fung nicht mit ihr zufrieden ist. Meines Erachtens ist daher die Auslegung vorzuziehen, die f&#252;r eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Ausnahmen vom Widerrufsrecht spricht, d.&#160;h. diejenige, nach der es einem Verbraucher m&#246;glich sein muss, eine Ware zur&#252;ckzusenden, die wieder zum Verkauf angeboten werden kann, nachdem sie gereinigt wurde, ohne dass dies eine &#252;berm&#228;&#223;ige Belastung f&#252;r den Unternehmer darstellen w&#252;rde(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>), und nicht die gegenteilige Auslegung, die die M&#246;glichkeiten des Verbrauchers zum Widerruf einschr&#228;nkt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich teile daher die Auffassung des vorlegenden Gerichts, wonach das Widerrufsrecht nach diesem Art.&#160;16 Buchst.&#160;e nur ausgeschlossen sein darf, wenn die Ware nach Entfernung der Versiegelung aus echten Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder Hygienegr&#252;nden definitiv nicht mehr verkehrsf&#228;hig ist, weil es dem Unternehmer aufgrund ihrer Beschaffenheit unm&#246;glich ist, Ma&#223;nahmen zu ergreifen, um sie wieder zum Verkauf anzubieten, ohne hierdurch dem einen oder dem anderen dieser Ziele zuwiderzuhandeln(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Hinblick auf den vorliegenden Fall ist das vorlegende Gericht &#8211; meines Erachtens aus guten Gr&#252;nden &#8211; der Auffassung, dass von einer Matratze, deren Versiegelung der Verbraucher entfernt hat und die er m&#246;glicherweise benutzt hat, offensichtlich keinesfalls angenommen werden kann, dass sie endg&#252;ltig nicht mehr verkehrsf&#228;hig ist, wie dies die Benutzung von Hotelbetten durch aufeinanderfolgende G&#228;ste, das Bestehen eines Marktes f&#252;r gebrauchte Matratzen und die M&#246;glichkeit, eine Reinigung gebrauchter Matratzen vorzunehmen, zeigen. Meines Erachtens ist eine Matratze insoweit mit einem Kleidungsst&#252;ck zu vergleichen, dessen R&#252;ckgabe an den Unternehmer der Gesetzgeber ausdr&#252;cklich vorgesehen hat(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>), auch nach einer etwaigen Anprobe, die einen direkten Kontakt mit dem K&#246;rper bedingt, da davon ausgegangen werden kann, dass ein solcher Artikel gewaschen werden kann, um wieder in den Verkauf gebracht zu werden, ohne dass hierdurch die Gesundheit oder die Hygiene gef&#228;hrdet w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich weise darauf hin, dass in dem Fall, in dem die Ware bei ihrer Pr&#252;fung durch den Verbraucher &#252;berm&#228;&#223;ig benutzt worden w&#228;re, die im 47.&#160;Erw&#228;gungsgrund angesprochene und in Art.&#160;14 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2011/83 vorgesehene M&#246;glichkeit einer Haftung des Verbrauchers es erlauben w&#252;rde, einem &#8222;Wertverlust&#8220; der betreffenden Ware zu begegnen(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>). Indem die letztgenannte Bestimmung es dem Verbraucher erlaubt, den Widerruf auszu&#252;ben und eine Ware zur&#252;ckzusenden, selbst wenn er einen Wertverlust verursacht haben sollte &#8211; f&#252;r den er gegebenenfalls gegen&#252;ber dem Unternehmer haften muss&#160;&#8211;, best&#228;tigt sie in meinen Augen die Auffassung, dass Art.&#160;16 Buchst.&#160;e sich nur auf die F&#228;lle bezieht, in denen es absolut unm&#246;glich ist, eine Ware wieder zum Verkauf anzubieten, ohne tats&#228;chlich Gefahr zu laufen, dass die Gesundheit oder die Hygiene beeintr&#228;chtigt wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich f&#252;ge hinzu, dass die von mir hier bevorzugte teleologische und systematische Auslegung nicht die praktische Wirksamkeit der in Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 vorgesehenen Ausnahme beeintr&#228;chtigen kann(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>), da Waren, deren normale Pr&#252;fung durch den Verbraucher nach Entfernung ihrer Versiegelung zu einer unwiderruflichen Beeintr&#228;chtigung der Gesundheit oder der Hygiene f&#252;hren k&#246;nnte, im Einklang mit der Zielsetzung dieser Vorschrift von einem erneuten Verkauf ausgeschlossen bleiben werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die vorstehende Analyse l&#228;sst sich meines Erachtens nicht dadurch widerlegen, dass &#8211; wie das vorlegende Gericht feststellt &#8211; in dem vorgenannten Leitfaden(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>) Matratzen unter den Beispielen f&#252;r Waren angef&#252;hrt sind, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>) nicht im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e zur&#252;ckgesendet werden und damit vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sein k&#246;nnen, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Diese Feststellung enth&#228;lt n&#228;mlich keinerlei Begr&#252;ndung, die einen solchen Ansatz st&#252;tzen k&#246;nnte. Auch wenn dieser Leitfaden einen Beitrag zur Erl&#228;uterung des Inhalts dieser Richtlinie darstellen kann, entbehrt er gleichwohl jeder verbindlichen Wirkung, was deren Auslegung angeht, wie sich im &#220;brigen ausdr&#252;cklich aus seiner Pr&#228;ambel ergibt(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>). Schlie&#223;lich ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission sich in der vorliegenden Rechtssache selbst f&#252;r die gegenteilige Auffassung entschieden hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dementsprechend ist Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 meines Erachtens dahin auszulegen, dass Waren wie etwa Matratzen, die zwar bei bestimmungsgem&#228;&#223;em Gebrauch direkt mit dem menschlichen K&#246;rper in Kontakt kommen k&#246;nnen, aber durch geeignete Ma&#223;nahmen, insbesondere Reinigungsma&#223;nahmen, des Unternehmers wieder verkehrsf&#228;hig gemacht werden k&#246;nnen, nicht unter den Begriff &#8222;versiegelte Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220;, im Sinne dieser Vorschrift fallen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum Begriff &#8222;versiegelte&#8220; Waren im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83<b> (Frage&#160;2 Buchst.&#160;a)</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da die zweite Vorlagefrage, insbesondere ihr erster Teil, nur f&#252;r den Fall gestellt wird, dass der Gerichtshof die erste Vorlagefrage bejaht, was meiner Ansicht nach nicht angebracht ist, &#228;u&#223;ere ich mich zu diesem Teil nur hilfsweise.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage, Buchst.&#160;a, geht es dem vorlegenden Gericht im Wesentlichen darum, welche Eigenschaften eine Verpackung aufweisen muss, um eine &#8222;Versiegelung&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 darzustellen, falls die betreffende Ware zur Kategorie der Waren geh&#246;ren sollte, &#8222;die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220; und f&#252;r die diese Vorschrift eine Ausnahme vom Widerrufsrecht vorsieht(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>). Wie sich aus den Gr&#252;nden seiner Entscheidung ergibt, fragt sich das vorlegende Gericht insbesondere, ob derartige Waren so verpackt werden m&#252;ssen, dass &#8222;nicht nur &#8230; die Entsiegelung nicht r&#252;ckg&#228;ngig [zu] machen [sein darf], sondern sich dar&#252;ber hinaus aus den Umst&#228;nden (etwa durch einen Aufdruck ,Siegel&#8216;) eindeutig ergeben muss, dass es sich nicht um eine blo&#223;e Transportverpackung, sondern um eine Versiegelung aus Gesundheits- oder Hygienegr&#252;nden handelt&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens werfen die vorgelegte Frage und die entsprechende Begr&#252;ndung zwei verschiedene Probleme auf, wie dies aus den beim Gerichtshof eingereichten Erkl&#228;rungen hervorgeht(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>). Das vorlegende Gericht fragt zum einen nach den physikalischen Eigenschaften, die eine Verpackung aufweisen muss, um als &#8222;Versiegelung&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 eingestuft werden zu k&#246;nnen, und zum anderen nach der etwaigen Notwendigkeit, auf dieser Verpackung ein Erkennungszeichen anzubringen, das die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf den Umstand lenkt, dass eine solche Versiegelung vorliegt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was <i>erstens </i>die <i>physikalischen Eigenschaften</i> der Verpackungen angeht, die so eingestuft werden k&#246;nnen, ist festzustellen, dass der Begriff &#8222;versiegelt&#8220; in Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie in dieser nicht definiert ist(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>). Die Materialien bringen meines Erachtens keine weiteren Aufschl&#252;sse dazu, wie dieser Begriff zu verstehen ist(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der genannte Leitfaden erw&#228;hnt ein Produkt, bei dem &#8222;triftige Gesundheitsschutz&#8209; oder Hygienegr&#252;nde f&#252;r die Versiegelung vorliegen, die aus einer Schutzverpackung oder einer Schutzfolie bestehen kann&#8220;(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>). Der Beginn dieser Wendung schlie&#223;t meines Erachtens zu Recht aus, dass Unternehmer frei &#252;ber die Ausnahmen vom Widerrufsrecht verf&#252;gen k&#246;nnen, indem sie Versiegelungen vornehmen die nicht durch die Beschaffenheit der Ware im Hinblick auf diese Gr&#252;nde gerechtfertigt sind(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>), wobei darauf hinzuweisen ist, dass Ausnahmen von diesem dem Verbraucher grunds&#228;tzlich zustehenden Recht absolute Ausnahmen bleiben m&#252;ssen(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>). Der Leitfaden enth&#228;lt indessen keine Antwort auf die Frage, welche materiellen Eigenschaften die Verpackung oder die Folie aufweisen muss, um die in Art.&#160;16 Buchst.&#160;e aufgestellten Anforderungen zu erf&#252;llen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In dieser Hinsicht ist meines Erachtens, wie dies im Wesentlichen auch von slewo(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>), der belgischen Regierung(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>) und der Kommission vorgeschlagen wird, strikt der Zielsetzung zu folgen, die mit &#8222;Versiegelungen&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e erf&#252;llt werden soll. Ziel dieser Vorschrift ist es meines Erachtens, alle Waren vom Widerrufsrecht auszuschlie&#223;en, die zu tats&#228;chlichen Zwecken des Gesundheits&#8209; oder Hygieneschutzes versiegelt werden m&#252;ssen, also zu verhindern, dass der Verbraucher sie an den Unternehmer zur&#252;cksendet, weil sie, nachdem ihre Schutzverpackung entfernt wurde, unwiderruflich ihren Wert verlieren, was die Hygiene&#8209; bzw.&#160;Gesundheitsgarantie angeht, so dass sie nicht mehr erneut in den Verkehr gebracht werden k&#246;nnen(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit eine Schutzfolie als &#8222;Versiegelung&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 angesehen werden kann, ist es daher meines Erachtens erforderlich, dass sie es erlaubt, die Sauberkeit der von ihr umschlossenen Ware zu garantieren. Dieses Kriterium setzt voraus, dass diese Verpackung ausreichend widerstandsf&#228;hig ist, um sie zu sch&#252;tzen, und dass sie nicht ge&#246;ffnet werden kann, ohne dass dies zu einer sichtbaren Besch&#228;digung f&#252;hrt, so dass mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass die betreffende Ware vom K&#228;ufer gepr&#252;ft werden konnte. Beispielsweise k&#246;nnte eine verschwei&#223;te Plastikfolie oder eine verschwei&#223;te metallische Umh&#252;llung, die eine Versetzung in den urspr&#252;nglichen Zustand nach einer absichtlichen &#214;ffnung unm&#246;glich machen w&#252;rde, diese Anforderungen erf&#252;llen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dagegen erscheint es mir &#252;bertrieben, zu verlangen &#8211; wie dies offensichtlich die italienische Regierung vertritt &#8211; dass eine Verpackung, um diese Qualifizierung zu erf&#252;llen, &#8222;die Keimfreiheit der Ware sicherstellen [muss] &#8211; wie dies bei Produkten, die in sterilem Zustand verkauft werden &#8230; der Fall ist&#8220;(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>). Zwar bezieht sich n&#228;mlich Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 auf &#8222;Gr&#252;nde des Gesundheitsschutzes&#8220;, erw&#228;hnt aber auch blo&#223;e &#8222;Hygiene&#8220;gr&#252;nde, die meines Erachtens von den Unternehmern keinen derart hohen wirtschaftlichen Aufwand verlangen, wie er durch die Verpflichtung entst&#252;nde, alle Waren, die unter diese Vorschrift fallen k&#246;nnten, derart keimfrei bzw.&#160;steril zu verpacken.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zweitens </i>teile ich, was eine etwaige <i>spezifische Kennzeichnung, </i>wie vom vorlegenden Gericht ins Auge gefasst, angeht, die auf den Verpackungen anzubringen w&#228;re, die eine &#8222;Versiegelung&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e darstellen k&#246;nnten(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>), den Standpunkt von slewo und der Kommission, wonach nichts daf&#252;r spricht, dass ein solches visuelles Kriterium f&#252;r die Anwendung dieser Vorschrift erf&#252;llt sein muss, zus&#228;tzlich zu den bereits beschriebenen physikalischen Eigenschaften, die diese Verpackungen meines Erachtens aufweisen m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Weder aus dem Wortlaut dieses Buchst.&#160;e noch aus den ihn begleitenden Bestimmungen noch aus den Materialien(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>) ergibt sich n&#228;mlich, dass die Autoren der Richtlinie 2011/83 den Unternehmern eine derartige nachvertragliche Informationspflicht betreffend das Widerrufsrecht h&#228;tten auferlegen wollen(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>). Wenn der Unionsgesetzgeber es f&#252;r erforderlich gehalten h&#228;tte, dass der Verbraucher bei der Lieferung durch Angaben auf der Verpackung des verkauften Produkts informiert wird, h&#228;tte er dies ohne Zweifel getan, wie es in anderen Rechtsakten zum Verbraucherschutz vorgesehen ist(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Fall, dass der Gerichtshof sich zur zweiten Vorlagefrage, Buchst.&#160;a, &#228;u&#223;ern sollte, m&#252;sste daher meines Erachtens geantwortet werden, dass &#8222;versiegelte&#8220; Waren im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 diejenigen Waren sind, die derart verpackt sind, dass die &#214;ffnung der Verpackung nicht wieder r&#252;ckg&#228;ngig zu machen ist, so dass mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass die betreffende Ware vom K&#228;ufer gepr&#252;ft werden konnte, ohne dass diese Verpackung jedoch notwendigerweise einen spezifischen Hinweis aufweisen m&#252;sste, in dem ausdr&#252;cklich angegeben wird, dass es sich dabei um eine Versiegelung handelt, deren Entfernung das Widerrufsrecht des Verbrauchers beeintr&#228;chtigen wird. Meiner Ansicht nach m&#252;sste diese ausdr&#252;ckliche Information vielmehr im Rahmen der in Art.&#160;6 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2011/83 vorgesehenen vorvertraglichen Information gegeben werden, mit der ich mich jetzt befassen werde.</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur Pflicht, den Verbraucher gem&#228;&#223; Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83 &#252;ber die Umst&#228;nde zu informieren, unter denen dieser sein Widerrufsrecht verliert (zweite Vorlagefrage, Buchst.&#160;b)</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da die zweite Vorlagefrage, einschlie&#223;lich ihres zweiten Teils, wie bereits ausgef&#252;hrt nur f&#252;r den Fall gestellt ist, dass der Gerichtshof die erste Vorlagefrage bejaht, was ich nicht vorschlage, &#228;u&#223;ere ich mich zu diesem Teil nur hilfsweise.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Frage geht davon aus, dass die im Fernabsatz verkaufte Ware tats&#228;chlich versiegelt ist und ihre R&#252;cksendung an den Verk&#228;ufer aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes und aus Hygienegr&#252;nden im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 ausgeschlossen ist und dass sie somit nicht dem Widerrufsrecht unterliegt, das dem Verbraucher grunds&#228;tzlich zusteht. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht fragt im Kern, ob der Unternehmer in einem solchen Fall den Verbraucher nach Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k dieser Richtlinie<i> vor </i>Vertragsschluss unter spezifischer Bezugnahme auf den Kaufgegenstand und die angebrachte Versiegelung <i>konkret</i> darauf hinweisen muss, dass er sein Widerrufsrecht bei Entfernung des Siegels verliert, oder ob er diesen lediglich abstrakt informieren muss, indem er sich darauf beschr&#228;nkt, den Wortlaut der Richtlinie in seinen Allgemeinen Gesch&#228;ftsbedingungen zu zitieren(<a href="#Footnote47" name="Footref47">47</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die letztgenannte Auslegung macht slewo geltend, Art.&#160;6 verpflichte in seiner gegenw&#228;rtigen Fassung lediglich dazu, den Verbraucher zu informieren, &#8222;bevor&#8220; dieser seine Bestellung t&#228;tige, so dass ein Unternehmer den Vorgaben der Richtlinie 2011/83 entspreche, wenn er eine globale vorvertragliche Belehrung &#252;ber das Widerrufsrecht vornehme, der die m&#246;glichen Ausnahmegr&#252;nde angef&#252;gt seien, wie sie vom Gesetzgeber genannt seien. Die Vornahme konkreter Informationen zu diesem Recht f&#252;r jeden Artikel im Online-Shop stehe nicht im Einklang mit dem Ziel des Verbraucherschutzes(<a href="#Footnote48" name="Footref48">48</a>), und es gen&#252;ge, wenn Einzelhinweise nachvertraglich zur Verf&#252;gung gestellt w&#252;rden. Herr Ledowski nimmt zu dieser Frage nicht Stellung und beruft sich hierzu auf seine Verneinung der ersten Vorlagefrage. Die belgische und die italienische Regierung sowie &#8211; hilfsweise&#160;&#8211; die Kommission schlagen vor, Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie dahin auszulegen, dass der Unternehmer verpflichtet ist, den Verbraucher ausdr&#252;cklich darauf hinzuweisen, dass er sein Widerrufsrecht verliert, wenn die Versiegelung der fraglichen Ware entfernt wird. Ich teile ihre Auffassung aus folgenden Gr&#252;nden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst weise ich darauf hin, dass der <i>Wortlaut </i>von Art.&#160;6 der Richtlinie 2011/83 eine Reihe ausdr&#252;cklicher Angaben betreffend die Informationspflicht enth&#228;lt, die er dem Unternehmer, der einen Fernabsatzvertrag mit einem Verbraucher schlie&#223;en will, auferlegt(<a href="#Footnote49" name="Footref49">49</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was den Zeitpunkt angeht, zu dem die in Art.&#160;6 der Richtlinie 2011/83 vorgesehenen Informationen(<a href="#Footnote50" name="Footref50">50</a>) gegeben werden m&#252;ssen, ergibt sich aus seinem Abs.&#160;1 Satz&#160;1, dass dies umfassend geschehen muss, &#8222;[b]evor der Verbraucher durch einen Vertrag &#8230; gebunden ist&#8220;(<a href="#Footnote51" name="Footref51">51</a>), so dass etwaige erg&#228;nzende Informationen, die zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt, insbesondere bei Lieferung der Ware(<a href="#Footnote52" name="Footref52">52</a>), gegeben werden, keinen direkten Einfluss auf die Frage haben, ob der Unternehmer seiner Verpflichtung nachgekommen ist. Was im &#220;brigen die &#8222;[Art und] Weise&#8220;(<a href="#Footnote53" name="Footref53">53</a>) angeht, in der diese Information erfolgen muss, hei&#223;t es in demselben Absatz, dass sie &#8222;klar und verst&#228;ndlich&#8220;, d.&#160;h. zweifelsfrei, sein muss, d.&#160;h. meiner Ansicht nach so, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verst&#228;ndiger europ&#228;ischer Durchschnittsverbraucher(<a href="#Footnote54" name="Footref54">54</a>) in der Lage ist, &#252;ber die Eingehung der Verpflichtung in voller Kenntnis der Sachlage zu entscheiden(<a href="#Footnote55" name="Footref55">55</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was im &#220;brigen den Gegenstand der vorherigen Information angeht, um die es speziell im vorliegenden Fall geht, verlangt Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83, der F&#228;lle betrifft, in denen &#8222;gem&#228;&#223; Artikel&#160;16[(<a href="#Footnote56" name="Footref56">56</a>)] kein Widerrufsrecht besteht[(<a href="#Footnote57" name="Footref57">57</a>)]&#8220;, ausdr&#252;cklich, dass der Verbraucher dar&#252;ber informiert wird, &#8222;dass [er] nicht &#252;ber ein Widerrufsrecht verf&#252;gt, oder gegebenenfalls [&#252;ber] die Umst&#228;nde, unter denen [er] sein Widerrufsrecht verliert&#8220;(<a href="#Footnote58" name="Footref58">58</a>). Dagegen besagt diese Vorschrift nichts &#252;ber den Inhalt der Information, die der Unternehmer dem Verbraucher in einem solchen Fall geben muss, damit diese als hinreichend klar angesehen werden kann(<a href="#Footnote59" name="Footref59">59</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht der <i>Ziele </i>der Regelung, zu der Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83 geh&#246;rt, ist dieser jedoch meines Erachtens dahin auszulegen, dass ein Unternehmer, der in seinen Allgemeinen Gesch&#228;ftsbedingungen lediglich den Wortlaut von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e dieser Richtlinie wiedergibt, wie dies vorliegend der Fall war(<a href="#Footnote60" name="Footref60">60</a>), die Anforderungen dieser Vorschrift nicht erf&#252;llt. Ein Unternehmer, der den Fernabsatz von Waren beabsichtigt, die zu der speziell in diesem Art.&#160;16 Buchst.&#160;e vorgesehenen Kategorie geh&#246;ren, sollte meines Erachtens, wie vom vorlegenden Gericht in Betracht gezogen, verpflichtet sein, den Verbraucher sofort ausdr&#252;cklich und konkret dar&#252;ber zu informieren, dass er das ihm zustehende Widerrufsrecht verlieren wird, wenn er eine bestimmte Handlung begeht, durch die er dieses Recht verliert, d.&#160;h., wenn er die Versiegelung der betreffenden Ware entfernt, wobei dieser Hinweis diese bestimmte Ware konkret nennen und deutlich angeben muss, dass sie versiegelt ist(<a href="#Footnote61" name="Footref61">61</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Auslegung ist meiner Meinung nach die einzige, die zum einen das mit der Richtlinie 2011/83 angestrebte Ziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gew&#228;hrleisten, verwirklichen kann, f&#252;r das Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k eine der Triebfedern ist, und die zum anderen die volle praktische Wirksamkeit der nach dieser Vorschrift geforderten Information sicherstellen(<a href="#Footnote62" name="Footref62">62</a>) und &#252;berdies verhindern kann, dass die Unternehmer zu leicht von ihren mit dem Widerrufsrecht &#8211; das ein Prinzip dieser Richtlinie ist und bleiben muss &#8211; verbundenen Verpflichtungen freikommen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in einem vergleichbaren Zusammenhang bereits festgestellt hat, dass die im Unionsrecht vorgesehene Schutzregelung, zu der die Verpflichtung des Unternehmers geh&#246;rt, dem Verbraucher alle zur Aus&#252;bung seiner Rechte &#8211; insbesondere seines Widerrufsrechts &#8211; erforderlichen Informationen zu geben, voraussetzt, dass der Verbraucher als schw&#228;chere Partei aufgrund einer ausdr&#252;cklichen schriftlichen Belehrung Kenntnis von seinen Rechten erlangt(<a href="#Footnote63" name="Footref63">63</a>). Der Gerichtshof hat ferner hervorgehoben, dass die Pflicht, den Verbraucher zu belehren, im allgemeinen System der f&#252;r dieses Gebiet getroffenen Regelung(<a href="#Footnote64" name="Footref64">64</a>) eine zentrale Stellung als wesentliche Garantie f&#252;r die tats&#228;chliche Aus&#252;bung des den Verbrauchern einger&#228;umten Widerrufsrechts und daher f&#252;r die praktische Wirksamkeit des vom Gesetzgeber angestrebten Verbraucherschutzes einnimmt(<a href="#Footnote65" name="Footref65">65</a>). Die insoweit zu den Richtlinien 85/577 und 97/7 angestellten Erw&#228;gungen gelten meines Erachtens auch in der vorliegenden Rechtssache, wenn man bedenkt, dass diese Richtlinien durch die Richtlinie 2011/83 aufgehoben und ersetzt wurden(<a href="#Footnote66" name="Footref66">66</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83 f&#252;r den Fall, dass der Gerichtshof zur zweiten Vorlagefrage, Buchst.&#160;b, Stellung nehmen sollte, meines Erachtens dahin auszulegen, dass der Unternehmer &#8211; wenn eine Ware entsprechend den in Art.&#160;16 Buchst.&#160;e dieser Richtlinie vorgesehenen Umst&#228;nden versiegelt ist &#8211; den Verbraucher vor Abschluss des Fernabsatzvertrags unter konkreter Bezugnahme auf die betreffende Ware und unter deutlichem Hinweis darauf, dass diese versiegelt ist, ausdr&#252;cklich dar&#252;ber zu informieren hat, dass er sein Widerrufsrecht bei Entfernung des Siegels verliert.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bundesgerichtshofs (Deutschland) wie folgt zu antworten:</p> <p class="C02AlineaAltA">Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 25.&#160;Oktober 2011 &#252;ber die Rechte der Verbraucher, zur Ab&#228;nderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass Waren wie etwa Matratzen, die zwar bei bestimmungsgem&#228;&#223;em Gebrauch direkt mit dem menschlichen K&#246;rper in Kontakt kommen k&#246;nnen, aber durch geeignete Ma&#223;nahmen, insbesondere Reinigungsma&#223;nahmen, des Unternehmers wieder verkehrsf&#228;hig gemacht werden k&#246;nnen, nicht unter den Begriff &#8222;versiegelte Waren, die aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden nicht zur R&#252;ckgabe geeignet sind&#8220;, im Sinne dieser Vorschrift fallen.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Franz&#246;sisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 25.&#160;Oktober 2011 &#252;ber die Rechte der Verbraucher, zur Ab&#228;nderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates (ABl.&#160;2011, L&#160;304, S.&#160;64). Ich weise darauf hin, dass die Richtlinie 85/577 vom 20.&#160;Dezember 1985 (ABl.&#160;1985, L&#160;372, S.&#160;31) den Verbraucherschutz im Fall von au&#223;erhalb von Gesch&#228;ftsr&#228;umen geschlossenen Vertr&#228;gen betraf, die Richtlinie 97/7 vom 20.&#160;Mai 1997 (ABl.&#160;1997, L&#160;144, S.&#160;19) dagegen den Verbraucherschutz bei Vertragsabschl&#252;ssen im Fernabsatz.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil abrufbar unter: https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath=bibdata%2Fents%2Fbeckrs%2F2016%2Fcont%2Fbeckrs.2016.127864.htm (vgl.&#160;insbesondere Rn.&#160;21&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Sinne von &#167;&#160;312g Abs.&#160;2 Nr.&#160;3&#160;BGB, dessen Wortlaut dem von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2011/83 entspricht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Spezifische Vorschriften, die sich teilweise mit denen &#252;berschneiden, die f&#252;r au&#223;erhalb von Gesch&#228;ftsr&#228;umen geschlossene Vertr&#228;ge gelten (vgl. namentlich die Art.&#160;6&#160;ff. dieser Richtlinie).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Aus&#252;bung dieses Widerrufsrechts unterliegt den in den Art.&#160;9 bis&#160;15 dieser Richtlinie aufgestellten Bedingungen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Urteil vom 3.&#160;September 2009, Messner (C&#8209;489/07, EU:C:2009:502, Rn.&#160;20 und&#160;25), in dem es um die durch die Richtlinie 2011/83 ersetzte Richtlinie 97/7 ging, hei&#223;t es, dass die Vorschriften &#252;ber das Widerrufsrecht &#8222;den Nachteil ausgleichen [sollen], der sich f&#252;r einen Verbraucher bei einem im Fernabsatz geschlossenen Vertrag ergibt, indem ihm eine angemessene Bedenkzeit einger&#228;umt wird, in der er die M&#246;glichkeit hat, die gekaufte Ware zu pr&#252;fen und auszuprobieren&#8220;, ohne ihm jedoch &#8222;Rechte einzur&#228;umen, die &#252;ber das hinausgehen, was zur zweckdienlichen Aus&#252;bung [dieses Rechts] erforderlich ist&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Art.&#160;14 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2011/83 sowie ihren 47.&#160;Erw&#228;gungsgrund, in dem die vom Verbraucher bei dieser Pr&#252;fung zu beachtenden Vorsichtsma&#223;nahmen genannt und das Beispiel eines Kleidungsst&#252;cks angef&#252;hrt wird, das nur anprobiert, aber nicht getragen werden sollte.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;auch den 49.&#160;Erw&#228;gungsgrund dieser Richtlinie, in dem es hei&#223;t: &#8222;Ein Widerrufsrecht k&#246;nnte beispielsweise in Anbetracht der Beschaffenheit bestimmter Waren &#8230; unzweckm&#228;&#223;ig sein&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;u.&#160;a. Urteile vom 7.&#160;August 2018, Verbraucherzentrale Berlin (C&#8209;485/17, EU:C:2018:642, Rn.&#160;27), sowie vom 17.&#160;Oktober 2018, G&#252;nter Hartmann Tabakvertrieb (C&#8209;425/17, EU:C:2018:830, Rn.&#160;18).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Ziel ergibt sich aus den Erw&#228;gungsgr&#252;nden 3, 4 und 65 sowie aus Art.&#160;1<sup/>der Richtlinie 2011/83.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Unionsrechtsakte, die dieses Ziel verfolgen, je nach den unterschiedlichen f&#252;r dessen Erreichung in ihnen jeweils vorgesehenen Modalit&#228;ten unterschiedlich ausgelegt werden k&#246;nnen (vgl.&#160;u.&#160;a. Urteil vom 19.&#160;September 2018, Bankia, C&#8209;109/17, EU:C:2018:735, Rn.&#160;36&#160;f.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;u.&#160;a. Urteile vom 13.&#160;September 2018, Starman (C&#8209;332/17, EU:C:2018:721, Rn.&#160;26 bis 30), sowie vom 25.&#160;Oktober 2018, T&#228;nzer &amp; Trasper (C&#8209;462/17, EU:C:2018:866, Rn.&#160;28 und 29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;u.&#160;a. Urteile vom 13.&#160;September 2018, Wind Tre und Vodafone ItaliaWind Tre und Vodafone ItaliaWind Tre und Vodafone Italia (C&#8209;54/17 und C&#8209;55/17, EU:C:2018:710, Rn.&#160;54), sowie vom 4.&#160;Oktober 2018, Kamenova (C&#8209;105/17, EU:C:2018:808, Rn.&#160;34), das darauf verweist, dass &#8222;ein Verbraucher &#8230; als wirtschaftlich schw&#228;cher und rechtlich weniger erfahren als sein Vertragspartner angesehen werden muss&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. u.&#160;a. Urteile vom 25.&#160;Januar 2018, Schrems (C&#8209;498/16, EU:C:2018:37, Rn.&#160;27), sowie vom 20.&#160;September 2018, OTP Bank und OTP Faktoring (C&#8209;51/17, EU:C:2018:750, Rn.&#160;54).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;u.&#160;a. Urteile vom 1.&#160;M&#228;rz 2012, Gonz&#225;lez Alonso (C&#8209;166/11, EU:C:2012:119, Rn.&#160;26 und 27), sowie vom 27.&#160;September 2017, Nintendo (C&#8209;24/16 und C&#8209;25/16, EU:C:2017:724, Rn.&#160;73 und 74).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;Abschnitt&#160;6.8, S.&#160;65 und 67, dieses Dokuments von Juni 2014, abrufbar unter der folgenden Internetadresse: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/crd_guidance_de.pdf.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Aufteilung der Zust&#228;ndigkeiten zwischen dem vorlegenden Gericht und dem Gerichtshof im Hinblick auf den Sachverhalt eines Vorabentscheidungsersuchens sowie dessen Begr&#252;ndung vgl. u.&#160;a. Urteile vom 20.&#160;M&#228;rz 1997, Phytheron International (C&#8209;352/95, EU:C:1997:170, Rn.&#160;12 und 14), sowie vom 13.&#160;Februar 2014, Maks Pen (C&#8209;18/13, EU:C:2014:69, Rn.&#160;30).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus Gr&#252;nden der Vorhersehbarkeit und der Rechtssicherheit, wie sie auch slewo gegen einen Einzelfallansatz geltend gemacht hat, halte ich es tats&#228;chlich f&#252;r w&#252;nschenswert, dass der Gerichtshof eine Auslegung vornimmt, die sich nicht auf die Besonderheiten des Einzelfalls beschr&#228;nkt, sondern die vom vorlegenden Gericht ins Auge gefassten vergleichbaren Situationen einbezieht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn die Bedeutung der Begriffe &#8222;Gesundheitsschutz&#8220; und &#8222;Hygiene&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e in der Richtlinie 2011/83 nicht im Zentrum der vorliegenden Vorlagefrage steht, m&#246;chte ich doch klarstellen, dass sie sich auf verschiedene tats&#228;chliche Situationen beziehen und dass eine auf den ersten dieser Gr&#252;nde f&#252;r den Ausschluss des Widerrufsrechts bezogene Auslegung dieser Vorschrift umso mehr f&#252;r den zweiten dieser Gr&#252;nde gelten w&#252;rde, da die Gef&#228;hrdung der Gesundheit offenkundig schwerwiegender ist als eine Beeintr&#228;chtigung der Hygiene.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Sinne verweist das vorlegende Gericht namentlich auf Wendehorst,&#160;C., &#8222;&#167;&#160;312g&#8220;, <i>M&#252;nchener Kommentar zum B&#252;rgerlichen Gesetzbuch</i>, herausgegeben von F.&#160;J.&#160;S&#228;cker u.&#160;a., Bd.&#160;2, 7.&#160;Aufl., Beck, M&#252;nchen, 2016, Rn.&#160;24&#160;ff. Im gegenteiligen Sinne vgl. u.&#160;a. Schirmbacher,&#160;M., und Schmidt,&#160;S., &#8222;Verbraucherrecht 2014 &#8211; Handlungsbedarf f&#252;r den E&#8209;Commerce&#8220;, <i>Computer und Recht</i>, 2014, S.&#160;112, sowie Lorenz,&#160;S., &#8222;BGB &#8211; &#167;&#160;312g&#8220;, <i>Beck-online.Grosskommentar</i>, Beck, M&#252;nchen, 2018, Rn.&#160;26&#160;ff.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;insbesondere den Vorschlag der Kommission vom 8.&#160;Oktober 2008, der zur Annahme der Richtlinie 2011/83 gef&#252;hrt hat (KOM[2008]&#160;614 endg&#252;ltig, speziell S.&#160;31, zu Art.&#160;19 Abs.&#160;1 betreffend die Ausnahmen vom Widerrufsrecht bei Fernabsatzvertr&#228;gen, der die fragliche Ausnahme nicht vorsah; die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (ABl.&#160;2009, C&#160;317, S.&#160;54, 59, insbesondere Nr.&#160;5.5.4, in der die M&#246;glichkeit einer solchen Ausnahme angesprochen wird), sowie den Bericht des Europ&#228;ischen Parlaments vom 22.&#160;Februar 2011 &#252;ber diesen Vorschlag (A7-0038-2011, speziell S.&#160;78, mit dem &#196;nderungsantrag 130, der zur Einf&#252;gung der Vorschrift gef&#252;hrt hat, die nunmehr Buchst.&#160;e des geltenden Art.&#160;16 ist, ohne Erl&#228;uterung). Diese Ausnahme geht nach Darstellung von Rott,&#160;P., &#8222;More coherence? A higher level of consumer protection? A review of the new Consumer Rights Directive 2011/83/EU&#8220;, <i>Revue europ&#233;enne de droit de la consommation</i>, 2012, Nr.&#160;3, S.&#160;381, auf W&#252;nsche der Kosmetikindustrie zur&#252;ck.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; den in den Nrn.&#160;23&#160;ff. der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Auslegungsregeln.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie es n&#228;mlich im vierten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2011/83 hei&#223;t, soll mit ihr &#8222;ein echter Binnenmarkt f&#252;r Verbraucher gef&#246;rdert werden &#8230; in dem ein <i>m&#246;glichst ausgewogenes Verh&#228;ltnis</i> zwischen einem hohen <i>Verbraucherschutz</i>niveau und der <i>Wettbewerbsf&#228;higkeit der Unternehmen</i> &#8230; gew&#228;hrleistet ist&#8220; (Hervorhebung nur hier). </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht f&#252;hrt meines Erachtens zutreffend aus: &#8222;Dies kann etwa der Fall sein, wenn eine erneute Verwendung der Ware durch Dritte aus gesundheitlichen Gr&#252;nden (angebrochene Arzneimittel) oder aus hygienischen Aspekten (Zahnb&#252;rste, Lippenstift, Erotikartikel) nach der Verkehrsauffassung von vornherein nicht in Betracht kommt und auch durch Ma&#223;nahmen des Unternehmers wie Reinigung oder Desinfektion nicht einmal eine Wiederverk&#228;uflichkeit als gebrauchte Ware, ,R&#252;ckl&#228;ufer&#8216; oder &#196;hnliches hergestellt werden kann.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Entsch&#228;digung des Unternehmers in einem solchen Zusammenhang vgl.&#160;u.&#160;a. Urteile vom 3.&#160;September 2009, Messner (C&#8209;489/07, EU:C:2009:502, Rn.&#160;29), betreffend die Richtlinie 97/7, an deren Stelle die Richtlinie 2011/83 getreten ist, sowie vom 2.&#160;M&#228;rz 2017, Zentrale zur Bek&#228;mpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (C&#8209;568/15, EU:C:2017:154, Rn.&#160;24 und 26).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;14 Abs.&#160;2 bestimmt: &#8222;Der Verbraucher haftet f&#252;r einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Pr&#252;fung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zur&#252;ckzuf&#252;hren ist.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Einklang mit der in Fn.&#160;16 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Rechtsprechung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angef&#252;hrt in Fn.&#160;17 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge (Abschnitt 6.8.2, S.&#160;66).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Leitfaden nennt ferner &#8222;Kosmetikartikel wie Lippenstifte&#8220; und f&#252;hrt dazu Folgendes aus: &#8222;Bei anderen Kosmetikerzeugnissen, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie aus Gesundheitsschutz&#8209; oder Hygienegr&#252;nden versiegelt wurden, kann der Unternehmer dem Verbraucher eine andere Methode anbieten, sie wie in einem Gesch&#228;ft auszuprobieren, indem er beispielsweise dem Produkt eine kostenlose Probe beif&#252;gt. Auf diese Weise br&#228;uchten die Verbraucher die Verpackung des Erzeugnisses nicht zu &#246;ffnen, um ihr Recht auf Feststellung von Art und Eigenschaften des Produkts wahrzunehmen.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dort hei&#223;t es: &#8222;Das vorliegende Dokument ist nicht rechtsverbindlich und lediglich als Orientierungshilfe gedacht. Die ma&#223;gebliche Auslegung des EU-Rechts liegt weiterhin in der alleinigen Zust&#228;ndigkeit des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union (EuGH). &#8230; Die Verantwortung f&#252;r die Ver&#246;ffentlichung des vorliegenden Leitfadens liegt allein bei der Generaldirektion Justiz [der Kommission].&#8220; </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Hinweis darauf, dass &#8222;der Zweck des Vorabentscheidungsersuchens &#8230; nicht darin [liegt], Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen einzuholen, sondern darin, dass das Ersuchen f&#252;r die tats&#228;chliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist&#8220;, und unter Bezugnahme auf das Urteil vom 16.&#160;Dezember 1981, Foglia (244/80, EU:C:1981:302, Rn.&#160;18), schl&#228;gt die Kommission vor, diese Frage umzuformulieren. Die vorgeschlagene Umformulierung ist jedoch meines Erachtens nicht erforderlich, da ich nicht der Ansicht bin, dass die Antwort auf die vom nationalen Gericht vorgelegte Frage diesem nicht eine f&#252;r die Entscheidung des bei ihm anh&#228;ngigen Verfahrens sachdienliche Antwort geben w&#252;rde (vgl. u.&#160;a. Urteil vom 1.&#160;Februar 2017, Munic&#237;pio de Palmela, C&#8209;144/16, EU:C:2017:76, Rn.&#160;20).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar steht das Vorbringen von slewo im Zusammenhang mit beiden Problemen, doch befassen sich die belgische und die italienische Regierung sowie die Kommission vor allem mit dem ersten von diesen. Herr Ledowski wiederum gibt keine Erkl&#228;rungen zur zweiten Vorlagefrage ab, da die erste Frage seines Erachtens zu verneinen ist.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenso wie slewo bin ich der Meinung, dass der Sinn, der diesem Begriff zuzusprechen ist, nicht zwangsl&#228;ufig derselbe ist, wie er f&#252;r identische Begriffe gilt, die &#8211; in einem anderen Zusammenhang &#8211; in Art.&#160;16 Buchst.&#160;i verwendet werden, der sich auf den Fall bezieht, dass &#8222;Ton&#8209; oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung geliefert wurden und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde&#8220;. In diesem Fall ist der Verbraucher dem in Fn.&#160;17 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Leitfaden zufolge nicht berechtigt, den digitalen Inhalt des in einer versiegelten Packung gelieferten Datentr&#228;gers (CD, DVD&#160;usw.) w&#228;hrend der Widerrufsfrist zu &#8222;testen&#8220; (Abschnitt 12.2, S.&#160;79). Das Verbot, die Ware nach Entfernung der Versiegelung zur&#252;ckzusenden, h&#228;ngt meines Erachtens mit anderen Gr&#252;nden (wie der M&#246;glichkeit einer einmaligen Nutzung oder der Anfertigung von Kopien des Inhalts) zusammen als der Beeintr&#228;chtigung der Unversehrtheit der Ware selbst (Gesundheits- oder Hygienegr&#252;nde), die die Ausnahme in Buchst.&#160;e dieses Artikels rechtfertigt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insbesondere findet sich keine Erl&#228;uterung zur Bedeutung des Begriffs &#8222;versiegelt&#8220; in den Passagen des Vorschlags der Kommission und des Berichts des Parlaments, wie sie in Fn.&#160;22 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrt sind.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;Abschnitt&#160;6.8.2, S.&#160;66, des in Fn.&#160;17 erw&#228;hnten Dokuments.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So ist es nach Ansicht von Karstoft,&#160;S., <i>Forbrugeraftaleloven med kommentarer</i>, Jurist- og &#216;konomforbundets Forlag, Kopenhagen, 2018, S.&#160;461, eher gerechtfertigt, Waren mit intimem Charakter, wie etwa Unterw&#228;sche oder Badew&#228;sche, aus Gesundheits&#8209; oder Hygienegr&#252;nden zu versiegeln als Matratzen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;auch Nr.&#160;25 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Auffassung von slewo muss unterschieden werden zwischen der &#8222;Umverpackung&#8220;, die verhindern soll, dass eine Ware w&#228;hrend ihrer Lagerung oder ihres Transports besch&#228;digt wird, wie etwa die Schachtel einer Gesichtscreme, und der &#8222;Verpackung zu Hygienezwecken&#8220;, wie die &#252;blicherweise unter dem Deckel einer Cremedose befindliche abnehmbare Metall&#8209; oder Plastikfolie. Im spezifischen Fall der durch einen Karton und durch eine verschwei&#223;te Plastikfolie gesch&#252;tzten Matratzen w&#252;rden nur das letztgenannte Element, das dem hygienischen Schutz des Erzeugnisses dient, eine &#8222;Versiegelung&#8220; im Sinne von Art.&#160;16 Buchst.&#160;e darstellen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht der belgischen Regierung ist &#8222;[u]nter ,Versiegelung&#8216; &#8230; eine spezielle Verpackungsma&#223;nahme zu verstehen, die der Unternehmer getroffen hat, um die Ware so zu verpacken, dass niemand diese unbemerkt &#246;ffnen kann, und dass die &#214;ffnung der Versiegelung bedeutet, dass der Unternehmer, an den eine solche versiegelte Ware zur&#252;ckgesandt wird, dieselbe spezielle Verpackungsma&#223;nahme wiederholen muss, damit die Ware erneut versiegelt ist&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Hoeren,&#160;T., und F&#246;hlisch,&#160;C., &#8222;Ausgew&#228;hlte Praxisprobleme des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie&#8220;, <i>Computer und Recht</i>, 2014, S.&#160;245.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht der italienischen Regierung ist eine solche Einstufung f&#252;r Matratzen nicht m&#246;glich, da diese f&#252;r den Verkauf lediglich zu dem Zweck verpackt seien, sie vor Staub oder vor Besch&#228;digungen w&#228;hrend des Transports zu sch&#252;tzen, und nicht, um ihre Keimfreiheit sicherzustellen, die nicht einmal zu ihrem Herstellungszeitpunkt garantiert sei, im Unterschied zu Waren, die steril verkauft werden m&#252;ssten, wie Medizinprodukte.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Kennzeichnung k&#246;nnte aus einem auf der Verpackung angebrachten speziellen Aufdruck oder Etikett zur Information des Verbrauchers bestehen, dass die Ware aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden versiegelt wurde und dass er sein Widerrufsrecht verliert, wenn er diese Versiegelung entfernt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. im Einzelnen die in Fn.&#160;22 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Dokumente.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich weise darauf hin, dass Art.&#160;8 Abs.&#160;7 dieser Richtlinie demgegen&#252;ber eine allgemeine Pflicht zur Information des Verbrauchers nach Abschluss eines Fernabsatzvertrags zwecks Best&#228;tigung des Vertrags im Hinblick auf alle in Art.&#160;6 Abs.&#160;1 genannten Informationen einzig f&#252;r den Fall vorsieht, dass der Unternehmer sie dem Verbraucher nicht bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datentr&#228;ger hat zukommen lassen. Die letztgenannte Vorschrift ist Gegenstand der zweiten Vorlagefrage, Buchst.&#160;b (vgl. Nrn.&#160;50&#160;ff. der vorliegenden Schlussantr&#228;ge).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So in der Richtlinie 2000/13/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 20.&#160;M&#228;rz 2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierf&#252;r (ABl.&#160;2000, L&#160;109, S.&#160;29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref47" name="Footnote47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts k&#246;nnte ein blo&#223;es Zitat f&#252;r einen juristischen Laien schwer verst&#228;ndlich sein, was f&#252;r die Annahme sprechen k&#246;nnte, die Informationspflicht nur in den F&#228;llen als erf&#252;llt anzusehen, in denen der Unternehmer den Verbraucher vor Eintritt der Vertragsbindung unter konkretem Bezug auf den Vertragsgegenstand (hier eine Matratze) und den Umstand sowie die Art der Versiegelung ausdr&#252;cklich darauf hinweise, dass durch das &#214;ffnen der Versiegelung das Widerrufsrecht erl&#246;sche.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref48" name="Footnote48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Ansicht von slewo w&#252;rde der Verbraucher dann mit einer Flut unn&#246;tiger Informationen &#252;berfrachtet, und er m&#252;sste beim Kauf verschiedener Waren bei jeder einzelnen pr&#252;fen, ob ihm sein Widerrufsrecht genommen werden k&#246;nne, namentlich durch Entfernung einer Versiegelung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref49" name="Footnote49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angesichts des Gegenstands des Ausgangsrechtsstreits weise ich darauf hin, dass nach dem zw&#246;lften Erw&#228;gungsgrund und Art.&#160;6 Abs.&#160;8 der Richtlinie 2011/83 die in dieser Richtlinie vorgesehenen Informationspflichten zus&#228;tzlich zu den Informationspflichten nach der Richtlinie 2000/31/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 8.&#160;Juni 2000 &#252;ber bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Gesch&#228;ftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl.&#160;2000, L&#160;178, S.&#160;1) &#8211; die meines Erachtens keine sachdienlichen Hinweise f&#252;r die Beantwortung der vorliegenden Vorlagefrage enth&#228;lt&#160;&#8211;, gelten und ihnen gegebenenfalls vorgehen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref50" name="Footnote50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;D.&#160;h. die in Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a bis t aufgef&#252;hrten Informationen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref51" name="Footnote51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der umfassende Charakter der zu gebenden Information ergibt sich ausdr&#252;cklich aus dem 34.&#160;Erw&#228;gungsgrund dieser Richtlinie, wie er u.&#160;a. in der franz&#246;sischen Sprachfassung der Richtlinie lautet (&#8222;.informations claires et <i>exhaustives</i>&#8220;). Ich weise klarstellend darauf hin, dass in anderen Sprachfassungen, u.&#160;a. in der englischen (&#8222;clear and <i>comprehensible</i> information&#8220;) und der deutschen (&#8222;in klarer und <i>verst&#228;ndlicher</i> Weise informieren&#8220;) ein anderes Wort verwendet wird. Diese (nur hier hervorgehobenen) unterschiedlichen Begriffe stellen in meinen Augen alle klar heraus, dass der Verbraucher vor Abschluss des Vertrags vollkommen informiert sein muss.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref52" name="Footnote52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die sich aus der Verpackung der Ware ergebenden Informationen, auf die sich die zweite Vorlagefrage, Buchst.&#160;a, bezieht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref53" name="Footnote53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein Erfordernis, dass sich hier mehr auf den Inhalt der Information als auf ihre Form bezieht, im Unterschied zu den Formerfordernissen im engeren Sinne, die der Fernabsatzvertrag aufgrund der Richtlinie 2011/83 einhalten muss und die in deren Art.&#160;8 angef&#252;hrt sind. Zu Letzterem vgl. u.&#160;a. Urteil vom 5.&#160;Juli 2012, Content Services (C&#8209;49/11, EU:C:2012:419, Rn.&#160;42 bis 51), betreffend die Richtlinie 97/7, an deren Stelle die Richtlinie 2011/83 getreten ist.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref54" name="Footnote54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; dem vom Gerichtshof &#252;blicherweise in seiner Rechtsprechung zum Verbraucherschutz verwendeten Beurteilungskriterium (vgl. u.&#160;a. Urteile vom 7.&#160;Juni 2018, Scotch Whisky Association, C&#8209;44/17, EU:C:2018:415, Rn.&#160;47 und 52, sowie vom 13.&#160;September 2018, Wind Tre und Vodafone Italia, C&#8209;54/17 und C&#8209;55/17, EU:C:2018:710, Rn.&#160;51).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref55" name="Footnote55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die italienische Regierung ausf&#252;hrt, muss &#8222;der Verbraucher &#8230; bereits ab dem ersten Kontakt mit dem Verk&#228;ufer in der Lage sein, die Tragweite des Gesch&#228;ftsangebots und die Einschr&#228;nkung seiner Rechte m&#252;helos zu verstehen, wobei das Angebot bestimmten Standards hinsichtlich der Klarheit und der Verst&#228;ndlichkeit gen&#252;gen und folglich alle wesentlichen Elemente enthalten muss, damit der Durchschnittsverbraucher die Tragweite und die Bedingungen des Angebots richtig erfassen kann&#8220;. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref56" name="Footnote56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dieser allgemeinen Formulierung erfasst Art.&#160;6 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;k der Richtlinie 2011/83 alle in Art.&#160;16 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen vom Widerrufsrecht und nicht nur den in Buchst.&#160;e dieses Artikels vorgesehenen Fall, der allein Gegenstand der in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen ist. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref57" name="Footnote57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegensatz zu Abs.&#160;1 Buchst.&#160;h, der F&#228;lle &#8222;des Bestehens eines Widerrufsrechts&#8220; betrifft und hierf&#252;r vorsieht, dass dem Verbraucher &#8222;die Bedingungen, Fristen und Verfahren f&#252;r die Aus&#252;bung dieses Rechts&#8220; zur Kenntnis gebracht werden. Vgl. insoweit das in der anh&#228;ngigen Rechtssache Walbusch Walter Busch (C&#8209;430/17) vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref58" name="Footnote58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meiner Ansicht nach bezieht sich die vorliegende Vorabentscheidungsfrage lediglich auf diesen letztgenannten Fall.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref59" name="Footnote59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Materialien zu dieser Vorschrift erbringen meines Erachtens keine insoweit sachdienlichen Erkenntnisse (vgl.&#160;insbesondere den in Fn.&#160;22 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Bericht des Parlaments, speziell den &#196;nderungsantrag zu Art.&#160;9 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;ea, S.&#160;62 und 63, sowie die Begr&#252;ndung, S.&#160;125 und 126).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref60" name="Footnote60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. das in Nr.&#160;11 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge enthaltene Zitat der Allgemeinen Gesch&#228;ftsbedingungen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref61" name="Footnote61">61</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In dem in Fn.&#160;17 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge angef&#252;hrten Leitfaden hei&#223;t es: &#8222;Beispielsweise sollte bei Lebensmittelkonserven, die im Sinne von Artikel 16 Buchstabe&#160;e [der Richtlinie 2011/83] versiegelt sind, der Unternehmer [den] Verbraucher, wie in Artikel&#160;6 Absatz 1 [Buchstabe&#160;k vorgesehen], &#8230; darauf hinweisen, dass der Verbraucher des Widerrufsrechts aus Gr&#252;nden des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegr&#252;nden verlustig geht, wenn die Konserven ge&#246;ffnet werden&#8220; (vgl.&#160;Abschnitt&#160;6.2, S.&#160;50).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref62" name="Footnote62">62</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Praxis ist es m&#246;glich, dass ein Verbraucher davon Abstand nimmt, eine Ware zu bestellen, nachdem ihm klar geworden ist, dass deren Pr&#252;fung, wenn sie geliefert worden ist, und ihre etwaige R&#252;cksendung aufgrund ihrer Versiegelung eventuell eingeschr&#228;nkt sein werden.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref63" name="Footnote63">63</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteile vom 13.&#160;Dezember 2001, Heininger (C&#8209;481/99, EU:C:2001:684, Rn.&#160;45), vom 10.&#160;April 2008, Hamilton (C&#8209;412/06, EU:C:2008:215, Rn.&#160;33), und vom 17.&#160;Dezember 2009, Mart&#237;n Mart&#237;n (C&#8209;227/08, EU:C:2009:792, Rn.&#160;26), in denen es um die Richtlinie 85/577 ging, sowie Urteil vom 5.&#160;Juli 2012, Content Services (C&#8209;49/11, EU:C:2012:419, Rn.&#160;34&#160;ff.), in der es um die Richtlinie 97/7 ging.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref64" name="Footnote64">64</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum wesentlichen Charakter dieses &#8211; von den Unionsorganen sehr fr&#252;h anerkannten &#8211; Informationsrechts des Verbrauchers vgl.&#160;Aubert de Vincelles,&#160;C., &#8222;Protection des int&#233;r&#234;ts &#233;conomiques des consommateurs &#8211; Droit des contrats&#8220;, <i>JurisClasseur Europe</i>, Bd. 2010, Nr.&#160;19.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref65" name="Footnote65">65</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl.&#160;Urteil vom 17.&#160;Dezember 2009, Mart&#237;n Mart&#237;n (C&#8209;227/08, EU:C:2009:792, Rn.&#160;27), betreffend die Pflicht zur Belehrung des Verbrauchers aufgrund von Art.&#160;4 der Richtlinie 85/577.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref66" name="Footnote66">66</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Sinne einer &#220;bertragung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Richtlinien 85/577 und 97/7 auf die Richtlinie 2011/83 vgl.&#160;Urteile vom 7.&#160;August 2018, Verbraucherzentrale Berlin (C&#8209;485/17, EU:C:2018:642, Rn.&#160;3&#160;ff.), bzw. vom 2.&#160;M&#228;rz 2017, Zentrale zur Bek&#228;mpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main (C&#8209;568/15, EU:C:2017:154, Rn.&#160;26).</p>
175,076
eugh-2018-12-19-c-3317
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-33/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:17
2019-01-31T19:21:17
Beschluss
ECLI:EU:C:2018:1022
<p class="sum-title-1"> <a/>BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CO0033_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CO0033_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Urteilsberichtigung&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;33/17&#160;REC</p> <p class="normal">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Bezirksgericht Bleiburg/Okrajno Sodi&#353;&#269;e Pliberk (&#214;sterreich) mit Entscheidung vom 17.&#160;Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 23.&#160;Januar 2017, in dem Verfahren</p> <p class="normal"> <span class="bold">&#268;epelnik d.o.o.</span> </p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">Michael Vavti</span> </p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten K.&#160;Lenaerts, der Vizepr&#228;sidentin R.&#160;Silva de Lapuerta, der Kammerpr&#228;sidenten A.&#160;Arabadjiev, M.&#160;Vilaras und E.&#160;Regan, der Kammerpr&#228;sidentin C.&#160;Toader sowie der Richter A.&#160;Rosas, E.&#160;Juh&#225;sz, L.&#160;Bay Larsen (Berichterstatter), M.&#160;Safjan, D.&#160;&#352;v&#225;by, C.&#160;G.&#160;Fernlund und&#160;C.&#160;Vajda,</p> <p class="normal">Generalanwalt: N.&#160;Wahl,</p> <p class="normal">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="normal">nach Anh&#246;rung des Generalanwalts</p> <p class="normal">folgenden</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Beschluss</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Am 13.&#160;November 2018 hat der Gerichtshof (Gro&#223;e Kammer) das Urteil &#268;epelnik (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A896&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;33/17</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A896&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2018:896</a>) erlassen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dieses Urteil enth&#228;lt in seiner Fassung in der Verfahrenssprache Deutsch einen Fehler, der auf Antrag der &#246;sterreichischen Regierung nach Art.&#160;103 Abs.&#160;1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu berichtigen ist.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Gro&#223;e Kammer) beschlossen:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">1.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Rn.&#160;46 des Urteils vom 13.&#160;November 2018, &#268;epelnik (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A896&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;33/17</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A896&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2018:896</a>), ist in seiner Fassung in der Verfahrenssprache Deutsch wie folgt zu berichtigen:</span> </p> <p class="normal"> <span class="bold">&#8222;Zur Frage, ob eine solche Regelung im Hinblick auf die genannten Ziele verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist, ist erstens festzustellen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden dem Auftraggeber nach dieser Regelung auferlegen k&#246;nnen, seine Zahlungen an den Dienstleistungserbringer zu stoppen und eine Sicherheitsleistung in H&#246;he des noch ausstehenden Werklohns zu zahlen, wenn der &#8218;begr&#252;ndete Verdacht einer Verwaltungs&#252;bertretung&#8216; in Bezug auf nationales Arbeitsrecht vorliegt. Nach dieser Regelung d&#252;rfen derartige Ma&#223;nahmen somit erlassen werden, noch bevor die zust&#228;ndige Beh&#246;rde eine Verwaltungs&#252;bertretung festgestellt hat, die auf einen Betrug, insbesondere einen Sozialbetrug, einen Missbrauch oder eine den Schutz der Arbeitnehmer beeintr&#228;chtigende Praktik hinweisen w&#252;rde.&#8220;</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">2.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Die Urschrift des vorliegenden Beschlusses wird mit der Urschrift des berichtigten Urteils verbunden. Ein Hinweis auf den Beschluss ist am Rand der Urschrift des berichtigten Urteils anzubringen.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <p class="normal">Luxemburg, den 19.&#160;Dezember 2018</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A.&#160;Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K. Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CO0033_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CO0033_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprachen: Deutsch und Slowenisch.</p>
175,075
eugh-2018-12-19-c-43117
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-431/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:17
2019-01-31T19:21:17
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2018:1028
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DER GENERALANW&#196;LTIN</p> <p class="C36Centre">ELEANOR SHARPSTON</p> <p class="C36Centre">vom 19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>431/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Monachos Eirinaios, kata kosmon Antonios Giakoumakis tou Emmanouil</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Dikigorikos Syllogos Athinon</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des Symvoulio tis Epikrateias [Staatsrat, Griechenland])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Richtlinie 98/5/EG &#8211; Art.&#160;3 &#8211; Art.&#160;6 &#8211; Eintragung eines M&#246;nchs als Rechtsanwalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat &#8211; Nationale Vorschriften, die die Eintragung ausschlie&#223;en&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kann man zwei Herren dienen? Wenn einer dieser Herren Gott ist, kann ein Christ eine erste Orientierungshilfe in den Evangelien finden: &#8222;Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr k&#246;nnt nicht Gott dienen und dem Mammon.&#8220;(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>) Der einwandfreie rechtliche Austausch zwischen Jesus von Nazareth und einem Gesetzeslehrer im Gleichnis des barmherzigen Samariters zeigt jedoch ganz klar, dass es sehr gut m&#246;glich ist, Gott zu dienen und gleichzeitig dem Berufstand der Juristen anzugeh&#246;ren(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>). Wenn ein M&#246;nch sich bei der Rechtsanwaltskammer eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, in dem er seine Berufsbezeichnung erworben hat, eintragen lassen will und damit sowohl dem Recht als auch Gott dienen m&#246;chte, bedarf es auch eines Blickes in die Richtlinie 98/5/EG(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seinem Ersuchen um Vorabentscheidung fragt der Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland, im Folgenden: vorlegendes Gericht), ob es mit der Richtlinie 98/5 vereinbar ist, dass die zust&#228;ndige Stelle die Eintragung von Monachos Eirinaios(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>), eines M&#246;nchs in einem Kloster in Griechenland, als Rechtsanwalt, der seine T&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;bt, verweigert, weil es nach nationalem Recht einfach nicht m&#246;glich sei, dass M&#246;nche bei den Rechtsanwaltskammern eingetragen werden. Dies wirft die Frage auf, wie die Bestimmungen der Richtlinie 98/5, die die <i>Eintragung</i> von ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;benden Rechtsanw&#228;lte betreffen und zwingende Verpflichtungen einf&#252;hren, mit denjenigen zu vereinbaren sind, die die f&#252;r diese Rechtsanw&#228;lte geltenden <i>Berufs- und Standes</i>regeln betreffen und den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen belassen. Die Auslegung des Gerichtshofs wird ein schl&#252;ssiges und koh&#228;rentes Verst&#228;ndnis der Richtlinie sicherstellen m&#252;ssen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Richtlinie 98/5</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der erste Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 98/5 unterstreicht die Bedeutung der M&#246;glichkeit der Staatsangeh&#246;rigen der Mitgliedstaaten, ihren Beruf, sei es als Selbst&#228;ndige oder als abh&#228;ngig Besch&#228;ftigte, in einem anderen als dem Mitgliedstaat auszu&#252;ben, in dem sie ihre beruflichen Qualifikationen erworben haben. Die Erw&#228;gungsgr&#252;nde 2 und 3 erkl&#228;ren, dass die Richtlinie als Alternative zur Richtlinie 89/48 M&#246;glichkeiten anbietet, die Zulassung zum Beruf des Rechtsanwalts in einem Aufnahmestaat zu erlangen(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach dem f&#252;nften Erw&#228;gungsgrund ist &#8222;ein T&#228;tigwerden auf Gemeinschaftsebene &#8230; nicht nur gerechtfertigt, weil damit den Rechtsanw&#228;lten neben der allgemeinen Anerkennungsregelung eine leichtere M&#246;glichkeit der Eingliederung in den Berufsstand des Aufnahmestaats geboten wird, sondern auch, weil dadurch, dass ihnen erm&#246;glicht wird, ihren Beruf st&#228;ndig unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung in einem Aufnahmestaat auszu&#252;ben, gleichzeitig den Erfordernissen der Rechtsuchenden entsprochen wird, die aufgrund des zunehmenden Gesch&#228;ftsverkehrs insbesondere im Zuge der Verwirklichung des Binnenmarktes einer Beratung bei grenz&#252;bergreifenden Transaktionen bed&#252;rfen, bei denen das internationale Recht, das Gemeinschaftsrecht und nationale Rechtsordnungen h&#228;ufig miteinander verschr&#228;nkt sind&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der sechste Erw&#228;gungsgrund erl&#228;utert, dass ein T&#228;tigwerden auch deswegen gerechtfertigt ist, &#8222;weil bisher erst einige Mitgliedstaaten gestatten, dass Rechtsanw&#228;lte aus anderen Mitgliedstaaten unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung eine Anwaltst&#228;tigkeit in anderer Form denn als Dienstleistung in ihrem Gebiet aus&#252;ben. In den Mitgliedstaaten, in denen diese M&#246;glichkeit gegeben ist, gelten sehr unterschiedliche Modalit&#228;ten, beispielsweise was das T&#228;tigkeitsfeld und die Pflicht zur Eintragung bei den zust&#228;ndigen Stellen betrifft. Solche unterschiedlichen Situationen f&#252;hren zu Ungleichheiten und Wettbewerbsverzerrungen im Verh&#228;ltnis zwischen den Rechtsanw&#228;lten der Mitgliedstaaten und bilden ein Hindernis f&#252;r die Freiz&#252;gigkeit. Nur durch eine Richtlinie zur Regelung der Bedingungen, unter denen Rechtsanw&#228;lte, die unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tig sind, ihren Beruf in anderer Form denn als Dienstleistung aus&#252;ben d&#252;rfen, k&#246;nnen diese Probleme gel&#246;st und in allen Mitgliedstaaten den Rechtsanw&#228;lten und Rechtsuchenden die gleichen M&#246;glichkeiten geboten werden&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der siebte Erw&#228;gungsgrund weist darauf hin, dass die Richtlinie davon absieht, rein innerstaatliche Situationen zu regeln, und dass sie die nationalen Berufsregelungen nur insoweit ber&#252;hrt, als dies notwendig ist, damit sie ihren Zweck tats&#228;chlich erreichen kann. Insbesondere ber&#252;hrt die Richtlinie nicht die nationalen Regelungen f&#252;r den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf und f&#252;r die Aus&#252;bung dieses Berufs unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der achte Erw&#228;gungsgrund erkl&#228;rt, dass &#8222;f&#252;r die unter diese Richtlinie fallenden Rechtsanw&#228;lte &#8230; eine Pflicht zur Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle des Aufnahmestaats vorzusehen [ist], damit sich diese Stelle vergewissern kann, dass die Rechtsanw&#228;lte die Berufs- und Standesregeln des Aufnahmestaats beachten. Die Wirkung dieser Eintragung bez&#252;glich der Gerichtsbezirke und der Stufen und Arten der Gerichtsbarkeit, f&#252;r die die Rechtsanw&#228;lte zugelassen sind, richtet sich nach dem f&#252;r die Rechtsanw&#228;lte des Aufnahmestaats geltenden Recht&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der neunte Erw&#228;gungsgrund weist darauf hin, dass &#8222;Rechtsanw&#228;lte, die nicht in den Berufsstand des Aufnahmestaats integriert sind, &#8230; gehalten [sind], ihre Anwalt[s]t&#228;tigkeit in diesem Mitgliedstaat unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben, damit die Information der Verbraucher gesichert ist und eine Unterscheidung von den Rechtsanw&#228;lten des Aufnahmestaats, die unter der Berufsbezeichnung dieses Mitgliedstaats t&#228;tig sind, erm&#246;glicht wird&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 Abs.&#160;1 der Richtlinie definiert den Zweck der Richtlinie als Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde. Art.&#160;1 Abs.&#160;2 definiert einen &#8222;Rechtsanwalt&#8220; als &#8222;jede Person, die Angeh&#246;rige eines Mitgliedstaats ist und ihre beruflichen T&#228;tigkeiten unter einer der folgenden Berufsbezeichnungen auszu&#252;ben berechtigt ist: &#8230; Griechenland: &#916;&#953;&#954;&#951;&#947;&#972;&#961;&#959;&#962; [Dikigoros] &#8230; Zypern: &#916;&#953;&#954;&#951;&#947;&#972;&#961;&#959;&#962; [Dikigoros]&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 legt das Recht jedes Rechtsanwalts fest, die in Art.&#160;5 im Einzelnen aufgelisteten Berufst&#228;tigkeiten auf Dauer in einem anderen Mitgliedstaat unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;3 bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1) Jeder Rechtsanwalt, der seinen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat aus&#252;ben m&#246;chte als dem, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat, hat sich bei der zust&#228;ndigen Stelle dieses Mitgliedstaats eintragen zu lassen.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2) Die zust&#228;ndige Stelle des Aufnahmestaats nimmt die Eintragung des Rechtsanwalts anhand einer Bescheinigung &#252;ber dessen Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats vor. Sie kann verlangen, dass diese von der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats erteilte Bescheinigung im Zeitpunkt ihrer Vorlage nicht &#228;lter als drei Monate ist. Sie setzt die zust&#228;ndige Stelle des Herkunftsstaats von der Eintragung in Kenntnis.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;4 sieht vor, dass ein Rechtsanwalt, der im Aufnahmestaat unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tig ist, &#8222;diese Berufsbezeichnung in der Amtssprache oder in einer der Amtssprachen des Herkunftsstaats zu f&#252;hren [hat]; diese Bezeichnung muss verst&#228;ndlich und so formuliert sein, dass keine Verwechslung mit der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats m&#246;glich ist&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;1 definiert das T&#228;tigkeitsfeld eines Anwalts, der unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tig ist, als &#8222;die gleichen beruflichen T&#228;tigkeiten wie [sie] der unter der jeweiligen Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats niedergelassene Rechtsanwalt [aus&#252;bt]&#8220;. Er kann insbesondere &#8222;Rechtsberatung im Recht seines Herkunftsstaats, im Gemeinschaftsrecht, im internationalen Recht und im Recht des Aufnahmestaats erteilen. Er hat in jedem Fall die vor den nationalen Gerichten geltenden Verfahrensvorschriften einzuhalten&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 Abs.&#160;1 sieht vor, dass der &#8222;unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tige Rechtsanwalt &#8230; neben den im Herkunftsstaat geltenden Berufs- und Standesregeln hinsichtlich aller T&#228;tigkeiten, die er im Aufnahmestaat aus&#252;bt, den gleichen Berufs- und Standesregeln wie die Rechtsanw&#228;lte [unterliegt], die unter der jeweiligen Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats praktizieren&#8220;. Nach Art.&#160;6 Abs.&#160;3 kann der &#8222;Aufnahmestaat &#8230; dem unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tigen Rechtsanwalt zur Auflage machen, nach den Regeln, die er f&#252;r die in seinem Gebiet ausge&#252;bten Berufst&#228;tigkeiten festlegt, entweder eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschlie&#223;en oder einer Berufsgarantiekasse beizutreten&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 der Richtlinie betrifft Disziplinarverfahren, falls der unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tige Rechtsanwalt die im Aufnahmestaat geltenden Verpflichtungen verletzt. Nach Art.&#160;7 Abs.&#160;1 &#8222;sind die in diesem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen &#252;ber Verfahren, Ahndung und Rechtsmittel anwendbar&#8220;. Art.&#160;7 Abs.&#160;2 bis 5 sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(2) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tigen Rechtsanwalt setzt die zust&#228;ndige Stelle des Aufnahmestaats unverz&#252;glich die zust&#228;ndige Stelle des Herkunftsstaats unter Angabe aller zweckdienlichen Einzelheiten davon in Kenntnis. </p> <p class="C02AlineaAltA">[Dies] gilt entsprechend, wenn die zust&#228;ndige Stelle des Herkunftsstaats ein Disziplinarverfahren einleitet; &#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unbeschadet ihrer Entscheidungsbefugnis arbeitet die zust&#228;ndige Stelle des Aufnahmestaats w&#228;hrend der gesamten Dauer des Disziplinarverfahrens mit der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats zusammen. &#8230; </p> <p class="C02AlineaAltA">(4) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndige Stelle des Herkunftsstaats entscheidet nach den eigenen Rechts- und Verfahrensregeln &#252;ber die Folgen der von der zust&#228;ndigen Stelle des Aufnahmestaats gegen den unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tigen Rechtsanwalt getroffenen Entscheidung.</p> <p class="C02AlineaAltA">(5) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zeitweilige oder endg&#252;ltige R&#252;cknahme der Genehmigung zur Berufsaus&#252;bung seitens der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats zieht f&#252;r den betroffenen Rechtsanwalt automatisch das einstweilige oder endg&#252;ltige Verbot nach sich, seine Anwaltst&#228;tigkeit im Aufnahmestaat unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben; sie ist jedoch keine Vorbedingung f&#252;r die Entscheidung der zust&#228;ndigen Stelle des Aufnahmestaats.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;9 sieht vor, dass &#8222;Entscheidungen &#252;ber die Verweigerung der Eintragung nach Artikel 3 oder &#252;ber die R&#252;cknahme dieser Eintragung sowie Entscheidungen zur Verh&#228;ngung von Disziplinarstrafen &#8230; begr&#252;ndet werden [m&#252;ssen]&#8220;. Gegen diese Entscheidungen kann ein gerichtliches Rechtsmittel eingelegt werden.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Nationales</b><b>Recht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;Das <i>Pr&#228;sidialdekret</i> 152/2000</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 98/5 ist durch das Proedriko Diatagma 152/2000, Diefkolynsi tis monimis askisis tou dikigorikou epaggelmatos stin Ellada apo dikigorous pou apektisan ton epaggelmatiko tous titlo se allo kratos-melos tis EE (Pr&#228;sidialdekret 152/2000 zur Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs durch Rechtsanw&#228;lte in Griechenland, die ihre Berufsqualifikation in einem anderen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union erworben haben, im Folgenden: Pr&#228;sidialdekret), in griechisches Recht umgesetzt worden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;1 sieht vor, dass die betreffende Person f&#252;r die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit in Griechenland bei der Rechtsanwaltskammer, in deren Bezirk sie ihre Berufst&#228;tigkeit aus&#252;ben wird, eingetragen sein und ein B&#252;ro in diesem geografischen Bezirk unterhalten muss. Nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 entscheidet der Verwaltungsrat der vorgenannten Rechtsanwaltskammer nach Vorlage der folgenden Bescheinigungen &#252;ber den Eintragungsantrag: i)&#160;ein amtliches Dokument, das die Staatsangeh&#246;rigkeit eines Mitgliedstaats nachweist, ii)&#160;ein polizeiliches F&#252;hrungszeugnis und iii)&#160;eine Bescheinigung &#252;ber die Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats, die die Berufsbezeichnung erteilt hat, oder einer anderen zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem sieht Art.&#160;8 Abs.&#160;1 vor, dass &#8222;ein unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung t&#228;tiger Rechtsanwalt neben den im Herkunftsstaat geltenden Berufs- und Standesregeln hinsichtlich aller T&#228;tigkeiten, die er in Griechenland aus&#252;bt, den gleichen Berufs- und Standesregeln unterliegt wie andere Rechtsanw&#228;lte, die Mitglieder der betreffenden Rechtsanwaltskammer sind. Insbesondere unterliegt er &#8230; den Regeln f&#252;r die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit in Griechenland, namentlich den Vorschriften &#252;ber Inkompatibilit&#228;ten und die Aus&#252;bung nicht-anwaltlicher T&#228;tigkeiten, &#252;ber das Berufsgeheimnis, das berufliche Standesrecht, die Werbung, die Berufsw&#252;rde und die ordnungsgem&#228;&#223;e Aus&#252;bung der anwaltlichen Aufgaben&#8220;.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Der Rechtsanwaltskodex</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;1 des Gesetzes 4194/2013 (Kodikas dikogoron, im Folgenden: Rechtsanwaltskodex) ist ein Rechtsanwalt ein &#246;ffentlicher Bediensteter, dessen Aufgaben einen Eckpfeiler des Rechtsstaats darstellen. Bei der Wahrnehmung seiner Pflichten hat ein Rechtsanwalt seine F&#228;lle nach seinem beruflichen Judiz zu bearbeiten und unterliegt weder Empfehlungen noch Weisungen, die rechtswidrig oder mit den Interessen seines Mandanten nicht zu vereinbaren sind(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 tr&#228;gt die &#220;berschrift &#8222;Voraussetzungen f&#252;r die Rechtsanwaltschaft &#8211; Hindernisse&#8220;. Er sieht zwei positive Voraussetzungen f&#252;r die Rechtsanwaltschaft vor, n&#228;mlich i)&#160;den Besitz der griechischen Staatsangeh&#246;rigkeit oder der Staatsangeh&#246;rigkeit eines anderen Mitgliedstaats oder eines EWR-Staats und ii)&#160;den Besitz eines rechtswissenschaftlichen Abschlusses; daneben enth&#228;lt er vier Hinderungsgr&#252;nde, u.&#160;a. den, nicht die Stellung eines Geistlichen oder M&#246;nchs zu bekleiden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 Abs.&#160;1 tr&#228;gt die &#220;berschrift &#8222;Verlust der Stellung des Rechtsanwalts <i>ipso iure</i>&#8220;. Er sieht u.&#160;a. vor, dass eine Person, die Geistlicher oder M&#246;nch ist oder die auf einen verg&#252;teten Posten ernannt wird oder diesen Posten kraft eines Vertrags innehat, der ein Arbeitsverh&#228;ltnis oder ein beamtenrechtliches Besch&#228;ftigungsverh&#228;ltnis im Dienst einer juristischen Person des &#246;ffentlichen Recht begr&#252;ndet, <i>ipso iure</i> die Stellung des Rechtsanwalts verliert und dass ihre Eintragung bei der Rechtsanwaltskammer, deren Mitglied sie ist, zu l&#246;schen ist(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>). Ein Rechtsanwalt, der in den Geltungsbereich des Art.&#160;7 Abs.&#160;1 f&#228;llt, ist verpflichtet, der Rechtsanwaltskammer, bei der er eingetragen ist, dies anzuzeigen und zur&#252;ckzutreten(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;23 sieht vor, dass ein Rechtsanwalt verpflichtet ist, einen Sitz und ein B&#252;ro im geografischen Bezirk des erstinstanzlichen Gerichts zu unterhalten, dem er als Rechtsanwalt zugeordnet ist. Art.&#160;82 sieht vor, dass es einem Rechtsanwalt abgesehen von wenigen, einzeln aufgef&#252;hrten Ausnahmen nicht erlaubt ist, seine Dienstleistungen unentgeltlich zu erbringen.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Das Statut der Kirche von Griechenland</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Gesetz 590/1977 &#252;ber das Statut der Kirche von Griechenland (Katastatikos Chartis tis Ekklisias tis Ellados) sieht in Art.&#160;39 vor, dass Kl&#246;ster religi&#246;se Einrichtungen sind, in denen die in ihnen lebenden M&#228;nner und Frauen nach kl&#246;sterlichen Gel&#252;bden und nach den heiligen Regeln und Traditionen der Orthodoxen Kirche &#252;ber das kl&#246;sterliche Leben ein enthaltsames Leben f&#252;hren. Die Kl&#246;ster stehen unter der geistlichen Aufsicht des &#246;rtlichen Bischofs.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;56 Abs.&#160;3 verbietet einer kl&#246;sterlichen Regeln unterliegenden Person, sich ohne die Erlaubnis ihres Kirchenoberen au&#223;erhalb der Grenzen ihres Kirchenbezirks zu begeben. Um sich im gleichen Kalenderjahr f&#252;r mehr als zwei Monate, ob ununterbrochen oder nicht, in einem anderen Bezirk aufzuhalten, muss sie auch eine Erlaubnis des Di&#246;zesanbischofs einholen.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Das Gesetz &#252;ber den Kirchenfonds und die Klosterverwaltung</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Gesetz 3414/1909 (Peri Genikou Ekklisastikou Tameiou kai dioikiseos Monastirion) &#252;ber den allgemeinen Kirchenfonds und die Verwaltung der Kl&#246;ster sieht in Art.&#160;18 vor, dass das gesamte Eigentum einer Person, die sich den kl&#246;sterlichen Regeln unterwirft, mit Ausnahme des Anteils, der nach dem Erbrecht den Erben vorbehalten ist, auf das Kloster &#252;bergeht.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Monachos Eirinaios ist ein M&#246;nch in einem Kloster in Griechenland(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>). Er ist auch ein ausgebildeter Rechtsanwalt und seit dem 11.&#160;Dezember 2014 Mitglied des Pagkyprios Dikigorikos Syllogos (Rechtsanwaltskammer von Zypern, im Folgenden: PDS).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 12.&#160;Juni 2015 beantragte er beim Dikigorikos Syllogos Athinon (Rechtsanwaltskammer von Athen, im Folgenden: DSA), als Rechtsanwalt eingetragen zu werden, der seine Berufsbezeichnung in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat. Am 18.&#160;Juni 2015 lehnte der Verwaltungsrat des DSA seinen Antrag ab. Diese Entscheidung war auf Art.&#160;8 Abs.&#160;1 des Pr&#228;sidialdekrets gest&#252;tzt, wonach die nationalen Vorschriften &#252;ber Inkompatibilit&#228;ten (insbesondere der Umstand, Geistlicher oder M&#246;nch zu sein) auch auf Rechtsanw&#228;lte Anwendung finden, die ihre T&#228;tigkeit in Griechenland unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben wollen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 29.&#160;September 2015 legte Monachos Eirinaios vor dem vorlegenden Gericht ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Gericht weist darauf hin, dass die f&#252;r griechische Rechtsanw&#228;lte geltenden Berufs- und Standesregeln es M&#246;nchen nicht erlauben, als Rechtsanwalt t&#228;tig zu sein, und zwar aus Gr&#252;nden, wie denen, die vom DSA angef&#252;hrt wurden, n&#228;mlich das Fehlen von Garantien hinsichtlich ihrer Unabh&#228;ngigkeit, Zweifeln, ob sie sich vollst&#228;ndig ihren Aufgaben widmen und streitige F&#228;lle bearbeiten k&#246;nnen, das Erfordernis einer tats&#228;chlichen, nicht fiktiven Niederlassung im geografischen Bezirk des ma&#223;geblichen erstinstanzlichen Gerichts und die Verpflichtung, Dienstleistungen nicht unentgeltlich zu erbringen. W&#228;re die fragliche Rechtsanwaltskammer verpflichtet, einen M&#246;nch aufgrund seiner T&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung gem&#228;&#223; Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 einzutragen, w&#228;re sie, wie deren Art.&#160;6 erlaubt, sogleich verpflichtet, zu entscheiden, dass er gegen die im nationalen Recht vorgesehenen Berufs- und Standesregeln versto&#223;en habe, da diese Vorschriften M&#246;nchen nicht erlauben, als Anwalt t&#228;tig zu sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht verweist auch auf seine eigene Rechtsprechung, in der es entschieden habe, dass die fr&#252;here Vorschrift des Rechtsanwaltskodex, wonach Geistliche keine Rechtsanw&#228;lte werden durften, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz oder die Freiheit der Berufs- und Besch&#228;ftigungsaus&#252;bung versto&#223;e. Erstens setze das &#246;ffentliche Interesse voraus, dass ein Rechtsanwalt sich ausschlie&#223;lich seinen Aufgaben widme, und zweitens bringe die T&#228;tigkeit als Rechtsanwalt die Bearbeitung von Streitigkeiten mit sich, was mit der Stellung eines Geistlichen unvereinbar sei(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>). Das vorlegende Gericht hatte zuvor auch entschieden, dass diese Vorschrift weder gegen Art.&#160;13 der griechischen Verfassung noch (da die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde des fr&#252;heren Verfahrens einen rein innerstaatlichen Sachverhalt betrafen) gegen Art.&#160;52 des EG-Vertrags (jetzt Art.&#160;49 AEUV) oder gegen Art.&#160;9 der Europ&#228;ischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten versto&#223;e(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem Hintergrund ersucht das vorlegende Gericht um eine Vorabentscheidung zu der folgenden Frage:</p> <p class="C02AlineaAltA">Ist Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 dahin auszulegen, dass die Eintragung eines M&#246;nchs der Kirche von Griechenland als Rechtsanwalt in das Verzeichnis der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, in dem er seine berufliche Qualifikation erworben hat, um dort seinen Beruf unter der urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben, durch den nationalen Gesetzgeber mit der Begr&#252;ndung verboten werden kann, dass die M&#246;nche der Kirche von Griechenland nach nationalem Recht nicht in die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern eingetragen werden k&#246;nnen, weil sie aufgrund ihrer Stellung als Personen, die kl&#246;sterlichen Regeln unterliegen, bestimmte f&#252;r die Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs erforderliche Garantien nicht bieten?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Monachos Eirinaios, die griechische Regierung, die niederl&#228;ndische Regierung und die Europ&#228;ische Kommission haben schriftliche Erkl&#228;rungen abgegeben. Monachos Eirinaios, der DSA, die griechische Regierung und die Kommission haben in der Sitzung vom 18.&#160;September 2018 m&#252;ndlich verhandelt.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Beurteilung</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Anwendbares Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verschiedene Richtlinien gelten f&#252;r unterschiedliche Aspekte der Situation eines Rechtsanwalts, der seine T&#228;tigkeit in einem anderen Mitgliedstaat aus&#252;ben m&#246;chte. So behandelt die Richtlinie 2005/36 die Anerkennung von Berufsqualifikationen, w&#228;hrend die Richtlinie 77/249/EWG des Rates die Dienstleistungsfreiheit betrifft(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>). Die Richtlinie 2006/123/EG betrifft ein breites Spektrum von T&#228;tigkeiten innerhalb des Binnenmarkts, einschlie&#223;lich der Erbringung von Rechtsberatung im Zusammenhang mit sowohl der Niederlassung als auch der Erbringung von Dienstleistungen(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>). Die Richtlinie 98/5 gilt f&#252;r Rechtsanw&#228;lte, die ihre T&#228;tigkeit auf Dauer im Aufnahmestaat aus&#252;ben m&#246;chten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In ihren schriftlichen Erkl&#228;rungen hat die niederl&#228;ndische Regierung vorgetragen, da die Richtlinie 98/5 keine Berufs- und Standesregeln f&#252;r Rechtsanw&#228;lte festlege, k&#246;nnten Leitlinien in den anderen m&#246;glicherweise anwendbaren Richtlinien gesucht werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Ansicht teile ich nicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 77/249 regelt die Erbringung von Dienstleistungen durch Rechtsanw&#228;lte und nicht die Niederlassungsfreiheit(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>). Das Verfahren vor dem vorlegenden Gericht betrifft die Weigerung der Rechtsanwaltskammer, einen Rechtsanwalt einzutragen, der seine Berufsqualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat. Der Gegenstand der Vorlagefrage ist daher die Niederlassung als Rechtsanwalt, die von der Richtlinie 98/5 geregelt wird, und nicht die Freiheit, Rechtsdienstleistungen zu erbringen(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 2005/36 gilt f&#252;r Rechtsanw&#228;lte, die sich sofort unter der Berufsbezeichnung des <i>Aufnahme</i>staats niederlassen m&#246;chten. Sie ber&#252;hrt nicht die Anwendung der Richtlinie 98/5(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>) und ist hier nicht einschl&#228;gig. Monachos Eirinaios m&#246;chte unter seiner zyprischen Berufsbezeichnung eingetragen werden und unter dieser seine T&#228;tigkeit aus&#252;ben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 2006/123 gilt in der Tat f&#252;r Rechtsdienstleistungen und erfasst nicht nur die Erbringung von Dienstleistungen, sondern auch die Niederlassung(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>). Allerdings gilt Art.&#160;25 dieser Richtlinie, auf den sich die niederl&#228;ndische Regierung in ihren schriftlichen Erkl&#228;rungen berufen hat, nur f&#252;r die Aus&#252;bung multidisziplin&#228;rer <i>wirtschaftlicher</i> T&#228;tigkeiten. Unter diese Rubrik passt keine Person im Klosterstand, was die &#8222;Parallelt&#228;tigkeit&#8220; von Monachos Eirinaios neben der des Rechtsanwalts ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Situation von Monachos Eirinaios f&#228;llt eindeutig in den Geltungsbereich der Richtlinie 98/5. Er ist ein Rechtsanwalt, der &#252;ber eine in einem Mitgliedstaat g&#252;ltige Berufsbezeichnung verf&#252;gt (so dass er in den pers&#246;nlichen Geltungsbereich der Richtlinie 98/5 f&#228;llt, wie dieser in ihrem Art.&#160;1 Abs.&#160;1 und 2 definiert ist); er m&#246;chte seine T&#228;tigkeit auf Dauer in einem anderen Mitgliedstaat unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben (damit erf&#252;llt er das grenz&#252;berschreitende Element und f&#228;llt in den materiellen Geltungsbereich der Richtlinie 98/5, wie dieser in ihrem Art.&#160;1 Abs.&#160;1 definiert ist). Die Frage, ob mit dem Unionsrecht nationale Vorschriften vereinbar sind, wonach M&#246;nchen mit der Begr&#252;ndung, dass sie gewisse f&#252;r Rechtsanw&#228;lte notwendige Garantien nicht bieten, verweigert wird, sich unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung als Rechtsanwalt eintragen zu lassen, ist folglich auf der Grundlage dieser Richtlinie zu pr&#252;fen.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Vorbemerkung zur Richtlinie 98/5</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Zweck der Richtlinie 98/5 besteht darin, die Freiz&#252;gigkeit f&#252;r Rechtsanw&#228;lte durch die Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung dieses Berufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Berufsqualifikation erworben wurde, zu verbessern(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>). Im Folgenden werde ich der Einfachheit halber diese Rechtsanw&#228;lte als &#8222;zuwandernde Rechtsanw&#228;lte&#8220; bezeichnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur F&#246;rderung des Binnenmarkts zielt die Richtlinie darauf ab, den Rechtsanw&#228;lten und den Rechtsuchenden in allen Mitgliedstaaten die gleichen M&#246;glichkeiten zu bieten. Sie bem&#252;ht sich, den Erfordernissen der Rechtsuchenden zu entsprechen, die aufgrund des zunehmenden Gesch&#228;ftsverkehrs im Zuge der Verwirklichung des Binnenmarkts einer Beratung bei grenz&#252;bergreifenden Transaktionen bed&#252;rfen, bei denen das internationale Recht, das Unionsrecht und nationale Rechtsordnungen h&#228;ufig miteinander verschr&#228;nkt sind(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit zielt die Richtlinie u.&#160;a. darauf ab, der Unterschiedlichkeit der nationalen Vorschriften &#252;ber die Voraussetzungen der Eintragung bei den zust&#228;ndigen Stellen ein Ende zu setzen, die zu Ungleichheiten und Hindernissen f&#252;r die Freiz&#252;gigkeit gef&#252;hrt haben(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>). Die gegenseitige Anerkennung der Berufsbezeichnungen der zuwandernden Rechtsanw&#228;lte, die ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben m&#246;chten, st&#252;tzt die Erreichung der Ziele der Richtlinie(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Obwohl die Richtlinie das Niederlassungsrecht betrifft, reguliert sie allerdings weder den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf noch die Aus&#252;bung dieses Berufs unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Verfolgung ihrer Ziele hat die Richtlinie einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen zu herzustellen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens stellt sie einen Ausgleich her zwischen der Gew&#228;hrung eines automatischen Rechts der zuwandernden Rechtsanw&#228;lte auf Eintragung bei den zust&#228;ndigen Stellen des Aufnahmestaats, ohne dass der Aufnahmestaat vorher die Berufsqualifikationen kontrolliert (Art.&#160;3 Abs.&#160;2), und der Notwendigkeit, die Personen, die Rechtsdienstleistungen in Anspruch nehmen wollen, &#252;ber den Umfang der Fachkunde solcher Rechtsanw&#228;lte zu informieren; infolgedessen ist es zuwandernden Rechtsanw&#228;lten nur erlaubt, ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen, in der Sprache des Herkunftsstaats ausgedr&#252;ckten Berufsbezeichnung auszu&#252;ben (Art.&#160;4 Abs.&#160;1)(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens wird zuwandernden Rechtsanw&#228;lten nach Art.&#160;5 das Recht gew&#228;hrt, Rechtsberatung zu erbringen sowie Mandanten zu vertreten und zu verteidigen, erforderlichenfalls in Verbindung mit einem Rechtsanwalt, der seine T&#228;tigkeit vor dem betreffenden Gericht aus&#252;bt. Im Gegenzug m&#252;ssen sie sich nach Art.&#160;3 bei der zust&#228;ndigen Stelle im Aufnahmestaat eintragen lassen und unterliegen nach Art.&#160;6 den Verpflichtungen und Berufs- und Standesregeln dieses Staates(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Obwohl Art.&#160;3 Abs.&#160;2 der Richtlinie 98/5 die Voraussetzungen harmonisiert, die von Rechtsanw&#228;lten erf&#252;llt werden m&#252;ssen, die ihre Berufst&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben m&#246;chten, i)&#160;legt die Richtlinie dar&#252;ber hinaus keine Regeln f&#252;r rein innerstaatliche Situationen fest (siebter Erw&#228;gungsgrund); ii)&#160;l&#228;sst sie die nationalen Regelungen f&#252;r den Zugang und die Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats unber&#252;hrt (siebter Erw&#228;gungsgrund) und iii)&#160;sieht sie vor, dass Rechtsanw&#228;lte den in diesem Staat geltenden Berufs- und Standesregeln nachkommen m&#252;ssen (achter Erw&#228;gungsgrund und Art.&#160;6)(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kurz gesagt, ist die Richtlinie 98/5 eine hybride Richtlinie, die die Niederlassungsfreiheit zuwandernder Rechtsanw&#228;lte behandelt, die ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben m&#246;chten, und die zu diesem Zweck bestimmte Aspekte harmonisiert, w&#228;hrend sie den Mitgliedstaaten f&#252;r andere Aspekte ein hohes Ma&#223; an Autonomie bel&#228;sst. Einen Ausgleich zu der F&#246;rderung der Freiz&#252;gigkeit stellt die Notwendigkeit dar, sicherzustellen, dass die Verbraucher gesch&#252;tzt sind und dass zuwandernde Rechtsanw&#228;lte im Aufnahmestaat ihren Berufspflichten in Hinblick auf die Wahrung der geordneten Rechtspflege nachkommen. Daraus ergibt sich ein inh&#228;rentes Potenzial f&#252;r Spannungen zwischen der <i>Zulassung</i> zur Aus&#252;bung der T&#228;tigkeit (Art.&#160;3) und den <i>Regeln f&#252;r die Aus&#252;bung der T&#228;tigkeit</i> (Art.&#160;6).</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Die Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht fragt im Wesentlichen, ob Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 dahin auszulegen ist, dass er es erlaubt, M&#246;nchen mit der Begr&#252;ndung, sie b&#246;ten nicht die f&#252;r die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit notwendigen Garantien, durch nationale Vorschriften zu verbieten, sich als Rechtsanwalt unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung eintragen zu lassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Monachos Eirinaios und die Kommission bringen vor, Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 habe nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine vollst&#228;ndige Harmonisierung der ma&#223;geblichen Vorschriften bewirkt. Die Vorlage einer Bescheinigung &#252;ber die Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats sei die einzige Bedingung, der die Eintragung der betreffenden Person im Aufnahmestaat unterworfen werden d&#252;rfe(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>). Ob diese Person die verschiedenen f&#252;r die Praxis als Rechtsanwalt notwendigen Garantien biete, werde von der betreffenden Rechtsanwaltskammer in einer sp&#228;teren Verfahrensphase kontrolliert.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kommission f&#252;gt hinzu, die Frage, ob Art.&#160;7 Abs.&#160;1 der Richtlinie 98/5 (der das Disziplinarverfahren behandelt, sollte ein Rechtsanwalt, der seine T&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;bt, die im Aufnahmestaat geltenden Verpflichtungen verletzen) f&#252;r Monachos Eirinaios gelte, liege au&#223;erhalb der Gegenstands des vorliegenden Verfahrens, das nur sein Recht auf Eintragung beim DSA betreffe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der m&#252;ndlichen Verhandlung trug der DSA vor, eine systematische Auslegung der Art.&#160;3 Abs.&#160;2 und 6 Abs.&#160;1 der Richtlinie 98/5 m&#252;sse unter Ber&#252;cksichtigung ihrer Erw&#228;gungsgr&#252;nde zu dem Ergebnis f&#252;hren, dass eine Rechtsanwaltskammer die Eintragung eines Rechtsanwalts, der seine T&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben m&#246;chte, ablehnen k&#246;nne, wenn sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, dass nach nationalem Recht ein Eintragungshindernis bestehe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die griechische Regierung argumentiert, Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 sei in Verbindung mit Art.&#160;6 dieser Richtlinie zu lesen. W&#252;rde ein M&#246;nch unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung beim DSA eingetragen, sei er nach den griechischen Berufs- und Standesregeln sofort aus dem Verzeichnis zu l&#246;schen. Dies sei ein sinnwidriges Ergebnis. Die griechische Regierung ist der Auffassung, ein M&#246;nch habe nicht die erforderliche Unabh&#228;ngigkeit, um die Rechtsanwaltst&#228;tigkeit auszu&#252;ben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die niederl&#228;ndische Regierung ist der Auffassung, Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5 sei dahin auszulegen, dass er nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehe, die einem M&#246;nch verbieten, sich eintragen zu lassen und die Rechtsanwaltst&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben. Art.&#160;6 der Richtlinie erfasse Berufs- und Standesregeln nicht vollst&#228;ndig; diese seien daher unter Ber&#252;cksichtigung anderer Bestimmungen des Sekund&#228;rrechts, wie etwa des Art.&#160;25 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2006/123, zu pr&#252;fen.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Eintragung nach Art.&#160;3 der Richtlinie 98/5</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;3 Abs.&#160;2 der Richtlinie 98/5 betrifft ausschlie&#223;lich die Eintragung zuwandernder Rechtsanw&#228;lte bei der zust&#228;ndigen Stelle des Aufnahmestaats. Er sieht vor, dass diese Stelle die Eintragung des Rechtsanwalts nach Vorlage der ma&#223;geblichen Bescheinigung vorzunehmen hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Bestimmung soll der Unterschiedlichkeit der nationalen Vorschriften &#252;ber die Voraussetzungen der Eintragung bei den zust&#228;ndigen Stellen ein Ende setzen und legt daher einen Mechanismus f&#252;r die gegenseitige Anerkennung der Berufsbezeichnungen der zuwandernden Rechtsanw&#228;lte fest (siehe oben, Nr.&#160;43). Sie nimmt eine <i>vollst&#228;ndige</i> Harmonisierung der Vorbedingungen vor, die f&#252;r die Aus&#252;bung des von dieser Richtlinie gew&#228;hrten Niederlassungsrechts erforderlich sind. Ein Rechtsanwalt, der seine T&#228;tigkeit auf Dauer in einem anderen Mitgliedstaat als dem aus&#252;ben m&#246;chte, in dem er seine Berufsqualifikation erworben hat, ist verpflichtet, sich bei der zust&#228;ndigen Stelle in diesem Staat eintragen zu lassen. Diese Stelle hat diese Eintragung &#8222;anhand einer Bescheinigung &#252;ber dessen Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle des Herkunftsstaats&#8220; vorzunehmen(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die einzige Bedingung, der die Eintragung unterworfen werden darf, diejenige, dass die betreffende Person der zust&#228;ndigen Stelle des Aufnahmestaats diese Bescheinigung vorlegt. Die Eintragung im Aufnahmestaat ist dann zwingend und erm&#246;glicht der betreffenden Person, dort ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung auszu&#252;ben(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>). Diese Analyse wird durch den Kommissionsvorschlag best&#228;tigt, der in seinen Erl&#228;uterungen zu Art.&#160;3 feststellt, dass &#8222;auf die Eintragung ein <i>automatischer Anspruch besteht</i>, wenn der Antragsteller den Beweis seiner Eintragung bei der zust&#228;ndigen Stelle in seinem Herkunftsstaat erbringt&#8220; (Hervorhebung nur hier). Mit der Eintragung steht der zuwandernde Rechtsanwalt an der Schwelle zur Aus&#252;bung seiner T&#228;tigkeit im Aufnahmestaat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dementsprechend hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass bei italienischen Staatsangeh&#246;rigen, die nach dem Erwerb eines Universit&#228;tsabschlusses in Rechtswissenschaften in Italien einen weiteren Universit&#228;tsabschluss in Spanien erworben hatten und in diesem Mitgliedstaat als Rechtsanw&#228;lte eingetragen worden waren, davon auszugehen ist, dass sie alle n&#246;tigen Voraussetzungen erf&#252;llen, um sich bei einer italienischen Rechtsanwaltskammer anhand einer Bescheinigung &#252;ber ihre Eintragung in Spanien eintragen zu lassen(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im gleichen Sinne hat der Gerichtshof in der Rechtssache Wilson entschieden, dass es der Richtlinie 98/5 entgegensteht, von Rechtsanw&#228;lten, die ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben, die Teilnahme an einem Gespr&#228;ch zu verlangen, das dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer die &#220;berpr&#252;fung erm&#246;glicht, ob sie die Amts- und Gerichtssprachen des Aufnahmestaats beherrschen(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass die Mitgliedstaaten kein Ermessen haben, f&#252;r die Eintragung zuwandernder Rechtsanw&#228;lte unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung zus&#228;tzliche Anforderungen einzuf&#252;hren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf einer Ebene ist daher die Antwort auf die Frage des vorlegenden Gerichts einfach. Art.&#160;3 Abs.&#160;2 der Richtlinie 98/5 verbietet die Einf&#252;hrung einer zus&#228;tzlichen Bedingung &#8211; wie derjenigen, kein M&#246;nch zu sein &#8211; f&#252;r die Eintragung eines Rechtsanwalts unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wird dieses Ergebnis durch das Zusammenspiel der Art.&#160;3 und 6 der Richtlinie 98/5 und die Existenz nationaler Vorschriften unterlaufen, denen zufolge Rechtsanw&#228;lte, die M&#246;nche sind oder werden, sofort aus dem Verzeichnis zu l&#246;schen sind, oder die bestimmte Verpflichtungen auferlegen, wie etwa die Voraussetzung, im geografischen Bezirk des erstinstanzlichen Gerichts, dem die betreffende Person als Rechtsanwalt zugeordnet ist, einen Sitz und ein B&#252;ro zu unterhalten oder f&#252;r ihre Dienstleistungen ein Entgelt zu empfangen?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Informationen scheint sich zu ergeben, dass die nationale Rechtsvorschrift, die M&#246;nchen verbietet, Rechtsanw&#228;lte <i>zu werden</i>, in Form eines Verbots, M&#246;nch <i>zu sein</i> und die Rechtsanwaltst&#228;tigkeit auszu&#252;ben, wiederholt wird(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>). Es ist Sache des nationalen Gerichts zu &#252;berpr&#252;fen, ob dies bei ordnungsgem&#228;&#223;er Auslegung des nationalen Rechts tats&#228;chlich der Fall ist. Andere nationale Vorschriften, auf die sich der DSA und die griechische Regierung berufen haben, umfassen die Verpflichtung, unabh&#228;ngig zu sein, die Verpflichtung, sich ausschlie&#223;lich seinen beruflichen Aufgaben zu widmen, die Verpflichtung, im geografischen Bezirk des erstinstanzlichen Gerichts, dem man als Rechtsanwalt zugeordnet ist, einen Sitz und ein B&#252;ro zu unterhalten, und das Verbot, Dienstleistungen unentgeltlich zu erbringen. Das vorgetragene Argument lautet im Wesentlichen: Jemand, der M&#246;nch ist, wird gegen die Berufs- und Standesregeln versto&#223;en, so dass er gar nicht erst als Rechtsanwalt eingetragen werden sollte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu Beginn dieses Teils der Analyse muss daran erinnert werden, worum es hier genau geht, und &#8211; das ist genauso wichtig &#8211; worum es nicht geht. Das vorliegende Verfahren betrifft einen zuwandernden Rechtsanwalt, der sich unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung niederlassen und seine T&#228;tigkeit unter dieser Bezeichnung aus&#252;ben m&#246;chte. Es betrifft nicht das Recht Griechenlands oder eines anderen Mitgliedstaats, Bedingungen festzulegen, unter denen sich eine Person nach den eigenen Regeln des betreffenden Mitgliedstaats als Rechtsanwalt qualifiziert oder ihre T&#228;tigkeit unter der eigenen Berufsbezeichnung dieses Mitgliedstaats aus&#252;bt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erlaubt Art.&#160;6 der Richtlinie 98/5 es einem Mitgliedstaat, einem Einzelnen, der nach Art.&#160;3 dieser Richtlinie f&#252;r die Eintragung, dort die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit unter der Berufsbezeichnung seines Heimatlandes auszu&#252;ben, qualifiziert ist, diese Eintragung mit der Begr&#252;ndung zu verweigern, er k&#246;nne sich als Person, die religi&#246;sen Gehorsam gelobt habe, <i>per definitionem</i> nicht so verhalten, dass er die f&#252;r die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit notwendigen Garantien biete?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens sollte hier eine analytische Unterscheidung gemacht werden zwischen &#8211; auf der einen Seite &#8211; der besonderen Vorschrift, nach der ein Geistlicher oder ein M&#246;nch kein Rechtsanwalt sein kann, und &#8211; auf der anderen Seite &#8211; den verschiedenen einzelnen Berufs- und Standesregeln, auf die sich der DSA beruft, wie z.&#160;B. die, nach denen man sich ausschlie&#223;lich seinen anwaltlichen Aufgaben zu widmen oder einen Sitz und ein B&#252;ro im geforderten geografischen Bezirk zu unterhalten hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich akzeptiere nicht, dass erstere Vorschrift richtigerweise als <i>Berufs- und Standes</i>regel zu bezeichnen ist, die nach Art.&#160;6 der Richtlinie 98/5 in den Aufgabenbereich des Aufnahmestaats f&#228;llt. Es scheint mir, dass eine solche Vorschrift, wenn man sie n&#228;her untersucht, eine Regel darstellt, die besagt, dass es Personen mit besonderen <i>Merkmalen</i> nicht erlaubt sein sollte, ihre T&#228;tigkeit auszu&#252;ben. Ihr liegt die unausgesprochene Annahme zugrunde, dass sich eine Person A, weil sie diese <i>Merkmale</i> aufweist, notwendigerweise auf eine bestimme Weise <i>verhalten</i> wird, die nach dem deontologischen Kodex nicht akzeptabel ist. Aber das ist eine Annahme; Berufs- und Standesregeln sollen dagegen ein tats&#228;chliches Verhalten regulieren und nicht ein angenommenes zuk&#252;nftiges Verhalten. Wenn man in dem Beispiel, dass ich gerade gebildet habe, &#8222;rothaarige Person&#8220; an die Stelle von &#8222;M&#246;nch&#8220; setzt, zeigt sich sogleich, warum eine solche Vorschrift genau genommen keine Berufs- oder Standesregel ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich f&#252;ge hinzu, dass, soweit ich das &#252;bersehen kann, eine solche Vorschrift au&#223;erdem in Wahrheit die nachteilig betroffene Person der von den Art.&#160;7 und 9 der Richtlinie 98/5 gew&#228;hrten Verfahrensgarantien beraubt. Nimmt man an, dass eine rothaarige Person z.&#160;B. automatisch gegen die Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf Mandanten versto&#223;en werde, und sie deshalb im Voraus gema&#223;regelt wird, indem ihre Eintragung bei der Rechtsanwaltskammer gel&#246;scht wird, bevor sie &#252;berhaupt mit der Aus&#252;bung ihrer T&#228;tigkeit begonnen hat, wie sollten das vorsichtige bilaterale Verfahren zwischen dem Aufnahmestaat und dem Herkunftsstaat nach Art.&#160;7 oder das Recht auf ein gerichtliches Rechtsmittel nach Art.&#160;9 irgendeinen realen Schutz gew&#228;hren?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da nur Berufs- und Standesregeln von Art.&#160;6 der Richtlinie 98/5 erfasst werden, ergibt sich, dass eine nationale Vorschrift, die gegen einen M&#246;nch ein absolutes Verbot verh&#228;ngt, die Rechtsanwaltst&#228;tigkeit auszu&#252;ben, nicht f&#252;r einen zuwandernden Rechtsanwalt gilt, der f&#252;r die Eintragung nach Art.&#160;3 qualifiziert ist und seine T&#228;tigkeit unter seiner urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung aus&#252;ben m&#246;chte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie verh&#228;lt es sich mit der oben identifizierten zweiten Regelkategorie?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus Art.&#160;6 Abs.&#160;1 der Richtlinie 98/5 ergibt sich, dass Rechtsanw&#228;lte, die ihre T&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung in einem Aufnahmestaat aus&#252;ben, den gleichen Berufs- und Standesregeln unterliegen wie Rechtsanw&#228;lte, die ihre T&#228;tigkeit unter der Berufsbezeichnung dieses Staates aus&#252;ben(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>). Aus den Art.&#160;6 und 7 dieser Richtlinie folgt daher, dass solche Rechtsanw&#228;lte zwei Systemen von Berufs- und Standesregeln entsprechen m&#252;ssen: den Regeln ihres Herkunftsstaats und denen des Aufnahmestaats. Versto&#223;en sie dagegen, drohen ihnen disziplinarische Ma&#223;nahmen und die Inanspruchnahme aus der Berufshaftpflicht(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demnach scheint mir, dass die zust&#228;ndigen Stellen des Aufnahmestaats nicht berechtigt sind, im Voraus <i>anzunehmen</i>, dass der Betroffene, weil er religi&#246;sen Gehorsam gelobt hat (oder schlimmer noch: ein Atheist oder ein Mitglied einer bestimmten politischen oder philosophischen Gruppierung ist) &#8211; sich automatisch und unvermeidlich in einer Weise verhalten wird, die gegen die Standesregeln f&#252;r Rechtsanw&#228;lte in diesem Mitgliedstaat verst&#246;&#223;t. Vielmehr m&#252;ssen sie abwarten und sehen, wie sich die betreffende Person <i>in der Praxis </i>tats&#228;chlich<i> verh&#228;lt</i>. Denn das sollen <i>Berufs- und Standes</i>regeln regulieren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Jakubowska entschieden hat, sind die Berufs- und Standesregeln anders als die Vorschriften &#252;ber die Eintragungsvoraussetzungen nicht Gegenstand der Harmonisierung und k&#246;nnen daher erheblich von den Vorschriften abweichen, die im Herkunftsstaat gelten. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften kann dazu f&#252;hren, dass ein Rechtsanwalt aus dem Verzeichnis im Aufnahmestaat gel&#246;scht wird(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>). Der Gerichtshof hat in diesem Urteil auch betont, dass das Nichtvorhandensein von Interessenskonflikten f&#252;r die Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs unerl&#228;sslich ist und insbesondere voraussetzt, dass Rechtsanw&#228;lte sich in einer Position der Unabh&#228;ngigkeit gegen&#252;ber staatlichen Stellen und anderen Wirtschaftsteilnehmern und Dritten befinden, von denen sie sich nicht beeinflussen lassen d&#252;rfen. Somit ist die Tatsache, dass bestimmte Berufs- und Standesregeln streng sind, als solche nicht zu beanstanden. Neben ihrer unterschiedslosen Geltung f&#252;r alle in diesem Mitgliedstaat eingetragenen Rechtsanw&#228;lte, d&#252;rfen diese Vorschriften jedoch nicht &#252;ber das hinausgehen, was zur Erreichung ihres Ziels erforderlich ist(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Vornahme der erforderlichen Pr&#252;fung sind zuerst die von den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten Ziele zu identifizieren(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>). Das vorlegende Gericht hat angedeutet, der Grund f&#252;r das f&#252;r M&#246;nche geltende Verbot, als Rechtsanw&#228;lte t&#228;tig zu sein, bestehe darin, dass das &#246;ffentliche Interesse verlange, dass sich ein Rechtsanwalt ausschlie&#223;lich seinen Aufgaben widme. Hinzu komme, dass die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit die Bearbeitung von Streitigkeiten mit sich bringe<b>, </b>was mit der Stellung eines Geistlichen unvereinbar sei. Das vorlegende Gericht erw&#228;hnt auch das Erfordernis der beruflichen Unabh&#228;ngigkeit und der Freiheit bei der Bearbeitung von F&#228;llen. Spezifische erg&#228;nzende Berufs- und Standesregeln, von denen behauptet wird, ein M&#246;nch k&#246;nne ihnen nicht nachkommen, umfassen die Verpflichtung, im geografischen Bezirk des erstinstanzlichen Gerichts, dem eine Person als Rechtsanwalt zugeordnet ist, einen Sitz und ein B&#252;ro zu unterhalten, sowie das Verbot der unentgeltlichen Erbringung von Dienstleistungen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die angef&#252;hrte Begr&#252;ndung scheint mir das in der Tat richtigerweise als &#8222;Ziele&#8220; (und &#252;berdies lobenswerte Ziele) Beschreibbare, n&#228;mlich den Schutz der geordneten Rechtspflege und die Sicherstellung des Zugangs der Mandanten zu unparteiischer Beratung und ordnungsgem&#228;&#223;er professioneller Vertretung, mit der abermaligen Annahme zu verbinden, dass eine Person, die religi&#246;sen Gehorsam gelobt hat, offensichtlich nicht in der Lage sein werde, sich in einer diesen Zielen entsprechenden Weise zu verhalten. Basierend auf den konkreten Umst&#228;nden des Berufs- und Standesverhaltens eines bestimmten Rechtsanwalts kann diese Annahme durchaus richtig sein. Allerdings kann sie auch falsch sein. Dies kann am besten an zwei (fiktiven) Beispielen gezeigt werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;M&#246;nch X sieht die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit als eine intellektuelle T&#228;tigkeit neben und in Erg&#228;nzung zu seinem religi&#246;sen Leben. Er lehnt es regelm&#228;&#223;ig ab, F&#228;lle f&#252;r &#8222;schlechte&#8220; Leute zu bearbeiten; er richtet seine Rechtsberatung darauf aus, dass sie in jeder Hinsicht dem entspricht, was sein Mandant seiner Meinung nach in moralischer Hinsicht tun sollte, um die religi&#246;sen Lehren der Kirche zu beachten; und in dem geografischen Bezirk, dem er als Rechtsanwalt zugeordnet ist, steht er nicht regelm&#228;&#223;ig zur Verf&#252;gung. Sein Verhalten verst&#246;&#223;t eindeutig gegen die detaillierten Berufs- und Standesregeln im Aufnahmestaat und unterl&#228;uft die im &#246;ffentlichen Interesse liegenden Ziele dieser Vorschriften. Es liegt auf der Hand, dass die zust&#228;ndigen Stellen des Aufnahmestaats ein Disziplinarverfahren gegen M&#246;nch X einleiten k&#246;nnen (und tats&#228;chlich auch einleiten sollten). Basierend auf den von mir skizzierten Umst&#228;nden wird dieses Verfahren dazu f&#252;hren, dass er im Verzeichnis im Aufnahmestaat gel&#246;scht wird. Ich f&#252;ge hinzu, dass er sich ebenso nach den Disziplinarvorschriften seines Herkunftsstaats in Schwierigkeiten befinden k&#246;nnte. All dies wird jedoch unter Einhaltung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ablaufen, und M&#246;nch X wird gegen die Entscheidung, ihn aus der Rechtsanwaltskammer auszuschlie&#223;en, ein gerichtliches Rechtsmittel einlegen k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;M&#246;nch Y diskutiert mit seinen Kirchenoberen die beruflichen Anforderungen, die an ihn gestellt werden, wenn er mit der Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit beginnt. Gemeinsam pr&#252;fen sie Punkt f&#252;r Punkt die anwendbaren Regeln. Er erh&#228;lt die erforderliche Befreiung, um ordnungsgem&#228;&#223; einen Sitz und ein B&#252;ro in dem geografischen Bezirk zu unterhalten, dem er zugeordnet ist. Es wird vereinbart, dass er f&#252;r seine Dienste die &#252;blichen Geb&#252;hren verlangen und dieses Entgelt einer bestimmten Wohlfahrtseinrichtung &#252;bergeben wird. Er wird w&#228;hrend des Arbeitstages von der f&#246;rmlichen Anwesenheit bei den Gemeinschaftsgebeten befreit, so dass er sich ausschlie&#223;lich den Aufgaben als Rechtsanwalt widmen kann. Seine Kirchenoberen stimmen zu, seine berufliche Unabh&#228;ngigkeit zu respektieren. Auf dieser Grundlage beginnt M&#246;nch Y mit der Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit; sein Verhalten als Rechtsanwalt ist tadellos. Auf der Grundlage der von mir geschilderten Umst&#228;nde w&#228;re es eindeutig objektiv nicht gerechtfertigt, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, und erst recht nicht, ihn aus der Rechtsanwaltskammer auszuschlie&#223;en. Auch wenn er ein M&#246;nch ist, kommt er den ma&#223;geblichen Berufs- und Standesregeln nach.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich habe bewusst fiktive Beispiele gebildet. Es ist nicht Gegenstand der Aufgaben dieses Gerichtshofs, vorauszusagen, was geschehen wird, wenn Monachos Eirinaios beginnt, seine Rechtsanwaltst&#228;tigkeit auszu&#252;ben. Das einzige Ergebnis, zu dem ich hier gelange &#8211; und, wie ich respektvoll anrege, der einzige Aspekt der Geschichte, den der Gerichtshof bei der Beantwortung der Vorlagefrage ansprechen sollte &#8211; ist, dass Art.&#160;6 der Richtlinie 98/5 einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, einer Person, die f&#252;r eine Eintragung nach Art.&#160;3 qualifiziert ist, automatisch die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung mit der Begr&#252;ndung zu verweigern, dass sie sich als Person, die ein Gel&#252;bde religi&#246;sen Gehorsams abgelegt habe, <i>per definitionem</i> nicht in der Weise verhalten kann, die erforderlich ist, um die zur Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit notwendigen Garantien zu bieten.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefrage des Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) wie folgt zu antworten:</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;3 Abs.&#160;2 der Richtlinie 98/5/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 16.&#160;Februar 1998 zur Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach die Eintragung einer Person als Rechtsanwalt unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung mit der Begr&#252;ndung, sie sei M&#246;nch, verboten ist. Art.&#160;6 dieser Richtlinie erlaubt einem Mitgliedstaat nicht, einer Person, die f&#252;r die Eintragung nach Art.&#160;3 qualifiziert ist, automatisch die Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit unter ihrer urspr&#252;nglichen Berufsbezeichnung mit der Begr&#252;ndung zu verweigern, dass sie sich als Person, die ein Gel&#252;bde religi&#246;sen Gehorsams abgelegt habe, <i>per definitionem</i> nicht in der Weise verhalten kann, die erforderlich ist, um die zur Aus&#252;bung der Rechtsanwaltst&#228;tigkeit notwendigen Garantien zu bieten.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Englisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8222;&#927;&#8016;&#948;&#949;&#8054;&#962; &#948;&#973;&#957;&#945;&#964;&#945;&#953; &#948;&#965;&#963;&#8054; &#954;&#965;&#961;&#943;&#959;&#953;&#962; &#948;&#959;&#965;&#955;&#949;&#973;&#949;&#953;&#957;&#903; &#7970; &#947;&#8048;&#961; &#964;&#242;&#957; &#7957;&#957;&#945; &#956;&#953;&#963;&#942;&#963;&#949;&#953; &#954;&#945;&#8054; &#964;&#242;&#957; &#7957;&#964;&#949;&#961;&#959;&#957; &#7936;&#947;&#945;&#960;&#942;&#963;&#949;&#953;, &#7970; &#7953;&#957;&#242;&#962; &#7936;&#957;&#952;&#941;&#958;&#949;&#964;&#945;&#953; &#954;&#945;&#8054; &#964;&#959;&#8166; &#7953;&#964;&#941;&#961;&#959;&#965; &#954;&#945;&#964;&#945;&#966;&#961;&#959;&#957;&#942;&#963;&#949;&#953;. &#927;&#8016; &#948;&#973;&#957;&#945;&#963;&#952;&#949; &#920;&#949;&#8183; &#948;&#959;&#965;&#955;&#949;&#973;&#949;&#953;&#957; &#954;&#945;&#8054; &#956;&#945;&#956;&#969;&#957;&#8119;&#8220;, Matth&#228;us 6,24.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lukas 10,25-37.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 16.&#160;Februar 1998 zur Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl.&#160;1998, L&#160;77, S.&#160;36), zuletzt ge&#228;ndert durch die Richtlinie 2013/25/EU des Rates vom 13.&#160;Mai 2013 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich des Niederlassungsrechts und des freien Dienstleitungsverkehrs aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien (ABl.&#160;2013, L&#160;158, S.&#160;368).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die gew&#246;hnliche &#220;bersetzung von &#8222;Monachos Eirinaios&#8220; ins Englische, die Originalsprache dieser Schlussantr&#228;ge, w&#228;re &#8222;Brother Eirinaios&#8220; (Bruder Eirinaios). Jedoch werde ich den Begriff &#8222;Monachos&#8220; (M&#246;nch) beibehalten, um die verschiedenen Vorstellungen und Assoziationen zu vermeiden, die mit den verschiedenen Sprachfassungen verbunden sein m&#246;gen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Rates 89/48/EWG vom 21.&#160;Dezember 1988 &#252;ber eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreij&#228;hrige Berufsausbildung abschlie&#223;en (ABl.&#160;1989, L&#160;19, S.&#160;16), aufgehoben durch die Richtlinie 2005/36 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 7.&#160;September 2005 &#252;ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl.&#160;2005, L&#160;255, S.&#160;22).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. jeweils Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 Abs.&#160;2.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht teilte &#252;ber Monachos Eirinaios mit, er sei M&#246;nch im Heiligen Kloster von Petra in Karditsa. Jedoch wies der Anwalt von Monachos Eirinaios in der m&#252;ndlichen Verhandlung darauf hin, dass dieser gegenw&#228;rtig auf der Insel Zakynthos stationiert sei.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil Nr.&#160;2368/1988 des vorlegenden Gerichts (Plenum).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil Nr.&#160;1090/1989 des vorlegenden Gerichts.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Rates vom 22.&#160;M&#228;rz 1977 zur Erleichterung der tats&#228;chlichen Aus&#252;bung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanw&#228;lte (ABl.&#160;1977, L&#160;78, S.&#160;17), zuletzt ge&#228;ndert durch die Richtlinie 2013/25/EU des Rates vom 13.&#160;Mai 2013 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich des Niederlassungsrechts und des freien Dienstleistungsverkehrs aufgrund des Beitritts der Republik Kroatien (ABl.&#160;2013, L&#160;158, S.&#160;368).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 12.&#160;Dezember 2006 &#252;ber Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl.&#160;2006, L&#160;376, S.&#160;36), 33.&#160;Erw&#228;gungsgrund und Art.&#160;1 Abs.&#160;1.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweiter Erw&#228;gungsgrund und Art.&#160;1 der Richtlinie 77/249.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Art.&#160;1 Abs.&#160;4 der Richtlinie 98/5. Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 2.&#160;Dezember 2010, Jakubowska (C&#8209;225/09, EU:C:2010:729).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;42.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2005/36. Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 3.&#160;Februar 2011, Ebert (C&#8209;359/09, EU:C:2011:44), eine Rechtssache, die die Richtlinie 89/48, die durch die Richtlinie 2005/36 aufgehoben worden ist, und die Richtlinie 98/5 betraf, entschieden, dass diese beiden Richtlinien einander dadurch erg&#228;nzen, dass sie f&#252;r die Rechtsanw&#228;lte der Mitgliedstaaten zwei Wege des Zugangs zum Rechtsanwaltsberuf in einem Aufnahmemitgliedstaat unter der dortigen Berufsbezeichnung einf&#252;hren (vgl. Rn.&#160;27 bis 35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;33.&#160;Erw&#228;gungsgrund und Art.1 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/123.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erw&#228;gungsgr&#252;nde 1 und 5 sowie Art.&#160;1 Abs.&#160;1 der Richtlinie 98/5. Vgl. auch den Vorschlag der Kommission f&#252;r eine Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates zur Erleichterung der st&#228;ndigen Aus&#252;bung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, KOM(94) 572 endg. (im Folgenden: Kommissionsvorschlag), Ziff. 1.3.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erw&#228;gungsgr&#252;nde 1, 5 und 6.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sechster Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 98/5 und das Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;37 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;36 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;56).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Neunter Erw&#228;gungsgrund. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7.&#160;November 2000, Luxemburg/Parlament und Rat (C&#8209;168/98, EU:C:2000:598), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass der &#8222;Gemeinschaftsgesetzgeber &#8230; um einer bestimmten Kategorie zuwandernder Rechtsanw&#228;lte die Aus&#252;bung der Niederlassungsfreiheit, einer Grundfreiheit, zu erleichtern, einer Regelung, die eine Unterrichtung des Verbrauchers, Beschr&#228;nkungen hinsichtlich des Umfangs und der Modalit&#228;ten der Aus&#252;bung bestimmter mit dem Beruf verbundener T&#228;tigkeiten, eine Kumulierung der zu beachtenden Berufs- und Standesregeln, eine Versicherungspflicht sowie eine die zust&#228;ndigen Stellen des Herkunftsstaats und des Aufnahmestaats einbeziehende Disziplinarregelung miteinander verkn&#252;pft, den Vorzug vor einem System der Vorabkontrolle einer Qualifikation im nationalen Recht des Aufnahmestaats gegeben [hat]. Er hat nicht die Verpflichtung zur Kenntnis des nationalen Rechts beseitigt, das in den vom betreffenden Anwalt bearbeiteten Rechtssachen anwendbar ist, sondern lediglich den Anwalt von der Verpflichtung befreit, diese Kenntnisse im Voraus nachzuweisen&#8220; (Rn.&#160;43). Ich f&#252;ge hinzu, dass der DSA, da die Berufsbezeichnung f&#252;r einen nach griechischem Recht und einen nach zyprischem Recht qualifizierten Rechtsanwalt die gleiche ist (&#8222;&#916;&#953;&#954;&#951;&#947;&#972;&#961;&#959;&#962;&#8220;), meines Erachtens berechtigt w&#228;re, von Monachos Eirinaios die Angabe zu verlangen, dass er nicht nach griechischem Recht qualifiziert ist, beispielsweise durch Verwendung des Zusatzes &#8222;(&#922;&#973;&#960;&#961;&#959;&#962;)&#8220; nach seiner Berufsbezeichnung. Siehe oben, Nrn.&#160;8 und 9.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Kommissionsvorschlag, Ziff. 2.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. auch Kommissionsvorschlag, Ziff. 3.3, der betont, dass sich der Vorschlag darauf beschr&#228;nkt, die Mindestvoraussetzungen festzulegen, die zuwandernde Rechtsanw&#228;lte erf&#252;llen m&#252;ssen. Im &#220;brigen verweist er auf die Regeln, insbesondere auf die Berufs- und Standesregeln, die im Aufnahmestaat f&#252;r Rechtsanw&#228;lte gelten, die unter der Berufsbezeichnung dieses Staates praktizieren.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 19.&#160;September 2006, Wilson (C&#8209;506/04, EU:C:2006:587, Rn.&#160;66 und 67).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;38 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;39 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Torresi (C&#8209;58/13 und C&#8209;59/13, EU:C:2014:2088, Rn.&#160;9 und 40).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 19.&#160;September 2006 (C&#8209;506/04, EU:C:2006:587, Rn.&#160;77). Vgl. auch Urteil vom 19.&#160;September 2006, Kommission/Luxemburg (C&#8209;193/05, EU:C:2006:588, Rn.&#160;40).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a des Rechtsanwaltskodex, siehe oben, Nr.&#160;22.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 3.&#160;Februar 2011, Ebert (C&#8209;359/09, EU:C:2011:44, Rn.&#160;39 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 19.&#160;September 2006, Wilson (C&#8209;506/04, EU:C:2006:587, Rn.&#160;74).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 2.&#160;Dezember 2010, Jakubowska (C&#8209;225/09, EU:C:2010:729, Rn.&#160;57).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 2.&#160;Dezember 2010, Jakubowska (C&#8209;225/09, EU:C:2010:729, Rn.&#160;59 bis 62).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne und nur entsprechend Urteil vom 21.&#160;Oktober 1999, Zenatti (C&#8209;67/98, EU:C:1999:514, Rn.&#160;26 und 30).</p>
175,074
eugh-2018-12-19-c-5118
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C-51/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:16
2019-01-31T19:21:16
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1035
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62018CJ0051_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62018CJ0051_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats&#160;&#8211; Steuer&#160;&#8211; Mehrwertsteuer&#160;&#8211; Richtlinie 2006/112/EG&#160;&#8211; Art.&#160;2 Abs.&#160;1&#160;&#8211; Verwaltungspraxis, wonach die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks zustehende Folgerechtsverg&#252;tung der Mehrwertsteuer unterworfen wird&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;51/18</p> <p class="normal">betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art.&#160;258 AEUV, eingereicht am 29.&#160;Januar 2018,</p> <p class="normal"> <span class="bold">Europ&#228;ische Kommission</span>, vertreten durch N.&#160;Gossement und B.&#8209;R.&#160;Killmann als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="pstatus">Kl&#228;gerin,</p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">Republik &#214;sterreich</span>, vertreten durch G.&#160;Hesse als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="pstatus">Beklagte,</p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer M.&#160;Vilaras in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Achten Kammer sowie der Richter J.&#160;Malenovsk&#253; (Berichterstatter) und M.&#160;Safjan,</p> <p class="normal">Generalanwalt: M.&#160;Wathelet,</p> <p class="normal">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="normal">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit ihrer Klage beantragt die Europ&#228;ische Kommission, festzustellen, dass die Republik &#214;sterreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2006:347:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2006, L&#160;347, S.&#160;1</a>, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) versto&#223;en hat, dass sie die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks aufgrund des Folgerechts zustehende Verg&#252;tung der Mehrwertsteuer unterwirft.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Rechtlicher Rahmen</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Unionsrecht</span> </span> </p> <p class="title-grseq-3"> <span class="italic">Mehrwertsteuerrichtlinie</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Erw&#228;gungsgr&#252;nde 3 und&#160;5 der Mehrwertsteuerrichtlinie lauten:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8222;(3)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im Einklang mit dem Grundsatz besserer Rechtsetzung sollten zur Gew&#228;hrleistung der Klarheit und Wirtschaftlichkeit der Bestimmungen die Struktur und der Wortlaut der Richtlinie neu gefasst werden; dies sollte jedoch grunds&#228;tzlich nicht zu inhaltlichen &#196;nderungen des geltenden Rechts f&#252;hren. Einige inhaltliche &#196;nderungen ergeben sich jedoch notwendigerweise im Rahmen der Neufassung und sollten dennoch vorgenommen werden. Soweit sich solche &#196;nderungen ergeben, sind sie in den Bestimmungen &#252;ber die Umsetzung und das Inkrafttreten der Richtlinie ersch&#246;pfend aufgef&#252;hrt.</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">(5)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die gr&#246;&#223;te Einfachheit und Neutralit&#228;t eines Mehrwertsteuersystems wird erreicht, wenn die Steuer so allgemein wie m&#246;glich erhoben wird und wenn ihr Anwendungsbereich alle Produktions- und Vertriebsstufen sowie den Bereich der Dienstleistungen umfasst. Es liegt folglich im Interesse des Binnenmarktes und der Mitgliedstaaten, ein gemeinsames System anzunehmen, das auch auf den Einzelhandel Anwendung findet.&#8220;</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Ums&#228;tze:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">a)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Lieferungen von Gegenst&#228;nden, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt t&#228;tigt;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">c)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:</p> <p class="normal">&#8222;Als &#8218;Dienstleistung&#8216; gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenst&#228;nden ist.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;25 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Eine Dienstleistung kann unter anderem in einem der folgenden Ums&#228;tze bestehen:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">a)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Abtretung eines nicht k&#246;rperlichen Gegenstands, gleichg&#252;ltig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">b)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder eine Handlung oder einen Zustand zu dulden;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">c)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Erbringung einer Dienstleistung auf Grund einer beh&#246;rdlichen Anordnung oder kraft Gesetzes.&#8220;</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;73 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;Bei der Lieferung von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel&#160;74 bis&#160;77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer f&#252;r diese Ums&#228;tze vom Erwerber oder Dienstleistungsempf&#228;nger oder einem Dritten erh&#228;lt oder erhalten soll, einschlie&#223;lich der unmittelbar mit dem Preis dieser Ums&#228;tze zusammenh&#228;ngenden Subventionen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-3"> <span class="italic">Richtlinie 2001/84/EG</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der dritte Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2001/84/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 27.&#160;September 2001 &#252;ber das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2001:272:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2001, L&#160;272, S.&#160;32</a>) lautet:</p> <p class="normal">&#8222;Das Folgerecht soll den Urhebern von Werken der bildenden K&#252;nste eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihrer Werke garantieren. Auf diese Weise soll ein Ausgleich zwischen der wirtschaftlichen Situation der bildenden K&#252;nstler und der Situation der anderen Kunstschaffenden hergestellt werden, die aus der fortgesetzten Verwertung ihrer Werke Einnahmen erzielen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;1 (&#8222;Gegenstand des Folgerechts&#8220;) der Richtlinie 2001/84 sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten sehen zugunsten des Urhebers des Originals eines Kunstwerks ein Folgerecht vor, das als unver&#228;u&#223;erliches Recht konzipiert ist, auf das der Urheber auch im Voraus nicht verzichten kann; dieses Recht gew&#228;hrt einen Anspruch auf Beteiligung am Verkaufspreis aus jeder Weiterver&#228;u&#223;erung nach der ersten Ver&#228;u&#223;erung durch den Urheber.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Das Recht nach Absatz&#160;1 gilt f&#252;r alle Weiterver&#228;u&#223;erungen, an denen Vertreter des Kunstmarkts wie Auktionsh&#228;user, Kunstgalerien und allgemein Kunsth&#228;ndler als Verk&#228;ufer, K&#228;ufer oder Vermittler beteiligt sind.</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen vorsehen, dass das Recht nach Absatz&#160;1 auf Weiterver&#228;u&#223;erungen nicht anzuwenden ist, wenn der Ver&#228;u&#223;erer das Werk weniger als drei Jahre vor der betreffenden Weiterver&#228;u&#223;erung unmittelbar beim Urheber erworben hat und wenn der bei der Weiterver&#228;u&#223;erung erzielte Preis 10000 [Euro] nicht &#252;bersteigt.</p> <p class="normal">(4)&#160;&#160;&#160;Die Folgerechtsverg&#252;tung wird vom Ver&#228;u&#223;erer abgef&#252;hrt. Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen vorsehen, dass eine &#8211; vom Ver&#228;u&#223;erer verschiedene &#8211; nat&#252;rliche oder juristische Person nach Absatz&#160;2 allein oder gemeinsam mit dem Ver&#228;u&#223;erer f&#252;r die Zahlung der Folgerechtsverg&#252;tung haftet.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;3 (&#8222;Mindestbetrag&#8220;) der Richtlinie 2001/84 bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten setzen einen Mindestverkaufspreis fest, ab dem die Ver&#228;u&#223;erungen im Sinne des Artikels&#160;1 dem Folgerecht unterliegen.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Dieser Mindestverkaufspreis darf 3000 [Euro] in keinem Fall &#252;berschreiten.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;4 (&#8222;S&#228;tze&#8220;) der Richtlinie 2001/84 sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die Folgerechtsverg&#252;tung nach Artikel&#160;1 betr&#228;gt:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">a)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">4&#160;% f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises bis zu 50000 [Euro],</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">b)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">3&#160;% f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises von 50000,01 bis&#160;200000 [Euro],</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">c)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">1&#160;% f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises von 200000,01 bis&#160;350000 [Euro],</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">d)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">0,5&#160;% f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises von 350000,01 bis&#160;500000 [Euro],</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">e)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">0,25&#160;% f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises &#252;ber 500000 [Euro].</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">Der Gesamtbetrag der Folgerechtsverg&#252;tung darf jedoch 12500 [Euro] nicht &#252;bersteigen.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Abweichend von Absatz&#160;1 k&#246;nnen die Mitgliedstaaten einen Satz von 5&#160;% auf die Tranche des Verkaufspreises nach Absatz&#160;1 Buchstabe a) anwenden.</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Setzt ein Mitgliedstaat einen niedrigeren Mindestverkaufspreis als 3000 [Euro] fest, so bestimmt er auch den Satz, der f&#252;r die Tranche des Verkaufspreises bis zu 3000 [Euro] gilt; dieser Satz darf nicht unter&#160;4&#160;% liegen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">&#214;sterreichisches Recht</span> </span> </p> <p class="title-grseq-3"> <span class="italic">Urheberrechtsgesetz</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Urheberrechtsgesetz vom 9.&#160;April 1936 (BGBl. Nr.&#160;111/1936) in der f&#252;r die vorliegende Rechtssache ma&#223;geblichen Fassung (im Folgenden: UrhG) sieht im III.&#160;Abschnitt die dem Urheber zustehenden Rechte vor, darunter das Verwertungsrecht, das Vervielf&#228;ltigungsrecht und das Verbreitungsrecht.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;16 (&#8222;Verbreitungsrecht&#8220;) UrhG sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Der Urheber hat das ausschlie&#223;liche Recht, Werkst&#252;cke zu verbreiten. Kraft dieses Rechtes d&#252;rfen Werkst&#252;cke ohne seine Einwilligung weder feilgehalten noch auf eine Art, die das Werk der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich macht, in Verkehr gebracht werden.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Solange ein Werk nicht ver&#246;ffentlicht ist, umfasst das Verbreitungsrecht auch das ausschlie&#223;liche Recht, das Werk durch &#246;ffentliches Anschlagen, Auflegen, Aush&#228;ngen, Ausstellen oder durch eine &#228;hnliche Verwendung von Werkst&#252;cken der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich zu machen.</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Dem Verbreitungsrecht unterliegen &#8211; vorbehaltlich des &#167;&#160;16a &#8211; Werkst&#252;cke nicht, die mit Einwilligung des Berechtigten durch &#220;bertragung des Eigentums in einem Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen [Union] oder in einem Vertragsstaat des Europ&#228;ischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind.</p> <p class="normal">&#8230;</p> <p class="normal">(5)&#160;&#160;&#160;Wo sich dieses Gesetz des Ausdrucks &#8218;ein Werk verbreiten&#8216; bedient, ist darunter nur die nach den Abs&#228;tzen&#160;1 bis&#160;3 dem Urheber vorbehaltene Verbreitung von Werkst&#252;cken zu verstehen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;16b (&#8222;Folgerecht&#8220;) UrhG bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;16 Abs.&#160;3 gilt f&#252;r die Weiterver&#228;u&#223;erung des Originals eines Werkes der bildenden K&#252;nste nach der ersten Ver&#228;u&#223;erung durch den Urheber mit der Ma&#223;gabe, dass der Urheber gegen den Ver&#228;u&#223;erer einen Anspruch auf eine Verg&#252;tung in der H&#246;he des folgenden Anteils am Verkaufspreis ohne Steuern (Folgerechtsverg&#252;tung) hat:</p> <p class="normal">4&#160;% von den ersten 50000 [Euro],</p> <p class="normal">3&#160;% von den weiteren 150000 [Euro],</p> <p class="normal">1&#160;% von den weiteren 150000 [Euro],</p> <p class="normal">0,5&#160;% von den weiteren 150000 [Euro],</p> <p class="normal">0,25&#160;% von allen weiteren Betr&#228;gen;</p> <p class="normal">die Verg&#252;tung betr&#228;gt insgesamt jedoch h&#246;chstens 12500 [Euro].</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Der Anspruch auf Folgerechtsverg&#252;tung steht nur zu, wenn der Verkaufspreis mindestens 2500 [Euro] betr&#228;gt und an der Ver&#228;u&#223;erung ein Vertreter des Kunstmarkts &#8211; wie ein Auktionshaus, eine Kunstgalerie oder ein sonstiger Kunsth&#228;ndler &#8211; als Verk&#228;ufer, K&#228;ufer oder Vermittler beteiligt ist; diese Personen haften als B&#252;rge und Zahler, soweit sie nicht selbst zahlungspflichtig sind. Auf den Anspruch kann im Voraus nicht verzichtet werden. Der Anspruch kann auch durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden; im &#220;brigen ist der Anspruch unver&#228;u&#223;erlich. &#167;&#160;23 Abs.&#160;1 gilt sinngem&#228;&#223;.</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Als Originale im Sinn des Abs.&#160;1 gelten Werkst&#252;cke,</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die vom Urheber selbst geschaffen worden sind,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">2.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die vom Urheber selbst oder unter seiner Leitung in begrenzter Auflage hergestellt und in der Regel nummeriert sowie vom Urheber signiert oder auf andere geeignete Weise autorisiert worden sind,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">3.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die sonst als Originale angesehen werden.</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">(4)&#160;&#160;&#160;Ein Anspruch auf Folgerechtsverg&#252;tung steht nicht zu, wenn der Verk&#228;ufer das Werk vor weniger als drei Jahren vom Urheber erworben hat und der Verkaufspreis 10000 [Euro] nicht &#252;bersteigt.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-3"> <span class="italic">Umsatzsteuergesetz 1994</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;1 des Umsatzsteuergesetzes vom 23.&#160;August 1994 (BGBl. Nr.&#160;663/1994) in der f&#252;r die vorliegende Rechtssache ma&#223;geblichen Fassung (im Folgenden: UStG 1994) bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Der Umsatzsteuer unterliegen folgende Ums&#228;tze:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausf&#252;hrt. Die Steuerbarkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Umsatz aufgrund gesetzlicher oder beh&#246;rdlicher Anordnung bewirkt wird oder kraft gesetzlicher Vorschrift als bewirkt gilt;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In &#167;&#160;3 UStG 1994 hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Lieferungen sind Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten bef&#228;higt, im eigenen Namen &#252;ber einen Gegenstand zu verf&#252;gen. Die Verf&#252;gungsmacht &#252;ber den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.</p> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;3a Abs.&#160;1 UStG 1994 sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Sonstige Leistungen sind Leistungen, die nicht in einer Lieferung bestehen. Eine sonstige Leistung kann auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Vorverfahren</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Mahnschreiben vom 17.&#160;Oktober 2014 machte die Kommission die Republik &#214;sterreich auf Bedenken hinsichtlich der Verwaltungspraxis aufmerksam, die dem Urheber eines Originalwerks aus dem Folgerecht zustehende Verg&#252;tung mit Mehrwertsteuer zu belasten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In dem Mahnschreiben vertrat die Kommission die Auffassung, dass diese Verg&#252;tung keine Gegenleistung f&#252;r die k&#252;nstlerische Leistung des Urhebers eines solchen Werks sei. Das Folgerecht werde unmittelbar durch das Gesetz gew&#228;hrt, um es dem Urheber zu erm&#246;glichen, am Erfolg seines Werks billigerweise teilzuhaben. Da es an einer Lieferung oder Dienstleistung des Urhebers bei der Aus&#252;bung des Folgerechts fehle, liege kein Vorgang vor, der der Mehrwertsteuer unterliege.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich beantwortete das Mahnschreiben mit Schreiben vom 16.&#160;Dezember 2014.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich f&#252;hrte aus, das Folgerecht solle dem Urheber eine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg seines Werks garantieren. Dass der Urheber nicht an der Vereinbarung zwischen dem Verk&#228;ufer und dem K&#228;ufer im Rahmen der Weiterver&#228;u&#223;erung des betreffenden Werks beteiligt sei, stehe einer Besteuerung der vom Urheber aus dem Folgerecht erzielten Verg&#252;tung nicht entgegen. Vielmehr gebiete der Grundsatz der Neutralit&#228;t des Mehrwertsteuersystems, dass diese Verg&#252;tung ebenfalls mit Mehrwertsteuer belastet werde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem erm&#246;gliche es das Folgerecht, die Wertsteigerung des Werks bei seiner Weiterver&#228;u&#223;erung zu ber&#252;cksichtigen. Hilfsweise sei daraus eine Erh&#246;hung der Steuerbemessungsgrundlage der Leistung des Urhebers beim Erstverkauf abzuleiten. Da diese erste einheitliche Leistung der Umsatzsteuer unterliege, m&#252;sse auch die Folgerechtsverg&#252;tung der Umsatzsteuer unterliegen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da die Antworten der Republik &#214;sterreich die Kommission nicht zufriedenstellten, richtete sie am 25.&#160;Juli 2016 eine mit Gr&#252;nden versehene Stellungnahme an die Republik &#214;sterreich, in der sie daran festhielt, dass es sich bei der Folgerechtsverg&#252;tung nicht um eine Gegenleistung f&#252;r die vom Urheber bei der ersten Ver&#228;u&#223;erung erbrachte Lieferung oder Dienstleistung handle. Das Folgerecht solle lediglich sicherstellen, dass der Urheber aus den mit der Anerkennung seiner k&#252;nstlerischen Leistung verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen einen Nutzen habe, und der Urheber k&#246;nne sich einer Weiterver&#228;u&#223;erung seines Werks nicht widersetzen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich beantwortete die mit Gr&#252;nden versehene Stellungnahme mit Schreiben vom 22.&#160;September 2016 und machte erneut im Wesentlichen geltend, dass die Folgerechtsverg&#252;tung besteuert werden d&#252;rfe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Sie f&#252;hrte aus, im Rahmen des Folgerechts erbringe der K&#252;nstler eine Leistung, indem er den Weiterverkauf des Werks dulde. Auch wenn diese Leistung f&#252;r Urheber des Originals eines Kunstwerks gesetzlich vorgesehen sei, sei sie mit der Leistung vergleichbar, die andere Kunstschaffende bei der Auff&#252;hrung ihrer Werke erbr&#228;chten. Da die Verg&#252;tung f&#252;r die Auff&#252;hrung dieser Werke als Entgelt f&#252;r eine Dienstleistung der Umsatzsteuer unterliege, m&#252;sse die Folgerechtsverg&#252;tung ebenfalls der Umsatzsteuer unterliegen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich hielt an ihrer hilfsweisen Argumentation fest, wonach die Besteuerung der Folgerechtsverg&#252;tung auch deshalb gerechtfertigt sei, weil sie die Steuerbemessungsgrundlage der Leistung erh&#246;he, die der K&#252;nstler beim ersten Inverkehrbringen seines Werks erbracht habe. F&#252;r eine &#196;nderung der Steuerbemessungsgrundlage komme es nicht auf das Bestehen eines Rechtsverh&#228;ltnisses zwischen dem Urheber und dem Verk&#228;ufer des Werks oder dessen sp&#228;terem K&#228;ufer an, sondern darauf, dass dem Urheber aufgrund des Folgerechts die Wertsteigerung des Werks zugutekomme.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da die Antworten der Republik &#214;sterreich die Kommission nicht zufriedenstellten, hat sie die vorliegende Klage erhoben.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zur Klage</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Vorbringen der Parteien</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Kommission ist der Ansicht, dass die Pflicht der an der Weiterver&#228;u&#223;erung eines Werks Beteiligten, eine Verg&#252;tung an den Urheber zu entrichten, allein dazu diene, eine gerechte Beteiligung des Urhebers am Wert seines Originalwerks sicherzustellen. Diese gerechte Beteiligung stelle aber nicht den Gegenwert f&#252;r eine Leistung des Urhebers dar, denn sie stehe nur in Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Wert des Originalwerks, der sich f&#252;r den Urheber aus dem ohne seine Genehmigung erfolgenden Weiterverkauf seines Werks ergebe. Die H&#246;he der Verg&#252;tung werde durch Gesetz endg&#252;ltig festgelegt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem ergebe sich aus dem Urteil vom 18.&#160;Januar 2017, SAWP (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;37/16</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:22</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point25" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">25</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point26" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">26</a>), dass eine Lieferung oder Leistung im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie nur dann gegen Entgelt erbracht werde, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempf&#228;nger ein Rechtsverh&#228;ltnis bestehe, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht w&#252;rden, wobei die vom Leistenden empfangene Verg&#252;tung den tats&#228;chlichen Gegenwert f&#252;r die dem Leistungsempf&#228;nger erbrachte Leistung bilde. Zwischen der erbrachten Leistung und dem erhaltenen Gegenwert m&#252;sse also ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen, wobei die gezahlten Betr&#228;ge die tats&#228;chliche Gegenleistung f&#252;r eine bestimmbare Leistung darstellten, die im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses, in dem gegenseitige Leistungen ausgetauscht w&#252;rden, erbracht worden sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point29">29</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die dem Urheber zu zahlende Verg&#252;tung aus dem Folgerecht sei jedoch offensichtlich kein Gegenwert f&#252;r eine vom Urheber erbrachte Leistung, sondern richte sich allein nach dem bei der Weiterver&#228;u&#223;erung des Werks erzielten Preis, auf dessen H&#246;he der Urheber keinen Einfluss habe. Dem Urheber stehe die Verg&#252;tung zu, ohne dass er irgendeine Leistung &#8211; sei es durch Tun oder durch Unterlassen &#8211; erbringen m&#252;sse oder erbringen k&#246;nne. Demzufolge sei die Verg&#252;tung aus dem Folgerecht kein Entgelt f&#252;r eine Lieferung oder Leistung im Sinne von Art.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point30">30</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem k&#246;nne, da der Urheber die Weiterver&#228;u&#223;erung eines Werks weder verhindern noch sonst Einfluss darauf nehmen k&#246;nne und somit keine Leistung mehr erbringe, nicht angenommen werden, dass er eine Leistung in Form der Duldung der Weiterver&#228;u&#223;erung erbringe. Das Folgerecht z&#228;hle daher auch nicht zu den urheberrechtlichen Nutzungs- und Verwertungsrechten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point31">31</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dar&#252;ber hinaus sei das im Vorverfahren geltend gemachte Argument der Republik &#214;sterreich zur&#252;ckzuweisen, wonach es gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralit&#228;t versto&#223;en w&#252;rde, die fortgesetzte Verwertung der Rechte anderer Kunstschaffender der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, die Folgerechtsverg&#252;tung aber nicht. Da die Lage der Urheber von Originalen eines Kunstwerks hinsichtlich des ihnen bei der Aus&#252;bung weiterhin bestehender Nutzungs- und Verwertungsrechte geb&#252;hrenden Entgelts nicht der anderer Kunstschaffender entspreche, stehe es auch dem Grundsatz der Neutralit&#228;t der Mehrwertsteuer nicht entgegen, wenn das Entgelt dieser anderen Kunstschaffenden besteuert werde, die Folgerechtsverg&#252;tung dagegen nicht.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point32">32</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Gleiche gelte f&#252;r das Argument der Republik &#214;sterreich, wonach die Verg&#252;tung aus dem Folgerecht der Mehrwertsteuer unterliegen m&#252;sse, weil sich f&#252;r den Urheber des Originals dadurch die Steuerbemessungsgrundlage seiner beim ersten Inverkehrbringen des Originals erbrachten Leistung &#228;ndere. Die Folgerechtsverg&#252;tung, die anhand des bei der Weiterver&#228;u&#223;erung des Werks erzielten Verkaufspreises berechnet werde, sei v&#246;llig unabh&#228;ngig davon, welches Entgelt der Urheber mit dem ersten Erwerber des Werks vereinbart habe. Der Urheber habe z.&#160;B. auch dann Anspruch auf die Folgerechtsverg&#252;tung, wenn er das Original verschenkt habe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point33">33</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In ihrer Klagebeantwortung tr&#228;gt die Republik &#214;sterreich vor, die dem Urheber eines Werks geb&#252;hrende Folgerechtsverg&#252;tung m&#252;sse der Umsatzsteuer unterliegen, da der Weiterverkauf dieses Werks ein Leistungsaustausch im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point34">34</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Unter Berufung auf die Urteile vom 3.&#160;September 2015, Asparuhovo Lake Investment Company (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A542&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;463/14</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A542&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2015:542</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A542&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point35" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">35</a>), und vom 29.&#160;Oktober 2015, Sauda&#231;or (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;174/14</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2015:733</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point32" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">32</a>), macht die Republik &#214;sterreich geltend, Voraussetzung f&#252;r die Umsatzsteuerbarkeit einer Leistung sei, dass zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Nach den Urteilen vom 3.&#160;M&#228;rz 1994, Tolsma (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1994%3A80&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;16/93</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1994%3A80&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:1994:80</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1994%3A80&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point14" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">14</a>&#160;ff.), und vom 29.&#160;Oktober 2015, Sauda&#231;or (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;174/14</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2015:733</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A733&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point32" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">32</a>), liege solch ein unmittelbarer Zusammenhang vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempf&#228;nger ein Rechtsverh&#228;ltnis bestehe, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht w&#252;rden, wobei die vom Leistenden empfangene Verg&#252;tung den tats&#228;chlichen Gegenwert f&#252;r die dem Leistungsempf&#228;nger erbrachte Dienstleistung bilde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point35">35</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Somit unterliege die Folgerechtsverg&#252;tung der Umsatzsteuer, wenn es zu einem Leistungsaustausch komme, der im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses erbracht werde. Beide Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erf&#252;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point36">36</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Was insbesondere das Vorliegen eines Leistungsaustauschs betreffe, sei das Urteil vom 18.&#160;Januar 2017, SAWP (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;37/16</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:22</a>), nicht einschl&#228;gig, da sich die darin entwickelte Argumentation des Gerichtshofs nicht auf die Folgerechtsverg&#252;tung &#252;bertragen lasse, die nicht mit einem echten Schadensersatz vergleichbar sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point37">37</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Folgerechtsverg&#252;tung solle dem K&#252;nstler eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg seines Werks gew&#228;hren. Aufgrund der Ersch&#246;pfung seines Verbreitungsrechts habe der K&#252;nstler den Weiterverkauf seines Werks zu dulden, und die Folgerechtsverg&#252;tung sei damit verkn&#252;pft. Der K&#252;nstler erhalte ein Entgelt daf&#252;r, dass sein Werk weiterverkauft werde und zwischenzeitlich an Wert gewonnen habe. Die Folgerechtsverg&#252;tung habe also einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Leistung des K&#252;nstlers. Sie entspreche daher im Wesentlichen einer steuerbaren (Gegen&#8209;)Leistung, die zu der (Gegen&#8209;)Leistung beim Kauf des Kunstwerks hinzukomme. Insofern k&#246;nne man in der Folgerechtsverg&#252;tung eine Art Enteignungsentsch&#228;digung sehen, die typischerweise der Umsatzsteuer unterliege.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point38">38</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich wiederholt au&#223;erdem ihr im Vorverfahren geltend gemachtes Argument, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralit&#228;t es nicht zulasse, gleichartige Waren oder Dienstleistungen hinsichtlich der Umsatzsteuer unterschiedlich zu behandeln.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point39">39</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dar&#252;ber hinaus macht sie geltend, selbst wenn die Folgerechtsverg&#252;tung kein Entgelt f&#252;r eine eigenst&#228;ndige Dienstleistung sein sollte, erh&#246;he sie gleichwohl die Steuerbemessungsgrundlage des Umsatzes zwischen dem Urheber des Kunstwerks und dessen Erstk&#228;ufer.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point40">40</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insoweit verweist die Republik &#214;sterreich auf den dritten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2001/84, wonach das Folgerecht dem Ausgleich von Wertsteigerungen diene. Bedenke man in diesem Zusammenhang, dass manche Originalwerke mit voranschreitender Zeit starke Wertsteigerungen aufwiesen, die bei einer Weiterver&#228;u&#223;erung nicht dem Urheber, sondern dem jeweiligen Verk&#228;ufer zugutek&#228;men, k&#246;nne die Folgerechtsverg&#252;tung als Beteiligung des Urhebers an dieser Wertsteigerung qualifiziert werden. Daher sei sie mit einer Wertsicherung vergleichbar, die dem Urheber kraft Gesetzes zustehe.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">W&#252;rdigung durch den Gerichtshof</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point41">41</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit ihrer Klage wirft die Kommission der Republik &#214;sterreich vor, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie versto&#223;en zu haben, dass sie die Verg&#252;tung, die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks aufgrund des Folgerechts geb&#252;hrt, der Mehrwertsteuer unterwirft.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point42">42</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenst&#228;nden sowie Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt t&#228;tigt bzw. erbringt, der Mehrwertsteuer.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point43">43</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Ohne dass &#252;ber die &#8211; von den Parteien im &#220;brigen nicht aufgeworfene &#8211; Frage entschieden zu werden braucht, ob die Zahlung der Folgerechtsverg&#252;tung als &#8222;Lieferung von Gegenst&#228;nden&#8220; oder als &#8222;Dienstleistung&#8220; im Sinne der genannten Bestimmung qualifiziert werden kann, ist somit zu pr&#252;fen, ob eine solche Zahlung gegen Entgelt erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18.&#160;Januar 2017, SAWP, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;37/16</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:22</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point24" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">24</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point44">44</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hierzu ergibt sich aus einer st&#228;ndigen Rechtsprechung, dass eine Lieferung von Gegenst&#228;nden oder eine Dienstleistung nur dann im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie gegen Entgelt erbracht wird, wenn zwischen dem Ver&#228;u&#223;erer bzw. Leistenden und dem Erwerber bzw. Leistungsempf&#228;nger ein Rechtsverh&#228;ltnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Ver&#228;u&#223;erer oder Leistenden empfangene Verg&#252;tung den tats&#228;chlichen Gegenwert f&#252;r den Gegenstand oder die Dienstleistung bildet, der oder die dem Erwerber oder Leistungsempf&#228;nger geliefert bzw. erbracht wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18.&#160;Januar 2017, SAWP, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;37/16</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:22</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A22&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point25" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">25</a> und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point45">45</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Republik &#214;sterreich vertritt erstens die Auffassung, dass es sich bei der Folgerechtsverg&#252;tung um die Gegenleistung bei einem Leistungsaustausch im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses handle. Sie stellt zwar nicht in Abrede, dass der Urheber des Originals eines Kunstwerks nicht an der Vereinbarung zwischen dem Verk&#228;ufer und dem K&#228;ufer &#252;ber den Weiterverkauf des Kunstwerks beteiligt ist, meint aber, dass er durch die Duldung des Weiterverkaufs eine Leistung im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses erbringe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point46">46</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dazu ist festzustellen, dass zwar nach Art.&#160;25 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie eine Dienstleistung u.&#160;a. in der Duldung einer Handlung oder eines Zustands bestehen kann.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point47">47</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Entgegen der von der Republik &#214;sterreich offenbar vertretenen Auffassung entsteht jedoch das Rechtsverh&#228;ltnis, in dessen Rahmen der Weiterverkauf eines Originalwerks erfolgt, allein zwischen dem Verk&#228;ufer und dem K&#228;ufer, ohne dass das Bestehen eines Folgerechts des Urhebers dieses Werks darauf Einfluss h&#228;tte. Folglich kann nicht angenommen werden, dass der Urheber dadurch, dass er in den Genuss des Folgerechts kommt, in irgendeiner Weise &#8211; sei es auch nur mittelbar &#8211; am Weiterverkauf beteiligt w&#228;re, insbesondere indem er dieses Gesch&#228;ft duldet.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point48">48</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zun&#228;chst treffen n&#228;mlich die Parteien des Weiterverkaufs eine freie Vereinbarung &#252;ber die &#220;bertragung des betreffenden Werks durch den Verk&#228;ufer und &#252;ber den vom K&#228;ufer zu zahlenden Preis, ohne den Urheber des Werks in irgendeiner Weise um Zustimmung ersuchen oder konsultieren zu m&#252;ssen. Der Urheber verf&#252;gt &#252;ber kein Mittel, das es ihm erm&#246;glicht, in den Weiterverkauf einzugreifen und ihn insbesondere zu verhindern, falls er nicht mit ihm einverstanden sein sollte.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point49">49</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Sodann hat der Urheber des Originals eines Kunstwerks, das weiterverkauft wird, gem&#228;&#223; Art.&#160;1 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/84 Anspruch auf eine Beteiligung am Verkaufspreis aus der Weiterver&#228;u&#223;erung dieses Werks, die grunds&#228;tzlich vom Verk&#228;ufer zu zahlen ist. Da jedoch das Folgerecht dieses Urhebers, aus dem sich die Pflicht des Verk&#228;ufers ergibt, ihm die daf&#252;r vorgesehene Verg&#252;tung zu zahlen, auf dem Willen des Unionsgesetzgebers beruht, ist davon auszugehen, dass es nicht im Rahmen eines jedweden Rechtsverh&#228;ltnisses zwischen dem Urheber und dem Verk&#228;ufer Anwendung findet.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point50">50</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Schlie&#223;lich soll das Folgerecht nach dem Willen des Unionsgesetzgebers, der im ersten Satz des dritten Erw&#228;gungsgrundes der Richtlinie 2001/84 zum Ausdruck kommt, den Urhebern der von ihr erfassten Originalkunstwerke, d.&#160;h. von Werken der bildenden K&#252;nste, eine wirtschaftliche Beteiligung am Erfolg ihrer Werke garantieren. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber den Urhebern keineswegs die M&#246;glichkeit geben will, sich an den Ums&#228;tzen des Weiterverkaufs ihrer Werke zu beteiligen, sondern ihnen lediglich einen Anspruch auf Beteiligung an den wirtschaftlichen Ergebnissen der Weiterverk&#228;ufe nach deren Abschluss verschaffen will.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point51">51</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Unter diesen Umst&#228;nden ist das Vorbringen der Republik &#214;sterreich zur&#252;ckzuweisen, wonach die Folgerechtsverg&#252;tung die Gegenleistung bei einem Leistungsaustausch im Rahmen eines Rechtsverh&#228;ltnisses sei, an dem der Urheber durch die Duldung des Weiterverkaufs teilhabe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point52">52</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zweitens meint die Republik &#214;sterreich, dass die Leistung, die der Urheber eines von der Richtlinie 2001/84 erfassten Originals eines Kunstwerks im Rahmen des Folgerechts erbringe, mit Leistungen vergleichbar sei, die andere Kunstschaffende bei der Auff&#252;hrung ihrer Werke erbr&#228;chten. Da diese Leistungen der Mehrwertsteuer unterl&#228;gen, m&#252;sse dies auch f&#252;r die Leistung gelten, die der Urheber des Originals eines Kunstwerks im Rahmen des Folgerechts erbringe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point53">53</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hierzu ist dem zweiten Satz des dritten Erw&#228;gungsgrundes der Richtlinie 2001/84 zu entnehmen, dass der Unionsgesetzgeber den Unterschied zwischen der wirtschaftlichen Situation der bildenden K&#252;nstler und der Situation der anderen Kunstschaffenden herausstellen wollte, weil Letztere im Gegensatz zu Ersteren Einnahmen aus der fortgesetzten Verwertung ihrer Werke erzielten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point54">54</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Wie die Kommission zutreffend ausf&#252;hrt, bestehen n&#228;mlich Werke der bildenden Kunst nur ein einziges Mal, und die mit ihnen verbundenen Nutzungs- und Verwertungsrechte sind mit ihrem erstmaligen Inverkehrbringen ersch&#246;pft. Andere Werkst&#252;cke werden dagegen wiederholt zur Verf&#252;gung gestellt, und das ihren Urhebern daf&#252;r geb&#252;hrende Entgelt verg&#252;tet eine Leistung, die in der wiederholten Zurverf&#252;gungstellung besteht. Die Verg&#252;tung aus dem Folgerecht ist somit nicht mit dem Entgelt f&#252;r die Aus&#252;bung der fortbestehenden Nutzungs- und Verwertungsrechte an diesen anderen Werken vergleichbar.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point55">55</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Grundsatz der steuerlichen Neutralit&#228;t, mit dem der Unionsgesetzgeber im Bereich der Mehrwertsteuer den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung zum Ausdruck gebracht hat, verlangt aber nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs u.&#160;a., dass unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19.&#160;Juli 2012, Lietuvos gele&#382;inkeliai, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A496&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;250/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A496&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:496</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A496&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point44" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">44</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A496&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point45" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">45</a> sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point56">56</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Anbetracht der Feststellung in Rn.&#160;54 des vorliegenden Urteils kann somit der Umstand, dass die Verg&#252;tungen aus den Rechten auf fortgesetzte Nutzung und Verwertung anderer Werke als solcher der bildenden K&#252;nste der Mehrwertsteuer unterliegen, ihre Erhebung auch auf die Folgerechtsverg&#252;tung nicht rechtfertigen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point57">57</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Folgerechtsverg&#252;tung im Sinne von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gegen Entgelt entrichtet wird.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point58">58</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Drittens ist das hilfsweise vorgebrachte Argument der Republik &#214;sterreich zur&#252;ckzuweisen, wonach die Folgerechtsverg&#252;tung der Mehrwertsteuer unterliegen m&#252;sse, weil sich f&#252;r den Urheber des Originalwerks die Steuerbemessungsgrundlage der Leistung &#228;ndere, die er beim ersten Inverkehrbringen des Originalwerks erbracht habe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point59">59</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Wie aus Art.&#160;73 der Mehrwertsteuerrichtlinie hervorgeht, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei Dienstleistungen n&#228;mlich alles, was den Wert der Gegenleistung der erbrachten Dienstleistung bildet. Da die Folgerechtsverg&#252;tung aber, wie sich aus dem vorliegenden Urteil ergibt, nicht die Gegenleistung f&#252;r die vom Urheber beim ersten Inverkehrbringen seines Werks erbrachte Leistung oder f&#252;r eine andere von ihm erbrachte Leistung ist, kann sie keine &#196;nderung der Steuerbemessungsgrundlage der vom Urheber beim ersten Inverkehrbringen seines Werks erbrachten Leistung bewirken.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point60">60</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach alledem hat die Republik &#214;sterreich, da die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks aufgrund des Folgerechts zustehende Verg&#252;tung nicht unter Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#228;llt, dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dieser Bestimmung versto&#223;en, dass sie eine solche Verg&#252;tung der Mehrwertsteuer unterwirft.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point61">61</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;138 Abs.&#160;1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung der Republik &#214;sterreich beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Achte Kammer) f&#252;r Recht erkannt und entschieden:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">1.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Die Republik &#214;sterreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem versto&#223;en, dass sie die dem Urheber des Originals eines Kunstwerks aufgrund des Folgerechts zustehende Verg&#252;tung der Mehrwertsteuer unterwirft.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">2.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Die Republik &#214;sterreich tr&#228;gt die Kosten.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Vilaras</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Malenovsk&#253;</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Safjan</p> </div> </div> <p class="normal">Verk&#252;ndet in &#246;ffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19.&#160;Dezember 2018.</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A. Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K. Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62018CJ0051_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62018CJ0051_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,073
eugh-2018-12-19-c-41417
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-414/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:16
2019-01-31T19:21:16
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1027
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem&#160;&#8211; Richtlinie 2006/112/EG&#160;&#8211; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i und&#160;iii&#160;&#8211; Art.&#160;3 Abs.&#160;1&#160;&#8211; Innergemeinschaftlicher Erwerb verbrauchsteuerpflichtiger Waren&#160;&#8211; Art.&#160;138 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b&#160;&#8211; Innergemeinschaftliche Lieferungen&#160;&#8211; Reihengesch&#228;fte mit einer einzigen Bef&#246;rderung&#160;&#8211; Zuordnung der Bef&#246;rderung&#160;&#8211; Bef&#246;rderung im Verfahren der Steueraussetzung&#160;&#8211; Auswirkung auf die Einstufung eines innergemeinschaftlichen Erwerbs&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;414/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Nejvy&#353;&#353;&#237; spr&#225;vn&#237; soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 29.&#160;Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 10.&#160;Juli 2017, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>AREX CZ a.s.</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Odvolac&#237; finan&#269;n&#237; &#345;editelstv&#237;</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Siebten Kammer T.&#160;von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer, der Richterin K.&#160;J&#252;rim&#228;e (Berichterstatterin) sowie der Richter C.&#160;Lycourgos, E.&#160;Juh&#225;sz und C.&#160;Vajda,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanw&#228;ltin: J.&#160;Kokott,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: M.&#160;Aleksejev, Verwaltungsrat,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 13.&#160;Juni 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;des Odvolac&#237; finan&#269;n&#237; &#345;editelstv&#237;, vertreten durch T.&#160;Rozehnal, D.&#160;Jerou&#353;ek und D.&#160;&#352;vancara als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der tschechischen Regierung, vertreten durch J.&#160;Vl&#225;&#269;il, O.&#160;Serdula und M.&#160;Smolek als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch L.&#160;Lozano Palacios, Z.&#160;Mal&#367;&#353;kov&#225; und R.&#160;Lyal als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin in der Sitzung vom 25.&#160;Juli 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i und iii der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl.&#160;2006, L&#160;347, S.&#160;1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der AREX CZ a.s. (im Folgenden: Arex) und dem Odvolac&#237; finan&#269;n&#237; &#345;editelstv&#237; (Einspruchsfinanzdirektion, Tschechische Republik) (im Folgenden: Finanzdirektion) &#252;ber den Abzug der Mehrwertsteuer durch Arex f&#252;r Erwerbe von Kraftstoffen bei tschechischen Lieferern, wobei die Kraftstoffe unter Steueraussetzung von &#214;sterreich in die Tschechische Republik bef&#246;rdert wurden.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Die Mehrwertsteuerrichtlinie</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der 36.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Zum Vorteil der Steuerschuldner sowie der zust&#228;ndigen Verwaltungen sollten die Verfahren f&#252;r die Anwendung der Mehrwertsteuer auf bestimmte innergemeinschaftliche Lieferungen und Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die Verfahren und Erkl&#228;rungspflichten f&#252;r den Fall der Bef&#246;rderung derartiger Waren in einen anderen Mitgliedstaat angeglichen werden, die in der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25.&#160;Februar 1992 &#252;ber das allgemeine System, den Besitz, die Bef&#246;rderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren [(ABl.&#160;1992, L&#160;76, S.&#160;1) in der zuletzt durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16.&#160;November 2004 (ABl.&#160;2004, L&#160;359, S.&#160;30) ge&#228;nderten Fassung] geregelt sind.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Ums&#228;tze:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenst&#228;nden im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt</p> <p class="C11Marge1avecretrait">i)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, wenn der Verk&#228;ufer ein Steuerpflichtiger ist, der als solcher handelt, f&#252;r den die Mehrwertsteuerbefreiung f&#252;r Kleinunternehmen gem&#228;&#223; den Artikeln&#160;282 bis 292 nicht gilt und der nicht unter Artikel&#160;33 oder 36 f&#228;llt;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">&#8230;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">iii)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;wenn die betreffenden Gegenst&#228;nde verbrauchsteuerpflichtige Waren sind, bei denen die Verbrauchsteuer nach der Richtlinie [92/12 in der Fassung der Richtlinie 2004/106] im Gebiet des Mitgliedstaats entsteht, durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, deren &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Artikel&#160;3 Absatz&#160;1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als &#8218;verbrauchsteuerpflichtige Waren&#8216; gelten Energieerzeugnisse, Alkohol und alkoholische Getr&#228;nke sowie Tabakwaren, jeweils im Sinne der geltenden [Unionsvorschriften], nicht jedoch &#252;ber das Erdgasverteilungsnetz geliefertes Gas sowie Elektrizit&#228;t.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;3 Abs.&#160;1 und 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Abweichend von Artikel&#160;2 Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;b Ziffer&#160;i unterliegen folgende Ums&#228;tze nicht der Mehrwertsteuer:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenst&#228;nden durch einen Steuerpflichtigen oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, wenn die Lieferung im Gebiet des Mitgliedstaats nach den Artikeln&#160;148 und 151 steuerfrei w&#228;re;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenst&#228;nden, ausgenommen der Erwerb von Gegenst&#228;nden im Sinne des Buchstabens&#160;a und des Artikels&#160;4, von neuen Fahrzeugen und von verbrauchsteuerpflichtigen Waren, durch einen Steuerpflichtigen f&#252;r Zwecke seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder fischereiwirtschaftlichen Betriebs, der der gemeinsamen Pauschalregelung f&#252;r Landwirte unterliegt, oder durch einen Steuerpflichtigen, der nur Lieferungen von Gegenst&#228;nden bewirkt oder Dienstleistungen erbringt, f&#252;r die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;b gilt nur, wenn folgende Voraussetzungen erf&#252;llt sind:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im laufenden Kalenderjahr &#252;berschreitet der Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenst&#228;nden nicht den von den Mitgliedstaaten festzulegenden Schwellenwert, der nicht unter 10&#160;000 [Euro] oder dem Gegenwert in Landesw&#228;hrung liegen darf;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im vorangegangenen Kalenderjahr hat der Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenst&#228;nden den in Buchstabe&#160;a geregelten Schwellenwert nicht &#252;berschritten.</p> <p class="C02AlineaAltA">Ma&#223;geblich als Schwellenwert ist der Gesamtbetrag der in Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;b genannten innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenst&#228;nden ohne die Mehrwertsteuer, der im Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Bef&#246;rderung geschuldet oder entrichtet wurde.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;20 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Als &#8218;innergemeinschaftlicher Erwerb von Gegenst&#228;nden&#8216; gilt die Erlangung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber einen beweglichen k&#246;rperlichen Gegenstand zu verf&#252;gen, der durch den Verk&#228;ufer oder durch den Erwerber oder f&#252;r ihre Rechnung nach einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Bef&#246;rderung befand, an den Erwerber versandt oder bef&#246;rdert wird.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;138 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten befreien die Lieferungen von Gegenst&#228;nden, die durch den Verk&#228;ufer, den Erwerber oder f&#252;r ihre Rechnung nach Orten au&#223;erhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der [Europ&#228;ischen Union] versandt oder bef&#246;rdert werden, von der Steuer, wenn diese Lieferung an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, der/die als solche/r in einem anderem Mitgliedstaat als dem des Beginns der Versendung oder Bef&#246;rderung der Gegenst&#228;nde handelt.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;er den in Absatz&#160;1 genannten Lieferungen befreien die Mitgliedstaaten auch folgende Ums&#228;tze von der Steuer:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Lieferungen verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die durch den Verk&#228;ufer, den Erwerber oder f&#252;r ihre Rechnung an den Erwerber nach Orten au&#223;erhalb ihres jeweiligen Gebiets, aber innerhalb der [Union] versandt oder bef&#246;rdert werden, wenn die Lieferungen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen bewirkt werden, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenst&#228;nden, die keine verbrauchsteuerpflichtigen Waren sind, gem&#228;&#223; Artikel&#160;3 Absatz&#160;1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, und wenn die Versendung oder Bef&#246;rderung dieser Waren gem&#228;&#223; Artikel&#160;7 Abs&#228;tze&#160;4 und 5 oder Artikel&#160;16 der Richtlinie [92/12 in der Fassung der Richtlinie 2004/106] durchgef&#252;hrt wird;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;139 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;[Die Steuerbefreiung nach Art.&#160;138 Abs.&#160;1] gilt &#8230; nicht f&#252;r die Lieferungen von Gegenst&#228;nden an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenst&#228;nden gem&#228;&#223; Artikel&#160;3 Absatz&#160;1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.&#8220;</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Die Richtlinien 92/12 und 2008/118/EG</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 92/12 in der Fassung der Richtlinie 2004/106 (im Folgenden: Richtlinie 92/12) wurde mit Wirkung vom 1.&#160;April 2010 durch die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16.&#160;Dezember 2008 &#252;ber das allgemeine Verbrauchsteuersystem (ABl.&#160;2009, L&#160;9, S.&#160;12) ersetzt. Angesichts der Zeitpunkte der im Ausgangsverfahren streitigen Ums&#228;tze sind diese beiden Richtlinien zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 erster Gedankenstrich der Richtlinie 92/12 und Art.&#160;1 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2008/118 finden diese Richtlinien unter anderem auf Kraftstoffe Anwendung.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Richtlinien enthalten spezielle Regelungen f&#252;r die Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung im Gebiet der Union. Diese Regeln finden sich in den Art.&#160;15 bis 21 der Richtlinie 92/12 und in den Art.&#160;17 bis 31 der Richtlinie 2008/118.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das &#8222;Verfahren der Steueraussetzung&#8220; wird in Art.&#160;4 Nr.&#160;7 der Richtlinie 2008/118 als eine &#8222;steuerliche Regelung&#8220; definiert, &#8222;die auf die Herstellung, die Verarbeitung, die Lagerung sowie die Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die keinem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren unterliegen, unter Aussetzung der Verbrauchsteuer Anwendung findet&#8220;. Die Richtlinie 92/12 enthielt in Art.&#160;4 Buchst.&#160;c in Bezug auf das &#8222;Verfahren der Steueraussetzung&#8220; eine &#228;hnliche Definition.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;4 Nr.&#160;9 der Richtlinie 2008/118 ist &#8222;registrierter Empf&#228;nger&#8220; &#8222;eine nat&#252;rliche oder juristische Person, die von den zust&#228;ndigen Beh&#246;rden des Bestimmungsmitgliedstaats erm&#228;chtigt wurde, in Aus&#252;bung ihres Berufs und gem&#228;&#223; den von diesen Beh&#246;rden festgesetzten Voraussetzungen, in einem Verfahren der Steueraussetzung bef&#246;rderte verbrauchsteuerpflichtige Waren aus einem anderen Mitgliedstaat zu empfangen&#8220;. Die Richtlinie 92/12, in der der Begriff &#8222;registrierter Wirtschaftsbeteiligter&#8220; verwendet wurde, definierte diesen in ihrem Art.&#160;4 Buchst.&#160;d in &#228;hnlicher Weise.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Tschechisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c des Gesetzes Nr.&#160;235/2004 &#252;ber die Mehrwertsteuer (z&#225;kon &#269;.&#160;235/2004 Sb., o dani z p&#345;idan&#233; hodnoty) in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Steuer unterliegen:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der im Inland durch einen Steuerpflichtigen im Rahmen einer wirtschaftlichen T&#228;tigkeit oder durch eine nicht f&#252;r unternehmerische Zwecke gegr&#252;ndete juristische Person gegen Entgelt vorgenommene Erwerb von Gegenst&#228;nden aus einem anderen Mitgliedstaat der [Union] sowie der Erwerb eines neuen Fahrzeugs aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine nichtsteuerpflichtige Person gegen Entgelt.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;64 dieses Gesetzes, mit dem Art.&#160;138 der Mehrwertsteuerrichtlinie in tschechisches Recht umgesetzt wird, sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Lieferung von Gegenst&#228;nden durch den Steuerschuldner in einen anderen Mitgliedstaat an eine in einem anderen Mitgliedstaat als mehrwertsteuerpflichtig registrierte Person ist, wenn die betreffenden Gegenst&#228;nde vom Steuerschuldner oder vom Erwerber oder von einem erm&#228;chtigten Dritten aus dem Gebiet der Tschechischen Republik versandt oder bef&#246;rdert werden, mit Recht auf Vorsteuerabzug von der Steuer befreit; hiervon ausgenommen sind Lieferungen von Gegenst&#228;nden an eine Person, bei der der Erwerb der Gegenst&#228;nde in einem anderen Mitgliedstaat nicht besteuert wird.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch den Steuerschuldner in einen anderen Mitgliedstaat an einen Steuerpflichtigen, der nicht in einem anderen Mitgliedstaat als mehrwertsteuerpflichtig registriert ist, oder an eine juristische Person, die nicht in einem anderen Mitgliedstaat als mehrwertsteuerpflichtig registriert ist, ist, wenn diese Gegenst&#228;nde vom Steuerschuldner oder vom Erwerber oder von einem erm&#228;chtigten Dritten aus dem Gebiet der Tschechischen Republik versandt oder bef&#246;rdert werden, mit Recht auf Vorsteuerabzug von der Steuer befreit, wenn die Versendung oder Bef&#246;rderung der Gegenst&#228;nde gem&#228;&#223; dem Verbrauchsteuergesetz erfolgt und die Pflicht zur Zahlung von Verbrauchsteuer beim Erwerber in dem Mitgliedstaat entsteht, in dem der Versand oder die Bef&#246;rderung der Gegenst&#228;nde endet.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Arex ist eine Gesellschaft mit Sitz in der Tschechischen Republik, die bei zwei tschechischen Gesellschaften Kraftstoffe aus &#214;sterreich erwarb.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Erwerbe erfolgten am Ende einer Kette von Ums&#228;tzen. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kraftstoffe wurden zun&#228;chst durch die Doppler Mineral&#246;le GmbH, eine in &#214;sterreich ans&#228;ssige Gesellschaft, an vier f&#252;r die Zwecke der Mehrwertsteuer registrierte Gesellschaften mit Sitz in der Tschechischen Republik (im Folgenden: tschechische Erstk&#228;ufer) verkauft. Anschlie&#223;end fanden mehrere aufeinanderfolgende Weiterverk&#228;ufe an tschechische Gesellschaften statt, bevor die Kraftstoffe schlussendlich an Arex verkauft wurden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die tschechischen Erstk&#228;ufer hatten einen Vertrag mit der Gesellschaft Garantrans s.&#160;r.&#160;o. geschlossen, die f&#252;r diese K&#228;ufer der registrierte Empf&#228;nger war. Daher zahlte Garantrans im Namen der tschechischen Erstk&#228;ufer die Verbrauchsteuern auf die Kraftstoffe. Letztere entrichteten f&#252;r diese Ums&#228;tze keine Mehrwertsteuer in der Tschechischen Republik.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kraftstoffe wurden aus &#214;sterreich in die Tschechische Republik in einem Verfahren der Steueraussetzung bef&#246;rdert. Ihre Bef&#246;rderung wurde durch Arex unter Nutzung ihrer eigenen Fahrzeuge sichergestellt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Anschluss an eine Steuerpr&#252;fung stellte der Finan&#269;n&#237; &#250;&#345;ad pro Jiho&#269;esk&#253; kraj (Finanzamt f&#252;r die Region S&#252;db&#246;hmen, Tschechische Republik) (im Folgenden: Finanzamt) fest, dass die von Arex vorgenommenen Erwerbe in den Besteuerungszeitr&#228;umen Januar bis April, September, November und Dezember 2010 innergemeinschaftliche Erwerbe darstellten. Unter Berufung auf die Urteile vom 6.&#160;April 2006, EMAG Handel Eder (C&#8209;245/04, EU:C:2006:232), und vom 16.&#160;Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C&#8209;430/09, EU:C:2010:786), sowie unter Hinweis darauf, dass im Fall von Reihengesch&#228;ften in Verbindung mit nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung diese nur einem Umsatz zugerechnet werden k&#246;nne, vertrat diese Beh&#246;rde die Ansicht, dass der Ort des Erwerbs durch Arex in &#214;sterreich und nicht in der Tschechischen Republik gewesen sei. Diese Gesellschaft habe n&#228;mlich in &#214;sterreich das Recht erworben, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber die Gegenst&#228;nde zu verf&#252;gen, da sie das mit den Gegenst&#228;nden verbundene Risiko zu tragen gehabt habe und die Bef&#246;rderung in die Tschechische Republik auf eigene Rechnung durchgef&#252;hrt habe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit sieben Nacherhebungsbescheiden versagte das Finanzamt Arex das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer auf diese&#160;&#8211; von Arex als inl&#228;ndische Erwerbe eingestuften&#160;&#8211; Erwerbe, nahm eine Berichtigung der Mehrwertsteuer vor und erlegte dieser Gesellschaft die Zahlung von Geldbu&#223;en auf.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Bescheid vom 15.&#160;Juli 2015 wies die Finanzdirektion den Einspruch von Arex gegen diese Bescheide zur&#252;ck. Sich den Schlussfolgerungen des Finanzamts anschlie&#223;end lehnte die Finanzdirektion zun&#228;chst die Anwendung von Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie ab. Sodann betonte sie unter Verweis auf das Urteil vom 14.&#160;Juli 2005, British American Tobacco und Newman Shipping (C&#8209;435/03, EU:C:2005:464), dass das Entstehen der Mehrwertsteuer nicht mit der Verbrauchsteuer verkn&#252;pft sei. Schlie&#223;lich wies sie das Vorbringen von Arex zur&#252;ck, mit dem diese Gesellschaft geltend machte, sie sei wegen des Verfahrens der Steueraussetzung nicht berechtigt gewesen, &#252;ber die Kraftstoffe w&#228;hrend der Bef&#246;rderung und vor ihrer &#220;berf&#252;hrung in den freien Verkehr in der Tschechischen Republik wie ein Eigent&#252;mer zu verf&#252;gen. Demnach schloss sie auch die von Arex vorgetragene M&#246;glichkeit aus, eine einzige innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung f&#252;r die Zwecke der Mehrwertsteuer in mehrere Bef&#246;rderungen aufzuspalten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nachdem ihre Klage gegen diesen Bescheid vom Krajsk&#253; soud v &#268;esk&#253;ch Bud&#283;jovic&#237;ch (Regionalgericht Budweis, Tschechische Republik) abgewiesen worden war, legte Arex Kassationsbeschwerde bei dem vorlegenden Gericht ein.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem macht Arex geltend, dass Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht ordnungsgem&#228;&#223; in tschechisches Recht umgesetzt worden sei. Nach dieser Bestimmung sei jede an einen Steuerpflichtigen bewirkte Lieferung von im Verfahren der Steueraussetzung in einen anderen Mitgliedstaat bef&#246;rderten Gegenst&#228;nden als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei. Angesichts der tschechischen Fassung dieser Bestimmung ist Arex der Ansicht, dass die anderen in dieser Bestimmung aufgestellten Voraussetzungen, die sich in dem mit dem Relativpronomen &#8222;deren&#8220; beginnenden Nebensatz f&#228;nden, nur auf nichtsteuerpflichtige juristische Personen anwendbar seien. Da sie steuerpflichtig sei, k&#246;nnten diese Voraussetzungen keine Anwendung finden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Fall, dass die Mehrwertsteuer nicht mit der Verbrauchsteuer verkn&#252;pft sei und Art.&#160;138 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie anzuwenden sei, betont Arex, dass es bei einer Bef&#246;rderung im Verfahren der Steueraussetzung nicht zu einer &#220;bertragung des wirtschaftlichen Eigentums komme, da es selbst dann, wenn bei privatrechtlicher Betrachtung eine Eigentums&#252;bertragung vorliegen sollte, unm&#246;glich sei, w&#228;hrend der Bef&#246;rderung &#252;ber die Gegenst&#228;nde wie ein Eigent&#252;mer zu verf&#252;gen. Zur St&#252;tzung dieses Vorbringens verweist Arex auf das begleitende Verwaltungsdokument, das die M&#246;glichkeit beschr&#228;nke, w&#228;hrend der Bef&#246;rderung im Verfahren der Steueraussetzung &#252;ber die Gegenst&#228;nde zu verf&#252;gen, und tr&#228;gt vor, dass es in den Urteilen vom 6.&#160;April 2006, EMAG Handel Eder (C&#8209;245/04, EU:C:2006:232), und vom 16.&#160;Dezember 2010, Euro Tyre Holding (C&#8209;430/09, EU:C:2010:786), nicht um die Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren gegangen sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht dieses Vorbringens hat das vorlegende Gericht Zweifel, ob die Erwerbe von im Verfahren der Steueraussetzung bef&#246;rderten Kraftstoffen durch Arex als inl&#228;ndische Erwerbe oder innergemeinschaftliche Erwerbe einzustufen sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Nejvy&#353;&#353;&#237; spr&#225;vn&#237; soud (Oberstes Verwaltungsgericht, Tschechische Republik) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist jeder Steuerpflichtige als Steuerpflichtiger im Sinne von Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen? Wenn nicht, f&#252;r welche Steuerpflichtigen gilt die angef&#252;hrte Bestimmung?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Falls der Gerichtshof antwortet, dass Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie auf F&#228;lle wie den der vorliegenden Rechtssache (d.&#160;h., dass ein im Steuerregister eingetragener Steuerpflichtiger der Erwerber der Erzeugnisse ist) anwendbar ist, ist diese Bestimmung dann dahin auszulegen, dass, wenn die Versendung oder Bef&#246;rderung der Erzeugnisse im Einklang mit den einschl&#228;gigen Bestimmungen der Richtlinie 2008/118 erfolgt, eine mit einem Verfahren nach der Richtlinie 2008/118 verbundene Lieferung als steuerfreie Lieferung im Sinne der angef&#252;hrten Bestimmung anzusehen ist, obwohl ansonsten die Voraussetzungen f&#252;r eine Steuerbefreiung gem&#228;&#223; Art.&#160;138 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht erf&#252;llt w&#228;ren, weil die Warenbef&#246;rderung einer anderen Transaktion zuzuordnen ist?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Falls der Gerichtshof antwortet, dass Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie auf F&#228;lle wie den der vorliegenden Rechtssache nicht anwendbar ist, ist dann die Tatsache, dass die Bef&#246;rderung der Waren unter Steueraussetzung erfolgt, bei mehreren aufeinanderfolgenden Lieferungen ausschlaggebend f&#252;r die Zuordnung der Bef&#246;rderung zwecks Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach Art.&#160;138 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zum Antrag auf Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Schriftsatz, der am 31.&#160;Juli 2018 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat der Vertreter von Arex bei dem vorlegenden Gericht beantragt, gem&#228;&#223; Art.&#160;83 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs die Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens zu beschlie&#223;en.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieser Antrag schlie&#223;t an die &#220;bermittlung eines Schreibens vom 13.&#160;Juli 2018 durch die Kanzlei des Gerichtshofs an den Vertreter von Arex bei dem vorlegenden Gericht an, in dem er unter anderem dar&#252;ber unterrichtet wurde, dass die f&#252;r Arex vorgetragenen m&#252;ndlichen Ausf&#252;hrungen f&#252;r die Zwecke des vorliegenden Verfahrens nicht ber&#252;cksichtigt werden konnten, da sie in der vorliegenden Rechtssache in der m&#252;ndlichen Verhandlung nicht wirksam vertreten war.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Darlegung der Gr&#252;nde und der Umst&#228;nde, die seines Erachtens zu dieser unwirksamen Vertretung gef&#252;hrt haben, &#228;u&#223;ert der Vertreter von Arex bei dem vorlegenden Gericht die Ansicht, dass es sich um einen behebbaren Mangel handele, und beantragt die Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens, um Arex die M&#246;glichkeit zu geben, sich zu &#228;u&#223;ern.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach Art.&#160;83 der Verfahrensordnung jederzeit nach Anh&#246;rung des Generalanwalts die Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens beschlie&#223;en kann, insbesondere wenn er sich f&#252;r unzureichend unterrichtet h&#228;lt, wenn eine Partei nach Abschluss des m&#252;ndlichen Verfahrens eine neue Tatsache unterbreitet hat, die von entscheidender Bedeutung f&#252;r die Entscheidung des Gerichtshofs ist, oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art.&#160;23 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union bezeichneten Beteiligten nicht er&#246;rtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ist der Gerichtshof nach Anh&#246;rung der Generalanw&#228;ltin der Ansicht, dass die Voraussetzungen f&#252;r eine Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens nicht erf&#252;llt sind. Die vom Vertreter von Arex bei dem vorlegenden Gericht geltend gemachten Umst&#228;nde entsprechen n&#228;mlich nicht den Voraussetzungen f&#252;r eine Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens. Der Gerichtshof ist jedenfalls der Auffassung, dass er &#252;ber alle zur Entscheidung &#252;ber das Vorabentscheidungsersuchen erforderlichen Angaben verf&#252;gt und dass nicht auf die Stichhaltigkeit eines Vorbringens einzugehen ist, das nicht vor ihm er&#246;rtert worden ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demzufolge ist die Wiederer&#246;ffnung des m&#252;ndlichen Verfahrens nicht anzuordnen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Vorbemerkungen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen des durch Art.&#160;267 AEUV eingef&#252;hrten Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof ist es dessen Aufgabe, dem nationalen Gericht eine f&#252;r die Entscheidung des bei diesem anh&#228;ngigen Verfahrens sachdienliche Antwort zu geben. Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren. Es ist n&#228;mlich Aufgabe des Gerichtshofs, alle Bestimmungen des Unionsrechts auszulegen, die die nationalen Gerichte ben&#246;tigen, um die bei ihnen anh&#228;ngigen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, auch wenn diese Bestimmungen in den dem Gerichtshof von diesen Gerichten vorgelegten Fragen nicht ausdr&#252;cklich genannt sind (Urteile vom 14.&#160;Oktober 2010, Fu&#223;, C&#8209;243/09, EU:C:2010:609, Rn.&#160;39 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 19.&#160;Oktober 2017, Otero Ramos, C&#8209;531/15, EU:C:2017:789, Rn.&#160;39).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn das vorlegende Gericht seine Fragen der Form nach auf die Auslegung von Art.&#160;138 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie beschr&#228;nkt hat, hindert dies demnach den Gerichtshof nicht daran, dem Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die f&#252;r die Entscheidung des bei ihm anh&#228;ngigen Verfahrens von Nutzen sein k&#246;nnen, und zwar unabh&#228;ngig davon, ob es bei seiner Fragestellung darauf Bezug genommen hat. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten von dem vorlegenden Gericht vorgelegten Material, insbesondere aus der Begr&#252;ndung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Ber&#252;cksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bed&#252;rfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14.&#160;Oktober 2010, Fu&#223;, C&#8209;243/09, EU:C:2010:609, Rn.&#160;40 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 19.&#160;Oktober 2017, Otero Ramos, C&#8209;531/15, EU:C:2017:789, Rn.&#160;40).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht mit seinen Fragen im Wesentlichen wissen m&#246;chte, ob Erwerbe wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden in der Tschechischen Republik als innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenst&#228;nden, die aus einem anderen Mitgliedstaat versandt oder bef&#246;rdert werden, der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;138 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt jedoch die Bedingungen f&#252;r die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer und nicht die Voraussetzungen f&#252;r die Erhebung dieser Steuer auf innergemeinschaftliche Erwerbe, die in Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i und iii der Richtlinie festgelegt sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher sind die Vorlagefragen in dem Sinne umzuformulieren, dass sie, was die erste und die zweite Frage anbelangt, die Auslegung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie und, was die dritte Frage anbelangt, die Auslegung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie betreffen.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht in der Sache wissen, ob Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Versendung oder Bef&#246;rderung dieser Waren entsteht, durch alle Steuerpflichtigen anzuwenden ist oder nur auf Erwerbe durch einen Steuerpflichtigen, dessen &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu ber&#252;cksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie geh&#246;rt, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19.&#160;September 2000, Deutschland/Kommission, C&#8209;156/98, EU:C:2000:467, Rn.&#160;50, und vom 19.&#160;April 2018, Firma Hans B&#252;hler, C&#8209;580/16, EU:C:2018:261, Rn.&#160;33).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenst&#228;nden im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person, deren &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, der Mehrwertsteuer, wenn die betreffenden Gegenst&#228;nde verbrauchsteuerpflichtige Waren sind, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Mitgliedstaats entsteht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens ist festzustellen, dass sich anhand des Wortlauts von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht eindeutig bestimmen l&#228;sst, ob der Nebensatz &#8222;deren &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Artikel&#160;3 Absatz&#160;1 [dieser Richtlinie] nicht der Mehrwertsteuer unterliegen&#8220;, sowohl einen Steuerpflichtigen als auch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person&#160;&#8211; wie sie in der erstgenannten Bestimmung genannt werden&#160;&#8211; betrifft oder ob er sich nur auf diese letztgenannte Person bezieht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In mehreren Sprachfassungen dieser Bestimmung wird n&#228;mlich ein unbestimmtes Pronomen verwendet, mit dem sowohl der Singular als auch der Plural wiedergegeben werden kann. Dies ist insbesondere in der deutschen (&#8222;deren&#8220;), der estnischen (&#8222;kelle&#8220;), der spanischen (&#8222;cuyas&#8220;), der franz&#246;sischen (&#8222;dont&#8220;), der italienischen (&#8222;i&#160;cui&#8220;) oder der englischen (&#8222;whose&#8220;) Fassung dieser Bestimmung der Fall. Andere Sprachfassungen verwenden Pronomen im Plural. Dies ist in der griechischen (&#8222;&#964;&#969;&#957; &#959;&#960;&#959;&#943;&#969;&#957;&#8220;), der lettischen (&#8222;kuru&#8220;) und der polnischen (&#8222;w&#160;przypadku kt&#243;rych&#8220;) Fassung der Fall. Dar&#252;ber hinaus enth&#228;lt die tschechische Fassung dieser Bestimmung ein Pronomen im Singular, das sich nur auf die nichtsteuerpflichtige juristische Person beziehen kann (&#8222;jej&#237;&#382;&#8220;).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was zweitens die Ziele von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Bestimmung in den Rahmen der Mehrwertsteuer&#252;bergangsregelung f&#252;r den innergemeinschaftlichen Handel einf&#252;gt, die durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16.&#160;Dezember 1991 zur Erg&#228;nzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und zur &#196;nderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl.&#160;1991, L&#160;376, S.&#160;1) eingef&#252;hrt worden ist. Diese Regelung beruht auf der Einf&#252;hrung eines neuen Mehrwertsteuertatbestands, n&#228;mlich des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenst&#228;nden, der es erm&#246;glicht, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenst&#228;nde erfolgt. Diese Regelung soll eine klare Abgrenzung der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten gew&#228;hrleisten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18.&#160;November 2010, X, C&#8209;84/09, EU:C:2010:693, Rn.&#160;22 und 23 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 14.&#160;Juni 2017, Santogal M-Com&#233;rcio e Repara&#231;&#227;o de Autom&#243;veis, C&#8209;26/16, EU:C:2017:453, Rn.&#160;37 und&#160;38).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demnach muss mit jedem innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Mitgliedstaat des Bestimmungsorts der Versendung oder Bef&#246;rderung von Gegenst&#228;nden (im Folgenden: Bestimmungsmitgliedstaat) besteuert wird, eine innergemeinschaftliche Lieferung einhergehen, die im Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Bef&#246;rderung (im Folgenden: Abgangsmitgliedstaat) befreit ist. Die Bestimmungen zum innergemeinschaftlichen Erwerb und zur innergemeinschaftlichen Lieferung haben daher dieselbe Bedeutung und dieselbe Reichweite (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6.&#160;April 2006, EMAG Handel Eder, C&#8209;245/04, EU:C:2006:232, Rn.&#160;29, und vom 26.&#160;Juli 2017, Toridas, C&#8209;386/16, EU:C:2017:599, Rn.&#160;31 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was drittens den Kontext von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie angeht, ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung zu einem Regelwerk geh&#246;rt, mit dem die Belastung innergemeinschaftlicher Erwerbe mit der Mehrwertsteuer und die Befreiung der entsprechenden innergemeinschaftlichen Lieferungen geregelt wird. Die entsprechenden Regeln finden sich in den Art.&#160;2 und 3 bzw. den Art.&#160;138 und 139 dieser Richtlinie.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum einen ist gem&#228;&#223; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenst&#228;nden, der gegen Entgelt durch einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, oder durch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person vorgenommen wird, unter bestimmten Bedingungen, die sich auf den Verk&#228;ufer beziehen, im Bestimmungsmitgliedstaat mehrwertsteuerpflichtig, w&#228;hrend gem&#228;&#223; Art.&#160;138 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie die entsprechende innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsmitgliedstaat befreit ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit ist unter Ber&#252;cksichtigung der Ausf&#252;hrungen der Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;41 ihrer Schlussantr&#228;ge klarzustellen, dass sich der sachliche Anwendungsbereich dieser Bestimmungen auf alle &#8222;Gegenst&#228;nde&#8220; erstreckt und der Begriff &#8222;Gegenst&#228;nde&#8220; die verbrauchsteuerpflichtigen Waren umfasst. Daraus folgt, dass dann, wenn die anderen in diesen Bestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen in Bezug auf den Verk&#228;ufer erf&#252;llt sind, die innergemeinschaftlichen Ums&#228;tze, die verbrauchsteuerpflichtige Waren betreffen, gem&#228;&#223; Art.&#160;138 Abs.&#160;1 bzw. Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie im Abgangsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Lieferungen von der Mehrwertsteuer befreit sind und im Bestimmungsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Erwerbe mit dieser Steuer belastet werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da aber der innergemeinschaftliche Erwerb von &#8222;Gegenst&#228;nden&#8220; durch Steuerpflichtige bereits gem&#228;&#223; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie mehrwertsteuerpflichtig ist, w&#228;re die Festlegung einer Besteuerung f&#252;r den Erwerb von verbrauchsteuerpflichtigen Waren durch dieselben Steuerpflichtigen in Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii dieser Richtlinie &#252;berfl&#252;ssig, da sich diese Besteuerung&#160;&#8211; auch unter Ber&#252;cksichtigung der in der vorstehenden Randnummer enthaltenen Ausf&#252;hrungen&#160;&#8211; schon aus der ersten Bestimmung ergibt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen werden jedoch abweichend von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie durch Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie bestimmte innergemeinschaftliche Erwerbe durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. Gleichzeitig bestimmt Art.&#160;139 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;2 dieser Richtlinie, dass die Befreiung nach Art.&#160;138 Abs.&#160;1 nicht f&#252;r Lieferungen gilt, denen Erwerbe nach Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie entsprechen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie in den F&#228;llen anwendbar, in denen die innergemeinschaftlichen Erwerbe durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person nach Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Besteuerung unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folgt, dass bei Erwerben durch Steuerpflichtige nicht alle Steuerpflichtigen, sondern nur der Steuerpflichtige, dessen &#252;brige innergemeinschaftliche Erwerbe gem&#228;&#223; der letztgenannten Bestimmung nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, im Hinblick auf die Mehrwertsteuerpflichtigkeit seiner innergemeinschaftlichen Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuern im Bestimmungsmitgliedstaat entstehen, in den Anwendungsbereich von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#228;llt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die Generalanw&#228;ltin hierzu in den Nrn.&#160;42 und 43 ihrer Schlussantr&#228;ge festgestellt hat, wird diese Auslegung durch den Wortlaut von Art.&#160;138 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;b der Mehrwertsteuerrichtlinie gest&#252;tzt, dem im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass &#8222;[a]u&#223;er den in Absatz&#160;1 [dieses Art.&#160;138] genannten Lieferungen&#8220; die innergemeinschaftlichen Lieferungen, die den Erwerben nach Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii dieser Richtlinie entsprechen, befreit sind, wenn sie unter den dort aufgestellten Voraussetzungen an Steuerpflichtige oder nichtsteuerpflichtige juristische Personen bewirkt werden, deren innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenst&#228;nden, die keine verbrauchsteuerpflichtigen Waren sind, gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen. Wie die Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;43 ihrer Schlussantr&#228;ge festgestellt hat, ergibt sich n&#228;mlich aus der Wahl dieser Formulierung, die die Befreiungen in Art.&#160;138 Abs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie einleitet, dass die in Buchst.&#160;b dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung einen Regelungsgehalt hat, der &#252;ber den der in Art.&#160;138 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie vorgesehenen Befreiung hinausgeht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die in Rn.&#160;52 des vorliegenden Urteils vorgenommene Auslegung entspricht auch dem im 36.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie formulierten Ziel, eine gewisse Angleichung der Verfahren f&#252;r die Anwendung der Mehrwertsteuer auf bestimmte innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren an die Verfahren und Erkl&#228;rungspflichten f&#252;r den Fall der Bef&#246;rderung derartiger Waren in einen anderen Mitgliedstaat, die in den Richtlinien 92/12 und 2008/118 geregelt sind, vorzunehmen. Da Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen Verbrauchsteuern im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats entstehen, Anwendung findet, f&#252;hrt diese Auslegung n&#228;mlich dazu, dass diese Erwerbe in diesem Mitgliedstaat der Mehrwertsteuer unterliegen, selbst wenn die &#252;brigen Erwerbe des Erwerbers gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen&#160;&#8211; vorbehaltlich einer Nachpr&#252;fung durch das vorlegende Gericht, das allein f&#252;r die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits zust&#228;ndig ist&#160;&#8211; nicht hervor, dass die &#252;brigen innergemeinschaftlichen Erwerbe von Arex unter die in Art.&#160;3 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Befreiungen fallen. Sollte das vorlegende Gericht auf der Grundlage seiner eigenen W&#252;rdigung aller Umst&#228;nde des Ausgangsrechtsstreits zu dieser Schlussfolgerung gelangen, w&#228;ren nicht die Bestimmungen von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie, sondern diejenigen von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i dieser Richtlinie anzuwenden, um festzustellen, ob im Ausgangsrechtsstreit die Erwerbe der Kraftstoffe durch Arex als innergemeinschaftliche Erwerbe im Bestimmungsmitgliedstaat der Mehrwertsteuer unterliegen m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats entsteht, durch einen Steuerpflichtigen, dessen &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, anzuwenden ist.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht in der Sache wissen, ob Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe derselben verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Erwerb durch den Wirtschaftsteilnehmer, der im Bestimmungsmitgliedstaat diese Steuer zu entrichten hat, nach dieser Bestimmung als mehrwertsteuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen ist, selbst wenn diese Bef&#246;rderung nicht diesem Erwerb zugeordnet werden kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach den Angaben in der Vorlageentscheidung scheinen die tschechischen Erstk&#228;ufer, und nicht Arex, der Verbrauchsteuer auf die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kraftstoffe zu unterliegen. Vor diesem Hintergrund soll mit der zweiten Frage gekl&#228;rt werden, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung notwendigerweise dem Erwerb durch diese K&#228;ufer zugeordnet werden muss, da diese der Verbrauchsteuer unterliegen, und keinem anderen Erwerb, im vorliegenden Fall dem Erwerb durch Arex, zugeordnet werden kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit geht, wie in Rn.&#160;41 des vorliegenden Urteils dargestellt, aus dem Wortlaut von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie hervor, dass in Anwendung dieser Bestimmung die Erhebung der Mehrwertsteuer auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Bestimmungsmitgliedstaat drei kumulativen Voraussetzungen unterliegt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sie setzt n&#228;mlich erstens voraus, dass der Umsatz ein innergemeinschaftlicher Erwerb im Sinne von Art.&#160;20 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist, zweitens, dass dieser Umsatz verbrauchsteuerpflichtige Waren betrifft, bei denen die Verbrauchsteuern im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats entstehen, und drittens, dass dieser Umsatz durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person bewirkt wird, deren &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point61">61</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die erste dieser Voraussetzungen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands im Sinne von Art.&#160;20 der Mehrwertsteuerrichtlinie dann erfolgt ist, wenn das Recht, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber den Gegenstand zu verf&#252;gen, auf den Erwerber &#252;bertragen worden ist und wenn der Lieferer nachweist, dass dieser Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat versandt oder bef&#246;rdert worden ist und der Gegenstand infolge dieser Versendung oder Bef&#246;rderung den Abgangsmitgliedstaat physisch verlassen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27.&#160;September 2007, Teleos u.&#160;a., C&#8209;409/04, EU:C:2007:548, Rn.&#160;27 und 42, sowie vom 18.&#160;November 2010, X, C&#8209;84/09, EU:C:2010:693, Rn.&#160;27). Die Voraussetzung eines Grenz&#252;bertritts zwischen Mitgliedstaaten ist Tatbestandsmerkmal eines innergemeinschaftlichen Erwerbs (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27.&#160;September 2007, Teleos u.&#160;a., C&#8209;409/04, EU:C:2007:548, Rn.&#160;37).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point62">62</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nur ein Erwerb, der alle diese Voraussetzungen erf&#252;llt, kann als innergemeinschaftlicher Erwerb eingestuft werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point63">63</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn mehrere gegen Entgelt vorgenommene Erwerbe zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Bef&#246;rderung von Gegenst&#228;nden f&#252;hren, kann diese Versendung oder Bef&#246;rderung daher nur einem dieser Erwerbe zugeordnet werden, der allein im Bestimmungsmitgliedstaat als innergemeinschaftlicher Erwerb der Mehrwertsteuer unterliegt, sofern die anderen in Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erf&#252;llt sind (vgl. entsprechend Urteil vom 6.&#160;April 2006, EMAG Handel Eder, C&#8209;245/04, EU:C:2006:232, Rn.&#160;45).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point64">64</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Auslegung ist geboten, um auf einfache Weise das mit der &#220;bergangsregelung f&#252;r innergemeinschaftliche Ums&#228;tze angestrebte Ziel zu erreichen, das, wie sich aus Rn.&#160;44 des vorliegenden Urteils ergibt, darin besteht, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenst&#228;nde erfolgt. Zu dieser Verlagerung kommt es n&#228;mlich bei dem einzigen Umsatz, der zu einer innergemeinschaftlichen Bewegung f&#252;hrt (vgl. entsprechend Urteil vom 6.&#160;April 2006, EMAG Handel Eder, C&#8209;245/04, EU:C:2006:232, Rn.&#160;40).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point65">65</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die zweite in Rn.&#160;60 des vorliegenden Urteils genannte Voraussetzung anbelangt, ist klarzustellen, dass das Entstehen der Verbrauchsteuer im Bestimmungsmitgliedstaat die Versendung oder Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung gem&#228;&#223; den Bestimmungen der Richtlinie 92/12 oder der Richtlinie 2008/118 voraussetzt. Diese Voraussetzung spiegelt das im 36.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Mehrwertsteuerrichtlinie formulierte Ziel wider, die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in ein und demselben Mitgliedstaat der Verbrauchsteuer und der Mehrwertsteuer zu unterwerfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point66">66</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hingegen l&#228;sst sich diese Voraussetzung keinesfalls dahin verstehen, dass der Erwerb durch den Steuerpflichtigen oder die nichtsteuerpflichtige juristische Person gem&#228;&#223; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie, die der Verbrauchsteuer unterliegen, aufgrund dieser Bestimmung der Mehrwertsteuer im Bestimmungsmitgliedstaat unterliegen muss, selbst wenn die fragliche innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung nicht diesem Erwerb zugeordnet werden kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point67">67</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Auslegung, nach der der Erwerb aufgrund dieser Bestimmung der Mehrwertsteuer unterliegen muss, selbst wenn die innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung ihm nicht zugeordnet werden kann, widerspr&#228;che im &#220;brigen dem kumulativen Charakter der in Rn.&#160;60 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen. Sie w&#252;rde es n&#228;mlich erm&#246;glichen, einen Erwerb, der keine Verbindung zu einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung h&#228;tte, und der damit nicht alle notwendigen Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs erf&#252;llen w&#252;rde, im Bestimmungsmitgliedstaat der Mehrwertsteuer zu unterwerfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point68">68</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aufgrund der vorstehenden Erw&#228;gungen ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Ums&#228;tze, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Erwerb durch den Wirtschaftsteilnehmer, der im Bestimmungsmitgliedstaat Verbrauchsteuern zu entrichten hat, nicht als mehrwertsteuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb nach dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn diese Bef&#246;rderung nicht diesem Erwerb zugeordnet werden kann.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur dritten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point69">69</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner dritten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht in der Sache wissen, ob Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe derselben verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Umstand, dass diese Waren in diesem Verfahren bef&#246;rdert worden sind, ein ausschlaggebender Umstand f&#252;r die Feststellung ist, welchem Erwerb die Bef&#246;rderung zuzuordnen ist, um ihn der Mehrwertsteuer gem&#228;&#223; dieser Bestimmung zu unterwerfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point70">70</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung zur Auslegung von Art.&#160;138 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie, dass bei Ums&#228;tzen, die eine Kette zweier aufeinanderfolgender Lieferungen bilden, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung gef&#252;hrt haben, die innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung nur einer der beiden Lieferungen zugeordnet werden kann, die folglich als Einzige in Anwendung dieser Bestimmung von der Steuer befreit ist, und dass zur Kl&#228;rung der Frage, welcher der beiden Lieferungen die innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung zuzuordnen ist, eine umfassende W&#252;rdigung aller besonderen Umst&#228;nde des Einzelfalls vorzunehmen ist. Im Rahmen dieser W&#252;rdigung ist insbesondere zu kl&#228;ren, zu welchem Zeitpunkt die zweite &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber den Gegenstand zu verf&#252;gen, zugunsten des Endabnehmers stattgefunden hat. Falls n&#228;mlich die zweite &#220;bertragung dieser Bef&#228;higung, d.&#160;h. die Zweitlieferung, vor der innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung stattgefunden hat, kann diese nicht der Erstlieferung an den Ersterwerber zugeordnet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Toridas, C&#8209;386/16, EU:C:2017:599, Rn.&#160;34 bis 36 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point71">71</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Hinblick auf das in Rn.&#160;64 des vorliegenden Urteils genannte Ziel ist die in der vorstehenden Randnummer angef&#252;hrte Rechtsprechung auf die Beurteilung von Ums&#228;tzen zu &#252;bertragen, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, eine Kette aufeinanderfolgender Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung gef&#252;hrt haben, bilden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point72">72</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um entscheiden zu k&#246;nnen, welcher der Erwerbe in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kette derjenige ist, dem die einzige innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung zuzuordnen ist, und der daher als innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen ist, hat das vorlegende Gericht somit eine umfassende W&#252;rdigung aller besonderen Umst&#228;nde des Einzelfalls vorzunehmen und insbesondere zu bestimmen, zu welchem Zeitpunkt die &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber den Gegenstand zu verf&#252;gen, zugunsten von Arex stattgefunden hat. Falls diese &#220;bertragung vor der innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung stattgefunden hat, ist diese dem Erwerb durch Arex zuzuordnen und dieser Erwerb ist daher als innergemeinschaftlicher Erwerb einzustufen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point73">73</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen dieser umfassenden W&#252;rdigung kann der Umstand, dass die Bef&#246;rderung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kraftstoffe im Verfahren der Steueraussetzung erfolgte, jedoch kein ausschlaggebender Umstand sein, um aus den Erwerben der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kette den Erwerb zu bestimmen, dem diese Bef&#246;rderung zuzuordnen ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point74">74</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die in Rn.&#160;70 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrte Rechtsprechung macht n&#228;mlich im Wesentlichen die Zuordnung der Bef&#246;rderung zu dem einen oder zu dem anderen Erwerb einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe von einem zeitlichen Kriterium abh&#228;ngig, indem sie den Zeitpunkt betont, zu dem die Voraussetzungen in Bezug auf die innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung und die &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber den Gegenstand zu verf&#252;gen, jeweils erf&#252;llt sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point75">75</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Hinblick auf diese letztgenannte Voraussetzung ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sie nicht auf die &#220;bertragung in den durch das anwendbare nationale Recht vorgesehenen Formen beschr&#228;nkt ist, sondern jede &#220;bertragung eines k&#246;rperlichen Gegenstands durch eine Partei erfasst, die die andere Partei erm&#228;chtigt, &#252;ber diesen Gegenstand faktisch so zu verf&#252;gen, als w&#228;re sie sein Eigent&#252;mer (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3.&#160;Juni 2010, De Fruytier, C&#8209;237/09, EU:C:2010:316, Rn.&#160;24 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung). Die &#220;bertragung der Befugnis, &#252;ber einen k&#246;rperlichen Gegenstand wie ein Eigent&#252;mer zu verf&#252;gen, verlangt weder, dass die Partei, der dieser Gegenstand &#252;bertragen wird, physisch &#252;ber ihn verf&#252;gt, noch, dass der Gegenstand physisch zu ihr bef&#246;rdert wird und/oder physisch von ihr empfangen wird (Beschluss vom 15.&#160;Juli 2015, Itales, C&#8209;123/14, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2015:511, Rn.&#160;36).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point76">76</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Richtlinien 92/12 und 2008/118 ein allgemeines Verbrauchsteuersystem f&#252;r verbrauchsteuerpflichtige Waren schaffen. Wenn diese Richtlinien zu diesem Zweck insbesondere Anforderungen an die Bef&#246;rderung im Verfahren der Steueraussetzung vorsehen, beeinflussen sie nicht die Voraussetzungen f&#252;r die &#220;bertragung des Eigentums an den Gegenst&#228;nden oder f&#252;r die Befugnis, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber diese zu verf&#252;gen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point77">77</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat im &#220;brigen bereits festgestellt, dass der Steuertatbestand der Mehrwertsteuer, mit dem die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen f&#252;r die Entstehung der Steuer erf&#252;llt werden, die Lieferung oder die Einfuhr der Ware und nicht die Erhebung der Verbrauchsteuer auf diese ist (Urteil vom 14.&#160;Juli 2005, British American Tobacco und Newman Shipping, C&#8209;435/03, EU:C:2005:464, Rn.&#160;41).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point78">78</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass Arex nach dem Erwerb der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Kraftstoffe bei ihren tschechischen Vertragspartnern diese in Besitz genommen hat, indem sie sie in &#214;sterreich in ihre Tanks geladen hat, bevor sie sie mit ihren eigenen Fahrzeugen von &#214;sterreich in die Tschechische Republik bef&#246;rderte. Au&#223;erdem geht aus den Akten hervor, dass es mit dieser Beladung offenbar zu einem &#220;bergang des Eigentums an diesen Waren im Sinne des tschechischen Privatrechts auf Arex kam. Vorbehaltlich einer Pr&#252;fung durch das vorlegende Gericht ergibt sich somit aus den Akten, dass die einzige innergemeinschaftliche Bef&#246;rderung erst nach der &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber den Gegenstand zu verf&#252;gen, zugunsten von Arex erfolgte, so dass die von Arex vorgenommenen Erwerbe als innergemeinschaftliche Erwerbe einzustufen sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point79">79</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aufgrund der vorstehenden Erw&#228;gungen ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe derselben verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Umstand, dass diese Waren in diesem Verfahren bef&#246;rdert worden sind, kein ausschlaggebender Umstand f&#252;r die Feststellung ist, welchem Erwerb die Bef&#246;rderung zuzuordnen ist, um ihn der Mehrwertsteuer gem&#228;&#223; dieser Bestimmung zu unterwerfen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point80">80</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Versendung oder Bef&#246;rderung dieser Waren entsteht, durch einen Steuerpflichtigen, dessen &#252;brige Erwerbe gem&#228;&#223; Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, anzuwenden ist.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;iii der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Ums&#228;tze, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Erwerb durch den Wirtschaftsteilnehmer, der im Bestimmungsmitgliedstaat der Versendung oder Bef&#246;rderung dieser Waren Verbrauchsteuern zu entrichten hat, nicht als mehrwertsteuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb nach dieser Bestimmung eingestuft werden kann, wenn diese Bef&#246;rderung nicht diesem Erwerb zugeordnet werden kann.</b> </p> <p class="C08Dispositif">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b Ziff.&#160;i der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass bei Vorliegen einer Kette aufeinanderfolgender Erwerbe derselben verbrauchsteuerpflichtigen Waren, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Bef&#246;rderung dieser Waren im Verfahren der Steueraussetzung gef&#252;hrt haben, der Umstand, dass diese Waren in diesem Verfahren bef&#246;rdert worden sind, kein ausschlaggebender Umstand f&#252;r die Feststellung ist, welchem Erwerb die Bef&#246;rderung zuzuordnen ist, um ihn der Mehrwertsteuer gem&#228;&#223; dieser Bestimmung zu unterwerfen.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Tschechisch.</p>
175,072
eugh-2018-12-19-c-66717
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-667/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:15
2019-01-31T19:21:15
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1036
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL&#160;DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CJ0667_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CJ0667_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Verordnung (EG) Nr.&#160;1083/2006&#160;&#8211; Art.&#160;2 Nr.&#160;4&#160;&#8211; Begriff &#8218;Beg&#252;nstigter&#8216;&#160;&#8211; Art.&#160;80&#160;&#8211; Verbot, die gezahlten Betr&#228;ge durch Abz&#252;ge oder Einbehalte zu verringern&#160;&#8211; Andere spezifische Abgabe oder &#196;hnliches&#160;&#8211; Begriff&#160;&#8211; Vom Europ&#228;ischen Sozialfonds kofinanzierte Studienbeihilfe&#160;&#8211; Gleichsetzung mit Einkommen aus nicht selbst&#228;ndiger Arbeit&#160;&#8211; Einbehaltung einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuer zuz&#252;glich Steuern der Region und der Gemeinde&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;667/17</p> <p class="normal">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht von der Commissione tributaria provinciale di Cagliari (provinziale Steuerkommission Cagliari, Italien) mit Entscheidung vom 10.&#160;Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 24.&#160;November 2017, in dem Verfahren</p> <p class="normal"> <span class="bold">Francesca Cadeddu</span> </p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">Agenzia delle Entrate&#160;&#8211; Direzione provinciale di Cagliari,</span> </p> <p class="normal"> <span class="bold">Regione autonoma della Sardegna,</span> </p> <p class="normal"> <span class="bold">Regione autonoma della Sardegna&#160;&#8211; Agenzia regionale per il lavoro</span> </p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Achten Kammer F.&#160;Biltgen in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Zehnten Kammer (Berichterstatter), des Richters E.&#160;Levits und der Richterin M.&#160;Berger,</p> <p class="normal">Generalanwalt: M.&#160;Szpunar,</p> <p class="normal">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="normal">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">von Frau Cadeddu, vertreten durch G.&#160;Dore, S.&#160;Garau und A.&#160;Vinci, avvocati,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der italienischen Regierung, vertreten durch G.&#160;Palmieri als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von A.&#160;Venturini, avvocato dello Stato,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der tschechischen Regierung, vertreten durch M.&#160;Smolek und J.&#160;Vl&#225;&#269;il als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der spanischen Regierung, vertreten durch S.&#160;Jim&#233;nez Garc&#237;a als Bevollm&#228;chtigten,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch B.&#8209;R.&#160;Killmann und P.&#160;Arenas als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;2 Nr.&#160;4 und Art.&#160;80 der Verordnung (EG) Nr.&#160;1083/2006 des Rates vom 11.&#160;Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen &#252;ber den Europ&#228;ischen Fonds f&#252;r regionale Entwicklung, den Europ&#228;ischen Sozialfonds und den Koh&#228;sionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.&#160;1260/1999 (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2006:210:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2006, L&#160;210, S.&#160;25</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Frau Francesca Cadeddu gegen die Agenzia delle Entrate&#160;&#8211; Direzione provinciale di Cagliari (Steuerbeh&#246;rde der Provinzdirektion Cagliari, Italien) (im Folgenden: Steuerbeh&#246;rde), die Regione autonoma della Sardegna (Autonome Region Sardinien, Italien) und die Regione autonoma della Sardegna&#160;&#8211; Agenzia regionale per il lavoro (Autonome Region Sardinien&#160;&#8211; regionale Arbeitsagentur, Italien) f&#252;hrt. Gegenstand dieses Rechtsstreits sind die Betr&#228;ge, die von der Studienbeihilfe an Frau Cadeddu einbehalten wurden.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Rechtlicher Rahmen</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Unionsrecht</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Art.&#160;2 (&#8222;Begriffsbestimmungen&#8220;) der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck</p> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">3.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#8218;Vorhaben&#8216; ein Projekt oder ein B&#252;ndel von Projekten, das von der Verwaltungsbeh&#246;rde des betreffenden operationellen Programms oder unter ihrer Verantwortung nach den vom Begleitausschuss festgelegten Kriterien ausgew&#228;hlt und von einem oder mehreren Beg&#252;nstigten durchgef&#252;hrt wird, um die Ziele der zugeh&#246;rigen Priorit&#228;tsachse zu erreichen;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">4.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#8218;Beg&#252;nstigter&#8216; einen Wirtschaftsbeteiligten oder eine Einrichtung bzw. ein Unternehmen des &#246;ffentlichen oder privaten Rechts, die mit der Einleitung oder der Einleitung und Durchf&#252;hrung der Vorhaben betraut sind. Bei den Beihilferegelungen gem&#228;&#223; Artikel&#160;87 des [EG&#8209;]Vertrags sind die Beg&#252;nstigten die &#246;ffentlichen oder privaten Einrichtungen, die das einzelne Projekt durchf&#252;hren und Empf&#228;nger der &#246;ffentlichen Beihilfe sind;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Gem&#228;&#223; Art.&#160;80 der Verordnung &#8222;[sorgen] die Mitgliedstaaten &#8230; daf&#252;r, dass die mit den Zahlungen beauftragten Stellen darauf achten, dass die Beg&#252;nstigten den Gesamtbetrag der &#246;ffentlichen Beteiligung so bald wie m&#246;glich und vollst&#228;ndig erhalten. Der den Beg&#252;nstigten zu zahlende Betrag wird durch keinerlei Abz&#252;ge, Einbehalte, sp&#228;ter erhobene spezifische Abgaben oder &#196;hnliches verringert&#8220;.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Italienisches Recht</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Decreto del Presidente della Republica n.&#160;917&#160;&#8211; Approvazione del testo unico delle imposte sui redditi (Dekret Nr.&#160;917 des Pr&#228;sidenten der Republik zur Verabschiedung des Einheitstextes &#252;ber die Einkommensteuer) vom 22.&#160;Dezember 1986 (Supplemento ordinario zur GURI Nr.&#160;302 vom 31.&#160;Dezember 1986) bestimmt in seiner f&#252;r das Ausgangsverfahren ma&#223;geblichen Fassung (im Folgenden: TUIR) in Art.&#160;50 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Dem Einkommen aus einer abh&#228;ngigen Besch&#228;ftigung gleichgestellt sind</p> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">c)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Betr&#228;ge, die von gleich welcher Seite als Stipendium, Beihilfe, Preisgeld oder Unterst&#252;tzung f&#252;r Zwecke des Studiums oder der beruflichen Fortbildung gezahlt werden, wenn der Beg&#252;nstigte nicht durch ein abh&#228;ngiges Besch&#228;ftigungsverh&#228;ltnis mit dem, der die Zahlung gew&#228;hrt, verbunden ist;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Direzione Generale dell&#8217;Assessorato del Lavoro, Formazione Professionale, Cooperazione e Sicurezza Sociale (Generaldirektion des regionalen Ministeriums f&#252;r Arbeit, Berufsbildung, Zusammenarbeit und soziale Sicherung, Italien) w&#228;hlte als Verwaltungsbeh&#246;rde f&#252;r das operationelle Programm zur St&#228;rkung des Hochschulsystems in Sardinien (Italien) die Finanzierung des Programms &#8222;Master and Back&#8220; aus, das u.&#160;a. darin bestand, Hochschulabsolventen und Forscher zu unterst&#252;tzen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Entscheidung vom 8.&#160;April 2011 bewilligte die Autonome Region Sardinien&#160;&#8211; Regionale Arbeitsagentur der Kl&#228;gerin des Ausgangsverfahrens eine vom Europ&#228;ischen Sozialfonds (im Folgenden: ESF) kofinanzierte Studienbeihilfe in H&#246;he von 69818 Euro.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Bei der Auszahlung der Beihilfe behielt die Autonome Region Sardinien&#160;&#8211; Regionale Arbeitsagentur f&#252;r Rechnung der Steuerbeh&#246;rde eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer in H&#246;he von 19481,29 Euro zuz&#252;glich Steuern der Region und der Gemeinde in H&#246;he von 859,28 Euro bzw. 349 Euro ein.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da die Kl&#228;gerin des Ausgangsverfahrens der Auffassung war, dass diese Abz&#252;ge gegen Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 verstie&#223;en, beantragte sie bei der Steuerbeh&#246;rde, ihr den abgezogenen Betrag zu erstatten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Bescheid vom 6.&#160;April 2016 lehnte die Steuerbeh&#246;rde ihren Antrag mit der Begr&#252;ndung ab, dass zum einen eine Studienbeihilfe gem&#228;&#223; Art.&#160;50 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c TUIR mit Einkommen gleichzusetzen sei und zum anderen der Empf&#228;nger einer Studienbeihilfe nicht als &#8222;Beg&#252;nstigter&#8220; der Kofinanzierung im Sinne von Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 gelten k&#246;nne.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Kl&#228;gerin des Ausgangsverfahrens hat mit bei der Commissione tributaria provinciale di Cagliari (provinziale Steuerkommission Cagliari, Italien) am 30.&#160;Juni 2016 erhobener Klage die Nichtigerkl&#228;rung dieses Bescheids beantragt. Dabei st&#252;tzte sie sich haupts&#228;chlich auf einen Widerspruch zwischen den Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;1083/2006, wonach jegliche Abz&#252;ge oder Einbehalte hinsichtlich der den Beg&#252;nstigten gew&#228;hrten Betr&#228;ge verboten seien, und der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung, wonach Studienbeihilfen der Einkommensteuer unterl&#228;gen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das vorlegende Gericht fragt sich, ob unter den Begriff &#8222;Beg&#252;nstigter&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 auch eine nat&#252;rliche Person f&#228;llt, die Empf&#228;ngerin einer Studienbeihilfe ist, und ob die Begriffe &#8222;Abz&#252;ge [oder] Einbehalte&#8220; gem&#228;&#223; Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 Einbehalte umfassen, die in nationalen Bestimmungen zur Einkommensteuer vorgesehen sind. Die italienische Rechtsprechung sei in dieser Frage uneinheitlich; bestimmte italienische Gerichte lie&#223;en Einbehalte von den durch den ESF finanzierten Betr&#228;gen zu, andere nicht.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Vor diesem Hintergrund hat die Commissione tributaria provinciale di Cagliari (provinziale Steuerkommission Cagliari) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p> <p class="normal">Sind Art.&#160;80 und Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie Art.&#160;50 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c TUIR entgegenstehen, wonach &#8222;Betr&#228;ge, die von gleich welcher Seite als Stipendium, Beihilfe, Preisgeld oder Unterst&#252;tzung f&#252;r Zwecke des Studiums oder der beruflichen Fortbildung gezahlt werden, wenn der Beg&#252;nstigte nicht durch ein abh&#228;ngiges Besch&#228;ftigungsverh&#228;ltnis mit dem, der die Zahlung gew&#228;hrt, verbunden ist&#8220;, dem Einkommen aus einer abh&#228;ngigen Besch&#228;ftigung gleichgestellt sind und daher der allgemeinen Einkommensteuer f&#252;r nat&#252;rliche Personen unterliegen, auch wenn die Studienbeihilfe aus europ&#228;ischen Strukturfonds gezahlt wird?</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zur Vorlagefrage</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seiner Vorlagefrage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;80 in Verbindung mit Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Steuerregelung wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, wonach Studienbeihilfen der nationalen Einkommensteuer unterliegen, die aus Mitteln Europ&#228;ischer Strukturfonds finanziert und nat&#252;rlichen Personen von der Beh&#246;rde gew&#228;hrt werden, die von der Verwaltungsbeh&#246;rde des betreffenden operationellen Programms mit der Durchf&#252;hrung des ausgew&#228;hlten Projekts im Sinne von Art.&#160;2 Nr.&#160;3 der Verordnung beauftragt wurde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach st&#228;ndiger Rechtsprechung die direkten Steuern zwar in die Zust&#228;ndigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Unionsrechts aus&#252;ben m&#252;ssen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7.&#160;September 2004, Manninen, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A484&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;319/02</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A484&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2004:484</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A484&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point19" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">19</a>, und vom 25.&#160;Oktober 2007, Porto Antico di Genova, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;427/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:630</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point10" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">10</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insbesondere d&#252;rfen die nationalen Rechtsvorschriften das Funktionieren der Mechanismen nicht behindern, die im Rahmen der Strukturfonds, wie sie in der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 vorgesehen sind, geschaffen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2007, Porto Antico di Genova, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;427/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:630</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point10" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">10</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insoweit bestimmt Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006, dass &#8222;[d]ie Mitgliedstaaten [daf&#252;r sorgen], dass die mit den Zahlungen beauftragten Stellen darauf achten, dass die Beg&#252;nstigten den Gesamtbetrag der &#246;ffentlichen Beteiligung so bald wie m&#246;glich und vollst&#228;ndig erhalten&#8220;.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006, der jegliche Abgabe auf den Betrag der finanziellen Beteiligung der Europ&#228;ischen Union untersagt, weist nur auf die Regel der vollst&#228;ndigen Auszahlung von Finanzbeihilfen der Union hin, die bereits in anderen Vorschriften geregelt war, u.&#160;a. in Art.&#160;21 Abs.&#160;3 Unterabs.&#160;2 der Verordnung (EWG) Nr.&#160;4253/88 des Rates vom 19.&#160;Dezember 1988 zur Durchf&#252;hrung der Verordnung (EWG) Nr.&#160;2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europ&#228;ischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:1988:374:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 1988, L&#160;374, S.&#160;1</a>) in der durch die Verordnung (EWG) Nr.&#160;2082/93 des Rates vom 20.&#160;Juli 1993 (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:1993:193:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 1993, L&#160;193, S.&#160;20</a>) ge&#228;nderten Fassung.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Gerichtshof hat im Hinblick auf diese Bestimmung, wonach &#8222;[d]ie Zahlungen &#8230; an die Endempf&#228;nger zu leisten [sind], ohne dass irgendein Abzug oder Einbehalt den Finanzhilfebetrag verringern darf, auf den sie Anspruch haben&#8220;, klargestellt, dass dieses Verbot von Abz&#252;gen nicht rein formal ausgelegt werden kann und sich auf alle Belastungen beziehen muss, die unmittelbar und untrennbar mit den gezahlten Betr&#228;gen in Zusammenhang stehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5.&#160;Oktober 2006, Kommission/Portugal, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C-84/04</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2006:640</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point35" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">35</a>, und vom 25.&#160;Oktober 2007, Porto Antico di Genova, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C-427/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:630</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point13" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">13</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dagegen behindert eine Abgabe, die von Unionszusch&#252;ssen unabh&#228;ngig ist und nicht speziell mit den gew&#228;hrten Betr&#228;gen zusammenh&#228;ngt, sondern unterschiedslos die Gesamtheit der Eink&#252;nfte des Endbeg&#252;nstigten betrifft, nicht das Funktionieren der vom Unionsrecht geschaffenen Mechanismen, obwohl sie zu einer Verringerung des Betrags des Unionszuschusses f&#252;hrt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2007, Porto Antico di Genova, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C-427/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:630</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point16" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">16</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A630&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point18" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">18</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Angesichts dessen, dass den unterschiedlichen Unterst&#252;tzungsma&#223;nahmen gemeinsam ist, dass sie aus dem Unionshaushalt finanziert werden und die auf sie anwendbaren Auszahlungsregelungen gleich auszulegen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5.&#160;Oktober 2006, Kommission/Portugal, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C-84/04</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2006:640</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A640&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point32" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">32</a>), bleibt die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur vollst&#228;ndigen Auszahlung von Finanzhilfen nach Art.&#160;21 Abs.&#160;3 Unterabs.&#160;2 der Verordnung Nr.&#160;4253/88 in der durch die Verordnung Nr.&#160;2082/93 ge&#228;nderten Fassung auf Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 anwendbar.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Jedoch sind die Besonderheiten der verschiedenen fraglichen Mechanismen zu ber&#252;cksichtigen. Im Unterschied zu anderen Rechtsvorschriften, die sich unter Verwendung des Begriffs &#8222;Endbeg&#252;nstigter&#8220; auf die nat&#252;rliche oder juristische Person beziehen, die Empf&#228;ngerin der gew&#228;hrten Betr&#228;ge ist, wird n&#228;mlich in Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 ein &#8222;Beg&#252;nstigter&#8220; ausdr&#252;cklich als &#8222;[ein] Wirtschaftsbeteiligte[r] oder eine Einrichtung bzw. ein Unternehmen des &#246;ffentlichen oder privaten Rechts, die mit der Einleitung oder der Einleitung und Durchf&#252;hrung der Vorhaben betraut sind&#8220;, definiert.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Art.&#160;2 Nr.&#160;3 der Verordnung wird der Begriff &#8222;Vorhaben&#8220; definiert als ein &#8222;Projekt oder ein B&#252;ndel von Projekten, das von der Verwaltungsbeh&#246;rde des betreffenden operationellen Programms &#8230; ausgew&#228;hlt und von einem oder mehreren Beg&#252;nstigten durchgef&#252;hrt wird, um die Ziele der zugeh&#246;rigen Priorit&#228;tsachse zu erreichen&#8220;.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Folglich geht es bei der in Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 geregelten vollst&#228;ndigen Auszahlung um die Auszahlung an Wirtschaftsbeteiligte oder eine Einrichtung bzw. ein Unternehmen des &#246;ffentlichen oder privaten Rechts, die mit der Einleitung oder der Einleitung und Durchf&#252;hrung von Projekten betraut sind, die von der Verwaltungsbeh&#246;rde des betreffenden operationellen Programms ausgew&#228;hlt wurden, um die Ziele der betreffenden Priorit&#228;tsachse zu erreichen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Vorliegend ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass die Verwaltungsbeh&#246;rde im Rahmen des operationellen Programms zur St&#228;rkung des Hochschulsystems in Sardinien das Programm &#8222;Master and Back&#8220; ausgew&#228;hlt hat, das darin bestand, Hochschulabsolventen und Forschern Studienbeihilfen zu gew&#228;hren, deren Auswahl der Autonomen Region Sardinien&#160;&#8211; regionale Arbeitsagentur im Rahmen der Durchf&#252;hrung des zuletzt genannten Programms oblag.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Daraus folgt, dass die Kl&#228;gerin des Ausgangsverfahrens, obwohl sie pers&#246;nlich die Empf&#228;ngerin der Betr&#228;ge ist, die im Rahmen des vom ESF ausgew&#228;hlten und kofinanzierten Programms gew&#228;hrt wurden, nicht als &#8222;Beg&#252;nstigter&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 einzuordnen ist, da diese Eigenschaft der Autonomen Region Sardinien &#8211; regionale Arbeitsagentur zukommt. Somit ist der Grundsatz der vollst&#228;ndigen Auszahlung der aus dem Unionsbudget gew&#228;hrten Betr&#228;ge gem&#228;&#223; Art.&#160;80 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 auf Letztere anwendbar.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art.&#160;80 in Verbindung mit Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;1083/2006 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Steuerregelung wie der im Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, wonach Studienbeihilfen der nationalen Einkommensteuer unterliegen, die aus Mitteln europ&#228;ischer Strukturfonds finanziert und nat&#252;rlichen Personen von der Beh&#246;rde gew&#228;hrt werden, die von der Verwaltungsbeh&#246;rde des betreffenden operationellen Programms mit der Durchf&#252;hrung des ausgew&#228;hlten Projekts im Sinne von Art.&#160;2 Nr.&#160;3 der Verordnung beauftragt wurde.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <p class="normal"> <span class="bold">Art.&#160;80 in Verbindung mit Art.&#160;2 Nr.&#160;4 der Verordnung (EG) Nr.&#160;1083/2006 des Rates vom 11.&#160;Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen &#252;ber den Europ&#228;ischen Fonds f&#252;r regionale Entwicklung, den Europ&#228;ischen Sozialfonds und den Koh&#228;sionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr.&#160;1260/1999 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Steuerregelung wie der im Ausgangsverfahren nicht entgegensteht, wonach Studienbeihilfen der nationalen Einkommensteuer unterliegen, die aus Mitteln europ&#228;ischer Strukturfonds finanziert und nat&#252;rlichen Personen von der Beh&#246;rde gew&#228;hrt werden, die von der Verwaltungsbeh&#246;rde&#160;des betreffenden operationellen Programms mit der Durchf&#252;hrung des ausgew&#228;hlten Projekts im Sinne von Art.&#160;2 Nr.&#160;3 der Verordnung beauftragt wurde.</span> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <p class="normal">Unterschriften</p> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CJ0667_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CJ0667_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Italienisch.</p>
175,071
eugh-2018-12-19-c-55217
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-552/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:15
2019-01-31T19:21:15
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1032
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CJ0552_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CJ0552_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Steuerrecht&#160;&#8211; Harmonisierung des Steuerrechts&#160;&#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem&#160;&#8211; Richtlinie 2006/112/EG&#160;&#8211; Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros&#160;&#8211; Bereitstellung einer von anderen Steuerpflichtigen gemieteten Ferienwohnung&#160;&#8211; Zus&#228;tzliche Leistungen&#160;&#8211; Wesen einer Leistung als Haupt- oder Nebenleistung&#160;&#8211; Erm&#228;&#223;igte Steuers&#228;tze&#160;&#8211; Von einem Reiseb&#252;ro im eigenen Namen zur Verf&#252;gung gestellte Unterkunft&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;552/17</p> <p class="normal">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 3.&#160;August 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21.&#160;September 2017, in dem Verfahren</p> <p class="normal"> <span class="bold">Alpenchalets Resorts GmbH</span> </p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">Finanzamt M&#252;nchen Abteilung K&#246;rperschaften</span> </p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Siebten Kammer T.&#160;von&#160;Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer, der Richterin K.&#160;J&#252;rim&#228;e sowie der Richter C.&#160;Lycourgos, E.&#160;Juh&#225;sz (Berichterstatter) und&#160;C.&#160;Vajda,</p> <p class="normal">Generalanwalt: M.&#160;Bobek,</p> <p class="normal">Kanzler: K.&#160;Malacek, Verwaltungsrat,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 11.&#160;Juli 2018,</p> <p class="normal">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der Alpenchalets Resorts GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt M.&#160;Laukemann und durch E.&#160;Meilinger,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der deutschen Regierung, vertreten durch T.&#160;Henze und R.&#160;Kanitz als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der niederl&#228;ndischen Regierung, vertreten durch M.&#160;Bulterman und M.&#160;Noort als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch N.&#160;Gossement und B.&#8209;R.&#160;Killmann als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5.&#160;September 2018</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;98 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;1 und Art.&#160;306 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2006:347:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2006, L&#160;347, S.&#160;1</a>, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Alpenchalets Resorts GmbH (im Folgenden: Alpenchalets) und dem Finanzamt M&#252;nchen (Deutschland) wegen der Besteuerung der Bereitstellung von Ferienunterk&#252;nften.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Rechtlicher Rahmen</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Unionsrecht</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach dem zu Titel&#160;VIII (&#8222;Steuers&#228;tze&#8220;) der Mehrwertsteuerrichtlinie geh&#246;renden Art.&#160;98 Abs.&#160;1 und&#160;2 k&#246;nnen die Mitgliedstaaten einen oder zwei erm&#228;&#223;igte Steuers&#228;tze anwenden, die nur auf die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen der in Anhang&#160;III der Richtlinie genannten Kategorien anwendbar sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Anhang&#160;III der Mehrwertsteuerrichtlinie enth&#228;lt das &#8222;Verzeichnis der Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen, auf die erm&#228;&#223;igte MwSt-S&#228;tze gem&#228;&#223; Artikel&#160;98 angewandt werden k&#246;nnen&#8220;. Seine Nr.&#160;12 lautet:</p> <p class="normal">&#8222;Beherbergung in Hotels und &#228;hnlichen Einrichtungen, einschlie&#223;lich der Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften, und Vermietung von Campingpl&#228;tzen und Pl&#228;tzen f&#252;r das Abstellen von Wohnwagen;</p> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Kapitel&#160;3 (&#8222;Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros&#8220;) von Titel&#160;XII (&#8222;Sonderregelungen&#8220;) der Mehrwertsteuerrichtlinie enth&#228;lt Art.&#160;306. Dieser bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten wenden auf Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses Kapitels an, soweit die Reiseb&#252;ros gegen&#252;ber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchf&#252;hrung der Reise Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen.</p> <p class="normal">Diese Sonderregelung gilt nicht f&#252;r Reiseb&#252;ros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage Artikel&#160;79 Absatz&#160;1 Buchstabe c anzuwenden ist.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Zwecke dieses Kapitels gelten Reiseveranstalter als Reiseb&#252;ro.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;307 der Richtlinie sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Die zur Durchf&#252;hrung der Reise vom Reiseb&#252;ro unter den Voraussetzungen des Artikels&#160;306 bewirkten Ums&#228;tze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reiseb&#252;ros an den Reisenden.</p> <p class="normal">Die einheitliche Dienstleistung wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reiseb&#252;ro den Sitz seiner wirtschaftlichen T&#228;tigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:</p> <p class="normal">&#8222;F&#252;r die von dem Reiseb&#252;ro erbrachte einheitliche Dienstleistung gilt als Steuerbemessungsgrundlage und als Preis ohne Mehrwertsteuer im Sinne des Artikels&#160;226 Nummer&#160;8 die Marge des Reiseb&#252;ros, das hei&#223;t die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tats&#228;chlichen Kosten, die dem Reiseb&#252;ro f&#252;r die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;309 der Richtlinie bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;Werden die Ums&#228;tze, f&#252;r die das Reiseb&#252;ro andere Steuerpflichtige in Anspruch nimmt, von diesen au&#223;erhalb der [Union] bewirkt, wird die Dienstleistung des Reiseb&#252;ros einer gem&#228;&#223; Artikel&#160;153 von der Steuer befreiten Vermittlungst&#228;tigkeit gleichgestellt.</p> <p class="normal">Werden die in Absatz&#160;1 genannten Ums&#228;tze sowohl innerhalb als auch au&#223;erhalb der [Union] bewirkt, ist nur der Teil der Dienstleistung des Reiseb&#252;ros als steuerfrei anzusehen, der auf die Ums&#228;tze au&#223;erhalb der [Union] entf&#228;llt.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;310 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Die Mehrwertsteuerbetr&#228;ge, die dem Reiseb&#252;ro von anderen Steuerpflichtigen f&#252;r die in Artikel&#160;307 genannten Ums&#228;tze in Rechnung gestellt werden, welche dem Reisenden unmittelbar zugutekommen, sind in keinem Mitgliedstaat abziehbar oder erstattungsf&#228;hig.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Deutsches Recht</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Umsatzsteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.&#160;Februar 2005 (BGBl. I S.&#160;386) in der durch das Gesetz vom 22.&#160;Dezember 2009 (BGBl. I S.&#160;3950) ge&#228;nderten Fassung (im Folgenden: UStG) bestimmt in &#167;&#160;12 (&#8222;Steuers&#228;tze&#8220;):</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die Steuer betr&#228;gt f&#252;r jeden steuerpflichtigen Umsatz 19 Prozent der Bemessungsgrundlage (&#167;&#167;&#160;10, 11, 25 Abs.&#160;3 und &#167;&#160;25a Abs.&#160;3 und&#160;4).</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Die Steuer erm&#228;&#223;igt sich auf sieben Prozent f&#252;r die folgenden Ums&#228;tze:</p> <p class="normal">&#8230;</p> <p class="normal">11.&#160;&#160;&#160;die Vermietung von Wohn- und Schlafr&#228;umen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereith&#228;lt, sowie die kurzfristige Vermietung von Campingfl&#228;chen. Satz&#160;1 gilt nicht f&#252;r Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn diese Leistungen mit dem Entgelt f&#252;r die Vermietung abgegolten sind.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In &#167;&#160;25 (&#8222;Besteuerung von Reiseleistungen&#8220;) UStG hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Die nachfolgenden Vorschriften gelten f&#252;r Reiseleistungen eines Unternehmers, die nicht f&#252;r das Unternehmen des Leistungsempf&#228;ngers bestimmt sind, soweit der Unternehmer dabei gegen&#252;ber dem Leistungsempf&#228;nger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempf&#228;nger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach &#167;&#160;3a Abs.&#160;1. Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Die sonstige Leistung ist steuerfrei, soweit die ihr zuzurechnenden Reisevorleistungen im Drittlandsgebiet bewirkt werden. Die Voraussetzung der Steuerbefreiung muss vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu f&#252;hren hat.</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Die sonstige Leistung bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempf&#228;nger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und dem Betrag, den der Unternehmer f&#252;r die Reisevorleistungen aufwendet. Die Umsatzsteuer geh&#246;rt nicht zur Bemessungsgrundlage. Der Unternehmer kann die Bemessungsgrundlage statt f&#252;r jede einzelne Leistung entweder f&#252;r Gruppen von Leistungen oder f&#252;r die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen ermitteln.</p> <p class="normal">(4)&#160;&#160;&#160;Abweichend von &#167;&#160;15 Abs.&#160;1 ist der Unternehmer nicht berechtigt, die ihm f&#252;r die Reisevorleistungen gesondert in Rechnung gestellten sowie die nach &#167;&#160;13b geschuldeten Steuerbetr&#228;ge als Vorsteuer abzuziehen. Im &#220;brigen bleibt &#167;&#160;15 unber&#252;hrt.</p> <p class="normal">&#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im Jahr 2011 mietete Alpenchalets H&#228;user in Deutschland, &#214;sterreich und Italien von deren Eigent&#252;mern an und vermietete sie anschlie&#223;end im eigenen Namen zu Urlaubszwecken an Privatkunden. Zu den Leistungen geh&#246;rten neben der Bereitstellung der Unterkunft auch deren Reinigung sowie gegebenenfalls ein W&#228;sche- und Br&#246;tchenservice.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Alpenchalets ermittelte die Umsatzsteuer &#8211; gem&#228;&#223; &#167;&#160;25 UStG, unter den Reiseleistungen fallen &#8211; anhand ihrer Gewinnmarge und wandte den Regelsteuersatz an. Sp&#228;ter, mit Schreiben vom 6.&#160;Mai 2013, beantragte sie die &#196;nderung der Steuerfestsetzung und die Anwendung des erm&#228;&#223;igten Steuersatzes gem&#228;&#223; &#167;&#160;12 Abs.&#160;2 UStG. Das Finanzamt M&#252;nchen lehnte diesen Antrag ab.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Alpenchalets erhob Klage beim Finanzgericht. Dieses wies die Klage mit der Begr&#252;ndung ab, dass nach &#167;&#160;25 UStG auf die fraglichen Reiseleistungen die Margenbesteuerung anzuwenden sei. Die Anwendung des erm&#228;&#223;igten Steuersatzes komme nicht in Betracht, da die Erbringung einer Reiseleistung im Sinne von &#167;&#160;25 UStG nicht im Katalog der Steuersatzerm&#228;&#223;igungen des &#167;&#160;12 Abs.&#160;2 UStG genannt sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Diese Entscheidung focht Alpenchalets beim Bundesfinanzhof (Deutschland) an.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das vorlegende Gericht weist zum einen darauf hin, dass nach dem Urteil vom 12.&#160;November 1992, Van Ginkel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;163/91</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:1992:435</a>), die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros auf Leistungen eines Reiseb&#252;ros, die nur die Unterbringung umfassten, anwendbar sei. Dieses Ergebnis sei in der sp&#228;teren Rechtsprechung des Gerichtshofs best&#228;tigt worden; fraglich sei jedoch, ob es nicht im Licht des Urteils vom 21.&#160;Juni 2007, Ludwig (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;453/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:369</a>), in dem zwischen Haupt- und Nebenleistungen unterschieden werde, &#252;berpr&#252;ft werden sollte.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zum anderen sei zu pr&#252;fen, ob es m&#246;glich sei, in der anh&#228;ngigen Rechtssache einen erm&#228;&#223;igten Mehrwertsteuersatz anzuwenden, obwohl die Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros im Sinne von Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie als solche zu betrachten seien und in dieser Eigenschaft nicht unter Anhang&#160;III der Richtlinie fielen. Da die Vermietung einer Ferienwohnung au&#223;erhalb der Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros einem erm&#228;&#223;igten Mehrwertsteuersatz unterliege, k&#246;nne die Anwendung dieses erm&#228;&#223;igten Satzes auf eine gleichartige Leistung, die der Sonderregelung unterliege, zugelassen werden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zu den Vorlagefragen</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Zur ersten Frage</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art.&#160;306 bis&#160;310 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die blo&#223;e &#220;berlassung einer von anderen Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein Reiseb&#252;ro oder eine solche &#220;berlassung einer Ferienwohnung mit zus&#228;tzlichen, als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen der Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros unterliegt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zun&#228;chst ist darauf hinzuweisen, dass die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros gem&#228;&#223; Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie nur anwendbar ist, wenn das Reiseb&#252;ro zur Veranstaltung der Reise Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;557/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:672</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point18" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">18</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point21" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">21</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Vorabentscheidungsersuchen enth&#228;lt indessen keine Angaben dazu, ob es sich bei den Eigent&#252;mern oder Betreibern der an Alpenchalets vermieteten Ferienwohnungen um Mehrwertsteuerpflichtige handelt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Daher kann der Gerichtshof die erste Frage nur unter dem Vorbehalt beantworten, dass diese Eigent&#252;mer oder Betreiber mehrwertsteuerpflichtig sind, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Wie sich aus dem Wortlaut von Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie und aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt, findet die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros nur Anwendung, wenn ein Reiseb&#252;ro zur Durchf&#252;hrung der Reise Gegenst&#228;nde und Dienstleistungen Dritter in Anspruch nimmt; dies bedeutet, dass seine eigenen Leistungen, d.&#160;h. die Leistungen, die nicht von Dritten bezogen, sondern von dem Reiseb&#252;ro selbst erbracht wurden, nicht unter die Sonderregelung fallen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;557/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:672</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point18" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">18</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point21" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">21</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point23" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">23</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point27" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">27</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In diesem Zusammenhang kann der vom vorlegenden Gericht angesprochene und in Rn.&#160;18 des Urteils vom 21.&#160;Juni 2007, Ludwig (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;453/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:369</a>), erw&#228;hnte Grundsatz der einheitlichen Leistung, der im Bereich der allgemeinen Mehrwertsteuerregelung Anwendung findet, die Beurteilung der &#8222;einheitlichen Dienstleistung&#8220; im Kontext der Mehrwertsteuer-Sonderregelung f&#252;r die Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros nicht beeinflussen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;557/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:672</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A672&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point24" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">24</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zur Anwendung dieser Sonderregelung auf eine von Dritten bezogene Dienstleistung der &#220;berlassung einer Ferienwohnung ist, wie das vorlegende Gericht ausf&#252;hrt, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Rn.&#160;23 und&#160;24 des Urteils vom 12.&#160;November 1992, Van Ginkel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;163/91</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:1992:435</a>), festgestellt hat, dass die blo&#223;e Bereitstellung der Unterkunft durch das Reiseb&#252;ro unter die genannte Sonderregelung fallen kann. Um den W&#252;nschen der Kundschaft zu entsprechen, bieten Reiseb&#252;ros n&#228;mlich ganz verschiedene Urlaubs- und Reiseformen an, die es dem Reisenden erlauben, nach seinen Vorstellungen Bef&#246;rderungs-, Unterkunfts- und sonstige Leistungen zu kombinieren, die diese Veranstalter erbringen k&#246;nnen. W&#252;rden vom Anwendungsbereich von Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie Leistungen eines Reiseb&#252;ros allein deswegen ausgeschlossen, weil sie nur die Unterkunft umfassen, so f&#252;hrte das zu einer komplexen steuerlichen Regelung, in der die anwendbaren Mehrwertsteuervorschriften davon abhingen, welche Bestandteile die dem Reisenden angebotenen Leistungen umfassten. Eine solche Steuerregelung widerspr&#228;che den Zielen der Richtlinie.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Diese Rechtsprechung wurde in mehreren Urteilen des Gerichtshofs best&#228;tigt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In der Rechtssache MyTravel (Urteil vom 6.&#160;Oktober 2005, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2005%3A591&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;291/03</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2005%3A591&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2005:591</a>), veranstaltete das Reiseb&#252;ro Pauschalreisen einschlie&#223;lich Unterkunft und &#252;bernahm die Bef&#246;rderung selbst, d.&#160;h. mit eigenen Mitteln. Wie sich aus Rn.&#160;19 dieses Urteils ergibt, war der Pauschalpreis in den auf die Sonderregelung und den auf die Eigenleistungen entfallenden Teil aufzuschl&#252;sseln. Durch diese Aufschl&#252;sselung hat der Gerichtshof anerkannt, dass die Sonderregelung auf blo&#223;e Beherbergungsleistungen Anwendung finden kann.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus Rn.&#160;29 des Urteils vom 13.&#160;Oktober 2005, ISt (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2005%3A608&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;200/04</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2005%3A608&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2005:608</a>), geht hervor, dass die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros auf einen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung findet, der seinen Kunden gegen Zahlung eines Pauschalpreises au&#223;er den mit eigenen Mitteln erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit Sprachausbildung und &#8209;unterricht auch von anderen Steuerpflichtigen bezogene Leistungen wie den Transfer in das Bestimmungsland und/oder den Aufenthalt in diesem Land anbietet. Die Konjunktion &#8222;und/oder&#8220; verdeutlicht, dass eine dieser Leistungen f&#252;r sich genommen ausreichen kann, damit die genannte Sonderregelung Anwendung findet.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point29">29</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im Urteil vom 9.&#160;Dezember 2010, Minerva Kulturreisen (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2010%3A762&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;31/10</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2010%3A762&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2010:762</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2010%3A762&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point21" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">21</a>), hat der Gerichtshof entschieden, dass zwar nicht jede von einem Reiseb&#252;ro erbrachte Leistung ohne Zusammenhang mit einer Reise unter die Sonderregelung in Art.&#160;26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.&#160;Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Umsatzsteuern &#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:1977:145:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 1977, L&#160;145, S.&#160;1</a>) f&#228;llt, dessen Bestimmungen in Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie &#252;bernommen wurden; die Bereitstellung einer Ferienunterkunft durch ein Reiseb&#252;ro wird aber vom Anwendungsbereich dieses Artikels erfasst, auch wenn die Leistung nur die Unterbringung und nicht die Bef&#246;rderung umfasst.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point30">30</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Beschluss vom 1.&#160;M&#228;rz 2012, Star Coaches (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A120&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;220/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A120&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:120</a>), l&#228;sst keinen anderen Schluss zu.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point31">31</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Erstens hat der Gerichtshof in Rn.&#160;20 dieses Beschlusses die auf das Urteil vom 12.&#160;November 1992, Van Ginkel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;163/91</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A1992%3A435&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:1992:435</a>), zur&#252;ckgehende Rechtsprechung klar best&#228;tigt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point32">32</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zweitens hat der Gerichtshof in dieser Rechtssache lediglich festgestellt, dass die von einem Wirtschaftsteilnehmer erbrachten Bef&#246;rderungsleistungen nicht unter Art.&#160;306 der Mehrwertsteuerrichtlinie fallen k&#246;nnen, wenn sie &#252;ber einen Unterauftragnehmer nicht an den Reisenden selbst, sondern an Reiseb&#252;ros erbracht werden und das Bef&#246;rderungsunternehmen kein anderes Merkmal aufweist, anhand dessen seine Leistungen denen eines Reiseb&#252;ros oder eines Reiseveranstalters gleichgestellt werden k&#246;nnen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point33">33</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da die blo&#223;e Bereitstellung von Ferienunterk&#252;nften durch das Reiseb&#252;ro gen&#252;gt, damit die in den Art.&#160;306 bis&#160;310 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Sonderregelung Anwendung findet, kann der Stellenwert etwaiger anderer Lieferungen von Gegenst&#228;nden oder anderer Dienstleistungen, die zu dieser Bereitstellung von Unterk&#252;nften hinzutreten, keine Auswirkung auf die rechtliche Qualifikation des in Rede stehenden Sachverhalts haben, die dahin geht, dass er unter die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros f&#228;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point34">34</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Somit braucht nicht gegebenenfalls im Licht der auf das Urteil vom 21.&#160;Juni 2007, Ludwig (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;453/05</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2007%3A369&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2007:369</a>), zur&#252;ckgehenden Rechtsprechung gepr&#252;ft zu werden, ob solche Lieferungen von Gegenst&#228;nden oder Dienstleistungen, die zur Bereitstellung von Unterk&#252;nften durch das Reiseb&#252;ro hinzutreten, als Haupt- oder Nebenleistung zu qualifizieren sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point35">35</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Anbetracht der vorstehenden Erw&#228;gungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art.&#160;306 bis&#160;310 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die blo&#223;e &#220;berlassung einer von anderen Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein Reiseb&#252;ro oder eine solche &#220;berlassung einer Ferienwohnung mit zus&#228;tzlichen, als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen unabh&#228;ngig von dem Stellenwert dieser zus&#228;tzlichen Leistungen jeweils eine einheitliche Leistung darstellt, die der Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros unterliegt.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Zur zweiten Frage</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point36">36</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die in der Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften bestehende Dienstleistung von Reiseb&#252;ros, die unter Art.&#160;307 der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#228;llt, dem erm&#228;&#223;igten Steuersatz oder einem der erm&#228;&#223;igten Steuers&#228;tze im Sinne von Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Richtlinie unterliegen kann.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point37">37</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass schon nach dem Wortlaut von Art.&#160;307 der Mehrwertsteuerrichtlinie die zur Durchf&#252;hrung der Reise vom Reiseb&#252;ro unter den Voraussetzungen von Art.&#160;306 der Richtlinie bewirkten Ums&#228;tze f&#252;r ihre steuerliche Behandlung als eine einheitliche Dienstleistung des Reiseb&#252;ros an den Reisenden gelten. Da die in der Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften bestehende Leistung unter die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros f&#228;llt, folgt ihre steuerliche Behandlung daher nicht den f&#252;r die Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften geltenden Regeln, sondern richtet sich nach der Sonderregelung der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#252;r die einheitliche Dienstleistung des Reiseb&#252;ros.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point38">38</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zudem ist festzustellen, dass nach Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie der erm&#228;&#223;igte Steuersatz nur auf die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen der in Anhang&#160;III der Richtlinie genannten Kategorien anwendbar ist.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point39">39</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die einheitliche Dienstleistung des Reiseb&#252;ros im Sinne von Art.&#160;307 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist dort jedoch nicht aufgef&#252;hrt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point40">40</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Somit findet der in Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene erm&#228;&#223;igte Steuersatz keine Anwendung auf die Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften, die unter die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros f&#228;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point41">41</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Folglich ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die in der Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften bestehende Dienstleistung von Reiseb&#252;ros, die unter Art.&#160;307 der Richtlinie f&#228;llt, nicht dem erm&#228;&#223;igten Steuersatz oder einem der erm&#228;&#223;igten Steuers&#228;tze im Sinne von Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Richtlinie unterliegen kann.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point42">42</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">1.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Die Art.&#160;306 bis&#160;310 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die blo&#223;e &#220;berlassung einer von anderen Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein Reiseb&#252;ro oder eine solche &#220;berlassung einer Ferienwohnung mit zus&#228;tzlichen, als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen unabh&#228;ngig von dem Stellenwert dieser zus&#228;tzlichen Leistungen jeweils eine einheitliche Leistung darstellt, die der Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros unterliegt.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">2.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass die in der Beherbergung in Ferienunterk&#252;nften bestehende Dienstleistung von Reiseb&#252;ros, die unter Art.&#160;307 der Richtlinie f&#228;llt, nicht dem erm&#228;&#223;igten Steuersatz oder einem der erm&#228;&#223;igten Steuers&#228;tze im Sinne von Art.&#160;98 Abs.&#160;2 der Richtlinie unterliegen kann.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">von&#160;Danwitz</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">J&#252;rim&#228;e</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Lycourgos</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Juh&#225;sz</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Vajda</p> </div> </div> <p class="normal">Verk&#252;ndet in &#246;ffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19.&#160;Dezember 2018.</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A. Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K. Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CJ0552_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CJ0552_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,070
eugh-2018-12-19-c-1718
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-17/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:14
2019-01-31T19:21:14
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1038
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Steuer&#160;&#8211; Mehrwertsteuer&#160;&#8211; Richtlinie 2006/112/EG&#160;&#8211; Art.&#160;19, Art.&#160;29 und Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l&#160;&#8211; &#220;bertragung eines Gesamt- oder Teilverm&#246;gens&#160;&#8211; Steuerbefreiung der Vermietung von Grundst&#252;cken&#160;&#8211; Pachtvertrag &#252;ber eine f&#252;r einen Gesch&#228;ftsbetrieb genutzte Immobilie und die f&#252;r diesen Betrieb erforderlichen beweglichen Gegenst&#228;nde&#160;&#8211; Leistungen in Bezug auf die Immobilie, die zu einem Vorsteuerabzug berechtigten&#160;&#8211; Berichtigung&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;17/18</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Tribunalul Mure&#351; (Landgericht Mure&#351;, Rum&#228;nien) mit Entscheidung vom 20.&#160;Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 9.&#160;Januar 2018, in dem Strafverfahren gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Virgil Mailat,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Delia Elena Mailat,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Apcom Select SA</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Kammerpr&#228;sidenten F.&#160;Biltgen (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Zehnten Kammer, des Richters E.&#160;Levits und der Richterin M.&#160;Berger,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanw&#228;ltin: E.&#160;Sharpston,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn Mailat, vertreten durch L.&#160;Chiriac und O.&#160;D.&#160;Cr&#259;ciun, avoca&#355;i,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Frau Mailat, vertreten durch S.&#160;Bogdan und D.&#8209;S.&#160;Chertes, avoca&#355;i,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der rum&#228;nischen Regierung, zun&#228;chst vertreten durch R.&#8209;H.&#160;Radu, dann durch C.&#8209;R.&#160;Can&#355;&#259;r, O.&#160;C.&#160;M.&#160;Florescu und E.&#160;Gane als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch A.&#160;Armenia und R.&#160;Lyal als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des nach Anh&#246;rung der Generalanw&#228;ltin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art.&#160;19 und 29 sowie von Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl.&#160;2006, L&#160;347, S.&#160;1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Virgil Mailat und Frau Delia Elena Mailat sowie gegen die Handelsgesellschaft Apcom Select SA, deren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer Herr und Frau Mailat waren. In diesem Verfahren wird ihnen Steuerhinterziehung zur Last gelegt, weil sie, nachdem sie auf Arbeiten in einer f&#252;r ihre Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit genutzten Immobilie einen Vorsteuerabzug vorgenommen hatten, die Mehrwertsteuer nicht berichtigten, als sie die fragliche Immobilie und die zur Fortsetzung der Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit ben&#246;tigten beweglichen Gegenst&#228;nde verpachteten.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;19 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen die &#220;bertragung eines Gesamt- oder Teilverm&#246;gens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenst&#228;nden vorliegt, und den Beg&#252;nstigten der &#220;bertragung als Rechtsnachfolger des &#220;bertragenden ansehen.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen die erforderlichen Ma&#223;nahmen treffen, um Wettbewerbsverzerrungen f&#252;r den Fall zu vermeiden, dass der Beg&#252;nstigte nicht voll steuerpflichtig ist. Sie k&#246;nnen ferner die erforderlichen Ma&#223;nahmen treffen, um Steuerhinterziehungen oder &#8209;umgehungen durch die Anwendung dieses Artikels vorzubeugen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;29 dieser Richtlinie sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Artikel&#160;19 gilt unter den gleichen Voraussetzungen f&#252;r Dienstleistungen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten befreien folgende Ums&#228;tze von der Steuer:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">l)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vermietung und Verpachtung von Grundst&#252;cken.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Rum&#228;nisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;149 der Legea nr.&#160;571/2003 privind Codul fiscal (Gesetz Nr.&#160;571/2003 &#252;ber das Steuergesetzbuch) vom 23.&#160;Dezember 2003 (<i>Monitorul Oficial</i><i>al Rom&#226;niei</i>, Teil&#160;I, Nr.&#160;927 vom 23.&#160;Dezember 2003) in der im Dezember 2007 geltenden Fassung bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Sinne dieses Artikels ist</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die abziehbare Vorsteuer f&#252;r Investitionsg&#252;ter die f&#252;r Ums&#228;tze jeder Art im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Herstellung, der Umwandlung oder der Modernisierung dieser G&#252;ter gezahlte oder geschuldete Steuer, ausgenommen die f&#252;r Reparaturen oder die Instandhaltung dieser G&#252;ter gezahlte oder geschuldete Steuer oder die Steuer f&#252;r den Erwerb von zur Reparatur oder der Instandhaltung von Investitionsg&#252;tern bestimmten Ersatzteilen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Berichtigung der in Abs.&#160;1 Buchst.&#160;d vorgesehenen abziehbaren Vorsteuer erfolgt</p> <p class="C02AlineaAltA">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;wenn das Investitionsgut vom Steuerpflichtigen</p> <p class="C10Marge1">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ganz oder teilweise f&#252;r andere Zwecke als seine wirtschaftliche T&#228;tigkeit verwendet wird;</p> <p class="C10Marge1">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;f&#252;r Ums&#228;tze verwendet wird, f&#252;r die kein Recht auf Vorsteuerabzug besteht;</p> <p class="C10Marge1">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;f&#252;r Ums&#228;tze verwendet wird, f&#252;r die ein Recht auf Vorsteuerabzug in anderer H&#246;he als urspr&#252;nglich abgezogen besteht.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Apcom Select, deren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer Herr und Frau Mailat waren, nahm im Mai 2007 Investitionsarbeiten ab, die in den Jahren 2006 bis 2007 in einer Immobilie durchgef&#252;hrt worden waren, in der sie ein Restaurant betrieb. Apcom Select nahm f&#252;r diese Arbeiten sowie die f&#252;r den Betrieb des Restaurants ben&#246;tigten Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde einen Vorsteuerabzug vor.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Dezember 2007 verpachtete Apcom Select die fragliche Immobilie sowie die f&#252;r den Betrieb des Restaurants ben&#246;tigten Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde mehrwertsteuerfrei an eine andere Handelsgesellschaft. Der P&#228;chter f&#252;hrte den Betrieb des Restaurants unter demselben Namen fort. Beim Abschluss des Pachtvertrags nahmen Herr und Frau Mailat keine Berichtigung der f&#252;r die ausgef&#252;hrten Arbeiten sowie die f&#252;r den Betrieb des Restaurants ben&#246;tigten Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde in Abzug gebrachten Mehrwertsteuer vor, obwohl sie nach der nationalen Regelung dazu verpflichtet gewesen w&#228;ren.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang ist gegen Herrn und Frau Mailat sowie Apcom Select auf Betreiben der staatlichen Direktion f&#252;r Korruptionsbek&#228;mpfung ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngig.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall machen Herr und Frau Mailat geltend, dass es sich bei der Verpachtung der Immobilie, in der sie ein Restaurant betrieben h&#228;tten, einschlie&#223;lich der Sachanlagen und der f&#252;r den Betrieb des Restaurants ben&#246;tigten Gegenst&#228;nde an eine andere Handelsgesellschaft, um eine Gesch&#228;fts&#252;bertragung im Sinne der Art.&#160;19 und 29 der Mehrwertsteuerrichtlinie gehandelt habe und Apcom Select daher berechtigt gewesen sei, die gesamte Vorsteuer auf die in den Jahren 2006 bis 2007 durchgef&#252;hrten Modernisierungsarbeiten abzuziehen, ohne die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Verpachtung zugunsten des Staates berichtigen zu m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem Hintergrund hat das Tribunalul Mure&#537; (Landgericht Mure&#537;, Rum&#228;nien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stellt der Abschluss eines Vertrags, mit dem eine Gesellschaft eine Immobilie, in der sie ein Restaurant betrieben hat, einschlie&#223;lich aller Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde verpachtet, wenn der P&#228;chter das Restaurant unter demselben zuvor verwendeten Namen weiterbetreibt, eine Gesch&#228;fts&#252;bertragung im Sinne der Art.&#160;19 und 29 der Mehrwertsteuerrichtlinie dar?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Fall, dass die erste Frage verneint wird: Handelt es sich bei dem beschriebenen Umsatz um eine Dienstleistung, die als eine Verpachtung von Grundst&#252;cken im Sinne von Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen ist, oder um eine komplexe Dienstleistung, die nicht als eine Verpachtung von Grundst&#252;cken anzusehen ist und kraft Gesetzes steuerbar ist?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob der Begriff &#8222;&#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens oder eines Teilverm&#246;gens&#8220; im Sinne von Art.&#160;19 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einen Umsatz erfasst, mit dem eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, einschlie&#223;lich aller Sachanlagen und f&#252;r diesen Betrieb genutzter Inventargegenst&#228;nde verpachtet wird, wenn der P&#228;chter diesen Betrieb unter demselben Namen fortf&#252;hrt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gleichlautend ist mit Art.&#160;5 Abs.&#160;8 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.&#160;Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Umsatzsteuern &#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl.&#160;1977, L&#160;145, S.&#160;1) und dass sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur letztgenannten Bestimmung entsprechend auf Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie &#252;bertragen l&#228;sst. Nach dieser Rechtsprechung ist Zweck dieser Bestimmung, &#220;bertragungen von Unternehmen zu erleichtern, n&#228;mlich sie zu vereinfachen und zu vermeiden, dass die Mittel des Beg&#252;nstigten mit einer erheblichen Ausgabe belastet werden, zumal er diese Belastung sp&#228;ter durch einen Vorsteuerabzug wiedererlangen w&#252;rde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27.&#160;November 2003, Zita Modes, C&#8209;497/01, EU:C:2003:644, Rn.&#160;39, und vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;23).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Begriff &#8222;&#220;bertragung des Gesamtverm&#246;gens oder eines Teilverm&#246;gens&#8220; ist vom Gerichtshof dahin ausgelegt worden, dass er die &#220;bertragung eines Gesch&#228;ftsbetriebs oder eines selbst&#228;ndigen Unternehmensteils erfasst, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile umfassen, die zusammengenommen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbst&#228;ndige wirtschaftliche T&#228;tigkeit fortgef&#252;hrt werden kann, dass er aber nicht die blo&#223;e &#220;bertragung von Gegenst&#228;nden wie den Verkauf eines Warenbestands einschlie&#223;t (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27.&#160;November 2003, Zita Modes, C&#8209;497/01, EU:C:2003:644, Rn.&#160;40, und vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;24).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs muss, damit eine &#220;bertragung eines Gesch&#228;ftsbetriebs oder eines selbst&#228;ndigen Unternehmensteils vorliegt, die Gesamtheit der &#252;bertragenen Bestandteile ausreichen, um die Fortf&#252;hrung einer selbst&#228;ndigen wirtschaftlichen T&#228;tigkeit zu erm&#246;glichen, und ist die Frage, ob diese Gesamtheit sowohl unbewegliche als auch bewegliche Gegenst&#228;nde umfassen muss, im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden wirtschaftlichen T&#228;tigkeit zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;25 und 26).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem hat der Gerichtshof entschieden, dass bei der Gesamtw&#252;rdigung der tats&#228;chlichen Umst&#228;nde, die vorzunehmen ist, um festzustellen, ob der betreffende Umsatz unter den Begriff &#8222;&#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens&#8220; im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#228;llt, der Art der wirtschaftlichen T&#228;tigkeit, deren Fortf&#252;hrung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;32).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So kann in dem Fall, dass f&#252;r eine wirtschaftliche T&#228;tigkeit kein besonderes Gesch&#228;ftslokal oder kein Lokal mit einer f&#252;r die Fortf&#252;hrung der wirtschaftlichen T&#228;tigkeit unverzichtbaren festen Ladeneinrichtung erforderlich ist, eine &#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens im Sinne von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie auch ohne &#220;bereignung einer unbeweglichen Sache vorliegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;27).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu wirtschaftlichen T&#228;tigkeiten, die in der Nutzung einer untrennbaren Gesamtheit von beweglichen und unbeweglichen Sachen bestehen, hat der Gerichtshof au&#223;erdem entschieden, dass keine &#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens im Sinne von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorliegt, wenn der Erwerber nicht den Besitz an dem Gesch&#228;ftslokal erh&#228;lt. Insbesondere wenn das Lokal mit einer festen Ladeneinrichtung ausgestattet ist, die f&#252;r die Fortf&#252;hrung der wirtschaftlichen T&#228;tigkeit notwendig ist, m&#252;ssen diese unbeweglichen Sachen zu den &#252;bertragenen Bestandteilen geh&#246;ren, damit es sich um die &#220;bertragung eines Gesamt- oder Teilverm&#246;gens im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie handeln kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;28).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der T&#228;tigkeit, um die es im Ausgangsverfahren geht, n&#228;mlich dem Betrieb eines Restaurants, handelt es sich um eine T&#228;tigkeit, die grunds&#228;tzlich nicht ohne ein Gesch&#228;ftslokal ausge&#252;bt werden kann. Abgesehen von Imbisswagen setzt die T&#228;tigkeit der Bewirtung n&#228;mlich voraus, dass der Betreiber &#252;ber R&#228;umlichkeiten verf&#252;gt, die als K&#252;che genutzt werden k&#246;nnen und in denen die Ausstattung, die Ger&#228;te und die Rohstoffe, die f&#252;r die Zubereitung von Speisen ben&#246;tigt werden, untergebracht werden k&#246;nnen. Im Ausgangsverfahren geht es aber nicht um den Betrieb eines Imbisswagens, sondern um den Betrieb eines Restaurants an einer festen Adresse, das sowohl &#252;ber eine K&#252;che als auch &#252;ber einen Speisesaal verf&#252;gt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass es, auch wenn es sich um eine wirtschaftliche T&#228;tigkeit handelt, die nicht ohne ein Gesch&#228;ftslokal ausge&#252;bt werden kann, zur Fortf&#252;hrung bestimmter &#252;bertragener wirtschaftlichen T&#228;tigkeiten nicht notwendig ist, dass der Inhaber des Gesch&#228;fts auch der Eigent&#252;mer der Immobilie ist, in der dieses Gesch&#228;ft gef&#252;hrt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;34). So hat der Gerichtshof entschieden, dass, wenn sich zeigt, dass der Erwerber zur Fortf&#252;hrung der betreffenden wirtschaftlichen T&#228;tigkeit &#252;ber dasselbe Gesch&#228;ftslokal verf&#252;gen muss, das dem Ver&#228;u&#223;erer zur Verf&#252;gung stand, grunds&#228;tzlich auch nichts dagegen spricht, dass ihm der Besitz durch Abschluss eines Mietvertrags einger&#228;umt wird (Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;36).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings betraf die Rechtssache, in der das Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever (C&#8209;444/10, EU:C:2011:724), ergangen ist, in dem der Gerichtshof diese Erw&#228;gungen angestellt hat, die &#220;bertragung des Warenbestands und der Gesch&#228;ftsausstattung an den neuen Inhaber des in dieser Rechtssache in Rede stehenden Gesch&#228;ftsbetriebs, die als Gesamtheit beweglicher Sachen angesehen wurden, die hinreichte, um die wirtschaftliche T&#228;tigkeit fortzuf&#252;hren.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall dagegen geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass s&#228;mtliche zur Aus&#252;bung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden wirtschaftlichen T&#228;tigkeit erforderlichen Gegenst&#228;nde lediglich vermietet wurden und die an ihnen bestehenden Eigentumsrechte nicht &#252;bertragen wurden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine solche &#220;berlassung s&#228;mtlicher dieser Gegenst&#228;nde stellt aber keine &#220;bertragung eines Gesamt- oder Teilverm&#246;gens im Sinne von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dar.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass den beim Gerichtshof eingereichten Erkl&#228;rungen zu entnehmen ist, dass einige bewegliche Gegenst&#228;nde wohl nicht vermietet, sondern an den &#220;bernehmer verkauft wurden. Letztlich ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Gegenst&#228;nde f&#252;r sich allein dem &#220;bernehmer erm&#246;glichten, die fragliche wirtschaftliche T&#228;tigkeit selbst&#228;ndig fortzuf&#252;hren, oder ob die Immobilie, die Gegenstand des im Ausgangsverfahren in Frage stehenden Pachtvertrags war, mit den zur Fortf&#252;hrung dieser wirtschaftlichen T&#228;tigkeit erforderlichen Anlagen ausgestattet war.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem ist zum einen der Tatbestand &#8222;&#220;bertragung eines Gesamt- oder Teilverm&#246;gens&#8220; im Sinne von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nur erf&#252;llt, wenn der &#220;bernehmer beabsichtigt, den &#252;bertragenen Gesch&#228;ftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht blo&#223; die betreffende Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27.&#160;November 2003, Zita Modes, C&#8209;497/01, EU:C:2003:644, Rn.&#160;44).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dazu ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Absichten des Erwerbers im Rahmen einer Gesamtw&#252;rdigung der Umst&#228;nde eines Gesch&#228;ftsvorgangs ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnen oder in bestimmten F&#228;llen auch ber&#252;cksichtigt werden m&#252;ssen, sofern sie durch objektive Anhaltspunkte untermauert werden (Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;38).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar ist im Ausgangsverfahren unstreitig, dass der P&#228;chter mehr als zwei Jahre lang die zuvor vom Verp&#228;chter ausge&#252;bte selbst&#228;ndige wirtschaftliche T&#228;tigkeit fortf&#252;hrte und dass er, wie aus den beim Gerichtshof eingereichten Erkl&#228;rungen hervorgeht, die Arbeitnehmer &#252;bernommen, dieselben Lieferanten behalten und die gesch&#228;ftlichen Verpflichtungen erf&#252;llt hat, die der Verp&#228;chter gegen&#252;ber seinen Kunden eingegangen war, doch war der P&#228;chter als solcher nie in der Lage, die betreffende Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit abzuwickeln, weil er &#252;ber einen gro&#223;en Teil der zur Aus&#252;bung dieser T&#228;tigkeit erforderlichen Gegenst&#228;nde nicht verf&#252;gen konnte, da er nicht deren Eigent&#252;mer geworden war.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen sind zwar Elemente wie die Laufzeit des gew&#228;hrten Mietvertrags und die f&#252;r seine Beendigung vereinbarten Bedingungen bei der Gesamtbeurteilung des Vorgangs einer Verm&#246;gens&#252;bertragung im Sinne von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie zu ber&#252;cksichtigen, doch sind weder die Laufzeit des Mietvertrags noch die M&#246;glichkeit, diesen kurzfristig zu k&#252;ndigen, als solche f&#252;r die Schlussfolgerung entscheidend, dass der Erwerber beabsichtigte, den &#252;bertragenen Gesch&#228;ftsbetrieb oder Unternehmensteil sofort abzuwickeln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;42 und 43). Da aber im vorliegenden Fall, wie sich aus der vorstehenden Randnummer ergibt, der P&#228;chter von Apcom Select die betreffende wirtschaftliche T&#228;tigkeit ohnehin nicht abwickeln konnte, hat der Umstand, dass die Anwendung von Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht allein aus diesem Grund abgelehnt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;November 2011, Schriever, C&#8209;444/10, EU:C:2011:724, Rn.&#160;42 bis 44), keine Auswirkung auf die Einstufung des im Ausgangsverfahren in Frage stehenden Umsatzes am Ma&#223;stab dieser Bestimmung.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass nach Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie der Beg&#252;nstigte der &#220;bertragung Rechtsnachfolger des &#220;bertragenden ist, nicht bedeutet, dass die Rechtsnachfolge ein Tatbestandsmerkmal dieser Bestimmung ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27.&#160;November 2003, Zita Modes, C&#8209;497/01, EU:C:2003:644, Rn.&#160;43). Somit ist auch der Umstand, dass der Beg&#252;nstigte im vorliegenden Fall den Gesch&#228;ftsbetrieb unter demselben Namen wie der &#220;bertragende fortgef&#252;hrt hat, nicht entscheidend f&#252;r die Feststellung, ob der fragliche Umsatz unter Art.&#160;19 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie f&#228;llt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass der Begriff &#8222;&#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens oder eines Teilverm&#246;gens&#8220; im Sinne von Art.&#160;19 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einen Umsatz nicht erfasst, mit dem eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, einschlie&#223;lich aller Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde verpachtet wird, selbst wenn der P&#228;chter diesen Betrieb unter demselben Namen wie der Verp&#228;chter fortf&#252;hrt.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, sowie s&#228;mtliche f&#252;r diesen Betrieb erforderliche Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde zum Gegenstand hat, eine &#8222;Verpachtung von Grundst&#252;cken&#8220; im Sinne dieser Bestimmung darstellt, oder ob ein solcher Vertrag als komplexe Dienstleistung einzustufen ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter bestimmten Umst&#228;nden mehrere formal unterschiedliche Einzelleistungen, die getrennt erbracht werden und damit jede f&#252;r sich zu einer Besteuerung oder Befreiung f&#252;hren k&#246;nnten, als einheitlicher Umsatz anzusehen sind, wenn sie nicht selbst&#228;ndig sind (Urteil vom 27.&#160;Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland, C&#8209;155/12, EU:C:2013:434, Rn.&#160;20 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Leistung als einheitlich anzusehen ist, wenn der Steuerpflichtige zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd w&#228;re (Urteil vom 27.&#160;Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland, C&#8209;155/12, EU:C:2013:434, Rn.&#160;21 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies ist auch dann der Fall, wenn eine oder mehrere Einzelleistungen eine Hauptleistung bilden und die andere Einzelleistung oder die anderen Einzelleistungen eine oder mehrere Nebenleistungen bilden, die steuerlich wie die Hauptleistung behandelt werden. Insbesondere ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie f&#252;r die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (Urteil vom 27.&#160;Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland, C&#8209;155/12, EU:C:2013:434, Rn.&#160;22 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob der Steuerpflichtige in einem konkreten Fall eine einheitliche Leistung erbringt, und dazu alle endg&#252;ltigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen, doch kann der Gerichtshof ihm alle Auslegungshinweise an die Hand geben, die f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Rechtsstreit zweckdienlich sind (Urteil vom 27.&#160;Juni 2013, RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland, C&#8209;155/12, EU:C:2013:434, Rn.&#160;23).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu den Begriffen &#8222;Vermietung und Verpachtung von Grundst&#252;cken&#8220; in Art.&#160;135 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Ermangelung einer Definition dieser Begriffe in dieser Bestimmung den Begriff &#8222;Vermietung von Grundst&#252;cken&#8220; im Sinne von Art.&#160;135 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin gehend definiert hat, dass dem Mieter vom Vermieter eines Grundst&#252;cks auf bestimmte Zeit gegen eine Verg&#252;tung das Recht einger&#228;umt wird, dieses Grundst&#252;ck in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschlie&#223;en (vgl. u.&#160;a. Urteile vom 4.&#160;Oktober 2001, &#8222;Goed Wonen&#8220;, C&#8209;326/99, EU:C:2001:506, Rn.&#160;55, und vom 6.&#160;Dezember 2007, Walderdorff, C&#8209;451/06, EU:C:2007:761, Rn.&#160;17).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Begriffe, mit denen die in Art.&#160;135 Abs.&#160;1 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, also auch die Begriffe &#8222;Vermietung und Verpachtung von Grundst&#252;cken&#8220;, eng auszulegen, da diese Steuerbefreiungen Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer unterliegt (Urteil vom 6.&#160;Dezember 2007, Walderdorff, C&#8209;451/06, EU:C:2007:761, Rn.&#160;18 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ist somit zu pr&#252;fen, ob der im Ausgangsverfahren in Frage stehende Umsatz, n&#228;mlich die Verpachtung einer Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, und gleichzeitig der f&#252;r diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde als eine einheitliche Leistung oder als mehrere selbst&#228;ndige Einzelleistungen, die hinsichtlich der Mehrwertsteuer gesondert zu beurteilen sind, anzusehen ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass sich die Verpachtung der beweglichen Gegenst&#228;nde, die Gegenstand des Pachtvertrags sind, nicht von der Verpachtung der im Ausgangsverfahren in Frage stehenden Immobilie trennen lassen d&#252;rfte. Im &#220;brigen ist unstreitig, dass einige dieser beweglichen Gegenst&#228;nde wie die K&#252;chenausstattung und &#8209;ger&#228;te mit dieser Immobilie fest verbunden und in diesem Stadium als deren wesentliche Bestandteile anzusehen sind. Da die Inventargegenst&#228;nde, die gleichzeitig mit der Immobilie vermietet, bzw. in einigen F&#228;llen &#252;bereignet wurden, ebenso wie die Immobilie f&#252;r den Betrieb des Restaurants bestimmt waren, kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass mit dieser Vermietung/&#220;bereignung ein eigener Zweck verfolgt wird, vielmehr stellt sie sich als Mittel dar, um die Hauptleistung, die in der Verpachtung besteht, unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher ist die Verpachtung der Immobilie als Hauptleistung anzusehen, gegen&#252;ber der die &#252;brigen Leistungen, d.&#160;h. die Vermietung der Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde lediglich Nebenleistungen sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, sowie s&#228;mtliche f&#252;r diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde zum Gegenstand hat, eine einheitliche Leistung darstellt, bei der die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung ist.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Der Begriff &#8222;&#220;bertragung eines Gesamtverm&#246;gens oder eines Teilverm&#246;gens&#8220; im Sinne von Art.&#160;19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er einen Umsatz nicht erfasst, mit dem eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, einschlie&#223;lich aller Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde verpachtet wird, selbst wenn der P&#228;chter diesen Betrieb unter demselben Namen wie der Verp&#228;chter fortf&#252;hrt.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;135 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;l der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass ein Pachtvertrag, der eine Immobilie, die einem Gesch&#228;ftsbetrieb diente, sowie s&#228;mtliche f&#252;r diesen Betrieb erforderlichen Sachanlagen und Inventargegenst&#228;nde zum Gegenstand hat, eine einheitliche Leistung darstellt, bei der die Verpachtung der Immobilie die Hauptleistung ist.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Rum&#228;nisch.</p>
175,069
eugh-2018-12-19-c-53017
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C-530/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:14
2019-01-31T19:21:14
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1031
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CJ0530_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CJ0530_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Rechtsmittel&#160;&#8211; Restriktive Ma&#223;nahmen angesichts der Lage in der Ukraine&#160;&#8211; Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen&#160;&#8211; Liste der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden&#160;&#8211; Aufnahme des Namens des Rechtsmittelf&#252;hrers&#160;&#8211; Beschluss einer Beh&#246;rde eines Drittstaats&#160;&#8211; Verpflichtung des Rates, zu pr&#252;fen, ob dieser Beschluss unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gefasst wurde&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;530/17&#160;P</p> <p class="normal">betreffend ein Rechtsmittel nach Art.&#160;56 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union, eingelegt am 7.&#160;September 2017,</p> <p class="normal"> <span class="bold">Mykola Yanovych Azarov</span>, wohnhaft in Kiew (Ukraine), Prozessbevollm&#228;chtigte: Rechtsanw&#228;lte A.&#160;Egger und G.&#160;Lansky,</p> <p class="pstatus">Kl&#228;ger,</p> <p class="pnormal">andere Partei des Verfahrens:</p> <p class="normal"> <span class="bold">Rat der Europ&#228;ischen Union</span>, vertreten durch J.&#8209;P.&#160;Hix und F.&#160;Naert als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="pstatus">Beklagter im ersten Rechtszug</p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Siebten Kammer T.&#160;von&#160;Danwitz (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer, der Richterin K.&#160;J&#252;rim&#228;e sowie der Richter C.&#160;Lycourgos, E.&#160;Juh&#225;sz und&#160;C.&#160;Vajda,</p> <p class="normal">Generalanwalt: G.&#160;Hogan,</p> <p class="normal">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="normal">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Mykola Yanovych Azarov die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europ&#228;ischen Union vom 7.&#160;Juli 2017, Azarov/Rat (T&#8209;215/15, im Folgenden: angefochtenes Urteil, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2017%3A479&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:T:2017:479</a>), mit dem das Gericht seine Klage auf Nichtigerkl&#228;rung des Beschlusses (GASP) 2015/364 des Rates vom 5.&#160;M&#228;rz 2015 zur &#196;nderung des Beschlusses 2014/119/GASP &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2015:062:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2015, L&#160;62, S.&#160;25</a>) und der Durchf&#252;hrungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5.&#160;M&#228;rz 2015 zur Durchf&#252;hrung der Verordnung (EU) Nr.&#160;208/2014 &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2015:062:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2015, L&#160;62, S.&#160;1</a>), soweit sie ihn betreffen (im Folgenden: angefochtene Rechtsakte), abgewiesen hat.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Vorgeschichte des Rechtsstreits</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Am 5.&#160;M&#228;rz 2014 erlie&#223; der Rat den Beschluss 2014/119/GASP &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2014:066:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2014, L&#160;66, S.&#160;26</a>). In Art.&#160;1 Abs.&#160;1 und&#160;2 dieses Beschlusses hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;S&#228;mtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als f&#252;r die Veruntreuung staatlicher Verm&#246;genswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der f&#252;r Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgef&#252;hrten, nat&#252;rlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Den im Anhang aufgef&#252;hrten nat&#252;rlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen d&#252;rfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verf&#252;gung gestellt werden oder zugutekommen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Am 5.&#160;M&#228;rz 2014 erlie&#223; der Rat auch die Verordnung (EU) Nr.&#160;208/2014 &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2014:066:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2014, L&#160;66, S.&#160;1</a>), mit der die vom Beschluss 2014/119 vorgesehenen restriktiven Ma&#223;nahmen f&#252;r die Europ&#228;ische Union umgesetzt werden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Art.&#160;2 Abs.&#160;1 dieser Verordnung hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;S&#228;mtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz der in Anhang&#160;I aufgef&#252;hrten nat&#252;rlichen oder juristischen Person, Einrichtung oder Organisation sind oder von dieser gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;3 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;208/2014 sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Anhang&#160;I enth&#228;lt eine Liste der nat&#252;rlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen und Organisationen, die vom Rat nach Artikel&#160;1 des Beschlusses 2014/119/GASP als f&#252;r die Veruntreuung staatlicher Verm&#246;genswerte verantwortlich ermittelt worden sind, der f&#252;r Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der nat&#252;rlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, die mit ihnen in Verbindung stehen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der als &#8222;Premierminister der Ukraine bis Januar 2014&#8220; identifizierte Kl&#228;ger war in die Listen der Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden, im Anhang des Beschlusses 2014/119 bzw. in Anhang&#160;I der Verordnung Nr.&#160;208/2014 aufgenommen worden. Die Begr&#252;ndung f&#252;r seine Aufnahme in diese Listen war identisch und lautete wie folgt:</p> <p class="normal">&#8222;Person ist in der Ukraine Gegenstand von Ermittlungen wegen der Beteiligung an Straftaten im Zusammenhang mit der Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder der Ukraine und des illegalen Transfers dieser Gelder in das Ausland.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit dem Beschluss (GASP) 2015/143 vom 29.&#160;Januar 2015 zur &#196;nderung des Beschlusses 2014/119/GASP &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2015:024:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2015, L&#160;24, S.&#160;16</a>) &#228;nderte der Rat den Wortlaut von Art.&#160;1 Abs.&#160;1 des Beschlusses 2014/119 wie folgt:</p> <p class="normal">&#8222;S&#228;mtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum der Personen, die als f&#252;r die Veruntreuung staatlicher Verm&#246;genswerte der Ukraine verantwortlich identifiziert wurden, sowie der f&#252;r Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine verantwortlichen Personen und der mit ihnen verbundenen, in der Liste im Anhang aufgef&#252;hrten, nat&#252;rlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.</p> <p class="normal">F&#252;r die Zwecke dieses Beschlusses z&#228;hlen zu Personen, die als f&#252;r die Veruntreuung staatlicher Verm&#246;genswerte der Ukraine verantwortlich erkl&#228;rt wurden, Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Beh&#246;rden sind</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">a)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">wegen der Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder oder Verm&#246;genswerte der Ukraine oder wegen Beihilfe hierzu oder</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">b)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">wegen Amtsmissbrauchs als Inhaber eines &#246;ffentlichen Amtes, um sich selbst oder einer dritten Partei einen ungerechtfertigten Vorteil zu verschaffen und wodurch ein Verlust staatlicher Gelder oder Verm&#246;genswerte der Ukraine verursacht wird, oder wegen Beihilfe hierzu.&#8220;</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit der Verordnung (EU) 2015/138 vom 29.&#160;Januar 2015 zur &#196;nderung der Verordnung (EU) Nr.&#160;208/2014 &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2015:024:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2015, L&#160;24, S.&#160;1</a>) &#228;nderte der Rat den Wortlaut von Art.&#160;3 der Verordnung Nr.&#160;208/2014 in &#228;hnlicher Weise.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit den angefochtenen Rechtsakten belie&#223; der Rat auf der Grundlage einer &#220;berpr&#252;fung den Namen des Kl&#228;gers auf diesen Listen und verl&#228;ngerte damit die Anwendung der gegen den Kl&#228;ger getroffenen restriktiven Ma&#223;nahmen bis zum 6.&#160;M&#228;rz 2016 mit folgender Begr&#252;ndung:</p> <p class="normal">&#8222;Person ist Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Beh&#246;rden wegen der Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder oder Verm&#246;genswerte.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rechtsmittelf&#252;hrer erhob mit am 29.&#160;April 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift Nichtigkeitsklage gegen die angefochtenen Rechtsakte und st&#252;tzte diese auf f&#252;nf Klagegr&#252;nde, n&#228;mlich erstens eine Verletzung der Begr&#252;ndungspflicht, zweitens eine Verletzung seiner Grundrechte, drittens einen Ermessensmissbrauch, viertens einen Versto&#223; gegen den Grundsatz der guten Verwaltung und f&#252;nftens einen offensichtlichen Beurteilungsfehler.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Gericht wies alle diese Klagegr&#252;nde zur&#252;ck und infolgedessen die Klage insgesamt ab.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Verfahren vor dem Gerichtshof und Antr&#228;ge der Parteien</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rechtsmittelf&#252;hrer beantragt,</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">das angefochtene Urteil aufzuheben;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">den Rechtsstreit selbst endg&#252;ltig zu entscheiden und die angefochtenen Rechtsakte, soweit sie ihn betreffen, f&#252;r nichtig zu erkl&#228;ren sowie dem Rat die Kosten der Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof aufzuerlegen;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">hilfsweise, die Sache zur Entscheidung unter Bindung an die rechtliche Beurteilung durch den Gerichtshof an das Gericht zur&#252;ckzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rat beantragt,</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">das Rechtsmittel zur&#252;ckzuweisen;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">hilfsweise, die Klage abzuweisen;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">dem Kl&#228;ger die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen.</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zum Rechtsmittel</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rechtsmittelf&#252;hrer macht f&#252;nf Rechtsmittelgr&#252;nde geltend. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund wirft er dem Gericht vor, gegen Art.&#160;296 AEUV und Art.&#160;41 der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union (im Folgenden: Charta) versto&#223;en zu haben. Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund, der sich in vier Teile gliedert, r&#252;gt er, dass das Gericht fehlerhaft zu dem Ergebnis gekommen sei, dass seine Grundrechte nicht verletzt worden seien. Mit seinem dritten Rechtsmittelgrund wirft er dem Gericht vor, keinen Ermessensmissbrauch durch den Rat festgestellt zu haben. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund r&#252;gt er einen Versto&#223; gegen Art.&#160;41 der Charta. Mit seinem f&#252;nften Rechtsmittelgrund schlie&#223;lich, der sich in sechs Teile gliedert, beanstandet der Rechtsmittelf&#252;hrer, das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Rat beim Erlass der angefochtenen Rechtsakte keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zun&#228;chst ist der dritte Teil des f&#252;nften Rechtsmittelgrundes zu pr&#252;fen.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Vorbringen der Parteien</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rechtsmittelf&#252;hrer macht geltend, das Gericht habe in den Rn.&#160;166&#160;ff. des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass sich das Urteil des Gerichts vom 16.&#160;Oktober 2014, LTTE/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A885&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">T&#8209;208/11 und T&#8209;508/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A885&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:T:2014:885</a>) &#8211; gegen das damals ein Rechtsmittelverfahren anh&#228;ngig gewesen sei und wonach der Rat, bevor er sich auf einen Beschluss einer Beh&#246;rde eines Drittstaats st&#252;tze, pr&#252;fen m&#252;sse, ob die einschl&#228;gigen Regelungen dieses Staates einen Schutz der Verteidigungsrechte und des Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz wie in der Union gew&#228;hrleisteten &#8211; nicht auf den vorliegenden Fall &#252;bertragen lasse, weil sich die angefochtenen Rechtsakte im Wortlaut und in der Zielsetzung von den Rechtsakten unterschieden, um die es in der Rechtssache gegangen sei, in der jenes Urteil ergangen sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Unterschiede zwischen diesen beiden Kategorien von Rechtsakten sind nach Ansicht des Kl&#228;gers jedoch nicht entscheidend, der sich insoweit auf das zwischenzeitlich verk&#252;ndete Urteil des Gerichtshofs vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>) beruft. Zum einen setze der Erlass restriktiver Ma&#223;nahmen gegen ihn das Vorhandensein eines Beschlusses einer zust&#228;ndigen Beh&#246;rde voraus, damit ihn der Rat, gest&#252;tzt auf einen solchen Beschluss, als f&#252;r die Veruntreuung von Geldern verantwortlich identifizieren k&#246;nne. Zum anderen g&#228;lten die vom Gerichtshof aufgestellten Anforderungen daher f&#252;r dieses Aufnahmekriterium, das weiter formuliert sei als das, das in der Rechtssache gepr&#252;ft worden sei, in der jenes Urteil ergangen sei. Zum anderen sei auch das Argument des Gerichts irrig, wonach die Bek&#228;mpfung des Terrorismus, um die es in den genannten Urteilen gegangen sei, nicht notwendig die Kooperation mit einem Drittstaat umfasse, dessen Unterst&#252;tzung der Rat, wie im vorliegenden Fall, beschlossen habe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rat h&#228;lt demgegen&#252;ber den dritten Teil des f&#252;nften Rechtsmittelgrundes f&#252;r unbegr&#252;ndet. Er ist in &#220;bereinstimmung mit den Feststellungen des Gerichts im angefochtenen Urteil der Ansicht, dass zwischen dem Modell restriktiver Ma&#223;nahmen, um das es in der Rechtssache gegangen sei, in der das Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>) ergangen sei, und dem Modell, um das es in der vorliegenden Rechtssache gehe, der Unterschied &#8211; was den Wortlaut und die Systematik sowie die Zielsetzungen und die Rahmenbedingungen betreffe &#8211; erheblich sei. Insbesondere die politische Entscheidung der Union, die ukrainische Regierung, u.&#160;a. bei ihren Reformen zur St&#228;rkung des Rechtsstaats in der Ukraine zu unterst&#252;tzen, sei ein einschl&#228;giges Element; im Urteil vom 19.&#160;Oktober 2017, Yanukovych/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A786&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;598/16&#160;P</a>, nicht ver&#246;ffentlicht, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A786&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:786</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A786&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point61" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">61</a>) habe der Gerichtshof n&#228;mlich darauf hingewiesen, dass die restriktiven Ma&#223;nahmen, mit denen die Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder in diesem Land bek&#228;mpft werden sollten, Teil einer Politik zur Unterst&#252;tzung eines Drittstaats sei, die beabsichtige, dessen wirtschaftliche und politische Stabilit&#228;t zu unterst&#252;tzen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Ansicht des Rates ist zudem die Aussage des Gerichtshofs in den Rn.&#160;64 und&#160;75 jenes Urteils &#8211; in Anbetracht der nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliegenden Tatsachenfeststellungen des Gerichts in den Rn.&#160;175 und&#160;176 des angefochtenen Urteils, wonach die vom Rechtsmittelf&#252;hrer genannten Gesichtspunkte nicht als Nachweis daf&#252;r ausreichten, dass seine besondere Situation durch die von ihm behaupteten Probleme des ukrainischen Justizsystems beeintr&#228;chtigt worden w&#228;re &#8211; auf den vorliegenden Fall &#252;bertragbar.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">W&#252;rdigung durch den Gerichtshof</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs m&#252;ssen die Unionsgerichte bei der Kontrolle restriktiver Ma&#223;nahmen eine grunds&#228;tzlich umfassende Kontrolle der Rechtm&#228;&#223;igkeit s&#228;mtlicher Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der Unionsrechtsordnung gew&#228;hrleisten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18.&#160;Juli 2013Kommission u.&#160;a./Kadi, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;584/10&#160;P, C&#8209;593/10&#160;P und&#160;C&#8209;595/10&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:518</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point97" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">97</a>, vom 28.&#160;November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;280/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:775</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point58" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">58</a>, sowie vom 28.&#160;M&#228;rz 2017, Rosneft, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A236&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;72/15</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A236&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:236</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A236&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point106" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">106</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Grundrechtsrang kommt u.&#160;a. dem Recht auf Wahrung der Verteidigungsrechte und dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu (Urteile vom 28.&#160;November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;280/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:775</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point59" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">59</a> und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 28.&#160;November 2013, Rat/Manufacturing Support &amp; Procurement Kala Naft, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;348/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:776</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point66" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">66</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Wirksamkeit der durch Art.&#160;47 der Charta garantierten gerichtlichen Kontrolle erfordert&#160;&#8211; worauf das Gericht in Rn.&#160;136 des angefochtenen Urteils zutreffend hingewiesen hat&#160;&#8211;, dass sich der Unionsrichter, wenn er die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Gr&#252;nde pr&#252;ft, die der Entscheidung zugrunde liegen, den Namen einer Person in die Liste der restriktiven Ma&#223;nahmen unterliegenden Personen aufzunehmen oder dort zu belassen, vergewissert, dass diese Entscheidung, die eine individuelle Betroffenheit dieser Person begr&#252;ndet, auf einer hinreichend gesicherten tats&#228;chlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine &#220;berpr&#252;fung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begr&#252;ndung angef&#252;hrt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angef&#252;hrten Gr&#252;nde beschr&#228;nkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gr&#252;nde &#8211; oder zumindest einer von ihnen, der f&#252;r sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu st&#252;tzen &#8211; erwiesen sind (Urteile vom 18.&#160;Juli 2013, Kommission u.&#160;a./Kadi, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;584/10&#160;P, C&#8209;593/10&#160;P und&#160;C&#8209;595/10&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:518</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point119" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">119</a>, vom 18.&#160;Juni 2015, Ipatau/Rat, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A407&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;535/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A407&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2015:407</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A407&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point42" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">42</a>, und vom 18.&#160;Februar 2016, Rat/Bank Mellat, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A96&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;176/13&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A96&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:96</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A96&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point109" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">109</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall sind die gegen&#252;ber dem Rechtsmittelf&#252;hrer verh&#228;ngten restriktiven Ma&#223;nahmen &#8211; wie das Gericht in den Rn.&#160;132 bis&#160;134 des angefochtenen Urteils ausgef&#252;hrt hat &#8211; mit den angefochtenen Rechtsakten auf der Grundlage des Aufnahmekriteriums aufrechterhalten worden, das in Art.&#160;1 Abs.&#160;1 des Beschlusses 2014/119 in der durch den Beschluss 2015/143 ge&#228;nderten Fassung und in Art.&#160;2 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;208/2014 in Verbindung mit deren Art.&#160;3 Abs.&#160;1 in der durch die Verordnung 2015/138 ge&#228;nderten Fassung enthalten ist. Nach diesem Kriterium werden die Gelder von Personen eingefroren, die als f&#252;r die Veruntreuung staatlicher Verm&#246;genswerte verantwortlich identifiziert wurden, einschlie&#223;lich der Personen, die Gegenstand von Untersuchungen der ukrainischen Beh&#246;rden sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insoweit geht aus den Rn.&#160;134, 149 und&#160;150 des angefochtenen Urteils hervor, dass sich der Rat f&#252;r den Erlass der betreffenden restriktiven Ma&#223;nahmen auf den Umstand gest&#252;tzt hat, dass der Rechtsmittelf&#252;hrer &#8222;Gegenstand strafrechtlicher Verfolgung seitens der ukrainischen Beh&#246;rden wegen der Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder oder Verm&#246;genswerte&#8220; war, wie ein Schreiben der ukrainischen Justizverwaltung vom 10.&#160;Oktober 2014 belegte, in dem von einem durch die ukrainische Justizverwaltung gegen den Rechtsmittelf&#252;hrer eingeleiteten Ermittlungsverfahren die Rede ist.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Folglich beruht die Aufrechterhaltung der gegen den Rechtsmittelf&#252;hrer verh&#228;ngten restriktiven Ma&#223;nahmen auf dem Beschluss einer &#8211; insoweit zust&#228;ndigen &#8211; Beh&#246;rde eines Drittstaats, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Veruntreuung &#246;ffentlicher Gelder einzuleiten und durchzuf&#252;hren. Unerheblich ist insoweit der in Rn.&#160;169 des angefochtenen Urteils erw&#228;hnte Umstand, dass die Existenz eines solchen Beschlusses nicht das in Art.&#160;1 Abs.&#160;1 des Beschlusses 2014/119 in der durch den Beschluss 2015/143 ge&#228;nderten Fassung festgelegte Aufnahmekriterium darstellt, sondern die Tatsachengrundlage, auf der die streitigen restriktiven Ma&#223;nahmen beruhen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Bevor sich der Rat auf einen solchen Beschluss eines Drittstaats st&#252;tzt, muss er pr&#252;fen, ob dieser Beschluss unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergangen ist (Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point24" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">24</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach gefestigter Rechtsprechung muss der Rat n&#228;mlich beim Erlass restriktiver Ma&#223;nahmen die Grundrechte, die Bestandteil der Unionsrechtsordnung sind, beachten, wobei &#8211; wie in Rn.&#160;21 des vorliegenden Urteils ausgef&#252;hrt &#8211; dem Recht auf Wahrung der Verteidigungsrechte und dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz Grundrechtsrang zukommt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18.&#160;Juli 2013, Kommission u.&#160;a./Kadi, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;584/10&#160;P, C&#8209;593/10&#160;P und&#160;C&#8209;595/10&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:518</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point97" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">97</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point98" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">98</a>, vom 28.&#160;November 2013, Rat/Manufacturing Support &amp; Procurement Kala Naft, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;348/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:776</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point65" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">65</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point66" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">66</a>, sowie vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point25" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">25</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insoweit soll das Erfordernis einer Pr&#252;fung durch den Rat, ob die Beschl&#252;sse von Drittstaaten, auf die der Rat die Aufnahme einer Person oder Organisation in eine Liste von Personen und Organisationen st&#252;tzt, deren Verm&#246;genswerte eingefroren werden, unter Wahrung dieser Rechte gefasst worden sind, sicherstellen, dass ihre Aufnahme nur auf einer hinreichend gesicherten tats&#228;chlichen Grundlage erfolgt, und damit die betroffenen Personen oder Einrichtungen sch&#252;tzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point26" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">26</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point29">29</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Gerichtshof hat au&#223;erdem angenommen, dass der Rat verpflichtet ist, in der Begr&#252;ndung f&#252;r eine Entscheidung &#252;ber die Aufnahme einer Person oder Organisation in eine Liste von Personen und Organisationen, deren Verm&#246;genswerte eingefroren werden, und f&#252;r die nachfolgenden Entscheidungen &#8211; zumindest in gedr&#228;ngter Form &#8211; die Gr&#252;nde anzugeben, aus denen seiner Auffassung nach der Beschluss des Drittstaats, auf den er sich st&#252;tzt, unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erlassen wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point31" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">31</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point33" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">33</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point30">30</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Um seiner Begr&#252;ndungspflicht zu gen&#252;gen, muss der Rat daher in der Entscheidung, mit der restriktive Ma&#223;nahmen verh&#228;ngt werden, erkennen lassen, dass er gepr&#252;ft hat, dass die Entscheidung des Drittstaats, auf die der Rat diese Ma&#223;nahmen st&#252;tzt, unter Wahrung dieser Rechte ergangen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point37" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">37</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point31">31</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Rn.&#160;167 des angefochtenen Urteils hat das Gericht angenommen, dass sich der im Urteil vom 16.&#160;Oktober 2014, LTTE/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A885&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">T&#8209;208/11 und T&#8209;508/11</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A885&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:T:2014:885</a>), verfolgte Ansatz nicht auf den vorliegenden Fall &#252;bertragen lasse.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point32">32</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Rn.&#160;175 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ferner ausgef&#252;hrt, dass sich &#8222;die fehlende &#220;bereinstimmung des Grundrechtsschutzes in der Ukraine mit dem in der Union nur dann auf die Rechtm&#228;&#223;igkeit der [angefochtenen Rechtsakte] auswirken [k&#246;nnte], wenn die politische Entscheidung des Rates, die neue ukrainische Regierung zu unterst&#252;tzen, &#8230; sich als offensichtlich falsch erwiesen h&#228;tte&#8220;. Diese Schlussfolgerung hat das Gericht, wie aus den Rn.&#160;173 und&#160;174 des angefochtenen Urteils hervorgeht, auf die Rechtsprechung gem&#228;&#223; dem Urteil vom 21.&#160;April 2015, Anbouba/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A247&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;630/13&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A247&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2015:247</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2015%3A247&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point42" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">42</a>), gest&#252;tzt, wonach der Gerichtshof dem Unionsgesetzgeber ein weites Ermessen bei der Festlegung der allgemeinen Aufnahmekriterien zugesteht, die der Anwendung restriktiver Ma&#223;nahmen zugrunde zu legen sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point33">33</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Diese Schlussfolgerung ist mit einem Rechtsfehler behaftet.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point34">34</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Rat darf n&#228;mlich erst davon ausgehen, dass eine Aufnahmeentscheidung auf einer hinreichend gesicherten tats&#228;chlichen Grundlage beruht, nachdem er selbst &#252;berpr&#252;ft hat, dass die Verteidigungsrechte und das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beim Erlass des Beschlusses durch den betreffenden Drittstaat, auf den er den Erlass restriktiver Ma&#223;nahmen st&#252;tzen m&#246;chte, gewahrt wurden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point35">35</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall erm&#246;glicht das in Rn.&#160;23 des vorliegenden Urteils genannte Aufnahmekriterium dem Rat restriktive Ma&#223;nahmen auf den Beschluss eines Drittstaats wie den zu st&#252;tzen, der in dem in Rn.&#160;24 des vorliegenden Urteils erw&#228;hnten Schreiben vom 10.&#160;Oktober 2014 genannt ist; unbeschadet dessen schlie&#223;t die diesem Organ obliegende Verpflichtung, die Verteidigungsrechte und das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu wahren, die Pflicht ein, sich zu vergewissern, dass diese Rechte von den Beh&#246;rden des Drittstaats, die den betreffenden Beschluss erlassen haben, gewahrt wurden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point36">36</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Allerdings geh&#246;rt die Ukraine, wie das Gericht in Rn.&#160;173 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, zu den Staaten, die der am 4.&#160;November 1950 in Rom unterzeichneten Europ&#228;ischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten beigetreten sind. Aber auch wenn mit einem derartigen Umstand untrennbar verkn&#252;pft ist, dass die in dieser Konvention gew&#228;hrleisteten Grundrechte &#8211; die nach Art.&#160;6 Abs.&#160;3 EUV als allgemeine Grunds&#228;tze Teil des Unionsrechts sind &#8211; durch den Europ&#228;ischen Gerichtshof f&#252;r Menschenrechte &#252;berwacht werden, wird dadurch eine &#220;berpr&#252;fung durch den Rat nicht &#252;berfl&#252;ssig, ob der Beschluss eines solchen Drittstaats, auf die der Rat restriktive Ma&#223;nahmen st&#252;tzt, unter Wahrung der Grundrechte und insbesondere der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erlassen wurde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point37">37</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Umstand, dass die angef&#252;hrte Rechtsprechung zu restriktiven Ma&#223;nahmen ergangen ist, die sich auf den Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP des Rates vom 27.&#160;Dezember 2001 &#252;ber die Anwendung besonderer Ma&#223;nahmen zur Bek&#228;mpfung des Terrorismus (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2001:344:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2001, L&#160;344, S.&#160;93</a>) st&#252;tzten, der ausweislich seines Art.&#160;1 Abs.&#160;4 ausdr&#252;cklich auf einen von einer zust&#228;ndigen Beh&#246;rde gefassten Beschluss abstellt, vermag diese Schlussfolgerung nicht in Frage zu stellen. Denn die Unterschiede in Wortlaut, Systematik und Zielsetzung, die das Gericht in den Rn.&#160;168 bis&#160;172 des angefochtenen Urteils zwischen dem Modell restriktiver Ma&#223;nahmen, das dieser Gemeinsame Standpunkt vorsieht, einerseits und dem Modell restriktiver Ma&#223;nahmen, das der Beschluss 2014/119 in der durch den Beschluss 2015/143 ge&#228;nderten Fassung und die Verordnung Nr.&#160;208/2014 in der durch die Verordnung 2015/138 ge&#228;nderten Fassung vorsehen, andererseits festgestellt hat, k&#246;nnen nicht zur Folge haben, dass die Anwendung der Garantien, die sich aus dieser Rechtsprechung ergeben, allein auf restriktive Ma&#223;nahmen beschr&#228;nkt wird, die zur Bek&#228;mpfung des Terrorismus nach dem Modell des genannten Gemeinsamen Standpunkts erlassen werden, und davon restriktive Ma&#223;nahmen ausgenommen werden, die im Rahmen der Zusammenarbeit mit einem Drittstaat erlassen werden, die der Rat infolge einer politischen Entscheidung beschlie&#223;t.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point38">38</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zu der in Rn.&#160;32 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Erw&#228;gung des Gerichts ist erg&#228;nzend darauf hinzuweisen, dass die Festlegung allgemeiner Aufnahmekriterien, die den Erlass restriktiver Ma&#223;nahmen erm&#246;glichen, im vorliegenden Fall nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist. Es geht vielmehr um die Entscheidung, das Einfrieren der Verm&#246;genswerte des Kl&#228;gers mit den angefochtenen Rechtsakten aufrechtzuerhalten, die eine individuelle Betroffenheit des Kl&#228;gers begr&#252;ndet. Nach der in Rn.&#160;22 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung muss sich der Unionsrichter, wenn er die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Gr&#252;nde pr&#252;ft, die einer solchen Entscheidung zugrunde liegen, vergewissern, dass zumindest einer der angef&#252;hrten Gr&#252;nde hinreichend pr&#228;zise und konkret ist, nachgewiesen ist und f&#252;r sich genommen eine hinreichende Grundlage f&#252;r diese Entscheidung darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28.&#160;November 2013, Rat/Manufacturing Support &amp; Procurement Kala Naft, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;348/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:776</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A776&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point72" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">72</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point39">39</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dar&#252;ber hinaus ist es im Streitfall Sache der zust&#228;ndigen Unionsbeh&#246;rde, die Stichhaltigkeit der gegen die betroffene Person angef&#252;hrten Begr&#252;ndung nachzuweisen, und nicht Sache der betroffenen Person, den Negativbeweis der fehlenden Stichhaltigkeit dieser Begr&#252;ndung zu erbringen (Urteile vom 18.&#160;Juli 2013, Kommission u.&#160;a./Kadi, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;584/10&#160;P, C&#8209;593/10&#160;P und&#160;C&#8209;595/10&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:518</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A518&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point121" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">121</a>, sowie vom 28.&#160;November 2013, Rat/Fulmen und Mahmoudian, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;280/12&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2013:775</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2013%3A775&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point66" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">66</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point40">40</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hinsichtlich der Urteile vom 19.&#160;Oktober 2017, Yanukovych/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A786&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;598/16&#160;P</a>, nicht ver&#246;ffentlicht, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A786&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:786</a>) und vom 19.&#160;Oktober 2017, Yanukovych/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A785&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/16&#160;P</a>, nicht ver&#246;ffentlicht, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A785&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:785</a>), auf die sich der Rat beruft, ist zu bemerken, dass der Gerichtshof im Rahmen der Rechtsmittel, auf die diese Urteile ergangen sind, nicht mit der Frage befasst war, ob sich die Rechtsprechung gem&#228;&#223; dem Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>) auf den Fall restriktiver Ma&#223;nahmen erstreckt, die angesichts der Lage in der Ukraine erlassen wurden. Zudem ist in Anbetracht der in den Rn.&#160;27, 28 und&#160;39 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten st&#228;ndigen Rechtsprechung davon auszugehen, dass aus diesen Urteilen nicht die Schlussfolgerung gezogen werden kann, dass der Rat nicht verpflichtet ist, zu pr&#252;fen, dass der Beschluss eines Drittstaats, auf den der Rat den Erlass restriktiver Ma&#223;nahmen st&#252;tzen m&#246;chte, unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erlassen wurde. Eine solche Schlussfolgerung w&#252;rde n&#228;mlich im Widerspruch zu dieser st&#228;ndigen Rechtsprechung stehen. Die Feststellungen in den genannten Urteilen wirken sich somit auf das vorliegende Rechtsmittel nicht aus.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point41">41</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach alledem hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es entgegen den Ausf&#252;hrungen des Gerichtshofs im Urteil vom 26.&#160;Juli 2017, Rat/LTTE (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;599/14&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2017%3A583&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2017:583</a>) angenommen hat, dass der Rat nicht verpflichtet gewesen sei, zu pr&#252;fen, ob der Beschluss eines Drittstaats, auf den der Rat die Verh&#228;ngung restriktiver Ma&#223;nahmen st&#252;tzen m&#246;chte, unter Wahrung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz erlassen worden sei, so dass der vor ihm geltend gemachte Klagegrund, mit dem ein offensichtlicher Beurteilungsfehler ger&#252;gt worden sei, zur&#252;ckzuweisen sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point42">42</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da somit dem dritten Teil des f&#252;nften Rechtsmittelgrundes stattzugeben ist, ist in der Folge das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben, ohne dass es erforderlich w&#228;re, auf die anderen Teile dieses Rechtsmittelgrundes oder die anderen Rechtsmittelgr&#252;nde einzugehen.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zur Klage vor dem Gericht</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point43">43</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;61 Abs.&#160;1 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts, wenn das Rechtsmittel begr&#252;ndet ist, auf. Ist der Rechtsstreit zur Entscheidung reif, so kann ihn der Gerichtshof selbst endg&#252;ltig entscheiden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point44">44</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall verf&#252;gt der Gerichtshof &#252;ber die erforderlichen Angaben, um endg&#252;ltig &#252;ber die vom Rechtsmittelf&#252;hrer beim Gericht erhobene Klage auf Nichtigerkl&#228;rung der angefochtenen Rechtsakte zu entscheiden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point45">45</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus der Begr&#252;ndung der angefochtenen Rechtsakte geht in keiner Weise hervor, dass der Rat gepr&#252;ft hat, ob die ukrainische Justizverwaltung die Verteidigungsrechte des Kl&#228;gers und dessen Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewahrt hatte.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point46">46</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Unter diesen Bedingungen gen&#252;gt der Hinweis, dass die Klage aus den in den Rn.&#160;25 bis&#160;30 und&#160;34 bis&#160;42 des vorliegenden Urteils genannten Gr&#252;nden begr&#252;ndet ist und die angefochtenen Rechtsakte f&#252;r nichtig zu erkl&#228;ren sind, soweit sie den Rechtsmittelf&#252;hrer betreffen.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point47">47</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;184 Abs.&#160;2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof &#252;ber die Kosten, wenn das Rechtsmittel begr&#252;ndet ist und er den Rechtsstreit selbst endg&#252;ltig entscheidet.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point48">48</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;138 Abs.&#160;1 dieser Verfahrensordnung, der nach ihrem Art.&#160;184 Abs.&#160;1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point49">49</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da der Rechtsmittelf&#252;hrer die Verurteilung des Rates beantragt hat und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten beider Rechtsz&#252;ge aufzuerlegen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) f&#252;r Recht erkannt und entschieden:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">1.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Das Urteil des Gerichts der Europ&#228;ischen Union vom 7.&#160;Juli 2017, Azarov/Rat (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2017%3A479&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">T&#8209;215/15</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2017%3A479&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:T:2017:479</a>), wird aufgehoben.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">2.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Der Beschluss (GASP) 2015/364 des Rates vom 5.&#160;M&#228;rz 2015 zur &#196;nderung des Beschlusses 2014/119/GASP &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine und die Durchf&#252;hrungsverordnung (EU) 2015/357 des Rates vom 5.&#160;M&#228;rz 2015 zur Durchf&#252;hrung der Verordnung (EU) Nr.&#160;208/2014 &#252;ber restriktive Ma&#223;nahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in der Ukraine werden f&#252;r nichtig erkl&#228;rt, soweit sie Herrn Mykola Yanovych Azarov betreffen.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count bold"> <span class="bold">3.</span> </p> </td> <td valign="top"> <p class="normal"> <span class="bold">Der Rat der Europ&#228;ischen Union tr&#228;gt die Kosten sowohl des Verfahrens im ersten Rechtszug als auch des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens.</span> </p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">von&#160;Danwitz</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">J&#252;rim&#228;e</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Lycourgos</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Juh&#225;sz</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Vajda</p> </div> </div> <p class="normal">Verk&#252;ndet in &#246;ffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19.&#160;Dezember 2018.</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A. Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K.&#160;Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CJ0530_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CJ0530_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,068
eugh-2018-12-19-c-57217
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-572/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:13
2019-01-31T19:21:13
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1033
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Urheberrecht und verwandte Schutzrechte&#160;&#8211; Richtlinie 2001/29/EG&#160;&#8211; Art.&#160;4 Abs.&#160;1&#160;&#8211; Verbreitungsrecht&#160;&#8211; Verletzung&#160;&#8211; Zum Verkauf bestimmte Waren mit einem urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv&#160;&#8211; Lagerung zu kommerziellen Zwecken&#160;&#8211; Vom Verkaufsort getrenntes Lager&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;572/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom H&#246;gsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 21.&#160;September 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 28.&#160;September 2017, in dem Strafverfahren gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Imran Syed</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Siebten Kammer T.&#160;von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer, der Richterin K.&#160;J&#252;rim&#228;e (Berichterstatterin) sowie der Richter C.&#160;Lycourgos, E.&#160;Juh&#225;sz und C.&#160;Vajda,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Campos S&#225;nchez-Bordona,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;des Riks&#229;klagare, vertreten durch M.&#160;Hedstr&#246;m und K.&#160;Skarp als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch J.&#160;Samnadda und K.&#160;Simonsson als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3.&#160;Oktober 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 22.&#160;Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl.&#160;2001, L&#160;167, S.&#160;10).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines vom Riks&#229;klagare (Generalstaatsanwalt, Schweden) gegen Herrn Imran Syed wegen Verst&#246;&#223;en gegen das Markenrecht und das Eigentum an literarischen und k&#252;nstlerischen Werken eingeleiteten Strafverfahrens.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>V&#246;lkerrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Weltorganisation f&#252;r geistiges Eigentum (WIPO) nahm am 20.&#160;Dezember 1996 in Genf den WIPO-Urheberrechtsvertrag (im Folgenden: WCT) an, der mit Beschluss 2000/278/EG des Rates vom 16.&#160;M&#228;rz 2000 (ABl.&#160;2000, L&#160;89, S.&#160;6) im Namen der Europ&#228;ischen Gemeinschaft genehmigt wurde und am 14.&#160;M&#228;rz 2010 f&#252;r die Europ&#228;ische Union in Kraft trat (ABl.&#160;2010, L&#160;32, S.&#160;1).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 (&#8222;Verbreitungsrecht&#8220;) Abs.&#160;1 des WCT bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst haben das ausschlie&#223;liche Recht zu erlauben, dass das Original und Vervielf&#228;ltigungsst&#252;cke ihrer Werke durch Verkauf oder sonstige Eigentums&#252;bertragung der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht werden.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;4 (&#8222;Verbreitungsrecht&#8220;) Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielf&#228;ltigungsst&#252;cke davon das ausschlie&#223;liche Recht zusteht, die Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Schwedisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Lag (1960:729) om upphovsr&#228;tt till litter&#228;ra och konstn&#228;rliga verk (Gesetz [1960:729] &#252;ber das Urheberrecht an literarischen und k&#252;nstlerischen Werken, im Folgenden: Gesetz [1960:729]) setzt die Richtlinie 2001/29 in schwedisches Recht um.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;53 dieses Gesetzes lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren wird bestraft, wer in Bezug auf ein literarisches oder k&#252;nstlerisches Werk vors&#228;tzlich oder grob fahrl&#228;ssig Handlungen vornimmt, die das gem&#228;&#223; den Kapiteln&#160;1 und 2 dieses Gesetzes an dem Werk bestehende Urheberrecht verletzen oder gegen eine in &#167;&#160;41 Abs.&#160;2 oder &#167;&#160;50 vorgesehene Bestimmung versto&#223;en.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach &#167;&#160;2 des Gesetzes kann eine solche Handlung u.&#160;a. darin bestehen, dass ein Werk ohne Zustimmung des Urhebers verwertet wird, indem es der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht wird. Gem&#228;&#223; Abs.&#160;3 Nr.&#160;4 dieses Artikels wird ein Werk u.&#160;a. der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht, wenn Exemplare des Werks zum Verkauf, zur Vermietung oder zum Verleih angeboten oder auf andere Weise in der &#214;ffentlichkeit verbreitet werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Gesetz enth&#228;lt kein ausdr&#252;ckliches Verbot, zum Verkauf bestimmte gesch&#252;tzte Waren zu lagern.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Syed betrieb in Stockholm (Schweden) ein Einzelhandelsgesch&#228;ft, in dem er Kleider und Accessoires mit Rockmusikmotiven verkaufte. Zus&#228;tzlich zu den dort zum Verkauf angebotenen Teilen lagerte er solche Waren in einem diesem Ladenlokal angeschlossenen Lagerraum und in einem Lager in Bandhagen (Schweden), einem Stadtteil von Stockholm. Das Ladenlokal von Herrn Syed wurde unstreitig in regelm&#228;&#223;igen Abst&#228;nden mit Waren aus diesen Lagern beliefert.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es wurde festgestellt, dass der Verkauf mehrerer dieser Waren gegen das Markenrecht und das Urheberrecht verstie&#223;. Daraufhin wurde gegen Herrn Syed vor dem Tingsr&#228;tt (Gericht erster Instanz, Schweden) ein Strafverfahren wegen Markenverletzung und Versto&#223;es gegen das Gesetz (1960:729) er&#246;ffnet. Der &#197;klagare (Staatsanwaltschaft, Schweden) vertrat die Auffassung, dass Herr Syed gegen das Urheberrecht der Nebenkl&#228;ger versto&#223;en habe, indem er widerrechtlich Kleider und Stoffe, die mit urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiven versehen gewesen seien, der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht habe. Alle mit solchen Motiven versehenen Waren, die sich in dem Ladenlokal und den Lagern bef&#228;nden, seien zum Verkauf angeboten oder an die &#214;ffentlichkeit verbreitet worden, weshalb diese Handlungen gegen das Gesetz (1960:729) verstie&#223;en.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Tingsr&#228;tt (Gericht erster Instanz) verurteilte Herrn Syed in Bezug auf alle erfassten Waren wegen Markenverletzung. Zudem verurteilte es ihn wegen Versto&#223;es gegen das Gesetz (1960:729) in Bezug auf die mit einem urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv versehenen Waren, die sich in dem von ihm betriebenen Ladenlokal befanden, sowie die Waren in den beiden Lagern, soweit sie mit den im Ladenlokal verkauften Waren identisch waren. Das Gericht verurteilte Herrn Syed auch wegen dieser gelagerten Waren, weil es der Ansicht war, dass der Begriff des &#8222;Anbietens&#8220; von das Urheberrecht der Nebenkl&#228;ger verletzenden Waren &#8222;zum Verkauf&#8220; nicht nur die Waren erfasse, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in dem Ladenlokal von Herrn Syed bef&#228;nden, sondern auch die identischen Waren in den Lagerr&#228;umen. Dagegen k&#246;nnten die &#252;brigen Waren in diesen Lagern nicht als zum Verkauf angeboten angesehen werden. Herr Syed wurde f&#252;r alle diese Verst&#246;&#223;e zu einer Freiheitsstrafe, die zur Bew&#228;hrung ausgesetzt wurde, und zu einer Geldstrafe in H&#246;he von 80 Tagess&#228;tzen verurteilt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das mit der Berufung befasste Svea hovr&#228;tt, Patent- och marknads&#246;verdomstolen (Berufungsgericht Stockholm, Rechtsmittelgericht in Patent- und Markensachen, Schweden) befand, dass Herr Syed nur in Bezug auf die Waren in seinem Ladenlokal, nicht aber in Bezug auf die Waren in den Lagerr&#228;umen gegen das Gesetz (1960:729) versto&#223;en habe. Herr Syed habe diese Waren zwar zu dem Zweck gelagert, sie zu verkaufen. Jedoch k&#246;nne nicht angenommen werden, dass sie zum Verkauf angeboten oder an die &#214;ffentlichkeit verbreitet worden seien. Auch handele es sich bei der Aufbewahrung der Waren in den Lagern nicht um einen Versuch der Begehung oder die Vorbereitung eines Versto&#223;es gegen das Gesetz (1960:729). Die gegen Herrn Syed verh&#228;ngte Strafe wurde auf eine zur Bew&#228;hrung ausgesetzte Freiheitsstrafe und eine Geldstrafe von 60 Tagess&#228;tzen herabgesetzt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Riks&#229;klagare (Generalstaatsanwalt) beantragte vor dem H&#246;gsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden), dem vorlegenden Gericht in dieser Rechtssache, Herrn Syed in Bezug auf dieselben Waren, hinsichtlich deren das Tingsr&#228;tt (Gericht erster Instanz) einen Versto&#223; gegen das Gesetz (1960:729) festgestellt hatte, zu verurteilen. Ferner beantragte er, dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung von Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 zur Vorabentscheidung vorzulegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Syed machte vor dem vorlegenden Gericht geltend, dass eine Verletzung des Verbreitungsrechts eines Urheberrechtsinhabers durch ein Verkaufsangebot nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ein aktives T&#228;tigwerden gegen&#252;ber der &#214;ffentlichkeit voraussetze, das auf die &#220;bereignung jedes einzelnen Gegenstands gerichtet sein m&#252;sse. Der Einkauf und die Lagerung von Waren k&#246;nne nicht als ein solches aktives T&#228;tigwerden angesehen werden. Eine gegenteilige Auslegung w&#252;rde den Bereich der strafrechtlichen Verantwortung unter Versto&#223; gegen den Grundsatz der Gesetzm&#228;&#223;igkeit ausweiten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht stellt fest, dass weder das Gesetz (1960:729) noch die Richtlinie 2001/29 ein ausdr&#252;ckliches Verbot enthielten, mit einem urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv versehene Waren, die zum Verkauf bestimmt seien, zu lagern. Ferner gehe aus dem Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca (C&#8209;516/13, EU:C:2015:315), hervor, dass das in Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 verankerte Verbreitungsrecht bereits durch dem Abschluss des Kaufvertrags vorausgehende Gesch&#228;fte oder Handlungen verletzt sein k&#246;nne. Es stelle sich jedoch die Frage, ob jemand, der mit einem gesch&#252;tzten Motiv versehene Waren in einem Lager aufbewahre, diese zum Verkauf anbiete, wenn er in seinem Einzelhandelsgesch&#228;ft identische Waren zum Verkauf anbiete.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der H&#246;gsta domstol (Oberster Gerichtshof) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kann, wenn in einem Ladenlokal Waren mit gesch&#252;tzten Motiven rechtswidrig zum Verkauf angeboten werden, ein Versto&#223; gegen das ausschlie&#223;liche Recht des Urhebers gem&#228;&#223; Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29, die Verbreitung dieser Waren zu erlauben oder zu verbieten, auch in Bezug auf solche Waren mit identischen Motiven vorliegen, die sich in einem Lager der diese Waren anbietenden Person befinden?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kommt es dabei darauf an, ob die Waren in einem an das Ladenlokal angeschlossenen Lagerraum oder an einem anderen Ort gelagert werden?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seinen Fragen, die zusammen zu pr&#252;fen sind, m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die Lagerung von Waren, die mit einem im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Lagerung urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv versehen sind, durch einen H&#228;ndler eine Verletzung des ausschlie&#223;lichen Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann, wenn dieser H&#228;ndler in einem Ladenlokal ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers Waren zum Verkauf anbietet, die mit den ohne Zustimmung dieses Rechtsinhabers gelagerten Waren identisch sind. Das vorlegende Gericht m&#246;chte auch wissen, ob insoweit die Entfernung zwischen Lager- und Verkaufsort zu ber&#252;cksichtigen ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielf&#228;ltigungsst&#252;cke davon das ausschlie&#223;liche Recht zusteht, die Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff &#8222;Verbreitung&#8220; in Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29, da diese Richtlinie dazu dient, Verpflichtungen nachzukommen, die der Union u.&#160;a. nach dem WCT obliegen, und da nach st&#228;ndiger Rechtsprechung Bestimmungen des Unionsrechts nach M&#246;glichkeit im Licht des V&#246;lkerrechts auszulegen sind, insbesondere wenn mit ihnen ein von der Union geschlossener v&#246;lkerrechtlicher Vertrag durchgef&#252;hrt werden soll, im Einklang mit Art.&#160;6 Abs.&#160;1 des WCT auszulegen ist (Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;23 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Wendung &#8222;Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit &#8230; durch Verkauf&#8220; in Art.&#160;4 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie ist daher gleichbedeutend mit der Formulierung &#8222;durch Verkauf &#8230; der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht werden&#8220; in Art.&#160;6 Abs.&#160;1 des WCT (Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;24 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Ber&#252;cksichtigung dessen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit durch eine Reihe von Handlungen gekennzeichnet ist, die zumindest vom Abschluss eines Kaufvertrags bis zu dessen Erf&#252;llung durch die Lieferung an ein Mitglied der &#214;ffentlichkeit reicht. Ein H&#228;ndler ist daher f&#252;r jede von ihm selbst oder f&#252;r seine Rechnung vorgenommene Handlung verantwortlich, die zu einer Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit in einem Mitgliedstaat f&#252;hrt, in dem die in Verkehr gebrachten Waren urheberrechtlich gesch&#252;tzt sind (Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;25 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus dieser Rechtsprechung und insbesondere aus dem vom Gerichtshof verwendeten Begriff &#8222;zumindest&#8220; ergibt sich, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass dem Abschluss des Kaufvertrags vorangehende Gesch&#228;fte oder Handlungen ebenfalls unter den Begriff &#8222;Verbreitung&#8220; fallen und ausschlie&#223;lich den Inhabern des Urheberrechts vorbehalten sind (Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;26).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit steht fest, dass eine Verbreitung an die &#214;ffentlichkeit im Fall des Abschlusses einer Verkaufs- und Versendungsvereinbarung als gegeben anzunehmen ist. Dies gilt auch im Fall eines den Erkl&#228;renden bindenden Angebots zum Abschluss eines Kaufvertrags, da ein solches Angebot seinem Wesen nach eine dem Zustandekommen des Kaufgesch&#228;fts vorgelagerte Handlung darstellt (Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;27).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat im Wesentlichen auch entschieden, das eine solche Handlung selbst dann eine Verletzung des ausschlie&#223;lichen Verbreitungsrechts im Sinne von Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 darstellen kann, wenn auf diese Handlung nicht der &#220;bergang des Eigentums an dem gesch&#252;tzten Werk oder seinen Vervielf&#228;ltigungst&#252;cken folgt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;32).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So kann eine dem Zustandekommen des Kaufgesch&#228;fts &#252;ber ein urheberrechtlich gesch&#252;tztes Werk oder seine Vervielf&#228;ltigungsst&#252;cke vorgelagerte Handlung, die ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt und diesen Verkauf zustande bringen soll, eine Verletzung des Verbreitungsrechts im Sinne von Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;28).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn eine Verletzung des Verbreitungsrechts nicht zwangsl&#228;ufig das Zustandekommen des Kaufgesch&#228;fts voraussetzt, ist insoweit doch nachzuweisen, dass die betreffenden Waren tats&#228;chlich dazu bestimmt sind, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers an die &#214;ffentlichkeit verbreitet zu werden, und zwar insbesondere durch ein Verkaufsangebot in einem Mitgliedstaat, in dem das in Rede stehende Werk gesch&#252;tzt ist (vgl. entsprechend Urteil vom 13.&#160;Mai 2015, Dimensione Direct Sales und Labianca, C&#8209;516/13, EU:C:2015:315, Rn.&#160;29 und 32 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Ausgangsfall lagerte Herr Syed Waren mit urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiven und verkaufte in einem Ladenlokal identische Waren ohne Zustimmung der Urheberrechtsinhaber.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist zu pr&#252;fen, ob eine solche Lagerung als eine dem Zustandekommen des Kaufgesch&#228;fts vorgelagerte Handlung angesehen werden kann, die eine Verletzung des ausschlie&#223;lichen Verbreitungsrechts im Sinne von Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 darstellen kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist festzustellen, dass die Lagerung von Waren mit urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiven als eine solche Handlung angesehen werden kann, wenn nachgewiesen wird, dass diese Waren tats&#228;chlich dazu bestimmt sind, ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers an die &#214;ffentlichkeit verkauft zu werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit kann der Umstand, dass jemand, der Waren mit urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiven ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers in einem Ladenlokal verkauft, identische Waren lagert, ein Indiz daf&#252;r darstellen, dass die gelagerten Waren ebenfalls in diesem Ladenlokal verkauft werden sollen und diese Lagerung damit eine dem Zustandekommen des Kaufgesch&#228;fts vorgelagerte Handlung darstellen kann, die das Verbreitungsrecht des Urheberrechtsinhabers verletzen kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedoch l&#228;sst sich allein daraus, dass die gelagerten Waren und die im Ladenlokal des Betroffenen verkauften Waren identisch sind, nicht schlie&#223;en, dass die Lagerung eine Handlung darstellt, mit der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, in dem diese Waren urheberrechtlich gesch&#252;tzt sind, ein Verkauf zustande gebracht werden soll.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es l&#228;sst sich nicht ausschlie&#223;en, dass alle oder ein Teil der unter Umst&#228;nden wie denen des Ausgangsverfahrens gelagerten Waren nicht zum Verkauf im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bestimmt sind, in dem das auf diesen Waren angebrachte Werk gesch&#252;tzt wird, auch wenn diese Waren mit denjenigen identisch sind, die in dem Ladenlokal des H&#228;ndlers zum Verkauf angeboten werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In einem solchen Fall w&#252;rde eine Herangehensweise, wie sie oben in Rn.&#160;32 dargelegt ist, dazu f&#252;hren, dass die tats&#228;chliche Bestimmung der betroffenen Waren nicht ber&#252;cksichtigt wird und dass alle gelagerten Waren gleich behandelt werden, obwohl sie grunds&#228;tzlich verschiedene Bestimmungen haben k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine solche Herangehensweise w&#252;rde daher darauf hinauslaufen, den durch das ausschlie&#223;liche Verbreitungsrecht verliehenen Schutz &#252;ber den vom Unionsgesetzgeber festgelegten Rahmen hinaus auszuweiten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher ist es Sache des vorlegenden Gerichts, im Licht der ihm vorliegenden Beweismittel zu pr&#252;fen, ob alle oder nur ein Teil der Waren, die mit den in dem fraglichen Ladenlokal verkauften Waren identisch sind, in diesem Ladenlokal vertrieben werden sollten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit h&#228;lt es der Gerichtshof f&#252;r sachdienlich, die folgenden Hinweise zu geben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die Feststellung der Bestimmung der fraglichen Waren betrifft, sind alle Gesichtspunkte zu ber&#252;cksichtigen, die dem Nachweis dienen k&#246;nnen, dass diese Waren gelagert werden, um sie dann ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers in dem Mitgliedstaat zu verkaufen, in dessen Hoheitsgebiet die auf den Waren angebrachten Motive urheberrechtlich gesch&#252;tzt sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Gesichtspunkten kann die Entfernung zwischen Lager- und Verkaufsort zwar ein Indiz daf&#252;r darstellen, dass die betreffenden Waren an diesem Verkaufsort verkauft werden sollen; dieses Indiz kann jedoch f&#252;r sich allein nicht ausschlaggebend sein. Es kann allerdings im Rahmen einer konkreten Pr&#252;fung aller m&#246;glicherweise erheblichen Gesichtspunkte&#160;&#8211; wie z.&#160;B. die regelm&#228;&#223;ige Belieferung des Ladenlokals mit Waren aus den in Rede stehenden Lagerst&#228;tten, Buchhaltungsbelege, das Umsatz- und Bestellvolumen im Verh&#228;ltnis zum Volumen der gelagerten Waren und die laufenden Verkaufsvertr&#228;ge&#160;&#8211; ber&#252;cksichtigt werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die Lagerung von Waren, die mit einem im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Lagerung urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv versehen sind, durch einen H&#228;ndler eine Verletzung des ausschlie&#223;lichen Verbreitungsrechts im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann, wenn dieser H&#228;ndler in einem Ladenlokal ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers Waren, die mit den gelagerten Waren identisch sind, zum Verkauf anbietet, sofern die gelagerten Waren tats&#228;chlich zum Verkauf im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bestimmt sind, in dem dieses Motiv gesch&#252;tzt ist. Die Entfernung zwischen Lager- und Verkaufsort kann f&#252;r die Feststellung, ob die gelagerten Waren zum Verkauf im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats bestimmt sind, f&#252;r sich allein nicht ausschlaggebend sein.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C30Dispositifalinea"> <b>Art.&#160;4 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 22.&#160;Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die Lagerung von Waren, die mit einem im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats der Lagerung urheberrechtlich gesch&#252;tzten Motiv versehen sind, durch einen H&#228;ndler eine Verletzung des ausschlie&#223;lichen Verbreitungsrechts im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann, wenn dieser H&#228;ndler in einem Ladenlokal ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers Waren, die mit den gelagerten Waren identisch sind, zum Verkauf anbietet, sofern die gelagerten Waren tats&#228;chlich zum Verkauf im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats bestimmt sind, in dem dieses Motiv gesch&#252;tzt ist. Die Entfernung zwischen Lager- und Verkaufsort kann f&#252;r die Feststellung, ob die gelagerten Waren zum Verkauf im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats bestimmt sind, f&#252;r sich allein nicht ausschlaggebend sein.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Schwedisch.</p>
175,067
eugh-2018-12-19-c-37517
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-375/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:13
2019-01-31T19:21:13
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1026
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Art.&#160;49 und 56 AEUV&#160;&#8211; Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr&#160;&#8211; Gl&#252;cksspiel&#160;&#8211; Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote, die nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird&#160;&#8211; Beschr&#228;nkung&#160;&#8211; Zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses&#160;&#8211; Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;375/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 11.&#160;Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21.&#160;Juni 2017, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Stanley International Betting Ltd,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Stanleybet Malta ltd.</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Ministero dell&#8217;Economia e delle Finanze,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Agenzia delle Dogane e dei Monopoli,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">weitere Beteiligte:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Lottomatica SpA,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Lottoitalia Srl,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung der Pr&#228;sidentin der Dritten Kammer A.&#160;Prechal in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Zweiten Kammer, der Richterin C.&#160;Toader (Berichterstatterin) und des Richters A.&#160;Rosas,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanw&#228;ltin: E.&#160;Sharpston,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: R.&#160;Schiano, Verwaltungsrat,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 6.&#160;Juni 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Stanley International Betting Ltd, vertreten durch R.&#160;Jacchia, F.&#160;Ferraro, A.&#160;Terranova und D.&#160;Agnello, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Stanleybet Malta ltd., vertreten durch D.&#160;Agnello und M.&#160;Mura, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Lottoitalia Srl, vertreten durch F.&#160;Satta, R.&#160;Mastroianni, S.&#160;Fidanzia, A.&#160;Gigliola, R.&#160;Baratta und A.&#160;Romano, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der italienischen Regierung, vertreten durch G.&#160;Palmieri als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von S.&#160;Fiorentino und P.&#160;G.&#160;Marrone, avvocati dello Stato,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der belgischen Regierung, vertreten durch M.&#160;Jacobs und L.&#160;Van den Broeck als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von P.&#160;Vlaemminck, R.&#160;Verbeke und J.&#160;Van den Bon, advocaten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der portugiesischen Regierung, vertreten durch L.&#160;Inez Fernandes, M.&#160;Figueiredo, A.&#160;Silva Coelho und P.&#160;de Sousa In&#234;s als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch H.&#160;Tserepa-Lacombe, G.&#160;Gattinara und P.&#160;Ondr&#367;&#353;ek als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin in der Sitzung vom 27.&#160;September 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art.&#160;49 und 56 AEUV, der Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit sowie der Richtlinie 2014/23/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;Februar 2014 &#252;ber die Konzessionsvergabe (ABl.&#160;2014, L&#160;94, S.&#160;1).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der im Vereinigten K&#246;nigreich in das Gesellschaftsregister eingetragenen Stanley International Betting Ltd und deren maltesischer Tochtergesellschaft Stanleybet Malta ltd. (im Folgenden zusammen: Stanley) einerseits und dem Ministero dell&#8217;Economia e delle Finanze (Minister f&#252;r Wirtschaft und Finanzen, Italien) und der Agenzia delle Dogane e dei Monopoli (Agentur f&#252;r Z&#246;lle und Monopole, Italien) (im Folgenden: ADM) andererseits wegen der Rechtm&#228;&#223;igkeit des Verfahrens zur Vergabe der Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote (im Folgenden: Lotterien).</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Richtlinie 2014/23 hei&#223;t es im ersten Erw&#228;gungsgrund:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Das Fehlen klarer Bestimmungen zur Vergabe von Konzessionen auf Unionsebene f&#252;hrt zu Rechtsunsicherheit, Behinderungen des freien Dienstleistungsverkehrs und Verzerrungen des Binnenmarkts. &#8230; Ein angemessener, ausgewogener und flexibler Rechtsrahmen f&#252;r die Konzessionsvergabe w&#252;rde den tats&#228;chlichen, diskriminierungsfreien Marktzugang aller Wirtschaftsteilnehmer in der Union und Rechtssicherheit gew&#228;hrleisten und so &#246;ffentliche Investitionen in Infrastrukturen und strategische Dienstleistungen f&#252;r die B&#252;rger f&#246;rdern. Ein solcher Rechtsrahmen w&#252;rde auch zu gr&#246;&#223;erer Rechtssicherheit f&#252;r die Wirtschaftsteilnehmer f&#252;hren und k&#246;nnte eine Grundlage und ein Mittel f&#252;r die weitere &#214;ffnung der internationalen M&#228;rkte f&#252;r &#246;ffentliche Auftr&#228;ge darstellen und den Welthandel ankurbeln. &#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;51 (&#8222;Umsetzung&#8220;) der Richtlinie 2014/23 ist in Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 Satz&#160;1 bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie sp&#228;testens bis zum 18.&#160;April 2016 nachzukommen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;54 (&#8222;Inkrafttreten&#8220;) der Richtlinie 2014/23 lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Ver&#246;ffentlichung im <i>Amtsblatt der Europ&#228;ischen Union</i> in Kraft.</p> <p class="C02AlineaAltA">Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf vor dem 17.&#160;April 2014 ausgeschriebene oder vergebene Konzessionen.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Italienisches Recht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Gesetz Nr.&#160;528 vom 2.&#160;August 1982&#160;&#8211; Regelung der Lotterien und Ma&#223;nahmen f&#252;r die Besch&#228;ftigten dieser Branche</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;1 der Legge n.&#160;528&#160;&#8211; Ordinamento del gioco del lotto e misure per il personale del lotto (Gesetz Nr.&#160;528&#160;&#8211; Regelung der Lotterien und Ma&#223;nahmen f&#252;r die Besch&#228;ftigten dieser Branche) vom 2.&#160;August 1982 (GURI Nr.&#160;222, vom 13.&#160;August 1982) ist die Veranstaltung von Lotterien dem Staat vorbehalten, der diese Aufgabe der ADM &#252;bertragen hat.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Gesetz Nr.&#160;190/2014</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 Abs.&#160;653 der Legge n.&#160;190&#160;&#8211; Disposizioni per la formazione del bilancio annuale e pluriennale dello Stato (legge di stabilit&#224; 2015) (Gesetz Nr.&#160;190&#160;&#8211; Bestimmungen &#252;ber die Feststellung des Haushaltsplans f&#252;r ein oder mehrere Rechnungsjahre [Stabilit&#228;tsgesetz 2015]) vom 23.&#160;Dezember 2014 (Supplemento ordinario zur GURI Nr.&#160;300, vom 29.&#160;Dezember 2014, im Folgenden: Gesetz Nr.&#160;190/2014) lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Wegen des Auslaufens der bisherigen Konzession wird die Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote, was die Annahme der Spieleins&#228;tze durch das Netz der Konzessionsnehmer oder online angeht, damit dabei die &#246;ffentlichen Interessen gewahrt werden, von der [ADM] unter Beachtung der Grunds&#228;tze und Vorschriften des europ&#228;ischen und nationalen Rechts in einem offenen, auf dem Wettbewerb basierenden und nicht diskriminierenden Auswahlverfahren an ein qualifiziertes Unternehmen vergeben, das Erfahrung auf dem Gebiet der Veranstaltung von Gl&#252;cksspielen oder der Annahme von Spieleins&#228;tzen hat, im Europ&#228;ischen Wirtschaftsraum ans&#228;ssig ist und in sittlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht die erforderliche Zuverl&#228;ssigkeit besitzt. Das Verfahren sieht folgende wesentlichen Bedingungen vor:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Laufzeit der Konzession betr&#228;gt neun Jahre, sie kann nicht verl&#228;ngert werden;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Auswahl richtet sich nach dem wirtschaftlich g&#252;nstigsten Angebot bei einem Richtwert von 700 Mio. Euro;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Zahlung des Preises, der im Angebot des an erster Stelle stehenden Bieters genannt wird, ist in H&#246;he von 350 Mio. Euro bei Erteilung des Zuschlags im Jahr 2015, in H&#246;he von 250 Mio. Euro bei der tats&#228;chlichen &#220;bernahme des Lottospielbetriebs durch den Zuschlagsempf&#228;nger im Jahr 2016 und bez&#252;glich des verbleibenden Teilbetrags bis zum 30.&#160;April 2017 zu leisten;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;das Recht des Zuschlagsempf&#228;ngers und Konzessionsnehmers auf Nutzung des Telekommunikationsnetzes f&#252;r die unmittelbare oder mittelbare Erbringung von anderen Diensten als der Annahme der Eins&#228;tze der Lotterien und der sonstigen Zahlengl&#252;cksspiele mit feststehender Quote, sofern sie nach Auffassung der [ADM] mit der Annahme der Spieleins&#228;tze vereinbar sind;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">e)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Provision f&#252;r den Konzessionsnehmer bel&#228;uft sich auf 6&#160;% der Annahmen;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">f)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verpflichtung, das System des Netzes und die Spielterminals gem&#228;&#223; dem Investitionsplan, der Bestandteil des technischen Angebots ist, nach Qualit&#228;tsnormen, die ein H&#246;chstma&#223; an Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit bieten, technisch auf dem neuesten Stand zu halten;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">g)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verpflichtung des Konzessionsnehmers, Gelder die nicht gem&#228;&#223; dem in Buchst.&#160;f genannten Investitionsplan investiert worden sind, j&#228;hrlich an den Staat zu zahlen;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">h)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verpflichtung f&#252;r jeden Bieter, bei der Teilnahme am Auswahlverfahren an die [ADM] einen Betrag zu zahlen, der den in Abs.&#160;654 genannten Verg&#252;tungen entspricht, wobei lediglich die Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten haben, einen Anspruch auf Erstattung haben.&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt, werden in Italien im Rahmen der vom Staat veranstalteten Lotterien zwei Arten von Konzessionen erteilt: die eine f&#252;r die Annahme der Spieleins&#228;tze, die an eine Vielzahl von Annahmestellen vergeben wird (System mehrerer Konzessionsnehmer), die andere f&#252;r die Ziehung und die automatisierte Verwaltung des Netzes der Annahmestellen, die fr&#252;her freih&#228;ndig an die Lottomatica SpA vergeben wurde.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kurz vor Auslaufen der an Lottomatica vergebenen Konzession (8.&#160;Juni 2016), wurde die ADM damit betraut, die Ausschreibung f&#252;r die Vergabe einer neuen Konzession zu organisieren. Die wesentlichen allgemeinen Bedingungen der Ausschreibung waren in Art.&#160;1 Abs.&#160;653 des Gesetzes Nr.&#160;190/2014 geregelt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Ausschreibung wurde am 17.&#160;Dezember 2015 im <i>Amtsblatt der Europ&#228;ischen Union</i> und am 21.&#160;Dezember 2015 in der <i>Gazzetta ufficiale della Repubblica italiana</i> ver&#246;ffentlicht. In der Ausschreibung wurde als Frist f&#252;r die Einreichung der Angebote der 16.&#160;M&#228;rz 2016 festgesetzt und der Wert der Konzession mit 6&#160;600&#160;000&#160;000 Euro angegeben, was den im Jahr 2014 angenommenen Spieleins&#228;tzen entspricht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;er den in der Ausschreibung festgelegten wesentlichen Bedingungen war im Lastenheft in Abschnitt&#160;5.3 als Bedingung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsf&#228;higkeit vorgesehen, dass die Bieter von 2012 bis 2014 oder von 2013 bis 2015 mit der Verwaltung oder der Annahme von Spieleins&#228;tzen einen Gesamtumsatz von mindestens 100&#160;Mio. Euro erzielt haben m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die Voraussetzungen der technischen Leistungsf&#228;higkeit angeht, verlangte Abschnitt&#160;5.4 Buchst.&#160;a des Lastenhefts &#8222;in den letzten drei abgeschlossenen Abrechnungszeitr&#228;umen der Jahre 2012 bis 2014 oder 2013 bis 2015 die Annahme von Spieleins&#228;tzen f&#252;r Spiele, die &#252;ber Spielterminals erfolgen, in H&#246;he von insgesamt mindestens [350&#160;Mio. Euro]&#8220;, wobei &#8222;dieser Wert bei Bietern, die erst seit weniger als drei Jahren aber mehr als 18&#160;Monaten in dem Sektor t&#228;tig sind, nach der Dauer der tats&#228;chlichen Annahme von Spieleins&#228;tzen anteilsm&#228;&#223;ig herabgesetzt wird&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Abschnitt&#160;11 des Lastenhefts hatte der Bieter einen Investitions-, einen Organisations- und einen Entwicklungsplan vorzulegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das wirtschaftliche Angebot bestand nach Abschnitt&#160;12.4 des Lastenhefts &#8222;in einem Mehrgebot gegen&#252;ber dem Richtwert von 700&#160;Mio. Euro&#8220;, das mindestens 3&#160;Mio. Euro betragen musste. Nach Abschnitt&#160;15.3 des Lastenhefts war f&#252;r den Zuschlag das Kriterium des wirtschaftlich g&#252;nstigsten Angebots ma&#223;geblich.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Muster eines Vertrags &#252;ber die Konzession der Veranstaltung von Lotterien (im Folgenden: Musterkonzessionsvertrag) war in Art.&#160;22 Abs.&#160;1 bestimmt: &#8222;Nach Ablauf der Konzession &#252;bertr&#228;gt der Konzessionsnehmer an die [ADM] auf Aufforderung kostenfrei s&#228;mtliche materiellen und immateriellen Verm&#246;gensgegenst&#228;nde zur&#252;ck, aus denen das Netz der physischen Annahmestellen besteht. Ferner &#252;bertr&#228;gt er an die [ADM] das Eigentum am gesamten automatisierten System mit Zugang zu den R&#228;umlichkeiten sowie das Eigentum an den Ger&#228;ten, zu denen auch die Spielterminals in s&#228;mtlichen Annahmestellen geh&#246;ren, an den Anlagen, an den Strukturen, an den Programmen, an den Archiven und an allem, was sonst gem&#228;&#223; dem letzten von der [ADM] genehmigten Inventar f&#252;r das vollst&#228;ndige Funktionieren, die umfassende Verwaltung und die volle Funktionsf&#228;higkeit des Systems erforderlich ist.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;30 des Musterkonzessionsvertrags, in dem die R&#252;cknahme und der Widerruf der Konzession geregelt sind, bestimmte in seinem Abs.&#160;2:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Zur Wahrung der Interessen des Staates und der Verbraucher widerruft die [ADM] die Konzession &#8230; auch</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">h)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8230; bei einer Straftat, wegen der das Hauptverfahren er&#246;ffnet worden ist und die nach Einsch&#228;tzung der [ADM] wegen ihrer Art, ihrer Schwere, der Art ihrer Ausf&#252;hrung und ihres Zusammenhangs mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, die Zuverl&#228;ssigkeit, Professionalit&#228;t und sittliche Eignung des Konzessionsnehmers ausschlie&#223;t &#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">k)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;bei einem Versto&#223; des Konzessionsnehmers gegen die Vorschriften zur Bek&#228;mpfung des unerlaubten, illegalen und heimlichen Gl&#252;cksspiels, insbesondere wenn er selbst oder &#252;ber eine irgendwo auf der Welt ans&#228;ssige Gesellschaft, die er kontrolliert oder mit der er verbunden ist, auf italienischem Staatsgebiet Gl&#252;cksspiele anbietet, die mit automatisierten Lotterien und anderen Zahlengl&#252;cksspielen mit feststehender Quote vergleichbar sind und f&#252;r die er keine Genehmigung hat oder die mit anderen Gl&#252;cksspielen vergleichbar sind, die nach italienischem Recht verboten sind;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Entscheidung vom 16.&#160;Mai 2016 wurde die Konzession der Lottoitalia Srl erteilt, die als Mitglied eines Konsortiums bestehend aus Lottomatica und drei weiteren Gesellschaften an dem Vergabeverfahren teilgenommen hatte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stanley ist in Italien im Sektor der Wetten mit fester Quote mit sogenannten &#8222;Daten&#252;bertragungszentren&#8220; (im Folgenden: D&#220;Z) vertreten, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sportwetten erbringen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stanley vertrat die Auffassung, dass sie daran gehindert worden sei, an dem Verfahren &#252;ber die Vergabe der Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien teilzunehmen. Die Gesellschaft erhob deshalb beim Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht f&#252;r die Region Latium, Italien) Klage auf Aufhebung der im Vergabeverfahren ergangenen Rechtsakte. Sie machte geltend, Art.&#160;1 Abs.&#160;653 des Gesetzes Nr.&#160;190/2014 und bestimmte der Voraussetzungen f&#252;r die Teilnahme an dem Vergabeverfahren, die im Lastenheft und im Musterkonzessionsvertrag festgelegt worden seien, seien unionsrechtswidrig.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Klage von Stanley wurde vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht f&#252;r die Region Latium) mit Urteil vom 21.&#160;April 2016 abgewiesen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht f&#252;r die Region Latium) nahm an, dass sich Lotterien erheblich von anderen Gl&#252;cksspielen unterschieden. Lotterien seien das einzige Gl&#252;cksspiel, bei dem der Staat das unternehmerische Risiko trage. Au&#223;erdem werde bei ihnen zwischen der Phase der Annahme der Spieleins&#228;tze und der Phase der Veranstaltung des Spiels unterschieden. Wegen dieser Unterschiede sei es gerechtfertigt, f&#252;r die Veranstaltung der Lotterien nur eine Konzession zu vergeben. Dadurch w&#252;rden die Kosten, die durch die Koordination der T&#228;tigkeiten einer Vielzahl von Konzessionsnehmern entst&#252;nden, eingespart und bestehe auf dem Markt weniger Konkurrenz, was gut f&#252;r eine verantwortliche Veranstaltung der Lotterien sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Voraussetzungen f&#252;r die Teilnahme an dem Vergabeverfahren seien in Bezug auf den Gegenstand der zu vergebenden Konzession angemessen und verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig gewesen. Nach den vorliegenden Zahlen seien in den letzten f&#252;nf Abrechnungszeitr&#228;umen bei Zahlengl&#252;cksspielen mit fester Quote Spieleins&#228;tze von mehr als 6&#160;Mrd. Euro j&#228;hrlich angenommen worden, was einem Umsatz des Konzessionsnehmers von etwa 400&#160;Mio. Euro entspreche. Im &#220;brigen h&#228;tten mindestens 15 Wirtschaftsteilnehmer des Sektors die Bedingungen f&#252;r die Teilnahme an dem Vergabeverfahren erf&#252;llt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stanley legte beim Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht f&#252;r die Region Latium) ein, das auf dessen Aufhebung gerichtet ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stanley macht geltend, bei Lotterien anders als bei den &#252;brigen Gl&#252;cksspielen, Prognosewettbewerben und Wetten nur eine Konzession zu vergeben, sei unionsrechtswidrig. Die Voraussetzungen f&#252;r die Teilnahme an dem Vergabeverfahren, insbesondere der Richtwert und die Gr&#252;nde f&#252;r den Widerruf der Konzession seien unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Sie werde dadurch davon abgehalten, an dem Verfahren teilzunehmen. Die unentgeltliche R&#252;ckgabe des Netzes an die ADM nach Ablauf der Konzession sei nicht mit dem Urteil vom 28.&#160;Januar 2016, Laezza (C&#8209;375/14, EU:C:2016:60), vereinbar.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts stellt sich im Ausgangsverfahren eine Frage betreffend die Auslegung des Unionsrechts, die sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung nicht beantworten l&#228;sst. Das vorlegende Gericht h&#228;lt es deshalb f&#252;r erforderlich, den Gerichtshof anzurufen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Consiglio di Stato (Staatsrat) hat das Verfahren daher ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind die Bestimmungen des Unionsrechts&#160;&#8211; insbesondere das Niederlassungsrecht und der freie Dienstleistungsverkehr sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz, des freien Wettbewerbs, der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit und der Koh&#228;renz&#160;&#8211; dahin auszulegen, dass sie einer Regelung wie der des Art.&#160;1 Abs.&#160;653 des Gesetzes Nr.&#160;190/2014 und der betreffenden Durchf&#252;hrungsvorschriften entgegenstehen, die vorsehen, dass f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien anders als bei anderen Gl&#252;cksspielen, Prognosewettbewerben oder Wetten nur eine exklusive Konzession vergeben wird?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind die Bestimmungen des Unionsrechts&#160;&#8211; insbesondere das Niederlassungsrecht, der freie Dienstleistungsverkehr und die Richtlinie 2014/23 sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz, des freien Wettbewerbs, der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit und der Koh&#228;renz&#160;&#8211; dahin auszulegen, dass sie einer Ausschreibung entgegenstehen, die einen Richtwert vorsieht, der im Hinblick auf Anforderungen an die wirtschaftlich-finanzielle und technisch-organisatorische Leistungsf&#228;higkeit, die denen entsprechen, die in den Abschnitten 5.3, 5.4, 11, 12.4 und 15.3 des Lastenhefts f&#252;r die Vergabe der Konzession f&#252;r Lotterien vorgesehen sind, weit &#252;berh&#246;ht und ungerechtfertigt ist?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind die Bestimmungen des Unionsrechts&#160;&#8211; insbesondere das Niederlassungsrecht, der freie Dienstleistungsverkehr und die Richtlinie 2014/23 sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz, des freien Wettbewerbs, der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit und der Koh&#228;renz&#160;&#8211; dahin auszulegen, dass sie einer Regelung entgegenstehen, die den Wirtschaftsteilnehmer, wie hier durch Art.&#160;30 des Musterkonzessionsvertrags, faktisch vor die Alternative stellt, entweder eine neue Konzession zu erwerben oder weiter von der Freiheit der Erbringung der verschiedenen grenz&#252;berschreitenden Wettdienstleistungen Gebrauch zu machen, so dass die Entscheidung f&#252;r eine Teilnahme an dem Verfahren zur Vergabe der neuen Konzession den Verzicht auf die grenz&#252;berschreitende T&#228;tigkeit erfordern w&#252;rde, obwohl die Rechtm&#228;&#223;igkeit der letztgenannten T&#228;tigkeit vom Gerichtshof bereits mehrfach best&#228;tigt wurde?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur Zul&#228;ssigkeit</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lottoitalia und die italienische Regierung halten das Vorabentscheidungsersuchen f&#252;r unzul&#228;ssig. In der Vorlageentscheidung w&#252;rden lediglich die von Stanley vorgeschlagenen Fragen wiedergegeben. Es werde aber nicht dargelegt, warum der Gerichtshof angerufen werde und inwieweit die Fragen erforderlich seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung spricht eine Vermutung f&#252;r die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts, die es zur Auslegung des Unionsrechts stellt. Der Gerichtshof darf die Entscheidung &#252;ber ein Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann verweigern, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realit&#228;t oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht &#252;ber die tats&#228;chlichen und rechtlichen Angaben verf&#252;gt, die f&#252;r eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil vom 8.&#160;September 2016, Politan&#242;, C&#8209;225/15, EU:C:2016:645, Rn.&#160;22 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenfalls nach st&#228;ndiger Rechtsprechung ist eine Auslegung des Unionsrechts, die f&#252;r das nationale Gericht von Nutzen ist, nur dann m&#246;glich, wenn das vorlegende Gericht den tats&#228;chlichen und rechtlichen Kontext, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tats&#228;chlichen Annahmen, auf denen diese beruhen, erl&#228;utert. Au&#223;erdem muss die Vorlageentscheidung die genauen Gr&#252;nde angeben, aus denen dem nationalen Gericht die Auslegung des Unionsrechts fraglich und die Vorlage einer Vorabentscheidungsfrage an den Gerichtshof erforderlich erscheint (Urteil vom 22.&#160;Januar 2015, Stanley International Betting und Stanleybet Malta, C&#8209;463/13, EU:C:2015:25, Rn.&#160;27 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall wird der tats&#228;chliche und rechtliche Kontext des Ausgangsrechtsstreits in der Vorlageentscheidung hinreichend dargelegt. Auch l&#228;sst sich anhand der Ausf&#252;hrungen, die das vorlegende Gericht zur Erheblichkeit der Vorlagefragen f&#252;r die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits gemacht hat, die Tragweite der Vorlagefragen bestimmen. Und die Vorlagefragen lassen sich auf der Grundlage dieser Ausf&#252;hrungen auch so beantworten, dass das vorlegende Gericht daraus einen Nutzen ziehen kann. Die schriftlichen Erkl&#228;rungen der belgischen und der portugiesischen Regierung best&#228;tigen diese Einsch&#228;tzung.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Nr.&#160;3 der Empfehlungen des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union an die nationalen Gerichte bez&#252;glich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl.&#160;2018, C&#160;257, S.&#160;1) &#252;bt der Gerichtshof seine Befugnis, im Wege der Vorabentscheidung &#252;ber die Auslegung oder die G&#252;ltigkeit des Unionsrechts zu entscheiden, ausschlie&#223;lich auf Initiative der nationalen Gerichte aus, und zwar unabh&#228;ngig davon, ob die Parteien des Ausgangsrechtsstreits eine Anrufung des Gerichtshofs angeregt haben. Da das mit einem Rechtsstreit befasste nationale Gericht die Verantwortung f&#252;r die zu erlassende gerichtliche Entscheidung zu tragen hat, ist es n&#228;mlich Sache dieses Gerichts&#160;&#8211; und allein dieses Gerichts&#160;&#8211;, im Hinblick auf die Besonderheiten der jeweiligen Rechtssache sowohl zu beurteilen, ob ein Vorabentscheidungsersuchen f&#252;r den Erlass seiner Entscheidung erforderlich ist, als auch die Erheblichkeit der Fragen zu beurteilen, die es dem Gerichtshof vorlegt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demnach ist das Vorabentscheidungsersuchen zul&#228;ssig.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Beantwortung der Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die drei Fragen des vorlegenden Gerichts betreffen im Wesentlichen die Frage, ob die nationale Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, und bestimmte Bestimmungen von Rechtsakten zur Durchf&#252;hrung dieser Regelung mit den Art.&#160;49 und 56 AEUV, mit den Grunds&#228;tzen der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit sowie mit der Richtlinie 2014/23 vereinbar sind.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Zur zeitlichen Anwendbarkeit der Richtlinie 2014/23</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach einer st&#228;ndigen Rechtsprechung zu &#246;ffentlichen Auftr&#228;gen, die auf Dienstleistungskonzessionen &#252;bertragbar ist, ist grunds&#228;tzlich diejenige Richtlinie anwendbar, die zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der &#246;ffentliche Auftraggeber die Art des Verfahrens ausw&#228;hlt und endg&#252;ltig entscheidet, ob die Verpflichtung zu einem vorherigen Aufruf zum Wettbewerb f&#252;r die Vergabe eines &#246;ffentlichen Auftrags besteht. Unanwendbar sind hingegen die Bestimmungen einer Richtlinie, deren Umsetzungsfrist nach diesem Zeitpunkt abgelaufen ist (vgl. entsprechend Urteil vom 7.&#160;April 2016, Partner Apelski Dariusz, C&#8209;324/14, EU:C:2016:214, Rn.&#160;83 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Ausschreibung, um die es hier geht, wurde am 17.&#160;Dezember 2015, also vor dem Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2014/23 (18.&#160;April 2016), im <i>Amtsblatt der Europ&#228;ischen Union</i> ver&#246;ffentlicht. Wie die Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;30 ihrer Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, ist nicht ersichtlich, dass die Richtlinie zum Zeitpunkt der Ver&#246;ffentlichung der Ausschreibung bereits in nationales Recht umgesetzt gewesen w&#228;re.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 2014/23 ist im Ausgangsverfahren daher zeitlich nicht anwendbar.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Zur ersten Frage</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art.&#160;49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens entgegenstehen, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien im Gegensatz zu anderen Gl&#252;cksspielen, Prognosewettbewerben oder Wetten, bei denen die Konzession mehreren Konzessionsnehmern erteilt wird, nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie der Gerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, stellt eine mitgliedstaatliche Regelung wie die des Ausgangsverfahrens, die die Aus&#252;bung einer wirtschaftlichen T&#228;tigkeit vom Erhalt einer Konzession abh&#228;ngig macht und mehrere Gr&#252;nde f&#252;r den Widerruf der Konzession vorsieht, eine Beschr&#228;nkung der in den Art.&#160;49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten dar (Urteile vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;70, und vom 22.&#160;Januar 2015, Stanley International Betting und Stanleybet Malta, C&#8209;463/13, EU:C:2015:25, Rn.&#160;46).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das gilt unabh&#228;ngig davon, ob eine oder mehrere Konzessionen vergeben werden. Wie die Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;43 ihrer Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, ist die Entscheidung, die betreffende T&#228;tigkeit von der Erlangung einer Konzession abh&#228;ngig zu machen und in dem Verfahren &#252;ber die Vergabe des entsprechenden &#246;ffentlichen Auftrags nur eine Konzession zu vergeben, deshalb nach den Art.&#160;49 und 56 AEUV zu pr&#252;fen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dabei ist zu beachten, dass es den Mitgliedstaaten, solange der Bereich der Gl&#252;cksspiele auf der Ebene der Union nicht harmonisiert ist, zwar freisteht, die Ziele ihrer Politik auf diesem Gebiet festzulegen, und dass sie bei der Bestimmung des ihnen am geeignetsten erscheinenden Niveaus des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung &#252;ber ein weites Ermessen verf&#252;gen. Die von ihnen vorgesehenen Beschr&#228;nkungen m&#252;ssen jedoch den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen&#160;&#8211; insbesondere an ihre Rechtfertigung durch zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses und ihre Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit&#160;&#8211; gen&#252;gen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8.&#160;September 2016, Politan&#242;, C&#8209;225/15, EU:C:2016:645, Rn.&#160;39 und 40 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demnach ist zu pr&#252;fen, ob eine solche Beschr&#228;nkung im Rahmen der Ausnahmeregelungen aus Gr&#252;nden der &#246;ffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die in den nach Art.&#160;62 AEUV auch auf dem Gebiet des freien Dienstleistungsverkehrs anwendbaren Art.&#160;51 und 52 AEUV ausdr&#252;cklich vorgesehen sind, zul&#228;ssig oder gem&#228;&#223; der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gr&#252;nden des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (Urteil vom 22.&#160;Januar 2015, Stanley International Betting und Stanleybet Malta, C&#8209;463/13, EU:C:2015:25, Rn.&#160;47 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die Ziele angeht, die mit der Regelung, um die es hier geht, verfolgt werden, hat die italienische Regierung erl&#228;utert, dass man sich u.&#160;a. deshalb f&#252;r die Vergabe nur einer Konzession entschieden habe, weil es erforderlich sei, das Gl&#252;cksspiel in geordnete Bahnen zu lenken, und weil durch die Reduzierung des Wettbewerbs auf diesem besonderen Markt eine verantwortungsvolle Veranstaltung des Gl&#252;cksspiels erm&#246;glicht werde. Auch aus technischen Gr&#252;nden sei es geboten gewesen, nur eine Konzession zu vergeben. Bei Vergabe mehrerer Konzessionen h&#228;tte durch eine Einrichtung, die die T&#228;tigkeiten der verschiedenen Konzessionsnehmer h&#228;tte koordinieren und vereinheitlichen m&#252;ssen, eine Kontrolle auf zwei Ebenen stattfinden m&#252;ssen, was zu einer Vervielfachung der Kosten gef&#252;hrt h&#228;tte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu Gl&#252;cksspielen j&#252;ngst darauf hingewiesen, dass der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen f&#252;r die B&#252;rger zu &#252;berm&#228;&#223;igen Ausgaben zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses sein k&#246;nnen, die Beschr&#228;nkungen der Grundfreiheiten gem&#228;&#223; den Art.&#160;49 und 56 AEUV rechtfertigen k&#246;nnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22.&#160;Januar 2015, Stanley International Betting und Stanleybet Malta, C&#8209;463/13, EU:C:2015:25, Rn.&#160;48 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich aber auch, dass verwaltungstechnische Nachteile und wirtschaftliche Gr&#252;nde die Beeintr&#228;chtigung einer durch das Unionsrecht gew&#228;hrleisteten Grundfreiheit nicht rechtfertigen k&#246;nnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30.&#160;Juni 2011, Zeturf, C&#8209;212/08, EU:C:2011:437, Rn.&#160;48 und 52 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Feststellung, welche Ziele mit der nationalen Regelung tats&#228;chlich verfolgt werden, ist bei einem Vorabentscheidungsersuchen gem&#228;&#223; Art.&#160;267 AEUV jedoch das vorlegende Gericht zust&#228;ndig (Urteil vom 30.&#160;April 2014, Pfleger u.&#160;a., C&#8209;390/12, EU:C:2014:281, Rn.&#160;47 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem hat das vorlegende Gericht unter Ber&#252;cksichtigung der Hinweise des Gerichtshofs zu pr&#252;fen, ob die durch den betreffenden Mitgliedstaat auferlegten Beschr&#228;nkungen den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit gen&#252;gen (Urteil vom 30.&#160;April 2014, Pfleger u.&#160;a., C&#8209;390/12, EU:C:2014:281, Rn.&#160;48 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass, wenn eines der Ziele der Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, tats&#228;chlich darin besteht, auf dem besonderen Markt der Veranstaltung von Lotterien den Wettbewerb zu reduzieren, wie die italienische Regierung erl&#228;utert hat, die Vergabe nur einer Konzession geeignet sein d&#252;rfte, dieses Ziel zu erreichen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Denn im Gegensatz zur Einf&#252;hrung eines freien und unverf&#228;lschten Wettbewerbs auf einem traditionellen Markt k&#246;nnte die Betreibung eines derartigen Wettbewerbs auf dem sehr spezifischen Markt f&#252;r Gl&#252;cksspiele, d.&#160;h. zwischen mehreren Veranstaltern, die die gleichen Gl&#252;cksspiele betreiben d&#252;rfen, nach der Rechtsprechung insofern nachteilige Folgen haben, als diese Veranstalter versucht w&#228;ren, einander an Einfallsreichtum zu &#252;bertreffen, um ihr Angebot attraktiver als das ihrer Wettbewerber zu machen, so dass f&#252;r die Verbraucher die mit dem Spiel verbundenen Ausgaben und die Gefahr der Spielsucht erh&#246;ht w&#252;rden (Urteil vom 30.&#160;April 2014, Pfleger u.&#160;a., C&#8209;390/12, EU:C:2014:281, Rn.&#160;46 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Auswahl der Modalit&#228;ten der Organisation und der Kontrolle der T&#228;tigkeiten der Veranstaltung und praktischen Durchf&#252;hrung von Gl&#252;cksspielen ist Sache der nationalen Beh&#246;rden, die insoweit &#252;ber einen Gestaltungsspielraum verf&#252;gen. Dass ein Mitgliedstaat sich daf&#252;r entschieden hat, f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien lediglich eine Konzession zu vergeben, obwohl in demselben Mitgliedstaat f&#252;r die Organisation des Markts der &#252;brigen Gl&#252;cksspiele etwas anderes gilt, hat daher f&#252;r sich genommen keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Regelung des Ausgangsverfahrens, die ausschlie&#223;lich im Hinblick auf die mit der Regelung verfolgten Ziele zu erfolgen hat.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Derart divergierende rechtliche Regelungen &#228;ndern n&#228;mlich als solche nichts an der Eignung eines solchen Systems der Vergabe nur einer Konzession zur Verwirklichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize f&#252;r die B&#252;rger zu &#252;berm&#228;&#223;igen Ausgaben f&#252;r das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bek&#228;mpfen (vgl. entsprechend Urteil vom 28.&#160;Februar 2018, Sporting Odds, C&#8209;3/17, EU:C:2018:130, Rn.&#160;23 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein solches duales System zur Organisation des Gl&#252;cksspielmarkts w&#252;rde jedoch gegen Art.&#160;56 AEUV versto&#223;en, wenn sich herausstellen sollte, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden in Bezug auf andere Gl&#252;cksspiele als die, bei denen nur eine Konzession vergeben wird, eine Politik verfolgen, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Spielgelegenheiten zu verringern und die T&#228;tigkeiten in diesem Bereich in koh&#228;renter und systematischer Weise zu begrenzen, was zur Folge hat, dass das der Vergabe nur einer Konzession zugrunde liegende Ziel, Anreize zu &#252;berm&#228;&#223;igen Ausgaben f&#252;r das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bek&#228;mpfen, mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. entsprechend Urteil vom 28.&#160;Februar 2018, Sporting Odds, C&#8209;3/17, EU:C:2018:130, Rn.&#160;24 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sofern das vorlegende Gericht feststellt, dass die den freien Dienstleistungsverkehr einschr&#228;nkende Regelung tats&#228;chlich in koh&#228;renter und systematischer Weise die vom betreffenden Mitgliedstaat angegebenen Ziele verfolgt, ist ein solches duales System aber mit Art.&#160;56 AEUV vereinbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28.&#160;Februar 2018, Sporting Odds, C&#8209;3/17, EU:C:2018:130, Rn.&#160;33).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art.&#160;49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien im Gegensatz zu anderen Gl&#252;cksspielen, Prognosewettbewerben oder Wetten, bei denen die Konzession mehreren Konzessionsnehmern erteilt wird, nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird, nicht entgegenstehen, sofern das vorlegende Gericht feststellt, dass die Regelung tats&#228;chlich in koh&#228;renter und systematischer Weise die vom betreffenden Mitgliedstaat angegebenen Ziele verfolgt.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Zur zweiten Frage</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art.&#160;49 und 56 AEUV sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung und den betreffenden Durchf&#252;hrungsvorschriften entgegenstehen, die wie im Ausgangsverfahren f&#252;r die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien einen Richtwert festlegen, der gemessen an den &#252;brigen Anforderungen an die wirtschaftliche, finanzielle und technisch-organisatorische Leistungsf&#228;higkeit hoch ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist festzustellen, dass sowohl das Erfordernis einer Konzession als auch die in der betreffenden Ausschreibung festgelegten Teilnahmevoraussetzungen, u.&#160;a. der Richtwert, geeignet sind, die Aus&#252;bung der in den Art.&#160;49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten weniger attraktiv zu machen. Sie m&#252;ssen deshalb gerechtfertigt sein und den Anforderungen des Grundsatzes der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit gen&#252;gen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung muss die konzessionserteilende Stelle bei der Vergabe einer Konzession wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, das Transparenzgebot beachten, das u.&#160;a. dazu verpflichtet, zugunsten der potenziellen Bewerber einen angemessenen Grad an &#214;ffentlichkeit sicherzustellen, der eine &#214;ffnung der Konzessionen f&#252;r den Wettbewerb und die Nachpr&#252;fung erm&#246;glicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgef&#252;hrt worden sind (Urteil vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;72 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der aus dem Gleichheitssatz folgende Grundsatz der Transparenz soll in diesem Zusammenhang im Wesentlichen gew&#228;hrleisten, dass alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer auf der Grundlage s&#228;mtlicher einschl&#228;giger Informationen an Ausschreibungen teilnehmen k&#246;nnen, und die Gefahr von G&#252;nstlingswirtschaft oder von willk&#252;rlichen Entscheidungen der Vergabestelle ausschlie&#223;en. Er verlangt, dass alle Bedingungen und Modalit&#228;ten des Vergabeverfahrens klar, genau und eindeutig formuliert sind, so dass zum einen alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der &#252;blichen Sorgfalt die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen k&#246;nnen und zum anderen dem Ermessen der konzessionserteilenden Stelle Grenzen gesetzt werden und diese tats&#228;chlich &#252;berpr&#252;fen kann, ob die Gebote der Bieter die f&#252;r das Verfahren geltenden Kriterien erf&#252;llen (Urteil vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;73 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Wert des Auftrags ist eine wesentliche Information, die nach dem Grundsatz der Transparenz in der Ausschreibung zumindest sch&#228;tzungsweise anzugeben ist. Wie die Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;59 ihrer Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, muss der gesch&#228;tzte Wert des Auftrags auf objektiven Kriterien beruhen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie Stanley geltend macht, betr&#228;gt der Richtwert des Auftrags, um den es im Ausgangsverfahren geht, nach Art.&#160;1 Abs.&#160;653 Buchst.&#160;b des Gesetzes Nr.&#160;190/2014 700&#160;Mio. Euro. Das ist etwa das Doppelte der Voraussetzung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsf&#228;higkeit gem&#228;&#223; Abschnitt&#160;5.3 des Lastenhefts. Bei der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsf&#228;higkeit wurde aber lediglich auf die von dem Wirtschaftsteilnehmer in der Vergangenheit angenommenen Spieleins&#228;tze abgestellt. Sie kann keine Auswirkungen auf die Objektivit&#228;t des gesch&#228;tzten Werts des Auftrags haben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die Generalanw&#228;ltin in den Nrn. 61 und 62 ihrer Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, sind bei der Beurteilung des gesch&#228;tzten Werts des Auftrags auch der sehr hohe Betrag der Konzession (6&#160;600&#160;Mio. Euro j&#228;hrlich), die j&#228;hrliche Verg&#252;tung des Konzessionsnehmers in H&#246;he von 6&#160;% der angenommenen Spieleins&#228;tze (etwa 400&#160;Mio. Euro), und die M&#246;glichkeit etwaiger Bieter, an dem Verfahren als Konsortium teilzunehmen, zu ber&#252;cksichtigen. Was diesen letzten Punkt angeht, ergibt sich aus dem Urteil vom 21.&#160;April 2016 des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Verwaltungsgericht f&#252;r die Region Latium), dass zumindest 15 Wirtschaftsteilnehmer des Sektors diese Teilnahmevoraussetzung erf&#252;llt haben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point61">61</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem sah Art.&#160;1 Abs.&#160;653 Buchst.&#160;c des Gesetzes Nr.&#160;190/2014 vor, dass der im Angebot des an erster Stelle stehenden Bieters genannte Preis von 2015 bis 2017 in drei Teilen gezahlt wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point62">62</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist festzustellen, dass der Richtwert des Auftrags, um den es im Auftragsverfahren geht, klar, genau und eindeutig formuliert wurde und objektiv gerechtfertigt sein d&#252;rfte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point63">63</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der oben in Rn.&#160;46 dargestellten Rechtsprechung ist die endg&#252;ltige Beurteilung der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Regelung, um die es im Ausgangsverfahren geht, aber Sache des nationalen Gerichts. Dasselbe gilt f&#252;r die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundsatz der Transparenz.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point64">64</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass die Art.&#160;49 und 56 AEUV sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung und den betreffenden Durchf&#252;hrungsvorschriften, die wie im Ausgangsverfahren f&#252;r die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien einen hohen Richtwert festlegen, nicht entgegenstehen, sofern der Richtwert klar, genau und eindeutig formuliert und objektiv gerechtfertigt ist, was zu pr&#252;fen Sache des nationalen Gerichts ist.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Zur dritten Frage</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point65">65</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die dritte Frage des vorlegenden Gerichts beruht offenbar auf der Annahme, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung anerkannt h&#228;tte, dass die Veranstaltung von Gl&#252;cksspielen durch D&#220;Z als Dienstleistung im freien Dienstleistungsverkehr rechtm&#228;&#223;ig ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point66">66</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist festzustellen, dass der Gerichtshof im Gl&#252;cksspielsektor den R&#252;ckgriff auf ein Konzessionssystem gebilligt hat, weil ein solches System ein wirksamer Mechanismus sein kann, um die in diesem Sektor t&#228;tigen Wirtschaftsteilnehmer mit dem Ziel zu kontrollieren, der Ausnutzung dieser T&#228;tigkeiten zu kriminellen oder betr&#252;gerischen Zwecken vorzubeugen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12.&#160;September 2013, Biasci u.&#160;a., C&#8209;660/11 und C&#8209;8/12, EU:C:2013:550, Rn.&#160;24 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point67">67</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass bestimmte Bestimmungen von Ausschreibungen f&#252;r die Vergabe von Vertr&#228;gen &#252;ber Konzessionen f&#252;r die Veranstaltung von Gl&#252;cksspielen unionsrechtswidrig sind. Er hat sich aber nicht zu der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Veranstaltung von Gl&#252;cksspielen durch D&#220;Z als Dienstleistung im freien Dienstleistungsverkehr ge&#228;u&#223;ert.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point68">68</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die dritte Frage ist daher umzuformulieren. Das vorlegende Gericht m&#246;chte mit dieser Frage wissen, ob die Art.&#160;49 und 56 AEUV sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung eines zu einer Ausschreibung geh&#246;renden Musterkonzessionsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens entgegenstehen, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien widerrufen wird</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;bei einer Straftat, wegen der das Hauptverfahren er&#246;ffnet worden ist und die nach Einsch&#228;tzung des &#246;ffentlichen Auftraggebers wegen ihrer Art, ihrer Schwere, der Art ihrer Ausf&#252;hrung und ihres Zusammenhangs mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, die Zuverl&#228;ssigkeit, Professionalit&#228;t und sittliche Eignung des Konzessionsnehmers ausschlie&#223;t,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;oder bei einem Versto&#223; des Konzessionsnehmers gegen die Vorschriften zur Bek&#228;mpfung des unerlaubten, illegalen und heimlichen Gl&#252;ckspiels, insbesondere wenn er selbst oder &#252;ber eine irgendwo auf der Welt ans&#228;ssige Gesellschaft, die er kontrolliert oder mit der er verbunden ist, ohne entsprechende Genehmigung mit Lotterien vergleichbare Gl&#252;cksspiele anbietet.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point69">69</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie oben in den Rn.&#160;38 bis 40 ausgef&#252;hrt, stellt eine mitgliedstaatliche Regelung, die die Aus&#252;bung einer wirtschaftlichen T&#228;tigkeit vom Erhalt einer Konzession abh&#228;ngig macht und verschiedene Gr&#252;nde f&#252;r den Widerruf der Konzession vorsieht, eine Beschr&#228;nkung der in den Art.&#160;49 und 56 AEUV garantierten Freiheiten dar. Die Bestimmungen &#252;ber den Widerruf der Konzession m&#252;ssen, wenn sie mit den Art.&#160;49 und 56 AEUV vereinbar sein sollen, durch zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sein. Au&#223;erdem m&#252;ssen sie dem Grundsatz der Transparenz (siehe oben, Rn.&#160;56 und 57) gen&#252;gen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point70">70</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die dritte Vorlagefrage ist nach Ma&#223;gabe dieser Erw&#228;gungen zu beantworten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point71">71</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was als Erstes den Widerrufsgrund der Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens (Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags) angeht, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass in dem besonderen Bereich der Gl&#252;cksspiele der Ausschluss eines Wirtschaftsteilnehmers wegen der Begehung einer Straftat, die mit dem Gegenstand der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt wurde, in Zusammenhang steht, grunds&#228;tzlich als eine Ma&#223;nahme angesehen werden kann, die durch das Ziel der Bek&#228;mpfung der Kriminalit&#228;t gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;76 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point72">72</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da der Widerruf der Konzession f&#252;r den Konzessionsnehmer eine besonders einschneidende Ma&#223;nahme darstellt, muss er das Risiko, dass ihn eine solche Sanktion trifft, allerdings sicher absch&#228;tzen k&#246;nnen. Es muss daher klar, genau und eindeutig bestimmt sein, unter welchen Umst&#228;nden die Sanktion zur Anwendung kommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;77 und 78).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point73">73</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter dem Vorbehalt der &#220;berpr&#252;fungen, die durchzuf&#252;hren Sache des vorlegenden Gerichts ist, d&#252;rfte die Bestimmung des Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags diesen Anforderungen gen&#252;gen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point74">74</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die Generalanw&#228;ltin in Nr.&#160;73 ihrer Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, werden die Voraussetzungen f&#252;r den Widerruf der Konzession durch die ADM in Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags knapp, aber klar beschrieben, so dass ein Bieter bei verst&#228;ndiger W&#252;rdigung und Anwendung der &#252;blichen Sorgfalt keine Schwierigkeiten haben d&#252;rfte, den Anwendungsbereich und die Tragweite dieser Bestimmung zu erkennen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point75">75</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen sind die Voraussetzungen der Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens, die im italienischen Recht in der Strafprozessordnung geregelt sind, f&#252;r alle Wirtschaftsteilnehmer zug&#228;nglich und vorhersehbar.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point76">76</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die Frage angeht, ob Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags auch den Anforderungen des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes gen&#252;gt, ergibt sich aus einer st&#228;ndigen Rechtsprechung, dass die durch die nationalen Rechtsvorschriften auferlegten Beschr&#228;nkungen nicht &#252;ber das hinausgehen d&#252;rfen, was zur Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6.&#160;November 2003, Gambelli u.&#160;a., C&#8209;243/01, EU:C:2003:597, Rn.&#160;72). Auch wenn der &#246;ffentliche Auftraggeber im Prinzip die M&#246;glichkeit haben muss, die Konzession bei Zweifeln an der Zuverl&#228;ssigkeit des Konzessionsnehmers, insbesondere wegen der Begehung einer Straftat, die mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt ist, in Zusammenhang steht, zu widerrufen. Diese M&#246;glichkeit muss aber genau geregelt sein, damit sie in Bezug auf das Ziel der Bek&#228;mpfung der Kriminalit&#228;t verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point77">77</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall h&#228;ngt das Ermessen, &#252;ber das die ADM beim Widerruf der Konzession gem&#228;&#223; Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags verf&#252;gt, von zwei Voraussetzungen ab. Ein Widerruf der Konzession setzt erstens voraus, dass eine vom &#246;ffentlichen Auftraggeber unabh&#228;ngige Justizbeh&#246;rde vorher t&#228;tig geworden ist und auf Antrag der Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift verfasst, die auf einem B&#252;ndel von Indizien beruht, die im Ermittlungsverfahren zusammengetragen worden sind, und zweitens, dass die begangene Straftat mit dem Gegenstand der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, in Zusammenhang steht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point78">78</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist festzustellen, dass eine Bestimmung wie die des Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;h des Musterkonzessionsvertrags nicht &#252;ber das hinausgehen d&#252;rfte, was erforderlich ist, um das verfolgte Ziel der Bek&#228;mpfung der Kriminalit&#228;t zu erreichen, was zu &#252;berpr&#252;fen aber Sache des vorlegenden Gerichts ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point79">79</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Ergebnis wird nicht durch Rn.&#160;81 des Urteils vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone (C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80), in Frage gestellt, wonach ein Ausschluss vom Markt durch Widerruf der Konzession nur dann als dem Ziel der Bek&#228;mpfung der Kriminalit&#228;t angemessen betrachtet werden kann, wenn er auf einer rechtskr&#228;ftigen Verurteilung wegen einer hinreichend schweren Straftat beruht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point80">80</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Denn auch wenn die Konzession bei einer rechtskr&#228;ftigen Verurteilung wegen einer Straftat im Zusammenhang mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, automatisch widerrufen wird, bedeutet dies nicht, dass dem &#246;ffentlichen Auftraggeber nicht die Befugnis erteilt werden d&#252;rfte, die Konzession unter genau geregelten gesetzlichen Voraussetzungen auch ohne rechtskr&#228;ftige Verurteilung zu widerrufen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point81">81</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was als Zweites den Widerrufsgrund des Art.&#160;30 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;k des Musterkonzessionsvertrags angeht, stellt das darin enthaltene Verbot, im italienischen Hoheitsgebiet andere, mit Lotterien vergleichbare Gl&#252;cksspiele ohne entsprechende Genehmigung oder andere, mit nach italienischem Recht verbotenen Gl&#252;cksspielen vergleichbare Gl&#252;cksspiele in Verkehr zu bringen ebenfalls eine Ma&#223;nahme zur Bek&#228;mpfung des illegalen Gl&#252;cksspiels dar, was gewiss ein legitimes Ziel darstellt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point82">82</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter dem Vorbehalt der &#220;berpr&#252;fungen, die vorzunehmen Sache des vorlegenden Gerichts ist, d&#252;rfte diese Bestimmung hinreichend klar formuliert sein. Sie d&#252;rfte auch geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen, ohne &#252;ber das zu hinauszugehen, was hierzu erforderlich ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point83">83</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Pr&#252;fung der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit dieser Bestimmungen wird das vorlegende Gericht aber auch zu ber&#252;cksichtigen haben, dass der Widerruf der Konzession eines Wirtschaftsteilnehmers nicht als verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig angesehen werden kann, wenn die nationale Regelung kein wirksames gerichtliches Verfahren und keinen Ersatz f&#252;r den entstandenen Schaden, falls sich der Widerruf sp&#228;ter als ungerechtfertigt erweisen sollte, vorsieht (vgl. entsprechend Urteil vom 16.&#160;Februar 2012, Costa und Cifone, C&#8209;72/10 und C&#8209;77/10, EU:C:2012:80, Rn.&#160;81).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point84">84</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sofern der Wirtschaftsteilnehmer, der tats&#228;chlich ein Angebot eingereicht hat und wegen der streitigen Bestimmungen &#252;ber den Widerruf der Konzession bei deren Vergabe nicht ber&#252;cksichtigt wird bzw. der Bieter, bei dem die Konzession gem&#228;&#223; den streitigen Bestimmungen widerrufen worden ist, ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen die Nichtber&#252;cksichtigung bei der Vergabe der Konzession bzw. den Widerruf der Konzession und Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens hat, falls sich herausstellen sollte, dass die Nichtber&#252;cksichtigung bei der Vergabe der Konzession bzw. der Widerruf der Konzession nicht gerechtfertigt waren, u.&#160;a. auch wegen Versto&#223;es gegen das Unionsrecht, ist davon auszugehen, dass solche Bestimmungen den Anforderungen des Grundsatzes der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit gen&#252;gen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point85">85</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist auf die dritte Frage zu antworten, dass die Art.&#160;49 und 56 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Bestimmung eines zu einer Ausschreibung geh&#246;renden Musterkonzessionsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung von Lotterien widerrufen wird</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;bei einer Straftat, wegen der das Hauptverfahren er&#246;ffnet worden ist und die nach Einsch&#228;tzung des &#246;ffentlichen Auftraggebers wegen ihrer Art, ihrer Schwere, der Art ihrer Ausf&#252;hrung und ihres Zusammenhangs mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, die Zuverl&#228;ssigkeit, Professionalit&#228;t und sittliche Eignung des Konzessionsnehmers ausschlie&#223;t,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;oder bei einem Versto&#223; des Konzessionsnehmers gegen die Vorschriften zur Bek&#228;mpfung des unerlaubten, illegalen und heimlichen Gl&#252;cksspiels, insbesondere wenn er selbst oder &#252;ber eine irgendwo auf der Welt ans&#228;ssige Gesellschaft, die er kontrolliert oder mit der er verbunden ist, ohne entsprechende Genehmigung mit Lotterien vergleichbare Gl&#252;cksspiele anbietet,</p> <p class="C02AlineaAltA">nicht entgegenstehen, sofern die Bestimmung gerechtfertigt ist, in Bezug auf das verfolgte Ziel verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist und dem Grundsatz der Transparenz entspricht, was das nationale Gericht unter Ber&#252;cksichtigung der in diesem Urteil enthaltenen Hinweise zu pr&#252;fen haben wird.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point86">86</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die Art.&#160;49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote im Gegensatz zu anderen Gl&#252;cksspielen, Prognosewettbewerben oder Wetten, bei denen die Konzession mehreren Konzessionsnehmern erteilt wird, nur einem Konzessionsnehmer erteilt wird, nicht entgegenstehen, sofern das vorlegende Gericht feststellt, dass die Regelung tats&#228;chlich in koh&#228;renter und systematischer Weise die vom betreffenden Mitgliedstaat angegebenen Ziele verfolgt.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die Art.&#160;49 und 56 AEUV sowie die Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung und den betreffenden Durchf&#252;hrungsvorschriften, die wie im Ausgangsverfahren f&#252;r die Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote einen hohen Richtwert festlegen, nicht entgegenstehen, sofern der Richtwert klar, genau und eindeutig formuliert und objektiv gerechtfertigt ist, was zu pr&#252;fen Sache des nationalen Gerichts ist.</b> </p> <p class="C08Dispositif">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die Art.&#160;49 und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung eines zu einer Ausschreibung geh&#246;renden Musterkonzessionsvertrags wie der des Ausgangsverfahrens, nach der die Konzession f&#252;r die Veranstaltung automatisierter Lotterien und anderer Zahlengl&#252;cksspiele mit fester Quote widerrufen wird</b> </p> <p class="C34Dispositifmarge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>bei einer Straftat, wegen der das Hauptverfahren er&#246;ffnet worden ist und die nach Einsch&#228;tzung des &#246;ffentlichen Auftraggebers wegen ihrer Art, ihrer Schwere, der Art ihrer Ausf&#252;hrung und ihres Zusammenhangs mit der T&#228;tigkeit, f&#252;r die die Konzession erteilt worden ist, die Zuverl&#228;ssigkeit, Professionalit&#228;t und sittliche Eignung des Konzessionsnehmers ausschlie&#223;t,</b> </p> <p class="C34Dispositifmarge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>oder bei einem Versto&#223; des Konzessionsnehmers gegen die Vorschriften zur Bek&#228;mpfung des unerlaubten, illegalen und heimlichen Gl&#252;cksspiels, insbesondere wenn er selbst oder &#252;ber eine irgendwo auf der Welt ans&#228;ssige Gesellschaft, die er kontrolliert oder mit der er verbunden ist, ohne entsprechende Genehmigung mit automatisierten Lotterien und anderen Zahlengl&#252;cksspielen mit fester Quote vergleichbare Gl&#252;cksspiele anbietet,</b> </p> <p class="C32Dispositifmarge1"> <b>nicht entgegenstehen, sofern die Bestimmung gerechtfertigt ist, in Bezug auf das verfolgte Ziel verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist und dem Grundsatz der Transparenz entspricht, was das nationale Gericht unter Ber&#252;cksichtigung der in diesem Urteil enthaltenen Hinweise zu pr&#252;fen haben wird.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Italienisch.</p>
175,066
eugh-2018-12-19-c-21617
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C-216/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:12
2019-01-31T19:21:12
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1034
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Richtlinie 2004/18/EG&#160;&#8211; Art.&#160;1 Abs.&#160;5&#160;&#8211; Art.&#160;32 Abs.&#160;2&#160;&#8211; Vergabe &#246;ffentlicher Bauauftr&#228;ge, Lieferauftr&#228;ge und Dienstleistungsauftr&#228;ge&#160;&#8211; Rahmenvereinbarungen&#160;&#8211; Klausel zur Erweiterung der Rahmenvereinbarung auf andere &#246;ffentliche Auftraggeber&#160;&#8211; Grunds&#228;tze der Transparenz und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer&#160;&#8211; Fehlende Bestimmung der Menge der &#246;ffentlichen Folgeauftr&#228;ge oder Bestimmung unter Bezugnahme auf den normalen Bedarf der die Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber&#160;&#8211; Verbot&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;216/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 9.&#160;M&#228;rz 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 24.&#160;April 2017, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Autorit&#224; Garante della Concorrenza e del Mercato&#160;&#8211; Antitrust,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Coopservice Soc. coop. arl</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Azienda Socio-Sanitaria Territoriale della Vallecamonica&#160;&#8211; Sebino (ASST),</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Azienda Socio-Sanitaria Territoriale del Garda (ASST),</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Azienda Socio-Sanitaria Territoriale della Valcamonica (ASST),</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">Beteiligte:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Markas Srl,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>ATI&#160;&#8211; Zanetti Arturo &amp; C.&#160;Srl e in proprio,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Regione Lombardia,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Richters J.&#160;Malenovsk&#253; in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpr&#228;sidenten sowie der Richter M.&#160;Safjan und D.&#160;&#352;v&#225;by (Berichterstatter),</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Campos S&#225;nchez-Bordona,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: R.&#160;&#350;ere&#351;, Verwaltungsr&#228;tin,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 12.&#160;Juli 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Coopservice Soc. coop. arl, vertreten durch P.&#160;S.&#160;Pugliano, avvocato,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Markas Srl, vertreten durch F.&#160;G.&#160;Scoca, P.&#160;Adami und I.&#160;Tranquilli, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der italienischen Regierung, vertreten durch G.&#160;Palmieri als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von B.&#160;Tidore und P.&#160;Palmieri, avvocati dello Stato,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der tschechischen Regierung, vertreten durch M.&#160;Smolek, J.&#160;Vl&#225;&#269;il und T.&#160;M&#252;ller als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der &#246;sterreichischen Regierung, vertreten durch M.&#160;Fruhmann als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der finnischen Regierung, vertreten durch S.&#160;Hartikainen als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch G.&#160;Gattinara und P.&#160;Ondr&#367;&#353;ek als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3.&#160;Oktober 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 31.&#160;M&#228;rz 2004 &#252;ber die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe &#246;ffentlicher Bauauftr&#228;ge, Lieferauftr&#228;ge und Dienstleistungsauftr&#228;ge (ABl.&#160;2004, L&#160;134, S.&#160;114, Berichtigung ABl.&#160;2004, L&#160;351, S.&#160;44) und von Art.&#160;33 der Richtlinie 2014/24/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;Februar 2014 &#252;ber die &#246;ffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18 (ABl.&#160;2014, L&#160;94, S.&#160;65).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen zweier vom vorlegenden Gericht verbundener Klagen, n&#228;mlich erstens der Autorit&#224; Garante della Concorrenza e del mercato (Wettbewerbsbeh&#246;rde, Italien, im Folgenden: AGCM) und zweitens der Coopservice Soc. Coop. arl jeweils gegen die Azienda Socio-Sanitaria Territoriale della Vallecamonica&#160;&#8211; Sebino (regionale Gesundheitseinrichtung des Valcamonica&#160;&#8211; Sebino, Italien, im Folgenden: ASST Valcamonica) wegen deren Entscheidung, einem Vertrag &#252;ber die Dienste der Krankenhausreinigung sowie der Sammlung und Entsorgung von Abfall (im Folgenden: urspr&#252;nglicher Vertrag) beizutreten, der 2012 von der Azienda Socio-Sanitaria Territoriale del Garda (regionale Gesundheitseinrichtung Gardasee, Italien, im Folgenden: ASST Gardasee) mit der ATI&#160;&#8211; Zanetti Arturo &amp; C.&#160;Srl, einer Bietergemeinschaft von Unternehmen, zu der die Markas Srl und Zanetti Arturo geh&#246;ren (im Folgenden: ATE Markas), geschlossen worden war.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Richtlinie 2004/18</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Erw&#228;gungsgr&#252;nden 11 und 15 der Richtlinie 2004/18 hei&#223;t es:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;(11)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es sollten eine &#8230; Definition der Rahmenvereinbarungen [auf Unionsebene] sowie spezifische Vorschriften f&#252;r die Rahmenvereinbarungen, die f&#252;r in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallende Auftr&#228;ge geschlossen werden, vorgesehen werden. Nach diesen Vorschriften kann ein &#246;ffentlicher Auftraggeber, wenn er eine Rahmenvereinbarung gem&#228;&#223; den Vorschriften dieser Richtlinie insbesondere &#252;ber Ver&#246;ffentlichung, Fristen und Bedingungen f&#252;r die Abgabe von Angeboten abschlie&#223;t, w&#228;hrend der Laufzeit der Rahmenvereinbarung Auftr&#228;ge auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarung entweder durch Anwendung der in der Rahmenvereinbarung enthaltenen Bedingungen oder, falls nicht alle Bedingungen im Voraus in dieser Vereinbarung festgelegt wurden, durch erneute Er&#246;ffnung des Wettbewerbs zwischen den Parteien der Rahmenvereinbarung in Bezug auf die nicht festgelegten Bedingungen vergeben. Bei der Wiederer&#246;ffnung des Wettbewerbs sollten bestimmte Vorschriften eingehalten werden, um die erforderliche Flexibilit&#228;t und die Einhaltung der allgemeinen Grunds&#228;tze, insbesondere des Grundsatzes der Gleichbehandlung, zu gew&#228;hrleisten. Aus diesen Gr&#252;nden sollte die Laufzeit der Rahmenvereinbarung begrenzt werden und sollte vier Jahre nicht &#252;berschreiten d&#252;rfen, au&#223;er in von den &#246;ffentlichen Auftraggebern ordnungsgem&#228;&#223; begr&#252;ndeten F&#228;llen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(15)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Mitgliedstaaten haben sich verschiedene zentrale Beschaffungsverfahren entwickelt. Mehrere &#246;ffentliche Auftraggeber haben die Aufgabe, f&#252;r andere &#246;ffentliche Auftraggeber Ank&#228;ufe zu t&#228;tigen oder &#246;ffentliche Auftr&#228;ge zu vergeben/Rahmenvereinbarungen zu schlie&#223;en. In Anbetracht der gro&#223;en Mengen, die beschafft werden, tragen diese Verfahren zur Verbesserung des Wettbewerbs und zur Rationalisierung des &#246;ffentlichen Beschaffungswesens bei. Daher sollte der Begriff der f&#252;r &#246;ffentliche Auftraggeber t&#228;tigen zentralen Beschaffungsstelle im Gemeinschaftsrecht definiert werden. Au&#223;erdem sollte unter Einhaltung der Grunds&#228;tze der Nichtdiskriminierung und der Gleichbehandlung definiert werden, unter welchen Voraussetzungen davon ausgegangen werden kann, dass &#246;ffentliche Auftraggeber, die Bauleistungen, Waren und/oder Dienstleistungen &#252;ber eine zentrale Beschaffungsstelle beziehen, diese Richtlinie eingehalten haben.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 (&#8222;Definitionen&#8220;) Abs.&#160;5 dieser Richtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Eine &#8218;Rahmenvereinbarung&#8216; ist eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren &#246;ffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern, die zum Ziel hat, die Bedingungen f&#252;r die Auftr&#228;ge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 (&#8222;Grunds&#228;tze f&#252;r die Vergabe von Auftr&#228;gen&#8220;) dieser Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die &#246;ffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;9 (&#8222;Methoden zur Berechnung des gesch&#228;tzten Wertes von &#246;ffentlichen Auftr&#228;gen, von Rahmenvereinbarungen und von dynamischen Beschaffungssystemen&#8220;) dieser Richtlinie hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Grundlage f&#252;r die Berechnung des gesch&#228;tzten Auftragswertes ist der Gesamtwert ohne MwSt., der vom &#246;ffentlichen Auftraggeber voraussichtlich zu zahlen ist. Bei dieser Berechnung ist der gesch&#228;tzte Gesamtwert einschlie&#223;lich aller Optionen und der etwaigen Verl&#228;ngerungen des Vertrags zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein Bauvorhaben oder ein Beschaffungsvorhaben mit dem Ziel, eine bestimmte Menge von Waren und/oder Dienstleistungen zu beschaffen, darf nicht zu dem Zwecke aufgeteilt werden, das Vorhaben der Anwendung dieser Richtlinie zu entziehen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(7)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei regelm&#228;&#223;ig wiederkehrenden &#246;ffentlichen Auftr&#228;gen oder Dauerauftr&#228;gen &#252;ber Lieferungen oder Dienstleistungen wird der gesch&#228;tzte Auftragswert wie folgt berechnet:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;entweder auf der Basis des tats&#228;chlichen Gesamtwerts entsprechender aufeinander folgender Auftr&#228;ge aus den vorangegangenen zw&#246;lf Monaten oder dem vorangegangenen Haushaltsjahr; dabei sind voraussichtliche &#196;nderungen bei Mengen oder Kosten w&#228;hrend der auf den urspr&#252;nglichen Auftrag folgenden zw&#246;lf Monate nach M&#246;glichkeit zu ber&#252;cksichtigen;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;oder auf der Basis des gesch&#228;tzten Gesamtwerts aufeinander folgender Auftr&#228;ge, die w&#228;hrend der auf die erste Lieferung folgenden zw&#246;lf Monate bzw. w&#228;hrend des Haushaltsjahres, soweit dieses l&#228;nger als zw&#246;lf Monate ist, vergeben werden.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Wahl der Methode zur Berechnung des gesch&#228;tzten Wertes eines &#246;ffentlichen Auftrags darf nicht in der Absicht erfolgen, die Anwendung dieser Richtlinie zu umgehen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(9)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der zu ber&#252;cksichtigende Wert einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems ist gleich dem gesch&#228;tzten Gesamtwert ohne MwSt. aller f&#252;r die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung oder des dynamischen Beschaffungssystems geplanten Auftr&#228;ge.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;32 (&#8222;Rahmenvereinbarungen&#8220;) der Richtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen f&#252;r die &#246;ffentlichen Auftraggeber die M&#246;glichkeit des Abschlusses von Rahmenvereinbarungen vorsehen.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Abschluss einer Rahmenvereinbarung befolgen die &#246;ffentlichen Auftraggeber die Verfahrensvorschriften dieser Richtlinie in allen Phasen bis zur Zuschlagserteilung der Auftr&#228;ge, die auf diese Rahmenvereinbarung gest&#252;tzt sind. F&#252;r die Auswahl der Parteien einer Rahmenvereinbarung gelten die Zuschlagskriterien gem&#228;&#223; Artikel&#160;53.</p> <p class="C02AlineaAltA">Auftr&#228;ge, die auf einer Rahmenvereinbarung beruhen, werden nach den in den Abs&#228;tzen&#160;3 und 4 beschriebenen Verfahren vergeben. Diese Verfahren sind nur zwischen dem &#246;ffentlichen Auftraggeber und den Wirtschaftsteilnehmern anzuwenden, die von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind.</p> <p class="C02AlineaAltA">Bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden Auftr&#228;ge d&#252;rfen die Parteien keinesfalls substanzielle &#196;nderungen an den Bedingungen dieser Rahmenvereinbarung vornehmen; dies ist insbesondere in dem in Absatz&#160;3 genannten Fall zu beachten.</p> <p class="C02AlineaAltA">Mit Ausnahme von Sonderf&#228;llen, in denen dies insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt werden kann, darf die Laufzeit der Rahmenvereinbarung vier Jahre nicht &#252;berschreiten.</p> <p class="C02AlineaAltA">Der &#246;ffentliche Auftraggeber darf das Instrument der Rahmenvereinbarung nicht missbr&#228;uchlich oder in einer Weise anwenden, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschr&#228;nkt oder verf&#228;lscht wird.</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wird eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer geschlossen, so werden die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Auftr&#228;ge entsprechend den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vergeben.</p> <p class="C02AlineaAltA">F&#252;r die Vergabe der Auftr&#228;ge kann der &#246;ffentliche Auftraggeber den an der Rahmenvereinbarung beteiligten Wirtschaftsteilnehmer schriftlich konsultieren und ihn dabei auffordern, sein Angebot erforderlichenfalls zu vervollst&#228;ndigen.</p> <p class="C02AlineaAltA">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wird eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern geschlossen, so m&#252;ssen mindestens drei Parteien beteiligt sein, sofern eine ausreichend gro&#223;e Zahl von Wirtschaftsteilnehmern die Eignungskriterien und/oder eine ausreichend gro&#223;e Zahl von zul&#228;ssigen Angeboten die Zuschlagskriterien erf&#252;llt.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Vergabe von Auftr&#228;gen, die auf einer mit mehreren Wirtschaftsteilnehmern geschlossenen Rahmenvereinbarung beruhen, erfolgt</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;entweder nach den Bedingungen der Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;oder, sofern nicht alle Bedingungen in der Rahmenvereinbarung festgelegt sind, nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb zu denselben Bedingungen, die erforderlichenfalls zu pr&#228;zisieren sind, oder gegebenenfalls nach anderen, in den Verdingungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen, und zwar nach folgendem Verfahren:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;35 (&#8222;Bekanntmachungen&#8220;) dieser Richtlinie sieht in Abs.&#160;4 vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Ein &#246;ffentlicher Auftraggeber, der einen &#246;ffentlichen Auftrag vergeben oder eine Rahmenvereinbarung geschlossen hat, sendet sp&#228;testens 48&#160;Tage nach der Vergabe des Auftrags beziehungsweise nach Abschluss der Rahmenvereinbarung eine Bekanntmachung mit den Ergebnissen des Vergabeverfahrens ab.</p> <p class="C02AlineaAltA">Bei Rahmenvereinbarungen im Sinne von Artikel&#160;32 brauchen die &#246;ffentlichen Auftraggeber nicht f&#252;r jeden Einzelauftrag, der aufgrund dieser Vereinbarung vergeben wird, eine Bekanntmachung mit den Ergebnissen des jeweiligen Vergabeverfahrens abzusenden.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anhang&#160;VII Teil&#160;A (&#8222;Angaben, die in den Bekanntmachungen f&#252;r &#246;ffentliche Auftr&#228;ge enthalten sein m&#252;ssen&#8220;) der Richtlinie hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">Bekanntmachung</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8230;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;gegebenenfalls Angabe, ob es sich um eine Rahmenvereinbarung handelt;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">6.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8230;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dienstleistungsauftr&#228;ge:</p> <p class="C15Marge2avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kategorie der Dienstleistung und Beschreibung; Referenznummer(n) der Nomenklatur. Umfang der Dienstleistungen. Insbesondere Hinweis auf Optionen bez&#252;glich zus&#228;tzlicher Auftr&#228;ge und, sofern bekannt, auf den vorl&#228;ufigen Zeitplan f&#252;r die Inanspruchnahme dieser Optionen sowie gegebenenfalls auf die Anzahl der Verl&#228;ngerungen. Bei regelm&#228;&#223;ig wiederkehrenden oder Dauerauftr&#228;gen voraussichtlicher Zeitplan, sofern bekannt, f&#252;r nachfolgende Ausschreibungen f&#252;r die geplanten Lieferungen.</p> <p class="C16Marge3">Bei Rahmenvereinbarungen ferner Angabe der vorgesehenen Laufzeit der Vereinbarung, des f&#252;r die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung veranschlagten Gesamtwerts der Dienstleistungen sowie&#160;&#8211; wann immer m&#246;glich&#160;&#8211; des Wertes und der H&#228;ufigkeit der zu vergebenden Auftr&#228;ge.</p> <p class="C15Marge2avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">18.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Rahmenvereinbarungen: vorgesehene Anzahl und gegebenenfalls die H&#246;chstzahl der Wirtschaftsteilnehmer, die Partei der Rahmenvereinbarung werden sollen, Dauer der Vereinbarung, gegebenenfalls unter Angabe der Rechtfertigungsgr&#252;nde f&#252;r eine Rahmenvereinbarung &#252;ber einen l&#228;ngeren Zeitraum als vier Jahre.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Italienisches Recht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Nationales Recht</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 Abs.&#160;449 letzter Teil der Legge n.&#160;296 (Gesetz Nr.&#160;296) vom 27.&#160;Dezember 2006 (Supplemento ordinario Nr.&#160;244 zur GURI Nr.&#160;299 vom 27.&#160;Dezember 2006) bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Einrichtungen des staatlichen Gesundheitsdienstes sind in jedem Fall verpflichtet, beim Einkauf von den Vereinbarungen Gebrauch zu machen, die von den zust&#228;ndigen regionalen Stellen abgeschlossen wurden, oder, wenn keine regionalen Vereinbarungen in Kraft sind, von den Rahmenvereinbarungen Gebrauch zu machen, die die Consip SpA (zentrale Beschaffungsstelle der italienischen Verwaltung) abgeschlossen hat.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Decreto legislativo n.&#160;163 (gesetzesvertretendes Dekret Nr.&#160;163) vom 12.&#160;April 2006 (Supplemento ordinario Nr.&#160;107 zur GURI Nr.&#160;100 vom 2.&#160;Mai 2006) in der f&#252;r den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ma&#223;geblichen Fassung hatte u.&#160;a. zum Gegenstand, die Richtlinie 2004/18 umzusetzen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus Art.&#160;3 Abs.&#160;13 dieses Dekrets ging hervor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Eine &#8218;Rahmenvereinbarung&#8216; ist eine Vereinbarung zwischen einem oder mehreren &#246;ffentlichen Auftraggebern und einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern, die zum Ziel hat, die Bedingungen f&#252;r die Auftr&#228;ge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Funktionsweise einer mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer geschlossenen Rahmenvereinbarung wurde in Art.&#160;59 dieses Dekrets beschrieben. Diese Bestimmung &#252;bernahm in ihren Abs.&#160;2 bis 4 w&#246;rtlich Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;1 bis 3 und Abs.&#160;3 der Richtlinie 2004/18. Dagegen unterlie&#223; sie es, Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 und 5 dieser Richtlinie umzusetzen, die zum Gegenstand haben, mit Ausnahme von ordnungsgem&#228;&#223; begr&#252;ndeten Sonderf&#228;llen die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung auf vier Jahre zu begrenzen bzw. den &#246;ffentlichen Auftraggebern zu verbieten, von Rahmenvereinbarungen missbr&#228;uchlich oder in einer Weise Gebrauch zu machen, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschr&#228;nkt oder verf&#228;lscht wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 Abs.&#160;12 des Decreto-legge 6 luglio 2012 n.&#160;95 (Gesetzesdekret Nr.&#160;95 vom 6.&#160;Juli 2012, Supplemento ordinario Nr.&#160;141 zur GURI Nr.&#160;156 vom 6.&#160;Juli 2012), convertito con modificazioni dalla legge 7&#160;agosto 2012, n.&#160;135 (mit &#196;nderungen in Gesetz umgewandelt durch das Gesetz Nr.&#160;135 vom 7.&#160;August 2012, Supplemento ordinario Nr.&#160;173 zur GURI Nr.&#160;189 vom 14.&#160;August 2012) l&#228;sst zur Verbesserung der in der urspr&#252;nglichen Ausschreibung festgelegten Vertragsbedingungen eine &#196;nderung der Bedingungen eines &#246;ffentlichen Auftrags w&#228;hrend seiner Durchf&#252;hrung zu.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;15 Abs.&#160;13 Buchst.&#160;b dieses Decreto-legge kann ein im Sinne dieser Vorschrift &#252;berm&#228;&#223;ig teurer Liefer- oder Dienstleistungsauftrag gek&#252;ndigt werden, um ohne eine neue Ausschreibung einen neuen Vertrag zu schlie&#223;en, der die Bedingungen &#252;bernimmt, die in dem mit anderen Unternehmen geschlossenen in Kraft befindlichen Vertrag enthalten sind.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Regionales Recht</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Lombardei (Italien) verpflichtet Art.&#160;3 Abs.&#160;7 der Legge regionale n.&#160;14 (Regionales Gesetz Nr.&#160;14) vom 19.&#160;Mai 1997 die gesamte regionale Verwaltung, von zentralisierten Formen der Beschaffung, insbesondere der regionalen Beschaffungsstelle, Gebrauch zu machen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Beschluss des Regionalrats Nr.&#160;2633 vom 6.&#160;Dezember 2011 wiederholt die Verpflichtung der ASST, sich Sammelbestellungen anzuschlie&#223;en und auf die Beschaffungsstellen zur&#252;ckzugreifen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Ausgangsrechtsstreit hat seinen Ursprung im Dekret Nr.&#160;1158/2015, das am 30.&#160;Dezember 2015 vom Generaldirektor der ASST Valcamonica erlassen wurde, um ohne Durchf&#252;hrung eines Verfahrens zur Vergabe eines &#246;ffentlichen Auftrags dem urspr&#252;nglichen Vertrag f&#252;r den Zeitraum zwischen dem 1.&#160;Februar 2016 und dem 15.&#160;Februar 2021 beizutreten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu diesem Zweck verlangte der Generaldirektor der ASST Valcamonica die Erweiterung des &#246;ffentlichen Auftrags, der mit dem am 4.&#160;November 2011 vom Generaldirektor der ASST Gardasee erlassenen Dekret Nr.&#160;828/2011 (im Folgenden: Dekret Nr.&#160;828/2011) urspr&#252;nglich an ATE Markas vergeben worden war.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit diesem Dekret wurden die Dienste der Reinigung der R&#228;umlichkeiten sowie der Sammlung und der Entsorgung von Abfall f&#252;r einen Zeitraum von 108 Monaten, d.&#160;h. 9&#160;Jahre, vom 16.&#160;Februar 2012 bis zum 15.&#160;Februar 2021, an ATE Markas vergeben. Nr.&#160;5 des Lastenhefts dieses Auftrags enthielt eine Klausel mit der &#220;berschrift &#8222;Erweiterung des Vertrags&#8220; (im Folgenden: Erweiterungsklausel), die einer oder mehreren der in dieser Klausel genannten Einrichtungen erlaubte, vom Zuschlagsempf&#228;nger des Auftrags zu verlangen, ihn zu ihren Gunsten zu erweitern, und zwar &#8222;zu denselben Bedingungen wie denen des fraglichen Auftrags&#8220;. In dieser Klausel, in der u.&#160;a. die ASST Valcamonica erw&#228;hnt war, hie&#223; es, dass der Zuschlagsempf&#228;nger nicht verpflichtet war, den Antrag auf Erweiterung anzunehmen. Au&#223;erdem bildete sich auf der Grundlage dieser Klausel ein &#8222;selbst&#228;ndiges Vertragsverh&#228;ltnis&#8220;, das die Restlaufzeit des vom urspr&#252;nglichen Vertrag vorgesehenen Auftragszeitraums abdeckte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Coopservice, die bis dahin die Reinigung der R&#228;umlichkeiten der ASST Valcamonica sicherstellte, und die AGCM erhoben jeweils Klage vor dem Tribunale amministrativo regionale della Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht der Lombardei, Italien) u.&#160;a. auf Nichtigerkl&#228;rung des Dekrets Nr.&#160;1158/2015, des Dekrets Nr.&#160;828/2011 und der Erweiterungsklausel mit der Begr&#252;ndung, dass diese Rechtsakte die Vergabe eines neuen Dienstleistungsauftrags unter Versto&#223; gegen die nationalen und europ&#228;ischen Wettbewerbsregeln und insbesondere gegen die Pflicht, ein Vergabeverfahren durchzuf&#252;hren, gestatteten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil vom 7.&#160;November 2016 wies das Tribunale amministrativo regionale della Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht der Lombardei) diese beiden Klagen mit der Begr&#252;ndung ab, dass zwischen einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer und einem einzigen Auftraggeber, der f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere &#246;ffentliche Auftraggeber handele, die in der Vereinbarung zwar genannt w&#252;rden, aber nicht unmittelbar daran beteiligt seien, eine Rahmenvereinbarung geschlossen werden k&#246;nne. Au&#223;erdem sei es nicht notwendig, dass in einer Rahmenvereinbarung ausdr&#252;cklich und von Anfang an die Menge der Leistungen genannt werde, die die Auftraggeber, die sich m&#246;glicherweise auf die Erweiterungsklausel beriefen, verlangen k&#246;nnten, da diese Menge implizit vorhergesehen werden k&#246;nne, indem man den gew&#246;hnlichen Bedarf heranziehe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Coopservice und AGCM legten daraufhin gegen dieses Urteil beim vorlegenden Gericht, dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), Rechtsmittel ein.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem macht Markas, die dem Rechtsstreit zur Unterst&#252;tzung der ASST Valcamonica als Streithelferin beigetreten ist, geltend, dass deren Beitritt zum urspr&#252;nglichen Vertrag mit Art.&#160;33 der Richtlinie 2014/24 in Einklang stehe, und beantragt, dem Gerichtshof eine Vorabentscheidungsfrage nach der Auslegung dieser Bestimmung vorzulegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu trifft das vorlegende Gericht drei Feststellungen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens sei Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 auf das Ausgangsverfahren anwendbar. Da es jedoch zum einen feststellt, dass diese Richtlinie durch die Richtlinie 2014/24 mit Wirkung zum 18.&#160;April 2016 aufgehoben worden sei und dass die f&#252;r die L&#246;sung des Rechtsstreits ma&#223;geblichen Bestimmungen dieser Richtlinie mit denen der Richtlinie 2004/18 identisch seien, h&#228;lt es das vorlegende Gericht f&#252;r angebracht, die Richtlinie 2004/18 in Verbindung mit der Richtlinie 2014/24 auszulegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens h&#228;lt es das vorlegende Gericht grunds&#228;tzlich f&#252;r zutreffend, den urspr&#252;nglichen Vertrag als &#8222;Rahmenvereinbarung&#8220; im Sinne der Richtlinien 2004/18 und 2014/24 einzustufen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens habe eine &#8222;Rahmenvereinbarung&#8220; im Sinne von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 zwei Haupteigenschaften. Zum einen m&#252;sse der Aufruf zum Wettbewerb im Vorfeld zum Zeitpunkt der Bestimmung des Zuschlagsempf&#228;ngers erfolgen und sei daher f&#252;r den Abschluss jedes einzelnen Auftrags, der in Durchf&#252;hrung der Rahmenvereinbarung mit dem Wirtschaftsteilnehmer geschlossen werde, der am Ende des &#246;ffentlichen Vergabeverfahrens, das zum Abschluss dieser Rahmenvereinbarung gef&#252;hrt habe, ausgew&#228;hlt worden sei (im Folgenden: Folgeauftr&#228;ge), nicht notwendig. Zum anderen m&#252;ssten in einer Rahmenvereinbarung in Anbetracht des Adverbs &#8222;gegebenenfalls&#8220; in Art.&#160;1 Abs.&#160;5 der Richtlinie 2004/18 die Mengen, die sie betreffen werde, nicht genau angegeben werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar k&#246;nne der vom Tribunale amministrativo regionale della Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht der Lombardei) eingenommene Standpunkt im Hinblick auf das vom italienischen Gesetzgeber unterst&#252;tzte Ziel der F&#246;rderung von Sammelbeschaffungen gerechtfertigt werden, doch sei dieser Standpunkt nicht mit dem Unionsrecht vereinbar. Ferner stellt das vorlegende Gericht fest, dass es zu dieser Frage keine einschl&#228;gige Rechtsprechung des Gerichtshofs gebe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu vertritt der Consiglio di Stato (Staatsrat) die Auffassung, dass die vom Tribunale amministrativo regionale della Lombardia (Regionales Verwaltungsgericht der Lombardei) zugrunde gelegte Auslegung des Adverbs &#8222;gegebenenfalls&#8220; zu weit gehe. Aus Sicht des vorlegenden Gerichts muss die Erweiterungsklausel zweifach eingeschr&#228;nkt werden. Auf subjektiver Ebene m&#252;sse sie die Auftraggeber nennen, die sich auf sie berufen k&#246;nnten, w&#228;hrend sie auf objektiver Ebene den wirtschaftlichen Wert der eventuellen Erweiterung auch in Form eines H&#246;chstbetrags angeben m&#252;sse, wie es in mehreren seiner Urteile entschieden habe. Eine gegenteilige Auslegung w&#252;rde eine unbegrenzte Folge freih&#228;ndiger Vergaben legitimieren, die gegen die fundamentalen Grunds&#228;tze des Unionsrechts versto&#223;en w&#252;rden, wonach &#246;ffentliche Auftr&#228;ge durch &#246;ffentliche Vergabeverfahren vergeben w&#252;rden, und so den Wettbewerb beeintr&#228;chtigen w&#252;rden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht neigt daher dazu, eine enge Auslegung dieses Adverbs zugrunde zu legen, wonach die Rahmenvereinbarung &#8222;gegebenenfalls&#8220; die Menge festlege, die sie betreffen werde. Diese Pr&#228;zisierung d&#252;rfe nur dann weggelassen werden, wenn die Leistungen unter Ber&#252;cksichtigung der tats&#228;chlichen oder rechtlichen Sachlage, von der die Parteien der in Rede stehenden Rahmenvereinbarung Kenntnis h&#228;tten, selbst klar und eindeutig bestimmt und bestimmbar seien, auch wenn sie nicht in ihren Inhalt aufgenommen worden seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Beantwortung eines Ersuchens um Klarstellung, das der Gerichtshof gem&#228;&#223; Art.&#160;101 der Verfahrensordnung an das vorlegende Gericht gerichtet hatte, um zu erfahren, aus welchen Gr&#252;nden es den zwischen dem urspr&#252;nglichen Auftragnehmer und ATE Markas geschlossenen Vertrag als Rahmenvereinbarung im Sinne von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 eingestuft habe, obwohl dieser &#246;ffentliche Auftrag f&#252;r eine Dauer von neun Jahren geschlossen worden sei, erkl&#228;rte das vorlegende Gericht mit Entscheidung vom 20.&#160;Februar 2018, dass es als Verwaltungsgericht durch den Dispositionsgrundsatz gebunden sei und dass eine Feststellung von Amts wegen nur dann zul&#228;ssig sei, wenn ein Verwaltungsakt besonders schwere Fehler enthalte, die seine Nichtigerkl&#228;rung rechtfertigten. Nach Angaben des vorlegenden Gerichts &#8222;ist offensichtlich auszuschlie&#223;en, dass eine Dauer von mehr als der gesetzlich vorgesehenen Mindestdauer einen Fehler einer solchen Schwere darstellt, die die Nichtigkeit der Ma&#223;nahme rechtfertigen w&#252;rde und das Gericht daher theoretisch von Amts wegen feststellen k&#246;nnte&#8220;. Zudem weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der urspr&#252;ngliche Vertrag unter Ber&#252;cksichtigung seines besonderen Gegenstands, den ordnungsgem&#228;&#223;en Betrieb mehrerer Krankenh&#228;user aufrechtzuerhalten, unter die Ausnahme in Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 fallen k&#246;nnte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;K&#246;nnen Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 und Art.&#160;33 der Richtlinie 2014/24, die die Richtlinie 2004/18 ersetzt, dahin ausgelegt werden, dass sie den Abschluss einer Rahmenvereinbarung gestatten, bei der</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ein &#246;ffentlicher Auftraggeber f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere speziell genannte &#246;ffentliche Auftraggeber handelt, diese aber nicht unmittelbar an der Unterzeichnung dieser Rahmenvereinbarung mitwirken, und</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Menge der Leistungen, die die nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber verlangen k&#246;nnen, wenn sie die in dieser Rahmenvereinbarung vorgesehenen Folgeauftr&#228;ge abschlie&#223;en, nicht bestimmt ist?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Fall, dass die erste Frage verneint wird: K&#246;nnen Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 und Art.&#160;33 der Richtlinie 2014/24 dahin ausgelegt werden, dass sie den Abschluss einer Rahmenvereinbarung gestatten, bei der</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ein &#246;ffentlicher Auftraggeber f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere speziell genannte &#246;ffentliche Auftraggeber handelt, diese aber nicht unmittelbar an der Unterzeichnung dieser Rahmenvereinbarung mitwirken, und</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Menge der Leistungen, die die nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber verlangen k&#246;nnen, wenn sie die in dieser Rahmenvereinbarung vorgesehenen Folgeauftr&#228;ge abschlie&#223;en, durch die Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf bestimmt ist?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zur Zul&#228;ssigkeit des Vorabentscheidungsersuchens</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass die Argumentation des vorlegenden Gerichts auf der Pr&#228;misse beruht, dass der urspr&#252;ngliche Vertrag als &#8222;Rahmenvereinbarung&#8220; im Sinne von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 einzustufen sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Coopservice und die Europ&#228;ische Kommission bezweifeln jedoch, dass diese Pr&#228;misse stichhaltig ist. Sie machen n&#228;mlich geltend, dass der urspr&#252;ngliche Vertrag gegen Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 versto&#223;e, wonach die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung &#8222;[m]it Ausnahme von Sonderf&#228;llen, in denen dies insbesondere aufgrund des Gegenstands der Rahmenvereinbarung gerechtfertigt werden kann&#8220;, vier Jahre nicht &#252;berschreiten d&#252;rfe. Es sei jedoch keine Erkl&#228;rung vorgebracht worden, um die Nichteinhaltung der vierj&#228;hrigen Frist zu rechtfertigen. Daraus folge, dass der Vertrag nicht als &#8222;Rahmenvereinbarung&#8220; im Sinne der Richtlinie 2004/18 eingestuft werden k&#246;nne und daher das Vorabentscheidungsersuchen f&#252;r unzul&#228;ssig erkl&#228;rt werden m&#252;sse.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da das vorlegende Gericht n&#228;mlich nicht erl&#228;utere, aus welchen Gr&#252;nden der urspr&#252;ngliche Vertrag, der f&#252;r eine Dauer von neun Jahren geschlossen worden sei, unter die Ausnahme in Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 fallen k&#246;nnte, habe es weder den tats&#228;chlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einf&#252;gten, umrissen, noch die von ihm angenommenen tats&#228;chlichen Umst&#228;nde erl&#228;utert, auf denen seine Fragen beruhten, und zwar unter Missachtung der Vorgaben von Art.&#160;94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten nach Art.&#160;267 AEUV die Notwendigkeit, zu einer f&#252;r das vorlegende Gericht zweckdienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, gebietet, dass dieses Gericht den tats&#228;chlichen und rechtlichen Rahmen umrei&#223;t, in den sich die gestellten Fragen einf&#252;gen, oder dass es zumindest die von ihm angenommenen tats&#228;chlichen Umst&#228;nde erl&#228;utert, auf denen diese Fragen beruhen. Der Gerichtshof ist n&#228;mlich nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung einer Unionsvorschrift zu &#228;u&#223;ern (vgl. aus j&#252;ngerer Zeit im Rahmen der Niederlassungsfreiheit Beschluss vom 31.&#160;Mai 2018, B&#225;n, C&#8209;24/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:376, Rn.&#160;14 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das mit Art.&#160;267 AEUV eingerichtete Verfahren jedoch ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anh&#228;ngigen Rechtsstreits ben&#246;tigen (vgl. u.&#160;a. in diesem Sinne Urteil vom 16.&#160;Juli 1992, Meilicke, C&#8209;83/91, EU:C:1992:332, Rn.&#160;22, und vom 20.&#160;Dezember 2017, Global Starnet, C&#8209;322/16, EU:C:2017:985, Rn.&#160;24).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen dieser Zusammenarbeit spricht eine Vermutung f&#252;r die Entscheidungserheblichkeit der Fragen zum Unionsrecht, so dass der Gerichtshof das Ersuchen eines nationalen Gerichts nur dann zur&#252;ckweisen kann, wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realit&#228;t oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht &#252;ber die tats&#228;chlichen und rechtlichen Angaben verf&#252;gt, die f&#252;r eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5.&#160;Dezember 2006, Cipolla u.&#160;a., C&#8209;94/04 und C&#8209;202/04, EU:C:2006:758, Rn.&#160;25, und vom 11.&#160;Mai 2017, Archus und Gama, C&#8209;131/16, EU:C:2017:358, Rn.&#160;42).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem gebietet es das Unionsrecht den nationalen Gerichten nicht, von Amts wegen die Frage eines Versto&#223;es gegen Unionsvorschriften aufzugreifen, wenn sie durch die Pr&#252;fung dieser Frage die ihnen grunds&#228;tzlich gebotene Passivit&#228;t aufgeben m&#252;ssten, indem sie die Grenzen des Rechtsstreits zwischen den Parteien &#252;berschreiten und sich auf andere Tatsachen und Umst&#228;nde st&#252;tzen, als sie die Prozesspartei, die ein Interesse an der Anwendung hat, ihrem Begehren zugrunde gelegt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14.&#160;Dezember 1995, van Schijndel und van Veen, C&#8209;430/93 und C&#8209;431/93, EU:C:1995:441, Rn.&#160;21 und&#160;22).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts zu pr&#252;fen, ob es ihm, wie der Generalanwalt in Nr.&#160;77 seiner Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, nicht m&#246;glich ist, die Vereinbarkeit der f&#252;r den urspr&#252;nglichen Vertrag vorgesehenen Laufzeit mit Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 zu beurteilen, da sich die Parteien des Ausgangsverfahrens&#160;&#8211; so scheint es&#160;&#8211; auf Anhang&#160;VII Teil&#160;A Abschnitt &#8222;Bekanntmachung&#8220; Nr.&#160;6 Buchst.&#160;c (&#8222;Dienstleistungsauftr&#228;ge&#8220;) dieser Richtlinie berufen haben. Diese Bestimmung nennt bei den Angaben, die unbedingt in den Bekanntmachungen f&#252;r &#246;ffentliche Dienstleistungsauftr&#228;ge enthalten sein m&#252;ssen, den f&#252;r die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung veranschlagten Gesamtwert der Dienstleistungen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;berdies ist in keiner Weise dargetan worden, dass ein &#246;ffentlicher Auftrag wie der urspr&#252;ngliche Vertrag nur deshalb nicht als &#8222;Rahmenvereinbarung&#8220; im Sinne von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 eingestuft werden k&#246;nnte, weil er f&#252;r eine Laufzeit von mehr als vier Jahren geschlossen wurde, ohne dass der Auftraggeber die &#220;berschreitung dieser Laufzeit gerechtfertigt hat. In einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden kann n&#228;mlich insbesondere nicht ausgeschlossen werden, dass ein Vertrag wie der urspr&#252;ngliche Vertrag in den ersten vier Jahren seiner Anwendung einen im Sinne dieser letztgenannten Vorschrift g&#252;ltigen Vertrag darstellt und nach Ablauf dieses Zeitraums unwirksam wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Infolgedessen ist das Vorabentscheidungsersuchen f&#252;r zul&#228;ssig zu erkl&#228;ren.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den dem Gerichtshof vorgelegten Fragen bezieht sich das vorlegende Gericht gleichzeitig auf die Richtlinien 2004/18 und 2014/24.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs grunds&#228;tzlich diejenige Richtlinie anwendbar ist, die zu dem Zeitpunkt gilt, zu dem der &#246;ffentliche Auftraggeber die Art des durchzuf&#252;hrenden Verfahrens ausw&#228;hlt und endg&#252;ltig entscheidet, ob ein vorheriger Aufruf zum Wettbewerb f&#252;r die Vergabe eines &#246;ffentlichen Auftrags durchzuf&#252;hren ist. Unanwendbar sind hingegen die Bestimmungen einer Richtlinie, deren Umsetzungsfrist nach diesem Zeitpunkt abgelaufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10.&#160;Juli 2014, Impresa Pizzarotti, C&#8209;213/13, EU:C:2014:2067, Rn.&#160;31, und vom 7.&#160;April 2016, Partner Apelski Dariusz, C&#8209;324/14, EU:C:2016:214, Rn.&#160;83).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Ausgangsverfahren nahm der urspr&#252;ngliche Vertrag die Form des am 4.&#160;November 2011 erlassenen Dekrets Nr.&#160;828/2011 an, w&#228;hrend die Richtlinie 2004/18 durch die Richtlinie 2014/24 erst mit Wirkung zum 18.&#160;April 2016 aufgehoben wurde.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich war die Richtlinie 2004/18 zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens noch anwendbar, so dass das Vorabentscheidungsersuchen dahin auszulegen ist, dass mit ihm eine Auslegung dieser Richtlinie und nicht der Richtlinie 2014/24 begehrt wird (vgl. entsprechend Beschluss vom 10.&#160;November 2016, Spinosa Costruzioni Generali und Melfi, C&#8209;162/16, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2016:870, Rn.&#160;21).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit m&#246;chte das vorlegende Gericht mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu pr&#252;fen sind, offenbar wissen, ob Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen sind, dass sie den Abschluss einer Rahmenvereinbarung gestatten, nach der zum einen ein &#246;ffentlicher Auftraggeber f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere speziell genannte &#246;ffentliche Auftraggeber handelt, die jedoch selbst nicht unmittelbar Parteien dieser Rahmenvereinbarung sind, und zum anderen die Menge der Leistungen, die die nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber verlangen k&#246;nnen, wenn sie die in dieser Rahmenvereinbarung vorgesehenen Folgeauftr&#228;ge abschlie&#223;en, nicht bestimmt oder durch die Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf bestimmt ist.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur M&#246;glichkeit eines &#246;ffentlichen Auftraggebers, f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere eindeutig genannte &#246;ffentliche Auftraggeber zu handeln, die aber nicht unmittelbar Parteien der Rahmenvereinbarung sind</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 werden Auftr&#228;ge, die auf einer Rahmenvereinbarung beruhen, nach Verfahren vergeben, die nur zwischen dem &#246;ffentlichen Auftraggeber und den Wirtschaftsteilnehmern anzuwenden sind, die von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da sich allein anhand des Wortlauts dieser Bestimmung nicht ermitteln l&#228;sst, ob das Erfordernis, von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt zu sein, sowohl f&#252;r die &#246;ffentlichen Auftraggeber als auch die Wirtschaftsteilnehmer oder nur f&#252;r die Wirtschaftsteilnehmer gilt, ist nicht nur ihr Wortlaut zu ber&#252;cksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie geh&#246;rt, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17.&#160;November 1983, Merck, 292/82, EU:C:1983:335, Rn.&#160;12).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang ist zun&#228;chst hervorzuheben, dass Art.&#160;32 Abs.&#160;4 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 im Licht des elften&#160;Erw&#228;gungsgrundes dieser Richtlinie vorsieht, dass, wenn eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Zuschlagsempf&#228;ngern geschlossen wird, die Folgeauftr&#228;ge nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb &#252;ber die nicht festgelegten Bedingungen geschlossen werden. Ebenso verpflichtet Anhang&#160;VII Teil&#160;A Abschnitt &#8222;Bekanntmachung&#8220; Nr.&#160;18 dieser Richtlinie den Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, die &#8222;vorgesehene Anzahl und gegebenenfalls die H&#246;chstzahl der Wirtschaftsteilnehmer, die Partei der Rahmenvereinbarung werden sollen&#160;&#8230;&#8220;, anzugeben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass das Erfordernis, von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt zu sein, nur f&#252;r die Wirtschaftsteilnehmer gilt, da es nicht darum gehen kann, die &#246;ffentlichen Auftraggeber selbst zum Wettbewerb aufzurufen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Auslegung tr&#228;gt au&#223;erdem dazu bei, die praktische Wirksamkeit von Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 der Richtlinie 2004/18 sicherzustellen, deren Ziel u.&#160;a. darin besteht, die Effizienz des &#246;ffentlichen Beschaffungswesens zu verbessern, indem durch den R&#252;ckgriff auf Rahmenvertr&#228;ge Sammelbestellungen bei &#246;ffentlichen Auftr&#228;gen gef&#246;rdert werden, um Skaleneffekte zu erzielen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;berdies wird diese Auslegung, wie der Generalanwalt in Nr.&#160;62 seiner Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, durch den Wortlaut von Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2014/24 best&#228;tigt, wonach die Verfahren zur Vergabe von Auftr&#228;gen, die auf einer Rahmenvereinbarung beruhen, nur zwischen jenen &#246;ffentlichen Auftraggebern, die zu diesem Zweck im Aufruf zum Wettbewerb oder in der Aufforderung zur Interessensbest&#228;tigung eindeutig bezeichnet worden sind, und jenen Wirtschaftsteilnehmern, die Vertragspartei der Rahmenvereinbarung in der Form, wie sie abgeschlossen wurde, waren, angewandt werden d&#252;rfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den vorstehenden Erw&#228;gungen ergibt sich, dass Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 einem &#246;ffentlichen Auftraggeber erlauben soll, anderen &#246;ffentlichen Auftraggebern den Zugang zu einer Rahmenvereinbarung zu er&#246;ffnen, die er im Begriff ist, mit den Wirtschaftsteilnehmern zu schlie&#223;en, die urspr&#252;nglich Partei dieser Rahmenvereinbarung sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 verlangt also nicht, dass ein &#8222;sekund&#228;rer&#8220; &#246;ffentlicher Auftraggeber wie die ASST Valcamonica im Ausgangsverfahren an der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung beteiligt war, um anschlie&#223;end einen Folgevertrag abschlie&#223;en zu k&#246;nnen. Es reicht aus, dass ein solcher &#246;ffentlicher Auftraggeber als potenzieller Nutznie&#223;er dieser Rahmenvereinbarung ab dem Zeitpunkt ihres Abschlusses erscheint, indem er eindeutig in den Ausschreibungsunterlagen ausdr&#252;cklich genannt wird, was geeignet ist, diese M&#246;glichkeit sowohl dem &#8222;sekund&#228;ren&#8220; &#246;ffentlichen Auftraggeber selbst als auch jedem interessierten Wirtschaftsteilnehmer anzuzeigen. Diese Nennung kann entweder in der Rahmenvereinbarung selbst oder in einem anderen Dokument wie einer Erweiterungsklausel in den Verdingungsunterlagen erfolgen, wenn die Anforderungen an die Publizit&#228;t und die Rechtssicherheit und damit an die Transparenz eingehalten werden.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur M&#246;glichkeit der eine Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber, die Menge der Leistungen, die verlangt werden kann, wenn sie Folgevertr&#228;ge abschlie&#223;en, nicht zu bestimmen oder sie durch Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf zu bestimmen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus Art.&#160;1 Abs.&#160;5 der Richtlinie 2004/18 geht hervor, dass eine Rahmenvereinbarung zum Ziel hat, die Bedingungen f&#252;r die Auftr&#228;ge, die im Laufe eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar k&#246;nnte aus dem Adverb &#8222;gegebenenfalls&#8220; abgeleitet werden, dass die Angabe der Mengen der Leistungen, die die Rahmenvereinbarung betrifft, nur fakultativ ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Auffassung trifft allerdings nicht zu.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens geht aus einer Reihe anderer Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 hervor, dass die Rahmenvereinbarung von Anbeginn an die H&#246;chstmenge der Lieferungen und Dienstleistungen, die Gegenstand der Folgevertr&#228;ge sein k&#246;nnen, bestimmen muss. Insbesondere bestimmt Art.&#160;9 Abs.&#160;9 dieser Richtlinie, in dem u.&#160;a. die Methoden f&#252;r die Berechnung des gesch&#228;tzten Werts der Rahmenvereinbarung dargestellt werden, dass der zu ber&#252;cksichtigende Wert gleich dem gesch&#228;tzten Gesamtwert ohne Mehrwertsteuer aller f&#252;r die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung geplanten Auftr&#228;ge ist. Auch Anhang&#160;VII Teil&#160;A Abschnitt &#8222;Bekanntmachung&#8220; Nr.&#160;6 Buchst.&#160;c (&#8222;Dienstleistungsauftr&#228;ge&#8220;) der Richtlinie 2004/18 verlangt, dass in der Bekanntmachung zu einer solchen Vereinbarung der f&#252;r die gesamte Laufzeit der Rahmenvereinbarung veranschlagte Gesamtwert der Dienstleistungen sowie&#160;&#8211; wann immer m&#246;glich&#160;&#8211; des Wertes und der H&#228;ufigkeit der zu vergebenden Auftr&#228;ge angegeben wird. Wie die Kommission im Wesentlichen vortr&#228;gt und wie der Generalanwalt in Nr.&#160;78 seiner Schlussantr&#228;ge festgestellt hat, unterliegt der &#246;ffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, zwar nur einer Handlungspflicht, wenn es darum geht, den Wert und die H&#228;ufigkeit jedes einzelnen der abzuschlie&#223;enden Folgeauftr&#228;ge anzugeben, er muss jedoch unbedingt die Gesamtmenge angeben, in die sich die Folgeauftr&#228;ge einf&#252;gen k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point61">61</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens m&#252;ssen nach Art.&#160;32 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2004/18, wenn eine Rahmenvereinbarung mit einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer geschlossen wird, die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Folgeauftr&#228;ge entsprechend den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vergeben werden. Daraus folgt, dass der &#246;ffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, sich f&#252;r sich selbst und f&#252;r potenzielle &#246;ffentliche Auftraggeber, die in dieser Vereinbarung eindeutig genannt werden, nur bis zu einer bestimmten Menge verpflichten kann, und dass diese Rahmenvereinbarung ihre Wirkung verliert, wenn diese Menge erreicht ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point62">62</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens ist diese Auslegung geeignet, die Beachtung der fundamentalen Grunds&#228;tze sicherzustellen, die die Vergabe &#246;ffentlicher Auftr&#228;ge regeln und die gem&#228;&#223; Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;1 der Richtlinie 2004/18 beim Abschluss einer Rahmenvereinbarung anwendbar sind. Die Rahmenvereinbarung f&#228;llt n&#228;mlich allgemein unter den Begriff &#8222;&#246;ffentlicher Auftrag&#8220;, da sie die verschiedenen Auftr&#228;ge, f&#252;r die sie gilt, zu einem einheitlichen Auftrag zusammenfasst (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4.&#160;Mai 1995, Kommission/Griechenland, C&#8209;79/94, EU:C:1995:120, Rn.&#160;15, vom 29.&#160;November 2007, Kommission/Italien, C&#8209;119/06, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2007:729, Rn.&#160;43, und vom 11.&#160;Dezember 2014, Azienda sanitaria locale n.&#160;5 &#8222;Spezzino&#8220; u.&#160;a., C&#8209;113/13, EU:C:2014:2440, Rn.&#160;36).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point63">63</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sowohl die Grunds&#228;tze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung als auch der daraus folgende Grundsatz der Transparenz (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17.&#160;Dezember 2015, UNIS und Beaudout P&#232;re et Fils, C&#8209;25/14 und C&#8209;26/14, EU:C:2015:821, Rn.&#160;38) verlangen, dass alle Bedingungen und Modalit&#228;ten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert sind, damit, erstens, alle durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der &#252;blichen Sorgfalt ihre genaue Bedeutung verstehen und sie in gleicher Weise auslegen k&#246;nnen und, zweitens, der &#246;ffentliche Auftraggeber imstande ist, tats&#228;chlich zu &#252;berpr&#252;fen, ob die Angebote der Bieter die f&#252;r den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erf&#252;llen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.&#160;Juli 2017, Ingsteel und Metrostav, C&#8209;76/16, EU:C:2017:549, Rn.&#160;34).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point64">64</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die u.&#160;a. in Art.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 verankerten Grunds&#228;tze der Transparenz und der Gleichbehandlung der am Abschluss der Rahmenvereinbarung interessierten Wirtschaftsteilnehmer w&#252;rden beeintr&#228;chtigt, wenn der &#246;ffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, die Gesamtmenge, die eine solche Vereinbarung betrifft, nicht ang&#228;be.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point65">65</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Grundsatz der Transparenz ist gerade deshalb so notwendig, weil die &#246;ffentlichen Auftraggeber im Falle eines Folgeauftrags gem&#228;&#223; Art.&#160;35 Abs.&#160;4 Unterabs.&#160;2 der Richtlinie 2004/18 f&#252;r jeden Einzelauftrag, der aufgrund dieser Rahmenvereinbarung vergeben wird, eine Bekanntmachung mit den Ergebnissen des jeweiligen Vergabeverfahrens nicht abzusenden brauchen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point66">66</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;W&#228;re zudem der &#246;ffentliche Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, nicht verpflichtet, von vornherein die Gesamtmenge und den Gesamtbetrag der Leistungen, die von dieser Vereinbarung abgedeckt werden, anzugeben, k&#246;nnte deren Abschluss dazu dienen, einen Auftrag k&#252;nstlich aufzuspalten und so unter den von der Richtlinie 2004/18 festgelegten Schwellenwerten bleiben, was Art.&#160;9 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2004/18 verbietet.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point67">67</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;berdies kann man, selbst unterstellt, dass sich eine Bezugnahme auf den normalen Bedarf der in der Rahmenvereinbarung eindeutig bezeichneten &#246;ffentlichen Auftraggeber f&#252;r die nationalen Wirtschaftsteilnehmer als ausreichend explizit erweisen k&#246;nnte, nicht annehmen, dass dies zwangsl&#228;ufig auch f&#252;r einen in einem anderen Mitgliedstaat ans&#228;ssigen Wirtschaftsteilnehmer gilt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point68">68</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn die Gesamtmenge der Dienstleistungen, die dieser normale Bedarf darstellt, bekannt ist, d&#252;rfte es schlie&#223;lich keine Schwierigkeit bereiten, sie in der Rahmenvereinbarung selbst oder in einem anderen ver&#246;ffentlichten Dokument wie den Verdingungsunterlagen anzugeben und dadurch die vollumf&#228;ngliche Beachtung der Grunds&#228;tze der Transparenz und der Gleichbehandlung zu gew&#228;hrleisten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point69">69</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Viertens konkretisiert die Tatsache, dass vom &#246;ffentlichen Auftraggeber, der von Anbeginn an an der Rahmenvereinbarung beteiligt ist, verlangt wird, in der Rahmenvereinbarung die Menge und den Betrag der Leistungen, die diese Vereinbarung abdeckt, anzugeben, das in Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;5 der Richtlinie 2004/18 aufgestellte Verbot, das Instrument der Rahmenvereinbarung missbr&#228;uchlich oder in einer Weise anzuwenden, durch die der Wettbewerb behindert, eingeschr&#228;nkt oder verf&#228;lscht wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point70">70</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist daher auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18 dahin auszulegen sind, dass</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ein &#246;ffentlicher Auftraggeber f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere eindeutig bezeichnete &#246;ffentliche Auftraggeber, die nicht unmittelbar an einer Rahmenvereinbarung beteiligt sind, handeln kann, wenn die Gebote der Publizit&#228;t und der Rechtssicherheit und damit das Transparenzgebot beachtet werden, und</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;es nicht zul&#228;ssig ist, dass die diese Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber nicht die Menge der Leistungen bestimmen, die verlangt werden kann, wenn sie Auftr&#228;ge in Durchf&#252;hrung dieser Rahmenvereinbarung abschlie&#223;en, oder sie die Menge unter Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf bestimmen, da sie sonst gegen die Grunds&#228;tze der Transparenz und der Gleichbehandlung der am Abschluss dieser Rahmenvereinbarung interessierten Wirtschaftsteilnehmer versto&#223;en w&#252;rden.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point71">71</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Achte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C30Dispositifalinea"> <b>Art.&#160;1 Abs.&#160;5 und Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;4 der Richtlinie 2004/18/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 31.&#160;M&#228;rz 2004 &#252;ber die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe &#246;ffentlicher Bauauftr&#228;ge, Lieferauftr&#228;ge und Dienstleistungsauftr&#228;ge sind dahin auszulegen, dass</b> </p> <p class="C31Dispositiftiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>ein &#246;ffentlicher Auftraggeber f&#252;r sich selbst und f&#252;r andere eindeutig bezeichnete &#246;ffentliche Auftraggeber, die nicht unmittelbar an einer Rahmenvereinbarung beteiligt sind, handeln kann, wenn die Gebote der Publizit&#228;t und der Rechtssicherheit und damit das Transparenzgebot beachtet werden, und</b> </p> <p class="C31Dispositiftiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>es nicht zul&#228;ssig ist, dass die diese Rahmenvereinbarung nicht unterzeichnenden &#246;ffentlichen Auftraggeber nicht die Menge der Leistungen bestimmen, die verlangt werden kann, wenn sie Auftr&#228;ge in Durchf&#252;hrung dieser Rahmenvereinbarung abschlie&#223;en, oder sie die Menge unter Bezugnahme auf ihren normalen Bedarf bestimmen, da sie sonst gegen die Grunds&#228;tze der Transparenz und der Gleichbehandlung der am Abschluss dieser Rahmenvereinbarung interessierten Wirtschaftsteilnehmer versto&#223;en w&#252;rden.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Italienisch.</p>
175,065
eugh-2018-12-19-c-36717
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-367/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:12
2019-01-31T19:21:12
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1025
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CJ0367_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CJ0367_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Landwirtschaft&#160;&#8211; Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006&#160;&#8211; Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e&#160;&#8211; Verordnung (EU) Nr.&#160;1151/2012&#160;&#8211; Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e&#160;&#8211; Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen&#160;&#8211; Antrag auf &#196;nderung der Produktspezifikation&#160;&#8211; Schinken aus dem Schwarzwald, Deutschland (&#8218;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8216;)&#160;&#8211; Bestimmungen &#252;ber die Aufmachung im Herstellungsgebiet&#160;&#8211; Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006 oder der Verordnung (EU) Nr.&#160;1151/2012&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;367/17</p> <p class="normal">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Bundespatentgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 18.&#160;Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13.&#160;Juni 2017, in dem Verfahren</p> <p class="normal"> <span class="bold">S</span> </p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">EA,</span> </p> <p class="normal"> <span class="bold">EB,</span> </p> <p class="normal"> <span class="bold">EC</span> </p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung der Vizepr&#228;sidentin R.&#160;Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.&#8209;C.&#160;Bonichot, A.&#160;Arabadjiev, C.&#160;G.&#160;Fernlund und S.&#160;Rodin (Berichterstatter),</p> <p class="normal">Generalanwalt: H.&#160;Saugmandsgaard &#216;e,</p> <p class="normal">Kanzler: C.&#160;Str&#246;mholm, Verwaltungsr&#228;tin,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 17.&#160;Mai 2018,</p> <p class="normal">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">von S, vertreten durch J.&#160;Schwarze und Rechtsanwalt U.&#160;Gruler,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">von EC, vertreten durch Rechtsanw&#228;lte K.&#160;Sandberg und&#160;V.&#160;Schoene,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der &#246;sterreichischen Regierung, vertreten durch G.&#160;Eberhard als Bevollm&#228;chtigten,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch B.&#160;Eggers, B.&#160;Hofst&#246;tter, I.&#160;Naglis und D.&#160;Bianchi als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006 des Rates vom 20.&#160;M&#228;rz 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen f&#252;r Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2006:093:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2006, L&#160;93, S.&#160;12</a>) und der Verordnung (EU) Nr.&#160;1151/2012 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 21.&#160;November 2012 &#252;ber Qualit&#228;tsregelungen f&#252;r Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2012:343:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2012, L&#160;343, S.&#160;1</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen S, einem Verband, auf der einen Seite und EA, EB und EC auf der anderen Seite &#252;ber einen Beschluss, mit dem das Deutsche Patent- und Markenamt (im Folgenden: DPMA) den Antrag von S auf &#196;nderung der Spezifikation f&#252;r die gesch&#252;tzte geografische Angabe (im Folgenden: g.g.A.) &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; zur&#252;ckgewiesen hat, soweit sich die &#196;nderung auf die Angaben zum Schneiden und Verpacken bezieht.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Rechtlicher Rahmen</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;510/2006 sieht vor:</p> <p class="normal">&#8222;Die Spezifikation enth&#228;lt mindestens folgende Angaben:</p> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">e)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die Beschreibung des Verfahrens zur Gewinnung des Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels und gegebenenfalls die redlichen und st&#228;ndigen &#246;rtlichen Verfahren sowie die Angaben &#252;ber die Aufmachung, wenn die antragstellende Vereinigung im Sinne von Artikel&#160;5 Absatz&#160;1 unter Angabe von Gr&#252;nden festlegt, dass die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualit&#228;t zu wahren oder um den Ursprung oder die Kontrolle zu gew&#228;hrleisten&#8220;.</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;5 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 und&#160;2 dieser Verordnung lautet:</p> <p class="normal">&#8222;Ein Antrag auf Eintragung kann nur von einer Vereinigung gestellt werden.</p> <p class="normal">&#8218;Vereinigung&#8216; im Sinne dieser Verordnung bedeutet ungeachtet der Rechtsform oder Zusammensetzung jede Art des Zusammenschlusses von Erzeugern oder Verarbeitern des gleichen Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels. Andere Beteiligte k&#246;nnen sich der Vereinigung anschlie&#223;en. Eine nat&#252;rliche oder eine juristische Person kann gem&#228;&#223; den in Artikel&#160;16 Buchstabe c genannten Durchf&#252;hrungsvorschriften mit einer Vereinigung gleichgestellt werden.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;8 der Verordnung (EG) Nr.&#160;1898/2006 der Kommission vom 14.&#160;Dezember 2006 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung Nr.&#160;510/2006 (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:2006:369:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 2006, L&#160;369, S.&#160;1</a>) bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;Legt eine antragstellende Vereinigung in der Produktspezifikation fest, dass die Aufmachung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels gem&#228;&#223; Artikel&#160;4 Absatz&#160;2 Buchstabe e) der Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006 in dem abgegrenzten geografischen Gebiet stattfinden muss, so sind solche produktspezifischen Beschr&#228;nkungen des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Verordnung Nr.&#160;510/2006 wurde mit Wirkung vom 3.&#160;Januar 2013 durch die Verordnung Nr.&#160;1151/2012 aufgehoben und ersetzt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;1151/2012 lautet:</p> <p class="normal">&#8222;Eine gesch&#252;tzte Ursprungsbezeichnung oder eine [g.g.A.] muss einer Produktspezifikation entsprechen, die mindestens folgende Angaben enth&#228;lt:</p> <p class="normal">&#8230;</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">e)</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die Beschreibung des Verfahrens zur Gewinnung des Erzeugnisses und gegebenenfalls die redlichen und st&#228;ndigen &#246;rtlichen Verfahren sowie die Angaben &#252;ber die Aufmachung, wenn die antragstellende Vereinigung dies so festlegt und eine hinreichende produktspezifische Rechtfertigung daf&#252;r liefert, warum die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualit&#228;t zu wahren, den Ursprung oder die Kontrolle zu gew&#228;hrleisten; dabei ist dem Unionsrecht, insbesondere den Vorschriften &#252;ber den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, Rechnung zu tragen&#8220;.</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Ausgangssachverhalt und Vorlagefragen</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zur&#252;ckgehend auf einen Antrag von S ist die Bezeichnung &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; seit dem 25.&#160;Januar 1997 als g.g.A. eingetragen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seinem Antrag vom 23.&#160;M&#228;rz 2005 begehrte S beim DPMA eine Reihe von &#196;nderungen der Spezifikation f&#252;r die g.g.A. &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; gem&#228;&#223; Art.&#160;9 der Verordnung (EWG) Nr.&#160;2081/92 des Rates vom 14.&#160;Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen f&#252;r Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=OJ:L:1992:208:TOC" hreflang="de" target="CourtTab">ABl. 1992, L&#160;208, S.&#160;1</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zur Pr&#252;fung dieses &#196;nderungsantrags holte die Markenabteilung 3.2. des DPMA Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen ein.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Eingang dieser Stellungnahmen stellte S unter Ber&#252;cksichtigung derselben mit Schriftsatz vom 13.&#160;Februar 2007, der beim DPMA am 15.&#160;Februar 2007 einging, einen neuen Antrag auf &#196;nderung der Produktspezifikation.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Gegen diesen Antrag wurden drei Einspr&#252;che eingelegt, einer davon von EC, die im vorliegenden Verfahren Erkl&#228;rungen abgegeben hat. EC ist ein gro&#223;er Vermarkter von Fleischerzeugnissen, der derzeit das Schneiden und Verpacken von &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; au&#223;erhalb des Herstellungsgebiets betreibt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Beschluss vom 5.&#160;Dezember 2008 wies das DPMA den Antrag auf &#196;nderung der Produktspezifikation zur&#252;ck, soweit er die Angaben zum Schneiden und Verpacken betrifft. Es begr&#252;ndete dies damit, dass er den Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;510/2006 nicht entspreche.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">S legte Beschwerde ein, mit der er die Ab&#228;nderung des Teils des Beschlusses des DPMA begehrte, mit dem der besagte &#196;nderungsantrag zur&#252;ckgewiesen worden war.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Beschluss vom 13.&#160;Oktober 2011 hob das Bundespatentgericht (Deutschland) den Beschluss des DPMA auf und stellte fest, dass der Antrag auf &#196;nderung der Produktspezifikation den Anforderungen der Verordnung Nr.&#160;510/2006 entspreche.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Gegen diesen Beschluss legte EC Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (Deutschland) ein.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Beschluss vom 3.&#160;April 2014 hob der Bundesgerichtshof den Beschluss des vorlegenden Gerichts vom 13.&#160;Oktober 2011 auf und verwies die Sache an es zur&#252;ck.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Bundespatentgericht hat vor dem geschilderten Hintergrund beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zu den Vorlagefragen</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Zur ersten Frage</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob sich die Entscheidung &#252;ber einen Antrag auf &#196;nderung der Spezifikation einer g.g.A. wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nach Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;510/2006 in Verbindung mit Art.&#160;8 der Verordnung Nr.&#160;1898/2006, die zur Zeit der Antragstellung galten, oder nach Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;1151/2012, die zur Zeit des Erlasses einer solchen Entscheidung gilt, richten muss. Da diese Bestimmungen im Wesentlichen inhaltsgleich sind, braucht die erste Frage nicht beantwortet zu werden.</p> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Zu den Fragen 2 und&#160;3</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seinen zusammen zu pr&#252;fenden Fragen 2 und&#160;3 m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;510/2006 in Verbindung mit Art.&#160;8 der Verordnung Nr.&#160;1898/2006 und Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;1151/2012 dahin auszulegen sind, dass das Erfordernis der Aufmachung eines durch eine g.g.A. zertifizierten Erzeugnisses wie des &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinkens&#8220; in dem geografischen Gebiet, in dem es erzeugt wird, gem&#228;&#223; dem besagten Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e gerechtfertigt ist, wenn damit bezweckt wird, dem mit dem Transport, dem Schneiden oder dem Verpacken au&#223;erhalb dieses Gebiets verbundenen Risiko f&#252;r die Qualit&#228;t des Erzeugnisses vorzubeugen, ein H&#246;chstma&#223; an Wirksamkeit der Kontrollen in dem betreffenden Gebiet zu garantieren und eine bessere Gew&#228;hrleistung der unionsrechtlich verlangten R&#252;ckverfolgbarkeit des Erzeugnisses sicherzustellen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;510/2006 enth&#228;lt die Spezifikation &#8222;Angaben &#252;ber die Aufmachung, wenn die antragstellende Vereinigung &#8230; unter Angabe von Gr&#252;nden festlegt, dass die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualit&#228;t zu wahren oder um den Ursprung oder die Kontrolle zu gew&#228;hrleisten&#8220;, und gem&#228;&#223; Art.&#160;8 der Verordnung Nr.&#160;1898/2006 sind, wenn &#8222;&#8230; eine antragstellende Vereinigung in der Produktspezifikation fest[legt], dass die Aufmachung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels gem&#228;&#223; Artikel&#160;4 Absatz&#160;2 Buchstabe e) der Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006 in dem abgegrenzten geografischen Gebiet stattfinden muss, &#8230; solche produktspezifischen Beschr&#228;nkungen des freien Warenverkehrs und des freien Dienstleistungsverkehrs zu rechtfertigen&#8220;.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem muss nach Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;1151/2012 die Produktspezifikation f&#252;r die g.g.A. &#8222;Angaben &#252;ber die Aufmachung [enthalten], wenn die antragstellende Vereinigung dies so festlegt und eine hinreichende produktspezifische Rechtfertigung daf&#252;r liefert, warum die Aufmachung in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erfolgen muss, um die Qualit&#228;t zu wahren, den Ursprung oder die Kontrolle zu gew&#228;hrleisten; dabei ist dem Unionsrecht, insbesondere den Vorschriften &#252;ber den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr, Rechnung zu tragen&#8220;.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach diesen Bestimmungen muss das Erfordernis der Aufmachung eines von einer g.g.A. erfassten Erzeugnisses in einem abgegrenzten geografischen Gebiet bezwecken, die Qualit&#228;t des Erzeugnisses zu wahren oder seinen Ursprung oder seine Kontrolle zu gew&#228;hrleisten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem ist darauf hinzuweisen, dass die Unionsgesetzgebung eine allgemeine Tendenz zeigt, im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik die Qualit&#228;t der Erzeugnisse herauszustellen, um deren Ansehen zu f&#246;rdern, u.&#160;a. durch die Verwendung besonders gesch&#252;tzter Ursprungsbezeichnungen. Sie ist auch darauf gerichtet, dass den Erwartungen der Verbraucher in Bezug auf Qualit&#228;tserzeugnisse und Erzeugnisse mit bestimmbarer geografischer Herkunft Rechnung getragen wird und es den Herstellern erleichtert wird, unter gleichen Wettbewerbsbedingungen als Gegenleistung f&#252;r echte Qualit&#228;tsanstrengungen ein h&#246;heres Einkommen zu erzielen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3.&#160;M&#228;rz 2011, Kakavetsos-Fragkopoulos, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A110&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;161/09</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A110&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2011:110</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A110&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point34" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">34</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im &#220;brigen soll eine Produktspezifikation, die die Zuerkennung der g.g.A. u.&#160;a. an das Aufschneiden und Verpacken eines Schinkens im Erzeugungsgebiet kn&#252;pft, den Inhabern dieser g.g.A. erm&#246;glichen, die Kontrolle &#252;ber eine der Formen zu behalten, in denen das Erzeugnis auf den Markt gebracht wird. Diese in der Spezifikation aufgestellte Voraussetzung verfolgt das Ziel, die Qualit&#228;t und Unverf&#228;lschtheit des betreffenden Erzeugnisses und damit das Ansehen der g.g.A., f&#252;r das die Inhaber gemeinsam die volle Verantwortung &#252;bernehmen, besser zu wahren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20.&#160;Mai 2003, Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S.&#160;Rita, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;108/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2003:296</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point65" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">65</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In diesem Zusammenhang ist eine Bedingung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende ungeachtet ihrer beschr&#228;nkenden Auswirkungen auf den Handelsverkehr als unionsrechtskonform anzusehen, wenn nachgewiesen wird, dass sie ein erforderliches und verh&#228;ltnism&#228;&#223;iges Mittel darstellt, um die Qualit&#228;t des betreffenden Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation f&#252;r diese g.g.A. zu gew&#228;hrleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20.&#160;Mai 2003, Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S.&#160;Rita, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;108/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2003:296</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point66" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">66</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall betont das vorlegende Gericht hinsichtlich des Risikos einer Beeintr&#228;chtigung der Qualit&#228;t des Erzeugnisses aufgrund eines unsachgem&#228;&#223;en Transports, dass dieses Risiko jedes Erzeugnis, ob unter einer g.g.A. vermarktet oder nicht, betreffe und dass S keinerlei Vorgaben f&#252;r den Transport vorgelegt habe, die etwaigen Beeintr&#228;chtigungen des Erzeugnisses vorbeugen k&#246;nnten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Da mit dem Erfordernis der Aufmachung eines Erzeugnisses mit g.g.A. in einem abgegrenzten geografischen Gebiet u.&#160;a. die Wahrung der Qualit&#228;t dieses Erzeugnisses bezweckt wird, ist dieses Erfordernis insoweit nur triftig, wenn die Aufmachung au&#223;erhalb des geografischen Herstellungsgebiets des betreffenden Erzeugnisses erh&#246;hte Risiken f&#252;r dessen Qualit&#228;t mit sich bringt, nicht aber, wenn die gleichen Risiken auch bei vergleichbaren anderen Erzeugnissen bestehen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point29">29</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Auftreten erh&#246;hter Risiken im Fall der Aufmachung eines durch eine g.g.A. zertifizierten Erzeugnisses au&#223;erhalb des Herstellungsgebiets wird im &#220;brigen durch den Umstand an sich, dass die von S vorgelegten Vorgaben f&#252;r das Schneiden und Verpacken f&#252;r Schinken handels&#252;blich sind oder nicht &#252;ber geltende Ma&#223;st&#228;be der Lebensmittelhygiene hinausgehen, weder best&#228;tigt noch ausgeschlossen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point30">30</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Was wiederum den Umstand betrifft, dass die Europ&#228;ische Kommission in ihren Eintragungsentscheidungen bereits vergleichbare Argumente in Bezug auf vergleichbare andere Erzeugnisse akzeptiert haben mag, ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht nicht gehalten ist, zu beurteilen, ob die vorgebrachten Argumente die Aufmachung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Erzeugnisses in einem abgegrenzten geografischen Gebiet im Hinblick auf eine angebliche fr&#252;here Entscheidungspraxis der Kommission rechtfertigen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point31">31</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zum Ziel, die R&#252;ckverfolgbarkeit des Erzeugnisses zu gew&#228;hrleisten, ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass dieses Argument von S allgemein, ohne eingehendere Begr&#252;ndung angef&#252;hrt wurde und dass folglich nicht nachgewiesen ist, dass die Aufmachung in dem geografischen Herstellungsgebiet erforderlich w&#228;re, um den Ursprung des Erzeugnisses zu gew&#228;hrleisten.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point32">32</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Was schlie&#223;lich das Ziel anbelangt, eine wirksame Kontrolle der Beachtung der Produktspezifikation zu gew&#228;hrleisten, macht S geltend, die Wirksamkeit der Kontrollen sei im Allgemeinen im geografischen Herstellungsgebiet h&#246;her, wenn ein Erzeugnis wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende in erheblichem Umfang au&#223;erhalb dieses geografischen Gebiets vermarktet werde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point33">33</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hierzu ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof im Urteil vom 20.&#160;Mai 2003, Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S.&#160;Rita (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;108/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2003:296</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point69" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">69</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point74" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">74</a> und&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point75" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">75</a>), vor dem Hintergrund, dass mit der Spezifikation f&#252;r die gesch&#252;tzte Ursprungsbezeichnung des in jener Rechtssache in Rede stehenden Erzeugnisses die einzelnen Schritte des Schneidens und Verpackens eingerichtet werden, bei denen es zu sehr genauen technischen Ma&#223;nahmen und Kontrollen in Bezug auf Echtheit, Qualit&#228;t, Hygiene und Etikettierung kommt, von denen einige fachm&#228;nnischer Beurteilungen bed&#252;rfen, festgestellt hat, dass Kontrollen au&#223;erhalb des Erzeugungsgebiets weniger Garantien f&#252;r die Qualit&#228;t und Echtheit des besagten Erzeugnisses g&#228;ben als Kontrollen, die im Erzeugungsgebiet unter Einhaltung des in der Spezifikation vorgesehenen Verfahrens durchgef&#252;hrt werden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point34">34</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">So verh&#228;lt es sich insbesondere, wenn die Spezifikation Fachleute, die &#252;ber spezielle Kenntnisse der Eigenschaften des betreffenden Erzeugnisses verf&#252;gen, mit der Vornahme eingehender und systematischer Kontrollen betraut und es somit kaum vorstellbar ist, solche Kontrollen in den anderen Mitgliedstaaten wirksam einzurichten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20.&#160;Mai 2003, Consorzio del Prosciutto di Parma und Salumificio S.&#160;Rita, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;108/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2003:296</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2003%3A296&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point75" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">75</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point35">35</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall ist das vorlegende Gericht, auch wenn die Spezifikation f&#252;r das mit der g.g.A. &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; bezeichnete Erzeugnis Vorgaben enth&#228;lt, die beim Schneiden und Verpacken des Erzeugnisses befolgt werden m&#252;ssen, und dieses Erzeugnis in erheblichem Umfang au&#223;erhalb des geografischen Herstellungsgebiets vermarktet wird, der Ansicht, dass diese Vorgaben f&#252;r Schinken handels&#252;blich seien oder nicht &#252;ber die geltenden Ma&#223;st&#228;be der Lebensmittelhygiene hinausgingen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point36">36</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach alledem sind Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;510/2006 in Verbindung mit Art.&#160;8 der Verordnung Nr.&#160;1898/2006 und Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung Nr.&#160;1151/2012 dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Aufmachung eines von einer g.g.A. erfassten Erzeugnisses in dem geografischen Gebiet, in dem es erzeugt wird, gem&#228;&#223; dem besagten Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e gerechtfertigt ist, wenn es ein erforderliches und verh&#228;ltnism&#228;&#223;iges Mittel darstellt, um die Qualit&#228;t des Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation f&#252;r die g.g.A. zu gew&#228;hrleisten. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dieses Erfordernis, was die g.g.A. &#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; betrifft, durch eines der vorstehend genannten Ziele geb&#252;hrend gerechtfertigt ist.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point37">37</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Erste Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <p class="normal"> <span class="bold">Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e der Verordnung (EG) Nr.&#160;510/2006 des Rates vom 20.&#160;M&#228;rz 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen f&#252;r Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in Verbindung mit Art.&#160;8 der Verordnung (EG) Nr.&#160;1898/2006 der Kommission vom 14.&#160;Dezember 2006 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung Nr.&#160;510/2006 und Art.&#160;7 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;e der Verordnung (EU) Nr.&#160;1151/2012 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 21.&#160;November 2012 &#252;ber Qualit&#228;tsregelungen f&#252;r Agrarerzeugnisse und Lebensmittel sind dahin auszulegen, dass das Erfordernis der Aufmachung eines von einer gesch&#252;tzten geografischen Angabe erfassten Erzeugnisses in dem geografischen Gebiet, in dem es erzeugt wird, gem&#228;&#223; dem besagten Art.&#160;4 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;e gerechtfertigt ist, wenn es ein erforderliches und verh&#228;ltnism&#228;&#223;iges Mittel darstellt, um die Qualit&#228;t des Erzeugnisses zu wahren oder dessen Ursprung oder die Kontrolle der Spezifikation f&#252;r die gesch&#252;tzte geografische Angabe zu gew&#228;hrleisten. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dieses Erfordernis, was die gesch&#252;tzte geografische Angabe</span> <span class="bold">&#8222;Schwarzw&#228;lder Schinken&#8220; betrifft, durch eines der vorstehend genannten Ziele geb&#252;hrend gerechtfertigt ist.</span> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Silva&#160;de&#160;Lapuerta</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Bonichot</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Arabadjiev</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Fernlund</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Rodin</p> </div> </div> <p class="normal">Verk&#252;ndet in &#246;ffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19.&#160;Dezember 2018.</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A. Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K. Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CJ0367_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CJ0367_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,064
eugh-2018-12-19-c-37417
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-374/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:11
2019-01-31T19:21:11
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1024
<p class="sum-title-1"> <a id="judgment"/>URTEIL DES GERICHTSHOFS (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="sum-title-1">19.&#160;Dezember 2018&#160;(<span class="note"> <a id="c-ECR_62017CJ0374_DE_01-E0001" href="#t-ECR_62017CJ0374_DE_01-E0001">*1</a> </span>)</p> <p class="index">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Staatliche Beihilfen&#160;&#8211; Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV&#160;&#8211; Grunderwerbsteuer&#160;&#8211; Befreiung&#160;&#8211; &#220;bergang des Eigentums an einem Grundst&#252;ck aufgrund von Umwandlungsvorg&#228;ngen innerhalb bestimmter Konzerne&#160;&#8211; Begriff der staatlichen Beihilfe&#160;&#8211; Voraussetzung der Selektivit&#228;t&#160;&#8211; Rechtfertigung&#8220;</p> <p class="normal">In der Rechtssache C&#8209;374/17</p> <p class="normal">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 30.&#160;Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21.&#160;Juni 2017, in dem Verfahren</p> <p class="normal"> <span class="bold">Finanzamt B</span> </p> <p class="pnormal">gegen</p> <p class="normal"> <span class="bold">A-Brauerei</span> </p> <p class="normal">Beteiligter:</p> <p class="normal"> <span class="bold">Bundesministerium der Finanzen</span> </p> <p class="normal">erl&#228;sst</p> <p class="normal">DER GERICHTSHOF (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="normal">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten K.&#160;Lenaerts, der Vizepr&#228;sidentin R.&#160;Silva de Lapuerta, der Kammerpr&#228;sidenten J.&#8209;C.&#160;Bonichot und A.&#160;Arabadjiev, der Kammerpr&#228;sidentin A.&#160;Prechal (Berichterstatterin), der Kammerpr&#228;sidenten M.&#160;Vilaras, F.&#160;Biltgen, K.&#160;J&#252;rim&#228;e und&#160;C.&#160;Lycourgos sowie der Richter M.&#160;Ile&#353;i&#269;, J.&#160;Malenovsk&#253;, E.&#160;Levits, L.&#160;Bay Larsen, C.&#160;G.&#160;Fernlund und S.&#160;Rodin,</p> <p class="normal">Generalanwalt: H.&#160;Saugmandsgaard &#216;e,</p> <p class="normal">Kanzler: K.&#160;Malacek, Verwaltungsrat,</p> <p class="normal">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 11.&#160;Juni 2018,</p> <p class="normal">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der A-Brauerei, vertreten durch die Rechtsanw&#228;lte K.&#160;Naeve und B.&#160;Pignot, die Steuerberaterinnen K.&#160;Seiferth und&#160;C.&#160;Tillmann sowie den Steuerberater A.&#160;Linn,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der deutschen Regierung, vertreten durch T.&#160;Henze als Bevollm&#228;chtigten,</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">&#8211;</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch K.&#160;Blanck-Putz, B.&#160;Stromsky und T.&#160;Maxian Rusche als Bevollm&#228;chtigte,</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19.&#160;September 2018</p> <p class="normal">folgendes</p> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Urteil</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point1">1</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point2">2</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt&#160;B (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) und der A&#8209;Brauerei wegen der dieser Gesellschaft vom Finanzamt versagten Befreiung von der Grunderwerbssteuer, die nach deutschem Recht unter bestimmten Voraussetzungen Gesellschaften zugutekommt, die im Rahmen von Umwandlungsvorg&#228;ngen innerhalb bestimmter Konzerne ein Eigentumsrecht an Grundst&#252;cken erwerben.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Deutsches Recht</span> </p> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Umwandlungsgesetz</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point3">3</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;1 Abs.&#160;1 des Umwandlungsgesetzes in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: UmwG) bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;Rechtstr&#228;ger mit Sitz im Inland k&#246;nnen umgewandelt werden</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">durch Verschmelzung;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">2.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung);</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">3.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">durch Verm&#246;gens&#252;bertragung;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230; &#8220;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point4">4</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In &#167;&#160;2 UmwG hei&#223;t es:</p> <p class="normal">&#8222;Rechtstr&#228;ger k&#246;nnen unter Aufl&#246;sung ohne Abwicklung verschmolzen werden</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">im Wege der Aufnahme durch &#220;bertragung des Verm&#246;gens eines Rechtstr&#228;gers oder mehrerer Rechtstr&#228;ger (&#252;bertragende Rechtstr&#228;ger) als Ganzes auf einen bestehenden Rechtstr&#228;ger (&#252;bernehmender Rechtstr&#228;ger) &#8230;&#8220;</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <p class="title-grseq-2"> <span class="bold"> <span class="italic">Grunderwerbsteuergesetz</span> </span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point5">5</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;1 des Grunderwerbsteuergesetzes in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: GrEStG) bestimmt:</p> <p class="normal">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorg&#228;nge, soweit sie sich auf inl&#228;ndische Grundst&#252;cke beziehen:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgesch&#228;ft, das den Anspruch auf &#220;bereignung begr&#252;ndet;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">2.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die Auflassung, wenn kein Rechtsgesch&#228;ft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf &#220;bereignung begr&#252;ndet;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">3.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der &#220;bergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf &#220;bereignung begr&#252;ndendes Rechtsgesch&#228;ft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. &#8230;</p> </td> </tr> </table> <p class="normal">&#8230;</p> <p class="normal">(2)&#160;&#160;&#160;Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorg&#228;nge, die es ohne Begr&#252;ndung eines Anspruchs auf &#220;bereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich erm&#246;glichen, ein inl&#228;ndisches Grundst&#252;ck auf eigene Rechnung zu verwerten.</p> <p class="normal">(2a)&#160;&#160;&#160;Geh&#246;rt zum Verm&#246;gen einer Personengesellschaft ein inl&#228;ndisches Grundst&#252;ck und &#228;ndert sich innerhalb von f&#252;nf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsverm&#246;gen auf neue Gesellschafter &#252;bergehen, gilt dies als ein auf die &#220;bereignung eines Grundst&#252;cks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgesch&#228;ft. &#8230;</p> <p class="normal">(3)&#160;&#160;&#160;Geh&#246;rt zum Verm&#246;gen einer Gesellschaft ein inl&#228;ndisches Grundst&#252;ck, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach Absatz&#160;2a nicht in Betracht kommt, au&#223;erdem:</p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">1.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">ein Rechtsgesch&#228;ft, das den Anspruch auf &#220;bertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begr&#252;ndet, wenn durch die &#220;bertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abh&#228;ngigen Unternehmen oder abh&#228;ngigen Personen oder in der Hand von abh&#228;ngigen Unternehmen oder abh&#228;ngigen Personen allein vereinigt werden w&#252;rden;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">2.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Gesch&#228;ft im Sinne der Nummer&#160;1 vorausgegangen ist;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">3.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">ein Rechtsgesch&#228;ft, das den Anspruch auf &#220;bertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begr&#252;ndet;</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count">4.</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">der &#220;bergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Gesch&#228;ft im Sinne der Nummer&#160;3 vorausgegangen ist.&#8220;</p> </td> </tr> </table> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point6">6</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;6a GrEStG, der durch &#167;&#160;7 des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.&#160;Dezember 2009 (BGBl. I 2009 S.&#160;3950) unter der &#220;berschrift &#8222;Steuerverg&#252;nstigung bei Umstrukturierungen im Konzern&#8220; neu eingef&#252;hrt wurde, sieht in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung Folgendes vor:</p> <p class="normal">&#8222;F&#252;r einen nach &#167;&#160;1 Absatz&#160;1 Nummer&#160;3, Absatz&#160;2a oder 3 steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung im Sinne des &#167;&#160;1 Absatz&#160;1 Nummer&#160;1 bis&#160;3 des Umwandlungsgesetzes wird die Steuer nicht erhoben; &#8230; Satz&#160;1 gilt auch f&#252;r entsprechende Umwandlungen aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaats der Europ&#228;ischen Union oder eines Staats, auf den das Abkommen &#252;ber den Europ&#228;ischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Satz&#160;1 gilt nur, wenn an dem Umwandlungsvorgang ausschlie&#223;lich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abh&#228;ngige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abh&#228;ngige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von Satz&#160;3 abh&#228;ngig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsverm&#246;gen das herrschende Unternehmen innerhalb von f&#252;nf Jahren vor dem Rechtsvorgang und f&#252;nf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 vom Hundert ununterbrochen beteiligt ist.&#8220;</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Ausgangsverfahren und Vorlagefrage</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point7">7</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die A-Brauerei ist eine Aktiengesellschaft mit einem wirtschaftlichen Gesch&#228;ftsbetrieb. Sie hielt 100&#160;% der Gesch&#228;ftsanteile an der T&#8209;GmbH, der mehrere Grundst&#252;cke geh&#246;rten und die ihrerseits Alleingesellschafterin einer anderen Gesellschaft war.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point8">8</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Vertrag vom 1.&#160;August 2012 &#252;bertrug die T&#8209;GmbH ihr Verm&#246;gen als Ganzes einschlie&#223;lich der Grundst&#252;cke mit allen Rechten und Pflichten im Rahmen einer Umwandlung im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme gem&#228;&#223; &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 in Verbindung mit &#167;&#160;2 Nr.&#160;1 UmwG auf die A&#8209;Brauerei. An der Umwandlung waren nur diese beiden Gesellschaften beteiligt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point9">9</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Verschmelzung wurde mit der Eintragung im Handelsregister am 24.&#160;September 2012 wirksam. Zu diesem Zeitpunkt erlosch die T&#8209;GmbH, an der die A&#8209;Brauerei vor der Verschmelzung mehr als f&#252;nf Jahre lang zu 100&#160;% beteiligt gewesen war.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point10">10</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Bescheid vom 7.&#160;Juni 2013 verlangte das Finanzamt von der A&#8209;Brauerei die Zahlung von Grunderwerbssteuer. Diese werde von ihr geschuldet, weil der &#220;bergang der Grundst&#252;cke der T&#8209;GmbH als &#252;bertragender Gesellschaft auf sie als &#252;bernehmende Gesellschaft aufgrund der Verschmelzung der beiden Unternehmen und der damit verbundenen &#220;bertragung des Gesamtverm&#246;gens der &#252;bertragenden Gesellschaft auf die &#252;bernehmende Gesellschaft einen steuerbaren Erwerbsvorgang nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 Nr.&#160;3 GrEStG darstelle, der nicht unter die Steuerbefreiung nach &#167;&#160;6a GrEStG falle.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point11">11</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Entscheidung vom 19.&#160;Juli 2013 wies das Finanzamt den Einspruch der A-Brauerei gegen diesen Bescheid mit der Begr&#252;ndung zur&#252;ck, dass die T&#8209;GmbH keine &#8222;abh&#228;ngige Gesellschaft&#8220; im Sinne von &#167;&#160;6a GrEStG sei, weil sie aufgrund der Verschmelzung untergegangen sei und daher die in &#167;&#160;6a aufgestellte Voraussetzung, wonach w&#228;hrend einer gesetzlichen Nachbehaltensfrist von f&#252;nf Jahren ab dem steuerbaren Vorgang mindestens 95&#160;% der Beteiligung zu behalten seien, nicht erf&#252;llt sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point12">12</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit Urteil vom 14.&#160;Oktober 2014 gab das Finanzgericht N&#252;rnberg (Deutschland) der Klage der A-Brauerei gegen diese Entscheidung mit der Begr&#252;ndung statt, dass im vorliegenden Fall die Steuerverg&#252;nstigung nach &#167;&#160;6a GrEStG zu gew&#228;hren sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point13">13</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Das Finanzamt ging gegen dieses Urteil beim Bundesfinanzhof (Deutschland) in Revision.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point14">14</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In einem Beschluss vom 25.&#160;November 2015 best&#228;tigte der Bundesfinanzhof die im ersten Rechtszug vorgenommene Auslegung von &#167;&#160;6a GrEStG mit der Begr&#252;ndung, dass die Voraussetzung einer Nachbehaltensfrist nur anwendbar sei, wenn sie bei der betreffenden Umwandlung auch tats&#228;chlich eingehalten werden k&#246;nne, was bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verschmelzung nicht der Fall gewesen sei, da diese zwangsl&#228;ufig den Untergang der &#252;bertragenden Gesellschaft zur Folge gehabt habe.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point15">15</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In diesem Beschluss befasste sich das vorlegende Gericht au&#223;erdem von Amts wegen mit der Frage, ob &#167;&#160;6a GrEStG unangewendet bleiben m&#252;sse, weil die mit dieser Vorschrift gew&#228;hrte Steuerverg&#252;nstigung als &#8222;staatliche Beihilfe&#8220; im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV anzusehen sei und damit gegebenenfalls ein Versto&#223; gegen die Mitteilungs- und die Stillhaltepflicht aus Art.&#160;108 Abs.&#160;3 AEUV festzustellen sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point16">16</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In diesem Zusammenhang wies das Bundesministerium der Finanzen (Deutschland), das dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Verfahren beigetreten ist, darauf hin, dass die in &#167;&#160;6a GrEStG vorgesehene Steuerverg&#252;nstigung der Europ&#228;ischen Kommission nicht mitgeteilt worden sei und diese somit in Bezug auf die Steuerverg&#252;nstigung auch kein Pr&#252;fverfahren eingeleitet habe. Das Ministerium hat jedoch unter Hinweis auf das Urteil des Gerichts der Europ&#228;ischen Union vom 7.&#160;November 2014, Autogrill Espa&#241;a/Kommission (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A939&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">T&#8209;219/10</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AT%3A2014%3A939&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:T:2014:939</a>), geltend gemacht, dass es sich bei der in Rede stehenden Verg&#252;nstigung nicht um eine &#8222;staatliche Beihilfe&#8220; im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV handele, da es nicht m&#246;glich sei, die beg&#252;nstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen, so dass die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivit&#228;t nicht erf&#252;llt sei.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point17">17</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Unter diesen Umst&#228;nden hat der Bundesfinanzhof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="normal">Ist Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV dahin gehend auszulegen, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene Beihilfe vorliegt, wenn nach der Regelung eines Mitgliedstaats Grunderwerbsteuer f&#252;r einen steuerbaren Erwerb aufgrund einer Umwandlung (Verschmelzung) nicht erhoben wird, falls am Umwandlungsvorgang bestimmte Rechtstr&#228;ger (herrschendes Unternehmen und eine abh&#228;ngige Gesellschaft) beteiligt sind und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abh&#228;ngigen Gesellschaft in H&#246;he von 100&#160;% innerhalb von f&#252;nf Jahren vor dem Rechtsvorgang und f&#252;nf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht?</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Zur Vorlagefrage</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point18">18</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Mit seiner Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine Steuerverg&#252;nstigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die darin besteht, dass der &#220;bergang des Eigentums an einem Grundst&#252;ck von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn er aufgrund eines Umwandlungsvorgangs erfolgt, an dem ausschlie&#223;lich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sind, die w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind, die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivit&#228;t des betreffenden Vorteils erf&#252;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point19">19</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Einstufung einer nationalen Ma&#223;nahme als &#8222;staatliche Beihilfe&#8220; im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV, dass alle folgenden Voraussetzungen erf&#252;llt sind. Erstens muss es sich um eine staatliche Ma&#223;nahme oder eine Ma&#223;nahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handeln. Zweitens muss die Ma&#223;nahme geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeintr&#228;chtigen. Drittens muss dem Beg&#252;nstigten durch sie ein selektiver Vorteil gew&#228;hrt werden. Viertens muss sie den Wettbewerb verf&#228;lschen oder zu verf&#228;lschen drohen (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point53" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">53</a> sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point20">20</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In Bezug auf die Voraussetzung der Selektivit&#228;t des Vorteils, die ein Tatbestandsmerkmal des Begriffs der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV ist, muss zun&#228;chst gepr&#252;ft werden, ob die Steuerverg&#252;nstigung des &#167;&#160;6a GrEStG, wie von der deutschen Regierung geltend gemacht, von vornherein als &#8222;allgemeine Ma&#223;nahme&#8220; anzusehen ist und daher nicht unter Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV f&#228;llt, weil sie die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivit&#228;t nicht erf&#252;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point21">21</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Insoweit ist insbesondere in Bezug auf nationale Ma&#223;nahmen, die einen Steuervorteil verschaffen, darauf hinzuweisen, dass eine derartige Ma&#223;nahme, die zwar nicht mit der &#220;bertragung staatlicher Mittel verbunden ist, die Beg&#252;nstigten aber finanziell besser stellt als die &#252;brigen Steuerpflichtigen, den Empf&#228;ngern einen selektiven Vorteil verschaffen kann und daher eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV darstellt (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point56" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">56</a> sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point22">22</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof auch entschieden, dass eine Voraussetzung f&#252;r die Anwendung oder den Erhalt einer steuerlichen Beihilfe den selektiven Charakter dieser Beihilfe begr&#252;nden kann, wenn sie dazu f&#252;hrt, dass zwischen Unternehmen, obwohl sie sich im Hinblick auf das mit der in Rede stehenden Steuerregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situation befinden, unterschieden wird und sie daher eine Ungleichbehandlung der Unternehmen bewirkt, die von dieser Regelung ausgeschlossen sind (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>&#8218; Rn.&#160;86).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point23">23</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dagegen handelt es sich bei nationalen Ma&#223;nahmen, die unterschiedslos auf alle Unternehmen des betreffenden Mitgliedstaats anwendbar sind, um allgemeine und damit nicht selektive Ma&#223;nahmen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29.&#160;M&#228;rz 2012, 3M Italia, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A184&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;417/10</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2012%3A184&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2012:184</a>&#8218; Rn.&#160;39, und vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>&#8218; Rn.&#160;56 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point24">24</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Umstand, dass nur die Steuerpflichtigen, die die Voraussetzungen f&#252;r die Anwendung einer Ma&#223;nahme erf&#252;llen, diese in Anspruch nehmen k&#246;nnen, kann als solcher dieser Ma&#223;nahme keinen selektiven Charakter verleihen (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point59" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">59</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point25">25</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">F&#252;r die Einstufung als &#8222;allgemeine Ma&#223;nahme&#8220; ist jedoch irrelevant, dass die in Rede stehende Ma&#223;nahme unabh&#228;ngig von der Art der T&#228;tigkeit der Unternehmen angewandt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>&#8218; Rn.&#160;82 bis&#160;84).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point26">26</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Feststellung, dass eine Ma&#223;nahme, mit der ein Vorteil gew&#228;hrt wird, <span class="italic">a priori</span> selektiv ist, muss n&#228;mlich nicht unbedingt auf eine mit dem T&#228;tigkeitsbereich eines Unternehmens zusammenh&#228;ngende Voraussetzung f&#252;r die Gew&#228;hrung gest&#252;tzt werden, sondern kann auch an andere Voraussetzungen ankn&#252;pfen, etwa an die Rechtsform des Unternehmens, dem diese Verg&#252;nstigung zugutekommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10.&#160;Januar 2006, Cassa di Risparmio di Firenze u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A8&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;222/04</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A8&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2006:8</a>&#8218; Rn.&#160;136).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point27">27</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Ebenso wenig kommt es f&#252;r die Qualifikation als &#8222;allgemeine Ma&#223;nahme&#8220; darauf an, dass eine grunds&#228;tzlich oder potenziell allen Unternehmen offenstehende Ma&#223;nahme es nicht erm&#246;glicht, eine besondere Gruppe von Unternehmen zu ermitteln, die als einzige von dieser Ma&#223;nahme beg&#252;nstigt werden und aufgrund spezifischer und gemeinsamer Eigenarten unterschieden werden k&#246;nnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>&#8218; Rn.&#160;69 bis&#160;71).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point28">28</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass die Befreiung von der Grunderwerbsteuer nach &#167;&#160;6a GrEStG durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.&#160;Dezember 2009 unter der &#220;berschrift &#8222;Steuerverg&#252;nstigung bei Umstrukturierungen im Konzern&#8220; als formal von &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 Nr.&#160;3 sowie Abs.&#160;2a und&#160;3 GrEStG abweichende Ma&#223;nahme eingef&#252;hrt wurde.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point29">29</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Au&#223;erdem ergibt sich aus der Begr&#252;ndung des Gesetzentwurfs f&#252;r diese Steuerbefreiung, dass damit im Wesentlichen Umstrukturierungen von Unternehmen und insbesondere Umwandlungen, bei denen Grundst&#252;cke von einer Gesellschaft auf eine andere &#252;bergehen, erleichtert werden sollten, um die Wettbewerbsf&#228;higkeit dieser Gesellschaften w&#228;hrend der Finanzkrise, von der die Bundesrepublik Deutschland seit 2008 betroffen war, zu st&#228;rken.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point30">30</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Ferner ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens beschlossen wurde, die Gew&#228;hrung dieser Steuerverg&#252;nstigung auf bestimmte Konzerne zu beschr&#228;nken, indem der urspr&#252;nglich vorgeschlagene Text um eine zus&#228;tzliche Anwendungsvoraussetzung erg&#228;nzt wurde, wonach an der Umwandlung nur ein sogenanntes &#8222;beherrschendes&#8220; Unternehmen und/oder eine oder mehrere sogenannte &#8222;abh&#228;ngige&#8220; Gesellschaften beteiligt sein d&#252;rfen, wobei Letztere als Gesellschaften definiert wurden, an deren Gesellschaftsverm&#246;gen ein herrschendes Unternehmen w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang zu mindestens 95&#160;% beteiligt ist.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point31">31</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerbefreiung werden nur die genannten Konzerne beg&#252;nstigt, die Umwandlungen vornehmen, w&#228;hrend Gesellschaften, die nicht zu solchen Konzernen geh&#246;ren, selbst dann von diesem Vorteil ausgeschlossen sind, wenn sie die gleichen Umwandlungen wie diese Konzerne vornehmen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point32">32</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Zwar ist die Regelungstechnik nicht entscheidend f&#252;r die Feststellung, ob es sich um eine selektive oder um eine allgemeine Ma&#223;nahme handelt, da, wie insbesondere aus Rn.&#160;101 des Urteils vom 15.&#160;November 2011, Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes K&#246;nigreich (<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A732&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;106/09&#160;P und&#160;C&#8209;107/09&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A732&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2011:732</a>), hervorgeht, selbst eine nicht formal abweichende Ma&#223;nahme, die auf an sich allgemeinen Kriterien beruht, selektiv sein kann, wenn sie faktisch zu einer unterschiedlichen Behandlung der Gesellschaften f&#252;hrt, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Steuerregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Situation befinden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point33">33</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die verwendete Regelungstechnik ist zwar nicht f&#252;r den Nachweis der Selektivit&#228;t einer steuerlichen Ma&#223;nahme ausschlaggebend, so dass nicht immer erforderlich ist, dass sie von einer allgemeinen Steuerregelung abweicht. Allerdings ist der Umstand, dass sie &#8211; wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ma&#223;nahme &#8211; einen solchen abweichenden Charakter aufweist, f&#252;r den Nachweis der Selektivit&#228;t relevant, wenn sich daraus ergibt, dass zwei Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern voneinander unterschieden und <span class="italic">a priori</span> unterschiedlich behandelt werden&#160;&#8211; und zwar diejenigen, die unter die abweichende Ma&#223;nahme fallen, und diejenigen, die weiterhin unter die allgemeine Steuerregelung fallen&#160;&#8211;, obwohl sich diese beiden Gruppen im Hinblick auf das mit der Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren Situation befinden (Urteile vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/16&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point77" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">77</a>, sowie vom 28.&#160;Juni 2018, Andres [Insolvenzverwalter &#252;ber das Verm&#246;gen der Heitkamp BauHolding]/Kommission, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A505&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;203/16&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A505&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2018:505</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2018%3A505&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point93" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">93</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point34">34</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Daraus folgt, dass allein durch das in Rn.&#160;20 des vorliegenden Urteils wiedergegebene Vorbringen der deutschen Regierung nicht belegt werden kann, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Ma&#223;nahme nicht unter Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV f&#228;llt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point35">35</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt die Beurteilung des Merkmals der Selektivit&#228;t des Vorteils, das zum Begriff der &#8222;staatlichen Beihilfe&#8220; im Sinne von Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV geh&#246;rt, zun&#228;chst die Feststellung, ob eine nationale Ma&#223;nahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, &#8222;bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige&#8220; gegen&#252;ber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu beg&#252;nstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situationen befinden und somit eine unterschiedliche Behandlung erfahren, die im Wesentlichen als diskriminierend eingestuft werden kann (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point54" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">54</a> und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point36">36</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im Zusammenhang mit steuerlichen Ma&#223;nahmen muss f&#252;r die Einstufung einer nationalen steuerlichen Ma&#223;nahme als &#8222;selektiv&#8220; in einem ersten Schritt die in dem betreffenden Mitgliedstaat geltende allgemeine oder &#8222;normale&#8220; Steuerregelung ermittelt und in einem zweiten Schritt dargetan werden, dass die in Rede stehende steuerliche Ma&#223;nahme vom allgemeinen System insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern einf&#252;hrt, die sich im Hinblick auf das mit dieser allgemeinen Regelung verfolgte Ziel in vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situationen befinden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point57" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">57</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point37">37</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall ist zun&#228;chst festzustellen, dass, wie sich aus der Darstellung des nationalen Rechts in der Vorlageentscheidung ergibt, der Bezugsrahmen, anhand dessen die Vergleichbarkeit zu pr&#252;fen ist, durch die deutschen Rechtsvorschriften &#252;ber die Grunderwerbsteuer gebildet wird, die in ihrer Gesamtheit den Steuergegenstand und den Steuerentstehungstatbestand festlegen.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point38">38</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Sodann stellt sich die Frage, ob der durch &#167;&#160;6a GrEStG gew&#228;hrte Steuervorteil &#8211; da er auf Umwandlungsvorg&#228;nge beschr&#228;nkt ist, an denen ausschlie&#223;lich Gesellschaften eines Konzerns beteiligt sind, die w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind&#160;&#8211;, Wirtschaftsteilnehmer unterschiedlich behandelt, die sich im Hinblick auf das mit der im Ausgangsverfahren fraglichen allgemeinen Steuerregelung verfolgte Ziel in vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situationen befinden, da Gesellschaften, die solche Umwandlungen vornehmen, ohne durch solche Beteiligungen miteinander verbunden zu sein, von dieser Befreiung ausgeschlossen sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point39">39</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Hierzu ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass das mit der Regelung &#252;ber die Grunderwerbsteuer verfolgte Ziel darin besteht, jeden Rechtstr&#228;gerwechsel an einem Grundst&#252;ck zu besteuern oder, mit anderen Worten, jede zivilrechtliche &#220;bertragung von Grundst&#252;ckseigentum durch eine nat&#252;rliche oder juristische Person auf eine andere nat&#252;rliche oder juristische Person zu besteuern.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point40">40</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dieses Ziel wird im &#220;brigen auch ausdr&#252;cklich in der Begr&#252;ndung des Gesetzentwurfs, aus dem &#167;&#160;6a GrEStG hervorgegangen ist, erw&#228;hnt. Darin wird ausdr&#252;cklich darauf hingewiesen, dass die betreffende Steuerbefreiung zur Vermeidung willk&#252;rlicher Vorteile auf Umwandlungen von Unternehmen zu beschr&#228;nken ist, da diese Vorg&#228;nge, anders als andere Arten der Umstrukturierung von Unternehmen, im Sinne des GrEStG zu einem Rechtstr&#228;gerwechsel an einem Grundst&#252;ck f&#252;hren.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point41">41</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;6a GrEStG befreit seinem Wortlaut nach bestimmte normalerweise gem&#228;&#223; &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 Nr.&#160;3, Abs.&#160;2a und Abs.&#160;3 GrEStG steuerbare Vorg&#228;nge ausdr&#252;cklich von der Steuer. Auch angesichts dieses Wortlauts ist festzustellen, dass die Pr&#252;fung der Vergleichbarkeit &#8211; im Sinne des in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsatzes (siehe oben, Rn.&#160;35) &#8211; im Hinblick auf das Ziel der Besteuerung jeden Eigent&#252;merwechsels an Grundst&#252;cken vorzunehmen ist, wie auch das vorlegende Gericht nahelegt. Dieses Ziel wird allgemein mit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung &#252;ber die Grunderwerbsteuer und insbesondere mit den Bestimmungen in &#167;&#160;1 GrEStG verfolgt, die den Steuergegenstand und den Steuerentstehungstatbestand festlegen und die, wie in Rn.&#160;37 des vorliegenden Urteils ausgef&#252;hrt wurde, den Bezugsrahmen bilden, anhand dessen diese Pr&#252;fung der Vergleichbarkeit vorzunehmen ist.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point42">42</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">&#167;&#160;6a GrEStG f&#252;hrt offenkundig zu einer Unterscheidung zwischen Gesellschaften, die eine Umwandlung innerhalb eines Konzerns wie dem in dieser Vorschrift genannten vornehmen und die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerbefreiung in Anspruch nehmen k&#246;nnen, und Gesellschaften, die die gleiche Umwandlung vornehmen, aber keinem solchen Konzern angeh&#246;ren und von dieser Befreiung ausgeschlossen sind, obwohl sich die einen wie die anderen im Hinblick auf das mit dieser Steuer verfolgte Ziel, n&#228;mlich den zivilrechtlichen Eigent&#252;merwechsel zu besteuern, bei dem die entsprechenden Rechte von einer nat&#252;rlichen oder juristischen Person auf eine andere &#252;bertragen werden, in vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situationen befinden.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point43">43</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im &#220;brigen wird die Wirkung der Unterscheidung, die sich somit aus der Voraussetzung ergibt, dass an dem Umwandlungsvorgang ausschlie&#223;lich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sein d&#252;rfen, die durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind, noch verst&#228;rkt durch das sich ebenfalls aus dieser Voraussetzung ergebende Erfordernis, wonach diese Beteiligung w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang bestehen muss.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point44">44</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Sodann ist jedoch daran zu erinnern, dass nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Begriff &#8222;staatliche Beihilfe&#8220; nicht die Ma&#223;nahmen erfasst, die eine Unterscheidung zwischen Unternehmen einf&#252;hren, die sich im Hinblick auf das von der in Rede stehenden rechtlichen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situation befinden, und damit <span class="italic">a priori</span> selektiv sind, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist, weil sie sich aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sich die Ma&#223;nahmen einf&#252;gen (Urteil vom 21.&#160;Dezember 2016, Kommission/World Duty Free Group u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;20/15&#160;P und&#160;C&#8209;21/15&#160;P</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2016:981</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2016%3A981&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point58" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">58</a> und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point45">45</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass durch die Steuerbefreiung nach &#167;&#160;6a GrEStG, wie das vorlegende Gericht nahelegt und wie auch in den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erkl&#228;rungen sowie w&#228;hrend der Er&#246;rterungen in der m&#252;ndlichen Verhandlung best&#228;tigt wurde, einer &#252;berm&#228;&#223;igen Besteuerung entgegengewirkt werden soll.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point46">46</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Die Besteuerung der &#220;bertragung von Grundst&#252;cken aufgrund von Umwandlungsvorg&#228;ngen innerhalb eines Konzerns, der sich durch einen besonders hohen Grad an Beteiligung, n&#228;mlich mindestens 95&#160;%, auszeichnet, wird als &#252;berm&#228;&#223;ig angesehen, weil nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a und Abs.&#160;3 GrEStG die &#220;bertragung des betreffenden Grundst&#252;cks grunds&#228;tzlich bereits &#8222;eingangs&#8220; besteuert wird, d.&#160;h. zu dem Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft, die Eigent&#252;merin dieses Grundst&#252;cks ist, in einem solchen Konzern aufgeht. W&#252;rde sp&#228;ter die &#220;bertragung des Grundst&#252;cks aufgrund einer konzerninternen Umwandlung, insbesondere, wie im vorliegenden Fall, infolge einer Verschmelzung durch Aufnahme der 100%igen Tochtergesellschaft, die Eigent&#252;merin des Grundst&#252;cks ist, erneut besteuert, erg&#228;be sich eine Doppelbesteuerung derselben Grundst&#252;cks&#252;bertragung, n&#228;mlich ein erstes Mal bei der Eigentums&#252;bertragung, die dem Erwerb von mindestens 95&#160;% des Gesellschaftsverm&#246;gens der abh&#228;ngigen Gesellschaft durch das beherrschende Unternehmen entspricht, und ein zweites Mal bei der Umwandlung, die im vorliegenden Fall in der Verschmelzung im Wege der Aufnahme der abh&#228;ngigen Gesellschaft durch das beherrschende Unternehmen besteht.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point47">47</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Dagegen ist eine solche Doppelbesteuerung, wie der Generalanwalt in Nr.&#160;175 seiner Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, in F&#228;llen einer Umwandlung, an der zwei durch eine Beteiligung von weniger als 95&#160;% miteinander verbundene Gesellschaften beteiligt sind, ausgeschlossen. Denn dann ist der Erwerb durch das beherrschende Unternehmen, das eine Beteiligung von weniger als 95&#160;% des Gesellschaftsverm&#246;gens der abh&#228;ngigen Gesellschaft h&#228;lt, nicht nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a und Abs.&#160;3 GrEStG steuerpflichtig, w&#228;hrend der sp&#228;tere Umwandlungsvorgang zwischen den beiden Gesellschaften nicht nach &#167;&#160;6a GrEStG befreit w&#228;re.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point48">48</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Eine Ma&#223;nahme, die eine Ausnahme von der Anwendung des allgemeinen Steuersystems darstellt, kann durch die Natur oder den allgemeinen Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat nachweisen kann, dass sie unmittelbar auf den Grund- oder Leitprinzipien seines Steuersystems beruht. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen den mit einer bestimmten Steuerregelung verfolgten Zielen, die au&#223;erhalb dieser Regelung liegen, und den dem Steuersystem selbst inh&#228;renten Mechanismen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind (Urteil vom 6.&#160;September 2006, Portugal/Kommission, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A511&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;88/03</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A511&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2006:511</a>, Rn.&#160;<a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2006%3A511&amp;lang=DE&amp;format=html&amp;target=CourtTab&amp;anchor=#point81" target="CourtTab" type="application/xhtml+xml" hreflang="de" class="CourtLink">81</a>).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point49">49</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung anerkannt, dass dem betreffenden allgemeinen Steuersystem inh&#228;rente Zwecke ein <span class="italic">a priori</span> selektives Steuersystem rechtfertigen k&#246;nnen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29.&#160;April 2004, GIL Insurance u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A252&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;308/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A252&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2004:252</a>&#8218; Rn.&#160;74 bis&#160;76, sowie vom 8.&#160;September 2011, Paint Graphos u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A550&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;78/08 bis&#160;C&#8209;80/08</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2011%3A550&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2011:550</a>&#8218; Rn.&#160;64 bis&#160;76).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point50">50</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Im vorliegenden Fall kann das mit dem ordnungsgem&#228;&#223;en Funktionieren des fraglichen allgemeinen Steuersystems zusammenh&#228;ngende Ziel, eine doppelte und damit &#252;berm&#228;&#223;ige Besteuerung zu vermeiden, somit rechtfertigen, dass die Steuerbefreiung nach &#167;&#160;6a GrEStG auf Umwandlungsvorg&#228;nge zwischen Gesellschaften beschr&#228;nkt wird, die w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point51">51</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Wie das vorlegende Gericht ausgef&#252;hrt hat, erscheint das Erfordernis der Mindesthaltedauer einer solchen Beteiligung durch die Absicht gerechtfertigt, ungewollte Mitnahmeeffekte und damit Missbrauch zu verhindern, indem vermieden wird, dass Beteiligungsverh&#228;ltnisse in dieser H&#246;he, die nach Abschluss der Umwandlung wieder beendet w&#252;rden, nur f&#252;r kurze Zeit geschaffen werden, um in den Genuss der Steuerbefreiung zu gelangen. Die Verhinderung von Missbrauch kann durch das Wesen oder den Aufbau des betreffenden Systems gerechtfertigt sein (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 29.&#160;April 2004, GIL Insurance u.&#160;a., <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A252&amp;locale=de" target="CourtTab" type="application/xml;notice=branch" hreflang="de" class="CourtLink">C&#8209;308/01</a>, <a href="https://eur-lex.europa.eu/legal-content/redirect/?urn=ecli:ECLI%3AEU%3AC%3A2004%3A252&amp;lang=DE&amp;format=pdf&amp;target=CourtTab" target="CourtTab" type="application/pdf" hreflang="de" class="CourtLink">EU:C:2004:252</a>&#8218; Rn.&#160;74).</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point52">52</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Selbst wenn diese Befreiung also zwischen Unternehmen unterscheidet, die sich im Hinblick auf das mit der in Rede stehenden Rechtsvorschrift verfolgte Ziel in vergleichbaren tats&#228;chlichen und rechtlichen Situationen befinden, ist diese Unterscheidung gerechtfertigt, da durch sie eine Doppelbesteuerung vermieden werden soll und sie sich insoweit aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt, in das sie sich einf&#252;gt.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point53">53</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV dahin auszulegen ist, dass eine Steuerverg&#252;nstigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die darin besteht, dass der &#220;bergang des Eigentums an einem Grundst&#252;ck von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn er aufgrund eines Umwandlungsvorgangs erfolgt, an dem ausschlie&#223;lich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sind, die w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind, die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivit&#228;t des betreffenden Vorteils nicht erf&#252;llt.</p> </td> </tr> </table> <p class="sum-title-1"> <span class="bold">Kosten</span> </p> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top"> <p class="count" id="point54">54</p> </td> <td valign="top"> <p class="normal">F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tr> <td valign="top">&#160;</td> <td valign="top"> <p class="normal">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Gro&#223;e Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> </td> </tr> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <p class="normal"> <span class="bold">Art.&#160;107 Abs.&#160;1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine Steuerverg&#252;nstigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die darin besteht, dass der &#220;bergang des Eigentums an einem Grundst&#252;ck von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn er aufgrund eines Umwandlungsvorgangs erfolgt, an dem ausschlie&#223;lich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sind, die w&#228;hrend eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von f&#252;nf Jahren vor und f&#252;nf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95&#160;% miteinander verbunden sind, die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivit&#228;t des betreffenden Vorteils nicht erf&#252;llt.</span> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table width="100%" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <col width="5%"/> <col width="95%"/> <tbody> <tr> <td>&#160;</td> <td> <div class="signaturecase"> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Lenaerts</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Silva&#160;de&#160;Lapuerta</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Bonichot</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Arabadjiev</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Prechal</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Vilaras</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Biltgen</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">J&#252;rim&#228;e</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Lycourgos</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Ile&#353;i&#269;</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Malenovsk&#253;</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Levits</p> </div> </div> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory3left"> <p class="normal">Bay&#160;Larsen</p> </div> <div class="signatorycenter"> <p class="normal">Fernlund</p> </div> <div class="signatory3right"> <p class="normal">Rodin</p> </div> </div> <p class="normal">Verk&#252;ndet in &#246;ffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19.&#160;Dezember 2018.</p> <div class="signaturecaserow"> <div class="signatory2left"> <p class="normal">Der Kanzler</p> <p class="normal">A.&#160;Calot Escobar</p> </div> <div class="signatory2right"> <p class="normal">Der Pr&#228;sident</p> <p class="normal">K. Lenaerts</p> </div> </div> </div> </td> </tr> </tbody> </table> <hr class="note"/> <p class="note">(<span class="note"> <a id="t-ECR_62017CJ0374_DE_01-E0001" href="#c-ECR_62017CJ0374_DE_01-E0001">*1</a> </span>) Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,063
eugh-2018-12-19-c-42217
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C-422/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:11
2019-01-31T19:21:11
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1029
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Harmonisierung des Steuerrechts&#160;&#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem&#160;&#8211; Richtlinie 2006/112/EG&#160;&#8211; Steuertatbestand&#160;&#8211; Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros&#160;&#8211; Art.&#160;65 und 308&#160;&#8211; Von einem Reiseb&#252;ro erzielte Marge&#160;&#8211; Bestimmung der Marge&#160;&#8211; Anzahlungen vor der Erbringung von Reiseleistungen durch das Reiseb&#252;ro&#160;&#8211; Dem Reiseb&#252;ro tats&#228;chlich entstandene Kosten&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;422/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Naczelny S&#261;d Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Polen) mit Entscheidung vom 16.&#160;Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13.&#160;Juli 2017, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Szef Krajowej Administracji Skarbowej</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Skarpa Travel sp. z o.o.</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten der Siebten Kammer T.&#160;von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Pr&#228;sidenten der Vierten Kammer, der Richterin K.&#160;J&#252;rim&#228;e sowie der Richter C.&#160;Lycourgos, E.&#160;Juh&#225;sz (Berichterstatter) und C.&#160;Vajda,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Bobek,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: M.&#160;Aleksejev, Referatsleiter,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 7.&#160;Juni 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;des Szef Krajowej Administracji Skarbowej, vertreten durch J.&#160;Kaute und M.&#160;Kowalewska als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Skarpa Travel sp.&#160;z&#160;o.o., vertreten durch J.&#160;Zaj&#261;c-Wysocka, radca prawny,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der polnischen Regierung, vertreten durch B.&#160;Majczyna und A.&#160;Kramarczyk-Sza&#322;adzi&#324;ska als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der deutschen Regierung, vertreten durch T.&#160;Henze als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch M.&#160;Siekierzy&#324;ska und N.&#160;Gossement als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5.&#160;September 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art.&#160;65 und 308 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl.&#160;2006, L&#160;347, S.&#160;1) in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13.&#160;Juli 2010 (ABl.&#160;2010, L&#160;189, S.&#160;1) ge&#228;nderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Szef Krajowej Administracji Skarbowej (Leiter der nationalen Finanzverwaltung, Polen) und der Skarpa Travel sp.&#160;z&#160;o.o. (im Folgenden: Skarpa) wegen einer Steuerauskunft des Minister Finans&#243;w (Finanzminister, Polen, im Folgenden: Minister) &#252;ber den Entstehungszeitpunkt und die Berechnungsmethode der Mehrwertsteuer bei der Vereinnahmung einer Anzahlung auf eine von einem Reiseb&#252;ro erbrachte touristische Dienstleistung.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;63 der Mehrwertsteuerrichtlinie treten &#8222;Steuertatbestand und Steueranspruch &#8230; zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenst&#228;nden bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;65 der Richtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenst&#228;nden bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist, entsteht der Steueranspruch zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;66 der Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Abweichend von den Artikeln 63, 64 und 65 k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Steueranspruch f&#252;r bestimmte Ums&#228;tze oder Gruppen von Steuerpflichtigen zu einem der folgenden Zeitpunkte entsteht:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;sp&#228;testens bei der Ausstellung der Rechnung;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;sp&#228;testens bei der Vereinnahmung des Preises;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im Falle der Nichtausstellung oder versp&#228;teten Ausstellung der Rechnung binnen einer bestimmten Frist sp&#228;testens nach Ablauf der von den Mitgliedstaaten gem&#228;&#223; Artikel&#160;222 Absatz&#160;2 gesetzten Frist f&#252;r die Ausstellung der Rechnung oder, falls von den Mitgliedstaaten eine solche Frist nicht gesetzt wurde, binnen einer bestimmten Frist nach dem Eintreten des Steuertatbestands.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die Ausnahme nach Absatz&#160;1 gilt jedoch nicht f&#252;r Dienstleistungen, f&#252;r die der Dienstleistungsempf&#228;nger nach Artikel&#160;196 die Mehrwertsteuer schuldet, und f&#252;r Lieferungen oder Verbringungen von Gegenst&#228;nden gem&#228;&#223; Artikel&#160;67.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;306 der Richtlinie sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten wenden auf Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses Kapitels an, soweit die Reiseb&#252;ros gegen&#252;ber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchf&#252;hrung der Reise Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen.</p> <p class="C02AlineaAltA">Diese Sonderregelung gilt nicht f&#252;r Reiseb&#252;ros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage Artikel&#160;79 Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;c anzuwenden ist.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Zwecke dieses Kapitels gelten Reiseveranstalter als Reiseb&#252;ro.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;307 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die zur Durchf&#252;hrung der Reise vom Reiseb&#252;ro unter den Voraussetzungen des Artikels 306 bewirkten Ums&#228;tze gelten als eine einheitliche Dienstleistung des Reiseb&#252;ros an den Reisenden.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die einheitliche Dienstleistung wird in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reiseb&#252;ro den Sitz seiner wirtschaftlichen T&#228;tigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus es die Dienstleistung erbracht hat.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;308 der Richtlinie hei&#223;t es: &#8222;F&#252;r die von dem Reiseb&#252;ro erbrachte einheitliche Dienstleistung gilt als Steuerbemessungsgrundlage und als Preis ohne Mehrwertsteuer im Sinne des Artikels 226 Nummer 8 die Marge des Reiseb&#252;ros, das hei&#223;t die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tats&#228;chlichen Kosten, die dem Reiseb&#252;ro f&#252;r die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;309 der Richtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Werden die Ums&#228;tze, f&#252;r die das Reiseb&#252;ro andere Steuerpflichtige in Anspruch nimmt, von diesen au&#223;erhalb der [Union] bewirkt, wird die Dienstleistung des Reiseb&#252;ros einer gem&#228;&#223; Artikel 153 von der Steuer befreiten Vermittlungst&#228;tigkeit gleichgestellt.</p> <p class="C02AlineaAltA">Werden die in Absatz 1 genannten Ums&#228;tze sowohl innerhalb als auch au&#223;erhalb der [Union] bewirkt, ist nur der Teil der Dienstleistung des Reiseb&#252;ros als steuerfrei anzusehen, der auf die Ums&#228;tze au&#223;erhalb der [Union] entf&#228;llt.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;310 der Mehrwertsteuerrichtlinie sind &#8222;[d]ie Mehrwertsteuerbetr&#228;ge, die dem Reiseb&#252;ro von anderen Steuerpflichtigen f&#252;r die in Artikel 307 genannten Ums&#228;tze in Rechnung gestellt werden, welche dem Reisenden unmittelbar zugutekommen, &#8230; in keinem Mitgliedstaat abziehbar oder erstattungsf&#228;hig&#8220;.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Polnisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;19a Abs.&#160;8 der Ustawa o podatku od towar&#243;w i us&#322;ug (Gesetz &#252;ber die Steuer auf Gegenst&#228;nde und Dienstleistungen) vom 11.&#160;M&#228;rz 2004 (Dz.&#160;U. Nr.&#160;54, Pos.&#160;535) in ge&#228;nderter Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Wurde vor der Lieferung des Gegenstands oder der Erbringung der Dienstleistung die Zahlung &#8211; insbesondere eine Vorauszahlung, eine Anzahlung, ein Vorschuss, eine Rate, eine Bau- oder Wohnungseinlage vor der Begr&#252;ndung des genossenschaftlichen Eigentumsrechts an einer Wohnung oder an einem f&#252;r andere Zwecke bestimmten Raum &#8211; ganz oder teilweise vereinnahmt, so entsteht die Steuerpflicht in Bezug auf den vereinnahmten Betrag, unbeschadet von Abs.&#160;5 Nr.&#160;4, zum Zeitpunkt der Vereinnahmung dieser Zahlung.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;119 dieses Gesetzes sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Erbringung von Reiseleistungen ist, unbeschadet von Abs.&#160;5, die Steuerbemessungsgrundlage die um die geschuldete Steuer verminderte Marge.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die in Abs.&#160;1 genannte Marge ist die Differenz zwischen dem vom Erwerber der Dienstleistung zu zahlenden Betrag und den tats&#228;chlichen Kosten, die dem Steuerpflichtigen f&#252;r den Erwerb von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen von anderen Steuerpflichtigen entstehen, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen; als Ums&#228;tze, die dem Reisenden unmittelbar zugutekommen, sind Ums&#228;tze anzusehen, die zu den Reiseleistungen geh&#246;ren, und zwar insbesondere Bef&#246;rderung, Unterbringung, Verpflegung und Versicherung.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass seit dem 1.&#160;Januar 2014 die auf Art.&#160;66 der Mehrwertsteuerrichtlinie beruhenden Bestimmungen des nationalen Rechts zur Regelung des Entstehungszeitpunkts dieser Steuer bei Anzahlungen auf touristische Dienstleistungen eines Reiseb&#252;ros in Polen nicht mehr gelten.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Skarpa unterliegt als Reiseb&#252;ro der in Art.&#160;119 des Mehrwertsteuergesetzes vorgesehenen Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros. Da sie sich au&#223;erstande sah, dieser Regelung eindeutig zu entnehmen, wann bei Anzahlungen, die von Reiseb&#252;ros vereinnahmt werden, der Mehrwertsteueranspruch entsteht, beantragte sie beim Minister eine Steuerauskunft.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In seiner Steuerauskunft f&#252;hrte der Minister aus, dass der Mehrwertsteueranspruch dann entstehe, wenn die Anzahlungen geleistet w&#252;rden. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer in Form der erzielten Marge k&#246;nne Skarpa von ihrer Bruttomarge den gesch&#228;tzten Betrag der von ihr zu tragenden Kosten f&#252;r die betreffende Dienstleistung in Abzug bringen, und sp&#228;ter gegebenenfalls die erforderlichen Korrekturen vornehmen, sobald sie in der Lage sei, den endg&#252;ltigen Betrag der tats&#228;chlich angefallenen Kosten zu bestimmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da Skarpa davon ausging, dass der Mehrwertsteueranspruch auf ihre Dienstleistungen erst dann entstehen k&#246;nne, wenn sie in der Lage sei, ihre endg&#252;ltige Gewinnmarge zu bestimmen, erhob sie beim Wojew&#243;dzki S&#261;d Administracyjny w Krakowie (Verwaltungsgericht der Woiwodschaft Krakau, Polen) Klage gegen die Auskunft.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil vom 25.&#160;November 2014 hob dieses Gericht die Auskunft auf und f&#252;hrte zur Begr&#252;ndung aus, da Art.&#160;119 Abs.&#160;2 des Mehrwertsteuergesetzes nur auf die dem Dienstleister tats&#228;chlich entstandenen Kosten Bezug nehme, entstehe der Mehrwertsteueranspruch erst dann, wenn die tats&#228;chliche Marge endg&#252;ltig festgestellt worden sei. Eine Sch&#228;tzung der Steuerbemessungsgrundlage sei bei einer Anzahlung auf die Erbringung touristischer Dienstleistungen durch ein Reiseb&#252;ro nicht vorgesehen. Zudem sollten Korrekturen von Steuererkl&#228;rungen nur ausnahmsweise erfolgen und nicht die Regel werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Minister legte gegen dieses Urteil eine Kassationsbeschwerde beim vorlegenden Gericht, dem Naczelny S&#261;d Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Polen), ein und berief sich darauf, dass alle Anzahlungen mit Ausnahme der im Mehrwertsteuergesetz genannten F&#228;lle zum Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung besteuert w&#252;rden. Die vom Steuerpflichtigen bis zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung getragenen tats&#228;chlichen Kosten k&#246;nnten bei der Berechnung der Gewinnmarge ber&#252;cksichtigt werden. Dass die tats&#228;chliche Marge zum Zeitpunkt einer Anzahlung auf eine von einem Reiseb&#252;ro erbrachte touristische Dienstleistung nicht bestimmbar sei, k&#246;nne jedoch nicht zur Folge haben, dass der Mehrwertsteueranspruch erst dann entstehe, wenn sie endg&#252;ltig bestimmt werden k&#246;nne.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht m&#246;chte wissen, ob sich die in Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehene Sonderregel zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage bei Dienstleistungen von Reiseb&#252;ros auf den Zeitpunkt der Entstehung des Mehrwertsteueranspruchs bei diesen Dienstleistungen auswirke. Da die vom Reiseb&#252;ro tats&#228;chlich getragenen Kosten erst bekannt seien, nachdem es seinem Kunden die touristische Dienstleistung erbracht habe, k&#246;nne Art.&#160;65 der Richtlinie auf eine unter Art.&#160;308 zu subsumierende Fallgestaltung keine Anwendung finden. Die Mehrwertsteuerrichtlinie sehe dies allerdings so nicht vor, und ein solcher Ansatz lie&#223;e sich nur aus ihrem allgemeinen Rahmen ableiten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sollte der Mehrwertsteueranspruch im Einklang mit Art.&#160;65 der Mehrwertsteuerrichtlinie zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung durch das Reiseb&#252;ro entstehen, sei zudem fraglich, ob die Steuer anhand des vereinnahmten Betrags zu berechnen sei oder ob die in Art.&#160;308 der Richtlinie vorgesehene besondere Methode zur Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage heranzuziehen sei. Insoweit k&#246;nnte einerseits die Besteuerung der gesamten Anzahlung eine ganz erhebliche, wenn auch nur vorl&#228;ufige Belastung f&#252;r das Reiseb&#252;ro mit sich bringen. Andererseits sei es aber mit der Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros unvereinbar, einem Reiseb&#252;ro zu gestatten, bei der Bestimmung der Steuerbemessungsgrundlage der betreffenden Dienstleistung zum Zeitpunkt einer Anzahlung durch den Kunden den Preis noch nicht bezahlter Dienstleistungen zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Naczelny S&#261;d Administracyjny (Oberster Verwaltungsgerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind die Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass die Steuerpflicht bei Anzahlungen, die ein Steuerpflichtiger bei der Erbringung touristischer Dienstleistungen, f&#252;r die die Steuersonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros in den Art.&#160;306 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt, vereinnahmt hat, zu dem in Art.&#160;65 dieser Richtlinie bestimmten Zeitpunkt entsteht?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Bejahung der ersten Frage: Ist Art.&#160;65 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass eine Anzahlung, die ein Steuerpflichtiger bei der Erbringung touristischer Dienstleistungen, f&#252;r die die Steuersonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros in den Art.&#160;306 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt, vereinnahmt hat, f&#252;r die Zwecke der Besteuerung um die in Art.&#160;308 dieser Richtlinie genannten Kosten, die bei dem Steuerpflichtigen bis zur Vereinnahmung der Anzahlung tats&#228;chlich angefallen sind, verringert wird?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art.&#160;65 und 306 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass der Mehrwertsteueranspruch im Einklang mit Art.&#160;65 entsteht, wenn ein Reiseb&#252;ro, das der Sonderregelung in den Art.&#160;306 bis 310 unterliegt, eine Anzahlung auf touristische Dienstleistungen vereinnahmt, die es dem Reisenden erbringen wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Skarpa macht geltend, das Reiseb&#252;ro m&#252;sse zur Bestimmung der einschl&#228;gigen Steuerbemessungsgrundlage nach Art.&#160;308 der Richtlinie seine tats&#228;chliche Gewinnmarge berechnen, was jedoch unm&#246;glich sei, ohne die tats&#228;chlichen Kosten zu kennen, die es f&#252;r den Erwerb von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen von anderen Steuerpflichtigen verauslagen m&#252;sse. Somit entstehe der Steueranspruch erst dann, wenn alle tats&#228;chlich vom Reiseb&#252;ro getragenen Kosten bekannt seien und die erzielte Marge feststehe. Art.&#160;65 der Richtlinie k&#246;nne in einem solchen Fall daher keine Anwendung finden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die mit den Art.&#160;306 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie eingef&#252;hrte Mehrwertsteuer-Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros enth&#228;lt f&#252;r deren T&#228;tigkeit eigene Regeln, die vom gemeinsamen Mehrwertsteuersystem abweichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, C&#8209;557/11, EU:C:2012:672, Rn.&#160;16).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;306 der Richtlinie wenden die Mitgliedstaaten diese Regelung auf Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros an, soweit diese nicht als Vermittler handeln, sondern gegen&#252;ber dem Reisenden im eigenen Namen auftreten und zur Durchf&#252;hrung der Reise Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die gem&#228;&#223; Art.&#160;306 get&#228;tigten Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros hat der Unionsgesetzgeber in den Art.&#160;307 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie Sondervorschriften f&#252;r den Ort der Besteuerung, die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage und den Vorsteuerabzug vorgesehen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass diese Sonderregelung als Ausnahme vom gemeinsamen System der Mehrwertsteuerrichtlinie nur angewandt werden darf, soweit dies zur Erreichung ihres Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, C&#8209;557/11, EU:C:2012:672, Rn.&#160;20 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs soll mit dieser Sonderregelung vor allem den Schwierigkeiten abgeholfen werden, die sich f&#252;r die Wirtschaftsteilnehmer erg&#228;ben, wenn auf die Ums&#228;tze, die mit der Erbringung von Dritten bezogener Leistungen verbunden sind, die allgemeinen Grunds&#228;tze der Mehrwertsteuerrichtlinie anwendbar w&#228;ren, da die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen &#252;ber den Ort der Besteuerung, die Steuerbemessungsgrundlage und den Vorsteuerabzug bei diesen Unternehmen aufgrund der Vielzahl und der Lokalisierung der erbrachten Leistungen zu praktischen Schwierigkeiten f&#252;hren w&#252;rde, die geeignet w&#228;ren, die Aus&#252;bung ihrer T&#228;tigkeit zu behindern (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25.&#160;Oktober 2012, Kozak, C&#8209;557/11, EU:C:2012:672, Rn.&#160;19 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich stellt die f&#252;r Reiseb&#252;ros geltende Mehrwertsteuer-Sonderregelung als solche keine unabh&#228;ngige und abschlie&#223;ende Steuerregelung dar, sondern enth&#228;lt lediglich Vorschriften, die von bestimmten Regeln des allgemeinen Mehrwertsteuersystems abweichen, so dass die &#252;brigen Regeln dieses allgemeinen Systems auf mehrwertsteuerpflichtige Ums&#228;tze von Reiseb&#252;ros anwendbar sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher k&#246;nnen mit Ausnahme der Bestimmungen &#252;ber den Ort der Besteuerung, die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage und den Vorsteuerabzug alle Bestimmungen des allgemeinen Mehrwertsteuersystems auf Ums&#228;tze angewandt werden, die unter die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros fallen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demzufolge bleiben die den Steuertatbestand und die Entstehung des Mehrwertsteueranspruchs auf Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Erbringung von Dienstleistungen, die sich u.&#160;a. in den Art.&#160;63 und 65 der Mehrwertsteuerrichtlinie befinden, auf Ums&#228;tze anwendbar, die unter die Sonderregelung f&#252;r Reiseb&#252;ros fallen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;63 der Richtlinie treten Steuertatbestand und Steueranspruch zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung von Gegenst&#228;nden bewirkt oder die Dienstleistung erbracht wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;65 der Mehrwertsteuerrichtlinie entsteht der Steueranspruch bei Anzahlungen, die geleistet werden, bevor die Lieferung von Gegenst&#228;nden bewirkt oder die Dienstleistung erbracht ist, aber zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Diese Vorschrift muss, da sie von der in Art.&#160;63 der Richtlinie aufgestellten Regel abweicht, eng ausgelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.&#160;M&#228;rz 2014, FIRIN, C&#8209;107/13, EU:C:2014:151, Rn.&#160;35 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit unter solchen Umst&#228;nden der Steueranspruch entstehen kann, m&#252;ssen alle ma&#223;geblichen Elemente des Steuertatbestands, d.&#160;h. der k&#252;nftigen Dienstleistung, bereits bekannt sein; somit m&#252;ssen insbesondere die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sein (Urteil vom 13.&#160;M&#228;rz 2014, FIRIN, C&#8209;107/13, EU:C:2014:151, Rn.&#160;36 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall verweist das vorlegende Gericht darauf, dass die Anzahlung zum Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung durch ein Reiseb&#252;ro wie Skarpa einer von diesem Reiseb&#252;ro erbrachten Dienstleistung zugeordnet werden k&#246;nne, z.&#160;B. einer Reise an einem bestimmten Datum und in ein bestimmtes Land. Somit steht unter dem Vorbehalt einer &#220;berpr&#252;fung durch das vorlegende Gericht fest, dass eine solche Anzahlung eine genau bezeichnete Dienstleistung betrifft, so dass der Mehrwertsteueranspruch nach Art.&#160;65 der Mehrwertsteuerrichtlinie zum Zeitpunkt ihrer Vereinnahmung entsteht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art.&#160;65 und 306 bis 310 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass der Mehrwertsteueranspruch im Einklang mit Art.&#160;65 entsteht, wenn ein Reiseb&#252;ro, das der Sonderregelung in den Art.&#160;306 bis 310 unterliegt, eine Anzahlung auf touristische Dienstleistungen, die es dem Reisenden erbringen wird, vereinnahmt, sofern die zu erbringenden touristischen Dienstleistungen zu diesem Zeitpunkt genau bestimmt sind.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage ersucht das vorlegende Gericht um Klarstellungen dazu, wie eine von einem Reiseb&#252;ro vereinnahmte Anzahlung zu besteuern ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als Steuerbemessungsgrundlage f&#252;r die vom Reiseb&#252;ro erbrachte einheitliche Dienstleistung dessen Gewinnmarge &#8211; d.&#160;h. die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tats&#228;chlichen Kosten, die dem Reiseb&#252;ro f&#252;r die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger entstehen &#8211;, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie in den Rn.&#160;26 bis 28 des vorliegenden Urteils ausgef&#252;hrt, richtet sich, wenn Reiseb&#252;ros Gegenst&#228;nde oder Dienstleistungen bei anderen Steuerpflichtigen erwerben, die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer nach dieser Vorschrift, die zu den Sondervorschriften geh&#246;rt, die der Unionsgesetzgeber vorgesehen hat, um den Besonderheiten der T&#228;tigkeit von Reiseb&#252;ros Rechnung zu tragen und um ihnen praktische Schwierigkeiten zu ersparen, die die Aus&#252;bung ihrer T&#228;tigkeit behindern k&#246;nnten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich darf die Auslegung der Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie nicht dazu f&#252;hren, dass die genaue Berechnung der in ihrem Art.&#160;308 speziell vorgesehenen Steuerbemessungsgrundlage<i> de facto</i> unm&#246;glich gemacht wird; diese setzt voraus, dass das Reiseb&#252;ro vom Gesamtpreis ohne Mehrwertsteuer, den der Reisende zahlt, s&#228;mtliche Kosten in Abzug bringen kann, die dem Reiseb&#252;ro f&#252;r die Lieferungen von Gegenst&#228;nden und die Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger tats&#228;chlich entstehen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Falls die vom Kunden geleistete Anzahlung dem Gesamtpreis der touristischen Dienstleistung oder einem erheblichen Teil davon entspricht und falls dem Reiseb&#252;ro zum Zeitpunkt der Leistung dieser Anzahlung noch keine tats&#228;chlichen Kosten oder nur ein begrenzter Teil der individuellen Gesamtkosten f&#252;r diese Dienstleistung entstanden sind, kann die alleinige Ber&#252;cksichtigung der zum Zeitpunkt der Anzahlung tats&#228;chlich entstandenen Kosten das Reiseb&#252;ro in bestimmten F&#228;llen daran hindern, alle diese Kosten oder einen Teil von ihnen vom Gesamtpreis ohne Mehrwertsteuer der Dienstleistung abzuziehen, und kann somit die in Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie festgelegte Berechnungsweise der Steuerbemessungsgrundlage verf&#228;lschen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem kann es sein, dass ein Reiseb&#252;ro nicht in der Lage ist, zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Reisender eine Anzahlung leistet, die tats&#228;chlichen Kosten einer konkreten ihm erbrachten touristischen Dienstleistung zu bestimmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Situationen wie den in den beiden vorstehenden Randnummern geschilderten kann die Gewinnmarge des Reiseb&#252;ros folglich aufgrund einer Sch&#228;tzung der tats&#228;chlichen Gesamtkosten bestimmt werden, die ihm letztlich entstehen. Bei einer solchen Sch&#228;tzung hat das Reiseb&#252;ro gegebenenfalls die Kosten zu ber&#252;cksichtigen, die ihm zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung bereits tats&#228;chlich entstanden sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zieht man die gesch&#228;tzten tats&#228;chlichen Gesamtkosten vom Gesamtpreis der Reise ab, ergibt sich die voraussichtliche Gewinnmarge des Reiseb&#252;ros. Multipliziert man die Anzahlung mit dem Prozentsatz, der vom Gesamtpreis der Reise auf die in dieser Weise bestimmte voraussichtliche Gewinnmarge entf&#228;llt, ergibt sich die Bemessungsgrundlage der bei Vereinnahmung der Anzahlung abzuf&#252;hrenden Mehrwertsteuer.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie der Generalanwalt in Nr.&#160;51 seiner Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt hat, kann von einem mit durchschnittlicher Sorgfalt betriebenen Reiseb&#252;ro bei vern&#252;nftiger Betrachtung erwartet werden, dass es eine relativ detaillierte Sch&#228;tzung der individuellen Gesamtkosten einer Reise erstellt, um ihren Gesamtpreis zu bestimmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die gesch&#228;tzten voraussichtlichen Kosten m&#252;ssen mit der konkreten touristischen Dienstleistung in Zusammenhang stehen, f&#252;r die die Anzahlung vom Reiseb&#252;ro vereinnahmt wurde, da die Gewinnmarge und die Steuerbemessungsgrundlage f&#252;r jede vom Reiseb&#252;ro erbrachte einheitliche Dienstleistung zu bestimmen sind, d.&#160;h. in individueller Form und nicht pauschal f&#252;r Gruppen von Dienstleistungen oder eine Gesamtheit von Dienstleistungen, die w&#228;hrend eines bestimmten Zeitraums erbracht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8.&#160;Februar 2018, Kommission/Deutschland, C&#8209;380/16, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:76, Rn.&#160;89, 91 und 92).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese L&#246;sung gilt unbeschadet dessen, dass die tats&#228;chlichen individuellen Kosten der Reise, sobald ihr endg&#252;ltiger Betrag dem Reiseb&#252;ro bekannt ist, zur Ermittlung der Mehrwertsteuer im Einklang mit Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie heranzuziehen sind, gegebenenfalls unter Berichtigung der bei der Vereinnahmung der Anzahlung erstellten Mehrwertsteuererkl&#228;rungen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art.&#160;308 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Marge des Reiseb&#252;ros &#8211; und folglich seine Steuerbemessungsgrundlage &#8211; in der Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tats&#228;chlichen Kosten besteht, die vom Reiseb&#252;ro vorab f&#252;r Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger verauslagt werden, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen. Entspricht die Anzahlung dem Gesamtpreis der touristischen Dienstleistung oder einem erheblichen Teil davon, und sind dem Reiseb&#252;ro noch keine tats&#228;chlichen Kosten oder nur ein begrenzter Teil der individuellen Gesamtkosten f&#252;r diese Dienstleistung entstanden oder k&#246;nnen die vom Reiseb&#252;ro zu tragenden tats&#228;chlichen individuellen Kosten der Reise zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung nicht bestimmt werden, dann kann die Gewinnmarge aufgrund einer Sch&#228;tzung der tats&#228;chlichen Gesamtkosten bestimmt werden, die dem Reiseb&#252;ro letztlich entstehen werden. Bei einer solchen Sch&#228;tzung hat das Reiseb&#252;ro gegebenenfalls die Kosten zu ber&#252;cksichtigen, die ihm zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung bereits tats&#228;chlich entstanden sind. Bei der Berechnung der Marge werden vom Gesamtpreis der Reise die gesch&#228;tzten tats&#228;chlichen Kosten in Abzug gebracht. Die Bemessungsgrundlage der bei Vereinnahmung der Anzahlung abzuf&#252;hrenden Mehrwertsteuer ergibt sich aus einer Multiplikation des Betrags der Anzahlung mit dem Prozentsatz, der vom Gesamtpreis der Reise auf die in dieser Weise bestimmte voraussichtliche Gewinnmarge entf&#228;llt.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die Art.&#160;65 und 306 bis 310 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13.&#160;Juli 2010 ge&#228;nderten Fassung sind dahin auszulegen, dass der Mehrwertsteueranspruch im Einklang mit Art.&#160;65 entsteht, wenn ein Reiseb&#252;ro, das der Sonderregelung in den Art.&#160;306 bis 310 unterliegt, eine Anzahlung auf touristische Dienstleistungen, die es dem Reisenden erbringen wird, vereinnahmt, sofern die zu erbringenden touristischen Dienstleistungen zu diesem Zeitpunkt genau bestimmt sind.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;308 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 ge&#228;nderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Marge des Reiseb&#252;ros &#8211; und folglich seine Steuerbemessungsgrundlage &#8211; in der Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tats&#228;chlichen Kosten besteht, die vom Reiseb&#252;ro vorab f&#252;r Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger verauslagt werden, soweit diese Ums&#228;tze dem Reisenden unmittelbar zugutekommen. Entspricht die Anzahlung dem Gesamtpreis der touristischen Dienstleistung oder einem erheblichen Teil davon, und sind dem Reiseb&#252;ro noch keine tats&#228;chlichen Kosten oder nur ein begrenzter Teil der individuellen Gesamtkosten f&#252;r diese Dienstleistung entstanden oder k&#246;nnen die vom Reiseb&#252;ro zu tragenden tats&#228;chlichen individuellen Kosten der Reise zum Zeitpunkt der Leistung der Anzahlung nicht bestimmt werden, dann kann die Gewinnmarge aufgrund einer Sch&#228;tzung der tats&#228;chlichen Gesamtkosten bestimmt werden, die dem Reiseb&#252;ro letztlich entstehen werden. Bei einer solchen Sch&#228;tzung hat das Reiseb&#252;ro gegebenenfalls die Kosten zu ber&#252;cksichtigen, die ihm zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Anzahlung bereits tats&#228;chlich entstanden sind. Bei der Berechnung der Marge werden vom Gesamtpreis der Reise die gesch&#228;tzten tats&#228;chlichen Kosten in Abzug gebracht. Die Bemessungsgrundlage der bei Vereinnahmung der Anzahlung abzuf&#252;hrenden Mehrwertsteuer ergibt sich aus einer Multiplikation des Betrags der Anzahlung mit dem Prozentsatz, der vom Gesamtpreis der Reise auf die in dieser Weise bestimmte voraussichtliche Gewinnmarge entf&#228;llt.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Polnisch.</p>
175,062
eugh-2018-12-19-c-21917
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-219/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-31T19:21:10
2019-01-31T19:21:10
Urteil
ECLI:EU:C:2018:1023
<p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="C19Centre">19.&#160;Dezember 2018(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Rechtsangleichung&#160;&#8211; Beaufsichtigung von Kreditinstituten&#160;&#8211; Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut&#160;&#8211; Von der Richtlinie 2013/36/EU sowie den Verordnungen (EU) Nr.&#160;1024/2013 und (EU) Nr.&#160;468/2014 geregeltes Verfahren&#160;&#8211; Mehrteiliges Verwaltungsverfahren&#160;&#8211; Ausschlie&#223;liche Entscheidungsbefugnis der Europ&#228;ischen Zentralbank (EZB)&#160;&#8211; Klage gegen vorbereitende Handlungen der zust&#228;ndigen nationalen Beh&#246;rde&#160;&#8211; Vorwurf einer Verletzung der Rechtskraft einer nationalen Entscheidung&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;219/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 23.&#160;Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 25.&#160;April 2017, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Silvio Berlusconi,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Finanziaria d&#8217;investimento Fininvest SpA (Fininvest)</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Banca d&#8217;Italia,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Istituto per la Vigilanza Sulle Assicurazioni (IVASS),</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">Beteiligte:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Ministero dell&#8217;Economia e delle Finanze,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Banca Mediolanum SpA,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Holding Italiana Quarta SpA,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Fin. Prog. Italia di E.&#160;Doris&#160;&amp;&#160;C. s.a.p.a.,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Sirefid SpA,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Ennio Doris,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Gro&#223;e Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Pr&#228;sidenten K.&#160;Lenaerts, des Kammerpr&#228;sidenten J.&#8209;C.&#160;Bonichot (Berichterstatter), der Kammerpr&#228;sidentin A.&#160;Prechal, der Kammerpr&#228;sidenten M.&#160;Vilaras, E.&#160;Regan, T.&#160;von Danwitz, K.&#160;J&#252;rim&#228;e und C.&#160;Lycourgos sowie der Richter A.&#160;Rosas, E.&#160;Juh&#225;sz, J.&#160;Malenovsk&#253;, E.&#160;Levits und L.&#160;Bay Larsen,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Campos S&#225;nchez-Bordona,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: R.&#160;Schiano, Verwaltungsrat,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 18.&#160;April 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn Berlusconi und der Finanziaria d&#8217;investimento Fininvest SpA (Fininvest), vertreten durch A.&#160;Di Porto, R.&#160;Vaccarella, A.&#160;Saccucci, M.&#160;Carpinelli, B.&#160;Nascimbene, R.&#160;Baratta und N.&#160;Ghedini, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Banca d&#8217;Italia, vertreten durch M.&#160;Perassi, G.&#160;Crapanzano, M.&#160;Mancini und O.&#160;Capolino, avvocati,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der spanischen Regierung, vertreten durch M.&#160;A.&#160;Sampol Pucurull als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch V.&#160;Di Bucci, H.&#160;Kr&#228;mer, K.&#8209;P.&#160;Wojcik und A.&#160;Steiblyt&#279; als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Zentralbank (EZB), vertreten durch G.&#160;Buono, C.&#160;Hern&#225;ndez Saseta und C.&#160;Zilioli als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung der Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27.&#160;Juni 2018</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;256 Abs.&#160;1 AEUV und von Art.&#160;263 Abs.&#160;1, 2 und 5 AEUV.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Silvio Berlusconi und der Finanziaria d&#8217;investimento Fininvest SpA (Fininvest) auf der einen sowie der Banca d&#8217;Italia und dem Istituto per la Vigilanza sulle Assicurazioni (IVASS) (Versicherungsaufsichtsbeh&#246;rde) (Italien) auf der anderen Seite &#252;ber die Kontrolle des Erwerbs einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>CRD</i>&#8209;<i>IV-Richtlinie</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;22 (&#8222;Anzeige und Beurteilung eines geplanten Erwerbs&#8220;) der Richtlinie 2013/36/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;Juni 2013 &#252;ber den Zugang zur T&#228;tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur &#196;nderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl.&#160;2013, L&#160;176, S.&#160;338, sogenannte Eigenkapitalrichtlinie, im Folgenden: CRD&#8209;IV-Richtlinie) hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass eine nat&#252;rliche oder juristische Person oder gemeinsam handelnde nat&#252;rliche oder juristische Personen (im Folgenden &#8218;interessierter Erwerber&#8216;), die beschlossen hat bzw. haben, an einem Kreditinstitut eine qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erwerben oder eine derartige qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erh&#246;hen, mit der Folge, dass ihr Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital 20&#160;%, 30&#160;% oder 50&#160;% erreichen oder &#252;berschreiten w&#252;rde oder das Kreditinstitut ihr Tochterunternehmen w&#252;rde (im Folgenden &#8218;beabsichtigter Erwerb&#8216;), den f&#252;r das Kreditinstitut, an dem eine qualifizierte Beteiligung erworben oder erh&#246;ht werden soll, zust&#228;ndigen Beh&#246;rden diese Tatsache vor dem Erwerb schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den einschl&#228;gigen Informationen nach Artikel&#160;23 Absatz&#160;4 anzuzeigen hat bzw. haben.&#160;&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden best&#228;tigen dem interessierten Erwerber umgehend, in jedem Fall jedoch innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Erhalt der Anzeige sowie dem etwaigen anschlie&#223;enden Erhalt der in Absatz&#160;3 genannten Informationen schriftlich deren Eingang.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden verf&#252;gen &#252;ber h&#246;chstens 60 Arbeitstage ab dem Datum der schriftlichen Best&#228;tigung des Eingangs der Anzeige und aller von dem Mitgliedstaat verlangten Unterlagen, die der Anzeige nach Ma&#223;gabe der in Artikel&#160;23 Absatz&#160;4 genannten Liste beizuf&#252;gen sind (im Folgenden &#8218;Beurteilungszeitraum&#8216;), um die Beurteilung nach Artikel&#160;23 Absatz&#160;1 (im Folgenden &#8218;Beurteilung&#8216;) vorzunehmen.</p> <p class="C02AlineaAltA">Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden teilen dem interessierten Erwerber zum Zeitpunkt der Best&#228;tigung des Eingangs der Anzeige mit, zu welchem Zeitpunkt der Beurteilungszeitraum abl&#228;uft.</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden k&#246;nnen erforderlichenfalls&#160;&#8211; sp&#228;testens am 50.&#160;Arbeitstag des Beurteilungszeitraums&#160;&#8211; weitere Informationen anfordern, die f&#252;r den Abschluss der Beurteilung erforderlich sind. Eine derartige Anforderung ergeht schriftlich und f&#252;hrt die ben&#246;tigten Informationen im Einzelnen auf.</p> <p class="C02AlineaAltA">Der Beurteilungszeitraum wird f&#252;r die Dauer ab dem Zeitpunkt der Anforderung von Informationen durch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden bis zum Eingang der entsprechenden Antwort des interessierten Erwerbers ausgesetzt. Die Aussetzung darf 20&#160;Arbeitstage nicht &#252;berschreiten. Es liegt im Ermessen der zust&#228;ndigen Beh&#246;rden, weitere Erg&#228;nzungen oder Klarstellungen zu den Informationen anzufordern, doch f&#252;hrt dies nicht zu einer Aussetzung des Beurteilungszeitraums.</p> <p class="C02AlineaAltA">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden d&#252;rfen die Aussetzung nach Absatz&#160;3 Unterabsatz&#160;2 um bis zu 30&#160;Arbeitstage ausdehnen, wenn der interessierte Erwerber in einem Drittland ans&#228;ssig ist oder beaufsichtigt wird oder eine nat&#252;rliche oder juristische Person ist, die nicht einer Beaufsichtigung nach dieser Richtlinie oder den Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG oder 2004/39/EG unterliegt.</p> <p class="C02AlineaAltA">(5)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Entscheiden die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden nach Abschluss der Beurteilung, Einspruch gegen den beabsichtigten Erwerb zu erheben, so setzen sie den interessierten Erwerber innerhalb von zwei Arbeitstagen und innerhalb des Beurteilungszeitraums schriftlich unter Angabe der Gr&#252;nde davon in Kenntnis. Vorbehaltlich nationaler Rechtsvorschriften kann eine Begr&#252;ndung der Entscheidung auf Antrag des interessierten Erwerbers der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht werden. Diese Bestimmung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, den zust&#228;ndigen Beh&#246;rden zu gestatten, derartige Informationen auch ohne entsprechenden Antrag des interessierten Erwerbers der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich zu machen.</p> <p class="C02AlineaAltA">(6)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erheben die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden innerhalb des Beurteilungszeitraums keinen schriftlichen Einspruch gegen den beabsichtigten Erwerb, so gilt dieser als genehmigt.</p> <p class="C02AlineaAltA">(7)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden k&#246;nnen eine Frist f&#252;r den Abschluss eines beabsichtigten Erwerbs festlegen und diese Frist gegebenenfalls verl&#228;ngern.</p> <p class="C02AlineaAltA">(8)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten stellen an die Anzeige eines direkten oder indirekten Erwerbs von Stimmrechten oder Kapital an die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden und die Genehmigung eines derartigen Erwerbs durch diese Beh&#246;rden keine strengeren Anforderungen, als in dieser Richtlinie vorgesehen ist.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;23 (&#8222;Beurteilungskriterien&#8220;) der CRD&#8209;IV-Richtlinie bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Beurteilung der Anzeige nach Artikel&#160;22 Absatz&#160;1 und der Informationen nach Artikel&#160;22 Absatz&#160;3 haben die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden im Interesse einer soliden und umsichtigen F&#252;hrung des Kreditinstituts, an dem der Erwerb beabsichtigt wird, und unter Ber&#252;cksichtigung des voraussichtlichen Einflusses des interessierten Erwerbers auf jenes Kreditinstitut die Eignung des interessierten Erwerbers und die finanzielle Solidit&#228;t des beabsichtigten Erwerbs anhand folgender Kriterien zu pr&#252;fen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Leumund des interessierten Erwerbers,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Leumund, Kenntnisse, F&#228;higkeiten und Erfahrung gem&#228;&#223; Artikel&#160;91 Absatz&#160;1 aller Mitglieder des Leitungsorgans und aller Mitglieder der Gesch&#228;ftsleitung, die die Gesch&#228;fte des Kreditinstituts infolge des beabsichtigten Erwerbs f&#252;hren werden,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;finanzielle Solidit&#228;t des interessierten Erwerbers, insbesondere in Bezug auf die Art der tats&#228;chlichen und geplanten Gesch&#228;fte des Kreditinstituts, an dem der Erwerb beabsichtigt wird,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden k&#246;nnen gegen den beabsichtigten Erwerb nur dann Einspruch erheben, wenn es daf&#252;r berechtigte Gr&#252;nde auf der Grundlage der in Absatz&#160;1 genannten Kriterien gibt oder die vom interessierten Erwerber vorgelegten Informationen unvollst&#228;ndig sind.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;119 (&#8222;Einbeziehung von Holdinggesellschaften in die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis&#8220;) Abs.&#160;1 der CRD&#8209;IV-Richtlinie sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Ma&#223;nahmen, um Finanzholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften gegebenenfalls in die Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis einzubeziehen.&#8220;</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>SSM-Verordnung</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im elften Erw&#228;gungsgrund der Verordnung (EU) Nr.&#160;1024/2013 des Rates vom 15.&#160;Oktober 2013 zur &#220;bertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht &#252;ber Kreditinstitute auf die Europ&#228;ische Zentralbank (ABl.&#160;2013, L&#160;287, S.&#160;63, sogenannte Verordnung &#252;ber den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus, im Folgenden: SSM-Verordnung) hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Es sollte &#8230; eine Bankenunion in der Union geschaffen werden, die sich auf ein umfassendes und detailliertes einheitliches Regelwerk f&#252;r Finanzdienstleistungen im Binnenmarkt als Ganzes st&#252;tzt und einen einheitlichen Aufsichtsmechanismus sowie neue Rahmenbedingungen f&#252;r die Einlagensicherung und die Abwicklung von Kreditinstituten umfasst.&#160;&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 (&#8222;Gegenstand und Geltungsbereich&#8220;) der SSM-Verordnung bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Durch diese Verordnung werden der [Europ&#228;ischen Zentralbank (EZB)] mit voller R&#252;cksichtnahme auf und unter Wahrung der Sorgfaltspflicht f&#252;r die Einheit und Integrit&#228;t des Binnenmarkts auf der Grundlage der Gleichbehandlung der Kreditinstitute mit dem Ziel, Aufsichtsarbitrage zu verhindern, besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht &#252;ber Kreditinstitute &#252;bertragen, um einen Beitrag zur Sicherheit und Solidit&#228;t von Kreditinstituten sowie zur Stabilit&#228;t des Finanzsystems in der Union und jedem einzelnen Mitgliedstaat zu leisten.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">Diese Verordnung ber&#252;hrt nicht die Verantwortlichkeiten und dazu geh&#246;renden Befugnisse der zust&#228;ndigen Beh&#246;rden der teilnehmenden Mitgliedstaaten zur Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben, die der EZB nicht durch diese Verordnung &#252;bertragen wurden.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;4 der SSM-Verordnung hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen des Artikels&#160;6 ist die EZB im Einklang mit Absatz&#160;3 ausschlie&#223;lich f&#252;r die Wahrnehmung der folgenden Aufgaben zur Beaufsichtigung s&#228;mtlicher in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute zust&#228;ndig:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beurteilung der Anzeige &#252;ber den Erwerb oder die Ver&#228;u&#223;erung von qualifizierten Beteiligungen an Kreditinstituten, au&#223;er im Fall einer Bankenabwicklung und vorbehaltlich des Artikels&#160;15;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung &#252;bertragenen Aufgaben und mit dem Ziel, hohe Aufsichtsstandards zu gew&#228;hrleisten, wendet die EZB das einschl&#228;gige Unionsrecht an, und wenn dieses Unionsrecht aus Richtlinien besteht, wendet sie die nationalen Rechtsvorschriften an, mit denen diese Richtlinien umgesetzt wurden. Wenn das einschl&#228;gige Unionsrecht aus Verordnungen besteht und den Mitgliedstaaten durch diese Verordnungen derzeit ausdr&#252;cklich Wahlrechte einger&#228;umt werden, wendet die EZB auch die nationalen Rechtsvorschriften an, mit denen diese Wahlrechte ausge&#252;bt werden.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 Abs.&#160;1 der SSM-Verordnung sieht vor, dass die EZB ihre Aufgaben innerhalb eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus wahrnimmt, der aus ihr und den nationalen zust&#228;ndigen Beh&#246;rden (National Competent Authorities, im Folgenden: NCA) besteht und in Bezug auf den sie daf&#252;r verantwortlich ist, dass er wirksam und einheitlich funktioniert. Nach Art.&#160;6 Abs.&#160;2 unterliegen sowohl die EZB als auch die NCA der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit und zum Informationsaustausch. Unbeschadet der Befugnis der EZB, Informationen, die von den Kreditinstituten regelm&#228;&#223;ig zu &#252;bermitteln sind, direkt zu erhalten oder direkt auf sie zuzugreifen, stellen die NCA der EZB insbesondere alle Informationen zur Verf&#252;gung, die sie zur Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung &#252;bertragenen Aufgaben ben&#246;tigt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;9 (&#8222;Aufsichts- und Untersuchungsbefugnisse&#8220;) Abs.&#160;1 der SSM-Verordnung lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausschlie&#223;lich zum Zweck der Wahrnehmung der ihr nach Artikel&#160;4 Abs&#228;tze&#160;1 und 2 und Artikel&#160;5 Absatz&#160;2 &#252;bertragenen Aufgaben gilt die EZB nach Ma&#223;gabe des einschl&#228;gigen Unionsrechts in den teilnehmenden Mitgliedstaaten je nach Sachlage als die zust&#228;ndige oder die benannte Beh&#246;rde.</p> <p class="C02AlineaAltA">Ausschlie&#223;lich zu demselben Zweck hat die EZB s&#228;mtliche in dieser Verordnung genannten Befugnisse und Pflichten. Ebenso hat sie s&#228;mtliche Befugnisse und Pflichten, die zust&#228;ndige und benannte Beh&#246;rden nach dem einschl&#228;gigen Unionsrecht haben, sofern diese Verordnung nichts anderes vorsieht. Insbesondere hat die EZB die in den Abschnitten&#160;1 und 2 dieses Kapitels genannten Befugnisse.</p> <p class="C02AlineaAltA">Soweit zur Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung &#252;bertragenen Aufgaben erforderlich, kann die EZB die nationalen Beh&#246;rden durch Anweisung auffordern, gem&#228;&#223; und im Einklang mit ihrem jeweiligen nationalen Recht von ihren Befugnissen in den F&#228;llen Gebrauch zu machen, in denen diese Verordnung der EZB die entsprechenden Befugnisse nicht &#252;bertragen hat. Die nationalen Beh&#246;rden unterrichten die EZB in vollem Umfang &#252;ber die Aus&#252;bung dieser Befugnisse.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;15 (&#8222;Beurteilung des Erwerbs von qualifizierten Beteiligungen&#8220;) der SSM-Verordnung bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ungeachtet der Ausnahmen nach Artikel&#160;4 Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;c werden alle Anzeigen &#252;ber den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem in einem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstitut und alle damit zusammenh&#228;ngenden Informationen im Einklang mit dem einschl&#228;gigen, auf die Rechtsakte nach Artikel&#160;4 Absatz&#160;3 Unterabsatz&#160;1 gest&#252;tzten nationalen Recht an die [NCA] gerichtet, in dem das Kreditinstitut niedergelassen ist.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die [NCA] pr&#252;ft den geplanten Erwerb und leitet die Anzeige gemeinsam mit einem Vorschlag f&#252;r einen Beschluss, mit dem der Erwerb auf Grundlage der in den Rechtsakten nach Artikel&#160;4 Absatz&#160;3 Unterabsatz&#160;1 festgelegten Kriterien abgelehnt oder nicht abgelehnt wird, der EZB &#8230; zu und unterst&#252;tzt die EZB nach Ma&#223;gabe des Artikels&#160;6.</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die EZB beschlie&#223;t auf Grundlage der Beurteilungskriterien des Unionsrechts und im Einklang mit den darin geregelten Verfahren und innerhalb des darin festgelegten Beurteilungszeitraums, ob der Erwerb abzulehnen ist.&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA"> <i>SSM-Rahmenverordnung</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verordnung (EU) Nr.&#160;468/2014 der Europ&#228;ischen Zentralbank vom 16.&#160;April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks f&#252;r die Zusammenarbeit zwischen der Europ&#228;ischen Zentralbank und den nationalen zust&#228;ndigen Beh&#246;rden und den nationalen benannten Beh&#246;rden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) (ABl.&#160;2014, L&#160;141, S.&#160;1, und Berichtigung ABl.&#160;2018, L&#160;65, S.&#160;48), die gem&#228;&#223; Art.&#160;4 Abs.&#160;3 der SSM-Verordnung verabschiedet wurde, richtet innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus den Rahmen f&#252;r die Zusammenarbeit zwischen der EZB und den NCA ein.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;85 (&#8222;Anzeige des Erwerbs einer qualifizierten Beteiligung gegen&#252;ber der NCA&#8220;) der SSM-Rahmenverordnung bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine NCA, die eine Anzeige &#252;ber den geplanten Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem in diesem teilnehmenden Mitgliedstaat niedergelassenen Kreditinstitut erh&#228;lt, unterrichtet die EZB sp&#228;testens f&#252;nf Arbeitstage nach der Best&#228;tigung ihres Eingangs gem&#228;&#223; Artikel&#160;22 Absatz&#160;2 der [CRD&#8209;IV-Richtlinie] &#252;ber die Anzeige.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die NCA unterrichtet die EZB, wenn sie den Pr&#252;fungszeitraum aufgrund eines Ersuchens um zus&#228;tzliche Informationen aussetzen muss. Die NCA &#252;bermittelt der EZB solche weiteren Informationen innerhalb von f&#252;nf Arbeitstagen nach deren Eingang bei der NCA.</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die NCA teilt der EZB auch das Datum mit, an dem der Beschluss, mit dem der Erwerb einer qualifizierten Beteiligung abgelehnt oder nicht abgelehnt wird, dem Antragsteller nach einschl&#228;gigem nationalem Recht mitzuteilen ist.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;86 (&#8222;Pr&#252;fung des geplanten Erwerbs&#8220;) der SSM-Rahmenverordnung bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die NCA, der ein geplanter Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut angezeigt wird, pr&#252;ft, ob der geplante Erwerb alle im einschl&#228;gigen Unions- und nationalen Recht vorgesehenen Bedingungen erf&#252;llt. Nach dieser Pr&#252;fung arbeitet die NCA einen Beschlussentwurf f&#252;r die EZB aus, mit dem der Erwerb abgelehnt oder nicht abgelehnt wird.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die NCA &#252;bermittelt der EZB den Entwurf des Beschlusses, mit dem der Erwerb abgelehnt oder nicht abgelehnt wird, mindestens 15&#160;Arbeitstage vor Ablauf des nach einschl&#228;gigem Unionsrecht festgelegten Pr&#252;fungszeitraums.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;87 (&#8222;Beschluss der EZB &#252;ber den Erwerb&#8220;) der SSM-Rahmenverordnung lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die EZB beschlie&#223;t, ob sie den Erwerb auf Grundlage ihrer Pr&#252;fung des geplanten Erwerbs und des Beschlussentwurfs der NCA ablehnt oder nicht ablehnt. Das in Artikel&#160;31 vorgesehene Recht auf rechtliches Geh&#246;r findet Anwendung.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Italienisches Recht</b> </p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Rechtsvorschriften &#252;ber die Bankenaufsicht</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Durch Art.&#160;19 des Decreto legislativo n.&#160;385&#160;&#8211; Testo unico delle leggi in materia bancaria e creditizia (Gesetzvertretendes Dekret Nr.&#160;385&#160;&#8211; kodifizierte Fassung der Gesetze &#252;ber das Bank- und Kreditwesen) vom 1.&#160;September 1993 (GURI Nr.&#160;230 vom 30.&#160;September 1993, Supplemento ordinario) in der durch das Decreto legislativo n&#176;&#160;72 vom 12.&#160;Mai&#160;2015 ge&#228;nderten Fassung (im Folgenden: Bankengesetz), mit dem der Inhalt der CRD&#8209;IV-Richtlinie in italienisches Recht umgesetzt wurde, wird der Banca d&#8217;Italia die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Erteilung von Genehmigungen f&#252;r den Erwerb qualifizierter Beteiligungen an Finanzinstituten &#252;bertragen. Art.&#160;19 Abs.&#160;5 stellt klar, dass diese Genehmigungen erteilt werden, wenn &#8222;bei W&#252;rdigung der Eignung des potenziellen Erwerbers und der finanziellen Solidit&#228;t des geplanten Erwerbs anhand nachstehender Kriterien geeignete Voraussetzungen f&#252;r eine solide und umsichtige F&#252;hrung der Bank vorliegen: der Leumund des potenziellen Erwerbers im Sinne von Art.&#160;25&#160;&#8230;&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;25 (&#8222;Kapitalbeteiligungen&#8220;) Abs.&#160;1 des Bankengesetzes m&#252;ssen die Inhaber von Beteiligungen im Sinne von Art.&#160;19 des Bankengesetzes Leumundsanforderungen gen&#252;gen und Kompetenz- und Zuverl&#228;ssigkeitskriterien erf&#252;llen, so dass eine solide und umsichtige F&#252;hrung der Bank gew&#228;hrleistet ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 Abs.&#160;8 des Decreto legislativo Nr.&#160;72 vom 12.&#160;Mai 2015 sah &#252;bergangsweise vor, dass die vor Erlass dieses Dekrets geltenden Bestimmungen &#252;ber die Anforderungen an den Leumund der Inhaber von Beteiligungen an Finanzinstituten weiterhin anzuwenden sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die fraglichen Bestimmungen wurden in den Decreto ministeriale n.&#160;144&#160;&#8211; regolamento recante norme per l&#8217;individuazione dei requisiti di onorabilit&#224; dei partecipanti al capitale sociale delle banche e fissazione della soglia rilevante (Ministerialdekret Nr.&#160;144&#160;&#8211; Regelung mit Bestimmungen zur Feststellung der Anforderungen an den Leumund der Teilhaber am Gesellschaftskapital der Banken und zur Festlegung des relevanten Schwellenwerts) vom 18.&#160;M&#228;rz 1998 aufgenommen, in dessen Art.&#160;1 die Verurteilungen aufgef&#252;hrt waren, die dem Leumund schaden und dazu f&#252;hren, dass diese Anforderung nicht erf&#252;llt ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 des Decreto ministeriale Nr.&#160;144 vom 18.&#160;M&#228;rz 1998 bestimmt &#252;bergangsweise, dass &#8222;[f&#252;r] Rechtssubjekte, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Regelung am Kapital einer Bank beteiligt sind, &#8230; die Nichterf&#252;llung der in Art.&#160;1 genannten Anforderungen, die nicht in der bisher geltenden Regelung vorgesehen waren, keine Rolle [spielt], wenn sie bereits vor diesem Zeitpunkt gegeben war; dies gilt jedoch nur f&#252;r bereits gehaltene Beteiligungen&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r qualifizierte Teilhaber an gemischten Finanzholdinggesellschaften galten nach dem gem&#228;&#223; Art.&#160;119 der CRD&#8209;IV-Richtlinie erlassenen Art.&#160;63 des Bankengesetzes dieselben Verpflichtungen wie f&#252;r qualifizierte Teilhaber an Kreditinstituten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;67a Abs.&#160;2 des Bankengesetzes regelt, dass die Banca d&#8217;Italia und das IVASS gemeinsam die Einhaltung dieser Verpflichtungen sicherstellen m&#252;ssen, wenn diese Gesellschaften ihren Sitz in Italien haben und Muttergesellschaften von Finanzkonglomeraten sind, die ganz oder zum Teil italienisch sind.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Vorschriften f&#252;r den Verwaltungsprozess</i> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der italienische Verwaltungsprozess sieht eine &#8222;azione di ottemperanza&#8220; vor.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit bestimmt Art.&#160;21g Abs.&#160;1 der Legge n.&#160;241&#160;&#8211; nuove norme in materia di procedimento amministrativo e di diritto di accesso ai documenti amministrativi (Gesetz Nr.&#160;241&#160;&#8211; neue Vorschriften f&#252;r das Verwaltungsverfahren und das Recht auf Zugang zu Verwaltungsunterlagen) vom 7.&#160;August 1990 in der durch das Gesetz Nr.&#160;15 vom 11.&#160;Februar 2005 ge&#228;nderten Fassung:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Eine Verwaltungsentscheidung, die &#8230; unter Verletzung oder Umgehung der Rechtskraft erlassen wurde, ist nichtig&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;112 des Codice del processo amministrativo (Verwaltungsprozessordung) sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die &#246;ffentliche Verwaltung und die anderen Prozessparteien haben den Verf&#252;gungen des Verwaltungsgerichts Folge zu leisten.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die <i>azione di ottemperanza</i> kann erhoben werden f&#252;r die Durchf&#252;hrung</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der in Rechtskraft erwachsenen Urteile sowie der anderen diesen gleichgestellten Verf&#252;gungen des ordentlichen Gerichts, um die Erf&#252;llung der Verpflichtung seitens der &#246;ffentlichen Verwaltung zu erzielen, der im Rahmen des entschiedenen Falles ergangenen rechtskr&#228;ftigen Entscheidung nachzukommen.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;114 Abs.&#160;4 Buchst.&#160;b der Verwaltungsprozessordnung hei&#223;t es, dass das mit der &#8222;azione di ottemperanza&#8220; befasste Gericht, wenn es der Klage stattgibt, &#8222;etwaige Handlungen, die die rechtskr&#228;ftige Entscheidung verletzen oder umgehen, f&#252;r nichtig [erkl&#228;rt]&#8220;.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Berlusconi hatte in den 1990er Jahren &#252;ber Fininvest etwa 30&#160;% der Mediolanum SpA erworben, die damals eine gemischte Finanzholdinggesellschaft war und u.&#160;a. eine Bank, die Banca Mediolanum SpA, kontrollierte und aus diesem Grund ab 2014 in Italien der Aufsicht &#252;ber qualifizierte Beteiligungen unterstand.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Anschluss an das am 1.&#160;August 2013 rechtskr&#228;ftig gewordene Urteil Nr.&#160;35729/13 der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien), mit dem Herr Berlusconi der Steuerhinterziehung f&#252;r schuldig befunden worden war, leiteten die zust&#228;ndigen italienischen Aufsichtsbeh&#246;rden, die Banca d&#8217;Italia und das IVASS, gegen ihn ein Verfahren ein, das zu einer Entscheidung f&#252;hrte, mit der festgestellt wurde, dass er die in den anwendbaren Rechtsvorschriften vorgesehene Leumundsanforderung nicht mehr erf&#252;lle und daher die &#252;ber 9,999&#160;% hinausgehende Beteiligung von Fininvest an Mediolanum abgetreten werden m&#252;sse.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Berlusconi und Fininvest fochten diese Entscheidung vor italienischen Gerichten an, wobei sie u.&#160;a. einen Klagegrund geltend machten, der den zeitlichen Anwendungsbereich der Rechtsvorschriften betraf und mit dem ger&#252;gt wurde, dass der Grund f&#252;r den unzureichenden Leumund, der die Ablehnung des Erwerbs der in Rede stehenden qualifizierten Beteiligung gerechtfertigt habe, vor dem Inkrafttreten der diese Voraussetzung aufstellenden Vorschriften aufgetreten sei und daher nicht in deren Anwendungsbereich falle. Nachdem ihre Klage erstinstanzlich abgewiesen worden war, obsiegten sie als Rechtsmittelf&#252;hrer vor dem Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien), der am 3.&#160;M&#228;rz 2016 entschied, dass die vor Erlass der Leumundskriterien geltenden Rechtsvorschriften, auf die sich die Rechtsmittelf&#252;hrer berufen hatten, ungeachtet des gegenl&#228;ufigen Vorbringens, dass diese Rechtsvorschriften wegen Versto&#223;es gegen das Unionsrecht als stillschweigend aufgehoben anzusehen seien, weiterhin anwendbar seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Zwischenzeit ist die gemischte Finanzholdinggesellschaft Mediolanum von ihrer Tochtergesellschaft Banca Mediolanum &#252;bernommen worden, wodurch Fininvest zur Inhaberin einer qualifizierten Beteiligung nicht mehr an einer gemischten Finanzholdinggesellschaft, sondern unmittelbar an einem Kreditinstitut wurde. Die Banca d&#8217;Italia und die EZB schlossen daraus, dass auf der Grundlage der Art.&#160;22&#160;ff. der CRD&#8209;IV-Richtlinie und der Art.&#160;19&#160;ff. des Bankengesetzes ein neuer Antrag auf Genehmigung dieser qualifizierten Beteiligung erforderlich sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Entsprechend den Vorgaben der EZB mit Schreiben vom 24.&#160;Juni 2016 forderte die Banca d&#8217;Italia Fininvest am 14.&#160;Juli 2016 auf, binnen 15&#160;Tagen einen Genehmigungsantrag zu stellen. Da dieser Aufforderung nicht nachgekommen wurde, beschloss die Banca d&#8217;Italia am 3.&#160;August 2016, von Amts wegen ein Verwaltungsverfahren einzuleiten, wobei sie darauf hinwies, dass die Entscheidungskompetenz auf diesem Gebiet gem&#228;&#223; Art.&#160;4 der SSM-Verordnung bei der EZB liege.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nachdem die Banca d&#8217;Italia die Unterlagen von Fininvest erhalten hatte, legte sie der EZB gem&#228;&#223; Art.&#160;15 Abs.&#160;2 der SSM-Verordnung einen Beschlussvorschlag vom 23.&#160;September 2016 vor, in dem die Beurteilung des Leumunds der Erwerber der fraglichen Beteiligung an der Banca Mediolanum negativ ausfiel und die EZB aufgefordert wurde, den Erwerb abzulehnen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die EZB schloss sich der Argumentation der Banca d&#8217;Italia an und billigte einen Beschlussentwurf, den sie Herrn Berlusconi und Fininvest zur Stellungnahme &#252;bermittelte. Die EZB erlie&#223; am 25.&#160;Oktober 2016 einen endg&#252;ltigen Beschluss.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Beschluss stellte die EZB fest, dass begr&#252;ndete Zweifel hinsichtlich des Leumunds der Erwerber der Beteiligung an der Banca Mediolanum best&#252;nden. Da Herr Berlusconi, der Mehrheitsaktion&#228;r und tats&#228;chliche Eigent&#252;mer von Fininvest, der indirekte Erwerber der Beteiligung an der Banca Mediolanum sei und wegen Steuerhinterziehung rechtskr&#228;ftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt worden sei, erf&#252;lle er nicht die Leumundsanforderung, die das nationale Recht an die Inhaber qualifizierter Beteiligungen stelle. Herr Berlusconi habe zudem weitere Unregelm&#228;&#223;igkeiten begangen, und gegen ihn und andere Mitglieder der Leitungsorgane von Fininvest seien weitere Verurteilungen ergangen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus diesen Gr&#252;nden nahm die EZB an, dass die Erwerber der qualifizierten Beteiligung an der Banca Mediolanum diese Leumundsanforderung nicht erf&#252;llten und ernsthafte Zweifel an ihrer F&#228;higkeit best&#252;nden, in Zukunft eine solide und umsichtige F&#252;hrung dieses Kreditinstituts zu gew&#228;hrleisten. Die EZB lehnte deshalb den Erwerb der qualifizierten Beteiligung an der Banca Mediolanum durch Herrn Berlusconi und Fininvest ab.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens fochten Herr Berlusconi und Fininvest den Beschluss der EZB vom 25.&#160;Oktober 2016 vor dem Gericht der Europ&#228;ischen Union (Rechtssache Fininvest und Berlusconi/EZB, T&#8209;913/16) mit einer Nichtigkeitsklage an. Zweitens erhob Fininvest Klage vor dem Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium, Italien), um die Nichtigerkl&#228;rung der Handlungen der Banca d&#8217;Italia zur Vorbereitung dieses Beschlusses der EZB zu erwirken. Drittens erhoben Herr Berlusconi und Fininvest beim Consiglio di Stato (Staatsrat) eine &#8222;azione di ottemperanza&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen der zuletzt genannten Klage machen Herr Berlusconi und Fininvest geltend, der in Rn.&#160;32 des vorliegenden Urteils genannte Beschlussvorschlag sei wegen Verletzung der Rechtskraft des in Rn.&#160;29 des vorliegenden Urteils genannten Urteils des Consiglio di Stato (Staatsrat) nichtig, das im Rahmen eines Rechtsstreits &#252;ber ihre qualifizierte Beteiligung an Mediolanum ergangen sei. Die Banca d&#8217;Italia hat dagegen u.&#160;a. eingewandt, dass die nationalen Gerichte f&#252;r diese Klage nicht zust&#228;ndig seien, da es vorbereitende Handlungen seien, die keinen Entscheidungscharakter h&#228;tten und auf den Erlass einer Entscheidung gerichtet gewesen seien, f&#252;r die ein Unionsorgan ausschlie&#223;lich zust&#228;ndig sei, und die ebenso wie die endg&#252;ltige Entscheidung in die alleinige Zust&#228;ndigkeit des Unionsrichters fielen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Consiglio di Stato (Staatsrat) hat die Klagen von Herrn Berlusconi und Fininvest verbunden und die Ansicht vertreten, dass das betreffende Verfahren sowohl einem &#8222;einheitlichen Verfahren&#8220;, dessen Handlungen ausschlie&#223;lich vom Unionsrichter kontrolliert werden k&#246;nnten, als auch einem &#8222;mehrteiligen Verfahren&#8220; &#228;hnele, dessen zum nationalen Abschnitt geh&#246;rende Handlungen von den nationalen Gerichten kontrolliert werden k&#246;nnten, und zwar selbst dann, wenn dieser nationale Abschnitt mit einer Handlung ende, die f&#252;r die Unionsbeh&#246;rde, die f&#252;r die abschlie&#223;ende Entscheidung zust&#228;ndig sei, unverbindlich sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Consiglio di Stato (Staatsrat) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist Art.&#160;263 Abs.&#160;1, 2 und 5 AEUV in Verbindung mit Art.&#160;256 Abs.&#160;1 AEUV dahin auszulegen, dass eine Klage gegen Ma&#223;nahmen&#160;&#8211; Einleitung von Verfahren, Ermittlungsma&#223;nahmen und die Unterbreitung nicht bindender Vorschl&#228;ge&#160;&#8211;, die die zust&#228;ndige NCA im Rahmen eines Verfahrens nach den Art.&#160;22 und 23 der CRD&#8209;IV-Richtlinie, Art.&#160;1 Abs.&#160;5, Art.&#160;4 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c und Art.&#160;15 der SSM-Verordnung, den Art.&#160;85 bis 87 der SSM-Rahmenverordnung und den Art.&#160;19, 22 und 25 des Bankengesetzes getroffen hat, in die Zust&#228;ndigkeit der Unionsgerichte f&#228;llt, oder dahin, dass eine solche Klage in die Zust&#228;ndigkeit der nationalen Gerichte f&#228;llt?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind insbesondere die Unionsgerichte zust&#228;ndig, wenn gegen solche Handlungen keine allgemeine Anfechtungsklage, sondern eine Nichtigkeitsklage wegen einer behaupteten Verletzung oder Umgehung der Rechtskraft des Urteils vom 3.&#160;M&#228;rz 2016 des Consiglio di Stato (Staatsrat) erhoben wird, die im Rahmen eines Verfahrens zur Umsetzung eines Urteils im Sinne der Art.&#160;112&#160;ff. der Verwaltungsprozessordung&#160;&#8211; d.&#160;h. im Rahmen eines besonderen Rechtsinstituts der nationalen Verwaltungsprozessordung&#160;&#8211; erfolgt und deren Entscheidung die Auslegung und Feststellung der objektiven Grenzen der Rechtskraft dieses Urteils nach den nationalen Rechtsvorschriften voraussetzt?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seinen Fragen, die zusammen zu pr&#252;fen sind, m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;263 AEUV dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass die nationalen Gerichte verfahrenseinleitende Handlungen, vorbereitende Handlungen oder nicht bindende Vorschl&#228;ge, die die NCA im Rahmen des Verfahrens nach den Art.&#160;22 und 23 der CRD&#8209;IV-Richtlinie, Art.&#160;4 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c und Art.&#160;15 der SSM-Verordnung sowie den Art.&#160;85 bis 87 der SSM-Rahmenverordnung vorgenommen haben, auf ihre Rechtm&#228;&#223;igkeit hin &#252;berpr&#252;fen, und ob diese Frage anders zu beantworten ist, wenn bei einem nationalen Gericht eine besondere Klage auf Feststellung der Nichtigkeit wegen mutma&#223;licher Verletzung der Rechtskraft einer Entscheidung eines nationalen Gerichts erhoben wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst ist zu kl&#228;ren, wie sich die Beteiligung nationaler Beh&#246;rden im Lauf eines Verfahrens wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, das zur Vornahme einer Handlung der Union f&#252;hrt, auf die Verteilung der Zust&#228;ndigkeiten zwischen den Unionsgerichten und den Gerichten der Mitgliedstaaten auswirkt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art.&#160;263 AEUV nur der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union daf&#252;r zust&#228;ndig ist, Handlungen der Unionsorgane, zu denen die EZB geh&#246;rt, auf ihre Rechtm&#228;&#223;igkeit hin zu &#252;berpr&#252;fen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die etwaige Beteiligung nationaler Beh&#246;rden im Lauf des Verfahrens, das zur Vornahme solcher Handlungen f&#252;hrt, kann deren Einstufung als Handlungen der Union nicht in Frage stellen, wenn die Handlungen der nationalen Beh&#246;rden eine Stufe in einem Verfahren darstellen, in dem ein Unionsorgan die Befugnis zur endg&#252;ltigen Entscheidung allein aus&#252;bt, ohne durch vorbereitende Handlungen oder Vorschl&#228;ge nationaler Beh&#246;rden gebunden zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18.&#160;Dezember 2007, Schweden/Kommission, C&#8209;64/05&#160;P, EU:C:2007:802, Rn.&#160;93 und&#160;94).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In einem solchen Fall, in dem das Unionsrecht nicht darauf abzielt, zwei Zust&#228;ndigkeitsbereiche&#160;&#8211; einen nationalen und einen der Union&#160;&#8211; mit unterschiedlichen Zielen voneinander abzugrenzen, sondern vielmehr die ausschlie&#223;liche Entscheidungsbefugnis eines Unionsorgans festlegt, hat n&#228;mlich der Unionsrichter gem&#228;&#223; seiner auf der Grundlage von Art.&#160;263 AEUV bestehenden ausschlie&#223;lichen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die &#220;berpr&#252;fung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Handlungen der Union (vgl. entsprechend Urteil vom 22.&#160;Oktober 1987, Foto-Frost, 314/85, EU:C:1987:452, Rn.&#160;17) &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit der von dem betreffenden Unionsorgan erlassenen endg&#252;ltigen Entscheidung zu entscheiden und zur Gew&#228;hrleistung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes der Beteiligten die etwaigen M&#228;ngel der vorbereitenden Handlungen oder Vorschl&#228;ge der nationalen Beh&#246;rden zu pr&#252;fen, die die G&#252;ltigkeit der endg&#252;ltigen Entscheidung beeintr&#228;chtigen k&#246;nnten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Andererseits f&#228;llt eine zu einem Entscheidungsprozess der Union geh&#246;rende Handlung einer nationalen Beh&#246;rde nicht in die ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit des Unionsrichters, wenn sich aus der in diesem Bereich geltenden Zust&#228;ndigkeitsverteilung zwischen den nationalen Beh&#246;rden und den Unionsorganen ergibt, dass die Handlung der nationalen Beh&#246;rde eine notwendige Stufe eines Verfahrens zur Vornahme einer Handlung der Union darstellt, in dem die Unionsorgane nur &#252;ber ein eingeschr&#228;nktes oder &#252;ber gar kein Ermessen verf&#252;gen, so dass die nationale Handlung das Unionsorgan bindet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3.&#160;Dezember 1992, Oleificio Borelli/Kommission, C&#8209;97/91, EU:C:1992:491, Rn.&#160;9 und&#160;10).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die nationalen Gerichte haben dann &#252;ber die etwaigen Fehler einer solchen nationalen Handlung zu entscheiden, wobei sie&#160;&#8211; gegebenenfalls im Wege einer Vorlage an den Gerichtshof&#160;&#8211; dieselben Pr&#252;fungsma&#223;st&#228;be wie bei anderen endg&#252;ltigen Handlungen, die von der betreffenden nationalen Beh&#246;rde ergriffen werden und Rechte Dritter verletzen k&#246;nnen, anzuwenden und eine entsprechende Klage gem&#228;&#223; dem Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes als zul&#228;ssig anzusehen haben, selbst wenn die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften dies in einem solchen Fall nicht vorsehen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3.&#160;Dezember 1992, Oleificio Borelli/Kommission, C&#8209;97/91, EU:C:1992:491, Rn.&#160;11 bis 13, vom 6.&#160;Dezember 2001, Carl K&#252;hne u.&#160;a., C&#8209;269/99, EU:C:2001:659, Rn.&#160;58, und vom 2.&#160;Juli 2009, Bavaria und Bavaria Italia, C&#8209;343/07, EU:C:2009:415, Rn.&#160;57).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nachdem dies gekl&#228;rt wurde, ist festzustellen, dass sich aus Art.&#160;263 AEUV in Verbindung mit dem in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten ergibt, dass Handlungen, die nationale Beh&#246;rden im Rahmen eines Verfahrens wie dem in den Rn.&#160;43 und 44 des vorliegenden Urteils genannten vornehmen, nicht von den Gerichten der Mitgliedstaaten &#252;berpr&#252;ft werden k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber mit der Wahl eines Verwaltungsverfahrens, das die Vornahme von Handlungen nationaler Beh&#246;rden zur Vorbereitung einer Rechtswirkungen erzeugenden und potenziell beschwerenden endg&#252;ltigen Entscheidung eines Unionsorgans vorsieht, zwischen dem Organ und den nationalen Beh&#246;rden ein besonderes Instrument der Zusammenarbeit einrichten m&#246;chte, das auf der ausschlie&#223;lichen Entscheidungsbefugnis des Unionsorgans beruht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Wirksamkeit eines solchen Entscheidungsprozesses setzt jedoch zwangsl&#228;ufig eine einzige gerichtliche &#220;berpr&#252;fung voraus, die nur durch die Unionsgerichte und erst nach Erlass der das Verwaltungsverfahren abschlie&#223;enden Entscheidung des Unionsorgans vorgenommen wird, die allein verbindliche Rechtswirkungen erzeugen kann, die die Interessen des Kl&#228;gers durch eine qualifizierte &#196;nderung seiner Rechtsstellung ber&#252;hren k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit w&#228;re bei einem Nebeneinander nationaler Rechtsbehelfe gegen vorbereitende Handlungen oder Vorschl&#228;ge von Beh&#246;rden der Mitgliedstaaten in dieser Verfahrensart und dem in Art.&#160;263 AEUV vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die das vom Unionsgesetzgeber eingerichtete Verwaltungsverfahren abschlie&#223;ende Entscheidung des Unionsorgans nicht die Gefahr auszuschlie&#223;en, dass es in ein und demselben Verfahren zu unterschiedlichen Beurteilungen kommt, so dass die ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit des Gerichtshofs f&#252;r die Entscheidung &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit dieser abschlie&#223;enden Entscheidung insbesondere dann in Frage gestellt sein k&#246;nnte, wenn sich diese Entscheidung der Pr&#252;fung und dem Vorschlag dieser Beh&#246;rden anschlie&#223;t.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht dieses Erfordernisses einer einzigen gerichtlichen &#220;berpr&#252;fung sind sowohl die Art des nationalen Rechtsbehelfs, mit dem vorbereitende Handlungen nationaler Beh&#246;rden der &#220;berpr&#252;fung durch ein Gericht eines Mitgliedstaats unterworfen werden, als auch das Wesen der zu diesem Zweck gestellten Antr&#228;ge oder vorgebrachten Gr&#252;nde ohne Belang.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausgehend von diesen Erw&#228;gungen ist das Wesen des Verfahrens zu pr&#252;fen, in dessen Verlauf die Handlungen der Banca d&#8217;Italia vorgenommen wurden, mit denen der Consiglio di Stato (Staatsrat) im Ausgangsverfahren befasst ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Verfahren ist im Rahmen des einheitlichen Aufsichtsmechanismus der Bankenunion vorgesehen, in Bezug auf den die EZB nach Art.&#160;6 Abs.&#160;1 der SSM-Verordnung daf&#252;r verantwortlich ist, dass er wirksam und einheitlich funktioniert. Mit dem Verfahren soll Art.&#160;22 der CRD&#8209;IV-Richtlinie umgesetzt werden, der f&#252;r das reibungslose Funktionieren der Bankenunion vorsieht, dass vor jedem Erwerb bzw. jeder Erh&#246;hung einer qualifizierten Beteiligung an Kreditinstituten eine Genehmigung auf der Grundlage der in Art.&#160;23 der Richtlinie genannten harmonisierten Beurteilungskriterien einzuholen ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;4 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c der SSM-Verordnung in Verbindung mit deren Art.&#160;15 Abs.&#160;3 und mit Art.&#160;87 der SSM-Rahmenverordnung ist nur die EZB daf&#252;r zust&#228;ndig, nach Abschluss des u.&#160;a. in Art.&#160;15 der SSM-Verordnung und in den Art.&#160;85 und 86 der SSM-Rahmenverordnung vorgesehenen Verfahrens den geplanten Erwerb zu genehmigen oder nicht zu genehmigen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen der nach Art.&#160;6 Abs.&#160;2 der SSM-Verordnung durch den Grundsatz der Zusammenarbeit geregelten Beziehungen besteht die Rolle der nationalen Beh&#246;rden&#160;&#8211; wie sich aus dieser Vorschrift, aus Art.&#160;15 Abs.&#160;1 und 2 der SSM-Verordnung und aus den Art.&#160;85 und 86 der SSM-Rahmenverordnung ergibt&#160;&#8211; darin, die Genehmigungsantr&#228;ge zu registrieren und die allein entscheidungsbefugte EZB insbesondere dadurch zu unterst&#252;tzen, dass sie ihr alle zur Erf&#252;llung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen mitteilen, die Antr&#228;ge pr&#252;fen und anschlie&#223;end der EZB einen Beschlussvorschlag &#252;bermitteln, an den die EZB nicht gebunden ist und hinsichtlich dessen das Unionsrecht im &#220;brigen nicht vorsieht, dass er an den Antragsteller zu &#252;bermitteln ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist das Verfahren, zu dem die bei dem vorlegenden Gericht angefochtenen Handlungen geh&#246;ren, eines der Verfahren, auf die sich die Ausf&#252;hrungen in den Rn.&#160;43 und 44 des vorliegenden Urteils beziehen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist festzustellen, dass allein der Unionsrichter f&#252;r die&#160;&#8211; inzidente&#160;&#8211; Pr&#252;fung zust&#228;ndig ist, ob die Rechtm&#228;&#223;igkeit des Beschlusses der EZB vom 25.&#160;Oktober 2016 durch etwaige M&#228;ngel beeintr&#228;chtigt wird, die der Rechtm&#228;&#223;igkeit der von der Banca d&#8217;Italia zur Vorbereitung dieses Beschlusses ergriffenen Handlungen anhaften. Diese Zust&#228;ndigkeit schlie&#223;t die Zust&#228;ndigkeit der nationalen Gerichte f&#252;r diese Handlungen aus, ohne dass es insoweit darauf ankommt, dass bei einem nationalen Gericht eine Klage wie die &#8222;azione di ottemperanza&#8220; anh&#228;ngig gemacht worden ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In letzterer Hinsicht ist entsprechend dem Vorbringen der Kommission festzustellen, dass die ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit der EZB f&#252;r den Beschluss, den Erwerb einer qualifizierten Beteiligung an einem Kreditinstitut zu genehmigen oder nicht zu genehmigen, und die damit zusammenh&#228;ngende ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit der Unionsgerichte f&#252;r die &#220;berpr&#252;fung der G&#252;ltigkeit dieses Beschlusses und die&#160;&#8211; inzidente&#160;&#8211; Pr&#252;fung, ob die nationalen vorbereitenden Handlungen M&#228;ngel aufweisen, die die G&#252;ltigkeit des Beschlusses der EZB beeintr&#228;chtigen k&#246;nnen, dem entgegenstehen, dass ein nationales Gericht &#252;ber eine Klage entscheidet, mit der bestritten wird, dass eine solche Handlung mit einer nationalen Vorschrift &#252;ber den Grundsatz der Rechtskraft vereinbar ist (vgl. entsprechend Urteil vom 18.&#160;Juli 2007, Lucchini, C&#8209;119/05, EU:C:2007:434, Rn.&#160;62 und&#160;63).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art.&#160;263 AEUV dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass die nationalen Gerichte verfahrenseinleitende Handlungen, vorbereitende Handlungen oder nicht bindende Vorschl&#228;ge, die die NCA im Rahmen des Verfahrens nach den Art.&#160;22 und 23 der CRD&#8209;IV-Richtlinie, Art.&#160;4 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c und Art.&#160;15 der SSM-Verordnung sowie den Art.&#160;85 bis 87 der SSM-Rahmenverordnung vorgenommen haben, auf ihre Rechtm&#228;&#223;igkeit hin &#252;berpr&#252;fen, und dass es insoweit unerheblich ist, dass bei einem nationalen Gericht eine besondere Klage auf Feststellung der Nichtigkeit wegen Verletzung der Rechtskraft einer Entscheidung eines nationalen Gerichts erhoben worden ist.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Gro&#223;e Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C30Dispositifalinea">Art.&#160;263 AEUV ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass die nationalen Gerichte <b>verfahrenseinleitende</b><b>Handlungen, vorbereitende Handlungen oder nicht bindende Vorschl&#228;ge, die die zust&#228;ndigen nationalen Beh&#246;rden im Rahmen des Verfahrens nach den Art.&#160;22 und 23 der Richtlinie 2013/36/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;Juni 2013 &#252;ber den Zugang zur T&#228;tigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur &#196;nderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, Art.&#160;4 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c und Art.&#160;15 der Verordnung (EU) Nr.&#160;1024/2013 des Rates vom 15.&#160;Oktober 2013 zur &#220;bertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht &#252;ber Kreditinstitute auf die Europ&#228;ische Zentralbank sowie den Art.&#160;85 bis 87 der Verordnung (EU) Nr.&#160;468/2014 der Europ&#228;ischen Zentralbank vom 16.&#160;April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks f&#252;r die Zusammenarbeit zwischen der Europ&#228;ischen Zentralbank und den nationalen zust&#228;ndigen Beh&#246;rden und den nationalen benannten Beh&#246;rden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) vorgenommen haben, auf ihre Rechtm&#228;&#223;igkeit hin &#252;berpr&#252;fen. Insoweit ist es unerheblich, dass bei einem </b>nationalen Gericht <b>eine besondere Klage auf Feststellung der Nichtigkeit wegen Verletzung der Rechtskraft einer Entscheidung eines nationalen Gerichts erhoben worden</b><b>ist.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Italienisch.</p>
171,323
lg-monchengladbach-2018-12-19-6-o-4018
{ "id": 814, "name": "Landgericht Mönchengladbach", "slug": "lg-monchengladbach", "city": 467, "state": 12, "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Landgericht" }
6 O 40/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:50:54
2019-02-12T13:44:40
Urteil
ECLI:DE:LGMG:2018:1219.6O40.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Klage wird abgewiesen.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Rechtsstreits.</p> <p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger bestellte am 05.09.2014 bei der Beklagten einen Gebrauchtwagen &#8230;&#8230;&#8230;., EZ: 22.07.2011, Laufleistung 60.648 km, zu einem Kaufpreis von 28.450,00 &#8364;. Das Fahrzeug wurde ihm am 05.09.2014 &#252;bergeben. In diesem Fahrzeug ist der von der Beklagten entwickelte Motor mit der Kennzeichnung &#8230;&#8230;&#8230;. verbaut. Hierbei handelt es sich um einen Vierzylinder-Reihenmotor, der in verschiedenen Varianten, insbesondere in zehn verschiedenen Leistungsstufen gebaut wird. Er findet u.a. Verwendung in den Baureihen der A-Klasse, B-Klasse, C-Klasse, E-Klasse, S-Klasse, GL-Klasse, ML-Klasse, CLA-Klasse, GLA-Klasse und CLS-Klasse sowie in der V-Klasse, dem Viano, dem Vito und dem Sprinter. F&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Fahrzeug besteht eine EG-Typengenehmigung, die nicht widerrufen und deren Widerruf auch nicht angek&#252;ndigt ist. F&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Fahrzeug weist die EG-&#220;bereinstimmungsbescheinigung Grenzwerte von 145,5 mg/km, mithin unterhalb des Euro5-Grenzwertes aus. F&#252;r das Fahrzeug ist ein amtlicher R&#252;ckruf nicht angeordnet. Das Fahrzeug unterliegt aber einer freiwilligen Kundendienstma&#223;nahme der Beklagten. In dem Fahrzeug ist weder ein AdBlue-Tank noch ein SCR-Katalysator verbaut.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 13.11.2017 forderten die Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 27.11.2017 zur Erstattung des Kaufpreises abz&#252;glich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen &#220;bergabe und &#220;bereignung des streitgegenst&#228;ndlichen Fahrzeugs auf. Mit Schreiben vom 20.11.2017 lehnte die Beklagte die R&#252;cknahme des Fahrzeugs und die Erstattung des Kaufpreises ab.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger behauptet, dass der Motor seines Fahrzeugs mit einer Steuerungssoftware ausgestattet sei, die die Vornahme eines Emissionstest erkenne und lediglich in diesem Fall das volle Emissionskontrollsystem des Fahrzeuges aktiviere. Hierdurch w&#252;rden auf dem Pr&#252;fstand geringere Stickoxidwerte erzielt und auch nur dann die nach der im Einzelfall einschl&#228;gigen Abgasnorm vorgegebenen Stickoxid-Grenzwerte eingehalten. Zudem sei eine Steuerungssoftware verbaut, die die Abgasreinigungsanlage im realen Stra&#223;enbetrieb am Beginn der Warmlaufphase und/oder bei einstelligen positiven Au&#223;entemperaturen reduziere oder ganz abschalte. Dadurch werde bei diesen Temperaturen der Grad der Abgasr&#252;ckf&#252;hrung reduziert bzw. ganz abgeschaltet, mit der Folge, dass die Stickoxidemissionen erheblich ansteigen w&#252;rden. Die Steuerungssoftware sorge zudem daf&#252;r, dass die Abgasreinigungsanlage bei einer bestimmten Drehzahl abgeschaltet werde, wodurch es bei h&#246;heren Drehzahlen zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxidemissionen komme.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Konkret behauptet er hierzu, dass sich aus einer Studie ergebe, dass ein Fahrzeug der Beklagten des Typs &#8230;&#8230;&#8230;. im Fahrbetrieb die Grenzwerte der Euro6-Norm nicht ansatzweise eingehalten habe. Auf dem Pr&#252;fstand habe das Fahrzeug hingegen den Grenzwert stets eingehalten oder nur geringf&#252;gig &#252;berschritten. Aus diversen Tests gehe zudem hervor, dass Fahrzeuge mit dem Motor OM 651 regelm&#228;&#223;ig einen deutlichen &#220;berschuss an NOx-Werten aufwiesen. Es gebe auch Pr&#252;fberichte, aus denen sich ergebe, dass die Euro5-Norm von einer ganzen Reihe von &#8230;&#8230;&#8230;.-Modellen nicht eingehalten werde. Auch wenn das streitgegenst&#228;ndliche Fahrzeug nicht &#252;ber einen AdBlue-Tank verf&#252;ge, so sei aus dem Umstand, dass die &#8222;Bild am Sonntag&#8220; unter Verweis auf vertrauliche Unterlagen der US-Ermittlungsbeh&#246;rden berichtet habe, dass bei Fahrzeugen mit AdBlue-Tank zus&#228;tzliche Software-Funktionen gefunden worden seien, um US-Abgastests zu bestehen, abzuleiten, dass umfangreiche und raffinierte Manipulationen im Bereich der Abgastechnik von der Beklagten eingesetzt worden seien. Gleiches ergebe sich auch aus einer amtlichen Anh&#246;rung der Beklagten durch das Kraftfahrt-Bundesamt in Bezug auf einen &#8230;&#8230;&#8230;. 1,6 Liter Diesel mit der Euro-Norm 6.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hieraus k&#246;nne einzig abgeleitet werden, dass auch in seinem Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung verbaut worden sei. Von einer solchen habe der Vorstand der Beklagten positive Kenntnis gehabt.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger behauptet, es sei ihm beim Kauf gerade darauf angekommen, ein besonders umweltfreundliches Fahrzeug zu erwerben. Bei Kenntnis einer selektiv eingesetzten Abgasnachbehandlung, so der Kl&#228;ger weiter, h&#228;tte er das Fahrzeug nie gekauft, da die gesetzlichen Anforderungen nicht eingehalten w&#252;rden und somit das Risiko des Entzugs der Betriebserlaubnis bestehe. Zudem dr&#228;nge sich der Eindruck auf, dass bei st&#228;ndiger Aktivierung des vollen Abgaskontrollsystems mit erheblichen Einschr&#228;nkungen der Funktionsf&#228;higkeit des Fahrzeuges zu rechnen sei, da sich anderenfalls die Sinnhaftigkeit einer Betrugssoftware nicht erkl&#228;ren lasse.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er ist der Ansicht, dass ihm deshalb ein deliktischer Anspruch gegen die Beklagte zustehe.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Unter Ber&#252;cksichtigung einer gesch&#228;tzten Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 300.000 km geht der Kl&#228;ger bei einem Kilometerstand zum Zeitpunkt der Klageerhebung von 117.000 km von einer Vorteilsanrechnung in H&#246;he von 6.698,14 &#8364; aus.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat zun&#228;chst beantragt,</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.519,90 &#8364; nebst weiteren Zinsen aus 28.450,00 &#8364; in H&#246;he von 4 Prozent pro Jahr seit dem 01.01.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen &#220;bergabe und &#220;bereignung des &#8230;&#8230;&#8230;.mit der Fahrzeugidentifikationsnummer &#8230;&#8230;&#8230;.;</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des vorbezeichneten Fahrzeugs seit dem 28.11.2017 in Annahmeverzug befindet;</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren Sch&#228;den zu ersetzen, die er aufgrund des Kaufs des vorbezeichneten Fahrzeugs erleidet;</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in H&#246;he von 1.171,67 &#8364; nebst Zinsen in H&#246;he von 5 Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit Rechtsh&#228;ngigkeit zu erstatten, sowie ihn von weiteren au&#223;ergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in H&#246;he von 441,49 &#8364; freizustellen.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 20.11.2018 hat der Kl&#228;ger den Rechtsstreit wegen der nunmehrigen Laufleistung des Fahrzeugs von 136.864 km teilweise f&#252;r erledigt erkl&#228;rt und beantragt hinsichtlich der Ziff. 1 nunmehr,</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.116,63 &#8364; nebst weiterer Zinsen aus 28.450,00 &#8364; in H&#246;he von 4 Prozent pro Jahr seit dem 01.11.2018 Zug um Zug gegen &#220;bergabe und &#220;bereignung des Fahrzeuges &#8230;&#8230;&#8230;. mit der Fahrzeugidentifikationsnummer &#8230;&#8230;&#8230;.zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie behauptet, dass in dem streitgegenst&#228;ndlichen Fahrzeug keine Programmierung, insbesondere keine Manipulationssoftware verwendet werde, die dazu f&#252;hren w&#252;rde, dass auf der Stra&#223;e unter &#8222;normalen Betriebsbedingungen&#8220; ein anderes Emissionsverhalten erzielt werde als auf dem Pr&#252;fstand. Das Fahrzeug erf&#252;lle auch den Grenzwert der einschl&#228;gigen Euro-Norm. Es bestehe auch eine unwiderrufene EG-Typengenehmigung f&#252;r das Fahrzeug.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, dass f&#252;r die Ermittlung des Vorteilsausgleichs lediglich eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km zugrunde zu legen sei.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere die zwischen den Parteien gewechselten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen erg&#228;nzend Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgr&#252;nde:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Klage ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf (R&#252;ck-)Zahlung des geleisteten Kaufpreises in H&#246;he von 28.450,00 &#8364; abz&#252;glich einer zu zahlenden Nutzungsentsch&#228;digung Zug um Zug gegen &#220;bergabe und &#220;bereignung des streitgegenst&#228;ndlichen Fahrzeugs aus den &#167;&#167; 823 Abs. 2 BGB i.V.m. &#167; 16 UWG oder Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 oder &#167;&#167; 263 StGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder aus &#167; 826 BGB.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Motor seines Fahrzeugs mit einer Steuerungssoftware ausgestattet w&#228;re, die die Vornahme eines Emissionstests erkennt und lediglich in diesem Fall das volle Emissionskontrollsystem des Fahrzeuges aktiviert. Er hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass in dem Fahrzeug eine Steuerungssoftware verbaut ist, die die Abgasreinigungsanlage im realen Stra&#223;enbetrieb am Beginn der Warmlaufphase und/oder bei einstelligen positiven Au&#223;entemperaturen reduziert oder ganz abschaltet oder daf&#252;r sorgt, dass die Abgasreinigungsanlage bei einer bestimmten Drehzahl abgeschaltet wird, wodurch es bei h&#246;heren Drehzahlen zu einem erheblichen Anstieg der Stickoxidemissionen kommt.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die diesbez&#252;glichen Behauptungen des Kl&#228;gers stellen sich vielmehr als Behauptungen ins Blaue hinein dar.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Grunds&#228;tzlich darf es einer Partei nicht verwehrt werden, eine tats&#228;chliche Aufkl&#228;rung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, &#252;ber die sie selbst kein zuverl&#228;ssiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Sie kann deshalb gen&#246;tigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Unzul&#228;ssig wird ein solches Vorgehen aber dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte f&#252;r das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willk&#252;rlich Vermutungen &#8222;aufs Geratewohl&#8220; oder &#8222;ins Blaue hinein&#8220; aufstellt (vgl. BGH NJW-RR 2015, 829). Diese Voraussetzungen liegen vor.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Es gibt keinerlei Anhaltspunkte daf&#252;r, dass das Fahrzeug des Kl&#228;gers mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet w&#228;re. Unstreitig gibt es keinen amtlich angeordneten R&#252;ckruf f&#252;r das Fahrzeug, das Fahrzeug ist bisher auch nicht Gegenstand von Ermittlungen des Kraftfahrtbundesamtes.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat auch keinerlei Beanstandungen, die sich auf sein konkretes Fahrzeug beziehen w&#252;rden, vorgetragen. Bei den Behauptungen des Kl&#228;gers handelt es sich ausschlie&#223;lich um Vermutungen, f&#252;r die der Kl&#228;ger keine substantiierten Ankn&#252;pfungspunkte behauptet.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Behauptung des Kl&#228;gers, dass &#8211; aus seiner Sicht &#8211; vergleichbare Fahrzeuge im Fahrbetrieb die vorgegebenen Grenzwerte &#252;berschritten h&#228;tten, ist nicht geeignet, die Vermutung des Kl&#228;gers zu untermauern. Es ist gerichts- und allgemein bekannt, dass die Pr&#252;fverfahren auf Messungen auf dem Pr&#252;fstand beruhen, sodass die Messwerte im allgemeinen Fahrbetrieb h&#228;ufig nicht zu reproduzieren sind. Bei aller rechtspolitischer Kritik, die an diesem Verfahren angebracht werden mag, stellt dies eine Besonderheit f&#252;r Fahrzeuge der Beklagten nicht dar.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kl&#228;ger Bezug genommen hat auf entsprechende Pressetexte, so handelt es sich unstreitig um Fahrzeuge, die mit dem Fahrzeug des Kl&#228;gers nicht identisch, ja nicht einmal vergleichbar sind. Die bisher beanstandeten Fahrzeuge mussten die Euro-Norm 6 erf&#252;llen, wohingegen das kl&#228;gerische Fahrzeug nur den Anforderungen der Euro-Norm 5 gen&#252;gen muss, oder verf&#252;gten &#8211; anders als das kl&#228;gerische Fahrzeug - &#252;ber eine Abgasreinigungstechnik mittels Harnstoffeinspritzung (sog. AdBlue-System) oder einen SCR-Katalysator.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mit diesen Motorvarianten ist die Ausf&#252;hrung des kl&#228;gerischen Fahrzeugs auch nicht hinreichend vergleichbar, um greifbare Anhaltspunkte f&#252;r die kl&#228;gerischen Behauptungen zu liefern. Es erscheint vielmehr auch nach dem Vortrag des Kl&#228;gers als naheliegend, dass die Grenzwerte von Euro5 eben noch unproblematisch eingehalten werden konnten, wohingegen die Grenzwerte von Euro6 m&#246;glicherweise ein gr&#246;&#223;eres Problem f&#252;r die Hersteller dargestellt haben.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes l&#228;sst sich nicht daraus ableiten, dass auch in beanstandeten Fahrzeugen ein Motor mit der Kennziffer OM 651 verbaut war. Der Motor ist mit einem Hubraum von 1,8 bis 2,1 Liter und zehn verschiedenen Leistungsstufen von 109 PS bis 204 PS erh&#228;ltlich. Bereits hieraus ergibt sich, dass die Motorbezeichnung so wenig spezifisch ist, dass der vom Kl&#228;ger vorgenommene R&#252;ckschluss, dass er davon ausgehen m&#252;sse, dass auch sein Fahrzeug betroffen sei, nicht naheliegend erscheint.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat nicht einmal nachvollziehbar vorgetragen, dass er selbst davon ausgeht, dass in seinem Fahrzeug eine Abschalteinrichtung vorhanden ist. Vielmehr hat er in der m&#252;ndlichen Verhandlung erkl&#228;ren lassen, dass er sich einen diesbez&#252;glichen Erkenntnisgewinn durch die Beweisaufnahme erhoffe. Eine solche Beweiserhebung w&#252;rde indes eine reine Ausforschung bedeuten.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Es ist auch nicht erkennbar, dass dem Kl&#228;ger eine Kenntniserlangung ansonsten unm&#246;glich w&#228;re. Vielmehr w&#228;re es durchaus m&#246;glich, zur Substantiierung seines Sachvortrags entsprechende technische Stellungnahmen bereits au&#223;erprozessual einzuholen.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Mangels Bestehens eines Hauptanspruchs hat der Kl&#228;ger auch keinen Anspruch auf die Feststellung des Annahmeverzugs, Feststellung der Ersatzpflicht f&#252;r weitere Sch&#228;den, Zahlung von Zinsen oder Zahlung bzw. Freistellung von au&#223;ergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den &#167;&#167; 91 Abs. 1, 709 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 21.751,86&#160;EUR festgesetzt.</p>
171,221
ovgrlp-2018-12-19-7-b-1134618-7-d-11
{ "id": 910, "name": "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz", "slug": "ovgrlp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
7 B 11346/18, 7 D 11347/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:50:10
2019-02-12T13:44:23
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2018:1219.7B11346.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2018 hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 5.625,00 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchf&#252;hrung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:162pt">&#8211; 7 B 11346/18.OVG &#8211;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. Oktober 2018 hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:162pt">&#8211; 7 D 11347/18.OVG &#8211;</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die Ausf&#252;hrungen der Antragsteller im Beschwerdeverfahren, auf die sich die Pr&#252;fung des Senats beschr&#228;nkt, enthalten keine Gr&#252;nde, aus denen der angegriffene Beschluss insoweit abzu&#228;ndern w&#228;re (vgl. &#167; 146 Abs. 4 Satz 3, 6 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>1. Die Antragsteller wenden sich gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, in ihrem Fall greife &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht. Danach ist die Abschiebung eines Ausl&#228;nders auszusetzen, wenn seine Anwesenheit im Bundesgebiet f&#252;r ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht f&#252;r sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert w&#228;re. Die Beschr&#228;nkung der Beschwerde auf diesen Duldungsgrund ergibt sich aus der Beschwerdeschrift vom 11. Oktober 2018, die sich ausschlie&#223;lich auf strafrechtliche Fragen bezieht. Dort behaupten die Antragsteller, ihre Abschiebung k&#228;me einer Strafvereitelung gleich. Nur die Staatsanwaltschaft und das Strafgericht d&#252;rften beurteilen, ob das Verhalten des Arztes, der sie bei der Abschiebung begleitet habe, als Verbrechen zu werten sei. Sie wenden sich ferner gegen die Annahme, der Verbrechenstatbestand in &#167; 225 Abs. 3 StGB sei nicht gegeben. Wegen der Erkrankungen der Antragstellerin zu 1) habe bei ihr die Gefahr einer schweren Gesundheitssch&#228;digung bestanden, die f&#252;r eine h&#246;here Bestrafung gegen&#252;ber dem Grundtatbestand der Misshandlung von Schutzbefohlenen gefordert werde. In diesem Kontext sind auch die am 12. Dezember 2018 vorgelegten Atteste zu sehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>2. Das Verwaltungsgericht hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, eine einstweilige Anordnung mit dem Inhalt zu erlassen, die Abschiebung der Antragsteller nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG auszusetzen. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem am 29. August 2018 gestellten Eilantrag um einen Antrag auf &#196;nderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts zum 9. August 2018 (3 L 781/18.KO) handelt, auf den &#167; 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog anzuwenden ist. Insoweit wird auf die Gr&#252;nde des angegriffenen Beschlusses verwiesen (&#167; 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Ein Antrag nach &#167; 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf &#196;nderung eines Beschlusses in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat nur Erfolg, wenn sich aus neu vorgetragenen Umst&#228;nden zumindest die M&#246;glichkeit einer Ab&#228;nderung der fr&#252;heren Entscheidung ergibt, wobei der Streitgegenstand, abgesehen von der Frage, ob &#252;berhaupt neue Umst&#228;nde vorliegen, derselbe ist wie im Ausgangsverfahren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, &#167; 80 Rn. 196). Die Strafanzeige der Antragsteller vom 22. August 2018 und das von der Staatsanwaltschaft Gie&#223;en eingeleitete Ermittlungsverfahren (Az.: 404 Js 33479/18, s. Schriftsatz vom 11. Oktober 2018) rechtfertigen eine &#196;nderung des Beschlusses vom 9. August 2018 nicht. Das Verwaltungsgericht hatte dort festgestellt, den Antragstellern fehle f&#252;r eine Aussetzung der Abschiebung der nach &#167; 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsanspruch. Daran hat sich nichts ge&#228;ndert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>3. Ein Anspruch der Antragsteller auf die Aussetzung ihrer Abschiebung nach &#167; 60a Abs. 2 <span style="text-decoration:underline">Satz 2</span> AufenthG ist nicht hinreichend wahrscheinlich. Sie haben nicht glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen dieser Duldungsvorschrift gegeben sind. &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG hindert eine Abschiebung nur, wenn die Erkl&#228;rung einer Staatsanwaltschaft oder eines Strafgerichts vorliegt, wonach der betroffene Ausl&#228;nder f&#252;r ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens ben&#246;tigt wird. Eine solche Erkl&#228;rung ist unabh&#228;ngig davon erforderlich, ob ein Strafverfahren bereits f&#246;rmlich eingeleitet wurde (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: 09.2018, &#167; 60a Rn. 91). Die Antragsteller haben keine Erkl&#228;rung der f&#252;r die Strafverfolgung zust&#228;ndigen Stellen vorgelegt, aus der sich ergibt, dass ihre Anwesenheit f&#252;r das auf ihre Strafanzeige hin eingeleitete Verfahren erforderlich ist. Eine Erkl&#228;rung dieses Inhalts findet sich auch nicht in den Akten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Es ist im Rahmen von &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht zu pr&#252;fen, ob eine solche Erkl&#228;rung zu erteilen w&#228;re. Weder die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde noch die Verwaltungsgerichte haben zu entscheiden, ob die Anwesenheit eines Ausl&#228;nders f&#252;r ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens erforderlich ist. Dar&#252;ber befinden Staatsanwaltschaften und Strafgerichte in eigener Zust&#228;ndigkeit und Verantwortung (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: 09.2018, &#167; 60a Rdnr. 273). Diese Kompetenzzuweisung ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Regelungssystematik. Durch die Verwendung der W&#246;rter &#8222;erachtet wird&#8220; macht der Gesetzgeber deutlich, dass es ihm im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Anwesenheit eines Ausl&#228;nders f&#252;r ein Strafverfahren auf die Einsch&#228;tzung der f&#252;r dieses Verfahren zust&#228;ndigen Stellen ankommt. Systematisch ist die Regelung im Zusammenhang mit dem folgenden Satz 3 von &#167; 60a Abs. 2 AufenthG zu sehen, wonach einem Ausl&#228;nder eine Duldung erteilt werden kann, wenn dringende pers&#246;nliche Gr&#252;nde oder erhebliche &#246;ffentliche Interessen dies erfordern. Der Gesetzgeber sah das dort er&#246;ffnete Ermessen als auf Null reduziert an, wenn der Ausl&#228;nder als Zeuge f&#252;r ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens ben&#246;tigt wird (s. die Einzelbegr&#252;ndung im Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europ&#228;ischen Union vom 23. April 2007; BT-Drs. 16/5065, S. 187). Damit entzog er in diesen F&#228;llen die Entscheidung &#252;ber die Erteilung einer Duldung der Ermessenskompetenz der Ausl&#228;nderbeh&#246;rden (vgl. Kluth/Breidenbach, in: BeckOK AuslR, 20. Ed. 01.11.2018, &#167; 60a AufenthG Rn. 22).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>4. Die Antragsteller haben ferner nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen wegen der Strafanzeige vom 22. August 2018 eine Duldung nach &#167; 60a Abs. 2 <span style="text-decoration:underline">Satz 3</span> AufenthG zu erteilen w&#228;re. Eine Duldung nach dieser Vorschrift k&#228;me in der vorliegenden Konstellation nur in Betracht, wenn nach ihrem Vorbringen und auf Grund der Aktenlage offensichtlich w&#228;re, dass die Antragsteller Opfer eines Verbrechens waren, f&#252;r dessen Aufkl&#228;rung sie in Deutschland bleiben m&#252;ssten. Neben &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG kommt eine Duldung wegen eines Strafverfahrens allenfalls in Betracht, wenn der betroffene Ausl&#228;nder erhebliche pers&#246;nliche Interessen an der Strafverfolgung hat. Denn dem &#246;ffentlichen Strafverfolgungsinteresse tr&#228;gt bereits &#167; 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG Rechnung (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: 09.2018, &#167; 60a Rdnr. 276). Ein erhebliches pers&#246;nliches Interesse ist anzunehmen, wenn der Ausl&#228;nder im Strafverfahren nicht nur als Zeuge in Betracht kommt, sondern Opfer ist. Bei Verbrechensopfern kann das Fehlen einer Erkl&#228;rung &#252;ber die Erforderlichkeit der Anwesenheit nicht dazu f&#252;hren, dass ihnen keine Duldung nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG erteilt werden k&#246;nnte, zumal das Nichtvorliegen dieser Erkl&#228;rung vielf&#228;ltige Gr&#252;nde haben kann. Ein Eilverfahren auf Erteilung einer solchen Duldung kann aber nur Erfolg haben, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, dass die Staatsanwaltschaft oder das Strafgericht die Anwesenheit des Opfers eines Verbrechens f&#252;r das Strafverfahren als sachgerecht erachten w&#252;rden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 21. Juli 2015 &#8211; 10 CS 15.859 &#8211;, juris, Rn.76). Dadurch wird zudem verhindert, dass eine Strafanzeige nur gestellt wird, um eine Duldung zu erhalten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Hier kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Antragstellerin zu 1) Opfer eines Verbrechens wurde. Als Verbrechenstatbestand kommt allein die qualifizierte Misshandlung von Schutzbefohlenen gem&#228;&#223; &#167; 225 Abs. 3 StGB in Betracht. Die Anwendung dieser Strafnorm erfordert es, dass der T&#228;ter vors&#228;tzlich handelte (vgl. Stree/Sternberg-Lieben, in: Sch&#246;nke/Schr&#246;der, StGB-Komm., 29. Aufl. 2014, &#167; 225 Rn. 15). Weder der Strafanzeige vom 22. August 2018 noch dem Schriftsatz der Antragsteller an die Staatsanwaltschaft Gie&#223;en vom 11. Oktober 2018 l&#228;sst sich entnehmen, dass der Arzt, der die Abschiebung begleitete, die Antragstellerin zu 1) in irgendeiner Art und Weise vors&#228;tzlich habe sch&#228;digen wollen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>5. Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung folgt aus &#167; 47 Abs. 1 Satz 1, &#167; 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 1.5 und Nr. 8.3 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache war den Antragstellern keine Prozesskostenhilfe zur Durchf&#252;hrung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen (&#167; 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. &#167; 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist ebenfalls unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Mit der Zur&#252;ckweisung der Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unanfechtbar. Damit steht fest, dass keine hinreichenden Erfolgsaussichten f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren im Sinne von &#167; 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. &#167; 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben waren.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,205
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{ "id": 615, "name": "Verwaltungsgericht Hannover", "slug": "vg-hannover", "city": 325, "state": 11, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 4443/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:49:59
2019-02-12T13:44:21
Urteil
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte wird verpflichtet, der Kl&#228;gerin zu 1) die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte wird ferner verpflichtet, den Kl&#228;gern zu 2) und 3) die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen unter der Bedingung, dass der Verpflichtungsausspruch in Bezug auf die Kl&#228;gerin zu 1) rechtskr&#228;ftig wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Bescheid des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 02.12.2016 wird aufgehoben, soweit er dem vorgenannten Verpflichtungsausspruch entgegensteht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Kl&#228;ger Sicherheit in H&#246;he von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Tatbestand</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger, irakische Staatsangeh&#246;rige kurdischer Volks- und sunnitischer Glaubenszugeh&#246;rigkeit sowie ehemalige Kl&#228;ger zu 2. bis 4. im Verfahren 6 A 7649/16, begehren die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Sie reisten nach den Angaben der Kl&#228;gerin zu 1. in der m&#252;ndlichen Verhandlung gemeinsam mit ihrem Ehemann bzw. Vater, dem Kl&#228;ger im Verfahren 6 A 7649/16, etwa im Sp&#228;tsommer 2014 aus dem Irak in die T&#252;rkei aus. Diese verlie&#223;en sie im November 2015 wieder und reisten am 17. Dezember&#160;2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Hier stellten sie in einer Au&#223;enstelle des Bundesamts f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge Asylantr&#228;ge, die sie in ihrer sp&#228;teren Anh&#246;rung auf die Antr&#228;ge auf Zuerkennung des Fl&#252;chtlingsschutzes beschr&#228;nkten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>In seiner pers&#246;nlichen Anh&#246;rung beim Bundesamt am 24. November 2016 gab der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. an, er habe den Irak verlassen, da ihn sein Schwiegervater mit dem Tode bedroht habe. In den letzten vier Jahren vor seiner Ausreise habe er I. im Dorf J. gelebt, K.. Urspr&#252;nglich stamme er direkt aus Ranya. Zu den Gr&#252;nden seiner Ausreise erkl&#228;rte er, er habe sich noch in der Schule in seine jetzige Frau, die Kl&#228;gerin zu&#160;1., verliebt. Ihr Vater sei ein bekannter, wohlhabender Mann und General der kurdischen Streitkr&#228;fte (Peshmerga). Er habe bei seinem Schwiegervater mehrere Male um die Hand seiner Freundin angehalten, doch dieser habe immer abgelehnt. Es habe diesen gest&#246;rt, dass er nicht wohlhabend sei und in einer Bar arbeite, deshalb habe er ihn als &#8222;billige Person&#8220; bezeichnet. Zuletzt habe sein Schwiegervater ihm gesagt, er werde ihn t&#246;ten, wenn er nochmals um die Hand seiner Tochter anhalte. Auch seiner Tochter, der Kl&#228;gerin zu 1., habe er mit dem Tod gedroht, sollte sie ihn heiraten. Sie habe deshalb ihrem Vater zugesagt, den Kontakt zu beenden, habe aber heimlich weiterhin mit ihm telefoniert und SMS geschrieben. Letztendlich h&#228;tten sie sich dann entschieden, am 1. Januar 2011 nach J. zu gehen, heimlich zu heiraten und sich dort zu verstecken. Bei der heimlichen Heirat seien lediglich sein eigener Vater und einige religi&#246;se W&#252;rdentr&#228;ger zugegen gewesen. In J. sei die Situation sehr schwierig gewesen. Seine Frau sei psychisch sehr unruhig gewesen; zudem sei sein erstes Kind geboren worden. Es habe dort auch kein Krankenhaus gegeben. Deshalb seien sie am 22. M&#228;rz 2014 nach Sulaimaniiyya gegangen, wo ihn zwei M&#228;nner, die sein Schwiegervater geschickt habe, geschlagen und mit Messerstichen verletzt h&#228;tten. Er sei operiert worden und eine Woche im Krankenhaus geblieben. Da er gewusst habe, wer die T&#228;ter gegen Geld beauftragt habe, habe er eine Strafanzeige gestellt. Da sein Schwiegervater einflussreich sei, habe die Strafanzeige jedoch keinerlei Folgen gehabt. Etwa einen Monat nach seinem Umzug sei er wieder zur&#252;ck nach J. gegangen. Sein Vater habe einen Krankenhelfer f&#252;r ihn bestellt, der ihm in J. zweimal im Jahr Spritzen verabreicht habe, weil er sich nicht ins Krankenhaus getraut habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin zu 1. gab in ihrer Anh&#246;rung erg&#228;nzend an, sie stamme aus der Stadt Ranya. Ihr Vater w&#252;rde dort gemeinsam mit ihren zwei Br&#252;dern wohnen. Neben ihrer Mutter habe er noch vier weitere Frauen. Ihre Mutter wohne in Haji Awa. Au&#223;erdem habe sie noch v&#228;terlicherseits f&#252;nf Onkel und f&#252;nf Tanten, die ebenfalls in Ranya lebten. Sie selbst habe die Schule bis zur sechsten Klasse besucht und sei anschlie&#223;end Hausfrau gewesen. Auf die Gr&#252;nde ihrer Flucht angesprochen, erkl&#228;rte sie, gemeinsam mit ihrem Ehemann vor ihrem Vater geflohen zu sein. Ihr sp&#228;terer Ehemann habe dreimal versucht, bei ihrem Vater um ihre Hand anzuhalten. Nach dem dritten Mal, so die Protokollierung der Aussage der Kl&#228;gerin beim Bundesamt, habe ihr Vater sie zu einem Ausflug mit ihrem Bruder nach Darband mitgenommen und sie geschlagen. Ihrem Bruder habe er gesagt: &#8222;Los, t&#246;te sie!&#8220; Ihre Stiefmutter habe dies jedoch verhindert. Sie sei dann mit ihrem Mann nach J. gezogen. Ihr Vater habe sie dort nicht finden k&#246;nnen. Das Leben sei jedoch hart gewesen, zumal es dort kein Krankenhaus gegeben habe. Als ihr Mann nach Sulaimaniyya gegangen sei, sei er gefunden und geschlagen worden. Er sei zehn Tage im Krankenhaus geblieben und dann wieder nach J. zur&#252;ckgegangen. Ihr Schwiegervater habe jemanden geschickt, der ihn behandelt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 2. Dezember 2016 erkannte das Bundesamt den Kl&#228;gern und ihrem Ehemann bzw. Vater weder die Fl&#252;chtlingseigenschaft (Nr. 1) noch den subsidi&#228;ren Schutzstatus (Nr. 2) zu und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach &#167; 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 3). Zudem drohte es die Abschiebung der Kl&#228;ger in den Irak an (Nr. 4). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs.&#160;1 AufenthG befristete es auf drei&#223;ig Monate ab dem Tag der Abschiebung. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte es aus, eine Verfolgung in Ankn&#252;pfung an ein fl&#252;chtlingsrechtlich relevantes Verfolgungsmerkmal sei nicht zu erkennen. Au&#223;erdem drohe den Kl&#228;gern kein ernsthafter Schaden im Sinne des &#167; 4 Abs. 1 AsylG durch Folter oder unmenschliche Behandlung. Zwar sei der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. mit Messern verletzt worden, doch danach habe die Familie unbehelligt bis zur Ausreise weiterleben k&#246;nnen. H&#228;tte der Schwiegervater der Familie wirklich habhaft werden wollen, h&#228;tte er dies wegen seiner Machtposition sicher veranlassen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Gegen diesen Bescheid haben s&#228;mtliche Familienangeh&#246;rige am 18. Dezember 2016 zun&#228;chst unter dem Aktenzeichen 6 A 7649/16 Klage erhoben. Zur Begr&#252;ndung wiederholten und vertieften sie ihr bisheriges Vorbringen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 18. Mai 2018 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter &#252;bertragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 7. Juni 2018 untersagte das Amtsgericht A-Stadt dem Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung, sich ihr oder ihrer Wohnung auf weniger als 50 Meter zu n&#228;hern, Verbindung zu ihr aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit ihr herbeizuf&#252;hren. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte es aus, die Kl&#228;gerin zu 1. habe durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht, dass ihr Ehemann vors&#228;tzlich und widerrechtlich ihren K&#246;rper verletzt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 25. Juni 2018 hat der Einzelrichter das Verfahren der Kl&#228;ger des vorliegenden Verfahrens vom Verfahren 6 A 7649/16 abgetrennt und unter dem hiesigen Aktenzeichen 6 A 4443/18 weitergef&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Das Gericht hat im Verfahren 6 A 7649/16 am 10. Dezember 2016 m&#252;ndlich verhandelt. Der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. ist nicht zur m&#252;ndlichen Verhandlung erschienen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger beantragen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom 2.&#160;Dezember 2016 zu verpflichten,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">1. den Kl&#228;gern die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">2. hilfsweise, ihnen den subsidi&#228;ren Schutzstatus zuzuerkennen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">3. hilfsweise festzustellen, dass in ihrer Person Abschiebungsverbote gem. &#167; 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Sie bezieht sich zur Begr&#252;ndung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Entscheidungsgr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Klage, &#252;ber die der Berichterstatter gem&#228;&#223; &#167; 76 Abs.&#160;1 Asylgesetz (AsylG) anstelle der Kammer als Einzelrichter entscheidet, hat Erfolg. Sie ist zul&#228;ssig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft. Der Bescheid des Bundesamtes vom 2. Dezember 2016, mit dem dieses Begehren abgelehnt worden ist, verletzt die Kl&#228;ger in ihren Rechten und ist aufzuheben, soweit er dem vorgenannten Anspruch entgegensteht (&#167; 113 Abs. 5 S. 1 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>1.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin zu 1. hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausl&#228;nder, der Fl&#252;chtling nach &#167; 3 Abs. 1 AsylG ist, grunds&#228;tzlich die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuerkannt. &#167; 3 Abs. 1 AsylG bestimmt dazu, dass ein Ausl&#228;nder Fl&#252;chtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 &#252;ber die Rechtsstellung der Fl&#252;chtlinge (BGBl. 1953 II S.&#160;559, 560) ist, wenn er sich aus begr&#252;ndeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit&#228;t, politischen &#220;berzeugung oder Zugeh&#246;rigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe au&#223;erhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangeh&#246;rigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Diese Voraussetzungen f&#252;r die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft sind in der Person des Kl&#228;gers erf&#252;llt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Eine &#8222;begr&#252;ndete Furcht&#8220; vor Verfolgung liegt vor, wenn dem Ausl&#228;nder die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umst&#228;nde in Anbetracht seiner individuellen Lage tats&#228;chlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE&#160;146, 67, Rn. 19). Der danach ma&#223;gebliche Ma&#223;stab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden W&#252;rdigung des zur Pr&#252;fung gestellten Lebenssachverhalts die f&#252;r eine Verfolgung sprechenden Umst&#228;nde die dagegensprechenden Tatsachen &#252;berwiegen. Entscheidend ist, ob aus Sicht eines besonnen und vern&#252;nftig denkenden Menschen in der Lage des Schutzsuchenden nach Abw&#228;gung aller bekannten Umst&#228;nde eine R&#252;ckkehr in das Herkunftsland als unzumutbar erscheint. Zu begutachten ist hierbei die Wahrscheinlichkeit k&#252;nftiger Geschehensabl&#228;ufe bei einer hypothetisch zu unterstellenden R&#252;ckkehr des Schutzsuchenden in seinen Heimatstaat (BVerwG, Urteil vom 06.03.1990 - 9 C 14.89 -, juris). Dabei entspricht die zun&#228;chst zum nationalen Recht entwickelte Rechtsdogmatik zur Frage der &#8222;beachtlichen Wahrscheinlichkeit&#8220; auch dem neueren europ&#228;ischen Recht (BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 10 C 25.10 -, BVerwGE 140, 22; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 &#8211; 2 LB 91/17, BeckRS&#160;2017, 118678, Rn.&#160;29).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Auf Basis dieses rechtlichen Ma&#223;stabs sowie der aus dem Inbegriff der m&#252;ndlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse ist das Gericht im vorliegenden Fall zu der &#220;berzeugung gelangt, dass der Kl&#228;gerin zu 1. im Falle ihrer R&#252;ckkehr in den Irak aus individuellen, an ihre Person ankn&#252;pfenden Gr&#252;nden Verfolgung im Sinne des &#167; 3 Abs. 1 AsylG droht. Die f&#252;r die Verfolgung der Kl&#228;gerin zu 1. sprechenden Umst&#228;nde haben bei einer zusammenfassenden Bewertung gr&#246;&#223;eres Gewicht als die dagegensprechenden Umst&#228;nde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;gerin zu 1. kommt bei der Beurteilung der Frage, ob ihr (weiterhin) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsgefahren im Irak drohen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - juris Rn. 32; Urteil vom 01.03.2012 - 10 C 7.11 - juris Rn. 12) die Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie) nicht zugute. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde bzw. von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begr&#252;ndet ist, es sei denn, stichhaltige Gr&#252;nde sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung bedroht wird. Damit ein Ausl&#228;nder von der Vermutungswirkung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie profitieren kann, muss sich die Ausreise dabei bei objektiver Betrachtung nach ihrem &#228;u&#223;eren Erscheinungsbild als eine unter dem Druck erlittener Verfolgung stattfindende Flucht darstellen. In dieser Hinsicht kommt der zwischen Verfolgung und Ausreise verstrichenen Zeit ma&#223;gebliche Bedeutung zu, d.h. bereits der blo&#223;e Zeitablauf kann dazu f&#252;hren, dass eine Ausreise den Charakter einer unter dem Druck erlittener Verfolgung stehenden Flucht verliert. Ein Ausl&#228;nder ist regelm&#228;&#223;ig nur dann als verfolgt ausgereist anzusehen, wenn er seinen Heimatstaat in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der erlittenen Verfolgung verl&#228;sst. Je l&#228;nger der Ausl&#228;nder nach erlittener Verfolgung in seinem Heimatland verbleibt, umso mehr verbraucht sich der objektive &#228;u&#223;ere Zusammenhang zwischen Verfolgung und Ausreise (BVerwG, Beschl. v. 13.11.2003 &#8211; 1 B 260.03, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Auf Basis dieses rechtlichen Ma&#223;stabs fehlt es vorliegend im Hinblick auf die von der Kl&#228;gerin zu 1. vorgetragenen Geschehnisse im Irak an einer Vorverfolgung im Sinne des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie. Es steht insbesondere nicht zur &#220;berzeugung des Gerichts fest, dass die Kl&#228;gerin zu 1. sowie ihr Ehemann im M&#228;rz 2014 in Sulaimaniyya durch bewaffnete Personen, die der Befehlsgewalt ihres Vaters unterstanden, mit k&#246;rperlicher Gewalt bedroht wurden. Der Einzelrichter konnte sich diesbez&#252;glich keine hinreichende Gewissheit bilden, weil der Ehemann der Kl&#228;gerin nicht zu seiner m&#252;ndlichen Verhandlung erschienen war und die Angaben der Kl&#228;gerin zu 1. in diesem Punkt von den Schilderungen ihres Ehemannes gegen&#252;ber dem Bundesamt abwichen. So hatte der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. dort erkl&#228;rt, ihn h&#228;tten zwei Personen angegriffen, wohingegen die Kl&#228;gerin zu 1. von zehn Personen sprach. &#220;berdies hatte der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. gegen&#252;ber dem Bundesamt erkl&#228;rt, er h&#228;tte erfolglos Anzeige gegen seinen Schwiegervater erstattet, wohingegen die Kl&#228;gerin zu 1. in der m&#252;ndlichen Verhandlung angab, sie h&#228;tten aus Sorge vor der Rache ihres Vaters nicht angegeben, wer ihren Ehemann verletzt habe. Es erschlie&#223;t sich auch nicht ohne weiteres, dass die Kl&#228;gerin zu 1. in der Lage gewesen w&#228;re, mit zwei kleinen Kindern vor mehreren oder sogar zehn bewaffneten Personen zu fliehen und sich in einer angrenzenden Menschenmenge zu verstecken. Zwar hat der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. im schriftlichen Verfahren ein Foto vorgelegt, dass ihn in einem Krankenzimmer mit einem gro&#223;fl&#228;chigen Verband im Bauchbereich zeigt; zudem hat auch sein behandelnder Arzt eine (&#228;ltere) Bauch- bzw. Stichverletzung best&#228;tigt. Angesichts der vorgenannten Sachverhaltsunklarheiten l&#228;sst sich jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausschlie&#223;en, dass die Verletzung aus einem Unfall oder einer aus einem anderen Grund ausgebrochenen k&#246;rperlichen Auseinandersetzung stammt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Das Gericht geht jedoch aufgrund der aus dem Inbegriff der m&#252;ndlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse davon aus, dass der Kl&#228;gerin zu 1. im Falle ihrer R&#252;ckkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit aufgrund der Zugeh&#246;rigkeit zur besonderen sozialen Gruppe (&#167; 3 Abs. 1 Nr. 1 Var. 5 AsylG) der alleinerziehenden irakischen Frauen geschlechtsspezifische Verfolgung im Sinne des &#167; 3 Abs. 1, &#167; 3a Abs. 2 Nr. 1 AsylG durch Angeh&#246;rige ihrer Familie sowie durch ihren Ehemann droht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG gilt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund haben, der nicht ver&#228;ndert werden kann (lit. a) und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identit&#228;t hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (lit. b). Eine Verfolgung wegen Zugeh&#246;rigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identit&#228;t ankn&#252;pft (&#167;&#160;3b Abs. 1 Nr. 4 letzter HS AsylG). Als Verfolgungen im Sinne des &#167; 3 Abs. 1 AsylG gelten gem&#228;&#223; &#167; 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Nr. 1), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Ma&#223;nahmen bestehen, einschlie&#223;lich einer Verletzung der Menschenrechte, die so gravierend ist, dass eine Person davon in &#228;hnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Gem&#228;&#223; &#167; 3a Abs. 3 AsylG muss des Weiteren zwischen den in &#167; 3 Abs.1 Nr. 1, &#167;&#160;3b&#160;AsylG genannten Verfolgungsgr&#252;nden und den in &#167; 3a Abs. 1, Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen (oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen) eine kausale Verkn&#252;pfung bestehen. Auf eine etwaige subjektive Motivation des Verfolgers kommt es dabei nicht entscheidend an (Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Auflage 2018, &#167; 3a AsylG, Rn. 7). Ma&#223;gebend ist vielmehr die objektive Zielrichtung, die der Ma&#223;nahme unter den jeweiligen Umst&#228;nden ihrem Charakter nach zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.1.2009 - 10 C 52.07 -, BVerwGE 133, 55, Rnr. 22, 24, Marx, AsylG, 2017, &#167; 3a Rnr. 50 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 27.06.2017 &#8211; 2 LB 91/17, BeckRS&#160;2017, 118678). F&#252;r eine erkennbare objektive Zielrichtung der Ma&#223;nahme gen&#252;gt es, wenn ein Verfolgungsgrund nach &#167; 3b AsylG einen wesentlichen Faktor f&#252;r die Verfolgungshandlung darstellt (Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Auflage 2018, &#167; 3a AsylG, Rn. 7).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Diesen rechtlichen Ma&#223;stab vorangeschickt, liegen im Falle der Kl&#228;gerin im Falle einer R&#252;ckkehr in den Irak die Voraussetzungen einer Verfolgung wegen der Zugeh&#246;rigkeit zu einer besonderen sozialen Gruppe vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln bilden alleinstehende oder alleinerziehende Frauen im Irak, welche nicht auf den Schutz ihres Familienverbandes zur&#252;ckgreifen k&#246;nnen, eine eigene soziale Gruppe im Sinne des &#167; 3b Abs. 1 Nr. 4 letzter HS AsylG. Derart in ihrer Identit&#228;t durch ihren Familienstand bzw. ihre famili&#228;re Situation gepr&#228;gte Frauen teilen sowohl einen unver&#228;nderbaren gemeinsamen Hintergrund als auch bedeutsame Merkmale im Sinne des &#167; 3b Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 lit. a) AsylG. Sie werden &#252;berdies wegen ihrer deutlich abgegrenzten Identit&#228;t von der irakischen Gesellschaft als andersartig (lit. b)).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Der aktuelle Lagebericht des Ausw&#228;rtigen Amtes (AA) &#252;ber die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 12. Februar 2018 (Stand: Dezember&#160;2017) vermerkt in Bezug auf die Lage der Frauen im Irak (S. 13 f.), die in der Verfassung festgeschriebene Gleichstellung der Geschlechter und das verfassungsrechtlich verankerte Verbot jeder Art von Diskriminierung (Art.&#160;14 und 20 der irakischen Verfassung) f&#228;nden in niederrangigen Rechtsnormen keine Entsprechung und seien in der Praxis durch erhebliche Defizite gekennzeichnet. Die Stellung der Frau habe sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert. Die gesch&#228;tzte Erwerbsquote unter Frauen habe im Jahr 2014 bei nur 14%, der Anteil an der arbeitenden Bev&#246;lkerung bei 17% gelegen. Die prek&#228;re Sicherheitslage und wachsende fundamentalistische Tendenzen in Teilen der irakischen Gesellschaft h&#228;tten negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen. Vor allem im schiitisch gepr&#228;gten S&#252;dirak w&#252;rden islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universit&#228;ten, st&#228;rker durchgesetzt. Frauen w&#252;rden unter Druck gesetzt, ihre Freiz&#252;gigkeit und Teilnahme am &#246;ffentlichen Leben einzuschr&#228;nken.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Middle East Online hebt in einem Artikel aus Dezember 2011 hervor, nach Angaben der irakischen Parlamentsabgeordneten Safia al-Souhail sei in statistischer Hinsicht eine von f&#252;nf irakischen Frauen k&#246;rperlicher oder psychischer Gewalt ausgesetzt, die oft von Familienangeh&#246;rigen ausgehe (Middle East Online, Hidden victims of Iraq conflict: Women expect little change for better, 21. Dezember 2011).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Human Rights Watch berichtete im Februar 2014, die Rechten der Frauen im Irak h&#228;tten sich seit dem Golfkrieg 1991 dramatisch verschlechtert. Mit der Erosion von Sicherheit und Stabilit&#228;t einhergehend, h&#228;tten frauenfeindliche Ideologien propagierende Milizen Frauen und M&#228;dchen zur Zielscheibe von Angriffen gemacht und sie eingesch&#252;chtert, sich aus dem &#246;ffentlichen Leben fernzuhalten. Frauen s&#228;hen sich dem Risiko ausgesetzt, von Mitgliedern der ausschlie&#223;lich m&#228;nnlichen Polizei oder anderen Sicherheitskr&#228;ften bel&#228;stigt und misshandelt zu werden, was ihre fortw&#228;hrende Viktimisierung im h&#228;uslichen Bereich konsolidiere. Die gr&#246;&#223;ten Opfer der fortdauernden Unsicherheit seien junge Frauen. Sie w&#252;rden verwitwet, versklavt, zur fr&#252;hen Heirat gezwungen, h&#228;uslicher Gewalt ausgesetzt oder sexuell bel&#228;stigt, sobald sie das Haus verlie&#223;en. Letzteres sei ein neues Ph&#228;nomen im Irak (Human Rights Watch, No one is safe. Abuses of women in Iraq&#8217;s criminal justice system, Februar 2014).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Nach den F&#246;rderungsrichtlinien f&#252;r die Bewertung der internationalen Schutzbed&#252;rfnisse von Asylsuchenden aus dem Irak des Hohen Fl&#252;chtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 31. Mai 2012 ist die Gewalt gegen Frauen und M&#228;dchen seit 2003 gestiegen und setzt sich unvermindert fort. Frauen und M&#228;dchen seien im Irak Opfer von gesellschaftlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Diskriminierungen, Entf&#252;hrungen und T&#246;tungen aus politischen, religi&#246;sen oder kriminellen Gr&#252;nden, sexueller Gewalt, erzwungener Umsiedlung, h&#228;uslicher Gewalt, "Ehrenmorden" und anderen sch&#228;dlichen traditionellen Praktiken, wie etwa (Sex-)Handel und erzwungener Prostitution. Frauen ohne m&#228;nnliche Unterst&#252;tzung, einschlie&#223;lich Witwen, Frauen, deren Ehem&#228;nner vermisst w&#252;rden oder inhaftiert seien, und geschiedenen Frauen seien am meisten betroffen. Traditionell w&#252;rden sie nach dem Verlust ihrer Ehem&#228;nner mit ihren Familien oder ihren Schwiegereltern mitgehen. Allerdings seien diese Verwandten oft wegen ihrer eigenen wirtschaftlichen Not nicht in der Lage, eine betr&#228;chtliche Unterst&#252;tzung zu bieten (UNHCR, Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Iraq, 31.05.2012, S. 34 f.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 08.06.2017 &#8211; 8a K 1971/16.A -, juris Rn. 60).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Einer Schnellrecherche der L&#228;nderanalyse der Schweizerischen Fl&#252;chtlingshilfe (SFH) zufolge gelten alleinlebende Frauen zu den verletzlichsten Personengruppen des Landes. Ohne Unterst&#252;tzung und Schutz von Verwandten seien sie besonders anf&#228;llig f&#252;r Bel&#228;stigungen, Entf&#252;hrungen oder sexuelle &#220;bergriffe. Viele seien zur Sicherung ihres Lebensunterhalts gezwungen, sich zu prostituieren, Ehen mit &#228;lteren M&#228;nnern oder Zeitehen (&#8222;pleasure marriages&#8220;) einzugehen (SFH, Schnellrecherche der SFH-L&#228;nderanalyse vom 15. Januar 2015 zu Irak: Zwangsheirat, S. 2, 8).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Auch Unami Human Rights stellt in einem Bericht aus Juni/Juli 2014 fest, einzelne Frauen und weibliche Haushaltsvorst&#228;nde seien besonders anf&#228;llig f&#252;r Drohungen von sexuellen und anderen Formen der physischen Gewalt, T&#246;tungen und den beeintr&#228;chtigten Zugang zu ohnehin bereits begrenzter humanit&#228;rer Hilfe (Unami Rights Report on the Protection of Civilians in the Non International Armed Conflict in Iraq, 5 June - 5 July 2014, S.&#160;21; VG Gelsenkirchen, a.a.O., Rn. 60).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Des Weiteren hebt das Britische Innenministerium in seinem L&#228;nderbericht 2015 in Bezug auf den Irak hervor, dass einzelne Frauen und Kinder, die in den Irak zur&#252;ckkehrten, aufgrund ihres Geschlechts und ihres Alters besonders anf&#228;llig seien und wahrscheinlich die Schwelle f&#252;r die Zuerkennung internationalen Schutzes erreicht sein d&#252;rfte, sofern sie keine Unterst&#252;tzungsnetze h&#228;tten oder sich nicht finanziell unterst&#252;tzen k&#246;nnten (UK Home Office, Country Information and Guidance. Iraq: humanitarian situation in Baghdad, the south (including Babil) and the Kurdistan Region of Iraq, Version 1.0., Juni 2015, S. 7, Rn. 2.4.8).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Die Schweizerische Fl&#252;chtlingshilfe f&#252;hrt in einer Schnellrecherche vom 5. Februar&#160;2018 aus (SFH, Schnellrecherche der SFH-L&#228;nderanalyse vom 5. Februar 2018 zum Irak: Frauenh&#228;user in Kirkuk, S. 3 f.):</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;Laut dem <em>Geneva International Centre for Justice </em>(2015) werden unverheiratete Frauen im Irak gesellschaftlich stigmatisiert. Ein Bericht von <em>Care </em>(April 2015) deutet darauf hin, dass die vorherrschenden sozialen Normen Frauen daran hindern, ohne einen Mann zu leben. Insbesondere weiblich gef&#252;hrte Haushalte riskieren Gewalt ausgesetzt zu sein. Zu den schutzbed&#252;rftigsten Gruppen im Irak z&#228;hlt <em>Care </em>unter anderem insbesondere schwangere und/oder stillende, ledige und verwitwete Frauen. Auch in einem Bericht einer <em>Fact-Finding-Mission </em>des <em>Danish Refugee Council </em>und des <em>Danish Immigration Service </em>(Januar 2016) wird hervorgehoben, dass ledige Frauen sowie weiblich gef&#252;hrte Haushalte unter den intern vertriebenen Menschen (IDPs) &#171;besonders verletzlich&#187; sind. Laut der <em>Koalition des CEDAW-Schattenberichtes </em>(2014) ist insbesondere die &#171;Kategorie der Witwen und der geschiedenen Frauen&#187; mit gro&#223;en sozialen Herausforderungen und diskriminierenden Traditionen konfrontiert. Diese Frauen seien oft dem Risiko der sexuellen Ausbeutung, Prostitution und Ehen auf Zeit ausgesetzt. Haushalte, die von Frauen gef&#252;hrt werden, leben aufgrund des tiefen Einkommens in sehr schlechten finanziellen Verh&#228;ltnissen.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">[&#8230;] Gem&#228;ss IWHR et al. (August 2015) sind irakische Frauen nach einer Scheidung oft von m&#228;nnlichen Verwandten abh&#228;ngig. Insbesondere geschiedene Frauen ohne Bildung oder Arbeitserfahrung, vor allem in l&#228;ndlichen Regionen, seien mit gro&#223;en Schwierigkeiten konfrontiert. Aus Angst vor gewaltsamen Repressalien, sozialer Stigmatisierung und finanzieller Isolierung bei einer Trennung entscheiden sich viele Frauen daf&#252;r, eine Beziehung mit einem gewaltt&#228;tigen Partner aufrechtzuerhalten.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>In Bezug auf die gesetzlichen Grundlagen der Ehescheidung im Irak f&#252;hrt die Schweizerische Fl&#252;chtlingshilfe in einer L&#228;nderanalyse aus August 2011 aus, in den meisten muslimischen L&#228;ndern w&#252;rden zivilrechtliche Angelegenheiten betreffend Heirat, Sorgerecht und Erbschaften gem&#228;&#223; dem islamischen Scharia-Recht geregelt. Im Irak ersetze hingegen das &#8222;Personal Status Law&#8220; (Zivilstandsgesetz) aus dem Jahr 1959 die Schariagerichte und gelte als liberal bez&#252;glich der Rechte der Frauen. Kinderheirat und Zwangsheirat seien verboten, Polygamie sei eingeschr&#228;nkt. Die Rechte der Frauen bei einer Scheidung seien erweitert worden, ihre M&#246;glichkeiten bez&#252;glich Erbschaften verbessert. Gem&#228;&#223; Art. 57 des Zivilstandsgesetzes habe die Frau das Sorgerecht &#252;ber die Kinder, bis diese zehn Jahre alt seien. In dieser Zeit m&#252;sse der Vater Unterhaltsgeld f&#252;r die Kinder bezahlen. Das Sorgerecht der Frau k&#246;nne vor Gericht bis zum 15.&#160;Lebensjahr verl&#228;ngert werden, danach d&#252;rfe das Kind entscheiden, wer das Sorgerecht haben solle (SFH, Auskunft der SFH-L&#228;nderanalyse, Irak: Scheidung in KRG-Region, 11.08.2011, S. 1 f.). Seit dem Sturz der Baath-Regierung habe sich jedoch die massive Kritik religi&#246;ser F&#252;hrer weiter verfestigt, welche in der Gesetzeslage einen Widerspruch zur islamischen Rechtsprechung sowie zu Art. 41 der neuen irakischen Verfassung s&#228;hen (&#8222;Iraqis are free in their commitment to their personal status according to their religions, sects, beliefs, or choices and that shall be regulated by law&#8220;; SFH, a.a.O., S. 1). Nach den Angaben einer Kontaktperson vor Ort spr&#228;chen die irakischen Gerichte zudem oft den Ehem&#228;nnern das Sorgerecht zu, da die Frauen oftmals nicht die wirtschaftlichen M&#246;glichkeiten bes&#228;&#223;en, f&#252;r die Familie aufzukommen (SFH, a.a.O., S. 2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich der Lage alleinstehender Frauen in der kurdischen Gesellschaft erkl&#228;rt ein gemeinsamer Bericht des Norwegian Country of Origin Information Center (LANDINFO) und des Danish Immigration Service (DIS) aus November 2018, die Lage geschiedener Frauen sei weiterhin hart und stigmatisierend. Eine gebildete Frau mit ihrem eigenen Einkommen sei in der Lage, in einer Stadt alleine zu leben, sofern sie keinen Ehrenkonflikt mit ihrer Familie habe. Allerdings habe die sich verschlechternde finanzielle Situation im Irak in Kombination mit den allgemein bestehenden sozialen Einschr&#228;nkungen f&#252;r Frauen dahingehend ausgewirkt, dass sich die F&#228;higkeit von Frauen, alleinverantwortlich zu leben, reduziert habe. Eine Frau, die sich dauerhaft au&#223;erhalb einer Stadt aufhalte, so der Bericht im Weiteren, sei nicht in der Lage, alleine zu leben (DIS/LANDINFO, Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, November 2018, S. 13). Alleinstehende Frauen, die in den Irak zur&#252;ckkehrten, seien massiven Schwierigkeiten ausgesetzt, sofern sie kein (famili&#228;res) Netzwerk bes&#228;&#223;en, das sie unterst&#252;tze. Es g&#228;be keine Pl&#228;tze in Notunterk&#252;nften, da diese an einem Mangel &#246;ffentlicher Finanzmittel litten. Eine alleinstehende Frau, die sich mit ihrer Familie &#252;berworfen habe und sich nicht selbst versorgen k&#246;nne, sei zwingend darauf angewiesen, sich mit ihrer Familie zu vers&#246;hnen (DIS/LANDINFO, a.a.O., S. 21).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Es steht &#252;berdies zur &#220;berzeugung des Einzelrichters fest, dass die Kl&#228;gerin zu 1. unter die vorgenannte besondere soziale Gruppe f&#228;llt, weil sie keine belastbaren Bindungen mehr zu ihrer Herkunftsfamilie besitzt, sich dauerhaft von ihrem Ehemann getrennt hat und die gemeinsamen Kinder alleine erzieht. Sie hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung nicht nur glaubhaft geschildert, dass sie sich mit ihrer Herkunftsfamilie im Irak wegen ihrer Partnerwahl &#252;berworfen habe, nunmehr seit Juli&#160;2017 von ihrem Ehemann getrennt lebe und sich zu ihrem Schutz in einem Frauenhaus aufhalte. Des Weiteren erschien sie zur m&#252;ndlichen Verhandlung auch in Begleitung zweier Mitarbeiterinnen dieser Einrichtung. &#220;berdies hat ihr Prozessbevollm&#228;chtigter unter Nennung der einschl&#228;gigen Aktenzeichen auf mehrere bei der Staatsanwaltschaft A-Stadt anh&#228;ngige Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der Kl&#228;gerin zu&#160;1. verwiesen, die u.a. wegen der Verletzung des im Beschluss des Amtsgerichts A-Stadt angeordneten Kontaktverbots laufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Das Gericht ist dar&#252;ber hinaus aufgrund der glaubhaften und substantiierten Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin zu 1. in der m&#252;ndlichen Verhandlung sowie auf Basis der vorliegenden Erkenntnismittel zu der &#220;berzeugung gelangt, dass sie sich im Falle ihrer R&#252;ckkehr in den Irak als alleinerziehende Frau mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von nichtstaatlicher Seite geschlechtsspezifischen Verfolgungsma&#223;nahmen nach &#167; 3 Abs.&#160;1 Nr. 1 Var. 5, &#167; 3a Abs. 2 Nr. 1 Var. 1 AsylG ausgesetzt sehen w&#252;rde. Ihr droht im Falle ihrer R&#252;ckkehr in den Irak mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, von ihrem Ehemann bzw. Angeh&#246;rigen ihrer Familie wegen einer vermeintlichen Verletzung der Familienehre massiv k&#246;rperlich misshandelt, unter Umst&#228;nden auch get&#246;tet zu werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Eine irakische Frau, die gegen den Willen ihrer Herkunftsfamilie heiratet oder sich mit der Anschuldigung konfrontiert sieht, Ehebruch begangen zu haben, muss nach der gegenw&#228;rtigen Erkenntnismittellage in Abh&#228;ngigkeit von ihrer famili&#228;ren Situation sowie ihrem gesellschaftlichen Stand f&#252;rchten, Opfer gewaltsamer &#220;bergriffe bis hin zum sogenannten &#8222;Ehrenmord&#8220; zu werden, d.h. einer rechtswidrigen T&#246;tung durch Familienangeh&#246;rige oder nahestehende Dritte &#8222;zur Wiederherstellung der Familienehre&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Nach dem aktuellen L&#228;nderbericht Irak des Bundesamts f&#252;r Fremdenwesen und Asyl (BFA) f&#252;r das Jahr 2017 bleiben Ehrenverbrechen im ganzen Irak weiterhin ein ernstzunehmendes Problem, das sich derzeit noch zunehmend versch&#228;rft. Die Gr&#252;nde hierf&#252;r seien u.a. die schwachen Strafverfolgungsbeh&#246;rden, die paramilit&#228;rischen religi&#246;sen Milizen, die stark an Macht gewonnen h&#228;tten sowie die zunehmende Verbreitung besonders strenger und konservativer religi&#246;ser Werte. Ehrenverbrechen w&#252;rden in allen Gegenden des Irak und bei allen ethnischen und religi&#246;sen Gruppen begangen, wobei es schwer sei, das wahre Ausma&#223; von Ehrenverbrechen zu erfassen, da viele F&#228;lle nicht angezeigt w&#252;rden. Ehrenmorde w&#252;rden meist begangen, nachdem eine Frau eines der folgenden Dinge getan habe oder dessen auch nur verd&#228;chtigt werde: eine Freundschaft oder voreheliche Beziehung mit einem Mann einzugehen, sich zu weigern, einen von der Familie ausgew&#228;hlten Mann zu heiraten, gegen den Willen der Familie zu heiraten, Ehebruch, oder das Opfer einer Vergewaltigung oder Entf&#252;hrung zu sein. Solche Verletzungen der Ehre w&#252;rden in der irakischen Gesellschaft als unverzeihlich angesehen und k&#246;nnten aus Sicht dieser h&#228;ufig nur getilgt werden, indem man die Frau t&#246;te. Per Definition w&#252;rden Ehrenmorde von einem Familienmitglied ausgef&#252;hrt, es k&#246;nne aber auch sein, dass die Gro&#223;familie, der Clan, die Gemeinde, der Stamm, eine bewaffnete Gruppe oder anderen externe Akteure Druck auf die Familie aus&#252;bten, ein Familienmitglied zu t&#246;ten, das vermeintliche Schande &#252;ber die Familie gebracht habe (BFA, L&#228;nderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24.08.2017, S. 138 f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>Der gemeinsame Bericht des DIS/LANDINFO aus November 2018 f&#252;hrt hinsichtlich der Lage in der kurdischen Autonomieregion aus, unter den Jugendlichen finde ein Umdenken bez&#252;glich der Wahl von Lebenspartnern statt. Zum einen sei es &#252;blicher als fr&#252;her, dass Jugendliche ihren eigenen Partner w&#228;hlten, insbesondere in den St&#228;dten und bei gebildeten Familien. Zum anderen w&#252;rden sich europ&#228;ische Hochzeitstraditionen unter jungen Menschen zunehmender Beliebtheit erfreuen. Allerdings bemesse sich die Frage, ob diese Ver&#228;nderungen akzeptiert w&#252;rden, sehr nach der jeweiligen Herkunftsregion. In l&#228;ndlichen Gebieten w&#252;rden sich alte Traditionen hartn&#228;ckig halten. In einigen St&#228;mmen gelte es als schweres Verbrechen, jemanden au&#223;erhalb des eigenen Stammes zu heiraten (DIS/LANDINFO, Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, November 2018, S. 13). In den gro&#223;en St&#228;dten Erbil und Dohuk herrschten weiterhin konservative Vorstellungen in Bezug auf die Rolle der Frau. Ehrenverbrechen tr&#252;gen sich hier h&#228;ufiger zu und w&#252;rden oftmals von Personen begangen, die aus Stammesregionen in die Stadt gezogen seien. In der Stadt Sulaimaniyya seien Ehrenverbrechen seltener; sie w&#252;rden vielmehr vorwiegend in den Au&#223;enbereichen der Stadt und in den umgrenzenden kleineren Ortschaften begangen. St&#228;dte, in denen es zu Ehrenverbrechen gekommen sei, seien nach Auskunft &#246;rtlicher Kontaktpersonen Ranya, Qaladze, Pesdar, Chamchamal, Kalar und Kirfri. Gerade die Stadt Ranya gilt nach Auskunft mehrerer &#246;rtlicher Kontaktpersonen als besonders konservativ (DIS/LANDINFO, a.a.O., S. 12). Speziell in Ranya sei zudem das Ph&#228;nomen verbreitet, dass eine Frau, deren Herkunftsfamilie ihre Partnerwahl nicht akzeptiere, mit ihrem Ehemann in einen anderen Teil des Landes fl&#252;chte, um sich ggf. nach einigen Jahren wieder mit ihrer Familie zu vers&#246;hnen (DIS/LANDINFO, a.a.O., S. 21).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Das Deutsche Orient Institut (DOI) f&#252;hrt in Bezug auf die Verbreitung von Ehrenverbrechen in der kurdischen Autonomieregion in einer Stellungnahme aus Mai&#160;2017 &#252;berdies aus (DOI, Stellungnahme vom 3. Mai 2017 gegen&#252;ber dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, &#8211; Auskunft zum Beschluss 13 K 8604/16, S.&#160;2 f.):</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#8222;Die Bev&#246;lkerung des kurdischen Tells des Irak hat nach wie vor einen relativ hohen Grad an tribalen, patriarchalen Strukturen. Dies ist tendenziell vermehrt in l&#228;ndlichen Gebieten der Fall. Da ein gro&#223;er Teil der mittlerweile in den urbanen Zentren der Region lebenden Menschen allerdings erst im Zuge der seit einigen Jahrzehnten anhaltenden Urbanisierung in die St&#228;dte zog, sind auch dort solche Beziehungen noch immer relevant. Somit existiert nach wie vor ein Normenkatalog, der vom kodifizierten irakischen (Straf)Recht abweicht. Letzteres stuft das T&#246;ten im Zusammenhang mit der Familienehre explizit als Mord ein. Gleichsam kommt es selten zu Verurteilungen und wenn sind nur geringe Strafen zu erwarten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">In diesen wie bereits erw&#228;hnt patriarchal strukturierten Beziehungen besteht ein ausgepr&#228;gtes Ehrverst&#228;ndnis. Dieses hat die Ehre der Familie &#8212; bzw. erweitert auch die des Clans oder Stammes &#8212; zum Gegenstand. Die Wahrung oder der Verlust der Familienehre ist an das Einhalten und Befolgen sozialer Traditionen und Normen gebunden. Besonders weibliche Familienmitglieder sind hiervon betroffen, denn ihr Verhalten bedingt die Familienehre direkt. M&#228;nner oder Jungen werden in der Regel nur im Falle homosexueller Kontakte bestraft. Ein entscheidender Teil dieses Ehrverst&#228;ndnisses sowie dessen, was solche Normen und Traditionen beinhalten, ist das Sexualleben der weiblichen Familienmitglieder. Jedweder Fall von vor- oder au&#223;erehelichen sexuellen Verh&#228;ltnissen, inklusive Vergewaltigungen, wird als Bedrohung der Familienehre gesehen. Weitere Berichte f&#252;hren zudem Heiraten ohne Zustimmung der Familie, das Abweichen von Kleidungsvorschriften oder Kontakt zu M&#228;nnern au&#223;erhalb der eigenen Familie als Faktoren auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Diese Familienehre zu wahren, obliegt indes den m&#228;nnlichen Familienmitgliedern. Sollten sie also von (als solchem wahrgenommenen) &#8222;Fehlverhalten" erfahren, ist es dem Ehrverst&#228;ndnis folgend ihre Aufgabe, einzugreifen. F&#252;r die weiblichen Familienmitglieder hat dies oftmals k&#246;rperliche Bestrafung bis hin zu &#8222;Ehrenmorden&#8221; zur Folge. Im Falle von Vergewaltigungen kann die Frau auch gezwungen werden, den T&#228;ter zu heiraten. Des Weiteren folgt oftmals eine soziale Brandmarkung, die das soziale Leben sowie etwaige berufliche Perspektiven der Frau enorm einschr&#228;nkt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Die offizielle Zahl der &#8222;Ehrenmorde" liegt in der Regel zwischen 50 und 60 im Jahr. Allerdings stimmen Experten &#252;berein, dass die Dunkelziffer um einiges h&#246;her liegen d&#252;rfte. Denn nur wenn Vorf&#228;lle offiziell gemeldet werden, erscheinen sie in der Statistik. Gleichsam bedingt jedoch die bereits angesprochene Parallelstruktur des Clans, dass dies nicht geschieht.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>In einem im Jahr 2012 ver&#246;ffentlichten Studienbericht stellt das Staatssekretariat f&#252;r Migration der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Staatssekretariat f&#252;r Migration, Report on Joint Finnish-Swiss Fact-Finding Mission to Amman and the Kurdish Regional Government (KRG) Area, May 10-22, 2011, 1. Februar 2012) zudem fest, nach Auskunft der &#246;rtlichen Nichtregierungsorganisation Asuda for Combating Violence against Women seien Ehrenmorde heutzutage in der kurdischen Autonomieregion nicht (mehr) &#252;blich, w&#252;rden jedoch weiterhin geschehen, im Vergleich zum restlichen Irak sogar &#252;berdurchschnittlich oft (Staatssekretariat f&#252;r Migration, a.a.O., S. 37). Nach Sch&#228;tzung der Nichtregierungsorganisation WADI seien seit dem Jahr 1991 ca. 10.000 Frauen Opfer von Ehrenmorden oder Selbstverbrennungen geworden. Im Vergleich zu den 1990er Jahren seien die Todeszahlen zur&#252;ckgegangen, insbesondere in St&#228;dten. Moderne Kommunikationsformen h&#228;tten jedoch neue Risiken geschaffen, da einige Frauen get&#246;tet worden seien, nachdem sie &#252;ber Mobiltelefone Kontakt zu M&#228;nnern aufgenommen h&#228;tten (Staatssekretariat f&#252;r Migration, a.a.O., S. 41; siehe ferner: Artikel des Independent vom 16. Mai 2008, &#8222;How picture phones have fuelled frenzy of honour killings in Iraq&#8220;).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Der Danish Immigration Service (DIS) hebt in diesem Zusammenhang ebenfalls hervor, das Gut der famili&#228;ren Ehre sei in der kurdischen Gesellschaft elementar. Verst&#246;&#223;e hiergegen w&#252;rden mit zunehmendem Zeitablauf nicht an Bedeutung verlieren, vielmehr k&#246;nne die verletzte Familie noch &#252;ber Jahre oder gar &#252;ber Generationen hinweg Vergeltung suchen (DIS, Honour Crimes against Men in Kurdistan Region of Iraq (KRI) and the Availability of Protection, M&#228;rz 2010, S. 3). Sofern die Familie einem geflohenen Paar nicht bereits aktiv nachstellt und sodann Gewalt aus&#252;bt, sind auch F&#228;lle dokumentiert, in denen der t&#246;dliche Angriff erfolgte, nachdem die Familie das Paar zun&#228;chst unter dem Deckmantel der Vers&#246;hnung zur R&#252;ckkehr bewegt hatte (Staatssekretariat f&#252;r Migration, Report on Joint Finnish-Swiss Fact-Finding Mission to Amman and the Kurdish Regional Government (KRG) Area, May&#160;10-22, 2011, S. 42). Zudem werden nach Erkenntnissen des Europ&#228;ischen Zentrums f&#252;r kurdischen Studien Stammesverbindungen daf&#252;r eingesetzt, um Personen aufzusp&#252;ren, an denen Blutrache ausge&#252;bt werden soll, auch wenn es keinen Erfahrungssatz dahingehend gebe, dass sich s&#228;mtliche Stammesangeh&#246;rige an einer Suche beteiligten. Ein besonderes Entdeckungsrisiko bestehe dann, wenn der betreffende Stamm zu den besonders einflussreichen St&#228;mmen z&#228;hle, deren Angeh&#246;rige z.B. mehrheitlich eine N&#228;he zur Demokratischen Partei Kurdistan aufwiesen und exponierte Positionen im Staatsapparat besetzten (EZKS, Auskunft vom 14. Juli 2006 gegen&#252;ber dem VG Regensburg &#8211; RO 4K 05.30031, S. 2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Das Deutsche Orient-Institut (DOI) f&#252;hrt in einem Gutachten aus Juni&#160;2005 aus, der blo&#223;e Umstand einer Trennung bzw. Scheidung begr&#252;nde nicht die Gefahr eines &#8222;Ehrenmordes&#8220; zur Wahrung des familieninternen Verst&#228;ndnisses von Ehre und Ansehen (DOS, Gutachten vom 14. Juni 2005 &#8211; Az.: 1789 al/br, S. 2-4). Schande k&#246;nnte die Betroffene ihrer Familie indessen dann bringen, wenn sie nach der Trennung einen &#8222;sittenlosen Lebenswandel&#8220; f&#252;hren w&#252;rde. In einem solchen Fall w&#252;rden die m&#228;nnlichen Familienangeh&#246;rigen sie zun&#228;chst zur Ordnung rufen und, bei einem massiven Versto&#223; gegen die dortigen Anschauungen, ihr auch k&#246;rperlich nahetreten (DOI, a.a.O., S.&#160;3). Die T&#246;tung einer Frau drohe dann, wenn der Ehemann sich scheiden lasse, weil die Ehefrau in ehebrechender Weise unerlaubte Beziehungen zu anderen M&#228;nnern unterhalten habe (DOI, erg&#228;nzendes Gutachten vom 30. Januar 2006 &#8211; Az.: 1789 al/br, S. 6). Naturgem&#228;&#223; verf&#252;ge der Mann dabei &#252;ber die M&#246;glichkeit, seine Frau &#8222;nach allen Regeln der Kunst&#8220; schlecht zu machen und ihr die (mittelbare) Verantwortung f&#252;r die Scheidung zuzuschieben. In einem solchen Fall w&#252;rde das pers&#246;nliche Umfeld ihm glauben, nicht hingegen der Frau, und zwar selbst dann, wenn alle Evidenz gegen den Mann spreche (DOI, a.a.O., S.&#160;8&#160;f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>Nach einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Heartland Alliance aus Januar&#160;2011 (Heartland Alliance, Institutionalized Violence Against Women and Girls. Laws and Practices in Iraq, Januar 2011, https://www.heartlandalliance.org/international/wp-content/uploads/sites/15/2017/02/Institutionalized-Violence-Against-Women-and-Girls-in-Iraq-Laws-and-Practices-January-2011.pdf, S. 21; auszugsweise abgedruckt bei SFH, Schnellrecherche der SFH-L&#228;nderanalyse vom 5. Februar 2011 zum Irak: Frauenh&#228;user in Kirkuk, S. 5 f.) stellt Ehebruch im Irak ebenso wie in den meisten anderen muslimischen L&#228;ndern eine Straftat nach Art. 377 des irakischen Strafgesetzbuchs (Iraqi Penal Code (IPC)) dar, welche als Vergehen im Sinne des Art. 26 Abs. 1 IPC mit einer Gef&#228;ngnisstrafe zwischen drei Monaten und f&#252;nf Jahren zu bestrafen ist. M&#228;nner seien ebenfalls nach dieser Vorschrift strafbar, jedoch diskriminiere das irakische Recht Frauen dahingehend, dass diese unabh&#228;ngig vom Ort der Begehung des Ehebruchs zu bestrafen seien (Art. 377 Abs. 1 IPC). M&#228;nner seien nur strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, sofern sie den Ehebruch in der ehelichen Wohnung begingen (Art. 377 Abs. 2 IPC). Die Heartland Alliance f&#252;hrt im vorgenannten Bericht &#252;berdies aus, die irakische Gesellschaft sehe Ehebruch als gravierendes soziales Vergehen gegen die Ehre der Familie, der Gemeinschaft und des Stammes an. Infolgedessen m&#252;ssten Frauen ernsthaft bef&#252;rchten, dass die Familie ihres Ehemannes oder ihre Herkunftsfamilie sie &#8222;zur Wiederherstellung der Ehre&#8220; t&#246;ten w&#252;rden (Heartland Alliance, a.a.O., S. 21). Die T&#246;tung wegen Ehebruchs gelte dabei als einer von mehreren sozial anerkannten Gr&#252;nden, Frauen wegen der &#8222;Entehrung der Familie&#8220; zu t&#246;ten. Dabei k&#246;nne bereits die blo&#223;e Anschuldigung, Ehebruch begangen haben, die Grundlage f&#252;r einen &#8222;Ehrenmord&#8220; sein, wobei gerade Frauen die B&#252;rde obliege, die Familienehre zu wahren. Ehem&#228;nner, die ihre Frauen misshandelten, w&#252;rden den Straftatbestand zudem h&#228;ufig als Drohkulisse nutzen, um ihre Frauen gef&#252;gig zu halten, aber auch dazu, um sich selbst zur Vorbereitung einer neuen Ehe unter vereinfachten Bedingungen scheiden zu lassen (Heartland Alliance, a.a.O., S.&#160;21). Frauen, die des Ehebruchs angeklagt und/oder verurteilt w&#252;rden, verl&#246;ren &#252;blicherweise das Sorgerecht f&#252;r ihre Kinder und k&#246;nnten sich unter keinen Umst&#228;nden wieder sicher in ihre Herkunftsfamilien oder &#246;rtlichen Gemeinschaften integrieren (Heartland Alliance, a.a.O., S. 21).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p>Diese Erkenntnismittellage zum Risiko von Frauen in der kurdischen Autonomieregion, die gegen den Willen ihrer Herkunftsfamilie heiraten und/oder des Ehebruchs bezichtigt werden, finden ihre sachliche Entsprechung in der pers&#246;nlichen Anh&#246;rung der Kl&#228;gerin zu 1. in der m&#252;ndlichen Verhandlung. Das Gericht ist aufgrund ihrer glaubhaften und substantiierten Angaben sowie der vorliegenden Beweismittel zu der &#220;berzeugung gelangt, dass ihr im Falle einer R&#252;ckkehr die beachtliche Wahrscheinlichkeit droht, Opfer von Gewalttaten durch ihren Ehemann oder Familienangeh&#246;rige zu werden, die bis zum sogenannten Ehrenmord reichen k&#246;nnen. Die Kl&#228;gerin zu. 1 schilderte das Geschehen insbesondere im Kerngeschehen logisch konsistent, mit einem erheblichen quantitativen Detailreichtum nebst Nennung ungew&#246;hnlicher Details, im Zuge einer unstrukturierten Erz&#228;hlweise nebst spontaner Erg&#228;nzungen bzw. Verbesserungen, unter Wiedergabe von Komplikationen im Handlungsverlauf, unter Beschreibung deliktsspezifischer Merkmale sowie unter Angabe r&#228;umlich-zeitlicher Verkn&#252;pfungen nebst Schilderung der Motivations- und Gef&#252;hlslage der Beteiligten sowie pr&#228;gnanter &#196;u&#223;erungen. Zudem erwies sich die Schilderung in Bezug auf das verfolgungsrelevante Kerngeschehen im Wesentlichen als inhaltlich konstant mit der vorangegangenen Aussage gegen&#252;ber dem Bundesamt. Soweit die Kl&#228;gerin zu 1. in Bezug auf einen Aspekt von den beim Bundesamt protokollierten Feststellungen abwichen, konnte sie hierf&#252;r plausible Gr&#252;nde dartun. Diesbez&#252;glich wird im Einzelnen auf die ausf&#252;hrliche Sitzungsniederschrift verwiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin zu 1. hat insbesondere glaubhaft dargelegt, dass ihr Vater sie wegen der Wahl ihres Partners bereits in der Verlobungsphase im Irak mit dem Tode bedroht habe, ferner, dass dass sie ihren Ehemann gegen den Willen ihres Vaters und entgegen der in ihrer Familie vorherrschenden Stammestraditionen geheiratet habe. Ihr Vater besitze ein Autohaus sowie eine Betonblockfirma und sei sehr wohlhabend. Zus&#228;tzlich sei er Mitglied der Partei PUK und bekleide dort eine milit&#228;rische Funktion, d.h. er habe ein Regiment unter sich und sei &#8222;wie ein Pr&#228;sident&#8220; bewacht worden. Jeden Monat sei er f&#252;r ca. zehn Tage zum Dienst gerufen worden und habe dann gemeinsam mit dem ihm unterstellten bewaffneten Wachpersonal an ausw&#228;rtigen Milit&#228;reins&#228;tzen teilgenommen. In ihrer Familie g&#228;lten die Regeln ihres Stammes, der in Ranya und in der Umgebung beheimatet sei. Ihre Eltern h&#228;tten sich getrennt, weil ihr Vater mehrere Ehefrauen h&#228;tte haben wollen und deshalb eine Cousine v&#228;terlicherseits ihrer Mutter geheiratet habe; ihres Mutter sei mittlerweile verstorben. Sie selbst, d.h. die Kl&#228;gerin zu 1., habe stets Angst gehabt, dass sie zwangsweise verheiratet werde wie beispielsweise ihre Tanten v&#228;terlicherseits. Ihr Ehemann habe drei- bis viermal um ihre Hand angehalten. Der Vater habe jedoch abgelehnt und habe gesagt, dass sie noch ein Kind sei. Er habe sie selbst dabei auch geschlagen und ihr gesagt, dass sie nicht zu entscheiden habe in Bezug auf ihr Leben. Zudem habe er ihr gedroht: &#8222;N&#228;chstes Mal, wenn der Junge zu uns kommt, werde ich Dich t&#246;ten.&#8220; Das letzte Mal, als ihr sp&#228;terer Ehemann um ihre Hand angehalten habe, habe ihr Vater sie geschlagen und drei Tage in einem Zimmer eingesperrt. Am letzten Tag sei ihr Vater in das Zimmer gekommen, habe ihr ins Gesicht gespuckt und sie eine Schlampe genannt. Ihrem j&#252;ngeren Bruder habe er eine Kalaschnikow in die Hand gegeben und gesagt: &#8222;Ich m&#246;chte, sie [d.h. die Kl&#228;gerin zu 1.] nicht mehr haben.&#8220; Er habe ihren Bruder aufgefordert, sie zu t&#246;ten und gesagt: &#8222;Wenn jemand fragt, werden wir sagen, das Kind hat mit der Waffe gespielt; es sei ein Unfall gewesen.&#8220; Ihre Stiefm&#252;tter h&#228;tten dies jedoch nicht zugelassen, laut geschrien und ihrem Bruder die Waffe weggenommen. Sp&#228;ter habe sie, d.h. die Kl&#228;gerin zu 1., mit dem Handy ihrer Stiefmutter ihren Ehemann angerufen. Dieser habe sie aufgefordert zur Stra&#223;e hinter dem Haus zu kommen. Sie habe gegen&#252;ber ihrer Familie einen Vorwand angegeben und gesagt, dass sie zum Kiosk bzw. Supermarkt gehen wolle. Hinter dem Haus habe ihr Ehemann dann in einem Taxi auf sie gewartet. Der Taxifahrer habe sie an einen anderen Punkt gebracht, von wo aus sie mit dem Auto des Vaters ihres Ehemannes weitergefahren seien. Von dort seien sie weitergefahren in das Dorf J. und h&#228;tten dort religi&#246;s bei einem Mullah geheiratet. Gewohnt h&#228;tten sie in einem Haus, das dem Vater ihres Ehemannes geh&#246;re. Ihr Ehemann sei in dieser Zeit keiner Berufst&#228;tigkeit nachgegangen, sondern habe hinter dem Haus Gem&#252;se angepflanzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>Der Glaubhaftigkeit dieser &#196;u&#223;erungen steht auch nicht entgegen, dass die Kl&#228;gerin zu&#160;1. ausweislich der Feststellungen im Anh&#246;rungsprotokoll des Bundesamts angegeben haben soll, ihr Vater habe ihren Bruder &#8222;auf einem Ausflug&#8220; zu ihrer T&#246;tung aufgefordert. Das Gericht geht davon aus, dass es sich hierbei um ein Missverst&#228;ndnis bei der &#220;bersetzung handelt. Hierf&#252;r spricht zum einen, dass die auf S. 4 f. des Protokolls festgehaltene Feststellung in sich widerspr&#252;chlich ist, da die Kl&#228;gerin zu 1. einerseits angegeben haben soll, sie sei [nur] mit ihrem Vater und ihrem Bruder &#8222;zu einem Ausflug&#8220; nach Darband gegangen, wo ersterer letzteren zu ihrer Ermordung aufgefordert habe, andererseits aber, ihre Stiefmutter habe dann die T&#246;tung verhindert. Zum anderen hat die Kl&#228;gerin zu 1. substantiiert geschildert, der Vorfall habe sich in der Zeit zugetragen, als sie in ihrem Zimmer eingesperrt gewesen sei. Ihr Vater habe ihren Bruder aufgefordert sie zu t&#246;ten und habe gesagt: &#8222;Ansonsten werde ich ihre Leiche in das &#8222;kleine Meer&#8220; werfen.&#8220; Damit habe er auf einen beliebten (Ausflugs-)See angespielt, der sich in dem Ort Darband befinde, welcher in der N&#228;he von Ranya liege.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>Ebenso hat die Kl&#228;gerin zu 1. glaubhaft geschildert, dass ihr Ehemann, der Kl&#228;ger im Verfahren 6 A 4443/18, sie &#252;ber eine l&#228;ngere Zeit k&#246;rperlich misshandelt, nach der Trennung mit dem Tode bedroht und gegen&#252;ber ihren im Irak lebenden Familienangeh&#246;rigen wahrheitswidrig behauptet habe, sie pflege in Deutschland einen sittlich anst&#246;&#223;igen Lebenswandel und habe Ehebruch begangen. Diesbez&#252;glich hat sie nicht nur in einem au&#223;erordentlichen Detailreichtum geschildert, wie ihr Ehemann sie vor den gemeinsamen Kindern misshandelte und sie nach seiner Verweisung aus der Asylbewerberunterkunft immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten aufsuchte und bedrohte. Sie vermochte gleicherma&#223;en konkret darzutun, wie ihr Ehemann ihr gedroht habe, sie vor eine Stra&#223;enbahn zu schubsen, falls sie die Strafanzeigen gegen ihn nicht zur&#252;ckziehe. Ebenso hat sie substantiiert dargelegt, dass sie telefonisch von ihrem j&#252;ngeren Bruder zweimal gewarnt worden sei, dass ihre Familie ihr nach dem Leben trachte. Schlie&#223;lich hat sie in der m&#252;ndlichen Verhandlung eine E-Mail des Frauenhauses A-Stadt vom 11. Dezember 2017 an ihre Anw&#228;ltin vorgelegt, welche einen Screenshot ihres Mobiltelefons nebst &#220;bersetzung beinhaltet. Hiernach schrieb der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. u.a. auf Kurdisch: &#8222;Ruf Deinen Bruder [&#8230;] an und frag nach, ob er was von Deinem Ehebruch wei&#223;.&#8220; Der Einzelrichter hat keinen Anlass, an der Authentizit&#228;t des bereits ein Jahr vor der m&#252;ndlichen Verhandlung erstellten Screenshots zu zweifeln, zumal die Mitarbeiterin des Frauenhauses, welche die E-Mail und die &#220;bersetzung erstellt hatte, die Kl&#228;gerin zu 1. in die m&#252;ndliche Verhandlung begleitete.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_62">62</a></dt> <dd><p>Die der Kl&#228;gerin zu 1. drohende Verfolgung ist auch rechtlich beachtlich im Sinne des &#167;&#160;3c AsylG. Hiernach kann die Verfolgung ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die in Nummer 2 der Norm genannten Akteure einschlie&#223;lich internationaler Organisationen erwiesenerma&#223;en nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des &#167; 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabh&#228;ngig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3). Letzteres ist hier der Fall. Unter Ber&#252;cksichtigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel steht der Kl&#228;gerin zu 1. gegen&#252;ber der ihr im Irak drohenden geschlechtsspezifischen Verfolgung durch ihre Familienangeh&#246;rigen und ihren Ehemann kein effektiver Schutz durch staatliche Organe zur Verf&#252;gung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_63">63</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 3d Abs. 1 Nr. 1 AsylG kann Schutz vor der Verfolgung u.a. vom Staat geboten werden, sofern dieser willens und in der Lage ist, Schutz gem&#228;&#223; &#167; 3d Abs. 2 AsylG zu leisten. Hiernach muss der Schutz vor Verfolgung wirksam und darf nicht nur vor&#252;bergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gew&#228;hrleistet, wenn die in &#167; 3d Abs.&#160;1 AsylG genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausl&#228;nder Zugang zu diesem Schutz hat. Letzteres setzt voraus, dass die Betroffenen einen realistischen Zugang zu den Schutzma&#223;nahmen haben, was insbesondere erfordert, dass sie den Schutz gefahrenfrei in Anspruch nehmen k&#246;nnen (Kluth, in: BeckOK AuslR, Stand: November 2017, &#167; 3d AsylG, Rn. 3). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Kl&#228;gerin zu 1. nicht gegeben. Ihr ist es nicht m&#246;glich, im Falle ihrer R&#252;ckkehr auf eine f&#252;r sie zumutbare Weise wirksamen Schutz vor der Bedrohung durch ihre Familie v&#228;terlicherseits bzw. ihren Ehemann zu erlangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_64">64</a></dt> <dd><p>Das britische Innenministerium verweist in einem aktuellen Bericht aus August 2017 auf eine Stellungnahme der Kurdish and Middle Eastern Women&#8217;s Organisation (KMEWO) aus Mai 2014, der zufolge die kurdischen Beh&#246;rden als nicht willens oder nicht in der Lage erschienen, von Ehrverbrechen bedrohten Personen Schutz zu bieten (Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Kurdish &#8216;honour&#8217; crimes, Version 1.0, August 2017, Rn. 8.5.8). Dieses deckt sich mit einer Auskunft des Hohen Menschenrechtskommissars der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2015 (Danish Refugee Council (DRC) and Danish Immigration Service (DIS), &#8216;The Kurdistan Region of Iraq (KRI) &#8211; Access, Possibility of Protection, Security and Humanitarian Situation &#8211; Report from fact finding mission to Erbil, the Kurdistan Region of Iraq (KRI) and Beirut, Lebanon, 26 September to 6 October 2015&#8217;, April 2016, S. 48).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_65">65</a></dt> <dd><p>Nach Erkenntnissen des britischen Innenministeriums erweist sich die Strafverfolgungspraxis in der kurdischen Autonomieregion grunds&#228;tzlich als effektiver im Vergleich zum S&#252;d- bzw. Zentralirak, wobei das Niveau nochmals von Gebiet zu Gebiet variiere. Nach Angaben &#246;rtlicher Auskunftspersonen h&#228;tten die kurdischen Beh&#246;rden das Potential, in den von ihnen kontrollierten Territorien sehr effektive Sicherheit zu gew&#228;hrleisten. Sofern sie allerdings eine bestimmte Person nicht sch&#252;tzen wollten, k&#246;nnten sie diese Entscheidung ebenfalls sehr effektiv durchsetzen. Hiermit korrespondierend h&#228;nge die M&#246;glichkeit, staatlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, davon ab, wer der Verfolger sei. Die Polizei und das Gerichtssystem seien anf&#228;llig gegen&#252;ber dem Einfluss politischer Akteure sowie bekannter Familien und St&#228;mme. Dies k&#246;nne zur Folge haben, dass ein T&#228;ter eines Ehrverbrechens trotz einer eindeutigen belastenden Beweislage freigesprochen werde (Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Kurdish &#8216;honour&#8217; crimes, Version 1.0, August 2017, Rn. 8.5.1; ebenso: DIS, Honour Crimes against Men in Kurdistan Region of Iraq (KRI) and the Availability of Protection, M&#228;rz 2010, S. 9). Nach Aussage des Danish Immigration Service, die sich auf Erkenntnisse des Hohen Menschenrechtskommissars der Vereinten Nationen st&#252;tzt, bringe die &#246;rtliche Bev&#246;lkerung den kurdischen Strafverfolgungsbeh&#246;rden wenig Achtung entgegen. Trotz einiger ausgezeichneter Gesetze, die internationalen Standards entspr&#228;chen, reagierten die Gerichte oft nicht auf Rechtschutzgesuche. Der Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz sei abh&#228;ngig von der ethnischen und religi&#246;sen Zugeh&#246;rigkeit, dem jeweiligen Stamm, Beziehungen, Familie und Verwandten. F&#252;r den Einzelnen sei es sehr schwierig, wenn nicht gar unm&#246;glich, selbst f&#252;r seine Rechte einzutreten (Danish Refugee Council (DRC) and Danish Immigration Service (DIS), &#8216;The Kurdistan Region of Iraq (KRI) &#8211; Access, Possibility of Protection, Security and Humanitarian Situation &#8211; Report from fact finding mission to Erbil, the Kurdistan Region of Iraq (KRI) and Beirut, Lebanon, 26 September to 6 October 2015&#8217;, April&#160;2016, S. 45). Konkretisiert wird diese Auskunft in der aktuellen Stellungnahme aus November 2018. Nach Auskunft mehrerer Kontaktpersonen w&#252;rden die Gesetze gegen Ehrenverbrechen in der kurdischen Autonomieregion nicht effektiv umgesetzt. Ein Grund hierf&#252;r sei, dass die herrschenden Parteien in einigen F&#228;llen die T&#228;ter sch&#252;tzen w&#252;rden, was oftmals zu Freispr&#252;chen f&#252;hre. Die politischen Parteien w&#252;rden nicht nur ihre eigenen Mitglieder sch&#252;tzen, sondern auch einflussreiche Personen und solche, die mit ihnen affiliiert seien (DIS/LANDINFO, Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, November 2018, S. 15 f.). Nach Angabe einer akademischen Quelle w&#252;rden nur finanziell schlechtgestellte T&#228;ter ohne Einfluss bzw. Beziehungen verurteilt. Wohlhabende Personen oder solche mit Beziehungen zu den herrschenden Parteien seien in der Lage, Richter durch politischen Druck, Bestechungsgelder oder falsche Alibis zu manipulieren. Der Quelle selbst sei kein Fall bekannt, in dem jemals ein hochrangiges Mitglied der beiden Parteien KDP oder PUK jemals f&#252;r die T&#246;tung einer Frau verurteilt worden sei (DIS/LANDINFO, a.a.O., S. 16).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_66">66</a></dt> <dd><p>Zahlreiche Beispielsf&#228;lle, so auch das britische Innenministerium, w&#252;rden die Unf&#228;higkeit des Gerichtssystems verdeutlichen, einen Abschreckungseffekt gegen&#252;ber Straftaten zum Nachteil von Frauen zu entfalten, ferner die weiterhin deutlich sichtbare Tendenz, Ehrverletzungen als eine Rechtfertigung f&#252;r Gewalt zu akzeptieren. Als Faustregel lie&#223;e sich festhalten, dass Ehrenverbrechen entweder nicht angezeigt oder nicht verfolgt w&#252;rden. Die Polizei und die Gerichte w&#252;rden die bestehenden Gesetze gegen Ehrenmorde nicht umsetzen, weil sie die Ansicht vertr&#228;ten, diese unterfielen der Verantwortungs- und Ermessensebene der m&#228;nnlichen Familienmitglieder. Nur wenige dieser F&#228;lle w&#252;rden tats&#228;chlich bei Gericht landen, und wenn dies einmal gesch&#228;he, erhielten die T&#228;ter Freispr&#252;che oder lediglich &#228;u&#223;erst milde Strafen. Nach Auskunft der Nichtregierungsorganisation WADI sei keine Person, die eine durch Ehrverletzungen motivierte Straftat begangen habe, jemals zu einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren verurteilt worden, sofern der Betroffene &#252;berhaupt eine Haftstrafe erhalten habe. Zudem bestehe stets die M&#246;glichkeit, nach Abschluss einer innerfamili&#228;ren Schlichtungsvereinbarung oder einer &#220;bereinkunft zwischen zwei beteiligten St&#228;mmen eine fr&#252;hzeitige Haftentlassung zu erhalten (Home Office, Country Policy and Information Note Iraq: Kurdish &#8216;honour&#8217; crimes, Version 1.0, August 2017, Rn. 8.5.1 ff.). Auch nach Auskunft des DIS/LANDINFO, die sich auf Angaben &#246;rtlicher Kontaktpersonen beruft, erhalten T&#228;ter von Ehrverbrechen lediglich geringe Strafen, zum Teil lediglich Haftstrafen von einem Jahr. Teilweise w&#252;rden Personen auch freigesprochen und die Taten als Selbstt&#246;tungen eingeordnet, obwohl der gerichtsmedizinische Report eine Schussverletzung als Todesursache angebe. Sofern die Familie erkl&#228;re, sie verzeihe dem T&#228;ter, werde er eine geringere Strafe oder sogar eine Amnestie erhalten, insbesondere bei einflussreichen Personen. Das Gleiche gelte, wenn der T&#228;ter zum ersten Mal straff&#228;llig geworden sei. In manchen F&#228;llen beauftrage die Familie gezielt einen Minderj&#228;hrigen mit der Durchf&#252;hrung eines Ehrenmordes, da dieser ebenfalls eine geringe Strafe erhalten w&#252;rde (DIS/LANDINFO, Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, November 2018, S. 17). Der Danish Immigration Service nimmt zudem auf die Angaben &#246;rtlicher Quellen Bezug, denen zufolge es sehr wahrscheinlich sei, dass ein T&#228;ter eines Ehrverbrechens im Falle einer (vorzeitigen) Verhaftung und Verurteilung ein noch st&#228;rkeres Bed&#252;rfnis entwickele, Rache zu nehmen. Im &#220;brigen bestehe auch die M&#246;glichkeit, dass seine Familie w&#228;hrend der Dauer der Inhaftierung an seiner Stelle versuche, Rache auszu&#252;ben (Danish Immigration Service, Honour Crimes against Men in Kurdistan Region of Iraq (KRI) and the Availability of Protection, M&#228;rz 2010, S. 9).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_67">67</a></dt> <dd><p>Der gemeinsame Bericht des DIS/Landinfo erkl&#228;rt des Weiteren, dass von Ehrverbrechen bedrohte Frauen faktisch keinen Schutz durch Polizeibeh&#246;rden erhielten. Polizeibeamte w&#252;rden Frauen in vielen F&#228;llen erkl&#228;ren, dass dies eine innerfamili&#228;re Angelegenheit sei, sie beschwichtigend auffordern, mit ihrer Familie zu reden oder sie direkt zu ihrer Familie zur&#252;ckschicken. Alternativ w&#252;rden sie die Frauen pers&#246;nlich f&#252;r die Bedrohung oder die Gewaltaus&#252;bung verantwortlich machen; zum Teil bestehe au&#223;erdem das Risiko, dass Polizisten selbst die Frauen bel&#228;stigten (DIS/LANDINFO, a.a.O., S.&#160;18).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_68">68</a></dt> <dd><p>Nach den Erkenntnissen des &#246;sterreichischen Bundesamts f&#252;r Fremdenwesen und Asyl bestehen dar&#252;ber hinaus im Irak im Allgemeinen keine Zufluchtsst&#228;tten f&#252;r von Ehrenverbrechen bedrohten Frauen. In der kurdischen Autonomieregion existierten zwar drei offizielle Frauenh&#228;user, aber um in einem solchem unterkommen zu d&#252;rfen, sei ein Gerichtsbeschluss erforderlich, was ein betr&#228;chtliches Hindernis f&#252;r eine bedrohte Frau darstelle. Dar&#252;ber hinaus k&#228;me es h&#228;ufig vor, dass die Beh&#246;rden ohne Zustimmung des Opfers den T&#228;ter zu dem Frauenhaus br&#228;chten und auf Kosten des Opfers versuchten, eine L&#246;sung auszuhandeln. Sofern einige Frauenrechtsorganisationen im Irak Bestrebungen h&#228;tten, im Geheimen inoffizielle Unterk&#252;nfte zu betreiben, w&#252;rden diese oft von den Beh&#246;rden geschlossen, die solche Einrichtungen scheinbar teilweise als Bordelle betrachteten. Es sei nicht un&#252;blich, dass Frauen f&#252;r l&#228;ngere Zeit in Polizei-Gef&#228;ngniszellen s&#228;&#223;en, weil sie von ihren Familien bedroht w&#252;rden und keine andere Unterkunftsm&#246;glichkeit bes&#228;&#223;en (BfA, L&#228;nderinformationsblatt der Staatendokumentation: Irak, 24. August 2017 (letzte Kurzinformation eingef&#252;gt am 23. November 2017), S. 139 f.). Der Bericht des DIS/LANDINFO erg&#228;nzt dies um den Hinweis, in eiligen F&#228;llen k&#246;nne sich eine Frau direkt an ein Frauenhaus wenden und einen Gerichtsbeschluss &#252;ber die Unterbringung nachtr&#228;glich erwirken. Allerdings d&#252;rften untergebrachte Frauen die Frauenh&#228;user auch nicht ohne Gerichtsbeschluss verlassen. Zudem d&#252;rften Familienangeh&#246;rige die Frauen auch ohne deren Zustimmung weiterhin im Frauenhaus aufsuchen (DIS/LANDINFO, a.a.O., S. 18). Das schweizerische Staatssekretariat f&#252;r Migration teilt zudem unter Berufung auf Erkenntnisse der Nichtregierungsorganisation WADI mit, eine von einem Ehrverbrechen bedrohte Frau erhalte keine Hilfe seitens der kurdischen Regionalregierung, um in einen anderen Teil des Landes zu ziehen (Staatssekretariat f&#252;r Migration, Report on Joint Finnish-Swiss Fact-Finding Mission to Amman and the Kurdish Regional Government (KRG) Area, May 10-22, 2011, 1. Februar 2012, S. 44).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_69">69</a></dt> <dd><p>&#220;berdies steht der Kl&#228;gerin vor der weiterhin drohenden Schadensgefahr kein interner Schutz im Sinne von &#167; 3e Abs. 1 AsylG zur Verf&#252;gung. Hiernach wird einem Ausl&#228;nder der Fl&#252;chtlingsstatus nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begr&#252;ndete Furcht vor dem drohenden ernsthaften Schaden oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach &#167;&#160;3d AsylG hat (&#167; 3e Abs. 1 Nr. 1 AsylG) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vern&#252;nftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederl&#228;sst (&#167; 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erf&#252;llt. Die Kammer nimmt in st&#228;ndiger Rechtsprechung an (s. etwa: Urteil v. 26.10.2017 - 6 A 7844/17 und 6 A 9126/17), dass sich Fl&#252;chtlinge im Irak aufgrund der vorherrschenden humanit&#228;ren Verh&#228;ltnisse in aller Regel nicht dauerhaft in andere Landesteile begeben k&#246;nnen (zu den Fluchtm&#246;glichkeiten innerhalb der kurdischen Autonomieregion bei einem drohenden Ehrenmord s. VG Hannover, Urt. v. 11.6.2018 &#8211; 6 A 7325/16, juris Rn.&#160;54 f.). Auch der Hohe Fl&#252;chtlingskommissar der Vereinten Nationen weist in einer Auskunft aus April 2018 darauf hin, dass interne Fluchtalternativen im Irak in Anbetracht der gegenw&#228;rtigen Sicherheitslage und humanit&#228;ren Verh&#228;ltnisse allenfalls in Ausnahmef&#228;llen gegeben seien (UNHCR, Auskunft vom 25. April 2018 gegen&#252;ber dem VG Sigmaringen zum Beweisbeschluss vom 19. Oktober 2017 &#8211; A 1 K 5641/16 &#8211;, S. 2). Dieser negative Befund gilt erst recht im Falle der Kl&#228;gerin zu 1., die sich als alleinerziehende Mutter zweier minderj&#228;hriger Kinder, wie dargestellt, sowohl in der kurdischen Autonomieregion als auch im restlichen Irak in einer besonders verletzlichen Position befindet und nicht in der Lage ist, alleinverantwortlich ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_70">70</a></dt> <dd><p>Anhaltspunkte f&#252;r Ausschlussgr&#252;nde gegen&#252;ber der Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft nach &#167; 3 Abs. 2, Abs. 3 AsylG sowie &#167; 60 Abs. 8 S. 1 AufenthG bestehen nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>2.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_71">71</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger zu 2. und 3. haben als zum Zeitpunkt der Asylantragstellung (&#167; 14a Abs. 1, Abs. 2 AsylG) minderj&#228;hrige Kinder der Kl&#228;gerin zu 1. ebenfalls einen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft (&#167; 26 Abs. 2, Abs. 5 S. 1, S. 2 AsylG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_72">72</a></dt> <dd><p>Der unanfechtbaren Anerkennung des Stammberechtigten, die nach &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 AsylG f&#252;r die Gew&#228;hrung von Familienfl&#252;chtlingsschutz erforderlich ist, steht dabei die rechtskr&#228;ftige gerichtliche Verpflichtung des Bundesamts f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge zur Anerkennung des Stammberechtigten gleich (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.05.2009 - 10 C 21/08, NVwZ 2009, S. 1308). Die in &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AsylG normierte Voraussetzung, dass die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft f&#252;r den Stammberechtigten, d.h. die Kl&#228;gerin zu 1., unanfechtbar bzw. rechtskr&#228;ftig geworden sein muss, ber&#252;cksichtigt das Gericht im vorliegenden Fall dadurch, dass die Beklagte lediglich verpflichtet wird, die positive Entscheidung bez&#252;glich der Kl&#228;ger zu 2. und 3. unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Rechtskraft des die Kl&#228;gerin zu 1. betreffenden Teils des vorliegenden Urteils auszusprechen. Auf diese Weise wird der Eintritt der Voraussetzungen des zu erteilenden Verwaltungsakts gew&#228;hrleistet. Anders als ein aufl&#246;send bedingter Urteilstenor steht dies mit Prozessrecht im Einklang (VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 12. Dezember 2017 &#8211; A 6 K 5424/17 &#8211;, juris Rn. 32 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>3.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_73">73</a></dt> <dd><p>Die im streitgegenst&#228;ndlichen Bescheid des Bundesamtes enthaltene Abschiebungsandrohung ist hinsichtlich der Bezeichnung Irak als Zielstaat gem&#228;&#223; &#167; 113 Abs. 1 S.&#160;1&#160;VwGO aufzuheben. Die Kl&#228;ger haben einen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft, was nach &#167; 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AsylG der Bezeichnung des Staates Irak in der Abschiebungsandrohung entgegensteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 &#8211; 10 C 8/07 - BVerwGE 129, 251).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_74">74</a></dt> <dd><p>Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach &#167; 11 Abs. 1 AufenthG ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung gegenstandslos geworden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_75">75</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem&#228;&#223; &#167; 83b AsylG nicht erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_76">76</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit beruht auf &#167; 167 VwGO in Verbindung mit &#167; 708 Nr. 11 und &#167;&#160;711 S. 1, S.&#160;2&#160;ZPO.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000250&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
171,168
vg-magdeburg-2018-12-19-8-e-25218
{ "id": 1033, "name": "Verwaltungsgericht Magdeburg", "slug": "vg-magdeburg", "city": 608, "state": 16, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
8 E 252/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:49:40
2019-02-12T13:44:15
Beschluss
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die gem&#228;&#223; &#167;&#167; 165, 151 VwGO zul&#228;ssige Erinnerung der Antragsgegnerin und Erinnerungsf&#252;hrerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Gesch&#228;ftsstelle vom 18.10.2018 ist unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Das Gericht hat mit Beschluss vom 17.07.2018 (8 B 163/18 MD) nach &#167; 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO seinen Beschluss vom 24.04.2018 (8 B 109/18 MD) ge&#228;ndert, indem es die aufschiebende Wirkung der Klage (8 A 110/18 MD) gegen den Bescheid vom 27.03.2018 (Abschiebungsandrohung) angeordnet hat. Die Kosten des Verfahrens nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO hat das Gericht gem&#228;&#223; &#167; 154 Abs. 1 VwGO der in diesem Verfahren unterlegenen Erinnerungsf&#252;hrerin auferlegt. Zu den danach von der Erinnerungsf&#252;hrerin zu tragenden Kosten geh&#246;ren nach &#167; 162 Abs. 1 und 2 Satz 1 VwGO auch die gesetzlich vorgesehenen Geb&#252;hren und Auslagen eines Rechtsanwalts des obsiegenden Beteiligten, hier des Antragsstellers und Erinnerungsgegners. Diese sind dem Erinnerungsgegner im vorliegenden Fall ungeachtet des Umstandes zu erstatten, dass die Prozessbevollm&#228;chtigte den Erinnerungsgegner auch schon im &#8211; erfolglosen &#8211; Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO vertreten hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg hat zu den hier ma&#223;geblichen Rechtsfragen bereits umfassend wie folgt ausgef&#252;hrt (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 14. August 2017 &#8211; 3 E 187/17 &#8211;, Rn. 3 ff., juris):</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">"Zwar weist die Erinnerungsf&#252;hrerin zutreffend darauf hin, dass nach &#167; 16 Nr. 5 RVG das Verfahren &#252;ber die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und jedes Verfahren &#252;ber deren Ab&#228;nderung oder Aufhebung geb&#252;hrenrechtlich dieselbe Angelegenheit sind und Geb&#252;hren in derselben Angelegenheit gem&#228;&#223; &#167; 15 Abs. 2 Satz 1 RVG nur einmal gefordert werden d&#252;rfen. Daher kann der bereits im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO t&#228;tig gewordene Prozessbevollm&#228;chtigte f&#252;r das nachfolgende Ab&#228;nderungsverfahren nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO nicht erneut eine Verfahrensgeb&#252;hr nach Ziffer 3100 des Verg&#252;tungsverzeichnisses (VV) zum Rechtsanwaltsverg&#252;tungsgesetz (RVG) beanspruchen und eine Auslagenpauschale f&#252;r Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Ziffer 7002 VV-RVG gesondert verlangen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 24. April 2007 - 22 M 07.4006 -, juris; siehe auch BVerwG, Beschl. v. 23. Juli 2003 - 7 KSt 6.03, 7 VR 1.02 -, juris, zur entsprechenden Rechtslage nach den bis zum 30. Juni 2004 geltenden &#167; 114 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. &#167; 40 Abs. 2 BRAGO). Hintergrund der Regelung des &#167; 16 Nr. 5 RVG ist, dass der Rechtsanwalt, der bereits in einem Verfahren &#252;ber einen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung t&#228;tig war, in einem Ab&#228;nderungs- oder Aufhebungsverfahren nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO in der Regel keine besondere Einarbeitungszeit ben&#246;tigt, sondern vielmehr ohne Weiteres auf seine fr&#252;here Arbeit zur&#252;ckgreifen kann (BayVGH, Beschl. v. 24. April 2007 - 22 M 07.4006 -, a. a. O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Der Umstand, dass ein Rechtsanwalt f&#252;r seine T&#228;tigkeit im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO und im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO nur einmal eine Verg&#252;tung verlangen kann, besagt jedoch nichts dar&#252;ber, wer diese Geb&#252;hren zu erstatten hat. F&#252;r die hier allein streitgegenst&#228;ndliche Frage der im Verh&#228;ltnis der Beteiligten zueinander zu erstattenden Kosten ist vielmehr die in dem jeweiligen Verfahren ergangene gerichtliche Kostengrundentscheidung ma&#223;gebend. Denn das Kostenfestsetzungsverfahren nach &#167; 164 VwGO bildet nur die zahlenm&#228;&#223;ige Erg&#228;nzung der vorangegangenen Kostenentscheidung auf Antrag eines Beteiligten (vgl. BayVGH, Beschl. v. 3. Juni 2009 - 6 C 07.565 -, juris). Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO und nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO prozessual zwei selbst&#228;ndige Verfahren mit unterschiedlichen Gegenst&#228;nden darstellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25. August 2008 - 2 VR 1.08 -, juris; OVG LSA, Beschl. v. 1. M&#228;rz 2010 - 4 M 223/09 -, juris). Gegenstand des Verfahrens nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO ist eine Neuregelung f&#252;r die Zukunft, nicht aber die &#220;berpr&#252;fung der nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO getroffenen Entscheidung. In beiden Verfahren k&#246;nnen dementsprechend entgegengesetzte Entscheidungen ergehen, die dann auch unterschiedliche Kostenlasten zur Folge haben. Hiervon ausgehend kann jeder aus der f&#252;r ihn g&#252;nstigen Entscheidung die Erstattung seiner Kosten verlangen. Dass ein Rechtsanwalt die Geb&#252;hren wegen der geb&#252;hrenrechtlichen Zusammenfassung beider Verfahren in &#167; 16 Nr. 5 RVG als eine Angelegenheit <span style="text-decoration:underline">gegen&#252;ber seinem Mandanten</span> nach &#167; 15 Abs. 2 Satz 1 RVG nur einmal geltend machen kann, steht dem nicht entgegen (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13. Februar 2017 - 11 B 769/15.A -, juris, mit Nachweisen zu der gegenteiligen Rspr. einiger Verwaltungsgerichte; VG Halle (Saale), Beschl. vom 11. Januar 2011 - 3 B 128/10 -, zitiert nach juris; VG M&#252;nchen, Beschl. v. 12. August 2013 - M 17 M 13.30186 -, juris; VG Stuttgart, Beschl. v. 29. April 2014 - A 7 K 226/14 -, juris). Die Rechtsanwaltsgeb&#252;hren fallen mit jeder T&#228;tigkeit, die Voraussetzung f&#252;r ihr Entstehen ist, erneut an. Ob sie tats&#228;chlich auch gegen&#252;ber dem Mandanten geltend gemacht werden k&#246;nnen oder ob dem etwa der Grundsatz der Einmalverg&#252;tung des &#167; 15 Abs. 2 Satz 1 RVG entgegensteht, ist eine hiervon zu trennende Frage und f&#252;r die Kostenerstattung <span style="text-decoration:underline">im Verh&#228;ltnis der Beteiligten untereinander</span> ohne Belang (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 13. Februar 2017 - 11 B 769/15.A -, a. a. O.). Es ist nicht ersichtlich, dass Zweck des &#167; 16 Nr. 5 RVG auch die Freistellung des in einem der beiden Verfahren unterlegenen anderen Beteiligten entgegen der dort gerichtlich getroffenen Kostengrundentscheidung ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Anders als die Erinnerungsf&#252;hrerin meint, wird dem Prozessbevollm&#228;chtigten des Erinnerungsgegners bei dieser Betrachtung auch keine Art Wahlrecht dahingehend einger&#228;umt, ob er seinen Geb&#252;hrenanspruch im Ausgangsverfahren seinem Mandanten oder bei einem erfolgreichen Ab&#228;nderungsantrag ihr &#8211; der Erinnerungsf&#252;hrerin &#8211; gegen&#252;ber geltend macht. Die Erinnerungsf&#252;hrerin verkennt hierbei, dass der Prozessbevollm&#228;chtigte die Kostenfestsetzung nicht in eigenem Namen und aus eigenem Recht, sondern f&#252;r seinen Mandanten beantragt. Dementsprechend findet eine Kostenfestsetzung auch nicht zugunsten des Prozessbevollm&#228;chtigten des Erinnerungsgegners statt. Wie auch unmissverst&#228;ndlich im Tenor des im Wege der Erinnerung angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschlusses zum Ausdruck kommt, sind die Kosten vielmehr &#8222;an den Antragsteller&#8220; &#8211; hier dem Erinnerungsgegner &#8211; zu erstatten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Im Rahmen der ggf. in beiden Verfahren zu treffenden Entscheidung nach &#167; 164 VwGO &#252;ber die im Verh&#228;ltnis der Beteiligten zueinander zu erstattenden Kosten ist dem Grundsatz der Einmalverg&#252;tung aus &#167; 15 Abs. 2 Satz 1 RVG allerdings zum einen dadurch Rechnung zu tragen, dass eine Kostenfestsetzung hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten insgesamt nur bis zur H&#246;he des Betrages erfolgt, den der jeweils erstattungsberechtigte Beteiligte im Innenverh&#228;ltnis seinem Prozessbevollm&#228;chtigten schuldet. Zum anderen muss im Rahmen der das Ab&#228;nderungsverfahren betreffenden Kostenfestsetzung Ber&#252;cksichtigung finden, ob und inwieweit bereits im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO eine Kostenfestsetzung zugunsten des im Ab&#228;nderungsverfahren Obsiegenden stattgefunden hat (vgl. VG Halle (Saale), Beschl. vom 11. Januar 2011 - 3 B 128/10 -, a. a. O. [m. w. N.]). Unbeachtlich ist hingegen, ob der eine Kostenerstattung begehrende Beteiligte &#8211; etwa im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO mangels f&#252;r ihn g&#252;nstiger Kostenentscheidung &#8211; an seinen Prozessbevollm&#228;chtigten bereits eine Verg&#252;tung geleistet hat. Denn dieser Umstand betrifft allein das Innenverh&#228;ltnis zwischen dem Beteiligten und seinem Prozessbevollm&#228;chtigten. Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens ist aber &#8211; wie dargestellt &#8211; die Frage der Kostenerstattung der Beteiligten untereinander (vgl. hierzu VG Augsburg, Beschl. v. 29. August 2002 - Au 4 S 01.30125 -, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">In Anwendung dieser Ma&#223;st&#228;be hat die Urkundsbeamtin der Gesch&#228;ftsstelle die vom Erinnerungsgegner f&#252;r das Ab&#228;nderungsverfahren geltend gemachten &#8211; von der Erinnerungsf&#252;hrerin lediglich dem Grunde, nicht aber der H&#246;he nach beanstandeten &#8211; Rechtsanwaltskosten zutreffend festgesetzt. Eine Kostenfestsetzung zugunsten des Erinnerungsgegners hat im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO nicht stattgefunden, da dessen Antrag zun&#228;chst abgelehnt worden ist und er dementsprechend auch die Kosten dieses Verfahrens zu tragen hatte."</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Diesen Ausf&#252;hrungen gelten auch vorliegend und werden auch von der hiesigen Kammer angewandt (zuletzt: Beschluss v. 04.12.2018, 8 E 233/18 MD). Dabei ist f&#252;r das Gericht wenig nachvollziehbar, dass die Erinnerungsf&#252;hrerin wiederholt derartige Antr&#228;ge bei dem erkennenden Gericht stellt, obgleich die hiesige Rechtsprechung bekannt sein sollte und sie sich nicht damit auseinandersetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Hierbei ist nochmals hervorzuheben, dass die Pr&#228;misse der Erinnerungsf&#252;hrerin, nach der die Erstattung der geltend gemachten Geb&#252;hren und Auslagen bereits ausgeschlossen sei, weil es sich im Ab&#228;nderungsverfahren nicht um "neu angefallene Kosten" handele, nicht zutrifft. Denn ma&#223;geblich f&#252;r die Beurteilung der Erstattungsf&#228;higkeit der Kosten ist gerade, dass die Geb&#252;hren und Auslagen des Rechtsanwalts <span style="text-decoration:underline">nicht nur</span> im Verfahren nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO, sondern auch im Ab&#228;nderungsverfahren nach &#167; 80 Abs. 7 VwGO <span style="text-decoration:underline">neu </span>entstehen. Hiervon geht auch &#167; 15 Abs. 2 RVG aus, der lediglich vorsieht, dass der Rechtsanwalt die (mehrfach entstehenden) Geb&#252;hren in derselben Angelegenheit nur einmal <span style="text-decoration:underline">fordern</span> kann. Der Wortlaut dieser Regelung setzt demnach gerade voraus, dass Geb&#252;hren und Auslagen des Rechtsanwalts trotz Vorliegens derselben Angelegenheit in beiden Verfahrensarten gesondert entstehen und mithin "anfallen". Der Rechtsanwalt kann die Geb&#252;hren wegen der geb&#252;hrenrechtlichen Zusammenfassung beider Verfahren in &#167; 16 Nr. 5 RVG als eine Angelegenheit gegen&#252;ber seinem Mandanten nach &#167; 15 Abs. 2 RVG zwar nur einmal geltend machen. Dieser Umstand besagt aber nichts dar&#252;ber, wer diese Geb&#252;hren zu erstatten hat und schlie&#223;t die dargestellte Sichtweise nicht aus (vgl. VG Magdeburg, Beschluss v. 04.11.2014, 9 B 207/14; OVG NRW, Beschluss vom 12. Oktober 2018 &#8211; 11 B 1482/15.A &#8211;, alle juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,157
lg-hamburg-2018-12-19-321-oh-2218
{ "id": 383, "name": "Landgericht Hamburg", "slug": "lg-hamburg", "city": 233, "state": 8, "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Landgericht" }
321 OH 22/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:49:34
2019-02-12T13:44:13
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1. Auf die Kostenbeschwerde des Antragstellers wird die Kostenrechnung des Notars Dr. M. C. vom 05.12.2017, Nummer ... i.H.v. 9.270,10 &#8364; aufgehoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgeb&#252;hrenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 05.12.2017, Nummer ... i.H.v. 9.270,10 &#8364;, mit welcher der Antragsgegner dem Antragsteller Geb&#252;hren f&#252;r die Fertigung eines Vertragsentwurfs in Rechnung stellte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beabsichtigte, ein Grundst&#252;ck zu verkaufen. Da er nicht selbst Auftraggeber eines Notars werden wollte, bevor die Kaufpreisfinanzierung gesichert war, riet er den potenziellen Kaufinteressenten, sie sollten sich an den Antragsgegner wenden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Am 14.11.2017 beauftragten daher die ersten Kaufinteressenten, die Eheleute D., den Antragsgegner mit der Fertigung eines Entwurfs, der auf deren Veranlassung auch dem Antragsteller zugesandt wurde. Zudem vereinbarten sie bereits einen Beurkundungstermin f&#252;r den 30.11.2017.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Am 16.11.2017 fertigte eine Mitarbeiterin des Antragsgegners eine Telefonnotiz, nach welcher der Antragsteller angerufen habe, um den Termin auf den 04.12.2017 zu verlegen. F&#252;r die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage AG 1 Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit den Eheleuten D. erfolgte keine Beurkundung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Stattdessen meldeten sich am 21.11.2017 die sonstigen Beteiligten als weitere Kaufinteressenten per E-Mail durch den sonstigen Beteiligten zu 2) und teilten mit, nun K&#228;ufer des Objekts sowie sich mit dem Antragsteller zu einem Kaufpreis von 2.350.000,00 &#8364; handelseinig zu sein. Zudem schrieb der sonstige Beteiligte zu 2):</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"><em>&#8222;Der Termin f&#252;r die Beurkundung bei Ihnen 4. Dezember 14:00 Uhr soll bleiben.</em><br><em>[...]</em><br><em>Erbitte den ge&#228;nderten Notarvertragsentwurf per email an uns und Hr. S., vielen Dank.&#8220;</em></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>F&#252;r die weiteren Einzelheiten wird auf die E-Mail Anlage AG 4 Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Auch mit den sonstigen Beteiligten erfolgte keine Beurkundung. Vielmehr fand diese bei einem anderen Notar des Notariats mit den dritten Kaufinteressenten statt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Unter dem 05.12.2017 stellte der Antragsgegner dem Antragsteller seine Notarkostenrechnung Nummer ... i.H.v. 9.270,10 &#8364;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller ist der Auffassung, nicht Kostenschuldner der verfahrensgegenst&#228;ndlichen T&#228;tigkeit des Antragsgegners zu sein. Insbesondere habe er den sonstigen Beteiligten nicht mitgeteilt, bei dem Antragsgegner befinde sich bereits ein von ihm beauftragter Entwurf. Vielmehr habe er lediglich erkl&#228;rt, dass in dem Notariat bereits ein Entwurf vorliegen w&#252;rde. Auch habe nicht er, sondern die Eheleute D. am 16.11.2017 einen neuen Termin vereinbart.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 05.12.2017, Rechnung-Nr. ... i.H.v. brutto 9.270,10 &#8364; aufzuheben und dem Antragsgegner die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner verteidigt seine Kostenrechnung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Er tr&#228;gt vor, der Antragsteller habe am 16.11.2017 einen neuen Termin vereinbart. Unter anderem deshalb gehe er davon aus, dass auch der Antragsteller den Auftrag konkludent erteilen wollte und die sonstigen Beteiligten den Auftrag konkludent auch f&#252;r den Antragsteller erteilt h&#228;tten. Au&#223;erdem h&#228;tten sich die jeweiligen Kaufinteressenten erst nach Absprache mit dem Antragsteller an ihn gewandt. Hingegen habe der Antragssteller sich gegen eine Beurkundung mit den sonstigen Beteiligten entschieden. Zudem habe der Prozessbevollm&#228;chtigte des Antragstellers am 15.11.2017 zu dem Entwurf mit den ersten Kaufinteressenten noch &#196;nderungsw&#252;nsche mitgeteilt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die sonstigen Beteiligten tragen vor, der Antragsteller habe ihnen mitgeteilt, es g&#228;be schon einen von ihm bei dem Antragsgegner beauftragten Entwurf, und sie gebeten, diesen anzufordern.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>F&#252;r die weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schrifts&#228;tze nebst Anlagen Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Die Kostenbeschwerde ist gem&#228;&#223; &#167; 127 Abs. 1 GNotKG zul&#228;ssig und begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 05.12.2017, Nummer ... ist unrichtig. Der Antragsteller ist f&#252;r die verfahrensgegenst&#228;ndliche T&#228;tigkeit des Antragsgegners nicht Kostenschuldner.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>In Betracht kommt vorliegend allenfalls eine Kostenschuld als Auftraggeber gem&#228;&#223; &#167; 29 Nr. 1 GNotKG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Einen Auftrag erteilt regelm&#228;&#223;ig derjenige, der durch sein Ansuchen unmittelbar die notarielle Amtst&#228;tigkeit veranlasst, etwa indem er den Notar um die Fertigung eines Entwurfs oder erstmals um einen Beurkundungstermin bittet. Ein solcher Auftrag kann auch anzunehmen sein, wenn bereits durch einen anderen Kostenschuldner ein Beurkundungsauftrag erteilt wurde. So kann die Amtst&#228;tigkeit des Notars etwa dadurch veranlasst werden, dass ein weiterer Beteiligter den Notar um &#196;nderungen an dem Entwurf des zu beurkundenden Vertrages bittet. Ob im Einzelfall eine Auftragserteilung vorliegt, ist Ergebnis tatrichterlicher W&#252;rdigung (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - V ZB 79/16, Rn. 8 nach juris). Folglich ist nicht jeder Kontakt zu einem Notar und ebenso nicht jeder &#196;nderungswunsch als Auftrag zu werten. Vielmehr h&#228;ngt es von den Umst&#228;nden des jeweiligen Einzelfalles ab, welche Erkl&#228;rungen die Beteiligten abgegeben haben (so auch KG Berlin, Beschluss vom 11. Dezember 2017 - 9 W 63/16 - 64/16 -, Rn. 14 nach juris; OLG Bremen, Beschluss vom 17. Januar 2018 - 1 W 49/17, Rn. 10 nach juris; OLG Celle, Beschluss vom 23. Februar 2015 - 2 W 37/15, Rn. 9 nach juris). Nach Auffassung der Kammer sind dabei f&#252;r die W&#252;rdigung des jeweiligen Einzelfalles unter anderem auch die Art und die Qualit&#228;t der gew&#252;nschten &#196;nderungen zu ber&#252;cksichtigen. Soweit &#196;nderungen nur redaktioneller Art sind oder lediglich Angaben erg&#228;nzen oder ersetzen, mit denen quasi ein Blanko-Entwurf formularm&#228;&#223;ig ausgef&#252;llt wird (z.B. Kaufpreis, Kontoverbindung, F&#228;lligkeitstermin o.&#228;.), ohne dass der Entwurf mit einem gewissen Aufwand und einer (insbesondere juristischen) Denkleistung erg&#228;nzt oder ge&#228;ndert werden muss, geht damit regelm&#228;&#223;ig nicht die konkludente Erkl&#228;rung der Auftragserteilung einher. Schlie&#223;lich sind insbesondere notwendige Mitwirkungshandlungen zur Vorbereitung der Beurkundung nicht als eigenst&#228;ndiger Auftrag zu werten (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - V ZB 79/16, Rn. 11 nach juris; so auch OLG Bremen, Beschluss vom 17. Januar 2018 - 1 W 49/17, Rn. 9 nach juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller selbst hat sich nie ausdr&#252;cklich mit einem Auftrag an den Antragsgegner gewandt. Und er hat diesem gegen&#252;ber auch kein sonstiges Verhalten offenbart, welches der Antragsgegner als konkludente Auftragserteilung h&#228;tte werten k&#246;nnen. Einzelheiten sind dazu bereits nicht vorgetragen worden oder ersichtlich. Insbesondere sind die &#196;nderungsw&#252;nsche vom 15.11.2017 nicht n&#228;her dargelegt worden, obwohl die Qualit&#228;t der &#196;nderungsw&#252;nsche grunds&#228;tzlich f&#252;r die tatrichterliche Beurteilung, ob darin ein Auftrag liegt, von Bedeutung ist. Dies war vorliegend jedoch nicht weiter aufzukl&#228;ren, da diese &#196;nderungsw&#252;nsche nur den Entwurf mit den Eheleuten D. betroffen haben und nicht den rechnungsgegenst&#228;ndlichen Entwurf eines Kaufvertrages zwischen dem Antragsteller und den sonstigen Beteiligten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Zun&#228;chst wurde der Antragsgegner unstreitig von den ersten Kaufinteressenten, den Eheleuten D., mit der Beurkundung beauftragt und es wurde ein Termin f&#252;r den 30.11.2017 vereinbart.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Sodann ist zwar streitig, ob der Antragsteller oder Herr D. den Beurkundungstermin f&#252;r den 04.12.2017 vereinbart hat. Jedenfalls aber hat auch nach der Terminnotiz vom 16.11.17 (Anlage AG 1) der Antragsteller lediglich gebeten, den schon vereinbarten Termin vom 30.11.2017 auf den 04.12.2017 zu verlegen. Dies stellt keinen selbstst&#228;ndigen Beurkundungsauftrag dar, da es sich bei der Bitte um Verlegung des Termins lediglich um eine notwendige Mitwirkungshandlung zur Vorbereitung der Beurkundung handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2017 - V ZB 79/16, Rn. 11 nach Juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Anschlie&#223;end wendeten sich die sonstigen Beteiligten auf Hinweis des Antragstellers an den Antragsgegner mit E-Mail vom 21.11.17 (Anlage AG 4), in der ein neuer Beurkundungsauftrag zu sehen ist. Insbesondere haben die sonstigen Beteiligten darin ausdr&#252;cklich einen neuen (&#8220;ge&#228;nderten&#8220;) Vertragsentwurf erbeten, diesen mithin beauftragt und nicht nur um &#220;bersendung eines bereits vorliegenden Entwurfs gebeten. Dass die sonstigen Beteiligten diesen Auftrag auch im Namen des Antragstellers erteilt haben, ist der E-Mail allerdings an keiner Stelle zu entnehmen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Weder aus dem Einverst&#228;ndnis des Antragstellers damit, dass sich die sonstigen Beteiligten an den Antragsgegner wandten und diesen gar beauftragten, noch daraus, dass sich die sonstigen Beteiligten erst nach &#8222;Absprache&#8220; mit dem Antragsteller an den Antragsgegner gewandt haben, kann geschlossen werden, dass der Antragsteller auch selbst - kostenpflichtiger - Auftraggeber des rechnungsgegenst&#228;ndlichen Entwurfs werden wollte. Eine vorherige m&#252;ndliche Einigung auf den Kaufvertrag und/oder auf den mit der Beurkundung zu beauftragenden Notar allein stellt grunds&#228;tzlich noch kein Verhalten dar, welches als konkludenter Auftrag i.S.d. &#167; 29 GNotKG zu werten ist. Eine Absprache zwischen dem Antragsteller und den sonstigen Beteiligten, nach welcher die sonstigen Beteiligten den Antragsgegner auch im Namen des Antragstellers beauftragen sollten, haben weder der Antragsgegner, noch die sonstigen Beteiligten behauptet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Und schlie&#223;lich ist f&#252;r eine Kostenschuld nach &#167; 29 GNotKG auch nicht von Bedeutung, wer sich gegen eine Beurkundung des Entwurfs entschieden hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung ergeht gerichtsgeb&#252;hrenfrei. Von einer Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners nach &#167; 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i. V. m. &#167; 81 FamFG hat die Kammer - dem Grundsatz des &#167; 81 FamFG entsprechend (vgl. Z&#246;ller, &#167; 81 FamFG, Rn. 6) - abgesehen. Insbesondere liegen die Voraussetzungen des &#167; 81 Abs. 2 FamFG nicht vor.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
171,146
ovgsh-2018-12-19-4-lb-1018
{ "id": 1066, "name": "Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgsh", "city": null, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 LB 10/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:49:28
2019-02-12T13:44:11
Urteil
ECLI:DE:OVGSH:2018:1219.4LB10.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Berufung wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin wendet sich gegen den Widerruf einer Bewilligung zur Gewinnung von Bodensch&#228;tzen in der Nordsee.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 31.03.1999 erteilte der Beklagte der Kl&#228;gerin unter ihrer damaligen Firmierung &#8222;... GmbH&#8220; mit Wirkung ab dem 01.04.1999 die bergrechtliche Bewilligung zur Aufsuchung und Gewinnung von Steinen, Kies und Sand in dem Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; im Gebiet des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220;. Das Bewilligungsfeld erstreckt sich &#252;ber eine Fl&#228;che von ca. 440,5 km&#178; und befindet sich in der ausschlie&#223;lichen Wirtschaftszone der deutschen Nordsee, ca. 68 km nordwestlich von Helgoland und 65 km westlich der S&#252;dspitze von Sylt. Es liegt im Bereich des vom Land Schleswig-Holstein beanspruchten Teils des Festlandsockels der Deutschen Nordsee. Die Bewilligung wurde auf eine Dauer von 40 Jahren, mithin bis zum 30.03.2039, befristet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin reichte den geforderten Rahmenbetriebsplan im Oktober 2001 zur Zulassung ein. Dieser umfasste r&#228;umlich zwei jeweils knapp 60 km&#178; gro&#223;e Teilfelder, die wiederum unterteilt waren in jeweils gleich gro&#223;e Bereichsfelder (Bereichsfeld 1-8 im Teilfeld I und Bereichsfeld 9-11 in Teilfeld II). Bestandteil des Rahmenbetriebsplans waren eine Umweltvertr&#228;glichkeitsstudie mit landschaftspflegerischem Begleitplan und eine FFH-Vertr&#228;glichkeitsuntersuchung. Am 31.10.2002 lie&#223; der Beklagte den Rahmenbetriebsplan im Wege eines Planfeststellungsbeschlusses nach &#167;&#167; 52 Abs. 2a, 57a BBergG zu. Dort wurde u.a. ausgef&#252;hrt, dass die Teilfelder I und II zu 90 % in einem Gebiet l&#228;gen, das sich noch als FFH-Gebiet &#8222;Elbe-Urstromtal&#8220; qualifizieren solle. Da gem&#228;&#223; FFH-Richtlinie die Lebensraumtypen Sandb&#228;nke und Riffe besonders zu sch&#252;tzen seien, wurde in einer Nebenbestimmung festgelegt, dass die in der Umweltvertr&#228;glichkeitsstudie ausgewiesenen Steinfelder mit einer Schutzzone von 500 Metern bei der Gewinnung von Kies und Sand auszusparen seien. Eine FFH-Vertr&#228;glichkeitsstudie sei nicht erforderlich, da das Abbaugebiet nicht die Qualit&#228;t eines potenziellen FFH-Gebietes aufweise. Auflagen zum Schutz der Meeress&#228;uger (Schweinswale und Kegelrobben) erfolgten nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 16.12.2002 erteilte der Beklagte der Kl&#228;gerin erstmals die f&#252;r die Gewinnung erforderliche Zulassung des vorgelegten Hauptbetriebsplanes (&#167;&#167; 51, 52 Abs. 1 BBergG) zun&#228;chst f&#252;r die Bereichsfelder 1 und 3 bis zum 31.12.2004. Dieser Hauptbetriebsplan wurde mehrfach verl&#228;ngert. Im Juni 2007 erfolgte eine vorerst letzte Verl&#228;ngerung bis zum 30.06.2009, bezogen auf die Bereichsfelder 3 und 5. In den Jahren von 2002 bis 2007 f&#246;rderte die Kl&#228;gerin auf der Grundlage der zugelassenen Hauptbetriebspl&#228;ne im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; j&#228;hrlich Sand- und Kiesmengen zwischen ca. 44.000 und 306.000 t. Im Jahr 2009 erfolgte eine einmalige und zugleich letzte F&#246;rderung von 9.250 t.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Bereits im Jahre 2004 hatte die Bundesregierung das &#8222;Sylter Au&#223;enriff&#8220; als FFH-Gebiet gemeldet; im Januar 2008 nahm die EU-Kommission das &#8222;Sylter Au&#223;enriff&#8220; in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gem. Art. 4 der FFH-Richtlinie 92/43/EWG auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Im Oktober 2007 legten verschiedene Umweltverb&#228;nde bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland ein wegen Verletzung habitat- und artenschutzrechtlicher Vorschriften, u.a. in Bezug auf die Abbaubewilligung f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220;. Im August 2008 versenkte die Organisation Greenpeace e.V. im Bereich des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; an drei Tagen ca. 300 Felsbl&#246;cke mit einer Gr&#246;&#223;e von mindestens 1 m&#179;, davon betroffen auch das Teilfeld I im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220;. Mit Schreiben vom 27.11.2008 teilte Greenpeace der Kl&#228;gerin die Koordinaten der versenkten Felsbl&#246;cke mit.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Im M&#228;rz 2009 stellte die Kl&#228;gerin einen Antrag auf weitere Verl&#228;ngerung der Zulassung des Hauptbetriebsplanes. Das im Rahmen der Antragspr&#252;fung beteiligte Bundesamt f&#252;r Naturschutz (BfN) bezog sich auf seine bereits Anfang 2007 ge&#228;u&#223;erten schwerwiegenden Bedenken, die sich daraus ergaben, dass im Bewilligungsfeld weitere als Lebensraumtyp &#8222;Riff&#8220; (EU-Code 1170) zu bezeichnende schutzbed&#252;rftige Steinfelder entdeckt worden seien. Insoweit hatte es bereits weitere Untersuchungen zwecks sach- und fachgerechter Bewertung der im Planfeststellungsbeschluss nicht ausgewiesenen Steinfelder gefordert. Auch eine FFH-Vertr&#228;glichkeitsstudie sei notwendig. Dar&#252;ber hinaus verwies das BfN auf den erforderlichen Schutz der marinen S&#228;ugetiere (Schweinswale und Kegelrobben). Die daraufhin vom Beklagten geforderten weiteren Untersuchungen und Unterlagen bez&#252;glich der vorhandenen Steinfelder und des Schutzes der Meeress&#228;ugetiere legte die Kl&#228;gerin fristgerecht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Im Juli 2009 wies der Beklagte die Kl&#228;gerin auf nochmals ver&#228;nderte Rahmenbedingungen hin, die sich aus der abgestimmten Stellungnahme der Bundesregierung gegen&#252;ber der EU-Kommission und den darin entwickelten Voraussetzungen f&#252;r eine weitere Verl&#228;ngerung des Hauptbetriebsplanes ergeben h&#228;tten. Das beteiligte BfN legte in seinen Stellungnahmen von August und September 2009 einen neuen Ma&#223;stab hinsichtlich der Korngr&#246;&#223;e in den Steinfeldern an und hielt die bis dahin eingereichten Unterlagen der Kl&#228;gerin f&#252;r nicht ausreichend; erforderlich sei u.a. noch ein Schallgutachten zur Absch&#228;tzung der Folgen des Abbaus auf die Meeress&#228;ugetiere. Eine Einigung zwischen der Kl&#228;gerin, dem Beklagten und dem BfN hinsichtlich einzureichender Unterlagen und Untersuchungen kam nicht zustande.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Nach Anh&#246;rung der Kl&#228;gerin lie&#223; der Beklagte den weiteren Abbau durch Zulassung des Hauptbetriebsplanes am 23.02.2010 befristet bis zum 28.02.2012 zu. In den Nebenbestimmungen beschr&#228;nkte sie den Abbau auf eine Fl&#228;che von etwa 1,8 km&#178;, weil das BfN die Existenz weiterer gesch&#252;tzter Riffe belegt habe. Wegen des Schutzes der marinen S&#228;ugetiere forderte der Beklagte die Vorlage weiterer Unterlagen, unter anderem ein begleitendes Monitoring. Mit dem Abbau d&#252;rfe im &#220;brigen erst begonnen werden, wenn sich der Beklagte unter Ber&#252;cksichtigung der Auffassung der zust&#228;ndigen Naturschutzbeh&#246;rde zuvor die Gewissheit verschafft habe, dass durch den Abbau eine Beeintr&#228;chtigung der gesch&#252;tzten Meeress&#228;ugetiere ausgeschlossen sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Gegen die zitierten Nebenbestimmungen erhob die Kl&#228;gerin mit Schreiben vom 10.03.2010 Widerspruch und stellte zugleich eine Erweiterung der Abbaufl&#228;chen in den Bereichsfeldern 3 und 5 nach S&#252;den zur Diskussion. Der Beklagte wies den Widerspruch der Kl&#228;gerin mit Bescheid vom 06.07.2010 zur&#252;ck, weil zum Schutz der Riffe Neufestlegungen erforderlich geworden und die Unterlagen hinsichtlich des Schutzes der Schweinswale unzureichend seien. Dagegen erhob die Kl&#228;gerin am 05.08.2010 Klage vor dem VG Braunschweig (letztes Az. 2 A 119/15), ohne diese zu begr&#252;nden. Da die Kl&#228;gerin weiterhin eine einvernehmliche L&#246;sung anstrebte und dies dem Gericht mitteilte, wurde auf Antrag der Kl&#228;gerin mit Schreiben vom 17.02.2011 und mit Zustimmung des Beklagten das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Wegen des Ablaufs der letzten Hauptbetriebsplanzulassung am 28.02.2012 erkl&#228;rten die Beteiligten den Rechtsstreit im Fr&#252;hjahr 2015 &#252;bereinstimmend f&#252;r erledigt. Durch Beschluss vom 29.04.2015 stellte das VG Braunschweig das Verfahren ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>In der Zeit zwischen April 2010 und Mai 2014 hatten zwischen der Kl&#228;gerin, dem Beklagten sowie dem BfN weitere Gespr&#228;che stattgefunden, u.a. &#252;ber die Auffassung des Beklagten, dass ein weiterer Abbau im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; kritisch, aber nicht unm&#246;glich sei. Hier bef&#228;nden sich die am besten ausgepr&#228;gten Riffgebiete; ein Vorkommen besonders gesch&#252;tzter &#8222;artenreicher Grobsand-, Kies und Schillgr&#252;nde&#8220; sei sehr wahrscheinlich. F&#252;r eine Erweiterung der Abbaufl&#228;chen au&#223;erhalb der im Hauptbetriebsplan behandelten Fl&#228;chen seien weitere Untersuchungen, etwa hinsichtlich &#8222;Artenreiche Grobsande&#8220;, erforderlich. Der Beklagte empfahl, hierf&#252;r ein Fachb&#252;ro f&#252;r Naturschutz einzuschalten und die gesamten Teilfl&#228;chen I und II in Abstimmung mit dem BfN auf Abbaum&#246;glichkeiten hin zu untersuchen. Im September 2009 k&#252;ndigte die Kl&#228;gerin die Pr&#252;fung an, ob ein Abbau au&#223;erhalb der Schutzzonen m&#246;glich sei. Im Oktober 2013 teilte sie mit, dass sie in Kontakt stehe mit dem BSH - Bundesamt f&#252;r Seeschifffahrt und Hydrographie - und Alternativfl&#228;chen au&#223;erhalb des Schutzgebietes suche. Der Beklagte empfahl eine fr&#252;he Beteiligung des BfN. An der Bewilligung f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; wolle die Kl&#228;gerin jedoch festhalten. Die Aktivit&#228;ten k&#246;nnten f&#252;r die Dauer anderweitiger Zulassungen zum Ruhen gebracht werden. Auf die Frage, ob die bestehende Bewilligung in diesem Fall gef&#228;hrdet sei, bekundeten Beklagter und BfN, dass es nicht in ihrer Absicht liege, die Bewilligung zu widerrufen. Eine andauernde Bewilligung habe den Vorteil, dass in dieser Zeit keine anderen Nutzungen stattfinden k&#246;nnten. Rein rechtlich sei ein Widerruf aber nicht auszuschlie&#223;en. Im Mai 2014 unterrichtete die Kl&#228;gerin den Beklagten &#252;ber ein in der Abstimmung mit dem BfN befindliches Monitoring-Konzept f&#252;r das ebenfalls im Bereich des FFH-Gebietes liegende und von der Kl&#228;gerin betriebene Bewilligungsfeld &#8222;OAM III&#8220; und nochmals &#252;ber die Planung von Alternativfl&#228;chen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 02.07.2015 h&#246;rte der Beklagte die Kl&#228;gerin zum geplanten Widerruf der Bewilligung an. Die Kl&#228;gerin machte u.a. geltend, dass sie sich f&#252;r die Unterbrechung der Gewinnung seit 2009 auf berechtigte Gr&#252;nde berufen k&#246;nne und diese nicht zu vertreten habe. Sie wolle an dem Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; festhalten und sei darin sowohl vom Beklagten als auch vom BfN best&#228;rkt worden. Von einem Widerruf sei nie die Rede gewesen. Vielmehr habe man seit Februar 2012 vielfache Versuche unternommen, um den rechtlichen und naturschutzfachlichen Rahmen auszuloten. Eigentlicher Grund f&#252;r die Unterbrechung der Gewinnung seien die ungekl&#228;rte Rechtslage und die Unsicherheit der beteiligten Beh&#246;rden. Der Beklagte und das BfN k&#228;men nicht zu einer sachgerechten Einigung. Die Kl&#228;gerin k&#252;ndigte an, in K&#252;rze die Zulassung eines neuen Hauptbetriebsplanes innerhalb der Teilfelder I und II zu beantragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 20.08.2015 widerrief der Beklagte die Bewilligung vom 31.03.1999 f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; gem&#228;&#223; &#167; 18 Abs. 3 BBergG. Er stellte fest, dass seit Juli 2007 eine Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung vorliege. F&#252;r die Unterbrechung urs&#228;chliche Gr&#252;nde, die die Kl&#228;gerin &#252;ber einen Zeitraum von drei Jahren nicht zu vertreten habe, l&#228;gen nicht vor. Dies gelte sowohl f&#252;r die Zeit bis zur Zulassung des Hauptbetriebsplanes vom 23.02.2010 als auch f&#252;r die Geltungsdauer der Zulassung bis zum 28.02.2012. Eine Rechtswidrigkeit des Zulassungsbescheides &#8211; mit der Folge, dass der Bewilligungsinhaber eine darauf beruhende Unterbrechung nicht zu vertreten habe &#8211; sei weder gerichtlich festgestellt noch sonst ersichtlich. Da das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; nunmehr in einem FFH-Gebiet liege, seien zus&#228;tzliche naturschutzfachliche Untersuchungen erforderlich gewesen. Den diesbez&#252;glichen Anforderungen nach &#167; 52 Abs. 4 BBergG und &#167; 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG sei die Kl&#228;gerin nicht nachgekommen. Nach dem 28.02.2012 sei kein neuer Hauptbetriebsplan zur Zulassung vorgelegt worden; greifbare Ans&#228;tze f&#252;r eine Fortsetzung des Abbaus gebe es auch sonst nicht. Sollte es tats&#228;chlich nicht m&#246;glich sein, in dem zuerteilten Feld einen sowohl wirtschaftlichen wie naturschutzrechtlichen Kriterien entsprechenden Abbau zu betreiben, k&#246;nne die Bewilligung angesichts der strengen Widerrufsregelungen gleichwohl nicht bestehen bleiben. Eine &#252;ber dreij&#228;hrige Unterbrechung m&#252;sse auch dann angenommen werden k&#246;nnen, wenn die Hinderungsgr&#252;nde auf Erkenntnissen beruhten, die erst nach Erteilung der Bewilligung auftr&#228;ten und bei rechtzeitiger Kenntnis zur Versagung h&#228;tten f&#252;hren m&#252;ssen. Die Rechtslage sei im &#220;brigen seit Anerkennung des Gebietes durch die EU-Kommission gekl&#228;rt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Am 09.09.2015 stellte die Kl&#228;gerin, ohne weitere Unterlagen beizuf&#252;gen, einen Antrag auf Verl&#228;ngerung der letzten Hauptbetriebsplanzulassung sowie auf Zulassung des Rohstoffabbaus im Bereichsfeld 7 (Teilfeld I). &#220;ber den Antrag wurde bislang nicht entschieden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Gegen den Widerrufsbescheid erhob die Kl&#228;gerin rechtzeitig Widerspruch. Selbst wenn der Beginn der Drei-Jahres-Frist im Juli 2007 l&#228;ge, w&#228;re der Fristlauf wegen der begr&#252;ndeten Unterbrechung durch die rechtswidrig versenkten Gesteinsbl&#246;cke ab dem 12.08.2008 wieder ausgesetzt worden. Bis zur Mitteilung der Koordinaten der Gesteinsbl&#246;cke habe sie keine Baggerarbeiten durchf&#252;hren k&#246;nnen. Der Beklagte habe au&#223;erdem vers&#228;umt zu pr&#252;fen, ob die allgemeine wirtschaftliche Situation einer sinnvollen Abbauplanung entgegengestanden habe. Ab Antragstellung im M&#228;rz 2009 bis zur Bescheidung am 23.02.2010 habe die Verfahrensdauer allein in der Hand des Beklagten gelegen. Ohne Vorliegen eines bestandskr&#228;ftigen Hauptbetriebsplanes sei die Kl&#228;gerin schon aus rechtlichen Gr&#252;nden nicht in der Lage gewesen, im Bewilligungsfeld Rohstoffe zu gewinnen. Die Zeitr&#228;ume des laufenden Widerspruchsverfahrens sowie des am VG Braunschweig anh&#228;ngig gemachten Klageverfahrens d&#252;rften ebenfalls nicht mit eingerechnet werden, zumal die angefochtenen Nebenbestimmungen einer sinnvollen Planung entgegengestanden h&#228;tten. Die Kl&#228;gerin k&#246;nne nicht darauf verwiesen werden, die Gewinnung in dem zugelassenen Abbaufeld w&#228;hrenddessen fortzusetzen, da sie mit dem Rechtsstreit die Verl&#228;ngerung des urspr&#252;nglich beantragten Hauptbetriebsplans verfolgt habe. Dieser sei Grundlage ihrer Planungen gewesen. Es k&#246;nne nicht sein, dass die Kl&#228;gerin w&#228;hrend des anh&#228;ngigen Rechtsstreits eine Verl&#228;ngerung der eingeschr&#228;nkten Zulassung des Hauptbetriebsplans h&#228;tte beantragen m&#252;ssen, obgleich sie gegen den Zulassungsbescheid Rechtsmittel erhoben h&#228;tte. Stattdessen habe sie folgerichtig erst nach Ende der Rechtsh&#228;ngigkeit am 10.09.2015 einen Verl&#228;ngerungsantrag (der tats&#228;chlich als neuer Antrag zu betrachten sei) gestellt. Durch die andauernden au&#223;ergerichtlichen Gespr&#228;che habe der Beklagte den Rechtsschein gesetzt, dass ein Konsens gefunden werden k&#246;nne. Deshalb habe die Kl&#228;gerin auf Anraten des Verwaltungsgerichts das Ruhen des Verfahrens beantragt. Der Beklagte habe dem zugestimmt und das Gericht habe die Zweckm&#228;&#223;igkeit der Ruhensanordnung bejaht &#8211; mithin h&#228;tten auch beide Erfolgsaussichten f&#252;r die au&#223;ergerichtlichen Gespr&#228;che gesehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Kl&#228;gerin zur&#252;ck und f&#252;hrte zur Begr&#252;ndung u.a. aus: Angesichts der geringen F&#246;rdermenge im Juni 2009 und des g&#228;nzlichen Ausfalls in 2008 sowie ab 2010 sei eine regelm&#228;&#223;ige Gewinnung schon seit Juli 2007 nicht mehr anzunehmen. Es sei nicht dargelegt, aus welchen konkreten technischen oder wirtschaftlichen Gr&#252;nden die Unterbrechung erfolgt sei. Da die Kl&#228;gerin in dem fraglichen Zeitraum in dem benachbarten Abbaufeld &#8222;OAM III&#8220; kontinuierlich erhebliche Mengen Sand und Kies gef&#246;rdert habe, sei es nicht plausibel, weshalb dies nicht auch im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; m&#246;glich gewesen sein solle. Wenn eine Gewinnung in dem zugelassenen verkleinerten Abbaufeld weder technisch noch wirtschaftlich sinnvoll planbar gewesen sei, h&#228;tte die Kl&#228;gerin eine gerichtliche Kl&#228;rung herbeif&#252;hren m&#252;ssen. Die diesbez&#252;glichen Aktivit&#228;ten h&#228;tten sich jedoch in der Einreichung einer Klage ohne Begr&#252;ndung und in der Erkl&#228;rung zum Ruhen des Verfahrens ersch&#246;pft. Nach Klageerhebung sei weder eine au&#223;ergerichtliche Einigung betrieben noch seien neue Vorschl&#228;ge zur Beendigung des Verfahrensstillstandes unterbreitet bzw. entsprechende Schritte unternommen worden. Im Rahmen der zwischenzeitlich gef&#252;hrten Gespr&#228;che habe der Beklagte immer betont, dass der Antrag ohne weitere naturschutzfachliche Untersuchungen nicht genehmigungsf&#228;hig sei. M&#246;gliche Alternativen seien von der Kl&#228;gerin zwar angesprochen, aber nicht weiterverfolgt worden. Hieraus folge, dass der Beklagte weder neue Perspektiven er&#246;ffnet noch einen Rechtsschein hinsichtlich der Fortsetzung des Abbaus gesetzt habe. Nach Ablauf der Geltungsdauer des Hauptbetriebsplanes am 28.02.2012 habe die Kl&#228;gerin zwar ihr Interesse an einer Beibehaltung der Bewilligung bekundet, aber keinerlei Fortschritte in der Sache, insbesondere hinsichtlich des gebotenen Schutzes von Schweinswalen und Riffen unternommen. Dies gelte auch f&#252;r den Verl&#228;ngerungsantrag vom 09.09.2015.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Am 27.11.2015 hat die Kl&#228;gerin Klage erhoben. Unter Bezugnahme auf ihren bisherigen rechtlichen Vortrag hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, das die Unterbrechungsgr&#252;nde im Zeitraum seit der zuletzt beantragten Verl&#228;ngerung des Hauptbetriebsplanes im M&#228;rz 2009 insbesondere im Verantwortungsbereich des Beklagten gelegen h&#228;tten. Dar&#252;ber hinaus habe es f&#252;r die Unterbrechung Gr&#252;nde einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung gegeben, die im Widerspruchsverfahren bereits chronologisch dargelegt, aufgrund einer Vorfestlegung des Beklagten aber nicht ber&#252;cksichtigt worden seien. Dabei handele es sich um unternehmerische Entscheidungen, die auf betriebswirtschaftlichen Erw&#228;gungen im Rahmen des Wettbewerbs beruhten. Die Entscheidung, die Gewinnung auf das nahe gelegene Bewilligungsfeld &#8222;OAM III&#8220; zu konzentrieren, sei als marktstrategische &#220;berlegung zu ber&#252;cksichtigen, wie sie das Bergamt Stralsund in einem vergleichbaren Fall f&#252;r das Feld &#8222;Adlergrund NO&#8220; akzeptiert habe. Im Jahr 2014 habe der Beklagte die Kl&#228;gerin dar&#252;ber informiert, dass zur Verl&#228;ngerung des Hauptbetriebsplanes f&#252;r das Feld &#8222;OAM III&#8220; ein Dialogprozess unter Beteiligung der Naturschutzverb&#228;nde durchzuf&#252;hren sei. F&#252;r die Kl&#228;gerin sei absehbar gewesen, dass der Verlauf eines solchen Verfahrens auch f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; relevant werden w&#252;rde. Daher habe sie mit Blick auf ihre Abbauplanung entschieden, zun&#228;chst nur das Hauptbetriebsplanverfahren &#8222;OAM III&#8220; zu verfolgen. In Anbetracht der mehrfachen Zusicherung des Beklagten, die Bewilligung nicht widerrufen zu wollen, habe keine Veranlassung bestanden, &#252;ber die diesbez&#252;glichen wirtschaftlichen &#220;berlegungen und Planungen zu berichten. Erst nachdem der Beklagte mit der Ank&#252;ndigung, die Bewilligung zu widerrufen, den Konsensprozess beendet habe, sei es f&#252;r die Kl&#228;gerin zwingend gewesen, ihr wirtschaftliches Interesse am Fortbestand der Bewilligung durch den weiteren Antrag vom 09.09.2015 zu dokumentieren. Die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Nebenbestimmungen im Bescheid vom 23.02.2010 und die Unterbrechung der Gewinnung &#252;ber mehr als drei Jahre bei parallel gef&#252;hrten au&#223;ergerichtlichen Verhandlungen und Beantragung von Erweiterungsfl&#228;chen sei ebenfalls wirtschaftlich geboten gewesen. Schlie&#223;lich habe der Beklagte die allgemeine (rohstoff-)wirt-schaftliche Situation als m&#246;glichen Unterbrechungsgrund nicht bzw. nur unzureichend gew&#252;rdigt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Au&#223;erdem gebe es f&#252;r die Unterbrechung auch sonstige Gr&#252;nde, die die Kl&#228;gerin nicht zu vertreten habe, weil sie au&#223;erhalb ihrer Einflusssph&#228;re l&#228;gen. So m&#252;sse eine rechtsmittelbedingte Unterbrechung f&#252;r die gesamte Verfahrensdauer wirken, hier somit bis zur Einstellung des Verfahrens am 29.04.2015. Anderenfalls stelle ein l&#228;nger als drei Jahre laufendes Verfahren ein unkalkulierbares Risiko f&#252;r den Bestand der Bewilligung dar. Dauer und Ablauf des Verfahrens seien zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht vorhersehbar gewesen. Zu nennen seien au&#223;erdem die Greenpeace-Aktion ab August und bis &#252;ber den November 2008 hinaus und vor allem die Einstufung des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; als FFH-Gebiet sowie die sich daraus ergebenden fachlichen Differenzen zwischen dem Beklagten und dem BfN, die im letzten Zulassungsverfahren zu erheblichen Verz&#246;gerungen gef&#252;hrt h&#228;tten. Auch habe der politische Druck infolge der Gebietsausweisung und die Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland bei der EU-Kommission offenkundig Einfluss auf die Genehmigungspraxis des Beklagten gehabt, w&#228;hrend die Kl&#228;gerin weiterhin auf eine einvernehmliche L&#246;sung vertraut habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich sei der Widerruf versp&#228;tet erfolgt. Anzuwenden sei die einj&#228;hrige Widerrufsfrist des &#167; 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. &#167; 48 Abs. 4 VwVfG. Sie beginne zu laufen, wenn dem zust&#228;ndigen Sachbearbeiter alle f&#252;r die Widerrufsentscheidung bedeutsamen Tatsachen bekannt seien. Die Widerrufsproblematik sei von der Kl&#228;gerin bereits seit 2010 mehrfach angesprochen und mit der Beh&#246;rde diskutiert worden. Wegen Versto&#223;es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben habe der Beklagte zudem das Widerrufsrecht verwirkt, da er der Kl&#228;gerin seit 2010 in fortgesetzten Gespr&#228;chen den Eindruck vermittelt habe, sich &#252;ber die Rahmenbedingungen verst&#228;ndigen zu k&#246;nnen und die Bewilligung nicht widerrufen zu wollen. Schlie&#223;lich sehe der Widerrufsbescheid keine Entsch&#228;digung gem&#228;&#223; &#167; 49 Abs. 6 VwVfG vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">den Widerruf der Bewilligung f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; vom 20.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 aufzuheben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Er hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug genommen und geltend gemacht, dass in der Konzentration des Abbaus im Nachbarfeld &#8222;OAM III&#8220; keine unternehmerische Entscheidung i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG erkannt werden k&#246;nne. Einen legitimen Grund f&#252;r eine auch l&#228;ngere Einstellung oder eine Konzentration auf ein bestimmtes Feld m&#252;sse zwecks Vermeidung einer unzul&#228;ssigen Rohstoffbevorratung der Beh&#246;rde mitgeteilt und mit pr&#228;zisen Konzepten unterlegt werden. Dies sei nicht erfolgt. Die zum Vergleich angef&#252;hrten Entscheidungen des Bergamtes Stralsund h&#228;tten einen anderen Hintergrund. Dort sei es nicht um genehmigungsrechtliche Hindernisse gegangen, sondern um die zeitliche Reihenfolge des Abbaus in zwei verschiedenen Feldern, in denen beiden in naher Zukunft habe abgebaut werden k&#246;nnen. Der Dialogprozess f&#252;r den Abbau im Feld &#8222;OAM III&#8220; sei von der Landesregierung angesto&#223;en worden, um die auch hier defizit&#228;re FFH-Pr&#252;fung und das Beteiligungsdefizit mit Blick auf das Vertragsverletzungsverfahren zu korrigieren. Es zeige, dass sowohl Landesregierung als auch Beklagter am Abbau in diesem Feld festhalten wollten; dieser Dialogprozess aus dem Jahre 2015/2016 habe aber keine Vorbildwirkung f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Die anfangs vorhandenen Konflikte zwischen dem BfN und dem Beklagten sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen seien seit der Zulassungsentscheidung vom 23.02.2010 gekl&#228;rt und der Kl&#228;gerin bekannt gewesen. Auch wenn die einger&#228;umte Abbaufl&#228;che von 1,8 km&#178; eine Gewinnung wirtschaftlich nicht erm&#246;glicht haben sollte, erkl&#228;re dies nicht, aus welchen Gr&#252;nden die Kl&#228;gerin seit Februar 2012 nicht einen anderen Hauptbetriebsplan zur Genehmigung vorgelegt habe. Statt den gegen die Nebenbestimmungen anh&#228;ngig gemachten Rechtsstreit aktiv mit inhaltlichem Gegenvorbringen zu f&#252;hren, habe die Kl&#228;gerin das Verfahren zum Ruhen gebracht. &#167; 18 Abs. 3 BBergG solle die F&#252;hrung eines Rechtsstreits zwar nicht dem Risiko eines Widerrufs aussetzen, doch d&#252;rfe ein z&#246;gerliches Prozessverhalten auch nicht &#252;ber die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben entscheiden. Es sei Sache des Unternehmers, den Bergbau aktiv voranzubringen. In den f&#252;nf Jahren seit Klageerhebung habe es keinen Fortschritt gegeben. Die Kl&#228;gerin habe in dieser Zeit keine zielf&#252;hrenden Vorschl&#228;ge oder Abbau-Alternativen vorgestellt. Auch die Anerkennung des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; als FFH-Gebiet verm&#246;ge nicht zu erkl&#228;ren, warum acht Jahre sp&#228;ter die erforderlichen natur- und artenschutzfachlichen Unterlagen nicht h&#228;tten vorgelegt werden k&#246;nnen. Das laufende Vertragsverletzungsverfahren ber&#252;hre oder behindere die Zulassung von Betriebspl&#228;nen unter Wahrung aktueller natur- und artenschutzrechtlicher Standards nicht. In dem ebenfalls vom Vertragsverletzungsverfahren betroffenen Feld &#8222;OAM III&#8220; habe die Kl&#228;gerin den Abbau denn auch weiter betrieben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Weisungen, politische Einflussnahmen oder eine Vorfestlegung aufseiten des Beklagten habe es nicht gegeben. Vielmehr habe sich schon im Jahre 2009 gezeigt, dass der Beklagte dem BfN fachlich nichts entgegenzusetzen habe. In der Folgezeit habe sich die Meinung herausgebildet, dass ein weiteres Zuwarten mit Blick auf &#167; 18 Abs. 3 BBergG nicht zu vertreten sei und wegen des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens riskant erscheine. Bei Einleitung des Widerrufsverfahrens habe nicht mehr damit gerechnet werden k&#246;nnen, dass die Kl&#228;gerin noch einen genehmigungsf&#228;higen Hauptbetriebsplan einreichen werde. Es sei zwar zutreffend, dass gegen&#252;ber der Kl&#228;gerin lange Zeit signalisiert worden sei, einen Widerruf der Bewilligung nicht zu wollen. Es seien jedoch keine Zusagen gemacht worden. Die angef&#252;hrten Gespr&#228;che seit dem Jahre 2010 h&#228;tten eingedenk der beh&#246;rdlichen &#196;u&#223;erungen auch nicht ein Vertrauen darauf begr&#252;nden k&#246;nnen, dass der Status Quo entgegen des Normbefehls des &#167; 18 Abs. 3 BBergG unbegrenzt andauern werde. Aus der blo&#223;en Unt&#228;tigkeit einer Beh&#246;rde k&#246;nne sich keine Verwirkung eines Anspruchs ableiten lassen. Im &#220;brigen sei nicht ersichtlich, welche Dispositionen die Kl&#228;gerin im Hinblick auf das behauptete Vertrauen getroffen haben wolle.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Durch Urteil vom 30.03.2017 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegr&#252;ndet abgewiesen. Die Voraussetzungen f&#252;r einen Widerruf der bergrechtlichen Bewilligung l&#228;gen vor. Ab August 2008 bis zum Ablauf der letzten Hauptbetriebsplanzulassung am 28.02.2012 h&#228;tten zwar ausreichende Unterbrechungsgr&#252;nde gem&#228;&#223; &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG vorgelegen. Ab diesem Zeitpunkt bis zum Widerruf der Bewilligung mit Bescheid vom 20.08.2015 habe jedoch eine mehr als dreij&#228;hrige Unterbrechung vorgelegen, f&#252;r welche keine hinreichenden Gr&#252;nde gegeben seien. Insbesondere seien unternehmerische Gr&#252;nde i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 Alt. 1 BBergG nicht ausreichend konkret dargelegt worden. So habe eine Konzentration auf das Feld &#8222;OAM III&#8220; und die damit einhergehende Unt&#228;tigkeit im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; als unternehmerische Entscheidung betriebswirtschaftlicher Art dem Beklagten zur Kenntnis gegeben werden m&#252;ssen, sei aber erstmals im Klageverfahren vorgetragen worden. Der Dialogprozess f&#252;r das Feld &#8222;OAM III&#8220; sei erst im Jahre 2014 angesto&#223;en worden und habe im &#220;brigen keinen Einfluss auf ein Genehmigungsverfahren im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220;. Erforderlich sei eine konkrete Auseinandersetzung auf der Grundlage eines vorgelegten Hauptbetriebsplanes f&#252;r dieses Feld. Gleiches gelte f&#252;r Beschwerdeverfahren bei der EU-Kommission; auch dieses mache eine konkrete Auseinandersetzung nicht entbehrlich. Insgesamt habe die Kl&#228;gerin nach Ablauf des letzten zugelassenen Hauptbetriebsplanes am 28.02.2012 keine Aktivit&#228;ten entfaltet, um den weiteren Abbau voranzutreiben. Sie habe die Ursache f&#252;r die weitere Unterbrechung selbst gesetzt, indem sie es unterlassen habe, einen Verl&#228;ngerungsantrag zu stellen bzw. einen neuen Hauptbetriebsplan aufzustellen. Auf dieser Grundlage w&#228;re es &#252;berhaupt erst m&#246;glich gewesen, die Gewinnung fortzusetzen und die rechtlichen Erw&#228;gungen des Beklagten &#8211; ggf. im Rechtswege &#8211; zu kl&#228;ren. Die verbale Absichtserkl&#228;rung, an der Bewilligung festhalten zu wollen, reiche zur Annahme einer wirtschaftlichen Planung nicht aus. Der vorliegende Fall sei mit den F&#228;llen des Bergamtes Stralsund nicht vergleichbar, dort habe aus marktstrategischen Gr&#252;nden ein Planfeststellungsverfahren abgewartet werden sollen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Auch sonstige Gr&#252;nde i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BBergG, die die Kl&#228;gerin nicht zu vertreten gehabt habe, l&#228;gen f&#252;r die Zeit nach dem 28.02.2012 nicht vor. Dies gelte &#8211; trotz ex ante-Betrachtung und Verfahrensleitung durch das Gericht &#8211; f&#252;r den gesamten Zeitraum des anh&#228;ngigen Rechtsstreits am VG Braunschweig (05.08.2010 bis 29.04.2015), den allein die Kl&#228;gerin zum Stillstand gebracht habe. Analog &#167;&#167; 204, 209 BGB k&#246;nne eine Klageerhebung zwar die Drei-Jahres-Frist hemmen, doch ende die Hemmung im Falle einer Ruhensanordnung sechs Monate nach Antragstellung, mithin am 18.08.2011. Eine Hemmung wegen schwebender Vergleichsverhandlungen (&#167; 203 BGB) sei nicht eingetreten. Zum einen habe es &#252;ber drei Jahre (bis zum 23.10.2013) keinerlei Gespr&#228;che gegeben, zum anderen sei es nicht um eine konkrete zuk&#252;nftige Abbauplanung, sondern nur um die kl&#228;gerische Versicherung gegangen, an der Bewilligung festhalten zu wollen. &#220;ber einen Widerruf sei nur am 23.10.2013 gesprochen worden; an der Besprechung am 17.03.2014 sei der Beklagte nicht beteiligt gewesen und im Telefonat vom 13.05.2014 sei es nur um die Konsequenzen der Aufgabe des Rahmenbetriebsplans gegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Bei einer anzunehmenden Unterbrechung erst ab dem 28.02.2012 und der erfolgten Anh&#246;rung mit Schreiben vom 02.07.2015 komme es auf die (streitige) Geltung der einj&#228;hrigen Widerrufsfrist des &#167; 48 Abs. 4 VwVfG i.V.m. &#167; 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG nicht an. Es liege auch kein Versto&#223; gegen Treu und Glauben bzw. eine Verwirkung der Widerrufsm&#246;glichkeit durch den Beklagten vor. Dieser habe allenfalls unverbindliche Absichtserkl&#228;rungen, aber keine Zusagen abgegeben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Auf Antrag der Kl&#228;gerin hat der Senat die Berufung wegen neuen Tatsachenvortrags durch Beschluss vom 23.02.2018 zugelassen. Zur Begr&#252;ndung ihrer Berufung f&#252;hrt die Kl&#228;gerin aus, dass sie zu der Frage, welche Aktivit&#228;ten sie entwickelt habe, um den weiteren Abbau voranzutreiben, bislang nur exemplarisch vorgetragen habe. Erg&#228;nzend verweist sie auf den Inhalt ihres Zulassungsantrages und damit auf zahlreiche weitere Kontakte, Gespr&#228;che, E-Mail-Verkehre, Telefonate und Mitwirkungshandlungen ab Oktober 2010, die belegten, dass unternehmerische Gr&#252;nde i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG vorl&#228;gen, aufgrund derer die Drei-Jahres-Frist erst im Jahre 2014 begonnen haben k&#246;nne. Gegenstand der Gespr&#228;che seien nicht die zur Wirkungslosigkeit der Hauptbetriebsplanzulassung f&#252;hrenden Nebenbestimmungen im Zulassungsbescheid vom 23.02.2010, sondern die Suche nach alternativen Abbaufl&#228;chen gewesen. Insoweit wird im Einzelnen auf den Inhalt der Begr&#252;ndung des Zulassungsantrages (Schriftsatz der Kl&#228;gerin v. 11.09.2017, S. 7-23 mit Anl. K 26-32 = GA Bl. 162-178, 184-199) und der Berufung (Schriftsatz der Kl&#228;gerin v. 11.09.2017, S. 7-23 mit Anl. K 33-44 = GA Bl. 222-224, 243-268 und v. 02.11.2018, S. 5/6 mit Anl. K 44-46 = GA Bl. 286, 286R, 290-292R) Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Des Weiteren verweist die Kl&#228;gerin f&#252;r den vom Verwaltungsgericht als ma&#223;geblich angesehenen Zeitpunkt ab dem 28.02.2012 auf ihren erstinstanzlichen Vortrag und macht nochmals geltend, dass sie die bezeichneten Ma&#223;nahmen getroffen habe, um die Rahmenbedingungen f&#252;r eine weitere Hauptbetriebsplanzulassung zu kl&#228;ren. Erg&#228;nzend f&#252;hrt sie aus, dass zu einer sinnvollen technischen bzw. wirtschaftlichen Planung deshalb auch geh&#246;rt habe, in Verfolgung einer Doppelstrategie nach weniger sensiblen Alternativfl&#228;chen im Bewilligungsfeld zu suchen. Dies habe die Kl&#228;gerin seit einem Gespr&#228;chstermin beim Beklagten am 19.10.2010 getan und zwecks Erhalt neuer Daten &#252;ber alternative Potenzialr&#228;ume au&#223;erdem ab 2011 am Projekt &#8222;Geopotenzial Deutsche Nordsee&#8220; (GPDN) mitgewirkt. Insoweit habe die Drei-Jahres-Frist fr&#252;hestens nach dem abschlie&#223;enden Projektgespr&#228;ch am 05.09.2013 beginnen k&#246;nnen. Noch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens f&#252;r das Hochspannungsgleichstromseekabel &#8222;COBRA-cable&#8220; im Jahre 2015 habe die Kl&#228;gerin zum Ausdruck gebracht, dass sie daneben eine langfristige Nutzung des Bewilligungsfeldes &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; anstrebe. Der Beklagte habe dort klar zum Ausdruck gebracht, dass auch er eine einvernehmliche L&#246;sung des Nutzungskonflikts zwischen der Rohstoffgewinnung und der Kabelverlegung bef&#252;rworte. Dies habe die Kl&#228;gerin in ihrem Verst&#228;ndnis best&#228;rkt, dass zwischen den Beteiligten eine einvernehmliche Regelung naturschutzfachlicher Konflikte m&#246;glich sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Ein neuer Antrag ohne vorherige Er&#246;rterung der strittigen Rahmenbedingungen und Kl&#228;rung von Alternativfl&#228;chen h&#228;tte absehbar zu einem kostentr&#228;chtigen Rechtsstreit gef&#252;hrt und sei nicht f&#246;rderlich gewesen. Diese Einsch&#228;tzung sei dem Beklagten nicht nur bekannt gewesen, sondern nach Einsch&#228;tzung der Kl&#228;gerin von ihm auch geteilt worden. Auf eine neuerliche Antragstellung nach Ablauf der Zulassung am 28.02.2012 k&#246;nne es auch deshalb nicht ankommen, weil die Kl&#228;gerin zun&#228;chst auf die Beklagte zugegangen sei, um auf eine Verl&#228;ngerung der Zulassung hinzuwirken. Die dabei gef&#252;hrte Er&#246;rterung innerer und &#228;u&#223;erer Einfl&#252;sse sei, wie sich aus &#167; 25 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ergebe, zu ber&#252;cksichtigen und stehe einer fristausl&#246;senden Unt&#228;tigkeit entgegen. Die Aktivit&#228;ten der Kl&#228;gerin seien damit konstant darauf gerichtet gewesen, zun&#228;chst die rechtlichen Rahmenbedingungen zu kl&#228;ren und sodann zielgerichtet einen neuen Antrag zu stellen, um die Gewinnung unter Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen wieder aufnehmen zu k&#246;nnen. Dies sei als sinnvoller Planungsschritt zu ber&#252;cksichtigen. Die in beiden Instanzen dargestellten Aktivit&#228;ten m&#252;ssten im &#220;brigen auch insoweit, wie es sich nur um verbale Absichtserkl&#228;rungen gehandelt habe, ber&#252;cksichtigt werden. Gerade in fr&#252;hen Entwicklungsphasen komplexer Planungen seien Absichtserkl&#228;rungen elementare Prozesse f&#252;r die weiteren Planungsschritte, insbesondere dann, wenn sie solche Willensbekundungen &#8211; wie hier vom Beklagten zun&#228;chst &#8211; auch akzeptiert w&#252;rden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht habe die inhaltliche Reichweite des Unterbrechungsgrundes fehlerhaft auf &#8222;im Wesentlichen betriebswirtschaftliche Gr&#252;nde im Rahmen des vorhandenen Wettbewerbs&#8220; beschr&#228;nkt, weshalb die Entscheidung der Kl&#228;gerin, sich nach Ablauf der Zulassung am 28.02.2012 auf das Feld &#8222;OAM III&#8220; zu konzentrieren, nicht ber&#252;cksichtigt worden sei. Diese Konzentration sei der schwierigen Rechtslage und dem drohenden Vertragsverletzungsverfahren als regulatorische Rahmenbedingung geschuldet gewesen und damit ebenfalls planungsrelevant. Gleiches gelte f&#252;r die Entscheidung, den Ausgang des Dialogprozesses f&#252;r das Feld &#8222;OAM III&#8220; abzuwarten, wozu der Beklagte der Kl&#228;gerin sogar selbst geraten habe. Wie das Bergamt Stralsund zutreffend und in verallgemeinerungsf&#228;higer Weise entschieden habe, k&#246;nnte f&#252;r den Fall, dass mehrere Bewilligungsfelder von denselben bzw. vergleichbaren naturschutzfachlichen oder sonstigen Konflikten betroffen seien, eine Unterbrechung der Gewinnung gerechtfertigt sein, wenn im Rahmen eines Verfahrens &#252;bertragbare Konflikte bew&#228;ltigt w&#252;rden. So liege es auch hier. Es sei einem Bewilligungsinhaber nicht zuzumuten, mehrere kostenintensive und mit ungewissem Ausgang behaftete Verfahren parallel zu f&#252;hren. Auch sei eine Forcierung des Abbaus mit Blick auf den offenen Ausgang des Vertragsverletzungsverfahrens weder sachgerecht noch zielf&#252;hrend gewesen. Die Kl&#228;gerin habe sich nicht auf den Vertrauensschutz einer vorangegangenen Genehmigung berufen und vor einer Entscheidung im Vertragsverletzungsverfahren keine vollendeten Tatsachen schaffen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich habe das im Hamburger Hafen gelegene und von der Kl&#228;gerin angemietete Areal zur Aufbereitung, Fraktionierung und Veredelung des im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; gewonnenen Rohkieses ab dem Jahr 2011 aus st&#228;dtebaulichen Gr&#252;nden in Teilschritten zur&#252;ckgebaut und ger&#228;umt werden m&#252;ssen; Bem&#252;hungen um geeignete Ersatzfl&#228;chen im Hamburger Hafen f&#252;r eine derart komplexe und genehmigungspflichtige Seekiesaufbereitungsanlage seien erfolglos geblieben. Einen Absatzmarkt f&#252;r die aufbereiteten Rohstoffe habe es in B-Stadt auch noch nach Abschluss der Bauarbeiten an der BAB 1 gegeben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>F&#252;r die Zeit ab Ablauf der letzten Zulassung am 28.02.2012 h&#228;tten auch sonstige Unterbrechungsgr&#252;nde i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BBergG vorgelegen. Bei der Bewertung des Rechtsstreits am VG Braunschweig sei in Bezug auf die Ruhestellung des Verfahrens zu ber&#252;cksichtigen, dass die Kl&#228;gerin das Verfahren nicht allein zum Stillstand gebracht habe, sondern dass dies unter Mitwirkung des Beklagten geschehen sei und das Gericht entsprechend &#167; 251 ZPO davon habe ausgehen m&#252;ssen, dass eine Ruhensanordnung wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gr&#252;nden zweckm&#228;&#223;ig sei. Der Beklagte m&#252;sse folglich f&#252;r eine au&#223;ergerichtliche L&#246;sung offen gewesen sein. Eine Hemmung durch schwebende Vergleichsverhandlungen sei schon vor dem 23.10.2013 eingetreten. Dies belegten die im einzelnen aufgef&#252;hrten Gespr&#228;che, E-Mail-Verkehre, Telefonate und Mitwirkungshandlungen. Bereits am Tag der Antragstellung auf Ruhestellung am 17.02.2011 habe die Kl&#228;gerin mit dem Beklagten auf der Grundlage ihrer Planungsstrategie ein Gespr&#228;ch gef&#252;hrt, um die gebotenen einvernehmlichen Verhandlungen voranzubringen. Die Planungsstrategie sei dem Beklagten bekannt gewesen und er habe sie auch nicht sofort oder erkennbar abgelehnt; vielmehr habe bis zum 10.12.2014 ein ernsthafter Meinungsaustausch &#252;ber den Anspruch auf Zulassung eines neuen Hauptbetriebsplanes sowie dessen Voraussetzungen stattgefunden, ohne dass der Beklagte eine etwa ge&#228;nderte Auffassung im Sinne eines eindeutigen Schlusspunktes zum Ausdruck gebracht habe. Unsch&#228;dlich sei, dass die Kl&#228;gerin nebenher weitere Aktivit&#228;ten zur Suche nach Alternativfl&#228;chen im Bewilligungsfeld entwickelt habe. Die diesbez&#252;glichen Er&#246;rterungen mit dem BfN und die Mitwirkung am GPDN-Projekt belegten, dass die Mindestanforderungen f&#252;r schwebende Vergleichsverhandlungen erf&#252;llt seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Auch die Einstufung des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; als FFH-Gebiet, der dadurch ausgel&#246;ste &#246;ffentliche Druck auf den Beklagten, die Beschwerde bei der EU-Kommission und die Einflussnahme des MELUR h&#228;tten dazu beigetragen, dass die Kl&#228;gerin keinen formalen Antrag gestellt, sondern sich auf eine auf unterschiedliche L&#246;sungsans&#228;tze gerichtete Planungsstrategie konzentriert habe. Dem Beklagten sei aus politischen Gr&#252;nden eine Bindung oktroyiert worden, denn es zeige sich, dass es f&#252;r die im Zulassungsbescheid vom 23.02.2010 aufgef&#252;hrten Nebenbestimmungen keine rechtlich zwingenden Vorgaben des Europarechts gebe und die f&#252;r den Widerruf zur Anwendung gebrachte Rechtsgrundlage zweckentfremdet worden sei. Tats&#228;chlich sei es darum gegangen, das EU-Vertragsverletzungsverfahren abzuwenden. Dies erkl&#228;re auch, weshalb der Beklagte die vielf&#228;ltigen Bem&#252;hungen der Kl&#228;gerin, die in konkrete Planungsschritte h&#228;tten m&#252;nden sollen, nicht konstruktiv aufgegriffen habe. Dabei h&#228;tten neuere Gespr&#228;che zum Bewilligungsfeld &#8222;OAM III&#8220; ergeben, dass der EU-Kommission nicht am Entzug der Bewilligung, sondern nur an rechtskonformen Genehmigungen, insbesondere an einer neuen FFH-Vertr&#228;glichkeitspr&#252;fung und einer Verb&#228;ndebeteiligung gelegen sei. Ein entsprechendes Verfahren sei aktuell f&#252;r das Bewilligungsfeld &#8222;OAM III&#8220; im Rahmen der anstehenden Verl&#228;ngerung verabredet worden. Derartige Spielr&#228;ume gebe es auch f&#252;r das Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich habe die Kl&#228;gerin die &#196;u&#223;erungen des Beklagten im Rahmen der gef&#252;hrten Gespr&#228;che nicht nur als unverbindliche Absichtserkl&#228;rungen verstehen k&#246;nnen, sondern als rechtsverbindlich interpretieren d&#252;rfen, so dass der Widerruf auch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben versto&#223;e.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">das Urteil der 6. Kammer des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30.03.2017, Az. 6 A 179/15, zu &#228;ndern und den Widerruf der Bewilligung f&#252;r das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; vom 20.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 aufzuheben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Der Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Der rechtlichen Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts f&#252;r die Zeit ab Juli 2007 bis zum 28.02.2012 trete er nicht entgegen. Grund f&#252;r die Unterbrechung der Gewinnungst&#228;tigkeit seit dem 28.02.2012 seien die unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten &#252;ber die Nebenbestimmungen im letzten Zulassungsbescheid vom 23.02.2010 gewesen. Der hierzu gef&#252;hrte Rechtsstreit sei ohne Ergebnis geblieben. Zu einer Ann&#228;herung zwischen den Beteiligten oder gar einer Umsetzung der Nebenbestimmungen sei es nicht gekommen. Wegen dieses Stillstandes und vor dem Hintergrund des immer noch nicht abgeschlossenen Vertragsverletzungsverfahrens habe sich der Beklagte f&#252;r den Widerruf entschieden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin verfolge offenbar eine Strategie, die daraus bestehe, viele Gespr&#228;che zu f&#252;hren, Alternativen zu er&#246;rtern, jegliche potenziellen Erkenntnisquellen abzuwarten und die vom Gesetz geforderte Abbaut&#228;tigkeit hinter anderen Abbauaktivit&#228;ten zur&#252;ckzustellen. Dies rechtfertige eine Ausnahme vom Grundsatz des &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG nicht. Die von der Kl&#228;gerin aufgef&#252;hrten Gespr&#228;che, Telefonate etc. h&#228;tten sich im Austausch von Allgemeinpl&#228;tzen und bekannten Positionen ersch&#246;pft und zu keinem konkreten Ergebnis, etwa zu konkreten Planungsschritten, gef&#252;hrt. Konkrete Projekte bzw. Alternativl&#246;sungen oder auch nur Teilschritte seien weder pr&#228;sentiert noch er&#246;rtert worden. Auch habe es keine &#8222;Vergleichsverhandlungen&#8220; gegeben. F&#252;r solche sei schon wegen des europarechtlichen Hintergrundes kein Raum gewesen. Die im Bescheid aufgef&#252;hrten Nebenbestimmungen seien Folge der Einstufung des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; als FFH-Gebiet und w&#252;rden unabh&#228;ngig vom Ausgang des Vertragsverletzungsverfahrens gelten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Die von der Kl&#228;gerin verfolgte Doppelstrategie sei nachvollziehbar, m&#252;sse aber irgendwann auch zu Ergebnissen f&#252;hren. Bei dem GPDN-Projekt handele es sich um eine geowissenschaftliche Informationsplattform diverser Beh&#246;rden und Institute u.a. zu Bodensch&#228;tzen in der Nordsee. Die Teilnahme an diesem Projekt sei dem Beklagten gegen&#252;ber nur m&#252;ndlich erw&#228;hnt worden. Eine in diesem Zusammenhang im Zeitraum 2011/2013 unternommene Suche nach alternativen Abbaufl&#228;chen k&#246;nne unter Umst&#228;nden einen tempor&#228;ren Unterbrechungsgrund darstellen, doch m&#252;ssten solche Bem&#252;hungen den normierten Voraussetzungen entsprechend z&#252;gig und intensiv betrieben und die Resultate der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde vorgelegt werden. Hier sei offengeblieben, mit welcher Intensit&#228;t die Kl&#228;gerin ihre diesbez&#252;glichen Aktivit&#228;ten betrieben habe und aus welchen Gr&#252;nden sie damit trotz des abschlie&#223;enden Gespr&#228;chs am 05.09.2013 erfolglos geblieben sei. Es sei nicht ersichtlich, warum es nicht m&#246;glich sein solle, auf bislang noch nicht zugelassenen Abbaufl&#228;chen innerhalb des 440 km&#178; gro&#223;en Feldes Sand und Kies abzubauen. Das zitierte Planfeststellungsverfahren f&#252;r das Hochspannungsgleichstromseekabel &#8222;COBRAcable&#8220; habe mit dem streitgegenst&#228;ndlichen Verfahren nichts zu tun, so dass auch die dort get&#228;tigten &#196;u&#223;erungen von Beh&#246;rdenvertretern nicht in Bezug zu nehmen seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>In Bezug auf die Entscheidung der Kl&#228;gerin, sich nach Ablauf der Zulassung am 28.02.2012 auf das Feld &#8222;OAM III&#8220; zu konzentrieren, habe das Verwaltungsgericht zutreffend gefordert, dass eine unternehmerische Entscheidung betriebswirtschaftlicher Art im Rahmen des vorhandenen Wettbewerbs, sofern sie denn getroffen worden sei, dem Beklagten habe mitgeteilt werden m&#252;ssen. Der Dialogprozess f&#252;r den Abbau im Feld &#8222;OAM III&#8220; sei angesto&#223;en worden, um Beteiligungsdefizite zu korrigieren und der EU-Kommission ein Zeichen zu geben. Zwei- bis dreimal habe ein Gespr&#228;chskreis getagt. Die Kl&#228;gerin habe ihre Aktivit&#228;ten vorgestellt. Es sei nicht ersichtlich, inwieweit der dortige Austausch von Informationen und Meinungen f&#252;r den Abbau im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; von Relevanz oder Bedeutung sein solle. Eine Rechtfertigung f&#252;r jahrelange Unt&#228;tigkeit k&#246;nne in dem Dialogprozess nicht gesehen werden. Der Fall des Bergamtes Stralsund sei, wie ausgef&#252;hrt, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar; au&#223;erdem habe das Bergamt die ihm von der Kl&#228;gerin zugeschriebenen Feststellungen tats&#228;chlich nicht getroffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Standort der Seekiesaufbereitungsanlage und der Einstellung der Gewinnungst&#228;tigkeit im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; bestehe nicht. Bei vorausschauender Planung h&#228;tte die erforderliche R&#228;umung der Anlage kein Hindernis f&#252;r eine Fortsetzung des Abbaus darstellen d&#252;rfen. Eine Aufbereitung von Sand und Kies k&#246;nne auch an anderer Stelle vorgenommen werden. Die Errichtung einer entsprechenden Anlage sei vergleichsweise unproblematisch und wenig kostenintensiv. Sie erfolge dort, wo sich der Absatzmarkt befinde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Wegen weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsvorg&#228;nge des Beklagten und der beigezogenen Gerichtsakte des VG Braunschweig verwiesen. Die Akten waren Gegenstand der m&#252;ndlichen Verhandlung.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>Die Berufung ist zul&#228;ssig, aber unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Der angefochtene Widerruf durch Bescheid vom 20.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 erweist sich als rechtm&#228;&#223;ig; er verletzt die Kl&#228;gerin nicht in ihren Rechten (&#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p>Ma&#223;geblicher Zeitpunkt f&#252;r die Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit eines angefochtenen Widerrufsbescheides ist vorbehaltlich abweichender Regelungen des materiellen Rechts der Zeitpunkt der letzten beh&#246;rdlichen Entscheidung (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 04.07.2006 - 5 B 90/05 -, juris Rn. 6 m.w.N.), hier des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Rechtsgrundlage des angefochtenen Widerrufs der Bewilligung nach &#167; 8 BBergG ist &#167; 18 Abs. 3 BBergG. Gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs. 2 BergRzustBehV SH ist der Beklagte sowohl f&#252;r die Erteilung einer solchen Bewilligung als auch f&#252;r deren Widerruf zust&#228;ndig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG ist eine Bewilligung zu widerrufen, wenn die Gewinnung nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Bewilligung aufgenommen oder wenn die regelm&#228;&#223;ige Gewinnung l&#228;nger als drei Jahre unterbrochen worden ist (1.). Dies gilt gem&#228;&#223; &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG nicht, solange Gr&#252;nde einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung des Bewilligungsinhabers es erfordern, dass die Gewinnung im Bewilligungsfeld erst zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt aufgenommen oder wiederaufgenommen wird oder wenn sonstige Gr&#252;nde f&#252;r die Unterbrechung vorliegen, die der Bewilligungsinhaber nicht zu vertreten hat (2.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>1. Als Gewinnung gilt nach &#167; 4 Abs. 2 BBergG das L&#246;sen oder Freisetzen von Bodensch&#228;tzen einschlie&#223;lich der damit zusammenh&#228;ngenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden T&#228;tigkeiten. Ob eine Gewinnung vorliegt, bestimmt sich nach rein t&#228;tigkeitsbezogenen, objektiven Kriterien (Keienburg in: Boldt/Weller/K&#252;hne/von M&#228;&#223;enhausen, BBergG, 2. Aufl., 2016, &#167; 4 Rn. 7). Vom Begriff der Gewinnung umfasst ist der eigentliche Abbau bzw. die F&#246;rderung vom Bodensch&#228;tzen und damit eine T&#228;tigkeit, die sich nicht mehr als Aufsuchung i.S.d. &#167; 4 Abs. 1 BBergG und noch nicht als Aufbereitung i.S.d. &#167; 4 Abs. 3 BBergG darstellt (Keienburg a.a.O., &#167; 4 Rn. 6). Zu den vorbereitenden und begleitenden T&#228;tigkeiten z&#228;hlen auch Untersuchungsma&#223;nahmen wie die Erkundung der Grundwasserverh&#228;ltnisse (z.B. im Bergbau) oder vorbereitend die exakte Erkundung der Lagerverh&#228;ltnisse (Keienburg a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2018 - 2 L 96/16 -, juris Rn. 109). Wegen der bestehenden Betriebsplanpflicht nach &#167; 51 Abs. 1 BBergG geh&#246;ren die vorgenannten T&#228;tigkeiten allerdings nur dann zur Gewinnung i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG, wenn sie von einem beh&#246;rdlich zugelassenen &#8211; und noch bestehenden &#8211; (Rahmen-)Betriebsplan umfasst sind. Zudem geht &#167; 18 Abs. 3 BBergG von der tats&#228;chlichen Aufnahme der Arbeiten und damit von einer bestehenden Zulassung von Betriebspl&#228;nen aus (vgl. OVG Sachsen-Anhalt a.a.O., Rn. 109 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>F&#252;r die Frage, ob bzw. ab wann eine &#8222;Unterbrechung des regelm&#228;&#223;igen Gewinns&#8220; vorliegt, kann mit dem Verwaltungsgericht auf andere, der Regelung des &#167; 18 BBergG vergleichbare Regelungen &#252;ber die Beendigung von &#246;ffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Gestattungen wegen deren Nichtausnutzung zur&#252;ckgegriffen werden, mit denen &#252;berlangen Bindungszeiten und Vorratsplanungen entgegengewirkt werden soll (K&#252;hne in: Boldt/Weller/K&#252;hne/von M&#228;&#223;enhausen, BBergG, 2. Aufl., 2016, &#167; 18 Rn. 15). Nach der herangezogenen Regelung des &#167; 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG muss die Dauer der Betriebsunterbrechung mehr als drei Jahre &#8222;an einem St&#252;ck&#8220; betragen, eine Addition mehrerer k&#252;rzerer Unterbrechungen kommt nicht in Frage (vgl. Laubinger in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Stand Juni 2006, &#167; 18 Rn. D8). Nach Wiederaufnahme des Betriebs beginnt die Drei-Jahres-Frist erneut zu laufen (Jarras, BImSchG, 11. Aufl., &#167; 18 Rn. 8).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>2. Nach dem gesetzgeberischen Ziel der vorgenannten Regelung muss eine &#252;ber dreij&#228;hrige Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung grunds&#228;tzlich ausreichen, um festzustellen, dass der Inhaber der Berechtigung nicht bereit oder in der Lage ist, den mit der Erteilung der Bewilligung verfolgten, im &#246;ffentlichen Interesse liegenden Zwecken nachzukommen, es sei denn, es liegt ein Ausnahmetatbestand nach &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG vor. Die Gr&#252;nde einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung werden im Gesetz besonders hervorgehoben, um klarzustellen, dass darauf zur&#252;ckzuf&#252;hrende Verz&#246;gerungen in keinem Falle vom Inhaber der Bewilligung zu vertreten sind (BT-Drs. 8/1315, S. 91; K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 18).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Die Widerrufsgr&#252;nde des &#167; 18 BBergG stehen in einem engen Bezug zu der gem&#228;&#223; &#167; 1 Nr. 1 BBergG beabsichtigten Ordnung und F&#246;rderung der Gewinnungst&#228;tigkeit, die letztlich dem &#246;ffentlichen Interesse an einer Sicherung der Rohstoffversorgung dient (Dammert/Br&#252;ckner, ZfB 2014, 183). &#220;ber den allgemeinen Zweck der Beendigung einer &#246;ffentlich-rechtlichen Berechtigung wegen deren Nichtausnutzung hinaus kommen vorliegend rohstoffwirtschaftliche Aspekte hinzu wie das sich gerade aus dem F&#246;rderzweck des &#167; 1 Nr. 1 BBergG ergebende Gebot der Z&#252;gigkeit der Aufsuchung und Gewinnung (K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 15). Der Widerrufstatbestand und das entsprechende Verfahren sollen dazu beitragen, das von einer Bewilligung umfasste Feld m&#246;glichst intensiv und z&#252;gig auszubeuten (VG Chemnitz, Urt. v. 25.11.1999 - 2 K 561/98 - ZfB 2000, 66, 71).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>Aus den vorgenannten Motiven und Gesetzeszwecken ergibt sich, dass die Gewinnung von Bodensch&#228;tzen nicht allein im privaten Interesse des Unternehmers, sondern vorrangig im &#246;ffentlichen Interesse liegt. Die Bewilligung begr&#252;ndet f&#252;r den Unternehmer nicht nur das Recht zum T&#228;tigwerden, sondern vielmehr auch die Pflicht zu einem bestimmten T&#228;tigwerden. Dem Widerruf kommt damit die Funktion einer Gegensicherung zu, um &#252;ber den Zeitpunkt der Bewilligungserteilung hinaus f&#252;r die Wirtschaftsordnung nicht hinnehmbare Nachteile vermeiden zu k&#246;nnen; sie wird als Instrument zur Anpassung des bergbaulichen Konzessionssystems an die jeweilige Entwicklung betrachtet (VG Chemnitz a.a.O., S. 70; Dammert/Br&#252;ckner, ZfB 2014, 183, 190).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>III.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p>Der Senat l&#228;sst offen, ob der Widerruf der Bewilligung schon auf eine Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung f&#252;r die Zeit bis zum Ablauf des zuletzt am 23.02.2010 zugelassenen Hauptbetriebsplanes am 28.02.2012 gest&#252;tzt werden kann. Hierauf kommt es nicht an. Eine Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung l&#228;nger als drei Jahre ist gem&#228;&#223; &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG jedenfalls f&#252;r die Zeit seit Ablauf der letzten Zulassung am 28.02.2012 gegeben (1.), ohne dass sich die Kl&#228;gerin mit Erfolg auf einen Ausnahmetatbestand des &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG berufen kann (2.). Dies gilt auch angesichts der von der Kl&#228;gerin neu vorgebrachten Tatsachen, die der Senat gem&#228;&#223; &#167; 128 Abs. 2 VwGO im Berufungsverfahren zu ber&#252;cksichtigen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p>1. Seit dem 28.02.2012 hat (weiterhin) eine Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG vorgelegen. Dies war schon deshalb der Fall, weil die zeitliche Geltung des zuletzt zugelassenen Hauptbetriebsplanes mit dem 28.02.2012 abgelaufen war und tats&#228;chlich auch keine Gewinnungst&#228;tigkeit i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG mehr stattgefunden hatte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>2. An der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass diese Unterbrechung l&#228;nger als drei Jahre w&#228;hrte, ohne dass sich die Kl&#228;gerin auf einen Ausnahmetatbestand nach &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG berufen kann, ist festzuhalten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>a. Gr&#252;nde einer &#8222;sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung", die eine Wiederaufnahme der Gewinnungst&#228;tigkeit im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; hinderten, sind nicht erkennbar geworden. Erforderlich ist insoweit zum einen, dass solche Gr&#252;nde einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung tats&#228;chlich vorliegen und zum anderen, dass sie f&#252;r den Aufschub der wieder aufzunehmenden Gewinnungst&#228;tigkeit kausal geworden sind (Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 191). Um den Lauf der Drei-Jahres-Frist folgenlos unterbrechen zu k&#246;nnen, bedarf es einer kontinuierlichen Durchf&#252;hrung der f&#252;r die Wiederaufnahme der Gewinnungst&#228;tigkeit erforderlichen Schritte. Ber&#252;cksichtigungsf&#228;hig sind insoweit die unternehmerische Konzeption f&#252;r die Gewinnungst&#228;tigkeit und solche notwendigen T&#228;tigkeiten, die auf eine technische und wirtschaftlich sachgem&#228;&#223;e Betriebsplanung und Betriebsf&#252;hrung gerichtet sind (Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 191, 188 f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_62">62</a></dt> <dd><p>Insoweit ist vorab festzustellen, dass der Wiederaufnahme der Gewinnungst&#228;tigkeit wegen der Betriebsplanpflicht des &#167; 51 Abs. 1 BBergG zun&#228;chst ein rechtlicher und kein technischer oder wirtschaftlicher Grund entgegenstand, weil die Kl&#228;gerin rechtzeitig vor Ablauf des letzten Hauptbetriebsplanes am 28.02.2012 keinen Verl&#228;ngerungsantrag gestellt hatte. Die Ursache f&#252;r eine dadurch bedingte fortdauernde Unterbrechung hat die Kl&#228;gerin selbst gesetzt. Die in &#167; 52 Abs. 4 Satz 2 BBergG vorgesehene M&#246;glichkeit der Verl&#228;ngerung eines Hauptbetriebsplanes bedarf eines entsprechenden Antrages durch den Unternehmer; eine neuerliche Zulassung von Amts wegen kommt nicht in Betracht (von Hammerstein in: Boldt/Weller/K&#252;hne/von M&#228;&#223;enhausen, BBergG, 2. Aufl., 2016, &#167; 51 Rn. 2, &#167; 52 Rn. 116; vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2018 - 2 L 96/16 -, juris Rn. 59). Der mit Schreiben vom 09.09.2015 gestellte Verl&#228;ngerungsantrag geht schon deshalb ins Leere, weil der vorherige Hauptbetriebsplan zu diesem Zeitpunkt bereits seit dreieinhalb Jahren abgelaufen war und deshalb ein neu zuzulassender Hauptbetriebsplan aufzustellen und vorzulegen gewesen w&#228;re. F&#252;r die Zeit nach dem 28.02.2012 ist auch kein neuer Hauptbetriebsplan aufgestellt und dessen Neuzulassung beantragt worden, wie es &#167; 51 Abs. 1 BBergG gebietet. Dabei kann sich die Kl&#228;gerin nicht auf einen bereits mit Schreiben vom 10.03.2010 gestellten und unbearbeitet gebliebenen Antrag auf Erweiterung der Abbaufl&#228;chen in den Bereichsfeldern 3 und 5 berufen, denn ausweislich des genannten Schreibens wurde eine solche Erweiterung lediglich &#8222;zur Diskussion gestellt&#8220;; es ist auch nicht ersichtlich, dass die hierf&#252;r nach Auskunft des Beklagten ben&#246;tigten Untersuchungen durchgef&#252;hrt und die erforderlichen Unterlagen vollst&#228;ndig vorgelegen h&#228;tten. Soweit mit Schreiben vom 09.09.2015 die (Neu-)Zulassung der Kies- und Sandentnahme aus dem Bereichsfeld 7 beantragt worden war, ist weder den beigezogenen Verwaltungsvorg&#228;ngen noch dem Vortrag der Beteiligten zu entnehmen, dass insoweit ein Hauptbetriebsplan oder auch nur ein Entwurf dessen vorgelegt worden w&#228;re, mit dem sich der Beklagte konkret h&#228;tte befassen k&#246;nnen bzw. m&#252;ssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_63">63</a></dt> <dd><p>Dass sich die Kl&#228;gerin kontinuierlich um die Beseitigung dieses rechtlichen Hindernisses bem&#252;ht und hierf&#252;r ergebnisorientierte T&#228;tigkeiten einer wirtschaftlich sachgem&#228;&#223;en Betriebsplanung unternommen h&#228;tte, vermag der Senat auch unter Ber&#252;cksichtigung der neu vorgetragenen Tatsachen nicht zu erkennen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_64">64</a></dt> <dd><p>aa. Gr&#252;nde einer sinnvollen technischen oder wirtschaftlichen Planung k&#246;nnen sich zun&#228;chst aus den konkreten technischen und wirtschaftlichen Umst&#228;nden des Einzelfalles ergeben (BT-Drs. 8/1315, S. 91; K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 18; Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 191).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_65">65</a></dt> <dd><p>(1) Die von der Kl&#228;gerin als vorrangig angef&#252;hrte Kl&#228;rung der rechtlichen Rahmenbedingungen erf&#252;llt die Anforderungen auch unter Ber&#252;cksichtigung der beh&#246;rdlichen Pflichten aus &#167; 5 BBergG i.V.m. &#167; 25 Abs. 2 VwVfG nicht. Diese Er&#246;rterungspflicht bezieht sich nicht auf die verbindliche Vorabkl&#228;rung der Genehmigungsf&#228;higkeit eines konkreten Antrages, sondern nur auf die Er&#246;rterung bzw. Beratung, welche Nachweise und Unterlagen der Antragsteller beizubringen hat, um eine schnelle Abwicklung des Verfahrens zu erm&#246;glichen (Ruthig in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl., &#167; 25 Rn. 17, 17a). Dieser Pflicht ist der Beklagte regelm&#228;&#223;ig nachgekommen, ohne dass dies jedoch zu einer Beschleunigung gef&#252;hrt h&#228;tte. Seit der letzten Zulassung am 23.02.2010 war der Kl&#228;gerin dar&#252;ber hinaus auch bekannt, dass sich der Beklagte der Rechtsauffassung des BfN zur Fortf&#252;hrung der Abbaut&#228;tigkeit in den bis dahin betriebenen Bereichsfeldern 3 und 5 angeschlossen hatte. Dass die Kl&#228;gerin damit nicht einverstanden war und versuchte, f&#252;r die Zukunft durch Vorab-Gespr&#228;che eine f&#252;r sie g&#252;nstigere L&#246;sung zu finden, bevor kostentr&#228;chtige Rechtsstreitigkeiten gef&#252;hrt w&#252;rden, ist f&#252;r sich betrachtet als Planungsschritt zwar nachvollziehbar und tats&#228;chlich wohl auch kausal f&#252;r den weiteren Stillstand, f&#252;hrte aber &#252;ber mehrere Jahre zu keinen konkreten Ergebnissen. Wegen der im &#246;ffentlichen Interesse bestehenden Pflicht zu intensiven und z&#252;gigen Bem&#252;hungen um eine Wiederaufnahme der Abbaut&#228;tigkeit kann dieses Anliegen allerdings nicht als ein ausreichender, den konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten geschuldeter Grund i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG anerkannt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_66">66</a></dt> <dd><p>Den bereits vom Verwaltungsgericht behandelten Gespr&#228;chen vom 23.10.2013, 17.03.2014 und im Telefonat vom 13.05.2014 ist ebenfalls nicht zu entnehmen, welche konkreten Schritte die Kl&#228;gerin h&#228;tte geplant haben k&#246;nnen, um die Gewinnungst&#228;tigkeit wieder aufzunehmen. Insoweit kann gem&#228;&#223; &#167; 130b Satz 2 VwGO auf die Gr&#252;nde des angefochtenen Urteils (Umdr. S. 13) Bezug genommen werden. Im &#220;brigen m&#246;gen verbale Absichtserkl&#228;rungen gerade in fr&#252;hen Entwicklungsphasen erforderlich sein, doch war dieses Stadium f&#252;r das Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; seit Abschluss des Planfeststellungsverfahrens Ende 2002 lange &#252;berschritten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_67">67</a></dt> <dd><p>Entsprechendes gilt unter Ber&#252;cksichtigung der beschriebenen Doppelstrategie, aufgrund derer sich die Kl&#228;gerin nicht nur um die Kl&#228;rung der f&#252;r sie problematischen &#8211; laut Beklagtem unverr&#252;ckbaren &#8211; Nebenbestimmungen aus dem letzten Zulassungsbescheid bem&#252;hte, sondern seit Oktober 2010 zugleich die Zulassung des Abbaus auf alternativen, weniger sensiblen Ersatzfl&#228;chen innerhalb des Bewilligungsfeldes thematisierte. Wenn die Verl&#228;ngerung des bisherigen oder die neuerliche Aufstellung eines entsprechenden Hauptbetriebsplanes f&#252;r die Kl&#228;gerin aus wirtschaftlichen Gr&#252;nden nicht in Frage gekommen w&#228;re, h&#228;tte es nahe gelegen, die Anfechtung der Nebenbestimmungen beim VG Braunschweig inhaltlich voranzubringen und deren Rechtm&#228;&#223;igkeit verbindlich und f&#252;r die Zukunft feststellen zu lassen, statt die &#8222;rechtlichen Rahmenbedingungen&#8220; au&#223;ergerichtlich und in unverbindlich bleibenden Gespr&#228;chen kl&#228;ren zu wollen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass nach Erledigung der angefochtenen Nebenbestimmungen durch Zeitablauf auch die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Frage gekommen w&#228;re. Alternativ h&#228;tte die Kl&#228;gerin einen anderen Hauptbetriebsplan oder wenigstens einen Entwurf zur Vorpr&#252;fung vorlegen k&#246;nnen, etwa zu den von ihr in Erw&#228;gung gezogenen Ersatzfl&#228;chen, f&#252;r die sie auch bereits &#252;ber erste Datenauswertungen verf&#252;gte. Auf diesem Wege h&#228;tte sie vom Beklagten konkret formulierte Anforderungen erhalten k&#246;nnen. Im Falle von Unklarheiten oder sachlichen Defiziten w&#228;re der Antrag nicht sogleich abzulehnen, sondern es w&#228;ren gem&#228;&#223; &#167; 5 BBergG i.V.m. &#167; 25 Abs. 2 VwVfG zun&#228;chst Nachbesserungen anzufordern gewesen (vgl. von Hammerstein a.a.O., &#167; 52 Rn. 103). In Anbetracht dieser bereits vom Verwaltungsgericht aufgezeigten M&#246;glichkeiten gen&#252;gt der Verweis auf die mehrfach bekundete Absicht, am Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; festhalten und insoweit nach langfristigen L&#246;sungen suchen zu wollen &#8211; &#8222;daran gekn&#252;pft ... auch der Gedanke, nach etwaigen Alternativfl&#228;chen&#8220; (vgl. E-Mail der Kl&#228;gerin an das BfN vom 16.12.2013 in Anl K 40, GA Bl. 255) &#8211; nicht aus, um eine Ausnahme vom gebotenen Widerruf zu begr&#252;nden. Die weiteren Kontakte und Gespr&#228;che mit dem Beklagten dienten der gegenseitigen Information, dem Meinungsaustausch und der Er&#246;rterung alternativer L&#246;sungsans&#228;tze sowie zu erwartender Rechtsfolgen weiterer Unt&#228;tigkeit. Es ist aber nicht ersichtlich, dass diese zu konkreten Ergebnissen gef&#252;hrt h&#228;tten und dass das Ausbleiben konkreter Ergebnisse auf konkreten wirtschaftlichen Gegebenheiten beruhte. So verf&#252;gte die Kl&#228;gerin f&#252;r die etwaigen Alternativfl&#228;chen zwar &#252;ber Daten aus dem GPDN-Projekt und &#252;ber Geofachdaten des BfN, h&#228;tte mit deren Hilfe aber nach ihrem eigenen Vortrag erst ab Ende M&#228;rz 2014 m&#246;gliche Potenzialfl&#228;chen innerhalb und au&#223;erhalb des Feldes &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; n&#228;her eingrenzen k&#246;nnen. Dass die Kl&#228;gerin diese Eingrenzung in der Folgezeit vorgenommen h&#228;tte und es insoweit zu konkreteren Ergebnissen gekommen w&#228;re, ist nicht ersichtlich, ergibt sich insbesondere nicht aus den per E-Mail angek&#252;ndigten Themen f&#252;r ein weiteres Gespr&#228;ch mit dem Beklagten am 09.07.2014; das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; wird darin noch nicht einmal erw&#228;hnt (dazu GA Bl. 178 und Anl. K 42, GA Bl. 261).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_68">68</a></dt> <dd><p>Die vorgetragene Mitwirkung an dem GPDN-Projekt in der Zeit von Ende 2011 bis Oktober 2013 kann, wie auch der Beklagte einr&#228;umt, zur Kl&#228;rung der tats&#228;chlichen Rahmenbedingungen in Bezug auf alternative Potenzialr&#228;ume f&#252;r eine weitere Hauptbetriebszulassung sinnvoll gewesen sein, belegt aber nicht, dass die Kl&#228;gerin der Suche nach Alternativfl&#228;chen z&#252;gig und intensiv nachgegangen ist und dass gerade die Mitwirkung an diesem Projekt es erfordert h&#228;tte, die gebotenen Schritte zur Schaffung der Voraussetzungen f&#252;r eine Wiederaufnahme des Abbaus im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; zu veranlassen. Immerhin hatte der Beklagte die Kl&#228;gerin schon im April 2010 darauf hingewiesen, dass wegen des neuen Bundesnaturschutzgesetzes weitere spezielle Untersuchungen erforderlich seien und empfohlen, die beiden Teilfelder I und II unter Einschaltung eines Fachb&#252;ros f&#252;r Naturschutz und Beteiligung des BfN insgesamt nochmals gezielt zu untersuchen. Dies aber hat die Kl&#228;gerin auch nach Abschluss des Projekts im Oktober 2013 nicht weiter verfolgt. Stattdessen teilte sie dem Beklagten am 23.10.2013 mit, dass sie nunmehr Alternativfl&#228;chen au&#223;erhalb des Natura-2000-Gebietes suchen wolle und die Aktivit&#228;ten im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; f&#252;r die Dauer anderweitiger Zulassungen zum Ruhen bringen k&#246;nne.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_69">69</a></dt> <dd><p>Dass die Kl&#228;gerin im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens f&#252;r das Hochspannungsgleichstromseekabel &#8222;COBRAcable&#8220; im Jahre 2015 zum Ausdruck gebracht habe, eine langfristige Nutzung des Bewilligungsfeldes &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; anzustreben und Ausf&#252;hrungen zur Fortsetzung der Gewinnung gemacht habe, ist der als Anl. K 44 eingereichten Niederschrift vom 05.11.2015 (GA Bl. 264) schon nicht zu entnehmen. Selbst wenn dem aber so gewesen sein sollte, f&#252;hrt dies nicht weiter. Es ist nicht ersichtlich, welche entscheidungserhebliche Relevanz der einem Beklagten-Vertreter zugeschriebenen &#196;u&#223;erung &#252;ber die einvernehmliche L&#246;sung des Nutzungskonflikts zwischen der Rohstoffgewinnung und der Kabelverlegung nach den obigen Ausf&#252;hrungen zukommen sollte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_70">70</a></dt> <dd><p>Aus den vorgenannten Gr&#252;nden kann sich die Kl&#228;gerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie zur Kl&#228;rung der rechtlichen Rahmenbedingungen den Ausgang des gegen die Bundesrepublik Deutschland angestrengten EU-Vertrags-verletzungsverfahrens habe abwarten d&#252;rfen. Gegenstand des Verfahrens ist zwar der Rechtsrahmen f&#252;r den weiteren Abbau in der Au&#223;enwirtschaftszone der Nordsee, doch machte und macht dies eine konkrete Auseinandersetzung mit den M&#246;glichkeiten einer weiteren Zulassung des Abbaus im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; durch Aufstellung eines neues Hauptbetriebsplanes nicht entbehrlich, solange die Kl&#228;gerin an diesem Feld festh&#228;lt. Dass ein rechtm&#228;&#223;iger Abbau selbst bei Verurteilung der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr m&#246;glich sein sollte, behauptet sie selbst nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_71">71</a></dt> <dd><p>(2) Die von der Kl&#228;gerin vorgenommene Konzentration der Abbaut&#228;tigkeit auf ihr Bewilligungsfeld &#8222;OAM III&#8220; erf&#252;llt die Anforderungen des Ausnahmetatbestandes ebenfalls nicht. Fragw&#252;rdig ist bereits, ob darin eine Entscheidung gesehen werden kann, die auf eine wirtschaftlich sachgem&#228;&#223;e Betriebsplanung und Betriebsf&#252;hrung gerichtet ist, wenn sich die Kl&#228;gerin insoweit auf planungsrelevante &#8222;regulatorische Rahmenbedingungen&#8220; beruft, mithin auf eine ihrer Meinung nach schwierige Rechtslage und den noch offenen Ausgang des Vertragsverletzungsverfahrens. Mit dem Verwaltungsgericht w&#228;re aber auf jeden Fall zu fordern, dass diese Entscheidung dem Beklagten h&#228;tte zur Kenntnis gegeben werden m&#252;ssen. Dies ergibt sich aus dem unter II.2. beschriebenen Gesetzeszweck (&#167; 1 Nr. 1 BBergG), der eine F&#246;rderung der Gewinnungst&#228;tigkeit zwecks Sicherung der Rohstoffversorgung und zwecks Vermeidung einer unzul&#228;ssigen Vorratshaltung verlangt. Die Einhaltung des daraus abzuleitenden Gebotes einer z&#252;gigen Aufsuchung und Gewinnung kann die zust&#228;ndige Beh&#246;rde nur sicherstellen, wenn sie &#252;ber die getroffenen unternehmerischen Entscheidungen informiert wird und diese mit ihr abgestimmt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 - 7 C 4.10 - juris Rn. 21). Ebenso wenig anzuerkennen ist die von der Kl&#228;gerin geltend gemachte Vorgreiflichkeit des erst im Jahre 2014 angesto&#223;enen Dialogprozesses f&#252;r das Feld &#8222;OAM III&#8220;. Es ist nicht ersichtlich, inwieweit dieser Prozess, der nach unbestrittenem Vortrag des Beklagten lediglich dem Austausch von Informationen und Meinungen im Rahmen eines Gespr&#228;chskreises gedient hat, auf ein anzustrebendes Zulassungsverfahren f&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; Auswirkungen h&#228;tte haben sollen. Auch insoweit gilt, dass die Gewinnungsm&#246;glichkeiten auf der Grundlage eines neu aufgestellten Hauptbetriebsplanes oder jedenfalls eines entsprechenden Entwurfs deutlich zielgerichteter h&#228;tten er&#246;rtert und bewertet werden k&#246;nnen und m&#252;ssen, solange die Kl&#228;gerin an der Bewilligung f&#252;r dieses Feld festhalten will.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_72">72</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen k&#246;nnen die geltend gemachten unternehmerischen Entscheidungen, sich im Rahmen eines wirtschaftlichen Gesamtkonzeptes vorerst auf eines von mehreren Abbaugebieten zu konzentrieren bzw. verschiedene, selbst&#228;ndig zuzulassende Abbauvorhaben rechtlich miteinander zu verkn&#252;pfen, i.R.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG keine Anerkennung finden. &#220;berzeugend weist das VG Chemnitz darauf hin, dass die Akzeptanz einer solchen Verkn&#252;pfung dem zitierten und auch in &#167; 18 Abs. 3 BBergG zu ber&#252;cksichtigenden Gesetzeszweck einer m&#246;glichst z&#252;gigen und intensiven Ausbeutung zuwiderliefe (Urt. v. 25.11.1999 a.a.O., S. 72, in diese Richtung auch VG Halle, Urt. v. 22.01.2014 - 5 A 157/13 - ZfB 2014, 219 ff., juris Rn. 55; a.A. Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 189). Ohne Erfolg verweist die Kl&#228;gerin deshalb auf beh&#246;rdliche Entscheidungen des Bergamtes Stralsund. Ausweislich der mit Anl. K 24 und 25 vorgelegten Bescheide vom 10.09.2012 und 03.03.2016 ging es dort um die parallele F&#252;hrung zweier aufw&#228;ndiger Planfeststellungsverfahren, die die Kl&#228;gerin aus wirtschaftlichen bzw. marktstrategischen Gr&#252;nden nicht gleichzeitig f&#252;hren wollte. Abgesehen davon, dass diese beh&#246;rdlichen Entscheidungen f&#252;r das vorliegende Verfahren nicht verbindlich sein k&#246;nnen, findet sich darin auch keine verallgemeinerungsf&#228;hige Aussage, wonach bei mehreren von denselben bzw. vergleichbaren naturschutzfachlichen oder sonstigen Konflikten betroffenen Bewilligungsfeldern eine Unterbrechung der Gewinnung deshalb gerechtfertigt sei, wenn im Rahmen eines Verfahrens &#252;bertragbare Konflikte bew&#228;ltigt w&#252;rden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_73">73</a></dt> <dd><p>(3) Einen entscheidungserheblichen Zusammenhang zwischen der seit Ende 2011 zur&#252;ckgebauten und f&#252;r die Aufbereitung der aus der Nordsee stammenden Rohstoffe weggefallenen Seekiesaufbereitungsanlage im Hamburger Hafen mit dem fortdauernden Unterbleiben kl&#228;gerischer Bem&#252;hungen um eine Wiederaufnahme der Gewinnung im Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; vermochte die Kl&#228;gerin nicht &#252;berzeugend darzulegen. Schon der Umstand, dass dieses Argument erstmalig im Berufungsverfahren geltend gemacht wird, spricht gegen einen Kausalzusammenhang. Die Kl&#228;gerin vermochte im &#220;brigen nicht zu erkl&#228;ren, warum eine Kiesgewinnung im Nachbarfeld &#8222;OAM III&#8220; davon offensichtlich nicht betroffen gewesen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_74">74</a></dt> <dd><p>bb. Ob f&#252;r die wirtschaftliche Planung i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG auch die allgemeine wirtschaftliche Situation von Bedeutung sein kann, so dass auch unternehmerische Entscheidungen zu ber&#252;cksichtigen w&#228;ren, die auf allgemeinen betriebswirtschaftlichen / marktstrategischen Erw&#228;gungen im Rahmen des Wettbewerbs beruhen, ist umstritten (so BT-Drs. 8/1315, S. 91; K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 18, Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 191; ablehnend VG Halle a.a.O. juris Rn. 54, dem ausdr&#252;cklich folgend OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 08.06.2015 - 2 L 20/14 - ZfB 2015, 259 ff., juris Rn. 15 ff. unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 - 7 C 4.10 -, juris Rn. 12 ff.). Die Frage bedarf vorliegend jedoch keiner abschlie&#223;enden Kl&#228;rung. Denn die Kl&#228;gerin beschr&#228;nkt sich insoweit auf den unergiebigen Hinweis, dass der Beklagte es vers&#228;umt habe, dies zu pr&#252;fen. Konkrete Anhaltspunkte f&#252;r das Vorliegen allgemeinwirtschaftlich bedingter Entscheidungen und deren Kausalit&#228;t f&#252;r das Unterbleiben weitergehender Bem&#252;hungen um die Gewinnung gerade im Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; hat sie auch in der m&#252;ndlichen Verhandlung nicht angef&#252;hrt. Bei Vorliegen einer &#252;ber dreij&#228;hrigen Unterbrechung der regelm&#228;&#223;igen Gewinnung kann es entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerin nicht Sache der widerrufenden Beh&#246;rde sein, ein etwaiges Eingreifen von Ausnahmetatbest&#228;nden nach &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG von Amts wegen zu ermitteln, ohne dass hierf&#252;r konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Um eine Amtsermittlungspflicht auszul&#246;sen, ist es vielmehr zun&#228;chst Sache des Bewilligungsinhabers, zu den von ihm als ma&#223;geblich erachteten und zu seinen Gunsten sprechenden Aspekten konkrete Anhaltspunkte vorzutragen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus den unter II.2. dargestellten Grunds&#228;tzen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_75">75</a></dt> <dd><p>b. Sonstige Gr&#252;nde, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (&#167; 18 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 BBergG), sind solche, die au&#223;erhalb seiner Einflusssph&#228;re liegen (BT-Drs. 8/1315, S. 91; K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 18; Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 193) und die den Unternehmer daran hindern, die zur (Wieder-)Aufnahme der Gewinnung erforderlichen Schritte wie z.B. die Einreichung eines den Vorschriften des Gesetzes entsprechenden Betriebsplanes einzuleiten; Gr&#252;nde, die allein gegen die Durchf&#252;hrung der Ma&#223;nahme sprechen, z&#228;hlen hierzu nicht (VG Halle a.a.O., Rn. 56).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_76">76</a></dt> <dd><p>aa. Die Erhebung einer Anfechtungsklage am VG Braunschweig am 05.08.2010 gegen die Nebenbestimmungen im Zulassungsbescheid vom 23.02.2010 und der w&#228;hrend dieses Rechtsstreits verstrichene Zeitraum bis zum Einstellungsbeschluss vom 29.04.2015 stellen im Ergebnis keine au&#223;erhalb der Einflusssph&#228;re der Kl&#228;gerin liegenden, von ihr nicht zu vertretenden Gr&#252;nde dar, die den Lauf der Drei-Jahres-Frist des &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG unterbrechen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_77">77</a></dt> <dd><p>Ob in einem solchen Fall Raum f&#252;r eine analoge Anwendung der Verj&#228;hrungsregelungen des BGB (Buch 1, Abschn. 5, &#167;&#167; 194 bis 225 BGB) ist, erscheint in dieser Allgemeinheit schon zweifelhaft. In der Rechtsprechung wird eine Anwendung der Verj&#228;hrungsregelungen auf &#246;ffentlich-rechtliche Verm&#246;gens- oder sonstige Anspr&#252;che zwar bejaht (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2017 - 10 C 3.16 -, juris Rn. 16 und v. 15.07.2016 - 9 A 16/15 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 20.01.2014 - 2 B 2/14 -, juris Rn. 8; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 30.08.2018 - 1 A 11843/17 -, juris Rn. 29), doch enth&#228;lt &#167; 18 Abs. 3 BBergG weder einen der Verj&#228;hrung unterliegenden &#246;ffentlich-rechtlichen Anspruch noch eine Verj&#228;hrungsbestimmung. Inhalt und Anliegen dieser speziellen fachgesetzlichen Vorschrift ist vielmehr die Beendigung einer &#246;ffentlich-rechtlichen Berechtigung bzw. Gestattung wegen deren Nichtausnutzung, um einer Vorratshaltung an Rohstoffen entgegenzuwirken. Der Widerruf und der Lauf der Drei-Jahres-Frist ist zwingend vorgeschrieben und zu beachten. Zweifel sind au&#223;erdem mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtsfolgen geboten. Denn w&#228;hrend die Drei-Jahres-Frist des &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG nach Wiederaufnahme des Betriebs bzw. der erforderlichen Bem&#252;hungen erneut zu laufen beginnt (s.o. zu II.1.), w&#228;re der Zeitraum, w&#228;hrend dessen der Lauf einer Verj&#228;hrungsfrist gehemmt ist, entsprechend &#167; 209 BGB nur nicht in die Drei-Jahres-Frist einzurechnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_78">78</a></dt> <dd><p>(1) Dennoch gehen die Beteiligten und das Verwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass sich ein Unternehmer grunds&#228;tzlich nicht dem Risiko des Widerrufs seiner Abbaubewilligung aussetzen muss, nur weil er von der M&#246;glichkeit Gebrauch macht, gegen ihn belastende Ma&#223;nahmen um Rechtsschutz nachzusuchen. Als &#8222;sonstiger Grund&#8220; i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG geltend gemacht h&#228;tte die Kl&#228;gerin diesen mit Blick auf die gesamte Dauer des Verfahrens vor dem VG Braunschweig allerdings selbst zu vertreten, da sie das Klageverfahren von Beginn an nicht ernsthaft betrieb und es schlie&#223;lich selbst zum Stillstand brachte, so dass sich die Sache wegen Zeitablaufs erledigte. Dies kann bei der Bemessung der Dauer einer Unterbrechung schon angesichts der unter II.2. dargestellten allgemeinen Grunds&#228;tze, insbesondere des Z&#252;gigkeitsgebotes aus &#167; 1 Nr. 1 BBergG nicht unber&#252;cksichtigt bleiben. Der Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass ein z&#246;gerliches Prozessverhalten nicht &#252;ber die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben entscheiden darf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_79">79</a></dt> <dd><p>Nichts anderes erg&#228;be sich im &#220;brigen aus einer analogen Anwendung des &#167; 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB und einer angenommenen Hemmung der Drei-Jahres-Frist durch Rechtsverfolgung. Insoweit kann nochmals auf die zutreffenden Gr&#252;nde des verwaltungsgerichtlichen Urteils (Umdr. S. 14) Bezug genommen werden. Auch hier geht es darum, dass der Eintritt der gehemmten Rechtsfolge &#8211; die Verj&#228;hrung &#8211; nicht auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben wird. Erfasst werden F&#228;lle, in denen die Parteien ohne triftigen Grund unt&#228;tig bleiben, wobei es im Interesse der Rechtssicherheit auf die nach au&#223;en erkennbar werdenden Umst&#228;nde des Verfahrensstillstandes im Verantwortungsbereich der Parteien ankommt (Grothe in: M&#252;Ko BGB, 8. Aufl., &#167; 204 Rn. 74, 75). Grund des Verfahrensstillstandes ist bei die Ruhensanordnung im &#220;brigen der &#252;bereinstimmende Antrag der Parteien oder ihr tats&#228;chliches Nichtverhandeln, nicht aber der gerichtliche Beschluss (vgl. schon BGH, Urt. v. 21.02.1983 - VIII ZR 4/82 (KG) -, NJW 1983, 2496, 2497; Grothe a.a.O., Rn. 76).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_80">80</a></dt> <dd><p>(2) Aus den o.g. Gr&#252;nden kommt f&#252;r die Zeit des angeordneten Ruhens des Verfahrens bis zur Einstellung durch Beschluss vom 29.04.2015 auch eine Hemmung des Fristlaufs wegen schwebender Verhandlungen analog &#167; 203 BGB von vornherein nicht in Betracht, da der Lauf der Drei-Jahres-Frist des &#167; 18 Abs. 3 BBergG beh&#246;rdlicherseits weder verl&#228;nger- noch verhandelbar ist. Der Beklagte handelt nicht privatautonom, sondern ist als Organ einer &#246;ffentlich-rechtlichen K&#246;rperschaft an Recht und Gesetz gebunden. Er hat auf die Einhaltung fachgesetzlicher Regelungen zu achten und verfahrensrechtliche Vorgaben einzuhalten. Wie die Kl&#228;gerin an anderer Stelle zutreffend geltend macht, ist der Beklagte etwa zur Amtsermittlung verpflichtet (&#167; 24 VwVfG) und hat k&#252;nftige Antragsteller schon vor Beginn eines Verwaltungsverfahrens zu beraten, Ausk&#252;nfte zu erteilen und den Verfahrensablauf zu er&#246;rtern (&#167; 25 Abs. 1 und 2 VwVfG). Dies ist mit dem zivilrechtlich weit auszulegenden Verhandlungsbegriff (vgl. dazu nur BGH, Beschl. v. 31.01.2014 &#8211; III ZR 84/13 &#8211; BeckRS 2014, 03762, Rn. 8 m.w.N. und Grothe a.a.O., &#167; 203 Rn. 5) nicht vereinbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_81">81</a></dt> <dd><p>bb. Schlie&#223;lich kann auch die politische Entwicklung seit der Erteilung der Bewilligung im Jahre 1999 und des Planfeststellungsbeschlusses &#252;ber den Rahmenbetriebsplan der Kl&#228;gerin Ende 2002 nicht als sonstiger Grund i.S.d. &#167; 18 Abs. 3 Satz 2 BBergG anerkannt werden. Es trifft zwar zu, dass die Einstufung des &#8222;Sylter Au&#223;enriffs&#8220; als FFH-Gebiet, die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland und die dazu gef&#252;hrten Gespr&#228;che auf Bundes- und Landesebene au&#223;erhalb der Sph&#228;re der Kl&#228;gerin liegen; aber auch dies h&#228;tte sie nicht daran gehindert, die zur Wiederaufnahme der Gewinnung im Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; erforderlichen Schritte wie z.B. die Aufstellung und Einreichung eines neuen Hauptbetriebsplanes einzuleiten oder jedenfalls einen Entwurf desselben vorzulegen. Dies gilt auch in Anbetracht der Tatsache, dass sich dadurch die naturschutzrechtlichen Anforderungen an den weiteren Abbau von Rohstoffen erh&#246;ht haben, denn diese betreffen nur die Durchf&#252;hrung der Ma&#223;nahme. Ob nunmehr eine neue FFH-Vertr&#228;glichkeitspr&#252;fung unter Beteiligung der Naturschutzverb&#228;nde durchzuf&#252;hren ist, kann im Rahmen des anzustrebenden Zulassungsverfahrens gekl&#228;rt werden. Dies tr&#228;gt die Kl&#228;gerin unter Verweis auf die zwischenzeitlich getroffenen Verabredungen f&#252;r das Feld &#8222;OAM III&#8220; selbst vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_82">82</a></dt> <dd><p>Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Beklagte die kl&#228;gerischen Bem&#252;hungen nicht konstruktiv begleitet und allein auf politischen Druck gehandelt h&#228;tte, vermag der Senat im &#220;brigen nicht zu erkennen. Die Kl&#228;gerin ist in den zahlreich gef&#252;hrten Gespr&#228;chen wiederholt auf die zu stellenden Anforderungen hingewiesen worden und es sind ihr Vorschl&#228;ge unterbreitet worden, wie diese erf&#252;llt werden k&#246;nnten. Es ist nichts dagegen zu erinnern, sondern war sogar geboten, dass der Beklagte auf die gestiegenen naturschutzrechtlichen Anforderungen reagierte, so, wie dies auch durch Formulierung der Nebenbestimmungen im Zulassungsbescheid vom 23.02.2010 geschehen ist. &#220;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit dieser Ma&#223;nahme ist hier im &#220;brigen nicht zu befinden. Der Bescheid hat sich durch Zeitablauf erledigt, ohne dass die Kl&#228;gerin von der M&#246;glichkeit Gebrauch gemacht h&#228;tte, ihre rechtlichen Bedenken im Rahmen der vor dem VG Braunschweig erhobenen Anfechtungsklage vorzubringen und eine gerichtliche Entscheidung herbeizuf&#252;hren. Dass der Beklagte der Kl&#228;gerin aus politisch-strategischer Sicht Ratschl&#228;ge erteilte und etwa dazu riet, den Dialogprozess das Feld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; aufzugeben, um wenigstens das Feld &#8222;OAM III&#8220; weiter betreiben zu k&#246;nnen, &#228;ndert an den rechtlichen Vorgaben nichts. Dies musste auch der Kl&#228;gerin klar sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_83">83</a></dt> <dd><p>3. Der im August 2015 ausgesprochene Widerruf erfolgte ohne Versto&#223; gegen die in &#167; 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. &#167; 48 Abs. 4 VwVfG vorgesehene Jahresfrist, da diese Regelung vorliegend nicht anwendbar ist. Nach &#167; 5 BBergG gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nur, soweit im Bundesberggesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Unanwendbarkeit einzelner Normen wie hier des &#167; 49 VwVfG kann sich dar&#252;ber hinaus mittelbar aus Sinn und Zweck der Regelung sowie aus dem Regelungszusammenhang ergeben (Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, &#167; 49 Rn. 18a m.w.N.). So liegt es hier. Anders als nach &#167; 49 VwVfG steht ein Widerruf nach &#167; 18 Abs. 3 BBergG nicht im beh&#246;rdlichen Ermessen, sondern ist zwingend vorgeschrieben. Damit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass er einen gesetzwidrigen Zustand zum Schutz anderer Interessen nicht hinnehmen will (vgl. zum Waffenrecht BVerwG, Urt. v. 26.03.1996 - 1 C 12/95 -, juris Rn. 27). Entsprechend k&#246;nnte einem Bewilligungsinhaber zwar in den F&#228;llen des Widerrufs nach &#167; 49 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 VwVfG Vertrauensschutz zugebilligt werden, doch nicht im Falle der bergbauspezifischen Zulassung eines Widerrufs nach &#167; 18 Abs. 3 BBergG und deren differenzierte Regelung. Sie schreibt den Widerruf einer Bewilligung zwingend vor. Die Tatsachen, die den Widerruf ausl&#246;sen, liegen in der Sph&#228;re des Bewilligungsinhabers und sind ihm bekannt. Da er deshalb mit der M&#246;glichkeit eines Widerrufes rechnen muss, ist ein Vertrauensschutz nicht geboten (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2018 - 2 L 96/16 -, juris Rn. 116 und Beschl. v. 08.06.2015 - 2 L 20/14 -, juris Rn. 10, 23; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, 1983, &#167; 18 Rn. 14; offen gelassen, mit Neigung zur Unanwendbarkeit: VG Chemnitz, Urt. v. 25.11.1999 - 2 K 561/98 - ZfB 2000, 66, 70; a.A.: K&#252;hne a.a.O., &#167; 18 Rn. 20 ff., 37 und Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 195).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_84">84</a></dt> <dd><p>Mangels schutzw&#252;rdigen Vertrauens war entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerin auch keine Entsch&#228;digung nach &#167; 49 Abs. 6 VwVfG vorzusehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>IV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_85">85</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich steht dem Widerruf nach &#167; 18 Abs. 3 BBergG auch nicht das Rechtsinstitut der Verwirkung entgegen (dazu Dammert/Br&#252;ckner a.a.O., S. 193 m.w.N.). Die Verwirkung als Hauptanwendungsfall des Verbotes widerspr&#252;chlichen Verhaltens bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausge&#252;bt werden kann, weil seit der M&#246;glichkeit der Geltendmachung eine l&#228;ngere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umst&#228;nde hinzutreten, die die versp&#228;tete Geltendmachung als Versto&#223; gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn der Berechtigte unter Verh&#228;ltnissen unt&#228;tig bleibt, unter denen vern&#252;nftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment) und damit eine Situation geschaffen wird, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (Vertrauensmoment) (BVerwG, Urt. v. 30.08.2018 - 2 C 10/17 -, juris Rn. 21 und v. 27.01.2010 - 7 A 8.09 -, juris, Rn. 26, beide m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18.07.2018 - 2 L 96/16 -, juris Rn. 117 und Beschl. v. 08.06.2015 - 2 L 20/14 -, juris Rn. 24).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_86">86</a></dt> <dd><p>Eine solche Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Davon ausgehend, dass die Drei-Jahres-Frist des &#167; 18 Abs. 3 Satz 1 BBergG mit Ablauf des Monats Februar 2012 begann und infolgedessen erst mit Ablauf des Monats Februar 2015 vollst&#228;ndig abgelaufen war, der Widerruf aber schon im August 2015 ausgesprochen wurde, fehlt es bereits am sogenannten Zeitmoment. Wiederum unterstellt, die Widerrufsvoraussetzungen h&#228;tten bereits nach Ablauf von drei Jahren seit Beendigung des regelm&#228;&#223;igen Abbaus im Juli 2007 vorgelegen, fehlt es am sogenannten Umstandsmoment. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte mit seinen &#196;u&#223;erungen zwischenzeitlich zu erkennen gegeben hat, die Bewilligung trotz der fehlenden Einleitung konkreter Schritt zur Wiederaufnahme der Gewinnungst&#228;tigkeit im Bewilligungsfeld &#8222;Wei&#223;e Bank&#8220; nicht widerrufen zu wollen. Dies allein f&#252;hrt jedoch noch nicht zu einer ausreichenden Grundlage f&#252;r ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen. Denn der Beklagte hatte andererseits mehrfach auf die bestehende Rechtslage und den zwingenden Widerrufstatbestand hingewiesen. Dass die Kl&#228;gerin sich der Widerrufsgefahr bewusst war, ist ihrem eigenen Vortrag &#8211; etwa zum Lauf der von ihr f&#252;r anwendbar gehaltenen Widerrufsfrist &#8211; zu entnehmen. Hierf&#252;r sprechen auch ihre wiederholten Nachfragen und Gespr&#228;chsgesuche. Ohne entsprechende Vertrauensgrundlage konnte sich aufseiten der Kl&#228;gerin aber auch kein sch&#252;tzenswerter Vertrauenstatbestand bilden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_87">87</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit beruht auf &#167; 167 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_88">88</a></dt> <dd><p>Die Revision wird nicht zugelassen, weil Zulassungsgr&#252;nde nach &#167; 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,123
bverfg-2018-12-19-2-bvr-63718
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2 BvR 637/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:49:10
2019-01-29T12:49:10
Nichtannahmebeschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181219.2bvr063718
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> 1. Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzul&#228;ssig, denn sie wird den aus &#167;&#167; 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG folgenden Substantiierungsanforderungen nicht gerecht. Das Bundesverfassungsgericht soll durch die Begr&#252;ndung der Verfassungsbeschwerde in die Lage versetzt werden, den angegriffenen Hoheitsakt ohne eigene weitere Nachforschung einer verfassungsrechtlichen Pr&#252;fung zu unterziehen. Dies kann erfordern, neben den angegriffenen Entscheidungen auch andere relevante Entscheidungsgrundlagen vorzulegen (vgl. nur BVerfGK 14, 402 &lt;417 m.w.N.&gt;). Der Beschwerdef&#252;hrer hat weder die unver&#246;ffentlichten, ihn selbst betreffenden Beschl&#252;sse des Oberlandesgerichts Celle, auf die die angegriffenen Beschl&#252;sse abstellen, noch mehrere eigene und fremde Stellungnahmen aus dem fachgerichtlichen Verfahren vorgelegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> 2. Von einer weiteren Begr&#252;ndung wird nach &#167; 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Diese Entscheidung ist unanfechtbar.</p> </dd> </dl> </div>
171,087
bverwg-2018-12-19-4-b-618
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4 B 6/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:48:50
2019-01-29T12:48:50
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:191218B4B6.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die auf &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gest&#252;tzte Beschwerde hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>1. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das Berufungsurteil von Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Eine die Revision er&#246;ffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des &#167; 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 &#167; 133 &lt;n.F.&gt; VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>a) Eine Divergenz zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1995 - 4 NB 36.95 - (Buchholz 406.12 &#167; 16 BauNVO Nr. 4) ist nicht dargetan und liegt auch nicht vor.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde entnimmt der Entscheidung den Rechtssatz, dass Festsetzungen zum Ma&#223; der baulichen Nutzung nach &#167; 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nicht durch Festsetzungen zur &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;che (&#167; 23 BauNVO) substituiert werden k&#246;nnten. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich in Widerspruch zu dieser Rechtsprechung gesetzt. Er sei im Wege der Auslegung des Bebauungsplans zu dem Ergebnis gekommen, dass die innerhalb des "Stellplatzfensters" zul&#228;ssigen Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten bei der Ermittlung der Grundfl&#228;che nach &#167; 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO nicht mitzurechnen seien; er sehe darin eine von dieser Grundregel abweichende Festsetzung auf der Grundlage von &#167; 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO. Damit weiche der Verwaltungsgerichtshof von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Er schlie&#223;e aus der Festsetzung der &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;chen f&#252;r Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten auf eine Festsetzung zum Ma&#223; der baulichen Nutzung, n&#228;mlich auf eine auf &#167; 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO gest&#252;tzte Festsetzung einer von den Anrechnungsregeln nach &#167; 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO abweichenden Regelung. Die R&#252;ge f&#252;hrt nicht auf eine Rechtssatzdivergenz. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass der Verwaltungsgerichtshof eine nach &#167; 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO fehlende Festsetzung durch eine solche zur &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;che substituiert - also ersetzt - hat. Der Vorwurf der Kl&#228;gerin trifft auch in der Sache nicht zu. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Bebauungsplan f&#252;r die als Gewerbegebiet ausgewiesenen Grundst&#252;cke der Kl&#228;gerin ein Baufenster festsetze, das den Umrissen des auf den Grundst&#252;cken vorhandenen Bauk&#246;rpers entspreche; das Ma&#223; der baulichen Nutzung werde durch die Festsetzung einer absoluten Grundfl&#228;che bestimmt. Ferner setze der Bebauungsplan auf diesen Grundst&#252;cken eine Fl&#228;che fest, die die vorhandenen Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten umfasse. Der Begr&#252;ndung des Bebauungsplans hat das Berufungsgericht das planerische Ziel entnommen, dass die Einzelhandelsbetriebe auf den kl&#228;gerischen Grundst&#252;cken in ihrer bestehenden Form auch weiterhin planungsrechtlich zul&#228;ssig sein sollen. Mit Blick auf diese Zielsetzung hat der Verwaltungsgerichtshof die vorgenannten, die Grundst&#252;cke der Kl&#228;gerin betreffenden Festsetzungen dahingehend ausgelegt, dass damit auf der Grundlage von &#167; 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO auch eine Festsetzung getroffen sei, wonach die Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten bei der Ermittlung der Grundfl&#228;che nicht mitzurechnen sind. Er geht somit davon aus, dass die Beigeladene in Bezug auf die Stellpl&#228;tze und deren Zufahrten eine von den Vorgaben des &#167; 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO abweichende Festsetzung zur Ermittlung der nach &#167; 16 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ma&#223;geblichen Gr&#246;&#223;e der Grundfl&#228;che und damit zum Ma&#223; der baulichen Nutzung getroffen hat. Mit der Substituierung einer Festsetzung zum Ma&#223; der baulichen Nutzung durch eine Festsetzung zur &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;che hat dies nichts zu tun.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>b) Eine die Revision er&#246;ffnende Rechtssatzdivergenz ist auch nicht dargelegt, soweit die Beschwerde geltend macht, der Verwaltungsgerichtshof weiche in seinem Urteil von dem Beschluss des Senats vom 23. Januar 1992 - 4 NB 2.90 - (Buchholz 310 &#167; 47 VwGO Nr. 61) ab. Die Kl&#228;gerin stellt den - sinngem&#228;&#223; - wiedergegebenen Rechtss&#228;tzen des Senats keine in der angegriffenen Entscheidung formulierten abweichenden Rechtss&#228;tze gegen&#252;ber, sondern macht eine von der Rechtsprechung des Senats abweichende Rechtsanwendung der Vorinstanz geltend. Die Zulassung der Revision nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kann hierauf nicht gest&#252;tzt werden (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 24. August 2017 - 4 BN 35.17 - juris Rn. 5). Der Verwaltungsgerichtshof hat im &#220;brigen ein rechtsmissbr&#228;uchliches Verhalten der Kl&#228;gerin nicht allein in der Ausnutzung der ihr nach Erlass des Bebauungsplans erteilten Baugenehmigung erblickt, sondern insofern auch ber&#252;cksichtigt, dass die Beigeladene den vorhabenbezogenen Bebauungsplan auf Wunsch der Kl&#228;gerin und in enger Abstimmung mit dieser erlassen habe. In der Zusammenschau beider Aspekte ("zum einen ..." &lt;UA S. 15&gt;; "zum anderen ..." &lt;UA S. 16&gt;) hat er ein Verhalten gesehen, das die Berufung auf die Unwirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplans als rechtsmissbr&#228;uchlich erscheinen lasse. Das liegt auf der Linie des Beschlusses des Senats vom 14. November 2000 - 4 BN 54.00 - (BRS 63 Nr. 50 S. 273).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>2. Die jeweils f&#252;r den Fall fehlender Divergenz von der Kl&#228;gerin formulierten Fragen f&#252;hren ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. Die Rechtssache hat nicht die grunds&#228;tzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Grunds&#228;tzlich bedeutsam ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Kl&#228;rung einer bisher h&#246;chstrichterlich ungekl&#228;rten, in ihrer Bedeutung &#252;ber den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, kl&#228;rungsbed&#252;rftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Das ist hier nicht der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>a) Die von der Beschwerde f&#252;r grunds&#228;tzlich bedeutsam gehaltene Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob aus einer Festsetzung &#252;ber die &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;chen f&#252;r Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten darauf geschlossen werden kann, dass der Plangeber eine Festsetzung zum Ma&#223; der baulichen Nutzung getroffen hat, mit der auf der Grundlage von &#167; 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO von der Regel aus &#167; 19 Abs. 4 Satz 2 BauNVO zur Anrechnung der Grundfl&#228;che von Stellpl&#228;tzen und ihren Zufahrten auf die zul&#228;ssige Grundfl&#228;che abgewichen wird,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>f&#252;hrt mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Revision. Denn - wie dargelegt - hat der Verwaltungsgerichtshof nicht - wie es die Beschwerde unterstellt - aus einer Festsetzung &#252;ber die &#252;berbaubaren Grundst&#252;cksfl&#228;chen f&#252;r Stellpl&#228;tze und ihre Zufahrten auf eine Festsetzung geschlossen, wonach diese Fl&#228;chen bei der Ermittlung der Grundfl&#228;che nicht mitzurechnen sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>b) Nicht zur Zulassung der Revision wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung f&#252;hrt auch die Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob der Umstand, dass ein Bebauungsplan zwischen Bauherrn und planender Gemeinde inhaltlich abgestimmt wurde und im Zusammenwirken mit der Ausnutzung der auf der Grundlage dieses Bebauungsplanes erteilten Baugenehmigung durch den Bauherrn dessen prozessuale Befugnis ausschlie&#223;en kann, die Unwirksamkeit des abgestimmten Bebauungsplans zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt geltend zu machen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Soweit diese Rechtsfrage &#252;berhaupt in einer &#252;ber den vorliegenden Streitfall hinaus verallgemeinerungsf&#228;higen Weise kl&#228;rungsf&#228;hig ist, besteht kein revisionsgerichtlicher Kl&#228;rungsbedarf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist gekl&#228;rt, dass auch die Aus&#252;bung prozessualer Rechte den Geboten von Treu und Glauben unterliegt und dass deshalb die Befugnis zur Anrufung der Gerichte unter bestimmten Voraussetzungen unzul&#228;ssig sein kann. So hat der beschlie&#223;ende Senat bereits mehrfach ausgesprochen, dass in die Pr&#252;fung eines Normenkontrollantrages nicht mehr eingetreten werden kann, wenn der Antragsteller dadurch, dass er zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts das Gericht anruft, sich zu seinem eigenen fr&#252;heren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1989 - 4 NB 14.89 - Buchholz 310 &#167; 47 VwGO Nr. 44 = NVwZ 1990, 554; Beschluss vom 23. Januar 1992 - 4 NB 2.90 - NVwZ 1992, 974 &lt;975&gt; m.w.N.). Das kann etwa der Fall sein, wenn der Rechtsschutzsuchende zun&#228;chst die ihm g&#252;nstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans ausn&#252;tzt und sich erst sp&#228;ter gegen die f&#252;r ihn ung&#252;nstigen Festsetzungen wendet (BVerwG, Beschl&#252;sse vom 18. Dezember 1989 - 4 NB 14.89 - Buchholz 310 &#167; 47 VwGO Nr. 44, vom 9. November 1990 - 4 NB 35.90 - juris Rn. 5, vom 23. Januar 1992 - 4 NB 2.90 - Buchholz 310 &#167; 47 VwGO Nr. 61 und vom 14. November 2000 - 4 BN 54.00 - BRS 63 Nr. 50 S. 273). Es liegt ferner auf der Hand, dass ein Antragsteller auch dann dem Vorwurf eines treuwidrigen (rechtsmissbr&#228;uchlichen) Verhaltens ausgesetzt sein kann, wenn er zun&#228;chst im Rahmen von Vergleichsverhandlungen die Bereitschaft der Antragsgegnerin (Gemeinde), den angegriffenen Bebauungsplan den Vorschl&#228;gen des Antragstellers entsprechend zu dessen Gunsten zu &#228;ndern, ausnutzt und nach Erhalt einer auf die Plan&#228;nderung gest&#252;tzten Baugenehmigung die gerichtliche Feststellung begehrt, dass der Bebauungsplan vor der in seinem Interesse erfolgten Plan&#228;nderung nichtig gewesen sei (BVerwG, Beschluss vom 14. November 2000 - 4 BN 54.00 - BRS 63 Nr. 50 S. 273). Es bedarf nicht der Durchf&#252;hrung eines Revisionsverfahrens, um zu best&#228;tigen, dass Entsprechendes bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan (&#167; 12 BauGB) in Bezug auf den Vorhabentr&#228;ger gelten kann. Ob bei einer solchen Fallkonstellation der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens berechtigt und von einer Verwirkung der Befugnis, die Unwirksamkeit des Bebauungsplans zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt geltend machen zu k&#246;nnen, auszugehen ist, entscheidet sich jedoch stets nach den besonderen Umst&#228;nden des Einzelfalles. Diese festzustellen und zu w&#252;rdigen, ist Aufgabe der Tatsachengerichte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus &#167; 154 Abs. 2, &#167; 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus &#167; 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, &#167; 52 Abs. 1 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
171,073
bgh-2018-12-19-vii-zb-4518
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
VII ZB 45/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:48:14
2019-01-29T12:48:14
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:191218BVIIZB45.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts K&#246;ln(Einzelrichter) vom 5. Juni 2018 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der am 6. Januar 2001 geborene Gl&#228;ubiger ist der Sohn des Schuldners und betreibt gegen diesen die Zwangsvollstreckung wegen Unterhaltsforderungen aus der Urkunde &#252;ber die Festsetzung des Unterhalts des Jugendamts Kreis Borken vom 18. Juli 2007.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die Mutter des Gl&#228;ubigers bevollm&#228;chtigte am 16. Mai 2008 den Kreis Borken, aus dieser Jugendamtsurkunde die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner zu betreiben, die gepf&#228;ndeten Betr&#228;ge entgegenzunehmen sowie gegen Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts Rechtsmittel einzulegen und sie in den durch die Zwangsvollstreckung eventuell notwendig werdenden Gerichtsverfahren zu vertreten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Am 10. M&#228;rz 2017 beantragte der Gl&#228;ubiger, vertreten durch den Kreis Borken, den Erlass eines Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsbeschlusses, mit dem Anspr&#252;che des Schuldners auf Zahlung des gesamten, auch k&#252;nftig f&#228;llig werdenden Arbeitseinkommens gepf&#228;ndet und dem Gl&#228;ubiger zur Einziehung &#252;berwiesen werden sollten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsbeschluss am 7. April 2017 erlassen. Die Erinnerung des Schuldners hiergegen ist mit Ausnahme der Heraufsetzung seines Selbstbehalts erfolglos geblieben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Seine sofortige Beschwerde hat das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zur&#252;ckgewiesen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der vom Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde f&#252;hrt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>1. Die Rechtsbeschwerde ist gem&#228;&#223; &#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil entgegen &#167; 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums der Einzelrichter entschieden hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>2. Die Einzelrichterentscheidung unterliegt indes der Aufhebung, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Der Einzelrichter hat Verfahren, die grunds&#228;tzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tats&#228;chlicher oder rechtlicher Art aufweisen, gem&#228;&#223; &#167; 568 Satz 2 ZPO dem Kollegium zu &#252;bertragen. Der Einzelrichter, der die grunds&#228;tzliche Bedeutung einer Rechtssache bejaht, darf &#252;ber die Zulassung darum nicht selbst entscheiden, sondern muss das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der Kammer &#252;bertragen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17 Rn. 5; Beschluss vom 2. Dezember 2015 - VII ZB 41/15 Rn. 7; Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 50/14 Rn. 6, NJW-RR 2015, 1406; Beschluss vom 10. April 2003 - VII ZB 17/02, MDR 2003, 949, juris Rn. 6; Beschluss vom 13. M&#228;rz 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 6 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Dem hat der Einzelrichter nicht Rechnung getragen, mit seiner Entscheidung hat er die Beurteilung der grunds&#228;tzlichen Bedeutung dem Kollegium als dem gesetzlichen Richter entzogen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung f&#252;hrt zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an den Einzelrichter, welcher den angefochtenen Beschluss erlassen hat. Die Zur&#252;ckverweisung gibt dem Einzelrichter Gelegenheit, die Frage der von ihm bislang angenommenen grunds&#228;tzlichen Bedeutung einer nochmaligen Pr&#252;fung zu unterziehen. Sollte er danach bei seiner bisherigen diesbez&#252;glichen Beurteilung verbleiben, wird er nach &#167; 568 Satz 2 ZPO zu verfahren haben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Pamp&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Kartzke&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Gra&#223;nack</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Borris&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Brenneisen&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
171,060
bgh-2018-12-19-viii-zr-25417
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
VIII ZR 254/17
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:48:10
2019-01-29T12:48:10
Urteil
ECLI:DE:BGH:2018:191218UVIIIZR254.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin vom 12. Oktober 2017 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger ist seit Juli 2015 Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Der Mietvertrag enth&#228;lt unter anderem auszugsweise folgende Regelungen:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table border="0" class="Rsp" style="margin-left:36pt"> <tr> <td colspan="4" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">"<strong>&#167; 7 - Miete, Nebenkosten, Sch&#246;nheitsreparaturen</strong> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">1.&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</td> <td colspan="1" rowspan="1"/> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Die Miete X netto kalt &#9744; brutto kalt betr&#228;gt<span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">zzt.&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1">EUR</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right"> <span style="text-decoration:underline">&#160;1.499,99</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#9746; Der Betriebskostenvorschuss f&#252;r Betriebskosten</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</td> <td colspan="1" rowspan="1"/> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;gem&#228;&#223; &#167; 18 betr&#228;gt</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">zzt.&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1">EUR</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right">&#160;&#160;<span style="text-decoration:underline">&#160;</span> <span style="text-decoration:underline">158,12</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#9744; Die Betriebskostenpauschale f&#252;r&#160;Betriebskosten</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</td> <td colspan="1" rowspan="1"/> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;gem&#228;&#223; &#167; 18 betr&#228;gt</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">zzt.&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1">EUR</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right"> <span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> <span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Der Heizkostenvorschuss gem&#228;&#223; &#167; 9 betr&#228;gt<span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">zzt.&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1">EUR</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right">&#160;&#160;&#160;<span style="text-decoration:underline">&#160;</span> <span style="text-decoration:underline">123,75</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left"> <span style="text-decoration:underline">Verwaltungskostenpauschale&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left"> <span style="text-decoration:underline">zzt.&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1"> <span style="text-decoration:underline">EUR</span> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right"> <span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;34,38</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">F&#252;r Garage/Kfz.-Stellplatz<span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">zzt.&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1">EUR</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right"> <span style="text-decoration:underline">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</span> </p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left"> <strong>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;zzt. monatlich insgesamt</strong> </p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</td> <td colspan="1" rowspan="1"> <strong>EUR</strong> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:right"> <strong>&#160;</strong> <span style="text-decoration:underline">1.816,24</span> </p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt"> <strong>&#167; 18 - Betriebskosten</strong> </p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">[&#8230;] Im Fall der Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale ist der Vermieter gem. &#167; 560 Abs. (1) BGB berechtigt, Erh&#246;hungen der Betriebskosten durch Erkl&#228;rung in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen. [&#8230;]"</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Auf die Verwaltungskostenpauschale zahlte der Kl&#228;ger in der Zeit von Mitte Juli 2015 bis Januar 2017 insgesamt einen Betrag von 601,65 &#8364;. Mit der vorliegenden Klage begehrt er - unter Berufung auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung &#252;ber die Verwaltungskostenpauschale und die daraus folgende Rechtsgrundlosigkeit seiner hierauf erbrachten Zahlungen - die R&#252;ckzahlung dieser Summe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Kl&#228;gers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abge&#228;ndert und die Beklagte antragsgem&#228;&#223; zur Zahlung verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die Revision hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung - soweit f&#252;r das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Dem Kl&#228;ger stehe der geltend gemachte R&#252;ckzahlungsanspruch aus &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, da die Vereinbarung zur Tragung der Verwaltungskostenpauschale nach &#167; 556 Abs. 4 BGB unwirksam sei und die vom Kl&#228;ger hierauf geleisteten Zahlungen deshalb ohne rechtlichen Grund erfolgt seien. Die im Mietvertrag enthaltene Vereinbarung &#252;ber die Verwaltungskostenpauschale weiche zum Nachteil des Mieters von &#167; 556 Abs. 1 BGB ab. Nach &#167; 556 Abs. 1 Satz 1 BGB sei es den Parteien eines Wohnraummietvertrages nur gestattet, &#252;ber die Grundmiete hinaus Betriebskosten im Sinne des &#167; 556 Abs. 1 Satz 2 BGB, &#167; 1 Abs. 1, &#167; 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) auf den Mieter umzulegen, nicht jedoch Verwaltungskosten (&#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV) oder andere Kostenarten. Dies ergebe sich insbesondere aus den Gesetzesmaterialien zu &#167; 556 Abs. 1 BGB sowie aus der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck des &#167; 556 Abs. 1, 4 BGB.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Der Formularmietvertrag der Parteien k&#246;nne unter Beachtung der Unklarheitenregelung des &#167; 305c Abs. 2 BGB auch nicht etwa dahingehend ausgelegt werden, dass die Parteien nicht eine gesonderte Abw&#228;lzung von Verwaltungskosten auf den Kl&#228;ger vereinbart h&#228;tten, sondern die Beklagte mit Benennung der Verwaltungskostenpauschale lediglich auf ihre interne Kalkulation der Grundmiete hingewiesen habe und es sich bei der Verwaltungskostenpauschale damit um einen Teil der - von der Bestimmung des &#167; 556 Abs. 4 BGB nicht erfassten - Preishauptabrede handele. Gegen eine solche Einordnung der Verwaltungskostenpauschale spreche bereits der Wortlaut des Mietvertrages, der die Nettokaltmiete abschlie&#223;end beziffere. Die Systematik des Mietvertrages best&#228;tige dies, da die Verwaltungskostenpauschale in &#167; 7 zus&#228;tzlich und in Abgrenzung zu den ebenfalls ausdr&#252;cklich bezifferten Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen ausgewiesen werde. Zudem seien die Verwaltungskosten in die Berechnung der H&#246;he der Mietkaution nicht eingeflossen; diese sei vielmehr mit der dreifachen H&#246;he der im Mietvertrag angegebenen Nettokaltmiete bemessen worden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach alledem ergebe sich die Unwirksamkeit der streitgegenst&#228;ndlichen Vereinbarung &#252;ber die Verwaltungskostenpauschale bereits aus &#167; 556 Abs. 4 BGB. Es k&#246;nne deshalb dahinstehen, ob eine Unwirksamkeit - auch wegen Versto&#223;es gegen das Transparenzgebot - zus&#228;tzlich aus &#167; 307 Abs. 1, 2 BGB folge.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Schlie&#223;lich sei der R&#252;ckzahlungsanspruch des Kl&#228;gers auch nicht nach &#167; 814 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass der Kl&#228;ger zum Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung eine positive Kenntnis vom Nichtbestehen der Verbindlichkeit gehabt habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Diese Beurteilung h&#228;lt rechtlicher Nachpr&#252;fung stand, so dass die Revision zur&#252;ckzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die im Mietvertrag vereinbarte Verwaltungskostenpauschale wegen Versto&#223;es gegen &#167; 556 Abs. 4 BGB unwirksam ist und dem Kl&#228;ger deshalb aus &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ein Anspruch auf R&#252;ckzahlung der hierauf ohne Rechtsgrund erbrachten Zahlungen zusteht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>1. Gem&#228;&#223; &#167; 556 Abs. 1, 2 BGB k&#246;nnen die Parteien eines Wohnraummietvertrages vereinbaren, dass der Mieter bestimmte, in der Betriebskostenverordnung bezeichnete Betriebskosten tr&#228;gt, entweder als Pauschale oder im Wege (angemessener) Vorauszahlungen mit Abrechnungspflicht (&#167; 556 Abs. 2, 3 BGB). Einer solchen Vereinbarung bedarf es, weil der Vermieter nach der Grundregel des &#167; 535 Abs. 1 Satz 3 BGB die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen hat. Die Miete ist von ihrer gesetzgeberischen Ausgestaltung her eine Inklusivmiete, so dass die aus der Gebrauchsgew&#228;hrung herr&#252;hrenden Kosten grunds&#228;tzlich mit der vereinbarten Miete abgegolten werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 2012 - XII ZR 88/10, NJW-RR 2012, 1034 Rn. 13; BT-Drucks. 14/4553, S. 50; M&#252;nchKommBGB/Schmid/Zehelein, 7. Aufl., &#167; 556 Rn. 5).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Hintergrund f&#252;r die - in der Praxis auch seit langem allgemein &#252;bliche - gesonderte Umlage bestimmter Betriebskosten ist letztlich eine vereinfachte Anpassung bei Kostensteigerungen in diesem &#252;berschaubaren und klar definierten Bereich. Insoweit soll der Vermieter bei Kostensteigerungen nicht auf das - wesentlich aufwendigere - Verfahren einer Mieterh&#246;hung nach &#167; 558 BGB (Vergleichsmietenverfahren) verwiesen sein (vgl. schon BT-Drucks. VI/2421, S. 4; BT-Drucks. 7/2011, S. 8). Vielmehr kann er im Fall einer Betriebskostenpauschale unter den Voraussetzungen des &#167; 560 Abs. 1 BGB eine Anpassung im Wege einer Erkl&#228;rung in Textform vornehmen, w&#228;hrend bei Vorauszahlungen von Betriebskosten jeder Partei diese Anpassungsm&#246;glichkeit nach einer Abrechnung er&#246;ffnet ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Zum Schutz des Mieters von Wohnraum sieht &#167; 556 Abs. 4 BGB allerdings vor, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Mieters von den Bestimmungen des &#167; 556 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 BGB abweichen, unwirksam sind. Dies gilt sowohl f&#252;r Individualvereinbarungen, als auch f&#252;r - hier nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vorliegende - Allgemeine Gesch&#228;ftsbedingungen. Deshalb k&#246;nnen in der Wohnraummiete nur die enumerativ in der Betriebskostenverordnung aufgez&#228;hlten Bewirtschaftungskosten als Nebenkosten (Betriebskosten) vereinbart werden, nicht aber (allgemeine) Verwaltungskosten, die nach der ausdr&#252;cklichen Regelung in &#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung &#252;ber die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung - BetrKV) in der Wohnraummiete nicht als Betriebskosten umgelegt werden k&#246;nnen. Dementsprechend f&#252;hrt bereits die Gesetzesbegr&#252;ndung des Entwurfs eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts (Mietrechtsreformgesetz) explizit aus, dass die umlagef&#228;higen Betriebskosten abschlie&#223;end aufgez&#228;hlt sind und eine vertragliche Erweiterung, zum Beispiel auf Verwaltungskosten, nicht m&#246;glich ist (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 50).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>2. In der im vorliegenden Mietvertrag vereinbarten Verwaltungskostenpauschale hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine gegen &#167; 556 Abs. 1 BGB versto&#223;ende und deshalb gem&#228;&#223; &#167; 556 Abs. 4 BGB unwirksame Vereinbarung gesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Entgegen der Auffassung der Revision ist dies nicht deshalb anders zu beurteilen, weil es sich bei der Verwaltungskostenpauschale um eine "zus&#228;tzliche Preishauptabrede &#252;ber die Nettomiete" handelte und die Beklagte hier nur ihre Kalkulation dahingehend offengelegt habe, dass in der Netto- oder Grundmiete Verwaltungskosten in H&#246;he von monatlich 34,38 &#8364; enthalten seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Allerdings trifft es - wie auch das Berufungsgericht richtig gesehen hat - zu, dass es dem Vermieter freisteht, im Mietvertrag eine Aufschl&#252;sselung der vereinbarten (Grund-)Miete beziehungsweise (Netto-)Miete vorzunehmen und dadurch einen - aus Sicht des Mieters allerdings regelm&#228;&#223;ig belanglosen - Hinweis auf seine interne Kalkulation zu geben (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2017 - VIII ZR 31/17, NJW-RR 2017, 981 Rn. 7). Dies gilt auch f&#252;r Verwaltungskosten, die der Vermieter ebenso wie sonstige nicht gesondert umlegbare Kosten in die Grundmiete "einpreisen" oder auch separat als weiteren Bestandteil der Grundmiete angeben kann, mit der Folge, dass der Gesamtbetrag die Ausgangsmiete bildet, die im Falle sp&#228;terer Mieterh&#246;hungen der orts&#252;blichen Vergleichsmiete gegen&#252;berzustellen ist (&#167; 558 Abs. 1 BGB).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend angenommen, dass in der hier formularm&#228;&#223;ig vereinbarten "Verwaltungskostenpauschale" eine blo&#223;e Offenlegung als Bestandteil der Nettomiete nicht gesehen werden kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>a) Allgemeine Gesch&#228;ftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verst&#228;ndigen und redlichen Vertragspartnern unter Abw&#228;gung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Verst&#228;ndnism&#246;glichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Sofern nach Aussch&#246;pfung aller in Betracht kommenden Auslegungsm&#246;glichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des &#167; 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 2016 - VIII ZR 152/15, NJW-RR 2016, 526 Rn. 17, 19; vom 10. Februar 2016 - VIII ZR 137/15, NJW 2016, 1308 Rn. 14).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>b) Letztlich bedarf es hier keiner vertieften Pr&#252;fung, welche Auslegungsm&#246;glichkeiten ernsthaft in Betracht kommen. Denn zumindest nach der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung kann die hier vereinbarte Verwaltungskostenpauschale nicht als weiterer Mietbestandteil angesehen werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Zwar k&#246;nnte der Umstand, dass in der Wohnraummiete Verwaltungskosten seit jeher nicht als Betriebskosten umgelegt werden k&#246;nnen, daf&#252;r sprechen, dass mit der genannten Pauschale Verwaltungskosten nicht - unter einem zur Unwirksamkeit der Vereinbarung f&#252;hrenden Versto&#223; gegen &#167; 556 Abs. 4 BGB als Betriebskosten - umgelegt werden sollten, sondern lediglich ein - unver&#228;nderbarer - Festbetrag als gesondert ausgewiesener Teil der Grundmiete gemeint war, der als solcher - wie oben ausgef&#252;hrt - auch in der Wohnraummiete wirksam vereinbart werden kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Auf der anderen Seite zeigt schon die Bezeichnung als "Verwaltungskostenpauschale" die N&#228;he zu den Betriebskosten, da der (Grund-)Miete Bezeichnungen als "Pauschale" oder als "Vorschuss" fremd sind. Hinzu kommt, dass Verwaltungskosten - entgegen der Auffassung der Revision - ihrer Natur nach ebenfalls Betriebskosten sind und in &#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV definiert sind. Dass die Verwaltungskosten in &#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV von den umlagef&#228;higen Betriebskosten ausgenommen werden, dient lediglich dem Zweck, dass die Verwaltungskosten nicht als sonstige Kosten nach &#167; 2 Nr. 17 BetrKV dem Wohnraummieter auferlegt werden k&#246;nnen, w&#228;hrend in der Gesch&#228;ftsraummiete die Umlage von Verwaltungskosten als Betriebskosten grunds&#228;tzlich zul&#228;ssig und weit verbreitet ist (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299 Rn. 17).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>Die Berechnung der Mietkaution spricht ebenfalls gegen eine Einordnung der Verwaltungskostenpauschale als Teil der Grundmiete. Die vorliegend in &#167; 20 des Mietvertrages festgelegte Kautionsh&#246;he von 4.499,97 &#8364; entspricht genau dem dreifachen Betrag der im Mietvertrag mit 1.499,99 &#8364; ausgewiesenen Nettokaltmiete. Zwar ist es einem Vermieter, worauf die Revision insoweit zutreffend verweist, nicht verwehrt, weniger als den Maximalbetrag von drei Monatsmieten (&#167; 551 Abs. 1 BGB) zu verlangen. Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Beklagte vorliegend von dieser M&#246;glichkeit Gebrauch machen wollte, fehlen jedoch und liegen angesichts der bei einer blo&#223;en Teilforderung zu erwartenden, hier aber unterbliebenen Rundung eines Betrages auch eher fern.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>Einer Zuordnung der Verwaltungskostenpauschale zur Grundmiete steht ferner entgegen, dass sich die Vermieterin im Mietvertrag eine Erh&#246;hung von Betriebskostenpauschalen vorbehalten hat. Nach &#167; 560 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Vermieter insbesondere ohne die Einhaltung von Sperrfristen und der Kappungsgrenze (&#167; 558 Abs. 3 BGB) berechtigt, durch Erkl&#228;rung in Textform die Betriebskosten zu erh&#246;hen, soweit dies im Mietvertrag vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung enth&#228;lt &#167; 18 des Mietvertrages. Da es sich bei den Verwaltungskosten ihrer Natur nach ebenfalls um Betriebskosten handelt (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - XII ZR 109/08, aaO), spricht dies aus Sicht eines verst&#228;ndigen und redlichen Mieters, jedenfalls nach kundenfeindlichster Auslegung, f&#252;r eine in sich geschlossene Betriebskostenvereinbarung, mittels derer sich die Vermieterin auch die Erh&#246;hungsm&#246;glichkeit des &#167; 560 Abs. 1 BGB er&#246;ffnet hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Soweit die Revision darauf hinweist, dass in &#167; 7 Ziffer 1 des Mietvertrages mit den Kosten f&#252;r Garage und Kfz-Stellplatz weitere Mietkosten aufgelistet sind, ergibt sich daraus nicht, jedenfalls nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass auch die Verwaltungskostenpauschale Bestandteil der Grundmiete sein sollte. Denn bei dem Kostenanteil f&#252;r Garage und Stellplatz handelt es sich um das Entgelt f&#252;r eine neben der Wohnungs&#252;berlassung zus&#228;tzlich einger&#228;umte Gebrauchsgew&#228;hrung, das - anders als die Verwaltungskostenpauschale - eindeutig der Grundmiete zuzurechnen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Ebenfalls ohne Erfolg bleibt der Hinweis der Revision auf den Umstand, dass die Verwaltungskosten weder in &#167; 18 des Mietvertrages noch in der Anlage 1 zum Mietvertrag im Rahmen der dort jeweils explizit genannten Betriebskosten aufgef&#252;hrt sind. Zum einen sind die Verwaltungskosten gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV von den umlagef&#228;higen Betriebskosten abgegrenzt, so dass ihre Nennung im Betriebskostenkatalog eines Formularmietvertrages nicht zu erwarten ist. Zum anderen sind beide zuletzt genannten Regelungen ausweislich ihres Wortlautes - "insbesondere"; "u.a." - nicht abschlie&#223;end.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Milger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Hessel&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Fetzer</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. B&#252;nger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Schmidt&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
171,059
bgh-2018-12-19-xii-zr-1418
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XII ZR 14/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-29T12:48:09
2019-01-29T12:48:09
Urteil
ECLI:DE:BGH:2018:191218UXIIZR14.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 7. Februar 2018 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte vertreibt Werbefl&#228;chen auf Fahrzeugen und sonstigen Gegenst&#228;nden. Die Gegenst&#228;nde erwirbt sie, um sie an soziale und andere Institutionen zu verleihen. Mit der Kl&#228;gerin schloss sie am 2. M&#228;rz 2016 f&#252;r die Dauer von f&#252;nf Jahren mit Verl&#228;ngerungsklausel einen Vertrag &#252;ber Werbefl&#228;chen auf der Bande einer mobilen Soccer-Arena und auf einem Anh&#228;nger, die einem Sportzentrum zur Nutzung &#252;berlassen wurden. Vereinbart war ein Nettopreis von 4.099 &#8364; f&#252;r die Vertragslaufzeit von f&#252;nf Jahren, zahlbar in 15 Monatsraten. Auf Grundlage des Vertrags stellte die Beklagte zwei Rechnungen in H&#246;he eines Gesamtbetrags von 650,70 &#8364; und zog diesen vom Konto der Kl&#228;gerin ein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Mit der Klage verlangt die Kl&#228;gerin die R&#252;ckzahlung des eingezogenen Betrags nebst Zinsen und Mahnkosten sowie die Feststellung, dass der geschlossene Vertrag unwirksam sei. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht die Berufung der Beklagten zur&#252;ckgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre vom Landgericht zugelassene Revision.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Die Revision ist begr&#252;ndet; sie f&#252;hrt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an das Landgericht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begr&#252;ndet, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Werkvertrag einzuordnen sei, weil nicht die blo&#223;e Gebrauchs&#252;berlassung der Werbefl&#228;che im Vordergrund stehe, sondern die mit der Platzierung der Werbung erwartete Werbewirksamkeit als geschuldeter Erfolg. Nur vor diesem Hintergrund sei auch die vergleichsweise hohe Verg&#252;tung zu erkl&#228;ren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Werbewirksamkeit sei wesentlicher Bestandteil des Vertrags, da sie charakteristisch f&#252;r den geschuldeten Werbeerfolg sei. F&#252;r die Wirksamkeit des Vertrags sei folglich zwingend erforderlich, dass dieser gerade auch in Bezug auf die Werbewirksamkeit hinreichend charakterisiert und bestimmbar sei. Mangels Angaben &#252;ber den zeitlichen und r&#228;umlichen Einsatz der Bande und des Anh&#228;ngers sei dies vorliegend nicht gegeben; deren Bestimmung habe auch nicht dem Sportzentrum &#252;berlassen werden k&#246;nnen. Deshalb sei der Vertrag als solcher mangels Bestimmbarkeit der geschuldeten Werkleistung unwirksam.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das h&#228;lt einer rechtlichen Nachpr&#252;fung nicht stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag, wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung in einer gleichartigen Sache bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 7. November 2018 - XII ZR 109/17 - juris Rn. 7 ff.), nicht die Vorschriften &#252;ber den Werkvertrag, sondern die Vorschriften &#252;ber den Mietvertrag anzuwenden. Ma&#223;geblich f&#252;r die Einordnung des Vertragstyps ist die rechtliche Qualifizierung der vertraglich geschuldeten Hauptleistungspflichten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass aufgrund der von der Kl&#228;gerin versprochenen Leistungen nicht die - als Werkleistung anzusehende - Anbringung der Werbung, sondern die nachfolgend dauerhafte Bereitstellung der Werbefl&#228;chen als vertragscharakteristische Leistung im Vordergrund steht (vgl. Senatsurteile vom 28. M&#228;rz 2018 - XII ZR 18/17 - juris Rn. 10 und vom 7. November 2018 - XII ZR 109/17 - juris Rn. 8).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>b) Die rechtliche Einordnung der vertragscharakteristischen Leistung wird nicht bereits durch die im Auftragsformular verwendeten - weithin offenen - Begriffe wie "Werbema&#223;nahme", "Werbelaufzeit" bestimmt. Entscheidend f&#252;r die rechtliche Einordnung sind vielmehr die konkret geschuldeten Leistungen. Sie bestehen nach dem Vertragsinhalt darin, die auf n&#228;her festgelegten Werbefeldern anzubringenden Beschriftungen &#252;ber die gesamte Vertragsdauer dort angebracht zu halten, um im laufenden Gesch&#228;ftsbetrieb der sozialen oder anderen Institution - hier des Sportzentrums - einen Werbeeffekt zu erm&#246;glichen. W&#228;hrend die Beklagte sich verpflichtete, bestimmte Fl&#228;chen auf dem ihr geh&#246;renden Anh&#228;nger und der Bande f&#252;r eine bestimmte Dauer zur werbem&#228;&#223;igen Nutzung zur Verf&#252;gung zu stellen, war gleichzeitig offenkundig, dass sie auf den konkreten Einsatz dieser Gegenst&#228;nde nach Ort und Zeit keinen Einfluss hatte. Wie das Landgericht selbst hervorhebt, konnte die Beklagte aus der Natur der Sache heraus keine Vorfestlegung des zeitlichen und r&#228;umlichen Einsatzes der Bande und des Anh&#228;ngers treffen, sondern lediglich die Zurverf&#252;gungstellung der Werbefl&#228;che als solche versprechen. Insoweit sprechen gerade die vom Landgericht hervorgehobenen Umst&#228;nde gegen einen bestimmten, werkvertragsm&#228;&#223;ig versprochenen Erfolg, sondern vielmehr daf&#252;r, dass sich die Vertragspflicht auf dasjenige beschr&#228;nkte, was in der Hand der Beklagten lag, n&#228;mlich die Zurverf&#252;gungstellung der Werbefl&#228;chen als solche (Senatsurteil vom 7. November 2018 - XII ZR 109/17 - juris Rn. 9).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>In der Zurverf&#252;gungstellung einer konkreten Werbefl&#228;che auf den der Beklagten geh&#246;renden Gegenst&#228;nden liegt eine Gebrauchs&#252;berlassung gem&#228;&#223; &#167; 535 BGB, bei der es einer Besitzverschaffung ausnahmsweise nicht bedarf (BGHZ 65, 137, 140 = NJW 1976, 105, 106; BGH Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589 f. mwN und Senatsurteil vom 7. November 2018 - XII ZR 109/17 - juris Rn. 10 mwN). Die &#220;berlassung einer Werbefl&#228;che auf einem in Benutzung des Sportzentrums stehenden Anh&#228;nger und der Soccer-Arena unterscheidet sich rechtlich auch nicht von der Reklame an Stra&#223;enbahnen, die in der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung als Mietverh&#228;ltnis qualifiziert worden ist (BGH Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589, 590 und RGZ 141, 99, 102). Soweit der Senat &#228;hnlich gelagerte Werbegestattungen als Rechtspacht eingestuft hat (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1994 - XII ZR 93/92 - NJW-RR 1994, 558: Driving Range; Senatsbeschluss vom 23. Dezember 1998 - XII ZR 49/97 - NJW-RR 1999, 845: Bandenwerbung), f&#252;hrt dies gem&#228;&#223; &#167; 581 Abs. 2 BGB ebenfalls zur Anwendung von Mietrecht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Dem steht auch nicht das Urteil des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 1984 (X ZR 93/83 - NJW 1984, 2406 f.) entgegen. Denn in jenem Fall lag der Schwerpunkt - anders als im vorliegenden Fall - auf werkvertragstypischen Leistungen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>c) Die Mietsache war auch durch Angabe genau bezeichneter Werbefl&#228;chen in dem Vertrag hinreichend konkret bestimmt. Weitere Bestimmungen zum konkreten Werbeerfolg bedurfte es entgegen der Ansicht des Landgerichts zur Wirksamkeit des Vertrags nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>2. Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Landgericht zur&#252;ckzuverweisen, da dieses - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zu der streitigen Tatsache getroffen hat, ob die Werbung vertragsgem&#228;&#223; auf den Werbefl&#228;chen angebracht worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Dose&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Klinkhammer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">G&#252;nter</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Nedden-Boeger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Guhling&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
161,501
vg-munchen-2018-12-19-m-23-k-182277
{ "id": 289, "name": "Verwaltungsgericht München", "slug": "vg-munchen", "city": 158, "state": 4, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
M 23 K 18.2277
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T07:00:52
2019-01-17T12:06:29
Urteil
<h2>Tenor</h2> <div> <p>I. Die Klagen werden abgewiesen.</p> <p>II. Die Kl&#228;ger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.</p> <p>III. Die Kostenentscheidung ist vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Kl&#228;ger d&#252;rfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in H&#246;he des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher H&#246;he leistet.</p> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <p><rd nr="1"/>Die Kl&#228;ger begehren die Erteilung von Parkausweise f&#252;r &#220;bernachtungsg&#228;ste (Urlauberparkausweise).</p> <p><rd nr="2"/>Die Kl&#228;gerin zu 2), deren Mitgesch&#228;ftsf&#252;hrerin die Kl&#228;gerin zu 1) ist, betreibt in einem mittels Zeichen 325.1 und 325.2 ausgewiesenen verkehrsberuhigten Beriech &#8230; ein Gasthaus. Die in diesem Bereich &#246;ffentlich ausgewiesenen Parkfl&#228;chen (Zeichen 314) sind zeitlich mittels Zeichen 318 (Parkscheibe) beschr&#228;nkt. Das Gasthaus bietet in elf Zimmern und einer Ferienwohnung Beherbergungsm&#246;glichkeiten f&#252;r etwa 19 &#220;bernachtungsg&#228;ste. Das Gasthaus selbst verf&#252;gt lediglich &#252;ber eine eigene Stellfl&#228;che.</p> <p><rd nr="3"/>Der Beklagte erteilte der Kl&#228;gerin zu 2) in der Vergangenheit Urlauberparkausweise f&#252;r ihre &#220;bernachtungsg&#228;ste. Diese galten zeitlich unbeschr&#228;nkt f&#252;r die Dauer des &#220;bernachtungsaufenthalts. Dabei &#252;berlie&#223; der Beklagte der Kl&#228;gerin zu 2) bzw. ihren Bediensteten die Eintragung der Kfz-Kennzeichen der &#220;bernachtungsg&#228;ste sowie deren &#220;bernachtungsdauer in die Urlauberparkausweise.</p> <p><rd nr="4"/>Nach der Umgestaltung des &#8230;platzes und der Erneuerung des Verkehrskonzepts zur Mitte des Jahres 2017 beschloss der Gemeinderat des Beklagten am 24. Juli 2017, Urlauberparkausweise zuk&#252;nftig auf den An- und Abreisetag der Urlauber und zudem auf max. drei Stunden zu beschr&#228;nken.</p> <p><rd nr="5"/>Die Kl&#228;ger beantragten am 30. Januar 2018 f&#252;r n&#228;her bezeichnete Parkfl&#228;chen &#8222;die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Nutzung durch die Beherbergungsg&#228;ste [&#8230;] f&#252;r die Dauer des Aufenthalts des &#220;bernachtungsgastes&#8220;.</p> <p><rd nr="6"/>Mit anwaltlichem Schreiben vom 6. Februar 2018 lie&#223; der Beklagte gegen&#252;ber den Kl&#228;gern ausrichten, dass keine besondere Dringlichkeit f&#252;r die Erteilung solcher Parkausweise bestehe und verwies erg&#228;nzend auf die ge&#228;nderte Erteilungspraxis.</p> <p><rd nr="7"/>Mit am 14. Mai 2018 beim Bayerischen Verwaltungsgericht M&#252;nchen eingegangenem Schriftsatz vom 9. Mai 2018 erhoben die Kl&#228;ger &#8222;Unt&#228;tigkeitsklage&#8220; mit dem Antrag,</p> <p>&#8222;den Beklagte zu verpflichten, den Kl&#228;gern die beantragte Ausnahmeparkgenehmigung zum Parken auf den Parkfl&#228;chen in dem durch Richtzeichen 325.1 im Sinne von <verweis.norm>&#167; 42 Abs. 2 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> eingegrenzten Bereich der &#8230;stra&#223;e, der &#8230;stra&#223;e und des &#8230;platzes in &#8230; &#8230; f&#252;r die Nutzung der Beherbergungsg&#228;ste des Gasthauses &#8230; w&#228;hrend der Dauer ihres jeweiligen Aufenthalts zu erteilen.&#8220;</p> <p><rd nr="8"/>Zur Begr&#252;ndung f&#252;hren die Kl&#228;ger im Wesentlichen aus, die Kl&#228;gerin zu 1) habe zul&#228;ssigerweise Klage erhoben, da sie als Eigent&#252;merin des mit dem Gasthaus bebauten Grundst&#252;cks zur eigenen Existenzsicherung auf Parkm&#246;glichkeiten der &#220;bernachtungsg&#228;ste angewiesen sei. Sie k&#246;nne sich dabei auf einen gesteigerten Anliegergebrauch berufen. Aus diesem gesteigerten Anliegergebrauch folge letztlich auch der Anspruch der Kl&#228;ger auf Erteilung der Urlauberparkausweise, da die Inanspruchnahme bzw. Fortf&#252;hrung des Gasthauses nicht mehr m&#246;glich bzw. wirtschaftlich nicht mehr vertretbar w&#228;re. So erfordere ein zeitgem&#228;&#223;er Gewerbebetrieb einen unmittelbaren Zugriff der &#220;bernachtungsg&#228;ste auf ihr Fahrzeug in unmittelbarer N&#228;he des Gasthauses. F&#252;r &#220;bernachtungsg&#228;ste stelle das Gasthaus einen zeitweisen Lebensmittelpunkt dar, sodass eine Vergleichbarkeit mit Anwohnern gegeben sei. Zudem best&#252;nde f&#252;r das kl&#228;gerische Gasthaus mangels eigener Stellpl&#228;tze gegen&#252;ber anderen Beherbergungsbetrieben ein Wettbewerbsnachteil. Die Erteilung der Parkausweise k&#246;nne den Kl&#228;gern auch nicht mit Verweis darauf versagt werden, dass <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> lediglich die Erteilung in &#8222;bestimmten Einzelf&#228;lle&#8220; vorsehe. Schlie&#223;lich w&#252;rden die Berechtigten nicht durch die Kl&#228;ger, sondern den Beklagten selbst konkretisiert. Letztlich bestehe f&#252;r die Kl&#228;ger auch nach dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ein Anspruch. Insoweit verweisen die Kl&#228;ger als Bezugsfall zum einen auf das Hotel M., f&#252;r dessen G&#228;ste die Verkehrs&#252;berwachung ausgesetzt sei und im Anschluss gemeindliche Parkfl&#228;chen zur Verf&#252;gung gestellt worden seien. Auch einem &#246;rtlichen Segelclub seien gesonderte Parkfl&#228;chen zur Verf&#252;gung gestellt worden. Angesichts dieser Erw&#228;gungen und der besonderen &#246;rtlichen Verh&#228;ltnisse des kl&#228;gerischen Gasthauses sei das dem Beklagen einger&#228;umte Ermessen auf Null reduziert.</p> <p><rd nr="9"/>Der Beklagte beantragte Klageabweisung und f&#252;hrte im Wesentlichen aus, die Klage der Kl&#228;gerin zu 1) sei bereits unzul&#228;ssig, da sie nicht klagebefugt sei. In der Sache bestehe auch f&#252;r die Kl&#228;ger kein Anspruch auf Erteilung der Urlauberparkausweise, da Urlauber als unbestimmter Personenkreis nicht von <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> erfasst seien.</p> <p><rd nr="10"/>Das Gericht hat am 8. November 2018 gem&#228;&#223; Beweisbeschluss vom 25. September 2018 Augenschein durchgef&#252;hrt, dem sich die m&#252;ndliche Verhandlung anschloss. Hierbei gab die Kl&#228;gerin zu 1) insbesondere an, im Besitz &#8222;einer Kiste von Ausnahmegenehmigungen&#8220; zu sein. Der Beklagtenvertreter wies im Hinblick auf das als Bezugsfall benannte Hotel M. darauf hin, dass wohl der Nie&#223;brauchberechtigte die gemeindlichen Fl&#228;chen dem Hotel M. zur Verf&#252;gung stelle.</p> <p><rd nr="11"/>Die Beteiligten haben sich in der m&#252;ndlichen Verhandlung mit einem &#220;bergang in das schriftliche Verfahren einverstanden erkl&#228;rt.</p> <p><rd nr="12"/>Wegen der weiteren Einzelheiten wird erg&#228;nzend auf die Gerichts- und vorgelegte Beh&#246;rdenakte sowie die Niederschrift zum Augenschein verwiesen.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p><rd nr="13"/>Die Klage hat keinen Erfolg. Im Hinblick auf die Kl&#228;gerin zu 1) ist sie bereits unzul&#228;ssig (I.) und im &#220;brigen zwar zul&#228;ssig aber unbegr&#252;ndet (II.)</p> <p>I. </p> <p><rd nr="14"/>Die Klage der Kl&#228;gerin zu 1) ist bereits mangels Klagebefugnis unzul&#228;ssig.</p> <p><rd nr="15"/>Gem&#228;&#223; &#167;&#160;42 Abs. 2 VwGO ist die hier statthafte Verpflichtungsklage (&#167; 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) nur zul&#228;ssig, wenn die Kl&#228;gerin geltend macht, durch die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts in ihren Rechten verletzt zu sein (<verweis.norm>&#167; 42 Abs. 2 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm>). Dabei muss die Darlegung der Kl&#228;gerin ergeben, dass nicht offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die ihr behaupteten Rechte - und somit der von ihr behauptete Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsakts - nicht bestehen oder ihr nicht zustehen k&#246;nnen (BayVGH, B.v. 11.5.2017 - 14 ZB 16.1775 - juris Rn. 7). Die Klagebefugnis f&#252;r eine Verpflichtungsklage fehlt, wenn offensichtlich und eindeutig kein Rechtssatz besteht, der die Beh&#246;rde zum Erlass des Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens erm&#228;chtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch gew&#228;hrt sowie den jeweiligen Kl&#228;ger in den Rechtskreis der Berechtigten einbezieht (BayVGH B.v. 23.8.2016 - 14 ZB 15.2633 - juris Rn. 6). Die Einhaltung von Vorschriften kann also nur derjenige verlangen, dessen faktische Interessen auch den rechtlichen Schutz der Norm genie&#223;en (Ramsauer: Die Dogmatik der subjektiven &#246;ffentlichen Rechte, JuS 2012, 769, 771). Daran fehlt es, wenn sich der Kl&#228;ger - wie hier - lediglich auf die Wirkungen eines einem Dritten zustehenden &#246;ffentlichen Rechts, also lediglich auf einen Rechtsreflex beruft (Schaks/Friedrich: Verwaltungsaktsbezogener Rechtsschutz: Die Zul&#228;ssigkeitspr&#252;fung, JuS 2018, 860, 865). Denn eine blo&#223; faktische Beg&#252;nstigung des Einzelnen durch die Normbefolgung reicht jedenfalls nicht aus (Vo&#223;kuhle/Kaiser: Grundwissen - &#214;ffentliches Recht: Das subjektiv-&#246;ffentliche Recht, JuS 2009, 16, 17).</p> <p><rd nr="16"/>Allenfalls auf einen solchen Rechtsreflex, nicht aber auf ein ihr zustehendes subjektiv-&#246;ffentliches Recht k&#246;nnte sich die Kl&#228;gerin zu 1) berufen. Die Stellungen der Kl&#228;gerinnen zu 1) und 2) sind voneinander getrennt zu betrachten. Aus der Stellung der Kl&#228;gerin zu 1) als Eigent&#252;merin des mit dem Gasthaus bebauten Grundst&#252;cks oder als Mitgesch&#228;ftsf&#252;hrerin des Gasthauses erw&#228;chst ihr aus <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> auch unter Ber&#252;cksichtigung ihrer Grundrechte kein eigenes Recht auf Erteilung der Urlauberparkausweise f&#252;r &#220;bernachtungsg&#228;ste der Kl&#228;gerin zu 2). Insoweit beruft sie sich auf die einzig der Kl&#228;gerin zu 2) einger&#228;umten betriebsbezogenen Rechte aus <verweis.norm>Art. 12 <v.abk ersatz="Grundgesetz - GG">Grundgesetz - GG</v.abk></verweis.norm> - und Art. 14 GG. Die hieraus abgeleiteten Interessen der Kl&#228;gerin zu 1) am Erhalt eines wirtschaftlich rentablen Gewerbebetriebs der Kl&#228;gerin zu 2) sind zwar berechtigt, aber gerade nicht betriebsbezogen. Insoweit sind die Interessen der Kl&#228;gerin zu 1) mit denen eines Vermieters oder Angestellten vergleichbar, ohne dass diesen hieraus ein eigener Anspruch erw&#252;chse. Auch der von den Kl&#228;gern gestellte Antrag im Verwaltungsverfahren st&#252;tzt sich ausschlie&#223;lich auf betriebliche Interessen der Kl&#228;gerin zu 2).</p> <p><rd nr="17"/>Insoweit war die Klage der Kl&#228;gerin zu 1) bereits als unzul&#228;ssig abzuweisen.</p> <p>II. </p> <p><rd nr="18"/>Die Klage der Kl&#228;gerin zu 2) ist zwar zul&#228;ssig, sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.</p> <p><rd nr="19"/>Die gg&#252;. dem Beklagten beanspruchte und einfachgesetzlich auf <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> gest&#252;tzte Erteilung von Urlauberparkausweisen kommt bereits mangels Vorliegens der rechtsatzm&#228;&#223;igen Voraussetzungen nicht in Betracht, sodass die Kl&#228;gerin zu 2) wegen der Ablehnung oder Unterlassung nicht in ihren Rechten verletzt ist, ohne dass es im weiteren noch darauf ank&#228;me, inwieweit auch ihre gewerblichen Interessen rechtsfehlerfrei abgewogen worden w&#228;ren (<verweis.norm>&#167; 113 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm>).</p> <p><rd nr="20"/>Insoweit begehrt die Kl&#228;gerin zu 2) die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer stra&#223;enverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung, mit dem es den &#220;bernachtungsg&#228;sten erlaubt werden soll, von den durch Zeichen 325.1 und 325.2. i.V.m. Zeichen 314 und 318 (zul&#228;ssige H&#246;chstparkdauer auf ausgewiesenen Parkfl&#228;chen im verkehrsberuhigten Bereich) angeordneten Parkverbot abzuweichen. Ein derartiger Anspruch besteht nicht.</p> <p><rd nr="21"/>Nach <verweis.norm>&#167; 46 Absatz 1 Nr. 11 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> k&#246;nnen die Stra&#223;enverkehrsbeh&#246;rden nur in bestimmten Einzelf&#228;llen oder allgemein f&#252;r bestimmte Antragsteller Ausnahmen von den durch Vorschriftzeichen angeordneten Verboten genehmigen; die entsprechenden Bescheide sind gem&#228;&#223; Abs. 3 S. 3 von den beg&#252;nstigten Verkehrsteilnehmern mitzuf&#252;hren und auf Verlangen zust&#228;ndigen Personen auszuh&#228;ndigen.</p> <p><rd nr="22"/>Vorliegend begehrt die Kl&#228;gerin zu 2) indes keine Ausnahme f&#252;r bestimmte Einzelf&#228;lle oder allgemein f&#252;r bestimmte, d. h. namentlich benannte Personen, sondern f&#252;r einen konkreten Sachverhalt eine allgemeine Ausnahme f&#252;r einen lediglich als &#8220;&#220;bernachtungsg&#228;ste&#8221; bezeichneten - also unbestimmten - Personenkreis (vgl. BVerwG, U.v. 22.12.1993 - 11 C 45/92 - juris Rn. 34; OVG Koblenz, B.v. 15.3.1985 - 7 A 100/84 - juris; VGH Mannheim, U.v. 15.4.2004 - 5 S 682/03 - juris Rn. 51; VG Sigmaringen, U.v. 28.3.2017 - 3 K 4514/15 - juris Rn. 28 ff.). Soweit die Kl&#228;gerin zu 2) damit eine einen konkreten Sachverhalt und einen generellen Personenkreis betreffende Regelung begehrt, ist diese Fallgruppe bereits systematisch nicht &#252;ber <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> zu erreichen, sondern allenfalls &#252;ber eine Regelung gem. <verweis.norm>&#167; 45 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm>. Denn <verweis.norm>&#167; 45 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> er&#246;ffnet im Gegensatz zu <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> die M&#246;glichkeit, eine konkret-generelle Regelung mittels Allgemeinverf&#252;gung in Form einer Beschilderung zu erlassen. Dem widerspricht auch nicht der Umstand, dass die Person im (sp&#228;teren) Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Ausnahmegenehmigung bestimmt ist. Dieser Umstand ist einer Allgemeinverf&#252;gung gerade immanent. Zudem muss der berechtigte Personenkreis bereits vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung bestimmt und nicht etwa nur bestimmbar sein. Nur so kann der Sinn und Zweck des <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> nach einer pr&#228;ventiven Kontrolle erreicht werden, w&#228;hrend <verweis.norm>&#167; 45 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> lediglich die M&#246;glichkeit einer repressiven Kontrolle er&#246;ffnet. Dies legt auch der Wortlaut des <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 3 Satz 3 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> nahe, wonach der Berechtigte die Genehmigung bereits mitf&#252;hren muss. Hieraus geht hervor, dass auch der Verordnungsgeber davon ausgegangen ist, dass der Berechtigte bereits konkret bestimmt ist, bevor er den Ausnahmetatbestand verwirklicht.</p> <p><rd nr="23"/>Vorliegend erfolgt die konkrete Auswahl der Berechtigten in der von dem Beklagten ge&#252;bten und (in der Praxis) praktikablen - wenn auch &#252;ber den Gesetzeszweck hinausgehenden - Verwaltungspraxis letztlich nicht durch den Beklagten selbst. Vielmehr &#252;berl&#228;sst er die konkrete Auswahl der Kl&#228;gerin zu 2) bzw. ihren Bediensteten, indem diese die Blanko-Ausnahmegenehmigungen im konkreten Einzelfall auf die &#220;bernachtungsg&#228;ste ausf&#252;llen und ihnen zuweisen. Die Entscheidungshoheit ist damit vollst&#228;ndig der Kl&#228;gerin zu 2) &#252;berlassen, soweit es sich um deren G&#228;ste handelt. Die begehrte Erteilung von Urlauberparkausweisen erweist sich damit nicht als personenbezogen, wie dies <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> aber verlangt, sondern allenfalls als betriebsbezogen, kn&#252;pft also nicht an die Person des Berechtigten, sondern an den Gewerbebetrieb an. Dass es an dem Merkmal der &#8222;Einzelfallbezogenheit&#8220; fehlt, wird letztlich auch durch die Aussage der Kl&#228;ger in der m&#252;ndlichen Verhandlung deutlich, wonach sich &#8222;eine Kiste von Ausnahmegenehmigungen&#8220; im Besitz der Kl&#228;ger befinde. Eine solche Erteilung von Blanko-Ausnahmegenehmigungen &#8222;auf Vorrat&#8220;, ohne die berechtigte Person oder zumindest das ihr zugeh&#246;rige Kfz vorab zu benennen, ist nach <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> aber gerade nicht zul&#228;ssig und f&#252;hrt den Sinn und Zweck einer pr&#228;ventiven Kontrolle ad absurdum.</p> <p><rd nr="24"/>Nachdem damit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des <verweis.norm>&#167; 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 <v.abk ersatz="StVO">StVO</v.abk></verweis.norm> nicht erf&#252;llt sind, kommt es weiter nicht auf die Frage an, ob der Beklagte tats&#228;chlich unt&#228;tig geblieben ist und seiner Pflicht zur Aus&#252;bung des einger&#228;umten Ermessens rechtsfehlerfrei nachgekommen ist.</p> <p><rd nr="25"/>Ein Anspruch folgt auch nicht aus einem etwaigen Anspruch auf Gleichbehandlung unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG. Soweit die Kl&#228;gerin zu 2) insoweit vergleichbare Sachverhalte im Hinblick auf die Parkplatzsituation des Hotels M. und den &#246;rtlichen Segelclub aufzuzeigen versucht, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Insoweit fehlt es an der Vergleichbarkeit der Sachverhalte. Die beschriebenen Konstellationen haben bereits nicht die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Gegenstand, sondern allenfalls allgemein die Zuweisung von Parkfl&#228;chen auf &#246;ffentlichem Grund. Eine derart allgemeine Umschreibung eines zu vergleichenden Sachverhalts ist aber nicht geeignet, eine konkrete Vergleichbarkeit im Einzelfall zu begr&#252;nden. Im Hinblick auf den &#246;rtlichen Segelclub fehlt es zudem aufgrund der &#246;rtlich vom verkehrsberuhigten Innenstadtbereich des Beklagten abgelegenen Situierung bereits an der &#246;rtlichen Vergleichbarkeit. Soweit die Kl&#228;gerin zu 2) eine Vergleichbarkeit mit der Parkplatzsituation des Hotels M. konstruiert, ist die Vergleichbarkeit mangels Zurechenbarkeit gg&#252;. dem Beklagten nicht gegeben. So hat der Beklagtenvertreter in der m&#252;ndlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt, dass die Zurverf&#252;gungstellung der Parkfl&#228;chen durch den berechtigten Nie&#223;braucher und nicht durch den Beklagten selbst erfolgt.</p> <p><rd nr="26"/>Ein Anspruch der Kl&#228;gerin zu 2) ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. der Selbstbindung der Verwaltung. Insoweit fehlt es bereits an der Beibehaltung der Vergabepraxis, nachdem der Beklagte aufgrund des angepassten Verkehrskonzepts mit dem Gemeinderatsbeschluss vom 24. Juli 2017 eine eindeutige Abkehr von der bisherigen Vergabepraxis offenbart hat, welche der Beklagte nach der Umgestaltung des Unterm&#252;llerplatzes praktiziert und die sachlich wegen der Reduzierung der Parkm&#246;glichkeiten im streitgegenst&#228;ndlichen Bereich rechtlich nicht zu beanstanden ist. Im &#220;brigen h&#228;tte die Kl&#228;gerin zu 2) keinen Anspruch auf fortw&#228;hrend gleiche Verwaltungspraxis.</p> <p><rd nr="27"/>Soweit die Kl&#228;gerin zu 2) geltend macht, die Versagung der erstrebten Ausnahmegenehmigungen treffe sie wegen der Ausrichtung und besonderen &#246;rtlichen Situation ihres Gasthausbetriebs &#252;berdurchschnittlich hart, ist dies zwar nachvollziehbar, jedoch hat jeder Gewerbetreibende sein Unternehmenskonzept an den von der Rechtsordnung vorgegebenen Rahmenbedingungen und hier dem Gestaltungsspielraum des Beklagten f&#252;r den inner&#246;rtlichen Verkehr auszurichten. Auch besteht kein Anspruch darauf, dass die Gesetze in einer Weise vollzogen werden, die eine andernfalls nicht bestehende Gewinnerzielungsm&#246;glichkeit er&#246;ffnet (BayVGH, B.v. 25.9.2007 - 11 ZB 06.279 - juris Rn. 19).</p> <p><rd nr="28"/>Aus gleichen Erw&#228;gungen w&#228;re im &#220;brigen auch die Klage der Kl&#228;gerin zu 1) als unbegr&#252;ndet abzuweisen gewesen.</p> <p><rd nr="29"/>Die Klagen waren somit unter Ausspruch der Kostenfolge aus <verweis.norm>&#167; 154 Abs. 1 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> abzuweisen. Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf <verweis.norm>&#167; 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> i.V.m. <verweis.norm>&#167; 708 Nr. 11, &#167; 711 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>.</p> </div>
161,466
olgk-2018-12-19-14-uf-18518
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14 UF 185/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T07:00:21
2019-02-12T12:22:37
Beschluss
ECLI:DE:OLGK:2018:1219.14UF185.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 3 gegen den am 9. Dezember 2013 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Br&#252;hl wird auf seine Kosten als unzul&#228;ssig verworfen.</p> <p><strong>(&#8230;)</strong></p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gr&#252;nde:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>I.</strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die beteiligten Kinder wurden w&#228;hrend der Ehe der Kindesmutter mit dem Antragsteller geboren. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. Dezember 2013 hat das Amtsgericht auf Antrag des Antragstellers festgestellt, dass die Kinder nicht von ihm abstammen. In zwei Parallelverfahren begehren die Kinder die Feststellung der Vaterschaft des Beteiligten zu 3. Nachdem dieser Kenntnis von dem angefochtenen Beschluss erlangt hat, hat er am 22. Oktober 2018 Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, die Anfechtungsfrist sei nicht gewahrt.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong>II.</strong></p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist unzul&#228;ssig, da dem weiteren Beteiligten zu 3 ein Beschwerderecht nicht zusteht.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>1.</strong> Der weitere Beteiligte zu 3 ist nicht nach &#167; 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt. Denn eine dem Anfechtungsantrag des rechtlichen Vaters stattgebende Entscheidung beeintr&#228;chtigt den potenziellen biologischen Vater nicht in seinen Rechten (vgl. OLG M&#252;nchen, Beschluss vom 19.4.2012 - 16 UF 231/12, FamRZ 2012, 1825; D&#252;rbeck in Pr&#252;tting/Helms, FamFG, 4. Aufl., &#167; 172 Rn. 9; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., &#167; 59 Rn. 5; Z&#246;ller/Greger, ZPO, 32. Aufl., &#167; 172 FamFG Rn. 1).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Eine Rechtsbeeintr&#228;chtigung liegt nur vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Beschwerdef&#252;hrer zustehendes Recht eingreift (vgl. BGH, Beschl&#252;sse vom 19.1.2011 - XII ZB 326/10, FamRZ 2011, 465 Rn. 9; vom 18.1.2017 - XII ZB 544/15, FamRZ 2017, 623 Rn. 25). Das ist in der vorliegenden Konstellation nicht der Fall.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Rechtsstellung des biologischen Vaters durch eine dem Anfechtungsantrag des rechtlichen Vaters stattgebende Entscheidung nur insoweit mittelbar betroffen, als sie den Weg zur Feststellung seiner Vaterschaft freigibt. Die Anfechtungsentscheidung stellt aber noch keine rechtsbedeutsame Beziehung des potenziellen biologischen Vaters zum Kind her und verk&#252;rzt auch nicht die Rechtsverteidigung des potenziellen biologischen Vaters in einem sp&#228;teren Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Da die Anfechtungsentscheidung f&#252;r und gegen alle wirkt (&#167; 184 Abs. 2 FamFG), kann er sich zwar im Feststellungsverfahren nicht mehr auf den Standpunkt stellen, das Kind sei rechtlich dem Antragsteller des Anfechtungsverfahrens zuzuordnen. Er kann aber seine eigene biologische Vaterschaft bestreiten, ohne dass die Erforschung der wahren Abstammungsverh&#228;ltnisse unter Einbeziehung des Antragstellers des Anfechtungsverfahrens ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschl&#252;sse vom 4.7.2007 - XII ZB 68/04, FamRZ 2007, 1731 Rn. 15 f. und XII ZB 224/03, FamRZ 2007, 1729 Rn. 13; vom 17.6.2009 - XII ZB 75/07, FamRZ 2009, 1404 Rn. 10 f.).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auch aus dem Umstand, dass die weiteren Beteiligten zu 1 und 2 nach dem Beschwerdevorbringen falsche Angaben zu den die Anfechtungsfrist in Gang setzenden Umst&#228;nden gemacht und den angefochtenen Beschluss arglistig erschlichen haben sollen, kann der weitere Beteiligte zu 3 nichts f&#252;r sich herleiten. Denn die Anfechtungsfristen dienen nicht dem Interesse des potenziellen biologischen Vaters, einer m&#246;glichen Inanspruchnahme durch das Kind zu entgehen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.7.2007 - XII ZB 68/04, FamRZ 2007, 1731 Rn. 18).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>2.</strong> Dem weiteren Beteiligten zu 3 steht auch kein Beschwerderecht gem&#228;&#223; &#167; 184 Abs. 3 FamFG zu. Denn im Anfechtungsverfahren des rechtlichen Vaters muss ein potenzieller biologischer Vater nicht beteiligt werden.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er ist nicht nach &#167; 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG als Beteiligter hinzuzuziehen. Denn aus den oben genannten Gr&#252;nden wird sein Recht durch das Verfahren nicht unmittelbar betroffen (vgl. OLG M&#252;nchen, Beschluss vom 19.4.2012 - 16 UF 231/12, FamRZ 2012, 1825, 1825 f.; Schwonberg in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 5. Aufl., &#167; 172 Rn. 29 ff.; D&#252;rbeck in Pr&#252;tting/Helms, FamFG, 4. Aufl., &#167; 172 Rn. 9, &#167; 184 Rn. 12; M&#252;KoFamFG/Coester-Waltjen/Lugani, 3. Aufl., &#167; 172 Rn. 13 ff.; Borth/Grandel in Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl., &#167; 172 Rn. 1; L&#246;hning in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 3. Aufl., &#167; 172 Rn. 3; a.A. Coester/Waltjen, JURA 2009, 427, 429 f.).</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dar&#252;ber hinaus muss ein potenzieller biologischer Vater auch nicht zum Ausgleich der weggefallenen M&#246;glichkeit einer unselbst&#228;ndigen Nebenintervention auf seinen Antrag beteiligt werden (so aber Z&#246;ller/Greger, ZPO, 32. Aufl., &#167; 172 FamFG Rn. 1). Zwar konnte der als Erzeuger des Kindes in Betracht kommende Mann sich im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren alten Rechts als einfacher Nebenintervenient am Rechtsstreit beteiligen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.7.2007 - XII ZB 224/03, FamRZ 2007, 1729 Rn. 9 mwN). Dass das neue Recht eine entsprechende M&#246;glichkeit nicht vorsieht, ist aber hinzunehmen. Denn da die der Anfechtung stattgebende Entscheidung nicht unmittelbar in die Rechtsstellung des biologischen Vaters eingreift, ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, ihm durch geeignete Verfahrensvorschriften die M&#246;glichkeit zu verschaffen, dem Anfechtungsverfahren zur Wahrnehmung seiner Interessen beizutreten (vgl. BGH, Beschluss vom 4.7.2007 - XII ZB 224/03, FamRZ 2007, 1729 Rn. 16 zum postmortalen Anfechtungsverfahren alten Rechts).</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>(&#8230;)</strong></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsbehelfsbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluss findet ein Rechtsmittel nicht statt.</p>
161,428
olgrost-2018-12-19-20-ws-25218
{ "id": 483, "name": "Oberlandesgericht Rostock", "slug": "olgrost", "city": null, "state": 10, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
20 Ws 252/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T06:59:45
2019-02-12T12:22:35
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1. <strong>Auf die Beschwerde des Verurteilten werden die Weisungen zu Ziffer 3. d) und 3. e) des Beschlusses der 8. Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom 01.10.2018 - 18 StVK 186/18 (1) - aufgehoben und wie folgt neu gefasst:</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"><strong>Ziffer 3. d):</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"><strong>Der Verurteilte wird strafbewehrt (&#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, &#167; 145a StGB) angewiesen, keine illegalen Drogen zu sich zu nehmen und sich zum Nachweis hierf&#252;r bis zu zehn mal j&#228;hrlich auf kurzfristige Aufforderung durch die F&#252;hrungsaufsichtsstelle/Bew&#228;hrungshilfe beim Institut f&#252;r Rechtsmedizin in Rostock, St.-Georg-Str. 108, 18055 Rostock einem Urintest zur Untersuchung auf Bet&#228;ubungsmittelr&#252;ckst&#228;nde und Amphetamine zu stellen. Die Kosten der Untersuchung tr&#228;gt einstweilen die Staatskasse.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"><strong>Ziffer 3. e):</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt"><strong>Der Verurteilte wird angewiesen, sich unverz&#252;glich, sp&#228;testens bis Ende Januar 2019 unter Vermittlung der F&#252;hrungsaufsichtsstelle / Bew&#228;hrungshilfe bei einer zu seiner Betreuung bereiten &#246;rtlichen Suchtberatungsstelle vorzustellen und diese hernach zur Abstinenzmotivation aufzusuchen (Weisung gem. &#167; 68b Abs. 2 Satz 2 StGB). Die n&#228;here Ausgestaltung dieser Weisung (insbesondere die Benennung der Beratungsstelle sowie die H&#228;ufigkeit der Kontakthaltung) ergeht nach der Kontaktanbahnung durch Erg&#228;nzungsbeschluss der Strafvollstreckungskammer.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2. <strong>Die sofortige und die weitergehende einfache Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss vom 01.10.2018 werden als unbegr&#252;ndet auf Kosten des Beschwerdef&#252;hrers verworfen.</strong></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">1. <strong>Auf die Beschwerde des Verurteilten werden die Weisungen zu Ziffer 3. d) und 3. e) des Beschlusses der 8. Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock vom 01.10.2018 - 18 StVK 186/18 (1) - aufgehoben und wie folgt neu gefasst:</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong><span style="text-decoration:underline">Ziffer 3. d):</span></strong><br><strong>Der Verurteilte wird </strong><strong><span style="text-decoration:underline">strafbewehrt</span></strong><strong> (&#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, &#167; 145a StGB) angewiesen, keine illegalen Drogen zu sich zu nehmen und sich zum Nachweis hierf&#252;r bis zu zehn mal j&#228;hrlich auf kurzfristige Aufforderung durch die F&#252;hrungsaufsichtsstelle / Bew&#228;hrungshilfe beim Institut f&#252;r Rechtsmedizin in Rostock, St.-Georg-Str. 108, 18055 Rostock einem Urintest zur Untersuchung auf Bet&#228;ubungsmittelr&#252;ckst&#228;nde und Amphetamine zu stellen. Die Kosten der Untersuchung tr&#228;gt einstweilen die Staatskasse.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong><span style="text-decoration:underline">Ziffer 3. e):</span></strong><br><strong>Der Verurteilte wird angewiesen, sich unverz&#252;glich, sp&#228;testens bis Ende Januar 2019 unter Vermittlung der F&#252;hrungsaufsichtsstelle / Bew&#228;hrungshilfe bei einer zu seiner Betreuung bereiten &#246;rtlichen Suchtberatungsstelle vorzustellen und diese hernach zur Abstinenzmotivation aufzusuchen (Weisung gem. &#167; 68b Abs. 2 Satz 2 StGB). Die n&#228;here Ausgestaltung dieser Weisung (insbesondere die Benennung der Beratungsstelle sowie die H&#228;ufigkeit der Kontakthaltung) ergeht nach der Kontaktanbahnung durch Erg&#228;nzungsbeschluss der Strafvollstreckungskammer.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">2. <strong>Die sofortige und die weitergehende einfache Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss vom 01.10.2018 werden als unbegr&#252;ndet auf Kosten des Beschwerdef&#252;hrers verworfen.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 10.10.2018 richtet sich gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 01.10.2018 - 18 StVK 186/18 (1) -, mit dem die 8. Kleine Strafvollstreckungskammer nach m&#252;ndlicher Anh&#246;rung des Verurteilten entschieden hat, dass die eintretende F&#252;hrungsaufsicht nach vollst&#228;ndiger Verb&#252;&#223;ung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 18.05.2017 - 39 Ls 62/17 - nicht entf&#228;llt, die F&#252;hrungsaufsicht f&#252;nf Jahre dauert, der Verurteilte der Aufsicht und Leitung der Bew&#228;hrungshilfe- und der F&#252;hrungsaufsichtsstelle unterstellt wird und er schlie&#223;lich n&#228;her ausgef&#252;hrte Weisungen zur Ausgestaltung der F&#252;hrungsaufsicht zu befolgen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der angefochtene Beschluss ist dem Verurteilten am 06.10.2018 f&#246;rmlich zugestellt worden. Die Beschwerdeschrift ist am 15.10.2018 (einem Montag) beim Landgericht Rostock eingegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Strafvollstreckungskammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Das unausgef&#252;hrte Rechtsmittel des Verurteilten ist trotz der Bezeichnung als &#8222;sofortige Beschwerde&#8220; mangels ausdr&#252;cklicher Beschr&#228;nkung sowohl als sofortige Beschwerde gegen die Anordnung der F&#252;hrungsaufsicht (<strong>1.</strong>) als auch als einfache Beschwerde gegen die Dauer der F&#252;hrungsaufsicht, der Unterstellung der Aufsicht und Leitung der Bew&#228;hrungshilfe- und der F&#252;hrungsaufsichtsstelle sowie die ihm erteilten Weisungen (<strong>2.</strong>) auszulegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>1.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Soweit sich das eingelegte Rechtsmittel gegen die Entscheidung aus Ziffer 1. des angefochtenen Beschlusses richtet, wonach die nach vollst&#228;ndiger Verb&#252;&#223;ung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren aus dem Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 18.05.2017 eintretende F&#252;hrungsaufsicht nicht entf&#228;llt, ist es nach &#167;&#167; 463 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. 454 Abs. 3 Satz 1 StPO als sofortige Beschwerde statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (&#167;&#167; 306, 311 Abs. 2 StPO), mithin zul&#228;ssig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Die sofortige Beschwerde erweist sich jedoch aus den zutreffenden Gr&#252;nden der angefochtenen Entscheidung sowie den ebenfalls zutreffenden Erw&#228;gungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 23.11.2018 als unbegr&#252;ndet. Die Voraussetzungen f&#252;r den gesetzlichen Eintritt der F&#252;hrungsaufsicht gem&#228;&#223; &#167; 68f Abs. 1 Satz 1 StGB liegen vor. Der Verurteilte wird die gegen ihn verh&#228;ngte Freiheitsstrafe von zwei Jahren wegen einer vors&#228;tzlich begangenen Straftat bis zum 13.12.2018 vollst&#228;ndig verb&#252;&#223;t haben. Die Grundregel des &#167; 68f Abs. 1 StGB beruht auf der Erw&#228;gung, dass die Vollverb&#252;&#223;ung einer zumindest zweij&#228;hrigen Freiheitsstrafe in der Regel eine ung&#252;nstige Sozialprognose indiziert. Das Absehen von der Ma&#223;regel gem&#228;&#223; &#167; 68f Abs. 2 StGB hat infolgedessen Ausnahmecharakter und setzt die durch konkrete Fakten begr&#252;ndete Erwartung voraus, dass der Verurteilte auch ohne die F&#252;hrungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird. Das ist hier nicht der Fall. Bei dem erheblich und einschl&#228;gig vorbestraften Verurteilten, der sich bereits zum vierten Mal in Strafhaft befindet, besteht eine therapeutisch unbearbeitete Suchtproblematik, aufgrund derer sich eine k&#252;nftige Wiedereingliederung &#228;u&#223;erst schwierig gestalten wird und ein R&#252;ckfall in kriminelle Verhaltensmuster wahrscheinlich ist. Umst&#228;nde, die ausnahmsweise ein Entfallen der F&#252;hrungsaufsicht rechtfertigen k&#246;nnten, sind daher nicht ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>2.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Soweit sich der Verurteilte gegen die Dauer der F&#252;hrungsaufsicht, die Unterstellung und Leitung der Bew&#228;hrungshilfe- und der F&#252;hrungsaufsichtsstelle sowie die ihm erteilten Weisungen wendet, ist sein Rechtsmittel als einfache Beschwerde nach &#167;&#167; 463 Abs. 2 i.V.m. 453 Abs. 2 Satz 1 StPO statthaft und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>a.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde hat hinsichtlich der Weisungen zu Ziffer 3. d) und 3. e) des Beschlusses des Landgerichts Rostock in geringem Umfang Erfolg. Das Rechtsmittel f&#252;hrt insoweit jedoch nicht zur (Teil-)Aufhebung und Zur&#252;ckverweisung an die Vorinstanz, sondern zu eigener Sachentscheidung des Senats (&#167; 309 Abs. 2 StPO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 453 Abs. 2 Satz 2 StPO kann die Beschwerde gegen Ma&#223;nahmen zur Ausgestaltung der F&#252;hrungsaufsicht nur darauf gest&#252;tzt werden, dass die getroffenen Anordnungen gesetzeswidrig sind. Gesetzeswidrig sind Weisungen im Rahmen der F&#252;hrungsaufsicht nur dann, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig oder unzumutbar sind oder sonst die Grenzen des der Strafvollstreckungskammer einger&#228;umten Ermessens &#252;berschreiten. Dabei ist allein zu pr&#252;fen, ob die angefochtene Entscheidung in der angewendeten Vorschrift eine Rechtsgrundlage hat, ob Ermessensmissbrauch vorliegt und ob der verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz eingehalten ist. Eine &#220;berpr&#252;fung der Zweckm&#228;&#223;igkeit der Anordnung findet im Beschwerdeverfahren hingegen nicht statt (OLG Bamberg, Beschluss vom 06.11.2012 - 1 Ws 678/12 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>aa)</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Unter Ber&#252;cksichtigung dieses &#220;berpr&#252;fungsma&#223;stabes bedurfte die Weisung zu Ziffer 3. d) des angefochtenen Beschlusses, der Verurteilte habe <em>keinen Alkohol</em> und keine illegalen Drogen zu sich zu nehmen und zum Nachweis hierf&#252;r bis zu zehnmal j&#228;hrlich einen Urintest beim Institut f&#252;r Rechtsmedizin in Rostock <em>oder bei einer durch die F&#252;hrungsaufsichts- bzw. Bew&#228;hrungshilfestelle zu bezeichnenden Stelle</em> abnehmen zu lassen, mit Blick auf &#167; 68b Abs. 1 Satz 2 StGB zwar keiner Zur&#252;ckverweisung an die Vorinstanz, aber doch einer Modifizierung. Denn im Hinblick auf die Strafbewehrung sind Weisungen gem. &#167; 68b Abs. 1 StGB hinreichend genau zu bestimmen. &#167; 68b Abs. 1 Satz 2 StGB stellt deshalb ausdr&#252;cklich klar, dass das Gericht das verbotene und verlangte Verhalten genau zu bestimmen hat. Um diesen Anforderungen zu gen&#252;gen, bedarf es bei der Anordnung von Alkohol- und Drogenkontrollen i.S.v. &#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB zumindest zus&#228;tzlich der Bezeichnung der Stelle, die die Kontrollen durchf&#252;hren soll, sowie der Angabe einer Obergrenze f&#252;r deren H&#228;ufigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraumes und die Festlegung der Kostentragung. Nichts davon kann dem Bew&#228;hrungshelfer oder der F&#252;hrungsaufsichtsstelle &#252;berlassen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 22.02.2011 - I Ws 39/11 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>(1)</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Daran mangelt es der Befugnis, dass der Verurteilte die Urinprobe au&#223;er beim Institut f&#252;r Rechtsmedizin Rostock auch bei einer durch die F&#252;hrungsaufsichtsstelle oder den/die Bew&#228;hrungshelfer/in zu benennenden Stelle abgeben k&#246;nnen soll. Da eine solche Alternativstelle zur Testung und &#220;berwachung des Verurteilten aber derzeit nicht notwendig erscheint, konnte sie in Wegfall geraten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>(2)</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Weisung unterlag ebenfalls Bedenken, sofern sie auch die Einnahme von <em>Alkohol</em> betrifft. Eine Abstinenzweisung nach &#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 StGB kann ergehen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begr&#252;nden, dass ein Alkohol- bzw. Rauschmittelkonsum zur Gefahr der Begehung weiterer Straftaten beitragen k&#246;nnte (OLG Hamm, Beschluss vom 27.02.2018 - III-5 Ws 35-37/18 -). Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen im Hinblick auf den Konsum von illegalen Drogen hat die Kammer ausgef&#252;hrt, bei dem Verurteilten bestehe eine ungel&#246;ste Drogenproblematik, die erneute Straftaten bef&#252;rchten lasse. Die Abstinenzweisung mit Kontrollauflage diene der Unterst&#252;tzung des Verurteilten, der in der Vergangenheit seinen Drogenkonsum mit dem Handel mit Bet&#228;ubungsmitteln finanziert habe. Der Anlassverurteilung lag ein unerlaubtes Handeltreiben mit Bet&#228;ubungsmitteln in nicht geringer Menge zugrunde. Aus den Feststellungen zu den pers&#246;nlichen Verh&#228;ltnissen ergibt sich, dass der Verurteilte seit 1994 bet&#228;ubungsmittelabh&#228;ngig ist. Auch die JVA bescheinigt dem Verurteilten ein straftatrelevantes, auf Bet&#228;ubungsmittel bezogenes Suchtverhalten. Nicht ersichtlich ist jedoch, worauf das - dann auch nach &#167; 145a StGB strafbewehrte - Verbot des Konsums von <em>Alkohol</em> beruhen soll. Weder der angegriffene Beschluss noch die Nichtabhilfeentscheidung der Kammer vom 13.11.2018 beinhalten entsprechende Ausf&#252;hrungen. Auch aus den vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, dass der Verurteilte in der Vergangenheit Alkohol im &#220;berma&#223; konsumiert h&#228;tte und ein solcher Alkoholkonsum miturs&#228;chlich f&#252;r die begangenen Straftaten war. Allenfalls der Gesichtspunkt einer drohenden Suchtverlagerung und darauf beruhender Gefahren k&#246;nnte hier ein Verbot rechtfertigen. Diesbez&#252;glich bestehen jedoch einstweilen keine Erkenntnisse.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Auch insoweit bedurfte es jedoch keiner Aufhebung und Zur&#252;ckverweisung zur Neuentscheidung, sondern das &#8222;Alkoholverbot&#8220; konnte jedenfalls einstweilen in Wegfall geraten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>(3)</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Angesichts der Delinquenzgeschichte des Verurteilten bestand zwar Anlass zu n&#228;herer Auseinandersetzung mit der Frage der Zumutbarkeit der erteilten strafbewehrten Abstinenzweisung. Ausweislich der Urteilsfeststellungen des Amtsgerichts Rostock vom 18.05.2017 ist der Verurteilte seit 1994 bet&#228;ubungsmittelabh&#228;ngig. Er wurde bislang bereits f&#252;nfmal wegen Verst&#246;&#223;en gegen das Bet&#228;ubungsmittelgesetz verurteilt. Nach der dritten einschl&#228;gigen Verurteilung (Urteil des Amtsgerichts Rostock vom 03.05.2011) handelte er trotz laufender Bew&#228;hrung sofort wieder mit Bet&#228;ubungsmitteln, um seine Drogensucht zu finanzieren, weswegen er sodann vom Amtsgerichts Rostock am 27.11.2012 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt worden ist. Die Drogenproblematik des Verurteilten ist zudem unbearbeitet. Bei einer Haftraumkontrolle wurden beim Verurteilten BtM-Utensilien festgestellt. Im November 2017 verweigerte er eine Urinkontrolle mit der Begr&#252;ndung, positiv zu sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Gleichwohl sieht der Senat die Abstinenzweisung im Lichte seiner st&#228;ndigen Rspr. aber nicht als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig an. Denn der Verurteilte scheint, wie aus den Akten auch zu erschlie&#223;en ist, bei geh&#246;riger Willensanstrengung zumindest f&#252;r eine gewisse Zeit auf Drogenkonsum verzichten zu k&#246;nnen. &#220;berdies ist den Akten nicht zu entnehmen, dass es aus Anlass des letzten Haftantritts zu bemerkenswerten Entzugserscheinungen gekommen ist, so dass das Ma&#223; der k&#246;rperlichen und geistigen Auswirkungen des Substanzmissbrauchs noch &#252;berschaubar erscheint.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Allein der Umstand, dass es sich bei dem Verurteilten um einen langj&#228;hrig nicht erfolgreich behandelten Suchtkranken handelt, macht die Abstinenzweisung keinesfalls grunds&#228;tzlich unzul&#228;ssig. Abstinenzweisungen sind vielmehr gerade f&#252;r diese Gruppe von Straft&#228;tern anzuwenden, um sie angesichts der nicht therapierten Suchterkrankung vom weiteren Suchtmittelmissbrauch abzuhalten (vgl. Senatsbeschluss vom 27.03.2012 - I Ws 90/12 - juris -) und ggf. zur therapeutischen Aufarbeitung zu motivieren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>bb)</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Soweit dem Verurteilten aufgegeben wurde, sich erstmals binnen einer Woche nach der Entlassung und sodann monatlich mindestens einmal bei einer &#246;rtlichen Suchtberatungsstelle zur Abstinenzmotivation vorzustellen, hat die Kammer nicht beachtet, dass die Vorstellungsverpflichtung nach &#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StGB nur zu bestimmten Zeiten oder in bestimmten Abst&#228;nden und nur bei einem (jeweils zu bestimmenden) Arzt, einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz zul&#228;ssig ist. Sowohl die zeitliche Anordnung &#8222;monatlich mindestens einmal&#8220; als auch die allgemein gehaltene Formulierung &#8222;bei einer &#246;rtlichen Suchtberatungsstelle&#8220; gen&#252;gt dem Bestimmtheitsgebot nicht (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 19.11.2007 - 1 AR 1287/07, 2 Ws 581/07 -; OLG Dresden, Beschluss vom 06.09.2007 - 2 Ws 423/07 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Der von der Kammer beabsichtigte, &#252;beraus sinnvolle Regelungsgehalt - regelm&#228;&#223;ige Anbindung des Verurteilten an eine &#246;rtliche Suchtberatungsstelle, ggf. i.V.m. der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe - l&#228;&#223;t sich zwar (wenigstens zun&#228;chst) nicht auf &#167; 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StGB, jedoch auf &#167; 68b Abs. 2 Satz 2 StGB st&#252;tzen. Mit der aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen, dem Senat nach &#167; 309 Abs. 2 StPO m&#246;glichen Modifizierung kann eine Kontaktanbahnung des Verurteilten zu einer zu seiner Betreuung geeigneten und - von den Kapazit&#228;ten her - bereiten Beratungsstelle erreicht werden. Ob im Anschluss daran weitere - pr&#228;zisere, dann ggf. auch strafbewehrte - Regelungen getroffen werden k&#246;nnen und m&#252;ssen, wird die Strafvollstreckungskammer zu entscheiden haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>b.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Die dar&#252;ber hinausgehende Beschwerde ist unbegr&#252;ndet. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausf&#252;hrungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift vom 23.11.2018.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>III.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidungen folgen aus &#167; 473 Abs. 1 StPO. Da die Beschwerde nur in einem sehr geringen Ma&#223; Erfolg hatte, war f&#252;r die Anwendung des &#167; 473 Abs. 4 StPO kein Raum.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="text-align:center"><strong>IV.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar, &#167; 310 Abs. 2 StPO.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
161,415
lsgsh-2018-12-19-l-3-al-19318-b-er
{ "id": 1068, "name": "Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht", "slug": "lsgsh", "city": null, "state": 17, "jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
L 3 AL 193/18 B ER
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T06:59:23
2019-01-17T12:06:24
Beschluss
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts L&#252;beck vom 9. Oktober 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag der Antragsgegnerin auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts L&#252;beck vom 9. Oktober 2018 wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller seine notwendigen au&#223;ergerichtlichen Kosten auch im Beschwerdeverfahren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beteiligten streiten im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes um die Gew&#228;hrung von Berufsausbildungsbeihilfe f&#252;r den Antragsteller.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der am ... 1989 geborene Antragsteller ist afghanischer Staatsb&#252;rger. Er ist alleinstehend und reiste im M&#228;rz 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Sein Asylantrag wurde vom Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge mit Bescheid vom Februar 2017 abgelehnt. Hiergegen erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schleswig, &#252;ber die noch nicht entschieden ist (Az. 5 B 19/17). Der Antragsteller hat den Aufenthaltsstatus einer Aufenthaltsgestattung, &#167;&#160;55 Abs. 1 Asylgesetz. Der Antragsteller hat in Afghanistan keine Ausbildung absolviert. Zum 1. Oktober 2017 nahm er eine Arbeitsstelle als Hilfskraft in der Fleischerei S. auf. Dort verdiente er ca. 1.100 &#8364; netto pro Monat. Mit Wirkung zum 1. September 2018 schloss der Antragsteller mit seinem Arbeitgeber einen Berufsausbildungsvertrag f&#252;r den Ausbildungsberuf Fleischer. Das Ausbildungsentgelt betr&#228;gt im ersten Lehrjahr 550 &#8364; brutto, im zweiten Lehrjahr 650 &#8364;, im dritten Lehrjahr 750 &#8364;. F&#252;r seine Wohnung zahlt der Kl&#228;ger eine monatliche Warmmiete von 406 &#8364;.&#160;&#160;Aus Anlass der Aufnahme der Ausbildung beantragte er bei der Antragsgegnerin die Gew&#228;hrung von Berufsausbildungsbeihilfe. Mit Bescheid vom 30. August 2018 lehnte die Antragsgegnerin diesen ab, da der Antragsteller nicht zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis geh&#246;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 3. September 2018 Widerspruch. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte er aus, der Antrag sei zu Unrecht abgelehnt worden, da seit Inkrafttreten des Integrationsgesetzes am 6. August 2016 Asylsuchende, wie er, mit einer Aufenthaltsgestattung, bei denen ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten sei, nach 15 Monaten Aufenthalt Berufsausbildungsbeihilfe erhielten, &#167;&#160;132 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Diese Voraussetzungen seien bei ihm erf&#252;llt. Es sei insbesondere auch ein rechtm&#228;&#223;iger dauerhafter Aufenthalt zu erwarten. Er absolviere eine Berufsausbildung. Selbst bei Ablehnung seines Asylantrags habe er einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz. Diese k&#246;nne bei erfolgreichem Abschluss zu einer Aufenthaltserlaubnis f&#252;hren, von einem erfolgreichen Abschluss k&#246;nne ausgegangen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2018 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegr&#252;ndet zur&#252;ck. Eine Duldung nach &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz liege bislang nicht vor. Eine gute Bleibeperspektive bestehe nicht, so dass der Antragsteller nicht zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis nach &#167;&#160;59 SGB III geh&#246;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Dass sein Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet sei, n&#252;tze ihm nichts. Nach Einsch&#228;tzung des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge bestehe eine gute Bleibeperspektive f&#252;r Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer Schutzquote von &#252;ber 50%. Afghanistan geh&#246;re nicht dazu. Eine Sonderregelung habe nur f&#252;r das zweite Halbjahr 2017 gegolten. Da sie mit dem 1. Januar 2018 ausgelaufen sei, fehle es an einer guten Bleibeperspektive.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Hiergegen hat der Antragsteller am 27. September 2018 Klage zum Sozialgericht L&#252;beck erhoben und mit Schreiben vom selben Tag den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Es sei mit rechtsstaatlichen Grunds&#228;tzen unvereinbar, eine Entscheidung dar&#252;ber, ob ein gesicherter Aufenthalt zu erwarten sei, allein aufgrund des Herkunftslandes zu treffen. Dies sei nicht allein aufgrund der Feststellungen des BAMF zur Bleibeperspektive zu entscheiden, sondern im Einzelfall zu kl&#228;ren. Die Folgenabw&#228;gung im Eilrechtsschutz m&#252;sse zu seinen Gunsten ausfallen. Die Nachteile bei Ablehnung der Beihilfe im Fall der Begr&#252;ndetheit der Klage w&#246;gen schwerer, als umgekehrt, die Nachteile bei Gew&#228;hrung des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes im Falle der Unbegr&#252;ndetheit der Hauptsache. Es handele sich um eine f&#246;rderungsf&#228;hige Ausbildung, &#252;ber die der daf&#252;r vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sei. Glaubhaft sei dargelegt, dass es sich bei der jetzigen Berufsausbildung zum Fleischer um eine Erstausbildung handelte. Er sei auch zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis zu z&#228;hlen. Eine gute Bleibeperspektive sei daraus zu entnehmen, dass er eine qualifizierte Berufsausbildung erfolgreich durchlaufen werde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#160;60a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz sei eine Duldung wegen dringender pers&#246;nlicher Gr&#252;nde im Sinne von Satz 3 zu erteilen, wenn der Ausl&#228;nder eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnehme oder aufgenommen habe, die Voraussetzungen nach Abs. 6 nicht vorl&#228;gen und konkrete Ma&#223;nahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorst&#252;nden. Dies sei bei ihm der Fall. Nach &#167;&#160;18 Absatz 1a Aufenthaltsgesetz sei, wenn eine Duldung nach &#167;&#160;60a Abs. 2 Satz 3 Aufenthaltsgesetz erteilt worden sei, nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung f&#252;r eine der erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechende Besch&#228;ftigung eine Aufenthaltserlaubnis f&#252;r die Dauer von zwei Jahren zu erteilen, wenn die Voraussetzungen von &#167;&#160;18 Abs. 1 Nummer 2-7 vorl&#228;gen und die Bundesagentur f&#252;r Arbeit nach &#167;&#160;39 Aufenthaltsgesetz zugestimmt habe. Die M&#246;glichkeit der nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung zu erlangenden Aufenthaltserlaubnis begr&#252;nde eine gute Bleibeperspektive. Die halbj&#228;hrige Festlegung des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge d&#252;rfe dagegen nicht allein zur Entscheidung herangezogen werden, ob eine gute Bleibeperspektive bestehe. Angesichts der noch nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rten Rechtslage sei sein Anspruch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach summarischer Pr&#252;fung nicht offensichtlich auszuschlie&#223;en. Ein Anordnungsgrund liege vor. Das Ausbildungsgehalt sei nicht existenzsichernd, er sei daher dringend auf die Ausbildungsbeihilfe an gewiesen. Ihm drohten schwere nicht anders abwendbare und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigende Beeintr&#228;chtigungen. Die Berufsausbildungsbeihilfe diene der Sicherung eines menschenw&#252;rdigen Lebens. Bei der Abw&#228;gung stehe unter Zugrundelegung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bei entsprechender Schwere der drohenden Beeintr&#228;chtigung auch eine geringe Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs einem Erfolg des Eilantrags nicht entgegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass der Antragsteller nicht geduldet im Sinne des &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz sei, so dass &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III nicht zu beachten sei. Die Entscheidung des Bundesministeriums f&#252;r Arbeit und Sozialordnung, die gute Bleibeperspektive f&#252;r Asylbewerber und Asylbewerberinnen auch aus Afghanistan zu &#246;ffnen, sei ausdr&#252;cklich f&#252;r das zweite Halbjahr 2017 bis zum 31. Dezember 2017 befristet gewesen. Hieran sehe sich die Antragsgegnerin gebunden. Afghanistan geh&#246;re nach ihrer bundeseinheitliche Auffassung nicht zu den Herkunftsstaaten mit guter Bleibeperspektive, so dass der Antragsteller nicht zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis geh&#246;re. Sie hat weiter auf den Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juli 2018, L2 AL7/18 B ER verwiesen. Ein Anordnungsgrund bestehe ebenfalls nicht. Der Antragsteller m&#252;sse alle zumutbaren M&#246;glichkeiten der Selbsthilfe erfolglos ausgesch&#246;pft haben. Insbesondere im Streit um die einstweilige Zuerkennung der Berufsausbildungsbeihilfe sei dies die Verweisung auf die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor Feststellung der Voraussetzung des Anspruchs auf Berufsausbildungsbeihilfe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 9. Oktober 2018 hat das Sozialgericht L&#252;beck den Antragsgegner verpflichtet, im Wege der einstweiligen Anordnung dem Antragsteller vorl&#228;ufig f&#252;r seine Ausbildung zum Fleischer Berufsausbildungsbeihilfe ab dem 27. September 2018 l&#228;ngstens bis zu einer rechtskr&#228;ftigen Entscheidung in der Hauptsache zu gew&#228;hren. Zur Begr&#252;ndung hat das Sozialgericht ausgef&#252;hrt, ein Anordnungsanspruch sei glaubhaft gemacht. Der Antragsteller sei zu dem in &#167;&#160;132 SGB III genannten Personenkreis zu z&#228;hlen. Die erforderliche Bleibeperspektive sei auf jeden Fall dann anzunehmen, wenn abstrakt f&#252;r das fragliche Herkunftsland eine Schutzquote von mehr als 50% bestehe, was f&#252;r Afghanistan, das Herkunftsland des Antragstellers, nicht der Fall sei. Die rein abstrakte Betrachtung sei jedoch nicht nach dem Wortlaut der Vorschrift zur generellen Maxime aufzuwerten. Sprachlich kn&#252;pfe die Erwartung des rechtm&#228;&#223;igen und dauerhaften Aufenthalts in &#167;&#160;132 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht an das Herkunftsland, sondern an die Person des die Leistung nachsuchenden Ausl&#228;nders an. Dies mache zwar generell Betrachtungen, wie die vorstehende der Gesamtschutzquote, nicht von vornherein wertlos, er&#252;brige aber eine individuelle Betrachtung dadurch gleichwohl nicht. Zu ber&#252;cksichtigen sei auch, ob der Leistung nachsuchende Ausl&#228;nder die materiellen Voraussetzungen f&#252;r die Erteilung eines Aufenthaltstitels erf&#252;lle, auch wenn dieser noch nicht erteilt worden sei. Wenn zwingendes Recht die Zuerkennung eines aufenthaltsrechtlichen Status vorsehe, der die Zugeh&#246;rigkeit zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis nach &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III zur Folge habe, lege dies regelm&#228;&#223;ig die Annahme einer guten Bleibeperspektive nahe. Diese sei daraus abzuleiten, dass der Antragsteller eine qualifizierte Berufsausbildung absolviere und damit auch bei einer rechtskr&#228;ftigen Ablehnung seines Asylantrags einen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung habe. Nach &#167;&#160;60a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz sei eine Duldung wegen dringender pers&#246;nlicher Gr&#252;nde im Sinne des Satzes 3 dann zu erteilen, wenn der Ausl&#228;nder eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnehme oder aufgenommen habe, die Voraussetzungen nach Absatz 6 nicht vorl&#228;gen und konkrete Ma&#223;nahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorst&#252;nden. Diese Voraussetzungen erf&#252;lle der Antragsteller seit der Aufnahme der Ausbildung, da die Voraussetzungen nach Abs. 6 nicht vorl&#228;gen und konkrete Ma&#223;nahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht ersichtlich seien. Ihm sei daher die Duldung zu erteilen, wonach er nach &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis geh&#246;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 17. Oktober 2018 Beschwerde zum schleswig-holsteinischen Landessozialgericht erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt sie aus, es stelle sich die Rechtsfrage, ob die Bundesagentur f&#252;r Arbeit und die Sozialgerichte in einem Verfahren der Beantragung von Berufsausbildungsbeihilfe eigenst&#228;ndig Feststellungen zu treffen h&#228;tten, ob der dauerhafte Aufenthalt eines Asylbewerbers zu erwarten sei und ob sich eine gute Bleibeperspektive daraus ergebe, wenn der Antragsteller bei rechtskr&#228;ftiger Ablehnung seines Asylantrags eine Ausbildungsduldung nach &#167;&#160;60a Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz beantragen k&#246;nne. Die inhaltliche &#220;berpr&#252;fung der Richtigkeit der Asylentscheidung sei in einem Verfahren der Beantragung von Berufsausbildungsbeihilfe weder Aufgabe der Bundesagentur f&#252;r Arbeit noch der Sozialgerichte. Der Antragsteller habe auch die Fehlerhaftigkeit des Asylbescheids nicht aufgezeigt. Ein Erfolg des Asylantrags erscheine hiernach im gegenw&#228;rtigen Zeitpunkt als sehr unwahrscheinlich. Ein rechtm&#228;&#223;iger dauerhafter Aufenthalt als Fl&#252;chtling oder subsidi&#228;r gesch&#252;tzter sei nicht zu erwarten. Eine gute Bleibeperspektive ergebe sich auch nicht daraus, dass der Antragsteller bei rechtskr&#228;ftiger Ablehnung seines Asylantrags eine Ausbildungsduldung nach &#167;&#160;60 Abs. 2 Satz 4 Aufenthaltsgesetz beantragen k&#246;nne, womit das Sozialgericht seine Entscheidung tragend begr&#252;ndet habe. Zutreffend sei die Argumentation des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern, wonach eine Duldung keinen rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt im Sinne des &#167;&#160;132 Abs. 1 Nummer 2 SGB III darstelle. Es handele sich lediglich um eine vor&#252;bergehende Aussetzung der Abschiebung, wobei der Aufenthalt an sich unrechtm&#228;&#223;ig bleibe und die Pflicht zur unverz&#252;glichen Ausreise fortbestehe. Zudem sei die Anspruchsberechtigung auf Ausbildungsbeihilfe bei Duldung gesondert in &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III geregelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>W&#252;rde die Aussicht auf eine Ausbildungsduldung und gegebenenfalls eine anschlie&#223;ende Aufenthaltserlaubnis nach &#167;&#160;18 Abs. 1a Aufenthaltsgesetz tats&#228;chlich eine gute Bleibeperspektive in Sinne von &#167;&#160;132 Abs. 1 Nummer 2 SGB III vermitteln, w&#228;re diese dort geregelte Voraussetzung schlicht &#252;berfl&#252;ssig, da jeder Ausl&#228;nder diese mit der Aufnahme einer Ausbildung automatisch erf&#252;llen w&#252;rde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Antragsgegnerin beantragt</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">den Beschluss des Sozialgerichts L&#252;beck vom 9. Oktober 2018 aufzuheben und den Antrag abzulehnen, hilfsweise die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung aus den Beschluss vom 9. Oktober 2018 auszusetzen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beantragt</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Er tr&#228;gt vor, die Wahrscheinlichkeit, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu obsiegen, sei nur ein Aspekt der Pr&#252;fung. Es m&#246;ge zutreffen, dass f&#252;r den Antragsteller keine positive Prognose zu stellen sei. Zutreffen m&#246;ge auch, dass nicht jeder nach &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz in Ausbildung befindliche Ausl&#228;nder im Ergebnis zum berechtigten Personenkreis geh&#246;ren werde. Hierauf komme es nicht an. Entscheidend sei, ob einem Asylsuchenden ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe f&#252;r die Dauer des Hauptsacheverfahrens allein deshalb vorenthalten bleiben m&#252;sse, wenn ihm auf der Grundlage der Anerkennungsquote seines Herkunftslandes keine gute Bleibeperspektive prognostiziert werden k&#246;nne. Zum einen scheitere die Annahme einer guten Bleibeperspektive an gerade einmal zwei Prozentpunkten, zum anderen begr&#252;nde &#167;&#160;18 Abs. 1a Aufenthaltsgesetz eine gute, jedenfalls aber eine f&#252;r den Eilrechtschutz hinreichende Bleibeperspektive. Nach &#167;&#160;132 Absatz 1 Satz 2 SGB III werde nur bei Asylbewerbern, die aus einem sicheren Herkunftsstaat nach &#167;&#160;29a Asylgesetz stammten, vermutet, dass ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt nicht zu erwarten sei. Eine entsprechende gesetzliche Vermutung f&#252;r Asylbewerber aus anderen Staaten gebe es nicht. Dass keine hinreichend abgesicherte negative Prognose gestellt werden k&#246;nne, rechtfertige die Gew&#228;hrung der Leistung im einstweiligen Rechtsschutz. Nur so sei sicherzustellen, dass der Antragsteller die Ausbildung &#252;berhaupt fortsetzen k&#246;nne. Bei anderer Auffassung bliebe de facto nur Asylbewerbern die M&#246;glichkeit einer Ausbildung, die aus den L&#228;ndern Syrien, Somalia, Eritrea, Irak oder Iran stammten, diese Verengung des Personenkreis habe der Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt. Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass auch Geduldete eine gute Bleibeperspektive haben k&#246;nnten. Dies k&#246;nne sich von Rechts wegen nicht aus einem Asylantrag ergeben, weil die betroffenen Personen bei gestelltem Asylantrag keine Duldung, &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz, sondern eine Aufenthaltsgestattung, &#167;&#160;55 Asylgesetz h&#228;tten. Daher seien auch bei Personen mit Aufenthaltsgestattung andere Gr&#252;nde, die sich aus dem allgemeinen Aufenthaltsrecht erg&#228;ben, zu ber&#252;cksichtigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde ist zul&#228;ssig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (&#167;&#160;173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist statthaft, weil die Berufung nicht der Zulassung bed&#252;rfte (&#167;&#167;&#160;172 Abs. 3 Nr. 1, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde ist unbegr&#252;ndet. Dem Antragsteller steht im Rahmen einer Folgenabw&#228;gung vorl&#228;ufig die F&#246;rderung durch Berufsausbildungsbeihilfe zu. Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#160;86b Abs.&#160;2 S.&#160;2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverh&#228;ltnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile n&#246;tig erscheint (Regelungsanordnung). Ihr Erlass setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) und auch die Eilbed&#252;rftigkeit einer gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (i.S.v. &#252;berwiegend wahrscheinlich; vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 29.07.2003 - 2 BvR 311/03) macht (&#167;&#160;86b Abs.&#160;2 S.&#160;4 SGG i.V.m. &#167;&#160;920 Abs.&#160;2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander. Es besteht eine Wechselbeziehung. Mit zunehmender Eilbed&#252;rftigkeit oder mit schwereren oder unzumutbarer drohenden Nachteilen sind die Anforderungen an den Anordnungsanspruch zu verringern und umgekehrt. Insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollst&#228;ndig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens &#252;bernimmt und eine endg&#252;ltige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht ist, - wenn eine vollst&#228;ndige Aufkl&#228;rung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht m&#246;glich ist - anhand einer Folgenabw&#228;gung zu entscheiden, in die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abw&#228;gung einzustellen sind (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller kann aus einer Folgenabw&#228;gung in summarischer Pr&#252;fung die Berufsausbildungsbeihilfe aus &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III verlangen. Aus der systematischen und teleologischen Auslegung des &#167; 132 Abs. 1 SGB III, &#167; 132 Abs. 2 SGB III und &#167;&#160;59 Abs. 3 SGB III, &#167; 60a Aufenthaltsgesetz sowie der Gesetzgebungsmaterialen zu &#167; 44 Aufenthaltsgesetz ist ein Anspruch des Antragsstellers auf Berufsausbildungsbeihilfe nicht offensichtlich ausgeschlossen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Er kann sich zur Begr&#252;ndung der begehrten Berufsausbildungsbeihilfe zwar nicht auf &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III st&#252;tzen. Er ist als Inhaber einer Aufenthaltsgestattung nicht vom personellen Anwendungsbereich dieser Vorschrift erfasst. &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III ist danach auf geduldete Ausl&#228;nder im Sinne des &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetzes beschr&#228;nkt. Die F&#246;rderungsvoraussetzungen des &#167;&#160;59 Abs. 3 SGB III erf&#252;llt der Antragsteller ebenfalls nicht. Er hat sich weder vor Beginn der Berufsausbildung 5 Jahre im Inland aufgehalten und ist rechtm&#228;&#223;ig erwerbst&#228;tig gewesen (&#167;&#160;59 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB&#160;III), noch hat sich einer seiner Elternteile w&#228;hrend der letzten sechs Jahre vor Beginn der Berufsausbildung insgesamt drei Jahre im Inland aufgehalten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Aus der systematischen und teleologischen Auslegung des &#167;&#160;132 Abs. 1 und 2 SGB III in Verbindung mit &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III ist entnehmbar, dass auch f&#252;r Gestattete mit 15-monatiger Aufenthaltsdauer, dem Absolvieren einer anerkannten Berufsausbildung und beim Fehlen von eine Duldung ausschlie&#223;enden Umst&#228;nden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf F&#246;rderung durch Berufungsausbildungsbeihilfe zusteht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III geh&#246;ren Ausl&#228;nder, bei denen ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis, wenn ihr Aufenthalt seit mindestens 15 Monaten gestattet ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>&#167;&#160;132 SGB III soll die Eingliederung von Ausl&#228;ndern in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft durch eine fr&#252;hzeitige Unterst&#252;tzung der Berufsausbildung f&#246;rdern. Der Zugang zu Leistungen ist in Abh&#228;ngigkeit von Aufenthaltsstatus an unterschiedliche Voraufenthaltszeiten gekn&#252;pft. Die Voraussetzungen des &#167;&#160;132 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB III, einer privilegierenden und befristeten Sondervorschrift, &#167;&#160;132 Abs. 4 SGB III, liegen aber vor. Ein dauerhafter und rechtm&#228;&#223;iger Aufenthalt kann auch beim Absolvieren einer qualifizierten Berufsausbildung bei Gestatteten erwartbar sein, wenn sie nicht aus einem Herkunftsland mit hoher Schutzquote kommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Dem Antragssteller ist seit 15 Monaten der Aufenthalt gestattet. Mit der Aufnahme der Berufsausbildung ist er von dem Anspruch auf Analogleistungen, &#167;&#160;2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz, nach &#167;&#160;22 Abs. 1 Zw&#246;lftes Buch Sozialgesetzbuch ausgeschlossen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Eine gesetzliche Definition, wann ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, ist im SGB III nicht normiert. Es handelt sich um einen unbestimmten und gerichtlich voll &#252;berpr&#252;fbaren Rechtsbegriff (vgl. Bienert, info also 2018, 104; Lehner: Gehen oder Bleiben, Der Gesetzgeber kann sich nicht entscheiden, www.verfassungsblog.de/gehen-oder-bleiben-der-gesetzgeber-kann-sich-nicht-entscheiden/), dessen Auslegung sich an allgemeinen Kriterien zu orientieren hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Der Wortlaut &#8222;dauerhaft&#8220; gibt keinen Hinweis, welche Zeitspanne erfasst sein soll. Ob mit rechtm&#228;&#223;ig allein</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr> <th colspan="3" rowspan="1"></th> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">-</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">der aufgrund materiellen Aufenthaltsstatus Bleibende,</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr> <th colspan="3" rowspan="1"></th> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">-</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">der aufgrund unanfechtbarer Feststellung des Aufenthaltsstatus Bleibende</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr> <th colspan="3" rowspan="1"></th> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">-</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">oder auch der den in Folge einer Aussetzung der Abschiebung Bleibende gemeint ist,</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>ergibt sich nicht. Zwar sind Letztere ausreisepflichtig. Auch die Aussetzung der Abschiebung hat aber die Wirkung, dass der ausreisepflichtige Ausl&#228;nder nicht abgeschoben werden darf (Kluth/Breidenbach, BeckOK Ausl&#228;nderrecht, &#167;&#160;60a Rn. 6). Im Fraktionsentwurf des Gesetzes, BT-Drs. 18/8615, S. 31, wird auf das Ziel abgestellt, Gestatteten im Asylverfahren mit guter Perspektive als Asylberechtigte anerkannt zu werden und damit in Deutschland bleiben zu k&#246;nnen, den Zugang zu den in Absatz 1 genannten Ma&#223;nahmen er&#246;ffnen zu wollen. Auch dort ist nicht bestimmt, anhand welcher Kriterien diese gute Perspektive zu bestimmen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>In systematischer Betrachtung findet sich dieselbe Formulierung eines rechtm&#228;&#223;igen und dauerhaften Aufenthalts in &#167;&#160;44 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes. Dieser regelt die Berechtigung zur Teilnahme an einem Integrationskurs f&#252;r Ausl&#228;nder mit Aufenthaltsgestattung. Nach der Gesetzesbegr&#252;ndung dieser Vorschrift, BT-Drs. 18/6185, S. 48, sollen Asylbewerber erfasst sein,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr> <th colspan="3" rowspan="1"></th> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">-</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">die aus einem Land mit hoher Anerkennungsquote kommen oder</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr> <th colspan="3" rowspan="1"></th> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"><strong>-</strong></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">bei denen eine belastbare Prognose f&#252;r einen erfolgreichen Asylantrag besteht<strong>.</strong> </td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Der Gesetzgeber selbst f&#252;hrt nicht aus, ab welchem Wert eine Anerkennungsquote eine hohe Quote sein soll und was, als Alternativvariante, die belastbare Prognose f&#252;r einen erfolgreichen Asylantrag begr&#252;nden soll. Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jelpke und weiterer Abgeordneter (BT-Drs. 18/13329, S. 18) f&#252;hrte die Bundesregierung aus:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><em>&#8222;Ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt ist einzelfallunabh&#228;ngig zu erwarten, wenn der oder die Asylsuchende aus einem Herkunftsland stammt, bei dem mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass eine Schutzberechtigung erteilt wird. Bei dieser lediglich abstrakten Prognoseentscheidung ist ma&#223;geblich, dass die Gesamtschutzquote &#252;ber 50 Prozent liegt und ihr eine hinreichende Aussagekraft zukommt, was eine relevante Anzahl von Antragsstellern voraussetzt. Im &#220;brigen wird auf die Antwort zu Frage 28 verwiesen.&#8220;</em></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Diese Antwort verbindet die in der Gesetzesbegr&#252;ndung genannten Alternativen zu einer insgesamt abstrakten Prognoseentscheidung, f&#252;r die ma&#223;geblich sein soll, dass die Gesamtschutzquote &#252;ber 50 Prozent liegt. Auf dieser Grundlage sowie der Entwurfsbegr&#252;ndung zu &#167;&#160;44 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz wird vertreten, dass ausschlie&#223;lich eine abstrakte Prognose und einzelfallunabh&#228;ngige Entscheidung anhand einer Gesamtschutzquote &#252;ber 50% zu treffen sei (vgl. VGH M&#252;nchen, Beschluss vom 21.2.2017, 19 CE 16.2204, vgl. die Einsch&#228;tzung der Bundesregierung zu der o.g. Anfrage, LSG NW, Beschluss vom 19.4.2018, L 9 AL 227/17). Diese sei nur bis zu einer Entscheidung des Bundesamtes heranzuziehen, denn dann liege eine Einzelfallw&#252;rdigung vor, die bei der Anwendung des &#167;&#160;44 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz grunds&#228;tzlich nicht zu pr&#252;fen sei (VGH M&#252;nchen aaO, dem folgend, LSG NW aaO; Buser, in Eicher/Schlegel, SGB III, Loseblatt, Stand 161. Erg&#228;nzungslieferung Mai 2018, &#167;&#160;132, Rn. 30).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Zweifel an dieser Operationalisierung sind daraus zu begr&#252;nden, dass damit die genannten Alternativen aus der Gesetzesbegr&#252;ndung nicht aussch&#246;pft sind. Wenn ein Land mit hoher Anerkennungsquote ein solches mit einer Gesamtschutzquote mit &#252;ber 50 Prozent ist und f&#252;r dies die alternativ genannte &#8222;belastbare Prognose f&#252;r einen erfolgreichen Asylantrag&#8220; gleichfalls ma&#223;geblich sein soll, tritt kein Unterschied in den in der Begr&#252;ndung genannten Alternativen f&#252;r einen rechtm&#228;&#223;igen und dauerhaften Aufenthalt (Land mit hoher Anerkennungsquote oder belastbare Prognose f&#252;r einen erfolgreichen Asylantrag) ein. Mit der Wahl des Wortes &#8222;oder&#8220; ist jedoch eine alternative, nicht eine kumulative Anbindung aufgenommen. Dies spricht nicht daf&#252;r, dass die abstrahierende Auslegung mit einer Gesamtschutzquote dem Regelungsgehalt der Vorschrift entspricht. Dagegen sprechen weiter Gr&#252;nde der Rechtssicherheit, insbesondere wenn sich die ma&#223;gebliche abstrahierende Einordnung allein nach zuf&#228;lligen Kriterien des Verwaltungsalltags &#8211; hier der stark schwankenden Anerkennungspraxis (dazu: Bienert, info also 2018, 104(108); kritisch auch: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21.2.2017&#160;&#8211; 19 CE 16.2204&#160;&#8211;, [juris] Rn. 29f. 34) bestimmt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Gegen eine abstrahierende normimmanente Gesamtschutzquote von 50% spricht bei selber Rechtslage die ab 1.7.2017 bis 31.12.2017 erfolgte Zuerkennung einer dauerhaften und rechtm&#228;&#223;igen Aufenthaltsperspektive durch das Bundesministerium f&#252;r Arbeit und Soziales f&#252;r Asylsuchende aus Afghanistan trotz Unterschreitens der Gesamtschutzquote. Diese lag im Jahr 2017 bei 44,7%; im Jahr 2018 bis Oktober lag die Gesamtschutzquote f&#252;r Erstentscheidungen zu Asylantr&#228;gen von Personen aus Afghanistan bei 38,9%. Der Unterschied in der Abweichung von 50% zu 44,7 % ist nicht wesentlich gr&#246;&#223;er als der von 44,7% zu 38,9 %. In der abstrahierenden Betrachtung der Gesamtschutzquote sind absolut mehr Asylbewerber nicht anerkannt worden als erfolgreich waren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>S&#228;he die Norm eine abstrakte Grenze von 50% vor, w&#228;re diese Gesetzesauslegung durch das BMAS aus dem 2. Halbjahr 2017, einen dauerhaften und rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt trotz Unterschreitens der Quote anzunehmen, in den Aussagegehalt eines kalkulierten Rechtsbruchs oder in eine Rechts&#228;nderung ohne Norm&#228;nderung ger&#252;ckt. Dies ginge zu weit. Das alleinige Abstellen auf eine bestimmte Gesamtschutzquote gr&#252;ndet die Rechtsanwendung auf eine nicht rechtsverbindliche administrative Gesetzesauslegung. Sie weist neben den Schutzquotenschwankungen den Schwachpunkt auf, dass es der Exekutive erm&#246;glicht ist, die Normanwendung so zu steuern, dass diametral unterschiedliche Ergebnisse resultieren, ohne den Wortlaut der Norm selbst zu &#228;ndern und damit ohne dass dies durch eine Entscheidung des Gesetzgebers mit getragen ist (kritisch wegen der Unsicherheit der Zielabw&#228;gung auch: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Februar 2017&#160;&#8211; 19 CE 16.2204&#160;&#8211;, [juris] Rn. 30). Dies ist bei einer Vorschrift, die einen Teilhabeanspruch normiert, aufgrund des Wesentlichkeitsgebots bedenklich. Die abstrahierende Auslegung f&#252;hrt lediglich zu einer Grobsteuerung der F&#246;rderungs- und Integrationsm&#246;glichkeiten. Jedenfalls wenn - wie hier - keine grobe L&#252;cke von Asylsuchenden und Asylanerkennungen besteht, w&#252;rden etwa 40% der berechtigt Schutzsuchenden per se aus der F&#246;rderf&#228;higkeit ausgenommen, obwohl ihr Schutzgesuch der Sache nach Erfolg hat und damit tats&#228;chlich eine gute Bleibeperspektive besteht. Diese Auslegung erscheint dem Senat in Bezug auf die in den Gesetzesmaterialien erkennbare F&#246;rderungsintention (vgl. Entwurf eines Integrationsgesetzes, BT-Drs. 18/8829, S. 1) und dem Fehlen einer dahingehenden gesetzlich bestimmten (abstrakten) Grenze bedenklich. Zwar steht au&#223;er Zweifel, dass der Gesetzgeber selbst eine ausdr&#252;ckliche derartige Regelung treffen kann. Daran fehlt es aber derzeit, jedenfalls angesichts der alternativen Beschreibung in der Gesetzesbegr&#252;ndung zu demselben Rechtsbegriff.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Bei der Auslegung des &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III ist im Sinne einer Sicherung des Normzwecks nicht allein abstrahierend mit Blick auf die Gesamtschutzquote vorzugehen. Auch vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots ist eine differenzierende Handhabung gefordert (Schmidt-De Caluwe, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/ Coseriu, Sozialgesetzbuch III, 6. Auflage 2016, &#167;&#160;132 Rn. 10; vgl. kritisch auch: Lehner: Gehen oder Bleiben, Der Gesetzgeber kann sich nicht entscheiden, www.verfassungsblog.de/gehen-oder-bleiben-der-gesetzgeber-kann-sich-nicht-entscheiden/ ).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Eine gute Bleibeperspektive besteht, wenn ex ante eine &#252;berwiegend wahrscheinliche Aussicht darauf besteht, dass die jeweilige Person den Status als Fl&#252;chtling (&#167;&#167;&#160;3 ff. Asylgesetz) oder einen subsidi&#228;ren Schutz iSd. &#167;&#160;4 Asylverfahrensgesetz erlangen wird (Schmidt-De Caluwe, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, Sozialgesetzbuch III, 6. Auflage 2016, &#167;&#160;132 Rn. 8). Die Prognose eines erfolgreichen Asylantrags im Sinne des &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III ist nicht ausschlie&#223;lich auf die Anerkennung einer Asylberechtigung im Sinne des Art. 16a GG zu beziehen. Ein positiver Bescheid ergeht nach Verst&#228;ndnis des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge auch bei der Zuerkennung des Fl&#252;chtlingsschutzes nach &#167;&#160;3 Asylgesetz, der Zuerkennung des subsidi&#228;ren Schutzes, &#167;&#160;4 und der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach &#167;&#160;60 Abs. V und VII Aufenthaltsgesetz (http://www.bamf.de/DE/Fluechtlingsschutz/AblaufAsylv/Entscheidung/entscheidung-node.html). Allen vier Konstellationen ist gemeinsam, dass von einem l&#228;ngerfristigen Aufenthalt in Deutschland f&#252;r den jeweiligen Adressaten auszugehen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Die Alternative in der Gesetzesbegr&#252;ndung f&#252;r die Annahme eines rechtm&#228;&#223;igen und dauerhaften Aufenthalts aus &#167;&#160;44 Abs. 4 S. 2 Aufenthaltsgesetz, neben der Gesamtschutzquote auf eine belastbare Prognose f&#252;r einen erfolgreichen Asylantrag anzukn&#252;pfen, bietet daneben Raum, neben der schematischen abstrahierenden Entscheidung die Einzelfallumst&#228;nde f&#252;r den dauerhaften und rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt einzustellen (dahingehend auch: SG Leipzig, Beschluss vom 06. Dezember 2018&#160;&#8211; S 1 AL 232/18 [juris] Rn,50; erw&#228;gend, aber im Einzelfall ablehnend: LSG NW, Beschluss vom 19.4.2018, L 9 AL 2018 Rn. 14, [juris]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>In systematischer und teleologischer Auslegung ist &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III im Hinblick auf &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III einschr&#228;nkend auszulegen (dahingehend wegen der &#196;nderung im &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III f&#252;r einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe f&#252;r Geduldete nach Voraufenthaltsdauer auch: Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 04/17, &#167;&#160;132 SGB III&#160;Rn. 10). Aus dem einschr&#228;nkend ausgelegten &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III ergibt sich f&#252;r die Auslegung der Begriffe rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt im &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III, dass auch Gestattete mit den entsprechenden Voraussetzungen f&#252;r eine Duldung eine F&#246;rderung durch Berufsausbildungsbeihilfe beanspruchen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>In der Behandlung der Ausl&#228;nder nach &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III und &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III ergibt sich im Vergleich zu &#167;&#160;59 SGB III ein Wertungswiderspruch. Geduldete Ausl&#228;nder (&#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz) mit st&#228;ndigem Wohnsitz im Inland werden w&#228;hrend einer betrieblich durchgef&#252;hrten Berufsausbildung gef&#246;rdert, wenn sie sich seit mindestens 15 Monaten ununterbrochen rechtm&#228;&#223;ig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten, &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>&#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III trifft demgegen&#252;ber f&#252;r denselben Personenkreis strengere F&#246;rdervoraussetzungen. &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III schlie&#223;t geduldete Ausl&#228;nder zum f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis ein, wenn sie sich &#8211; auch f&#252;r Berufsausbildungsbeihilfe - mindestens 6 Jahre ununterbrochen rechtm&#228;&#223;ig gestattet oder geduldet aufhalten. Die Norm privilegiert insoweit nicht, so dass Geduldete Leistungen unver&#228;ndert wie bisher auf Grundlage von &#167;&#160;59 Abs. 3 SGB III erhalten k&#246;nnen (vgl. Schmidt-De Caluwe, SGB III, 6. Auflage 2016, &#167;&#160;132 Rn. 18; Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 04/17, &#167;&#160;132 SGB III, Rn. 10). Ein Anwendungsvorrang als Spezialnorm ist &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III allein aus seiner Norm&#252;berschrift nicht zuzubilligen. Sowohl &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III als auch &#167;&#160;59 Abs. 3 SGB III treffen je bereits eine ausdr&#252;ckliche Spezialregelung (zu &#167;&#160;60a Aufenthaltsgesetz) mit einander widersprechendem Aussagegehalt. Nachdem der Gesetzgeber mit der Regelung des &#167;&#160;132 SGB III die Eingliederung von insbesondere jungen Ausl&#228;nderinnen und Ausl&#228;ndern in den Arbeitsmarkt durch fr&#252;hzeitige Unterst&#252;tzung einer Berufsausbildung f&#246;rdern wollte, ist &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III f&#252;r den bereits von &#167;&#160;59 Abs. 3 SGB III erfassten Personenkreis in dessen Anwendungsbereich insoweit einschr&#228;nkend auszulegen und damit der Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nach &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III er&#246;ffnet (vgl. Schmidt-De Caluwe, SGB III, 6. Auflage 2016, &#167;&#160;132 Rn. 18).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p>Ein dauerhafter Aufenthalt im Sinne des &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III ist auch dann anzunehmen, wenn die F&#246;rdervoraussetzungen des &#167;&#160;59 Abs. 2 SGB III entsprechend erf&#252;llt sind. Der unterschiedliche Status der Ausl&#228;nder steht der Bezugnahme auf einen dauerhaften Aufenthalt nicht zwingend entgegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Wenn geduldete Ausl&#228;nder, deren Ausreisepflicht besteht, nach 15 Monaten Voraufenthalt und Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung die F&#246;rdervoraussetzungen f&#252;r Berufsausbildungsbeihilfe erf&#252;llen k&#246;nnen, kann gestatteten Ausl&#228;ndern, deren Ausreisepflicht noch nicht besteht, beim Vorliegen derselben Umst&#228;nde Berufsausbildungsbeihilfe nicht mit dem Argument versagt werden, ein rechtm&#228;&#223;iger und dauerhafter Aufenthalt sei nicht zu erwarten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p>Sie haben beim Absolvieren einer qualifizierten Berufsausbildung und dem Fehlen von anderweitigen abschiebungsrelevanten Faktoren (z.B. Straftaten) dieselbe zeitliche Aufenthaltsperspektive. Zwischen der Behandlung von Ausl&#228;ndern nach &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III und den Ausl&#228;ndern nach &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III in der Gestalt einer einschr&#228;nkenden Auslegung kommt es bei allein abstrahierender Auslegung der Vorschrift des &#167; 132 Abs. 1 SGB III zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>Bei unverz&#252;glicher R&#252;cknahme seines Asylantrags w&#252;rde der Antragsteller nach &#167;&#160;132 Abs. 1 SGB III nahtlos dem Duldungspersonenkreis unterfallen und die beantragte Berufsausbildungsbeihilfe erhalten k&#246;nnen. Noch nicht beschiedene in betrieblicher Ausbildung stehende Asylbewerber stehen schlechter als Geduldete, die auf weitere Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens durch R&#252;cknahme verzichten oder deren Antr&#228;ge abschlie&#223;end negativ beschieden sind. Diese Folge steht wiederum mit der F&#246;rderungsintention in gewissem Konflikt. Es ist nicht folgerichtig, denjenigen mit besseren F&#246;rdervoraussetzungen zu versehen, der &#252;ber eine weniger kr&#228;ftige Rechtsposition verf&#252;gt (Geduldete mit Ausreispflicht und Aussetzung der Abschiebung), als denjenigen der diese Feststellung noch nicht zu seinen Lasten erhalten hat (Gestattete), wenn es in beiden Konstellationen um F&#246;rderung, eine Integrationsperspektive und dauerhaften Aufenthalt geht. Die Aussch&#246;pfung des Rechtswegs ist ein legitimes Mittel, dem auch angesichts der Gesamtschutzquote von &#252;ber 38% nicht jegliche Aussicht abgesprochen werden kann. Die mit dem Entwurf des Integrationsgesetzes beabsichtigte L&#246;sung wollte den Bedarf einer Vielzahl von Fachkr&#228;ften durch die nach Deutschland kommenden Menschen teilweise abdecken, wobei sowohl die Gesellschaft als auch die Arbeitsm&#228;rkte der Herkunftsl&#228;nder im Falle einer R&#252;ckkehr von in Deutschland erworbenen Qualifikationen profitierten (Entwurf des Integrationsgesetzes, BT-Drs. 18/8829, S. 1).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Die Einordnung, die gute Bleibeperspektive folge nicht daraus, dass bei rechtskr&#228;ftiger Ablehnung des Asylantrags Ausbildungsduldung nach &#167;&#160;60a Abs. 2 S. 4 Aufenthaltsgesetz beantragt werden kann, denn diese vermittele keinen rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt, sondern sei eine vorr&#252;bergehende Aussetzung der Abschiebung (Bienert, info also 2018, 104, 108) setzt eine gute Bleibeperspektive mit einem rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt gleich. Diese Auffassung argumentiert formal. Auch bei einer Pflicht zur Ausreise kann dennoch eine gute Bleibeperspektive bestehen (dahingehend auch Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 11/18, &#167;&#160;59 SGB III Rn. 26, der bei Geduldeten einen bereits seit l&#228;ngerem rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt im Inland sieht, wenn die dort genannt Aufenthaltsdauer erf&#252;llt ist; kritisch: Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drs. 18/8829, S. 23 1. Absatz: &#8222;offenkundig dauerhafte Aufenthaltsperspektive&#8220;). Die gute Bleibeperspektive ergibt sich nicht allein aus dem rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt, sondern auch aus der rechtm&#228;&#223;ig erteilten Duldung bzw. dem Anspruch auf eine Duldung. Die Duldung verhindert die Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung. Sie f&#252;hrt f&#252;r die Ausbildungsdauer zu einer bestimmten zeitlichen Bleibeperspektive, die der Gesetzgeber als f&#246;rderungsw&#252;rdig qualifiziert hat. Soweit die Voraussetzungen f&#252;r eine derartige Bleibeperspektive wie hier entsprechend vorliegen, kann die F&#246;rderung Gestatteter nicht mit dem Argument des Fehlens einer guten Bleibeperspektive abgelehnt werden. Die integrative Zielsetzung der zeitlichen F&#246;rderperspektive ist dieselbe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Neben der Dauer aufgrund der Ausbildungsperspektive f&#252;hren weitere Aspekte zu Auswirkungen auf die Bleibeperspektive, die eine abstrahierende Betrachtung einer Gesamtschutzquote nicht sachgerecht ber&#252;cksichtigen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Die Innenministerkonferenz vom 30.11.2018 besch&#228;ftigte sich mit Fragen der Verl&#228;ngerung eines Abschiebestopps, wobei sich der Verhandlungsf&#252;hrer der &#8222;A-L&#228;nder&#8220; gegen Versch&#228;rfungen bei Abschiebungen nach Afghanistan aussprach (https://www.deutschlandfunk.de/innenminister-konferenz-pistorius-schliesst-abschiebungen.1939.de.html?drn:news_id=950903) und hierzu im Deutschlandfunk eine Verschlechterung der Lage in Afghanistan konstatierte (https://www.deutschlandfunk.de/innenministerkonferenz-pistorius-spd-keine-abschiebungen.694.de.html?dram:article_id=434510). Die derzeitige Reisewarnung des Ausw&#228;rtigen Amtes f&#252;r Afghanistan lautet:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong><em>&#8222;Vor Reisen nach Afghanistan wird gewarnt.</em></strong><br><em>Wer dennoch reist, muss sich der Gef&#228;hrdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte einschlie&#223;lich Entf&#252;hrungen bewusst sein. Auch bei von professionellen Reiseveranstaltern organisierte Einzel- oder Gruppenreisen besteht unverminderte Gefahr, Opfer einer Gewalttat oder einer Entf&#252;hrung zu werden.</em><br><em>F&#252;r zwingend notwendige Reisen nach Afghanistan gilt: Der Aufenthalt in weiten Teilen des Landes bleibt gef&#228;hrlich. Jeder l&#228;ngerfristige Aufenthalt ist mit zus&#228;tzlichen Risiken behaftet. Bereits bei der Planung des Aufenthaltes sollten die Sicherheitslage und die daraus resultierenden Bewegungseinschr&#228;nkungen beachtet werden. Zudem sollte der Aufenthalt auf der Basis eines tragf&#228;higen professionellen Sicherheitskonzepts durchgef&#252;hrt werden.</em></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><em>Krisenvorsorgeliste</em><br><strong><em>Es wird dringend dazu geraten, sich bei Reisen nach Afghanistan schon vor Abreise in die </em></strong><em>Krisenvorsorgeliste</em><strong><em> einzutragen.</em></strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><em>Sicherheitslage</em><br><em>Wegen immer wieder und in vielen Landesteilen aufflammender K&#228;mpfe zwischen afghanischen Sicherheitskr&#228;ften und vor allem den Taliban, aber auch dem regionalen Ableger des sogenannten Islamischen Staats, ist die Sicherheitslage in gro&#223;en Teilen des Landes un&#252;bersichtlich und nicht vorhersehbar. Reisende k&#246;nnen daher jederzeit und ohne selbst beteiligt zu sein in lebensbedrohende Situationen geraten. Au&#223;erdem kann es landesweit zu Attentaten, &#220;berf&#228;llen, Entf&#252;hrungen und anderen Gewaltverbrechen kommen.&#8220;</em></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>Die politische Diskussion &#252;ber eine Korrektur der F&#246;rderl&#252;cke bei Ausl&#228;ndern (vgl. Antrag der FDP-Fraktion, BT-Drs. 19/2691, S. 2), sowie &#252;ber Abschiebestopps nach Afghanistan, die Einschr&#228;nkung von Abschiebungen f&#252;r Gewaltt&#228;ter sowie die regierungsamtliche Einsch&#228;tzung des Ausw&#228;rtigen Amtes sprechen nicht daf&#252;r, dass auch beim Entfall des Duldungsgrundes der qualifizierten Ausbildung eine stringente R&#252;ckf&#252;hrung ausreisepflichtiger Personen derzeit zu erwarten steht. Davon abgesehen besteht auf die Erteilung der Duldung bei Aufnahme der qualifizierten Berufsausbildung ein Rechtsanspruch, wobei keine konkreten Ma&#223;nahmen der Aufenthaltsbeendung bevorstehen d&#252;rfen. Letzteres entspricht der der Zielsetzung, den Vorrang aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen nicht in Frage zu stellen (Kluth/Breidenbach, BeckOK Ausl&#228;nderrecht, &#167;&#160;60a Rn. 27). Daf&#252;r ist hier nichts ersichtlich. Fehlen konkret aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen, f&#252;hrt die Duldung bei vorgesehenem Ausbildungsgang zu einem Aufenthalt f&#252;r den Zeitraum der zwei- bzw. dreij&#228;hrigen Ausbildung. Die limitierte Ausbildungsdauer ist damit kein entscheidender Gesichtspunkt, der der Bejahung einer Dauerhaftigkeit des Aufenthalts bzw. der guten Bleibeperspektive entgegensteht. Die Bedenken des Bundesrats zur der Modifizierung des &#167; 60a Aufenthaltsgesetz, anstelle dieser &#8222;offenkundig dauerhafte(n) Aufenthaltsperspektive&#8220; eine Aufenthaltserlaubnis &#8222;auf Probe&#8220; zu erw&#228;gen (kritisch: Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drs. 18/8829, S. 23 1. Absatz), hat der Gesetzgeber im Ergebnis nicht aufgenommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>Die unterschiedliche Regelung zwischen geduldeten und gestatteten Ausl&#228;ndern gibt in Bezug auf die Aufenthaltsperspektive keine belastbare Differenzierung aus dem Gesetzestext wieder. Neben der unterschiedlichen Ankn&#252;pfung an die Voraufenthaltsdauer in &#167;&#160;59 SGB III und &#167;&#160;132 SGB III an einen Zeitraum der Vergangenheit ist nicht ber&#252;cksichtigt, ob die prognostische Entwicklung in Bezug auf den in der Zukunft folgenden Aufenthalt damit in Einklang steht. So sind unterschiedliche Zeitr&#228;ume f&#252;r eine Duldung denkbar, die von kurzfristigen bis zu l&#228;ngeren Zeitr&#228;umen, insbesondere in Konstellationen des &#167;&#160;60a Abs. 2 S. 1 Alt. 2 Aufenthaltsgesetz i.V. mit &#167;&#160;60 Abs. 1-5 und Abs. 7 Aufenthaltsgesetz gehen. Damit ist es m&#246;glich, dass in F&#228;llen l&#228;ngeren genannten Voraufenthalts etwa im Sinne des &#167;&#160;132 Abs. 2 SGB III die Gr&#252;nde f&#252;r die urspr&#252;nglich erteilten vorangegangenen Duldungen wegfallen und der Anspruch aus &#167;&#160;60a Abs. 2 S. 4 Aufenthaltsgesetz verbliebe. Der Antragsteller w&#228;re in diesem Fall trotzdem vom f&#246;rderungsf&#228;higen Personenkreis umfasst, obwohl der aus dem Abschluss des qualifizierten Ausbildungsbetrags herr&#252;hrende Duldungsanspruch zeitlich beschr&#228;nkt ist, etwa im Hinblick auf Abbruch sowie vorzeitigen Abbruch des Ausbildungsverh&#228;ltnisses &#167;&#160;60a Abs. 2 S. 9, 10 Aufenthaltsgesetz, und nur eine eingeschr&#228;nkte Gewissheit &#252;ber ihren Bestand mit sich bringt. Die hieraus abzuleitende belastbare Bleibeperspektive ist im Ergebnis nur beschr&#228;nkt dauerhaft. Wenn sie jedoch auf der einen Seite F&#246;rderung erm&#246;glicht, kann dies auf der anderen Seite, wenn in vergleichbaren Rahmenbedingungen noch gerichtlicher Rechtsschutz nachgesucht wird, nicht zu einem Ausschlu&#223; der F&#246;rderung f&#252;hren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_62">62</a></dt> <dd><p>Der hierzu erhobene Widerspruch, dass wenn die Aussicht auf eine Ausbildungsduldung und ggf. anschlie&#223;ende Aufenthaltserlaubnis nach &#167;&#160;18a Abs. 1a Aufenthaltsgesetz eine gute Bleibeperspektive im Sinne &#167;&#160;132 Abs. 1 Nr. 2 SGB III vermitteln w&#252;rde, die dort geregelte Voraussetzung &#252;berfl&#252;ssig w&#228;re, weil jeder Ausl&#228;nder sie mit der Aufnahme einer Ausbildung erf&#252;llen w&#252;rde, beruht letztlich auf einer nicht ganz konsistenten Abstimmung der gesetzlichen Bestimmungen. Diese im Wege der Administrativauslegung zu schlie&#223;en ist nicht Aufgabe der Exekutive, sondern des Gesetzgebers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_63">63</a></dt> <dd><p>Im Sinne einer Folgenabw&#228;gung ist dem Antragsteller die Berufsausbildungsbeihilfe zu gew&#228;hren. Beim Fehlen einer h&#246;chstrichterlichen Entscheidung ist aufgrund der Wertungswiderspr&#252;che in den gesetzlichen Vorschriften kein eindeutiger Ausschluss einer F&#246;rderung festzumachen. Der Anspruch des Antragstellers ist in summarischer Pr&#252;fung nicht offensichtlich ausgeschlossen. Die Folgenabw&#228;gung f&#228;llt zugunsten des Antragstellers aus. Der Antragsteller w&#228;re als Ungelernter schlechter in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbst am Arbeitsmarkt zu erwirtschaften. Bei einem unabsehbaren Abschluss des Asylverfahrens erscheint es sinnvoll, die Zeit f&#252;r eine Qualifizierung des Antragstellers zu nutzen und nicht bis zum Abschluss des Asylverfahrens hinauszuz&#246;gern. Die Interessen der Antragsgegnerin &#252;berwiegen dies nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_64">64</a></dt> <dd><p>Ein Anordnungsgrund besteht aufgrund der Unterfinanzierung der Bedarfsdeckung des Antragstellers, der ohne Berufsausbildungsbeihilfe ohne fremde Hilfe seine Ausbildung nicht fortsetzen k&#246;nnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_65">65</a></dt> <dd><p>Der hilfsweise gestellte Vollstreckungsschutzantrag ist nach &#167;&#160;199 Abs. 1 Nr. 2 SGG in Verbindung mit &#167;&#160;199 Abs. 2 S. 1 und 2 SGG erfolglos. Anlass f&#252;r eine Aussetzung der Vollstreckung vor Entscheidung &#252;ber die Beschwerde durch den Vorsitzenden bestand- weil der Antrag nur als Hilfsantrag gestellt war- nicht. Der Senat sieht in seiner vollen Besetzung unbeschadet der Zust&#228;ndigkeitsfrage keinen Anlass f&#252;r eine Aussetzung der Vollstreckung. Die Entscheidung ergeht als Ermessensentscheidung und unter Ber&#252;cksichtigung des Umstands, dass bei existenzsichernden Leistungen eine Aussetzung in der Regel nicht in Betracht kommt (vgl. Gro&#223;, in: L&#252;dtke/Berchtold, SGG, 5. Auflage 2016 &#167;&#160;199 Rn. 14).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_66">66</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend &#167;&#160;193 Abs. 1 Satz 1 SGG dem Ausgang des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_67">67</a></dt> <dd><p>Diese Entscheidung ist unanfechtbar (&#167;&#160;177 SGG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
161,408
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4 A 194/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T06:59:18
2019-01-17T12:06:24
Urteil
ECLI:DE:VGSH:2018:1219.4A194.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung der Beklagten vom 20.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 wird aufgehoben, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens. Die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110&#160;% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Kl&#228;ger Sicherheit in H&#246;he von 110&#160;% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger wendet sich im vorliegenden Verfahren gegen eine Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung der Beklagten, soweit die Beklagte mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Mit Bescheiden vom 04.10.2013, 01.12.2013 und 01.03.2014 setzte der Beigeladene gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger f&#252;r den Zeitraum von April 2013 bis einschlie&#223;lich Februar 2014 Rundfunkbeitr&#228;ge und S&#228;umniszuschl&#228;ge in H&#246;he von insgesamt 203,80 &#8364; fest. Der Kl&#228;ger zahlte diesen Betrag nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Unter dem 02.01.2015 sandte der Beigeladene dem Kl&#228;ger ein mit &#8222;Mahnung&#8220; &#252;berschriebenes Schreiben, in dem er dem Kl&#228;ger mitteilte, dass dieser seine Forderungen bislang nicht beglichen habe. Das Beitragskonto des Kl&#228;gers weise einen Gesamtr&#252;ckstand von 370,62&#160;&#8364; auf. Um weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen, g&#228;be er dem Kl&#228;ger nochmals Gelegenheit, bis zum 16.01.2015 den Mahnbetrag in H&#246;he von 208,80&#160;&#8364; auszugleichen. Der Mahnbetrag errechne sich aus den festgesetzten Betr&#228;gen der aufgef&#252;hrten Geb&#252;hren-/Beitragsbescheide. Das Schreiben endet mit der Gru&#223;formel:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#8222;Mit freundlichen Gr&#252;&#223;en</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">... &#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Unter der Gru&#223;formel ist die folgende Tabelle abgedruckt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><img src="/jportal/docs/anlage//r/bilder/ovgnw/mwre190000155/bild1.jpg" class="docLayoutGraphicScale" alt="Abbildung" title="Abbildung" style="margin-top: 3px;"><a target="_blank" class="Overl" title="&#246;ffnet in neuem Fenster"><br><span>Abbildung in Originalgr&#246;&#223;e in neuem Fenster &#246;ffnen</span></a></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger zahlte auch nach Erhalt der Mahnung den genannten Mahnbetrag nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Beigeladene richtete am 03.07.2017 ein Vollstreckungsersuchen &#252;ber einen Betrag in H&#246;he von 172,84&#160;&#8364; an die Beklagte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 02.08.2017 &#252;bersandte die Beklagte dem Kl&#228;ger eine Vollstreckungsank&#252;ndigung mit Forderungsaufstellung. Die Beklagte forderte den Kl&#228;ger darin auf, den Gesamtr&#252;ckstand in H&#246;he von 172,84&#160;&#8364; bis zum 14.08.2017 zu zahlen. Sollte der Kl&#228;ger die Frist nicht einhalten, sei sie gezwungen, den Schuldbetrag im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreiben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Entsprechend der Forderungsaufstellung setzt sich der Betrag in H&#246;he von 172,84&#160;&#8364; aus noch zu zahlenden Rundfunkbeitr&#228;gen entsprechend der Bescheide vom 04.10.2013, 01.12.2013 und 01.03.2014 in H&#246;he von insgesamt 151,84&#160;&#8364;, S&#228;umniszuschl&#228;ge in H&#246;he von 16,00&#160;&#8364; sowie 5,00&#160;&#8364; Mahngeb&#252;hren gem&#228;&#223; der Mahnung vom 02.01.2015 zusammen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Eine Zahlung des genannten Betrages durch den Kl&#228;ger erfolgte nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mit an die &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; gerichteter Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung vom 12.04.2018 ordnete die Beklagte die &#8222;Einziehung und &#220;berweisung der gepf&#228;ndeten Forderung&#8220; an. Die Beklagte f&#252;hrte aus, der Kl&#228;ger schulde einen Gesamtbetrag in H&#246;he von 199,95&#160;&#8364;, den sie als Vollstreckungsbeh&#246;rde beizutreiben habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Entsprechend der Zustellungsurkunde hat der Zusteller die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung am 13.04.2018 einer Mitarbeiterin der &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#252;bergeben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Beklagte &#252;bersandte dem Kl&#228;ger unter dem 20.04.2018 eine Ausfertigung der Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung f&#252;r den Schuldner. Darin hei&#223;t es:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><img src="/jportal/docs/anlage//r/bilder/ovgnw/mwre190000155/bild2.jpg" class="docLayoutGraphicScale" alt="Abbildung" title="Abbildung" style="margin-top: 3px;"><a target="_blank" class="Overl" title="&#246;ffnet in neuem Fenster"><br><span>Abbildung in Originalgr&#246;&#223;e in neuem Fenster &#246;ffnen</span></a></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>In der Anlage zur Forderungspf&#228;ndung ist die folgende Forderungsaufstellung enthalten:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><img src="/jportal/docs/anlage//r/bilder/ovgnw/mwre190000155/bild3.jpg" class="docLayoutGraphicScale" alt="Abbildung" title="Abbildung" style="margin-top: 3px;"><a target="_blank" class="Overl" title="&#246;ffnet in neuem Fenster"><br><span>Abbildung in Originalgr&#246;&#223;e in neuem Fenster &#246;ffnen</span></a></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 27.04.2018 legte der Kl&#228;ger Widerspruch gegen die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung ein. Zur Begr&#252;ndung trug er vor:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Soweit in der Forderungsaufstellung Mahngeb&#252;hren enthalten seien, versto&#223;e dies gegen &#167;&#160;262 Abs.&#160;1&#160;LVwG. Diese Regelung schreibe vor, dass der Tr&#228;ger der &#246;ffentlichen Verwaltung auf der Grundlage eines Gesetzes berechtigt sein m&#252;sse, die von ihm geltend gemachte Geldforderung erheben zu d&#252;rfen. Dies sei nicht der Fall. F&#252;r den Beigeladenen g&#228;be es keine gesetzliche Grundlage, Mahngeb&#252;hren zu fordern. Eine gesetzlich nicht existierende Geldforderung d&#252;rfe nicht vollstreckt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Au&#223;erdem l&#228;ge kein Leistungsbescheid im Sinne des &#167;&#160;269 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1&#160;LVwG, durch den der Kl&#228;ger zu Leistung von Mahngeb&#252;hren aufgefordert worden sei, vor. Dies ergebe sich schon aus der Tabelle zur Forderungsaufstellung der Beklagten, in der f&#252;r die Mahngeb&#252;hr kein Bescheid genannt sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 14.05.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Kl&#228;gers zur&#252;ck. Zur Begr&#252;ndung trug sie vor:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Der Beigeladene habe mit dem Vollstreckungsersuchen festgestellt, dass die Voraussetzungen f&#252;r die Zwangsvollstreckung erf&#252;llt seien. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;269 Abs.&#160;5&#160;LVwG trage der Vollstreckungsgl&#228;ubiger die Verantwortung daf&#252;r, dass die Voraussetzungen der Abs.&#160;1-4 vorl&#228;gen. Sie habe keinen Zweifel am ordnungsgem&#228;&#223;en Zugang der Festsetzungsbescheide und Mahnungen, an der Erhebung von Mahngeb&#252;hren durch den Beigeladenen und deren Ausweis im Festsetzungsbescheid des Vollstreckungsgl&#228;ubigers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat am 28.05.2018 Klage bei dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung seiner Klage tr&#228;gt er erg&#228;nzend zu den Ausf&#252;hrungen im Widerspruchsverfahren vor:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der Beigeladene nehme keine Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren vor, da er keine Vollstreckungsbeh&#246;rde im Sinne des &#167;&#160;263&#160;LVwG sei. Daher k&#246;nne er keine diesbez&#252;glichen Kosten fordern. Er k&#246;nne sich nicht auf &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 der Landesverordnung Schleswig-Holstein &#252;ber die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren berufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Ein Bescheid vom 02.01.2015 existiere nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung vom 20.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 aufzuheben, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung tr&#228;gt sie erg&#228;nzend zu Ihren Ausf&#252;hrungen im Verwaltungsverfahren vor:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Es k&#246;nne dahinstehen, ob die Mahngeb&#252;hren in einem Leistungsbescheid vom Beigeladenen festgesetzt worden seien. Die Mahngeb&#252;hren stellten eine Nebenforderung dar, die sofort f&#228;llig und ohne besonderen Verwaltungsakt mit den festgesetzten Rundfunkgeb&#252;hren beigetrieben werden k&#246;nne, &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 VVKVO (analog). F&#252;r eine zumindest analoge Anwendung spreche, dass im 15. Rundfunk&#228;nderungsstaatsvertrag eine entsprechende Regelung hinsichtlich der Nebenforderung Mahngeb&#252;hren planwidrig fehle.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Auch die Entscheidung des OVG L&#252;neburg vom 20.11.2017, Az.: 4&#160;ME&#160;285/&#8203;17, st&#252;tze ihre Rechtsauffassung, wonach nur die Hauptforderung als Verwaltungsakt qualifiziert werden m&#252;sse.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Der Beigeladene tr&#228;gt vor:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Die Rechtsgrundlage f&#252;r die Erhebung und Vollstreckung von Mahngeb&#252;hren lasse sich &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 der Landesverordnung Schleswig-Holstein &#252;ber die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren entnehmen. Er habe bei Erlass der Festsetzungsbescheide als Verwaltungsbeh&#246;rde gehandelt. Er sei deshalb zur Festsetzung von Mahngeb&#252;hren berechtigt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 01.08.2018 hat die Berichterstatterin als Einzelrichterin in dem Verfahren 4&#160;B&#160;46/18 einem unter dem 02.05.2018 gestellten Eilantrag stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage im vorliegenden Verfahren gegen die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gungen der Beklagten vom 20.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 angeordnet, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Akte der Beklagten zum Verwaltungsvorgang verwiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Die zul&#228;ssige Klage ist begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung vom 20.04.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden, &#167;&#160;113 Abs.&#160;1 Satz&#160;1&#160;VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Die Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung der Beklagten findet ihre rechtliche Grundlage in den &#167;&#167;&#160;262&#160;ff., 300, 306&#160;LVwG. Danach hat die Vollstreckungsbeh&#246;rde, die eine Geldforderung pf&#228;ndet&#160;&#8211; bei Vorliegen der in den &#167;&#167;&#160;262&#160;ff. LVwG genannten allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen&#160;&#8211; der Drittschuldnerin schriftlich zu verbieten, an den jeweiligen Vollstreckungsschuldner zu zahlen, und dem Vollstreckungsschuldner schriftlich zu gebieten, sich jeder Verf&#252;gung &#252;ber die Forderung zu enthalten sowie dem Vollstreckungsgl&#228;ubiger die gepf&#228;ndete Forderung zur Einziehung zu &#252;berweisen (&#167;&#167;&#160;300 Abs.&#160;1 Satz&#160;1, 306 Abs.&#160;1 Satz&#160;1&#160;LVwG). Dies hat, wie die &#167;&#167;&#160;300, 306&#160;LVwG voraussetzen, durch Erlass einer Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung zu geschehen, die in st&#228;ndiger Rechtsprechung der Kammer als Verwaltungsakt im Sinne des &#167;&#160;106 Abs.&#160;1&#160;LVwG zu qualifizieren ist (vgl. insoweit beispielhaft VG Schleswig, Beschluss vom 23.03.2017, Az.: 4&#160;B&#160;38/17, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Die formell rechtm&#228;&#223;ige Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung ist materiell rechtswidrig, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Die rechtm&#228;&#223;ige Vollstreckung &#246;ffentlich-rechtlicher Geldforderungen, zu denen beispielsweise Geb&#252;hren z&#228;hlen, setzt grunds&#228;tzlich unter Anderem voraus, dass die in &#167;&#160;269 Abs.&#160;1&#160;LVwG genannten Voraussetzungen vorliegen. Das bedeutet, nur soweit die dort genannten Voraussetzungen gegeben sind, ist die Vollstreckungsbeh&#246;rde berechtigt, &#246;ffentlich-rechtliche Geldforderungen beizutreiben. Dementsprechend h&#228;ngt die Rechtm&#228;&#223;igkeit der konkreten Vollstreckungsma&#223;nahme unter anderem davon ab, dass der Schuldner vor Beginn der Vollstreckung durch einen Verwaltungsakt zur Leistung des geschuldeten Betrages aufgefordert worden ist, vgl. &#167;&#160;269 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;1&#160;LVwG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Etwas anderes gilt allerdings hinsichtlich der f&#252;r Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren angefallenen Kosten. F&#252;r diese Kosten enth&#228;lt &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 der auf der gesetzlichen Erm&#228;chtigung nach &#167;&#167;&#160;322 Abs.&#160;2 Satz&#160;1, 249&#160;LVwG beruhenden Landesverordnung &#252;ber die Kosten im Vollzugs- und Vollstreckungsverfahren (im Folgenden VVKVO) eine Sonderreglung. Danach werden die f&#252;r Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren festgesetzten Kosten zusammen mit der Hauptforderung beigetrieben, &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;4 i.V.m. &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 VVKVO. &#167; 25 Abs. 2 Satz 1 VVKVO regelt, dass die Kosten f&#252;r Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren zusammen mit der Vornahme der Amtshandlung festgesetzt werden und die Mahngeb&#252;hr im Mahnschreiben festzusetzen ist. Zu den Kosten im genannten Sinne k&#246;nnen insoweit auch Mahngeb&#252;hren z&#228;hlen, da die Mahnung gem&#228;&#223; &#167;&#160;12 Nr.&#160;1 VVKVO eine geb&#252;hrenpflichtige Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren darstellen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Es ist im vorliegenden Fall fraglich, ob die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Vollstreckung der Mahngeb&#252;hren in der streitgegenst&#228;ndlichen Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung an &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;4 VVKVO zu messen ist oder ob sich diese hier nach den allgemeinen Regelungen der &#167;&#167;&#160;262&#160;ff. LVwG, insbesondere &#167;&#160;269 Abs.&#160;1&#160;LVwG richtet. Zweifel an der Anwendbarkeit von &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 VVKVO auf die vom Beigeladenen geforderten Mahngeb&#252;hren sind hier vom Kl&#228;ger ge&#228;u&#223;ert worden. Vor dem Hintergrund, dass nicht die Beklagte als Vollstreckungsbeh&#246;rde die Mahnung verfasst hat, lassen sich Bedenken, ob damit eine geb&#252;hrenpflichtige Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren im Sinne des &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;4, Satz&#160;1 VVKVO i.V.m. &#167;&#160;12 Nr.&#160;1 VVKVO vorgenommen wurde, nicht g&#228;nzlich von der Hand weisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Diese Frage kann im vorliegenden Verfahren im Ergebnis offen bleiben. Denn sowohl &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;4 VVKVO also auch die &#167;&#167;&#160;262&#160;ff. LVwG, insbesondere &#167;&#160;269 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;1&#160;LVwG erfordern f&#252;r die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Vollstreckungsma&#223;nahme&#160;&#8211; hier der streitgegenst&#228;ndlichen Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung, soweit mit dieser Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; vollstreckt werden&#160;&#8211;, dass ein Verwaltungsakt vorliegt, mit dem die Mahngeb&#252;hren festgesetzt wurden bzw. der Vollstreckungsschuldner zur Leistung eines Geldbetrages aufgefordert wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Dem steht die von der Beklagten ins Feld gef&#252;hrte Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts L&#252;neburg nicht entgegenstehen (vgl. OVG L&#252;neburg, Beschluss vom 20.11.2017, Az.: 4&#160;ME&#160;285/17, juris). Denn diese Entscheidung ist zum nieders&#228;chsischen Landesrecht ergangen<em>. </em>Das nieders&#228;chsische Verwaltungsvollstreckungsgesetz (NVwVG) macht im Gegensatz zu &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;4 VVKVO die Festsetzung von im Vollstreckungsverfahren entstandenen Kosten gerade nicht zur Voraussetzung f&#252;r deren Beitreibung. Vielmehr regelt &#167;&#160;67 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 NVwVG, dass die Kostenschuld ohne besonderen Leistungsbescheid mit der Hauptleistung beigetrieben werden kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Eine entsprechende Festsetzung von bzw. ein Leistungsbescheid &#252;ber 5,00&#160;&#8364; Mahngeb&#252;hren liegt hier nicht vor. Ein solcher kann nach Auffassung der Kammer insbesondere nicht in dem Mahnschreiben vom 02.01.2015 erkannt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Ein Verwaltungsakt im Sinne des &#167;&#160;106 Abs.&#160;1&#160;LVwG ist jede Verf&#252;gung, Entscheidung oder andere &#246;ffentlich-rechtliche Ma&#223;nahme, die eine Beh&#246;rde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des &#246;ffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkungen nach au&#223;en gerichtet ist. Diese Voraussetzungen werden von dem Schreiben vom 02.01.2015 nicht erf&#252;llt. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung der verschiedenen Elemente des Schreibens vom 02.01.2015 im Vergleich zu den in anderen F&#228;llen vom Beigeladenen erlassenen Verwaltungsakten, insbesondere den Bescheiden zur Festsetzung von Rundfunkbeitr&#228;gen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Gegen die Qualifikation des Schreibens vom 02.01.2015 als Verwaltungsakt spricht zun&#228;chst, dass dieses nicht&#160;die &#228;u&#223;eren Merkmale eines Bescheides aufweist. Im Gegensatz zu den Bescheiden des Beigeladenen, mit denen dieser Rundfunkbeitr&#228;ge festsetzt, schlie&#223;t dieses Schreiben mit der Schlussformeln &#8222;Mit freundlichen Gr&#252;&#223;en&#160;&#8211; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220;. Dies deutet darauf hin, dass hier der &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;, bei dem es sich um eine nicht rechtsf&#228;hige Verwaltungsstelle des Beigeladenen handelt (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 29.06.2018, Az.: 4&#160;B&#160;35/18 n.v.; Beschluss vom 23.07.2018, Az.: 4 B 39/18, juris Rn. 26; VGH Mannheim, Urteil vom 04.11.2016, Az.: 2&#160;S&#160;548/16, juris Rn.&#160;24&#160;ff.), Absender des Schreibens ist. Bei objektiver Betrachtung des Schreibens kann dieses daher nicht als Ma&#223;nahme einer Beh&#246;rde, hier des Beigeladenen, der nach der Rechtsprechung der Kammer die gem&#228;&#223; &#167;&#160;10 Abs.&#160;5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrages i.V.m. dem Gesetz zum F&#252;nfzehnten Rundfunk&#228;nderungsstaatsvertrag vom 16.12.2011 (GVOBl. SH 2011&#160;Nr.&#160;18, S.&#160;345&#160;ff., vgl. dort Art.&#160;1 des F&#252;nfzehnten Staatsvertrages zur &#196;nderung rundfunkrechtlicher Staatsvertr&#228;ge) zum Erlass von Festsetzungsbescheiden zust&#228;ndige Beh&#246;rde ist (vgl. Beschluss vom 29.06.2018, Az.: 4&#160;B&#160;35/18; Beschluss vom 23.07.2018,Az.: 4 B 39/18, juris Rn. 23 f.), qualifiziert werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>Auch der Umstand, dass das Schreiben vom 02.01.2015&#160;&#8211; im Gegensatz zu den Bescheiden, mit denen der Beigeladene Rundfunkbeitr&#228;ge festsetzt&#160;&#8211; weder als Bescheid bezeichnet noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, spricht daf&#252;r, dass mit dem Schreiben vom 02.01.2015 keine Regelung, mit der Mahngeb&#252;hren in H&#246;he von 5,00&#160;&#8364; festgesetzt werden, getroffen werden sollte. Die am Ende des Schreibens vom 02.01.2015 eingef&#252;gte Tabelle trifft ebenfalls keine eigene Regelung, sondern kl&#228;rt lediglich &#252;ber die Zusammensatzung des im Text des Schreibens vom 02.01.2015 genannten Betrages in H&#246;he von 208,80&#160;&#8364; auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Als Indiz gegen den Charakter als Verwaltungsakt spricht ferner, dass es in dem Schreiben zwar hei&#223;, dass Gelegenheit gegeben werde, den Mahnbetrag in H&#246;he von 208,80&#160;&#8364; auszugleichen, dieser Betrag sich&#160;jedoch aus den festgesetzten Betr&#228;gen der aufgef&#252;hrten Geb&#252;hren-/Beitragsbescheide erg&#228;be. Eine deutliche Trennung zwischen den bereits festgesetzten Rundfunkbeitr&#228;gen und den in dem Schreiben vom 02.01.2015 erstmals geltend gemachten Mahngeb&#252;hren l&#228;sst sich dem Schreiben insoweit nicht entnehmen. Dies indiziert, dass der Beigeladene mit dem Schreiben vom 02.01.2015 lediglich eine Leistungspflicht des Antragstellers wiederholt oder einfach benennt, diese jedoch nicht (erstmals) rechtsverbindlich regeln wollte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p>Als weiteres Indiz kommt hinzu, dass der Beigeladene bundeseinheitliche Mahnschreiben verschickt und in einigen Bundesl&#228;ndern keine Mahngeb&#252;hren erhoben werden k&#246;nnen (beispielsweise in Bayern oder Hessen) bzw. es insoweit keiner Festsetzung bedarf (so in Niedersachsen entsprechend der oben stehenden Ausf&#252;hrungen).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Die Beklagte kann sich hier&#160;&#8211; unabh&#228;ngig von der Frage der Anwendbarkeit von &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 VVKVO auf von dem Beigeladenen erlassenen Mahnungen&#160;&#8211; auch nicht darauf berufen, dass Vollstreckungskosten und Nebenforderungen gem&#228;&#223; &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 VVKVO gemeinsam mit der Amtshandlung, d.h. hier in der streitgegenst&#228;ndlichen Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung festgesetzt worden sind und insoweit der notwendige Verwaltungsakt in der Pf&#228;ndungs- und &#220;berweisungsverf&#252;gung zu erkennen ist. Denn nach &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Satz&#160;1&#160;HS&#160;2 VVKVO ist die Mahngeb&#252;hr im Mahnschreiben festzusetzen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p>Dem gefundenen Ergebnis steht auch &#167;&#160;269 Abs.&#160;5&#160;LVwG nicht entgegen. Die Kammer ist der Auffassung, dass dieser Regelung jedenfalls nicht entnommen werden kann, dass es f&#252;r die Rechtm&#228;&#223;igkeit von Vollstreckungsma&#223;nahmen keinerlei Rolle spielt, ob die in &#167;&#160;269 Abs.&#160;1&#160;LVwG genannten Voraussetzungen &#252;berhaupt vorliegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#160;154 Abs.&#160;1&#160;VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Es entspricht der Billigkeit, die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht f&#252;r erstattungsf&#228;hig zu erkl&#228;ren, da er keinen Sachantrag gestellt und sich somit nicht am Kostenrisiko des Rechtsstreits beteiligt hat (&#167;&#160;162 Abs.&#160;3&#160;VwGO i.&#8239;V.&#8239;m. &#167;&#160;154 Abs.&#160;3&#160;VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus &#167;&#160;167&#160;VwGO i.V.m. &#167;&#160;708 Nr.&#160;11, 711&#160;ZPO.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
161,405
vg-schleswig-holsteinisches-2018-12-19-4-a-2018
{ "id": 1071, "name": "Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht", "slug": "vg-schleswig-holsteinisches", "city": 647, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 20/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T06:59:15
2019-01-17T12:06:24
Urteil
ECLI:DE:VGSH:2018:1219.4A20.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Klage wird abgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Dem Kl&#228;ger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte Sicherheit in H&#246;he von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tatbestand<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger wendet sich gegen die Heranziehung zur Entrichtung von Rundfunkbeitr&#228;gen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger betrieb zun&#228;chst unter der Adresse &#8222;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; in &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; einen Internetversandhandel (http://www.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;.de). Seit einem Umzug im Jahr 2017 betreibt er den vorgenannten Onlineshop nunmehr unter der im Rubrum bezeichneten Adresse.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Unter dem 24. Januar 2015 erhielt der Beklagte &#252;ber das Internet eine als &#8222;NICHT PRIVAT&#8220; gekennzeichnete Anmeldung einer Betriebsst&#228;tte mit dem Firmennamen &#8222;&#8220; unter der damaligen Firmenanschrift &#8222;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; in &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zum 1. Januar 2013. Die Anmeldung wies den Kl&#228;ger namentlich aus und umfasste dessen Geburtsdatum. Die Zahl der Mitarbeiter bezifferte die Anmeldung mit 21 Besch&#228;ftigten. Daneben enthielt die Anmeldung den Hinweis, dass die Betriebsst&#228;tte &#252;ber drei Kraftfahrzeuge verf&#252;ge. Die Anmeldung wies als Zahlungsmethode das Lastschriftverfahren mit einer Kontonummer der Postbank aus, mit der Bezeichnung des Kl&#228;gers als Kontoinhaber.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 29. Januar 2015 best&#228;tigte der Beklagte dem Kl&#228;ger die Anmeldung einer Betriebsst&#228;tte der Staffel 3 mit 21 Besch&#228;ftigten zum 1. Januar 2013.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Am 16. Februar 2015 teilte der Kl&#228;ger dem Beklagten per E-Mail mit, dass von ihm keine Anmeldung vorgenommen worden sei. Bei seinem Betrieb handele es sich um eine religi&#246;se Betriebsst&#228;tte. Anliegend &#252;bersandte er ein an den Beitragsservice adressiertes Schreiben eines &#8222;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; vom 12. November 2014. In diesem Schreiben teilte &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; dem Beklagten unter der Bezeichnung &#8222;Vorsitzender der &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Glaubensgemeinschaft&#8220; mit, dass es sich bei der Anschrift &#8222; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; in &#8222;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8220; um eine anerkannte religi&#246;se Betriebsst&#228;tte der Glaubensgemeinschaft handele. Das Schreiben enthielt ferner die Wiederholung des Wortlautes des &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Beklagte wies den Kl&#228;ger mit Schreiben vom 25. Juni 2015 auf die bei ihm eingegangene Anmeldung hin. Bei der angemeldeten Raumeinheit handele es sich um eine solche Betriebsst&#228;tte, die der Beitragspflicht unterliege. Der Beklagte verwies diesbez&#252;glich auf die Homepage des Kl&#228;gers. Der Begriff einer religi&#246;sen Betriebsst&#228;tte sei bei dem Beklagten so nicht bekannt, die Einw&#228;nde des Kl&#228;gers nicht zu ber&#252;cksichtigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Mit Festsetzungsbescheiden vom 1. Dezember 2015 und 3. Januar 2016 setzte der Beklagte gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger f&#252;r die oben benannte Betriebsst&#228;tte Rundfunkbeitr&#228;ge und S&#228;umniszuschl&#228;ge in H&#246;he von 1.192,73 Euro f&#252;r den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. September 2015 sowie in H&#246;he von 113,00 Euro f&#252;r den Zeitraum vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. Dezember 2015 fest. Der erstgenannte Bescheid umfasste einen S&#228;umniszuschlag i.H.v. 11,81 Euro, der zweitgenannte Bescheid einen S&#228;umniszuschlag i.H.v. 8,00 Euro.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Hiergegen erhob der Kl&#228;ger am 15. Dezember 2015 hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 1. Dezember 2015 und am 18. Januar 2016 hinsichtlich des Bescheides vom 3.&#160;Januar 2016 Widerspruch und f&#252;hrte zur Begr&#252;ndung jeweils aus, dass er dem Beklagten bereits eine Bescheinigung dar&#252;ber habe zukommen lassen, dass es sich bei seiner Betriebsst&#228;tte um eine solche handele, die im Sinne von &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV gottesdienstlichen Zwecken gewidmet und damit beitragsfrei sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit formlosem Schreiben vom 18. Januar 2016 informierte der Beklagte den Kl&#228;ger dar&#252;ber, dass f&#252;r das Vorliegen der Beitragsfreiheit nach &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV ein religionstypischer Widmungsakt notwendig sei. Die Betriebsst&#228;tte m&#252;sse daher dauerhaft und nahezu ausschlie&#223;lich gottesdienstlichen Zwecken dienen. Nur gelegentlich abgehaltene Gottesdienste in ansonsten zu anderen Zwecken genutzten Betriebsst&#228;tten lie&#223;en die Beitragspflicht nicht entfallen. Man f&#252;hre das Beitragskonto des Kl&#228;gers daher unver&#228;ndert fort.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger trug hierauf vor, dass sein Unternehmen einzig zu dem Zweck gegr&#252;ndet worden sei, einen &#8222;wertvollen Beitrag zur Heilung der Erde und der Menschen zu leisten&#8220;. Man kaufe bei den meisten der angebotenen Produkte pro verkauftem St&#252;ck 10 qm Regenwald. Die T&#228;tigkeit in der Betriebsst&#228;tte sei durchg&#228;ngig und in allen Bereichen praktisch gelebter Gottesdienst.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Mit weiterem Schreiben vom 1. Juli 2016 teilte der Kl&#228;ger dem Beklagten mit, dass die Betriebsst&#228;tte &#252;ber lediglich f&#252;nf Besch&#228;ftigte verf&#252;ge. In einem Telefonvermerk vom 5. August 2016 hielt der Beklagte fest, dass Kl&#228;ger angegeben habe, &#252;ber lediglich vier Mitarbeiter und kein gewerblich genutztes Kraftfahrzeug zu verf&#252;gen. Am 24. Januar 2018 teilt der Kl&#228;ger dem Beklagten laut eines Aktenvermerks telefonisch mit, dass er &#252;ber lediglich acht Besch&#228;ftigte verf&#252;ge. Am 25. Januar 2018 &#252;bermittelt der Kl&#228;ger schriftlich, dass die Betriebsst&#228;tte &#252;ber lediglich sechs Besch&#228;ftigte verf&#252;ge.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat am 15. Januar 2018 Klage erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung wiederholt er seinen Vortrag aus dem Vorverfahren und f&#252;hrt vertiefend aus, dass es sich bei dem um eine keltisch-druidische Glaubensgemeinschaft handele. Zentraler Glaubenssatz der Gemeinschaft sei ein &#8222;respektvoller, r&#252;cksichtsnehmender Umgang mit allen Lebewesen&#8220;. Teil dessen sei auch die Umsetzung eines Wirtschaftssystems, welches der gesamten &#8222;Sch&#246;pfung nutze&#8220;. Es handele sich um ein Gegenkonzept zur eigensinnigen Erwirtschaftung von Geld. Der Verkauf von Produkten diene nicht der eigenen wirtschaftlichen Bereicherung, sondern der Umsetzung von Glaubensgrunds&#228;tzen. Der Betrieb sei somit selbst ein religi&#246;ser Akt. Erl&#246;se w&#252;rden unmittelbar f&#252;r aus dem Glauben abgeleitete Ziele, etwa der Erhaltung des Regenwaldes, genutzt. Es handele sich um die Umsetzung des Glaubens im engsten Sinne und sei mit dem klassischen Gottesdienst vergleichbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>In der Betriebsst&#228;tte f&#228;nden auch rein religi&#246;se Handlungen ohne wirtschaftlichen Bezug statt. Dies seien etwa regelm&#228;&#223;ige Zusammenk&#252;nfte zwecks eines Austausches &#252;ber spirituelle Themen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger beantragt schrifts&#228;tzlich,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Festsetzungsbescheide des Beklagten &#252;ber die Festsetzung von Rundfunkbeitr&#228;gen von einem unbekannten Datum &#252;ber die Rundfunkbeitr&#228;ge f&#252;r die Monate Januar 2013 bis September 2015 und vom 3. Januar 2016 &#252;ber die Rundfunkbeitr&#228;ge f&#252;r die Monate Oktober 2015 bis Dezember 2015 aufzuheben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Der Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Der Klagantrag sei in Teilen bereits zu unbestimmt, da es keine undatierten Bescheide gebe. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sehe keine Befreiung f&#252;r die Betriebsst&#228;tte des Kl&#228;gers vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger und der Beklagte haben mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 bzw. 7. Dezember 2018 erkl&#228;rt, dass sie mit einer Entscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung einverstanden sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Entscheidungsgr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>I. Das Gericht kann ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheiden, da der Kl&#228;ger und der Beklagte sich hiermit einverstanden erkl&#228;rt haben (vgl. &#167; 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>II. Die Klage ist als Anfechtungsklage nach &#167; 42 Abs. 1 Alternative 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zul&#228;ssig. Der Zul&#228;ssigkeit der Klage steht aufgrund der Unt&#228;tigkeit des Beklagten insbesondere gem&#228;&#223; &#167;&#160;75 S&#228;tze 1 und 2 VwGO nicht die fehlende Durchf&#252;hrung eines Vorverfahrens i.S.d. &#167;&#167; 68 ff. VwGO entgegen. Der Beklagte hat &#252;ber die Widerspr&#252;che des Kl&#228;gers vom 15. Dezember 2015 bzw. 18. Januar 2016 nicht binnen drei Monaten (&#167; 75 Abs. 2 VwGO) entschieden. Ein zureichender Grund ist hierf&#252;r nicht erkennbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>III. Die Klage ist jedoch unbegr&#252;ndet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtm&#228;&#223;ig und verletzten den Kl&#228;ger nicht in seinen Rechten (vgl. &#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Die Festsetzungen der streitgegenst&#228;ndlichen Rundfunkbeitr&#228;ge finden ihre Rechtsgrundlage in &#167; 5 Abs. 1, &#167; 6 Abs. 1, &#167;&#167; 7, 10 Abs. 5 RBStV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Der RBStV ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts &#8211; auch soweit er die Erhebung von Rundfunkbeitr&#228;gen im nicht privaten Bereich betrifft &#8211; verfassungsgem&#228;&#223;. Dies hat das Bundesverfassungsgericht j&#252;ngst best&#228;tigt (BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 &#8211; 1 BvR 1675/16, Rn. 112 ff. juris). Die M&#246;glichkeit des Rundfunkempfangs vermittelt hiernach einen Vorteil, der den Inhabern von Betriebsst&#228;tten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zurechenbar und gesetzlich belastungsgleich erfasst ist. Insoweit nimmt das erkennende Gericht vollumf&#228;nglich auf die zutreffenden Ausf&#252;hrungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, a.a.O., Rn. 112 ff. juris) Bezug.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Erhebung von Rundfunkbeitr&#228;gen verst&#246;&#223;t nach allgemeiner Auffassung in der Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht anschlie&#223;t, insbesondere weder gegen die in Art. 4 Abs. 1 GG gew&#228;hrleistete Glaubens- und Gewissensfreiheit noch gegen das in Art. 9 EMRK gew&#228;hrleistete Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit. Der Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG sowie des Art. 9 EMRK wird durch die Beitragserhebung schon nicht tan-giert (VG Schleswig, Urt. v. 18.12.2017 &#8211; 4 A 207/16, Rn.&#160;65, juris m.V. auf OVG M&#252;nster, Urt. v. 12.03.2015 - 2 A 2311/14, juris; vgl. auch VG&#160;Berlin, Urt. v. 22.04.2015 - 27 K 310.14, juris; VG Hamburg, Urt. v. 17.07.2014 - 3 K 5371/14, juris; VG Augsburg, Urt. v. 11.07.2016 - Au 7 K 16.263, juris; VG B-Stadt, Urt. v. 08.07.2016 - M 26 K 16.707, juris). Die Zahlung einer Abgabe wie des Rundfunkbeitrags ist als solche nicht mit der &#196;u&#223;erung eines weltanschaulichen oder religi&#246;sen Bekenntnisses verbunden (Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.05.2017 &#8211; 2 A 2885/15, Rn. 118 juris). Die Glaubensfreiheit wird durch die Zahlung einer Abgabe nur ber&#252;hrt, soweit diese gerade die Finanzierung einer Glaubensgemeinschaft oder eines religi&#246;sen oder eines areligi&#246;sen Bekenntnisses bezweckt (Abgabenschuldners (OVG M&#252;nster, Urt. v. 21.09.2018 &#8211; 2 A 1821/15, Rn. 43 juris). Die allgemeine Pflicht zur Zahlung einer Abgabe ohne eine solche Zweckbindung ber&#252;hrt regelm&#228;&#223;ig - und so auch hier - nicht den Schutzbereich der Glaubensfreiheit des Abgabenschuldners (OVG M&#252;nster, Urt. v. 21.09.2018 &#8211; 2 A 1821/15, Rn.&#160;43 juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>2. Gegen die formelle Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Bescheides bestehen keine Bedenken; solche sind mit der Klage auch nicht geltend gemacht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>3. Der Bescheid erweist sich &#252;berdies als materiell rechtm&#228;&#223;ig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Im nicht privaten Bereich ist f&#252;r jede Betriebsst&#228;tte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag nach Ma&#223;gabe der in &#167; 5 Abs. 1 RBStV niedergelegten Staffelung zu entrichten. Gem&#228;&#223; &#167; 7 Abs. 1 und 3 RBStV ist der Beitrag monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums zu leisten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Eine Betriebsst&#228;tte ist nach &#167; 6 Abs. 1 Satz 1 RBStV jede zu einem eigenst&#228;ndigen, nicht ausschlie&#223;lich privaten Zweck bestimmte oder genutzte ortsfeste Raumeinheit oder Fl&#228;che innerhalb einer Raumeinheit.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Der Beklagte ist als Anstalt &#246;ffentlichen Rechts berechtigt, die r&#252;ckst&#228;ndigen Rundfunkbeitr&#228;ge durch Bescheid festzusetzen, &#167; 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV. Nach &#167; 11 Abs. 1 der Satzung des Norddeutschen Rundfunks &#252;ber das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeitr&#228;ge wird, soweit Rundfunkbeitr&#228;ge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach F&#228;lligkeit in voller H&#246;he entrichtet werden, ein S&#228;umniszuschlag in H&#246;he von einem Prozent der r&#252;ckst&#228;ndigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro f&#228;llig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Die streitbefangenen Festsetzungen entsprechen diesen Ma&#223;gaben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Unstreitig handelt es sich bei den gewerblich und f&#252;r Zwecke der keltisch-druidischen Glaubensgemeinschaft genutzten R&#228;umlichkeiten des Kl&#228;gers um eine Betriebsst&#228;tte im Sinne von &#167; 6 Abs. 1 RBStV, deren Inhaber er ist, vgl. &#167; 6 Abs. 2 RBStV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>a) Bei der Betriebsst&#228;tte handelt es sich nicht um eine solche, die i.S.v. &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV von der Beitragspflicht ausgenommen ist. Gem&#228;&#223; &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV ist ein Rundfunkbeitrag nach &#167; 5 Absatz 1 RBStV nicht zu entrichten f&#252;r Betriebsst&#228;tten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>aa) Bei der Regelung des &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV handelt es sich um einen Tatbestand der gesetzlichen Beitragsfreiheit (Beck RundfunkR/Schneider/Siekmann, 4.&#160;Aufl. 2018, RBStV &#167; 5 Rn.&#160;50, beck-online), weswegen es f&#252;r die Ber&#252;cksichtigung in dem vorliegende Verfahren nicht auf die Stellung eines vorherigen Antrages bei dem Beklagten und dessen etwaiger Bewilligung ankommt. Die Beitragsfreiheit tritt im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzung vielmehr kraft Gesetzes ein und ist somit bei der Festsetzung von Rundfunkbeitr&#228;gen zu ber&#252;cksichtigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>bb) Die Voraussetzung des &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV liegen jedoch nicht vor. Hiernach sind allein diejenigen Betriebsst&#228;tten von der Rundfunkbeitragspflicht ausgenommen, die ausschlie&#223;lich gottesdienstlichen Zwecken dienen. Grundgedanke des Gesetzgebers war es, dass eine Kirche oder vergleichbare R&#228;ume schon nicht geeignet sind, eine Beitragspflicht zu begr&#252;nden, weil dort typischerweise kein Rundfunkempfang erm&#246;glicht wird, sondern die innere Einkehr im Fokus steht und gemeinsam Gottesdienste gefeiert werden (Beck RundfunkR/Schneider/Siekmann, 4.&#160;Aufl. 2018, RBStV &#167; 5 Rn. 51, m.w.N.). Nach dem Willen des Gesetzgebers handelt es sich bei der Beitragsfreiheit von Betriebsst&#228;tten, die gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind, um eine eng begrenzte Ausnahme (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 &#8211; 6 B 49/17, Rn. 8 juris). Ausgehend von der Grundannahme, dass in Betriebsst&#228;tten typischerweise Rundfunknutzung stattfindet (LT-Drs. BY 16/7001 S. 17, vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 07.12.2016 - 6 C 49.15, BVerwGE 156, 359 Rn.&#160;31 ff.), l&#228;sst es der Gesetzgeber nicht ausreichen, dass ein Raum nur teil- oder zeitweise den privilegierten Zwecken dient. Die in &#167; 5 Abs. 5 Nummer 1 RBStV geregelte Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht setzt vielmehr voraus, dass die betreffenden R&#228;ume ausschlie&#223;lich f&#252;r den Gottesdienst oder eine hiermit vergleichbare &#8211; kirchlichen, religi&#246;sen oder weltanschaulichen Zwecken dienende &#8211; Nutzung bestimmt sind, die typischerweise erwarten l&#228;sst, dass dort keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 &#8211; 6 B 49/17, Rn. 8 juris). Handelt es sich demgegen&#252;ber um R&#228;umlichkeiten, die - wie im Fall der Betriebsr&#228;ume des Kl&#228;gers - regelm&#228;&#223;ig auch f&#252;r solche Aktivit&#228;ten genutzt werden, die sich f&#252;r den objektiven Betrachter als Aus&#252;bung eines gew&#246;hnlichen, nicht der Sph&#228;re eines religi&#246;sen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zuzurechnenden Berufes darstellen, ist die erforderliche Grundlage f&#252;r die Annahme, es werde dort keine betriebliche Rundfunknutzung stattfinden, nicht in gleicher Weise vorhanden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 &#8211; 6 B 49/17, Rn. 10 juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>So liegt es hier. Die R&#228;umlichkeiten der Betriebsst&#228;tte des Kl&#228;gers sind bei objektiver Betrachtungsweise nicht ausschlie&#223;lich gottesdienstlichen bzw. weltanschaulichen Zwecken gewidmet. Der Kl&#228;ger betreibt in diesen vielmehr unstreitig einen Internetversandhandel. Die Nutzung der R&#228;umlichkeiten der Betriebsst&#228;tte eines Internetversandhandels ist nicht mit derjenigen eines Kirchenraumes oder eines Raumes, welcher ausschlie&#223;lich der Zusammenkunft von Glaubensgemeinschaften dient (vgl. zur Anwendbarkeit auf Weltanschauungsgemeinschaften BVerwG, Beschl. v. 29.01.2018 &#8211; 6 B 49/17, Rn. 9 juris), vergleichbar. Es fehlt im Sinne der vorgenannten Ma&#223;gaben an einer vergleichbaren Typizit&#228;t, aus der darauf geschlossen werden k&#246;nnte, dass in den R&#228;umlichkeiten der Betriebsst&#228;tte des Kl&#228;gers keine Rundfunknutzung stattfinden w&#252;rde. Es ist nach Auffassung der Kammer vielmehr gerade nicht zu erwarten ist, dass in der streitgegenst&#228;ndlichen Betriebsst&#228;tte keine betriebsbezogene Rundfunknutzung stattfindet. Der Internetversandhandel des Kl&#228;gers setzt denknotwendig den Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsger&#228;te voraus, die in Verbindung mit der f&#252;r den Betrieb des Kl&#228;gers zwingend notwendigen Internetverbindung regelm&#228;&#223;ig dazu geeignet sind, die Angebote des &#246;ffentlichen Rundfunks zu empfangen. Es ist daher typischerweise zu erwarten, dass sich der Kl&#228;ger aus dem Rundfunkangebot Informationen f&#252;r seinen Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung seiner Besch&#228;ftigten nutzen kann (vgl. zur Abgeltung des Vorteils im nicht privaten Bereich: BVerfG, Urt. v. 18.07.2018 &#8211; 1 BvR 1675/16, Rn. 113 juris). Es kommt nicht darauf an, ob der Kl&#228;ger dieses Angebot in der streitgegenst&#228;ndlichen Betriebsst&#228;tte tats&#228;chlich nutzt. Hinzu kommt, dass der Betrieb eines Internetversandhandels bei lebensnaher Betrachtungsweise regelm&#228;&#223;ig &#8211; etwa im Rahmen des Versandes oder der Wartung und Instandhaltung der technischen Ger&#228;tschaften &#8211; die Aus&#252;bung von gew&#246;hnlichen Berufen erfordert, die nicht der Sph&#228;re eines religi&#246;sen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zuzurechnen sind. Auch aus diesem Grunde ist die erforderliche Grundlage f&#252;r die Annahme, es werde in der Betriebsst&#228;tte des Kl&#228;gers keine betriebliche Rundfunknutzung stattfinden, nicht gegeben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>b) Der Beklagte hat die zu entrichtenden Rundfunkbeitr&#228;ge auch hinsichtlich der H&#246;he rechtsfehlerfrei festgesetzt. Er durfte den Kl&#228;ger in den streitbefangenen Zeitr&#228;umen nach &#167; 5 Abs. 1 Nummer 3 RBStV insbesondere als Betriebsst&#228;tte der Staffel 3 mit zwei Rundfunkbeitr&#228;gen monatlich veranlagen. Der Beklagte durfte davon ausgehen, dass die Betriebsst&#228;tte des Kl&#228;gers &#252;ber 21 Besch&#228;ftigte verf&#252;gte. Dies ergibt sich insbesondere aus der gegen&#252;ber dem Beklagten abgegebenen Anmeldung vom 24. Januar 2015. Diese enthielt die Angabe, dass die Betriebsst&#228;tte &#252;ber 21 Besch&#228;ftigte verf&#252;ge. Dies hat der Beklagte so ausdr&#252;cklich mit Schreiben vom 29. Januar 2015 gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger best&#228;tigt. Der Kl&#228;ger hat hieraufhin keine Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Angabe erhoben, sondern lediglich mitgeteilt, dass er die Anmeldung nicht abgegeben habe. Den Kl&#228;ger trifft gem&#228;&#223; &#167; 8 Abs. 1 Satz 2 RBStV eine Pflicht zur Anzeige jedweder &#196;nderungen der Besch&#228;ftigtenzahl. Hiernach hat der Inhaber einer Betriebsst&#228;tte eine &#196;nderung der Anzahl der im Jahresdurchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres sozialversicherungspflichtig Besch&#228;ftigten jeweils bis zum 31. M&#228;rz eines Jahres anzuzeigen; diese &#196;nderung wirkt ab dem 1. April des jeweiligen Jahres. Eine derartige Anzeige erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 1. Juli 2016. Die Anzeige f&#252;hrt nach der vorgenannten Vorschrift nicht zu einer r&#252;ckwirkenden Ber&#252;cksichtigung der ge&#228;nderten Besch&#228;ftigungszahl. Die Norm gibt vielmehr vor, dass die &#196;nderung erst zum 1. April eines Jahres zu ber&#252;cksichtigen ist. Dies bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Mitteilung des Kl&#228;gers erst ab dem 1. April 2017 von dem Beklagten zu ber&#252;cksichtigen gewesen ist. Die Mitteilung hat demnach keinen Einfluss auf die streitbefangenen Festsetzungen, welche die Jahre 2013 bis 2015 betreffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>c) Die Erhebung der S&#228;umniszuschl&#228;ge unterliegt ebenfalls keinen Bedenken. Rechtsgrundlage f&#252;r die Erhebung eines S&#228;umniszuschlags ist &#167; 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung, die auf &#167; 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV beruht. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht kraft Gesetzes. Diese beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Wohnung innehat. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums f&#252;r jeweils drei Monate zu leisten (s. &#167; 7 Abs.&#160;1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 RBStV). Ferner wird, wenn Rundfunkbeitr&#228;ge nicht innerhalb von vier Wochen nach F&#228;lligkeit in voller H&#246;he entrichtet werden, ein S&#228;umniszuschlag in H&#246;he von einem Prozent der r&#252;ckst&#228;ndigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 Euro f&#228;llig (&#167; 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung). Der Kl&#228;ger hat die jeweils geschuldeten Rundfunkbeitr&#228;ge unstreitig im von den angefochtenen Festsetzungsbescheiden betroffenen Zeitraum nicht binnen vier Wochen entrichtet. Der Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid vom 1. Dezember 2015 Rundfunkbeitr&#228;ge i.H.v. 1.180,92 Euro festgesetzt, woraus sich beim Ansatz von einem Prozent gerundet der S&#228;umnisbetrag i.H.v. 11,81 Euro ergibt. In dem weiteren streitbefangenen Bescheid ist der Mindestsatz von 8,00 Euro rechtm&#228;&#223;ig als S&#228;umniszuschlag korrekt festgesetzt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>IV. Die Kostenentscheidung beruht &#167; 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit auf &#167; 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
161,394
bverfg-2018-12-19-2-bvr-245918
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2 BvR 2459/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-16T06:58:48
2019-02-13T18:05:46
Nichtannahmebeschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181219.2bvr245918
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 250 € (in Worten: zweihundertfünfzig Euro) auferlegt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Der Beschwerdeführer wendet sich gegen einen die Berufung gegen ein Strafurteil verwerfenden Beschluss des Amtsgerichts Mettmann vom 4. September 2018 sowie den einen Befangenheitsantrag des Beschwerdeführers verwerfenden Beschluss desselben Gerichts vom 18. Juli 2018.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig. Der Beschwerdeführer hat insbesondere nicht in einer den Begründungsanforderungen der § 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG genügenden Weise vorgetragen, in verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen verletzt worden zu sein. Der das Beschwerdebegehren stützende Lebenssachverhalt wird bereits nicht in einer die verfassungsgerichtliche Überprüfung ermöglichenden Weise dargelegt. Eine verfassungsrechtlich fundierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen findet nicht statt. Auch ist nicht erkennbar, dass der Beschwerdeführer den Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Die Verfassungsbeschwerde wurde missbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG erhoben. Dem Beschwerdeführer war daher eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 250 € aufzuerlegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, durch erkennbar substanzlose Verfassungsbeschwerden an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert zu werden, mit der Folge, dass anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2005 - 2 BvR 1435/05 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. September 2017 - 2 BvR 1691/17 -, juris, Rn. 3).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, der das Bundesverfassungsgericht wiederholt mit völlig aussichtslosen Eingaben befasst hat, ist aus den genannten Gründen offensichtlich unzulässig. In der Sache fehlt seinen Ausführungen nahezu jeder Verfahrensbezug. Der Beschwerdeführer nimmt die angegriffenen Beschlüsse zum Anlass, eine Vielzahl namentlich benannter Personen der Beteiligung an Verschwörungen und kriminellen Machenschaften zu seinen und zu Lasten Dritter zu bezichtigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Dies gilt auch hinsichtlich des Ausspruchs über die Missbrauchsgebühr (vgl. BVerfGE 133, 163 <167 Rn. 10>).</p> </dd> </dl> </div>
142,303
ovgrlp-2018-12-19-2-a-1011218
{ "id": 910, "name": "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz", "slug": "ovgrlp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
2 A 10112/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-08T23:46:53
2019-01-17T12:02:27
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2018:1219.2A10112.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag des Kl&#228;gers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstra&#223;e vom 6. Dezember 2017 zuzulassen, wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert f&#252;r das Zulassungsverfahren wird auf 4.096,23 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Klage richtet sich gegen eine R&#252;ckzahlungsverpflichtung der vom Kl&#228;ger einbehaltenen Geb&#252;hren, die ihm aus seiner T&#228;tigkeit als Gerichtsvollzieher in den Jahren 2014 und 2015 zugeflossen waren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die H&#246;he dieses prozentualen Anteils wurde bis einschlie&#223;lich 2015 j&#228;hrlich nach der aufgrund &#167; 49 Bundesbesoldungsgesetz &#8211; BBesG &#8211; erlassenen Landesverordnung zur Abgeltung der B&#252;rokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher vom 3. Juli 1998 (GVBl. S. 227 &#8211; im Folgenden: BKE-VO) festgesetzt. Der Geb&#252;hrenanteil orientierte sich an den Sach- und Personalkosten eines durchschnittlich ausgelasteten Gerichtsvollzieherb&#252;ros und wurde jeweils r&#252;ckwirkend f&#252;r das vergangene Jahr festgesetzt. F&#252;r das Jahr 2014 erfolgte dies mit der 17. Landesverordnung zur &#196;nderung der BKE-VO vom 14. September 2015 (GVBl. S. 256 &#8211; im Folgenden: BKE-&#196;nderungsverordnung), f&#252;r das Jahr 2015 durch die 18. BKE-&#196;nderungsverordnung vom 29. M&#228;rz 2017 (GVBl. S. 83). Bis zum Erlass der jeweiligen &#196;nderungsverordnung galt der Geb&#252;hrenanteil des Vorjahres vorl&#228;ufig weiter. In H&#246;he dieses Prozentsatzes behielt der Gerichtsvollzieher den Anteil aus den vereinnahmten Geb&#252;hren vorl&#228;ufig ein. Die endg&#252;ltige Festsetzung der Geb&#252;hrenanteile f&#252;r ein Kalenderjahr wurde in einer sog. Jahresnachweisung nach Erlass der &#196;nderungsverordnung f&#252;r das zur&#252;ckliegende Jahr durch den jeweils zust&#228;ndigen Direktor des Amtsgerichts festgesetzt. Je nach Erh&#246;hung oder Verringerung des Prozentsatzes der Geb&#252;hrenanteile ergaben sich Nachforderungen f&#252;r den Gerichtsvollzieher oder zu viel einbehaltene Betr&#228;ge, die von ihm an den Dienstherrn auszukehren waren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>F&#252;r das Jahr 2013 belief sich der Geb&#252;hrenanteil der Gerichtsvollzieher nach der 16. BKE-&#196;nderungsverordnung vom 16. September 2014 (GVBl. S. 225) auf 48,4 % der vereinnahmten Geb&#252;hren. Dieser Anteil wurde vom Kl&#228;ger aus den Geb&#252;hreneinnahmen im Jahr 2014 vorl&#228;ufig einbehalten. Durch die 17. BKE-&#196;nderungverordnung sank der Prozentsatz des Geb&#252;hrenanteils f&#252;r das Jahr 2014 auf 41,5% ab. Vom zust&#228;ndigen Direktor des Amtsgerichts Kaiserslautern wurde die Jahresnachweisung 2014 f&#252;r den Kl&#228;ger unter dem 10. November 2015 erstellt und darin der f&#252;r 2014 vom Kl&#228;ger einzuziehende Betrag auf 1.606,53 &#8364; festgesetzt. Die endg&#252;ltig zustehenden und vorl&#228;ufig einbehaltenen Geb&#252;hrenanteile sowie der Betrag der von diesem im Jahr 2014 insgesamt vereinnahmten Geb&#252;hren waren beigef&#252;gt. Die Jahresnachweisung wurde dem Kl&#228;ger ohne Rechtsmittelbelehrung formlos zugeleitet. Die Landesjustizkasse forderte mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 den Einziehungsbetrag (einschlie&#223;lich eines f&#252;r das 3. Quartal 2015 gesondert festgesetzten Betrags von 389,91 &#8364;) beim Kl&#228;ger zur Zahlung an. Hierauf zahlte der Kl&#228;ger den festgesetzten Betrag zur&#252;ck.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Am 17. Februar 2016 erstellte der Direktor des Amtsgerichts Kaiserslautern eine vorl&#228;ufige Jahresnachweisung f&#252;r das Jahr 2015. Dabei wurde der Geb&#252;hrenanteil nach der noch geltenden 17. &#196;nderungsverordnung errechnet und ein vom Kl&#228;ger einzuziehender Betrag in H&#246;he von 960,12 &#8364; festgesetzt. Die entsprechende Zahlungsaufforderung der Landesjustizkasse an den Kl&#228;ger erging am 2. M&#228;rz 2016. Auch dieser Aufforderung kam der Kl&#228;ger nach und zahlte die zuvor einbehaltenen Betr&#228;ge an den Beklagten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben seiner Bevollm&#228;chtigten an den Pr&#228;sidenten des Pf&#228;lzischen Oberlandesgerichts Zweibr&#252;cken vom 18. Mai 2016 bat der Kl&#228;ger um Erl&#228;uterung der B&#252;rokostenentsch&#228;digung und der Rechtsgrundlage f&#252;r die R&#252;ckforderungen. Der Pr&#228;sident des Oberlandesgerichts legte im Antwortschreiben vom 20. Juni 2016 die Rechtsgrundlagen und Berechnungen nach der BKE-VO dar und verwies im &#220;brigen auf den Verordnungsgeber, das Ministerium der Justiz. Unter dem 12. Juli 2016 bat die Bevollm&#228;chtigte dort um Offenlegung der Berechnungen zur B&#252;rokostenentsch&#228;digung f&#252;r die Jahre 2014 und 2015, mit Antwort vom 21. Juli 2016 kam das Ministerium dem nach.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Daraufhin r&#252;gte die Bevollm&#228;chtigte mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 die Rechtswidrigkeit der f&#252;r 2014 und 2015 erfolgten R&#252;ckforderungen der B&#252;rokostenentsch&#228;digung. Zugleich erhob sie &#8222;&#228;u&#223;erst vorsorglich&#8220; Widerspruch gegen die R&#252;ckforderungen und forderte das Ministerium auf, die Auskehrung der zu Unrecht zur&#252;ckgeforderten Betr&#228;ge zu veranlassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 5. Januar 2017 erl&#228;uterte das Ministerium der Justiz das Ergebnis seiner Erhebungen zu den tats&#228;chlichen Kosten aller Gerichtsvollzieherb&#252;ros im Jahr 2015. Danach h&#228;tten sich die durchschnittlichen Personal- und Sachkosten bei voller Belastung auf 15.489,19 &#8364; belaufen. Der bei Festsetzung des Geb&#252;hrenanteils unver&#228;ndert in Ansatz gebrachte Jahreskostenbetrag von 20.274,00 &#8364; liege deutlich dar&#252;ber.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Unter dem 22. Februar 2017 lehnte das Ministerium der Justiz sodann gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger den Antrag auf Ab&#228;nderung der 17. &#196;nderungs-VO zur BKE-VO und R&#252;ckzahlung abgelieferter Betr&#228;ge f&#252;r das Jahr 2014 ab. Der Antrag werde als Antrag auf &#196;nderung der Verordnung auf das Niveau der f&#252;r 2013 geltenden Betr&#228;ge verstanden. F&#252;r diese Entscheidung sei das Ministerium der Justiz sachlich und funktionell zust&#228;ndig. Die in der 17. &#196;nderungsverordnung festgesetzten Geb&#252;hrenanteile von 41,5 % seien aber rechtm&#228;&#223;ig. Die Ablieferungsaufforderungen seien auch aus formellen Gr&#252;nden nicht zu beanstanden. Die Ablieferungspflicht des Kl&#228;gers finde ihre Rechtsgrundlage in der allgemeinen beamtenrechtlichen Dienst- und Treuepflicht. Die endg&#252;ltige Abrechnung 2014 sei sachlich und rechnerisch nicht zu beanstanden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit seiner nach erfolglos durchgef&#252;hrten Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat der Kl&#228;ger geltend gemacht, die R&#252;ckzahlungsaufforderung sei rechtswidrig, weil diese weder eine Rechtsgrundlage enthalte noch die Berechnungsweise erl&#228;utere. Der Sach- und Personalkostenaufwand sei nicht aktuell und realit&#228;tsnah ermittelt. Die Festsetzung sei auf der Grundlage eines nicht zutreffenden Pensums erfolgt. Die H&#246;he der angesetzten Dokumentenpauschale sei nicht haltbar. Die Masse der Gerichtsvollzieher h&#228;tten in 2014 nicht mehr als 2.000,00 &#8364; an Dokumentenpauschalen vereinnahmt. Die in der Gesamtheit vom Justizministerium zugrunde gelegten niedrigen B&#252;rokosten w&#252;rden nur dem Umstand geschuldet sein, dass die Gerichtsvollzieher in der Regel von Familienangeh&#246;rigen unentgeltlich unterst&#252;tzt w&#252;rden. Bei Besch&#228;ftigung einer Halbtagskraft w&#252;rden dagegen zus&#228;tzliche Kosten in H&#246;he von j&#228;hrlich 32.682,00 &#8364; anfallen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat erstinstanzlich beantragt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Der Bescheid vom 22. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2017 wird aufgehoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Der Beklagte zahlt an den Kl&#228;ger den mit Schreiben der LJK Mainz vom 9. Dezember 2015 f&#252;r das Jahr 2014 und das III. Quartal 2015 zur&#252;ckgeforderten Betrag in H&#246;he von Euro 1.996,44 sowie den mit Schreiben der LJK Mainz vom 2. M&#228;rz 2016 f&#252;r das Jahr 2015 zur&#252;ckgeforderten Betrag in H&#246;he von Euro 960,12 als weitere Entsch&#228;digung und Verg&#252;tung zur&#252;ck.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Hilfsweise: Unter Aufhebung der Bescheide vom 22. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2017 wird der Beklagte verurteilt, den Kl&#228;ger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Weiter hilfsweise: Den Beklagten unter Ab&#228;nderung des Bescheids vom 22. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2017 zu verpflichten, die 17. &#196;nderung zur Gerichtsvollzieherverg&#252;tungsverordnung vom 3. Juli 1998 abzu&#228;ndern.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Klage abzuweisen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>und hierzu auf die getroffenen Verwaltungsentscheidungen verwiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. Dezember 2017 abgewiesen und zur Begr&#252;ndung im Wesentlichen ausgef&#252;hrt, dass dem Kl&#228;ger f&#252;r die Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. April 2017, verbunden mit einem allgemeinen Leistungsantrag, das Rechtsschutzbed&#252;rfnis fehle. Durch die Aufhebung dieser Bescheide k&#246;nne der Kl&#228;ger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die begehrte Wiederauskehrung bzw. R&#252;ckzahlung der von ihm an den Beklagten ausgekehrten Geb&#252;hrenanteile erreichen. F&#252;r die Geb&#252;hrenanteile aus 2015 gelte das schon deshalb, weil dieses Kalenderjahr nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids sei, was aus beiden ausdr&#252;cklich hervorgehe. Auch f&#252;r eine (Wieder)Auskehrung der Geb&#252;hrenanteile 2014 best&#252;nde aufgrund einer gerichtlichen Aufhebung der angefochtenen Bescheide keine Rechtsgrundlage. Dem stehe die bestandskr&#228;ftige Festsetzung der Geb&#252;hrenanteile f&#252;r 2014 gegen&#252;ber dem Kl&#228;ger durch die Jahresnachweisung des Direktors des Amtsgerichts vom 10. November 2015 entgegen. Der Kl&#228;ger habe hiergegen n&#228;mlich erst nach Ablauf eines Jahres und damit versp&#228;tet Widerspruch eingelegt. Inhaltlich m&#252;sse dieser Bescheid deshalb nicht gepr&#252;ft werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Gegen dieses Urteil hat der Kl&#228;ger die Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sowie wegen besonderer tats&#228;chlicher und rechtlicher Schwierigkeiten beantragt. Er h&#228;lt die Rechtsausf&#252;hrungen der Vorinstanz zur Bestandskraft der Festsetzung f&#252;r das Gesch&#228;ftsjahr 2014 f&#252;r nicht &#252;berzeugend. Sein Widerspruch sei nicht verfristet eingelegt worden, da die genaue Bekanntgabe vom Beklagten nicht nachgewiesen worden sei und dieser die Beweislast hierf&#252;r trage. Zudem habe der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden, die als feststellende Verwaltungsakte zu qualifizieren seien, &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Jahresnachweisung vom 10. November 2015 sachlich entschieden und sich gerade nicht auf eine Bestandskraft berufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>In Bezug auf die Geb&#252;hrenanteile f&#252;r das Gesch&#228;ftsjahr 2015 sei die Klage zu Unrecht mangels Rechtsschutzbed&#252;rfnisses abgewiesen worden. In dem Widerspruchsbescheid sei n&#228;mlich ausdr&#252;cklich auch auf R&#252;ckforderung der Anteile f&#252;r 2015 hingewiesen worden. Zudem sei die Nachweisung vom 30. Mai 2017 kein Festsetzungsbescheid und w&#252;rden darin weitere R&#252;ckforderungen ausgewiesen. Die mit dieser Klage angefochtene Festsetzung sei nicht nur vorl&#228;ufig erfolgt und au&#223;erdem mangels Bestimmtheit und wegen der fehlenden Begr&#252;ndung nichtig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Festsetzungen und Jahresnachweisungen und damit auch die R&#252;ckforderungen seien im &#220;brigen auch rechtswidrig, weil sie nicht auf der Grundlage von aktuellen Erhebungen erfolgt seien. Die vom Beklagten zugrunde gelegten B&#252;rokosten aller Gerichtsvollzieher seien lediglich fiktiv auf der Grundlage von im Jahr 1975 angestellten Vermutungen fortgeschrieben worden. Der vom Beklagten angenommene B&#252;rokostenanteil reiche nicht aus, um eine Arbeitskraft zu bezahlen, angemessene B&#252;ror&#228;ume anzumieten, die Kosten f&#252;r B&#252;rom&#246;bel und der B&#252;roausstattung, der Computer Hard- und Software, des sonstigen B&#252;robedarfs sowie laufende Kosten wie Strom, Wasser, Telefonanschluss, Versicherungen, Reinigung des B&#252;ros, Fachliteratur und Porto etc. abzudecken. Der Beklagte habe dabei die in der Erhebung 2016 ermittelten Sachkosten von insgesamt 2.664.044,57 &#8364; zu Unrecht auf 1.977.179,01 &#8364; gek&#252;rzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Auch bei ihm seien im Erhebungsjahr bei seiner Nachweisung ohne nachvollziehbare Begr&#252;ndung und damit willk&#252;rlich K&#252;rzungen vorgenommen worden. Die von den Gerichtsvollziehern auszuf&#252;llenden Erhebungsb&#246;gen seien unzutreffend gestaltet, weil sie nicht geeignet seien, alle tats&#228;chlich angefallenen Kosten zu erfassen. Bei diesen nicht angek&#252;ndigten Erhebungen k&#246;nnten Gerichtsvollzieher ihre Kosten regelm&#228;&#223;ig nicht mehr nachweisen, weil sie keine Belege sammeln w&#252;rden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der R&#252;ckschluss von der Erhebung 2016 auf die Festsetzungen f&#252;r 2014 sei ohnehin ebenso unzul&#228;ssig wie der Hinweis auf die vom Oberverwaltungsgericht f&#252;r die Jahre 2002 und 2003 als rechtm&#228;&#223;ig angesehenen Festsetzungen. Gleiches gelte f&#252;r eine vom Beklagten herangezogene Erhebung aus Niedersachsen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Der vom Beklagten herangezogene Pensenschl&#252;ssel sei unzutreffend, da der Gesetzgeber im Jahr 2007 als Folge der Reform der Sachaufkl&#228;rung einen Belastungsanstieg im Vergleich zum vorherigen &#8222;Bad Naunheimer Schl&#252;ssel&#8220; von 21 % erwartet habe. Die Mehrbelastung l&#228;ge in Rheinland-Pfalz sogar bei mehr als 26 %, tats&#228;chlich sogar bei insgesamt 156,38 %, so dass die vom Beklagten angenommene Belastung von 140,38 % nicht haltbar sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Gleichfalls nicht haltbar sei die angenommene H&#246;he der durchschnittlichen Dokumentenpauschale, da die Masse der Gerichtsvollzieher im Jahr 2014 nicht &#252;ber 2.000,00 &#8364; vereinnahmt h&#228;tten. Es g&#228;be nur wenige &#8222;Inseln&#8220;, in denen exorbitante Dokumentenpauschalen anfielen; diese Zahlen k&#246;nnten nicht landesweit &#252;bertragen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Die vom Beklagten f&#252;r eine angebliche &#220;berzahlung zugrunde gelegte Berechnung resultiere aus dem Umstand, dass die Gerichtsvollziehert&#228;tigkeit eine Art &#8222;Familienbetrieb&#8220; sei, bei dem seit Jahrzenten Familienangeh&#246;rige die Gerichtsvollzieher unentgeltlich unterst&#252;tzten, die im &#220;brigen mehr als 40 Wochenstunden und sogar im Krankenstand und im Urlaub arbeiteten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Der Beklagte tritt dem Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung entgegen. Er verteidigt das angefochtene Urteil, das er auch unter Ber&#252;cksichtigung des Zulassungsvorbringens f&#252;r zutreffend h&#228;lt und erg&#228;nzt und vertieft seine bisherigen Ausf&#252;hrungen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil keiner der beiden vom Kl&#228;ger allein als gegeben erachteten Zulassungsgr&#252;nde (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung &#8211; VwGO &#8211;) vorliegt. Nur diese geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nde sind f&#252;r die Entscheidung &#252;ber seinen Zulassungsantrag zu untersuchen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne von &#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 2010 &#8211; 1 BvR 2011/10 &#8211;, juris Rn. 19) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begr&#252;ndungselemente Auswirkungen auf das Ergebnis der Entscheidung haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. M&#228;rz 2004 &#8211; 7 AV 4.03 &#8211;, juris Rn. 7 ff.;BayVGH, Beschluss vom 24. Januar 2018 &#8211; 3 ZB 16.1962 &#8211;, juris). Zumindest die letztgenannte Voraussetzung liegt hier nicht vor, weil eine Ab&#228;nderung der erstinstanzlichen Entscheidung in einem sp&#228;teren Berufungsverfahren auch unabh&#228;ngig von der Frage der Bestandskraft der Jahresnachweisung 2014, auf die sich das Verwaltungsgericht in seinem Urteil beschr&#228;nkt hat, nicht zu erwarten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>a) F&#252;r die Klage gegen die vorl&#228;ufigen Festsetzungen und Kassenanordnungen des Beklagten vom 10. November 2015 (in H&#246;he von 389,91 &#8364; f&#252;r das 3. Quartal 2015) sowie vom 17. Februar 2016 (in H&#246;he von 960,12 &#8364; f&#252;r das 4. Quartal 2015) besteht kein Rechtsschutzbed&#252;rfnis (mehr), weil diese in den angefochtenen Festsetzungen, die als Verwaltungsakte im Sinne von &#167; 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz i.V.m. &#167; 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz zu qualifizieren sind (vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Januar 2006 &#8211; 1 A 4120/04 &#8211;, juris Rn. 36 und vom 26. M&#228;rz 2010 &#8211; 1 A 945/08 &#8211;, juris Rn. 27; S&#228;chsOVG, Urteil vom 5. Mai 2009 &#8211; 2 A 408/08 &#8211;, juris Rn. 24 f.), nur vorl&#228;ufig erfolgten und die endg&#252;ltige B&#252;rokostenentsch&#228;digung mit sp&#228;terem Bescheid vom 31. Mai 2017 festgesetzt wurde. Mit Erlass dieses Bescheides wurde die einen Teilbereich denselben Abrechnungszeitraum abdeckende, allerdings nur vorl&#228;ufig erfolgte, Festsetzung gegenstandslos (vgl. OVG NRW, Urteil vom 26. M&#228;rz 2010, a.a.O., Rn. 66 ff.; S&#228;chsOVG, Urteil vom 5. Mai 2009, a.a.O., Rn. 31).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Das der Verordnung zur Abgeltung der B&#252;rokosten der Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher zu Grunde liegende Entsch&#228;digungsmodell ist insofern auf eine nachtr&#228;gliche r&#252;ckwirkende Festsetzung des Prozentsatzes sowie eine erst danach erfolgende endg&#252;ltige Festsetzung der B&#252;rokostenentsch&#228;digung angelegt. Aus diesem Entsch&#228;digungsmodell folgt unmittelbar, dass alle vorausgehenden Berechnungen und Festsetzungen nur vorl&#228;ufig sein k&#246;nnen. F&#252;r die mit diesem Entsch&#228;digungsmodell verbundene M&#246;glichkeit der r&#252;ckwirkenden &#196;nderung des im Verordnungswege festgesetzten Prozentsatzes, die in der Sache eine nachtr&#228;gliche endg&#252;ltige Festsetzung f&#252;r das jeweilige Abrechnungsjahr erlaubt, gibt es auch einen sachlichen Grund. Dieser besteht darin, dass die Daten, die nach diesem Modell f&#252;r die j&#228;hrliche Neufestsetzung des Prozentsatzes ben&#246;tigt werden, zu Beginn des jeweiligen Abrechnungsjahres noch nicht vorliegen. Dies gilt unabh&#228;ngig davon, ob die endg&#252;ltige Festsetzung auf Grund der Daten des jeweiligen Abrechnungsjahres oder auf Grund der Vorjahresdaten erfolgt. F&#252;r die Festsetzung des jeweiligen Prozentsatzes auf Grund (m&#246;glichst) aktueller Daten besteht ebenfalls ein sachlicher Grund. Dem Charakter einer pauschalen Aufwandsentsch&#228;digung entspricht es, den pauschalierten Aufwand m&#246;glichst realit&#228;tsnah zu berechnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2011 &#8211; 2 B 39.11 &#8211;, juris Rn. 4). Dazu sind aber m&#246;glichst aktuelle Daten erforderlich (vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 26. M&#228;rz 2010, a.a.O., Rn. 73 f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>In Konsequenz dessen bedurfte es im Rahmen der mit der neuen Klage bereits angefochtenen Jahresnachweisung auch keiner ausdr&#252;cklichen Aufhebung der Festsetzungen und Kassenanordnungen vom 10. November 2015 (in H&#246;he von 389,91 &#8364; f&#252;r das 3. Quartal 2015) sowie vom 17. Februar 2016 (in H&#246;he von 960,12 &#8364; f&#252;r das 4. Quartal 2015). Denn diese wurden mit dem Bescheid vom 31. Mai 2017 ohne weitere rechtliche Zwischenschritte gegenstandslos. Der Gegenstand der vorl&#228;ufigen Regelung stand wegen der noch nicht abgeschlossenen Sachverhaltsermittlung von vornherein unter dem Vorbehalt einer sp&#228;teren, endg&#252;ltigen Entscheidung, durch die sich der vorl&#228;ufige vorherige Verwaltungsakt dann allerdings &#8222;erledigt&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Gegen den Bescheid vom 31. Mai 2017 hat der Kl&#228;ger auch (am 20. Dezember 2017) Klage erhoben (vgl. Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 21. M&#228;rz 2018, Bl. 417 ff. GA). Dort hat der Kl&#228;ger ausweislich der vorliegenden Klageschrift auch dieselben Teilbetr&#228;ge (389,91 &#8364; bzw. 960,12 &#8364;) eingeklagt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Dem l&#228;sst sich nicht erfolgreich entgegenhalten, dass wegen der Ausf&#252;hrungen in den angefochtenen Bescheiden f&#252;r den Kl&#228;ger immer noch ein Rechtsschutzbed&#252;rfnis hinsichtlich der Richtigstellung dieser Feststellungen bestehe. Selbst wenn in diesem Verfahren die entsprechenden Festsetzungen aufgehoben und die zuvor vorl&#228;ufig einbehaltenen Betr&#228;ge dem Kl&#228;ger zur&#252;ckerstattet w&#252;rden, so w&#252;rde sich der in der endg&#252;ltigen Festsetzung abzuf&#252;hrende Betrag im gleichen Umfang erh&#246;hen. Dies zu erreichen kann aber nicht zum Gegenstand einer Klage gegen eine nur vorl&#228;ufige Festsetzung gemacht werden; dies ist nur im Wege des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die endg&#252;ltige Festsetzung m&#246;glich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Da die Klage insoweit unzul&#228;ssig ist, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts in diesem Umfang zutreffend, ohne dass es auf die vom Kl&#228;ger weiterhin aufgeworfenen Fragen nach der inhaltlichen Rechtm&#228;&#223;igkeit noch ankommt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>b) Der im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens vom Kl&#228;ger (f&#252;r den Fall der Zulassung der Berufung) angek&#252;ndigte Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur R&#252;ckzahlung von insgesamt 4.096,23 &#8364; und damit gegen&#252;ber dem erstinstanzlichen Antrag von <span style="text-decoration:underline">weiteren</span> 1.139,67 &#8364; ist jedenfalls in dieser H&#246;he ohne jede Begr&#252;ndung dieses Anspruchs erhoben worden. Selbst auf den Hinweis des Beklagten im Schriftsatz vom 21. M&#228;rz 2018 erfolgte seitens des Kl&#228;gers keine Richtigstellung. Soweit der Kl&#228;ger &#8211; insoweit &#252;bereinstimmend mit dem erstinstanzlichen Klageantrag &#8211; die R&#252;ckzahlung der von der Landesjustizkasse von seinem Dienstkonto eingezogenen 1.606,53 &#8364; begehrt, gilt Folgendes:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>aa) Es spricht Einiges f&#252;r die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach der Festsetzungsbescheid vom 11. November 2015 dem Kl&#228;ger schon vor dem 16. Dezember 2015 zugegangen und dieser somit wegen Ablauf der Jahresfrist des &#167; 58 Abs. 2 VwGO zum Zeitpunkt des von der Bevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers &#8222;h&#246;chst vorsorglich&#8220; eingelegten Widerspruchs vom 20. Dezember 2016 bereits in Bestandskraft erwachsen war.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Das System der Festsetzung und Einbehaltung der dem Gerichtsvollzieher nach Abzug seines Eigenanteils zustehenden B&#252;rokostenentsch&#228;digung besteht in dieser Form seit Jahrzehnten. Danach werden von dem Direktor des Amtsgerichts, dessen Gerichtsbezirk der Amtsbezirk des Gerichtsvollziehers zugeordnet ist, die einzelnen Betr&#228;ge errechnet und anschlie&#223;end mit dem Gerichtsvollzieher besprochen. Wie sich aus dem Vermerk vom 5. April 2017 (Bl. 79 der Verwaltungsakte) ergibt, wurde so auch f&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Jahr 2014 verfahren. Es ist nichts daf&#252;r ersichtlich und wird auch vom Kl&#228;ger nicht vorgetragen, dass ausgerechnet bei ihm die am 10. November 2015 erfolgte Festsetzung und Kassenanordnung zeitlich erst nach der bereits am 9. Dezember 2015 erfolgten Anforderung von der Landesjustizkasse (die den offenen Betrag vom Dienstkonto des Kl&#228;gers eingezogen hat) bekannt gegeben worden w&#228;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>bb) Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage des Zugangs der Festsetzung f&#252;r das Jahr 2014 braucht aber letztlich nicht beantwortet zu werden. Denn die Klage hat auch bei einer inhaltlichen &#220;berpr&#252;fung der angefochtenen Bescheide offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, so dass ein Berufungsverfahren nicht durchzuf&#252;hren ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>cc) Entgegen der Auffassung des Kl&#228;gers ist seine Klage nicht schon deshalb begr&#252;ndet, weil es sich bei dem Widerspruchsbescheid vom 18. April 2017 um einen &#8222;feststellenden&#8220; Verwaltungsakt handele. Hierauf k&#228;me es nur dann an, wenn der Kl&#228;ger gegen den Widerspruchsbescheid eine isolierte Anfechtungsklage im Sinne von &#167; 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhoben h&#228;tte und dieser eine selbst&#228;ndige Beschwer enthielte. Beides trifft vorliegend aber nicht zu. Es ist zudem unklar, warum in einer Berufung der zur Entscheidung durch den Senat gestellte Hilfsantrag sachdienlich sein k&#246;nnte. Begr&#252;ndet wird dieser Antrag in der Antragsschrift vom 5. M&#228;rz 2018 jedenfalls nicht. Gleiches gilt f&#252;r die vom Kl&#228;ger nicht weiter dargelegte Nichtigkeit dieser Verf&#252;gungen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>dd) Im &#220;brigen sind die Bescheide offenkundig rechtm&#228;&#223;ig. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in &#167; 6 Abs. 4 Landesbesoldungsgesetz &#8211; LBesG &#8211; i.V.m. dem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverh&#228;ltnis (Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz &#8211; GG &#8211;). Dieses wird bei den Gerichtsvollziehern seit Jahrzehnten in &#252;berkommener Weise durch eine besondere Ausgestaltung des Dienstverh&#228;ltnisses gepr&#228;gt: Dem Gerichtsvollzieher wird zugestanden, die Geb&#252;hren und Auslagen, die er zuvor von den Vollstreckungsschuldnern im Rahmen seiner Amtst&#228;tigkeit eingezogen hat und die aus Rechtsgr&#252;nden an sich dem Dienstherrn zustehen, vollst&#228;ndig (in Bezug auf die den Schuldnern in Rechnung gestellten Dokumentenpauschale) bzw. anteilig (hinsichtlich der &#252;brigen vom Gerichtsvollzieher festgesetzten Geb&#252;hren und Auslagen) f&#252;r sich zu vereinnahmen und nur einen bestimmten &#8211; durch die jeweils geltenden &#196;nderungsverordnungen festgelegten &#8211; Teil an seinen Dienstherrn abzuf&#252;hren. Damit erzielt der Gerichtsvollzieher f&#252;r sich selbst neben seiner Alimentation (Besoldung) weitere Einnahmen, was allen &#252;brigen Angeh&#246;rigen des &#246;ffentlichen Dienstes nicht m&#246;glich ist. Diese den Gerichtsvollziehern einger&#228;umte Berechtigung zur Erzielung weiteren Einnahme begr&#252;ndet ein besonderes dienstrechtliches Verh&#228;ltnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten, das als eine Art Treuhandverh&#228;ltnis ausgestaltet ist und &#8211; wie noch zu zeigen sein wird &#8211; eigenen Regeln folgt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Auf der anderen Seite ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, einen Amtssitz einzurichten und zu unterhalten, dessen n&#228;here Ausgestaltung durch weitere, nur f&#252;r den Gerichtsvollzieher geltenden Rechtsverordnungen geregelt ist. Damit der Gerichtsvollzieher nach Abzug des an den Dienstherrn abzuf&#252;hrenden Teiles nicht mit eigenen Aufwendungen belastet bleibt, schreiben seit mehreren Jahrzehnten die besoldungsrechtlichen Regelungen (&#167; 49 Abs. 3 Bundesbesoldungsgesetz &#8211; BBesG &#8211; bzw. die zum 1. Juli 2013 in Kraft getretene &#8211; wortgleiche &#8211; landesrechtliche Vorschrift des &#167; 6 Abs. 4 LBesG) vor, dass die Landesregierung bzw. die oberste Dienstbeh&#246;rde durch Rechtsverordnung die Zahlung einer Verg&#252;tung f&#252;r Beamte regeln darf, die im Vollstreckungsdienst t&#228;tig sind; dabei kann auch bestimmt werden, inwieweit mit der Verg&#252;tung ein besonderer Aufwand des Beamten mit abgegolten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Die beiden vorgenannten Normen erm&#228;chtigen danach &#8211; jeweils f&#252;r ihren zeitlichen Geltungsbereich &#8211; die rheinland-pf&#228;lzische Landesregierung, durch Rechtsverordnung die Abgeltung der den Gerichtsvollziehern f&#252;r die Verpflichtung zur Errichtung und Unterhaltung eines B&#252;ros entstehenden Kosten zu regeln. Von dieser Erm&#228;chtigung hat der Beklagte durch die bereits genannte Verordnung zur Abgeltung der B&#252;rokosten der Gerichtsvollzieher vom 3. Juli 1998 (GV-BKE), zuletzt ge&#228;ndert durch Verordnung vom 29. M&#228;rz 2017, Gebrauch gemacht. F&#252;r das hier inmitten stehende Jahr 2014 ist die GV-BKE in der Fassung der dieses Gesch&#228;ftsjahr betreffenden 17. &#196;nderungsverordnung vom 14. September 2015 ma&#223;gebend. Die zwischenzeitlich in Kraft getretene Gerichtsvollzieherverg&#252;tungsverordnung &#8211; GVVergVO &#8211; ist gem&#228;&#223; der &#220;bergangsvorschrift des &#167; 9 GVVergVO in der Fassung vom 8. Dezember 2015 (GVBl. 2015 S. 437) nicht anzuwenden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Die Regelungen des &#167; 49 Abs. 3 BBesG bzw. &#167; 6 Abs. 4 LBesG sind insofern nicht nur blo&#223;e Erm&#228;chtigungsnormen, sondern sie verpflichten zugleich den Dienstherrn zum regelm&#228;&#223;igen Ersatz der angefallenen B&#252;rokosten in Form einer Aufwandsentsch&#228;digung, ohne eine zus&#228;tzliche Alimentation zu begr&#252;nden. Die Verpflichtung ergibt sich aus dem Gebot amtsangemessener Alimentation. Aufgrund des Alimentationsprinzips als eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG ist der Dienstherr verpflichtet, f&#252;r den amtsangemessenen Unterhalt des Beamten und seiner Familie zu sorgen. Dieser Verpflichtung kommt der Dienstherr nach, indem er den Gerichtsvollziehern Bez&#252;ge gew&#228;hrt. Daneben ben&#246;tigen Gerichtsvollzieher Mittel f&#252;r die Einrichtung und Unterhaltung des von ihnen auf eigene Kosten vorzuhaltenden und dauerhaft zu f&#252;hrenden B&#252;ros. Da die ihnen gew&#228;hrten Bez&#252;ge nur zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts gew&#228;hrt werden, ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip die zus&#228;tzliche Verpflichtung des Dienstherrn, ihnen zur Einrichtung und Unterhaltung eines B&#252;ros regelm&#228;&#223;ig zus&#228;tzliche Mittel zur Verf&#252;gung zu stellen, so dass sie nicht gezwungen sind, diese Kosten aus ihrem Grundgehalt oder der ihnen zus&#228;tzlich gew&#228;hrten Vollstreckungsverg&#252;tung zu tragen. Den Gerichtsvollziehern wird demnach nicht zugemutet, Kosten, die ihnen zwangsl&#228;ufig aufgrund dienstlicher Verpflichtung entstehen, selbst zu tragen. Deshalb und weil der Dienstherr lediglich zum Kostenersatz verpflichtet ist, muss sich die Entsch&#228;digung aktuell und realit&#228;tsnah an den tats&#228;chlich angefallenen notwendigen Sach- und Personalkosten orientieren. Der Dienstherr ist hierbei zur Pauschalierung und Typisierung, im Falle gravierender regionaler Unterschiede auch zu Staffelungen befugt oder gar verpflichtet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Ein bestimmtes Entsch&#228;digungsmodell sieht &#167; 49 Abs. 3 BBesG allerdings nicht vor. Der Verordnungsgeber hat vielmehr einerseits darauf zu achten, dass die Aufwandsentsch&#228;digung nicht in eine regelm&#228;&#223;ige zus&#228;tzliche Alimentation f&#252;r den Gerichtsvollzieher umschl&#228;gt. Andererseits muss er ber&#252;cksichtigen, dass das von ihm gew&#228;hlte Entsch&#228;digungsmodell nicht zu einem zu niedrig bemessenen Kostenersatz f&#252;hrt, den der Gerichtsvollzieher durch unentgeltliche B&#252;roarbeit oder Inanspruchnahme seiner Angeh&#246;rigen ausgleichen muss. Eine arbeitnehmergleiche Besch&#228;ftigung von Angeh&#246;rigen, die ohne Entgelt und ohne die Entrichtung von Sozialbeitr&#228;gen erfolgt, hat er bei der Auswertung seiner Erhebungen au&#223;er Betracht zu lassen (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 &#8211; 2 C 13.01 &#8211;, Urteil vom 19. August 2004 &#8211; 2 C 41.03 &#8211;, Beschluss vom 18. April 2006 &#8211; 2 BN 2.05 &#8211;, Beschluss vom 4. Dezember 2006 &#8211; 2 B 23.06 &#8211;, Beschluss vom 13. Dezember 2006 &#8211; 2 B 70.06 &#8211;, Beschluss vom 23. August 2007 &#8211; 2 BN 2.07 &#8211;, Beschluss vom 28. August 2007 &#8211; 2 BN 3.07 &#8211;, Beschluss vom 6. September 2007 &#8211; 2 BN 1.07 &#8211;, jeweils juris). Dieser h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung hat sich die obergerichtliche Rechtsprechung (z.B. OVG Berlin-Brandenburg Urteil vom 8. November 2007 &#8211; OVG 4 B 18.06 &#8211;; OVG Magdeburg, Urteil vom 24. Januar 2007 &#8211; 1 K 349/05 &#8211;; OVG Weimar, Urteil vom 24. Oktober 2006 &#8211; 2 N 249/04 &#8211;; OVG Greifswald, Urteil vom 23. Mai 2006 &#8211; 4 K 6/04 &#8211;; VGH M&#252;nchen, Beschluss vom 16. Oktober 2006 &#8211; 3 N 03.1683 &#8211; u.a., ferner Urteil vom 6. M&#228;rz 2006 &#8211; 3 B 04.3383 &#8211;; OVG M&#252;nster, Urteil vom 27. Januar 2006 &#8211; 1 A 4120/04 &#8211;, juris); OVG Bautzen, Urteil vom 9. Dezember 2005 &#8211; 2 D 7/04 &#8211;; OVG L&#252;neburg, Urteil vom 7. Juli 2005 &#8211; 5 KN 239/03 &#8211;; jeweils juris), auch der Senat, angeschlossen (Urteil vom 27. August 2007 &#8211; 2 A 10364/07.OVG &#8211;, LKRZ 2007, 432 und juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Die Regelung der B&#252;rokostenentsch&#228;digung f&#252;r Gerichtsvollzieher in Rheinland-Pfalz (ebenso die zum Teil wortgleichen Regelungen in anderen Bundesl&#228;ndern) beruht auf einer vom Arbeitskreis f&#252;r Besoldungsfragen der L&#228;nder entwickelten und von der Finanzministerkonferenz 1975 gebilligten Modellverordnung. Die Festsetzung der B&#252;rokostenentsch&#228;digung folgt einem bundesweit grunds&#228;tzlich einheitlichen Entsch&#228;digungsmodell, das jeweils landesspezifisch angepasst wird. Danach setzt sich die B&#252;rokostenentsch&#228;digung aus den erhobenen Schreibauslagen, die den Gerichtsvollziehern ungeschm&#228;lert verbleiben, sowie einem Anteil der f&#252;r die Erledigung der Auftr&#228;ge vereinnahmten Geb&#252;hren (Geb&#252;hrenanteil) zusammen. Der Geb&#252;hrenanteil bemisst sich nach einem bestimmten Prozentsatz der vereinnahmten Geb&#252;hren (vgl. &#167; 2 Satz 1 BKE-VO); zus&#228;tzlich wird ein H&#246;chstbetrag bestimmt (vgl. &#167; 3 Abs. 2 BKE-VO), bei dessen &#220;berschreitung dem Gerichtsvollzieher von dem Mehrbetrag nur ein bestimmter Prozentsatz verbleibt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Der Geb&#252;hrenanteil und der H&#246;chstbetrag werden jeweils j&#228;hrlich neu festgesetzt. Grundlage dieser Festsetzung ist der j&#228;hrlich bundeseinheitlich aufgrund einer Empfehlung des Arbeitskreises f&#252;r Besoldungsfragen durch die federf&#252;hrende Landesjustizverwaltung im Einvernehmen mit dem Finanzministerium des betreffenden Bundeslandes festgesetzte Jahreskostenbetrag, den ein Gerichtsvollzieher im Durchschnitt bei einem Pensum von 100 an B&#252;rokosten aufbringen muss. Hieraus errechnen die L&#228;nder jeweils ihren sog. bereinigten Jahreskostenbetrag, der der unterschiedlichen durchschnittlichen Belastung der Gerichtsvollzieher in den einzelnen Bundesl&#228;ndern nach Ma&#223;gabe eines bestimmten Schl&#252;ssels (sog. Bad-Nauheimer-Schl&#252;ssel) durch Erh&#246;hung des belastungsabh&#228;ngigen Anteils des Jahreskostenbetrags (Personalkostenanteil) Rechnung tr&#228;gt. Mit Hilfe des bereinigten Jahreskostenbetrages werden sodann der Geb&#252;hrenanteil und der H&#246;chstbetrag ermittelt. Der Geb&#252;hrenanteil ergibt sich aus dem Verh&#228;ltnis des um die Schreibauslagen gek&#252;rzten bereinigten Jahreskostenbetrages zu den tats&#228;chlich je Gerichtsvollzieher im Landesdurchschnitt (hier: im Jahr 2014) vereinnahmten Geb&#252;hren. Der um die Schreibauslagen gek&#252;rzte bereinigte Jahreskostenbetrag bildet au&#223;erdem den H&#246;chstbetrag. Der jeweilige Ausgangspunkt dieser Berechnungen, also der bundeseinheitlich festgelegte Jahreskostenbetrag, beruht im Ursprung nicht auf empirischen Erhebungen, sondern auf einer Vermutung zu den durchschnittlichen Kosten eines Gerichtsvollziehers im Jahr 1975 und wurde in den Folgejahren bis 2015 fortgeschrieben, und zwar jeweils aufgeschl&#252;sselt nach Kostenbl&#246;cken, wobei ab 1997 die Personalkosten pauschal nach den Ergebnissen der Tarifverhandlungen im &#246;ffentlichen Dienst und die Sachkosten pauschal anhand des Preisindex fortgeschrieben wurden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p>Im Fall des Kl&#228;gers stellt sich diese Verwaltungs&#252;bung f&#252;r das Abrechnungsjahr 2014 wie folgt dar:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Da der Kl&#228;ger im Erhebungszeitraum kein Personal entgeltlich besch&#228;ftigte, fielen bei ihm auch keine Personalkosten an. Unter diesem Aspekt konnte bei ihm deshalb von vornherein keine alimentationsrechtlich erhebliche Unterzahlung seiner B&#252;rokostenentsch&#228;digung eintreten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich der B&#252;rokosten durfte er &#8211; wie stets &#8211; gem&#228;&#223; &#167; 2 Satz 1 BKE-VO die von den Vollstreckungsschuldnern zu zahlenden Dokumentenpauschalen in voller H&#246;he einbehalten. Auch unter diesem Gesichtspunkt trat keine finanzielle Benachteiligung durch die von ihm mit seiner Klage (auch) in Zweifel gezogene 17. Landesverordnung zur &#196;nderung der BKE-VO (BKE-&#196;nderungsverordnung) ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Der Geb&#252;hrenanteil wird den Gerichtsvollziehern dagegen nur anteilig belassen. Zun&#228;chst wird dieser Geb&#252;hrenanteil durch den Jahresh&#246;chstbetrag begrenzt (&#167; 3 Abs. 2 Satz 1 BKE-VO). Dieser stellt einen Pauschalbetrag dar, der von einem zu 100 % ausgelasteten Gerichtsvollzieher f&#252;r Sach- und Personalaufwand zu erstatten ist: Dieser betrug wie im Jahr zuvor auch f&#252;r das Gesch&#228;ftsjahr 2014 20.274 &#8364;. Zus&#228;tzlich wird ein Prozentanteil bestimmt, der den Gerichtsvollziehern belassen bleibt und durch die j&#228;hrliche BKE-&#196;nderungsverordnung festgelegt wird; dabei wird von den durchschnittlichen Einnahmen und von der durchschnittlichen Belastung des Vorjahres ausgegangen. Der Rest wird nach Vorliegen aller relevanten Daten durch die &#8222;Festsetzung und Kassenanordnung&#8220; an den Dienstherrn abgef&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p>Nach der 16. BKE-&#196;nderungsverordnung wurde der Jahresh&#246;chstbetrag auf 21.150,00 &#8364; und der Geb&#252;hrenanteil f&#252;r 2014 vorl&#228;ufig auf 48,4 % festgesetzt; nach Vorliegen aller Daten reduzierte sich der Geb&#252;hrenanteil f&#252;r 2014 (endg&#252;ltig) auf 41,5 %. Dies f&#252;hrte f&#252;r den Kl&#228;ger f&#252;r das Jahr 2014 zur einer R&#252;ckzahlungsanordnung in H&#246;he von 1.606,53 &#8364;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>Dies alles ergibt sich aus den entsprechenden gesetzlichen Regelungen und wurde &#8211; auch vom Kl&#228;ger nicht substantiiert in Zweifel gezogen &#8211; sowohl sachlich als auch rechnerisch zutreffend festgesetzt. Die Einw&#228;nde des Kl&#228;gers gegen die Festsetzung richten sich in der Sache auch vornehmlich gegen die seiner Auffassung nach nicht plausible und insgesamt zu hohe Festsetzung des Geb&#252;hrenanteils. Insofern greifen seine Einw&#228;nde aber nicht durch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Dies gilt insbesondere f&#252;r seine R&#252;ge, die R&#252;ckzahlungsaufforderung sei rechtswidrig, weil diese weder die Rechtsgrundlage benenne noch die Berechnungsweise erl&#228;utere. Die Berechnung und anschlie&#223;ende Festsetzung der B&#252;rokostenentsch&#228;digung sind vielmehr den Gerichtsvollziehern seit Jahrzehnten als dauerhaft angewandte Verwaltungspraxis des Beklagten bekannt. Sie erkl&#228;ren sich f&#252;r diese auf der Grundlage dieses besonderen dienstrechtlichen Verh&#228;ltnisses sowohl durch die zugrundeliegenden Rechtsverordnungen (die dem Gerichtsvollzieher selbstverst&#228;ndlich ebenso bekannt sind wie die sich daran orientierenden Rechenwerke). Wenn der Kl&#228;ger dies entgegen seinem amtlichen Sonderwissen als nicht nachvollziehbar bezeichnet, so ist dies mit seinen dienstrechtlichen Pflichten als Beamter mit einer besonderen Berechtigung zur Erzielung von Einnahmen neben seiner Alimentation nur schwer vereinbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Bei diesen Festsetzungen ist nach st&#228;ndiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte eine Typisierung und Pauschalierung zul&#228;ssig. Wollte man demgegen&#252;ber vom Verordnungsgeber &#8211; worauf das Vorbringen des Kl&#228;gers hinauszul&#228;uft &#8211; verlangen, in jedem Jahr auf breiter Basis Erhebungen zu den den Gerichtsvollziehern des Landes tats&#228;chlich entstandenen B&#252;rokosten durchzuf&#252;hren, so w&#252;rde der Sinn einer pauschalierenden und typisierenden Regelung verfehlt. Im &#220;brigen spr&#228;che alles daf&#252;r, dass die Gerichtsvollzieher &#252;ber kurz oder lang deutlich schlechter dastehen w&#252;rden als jetzt, weil der Schluss naheliegen w&#252;rde, auf der Grundlage derart ermittelter umfangreicher und vollst&#228;ndiger Zahlen ein Erstattungssystem zu w&#228;hlen, das ausschlie&#223;lich die im Einzelfall tats&#228;chlich nachgewiesenen Aufwendungen ersetzt (vgl. hierzu OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Mai 2006 &#8211; 4 K 6/04 &#8211;, juris Rn. 54).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Die pauschalierende und typisierende Regelung benachteiligt die Masse der Gerichtsvollzieher ohnehin nicht. Die H&#246;he der tats&#228;chlichen Personal- und Sachkosten f&#252;r die Einrichtung und die Unterhaltung des B&#252;ros des Gerichtsvollziehers h&#228;ngt vielmehr in entscheidendem Ma&#223;e von der Eigenverantwortlichkeit des betreffenden Gerichtsvollziehers ab.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>Dabei ist der Sach- und Personalkostenaufwand zwar nicht im laufenden Gesch&#228;ftsjahr, aber realit&#228;tsnah ermittelt worden. Au&#223;erdem kann im Einzelfall, was der Beklagte ausdr&#252;cklich zugebilligt hat, bei Nachweis unverschuldet h&#246;herer Kosten eine h&#246;here Entsch&#228;digung festgesetzt werden (vgl. hierzu &#167; 3 Abs. 7 BKE-VO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p>Zun&#228;chst reicht die Erhebung aus dem Jahre 1975 grunds&#228;tzlich als Ausgangspunkt f&#252;r die Fortschreibung aus (vgl. Senatsurteil vom 27. August 2007 &#8211; 2 A 10364/07.OVG &#8211;, LKRZ 2007, 273 und juris). Hieran h&#228;lt der Senat trotz der vom Kl&#228;ger daran ge&#228;u&#223;erten Kritik (&#8222;willk&#252;rlich, grundlos, rechtswidrig&#8220;) fest. Es handelt sich insofern um pauschale R&#252;gen ohne Substanz.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p>Es besteht f&#252;r den Beklagten auch keine Verpflichtung zu eigenen j&#228;hrlichen Erhebungen; die Heranziehung von Erhebungen in anderen Bundesl&#228;ndern ist jedenfalls dann ausreichend, wenn &#8211; wie hier &#8211; durch eine anschlie&#223;ende Ermittlung mittels von den Gerichtsvollziehern auszuf&#252;llenden Frageb&#246;gen die entsprechenden Erkenntnisse durch aktuelle und landesspezifische Zahlenwerke best&#228;tigt werden. Eine solche Situation liegt hier vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>Wie realit&#228;tsnah der Sachkostenaufwand ermittelt worden ist, zeigt die Mitteilung des Kl&#228;gers im Rahmen der im Folgejahr 2015 vom Beklagten durchgef&#252;hrten Erhebungen: Ausweislich des von ihm selbst ausgef&#252;llten und unterschriebenen Erhebungsbogens hat er f&#252;r das Jahr 2015 einen Sachkostenaufwand in H&#246;he von rund 15.000,00 &#8364; mitgeteilt (Personalkosten hatte er auch in diesem Jahr keine). Von diesen Kosten, die nicht zu belegen waren, aber vom Beklagten auf Plausibilit&#228;t gepr&#252;ft wurden, wurden ihm ca. 12.000 &#8364; anerkannt. Mit seiner Klage fordert er demgegen&#252;ber vom Beklagten im Ergebnis, ihm einen wesentlich h&#246;heren Betrag, n&#228;mlich rund 27.000,00 &#8364; zu belassen. Es ist indessen nichts daf&#252;r ersichtlich und wird auch vom Kl&#228;ger nicht behauptet, dass er in dem Vorjahr (also in 2014) einen &#252;ber 15.000,00 &#8364; h&#246;heren Sachkostenaufwand gehabt haben k&#246;nnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>Ob die Festsetzung auf der Grundlage eines nicht zutreffenden Pensums erfolgt ist, kann dahinstehen. Denn in erster Linie ma&#223;gebend f&#252;r die H&#246;he der B&#252;rokostenentsch&#228;digung ist der vom Beklagten zuvor festgelegte Jahreskostenbetrag, der sich pauschal an den durchschnittlichen Personal- und Sachkosten eines mit 100%er Auslastung arbeitenden Gerichtsvollzieherb&#252;ro orientiert. Da die tats&#228;chlichen B&#252;rokosten aller Gerichtsvollzieher in Rheinland-Pfalz nach der Erhebung f&#252;r das Jahr 2015 bei voller Belastung nur rund 15.500 &#8364; betrugen, ist der angesetzte Jahreskostenbetrag deutlich &#252;berh&#246;ht. Ein &#8211; vom Kl&#228;ger insofern nur pauschal behauptetes &#8211; h&#246;heres Gesamtpensum aller Gerichtsvollzieher wird dadurch mehr als ausgeglichen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_62">62</a></dt> <dd><p>Gleiches gilt f&#252;r die R&#252;ge, die H&#246;he der angesetzten Dokumentenpauschale sei nicht haltbar, weil die Masse der Gerichtsvollzieher in 2014 nicht mehr als 2.000,00 &#8364; an Dokumentenpauschalen vereinnahmt habe. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil die Gerichtsvollzieher diese Einnahmen (die an sich dem Land zust&#252;nden) <span style="text-decoration:underline">vollst&#228;ndig</span> einbehalten (&#167; 2 Satz 1 BKE-VO). Zudem sind die durchschnittlich vereinnahmten Dokumentenpauschalen nach den substantiierten und nicht im Einzelnen in Zweifel gezogenen Angaben des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 18. April 2017 von 4.895,75 &#8364; im Jahr 2013 auf 4.403,83 &#8364; im Jahr 2014 soweit gesunken, dass sie das Niveau der Jahre 2004 (4.422.07 &#8364;) bzw. 2005 (4.424,42 &#8364;) erreichten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_63">63</a></dt> <dd><p>Zur grunds&#228;tzlichen Kritik des Kl&#228;gers an der Feststellung der &#8222;Realit&#228;tsn&#228;he&#8220; der festgesetzten B&#252;rokostenentsch&#228;digung gilt Folgendes: Die Auffassung des Kl&#228;gers, es sei allein Sache des Beklagten, den Nachweis daf&#252;r zu erbringen, dass die Entsch&#228;digung methodisch richtig ermittelt und in angemessener H&#246;he festgesetzt sei, ist rechtsirrig. Es w&#228;ren von seiner Seite vielmehr zumindest nachvollziehbare Anhaltspunkte daf&#252;r zu liefern, dass und in welcher H&#246;he die ihm gew&#228;hrte Entsch&#228;digung doch nicht ausk&#246;mmlich ist; ein solcher Anhaltspunkt h&#228;tte &#8211; unabh&#228;ngig von der Frage, dass unter dem Aspekt der zul&#228;ssigen Typisierung und Pauschalierung dieser Umstand alleine wohl noch nicht zur Rechtswidrigkeit der Verordnung f&#252;hrte &#8211; darin gesehen werden k&#246;nnen, dass jedenfalls er selbst B&#252;rokosten aus seiner Alimentation habe decken m&#252;ssen. Eine solche Darstellung ist seitens des Kl&#228;gers bislang nicht erfolgt. Dann muss seine Klage aber schon als unschl&#252;ssig angesehen werden, soweit er geltend macht, die ihm gew&#228;hrte bzw. belassene Dokumentenpauschale und der jeweils festgesetzte Anteil an den Geb&#252;hren w&#252;rde nicht ausreichen, seine Unkosten zu decken.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_64">64</a></dt> <dd><p>Entgegen der Auffassung des Kl&#228;gers hat der Beklagte die &#196;nderung des Geb&#252;hrenanteils und des H&#246;chstbetrages hinreichend plausibilisiert. Im Widerspruchsbescheid vom 18. April 2017 wird hierzu nachvollziehbar dargestellt, dass sich im Jahre 2014 die vom Bundesgesetzgeber beschlossene Erh&#246;hung der Gerichtsvollziehergeb&#252;hren um 30 % dergestalt ausgewirkt hat, dass der vorl&#228;ufig weiter geltende relativ hohe Anteil von 48,4 % aus dem Jahre 2013 zu deutlichen &#220;berzahlungen gef&#252;hrt hat, die mit der endg&#252;ltigen Festsetzung f&#252;r 2014 zur&#252;ckzuzahlen waren. Derartige Ph&#228;nomene waren auch in den Vorjahren zu verzeichnen, dort allerdings zu Gunsten der Gerichtsvollzieher. So hatte die vorl&#228;ufige Weitergeltung des Prozentsatzes von 43,9 % aus dem Jahr 2012 im Jahre 2013 in Verbindung mit dem R&#252;ckgang der Einnahmen Unterzahlungen zur Folge. Dementsprechend erhielten die Gerichtsvollzieher bei der endg&#252;ltigen Festsetzung f&#252;r 2013 Nachzahlungen des Beklagten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_65">65</a></dt> <dd><p>All dies ist dem Kl&#228;ger, der seit mehreren Jahren als Gerichtsvollzieher t&#228;tig ist und dem die vorstehend dargestellten Abf&#252;hrungsmodalit&#228;ten selbstverst&#228;ndlich vertraut sind, bekannt. Vertrauensschutzgesichtspunkte in der von ihm behaupteten Art sind ihm deshalb nicht zuzubilligen. Hierbei ber&#252;cksichtigt der Senat auch, dass der Kl&#228;ger dem Beklagten nicht als au&#223;enstehender Dritter, sondern als Beamter des Landes gegen&#252;bersteht, dem aus diesem Beamtenverh&#228;ltnis bereits gesetzlich erh&#246;hte Mitwirkungspflichten auferlegt sind (&#167; 35 Satz 1 Beamtenstatusgesetz, vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Mai 2006 &#8211; 4 K 6/04 &#8211;, juris Rn. 50).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_66">66</a></dt> <dd><p>Realit&#228;tsfern, wenn nicht sogar als Regelwidrigkeit gegen&#252;ber steuerrechtlichen Aufzeichnungspflichten muss in diesem Zusammenhang der Vortrag des Kl&#228;gers gewertet werden, er habe im gesamten Jahr 2014 keine Belege gesammelt, weil er nicht mit einer Erhebung gerechnet habe. Dies ist im &#220;brigen aber auch unerheblich, da dies allenfalls als Versto&#223; gegen seine eigenen Obliegenheiten bzw. Interessen zu werten und so allein seiner Verantwortungs- und Risikosph&#228;re zuzuordnen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_67">67</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich ist die damit zusammenh&#228;ngende Argumentation des Kl&#228;gers nicht durchgreifend, wonach die vom Ministerium der Justiz angenommenen niedrigeren tats&#228;chlichen Kosten der Gerichtsvollzieher sich insgesamt nur aus dem Umstand erg&#228;ben, dass Familienangeh&#246;rige die Gerichtsvollzieher regelm&#228;&#223;ig unentgeltlich unterst&#252;tzten, und bei einer Besch&#228;ftigung einer Halbtagskraft tats&#228;chliche Kosten in H&#246;he von j&#228;hrlich 32.682,00 &#8364; anfallen w&#252;rden. Dass diese Argumentation nicht tragf&#228;hig sei kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits gekl&#228;rt: Danach muss der Verordnungsgeber, der schlie&#223;lich nur zum Kostenersatz verpflichtet ist, sich lediglich &#8222;realit&#228;tsnah&#8220; an den regelm&#228;&#223;ig entstehenden tats&#228;chlichen Kosten orientieren. Dies verbietet es, auf einen wie auch immer f&#252;r erforderlich gehaltenen Bedarf abzustellen. Denn der Ersatz eines fiktiven Aufwandes ist keine Abgeltung eines tats&#228;chlich entstehenden Aufwandes. Daher ist der Rechtssatz des Kl&#228;gers, ein idealtypisches, ordentlich organisiertes, an den Grunds&#228;tzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Gerichtsvollzieherb&#252;ro ben&#246;tige eine halbtags besch&#228;ftigte B&#252;rohilfskraft, mit &#167; 6 Abs. 4 LBesG bzw. (fr&#252;her) &#167; 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG nicht vereinbar. Hierbei ist bereits der gedankliche Ausgangspunkt des Kl&#228;gers, es m&#252;sse ein fiktiver Personalkostenaufwand zugrunde gelegt werden, weil seine Arbeit nur mit einer mitarbeitenden Familienangeh&#246;rigen zu bew&#228;ltigen sei, unzutreffend. Es mag zwar sein, dass Gerichtsvollzieher trotz Erforderlichkeit keine B&#252;rohilfskraft besch&#228;ftigen, sondern die B&#252;roarbeit selbst erledigen oder sich von Familienangeh&#246;rigen unentgeltlich unterst&#252;tzen lassen. Richtig ist auch, dass dieser Umstand wegen der anzustellenden typisierenden und pauschalierenden Durchschnittsberechnung statistisch zu einem geringeren Aufwand f&#252;hrt. Besch&#228;ftigt der Gerichtsvollzieher jedoch eine B&#252;rohilfskraft oder &#8211; gegen vertraglich vereinbartes Entgelt &#8211; einen Familienangeh&#246;rigen, so erh&#246;ht sich zwangsl&#228;ufig der vom Beklagten realit&#228;tsnah zu ermittelnde durchschnittliche Kostenaufwand (vgl. zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 &#8211; 2 C 41.03 &#8211;, NVwZ-RR 2005, 214 und juris, dort Rn. 16).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_68">68</a></dt> <dd><p>Die vom Kl&#228;ger demgegen&#252;ber beabsichtigte &#8222;Gegensteuerung&#8220; zu der von ihm unterstellten Fehlentwicklung mithilfe &#8222;fiktiver Personalkosten&#8220; ist daher nicht nur nicht geboten &#8211; sie w&#252;rde im Ergebnis eine zus&#228;tzliche Alimentation f&#252;r die Gerichtsvollzieher bedeuten. Das aber ist, wie dargelegt, bereits aus verfassungsrechtlichen Gr&#252;nden (Art. 33 Abs. 5 GG) unzul&#228;ssig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_69">69</a></dt> <dd><p>2. Der Zulassungsantrag des Kl&#228;gers dringt auch insoweit nicht durch, als dieser gem&#228;&#223; &#167; 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend macht, die Rechtssache weise besondere Schwierigkeiten tats&#228;chlicher oder rechtlicher Art auf. Besondere Schwierigkeiten in diesem Sinne liegen nur dann vor, wenn die Angriffe des Rechtsmittelf&#252;hrers gegen das erstinstanzliche Urteil in rechtlicher und tats&#228;chlicher Hinsicht Fragen von solcher Komplexit&#228;t betreffen, dass sie nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren zu beantworten sind, sondern der Kl&#228;rung in einem Berufungsverfahren bed&#252;rfen. Dies trifft hier jedoch nicht zu. Vielmehr sind die aufgeworfenen Rechtsfragen allesamt, wie aufgezeigt, im Zulassungsverfahren zu beantworten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_70">70</a></dt> <dd><p>II. Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_71">71</a></dt> <dd><p>III. Die Entscheidung &#252;ber die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes f&#252;r das Zulassungsverfahren folgt aus &#167;&#167; 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz &#8211; GKG &#8211;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_72">72</a></dt> <dd><p>IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskr&#228;ftig (&#167; 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).</p></dd> </dl> </div></div> </div>
142,302
olgkobl-2018-12-19-9-u-80518
{ "id": 909, "name": "Oberlandesgericht Koblenz", "slug": "olgkobl", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
9 U 805/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-08T23:46:53
2019-02-12T13:10:40
Urteil
ECLI:DE:OLGKOBL:2018:1219.9U805.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer f&#252;r Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 26. Juni 2018 dahingehend abge&#228;ndert, dass die Klage abgewiesen wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.) Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat der Kl&#228;ger zu tragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>3.) Das Urteil ist vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Kl&#228;ger darf eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>4.) Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Bei dem Kl&#228;ger handelt es sich um den [&#8230;]. Er ist in der vom Bundesamt f&#252;r Justiz gef&#252;hrten Liste qualifizierter Einrichtungen nach &#167; 4 UKlaG eingetragen. Sein Satzungszweck besteht darin, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu f&#246;rdern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu st&#228;rken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beauftragt Werbeunternehmen, im Wege der Haust&#252;rwerbung Verbrauchern den Beitritt zu einer &#8222;[&#8230;] GmbH Mitgliedergemeinschaft&#8220; anzubieten.Gegenstand dieser &#8222;Mitgliedschaft&#8220; sind diverse Leistungen, die im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland erbracht werden sollen. Hierzu z&#228;hlen unter anderem die Erstattung der Kosten f&#252;r medizinisch notwendige Heilbehandlungen, die Erstattung von Kosten f&#252;r notwendige Transporte, die Organisation und Durchf&#252;hrung entsprechender Krankentransporte sowie der Betrieb einer telefonisch erreichbaren &#8222;Alarmzentrale&#8220;. Ein etwaiger Beitritt zu der beklagtenseits angebotenen &#8222;Mitgliedergemeinschaft&#8220; erfolgt mittels der nachfolgend abgebildeten - in Ablichtung als Anlage K1 zur Gerichtsakte gereichten - Vertragsformulare:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>[Ablichtungen]</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die Beklagte unterh&#228;lt f&#252;r ihre Kunden eine Gruppenversicherung bei der [&#8230;]-AG. Insoweit verschafft sie Versicherungsschutz im Rahmen einer Auslandsreisekrankenversicherung inklusive der Erstattung von Such-, Rettungs- und Bergungskosten, sowie einer Auslands- und Inlands-R&#252;ckholkosten-Versicherung. Versicherungsnehmerin und Beitragsschuldnerin ist die Beklagte. Die versprochenen Leistungen werden aus dem Verm&#246;gen der Beklagten direkt und &#252;ber von der Beklagte an ihre Kunden abgetretene Anspr&#252;che aus der Gruppenversicherung erbracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Die Beklagte ist zudem vertraglich verbunden mit einer <em>[&#8230;] AG</em>. Diese erbringt mit ihrem medizinischen Personal und ihrem Flugger&#228;t f&#252;r die Beklagte einen Teil der Versicherungsleistungen sowie die Organisation der rund um die Uhr besetzten Alarmzentrale. Die entsprechende Verg&#252;tung wird von der Beklagten gezahlt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Weder die Beklagte noch die von ihr beauftragten Werbeunternehmen verf&#252;gen &#252;ber eine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung nach &#167; 34d GewO. Die Industrie- und Handelskammer [&#8230;] hat der Beklagten mitgeteilt, bei ihrem - der Beklagten - Gesch&#228;ftsmodell handele es sich nicht um eine nach &#167; 34d GewO erlaubnispflichtige T&#228;tigkeit. Dar&#252;ber hinaus hat die Bundesanstalt f&#252;r Finanzdienstleistungsaufsicht nach entsprechender Pr&#252;fung verneint, dass das Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten eine Vermittlung von Versicherungen und/oder den Betrieb eines Versicherungsgesch&#228;fts bedeute.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin hat die Auffassung vertreten,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>die Beklagte gebe ausschlie&#223;lich die von der [&#8230;]-AG versprochenen Leistungen an die Verbraucher weiter. Die Durchf&#252;hrung von Transporten durch Kooperationspartner &#228;ndere daran nichts, weil auch insoweit die Finanzierung durch den vorbezeichneten Versicherer erfolge. Mithin betreibe die Beklagte tats&#228;chlich eine Versicherungsvermittlung beziehungsweise lasse eine solche betreiben. Die beklagtenseits als Gesch&#228;ftsmodell gew&#228;hlte Konstruktion sei darauf gerichtet, die Erlaubnispflicht des &#167; 34d GewO zu umgehen. Jedenfalls aber versto&#223;e die Beklagte gegen das wettbewerbsrechtliche Irref&#252;hrungsgebot, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, selbst Erbringerin der versprochenen Versicherungsleistungen zu sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Gesch&#228;ftsf&#252;hrer, zu unterlassen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">im Rahmen gesch&#228;ftlicher Handlungen Verbrauchern Vertr&#228;ge, wie in Anlage K1 wiedergegeben, &#252;ber den Beitritt in eine Versichertengemeinschaft anzubieten bzw. anbieten zu lassen, ohne &#252;ber die zur Versicherungsvermittlung erforderliche Erlaubnis zu verf&#252;gen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">hilfsweise</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">im Rahmen gesch&#228;ftlicher Handlungen Verbrauchern Vertr&#228;ge, wie in Anlage K1 wiedergegeben, &#252;ber den Beitritt in eine Versichertengemeinschaft anzubieten bzw. anbieten zu lassen und hierbei den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, selbst Erbringer der Versicherungsleistungen zu sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Sie hat eingewandt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>das Gericht sei bereits an die beh&#246;rdliche Entscheidung der Industrie- und Handelskammer [&#8230;] gebunden. Im &#220;brigen betreibe sie tats&#228;chlich keine Versicherungsvermittlung. Es erfolge nicht ausschlie&#223;lich eine &#8222;kleine St&#252;ckelung&#8220; der Versicherungsleistung des Gruppenversicherungsvertrags. Vielmehr erbringe sie - durch die <em>[&#8230;] AG</em> - dar&#252;ber hinausgehende Leistungen wie Organisation und Durchf&#252;hrung der versicherten Transporte sowie den Betrieb der &#8222;Alarmzentrale&#8220;. Im &#220;brigen sei f&#252;r jeden durchschnittlichen Leser der Vertragsformulare ersichtlich, dass es sich bei den dort in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen nicht um ihre, sondern um diejenigen der [&#8230;]-AG handele.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 26. Juni 2018 im Hauptantrag stattgegeben. Zur Begr&#252;ndung hat es im Wesentlichen ausgef&#252;hrt, die Beklagte umgehe mit ihrem Gesch&#228;ftsmodell in rechtsmissbr&#228;uchlicher Art und Weise die in &#167; 34d GewO normierte Erlaubnispflicht f&#252;r Versicherungsvermittler.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit welcher sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">unter Ab&#228;nderung des am 22.05.2018 verk&#252;ndeten Urteils des Landgerichts Koblenz, Az.: 2 HK O 67/17, die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung im Wesentlichen unter Vertiefung und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Erg&#228;nzend wird auf die Schrifts&#228;tze der Parteien nebst Anlagen, auf die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 22. Mai 2018 und vom 21. November 2018 Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Die zul&#228;ssige Berufung ist vollumf&#228;nglich begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Denn die Klage ist zwar zul&#228;ssig aber unbegr&#252;ndet. Dies gilt sowohl f&#252;r den Haupt- als auch hinsichtlich des Hilfsantrages.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Dem Kl&#228;ger steht der mit dem Hauptantrag der Beklagten gegen&#252;ber geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Insbesondere folgt er nicht aus &#167;&#167; 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG, 34d Abs. 1 Satz 1 GewO. Denn die hier in Rede stehende T&#228;tigkeit der Beklagten unterf&#228;llt nicht der in &#167; 34d GewO normierten Erlaubnispflicht f&#252;r Versicherungsvermittler.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Nach dem zur Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG &#252;ber Versicherungsvermittlung mit Wirkung vom 22. Mai 2007 in die Gewerbeordnung eingef&#252;gten &#167; 34 d Abs. 1 Satz 1 GewO bedarf derjenige, der als Versicherungsvermittler (Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler) gewerbsm&#228;&#223;ig den Abschluss von Versicherungsvertr&#228;gen vermitteln will, grunds&#228;tzlich einer Erlaubnis der zust&#228;ndigen Industrie- und Handelskammer. Die Regelung bezweckt - ebenso wie die ihr zu Grunde liegende Richtlinie 2002/92/EG - die Schaffung eines hohen beruflichen Niveaus der Versicherungsvermittlung und die Harmonisierung des unionsweiten Vermittlermarkts durch die Beseitigung von Hindernissen f&#252;r die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr sowie die Verbesserung des Verbraucherschutzes. Sie ist daher eine Marktverhaltensregelung im Sinne von &#167; 3a UWG, die eine unionsrechtskonforme Reglementierung der Berufsaus&#252;bung darstellt (vgl. zu allem Vorstehenden BGH, GRUR 2014, 794, 795, Rdnr. 16; 88, 89, Rdnr. 14, jew. m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Die Beklagte ist jedoch nicht als Versicherungsvermittler im Sinne von &#167; 34d Abs. 1 Satz 1 GewO zu qualifizieren. Sie ist weder Versicherungsvertreter (&#167; 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GewO) noch Versicherungsmakler (&#167; 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Allerdings folgt dies - worauf das Landgericht zu Recht hingewiesen hat - nicht schon allein aus dem Umstand, dass sowohl die Industrie- und Handelskammer [&#8230;] als auch die Bundesanstalt f&#252;r Finanzdienstleistungsaufsicht eine T&#228;tigkeit der Beklagten als Versicherungsvermittler nach sachlicher Pr&#252;fung verneint und dies der Beklagten mitgeteilt haben.Die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten beurteilt sich vielmehr allein danach, ob ihre gesch&#228;ftliche T&#228;tigkeit objektiv erlaubnispflichtig ist oder nicht. Die Rechtsauffassung der zust&#228;ndigen Verwaltungsbeh&#246;rden ist f&#252;r die Beurteilung, ob das Verhalten der Beklagten objektiv rechtswidrig und damit unlauter ist, hingegen nicht ma&#223;geblich (vgl. BGH, GRUR 2006, 82, 84, Rdnr. 21, m.w.N.; K&#246;hler/ Bornkamm/Feddersen-K&#246;hler, UWG, 36. Aufl. 2018, &#167; 3a, Rdnr. 1.44). Dies gilt umso mehr, als der streitgegenst&#228;ndliche Unterlassungsanspruch des &#167; 8 Abs. 1 UWG - anders als der in &#167; 9 UWG geregelte Schadensersatzanspruch - nicht verschuldensabh&#228;ngig ausgestaltet ist (vgl. K&#246;hler/Bornkamm/Feddersen-K&#246;hler, a.a.O., Rdnr. 1.45 und Rdnr. 1.89).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Die streitgegenst&#228;ndliche T&#228;tigkeit der Beklagten unterf&#228;llt indes schon objektiv nicht dem Versicherungsvermittlerbegriff des &#167; 34d GewO. Nach dem Willen des Gesetzgebers werden in der vorzitierten Norm als Versicherungsvermittler n&#228;mlich (nur) diejenigen bezeichnet, die kraft rechtsgesch&#228;ftlicher Gesch&#228;ftsbesorgungsmacht f&#252;r einen anderen Versicherungsschutz ganz oder teilweise beschaffen, ausgestalten und abwickeln, ohne selbst Versicherungsnehmer oder Versicherer zu sein (vgl. BT-Drs. 16/1935, S. 18; Landmann/Rohmer-Sch&#246;nleiter, GewO, 78. EL April 2018, &#167; 34d, Rdnr. 39 ff.; Erbs/Kohlhaas-Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, 220. EL Juli 2018, &#167; 34d GewO, Rdnr. 6; Pr&#246;lss/Martin-D&#246;rner, VVG, 30. Aufl. 2018, &#167; 34d GewO, Rdnr. 3; Tettinger/Wank/Ennuschat-Ennuschat, GewO, 8. Aufl. 2011, &#167; 34d, Rdnr. 23, m.w.N.; s. auch Langeid/Wandt-Reiff, M&#252;nchKomm-VVG, 2. Aufl. 2016, &#167; 59, Rdnr. 3 f.). Ein Versicherungsnehmer kann mithin nicht zugleich Vermittler sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Hierf&#252;r spricht im &#220;brigen auch der Umstand, dass nach &#167; 4 Nr. 10 b) UStG solche Leistungen steuerfrei sind, die darin bestehen, dass anderen Personen Versicherungsschutz verschafft wird.Verschaffung eines Versicherungsschutzes in diesem Sinne liegt aber nur dann vor, wenn der Unternehmer selbst Versicherungsnehmer wird (vgl. BeckOK Weym&#252;ller-Hahn, UStG, 18. Edition, Stand, 17. September 2018, &#167; 4 Nr. 10, Rdnr. 77.1). Dass der Gesetzgeber f&#252;r diese Konstellation eine eigenst&#228;ndige Regelung in &#167; 4 UStG geschaffen hat, l&#228;sst ebenfalls darauf schlie&#223;en, dass auch nach seinem Verst&#228;ndnis der Versicherungsnehmer (einer Versicherung f&#252;r fremde Rechnung) nicht Versicherungsvermittler ist. Denn anderenfalls h&#228;tte es nahegelegen, die hier in Rede stehende Regelung mit in &#167; 4 Nr. 11 UStG aufzunehmen, wonach Ums&#228;tze unter anderem aus der T&#228;tigkeit als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Hier kommt der Beklagten die rechtliche Qualit&#228;t eines (Mit-)Versicherungsnehmers zu. Denn bei dem hier in Rede stehenden Gruppenversicherungsvertrag zwischen der Beklagten und der [&#8230;]-AG handelt es sich um eine Versicherung f&#252;r fremde Rechnung gem&#228;&#223; &#167;&#167; 43 ff, 193, 194 Abs. 3 VVG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hat den betreffenden (Gruppen-)Versicherungsvertrag n&#228;mlich &#252;ber ein fremdes Interesse - die vom Versicherungsumfang gedeckten Krankheitskosten der versicherten Personen - abgeschlossen (vgl. insoweit Armbr&#252;ster in: Beckmann/Matusche- Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2015, &#167; 6, Rdnr. 91). Ein eigenes wirtschaftliches Interesse des Versicherungsnehmers an der Versicherung - hier die M&#246;glichkeit der Gewinnerzielung und die Refinanzierung etwaiger der <em>[&#8230;] AG</em> gegen&#252;ber bestehender Verg&#252;tungspflichten - schlie&#223;t eine Fremdversicherung nicht aus (vgl. BVerwG, NJW 1987, 474, 476; Pr&#246;lss/Martin-Klimke, VVG, 30. Aufl. 2018, &#167; 43, Rdnr. 3). Der Vertrag kann vielmehr - wie hier - eigenes und fremdes Interesse nebeneinander decken (vgl. Pr&#246;lss/Martin-Klimke, a.a.O.). Dem entsprechend sind Gruppenversicherungen auch in aller Regel als Versicherung f&#252;r fremde Rechnung anzusehen (vgl. Pr&#246;lss/Martin-Voit, a.a.O., &#167; 193, Rdnr. 4).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Die Beklagte ist zudem unstreitig Beitragsschuldnerin der [&#8230;]-AG (vgl. insoweit Armbr&#252;ster in: Beckmann/Matusche-Beckmann, a.a.O.). Im &#220;brigen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Versicherungsvertrag im (fremden) Namen der Interessetr&#228;ger - der versicherten Personen - abgeschlossen haben k&#246;nnte. Mithin ist nach der Vermutung des &#167; 43 Abs. 2 VVG davon auszugehen dass der Vertrag beklagtenseits im eigenen Namen f&#252;r fremde Rechnung geschlossen worden ist (vgl. Pr&#246;lss/Martin-Klimke, a.a.O., Rdnr. 2; Armbr&#252;ster in: Beckmann/Matusche-Beckmann, a.a.O., Rdnr. 92).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Dass - wie sich der in Ziffer 4. Abs. 7 des Gruppenversicherungsvertrags (Vorausabtretung) entnehmen l&#228;sst - die Beklagte berechtigt ist, die Versicherungsleistung zu verlangen, steht einer Qualifikation der hier in Rede stehenden Versicherung als eine solche f&#252;r fremde Rechnung ebenfalls nicht entgegen. Dies entspricht - im vorliegenden Fall einer Krankenversicherung, deren versicherte Personen dem Versicherer gegen&#252;ber nicht benannt worden sind - vielmehr der in &#167; 194 Abs. 3 S&#228;tze 1 und 2 VVG bez&#252;glich der Krankenversicherung f&#252;r fremde Rechnung ausdr&#252;cklich getroffenen Regelung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Die Beklagte ist auch - anders als der Kl&#228;ger meint - nicht deshalb der Erlaubnispflicht des &#167; 34d Abs. 1 Satz 1 GewO unterworfen, weil ihr eine rechtsmissbr&#228;uchliche Umgehung der Versicherungsvermittlern obliegenden Beratungs- und Dokumentationspflichten vorzuwerfen w&#228;re (vgl. insoweit LG Erfurt, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 2 HK O 156/13 -, juris, Rdnr. 26 f.; Landmann/Rohmer-Sch&#246;nleiter, GewO, 78. EL April 2018, &#167; 34d, Rdnr. 38). Denn eine rechtsmissbr&#228;uchliche Umgehung der speziell auf Versicherungsvermittler anwendbaren gesetzlichen Regelungen ist nicht festzustellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Insoweit kann n&#228;mlich nicht unber&#252;cksichtigt bleiben, dass sich das hier in Rede stehende Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten auf eine Gruppenversicherung im Sinne einer Versicherung f&#252;r fremde Rechnung gr&#252;ndet. Damit macht sich die Beklagte indes ausschlie&#223;lich eine seitens des Gesetzgebers im Versicherungsvertragsgesetz ausdr&#252;cklich geschaffene und mithin gesetzgeberisch gebilligte Vertragskonstellation zu Nutze. Schon in Anbetracht dessen kann davon, dass die beklagtenseits gew&#228;hlte Vertragskonstellation zu einem grob unbilligen als unertr&#228;glich empfundenen und mit der Gerechtigkeit nicht mehr zu vereinbarenden Ergebnis f&#252;hrt (vgl. BSG, NJW 2010, 1485, 1486, Rdnr. 26; Jauernig-Mansel, BGB, 17. Aufl. 2018, &#167; 242, Rdnr. 37; Staudinger-Olzen/Looschelders, BGB, Neubearb. 2015, &#167; 242, Rdnr. 221), nicht die Rede sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Dies gilt umso mehr, als sich das Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten keineswegs darin ersch&#246;pft, im Rahmen einer Gruppenversicherung (allein) den Versicherungsschutz in kleinen St&#252;ckelungen an die (die Pr&#228;mie anteilm&#228;&#223;ig zahlenden) Endkunden zu vermitteln (vgl. insoweit LG Erfurt, Urteil vom 24. Oktober 2013 - 2 HK O 156/13 -, juris, Rdnr. 26 f.; Landmann/Rohmer-Sch&#246;nleiter, GewO, 78. EL April 2018, &#167; 34d, Rdnr. 38). Denn jedenfalls mit der tats&#228;chlichen Organisation und Durchf&#252;hrung eines R&#252;cktransports im Krankheitsfall sowie dem Bereitstellen einer &#8222;Alarmzentrale&#8220; erbringt die Beklagte ihren Kunden gegen&#252;ber - wenn auch durch die <em>[&#8230;] AG</em> als Subunternehmerin - eigenst&#228;ndige, &#252;ber den Leistungsumfang der Gruppenversicherung hinausgehende Leistungen. Diese k&#246;nnen f&#252;r die Kunden der Beklagten auch von einem besonderen Wert sein, besteht doch gerade im Krankheitsfall - und in besonderem Ma&#223;e im Falle einer Erkrankung im Ausland - typischerweise ein gro&#223;es Interesse des Erkrankten oder seiner Angeh&#246;rigen, einen klaren, einheitlichen Ansprechpartner zu haben und sich nicht weiter mit organisatorischen Dingen besch&#228;ftigen zu m&#252;ssen. Dem entsprechend wirbt die Beklagte auch - wie sich den Anlagen K1 und K4 entnehmen l&#228;sst - mit den Krankentransporten und deren Organisation.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Nur der Vollst&#228;ndigkeit halber ist erg&#228;nzend darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten bzw. ihrer Vertriebsorganisation angesprochenen Verbraucher nicht in gleichem Ma&#223;e schutzw&#252;rdig sind wie solche, die von Versicherungsvermittlern kontaktiert werden. Denn anders als ein Versicherungsvermittler erweckt die Beklagte schon gar nicht den Anschein, den von ihr bzw. f&#252;r sie angesprochenen Verbraucher objektiv zu beraten. Sie tritt vielmehr f&#252;r jeden ohne weiteres erkennbar als potentieller Vertragspartner mit eigenen wirtschaftlichen Interessen auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Nach alledem kommt es auf die beklagtenseits verlangten Preise und deren Verh&#228;ltnis zu &#252;blichen Versicherungsbeitr&#228;gen hier nicht an. Die Preisgestaltung der Beklagten ist im &#220;brigen auch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Dem Kl&#228;ger steht auch der mit dem Hilfsantrag der Beklagten gegen&#252;ber geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Insbesondere folgt er nicht aus &#167;&#167; 8 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 bzw. Nr. 3 UWG. Denn durch die Anlage K1 - nur diese ist nach der hier ma&#223;geblichen Antragsfassung Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens - wird bei einem durchschnittlich informierten und verst&#228;ndigen Verbraucher, welcher ihr - der Anlage - die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, (vgl. BGH, GRUR 2000, 619, 621; 2003, 626, 627; 2004, 244, 245; K&#246;hler/Bornkamm/Fedder- sen-Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. 2018, &#167; 5, Rdnr. 1.76, m.w.N.; Spindler/Schuster-Micklitz/Namyslowska, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, &#167; 5 UWG, Rdnr. 18, m.w.N.) nicht der unzutreffende Eindruck erweckt, die Beklagte sei selbst Erbringer der Versicherungsleistung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p>Insoweit gilt es n&#228;mlich entscheidend zu ber&#252;cksichtigen, dass sich in der streitgegenst&#228;ndlichen &#8222;Aufnahmeerkl&#228;rung&#8220; unter der - zudem fettgedruckten - &#220;berschrift &#8222;N&#228;here Informationen&#8220; ein ausdr&#252;cklicher Hinweis findet, wonach die Beklagte nicht Versicherer ist (&#8222;Versicherer: [&#8230;]-AG, [&#8230;], [&#8230;]&#8220;). Auch anhand der nachfolgend abgedruckten &#8222;Einwilligung nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)&#8220; - diese &#220;berschrift ist ebenfalls durch Fettdruck hervorgehoben - ist dies f&#252;r einen durchschnittlich informierten und verst&#228;ndigen Verbraucher, der dem streitgegenst&#228;ndlichen Formular die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, zu erkennen. Denn dort findet sich unter anderem die Formulierung &#8222;[&#8230;] die [&#8230;] GmbH und die entsprechenden Versicherer&#8220; [&#8230;]. Der Text unterscheidet also klar und eindeutig zwischen der Beklagten einerseits und den Versicherern andererseits.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Dass sich diese Hinweise auf der R&#252;ckseite des Formulars befinden, schadet nicht. Denn die Aufmerksamkeit eines die &#8222;Aufnahmeerkl&#228;rung&#8220; betrachtenden Durchschnittsverbrauchers wird durch mehrere bei situationsad&#228;quater Aufmerksamkeit deutlich wahrnehmbare Hinweise gerade (auch) auf die R&#252;ckseite des Formulars gelenkt. So hei&#223;t es auf der Vorderseite des Formulars zwischen den Feldern f&#252;r die Eintragung der pers&#246;nlichen Daten der versicherten Personen und dem Unterschriftsfeld - durch Fettdruck hervorgehoben - unter anderem:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;Die Einwilligungserkl&#228;rung gem&#228;&#223; Bundesdatenschutzgesetz (<span style="text-decoration:underline">siehe R&#252;ckseite</span>) habe ich zur Kenntnis genommen.&#8220; (Hervorhebung durch den Senat.)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Unmittelbar vor dem Unterschriftsfeld findet sich dann weiter der folgende Hinweis:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;Die r&#252;ckseitige Widerrufsbelehrung habe ich zur Kenntnis genommen. [&#8230;]&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p>Auch durch das Zusatzblatt &#8222;Unsere Leistungen f&#252;r Sie&#8220; wird bei einem durchschnittlich informierten und verst&#228;ndigen Verbraucher, welcher ihr - der Anlage - die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, nicht der unzutreffende Eindruck erweckt, die Beklagte sei selbst Erbringer der Versicherungsleistung. Denn dort wird - keinesfalls versteckt, sondern im Rahmen der den potentiellen Kunden besonders interessierenden Beschreibung des Leistungsumfangs und dort zudem im einheitlichen Schriftbild gehalten sowie innerhalb eines kurzen und &#252;bersichtlich gestalteten Textes - unter anderem darauf hingewiesen, dass in die Erf&#252;llung der versprochenen Leistungen neben der Beklagten auch andere Unternehmen eingebunden sind. Nicht anders kann es bei verst&#228;ndiger W&#252;rdigung aus der hier ma&#223;geblichen Sicht eines verst&#228;ndigen Durchschnittsverbrauchers verstanden werden, wenn es im letzten Gliederungspunkt der Beschreibung des Leistungsumfangs hei&#223;t:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;Starke Gemeinschaft <span style="text-decoration:underline">mit starken Partnern</span> [&#8230;]&#8220; (Hervorhebung durch den Senat.)</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>Diese Information ist unzweideutig und geeignet, einen etwaigen beim Verbraucher zuvor erweckten Eindruck, sie Beklagte sei auch Erbringer der versprochenen Versicherungsleistung, zu beseitigen und ihn von einer auf Irrtum beruhenden gesch&#228;ftlichen Entscheidung abzuhalten. Dies gilt im &#220;brigen umso mehr f&#252;r die oben bereits geschilderten Hinweise in der streitgegenst&#228;ndlichen &#8222;Aufnahmeerkl&#228;rung&#8220;. Dabei gilt es in besonderem Ma&#223;e zu beachten, dass diese Erkl&#228;rung seitens des angesprochenen Verbrauchers ausgef&#252;llt oder doch zumindest unterzeichnet werden muss, bevor es zu einem Vertragsschluss mit der Beklagten kommt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#167; 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167;&#167; 708 Nr. 10 Satz 1, 711 S&#228;tze 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Der Streitwert f&#252;r das Berufungsverfahren wird gem&#228;&#223; &#167;&#167; 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 51 Abs. 2, 45 S&#228;tze 2 und 3 GKG auf 20.000,-- &#8364; festgesetzt. Er errechnet sich aus Haupt- und Hilfsantrag, da &#252;ber den Hilfsantrag entschieden wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>Die kl&#228;gerseits mit Haupt- und dem Hilfsantrag geltend gemachten Anspr&#252;che betreffen nicht denselben Gegenstand. Bei dem Begriff des Gegenstands in &#167; 45 Abs. 1 Satz 3 GKG handelt es sich um einen selbst&#228;ndigen kostenrechtlichen Begriff, der eine wirtschaftliche Betrachtung erfordert. Eine Zusammenrechnung hat dort zu erfolgen, wo eine wirtschaftliche Werth&#228;ufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist. Wirtschaftliche Identit&#228;t liegt vor, wenn die in ein Eventualverh&#228;ltnis gestellten Anspr&#252;che nicht in der Weise nebeneinander bestehen k&#246;nnen, dass - die vom Kl&#228;ger gesetzte Bedingung fortgedacht - allen stattgegeben werden k&#246;nnte, sondern dass die Verurteilung gem&#228;&#223; dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich z&#246;ge (vgl. zu allem Vorstehenden BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZR 190/11 -, BeckRS 2013, 11006, Rdnr. 11; B&#252;scher, GRUR 2012, 16, 22, jew. m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_58">58</a></dt> <dd><p>Danach sind die hier von dem Kl&#228;ger verfolgten Anspr&#252;che nicht wirtschaftlich identisch. Regelm&#228;&#223;ig ist n&#228;mlich davon auszugehen, dass bei mehreren auf verschiedene wettbewerbsrechtliche Anspr&#252;che gest&#252;tzten Streitgegenst&#228;nden eine wirtschaftliche Werteh&#228;ufung eintritt (vgl. B&#252;scher, a.a.O.; G&#246;tting/Nordemann-Albert, UWG, 3. Aufl. 2016, &#167; 12, Rdnr. 391, m.w.N.). So liegt der Fall hier. W&#228;hrend der Hauptantrag auf die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung eines vermeintlich dem Rechtsbruchtatbestand unterfallenden Verhaltens gerichtet ist, betrifft der Hilfsantrag die Unterlassung einer vermeintlich irref&#252;hrenden gesch&#228;ftlichen Handlung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_59">59</a></dt> <dd><p>Der H&#246;he nach ist jedoch zu ber&#252;cksichtigen, dass sich der Kl&#228;ger sowohl mit dem Hauptantrag als auch mit dem Hilfsantrag im wirtschaftlich bedeutsamen Kern gegen das Gesch&#228;ftsmodell der Beklagten als solches wendet. Dies rechtfertigt die Bewertung des Hilfsantrages mit nur einem Bruchteil des Wertes des Hauptantrages (vgl. insoweit BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZR 190/11 -, BeckRS 2013, 11006, Rdnr. 13), wobei im Streitfall 1/3 angemessen aber auch ausreichend ist. Denn der Angriffsfaktor und die Verletzungshandlung des Anbietens bzw. anbieten Lassens von Vertr&#228;gen wie in der Anlage K1 wiedergegeben sind bei beiden Antr&#228;gen identisch (vgl. insoweit auch B&#252;scher, a.a.O., 23, m.w.N., zum Markenrecht sogar nur eine Erh&#246;hung um 10 bis 20 % vertretend).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_60">60</a></dt> <dd><p>Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grunds&#228;tzliche Bedeutung (&#167; 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Auch liegen die Voraussetzungen des &#167; 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO nicht vor; weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_61">61</a></dt> <dd><p>Insbesondere ist weder dargetan noch sonst irgendwie ersichtlich, dass die Frage, ob der gewerbliche Versicherungsnehmer einer Gruppenversicherung der Erlaubnispflicht des &#167; 34d Abs. 1 Satz 1 GewO unterfallen kann, von allgemeiner - &#252;ber den konkreten Einzelfall hinausgehender - Bedeutung w&#228;re (vgl. insoweit Kessal-Wulf in: BeckOK Vorwerk/Wolf, ZPO, 30. Edition, Stand: 15. September 2018, &#167; 543, Rdnr. 19, m.w.N.; Musielak/Voit-Ball, ZPO, 15. Aufl. 2018, &#167; 543, Rdnr. 6; M&#252;nchKomm-Kr&#252;ger, ZPO, 5. Aufl. 2016, &#167; 543, Rdnr. 8, m.w.N.). Das Fehlen nahezu jeglicher ver&#246;ffentlichter Rechtsprechung insoweit trotz des Inkrafttretens der betreffenden Norm schon vor mehr als zehn Jahren spricht jedenfalls gegen eine derartige Bedeutung der genannten Rechtsfrage. Im &#220;brigen ist die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits schon ganz offensichtlich von den Besonderheiten des zugrunde liegenden Einzelfalles gepr&#228;gt.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
125,214
olgd-2018-12-19-3-kart-11717-v
{ "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
3 Kart 117/17 (V)
2018-12-19T00:00:00
2019-01-04T14:23:29
2019-02-12T11:31:53
Beschluss
ECLI:DE:OLGD:2018:1219.3KART117.17V.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 28.09.2017, Az.: 608-2017-13f-2, wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Beschwerdef&#252;hrerin tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschlie&#223;lich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen au&#223;ergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur sowie der weiteren Beteiligten.</p> <p>Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <strong><span style="text-decoration:underline">A.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdef&#252;hrerin ist ein Tochterunternehmen der A. Sie betreibt am Standort &#8230; in innerst&#228;dtischer Lage in &#8230; ein Heizkraftwerk mit Kraft-W&#228;rme-Kopplung. Zu dem Heizkraftwerk geh&#246;ren zwei Gas- und Dampfanlagen mit einer Leistung von jeweils 75 MW, die an das 110-kV Netz der B angeschlossen sind.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte ist der verantwortliche &#220;bertragungsnetzbetreiber in der Regelzone, in der das streitgegenst&#228;ndliche Heizkraftwerk der Beschwerdef&#252;hrerin liegt. Sie hatte dieses bereits in den Jahren 2013 und 2015 als systemrelevant ausgewiesen. Die Bundesnetzagentur hatte die Ausweisungen jeweils f&#252;r die Dauer von 24 Monaten genehmigt.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 03.07.2017 beantragte die Beteiligte unter Bezugnahme auf die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber vom 24.04.2017 bei der Bundesnetzagentur die Verl&#228;ngerung der Ausweisung systemrelevanter Gaskraftwerke in ihrer Regelzone, u.a. auch des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die von der Bundesnetzagentur am 24.04.2017 auf ihrer Internetseite ver&#246;ffentlichte Systemanalyse gelangt zu dem Ergebnis, dass im Starkwind &#8211; Starklast - Szenario f&#252;r den Winter 2017/2018 sowie den Winter 2018/2019 ein Bedarf an Netzreserve bestehe, um ausreichend Redispatch-Potential gew&#228;hrleisten zu k&#246;nnen und das Netz auch in dieser Situation n-1 sicher sowie unter Beachtung von Mehrfachfehlern betreiben zu k&#246;nnen. Eine Starkwind &#8211; Starklast &#8211; Situation ist von einer hohen Stromproduktion im Norden bei geringer Einspeisung durch Photovoltaikanlagen und hoher Nachfrage im S&#252;den gepr&#228;gt. In einer solchen Lage kommt es zu einem hohen Lastfluss von Norden nach S&#252;den, wof&#252;r die Transportkapazit&#228;ten des deutschen &#220;bertragungsnetzes nicht ausreichen. Infolgedessen m&#252;ssen Kraftwerke im S&#252;den ihre Einspeisung erh&#246;hen, w&#228;hrend die &#220;bertragungsnetzbetreiber im Norden Erzeugungsanlagen im Wege des Redispatch abregeln. Als Gegenma&#223;nahme muss die Stromerzeugung in S&#252;ddeutschland zur Begrenzung der Lastfl&#252;sse von Norden nach S&#252;den sichergestellt sein.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der Systemanalyse kommen die &#220;bertragungsnetzbetreiber zu dem Ergebnis, dass ein Wegfall von am Markt aktiven, redispatchf&#228;higen Kraftwerken diesen Bedarf noch vergr&#246;&#223;ere. F&#252;r den Winter 2018/2019 sei sogar eine ausl&#228;ndische Reservekraftwerkskapazit&#228;t i.H.v. 2,1 GB erforderlich. Die Bundesnetzagentur best&#228;tigte die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber am 28.04.2017 (Feststellung des Bedarfs an Netzreserve f&#252;r den Winter 2017/2018 sowie das Jahr 2018/2019 und zugleich Bericht &#252;ber die Ergebnisse der Pr&#252;fung der Systemanalyse).</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In dem Antrag auf Ausweisung unter anderem auch des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks als systemrelevant machte die Beteiligte unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der Systemanalyse geltend, dass es eine wesentliche Gef&#228;hrdung des deutschen Energieversorgungssystems darstelle, wenn die im Antrag bezeichneten Kraftwerke nicht zur Verf&#252;gung st&#252;nden. Zugleich f&#252;hrte sie aus, dass Kraftwerke, die nicht im Wege des Redispatch einsetzbar seien, die kritische Situation noch versch&#228;rfen k&#246;nnten, wenn ihre &#8222;Nicht-Versorgung&#8220; zum Wegfall ihrer verbrauchsnahen Erzeugung f&#252;hre.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Bundesnetzagentur informierte die Beschwerdef&#252;hrerin mit Schreiben vom 17.07.2017 &#252;ber diesen Antrag sowie ihre Absicht, die Genehmigung zu erteilen und gab Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 29.08.2017 schilderte die Beschwerdef&#252;hrerin die f&#252;r die Fahrweise der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen ma&#223;geblichen Besonderheiten und f&#252;hrte aus, es sei unm&#246;glich, diese entsprechend den Anforderungen der Beteiligten nachzur&#252;sten oder umzubauen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit dem angegriffenen Beschluss vom 28.09.2017 genehmigte die Bundesnetzagentur die Ausweisungsentscheidungen der Beteiligten, darunter die Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Heizkraftwerks als systemrelevant f&#252;r die Dauer von 24 Monaten. Sie begr&#252;ndete diese Entscheidung unter Bezugnahme auf die Ergebnisse der von ihr best&#228;tigten Systemanalyse. Die Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems seien gef&#228;hrdet, falls infolge einer teilweisen oder vollst&#228;ndigen Nichtverf&#252;gbarkeit der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen den &#220;bertragungsnetzbetreibern zu wenig Redispatch-Leistung zur Verf&#252;gung stehe. Unter Verweis auf den Gasversorgungsengpass aus dem Jahr 2012 beurteilte sie den Gefahreneintritt als hinreichend wahrscheinlich. Wegen des Ausma&#223;es der drohenden Sch&#228;den sei es gerechtfertigt, den Grad an Eintrittswahrscheinlichkeit niedrig anzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit der dagegen gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdef&#252;hrerin geltend, dass die Ausweisung als systemrelevant einen schwerwiegenden Eingriff in ihre unternehmerische T&#228;tigkeit darstelle, der nur auf Basis einer ausreichenden Rechtsgrundlage und einer vollst&#228;ndigen Sachverhaltsermittlung h&#228;tte erfolgen d&#252;rfen, diese Voraussetzungen jedoch nicht vorl&#228;gen. Die Bundesnetzagentur habe&#160; nicht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage entschieden. Der diesbez&#252;gliche Ermittlungsbedarf sei normbezogen zu bestimmen. Aus dem eindeutigen Wortlaut des &#167; 13f Abs.1 S. 1 EnWG folge, dass die Systemrelevanz einzelner, spezifischer Anlagen individuell festzustellen sei. Die Ausweisungsentscheidung betreffe indes 22 Kraftwerke mehrerer Betreiber und sei einheitlich in einem insgesamt nur 14-seitigen Genehmigungsbeschluss ergangen, von denen nur f&#252;nf Seiten auf die eigentliche Begr&#252;ndung entfielen. Die Bundesnetzagentur habe die Ausweisung demnach unspezifisch und nicht aufgrund einer individuellen Sachverhaltsermittlung vorgenommen. Statt die Systemrelevanz der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke im Einzelfall darzulegen, beschr&#228;nke sie sich auf pauschale Behauptungen &#252;ber die Systemsicherheit, die theoretisch durch jede Schwankung auf der Erzeugerseite gef&#228;hrdet werden k&#246;nnte. Es fehle an einer Darlegung und Begr&#252;ndung, warum ausgerechnet die streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke systemrelevant sein sollten. Insoweit h&#228;tte die Bundesnetzagentur einen Vergleich zwischen den verschiedenen in Betracht kommenden Gaskraftwerken durchf&#252;hren und darlegen m&#252;ssen, aus welchen Gr&#252;nden sie einzelne Kraftwerke f&#252;r systemrelevant halte.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems fehle es an einer zutreffenden Tatsachenermittlung. Die Bundesnetzagentur beschr&#228;nke sich auf den Hinweis, dass die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber bereits eine umfassende Ermittlung der f&#252;r die Ausweisung von Kraftwerken als systemrelevant erheblichen Tatsachen enthalte. Weder aus der Systemanalyse noch aus dem Bericht &#252;ber die Feststellung des Bedarfs an Netzreserve f&#252;r den Winter 2017/2018 ergebe sich jedoch, aus welchen Gr&#252;nden gerade die streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke systemrelevant sein sollten. Im Gegenteil w&#252;rden diese Einheiten dort nicht einmal erw&#228;hnt. Somit fehle die zentrale Transferleistung zwischen der Systemanalyse und der Einstufung einzelner Kraftwerke als systemrelevant.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mangels belastbarer Feststellungen seien auch die Prognosen, die die Bundesnetzagentur im Hinblick auf eine St&#246;rung der Gasversorgung und eine Gef&#228;hrdung der Sicherheit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems angestellt habe, fehlerhaft. Die Argumentation der Bundesnetzagentur, wonach angesichts des &#252;berragenden &#246;ffentlichen Interesses an einer funktionierenden Stromversorgung an die Wahrscheinlichkeit eines St&#246;rungseintritts nur geringe Anforderungen zu stellen seien, gehe fehl. Da jeder &#246;rtliche Leistungsabfall in einer Regelzone eine kurzfristige Lastdeckung im vorgelagerten &#220;bertragungsnetz erforderlich mache, k&#246;nne dies nicht f&#252;r eine Systemrelevanz ausreichen. Anderenfalls h&#228;tte der Gesetzgeber nicht die Ausweisung einzelner Kraftwerke vorgesehen, sondern alle Gaskraftwerke ab einer bestimmten Nennleistung f&#252;r systemrelevant erkl&#228;rt.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">F&#252;r eine zutreffende Prognose fehle es bereits an einer Bestandsaufnahme des nationalen Gaskraftwerksparks. Es m&#252;sste durch die Darstellung und Auswertung der Kraftwerke ermittelt werden, inwieweit ein einzelner Ausfall zu einer Beeintr&#228;chtigung des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems f&#252;hren w&#252;rde und dies durch eine gesicherte Gasversorgung des betreffenden Kraftwerks abgewendet werden k&#246;nne. Diesbez&#252;glich treffe der streitgegenst&#228;ndliche Beschluss keine Feststellungen. Aus den Gr&#252;nden gehe nicht hervor, anhand welcher Bewertungsmethoden und aufgrund welcher Tatsachen die Einstufung der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen als systemrelevante Gaskraftwerke erforderlich gewesen sei. Dies w&#228;re jedoch auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten erforderlich gewesen. Die Beschlussgr&#252;nde gingen auf Einwendungen anderer Betreiber ein, w&#228;hrend ihre Argumentation keinen Niederschlag in der Begr&#252;ndung des streitgegenst&#228;ndlichen Beschlusses gefunden habe. Die angegriffene Entscheidung erscheine somit willk&#252;rlich.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zudem m&#252;sse im Rahmen von &#167; 13f Abs. 1 EnWG auch eine zutreffende Prognose betreffend die Wahrscheinlichkeit einer Unterbrechung der Gasversorgung angestellt werden. Es fehle jedoch an jeder nachvollziehbaren Begr&#252;ndung, warum ein Ausfall der Gasversorgung der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerke drohen sollte. Insoweit k&#246;nne sich die Bundesnetzagentur nicht auf einen Verweis auf die verfassungsgerichtlich festgestellte Bedeutung der Stromversorgung beschr&#228;nken. Auch die Beteiligte sei in ihrem Ausweisungsantrag auf die Wahrscheinlichkeit einer Einschr&#228;nkung der Gasversorgung der Anlagen der Beschwerdef&#252;hrerin nicht eingegangen. Dies zeige, dass es der Bundesnetzagentur nicht auf eine ernsthafte Ermittlung angekommen sei. Vielmehr instrumentalisiere sie die gesetzliche Regelung als eine Art &#8222;Vorratshaltung&#8220; neben den gesetzlichen Instrumenten der Netz- und Kapazit&#228;tsreserve.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Neben den Einwendungen gegen die formelle Rechtm&#228;&#223;igkeit hat die Beschwerdef&#252;hrerin die Beschwerde auch darauf gest&#252;tzt, dass die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen die Voraussetzungen f&#252;r eine Ausweisung als systemrelevant auch in materieller Hinsicht nicht erf&#252;llten. Bei Zugrundelegung der Argumentation der Beteiligten und der Bundesnetzagentur m&#252;sste die Gasversorgung der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen sichergestellt werden, damit diese im Fall einer Starkwind-Starklast-Situation Strom erzeugen k&#246;nnten. Es stehe indes zu keinem Zeitpunkt im Jahr sicher fest, dass die Anlagen tats&#228;chlich Strom erzeugten, der in das Elektrizit&#228;tsversorgungsnetz eingespeist werde. Das Heizkraftwerk werde w&#228;rmegef&#252;hrt betrieben. Mangels leistungsf&#228;higer K&#252;hleinrichtungen k&#246;nne Strom nur in dem Ma&#223;e erzeugt werden, wie zugleich W&#228;rme ins Fernw&#228;rmenetz oder in den W&#228;rmespeicher abgeleitet werden k&#246;nne. Eine Stromerzeugung komme nicht in Betracht, wenn die Ableitung nicht gesichert sei. Da sie &#252;ber zus&#228;tzliche dezentrale, &#246;lgefeuerte Spitzenheizkessel verf&#252;ge, mit denen die W&#228;rmeversorgung ohne das Heizkraftwerk sichergestellt werden k&#246;nne, k&#246;nne flexibel abgeregelt, nicht dagegen spontan hochgefahren werden. Damit sei das Heizkraftwerk nicht st&#228;ndig verf&#252;gbar, so dass es nicht systemrelevant sein k&#246;nne.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Anlagen seien zudem nicht f&#252;r eine Ausweisung als systemrelevant geeignet, weil sie f&#252;r einen Brennstoffwechsel im Sinne des &#167; 13f Abs. 2 S. 1 EnWG nicht in Betracht k&#228;men. Mangels M&#246;glichkeit zum Brennstoffwechsel k&#246;nne das Kraftwerk im Bedarfsfalle nicht anders befeuert werden, so dass der Fortbetrieb des Kraftwerks im Falle einer Unterbrechung der Gasversorgung nicht sichergestellt werden k&#246;nne.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ferner versto&#223;e die Dauer der Ausweisung gegen &#167; 13f Abs. 1 S. 2 EnWG. Die Bundesnetzagentur habe den erforderlichen Umfang der Ausweisung nicht begr&#252;ndet. Der Ausweisungszeitraum sei willk&#252;rlich festgelegt worden. Der beantragte Zeitraum sei als erforderlich genehmigt worden, obwohl bei gleicher Datengrundlage im Rahmen von Stilllegungsantr&#228;gen f&#252;r die dortige Systemrelevanz abweichende, k&#252;rzere Zeitr&#228;ume als erforderlich genehmigt worden seien. Damit habe die Bundesnetzagentur sachfremde Erw&#228;gungen angestellt, da f&#252;r die unterschiedlichen Zeitr&#228;ume keine sachlichen Begr&#252;ndungen ersichtlich seien. Die streitgegenst&#228;ndliche Genehmigung lasse jede Pr&#252;fung und Auseinandersetzung mit der Verl&#228;ngerung &#252;ber weitere 24 Monate vermissen. Es sei offensichtlich, dass der Gesetzgeber wegen der mit der Ausweisung verbundenen schwerwiegenden Eingriffe keine endlose Perpetuierung der Ausweisung beabsichtigt habe.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Ausweisung als systemrelevant f&#252;hre dazu, dass sie in ihren Planungen und Entscheidungen zur Fahrweise der Anlagen beschr&#228;nkt und zur Aufrechterhaltung einer fossilen Stromerzeugung bei gleichzeitiger Umsetzung der Klimaziele der Energiewende gezwungen werde. Damit greife die Ausweisung in grundrechtlich gesch&#252;tzte Rechtspositionen ein. Die Grundrechtsverletzung k&#246;nne nicht nachtr&#228;glich durch einen Mehrkostenausgleich kompensiert werden. Sie strebe einen R&#252;ckzug aus einer fossil befeuerten W&#228;rmeerzeugung an, der ihr durch den streitgegenst&#228;ndlichen Bescheid ohne zutreffende Begr&#252;ndung unm&#246;glich gemacht werde. Die Bundesnetzagentur erzwinge einen dauerhaften Betrieb der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke, der absehbar durch anderweitige sowie dezentrale Erzeugungsanlagen abgel&#246;st werden solle. Dieser Zustand sei f&#252;r sie auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unzumutbar.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In der m&#252;ndlichen Verhandlung hat die Beschwerdef&#252;hrerin geltend gemacht, infolge der erheblichen Begr&#252;ndungsdefizite des angegriffenen Beschlusses sei nicht davon auszugehen gewesen, dass die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen tats&#228;chlich systemrelevant seien, so dass Anlass bestanden habe, gegen die Ausweisungsentscheidung Beschwerde einzulegen. Soweit die Bundesnetzagentur zu den materiellen Voraussetzungen f&#252;r die Ausweisung im Laufe des Beschwerdeverfahrens n&#228;her vorgetragen habe, seien die Begr&#252;ndungsm&#228;ngel jedenfalls erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens behoben worden. Im Nachgang zur m&#252;ndlichen Verhandlung regt die Beschwerdef&#252;hrerin mit Schriftsatz vom 04.12.2018 an, die Vers&#228;umnisse der Bundesnetzagentur&#160; im Verwaltungsverfahren im Rahmen der Kostenentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 155 Abs. 4 VwGO zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdef&#252;hrerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">den Genehmigungsbescheid der Bundesnetzagen-tur gem&#228;&#223; &#167; 13 Buchst. f Abs. 1 S. 7 EnWG &#252;ber systemrelevante Gaskraftwerke vom 29.09.2017 hinsichtlich seines Tenors zu 10. und zu 11. aufzuheben.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Bundesnetzagentur beantragt,</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Genehmigung der Ausweisung der Anlagen der Beschwerdef&#252;hrerin als systemrelevant sei formell und materiell rechtm&#228;&#223;ig. Eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes liege nicht vor. Die in der angegriffenen Entscheidung in Bezug genommene Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber enthalte eine umfassende Ermittlung der f&#252;r die Ausweisung als systemrelevant erheblichen Tatsachen. Die Systemanalyse sei im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Entscheidung &#246;ffentlich einsehbar gewesen, so dass eine Bezugnahme hierauf ausgereicht habe. Einer Wiederholung der darin ermittelten und festgestellten Tatsachen habe es nicht bedurft. Auch ein Begr&#252;ndungsmangel liege nicht vor. In dem angegriffenen Bescheid sei ausgef&#252;hrt worden, dass der Ma&#223;stab f&#252;r die Bestimmung der durch eine Unterbrechung der Gasversorgung drohenden Gef&#228;hrdung der Versorgungssicherheit &#252;ber den (n-1)-Standard hinaus die Beherrschung von Mehrfachfehlern sei und es daher einer ausreichenden Redispatch-Leistung bed&#252;rfe. Dar&#252;ber hinaus sei ausgef&#252;hrt worden, dass auch Kraftwerke mit produktionsbedingter Fahrweise systemrelevant seien, da ihr Ausfall eine mittels Redispatch nicht mehr beherrschbare Erh&#246;hung der vertikalen Netzlast zur Folge haben k&#246;nne. Diese Begr&#252;ndung beziehe sich auch auf das streitgegenst&#228;ndliche Kraftwerk.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Tatbestandsvoraussetzungen gem&#228;&#223; &#167; 13f Abs. 1 S. 1, 2 und 7 EnWG f&#252;r die Genehmigung der Ausweisung eines Kraftwerks als systemrelevant l&#228;gen im Hinblick auf das streitgegenst&#228;ndliche Kraftwerk vor. Ausweislich der Ergebnisse der Netzreservebedarfsfeststellung sowie der ihr zu Grunde liegenden Systemanalyse seien die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen zur Sicherstellung des (n-1)-Standards erforderlich. Nach der im Rahmen der Netzreservebedarfsfeststellung durchgef&#252;hrten Marktsimulation speisten die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen in der bedarfs-dimensionierenden Stunde 113 jeweils 55 MW in das &#246;rtliche Verteilernetz ein. Entfiele diese Einspeisung aufgrund einer Unterbrechung der Gasversorgung, k&#246;nne der (n-1)-Standard nicht eingehalten werden. Die vertikale Netzlast w&#252;rde sich um 110 MB erh&#246;hen, da der &#246;rtliche Verteilernetzbetreiber die weggefallene Leistung aus dem vorgelagerten &#220;bertragungsnetz zur Lastdeckung beziehen m&#252;sste. In der simulierten Netzsituation, in der die &#220;bertragungsnetzbetreiber bereits die maximal vorgehaltene Redispatch-Leistung einsetzten, um das &#220;bertragungsnetz (n-1)-sicher zu betreiben, w&#252;rde die Erh&#246;hung der vertikalen Netzlast einen neuen Netzengpass verursachen, der wiederum durch den Einsatz von Redispatch verhindert werden m&#252;sste. Da in der betrachteten Netzsituation die gesamte verf&#252;gbare Redispatch-Leistung jedoch bereits im Einsatz und keine Leistung mehr verf&#252;gbar sei, um den zus&#228;tzlichen Bedarf abzudecken, l&#228;ge im Fall der Nichtverf&#252;gbarkeit der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen eine Verletzung des (n-1)-Standards und damit eine nicht unerhebliche Gef&#228;hrdung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems vor.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dieser Bewertung stehe das Vorbringen der Beschwerdef&#252;hrerin zu den Besonderheiten der Fahrweise des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks nicht entgegen. Unabh&#228;ngig davon, ob die Angaben zutr&#228;fen, sei davon auszugehen, dass die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen jedenfalls in der f&#252;r die Systemrelevanzausweisung entscheidenden bedarfsdimensionierenden Stunde Strom erzeugten, denn dieser Zeitpunkt falle in den Winter, wenn der W&#228;rmebedarf typischerweise am h&#246;chsten sei.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Unerheblich f&#252;r die Einstufung als systemrelevant sei, ob die Vorkehrungen f&#252;r einen Brennstoffwechsel tats&#228;chlich drei Jahre br&#228;uchten und damit den Zeitraum der Ausweisung &#252;berschritten. Da die Anlagen bereits ab 2015 als systemrelevant ausgewiesen worden seien, h&#228;tte die Beschwerdef&#252;hrerin mit den Planungen f&#252;r eine weitere Brennstoffoption l&#228;ngst beginnen k&#246;nnen. Im &#220;brigen sei die M&#246;glichkeit zum Brennstoffwechsel kein Tatbestandsmerkmal des &#167; 13f Abs. 1 EnWG, sondern Rechtsfolge der Ausweisung als systemrelevant.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die M&#246;glichkeit einer Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems infolge eines Ausfalls des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks sei hinreichend wahrscheinlich im Sinne des &#167; 13f Abs. 1 S. 1 EnWG. Gegeneinander abzuw&#228;gen seien das Gewicht der drohenden Rechtsgutbeeintr&#228;chtigung und des m&#246;glichen Grundrechtseingriffs. Die mit dem Eingriff in den Betrieb des Kraftwerks verbundene Beeintr&#228;chtigung sei nicht gravierend, denn die Umstellung der Brennstoffversorgung stehe unter der Bedingung der Zumutbarkeit und werde finanziell vollst&#228;ndig kompensiert. Demgegen&#252;ber stehe als gef&#228;hrdetes Rechtsgut die Sicherheit der Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizit&#228;t. Im Falle einer St&#246;rung reiche das m&#246;gliche Spektrum der eintretenden Sch&#228;den von einer noch kontrollierbaren lokalen Lastabschaltung bis hin zu kaskadierenden, nicht mehr kontrollierbaren Stromausf&#228;llen &#252;ber mehrere Regelzonen oder Staaten, so dass die Abw&#228;gung zu Gunsten der Versorgungssicherheit ausfallen m&#252;sse.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">&#167; 3 Abs. 2 S. 1 der Netzreserveverordnung (NetzResV) gebe das Pr&#252;fprogramm f&#252;r die Erstellung der Prognose der Gef&#228;hrdung der Versorgungssicherheit vor. Danach sei die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber zu pr&#252;fen, die ihrerseits die gesicherten Erzeugungskapazit&#228;ten, deren wahrscheinliche Entwicklung und den eventuellen Bedarf an Netzreservekapazit&#228;t zu ber&#252;cksichtigen h&#228;tten. Die best&#228;tigte und in dem angegriffenen Beschluss in Bezug genommene Systemanalyse beruhe auf aufw&#228;ndigen Marktsimulationen, die ein geeignetes Instrument zur Erstellung der Gef&#228;hrdungsprognose seien. Der Umstand, dass eine kritische Versorgungssituation bisher lediglich im Winter 2012 eingetreten sei, stehe der Richtigkeit der Prognose nicht entgegen. Angesichts der herausragenden Bedeutung der Versorgungssicherheit reiche f&#252;r die Ausweisung als systemrelevantes Kraftwerk bereits eine niedrige Wahrscheinlichkeit aus.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Umfang und Zeitraum der Ausweisung seien gleichfalls rechtm&#228;&#223;ig. Auch wenn die Netto-Nennleistung der streitgegenst&#228;ndlichen Bl&#246;cke jeweils 75 MW betrage und ausweislich der Systemanalyse beide Bl&#246;cke in der bedarfsdimensionierenden Stunde jeweils nur mit einer Teilleistung von 55 MW betrieben w&#252;rden, sei es erforderlich, die Ausweisung auf die vollst&#228;ndige Netto-Nennleistung zu erstrecken. Die Ausweisung einer Teilleistung komme nicht in Betracht, da eine Abgrenzung zwischen einem systemrelevanten und einem nicht systemrelevanten Teil desselben Kraftwerkblocks technisch nicht m&#246;glich sei.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der zeitliche Rahmen der Ausweisung sei gleichfalls rechtsfehlerfrei bestimmt worden. Die Ausweisung f&#252;r die Dauer von 24 Monate sei nach den Ergebnissen der Netzreservebedarfsfeststellung erforderlich. Zus&#228;tzlich zum Winterhalbjahr 2017/2018 sei darin der Netzreserve- bzw. Redispatch-Bedarf auch f&#252;r den Zeitraum vom 01.04.2018 bis zum 31.03.2019 nach Pr&#252;fung der entsprechenden Systemanalysen der &#220;bertragungsnetztreiber festgestellt worden. Aus der Marktsimulation gehe hervor, dass die beiden Kraftwerksbl&#246;cke in der bedarfsdimensionierenden Stunde ebenfalls mit einer Leistung von 55 MW in Betrieb seien. Damit sei die Ausweisung als systemrelevant &#252;ber den 31.03.2019 hinaus bis zum Ablauf des beantragten Ausweisungszeitraums am 21.11.2019 erforderlich. Insoweit reiche es aus, dass mittels der Netzreservebedarfsfeststellung bzw. der zu Grunde liegenden Systemanalyse der Nachweis gef&#252;hrt worden sei, dass die Anlage innerhalb des beantragten Ausweisungszeitraums in einer Stunde zum Einsatz kommen k&#246;nne. Dieser Nachweis k&#246;nne nicht gesondert f&#252;r jeden Tag innerhalb des beantragten Zeitraums gef&#252;hrt werden, denn dies h&#228;tte einen unsachgem&#228;&#223;en und unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igen Begr&#252;ndungs- und Pr&#252;fungsaufwand zur Folge.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Es komme entgegen der Rechtsauffassung der Beschwerdef&#252;hrerin auch nicht darauf an, inwieweit eine gesicherte Gasversorgung der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen eine Beeintr&#228;chtigung des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems abwenden k&#246;nnte, sondern ob eine Einschr&#228;nkung der Gasversorgung eine Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung zur Folge h&#228;tte. Rechtsfehlerhaft gehe die Beschwerdef&#252;hrerin zudem davon aus, dass f&#252;r die Best&#228;tigung der Ausweisung einer Anlage als systemrelevant die Wahrscheinlichkeit einer Unterbrechung der Gasversorgung korrekt prognostiziert werden m&#252;sse. Ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit f&#252;r einen Wegfall der Gasversorgung bestehe, sei nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht Gegenstand der Pr&#252;fung. Die Einschr&#228;nkung der Gasversorgung werde vielmehr bei der Pr&#252;fung der Systemrelevanz vorausgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Auch die Beteiligte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die formellen und materiellen Einwendungen der Beschwerdef&#252;hrerin seien unbegr&#252;ndet. Die streitgegenst&#228;ndliche Genehmigung der Ausweisung sei formell und materiell rechtm&#228;&#223;ig. Die Bundesnetzagentur habe den Sachverhalt ordnungsgem&#228;&#223; ermittelt und die Genehmigung hinreichend begr&#252;ndet. Sie habe auf die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber verweisen d&#252;rfen, die vor Erlass des Bescheids &#246;ffentlich verf&#252;gbar gewesen sei.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Das streitgegenst&#228;ndliche Heizkraftwerk sei systemrelevant im Sinne des &#167; 13f EnWG. Das &#220;bertragungsnetz sei insbesondere im Winterhalbjahr erheblich belastet, da die &#220;bertragungskapazit&#228;t nicht ausreiche, um den im Norden Deutschlands erzeugten Strom aus regenerativen Energiequellen zu den Verbrauchszentren im S&#252;den zu transportieren. Die zus&#228;tzlichen Belastungen des &#220;bertragungsnetzes erh&#246;hten den Bedarf an netzstabilisierenden Ma&#223;nahmen, insbesondere an Redispatch. Bei einem Ausfall des Kraftwerks infolge einer eingeschr&#228;nkten Gasversorgung st&#252;nden ihr weniger Anlagen als Redispatch-Potential zur Verf&#252;gung, um Netzengp&#228;sse zu beheben. Die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen w&#252;rden f&#252;r die Planung des Redispatch-Bedarfs ber&#252;cksichtigt. &#220;berdies folge die Systemrelevanz auch daraus, dass sich bei einem Ausfall des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks die vertikale Netzlast erh&#246;hen w&#252;rde. Fiele die durch das Kraftwerk erzeugte Elektrizit&#228;t weg, m&#252;ssten andere Erzeugungsanlagen diesen Verlust kompensieren und w&#252;rden das &#220;bertragungsnetz zus&#228;tzlich belasten.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Betriebsweise des Heizkraftwerks stehe seiner Ausweisung als systemrelevant nicht entgegen. Das Vorbringen der Beschwerdef&#252;hrerin, es stehe zu keiner Zeit sicher fest, dass die Anlage Strom erzeugen k&#246;nne, sei zur&#252;ckzuweisen. Unter Ber&#252;cksichtigung der &#246;ffentlich zug&#228;nglichen Informationen sei bereits fraglich, ob die Stromerzeugung f&#252;r das Kraftwerk tats&#228;chlich von untergeordneter Bedeutung sei. Dies sei jedenfalls f&#252;r die Frage der Systemrelevanz nicht ma&#223;geblich. Entscheidend sei, dass die Anlage das Redispatchpotential grunds&#228;tzlich erh&#246;he und f&#252;r entsprechende Planungen ber&#252;cksichtigt werde. Da der Wegfall des Heizkraftwerks nachteilige netztechnische Wirkungen hervorrufen k&#246;nne, sei die Anlage unabh&#228;ngig von ihrem jeweiligen Betriebsmodus systemrelevant.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Unerheblich sei auch, ob ein Brennstoffwechsel in Betracht komme, denn die Pflicht zur Vornahme eines Brennstoffwechsels sei keine Voraussetzung, sondern die Rechtsfolge einer Ausweisung als systemrelevant.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Es m&#252;sse zudem ber&#252;cksichtigt werden, dass die Beschwerdef&#252;hrerin die fr&#252;heren Ausweisungen als systemrelevant offenbar f&#252;r rechtm&#228;&#223;ig gehalten und sie jedenfalls nicht angegriffen habe. Die technische und regulatorische Situation habe sich nicht grundlegend ge&#228;ndert. Die Beschwerdef&#252;hrerin m&#252;sse sich somit an ihrem fr&#252;heren Verhalten festhalten lassen, die Anfechtung der streitgegenst&#228;ndlichen Genehmigung sei widerspr&#252;chlich.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Umfang der Ausweisung sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Im Zeitpunkt der Ausweisung habe ein Bedarf an Netzreserveanlagen zur Behebung kritischer Netzsituationen bestanden. Der in Deutschland verf&#252;gbare Kraftwerkspark habe nicht ausgereicht, um kritische Situationen zu beheben. Bei einer nur teilweisen Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Heizkraftwerks als systemrelevant h&#228;tte sich der Bedarf an Netzreserveanlagen im In- und Ausland nochmals erh&#246;ht und w&#228;re die vertikale Netzlast nachteilig betroffen gewesen.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Dauer der Ausweisung sei gleichfalls rechtsfehlerfrei bestimmt worden. Die unterschiedlichen Zeitr&#228;ume der Ausweisung nach &#167; 13b und 13f EnWG seien gesetzeskonform. Die Ausweisungen verliefen nicht zeitlich parallel, sondern die unterschiedlichen Endpunkte seien im Gesetz angelegt, abh&#228;ngig von dem geplanten Stilllegungstermin bzw. dem Antrag auf Ausweisung als systemrelevant. Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin sei die 24-Monatsfrist des &#167; 13f EnWG nicht dadurch &#252;berschritten worden, dass sich die Ausweisung im Jahr 2017 nahtlos an die Ausweisungen der Jahre 2013 und 2015 angeschlossen habe. Zur&#252;ckzuweisen sei insbesondere das Argument, dass bereits im Jahr 2015 eine Analyse h&#228;tte vorgelegt werden m&#252;ssen, aus der sich h&#228;tte ergeben m&#252;ssen, aus welchen Gr&#252;nden das Kraftwerk l&#228;nger als 24 Monate systemrelevant sein solle. Ebenso wie &#167; 13c EnWG a.F. solle &#167; 13f EnWG sicherstellen, dass nach jedem 24-Monatszeitraum die Systemrelevanz eines Gaskraftwerks neu gepr&#252;ft werde. Diese Pr&#252;fung sei im Jahr 2017 bezogen auf die kommenden 24 Monate f&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Heizkraftwerk erfolgt.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Etwaige Verfahrensfehler w&#228;ren dar&#252;ber hinaus nach &#167; 46 VwVfG unbeachtlich. Selbst wenn die von der Beschwerdef&#252;hrerin ger&#252;gten Verfahrensfehler vorl&#228;gen, k&#246;nnten sie nicht zur Nichtigkeit der Genehmigung f&#252;hren, da sie weder besonders schwerwiegend noch offensichtlich im Sinne des &#167; 44 Abs. 1 VwVfG w&#228;ren. Zudem h&#228;tten sie sich ersichtlich nicht auf das Ergebnis der Genehmigung ausgewirkt.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schrifts&#228;tze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <strong><span style="text-decoration:underline">B.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Beschwerde ist aus den mit den Verfahrensbeteiligten in der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 07.11.2018 er&#246;rterten Gesichtspunkten unbegr&#252;ndet. Die angegriffene Genehmigung der Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Heizkraftwerks als systemrelevant ist formell und materiell rechtm&#228;&#223;ig.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">I.</span></strong> Die Bundesnetzagentur hat den Sachverhalt unter Wahrung des Amtsermittlungsgrundsatzes und Beachtung der Sachaufkl&#228;rungspflicht ordnungsgem&#228;&#223; ermittelt und ihre Entscheidung ausreichend begr&#252;ndet. Die von der Beschwerdef&#252;hrerin dagegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">1.</span></strong> Die Bundesnetzagentur ist verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Trotz des Wortlauts des &#167; 68 EnWG, der der Beh&#246;rde ein Ermittlungsermessen einzur&#228;umen scheint, besteht aufgrund des subsidi&#228;r anzuwendenden &#167; 24 VwVfG eine Sachaufkl&#228;rungspflicht (Wende, in: S&#228;cker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., &#167; 78 EnWG, Rn. 3). Dabei ist der Ermittlungsbedarf normbezogen zu bestimmen, worauf die Beschwerdef&#252;hrerin zu Recht hinweist. F&#252;r die Feststellung der Systemrelevanz eines Gaskraftwerks ist somit ma&#223;geblich, ob eine Einschr&#228;nkung der Gasversorgung dieser Anlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer nicht unerheblichen Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung der Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems f&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Diesem Ermittlungs- und Pr&#252;fungsauftrag ist die Bundesnetzagentur hinreichend nachgekommen. Sie hat sich in dem angegriffenen Bescheid auf ihre Reservebedarfsfeststellung sowie die dieser zugrunde liegende Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber bezogen. Darin sind die f&#252;r die Beurteilung der Systemrelevanz ma&#223;geblichen Tatsachen ermittelt und bewertet worden. Insbesondere werden darin Feststellungen zu dem Bedarf an Erzeugungs- bzw. Reservekapazit&#228;t getroffen, die verf&#252;gbar sein muss, um kritische Netzsituationen zu beheben. F&#252;r die streitgegenst&#228;ndliche Genehmigung durfte die Bundesnetzagentur auf diese Erkenntnisse zur&#252;ckgreifen und war nicht gehalten, erneut dieselben Ermittlungen anzustellen. Vielmehr reichte eine Bezugnahme auf die &#246;ffentlich zug&#228;nglichen Unterlagen aus.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die von den &#220;bertragungsnetzbetreibern durchgef&#252;hrte Systemanalyse enth&#228;lt entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin eine umfassende Ermittlung der f&#252;r die Ausweisung von Kraftwerken als systemrelevant erheblichen Tatsachen, insbesondere eine umfangreiche Darstellung der im Winter 2017/2018 und im Winter 2018/2019 erwarteten Elektrizit&#228;tserzeugungskapazit&#228;ten sowie der zu diesen Zeitpunkten bestehenden bzw. erwarteten Situation im &#220;bertragungsnetz. Daraus ermittelt sich der Bedarf an Erzeugungskapazit&#228;t, die zur Behebung kritischer Netzsituationen und damit f&#252;r die Netzstabilisierung erforderlich ist. Die Bundesnetzagentur hat die Systemanalyse nachvollzogen, die Ergebnisse plausibilisiert und sodann best&#228;tigt. Eine erneute Feststellung der zur Beurteilung der Systemrelevanz erheblichen Tatsachen war nicht geboten.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Insbesondere war die Bundesnetzagentur nicht gehalten, weitere Ermittlungen betreffend den gesamten deutschen Kraftwerkspark vorzunehmen und entsprechende Feststellungen zu treffen. Im Hinblick auf das streitgegenst&#228;ndliche Heizkraftwerk hatte die Bundesnetzagentur zu entscheiden, ob die beantragte Ausweisung als systemrelevant zu genehmigen war. Insofern hatte sie die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 13f EnWG zu pr&#252;fen und zu untersuchen, ob und wie sich die Nichtverf&#252;gbarkeit der GuD-Anlagen dieses Kraftwerks auf die Elektrizit&#228;tsversorgung auswirken w&#252;rde. Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin war die Bundesnetzagentur nicht verpflichtet, zum Zwecke dieser Ermittlung den gesamten deutschen Kraftwerkspark in den Blick zu nehmen. Gegenstand der Ermittlungen war allein, ob bei einer Versorgungsunterbrechung derjenigen Kraftwerke, deren Ausweisung als systemrelevant die Beteiligte beantragt hatte, eine Gef&#228;hrdung der Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems eintritt. Im Hinblick auf das streitgegenst&#228;ndliche Heizkraftwerk war somit zu untersuchen, wie sich dessen Versorgungsunterbrechung auf die Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungsystems auswirken w&#252;rde. Dies hat die Bundesnetzagentur durch Bezugnahme auf die Reservebedarfsfeststellung und die Systemanalyse getan.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Soweit die Bundesnetzagentur in dem streitgegenst&#228;ndlichen Bescheid eine Internetadresse eingef&#252;gt hat, die nicht zur Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber f&#252;hrte, begr&#252;ndet dies keinen Versto&#223; gegen den Amtsermittlungsgrundsatz. Die Verwendung einer falschen Internetadresse stellt eine redaktionelle Unrichtigkeit dar, die jederzeit berichtigt werden kann. Der Fehler hinderte zudem nicht daran, die Systemanalyse aufzufinden. Dieses war durch geringe Rechercheleistungen ohne weiteres m&#246;glich. Es musste keine individuelle Bekanntgabe an die Beschwerdef&#252;hrerin erfolgen, denn sowohl die Systemanalyse als auch ihre Best&#228;tigung durch die Bundesnetzagentur waren im Zeitpunkt des Erlasses der hier angegriffenen Entscheidung &#246;ffentlich einsehbar.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.</span></strong> Zur&#252;ckzuweisen ist auch der Einwand der Beschwerdef&#252;hrerin, der Beschluss&#160; leide an formellen Begr&#252;ndungsm&#228;ngeln. F&#252;r den Umfang der Begr&#252;ndung ist &#167; 39 VwVfG heranzuziehen (Theobald/Werk, in: Danner/Theobald, EnergieR, 98. EL 2018, &#167; 73 Rn. 13). Danach hat die Beh&#246;rde die wesentlichen tats&#228;chlichen und rechtlichen Gr&#252;nde mitzuteilen, die ihrer Entscheidung zugrunde liegen. Dies umfasst neben den die Entscheidung tragenden Erw&#228;gungen auch die erheblichen entgegenstehenden Argumente von Betroffenen und Beteiligten (Bruhn, in S&#228;cker: Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., &#167; 73 EnWG, Rn. 6).</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Diesen Anforderungen gen&#252;gt die angegriffene Entscheidung. Die Ausf&#252;hrungen geben die ma&#223;geblichen rechtlichen Erw&#228;gungen zu s&#228;mtlichen tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 13f Abs. 1 EnWG wieder. Insbesondere wird deutlich, welchen Ma&#223;stab die Bundesnetzagentur f&#252;r die Bestimmung der Gef&#228;hrdung der Versorgungssicherheit anlegt und welchen Grad an Eintrittswahrscheinlichkeit sie f&#252;r erforderlich h&#228;lt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin erfolge auch eine ausreichende Subsumtion unter die Genehmigungsvoraussetzungen. Unter Ziffer 2. A) legt die Bundesnetzagentur dar, dass sie hinsichtlich aller Anlagen, deren Ausweisung als systemrelevantes Kraftwerk sie genehmigt, die Systemrelevanz entweder bereits im Hinblick auf das Verf&#252;gbarkeitserfordernis f&#252;r den Redispatch-Bedarf oder jedenfalls wegen der negativen Auswirkungen eines Ausfalls auf die vertikale Netzlast bejaht.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin stellt es keinen Begr&#252;ndungsmangel dar, dass es insoweit an einer &#8222;anlagenscharfen&#8220; Darstellung fehlt. Vielmehr ist die einheitliche, nicht zwischen den einzelnen Anlagen differenzierende Darstellung sachlich durch den materiellen Begr&#252;ndungsansatz&#160; veranlasst. Aus den Gr&#252;nden ergibt sich eindeutig, dass die Systemrelevanz unterschiedslos f&#252;r alle Anlagen entweder bereits aus dem erstgenannten Gesichtspunkt folgt &#8211; Anlage dient als Redispatch-Potential &#8211; oder jedenfalls wegen der netztechnischen Auswirkungen einer Versorgungsunterbrechung zu bejahen ist.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Zur&#252;ckzuweisen ist auch das Vorbringen der Beschwerdef&#252;hrerin, ihre im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente seien nicht beachtet und gew&#252;rdigt worden. Die Bundesnetzagentur ist bereits nicht verpflichtet, jeden einzelnen im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkt im Rahmen einer Beschlussbegr&#252;ndung zu er&#246;rtern, sondern das Begr&#252;ndungserfordernis erstreckt sich nur auf die erheblichen Gegenargumente. Dass die Bundesnetzagentur Einwendungen, die sich auf die Fahrweise eines Kraftwerks oder die fehlende M&#246;glichkeit zum Brennstoffwechsel beziehen, nicht f&#252;r erheblich gehalten hat, ergibt sich aus dem gew&#228;hlten Begr&#252;ndungsansatz. Sowohl f&#252;r die Eignung eines Kraftwerks, zum Redispatch herangezogen zu werden, als auch hinsichtlich der Auswirkungen eines Versorgungsausfalls auf die vertikale Netzlast spielen beide Umst&#228;nde keine Rolle. Dass die Bundesnetzagentur darauf nicht explizit eingegangen ist, stellt keinen Begr&#252;ndungsmangel dar.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Auch wenn eine ausf&#252;hrlichere Auseinandersetzung insbesondere mit den Feststellungen und Ergebnissen der Systemanalyse und deren Bedeutung f&#252;r die Ausweisung als systemrelevant das Verst&#228;ndnis der Beschlussgr&#252;nde erleichtert und gegebenenfalls die Akzeptanz der Entscheidung erh&#246;ht h&#228;tte, wird die Begr&#252;ndung im Ergebnis auch dem Anspruch gerecht, dass sie dem Betroffenen und dem Beschwerdegericht eine &#220;berpr&#252;fung in rechtlicher und tats&#228;chlicher Hinsicht erm&#246;glichen soll (vgl. Hanebeck, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., &#167; 73, Rn. 8).Indem die Beschlussgr&#252;nde sich zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 13f EnWG verhielten und eine Bezugnahme auf die Systemanalyse erfolgte, war die Beschwerdef&#252;hrerin &#8211; ebenso wie der Senat - in der Lage, die rechtlichen Erw&#228;gungen sowie die Feststellungen der Bundesnetzagentur zur Systemrelevanz der streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen anhand der Ergebnisse der Systemanalyse nachzuvollziehen und zu bewerten.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich weist die Beteiligte zu Recht darauf hin, dass auch bei Ausf&#252;hrungen, die den Anforderungen an eine ordnungsgem&#228;&#223;e Begr&#252;ndung nicht mehr gen&#252;gen, die Beschwerdef&#252;hrerin gem&#228;&#223; &#167; 46 VwVfG nicht allein deswegen die Aufhebung der Entscheidung nur wegen dieses Verfahrensfehlers begehren kann. Die Bundesnetzagentur hat die Entscheidung, die streitgegenst&#228;ndlichen Anlagen als systemrelevant auszuweisen, unabh&#228;ngig von dem f&#252;r erforderlich gehaltenen&#160; Begr&#252;ndungsaufwand getroffen.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">II.</span></strong> Der angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtm&#228;&#223;ig. Die Bundesnetzagentur hat die Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks als systemrelevant durch die Beteiligte zu Recht genehmigt, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 13 f Abs. 1 S. 1 und 2 EnWG sind erf&#252;llt. Der Senat geht auch unter Ber&#252;cksichtigung der Ausf&#252;hrungen der Beteiligten in der m&#252;ndlichen Verhandlung, in der die formelle Rechtm&#228;&#223;igkeit des Beschlusses im Vordergrund stand, davon aus, dass die Beschwerdef&#252;hrerin ihre in der Beschwerdebegr&#252;ndung dagegen erhobenen Einwendungen aufrecht erh&#228;lt und eine &#220;berpr&#252;fung durch den Senat begehrt.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">1.</span></strong> Die von &#167; 13f Abs. 1 EnWG f&#252;r eine Ausweisung als systemrelevant vorausgesetzte Gef&#228;hrdung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems liegt gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 4 EnWG vor, wenn &#246;rtliche Ausf&#228;lle des &#220;bertragungsnetzes oder kurzfristige Netzengp&#228;sse zu besorgen sind oder zu besorgen ist, dass die Haltung von Frequenz, Spannung oder Stabilit&#228;t durch die Betreiber von &#220;bertragungsnetzen nicht im erforderlichen Ma&#223;e gew&#228;hrleistet werden kann. Eine Gef&#228;hrdung setzt nicht voraus, dass die in &#167; 13 Abs. 4 EnWG beschriebenen Situationen tats&#228;chlich aufgetreten sind. Vielmehr gen&#252;gt es, dass eine Gef&#228;hrdung eintr&#228;te, wenn keine Gegenma&#223;nahmen ergriffen w&#252;rden. Der Annahme einer Gef&#228;hrdungssituation steht zudem nicht entgegen, dass der zust&#228;ndige Netzbetreiber die Situation mit dem ihm zur Verf&#252;gung stehenden Instrumentarium beherrschen kann. Die Schwelle f&#252;r die Annahme einer Gef&#228;hrdung ist niedrig anzusetzen. Es gen&#252;gt eine hypothetische Gef&#228;hrdungssituation, die nur dann tats&#228;chlich gef&#228;hrlich w&#228;re, wenn das Instrumentarium gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 1 und Abs. 2 EnWG nicht zur Verf&#252;gung st&#252;nde (vgl. K&#246;nig, in: S&#228;cker, Berliner Kommentar zum Energierecht, &#167; 13 EnWG, 4. Aufl., Rn. 122).</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Begriffe &#8222;Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit&#8220; beschreiben den Systemzustand des Elektrizit&#228;tsversorgungsnetzes, in dem das Netz unter Einhaltung des so genannten (n-1)-Standards betrieben werden kann. Eine entsprechende Verpflichtung der &#220;bertragungsnetzbetreiber, einen (-1)-sicheren Netzbetrieb zu gew&#228;hrleisten, ergibt sich aus Art. 32 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 35 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2017/1485 vom 02.08.2017. Dieses Sicherheitskriterium ist nur erf&#252;llt, wenn bei Ausfall eines Betriebsmittels der Netzbetreiber mit den verbleibenden Mitteln sein Netz weiterhin innerhalb der technischen Sicherheitsgrenzwerte betreiben kann. Dies setzt voraus, dass der infolge des Ausfalls ge&#228;nderte Leistungsfluss nicht zu &#220;berlastungen und damit zum Ausfall weiterer Netzbetriebsteile f&#252;hrt. Gem&#228;&#223; &#167; 2 Abs. 2 S. 3 NetzResV sind die &#220;bertragungsnetzbetreiber zudem verpflichtet, &#252;ber die Einhaltung des (n-1)- Standards hinaus auch Mehrfachfehler angemessen zu ber&#252;cksichtigen. Der Netzbetrieb muss damit auch im Fall eines Mehrfachfehlers innerhalb der technischen Sicherheitsgrenzwerte weiterbetrieben werden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Systemrelevant ist eine Anlage demnach dann, wenn sie zur Gew&#228;hrleistung eines diesem Standard entsprechenden, zul&#228;ssigen Betriebszustands in charakteristischen Krisensituationen, d.h. zur Spannungshaltung oder Frequenzsicherung erforderlich ist und ihre zeitweise Nichtverf&#252;gbarkeit dazu f&#252;hrt, dass dieser Standard nicht mehr aufrechterhalten werden kann.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.</span></strong> Diese Voraussetzung ist im Hinblick auf das streitgegenst&#228;ndliche Kraftwerk zu bejahen. Die Systemrelevanz ergibt sich zum einen daraus, dass das Kraftwerk im Rahmen des Redispatch-Potentials ber&#252;cksichtigt wird, zum anderen aus der Erh&#246;hung der vertikalen Netzlast und damit zugleich des Redispatch-Bedarfs im Falle einer Unterbrechung der Gasversorgung.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.1.</span></strong> Welche konventionellen Kraftwerke eingesetzt werden m&#252;ssen, damit die &#220;bertragungsnetzbetreiber das &#220;bertragungsnetz nach Ma&#223;gabe der genannten Anforderungen betreiben k&#246;nnen, ergibt sich aus dem Bericht der Bundesnetzagentur &#252;ber die Feststellung des Netzreservebedarfs, dem die gepr&#252;fte und best&#228;tigte Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber zugrunde liegt.</p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 3 Abs. 1 S. 4 NetzResV pr&#252;ft und best&#228;tigt die Bundesnetzagentur den Bedarf an Erzeugungskapazit&#228;t f&#252;r die Netzreserve. Grundlage der Pr&#252;fung ist eine von den Betreibern der &#220;bertragungsnetze j&#228;hrlich gemeinsam erstellte Analyse der verf&#252;gbaren gesicherten Erzeugungskapazit&#228;ten, ihrer wahrscheinlichen Entwicklung im Hinblick auf das jeweils folgende Winterhalbjahr sowie mindestens eines der weiteren darauf folgenden vier Betrachtungsjahre und des eventuellen Bedarfs an Netzreserve (Systemanalyse).</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Netzreservefeststellung pr&#252;ft und entscheidet die Bundesnetzagentur, ob die von den &#220;bertragungsnetzbetreibern berechnete Leistung des vorzuhaltenden Redispatch-Bedarfs aus deutschen und ggfs. ausl&#228;ndischen Marktkraftwerken und nicht mehr am Markt gef&#252;hrten Netzreservekraftwerken zur (n-1)-sicheren Beherrschung einer kritischen Netzbelastungssituation zutreffend ermittelt wurde (vgl. Feststellung des Bedarfs an Netzreserve f&#252;r den Winter 2017/2018 sowie das Jahr 2018/2019 und zugleich Bericht &#252;ber die Ergebnisse der Pr&#252;fung der Systemanalyse vom 28.07.2017, Anlage BG 9, S. 9, 37,38, 52-56). Die nach den durch die Netzreservebedarfsfeststellung best&#228;tigten Erkenntnissen und Ergebnissen der Systemanalyse m&#246;gliche Gefahrenbeurteilung ist im Rahmen der Pr&#252;fung der Systemrelevanz im Sinne des &#167; 13f Abs. 1 S. 3 EnWG heranzuziehen (vgl. auch Begr&#252;ndung zum Strommarktgesetz, BT-Drs. 18/7317, S. 101).</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die dem Verfahren der Systemanalyse zugrunde liegenden Annahmen, Parameter und Methoden stimmen die &#220;bertragungsnetzbetreiber mit der Bundesnetzagentur ab. Hierzu geh&#246;ren insbesondere auf Erfahrungswerten der &#220;bertragungsnetzbetreiber beruhende Annahmen betreffend die Stromnachfrage in Deutschland und dem benachbarten Ausland, die installierte Leistung aus konventionellen und Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien sowie die planm&#228;&#223;ige und ungeplante Nichtverf&#252;gbarkeit von Kraftwerken. Auf der Basis dieser Eingangsgr&#246;&#223;en wird eine Marktsimulation &#252;ber einen Zeitraum von 168 Stunden durchgef&#252;hrt und dadurch ermittelt, welche Kraftwerke w&#228;hrend des beobachteten Zeitraums marktgetrieben zur Deckung des nicht durch die Einspeisung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien abgedeckten Teils der Gesamtnachfrage einspeisen. In der sich anschlie&#223;enden Netzanalyse wird untersucht, wie stark das &#220;bertragungsnetz w&#228;hrend jeder Stunde des beobachteten Zeitraums bei der unterstellten Einspeisung belastet wird und in welchem Umfang Redispatchma&#223;nahmen erforderlich w&#228;ren, um das Netz in der kritischsten Netzsituation, der sog. bedarfsdimensionierenden Stunde, (n-1)-sicher zu betreiben.</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Zu kritischen Situationen kommt es insbesondere, wenn hohe Leistungsfl&#252;sse von Nord- nach S&#252;ddeutschland vorherrschen. Derartige Leistungsfl&#252;sse treten vor allem im Winter und insbesondere dann auf, wenn Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie im Norden Deutschlands hohe Energiemengen einspeisen, w&#228;hrend im S&#252;den Deutschlands hohe Elektrizit&#228;tsmengen nachgefragt werden (Starkwind-Starklast-Szenario). Es besteht dann die Gefahr, dass Betriebsmittel im &#220;bertragungsnetz thermisch &#252;berlastet werden. In diesen Situationen m&#252;ssen die &#220;bertragungsnetzbetreiber Ausgleichsma&#223;nahmen vornehmen, ohne die weitr&#228;umige Engp&#228;sse im &#220;bertragungsnetz, insbesondere in Nord-S&#252;d-Richtung, auftr&#228;ten.</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.2.</span></strong> Eine nicht unerhebliche Gef&#228;hrdung der Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems bei Einschr&#228;nkungen der Gasversorgung des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks folgt zun&#228;chst daraus, dass ohne die Anlagen zu wenig Redispatch-Kapazit&#228;t im s&#252;ddeutschen Raum zur Verf&#252;gung st&#252;nde, um einen (n-1)-sicheren Netzbetrieb zu gew&#228;hrleisten.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.2.1.</span></strong> Die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber weist im Starkwind-Starklast-Szenario f&#252;r den Winter 2017/2018 sowie den Winter 2018/2019 einen Bedarf an Netzreserveanlagen aus, die erforderlich sind, um ausreichend Redispatch-Potential f&#252;r die Behebung kritischer Situationen gew&#228;hrleisten zu k&#246;nnen, damit das Netz auch dann (n-1)-sicher sowie unter Beachtung von Mehrfachfehlern betrieben werden kann. F&#252;r den Winter 2018/2019 weist die Systemanalyse dar&#252;ber hinaus sogar eine erforderliche ausl&#228;ndische Reservekraftwerkskapazit&#228;t i.H.v. 2,1 GW aus. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Analyse war noch nicht absehbar, ob es gelingen w&#252;rde, im Sommer 2018 ein Engpass-Management an der deutsch-&#246;sterreichischen Grenze einzuf&#252;hren, durch das der Bedarf an Netzreserve mit deutschen Kraftwerken gedeckt werden kann. Im Winter 2017/2018 mussten die &#220;bertragungsnetzbetreiber ausl&#228;ndische Reservekraftwerke zur Netzstabilisierung heranziehen. Die Nichtverf&#252;gbarkeit von redispatchf&#228;higen Kraftwerken, zu denen auch die streitgegenst&#228;ndliche Anlage geh&#246;rt, w&#252;rde den Bedarf an Netzreserve zus&#228;tzlich vergr&#246;&#223;ern.</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die &#220;bertragungsnetzbetreiber haben in der Systemanalyse 2017 f&#252;r das Winterhalbjahr 2017/2018 einen Redispatch-Bedarf von 13,9 GW in der bedarfsdimensionierenden Stunde 113 der Marktsimulation ausgewiesen, den die Bundesnetzagentur nach Pr&#252;fung best&#228;tigt hat (Netzreservebedarfsfeststellung 2017/2018, S. 53). Die Kraftwerksbl&#246;cke des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks tragen ausweislich der von den &#220;bertragungsnetzbetreibern ermittelten Einspeisedaten in der bedarfsdimensionierenden Stunde 113 jeweils mit einer Einspeisung von 55 MW in das &#246;rtliche Verteilernetz zur Lastdeckung bei (Abschlussbericht Systemanalyse, S. 7, 83 ff., 107 ff. (Anlage B 8) in Verbindung mit&#160; Einspeisedaten Zeile 121 der Anlage BG 1).</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Diese Ergebnisse der Marktsimulation, die die Beschwerdef&#252;hrerin nicht in Abrede stellt, belegen die Systemrelevanz des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks. Danach werden die redispatchf&#228;higen Erzeugungskapazit&#228;ten in S&#252;ddeutschland <strong>einschlie&#223;lich des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks</strong> ben&#246;tigt, um kritische Netzsituationen zu beheben. Die Nichtverf&#252;gbarkeit der Anlage w&#252;rde das Potential f&#252;r Redispatch- Ma&#223;nahmen reduzieren, so dass die Beteiligte kritische Netzsituation nur mit zus&#228;tzlichen Ma&#223;nahmen beheben k&#246;nnte.</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.2.2.</span></strong> Die Systemrelevanz ergibt sich des Weiteren daraus, dass sich bei einer unterbrechungsbedingten Nichtverf&#252;gbarkeit des an das Verteilernetz der B. angeschlossenen Kraftwerks die vertikale Netzlast als Summe aller &#220;bergaben aus dem &#220;bertragungsnetz zu Verteilernetz und Endverbrauchern erh&#246;hen w&#252;rde. Bei einem Ausfall des Kraftwerks mangels ausreichender Brennstoffversorgung m&#252;sste die in der Anlage erzeugte Elektrizit&#228;t anderweitig beschafft und hierf&#252;r das &#220;bertragungsnetz in Anspruch genommen werden. Fiele die Einspeisung der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke in das Verteilernetz in H&#246;he von jeweils 55 MW infolge einer Versorgungsunterbrechung weg, w&#252;rde sich die vertikale Netzlast entsprechend um 110 MW erh&#246;hen, denn der &#246;rtliche Verteilernetzbetreiber m&#252;sste die Leistung aus dem &#220;bertragungsnetz beziehen. In einer kritischen Situation, in der die &#220;bertragungsnetzbetreiber bereits die maximal vorgehaltene Redispatch-Leistung einsetzen m&#252;ssen, um das &#220;bertragungsnetz (n-1)-sicher betreiben zu k&#246;nnen, h&#228;tte die Erh&#246;hung der vertikalen Netzlast einen weiteren Netzengpass zur Folge, der wiederum den Bedarf an Redispatch vergr&#246;&#223;ern w&#252;rde. Bei einer vollst&#228;ndigen Ausreizung der zur Verf&#252;gung stehenden Redispatch-Leistung w&#228;re keine weitere Leistung mehr verf&#252;gbar, um diesen zus&#228;tzlichen Bedarf abzudecken, so dass eine Verletzung des (n-1)-Standards und damit eine Gef&#228;hrdung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems eintreten w&#252;rde. Diese w&#228;re auch nicht unerheblich, denn es kann &#8211; worauf die Bundesnetzagentur unwidersprochen hinweist - nicht nur zu lokal begrenzten und damit beherrschbaren, sondern auch zu kaskadierenden und unkontrollierten Stromausf&#228;llen kommen.</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Zur&#252;ckzuweisen ist die Argumentation der Beschwerdef&#252;hrerin, wonach jeder &#246;rtliche Leistungsabfall eine kurzfristige Lastdeckung im vorgelagerten &#220;bertragungsnetz erforderlich mache, so dass dies f&#252;r die Annahme der Systemrelevanz eines Kraftwerks nicht ausreichen k&#246;nne. Insoweit verkennt sie, dass es nicht allein darauf ankommt, ob eine kurzfristige Lastdeckung im vorgelagerten &#220;bertragungsnetz Folge eines &#246;rtlichen Leistungsabfalls ist, sondern ob die Lastdeckung im vorgelagerten &#220;bertragungsnetz zu einer nicht unerheblichen Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung der Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems f&#252;hren kann. Dies ist nicht bei jedem Gaskraftwerk der Fall, sondern betrifft in bestimmten netzkritischen Situationen die in dem streitgegenst&#228;ndlichen Beschluss ausgewiesenen s&#252;ddeutschen Kraftwerke, zu denen die Anlagen der Beschwerdef&#252;hrerin geh&#246;ren.</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.3.</span></strong> Der Systemrelevanz steht weder die von der Beschwerdef&#252;hrerin vorgetragene Betriebsweise des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks noch die fehlende M&#246;glichkeit eines Brennstoffwechsels entgegen.</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.3.1.</span></strong> Auch auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerdef&#252;hrerin, wonach die Stromerzeugung davon abh&#228;ngt, dass die zugleich erzeugte W&#228;rme in das Fernw&#228;rmenetz abgeleitet werden kann, ist davon auszugehen, dass das streitgegenst&#228;ndliche Kraftwerk in der f&#252;r die Systemrelevanzausweisung ma&#223;geblichen bedarfsdimensionierenden Stunde Strom erzeugen w&#252;rde. Das netzkritischste Szenario f&#228;llt in den Winter, da wegen des dann bestehenden W&#228;rmebedarfs eine Starklast- und eine Starkwind-Situation zusammenfallen k&#246;nnen. Infolge des W&#228;rmebedarfs ist dann jedoch zugleich eine W&#228;rmeableitung und damit eine Stromerzeugung m&#246;glich.</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.3.3.</span></strong> Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin kommt es f&#252;r die Ausweisung als systemrelevant nicht darauf an, ob die M&#246;glichkeit eines Brennstoffwechsels besteht. Dies ist keine tatbestandliche Voraussetzung, sondern eine Rechtsfolge der Ausweisung. Es handelt sich gem&#228;&#223; &#167; 13f Abs. 2 S. 1 EnWG um eine Option, die der Anlagenbetreiber nur dann vorzunehmen hat, wenn sie technisch und rechtlich m&#246;glich sowie wirtschaftlich zumutbar ist. Ist das nicht der Fall, hat ein Brennstoffwechsel bei systemrelevanten Kraftwerken zu unterbleiben.</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Unabh&#228;ngig von der M&#246;glichkeit eines Brennstoffwechsels hat die Ausweisung als systemrelevant zur Folge, dass der &#220;bertragungsnetzbetreiber gem&#228;&#223; &#167; 16 Abs. 2a EnWG anweisen kann, dass der Gasbezug der Anlage nicht durch den Fernleitungsnetzbetreiber eingeschr&#228;nkt werden darf. Schon diese Ma&#223;nahme verringert die Ausfallwahrscheinlichkeit der Anlage betr&#228;chtlich. Nach der gesetzlichen Konzeption sind demnach auch Anlagen, die nicht f&#252;r einen Brennstoffwechsel im Betracht kommen, geeignet, als systemrelevante Kraftwerke ausgewiesen zu werden, da der mit der Ausweisung haupts&#228;chlich verbundene Zweck, die Gasversorgung solcher Anlagen sicherzustellen, unabh&#228;ngig von der M&#246;glichkeit eines Brennstoffwechsels erreicht werden kann. Dementsprechend sieht &#167; 13f Abs. 2 S. 3 EnWG zwar ein Pr&#252;fprogramm f&#252;r die Darlegung der technischen oder rechtlichen Unm&#246;glichkeit bzw. der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit eines Brennstoffwechsels vor, nicht dagegen einen Ausschluss von der Ausweisung als systemrelevant, wenn ein solcher nicht m&#246;glich oder unzumutbar ist.</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">2.4.</span></strong> Das Vorbringen der Beschwerdef&#252;hrerin, die Bundesnetzagentur habe die der Ausweisungsgenehmigung zu Grunde liegende Tatsachengrundlage nicht nur unzureichend, weil nicht anlagenspezifisch, sondern auch fehlerhaft ermittelt, ist zur&#252;ckzuweisen. Die Entscheidung &#252;ber die Systemrelevanz des streitgegen-st&#228;ndlichen Kraftwerks basiert auf den Erkenntnissen und Ergebnissen der Netzreservebedarfsfeststellung sowie der ihr zu Grunde liegenden Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber, die die Beschwerdef&#252;hrerin nicht angegriffen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Systemanalyse und die Bedarfsfeststellung methodisch mangelhaft erstellt wurden. Somit ist es nicht zu beanstanden, dass die Bundesnetzagentur die Genehmigung der Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks als systemrelevant auf der Basis dieser Tatsachengrundlage, die sie zu Recht f&#252;r vollst&#228;ndig und zutreffend gehalten hat, erteilt hat.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist es unbeachtlich, ob die Beschwerdef&#252;hrerin die Systemanalyse kannte. Die Bundesnetzagentur durfte sie ihrer Entscheidung zugrunde legen, ohne sie zuvor der Beschwerdef&#252;hrerin gesondert bekannt zu geben, denn die Netzreservebedarfs-feststellung sowie die zugrunde liegende Systemanalyse sind am 28.04.2017 und damit vor der Anh&#246;rung der Beschwerdef&#252;hrerin zu der von der Beteiligten beantragten Ausweisung auf der Internetzpr&#228;senz der Bundesnetzagentur eingestellt worden. Die Bundesnetzagentur ist damit zugleich ihrer aus &#167; 3 Abs. 1 S. 4 NetzResV folgenden Ver&#246;ffentlichungspflicht nachgekommen. Auf den Bericht sowie dessen Ver&#246;ffentlichung hat die Bundesnetzagentur zudem mit einer Pressemitteilung vom 30.04.2018&#160; hingewiesen. Es ist davon auszugehen, dass der Beschwerdef&#252;hrerin als Kraftwerksbetreiberin, deren Anlagen schon zweifach als systemrelevant ausgewiesen worden waren, das Vorgehen der Netzreservebedarfsfeststellung bekannt war.</p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">3.</span></strong> Die Bundesnetzagentur hat in dem angegriffenen Beschluss auch die in &#167; 13f EnWG f&#252;r die Ausweisung als systemrelevant vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Gefahreneintritts zu Recht bejaht.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">3.1.</span></strong> Es ist hinreichend wahrscheinlich im Sinne dieser Regelung, dass eine Einschr&#228;nkung der Gasversorgung des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks zu einer nicht unerheblichen Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung der Sicherheit oder Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems f&#252;hren wird. Bezugspunkt der gem&#228;&#223; &#167; 13f EnWG vorzunehmenden Gefahrenprognose ist die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass infolge einer Unterbrechung der Gasversorgung die Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems gef&#228;hrdet oder gest&#246;rt werden. Die vorzunehmende Wahrscheinlichkeitsprognose bezieht sich schon ausweislich des Wortlauts der Vorschrift hingegen nicht auf die Einschr&#228;nkung der Gasversorgung. Danach ist ein Kraftwerk systemrelevant, &#8222;soweit eine Einschr&#228;nkung der Gasversorgung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit&#8220; zu einer relevanten Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung f&#252;hrt. Die Einschr&#228;nkung der Gasversorgung wird von der Vorschrift vorausgesetzt. Sie ist Ausgangspunkt und nicht Gegenstand der Wahrscheinlichkeitsprognose.</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Annahme, dass der Bezugspunkt der Prognose nicht die Wahrscheinlichkeit der Unterbrechung der Gasversorgung ist, spricht auch die Gesetzesbegr&#252;ndung. Dort hei&#223;t es (BT-Drucks. 17/11705, S. 52):</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">&#8222;Kriterium f&#252;r die Bestimmung der Systemrelevanz eine Anlage ist, ob eine Einschr&#228;nkung der Gasversorgung dieser Anlage zu einer nicht unerheblichen Gefahr f&#252;r die Sicherheit des Stromversorgungssystems f&#252;hren wird.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Dort wird gleichfalls auf die Folge einer Versorgungsunterbrechung f&#252;r den Zustand des Stromversorgungssystems abgestellt, ohne dass an die Unterbrechungswahrscheinlichkeit spezifische Anforderungen gestellt werden.</p> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Es entspricht schlie&#223;lich auch dem Normzweck, dass eine Wahrscheinlichkeits-prognose bez&#252;glich des Eintritts einer Versorgungsunterbrechung grunds&#228;tzlich unterbleiben kann. Vor dem Hintergrund, dass seit dem Atom-Moratorium in S&#252;ddeutschland nicht gen&#252;gend Stromerzeugungskapazit&#228;ten vorhanden sind, um die Versorgungssicherheit in den Wintermonaten ohne Eingriffe in den Markt gew&#228;hrleisten zu k&#246;nnen, dient &#167; 13f EnWG wie die Vorg&#228;ngervorschrift des &#167; 13c EnWG der Gew&#228;hrleistung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;ts-versorgungssystems. In den Wintermonaten sind Stromlieferungen aus dem Norden Deutschlands infolge der Netzengp&#228;sse auf den in Nord-S&#252;d-Richtung verlaufenden Trassen der deutschen &#220;bertragungsnetze nicht immer in dem erforderlichen Umfang m&#246;glich. Unstreitig konnte die Versorgungssicherheit in den Wintern 2011/2012 und 2012/2013 nur mithilfe einer Netzreserve gew&#228;hrleistet werden. Zudem kam es im Februar 2012 in S&#252;ddeutschland zu einer Krise der Gasversorgung, die den Gasbezug wichtiger Gaskraftwerke tangierte. Vor diesem Hintergrund wurde die M&#246;glichkeit geschaffen, Gaskraftwerke als systemrelevant auszuweisen und bei der Gasversorgung zu privilegieren. In Gasversorgungskrisen soll die zeitweise knappe Erzeugungsleistung in S&#252;ddeutschland nicht durch den Ausfall von Gaskraftwerken weiter verringert werden (vgl. K&#246;nig, in: S&#228;cker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., &#167; 13c EnWG, Rn. 1). Die Vorschrift dient der Identifizierung und Absicherung derjenigen Kraftwerke, deren Nichtversorgung sich im Fall einer Gasversorgungskrise nachteilig auf die Sicherheit und Stabilit&#228;t des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems auswirken w&#252;rde, nicht der Bestimmung des Grades der Wahrscheinlichkeit einer Gasversorgungskrise. Soweit die Bundesnetzagentur in dem angegriffenen Beschluss auf den unstreitig im Winter 2012 eingetretenen Engpass in der Gasversorgung in S&#252;ddeutschland abgestellt hat, ist damit erkennbar keine Einsch&#228;tzung der Wahrscheinlichkeit einer Versorgungsunterbrechung in der Zukunft verbunden, sondern dieser Hinweis&#160; illustriert, dass es in der Vergangenheit infolge einer Unterbrechung der Gasversorgung bereits zur Abschaltung mehrerer Kraftwerke gekommen war und sollte demnach die Wahrscheinlichkeit einer - erneuten - Gef&#228;hrdung der Sicherheit und Stabilit&#228;t des Versorgungssystems im Falle einer Versorgungsunterbrechung dokumentieren. Ob die Ausweisung eines Kraftwerks als systemrelevant unterbleiben muss, wenn feststeht, dass nur eine abstrakte oder theoretische M&#246;glichkeit der Unterbrechung der Gasversorgung in Rede steht und eine solche tats&#228;chlich nahezu ausgeschlossen ist, kann dahinstehen. Eine Gasversorgungskrise, wie sie bereits im Winter 2012 eingetreten ist, kann weder belastbar und seri&#246;s prognostiziert noch kann sie ausgeschlossen werden.</p> <span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">3.2.</span></strong> In &#167; 13f EnWG wird der Begriff der hinreichenden Wahrscheinlichkeit nicht definiert. Da die Vorschrift der Abwehr einer Gef&#228;hrdung des Elektrizit&#228;ts-versorgungssystems dient, ist zur Ausf&#252;llung dieses Rechtsbegriffs auf die f&#252;r andere Bereiche der Gefahrenabwehr von der Rechtsprechung entwickelten Grunds&#228;tze und Ma&#223;st&#228;be zur&#252;ckzugreifen. Die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts und die zugrunde zu legende Tatsachenbasis h&#228;ngen danach einerseits von der Bedeutung des beeintr&#228;chtigten Rechtsguts und andererseits von der Schwere und den Erfolgsaussichten des in der Ausweisung als systemrelevant liegenden Grundrechtseingriffs ab. Je bedeutender das bedrohte Rechtsgut und je weniger gewichtig der Grundrechtseingriff ist, desto geringer darf die Wahrscheinlichkeit einer Gef&#228;hrdung und desto weniger fundiert die zugrunde liegende Tatsachenfeststellung sein (vgl. <a href="https://www.juris.testa-de.net/r3/?docId=KVRE362490601&amp;${__hash__}38;docFormat=xsl&amp;${__hash__}38;oi=NwCHPA4yxP&amp;${__hash__}38;docPart=K">BVerfG, Beschluss vom 04.04. 2006,1 BvR 518/02</a>; BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017, 3 C 4.16).</p> <span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">In der Wahrscheinlichkeitsprognose m&#252;ssen die Schwere der zu erwartenden Sch&#228;den infolge eines teilweisen Ausfalls des &#220;bertragungsnetzes in ein angemessenes Verh&#228;ltnis zu dem Eingriff in die Rechte der Anlagenbetreiber gestellt werden. Angesichts der hohen Bedeutung des gef&#228;hrdeten Rechtsgut der Versorgungssicherheit (vgl. BVerfG, Beschl&#252;sse vom 20.03.1984, 1 BvL 28/83, und vom 10.09.2008, 1 BvR 1914/02) und der Schwere der durch einen Netzausfall eintretenden Sch&#228;den mit Gefahren auch f&#252;r Leib und Leben von Menschen gen&#252;gt nach den obigen Ma&#223;gaben eine verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig niedrige Eintrittswahrscheinlichkeit. Dass die Bundesnetzagentur in dem angefochtenen Bescheid einen niedrigen Wahrscheinlichkeitsgrad f&#252;r ihre Gefahrenprognose gen&#252;gen lie&#223;, ist demnach nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Zur&#252;ckzuweisen ist der pauschale Einwand der Beschwerdef&#252;hrerin, die der Genehmigung der Ausweisung zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsprognose der Bundesnetzagentur beruhe nicht auf einer objektiven Methode und f&#252;hre zu fehlerhaften Ergebnissen. Die Bundesnetzagentur hat das in &#167; 3 Abs. 2 S 1 NetzResV vorgesehene Pr&#252;fprogramm, wonach die Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber zu &#252;berpr&#252;fen ist, durchgef&#252;hrt. Wie bereits aufgezeigt beruht die Systemanalyse auf aufw&#228;ndigen Marktsimulationen, die ihrerseits an Szenarien ankn&#252;pfen, die auf betrieblichen Erfahrungen der &#220;bertragungsnetzbetreiber beruhen. Der R&#252;ckgriff auf betriebliche Erfahrungswerte ist ausreichend und darauf aufbauende Marktsimulationen stellen ein geeignetes Prognoseinstrument dar (vgl. K&#246;nig, in: S&#228;cker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., &#167; 13c EnWG, Rn. 4). Die Argumentation der Beschwerdef&#252;hrerin vermag keine Zweifel an der Sachgerechtigkeit der der Erstellung der Systemanalyse zugrunde liegenden Methodik, der &#220;berpr&#252;fung ihrer Ergebnisse im Rahmen der Bedarfsanalyse und damit der Ermittlung der systemrelevanten Kraftwerke zu begr&#252;nden.&#160; Die Beschwerdef&#252;hrerin setzt sich mit der Methodik der Systemanalyse und deren Pr&#252;fung und Best&#228;tigung durch die Bundesnetzagentur nicht konkret und im Einzelnen auseinander. Insbesondere zeigt sie nicht auf, welche andere Vorgehensweise zu valideren Ergebnissen gef&#252;hrt h&#228;tte.</p> <span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">4.</span></strong> Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin ist der Umfang der Ausweisung weder in formeller noch in materieller Hinsicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Der Umfang der Ausweisung ist eindeutig und es fehlt nicht an einer hinreichenden Begr&#252;ndung der Ausweisung der gesamten Nennleistung. Vielmehr bezieht sich die Ausweisung ausweislich der Gr&#252;nde des angegriffenen Bescheids auf die gesamte Nennleistung der einzelnen Kraftwerksanlagen. Dies geht unmissverst&#228;ndlich aus den Ausf&#252;hrungen unter Ziffer. 2, Bl. 11, 12 des Beschlusses hervor. Zur Begr&#252;ndung hat die Bundesnetzagentur darauf abgestellt, dass die Ausweisung der gesamten Nennleistung gem&#228;&#223; &#167; 13f Abs. 1 S. 2 EnWG erforderlich ist, um die Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung abzuwenden. Damit ist der entscheidende, die Begr&#252;ndung tragende Gesichtspunkt deutlich bezeichnet.</p> <span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Ausweisung der gesamten Nennleistung entspricht dem Ergebnis der von der Bundesnetzagentur im Rahmen der Reservebedarfsfeststellung gepr&#252;ften und best&#228;tigten Systemanalyse, so dass die Entscheidung auch in materieller Hinsicht rechtsfehlerfrei ergangen ist. Danach bestand ein Bedarf an Netzreserveanlagen zur Behebung kritischer Netzsituationen, zu dessen Deckung die Verf&#252;gbarkeit des&#160; streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks sichergestellt sein muss. Dem steht nicht entgegen, dass die Netto-Nennleistung der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke jeweils 75 MW betr&#228;gt und ausweislich der Systemanalyse beide Bl&#246;cke in der bedarfsdimensionierenden Stunde&#160; nur mit einer Teilleistung von 55 MW betrieben werden. Die Ausweisung einer entsprechenden Teilleistung von 55 MW kommt nicht in Betracht, da eine Abgrenzung zwischen einem systemrelevanten und einem nicht systemrelevanten Teil desselben Kraftwerksblocks technisch nicht m&#246;glich ist. Dieser bildet nach dem unbestrittenen Vorbringen der Bundesnetzagentur eine Einheit, die technisch nicht teilbar ist, so dass die in &#167; 13f Abs.1 S. 1 EnWG vorgesehene M&#246;glichkeit, die Teilleistung einer Anlage als systemrelevant auszuweisen, im Streitfall keine Anwendung findet. Dies kommt nur bei Sachverhalten in Betracht, bei denen die Anlagen in tats&#228;chlicher und technischer Hinsicht teilbar sind.</p> <span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">5.</span></strong> Rechtsfehlerfrei hat die Bundesnetzagentur die beantragte Ausweisung &#252;ber einen Zeitraum von 24 Monaten, beginnend ab dem 21.11.2017, genehmigt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin ist der Ausweisungszeitraum nicht willk&#252;rlich festgelegt worden. Weder fehlt es an einer sachlichen Begr&#252;ndung noch beruht die Entscheidung auf sachfremden Erw&#228;gungen.</p> <span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 13f Abs. 1 S. 3 EnWG soll die Ausweisung einen Zeitraum von 24 Monaten nicht &#252;berschreiten, es sei denn, die Systemrelevanz wird durch eine Systemanalyse f&#252;r einen l&#228;ngeren Zeitraum nachgewiesen. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber die Ausweisung f&#252;r einen Zeitraum von 24 Monaten als Regelfall ansieht. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss die Systemrelevanz erneut gepr&#252;ft werden und auf Grundlage dieser neuen Pr&#252;fung k&#246;nnen auf Antrag der &#220;bertragungsnetzbetreiber Gaskraftwerke erneut f&#252;r 24 Monate als systemrelevant ausgewiesen werden.</p> <span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der Einwand der Beschwerdef&#252;hrerin, die 24-Monatsfrist des &#167; 13f EnWG sei durch die Ausweisung im Jahr 2017 &#252;berschritten worden, weil sich diese an die Ausweisungen der Jahre 2013 und 2015 anschlie&#223;e, ist zur&#252;ckzuweisen. Die f&#252;r die beantragte Ausweisung ma&#223;gebliche Regelung des &#167; 13f EnWG sieht eine regelm&#228;&#223;ige H&#246;chstdauer von 24 Monaten vor. F&#252;r die beantragte Ausweisung hat die Bundesnetzagentur auf den entsprechenden Antrag der Beteiligten die Systemrelevanz des streitgegenst&#228;ndlichen Heizkraftwerks bezogen auf den Zeitraum der folgenden, sich an die Antragstellung anschlie&#223;enden 24 Monate gepr&#252;ft. F&#252;r die Frage, ob Systemrelevanz f&#252;r diesen Zeitraum anzunehmen ist, bleiben fr&#252;here Ausweisungen au&#223;er Betracht.</p> <span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Nach den Ergebnissen der Netzreservebedarfsfeststellung bzw. der dieser zugrundeliegenden Systemanalyse war die Ausweisung f&#252;r diesen Zeitraum erforderlich. Danach kann die Nichtverf&#252;gbarkeit der streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke w&#228;hrend des Genehmigungszeitraums zu einer Gef&#228;hrdung oder St&#246;rung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems f&#252;hren. Im Entscheidungszeitpunkt bestand nach den gepr&#252;ften und best&#228;tigten Erkenntnissen der Systemanalyse ein Bedarf an Netzreserve bis zum Jahr 2019, der sich bei der Nichtverf&#252;gbarkeit des streitgegenst&#228;ndlichen Heizkraftwerks erh&#246;ht h&#228;tte: Die Bundesnetzagentur hat f&#252;r das Winterhalbjahr 2017/2018 und dar&#252;ber hinaus f&#252;r den Zeitraum bis zum 31.03.2019 den Netzreservebedarf durch Pr&#252;fung und Best&#228;tigung der Systemanalyse der &#220;bertragungsnetzbetreiber festgestellt. Ausweislich der im Rahmen der Systemanalyse durchgef&#252;hrten Marktsimulation sind die streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerksbl&#246;cke jeweils in der bedarfsdimensionierenden Stunde unstreitig mit einer Leistung von 55 MW in Betrieb. Die Notwendigkeit der Ausweisung als systemrelevant ist auch &#252;ber den 31.03.2019 hinaus bis zum Ablauf des beantragten Zeitraums am 21.11.2019 zu bejahen. Die Systemanalyse bzw. die Netzreservebedarfsfeststellung belegen, dass die Anlage innerhalb des beantragten Ausweisungszeitraums in der bedarfsdimensionierenden einen Stunde zum Einsatz kommen kann. Anhaltspunkte daf&#252;r, dass in dem Zeitraum vom 31.03.2019 bis zum 21.11.2019 Umst&#228;nde eintreten, die zu einer anderweitigen Bewertung der potentiellen Netzengpass-Situation und der Notwendigkeit der Verf&#252;gbarkeit des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks f&#252;hren, sind nicht ersichtlich und werden von der Beschwerdef&#252;hrerin auch nicht aufgezeigt.</p> <span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beschwerdef&#252;hrerin ist die Ausweisung des streitgegenst&#228;ndlichen Kraftwerks als systemrelevant f&#252;r 24 Monate auch nicht deswegen willk&#252;rlich, weil im Hinblick auf andere Kraftwerke k&#252;rzere Ausweisungszeitr&#228;ume genehmigt worden seien. Soweit die Beschwerdef&#252;hrerin hierdurch auf die unterschiedlichen Ausweisungszeitr&#228;ume nach &#167; 13b EnWG und &#167; 13f EnWG f&#252;r das Kraftwerk Irsching IV Bezug nimmt und geltend macht, es sei sachfremd, bei gleicher Datengrundlage im Rahmen von Stilllegungsantr&#228;gen nach &#167; 13b EnWG k&#252;rzere Zeitr&#228;ume als erforderlich zu genehmigen, ist ihre Argumentation zur&#252;ckzuweisen. Nach der Gesetzeskonzeption m&#252;ssen die Ausweisungen nach &#167; 13b und &#167; 13f EnWG nicht zwingend zeitlich parallel verlaufen. Gem&#228;&#223; &#167; 13b Abs. 4 S. 2 EnWG k&#246;nnen &#220;bertragungsnetzbetreiber Kraftwerke, die der Betreiber vorl&#228;ufig stilllegen will, f&#252;r 24 Monate als systemrelevant ausweisen und die vorl&#228;ufige Stilllegung damit verhindern. Der Beginn dieser Frist h&#228;ngt notwendig von dem Termin ab, zu dem der Betreiber die Anlage stilllegen m&#246;chte bzw. an dem er die geplante Stilllegung anzeigt. Der Lauf der Frist f&#252;r die Ausweisung als systemrelevant nach &#167; 13f Abs. 1 S. 2 und 3 EnWG beginnt dagegen mit der Antragstellung. Infolgedessen k&#246;nnen die einzelnen Ausweisungen, auch wenn sie ein- und dasselbe Kraftwerk betreffen, an unterschiedlichen Terminen enden, so dass die unterschiedliche Dauer der Genehmigungen nicht auf sachfremden Erw&#228;gungen beruht.</p> <span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">6.</span></strong> Die Ausweisung als systemrelevant ist auch nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unzumutbar. Der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in die Grundrechte der Berufsaus&#252;bung und Eigentumsfreiheit ist verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig und damit rechtm&#228;&#223;ig. Er ist zur Erhaltung der Sicherheit und Zuverl&#228;ssigkeit des Elektrizit&#228;tsversorgungssystems geeignet, erforderlich und verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig im engeren Sinne. Insbesondere bestehen angesichts der damit verbundenen Rechtsfolgen keine Zweifel daran, dass mildere Mittel nicht zur Verf&#252;gung stehen. So werden Betreiber systemrelevanter Anlagen zun&#228;chst bei der Gasversorgung privilegiert. Im Falle eines Brennstoffwechsels erfolgt eine finanzielle Kompensation. Soweit die Beschwerdef&#252;hrerin geltend macht, es fiele durch die Ausweisung als systemrelevant zus&#228;tzlicher Personal- und Arbeitsaufwand an, fehlt es bereits &#8211; worauf die Bundesnetzagentur zu Recht hinweist - an &#252;berpr&#252;fbarem Vortrag. Ihr Vorbringen, die Ausweisung mache den geplanten R&#252;ckzug aus der fossilen Versorgung unm&#246;glich, rechtfertigt eine andere Bewertung nicht. Es ist bereits nicht ersichtlich, wie die Ausweisung einer Dekarbonisierung entgegenstehen sollte. Die Beschwerdef&#252;hrerin ist allenfalls an der Stilllegung ihrer Anlagen gehindert.</p> <span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <strong><span style="text-decoration:underline">C.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 90 S. 1 EnWG. Angesichts der Erfolglosigkeit der Beschwerde, der aktiven Beteiligung der Beteiligten am Beschwerdeverfahren, sowie ihres erheblichen Interesses am Verfahrensausgang entspricht es der Billigkeit, der unterliegenden Beschwerdef&#252;hrerin die Gerichtskosten sowie die au&#223;ergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur und der Beteiligten aufzuerlegen. F&#252;r die von der Beschwerdef&#252;hrerin angeregte Anwendung des &#167; 155 Abs. 4 VwGO ist kein Raum. Ihre Auffassung, die Bundesnetzagentur habe durch eine schuldhaft rechtsfehlerhafte Verfahrensf&#252;hrung, insbesondere durch eine unzureichende Begr&#252;ndung des Beschlusses, den Anlass f&#252;r eine gerichtliche &#220;berpr&#252;fung gesetzt, geht fehl.</p> <h1><strong><span style="text-decoration:underline">D</span></strong><span style="text-decoration:underline">.</span></h1> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenst&#228;ndlichen Fragen grunds&#228;tzliche Bedeutung haben (&#167; 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG).</p> <span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittelbelehrung:</span></p> <span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gest&#252;tzt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (&#167;&#167; 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht D&#252;sseldorf, Cecilienallee 3, 40474 D&#252;sseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch &#220;bertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss f&#252;r die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren &#220;bermittlungsweg gem&#228;&#223; &#167; 130a Abs.&#160;4 ZPO, &#167; 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die f&#252;r die &#220;bermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach n&#228;herer Ma&#223;gabe der Verordnung &#252;ber die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und &#252;ber das besondere elektronische Beh&#246;rdenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). &#220;ber das Justizportal des Bundes und der L&#228;nder (www.justiz.de) k&#246;nnen weitere Informationen &#252;ber die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begr&#252;nden. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verl&#228;ngert werden. Die Begr&#252;ndung der Rechtsbeschwerde muss die Erkl&#228;rung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Ab&#228;nderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begr&#252;ndung m&#252;ssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. F&#252;r die Regulierungsbeh&#246;rde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Beh&#246;rde vertreten lassen (&#167;&#167; 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).</p> <span class="absatzRechts">104</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td></td> <td></td> <td></td> </tr> <tr><td></td> <td></td> <td></td> </tr> </tbody> </table>
125,187
ovgni-2018-12-19-9-la-4818
{ "id": 601, "name": "Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgni", "city": null, "state": 11, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
9 LA 48/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-04T14:22:59
2019-02-12T11:30:54
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 10. Kammer - vom 29. Januar 2018 wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Ab&#228;nderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts f&#252;r das Verfahren in beiden Rechtsz&#252;gen auf jeweils 16.125,07 EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses einen Bescheid des Beklagten gegen den Kl&#228;ger &#252;ber Wasser- und Abwassergeb&#252;hren f&#252;r den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 sowie Vorauszahlungen f&#252;r 2016 aufgehoben hat, hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hatte den Kl&#228;ger in den Jahren 2011 bis 2014 zu Wasser- und Abwassergeb&#252;hren aufgrund von Sch&#228;tzungen des Wasserz&#228;hlerstands im Mehrfamilienhaus des Kl&#228;gers herangezogen. Zuletzt sch&#228;tzte er zum 31. Dezember 2014 den Wasserz&#228;hlerstand auf 1.940 m&#179;. Im Dezember 2015 las der Beklagte den Wasserz&#228;hler im Haus des Kl&#228;gers ab. Der Z&#228;hlerstand betrug 4.559 m&#179;. Mit dem hier streitigen Bescheid vom 25. Januar 2016 zog der Beklagte den Kl&#228;ger zu Wasser- und Abwassergeb&#252;hren f&#252;r den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015 heran und legte seiner Berechnung die Differenz zwischen dem zum 31. Dezember 2014 gesch&#228;tzten Z&#228;hlerstand (1.940 m&#179;) und dem im Dezember 2015 abgelesenen Z&#228;hlerstand (4.559 m&#179;) zugrunde. Aus dem so ermittelten Gesamtverbrauch von 2.619 m&#179; ergab sich eine Wassergeb&#252;hr von 2.018,77 EUR sowie eine Abwassergeb&#252;hr von 9.732,30 EUR, mithin ein Gesamtbetrag in H&#246;he von 11.751,07 EUR. Auf der Grundlage dieser Abrechnungsmengen setzte der Beklagte au&#223;erdem die Abschlagsbetr&#228;ge f&#252;r das Folgejahr fest.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage in dem angefochtenen Urteil vom 29. Januar 2018 statt und hob den Bescheid insgesamt auf. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte es aus, der Bescheid k&#246;nne sich hinsichtlich der Festsetzung der Geb&#252;hr f&#252;r die Wasserversorgung nicht auf eine wirksame Rechtsgrundlage st&#252;tzen, weil in der Satzung des Beklagten &#252;ber die Erhebung von Beitr&#228;gen und Entgelten f&#252;r die Wasserversorgung des Wasser- und Abwasserverbandes Osterholz, Landkreis Osterholz vom 19. Dezember 2000 in der Fassung vom 10. Dezember 2013 Regelungen &#252;ber den Geb&#252;hrenma&#223;stab f&#252;r die Wasserversorgungsgeb&#252;hr und &#252;ber die Entstehung der Geb&#252;hrenschuld fehlten. Au&#223;erdem habe der Beklagte sowohl die Wasser- als auch die Abwassergeb&#252;hr &#252;berh&#246;ht festgesetzt. Der Beklagte habe bei der Ermittlung des Frischwasserbezugs von dem im Dezember 2015 abgelesenen Z&#228;hlerstand 2015 den am Ende des Jahres 2014 gesch&#228;tzten Z&#228;hlerstand subtrahiert. Damit habe der Beklagte nicht versucht, den tats&#228;chlichen Wasserverbrauch im kl&#228;gerischen Hausgrundst&#252;ck im Veranlagungszeitraum abzubilden, sondern er habe auch solche Verbrauchsmengen zugeschlagen, die in Wirklichkeit schon in vorherigen Veranlagungszeitr&#228;umen angefallen seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die hiergegen erhobenen Einw&#228;nde des Beklagten im Zulassungsverfahren verm&#246;gen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gem&#228;&#223; &#167; 124 Abs.&#160;2 Nr. 1 VwGO zu begr&#252;nden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>1. Das Verwaltungsgericht hat mit seinem angegriffenen Urteil den Geb&#252;hrenbescheid vom 25. Januar 2016 insgesamt aufgehoben und damit nicht nur hinsichtlich der f&#252;r das Jahr 2015 festgesetzten Wasser- und Abwassergeb&#252;hren, sondern auch betreffend die in dem Geb&#252;hrenbescheid f&#252;r das Jahr 2016 festgesetzten Abschl&#228;ge (Vorauszahlungen), die nach Klageerhebung durch den Geb&#252;hrenbescheid vom 24. Januar 2017 abgel&#246;st worden sein d&#252;rften. Es kann dahinstehen, ob diese (mit dem Klageantrag &#252;bereinstimmende) uneingeschr&#228;nkte Aufhebung des Geb&#252;hrenbescheides ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung begr&#252;ndet, weil der Vortrag des Beklagten im Zulassungsverfahren insoweit keine Darlegungen enth&#228;lt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>2. Zutreffend ist allerdings der Einwand des Beklagten, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung entspreche nicht den Anforderungen des &#167; 2 NKAG, weil sie keine Regelungen des Geb&#252;hrenma&#223;stabes f&#252;r die Wasserversorgungsgeb&#252;hr und &#252;ber die Entstehung der Geb&#252;hrenschuld enthalte, begegne ernstlichen Zweifeln, weil er die Satzung zwischenzeitlich mit R&#252;ckwirkung zum 1. Januar 2015 ge&#228;ndert und die beanstandeten Satzungsm&#228;ngel behoben habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Verbandsversammlung des Beklagten hat in ihrer Sitzung am 21. Februar 2018 eine Satzung zur 7. &#196;nderung der Satzung &#252;ber die Erhebung von Beitr&#228;gen und Entgelten f&#252;r die Wasserversorgung des Wasser- und Abwasserverbandes Osterholz, Landkreis Osterholz vom 19. Dezember 2000 in der Fassung vom 18. Oktober 2017 (im Folgenden: Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung) beschlossen und die Vorschriften in den &#167;&#167;&#160;8 und 11 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung neugefasst. Nach Abschnitt II. der 7. &#196;nderungssatzung ist diese Satzung r&#252;ckwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Die entsprechenden Vorschriften der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung in der Fassung vom 18. Oktober 2017 sind zugleich au&#223;er Kraft getreten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat mit dieser Neufassung die vom Verwaltungsgericht ger&#252;gten Fehler in den &#167;&#167; 8 und 11 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung r&#252;ckwirkend geheilt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Er hat nunmehr in &#167; 8 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung eine Regelung &#252;ber den Geb&#252;hrenma&#223;stab getroffen. In &#167; 8 Satz 2 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung ist jetzt geregelt, dass die Grundgeb&#252;hr nach der Gr&#246;&#223;e des eingebauten Wasserz&#228;hlers bemessen wird. Nach &#167; 8 Satz 3 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung wird das &#8222;Mengenpreisentgelt&#8220; nach der Wassermenge bemessen, die aus der &#246;ffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommen wird. Berechnungseinheit f&#252;r das &#8222;Mengenpreisentgelt&#8220; ist 1 cbm Wasser. Gem&#228;&#223; &#167; 8 Ziffern 1.1.1 und 1.1.2 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung bestimmt sich die H&#246;he der Grundgeb&#252;hr nach &#8222;QN&#8220;. Was unter &#8222;QN&#8220; zu verstehen ist, wird in der Satzung zwar nicht definiert. Da aber nach &#167; 8 Satz 2 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung die Grundgeb&#252;hr nach der Gr&#246;&#223;e des eingebauten Wasserz&#228;hlers bemessen wird, l&#228;sst sich hieraus &#8211; anders als der Kl&#228;ger meint &#8211; hinreichend entnehmen, dass damit auf den zul&#228;ssigen Grundgeb&#252;hrenma&#223;stab nach der Nenngr&#246;&#223;e des Wasserz&#228;hlers (QN) abgestellt wird. Entgegen der Ansicht des Kl&#228;gers ist das Verh&#228;ltnis der Grundgeb&#252;hr (&#167; 8 Ziffer 1.1) und der Mengenpreise (= Verbrauchsgeb&#252;hr i. S. v. &#167; 8 Ziffer 1.2) eindeutig geregelt. Denn &#167; 8 Satz 1 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung bestimmt, dass sich das Benutzungsentgelt aus einer Grundgeb&#252;hr und einem &#8222;Mengenpreisentgelt&#8220; (Verbrauchsgeb&#252;hr) zusammensetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat zudem in &#167; 11 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung eine Regelung &#252;ber das Entstehen der Geb&#252;hrenschuld getroffen. In &#167; 11 Ziffer 2 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung ist nunmehr geregelt, dass die Geb&#252;hrenschuld jeweils mit dem Ende des Erhebungszeitraumes entsteht. Erlischt die Geb&#252;hrenpflicht vor Ablauf des Erhebungszeitraumes, so entsteht die Geb&#252;hrenschuld mit dem Ende der Geb&#252;hrenpflicht. Ohne Erfolg r&#252;gt der Kl&#228;ger, der Begriff &#8222;Erhebungszeitraum&#8220; sei in&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167; 11 Ziffer 1 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung unklar definiert. In &#167; 11 Ziffer 1 ist eindeutig geregelt, dass Erhebungszeitraum das Kalenderjahr ist. Weiter ist darin bestimmt, dass, wenn die Geb&#252;hrenpflicht w&#228;hrend des Kalenderjahres entsteht, der Restteil des Jahres der Erhebungszeitraum ist. Damit ist offensichtlich der Restteil des &#8222;Kalenderjahres&#8220; gemeint (hierzu im Einzelnen: Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2018, &#167; 6 Rn. 721a).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die r&#252;ckwirkende Inkraftsetzung der Regelungen in &#167;&#167; 8 und 11 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung zum 1. Januar 2015 begegnet im Zulassungsverfahren keinen Bedenken im Hinblick auf &#167; 2 Abs. 2 NKAG und stellt entgegen der Auffassung des Kl&#228;gers keine unzul&#228;ssige echte R&#252;ckwirkung dar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Voraussetzungen f&#252;r eine zul&#228;ssige R&#252;ckwirkung von Abgabensatzungen nach dem nieders&#228;chsischen Landesrecht sind in &#167; 2 Abs.&#160;2 NKAG geregelt und in der Rechtsprechung des Senats gekl&#228;rt (vgl. nur Senatsurteil vom 16.2.2016 &#8211; 9 KN 288/13 &#8211; juris Rn.&#160;40; Senatsbeschluss vom 21.11.2006 &#8211; 9 ME 214/06 &#8211;; Lichtenfeld in: Driehaus, a.&#160;a.&#160;O., &#167; 6 Rn.&#160;724). Danach kann eine Geb&#252;hrensatzung dann r&#252;ckwirkend ge&#228;ndert werden, wenn dadurch Bedenken der Rechtsprechung an ihrer Wirksamkeit ausger&#228;umt werden sollen und dem r&#252;ckwirkenden Inkraftsetzen kein sch&#252;tzenswertes Vertrauen der betroffenen Geb&#252;hrenpflichtigen entgegensteht (vgl. Senatsurteil vom 30.11.2009 &#8211; 9 LB 415/07 &#8211; juris Rn. 29). Der Zweck der satzungsm&#228;&#223;igen R&#252;ckwirkungsanordnung besteht in der Regel darin, noch nicht unanfechtbar gewordenen Heranziehungen nachtr&#228;glich eine sichere Rechtsgrundlage zu verschaffen (vgl. Senat, Beschluss vom 29.7.2009 &#8211; 9 ME 36/09 &#8211; n. v.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>So liegt der Fall hier. Mit der 7. &#196;nderungssatzung zur Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung hat der Beklagte r&#252;ckwirkend zum 1. Januar 2015 die f&#252;r den hier ma&#223;geblichen Zeitraum vom Verwaltungsgericht ger&#252;gten Satzungsm&#228;ngel behoben. Die R&#252;ckwirkungsanordnung wirkt auf den 1. Januar 2015 zur&#252;ck und insoweit auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte. Gegen das grunds&#228;tzlich zul&#228;ssige unecht r&#252;ckwirkende Inkrafttreten von &#8211; Satzungsm&#228;ngel behebenden &#8211; Regelungen zum Geb&#252;hrenma&#223;stab und zum Geb&#252;hrensatz bestehen keine vertrauensschutzrechtlichen Bedenken. Es gibt keinen Vertrauensschutz dahin, dass ein Abgabenpflichtiger wegen der Unwirksamkeit vorangegangener Abgabensatzungen von Abgaben mit Gegenleistungscharakter verschont bleibt, weil niemand erwarten kann, dass ihm eine ihrem Wesen nach entgeltpflichtige Leistung unentgeltlich gew&#228;hrt wird (Freese in: Rosenzweig/Freese/v. Waldthausen, NKAG, Stand: M&#228;rz 2018, &#167; 2 Rn. 80 m. w. N.; vgl. auch Holtbr&#252;gge in: Driehaus, a. a. O., &#167;&#160;2 Rn. 33).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die r&#252;ckwirkende Neufassung der beiden Regelungen in &#167; 8 und &#167; 11 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung zum 1. Januar 2015 bewegt sich somit innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen (&#167; 2 Abs. 2 NKAG) und hat auch keine Schlechterstellung der Gesamtheit der Abgabepflichtigen zur Folge (vgl. &#167; 2 Abs. 2 Satz 4 NKAG). Es sind lediglich der Geb&#252;hrenma&#223;stab und der Erhebungszeitraum konkretisiert worden, ohne dass sich dadurch die Geb&#252;hrenh&#246;he f&#252;r die Geb&#252;hrenpflichtigen &#228;ndert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>3. Der Beklagte hat aber die weitere, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbst&#228;ndig tragende Feststellung, dass die Festsetzung der Wasser- und der Abwassergeb&#252;hren f&#252;r 2015 &#252;berh&#246;ht und damit rechtswidrig sei, nicht mit seinem Zulassungsvorbringen entkr&#228;ftet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht ist zu der Einsch&#228;tzung gelangt, dass der Beklagte im Rahmen seiner Sch&#228;tzung des Wasserverbrauchs keine tats&#228;chlichen, bemessungsrelevanten Umst&#228;nde ber&#252;cksichtigt habe. Er habe mit seiner &#8222;Sch&#228;tzung&#8220; eines Wasserverbrauchs im Jahr 2015 von 2.619 m&#179; nicht versucht, den tats&#228;chlichen Wasserverbrauch im kl&#228;gerischen Hausgrundst&#252;ck im Veranlagungszeitraum abzubilden. Vielmehr habe er diesem Veranlagungszeitraum zur &#220;berzeugung des Gerichts auch solche Verbrauchsmengen zugeschlagen, die in Wirklichkeit schon in vorherigen Veranlagungszeitr&#228;umen angefallen seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Hiergegen wendet der Beklagte ein, dass der im vorhergehenden Abrechnungsbescheid vom 26. Januar 2015 gesch&#228;tzte Z&#228;hlerendstand der Wasseruhr f&#252;r das Jahr 2014 zwar nicht in Bestandskraft erwachse und daher hinsichtlich der H&#246;he im angefochtenen Bescheid keine Bindungswirkung entfalte. Gleichwohl sei seine Sch&#228;tzungsentscheidung, entsprechend dem Z&#228;hlerendstand f&#252;r das 2014 von einem Z&#228;hleranfangsstand f&#252;r das Jahr 2015 von 1.940 m&#179; auszugehen, nicht zu beanstanden. Er habe sich an den durchschnittlichen abgelesenen Verbr&#228;uchen zwischen 308 und 680 m&#179; auf dem kl&#228;gerischen Grundst&#252;ck in den Jahren 2007 bis 2010 orientiert. Zudem sei der Kl&#228;ger mit Schreiben vom 8. Mai 2013 und vom 4. November 2014 dar&#252;ber unterrichtet worden, dass eine Sch&#228;tzung durchgef&#252;hrt worden sei und dass eine Ablesung der Wasseruhr ratsam sei. Dieser Mitteilung und Empfehlung sei der Kl&#228;ger nicht nachgekommen, so dass auch f&#252;r den streitgegenst&#228;ndlichen Erhebungszeitraum 2015 der Anfangswert habe gesch&#228;tzt werden m&#252;ssen. Offensichtlich habe sich das Nutzungsverhalten der Mietparteien des Kl&#228;gers zwischenzeitlich ver&#228;ndert, was sich aus der Abrechnung im Bescheid vom 24. Januar 2017 f&#252;r das Kalenderjahr 2016 ergebe, wenn dort ein abgelesener Verbrauch f&#252;r das Kalenderjahr von 1.390 m&#179; festgestellt worden sei. Dieser festgestellte Verbrauch liege um mindestens 100 % h&#246;her als die abgelesenen Jahresverbr&#228;uche in den Jahren 2007 bis 2010. Die tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse h&#228;tten sich in diesem Zeitraum nicht ver&#228;ndert und seien zumindest nicht dem Beklagten bekannt gegeben worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Mit diesem Vortrag hat der Beklagte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts nicht dargetan.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Allerdings durfte der Beklagte die im Jahr 2015 entnommene Wassermenge sowohl f&#252;r die Festsetzung der Wasser- als auch der Abwasserverbrauchsgeb&#252;hr grunds&#228;tzlich sch&#228;tzen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Abgabensatzung des Beklagten f&#252;r die Wasserversorgung bietet zwar keine Rechtsgrundlage f&#252;r eine solche Sch&#228;tzung. Die Satzung des Beklagten &#252;ber die Erhebung von Beitr&#228;gen und Entgelten f&#252;r die Abwasserbeseitigung des Wasser- und Abwasserverbandes Osterholz, Landkreis Osterholz vom 10. Dezember 2013 (im Folgenden: Abgabensatzung f&#252;r die Abwasserbeseitigung) enth&#228;lt in &#167; 7 Nr. 3., 4. und 6. Sch&#228;tzungsvorschriften, deren Tatbest&#228;nde hier aber nicht einschl&#228;gig sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Eine Sch&#228;tzung der Wassermenge ist jedoch aufgrund des &#167; 11 Abs. 1 Nr. 4 b) Abs.&#160;5 NKAG a. F. in Verbindung mit &#167; 162 Abs. 1 Satz 1 AO zul&#228;ssig. Danach hat die K&#246;rperschaft, der die Abgabe zusteht, die Grundlagen zu sch&#228;tzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Diese Voraussetzung liegt hier vor. Gem&#228;&#223; &#167; 8 Satz 3 der Abgabensatzung f&#252;r die Wasserversorgung wird das &#8222;Mengenpreisentgelt&#8220; nach der Wassermenge bemessen, die aus der &#246;ffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommen wird. Nach &#167; 7 Nr. 2.1 der Abgabensatzung f&#252;r die Abwasserbeseitigung gilt &#8222;als in die &#246;ffentliche Abwasseranlage gelangt&#8220; die dem Grundst&#252;ck aus &#246;ffentlichen oder privaten Wasserversorgungsanlagen zugef&#252;hrte und durch Wasserz&#228;hler ermittelte Wassermenge. Der Wasserz&#228;hlerstand ist zwar am Ende des Jahres 2015 abgelesen worden, nicht jedoch der Wasserz&#228;hlerstand zu Beginn des Jahres 2015. Diese Ablesung lie&#223; sich nach Ablauf des Erhebungszeitraums f&#252;r das Kalenderjahr 2015 auch nicht mehr nachholen. Da der Wasserz&#228;hlerendstand im Jahr 2014 &#8211; wie der Wasserverbrauch in den Jahren 2011 bis 2014 insgesamt &#8211; ebenfalls nicht abgelesen, sondern nur gesch&#228;tzt worden ist, k&#246;nnen der Z&#228;hleranfangsstand f&#252;r das Jahr 2015 und die im Jahr 2015 entnommene Wassermenge nicht mehr konkret ermittelt oder berechnet werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der Senat teilt jedoch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Sch&#228;tzung der entnommenen Wassermenge f&#252;r den Erhebungszeitraum 2015 nicht fehlerfrei erfolgt ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Bei einer Sch&#228;tzung sind gem&#228;&#223; &#167; 162 Abs. 1 Satz 2 AO alle Umst&#228;nde zu ber&#252;cksichtigen, die f&#252;r die Sch&#228;tzung von Bedeutung sind. Die Sch&#228;tzung muss von dem Bem&#252;hen getragen werden, dem wahren Sachverhalt m&#246;glichst nahe zu kommen (vgl. OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24.4.2013 &#8211; OVG 9 B 5.12 &#8211; juris Rn. 17 m. w. N.). Das Sch&#228;tzungsergebnis muss schl&#252;ssig, wirtschaftlich m&#246;glich und vern&#252;nftig sein. Hierbei sind alle Umst&#228;nde zu ber&#252;cksichtigen, die f&#252;r die Sch&#228;tzung von Bedeutung sind. Dabei muss ein Abgabenpflichtiger, der Veranlassung zur Sch&#228;tzung gibt, hinnehmen, dass die im Wesen jeder Sch&#228;tzung liegende Unsicherheit oder Fehlertoleranz gegen sich ausschl&#228;gt und sich die Beh&#246;rde an der oberen Grenze des Sch&#228;tzungsrahmens orientiert (vgl. R&#252;sken in Klein, AO, 11. Aufl. 2012, &#167; 162 Rn. 36, 37, 38).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat und auch der Beklagte best&#228;tigt, entfaltet der in dem Geb&#252;hrenbescheid vom 26. Januar 2015 f&#252;r das Abrechnungsjahr 2014 zum 31. Dezember 2014 gesch&#228;tzte Z&#228;hlerendstand von 1.940 m&#179; mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keine Verbindlichkeit f&#252;r andere Geb&#252;hrenfestsetzungen. Denn dieser Bemessungsgrundlage kommt f&#252;r die Geb&#252;hrenfestsetzung im nachfolgenden Veranlagungszeitraum mangels gesonderter Feststellung im Sinne von &#167;&#167; 179 ff. AO keine Bindungswirkung zu (vgl. R&#252;sken in Klein, a. a. O., &#167; 157 Rn. 23 f.; VG Potsdam, Urteil vom 21.12.2011 &#8211; 8 K 1330/07 &#8211; juris Rn. 21). Mit der Bestandskraft des Bescheides vom 26. Januar 2015 hat der Kl&#228;ger auch nicht den gesch&#228;tzten Z&#228;hlerendstand f&#252;r das Abrechnungsjahr 2014 von 1.940 m&#179; zugleich als Z&#228;hleranfangsstand f&#252;r den n&#228;chsten Veranlagungszeitraum 2015 akzeptiert und sich diesbez&#252;glich jeglicher sp&#228;terer Einwendungen begeben (siehe auch OVG Berl.-Bbg., Urteil vom 24.4.2013, a. a. O., Rn. 17).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Der Beklagte musste sich vielmehr f&#252;r den Erhebungszeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2015 um ein m&#246;glichst wirklichkeitsnahes Sch&#228;tzungsergebnis betreffend die entnommene Wassermenge bem&#252;hen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Dies ist hier nicht der Fall. Der Beklagte h&#228;tte bei seiner Sch&#228;tzung ber&#252;cksichtigen m&#252;ssen, dass die f&#252;r das Jahr 2015 aufgrund des gesch&#228;tzten Z&#228;hlerendstands f&#252;r das Jahr 2014 angenommene Wassermenge in H&#246;he von 2.619 m&#179; den in den Vorjahren angenommenen Wert von (zuletzt) 500 m&#179; um mehr als das F&#252;nffache &#252;bersteigt und deshalb nicht den wirklichkeitsnahen Wasserverbrauch eines Jahres abbildet. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, ist das Vorliegen eines au&#223;ergew&#246;hnlichen Verbrauchsereignisses im Jahr 2015 weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Senat teilt auch die Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts, dass sich die au&#223;erordentlich hohe, f&#252;nffache Steigerung des Verbrauchs im Jahr 2015 gegen&#252;ber dem Jahr 2014 nicht dadurch erkl&#228;ren l&#228;sst, dass im Laufe des Jahres 2015 in dem Haus des Kl&#228;gers das Dachgeschoss ausgebaut und eine siebte (kleinere) Wohnung eingerichtet worden. Soweit der Beklagte meint, es liege ein offensichtlich ver&#228;ndertes Verbrauchsverhalten der Mietparteien des Kl&#228;gers vor, das er nicht habe ber&#252;cksichtigen k&#246;nnen, vermag ein ge&#228;ndertes Verbrauchsverhalten eine f&#252;nffache Steigerung der Wassermenge innerhalb eines Jahres nicht zu erkl&#228;ren. Der Beklagte tr&#228;gt selbst vor, es sei nicht erkennbar, dass sich die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde erheblich ver&#228;ndert h&#228;tten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Soweit der Beklagte meint, er habe sich an den abgelesenen Jahresverbr&#228;uchen in den Jahren 2007 bis 2010 orientiert, gen&#252;gt dies nicht dem Bem&#252;hen, dem wahren Sachverhalt betreffend den Wasserverbrauch im Jahr 2015 m&#246;glichst nahe zu kommen. Als Sch&#228;tzmethode ist zwar u. a. der sog. Vorjahresvergleich anerkannt, mit dem die Besteuerungsgrundlagen auf der Grundlage der entsprechenden Angaben des Steuerpflichtigen f&#252;r vorangegangene Zeitr&#228;ume ermittelt und ggf. durch Vornahme von (Un)sicherheitszu- bzw. &#8211;abschl&#228;gen an die ver&#228;nderten Verh&#228;ltnisse des zu sch&#228;tzenden Besteuerungsabschnitts angepasst werden (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand: Oktober 2018, &#167;&#160;162 Rn. 54). Der Beklagte hat hier aber keine Sch&#228;tzung der Wasserentnahmemenge im Jahr 2015 anhand eines Vorjahresvergleichs vorgenommen. Er hat insbesondere nicht den Jahreswasserverbrauch des Jahres 2014 &#8211; den er auf 500 m&#179; gesch&#228;tzt hatte &#8211; zugrunde gelegt und aufgrund etwaiger ge&#228;nderter Umst&#228;nde hochgerechnet. Er hat vielmehr lediglich den gesch&#228;tzten Wasserz&#228;hlerendstand f&#252;r das Jahr 2014 als Z&#228;hleranfangsstand f&#252;r das Jahr 2015 &#252;bernommen. Weitere Sch&#228;tzungserw&#228;gungen, etwa anhand der Anzahl der im Haus lebenden Personen, hat er nicht getroffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Die auf diese Weise ermittelte, ungew&#246;hnlich hohe Steigerung des Wasserverbrauchs l&#228;sst sich auch nach &#220;berzeugung des Senats nur dadurch erkl&#228;ren, dass die Sch&#228;tzungen des Beklagten f&#252;r die vorhergehenden Veranlagungszeitr&#228;ume offenbar zu niedrig gewesen sind und in den vergangenen Jahren jeweils h&#246;here Verbrauchsmengen angefallen waren. Dies zeigt der Vergleich mit dem abgelesenen Wasserverbrauch im nachfolgenden Kalenderjahr 2016 gem&#228;&#223; Bescheid vom 24. Januar 2017 in H&#246;he von 1.390 m&#179;, der damit deutlich &#252;ber der jeweils in den Jahren 2011 bis 2014 gesch&#228;tzten Wassermenge von 500 m&#179; liegt. Dieser f&#252;r das Jahr 2016 ermittelte Wasserverbrauch macht &#252;berdies nur die H&#228;lfte der f&#252;r das Jahr 2015 gesch&#228;tzten Wassermenge aus. Dies spricht ebenfalls dagegen, dass die f&#252;r das Jahr 2015 angenommene Wassermenge einen wirklichkeitsnahen Wasserverbrauch abbildet. Au&#223;erdem beruhten bereits die angenommenen Wassermengen f&#252;r die vier Jahre 2011, 2012, 2013 und 2014 nur auf Sch&#228;tzungen anhand der in den Jahren 2007 bis 2010 ermittelten Wassermengen, ohne dass der Wasserz&#228;hler in den Jahren 2011 bis 2014 abgelesen worden w&#228;re. Der Beklagte konnte schon aufgrund dieses langen Zeitraums und des Umstands, dass mehrere Parteien in dem Mehrfamilienhaus wohnen, nicht davon ausgehen, dass der j&#228;hrliche Wasserverbrauch seit 2007 stets j&#228;hrlich nur durchschnittlich 500 m&#179; betragen w&#252;rde. Im &#220;brigen gab es schon bei den abgelesenen Wassermengen in den Jahren 2007 bis 2010 Schwankungen. Im zuletzt abgelesenen Jahr 2010 betrug die Wassermenge bereits mehr als 500 m&#179;, n&#228;mlich 680 m&#179;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Ohne Erfolg wendet der Beklagte ein, die Unsicherheit und Fehlertoleranz der Sch&#228;tzung gehe zu Lasten des Kl&#228;gers, der als Grundst&#252;ckseigent&#252;mer und Abgabepflichtiger daf&#252;r Sorge zu tragen habe, dass die Ablesewerte dem Beklagten mitgeteilt w&#252;rden, und zudem durch Schreiben vom 8. Mai 2013 und 4. November 2014 darauf hingewiesen worden sei, den abgerechneten Wasserz&#228;hlstand zu &#252;berpr&#252;fen. Es trifft zwar zu, dass ein Steuerpflichtiger, der Veranlassung zur Sch&#228;tzung gibt, es im Interesse der Gleichm&#228;&#223;igkeit der Besteuerung hinnehmen muss, dass die im Wesen jeder Sch&#228;tzung liegende Unsicherheit oder Fehlertoleranz gegen ihn ausschl&#228;gt (Seer in: Tipke/Kruse, a. a. O., &#167; 162 Rn. 44). Es kann hier aber dahinstehen, ob der Kl&#228;ger Veranlassung zur Sch&#228;tzung gegeben hat. Wer verpflichtet ist, den Wasserz&#228;hler abzulesen, ergibt sich jedenfalls nicht aus den vorliegenden Satzungsbestimmungen (&#167; 7 Ziffer 4 i. V. m. Ziffer 2.2 der Abgabensatzung f&#252;r die Abwasserbeseitigung ist hier nicht einschl&#228;gig). Hierauf kommt es vorliegend jedoch auch nicht an, weil bereits nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beklagte um ein m&#246;glichst wirklichkeitsnahes Sch&#228;tzungsergebnis bem&#252;ht h&#228;tte. Die dargelegten Umst&#228;nde sprechen vielmehr daf&#252;r, dass der Beklagte dem Veranlagungszeitraum Verbrauchsmengen zugeschlagen hat, die tats&#228;chlich schon in vorherigen Erhebungszeitr&#228;umen angefallen sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Der Beklagte r&#252;gt erfolglos, das Verwaltungsgericht h&#228;tte den streitgegenst&#228;ndlichen Bescheid vom 25. Januar 2016 nicht vollumf&#228;nglich aufheben, sondern h&#228;tte eine eigene Sch&#228;tzung vornehmen k&#246;nnen und m&#252;ssen. Den Verwaltungsgerichten steht, anders als den Finanzgerichten (&#167; 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), eine eigenst&#228;ndige Sch&#228;tzungsbefugnis nicht zu (noch offengelassen im Senatsurteil vom 28. Februar 2018 &#8211; 9 LC 217/16 &#8211; juris Rn. 87; s. a. BayVGH, Urteil vom 14.7.2016 &#8211; 20 B 15.565 &#8211; juris Rn. 14). Im &#220;brigen kann das Gericht zwar die gew&#228;hlte Sch&#228;tzungsmethode und das Ergebnis der Sch&#228;tzung &#252;berpr&#252;fen und dieses bei Fehlern in der H&#246;he korrigieren (Senatsurteil vom 28. Februar 2018, a. a. O., Rn. 87). Eine solche Korrektur in der H&#246;he ist dem Gericht im vorliegenden Fall jedoch nicht m&#246;glich gewesen, weil hier &#8211; anders als in dem Fall, dem das zitierte Senatsurteil vom 28. Februar 2018 zugrunde lag &#8211; bereits die vom Beklagten vorgenommene Sch&#228;tzmethode, den auf bereits einer Sch&#228;tzung beruhenden Wasserz&#228;hlerendstand des Vorjahres zu &#252;bernehmen, wie oben dargelegt ungeeignet ist. Weitere Sch&#228;tzungserw&#228;gungen, die das Gericht h&#228;tte &#252;berpr&#252;fen und ggf. korrigieren k&#246;nnen, hat der Beklagte nicht vorgenommen. Soweit der Beklagte darauf verweist, dem Gericht w&#228;re eine Sch&#228;tzung auf der Grundlage des Umstands m&#246;glich gewesen, dass f&#252;r das Jahr 2016 auf dem Grundst&#252;ck ein Frischwasserverbrauch durch Ablesung mit 1.390 m&#179; ermittelt worden ist, kann der Vergleich mit dem Folgejahr zwar eine geeignete Sch&#228;tzungsmethode sein. Der Beklagte hat jedoch eine eigene Sch&#228;tzungsentscheidung vorzunehmen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskr&#228;ftig (&#167;&#160;124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus &#167;&#167; 39, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Sie ber&#252;cksichtigt, dass bei der beantragten und entschiedenen vollumf&#228;nglichen Aufhebung des Geb&#252;hrenbescheides die jeweiligen Festsetzungen der Wassergeb&#252;hr f&#252;r 2015 (2.018,77 EUR), der Abwassergeb&#252;hr f&#252;r 2015 (9.732,30 EUR) und der Vorauszahlungen f&#252;r 2016 (6 x 729 EUR = 4.374 EUR) zu addieren sind. Gem&#228;&#223; &#167; 63 Abs. 3 Satz 1 GKG wird die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung entsprechend ge&#228;ndert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#167; 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000007&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
125,184
ovgni-2018-12-19-1-me-15518
{ "id": 601, "name": "Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgni", "city": null, "state": 11, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
1 ME 155/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-04T14:22:58
2019-02-12T11:30:54
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerden des Antragstellers und des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 4. Kammer - vom 26. Oktober 2018 werden zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Beteiligten tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur H&#228;lfte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert f&#252;r das Beschwerdeverfahren wird auf 14.400,00 EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller wendet sich gegen die Nutzungsuntersagung f&#252;r die Vermietung eines Einfamilienhauses als Arbeitnehmerunterkunft; er meint diese sei als &#8222;Wohnen&#8220; von der bestehenden Baugenehmigung gedeckt. Der Antragsgegner verteidigt seine vom Verwaltungsgericht beanstandete St&#246;rerauswahl.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller ist Eigent&#252;mer des Grundst&#252;ck C. 1 in A-Stadt, in einem durch Bebauungsplan festgesetzten eingeschr&#228;nkten allgemeinen Wohngebiet. Das darauf errichtete Wohnhaus verf&#252;gt &#252;ber eine Baugenehmigung vom 30.9.1998 als &#8222;Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Garage&#8220; mit einer Wohnfl&#228;che von 173,09 m&#178; und einer Nutzfl&#228;che von 60,19 m&#178;. Im April 2018 stellte der Antragsgegner fest, dass der Antragsteller das Geb&#228;ude an insgesamt 12, zeitweise nach Meldeauskunft sogar 14 ausl&#228;ndische Arbeitskr&#228;fte eines nahegelegenen Betriebes vermietet habe, wozu er auch einen oberhalb der Garage gelegenen, in den genehmigten Bauvorlagen als &#8222;nicht ausgebaut&#8220; dargestellten Raum in zwei Schlafr&#228;ume und einen Flurbereich mit K&#252;chenzeile umgebaut habe. Darauf untersagte er dem Antragsteller mit dem angegriffenen Bescheid vom 3.7.2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die weitere Nutzung sowie Weitervermietung des o.g. Wohnhauses zu Zwecken der Arbeitnehmerunterbringung; die Nutzung sei innerhalb von 3 Monaten nach Zustellung aufzugeben. Ferner drohte er ein Zwangsgeld von 5000 &#8364; an. Die Mieter erhielten Duldungsverf&#252;gungen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Dem Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Verwaltungsgericht teilweise stattgegeben. Sein fristgerecht eingelegter Widerspruch werde voraussichtlich Erfolg haben, soweit er die gegenw&#228;rtige Nutzung untersage, d.h. den Antragsteller zur Beendigung der bestehenden Mietverh&#228;ltnisse auffordere. Die Effektivit&#228;t der Gefahrenabwehr erfordere es grunds&#228;tzlich, die Nutzungsuntersagung direkt gegen&#252;ber den Nutzern, d.h. den Mietern auszusprechen. Ein Ausnahmefall, in dem dies wegen st&#228;ndig wechselnder, f&#252;r die Beh&#246;rde un&#252;bersichtlicher Mietverh&#228;ltnisse untunlich sei, liege nicht vor; unter den Mietern habe es bisher relativ wenig Fluktuation gegeben, zudem sei es dem Antragsgegner auch m&#246;glich gewesen, allen Mietern Duldungsverf&#252;gungen zuzustellen. Voraussichtlich erfolgreich werde auch der Widerspruch gegen die Zwangsgeldandrohung sein, da diese nicht zwischen den verschiedenen untersagten Handlungen &#8211; Fortf&#252;hrung der bisherigen Nutzung und Weitervermietung &#8211; unterscheide. Offen, aber vermutlich zu verneinen, seien die Erfolgsaussichten des Widerspruchs gegen das Weitervermietungsverbot. Nach den vom Senat in seinem Beschluss vom 18.9.2015 &#8211; 1 ME 126/15 &#8211; formulierten Grunds&#228;tzen seien zwar die vom Antragsgegner herangezogenen Kriterien &#8211; eine Nutzung einer entsprechend gro&#223;en Wohneinheit durch bis zu f&#252;nf Personen w&#252;rde stets, durch bis zu acht Personen bei Vorlage weiterer Nachweise als Wohnnutzung anerkannt, eine h&#246;here Belegung nie &#8211; nicht geeignet, unabh&#228;ngig von den Umst&#228;nden des Einzelfalls das Vorliegen einer Wohnnutzung i.S.d. BauNVO zu beurteilen. Auch weise der Fall Parallelen zu dem Fall auf, in dem der Senat (a.a.O.) eine Wohnnutzung noch bejaht habe. Hier habe der Antragsteller in die Wohnnutzung aber R&#228;ume einbezogen, f&#252;r die eine solche Nutzung nicht genehmigt seien. Selbst unter Ber&#252;cksichtigung dieser R&#228;ume st&#252;nden jedoch f&#252;r bis zu 14 Personen nur ca. 220 m&#178;, nur eine vollwertige K&#252;che und eine kleine K&#252;chenzeile zur Verf&#252;gung. Diese Belegung &#252;berschreite die Nutzung, die sich aus den 1989 genehmigten Bauvorlagen ergebe; dort sei das Geb&#228;ude als Einfamilienhaus bezeichnet und auch als solches konzipiert; hierauf sei auch der Stellplatzbedarf abgestimmt. Das Nutzungskonzept des Antragstellers ziele nicht auf die Bereitstellung einer auf Dauer angelegten H&#228;uslichkeit f&#252;r die Eigengestaltung der Haushaltsf&#252;hrung und des h&#228;uslichen Wirkungskreises. Die R&#228;ume seien spartanisch eingerichtet und sollten m&#246;glichst jeweils doppelt belegt werden. Der Mietvertrag bezeichne nicht einmal die Zimmer, die f&#252;r die einzelnen Nutzer zur Verf&#252;gung st&#252;nden. Der monatliche Mietpreis von 290,- &#8364;/Person (warm) ergebe einen Ertrag, der f&#252;r eine &#252;bliche Wohnnutzung nicht erzielt werden k&#246;nne. Eine Vermietung auf Dauer an eine Nutzergruppe (Wohngemeinschaft) sei offenbar nicht geplant, auch wenn einige Nutzer durch verwandtschaftliche oder sonstige Beziehungen miteinander verbunden seien. Nach den Feststellungen des Antragsgegners fehle ein Gemeinschaftsraum. R&#252;ckzugsm&#246;glichkeiten au&#223;erhalb der Doppelzimmer best&#252;nden nicht. Selbst wenn die Nutzung noch dem Wohnen zugeordnet sei, sei offen, ob sie noch im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet gebietsvertr&#228;glich sei. Offenkundig genehmigungsf&#228;hig sei die Nutzung nicht. Die bei offenen Erfolgsaussichten vorzunehmende Interessenabw&#228;gung gehe zu Lasten des Antragstellers aus; die ungenehmigte Nutzung der R&#228;ume oberhalb der Garage sei ohnehin nicht schutzw&#252;rdig. Im &#220;brigen sei das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers deshalb gering, da das Haus gegenw&#228;rtig &#8222;voll belegt&#8220; sei und eine Neuvermietung nicht konkret in Rede stehe; sollte das Neuvermietungsverbot bis zur Hauptsacheentscheidung teilweise relevant werden, sei dies mit Blick auf die immer noch hohen Einnahmen aus den verbleibenden Mietverh&#228;ltnissen vertretbar. Zu ber&#252;cksichtigen sei auch, dass von der Nutzung eine unerw&#252;nschte Vorbildwirkung ausgehen k&#246;nne.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Gegen den Beschluss haben beide Beteiligten fristgerecht Beschwerde erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>1. Die Beschwerde des Antragstellers, auf deren fristgem&#228;&#223; vorgetragene Gr&#252;nde sich die Pr&#252;fung des Senats gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschr&#228;nkt, ist unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Sein Vortrag, nach seiner aktuellen Berechnung betrage die Wohnfl&#228;che im Erdgeschoss 132,19 m&#178;, im Obergeschoss 145,82 m&#178;, insgesamt also 278,02 m&#178; zuz&#252;glich Nutzfl&#228;che, ist unbeachtlich; insofern bestand kein Anlass, die in der Beschwerdebegr&#252;ndung vom 30.11.2018 angek&#252;ndigten, aber nicht vorgelegten Grundrisspl&#228;ne nachzufordern. Denn das Verwaltungsgericht hat sich &#8211; selbst&#228;ndig tragend &#8211; auf UA S. 12 f. darauf gest&#252;tzt, etwaige Erweiterungen der Wohnfl&#228;che gegen&#252;ber dem mit Bauschein vom 30.9.1998 genehmigten Bestand seien bereits formell illegal und nicht offensichtlich genehmigungsf&#228;hig, k&#246;nnten bei der Beurteilung des den Mietern zur Verf&#252;gung stehenden Wohnraums mithin nicht mit ber&#252;cksichtigt werden. Das hat der Antragsteller nicht mit Beschwerdegr&#252;nden angegriffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Dahinstehen kann, ob bereits die formelle Illegalit&#228;t der Nutzung eines Teils des Wohnhauses die Nutzungsuntersagung insgesamt rechtfertigt, oder ob die M&#246;glichkeit h&#228;tte in Betracht gezogen werden m&#252;ssen, nur die Nutzung der in den Bauvorlagen nicht als Wohnraum dargestellten R&#228;ume zu untersagen. Denn dies w&#252;rde voraussetzen, dass die verbleibende Nutzung der genehmigten Wohnfl&#228;che von 173,09 m&#178; mit zwei B&#228;dern und einer K&#252;che f&#252;r dann freilich nur noch bis zu 10 Personen als &#8222;Wohnen&#8220; von der Baugenehmigung gedeckt oder offenkundig genehmigungsf&#228;hig w&#228;re. Diesbez&#252;glich greifen die vom Verwaltungsgericht f&#252;r eine unterstellte Wohnfl&#228;che von ca. 220 m&#178; mit zwei Kochgelegenheiten bei bis zu 14 Personen angestellten Erw&#228;gungen sinngem&#228;&#223;. Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte das Verwaltungsgericht bei seiner Einsch&#228;tzung, ob die vom Antragsteller bislang praktizierte und daher auch im Falle einer Neuvermietung zu erwartende Nutzungsform als &#8222;Wohnen&#8220; gelten kann, auch die spartanische Einrichtung der Mietr&#228;ume ber&#252;cksichtigen. Dass die Ausstattung der R&#228;ume ein f&#252;r die Beurteilung des Wohncharakters der Nutzungsform ma&#223;geblicher Gesichtspunkt ist, hat der Senat in seinem Beschluss vom 18.9.2015 (a.a.O., juris Rn. 10) angenommen. Dies bedeutet nicht, dass der Antragsteller, wie er meint, verpflichtet w&#228;re, die R&#228;umlichkeiten aufwendiger als bisher auszustatten. Entscheidend ist, dass die Belegungsdichte in Verbindung mit den &#8211; f&#252;r den Vermieter erkennbaren &#8211; voraussichtlichen Nutzungsmodalit&#228;ten der Mieter nicht die Einrichtung eines h&#228;uslichen Wirkungskreises erwarten l&#228;sst; hierf&#252;r d&#252;rfen die Beh&#246;rde und das Verwaltungsgericht durchaus die Einrichtungsgepflogenheiten des bisherigen, im Wesentlichen gleichen, Nutzerkreises ber&#252;cksichtigen. Ob die H&#246;he der vom Antragsteller erzielten Mieteinnahmen gegen eine Einstufung der Nutzung als &#8222;Wohnen&#8220;, jedenfalls als das nach Ansicht des Verwaltungsgerichts allein genehmigte &#8222;einfamilienhaustypische Wohnen&#8220; sprechen, kann dahinstehen; denn auch ohne Ber&#252;cksichtigung dieses Gesichtspunktes rechtfertigen die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Indizien die Bewertung der Erfolgsaussichten des Widerspruchs als zumindest offen. Ohne Erfolg r&#252;gt der Antragsteller schlie&#223;lich, die Bewertung der Stellplatzsituation durch das Verwaltungsgericht sei rein theoretischer Natur, da nur ein Mieter ein Fahrzeug besitze. Er verkennt dabei, dass die Erw&#228;gungen des Verwaltungsgerichts das Neuvermietungsverbot und damit nicht die gegenw&#228;rtige Nutzung betreffen. Dass bei einer Vermietung an eine Vielzahl von Nutzern der Stellplatzbedarf nach anderen Kriterien zu bewerten ist als bei einer Einfamilienhausnutzung &#8211; allein darauf kam es dem Verwaltungsgericht bei Thematisierung der Stellplatzfrage auf UA S. 13 an &#8211;, ist zutreffend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die an die Einstufung der Erfolgsaussichten als offen ankn&#252;pfende Interessenabw&#228;gung des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller nicht mit Beschwerdegr&#252;nden angegriffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>2. Die ausschlie&#223;lich gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Nutzungsuntersagung, nicht aber gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Zwangsgeldandrohung gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat ebenfalls keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Dass, wie der Antragsgegner ausf&#252;hrt, der Eigent&#252;mer einer unzul&#228;ssig genutzten Wohnung nach &#167; 56 Satz 1 NBauO grunds&#228;tzlich m&#246;glicher Adressat einer bauaufsichtlichen Anordnung sein kann, verkennt das Verwaltungsgericht nicht. Zutreffend und vom Verwaltungsgericht nicht in Frage gestellt ist auch sein Ansatz, dass es im Rahmen der St&#246;rerauswahl auf Ermessensebene grunds&#228;tzlich geboten ist, denjenigen zuerst in Anspruch zu nehmen, der mit dem geringstm&#246;glichen Aufwand baurechtm&#228;&#223;ige Zust&#228;nde herbeif&#252;hren kann. Nach der Rechtsprechung u.a. des Senats (vgl. Beschl. v. 11.9.2015 &#8211; 1 ME 118/15 -, juris Rn. 10) ist dies grunds&#228;tzlich nicht der Eigent&#252;mer, sondern der unmittelbare Nutzer. Dieser kann die Nutzung tats&#228;chlich aufgeben, ohne (in der Regel) den Eigent&#252;mer um Erlaubnis fragen zu m&#252;ssen. Der Eigent&#252;mer ist darauf angewiesen, seinerseits &#8211; etwa durch K&#252;ndigung und ggf. nachfolgende R&#228;umungsklage &#8211; auf den Mieter dahingehend einzuwirken, dass er das vollzieht, was die Beh&#246;rde auch direkt ihm gegen&#252;ber erzwingen k&#246;nnte. Die Hinnahme der damit verbundenen Verdoppelung der Vollstreckungsverz&#246;gerungen und &#8211;risiken ist regelm&#228;&#223;ig ermessensfehlerhaft. Ausnahmen erkennt die Rechtsprechung insbesondere bei der Nutzung von R&#228;umen zu Zwecken der Prostitutionsaus&#252;bung an. Mitbestimmend ist dabei neben der f&#252;r die Bauaufsichtsbeh&#246;rde typischerweise un&#252;bersichtlichen Fluktuation der Mietverh&#228;ltnisse und der mitunter schwierigen Erreichbarkeit der unmittelbaren Nutzerinnen die Erw&#228;gung, dass im Prostitutionsmilieu Vermieter meist andere Mittel als den Weg &#252;ber die Zivilgerichte haben, ein R&#228;umungsbegehren durchzusetzen (Senatsbeschl. v. 28.8.2014 - 1 ME 91/14 -, V. n. b.). Bei der Vermietung von Unterk&#252;nften an ausl&#228;ndische Arbeitnehmer ist letzteres nicht ohne weiteres der Fall, jedenfalls dann nicht, wenn der Vermieter nicht gleichzeitig Arbeitgeber der unmittelbaren Nutzer ist. Angesichts dessen hat der Senat in seinem Beschluss vom 11.9.2015 (a.a.O.) die M&#246;glichkeit, auch bei der Arbeitnehmerunterbringung den Vermieter anstelle der Mieter in Anspruch zu nehmen, auf Einzelf&#228;lle, namentlich bei einem konkret un&#252;bersichtlichen Nutzerkreis, begrenzt. Dass ein solcher hier nicht vorliegt, hat das Verwaltungsgericht &#252;berzeugend ausgef&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Dem Einwand des Antragsgegners, die Inanspruchnahme des Vermieters anstelle der unmittelbaren Nutzer rechtfertige sich jedenfalls aus dem Grundsatz des geringstm&#246;glichen Eingriffs, vermag sich der Senat nicht anzuschlie&#223;en. Die M&#246;glichkeit des Vermieters, durch Reduktion der Belegungszahl sich wenigstens einen Teil seiner Eink&#252;nfte - und einem Teil der Mieter ihre Unterkunft - zu erhalten, besteht unabh&#228;ngig davon, ob die Beendigung der bisherigen Nutzungssituation durch Verf&#252;gung an den Vermieter oder die Mieter bewirkt wird. Auch den letzteren steht es offen, den Vollzug der Nutzungsuntersagung durch den Nachweis abzuwenden, dass sich die Unterbringungsverh&#228;ltnisse durch eine Reduktion der Gesamtbelegung des Objekts entscheidend verbessert haben. Einer Absprache zwischen Vermieter und Mietern bedarf es daf&#252;r ohnehin.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#167; 154 Abs. 2, 159 S. 1 VwGO, &#167; 100 Abs. 1 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 2 Satz 1 GKG. Eine Reduktion mit Blick darauf, dass der Antragsgegner die Aufhebung der Zwangsgeldandrohung hingenommen hat, ist nicht angezeigt, da diese den erstinstanzlichen Streitwert nicht erh&#246;ht (Nr. 12 a der Streitwertannahmen des Senats, Nord&#214;R 2002, 197 = NdsVBl. 2002, 192).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#167; 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE180004089&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
125,159
vg-schleswig-holsteinisches-2018-12-19-1-b-12118
{ "id": 1071, "name": "Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht", "slug": "vg-schleswig-holsteinisches", "city": 647, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 B 121/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-04T14:22:36
2019-01-17T11:45:57
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2018:1219.1B121.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 19.10.2018 gegen die Androhung der Ersatzvornahme des Antragsgegners vom 24.09.2018 wird angeordnet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antragsgegner tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9000&#160;Euro festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller wehrt sich gegen eine Androhung der Ersatzvornahme in Bezug auf eine Wiederherstellungsanordnung hinsichtlich eines Knicks.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller und seine ehemalige Lebensgef&#228;hrtin sind seit dem Jahre 2009 Eigent&#252;mer des Flurst&#252;cks xxx, Flur xxx, Gemeinde und Gemarkung xxx. Zwischen den Beteiligten besteht Streit dar&#252;ber, ob die westliche Grenze des Grundst&#252;cks in Form eines Knicks verl&#228;uft und ob dieser gesch&#228;digt wurde. Laut Auskunft des Einwohnermeldeamts lebte der Antragsteller vom 3. M&#228;rz 2010 bis zum 6. Juli 2016 in dem zu dem streitbefangenen Grundst&#252;ck geh&#246;renden Haus, xxx, xxx und seit dem 6. Juli 2016 in der xxx in A-Stadt (Bl.&#160;87 d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 8. November 2016 erhielt der Antragsteller eine Anh&#246;rung hinsichtlich des Vorwurfs der Sch&#228;digung eines Knicks. Dieses Schreiben adressierte der Antragsgegner an die genannte Adresse in xxx. Der Antragsteller &#228;u&#223;erte sich im Folgenden nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 erlie&#223; der Antragsgegner eine Wiederherstellungsanordnung gegen&#252;ber dem Antragsteller, mit der dieser verpflichtet wurde, den Knick auf dem genannten Grundst&#252;ck in xxx wiederherzustellen, mit knicktypischen Geh&#246;lzen zu bepflanzen, zu pflegen und dauerhaft zu erhalten. Ablagerungen seien vollst&#228;ndig zu entfernen, das erstellte Heckenloch auf einer L&#228;nge von vier Metern sei zu schlie&#223;en, die an der westlichen Seite des Schuppens aufgestellten Sichtschutzma&#223;nahmen und die Vorbauma&#223;nahmen auf dem Knick seien zu entfernen. Zudem seien gesch&#228;digte Geh&#246;lze und entstandene Bewuchsl&#252;cken durch das Pflanzen knicktypischer Geh&#246;lze zu schlie&#223;en beziehungsweise zu ersetzen. Die Fertigstellung dieser Ma&#223;nahmen sei dem Antragsgegner unter Vorlage von Bildmaterial bis sp&#228;testens 30. November 2017 zur Abnahme anzuzeigen. Zur Begr&#252;ndung bezog sich der Antragsgegner auf eine im Mai 2015 erhaltene Anzeige, wonach ein Knick auf dem Grundst&#252;ck des Antragstellers gesch&#228;digt worden sei, was sich durch eine Ortsbesichtigung best&#228;tigt habe. Diesen Bescheid lie&#223; der Antragsgegner per Postzustellungsurkunde zustellen. Adressiert war er an den Antragsteller unter der Adresse xxx in xxx. Handschriftlich berichtigte der Zusteller die Adresse und ersetzte die Stra&#223;e mit &#8222;xxx&#8220;. Den Bescheid legte er am 13. Januar 2017 in den zu dieser Adresse geh&#246;renden Briefkasten, da eine &#220;bergabe nicht m&#246;glich war (Bl.&#160;39 d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller reagierte auf diesen Bescheid nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Im Februar 2017 leitete der Kreis Dithmarschen ein Ordnungswidrigkeitsverfahren im Hinblick auf eine Knicksch&#228;digung gegen den Antragsteller ein. Die Anh&#246;rung im Ordnungswidrigkeitenverfahren sendete der Kreis Dithmarschen an den Antragsteller unter der Adresse xxx in A-Stadt. Hierauf nahm der Antragsteller auch schriftlich Stellung (Bl.&#160;42&#160;ff. d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 7. Februar 2018 (Bl.&#160;73 d. Beiakte) forderte der Antragsgegner den Antragsteller auf, der Wiederherstellungsanordnung vom 11. Januar 2017 unverz&#252;glich nachzukommen. Es wurde eine neue Frist zur Umsetzung bis zum 28. Februar 2018 gesetzt und ein Zwangsgeld in H&#246;he von 500&#160;Euro angedroht. Diesen Bescheid lie&#223; der Antragsgegner ebenfalls per Postzustellungsurkunde zustellen. Adressiert war er an den Antragsteller unter der Adresse xxx x in xxx. Den Bescheid legte der Zusteller am 8. Februar 2018 in den zu dieser Adresse geh&#246;renden Briefkasten, da eine &#220;bergabe nicht m&#246;glich war (Bl.&#160;75 d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller reagierte auch auf diesen Bescheid nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 20. M&#228;rz 2018 (Bl.&#160;78 d. Beiakte) setzte der Antragsgegner ein Zwangsgeld in H&#246;he von 500&#160;Euro gegen den Antragsteller fest und setzte eine erneute Frist bis zum 18. April 2018 unter Androhung eines Zwangsgeldes in H&#246;he von 1000&#160;Euro. Auch dieser Bescheid wurde per Zustellungsurkunde an die Adresse xxx in xxx durch Einlegung in den Briefkasten zugestellt (Bl.&#160;80 d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller reagierte auch auf diesen Bescheid nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 24. September 2018, zugestellt am 27. September 2018 an den Antragsteller unter der Adresse xxx in A-Stadt (Bl.&#160;119 d. Beiakte), drohte der Antragsgegner dem Antragsteller unter Fristsetzung bis zum 1. Dezember 2018 die Durchf&#252;hrung des Wiederherstellungsbescheides vom 11. Januar 2017 im Wege der Ersatzvornahme an. Die Kosten hierf&#252;r seien vorl&#228;ufig auf 9000&#160;Euro veranschlagt worden. Er begr&#252;ndete diese damit, dass die mit bestandskr&#228;ftigem Bescheid vom 11. Januar 2017 getroffenen Anordnungen bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht umgesetzt worden seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 19. Oktober 2018 (Bl.&#160;121 d. Beiakte) legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Widerspruch ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller hat am 22. Oktober 2018 um einstweiligen Rechtsschutz bei dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht ersucht. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt er an, der Voreigent&#252;mer des Grundst&#252;cks habe in den 50er Jahren einen sogenannten Friesenwall als Begrenzung angelegt, der beim Kauf des Grundst&#252;cks mit bl&#252;henden Gartenpflanzen versehen gewesen sei und keinen Knickcharakter besessen habe. Des Weiteren tr&#228;gt er vor, weder das Anh&#246;rungsschreiben vom 8. November 2016 noch die Wiederherstellungsanordnung vom 11. Januar 2017 jemals erhalten zu haben. Er habe erst im Zuge des Ordnungswidrigkeitenverfahrens von dem Vorgang Kenntnis erlangt. Er sei seit dem Mai 2016 in A-Stadt wohnhaft und auch dort gemeldet. Die Adresse xxx in xxx sei die Adresse seiner neuen Lebensgef&#228;hrtin, bei der er jedoch niemals wohnhaft gewesen sei und auch keinen Namen am Briefkasten gehabt habe. Diese Anschrift sei von seiner vorangegangenen Lebenspartnerin in den Umlauf gebracht worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beantragt w&#246;rtlich,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">den Antrag abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Die Wiederherstellungsverf&#252;gung sei dem Antragsteller am 13. Januar 2017 mittels Postzustellung an die Adresse xxx, xxx wirksam bekanntgegeben worden und seither nicht widerrufen oder zur&#252;ckgenommen worden. Sie sei vollziehbar, da sie bestandskr&#228;ftig geworden sei. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;182 Abs.&#160;1 Satz&#160;2&#160;ZPO i.V.m. &#167;&#160;418&#160;ZPO erbringe die PZU als &#246;ffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Ein Gegenbeweis k&#246;nne nach &#167;&#160;418 Abs.&#160;2&#160;ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen gef&#252;hrt werden. Der Antragsteller habe diesen Gegenbeweis gerade nicht erbracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>1. Der Antrag, den die Kammer bei verst&#228;ndiger W&#252;rdigung des Begehrens des Antragstellers als Antrag gem&#228;&#223; &#167;&#160;80 Abs.&#160;5 Satz&#160;1, Variante 1&#160;VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 19. Oktober 2018 gegen die Androhung der Ersatzvornahme durch den Antragsgegner vom 24. September 2018 wertet, ist zul&#228;ssig und begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die gerichtliche Entscheidung nach &#167;&#160;80 Abs.&#160;5&#160;VwGO ergeht regelm&#228;&#223;ig auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabw&#228;gung. Gegenstand der Abw&#228;gung sind das Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das &#246;ffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Im Rahmen dieser Interessenabw&#228;gung k&#246;nnen auch Erkenntnisse &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abw&#228;gung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Pr&#252;fung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. L&#228;sst sich bei der summarischen &#220;berpr&#252;fung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (wieder-)herzustellen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein &#246;ffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten &#220;berpr&#252;fung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig, so f&#252;hrt dies in F&#228;llen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelm&#228;&#223;ig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 06.08.1991&#160;&#8211; 4&#160;M&#160;109/91&#160;&#8211;, juris Rn.&#160;5).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Nach diesem Ma&#223;stab hat das vorl&#228;ufige Rechtsschutzgesuch des Antragstellers Erfolg. Das Interesse der &#214;ffentlichkeit und des Antragsgegners an einer sofortigen Vollziehung der angedrohten Ersatzvornahme &#252;berwiegt nicht gegen&#252;ber dem Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben nicht, da sich bereits auf der Grundlage der im Verfahren nach &#167;&#160;80 Abs.&#160;5&#160;VwGO nur m&#246;glichen summarischen &#220;berpr&#252;fung der Sach- und Rechtslage mit ganz &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der eingelegte Widerspruch des Antragstellers wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit der Androhung der Ersatzvornahme Erfolg haben wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Es liegen bereits die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach &#167;&#160;229 Abs.1 Nr.&#160;1&#160;LVwG i.V.m. &#167;&#160;238&#160;LVwG ist unter anderem das Vorliegen eines unanfechtbaren Grundverwaltungsakts, woran es vorliegend mangelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#160;110 Abs.&#160;1&#160;LVwG ist der Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, f&#252;r den er bestimmt ist. Dies ist im vorliegenden Fall der Antragsteller. Die Bekanntgabe ist in verschiedenen Formen m&#246;glich, so auch in der Form der Zustellung, einer nach &#167; 110 Abs.&#160;5&#160;LVwG besonders formalisierten Art der Bekanntgabe. Zugestellt wird gem&#228;&#223; &#167;&#160;148 Abs 1, 2&#160;LVwG nach den &#167;&#167;&#160;177 bis 182 der Zivilprozessordnung entsprechend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Der Bescheid vom 11. Januar 2017 ist dem Antragsteller nicht durch ordnungsgem&#228;&#223;e Zustellung bekannt gegeben worden und damit ihm gegen&#252;ber auch nicht rechtlich existent geworden (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 18. Aufl., &#167;&#160;41 Rn.&#160;15).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#160;177 ZPO kann das Schriftst&#252;ck der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort &#252;bergeben werden, an dem sie angetroffen wird. Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung oder in dem Gesch&#228;ftsraum nicht angetroffen, kann das Schriftst&#252;ck gem&#228;&#223; &#167;&#160;178 Abs.&#160;1 ZPO in der Wohnung einem erwachsenen Familienangeh&#246;rigen, einer in der Familie besch&#228;ftigten Person oder einem erwachsenen st&#228;ndigen Mitbewohner (Ziffer 1.) oder in Gesch&#228;ftsr&#228;umen einer dort besch&#228;ftigten Person (Ziffer 2.) zugestellt werden. Ist die Zustellung nach &#167;&#160;178 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 oder 2 ZPO nicht ausf&#252;hrbar, kann das Schriftst&#252;ck in einen zu der Wohnung oder dem Gesch&#228;ftsraum geh&#246;renden Briefkasten oder in eine &#228;hnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat f&#252;r den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein &#252;blichen Art f&#252;r eine sichere Aufbewahrung geeignet ist (&#167;&#160;180 Satz&#160;1 ZPO). Mit der Einlegung gilt das Schriftst&#252;ck als zugestellt (&#167;&#160;180 Satz&#160;2 ZPO). Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftst&#252;cks das Datum der Zustellung (&#167;&#160;180 Satz&#160;3 ZPO). Nach &#167;&#160;182 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 ZPO ist zum Nachweis der Zustellung nach &#167;&#160;177, &#167;&#160;178 und &#167;&#160;180 ZPO eine Urkunde auf dem hierf&#252;r vorgesehenen Formular anzufertigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Im vorliegenden Fall beurkundet die Postzustellungsurkunde (Bl.&#160;39 d. Beiakte) vom 13. Januar 2017, dass der Postbedienstete versucht hat, das Schriftst&#252;ck unter der berichtigten Adresse, xxx, xxx, zu &#252;bergeben. Weil die &#220;bergabe des Schriftst&#252;cks in der Wohnung nicht m&#246;glich war, hat der Postbedienstete bescheinigt, das Schriftst&#252;ck in den zur Wohnung geh&#246;renden Briefkasten oder in eine &#228;hnliche Vorrichtung eingelegt zu haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Dem kann der Antragsteller jedoch entgegenhalten, der Bescheid sei falsch adressiert und auch an eine falsche Adresse zugestellt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Der Bescheid tr&#228;gt den Namen des Antragstellers und urspr&#252;nglich die Adresse xxx in xxx, was handschriftlich durch den Zusteller in xxx in xxx ge&#228;ndert wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Die Adresse ist unzweifelhaft nicht der Wohnort beziehungsweise die Wohnung des Antragstellers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Zustellungsurkunden begr&#252;nden nach &#167;&#160;418&#160;ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Danach erstreckt sich die Beweiskraft der Zustellungsurkunde allerdings nicht auch darauf, dass der Zustellungsadressat unter der Zustellungsanschrift tats&#228;chlich wohnt. Die tats&#228;chlichen Voraussetzungen der Wohnung im Sinne der Zustellungsvorschriften sind von dem Zusteller regelm&#228;&#223;ig nicht voll zu &#252;berpr&#252;fen, so dass seine Erkl&#228;rung, er habe eine Nachricht &#252;ber die Niederlegung unter der Anschrift des Empf&#228;ngers abgegeben, nur ein beweiskr&#228;ftiges Indiz daf&#252;r begr&#252;ndet, dass der Zustellungsempf&#228;nger unter der Zustellungsanschrift wohnt. Dementsprechend kann das Gericht aufgrund der Beurkundung der Ersatzzustellung im Regelfall solange davon ausgehen, dass der Zustellungsempf&#228;nger dort wohnt, als dieser die Indizwirkung nicht durch eine plausible und schl&#252;ssige Darstellung entkr&#228;ftet, wozu die schlichte Behauptung, unter der Zustellungsanschrift nicht zu wohnen, noch nicht gen&#252;gt (BVerfG, NJW 1992, Seite 224f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller tr&#228;gt vor, seit Mai 2016 unter der Adresse xxx in A-Stadt wohnhaft und auch gemeldet zu sein. Dies wird durch eine vom Antragsgegner eingeholte Auskunft des Einwohnermeldeamtes vom 2. August 2018 (Bl.&#160;87 d. Beiakte) best&#228;tigt. Die Adresse xxx in xxx, an die vorliegend zugestellt wurde, ist nach Vortrag des Antragstellers niemals sein Wohnort gewesen. Hierzu kann der Antragsgegner auch nicht substantiiert darlegen, aus welchem Grund er an diese Adresse hat zustellen lassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>2. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;1&#160;VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>3. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf &#167;&#160;53 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 i. V.&#160;m. &#167;&#160;52 Abs.&#160;1, Abs.&#160;2 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
125,155
vg-schleswig-holsteinisches-2018-12-19-1-b-12318
{ "id": 1071, "name": "Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht", "slug": "vg-schleswig-holsteinisches", "city": 647, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 B 123/18
2018-12-19T00:00:00
2019-01-04T14:22:34
2019-01-17T11:45:57
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2018:1219.1B123.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der am 29.10.2018 bei Gericht gestellte Antrag,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Bereitstellung der in &#167; 150 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG aufgef&#252;hrten die neue Feldeinteilung nachweisende Karte zur Einsichtnahme bei der Gemeinde&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Owschlag einstweilen anzuordnen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Antrag ist teilweise unzul&#228;ssig und im &#220;brigen unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Soweit die Antragstellerin die Einsichtnahme in die die neue Feldeinteilung nachweisende Karte im Sinne von &#167; 150 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG f&#252;r das Flurst&#252;ck xxx, Flur xxxx der Gemarkung xxx sowie der Flurst&#252;cke xxx und xxx der Flur xxx Gemarkung xxx begehrt, ist der Antrag mangels Rechtsschutzbed&#252;rfnisses unzul&#228;ssig. Die Antragstellerin kann keine rechtliche oder tats&#228;chliche Besserstellung erreichen. Die Antragstellerin st&#252;tzt ihren diesbez&#252;glichen Anspruch auf &#167; 150 Abs. 2 FlurbG. Danach kann jeder Beteiligte und jeder, der ein berechtigtes Interesse darlegt, die in &#167; 150 Abs. 1 FlurbG aufgef&#252;hrten Unterlagen einsehen. Dieser Anspruch richtet sich grunds&#228;tzlich gegen die aktenf&#252;hrende Beh&#246;rde und kann auch noch nach Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens geltend gemacht werden. Einsicht in die Unterlagen kann aber nur die Beh&#246;rde gew&#228;hren, die die Unterlagen aufbewahrt. Der Anspruch auf Einsichtnahme kann nur realisiert werden, wenn die Unterlagen der in Anspruch genommenen Beh&#246;rde vorliegen (Schwantag/Winterter, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 8. Aufl. 2008, &#167; 150 Rn. 2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner hat den geltend gemachten Anspruch bereits im Verwaltungsverfahren erf&#252;llt, soweit ihm das zur Einsicht begehrte Kartenmaterial vorliegt. So hat er mit Schreiben vom 18.04.2017 mitgeteilt, die Antragstellerin k&#246;nne die bei ihm vorhandene Flurkarte zur Flurbereinigung A-Stadt, Ma&#223;stab 1:5000 w&#228;hrend der allgemeinen &#214;ffnungszeiten in der Verwaltungsstelle Ascheffel, einsehen (Bl. 4. d. Beiakte). Mit weiterem Schreiben vom 06.04.2018 &#252;bersandte er ihr sogar eine Abschrift dieser Karte (Bl. 20 d. Beiakte). Weitere Karten liegen bei dem Antragsgegner nicht vor. Dieser hat die Antragstellerin insoweit auf das Landesarchiv verwiesen (Bl. 26 d. Beiakte).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen, das hei&#223;t, soweit die Antragstellerin, wie sich aus dem Schriftsatz vom 24.10.2018 ergibt, begehrt, eine Zusicherung zu erteilen, dass die Karte bereitgehalten werde beziehungsweise, dass die bezeichnete Karte tats&#228;chlich die von ihr bezeichneten Flurst&#252;cke betreffe, ist der der Antrag jedenfalls unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 VwGO, &#167; 920 ZPO kann das Gericht auch schon vor Klagerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Ver&#228;nderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden k&#246;nnte. Auch zur Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustandes ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zul&#228;ssig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. In jedem Fall sind gem&#228;&#223; &#167; 123 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 935, 936, 920 Abs. 2 ZPO die Dringlichkeit einer gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund) und das geforderte Recht (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen. Voraussetzung f&#252;r das Vorliegen eines Anordnungsanspruches in diesem Sinne ist es, dass &#252;berwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen, das hei&#223;t eine in der Hauptsache erhobene Klage oder sonstiger Rechtsbehelf m&#252;sste zul&#228;ssig und zumindest mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit begr&#252;ndet sein. Voraussetzung f&#252;r das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist grunds&#228;tzlich, dass dem Antragsteller unter Ber&#252;cksichtigung seiner Interessen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Gemessen an diesen Vorgaben liegt eine unzul&#228;ssige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Mit dem Antrag, der Antragsgegnerin aufzugeben, eine entsprechende Zusicherung zu erteilen, begehrt die Antragstellerin keine vorl&#228;ufige Ma&#223;nahme, sondern eine Vorwegnahme der in einem k&#252;nftigen Hauptsacheverfahren erstrebten Entscheidung. Einem solchen Antrag ist im Verfahren nach &#167; 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise stattzugeben, n&#228;mlich dann, wenn das Abwarten in der Hauptsache f&#252;r die Antragsteller unzumutbar w&#228;re (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1999 &#8211; 11 VR 8/98 &#8211;, Rn. 5, juris). Daf&#252;r ist vorliegend nichts ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin hat auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage f&#252;r die begehrte Zusicherung ist nicht ersichtlich. Ob und wann Anspr&#252;che auf Erteilung von Zusicherungen bestehen, l&#228;sst sich auch &#167; 108a LVwG nicht entnehmen, der sich auf die Normierung des Schriftformerfordernisses beschr&#228;nkt. Die Entscheidung steht deshalb im Ermessen der Beh&#246;rde, soweit das Fachrecht nichts anderes bestimmt. Anerkannt ist jedoch das Bestehen eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wenn eine Zusicherung beantragt wird (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, 9. Aufl. 2018, VwVfG &#167; 38 Rn. 110-114a).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Ein Anordnungsanspruch liegt bereits deshalb nicht vor, weil Anhaltspunkte f&#252;r eine Ermessensreduzierung auf Null weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Liegt dem geltend gemachten materiellen Anspruch eine Ermessensvorschrift zu Grunde, kann eine einstweilige Anordnung ohne weiteres bei einer Ermessensreduzierung auf Null erlassen werden. Nach noch h.&#8201;M. bedarf es dieser Ermessensreduzierung aber auch, um die einstweilige Anordnung treffen zu k&#246;nnen. Dies basiert auf der Annahme, dass im Eilverfahren nicht zugesprochen werden darf, was im Hauptsacheverfahren nicht erreichbar ist; au&#223;erdem wird anderenfalls die Hauptsacheentscheidung unzul&#228;ssigerweise vorweggenommen (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Schoch VwGO &#167; 123 Rn. 158, beck-online m.w.Nw.). Ein Anspruch kann aufgrund des in dieser Norm einger&#228;umten Ermessens nur bestehen, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, also aufgrund der konkreten Umst&#228;nde des Falles nur eine einzige bestimmte Entscheidung in Betracht kommt (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 08. September 2017 &#8211; 11 B 33/17 &#8211;, Rn. 8, juris m. Verweis auf Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 06.04.2017 &#8211; 2 MB 3/17, Beschlussabdruck S. 3).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Unabh&#228;ngig davon ist auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Es ist weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, weshalb die Antragstellerin nicht die Durchf&#252;hrung eines Hauptsacheverfahrens abwarten kann, um den geltend gemachten Anspruch durchzusetzen. Sie begr&#252;ndet die Eilbed&#252;rftigkeit allein mit dem Erfordernis &#8222;wesentliche Nachteile abzuwenden&#8220;. Es gebe Grund zu der Annahme dass die im Zuge der Flurbereinigung festgelegten Grenzen unrichtig in das Liegenschaftskataster &#252;bernommen worden seien. Die Folge sei ein Eigentumsverlust. Die zur Einsicht beantragte Karte weise die neue Feldeinteilung nach. Es wird aber weder ersichtlich, dass und durch wen der Antragstellerin der konkrete Verlust von Eigentumspositionen droht und aufgrund welcher unmittelbar bevorstehender Ma&#223;nahmen. Im Verwaltungsverfahren verfolgte die Antragstellerin ihr Begehren bereits seit M&#228;rz 2017, ohne dass es trotz dieser langen Verfahrensdauer offenbar zu konkreten Beeintr&#228;chtigungen ihres Eigentums gekommen ist. Jedenfalls ist dies nicht glaubhaft gemacht worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 1 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
116,772
ovgnrw-2018-12-19-3d-b-168018o
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
3d B 1680/18.O
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:03:39
2019-02-12T11:31:55
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1219.3D.B1680.18O.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Der Antragsgegner tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e:</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die dem Antrag auf Aussetzung der durch seinen Bescheid vom 12. April 2018 angeordneten Einbehaltung von 15 Prozent des Ruhegehalts des Antragstellers stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I.Nach &#167; 38 Abs. 3 LDG NRW kann die nach &#167; 81 LDG NRW zust&#228;ndige Beh&#246;rde gleichzeitig mit oder nach Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die H&#246;chstma&#223;nahme (Aberkennung des Ruhegehalts) erkannt werden wird. Gem&#228;&#223; &#167; 63 Abs. 2 LDG NRW ist diese Ma&#223;nahme vom Gericht auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtm&#228;&#223;igkeit bestehen. Die Disziplinarkammer hat dies angenommen. Die mit der Beschwerde vorgetragenen Gr&#252;nde, auf deren Pr&#252;fung der Senat gem&#228;&#223; &#167;&#160;63 Abs.&#160;4 LDG NRW, &#167;&#160;146 Abs.&#160;4 Satz&#160;6 VwGO beschr&#228;nkt ist, ergeben nicht, dass diese Entscheidung im Ergebnis fehlerhaft ist.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1.Erfolglos bleibt der Einwand, der Bezug des vorgeworfenen Fehlverhaltens (vors&#228;tzlicher Besitz kinderpornografischer Schriften) sei bei einem Justizvollzugsbeamten in Bezug auf das Amt eines Regierungsamtmanns wie bei Lehrern und Polizeibeamten zu beurteilen. Nach der vom Verwaltungsgericht angef&#252;hrten und vom Antragsgegner nicht geteilten Rechtsprechung des beschlie&#223;enden Gerichts,</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Urteil vom 27.06.2018 &#8211; 3d A 2378/15.O &#8211;, juris,</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">weist der au&#223;erdienstliche Besitz kinderpornografischer Schriften keinen engen sachlichen Bezug zum dienstlichen Aufgabenbereich eines Justizvollzugsbeamten auf. Ein solcher Beamter hat weder - wie etwa ein Lehrer - dienstlich Kontakt mit Kindern noch geh&#246;rt die Bek&#228;mpfung von Straftaten - wie bei Polizeibeamten - zu seinen dienstlichen T&#228;tigkeiten. Insbesondere ist einem Strafvollzugsbeamten nicht-&#160;wie einem Lehrer - eine spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern auferlegt. Sein Amt ist auch nicht mit dem eines Polizeibeamten zu vergleichen. Diese haben Straftaten zu verh&#252;ten, aufzukl&#228;ren und zu verfolgen. Die Stellung eines Justizvollzugsbeamten ist mit der besonderen Vertrauens- und Garantenstellung von Polizeibeamten auch unter Ber&#252;cksichtigung der Anforderungen, denen Justizvollzugsbeamte im Hinblick auf ihre besonderen Dienstpflichten gen&#252;gen m&#252;ssen, nicht hinreichend zu vergleichen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">An dieser Einsch&#228;tzung h&#228;lt das Gericht nach erneuter &#220;berpr&#252;fung unter Ber&#252;cksichtigung auch der vom Antragsgegner in den Blick genommenen Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes NRW fest. Die H&#246;he des Strafrahmens gem&#228;&#223; &#167; 184b StGB ist insoweit unerheblich. Die vom Antragsgegner herangezogene Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.01.2008 &#8211; 2 BvR 313/07 &#8211;, juris,</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">verlangt keine andere Beurteilung. Sie befasst sich nicht mit den in j&#252;ngerer und j&#252;ngster Zeit ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen zum Disziplinarma&#223; in F&#228;llen au&#223;erdienstlichen Besitzes kinderpornografischer Dateien durch Beamte. Unabh&#228;ngig davon sieht diese Spruchpraxis zwar die seinerzeitige Tendenz in der Rechtsprechung, im Hinblick auf bestimmte Gruppen von Beamten die Entfernung aus dem Dienst als Regelma&#223;nahme anzusehen, als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden an. Zu diesem Kreis von Beamten z&#228;hlten nur Lehrer und Soldaten in Vorgesetztenstellung. F&#252;r Staatsanw&#228;lte sollte ein nicht weniger strikter Ma&#223;stab gelten. Damit ist indes eine Aussage hinsichtlich der disziplinarrechtlichen Bedeutung des au&#223;erdienstlichen Besitzes kinderpornografischer Schriften im Fall von Justizvollzugsbeamten nicht getroffen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.Die (sinngem&#228;&#223;e) R&#252;ge bleibt erfolglos, im Disziplinarverfahren werde voraussichtlich auf die Entfernung aus dem Beamtenverh&#228;ltnis erkannt werden. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt der Antragsgegner insbesondere zur Auswertung des &#8222;Sonderbands Beweismittel&#8220; der Staatsanwaltschaft Essen &#8211; 29 Js 987/15 &#8211; aus. Auf sich beruhen kann, dass diese Auswertung nicht auch in Bildern zum Gegenstand der Beschwerdebegr&#252;ndung gemacht worden ist. Ausgehend namentlich von den textlichen Ausf&#252;hrungen in der Beschwerdebegr&#252;ndung, Seite 8 Mitte bis Seite 10, Ende des vorletzten Absatzes, mag die H&#246;chstma&#223;nahme im Disziplinarverfahren ernsthaft in Betracht kommen. Dabei kann auch der mittlerweile auf drei Jahre erh&#246;hte Strafrahmen des Strafdelikts eine Rolle spielen. Allerdings kann keine Rede davon sein, dies sei &#252;berwiegend wahrscheinlich. Vielmehr ist es bei der im Verfahren auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes nur m&#246;glichen summarischen &#220;berpr&#252;fung ebenso wahrscheinlich, dass gegen den Antragsgegner (lediglich) eine K&#252;rzung des Ruhegehalts nach &#167; 11 LDG NRW ausgesprochen werden wird. Ob, wie der Antragsgegner geltend macht, das Dienstvergehen als besonders verwerflich und auf niedrigster Stufe angesiedelt einzustufen ist, bleibt der Pr&#252;fung im Hauptsacheverfahren vorbehalten. Das gilt schon deshalb, weil insoweit voraussichtlich eine Gesamtschau (unter Einbeziehung der Auswertung der bei der Polizei aufbewahrten, sichergestellten Gegenst&#228;nde des Antragstellers) anzustellen sein wird, ob das vom Antragsteller begangene Dienstvergehen zu dem Schluss f&#252;hrt, dieser habe das berufserforderliche Vertrauen unwiederbringlich verloren. Dies ist bei summarischer W&#252;rdigung des derzeitigen Erkenntnisstandes nicht als zumindest &#252;berwiegend wahrscheinlich anzusehen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vor dem geschilderten Hintergrund fehlt es an einer Grundlage f&#252;r die Einbehaltung von Dienstbez&#252;gen gem&#228;&#223; &#167; 38 Abs. 3 LDG NRW.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 74 Abs. 1 LDG NRW i.V.m. &#167; 154 Abs. 1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;3 Abs.&#160;1 LDG NRW i.V.m. &#167;&#160;152 Abs.&#160;VwGO).</p>
116,771
ovgnrw-2018-12-19-1-e-87818
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 E 878/18
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:03:38
2019-02-12T11:31:54
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1219.1E878.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat es (nur) im Ergebnis zu Recht abgelehnt, dem Kl&#228;ger f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Klageverfahrens Prozesskostenhilfe unter rechtsanwaltlicher Beiordnung zu bewilligen. Zwar bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig (&#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;114 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 ZPO; dazu nachfolgend 1.). Es kann aber nicht zugrunde gelegt werden, dass der Kl&#228;ger nach seinen pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen die Kosten der Prozessf&#252;hrung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (&#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;114 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 ZPO, dazu nachfolgend 2.).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1. Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen ist, aber doch fern liegt. Dabei darf der f&#252;r die Bewilligung erforderliche Grad der Erfolgsaussicht nicht in einer Weise &#252;berspannt werden, dass der Zweck der Prozesskostenhilfe deutlich verfehlt wird, Unbemittelten und Bemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu erm&#246;glichen. Prozesskostenhilfe ist daher immer schon dann zu bewilligen, wenn die Risikoabsch&#228;tzung zur Erfolgsaussicht einer ausreichend bemittelten Person in einer vergleichbaren Situation zugunsten der Rechtsverfolgung ausfallen w&#252;rde. H&#228;ngt die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungekl&#228;rten Rechts- oder Tatfrage ab, so darf diese Frage nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern muss auch von Unbemittelten einer Kl&#228;rung im Hauptsacheverfahren zugef&#252;hrt und ggf. von dort aus in die h&#246;here Instanz gebracht werden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">St&#228;ndige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, vgl. die Nachweise im Senatsbeschluss vom 11.&#160;September 2018 &#8211;&#160;1&#160;E&#160;317/18&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;5&#160;f.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben bietet die Klage, mit welcher der Kl&#228;ger sich gegen die durch die angefochtenen Bescheide erfolgte R&#252;ckforderung des ihm gezahlten Ausbildungsgeldes nach &#167;&#160;56 Abs.&#160;4 Satz 2 i.&#160;V.&#160;m. Satz&#160;1 Nr.&#160;2 SG wendet, hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Verfahren d&#252;rfte, wie den nachfolgenden Gr&#252;nden zu entnehmen ist, nach gegenw&#228;rtiger Erkenntnis voraussichtlich zugunsten des Kl&#228;gers ausgehen; sein Ausgang ist aber jedenfalls mindestens offen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage f&#252;r die R&#252;ckforderung des Ausbildungsgeldes ist &#167;&#160;56 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 i.&#160;V.&#160;m. Satz&#160;1 Nr.&#160;2 SG. Danach muss, soweit hier von Interesse, ein fr&#252;herer Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Offiziere des Sanit&#228;tsdienstes, dessen milit&#228;rische Ausbildung mit einem Studium verbunden war, das ihm als Sanit&#228;roffizier-Anw&#228;rter (im Folgenden: SanOA) gew&#228;hrte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er seine Entlassung nach &#167;&#160;55 Abs.&#160;4 SG vors&#228;tzlich oder &#8211;&#160;hier nur in Betracht kommend&#160;&#8211; grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt hat. Nach der Kopplungsvorschrift des &#167;&#160;56 Abs.&#160;4 Satz&#160;3 SG kann im Wege einer Ermessensentscheidung auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn das &#8211;&#160;gerichtlich voll &#252;berpr&#252;fbare&#160;&#8211; Tatbestandsmerkmal vorliegt, dass die Erstattung f&#252;r den fr&#252;heren Soldaten eine besondere H&#228;rte bedeuten w&#252;rde.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zu &#167;&#160;56 Abs.&#160;4 Satz&#160;3 SG n&#228;her etwa OVG NRW, Urteil vom 20.&#160;April 2015 &#8211;&#160;1&#160;A&#160;1242/12&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;34.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vorliegend unterliegt bereits die Annahme erheblichen Zweifeln, der Kl&#228;ger habe seine Entlassung grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Grobe Fahrl&#228;ssigkeit in diesem Sinne erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten, das &#252;ber das gew&#246;hnliche Ma&#223; an Fahrl&#228;ssigkeit erheblich hinausgeht. Sie liegt vor, wenn der fr&#252;here Soldat die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Ma&#223;e verletzt hat, wenn er nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, oder wenn er die einfachsten, ganz naheliegenden &#220;berlegungen nicht angestellt hat. Ob sie im Einzelfall vorliegt, muss dementsprechend stets unter Ber&#252;cksichtigung aller objektiven und subjektiven Umst&#228;nde des Einzelfalles, namentlich auch der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des fr&#252;heren Soldaten, gepr&#252;ft und entschieden werden.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 21.&#160;Dezember 2017 &#8211;&#160;6&#160;ZB&#160;17.158&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;5, und Urteil vom 18. Mai 2010 &#8211;&#160;15&#160;B&#160;08.3111&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;16, jeweils m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Beschwerde macht der Kl&#228;ger geltend, er habe seine Entlassung nicht grob fahrl&#228;ssig, sondern allenfalls fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt. Denn der zust&#228;ndige Betreuungsoffizier sei den &#220;berwachungs- und Kontrollaufgaben, die sich aus der Weisung &#8222;Aufgaben der Betreuungsoffiziere f&#252;r Sanit&#228;tsoffizier-Anw&#228;rter&#8220; erg&#228;ben, w&#228;hrend seines &#8211;&#160;des Kl&#228;gers&#160;&#8211; zunehmend vom Nichtbestehen von Leistungsnachweisen gepr&#228;gten dreisemestrigen Studiums nicht nachgekommen. Vor diesem Hintergrund habe er &#8211;&#160;der Kl&#228;ger&#160;&#8211; allenfalls fahrl&#228;ssig, aber jedenfalls nicht grob fahrl&#228;ssig angenommen, dass die von ihm gegen Ende des dritten Semesters zum 31.&#160;M&#228;rz 2013 eigenm&#228;chtig vorgenommene Exmatrikulation und deren Meldung erst im Juli 2013 lediglich zu einem Laufbahnwechsel innerhalb der Bundeswehr f&#252;hren werde; mit einer Entlassung habe er keinesfalls gerechnet (und auch nicht rechnen m&#252;ssen).</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es ist zweifelhaft, ob der Kl&#228;ger mit diesem Vorbringen durchdringen kann.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zwar trifft es zu, dass der Betreuungsoffizier seine Aufgaben, den Studienablaufplan und auf dieser Grundlage den Studienfortschritt der SanOA zu jedem Semesterabschluss zu pr&#252;fen und zu bewerten sowie den Studienverlauf der SanOA kontinuierlich zu &#252;berwachen (Erlass des BMVg vom 3.&#160;August 1998 &#8211;&#160;InSan II 3 &#8211; Az. 10-20-21&#160;&#8211;, Ziffer 2.), in Bezug auf den Kl&#228;ger nicht erf&#252;llt hat. Das ergibt sich nicht nur aus dem entsprechenden, der Sache nach unbestrittenen Vortrag des Kl&#228;gers, sondern auch aus weiteren Umst&#228;nden. Zum einen belegt die schriftliche Stellungnahme des zust&#228;ndigen Betreuungsoffiziers vom 8.&#160;November 2013, mit der dieser u.&#160;a. die Frage des Bundesamtes f&#252;r Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) beantwortet hat, welche Ma&#223;nahmen die Betreuungsdienststelle zur Behebung evtl. vorab erkennbarer M&#228;ngel im Studium ergriffen habe, dessen Unt&#228;tigkeit bis zum Juli 2013. Er hat insoweit ausgef&#252;hrt, es h&#228;tten seitens der Dienststelle keine Ma&#223;nahmen zur Behebung erkennbarer M&#228;ngel im Studium eingeleitet werden k&#246;nnen, da der Soldat nach der eigenm&#228;chtigen Exmatrikulation im M&#228;rz 2013 erst Wochen sp&#228;ter im Sanit&#228;tszentrum Aachen vorstellig geworden sei und dies mitgeteilt habe. Das deutet darauf hin, dass ihm die schon im ersten Semester und &#8211;&#160;gravierend&#160;&#8211; im zweiten Semester aufgetretenen &#8222;M&#228;ngel im Studium&#8220; erst durch die Vorsprache im Juli 2013 bekannt geworden sind. Zum anderen ist nur durch eine Nichterf&#252;llung der Kontrollaufgaben zu erkl&#228;ren, dass die Beklagte nicht schon w&#228;hrend des Studiums des Kl&#228;gers Ma&#223;nahmen ergriffen hat, um die angesprochenen M&#228;ngel zu beheben oder eine sonstige L&#246;sung zu finden.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es ist aber fraglich, ob ein (angesichts des Vorstehenden wohl anzunehmendes) Mitverschulden geeignet sein kann, den von der Beklagten im Erstattungsverfahren in den Raum gestellten Vorwurf zu entkr&#228;ften, der Kl&#228;ger habe seine Entlassung deshalb vors&#228;tzlich oder jedenfalls grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt, weil er die Exmatrikulation willentlich herbeigef&#252;hrt und nicht umgehend gemeldet habe. Zum einen ist zweifelhaft und bed&#252;rfte jedenfalls n&#228;herer Pr&#252;fung, ob ein Mitverschulden im Rahmen des Erstattungsanspruchs nach &#167;&#160;56 Abs.&#160;4 Satz&#160;2, Satz&#160;1 Nr.&#160;2 SG mit Blick auf den Rechtscharakter dieses Anspruchs &#252;berhaupt ber&#252;cksichtigungsf&#228;hig ist, sei es bei dem Tatbestandsmerkmal grob fahrl&#228;ssiger Herbeif&#252;hrung der Entlassung, sei es im Rahmen der Pr&#252;fung, ob die Erstattung eine besondere H&#228;rte f&#252;r den fr&#252;heren Soldaten bedeuten w&#252;rde.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ablehnend Bay. VGH, Urteil vom 6.&#160;M&#228;rz 2008&#8211;&#160;15 BV&#160;07.1058&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;17 und 18, gerade auch unter Hinweis darauf, es handele sich nicht um einen Schadensersatzanspruch. Anders f&#252;r den&#8211;&#160;ebenfalls keinen Schadensersatzanspruch darstellenden&#160;&#8211; Anspruch auf R&#252;ckforderung zuviel gezahlter Bez&#252;ge nach &#167;&#160;12 BBesG allerdings BVerwG, Urteil vom 26.&#160;April 2012 &#8211;&#160;2&#160;C&#160;4.11&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;17&#160;ff. (Ber&#252;cksichtigung einer &#252;berwiegenden Mitverantwortung bzw. eines &#252;berwiegenden Mitverschuldens der Beh&#246;rde bei der Billigkeitsentscheidung nach &#167;&#160;12 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 BBesG).</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Zum anderen k&#246;nnte es einem solchen Mitverschulden an einem hinreichenden Bezug zu dem Vorwurf eigenm&#228;chtiger und nicht unverz&#252;glich mitgeteilter Exmatrikulation fehlen.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Bewertung, der Kl&#228;ger habe seine Entlassung grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt, unterliegt aber aus anderen Gr&#252;nden erheblichen Bedenken. Denn die Beklagte hat den Kl&#228;ger nicht wegen der von ihm vorgenommenen und ihr versp&#228;tet mitgeteilten Exmatrikulation entlassen. Sie hat ihre prognostische Einsch&#228;tzung, der Kl&#228;ger werde sich nicht zum Sanit&#228;tsoffizier eignen (&#167;&#160;55 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 SG), in dem insoweit ma&#223;geblichen &#8211;&#160;bestandskr&#228;ftigen&#160;&#8211; Entlassungsbescheid vom 3.&#160;Dezember 2013 vielmehr auf die Erw&#228;gung gest&#252;tzt, die gezeigten Leistungsdefizite lie&#223;en selbst bei einer erneuten Immatrikulation auf weitere Studienverz&#246;gerungen schlie&#223;en. Dass der Kl&#228;ger diesen Entlassungsgrund (mindestens) grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt haben k&#246;nnte, ist aber fernliegend. Im Einzelnen gilt Folgendes:</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach dem Tenor des Bescheides vom 3.&#160;Dezember 2013 wird der Kl&#228;ger &#8222;gem&#228;&#223; &#167;&#160;55 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 SG (&#8230;) wegen mangelnder Eignung aus der Bundeswehr&#8220; entlassen. Den weiteren Ausf&#252;hrungen in diesem Bescheid, die der Auslegung dieses Entscheidungssatzes dienen, ist mit gro&#223;er Klarheit zu entnehmen, dass die Beklagte den Kl&#228;ger allein wegen der f&#252;r eine weitere Ausbildung ung&#252;nstigen zeitlichen Prognose als zum Sanit&#228;tsoffizier ungeeignet entlassen hat. Bereits bei der einleitenden Anrede f&#252;hrt die Beklagte aus, dass der Bescheid auf Grund des Studienverlaufs des Kl&#228;gers ergehe. In den Gr&#252;nden I., in denen der Sachverhalt dargestellt wird, hei&#223;t es weiter, dass sich &#8222;vor dem Hintergrund des Scheiterns in den Kernf&#228;chern (&#8230;) die Prognose zum erfolgreichen Abschluss des Studiums der Humanmedizin erheblich verschlechtert&#8220; habe; dem Kl&#228;ger sei &#8222;daher&#8220; am 31.&#160;Oktober 2013 &#8222;die beabsichtigte Entlassung er&#246;ffnet&#8220; worden. In der &#8211;&#160;letztlich entscheidenden&#160;&#8211; Begr&#252;ndung des Bescheides (Gr&#252;nde II.) hei&#223;t es weiter: Der Kl&#228;ger habe seine Pflicht, die Ausbildung zum Arzt innerhalb der Mindeststudienzeit abzuschlie&#223;en, nicht erf&#252;llt. Die bereits in einem sehr fr&#252;hen Studienabschnitt gezeigten erheblichen und andauernden Leistungsdefizite, die ihn zu der eigenm&#228;chtigen Exmatrikulation veranlasst h&#228;tten, stellten &#8222;zusammenfassend einen bedeutsamen ung&#252;nstigen Prognosefaktor f&#252;r den m&#246;glichen weiteren Verlauf bzw. das Fortf&#252;hren des Medizinstudiums dar&#8220;. Dass es zu keinerlei Studienverz&#246;gerungen mehr kommen werde, sei selbst bei einer erneuten Immatrikulation nicht wahrscheinlich. Diese Erw&#228;gungen verdeutlichen, dass die im Bescheid auch erw&#228;hnte, auf die Exmatrikulation und deren versp&#228;tete Meldung zur&#252;ckgef&#252;hrte &#8222;enorme&#8220; (einsemestrige) Verz&#246;gerung der Ausbildung, die der Kl&#228;ger &#8222;billigend in Kauf genommen&#8220; habe, nicht zu der tragenden Begr&#252;ndung des Bescheides z&#228;hlt. Schon vor diesem Hintergrund kann nicht der Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts gefolgt werden, Grund f&#252;r die Entlassung seien nicht allein die mangelnden Studienleistungen gewesen, sondern auch die die Exmatrikulation betreffenden Vorg&#228;nge. Dies gilt umso mehr, als der Entlassungsbescheid keine &#8211;&#160;bei Zutreffen der Annahme des Verwaltungsgerichts indes zu erwartende&#160;&#8211; Ausf&#252;hrungen dazu enth&#228;lt, dass die eigenm&#228;chtige Exmatrikulation und deren versp&#228;tete Meldung die charakterliche Eignung zum Sanit&#228;tsoffizier in Frage stellen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Bezugsobjekt der Beurteilung, ob der Kl&#228;ger seine Entlassung mindestens grob fahrl&#228;ssig herbeigef&#252;hrt hat, sind nach alledem die im Entlassungsbescheid f&#252;r die getroffene Eignungsprognose allein angef&#252;hrten ungen&#252;genden Studienleistungen des Kl&#228;gers. Insoweit wird dem Kl&#228;ger entgegen den nicht tragenden Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts (BA S.&#160;3 unten) voraussichtlich nicht mit Erfolg vorgeworfen werden k&#246;nnen, seine Entlassung durch ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin unentschuldbares Fehlverhalten herbeigef&#252;hrt zu haben. Seinen beiden schriftlichen Stellungnahmen vom 17.&#160;August 2013 und vom 5.&#160;November 2013 ist deutlich zu entnehmen, welchen pers&#246;nlichen Defiziten er seine zunehmenden Misserfolge im Studium (Nichtbestehen von Leistungsnachweisen) zuschreibt. Ihm fehle f&#252;r die zeit- und arbeitsintensiven Lernphasen die F&#228;higkeit, sich &#8222;ausreichend zu fokussieren und (zu) konzentrieren&#8220;. In dem theoretisch gepr&#228;gten Studium sei es ihm nicht &#252;ber l&#228;ngere Zeitr&#228;ume m&#246;glich gewesen, gro&#223;e Motivation vorzuweisen und gute Arbeit zu leisten. Das Scheitern in den Pr&#252;fungen sei haupts&#228;chlich dadurch bedingt gewesen, dass die Vorbereitungszeit f&#252;r ihn zu knapp bemessen gewesen sei. In zeitlicher Hinsicht seien als Grund die Stofff&#252;lle und seine m&#246;glicherweise wenig effektive Arbeitsweise bei der Erarbeitung des Stoffes zu nennen; auch habe er teilweise nicht ausreichend Interesse an Teilen des unterrichteten Stoffes gehabt, um sich f&#252;r viele Stunden jeden Tag konzentriert damit zu besch&#228;ftigen. Nach alledem war der Kl&#228;ger mit dem Grundstudium aufgrund der theoretischen und lernintensiven Ausgestaltung im Kern arbeits&#246;konomisch und wohl auch im &#220;brigen &#252;berfordert. Hieran den Vorwurf grober Fahrl&#228;ssigkeit zu kn&#252;pfen, d&#252;rfte fernliegen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">2. Es kann aber nicht zugrunde gelegt werden, dass der Kl&#228;ger nach seinen pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen die Kosten der Prozessf&#252;hrung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist vielmehr nach &#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;118 Abs.&#160;2 Satz&#160;4 ZPO abzulehnen. Nach der zuletzt genannten Vorschrift lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab, wenn der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben &#252;ber seine pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungen&#252;gend beantwortet hat. So liegt der Fall hier. Der Senat hat den Kl&#228;ger ankn&#252;pfend an die unbeantwortet gebliebene Verf&#252;gung vom 30.&#160;Oktober 2018 mit Verf&#252;gung vom 22.&#160;November 2018, seinem Prozessbevollm&#228;chtigten zugestellt am 23. November 2018, erneut gebeten, eine Erkl&#228;rung &#252;ber seine pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse auf dem hierf&#252;r vorgesehenen PKH-Vordruck nebst allen erforderlichen Belegen (&#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;117 Abs.&#160;2 Satz&#160;1, Abs.&#160;3 und 4 ZPO) vorzulegen. Es bedarf hier einer solchen aktuellen Erkl&#228;rung. Auf die bislang nur vorliegende, inzwischen mehr als zwei Jahre alte PKH-Erkl&#228;rung des Kl&#228;gers vom 13.&#160;September 2016 kann nicht mehr zur&#252;ckgegriffen werden, weil diese im insoweit ma&#223;geblichen Zeitpunkt der Entscheidung &#252;ber die Beschwerde nicht mehr hinreichend aktuell ist. Ferner hat der Senat mit der Verf&#252;gung vom 22.&#160;November 2018 f&#252;r die erbetene Vorlage eine Frist bis zum 18.&#160;Dezember 2018 (Eingang bei Gericht) gesetzt. Diese Frist hat der Kl&#228;ger nicht gewahrt. Er hat lediglich am letzten Tag der Frist deren Verl&#228;ngerung um vier Wochen beantragt. Mit Blick darauf, dass er nun bereits nahezu zwei Monate ungenutzt hat verstreichen lassen und nicht gehindert sein wird, erstinstanzlich erneut einen (bei Vorliegen der wirtschaftlichen Voraussetzungen wohl erfolgreichen, s.&#160;o. 1.) PKH-Antrag zu stellen, sieht der Senat keine Veranlassung, die Frist zu verl&#228;ngern.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO; der Ausspruch zur Nichterstattung der Kosten des Beschwerdeverfahrens gibt die Regelung nach &#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;127 Abs.&#160;4 ZPO wieder.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist nach &#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO unanfechtbar.</p>
116,770
ovgnrw-2018-12-19-6-b-48618
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 B 486/18
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:03:38
2019-02-12T11:31:54
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1219.6B486.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tr&#228;gt der Antragsteller.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 19.000,00 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zu ihrer Begr&#252;ndung dargelegten Gr&#252;nde, auf deren Pr&#252;fung der Senat gem&#228;&#223; &#167;&#160;146 Abs. 6 Satz 4 VwGO beschr&#228;nkt ist, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder &#196;nderung des angefochtenen Beschlusses.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die mit der Beschwerde weiter verfolgten Antr&#228;ge,</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antragsteller vorl&#228;ufig - bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache oder einer neuen Entscheidung &#252;ber das Einstellungsbegehren des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe im gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen zu &#252;bernehmen,</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antragsteller nicht aus den Gr&#252;nden des Bescheides des Polizeipr&#228;sidiums Bielefeld vom 25. August 2017 von einer Verbeamtung auf Probe auszuschlie&#223;en,</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, eine Planstelle f&#252;r die Verbeamtung auf Probe im gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen frei zu halten, bis &#252;ber die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die mit dem Hauptantrag im Wege einer Regelungsanordnung i. S. v. &#167; 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO begehrte Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe eine Vorwegnahme der Hauptsache beinhaltet. Mit der Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe w&#252;rde dem Antragsteller bereits die Rechtsposition vermittelt, die er im Klageverfahren 4&#160;K 8494/17 anstrebt. Dar&#252;ber hinaus w&#252;rden damit irreversible Verh&#228;ltnisse geschaffen. Anders als f&#252;r Beamte auf Widerruf, die gem&#228;&#223; &#167; 23 Abs. 4 Satz 1</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">BeamtStG jederzeit entlassen werden k&#246;nnen, existiert, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, eine entsprechende Beendigungsm&#246;glichkeit des Beamtenverh&#228;ltnisses f&#252;r Beamte auf Probe nicht (vgl. &#167; 23 Abs. 3 BeamtStG).</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. M&#228;rz 2009 - 6 B 102/09 -, juris Rn. 8 f.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.&#160;Januar 2017 - 2 MB 33/16 -, juris Rn. 25; VGH Baden-W&#252;rtt., Beschluss vom 18. M&#228;rz 2014 - 4 S 509/14 -, juris Rn. 2, 11; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juni 2012 - 3 AE 12.734 -, juris Rn.&#160;12.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dass der Antragsteller im vorliegenden Verfahren lediglich die &#8222;vorl&#228;ufige&#8220; Einstellung beantragt, &#228;ndert daran nichts. Die vorl&#228;ufige Begr&#252;ndung eines Beamtenverh&#228;ltnisses ist rechtlich unzul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Eine Vorwegnahme der Hauptsache kommt im Verfahren nach &#167;&#160;123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise aus Gr&#252;nden des Gebotes effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) in Betracht, n&#228;mlich dann, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache f&#252;r den Antragsteller schlechthin unzumutbar w&#228;re. Dies setzt unter dem Gesichtspunkt der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs voraus, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache schon aufgrund der im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes lediglich summarischen Pr&#252;fung bei Anlegung eines strengen Ma&#223;stabes an die Erfolgsaussichten erkennbar Erfolg haben wird. Au&#223;erdem muss der Antragsteller - im Rahmen des Anordnungsgrundes - glaubhaft machen, dass ihm ohne die Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen, zu deren nachtr&#228;glicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">St. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. September 2017 - 1 WDS-VR 4.17 -, juris Rn. 15.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Antragsteller hat weder im erst-instanzlichen noch im Beschwerdeverfahren glaubhaft gemacht, dass ihm, wenn er auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird, schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die aus Gr&#252;nden des Gebotes effektiven Rechtsschutzes eine Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache erfordern. Damit fehlt es zugleich an der erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes (a.). Ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, ist daher nicht mehr entscheidungserheblich und kann somit dahinstehen (b).</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">a) Ein Anordnungsgrund, der den vorbeschriebenen Anforderungen gen&#252;gt, ist nicht dargetan und glaubhaft gemacht.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, dass ohne die beantragte einstweilige Anordnung ein - nach Auffassung des Antragstellers - rechtswidriger Zustand bis zur Entscheidung &#252;ber die Hauptsache aufrechterhalten w&#252;rde, begr&#252;ndet noch keinen Nachteil im oben genannten Sinne, sondern ist regelm&#228;&#223;ige Folge des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Oktober 2010</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">- 6 B 1107/10 -, juris Rn. 2.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ein tragf&#228;higer Anhaltspunkt daf&#252;r, dass es dem Antragsteller nicht zugemutet werden kann, sich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens anderweitig beruflich zu orientieren und seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, ist seinem Vorbringen nach wie vor nicht zu entnehmen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auch sein Argument, es sei zu bef&#252;rchten, dass er bei einer erneuten mehrj&#228;hrigen &#8222;Pause&#8220; nicht in der Lage sei, sein im Rahmen der Ausbildung erlerntes Wissen vollst&#228;ndig vorzuhalten, verf&#228;ngt nicht. Insbesondere ist insoweit nicht der Gesichtspunkt einschl&#228;gig, dass auf dieses Wissen zeitnah im Rahmen eines Pr&#252;fungsverfahrens zur&#252;ckgegriffen werden soll. Denn der Antragsteller hat die II. Fachpr&#252;fung, mit der die Ausbildung f&#252;r den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes endet, bereits bestanden. Im &#220;brigen trifft die von ihm angef&#252;hrte Problematik in gleicher Weise f&#252;r den vom Gesetzgeber auch f&#252;r Polizeivollzugsbeamte vorgesehenen Fall einer mehrj&#228;hrigen Beurlaubung etwa aus famili&#228;ren Gr&#252;nden zu, die, griffe das Argument des Antragstellers, einem Einsatz des betreffenden Beamten im Polizeivollzugsdienst nach R&#252;ckkehr aus der Beurlaubung entgegenst&#252;nde.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich wird das durch Art. 12 Abs. 1 GG gew&#228;hrleistete Recht des Antragstellers, den Beruf frei zu w&#228;hlen, nicht, wie er geltend macht, &#8222;endg&#252;ltig vereitelt&#8220;, wenn er auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird. Das &#220;berschreiten der f&#252;r eine Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe geltenden Altersgrenze (vgl. &#167; 109 Abs.&#160;2 LBG NRW) droht im Fall des Antragstellers nicht. Sein Einwand, es sei ihm faktisch unm&#246;glich, erneut den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, entbehrt bei objektiver Betrachtung einer Grundlage.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">b) Vor diesem Hintergrund ist es im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich, ob der Antragsteller einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat bzw. wie die Erfolgsaussichten der von ihm erhobenen Klage einzusch&#228;tzen sind.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat merkt lediglich Folgendes an: Die vom Dienstherrn vorzunehmende Beurteilung der f&#252;r eine Einstellung in ein Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe erforderlichen charakterlichen Eignung ist ein Akt wertender Erkenntnis. Er ist als solcher vom Gericht - nur beschr&#228;nkt - darauf zu &#252;berpr&#252;fen, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemein g&#252;ltige Wertma&#223;st&#228;be nicht beachtet oder sachwidrige Erw&#228;gungen angestellt hat. Die Beantwortung der Frage, ob die vom Antragsgegner im Bescheid vom 25. August 2017 angef&#252;hrten Erw&#228;gungen die Ablehnung der Einstellung des Antragstellers in ein Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe tragen bzw. ob der Antragsgegner die Grenzen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums eingehalten hat, setzt eine eingehende &#220;berpr&#252;fung des tats&#228;chlich und rechtlich schwierigen Streitstoffs voraus. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls hinsichtlich des im Klageverfahren angek&#252;ndigten - auf eine Neubescheidung des Begehrens des Antragstellers auf Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe gerichteten - Hilfsantrags von offenen Erfolgsaussichten auszugehen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2. Auch in Bezug auf die beiden Hilfsantr&#228;ge fehlt es jeweils an der f&#252;r den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">a) Bez&#252;glich des ersten Hilfsantrags verweist der Antragsteller lediglich auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts K&#246;ln vom 13. Juli 2017 - 19 L 2691/17 -, juris. Er ber&#252;cksichtigt indes nicht, dass dieser Entscheidung eine andere Fallkonstellation zu Grunde liegt. Der dortige Antragsteller hat sich um die Einstellung (Einstellungstermin: 1. September 2017) in den - in einem Beamtenverh&#228;ltnis auf Widerruf abzuleistenden - Vorbereitungsdienst f&#252;r den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes (vgl. &#167; 11&#160; LVOPol) beworben. Das Verwaltungsgericht hat einen Anordnungsgrund mit der Begr&#252;ndung bejaht, die Hauptsacheentscheidung k&#228;me zu sp&#228;t, da der Vorbereitungsdienst bereits im September 2017 beginne. Vorliegend steht aber nicht die - an einen bestimmten Termin gebundene - Einstellung in ein Beamtenverh&#228;ltnis auf Widerruf bzw. die Einstellung in den Vorbereitungsdienst f&#252;r den Laufbahnabschnitt II des Polizeivollzugsdienstes in Rede. Der Antragsteller strebt vielmehr, nachdem er den Vorbereitungsdienst abgeleistet und die II. Fachpr&#252;fung bestanden hat, die Einstellung in ein Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe an.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b) Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags l&#228;sst der Antragsteller au&#223;er Acht, dass es hier - anders als in einem Konkurrentenstreitverfahren - nicht darum geht, eine bestimmte Planstelle frei zu halten, damit der Anspruch des Bewerbers auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung (Bewerbungsverfahrensanspruch) nicht infolge einer Ernennung eines Konkurrenten und damit einhergehend der Besetzung dieser Planstelle untergeht.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dass der Antragsgegner im Falle eines Erfolgs des Antragstellers im Klageverfahren zeitnah die f&#252;r seine Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe erforderliche Planstelle zur Verf&#252;gung stellen kann, unterliegt angesichts der Gr&#246;&#223;e des Personalk&#246;rpers der Polizei, des Personalbedarfs und der Personalfluktuation keinem Zweifel.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Eine Herabsetzung kommt aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller - wie dargestellt - mit dem Hauptantrag die Einstellung in das Beamtenverh&#228;ltnis auf Probe und damit eine Vorwegnahme der Hauptsache anstrebt, nicht in Betracht.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p>
116,769
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{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
10 B 1469/18.NE
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:03:37
2019-02-12T11:31:54
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1219.10B1469.18NE.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Vollzug der 5. &#196;nderung des Bebauungsplans &#8222;H.&#160; Weg West&#8220; der Stadt U.&#160;wird bis zur Entscheidung &#252;ber einen noch zu erhebenden Normenkontrollantrag ausgesetzt.</p> <p>Die Antragsgegnerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auf 5.000,00&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist zul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsschutzinteresse f&#252;r den Antrag ist nach inzwischen st&#228;ndiger Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts nicht deshalb entfallen, weil f&#252;r die Bebauung des Plangebiets in der Zwischenzeit eine Baugenehmigung erteilt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom am 31.&#160;Oktober 2016 &#8211; 10&#160;B 821/16.NE &#8211;, und vom 31.&#160;M&#228;rz 2007&#160; &#8211; 10&#160;B 359/07.NE &#8211;.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Er ist auch begr&#252;ndet. Die Voraussetzungen f&#252;r den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167;&#160;47 Abs.&#160;6 VwGO liegen vor. Nach dieser Bestimmung kann das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gr&#252;nden dringend geboten ist.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Bebauungsplan erweist sich bei der im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes regelm&#228;&#223;ig nur gebotenen summarischen Pr&#252;fung als offensichtlich unwirksam und seine Umsetzung beeintr&#228;chtigt den Antragsteller konkret so, dass die einstweilige Anordnung deshalb dringend geboten ist.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.&#160;April 2010 &#8211; 7&#160;B 68/10.NE &#8211;, vom 27.&#160;April 2009 &#8211; 10&#160;B 459/09.NE &#8211;, NVwZ-RR 2009, 799, und vom 29.&#160;April 2010 &#8211; 2&#160;B 304/10.NE &#8211;.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller macht zu Recht einen Abw&#228;gungsfehler geltend, weil die vorgesehene Erschlie&#223;ung der festgesetzten Fl&#228;che f&#252;r den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung &#8222;Sozialen Zwecken dienende Geb&#228;ude und Einrichtungen&#8220;, auf der eine Kindertagesst&#228;tte errichtet werden soll, nicht nur ihn und seine Kinder, sondern auch die Allgemeinheit gef&#228;hrde.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Rat hat sich zwar mit der Erschlie&#223;ungsproblematik unter Ber&#252;cksichtigung einer im Aufstellungsverfahren eingeholten verkehrstechnischen Stellungnahme auseinandergesetzt, den erkannten planbedingten Konflikt zwischen der gewollten baulichen Nutzung des Plangebiets und dem damit zusammenh&#228;ngenden Kraftfahrzeug-, Fahrrad- und Fu&#223;g&#228;ngerverkehr und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der der Erschlie&#223;ung des Plangebiets dienenden H1.-N.-Stra&#223;e in dem Abschnitt unmittelbar vor dem Grundst&#252;ck des Antragstellers nicht abw&#228;gungsgerecht gel&#246;st.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Richtlinien f&#252;r die Anlage von Stadtstra&#223;e (RASt 06) liefern insoweit geeignete Anhaltspunkte zur Ermittlung und Bewertung der Belange des Verkehrs. Sie enthalten zwar keine verbindlichen Rechtsnormen, doch konkretisieren sie als von Fachleuten erstellte Vorschriften allgemein anerkannte Regeln des Stra&#223;enbaus im Sinne des &#167;&#160;9 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 StrWG NRW, wie Erschlie&#223;ungsstra&#223;en im Normalfall nach ihrem Raumbedarf und zur Gew&#228;hrleistung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu entwerfen und zu gestalten sind.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12.&#160;April 2016 &#8211; 10&#160;D 44/14.NE &#8211;, juris, Rn.&#160;34 zur Erschlie&#223;ung eines Altenheims &#252;ber einen Wohnweg.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Rat hat danach den im Zusammenhang mit der geplanten Kindertagesst&#228;tte zu erwartenden Verkehr wohl ausreichend ermittelt und in seine Abw&#228;gung eingestellt. Seine Einsch&#228;tzung, dass dieser zus&#228;tzliche Verkehr auf der H1.-N.-Stra&#223;e mit ihrer Widmung und stra&#223;enverkehrsrechtlichen Regelung als verkehrsberuhigter Bereich grunds&#228;tzlich vereinbar sei und die Anwohner nicht unzumutbar belaste, erscheint noch nachvollziehbar.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Jedoch l&#228;sst die Verwirklichung der Kindertagesst&#228;tte mit der vorgesehenen Erschlie&#223;ung &#252;ber die H1.-N.-Stra&#223;e wegen der angesprochenen Engstelle auf H&#246;he des Grundst&#252;cks des Antragstellers unter Ber&#252;cksichtigung der konkreten Umst&#228;nde mit gr&#246;&#223;ter Wahrscheinlichkeit eine unvertretbare Gef&#228;hrdung des Anliegerverkehrs erwarten. Die besagte Engstelle in unmittelbarer N&#228;he der geplanten Kindertagesst&#228;tte hat eine f&#252;r eine Mischverkehrsfl&#228;che deutlich zu geringe Breite von insgesamt lediglich 3&#160;m. Es ist zwar nicht grunds&#228;tzlich abw&#228;gungsfehlerhaft, unter Umst&#228;nden &#8211; etwa wenn nur wenige Wohneinheiten erschlossen werden sollen &#8211; eine geringere als die nach der RASt&#160;06 vorgesehene Stra&#223;enbreite vorzusehen,</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.&#160;Mai 2007 &#8211; 10&#160;B 226/07.NE &#8211;,</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">doch stellt sich die planungsrechtliche Situation, der hier Rechnung zu tragen ist, als wesentlich anders dar. Auch wenn die Engstelle nach der Planung auf eine L&#228;nge von circa 12&#160;m verk&#252;rzt werden soll und der Rat in gewissem Umfang auch ein der Verkehrssituation angepasstes Verhalten der Verkehrsteilnehmer unterstellen kann, erscheint die Verkehrssicherheit im Bereich der Engstelle bei gleichzeitiger Benutzung durch mehrere Verkehrsteilnehmer vor allem f&#252;r Kinder, die als Radfahrer und Fu&#223;g&#228;nger zur Kindertagesst&#228;tte fahren beziehungsweise gehen, insbesondere in der morgendlichen Spitzenstunde bei Regen und in der dunklen Jahreszeit nicht ausreichend gew&#228;hrleistet. Die im Aufstellungsverfahren eingeholte Verkehrstechnische Stellungnahme und dementsprechend die Begr&#252;ndung des Bebauungsplans verhalten sich nur dazu, dass ein Blockieren der Fahrbahn durch zwei sich entgegenkommende Kraftfahrzeuge wegen der &#220;bersichtlichkeit der Engstelle ausgeschlossen sei, nicht aber zu dem Aspekt der Verkehrssicherheit bei einer konkurrierenden Nutzung der Mischverkehrsfl&#228;che durch Kraftfahrer, Radfahrer und Fu&#223;g&#228;nger. Die Umsetzung des Bebauungsplans w&#252;rde &#8211; was der Rat &#252;bersehen hat &#8211; letztlich einen st&#228;dtebaulichen Missstand begr&#252;nden, den zu vermeiden eine der vordringlichsten Aufgaben der Bauleitplanung ist.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167;&#160;52 Abs.&#160;1, 53&#160;Abs.&#160;2 Nr.&#160;2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO).</p>
116,768
vg-gelsenkirchen-2018-12-19-8-l-218418
{ "id": 843, "name": "Verwaltungsgericht Gelsenkirchen", "slug": "vg-gelsenkirchen", "city": 423, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
8 L 2184/18
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:03:37
2019-01-18T16:06:14
Beschluss
ECLI:DE:VGGE:2018:1219.8L2184.18.00
<h2>Tenor</h2> <ul class="ol"><li><p>1. Unter Abänderung des Beschlusses der Kammer vom 13. Juli 2018 – 8 L 1315/18 – wird der Antrag des Antragsgegners vom 13. Juli 2018 auf Verpflichtung der Antragstellerin, ihn, den Antragsgegner, unverzüglich auf Kosten der Antragstellerin in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen, abgelehnt.</p> </li> </ul> <p>Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.</p> <ul class="ol"><li><p>2. Der Streitwert wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog hat Erfolg. Er ist – ungeachtet einer nach § 123 Abs. 3 VwGO entsprechenden Anwendbarkeit des § 929 Abs. 2 ZPO –, aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit zulässig und begründet.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO analog kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach § 123 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1995 – 2 BvR 492/95 –, juris Rn. 67; Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 127 mit zahlreichen Nachweisen auch zu anderen Auffassungen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Solche veränderten entscheidungserheblichen Umstände sind vorliegend mit Erlass des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – eingetreten. Nach erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist im vorliegenden Eilantragsverfahren auf Antrag der Antragstellerin insofern eine zum vorangegangenen Antragsverfahren – 8 L 1315/18 – abweichende Bewertung gerechtfertigt. Dies gilt sowohl hinsichtlich des ursprünglich glaubhaft gemachten Bedürfnisses für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch den sicherungsfähigen Anspruch (Anordnungsanspruch), § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der ursprünglich vom Antragsgegner im Verfahren der Kammer – 8 L 1315/18 –  glaubhaft gemachte Anordnungsanspruch, ihn unverzüglich in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen, ist nachträglich mit Erlass des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – entfallen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zwar bleibt die am 13. Juli 2018 erfolgte Abschiebung des Antragsgegners nach Tunesien – wie der Antragsgegner mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 16. Dezember 2018, dortige Seiten 1 f., zu Recht ausführt – evident rechts- und verfassungswidrig. Denn die Abschiebung erfolgte insbesondere unter Missachtung des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 12. Juli 2018 –7a L 1200/18.A –. Die Antragstellerin unterließ es insofern zum einen, die Abschiebemaßnahme abzubrechen sowie zum anderen – jedenfalls bis Ende Juli 2018 – unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um den Antragsgegner nach Erlass des Beschlusses der Kammer vom 13. Juli 2018 – 8 L 1315/18 – in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 15. August 2018 – 17 B 1029/18 –; vorausgehend Beschluss der Kammer vom 13. Juli 2018 – 8 L 1315/18 –.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner kann jedoch nach Erlass des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – auch unter Beachtung von Art. 19 Abs. 4 GG nicht mehr die Beseitigung der dadurch eingetretenen Vollzugsfolgen verlangen. Denn der die materielle Grundlage für einen solchen Anspruch bildende allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch setzt neben dem hier – nach wie vor – gegebenen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht zusätzlich voraus, dass hierdurch ein rechtswidriger Zustand geschaffen wurde, der noch andauert.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Januar 1995 – 20 A 1518/93 –, juris Rn. 19, sowie Beschluss vom 9. März 2007 – 18 B 2533/06 –, juris Rn. 14 m. w. N.; siehe auch Armbruster, in: HTK-AuslR / Rechtsschutz / 2.5.7 (Stand: 18. November 2016), Rn. 7 f.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die letztgenannte Voraussetzung des Folgenbeseitigungsanspruchs ist vorliegend nicht mehr gegeben. Der hier zunächst geschaffene rechtswidrige Zustand durch die evident rechts- und verfassungswidrige Abschiebung des Antragsgegners dauert nach Erlass des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – nach summarischer Prüfung nicht mehr an.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zwar wurde durch die am 13. Juli 2018 durchgeführte Abschiebung des Antragsgegners nach Tunesien zunächst ein rechtswidriger Zustand geschaffen. Denn bis zu dem unanfechtbaren Beschluss der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A –, mit welchem der zugunsten des Antragsgegners stattgebende Beschluss vom 12. Juli 2018 – 7a L 1200/18.A – gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO abgeändert und der Antrag des Antragsgegners abgelehnt wurde, kam der anhängigen Asylklage des Antragsgegners – 7a K 3425/18.A – gegen den Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Juni 2018 aufschiebende Wirkung zu. Dies hatte zur Folge, dass für die Dauer des weiterhin anhängigen Klageverfahrens – 7a K 3425/18.A – zunächst von der Fortgeltung des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) in früherer Fassung (a. F.) auszugehen war, weshalb eine gleichwohl durchgeführte und abgeschlossene Abschiebung – wie hier erfolgt – rechtswidrig war. Daraus resultierte vorliegend auch ein zunächst andauernder rechtswidriger Zustand, da dem Antragsgegner nach den Feststellungen der 7a. Kammer in Tunesien – ohne verbindliche Zusicherung im Einzelfall – die Gefahr der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte. Dieser rechtswidrige Zustand ist jedoch mit dem unanfechtbaren Abänderungsbeschluss der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – entfallen. Die beschließende Kammer ist an die asylgerichtliche Entscheidung der 7a. Kammer, namentlich auch die Feststellungen zu den Folgen, die dem Antragsgegner bei einem längeren Verbleib in Tunesien drohen, gebunden (vgl. § 42 Satz 1 AsylG). Die gegen den Beschluss der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – gerichtete Anhörungsrüge ist zudem mit unanfechtbarem Beschluss der 7a. Kammer vom 17. Dezember 2018 – 7a L 2232/18.A – zurückgewiesen worden. Ein materiell-rechtlicher Anspruch des Antragsgegners, ihn in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen, besteht danach derzeit vor dem Hintergrund der von der 7a. Kammer aktuell getroffenen Feststellungen nicht mehr. Die beschließende Kammer hat weder die Frage einer drohenden Foltergefahr noch die Qualität der laut Vortrag vorgelegten diplomatischen Zusicherung aus eigener Anschauung zu bewerten. Die abschließende Klärung der Frage, ob die Annahme des Nichtbestehens einer konkreten Foltergefahr für den Antragsgegner in Tunesien zutrifft, welche dem durch das Bundesamt erfolgten Widerruf des zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots zu Grunde liegt, bleibt dem asylgerichtlichen Klageverfahren – 7a K 3425/18.A – vorbehalten.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Bindungswirkung der asylgerichtlichen Eilentscheidung der 7a. Kammer gilt für die hier beschließende ausländerrechtliche Kammer auch vor dem Hintergrund der von den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners angekündigten Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A –. Denn weder kommt einer solchen Beschwerde aufschiebende Wirkung zu, noch ist der Antragsgegner rechtsschutzlos gestellt. Insofern besteht selbstredend auch für den Antragsgegner sowohl im asylgerichtlichen als auch dem vorliegenden ausländerrechtlichen Eilverfahren jederzeit die Möglichkeit, veränderte Umstände in einem Antragsverfahren nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO (analog) geltend zu machen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zwar ist den Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2018, dortige Seite 8 oben, insoweit beizupflichten, dass das Vertrauen in das Funktionieren des Rechtsstaates und damit die Rechtssicherheit durch das zeitweilige verfassungswidrige Ignorieren gerichtlicher Entscheidungen (Art. 20 Abs. 3 GG) vorliegend massiv gefährdet wurde. Allerdings geht mit diesem verfassungswidrigen Verhalten – anders als die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vertreten – vorliegend keine Verwirkung des Rechts der Antragstellerin auf Geltendmachung eines Abänderungsantrags einher. Insofern handelt es sich trotz der vorab stattgefundenen Täuschung des Gerichts,</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2018 – 17 B 1029/18 –, amtl. Abdruck; Seiten 9 ff.,</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">auch nicht – wie die Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners ausführen – um eine sitten- und treuwidrige Ausnutzung eines von der Antragstellerin selbst herbeigeführten und aufrechterhaltenen Zustandes. Selbst für den Fall, dass das Schreiben des Bundesministers des Inneren, für Bau und Heimat persönlich an den Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. August 2018 (Beiakte 3, Seiten 1 f.), namentlich Satz 1 des drittletzten Absatzes auf Seite 2 des Schreibens, entsprechend den Ausführungen der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2018, dortige Seite 4, in Verbindung mit dem vorgetragenen anschließenden Telefonat des Bundesinnenministers mit dem tunesischen Innenminister am 30. August 2018 dahingehend verstanden werden müsste, dass aktiv gebeten wurde, die Ausreise des Antragsgegners aus Tunesien zu verhindern bzw. die Passerteilung zu verweigern, ändert dies vorliegend rechtlich nichts daran, dass die Rückholverpflichtung auf Antrag der Antragstellerin aufzuheben ist. Denn der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitete – Grundsatz des Verbots unzulässiger Rechtsausübung ("dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est") verbietet vorliegend gerade umgekehrt dem Antragsgegner, sich auf eine etwaig vereitelte Rückholung seitens der Antragstellerin zu berufen. Denn der bestandskräftig ausgewiesene, vollziehbar ausreisepflichtige Antragsgegner hat kein Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland,</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu Beschluss der Kammer vom 11. Juli 2018 – 8 L 1240/18 –,</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">und könnte bzw. müsste (vergleiche § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) folglich nach erfolgter Rückholung wieder – dieses Mal unter Beachtung rechtsstaatlicher Maßgaben – in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden. Etwaiges in der Vergangenheit erfolgtes Fehlverhalten einzelner Amtsinhaber mag insofern gegebenenfalls an anderer Stelle personal- und/oder disziplinarrechtlich geprüft werden.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund hat der Antragsgegner entgegen der Ausführungen seiner Verfahrensbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2018, dortige Seite 8 Mitte, auch keinen Anspruch auf Aufrechterhaltung des Rückholbeschlusses der Kammer vom 13. Juli 2018 – 8 L 1315/18 – (nachfolgend Beschluss des OVG NRW vom 15. August 2018 – 17 B 1029/18 –) infolge der mit Schriftsatz vom 16. August 2018 im Verfahren – 8 L 1458/18 – abgegebenen Zusicherung der Antragstellerin. Denn an diese Zusicherung ist die Antragstellerin jedenfalls seit Erlass des Beschlusses der 7a. Kammer des Gerichts vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – gemäß § 38 Abs. 3 VwVfG NRW nicht mehr gebunden. Nach dieser Norm ist eine Behörde an eine Zusicherung nicht mehr gebunden, wenn sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach-oder Rechtslage derart ändert, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen. Die Zusicherung mit Schriftsatz der Antragstellerin vom 16. August 2018 wäre bei objektiver Betrachtungsweise nicht gegeben worden und hätte nach summarischer Prüfung auch nicht gegeben werden dürfen, wenn nicht dem Antragsgegner aufgrund der Beschlüsse der 7a. Kammer des Gerichts vom 12. Juli 2018 – 7a L 1200/18.A – und vom 10. August 2018 – 7a L 1437/18.A –, die auch für die Antragstellerin bindend waren (vgl. § 42 Satz 1 AsylG), in Tunesien – ohne verbindliche Zusicherung im Einzelfall – die Gefahr der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gedroht hätte. Diese auch für die Antragstellerin bindende Sach- und Rechtslage war als „Geschäftsgrundlage“ für die Zusicherung objektiv erheblich. Mit dieser nach den Feststellungen der 7a. Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – eingetretenen Änderung der relevanten Tatsachen- und Rechtslage ist auch die Bindungswirkung der Zusicherung vom 16. August 2018 entfallen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ferner ist auch der zunächst gegebene Anordnungsgrund vorliegend entfallen, da dem Antragsgegner in Tunesien nach den Feststellungen der 7a. Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 21. November 2018 – 7a L 1947/18.A – derzeit nicht (mehr) die Gefahr der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, an welche die beschließende Kammer ebenfalls – wie ausgeführt – gebunden ist.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Infolge der aufgezeigten Änderung der maßgeblichen Umstände wäre die Änderung des Beschlusses der Kammer vom 13. Juli 2018 – 8 L 1315/18 – auch unabhängig von dem erhobenen Einwand der Verwirkung des vorliegenden Antragsrechts durch die Antragsgegnerin – im Übrigen von Amts wegen nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO analog geboten.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Möglichkeit der Abänderung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO von Amts wegen: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 129.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht ersichtlich, dass einer solchen Abänderung von Amts wegen tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstünden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass einer Abänderung Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Familienlebens entgegenstünden. Zwar wurde durch die am 13. Juli 2018 evident rechtswidrig erfolgte Abschiebung des Antragsgegners in die vom Antragsgegner in den vorausgegangenen Eilverfahren und im nach wie vor anhängigen Klageverfahren – 8 K 3521/18 – vorgetragene (vergleiche Schriftsatz vom 11. Juli 2018 im Klageverfahren, dortige Seiten 2 ff.) gelebte Beziehung zu seinen vier minderjährigen (4, 9, 10 und 11 jährigen) deutsch-tunesischen Kindern eingegriffen. Hieraus erwuchs und erwächst indes nach summarischer Prüfung kein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot (§ 60a Abs. 2 AufenthG).</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde dazu, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, in ihren Erwägungen angemessen zur Geltung zu bringen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite die sonstigen Umstände des Einzelfalls. Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Allerdings setzen sich auch gewichtige familiäre Belange nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durch.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 2006 – 2 BvR 1935/05 –, NVwZ 2006, 682.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ausländerrechtliche Schutzwirkungen entfaltet Art. 6 GG nicht schon bzw. allein aufgrund formalrechtlicher familiärer Bindungen. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 2008 – 2 BvR 588/08 –, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war und ist bei summarischer Prüfung selbst bei unterstelltem Vorliegen einer schützenswerten familiären Lebens- oder Begegnungsgemeinschaft zwischen dem Antragsgegner und seinen vier minderjährigen deutschen Kindern bis zu seiner Abschiebung am 13. Juli 2018 und damit auch nach Trennung des Antragsgegners und seiner Ehefrau und der familiengerichtlich vereinbarten Umgangsregelung ein Abschiebungsverbot nicht überwiegend wahrscheinlich. Denn die mit einem Aufenthalt des Antragsgegners außerhalb der Bundesrepublik Deutschland verbundenen Belastungen für seine Kinder und die Beziehung zu ihnen haben nach Abwägung mit den öffentlichen Belange an einer zeitweisen Fernhaltung des Antragsgegners aus dem Bundesgebiet zurückzutreten. Zu der mit der Anwesenheit des Antragsgegners im Bundesgebiet verbundenen Gefahrenlage wird auf die Ausführungen der Kammer mit Beschluss vom 11. Juli 2018 – 8 L 1240/18 –, dortige Seiten 5 ff., unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 15. April 2015 – 17 A 1245/11 –, juris, und in Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zur Prognose der Gefahr terroristischer Anschläge verwiesen. An der dort vorgenommenen Gefahrenprognose hält die Kammer nach erneuter Prüfung fest. Insofern wiegt der hier insbesondere in den Blick zu nehmende Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit derart hoch, dass die nach Art. 6 GG geschützten Interessen vorliegend – trotz der damit unweigerlich einhergehenden Belastungen für die Kinder und ihre Beziehung zu dem Antragsgegner – zurückzutreten haben. Der Kontakt ist danach vorübergehend gegebenenfalls über Ferien-/Besuchsaufenthalte der Kinder im Ausland bzw. über Fernkommunikationsmittel aufrecht zu erhalten. Die Frage der erforderlichen sowie zumutbaren zeitlichen Dauer der räumlichen Trennung des Antragsgegners von seinen vier minderjährigen Kinder wird sodann im Rahmen der im Klageverfahren – 8 K 3521/18 – streitgegenständlichen Befristungsentscheidung zu beantworten sein.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.</p>
116,726
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10 ME 395/18
2018-12-19T00:00:00
2018-12-27T18:02:48
2019-02-12T08:37:58
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 13. Kammer &#8211; vom 9. November 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragsteller tragen die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Antragstellerinnen zu 1. und 3. in vollem Umfang und hinsichtlich des Antragstellers zu 2. gr&#246;&#223;tenteils abgelehnt hat, hat keinen Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die im November 2013 (Antragstellerin zu 1.), Oktober 2015 (Antragsteller zu 2.) und im September 2017 (Antragstellerin zu 3.) geborenen Antragsteller einen Anordnungsanspruch darauf, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen einen Betreuungsplatz im Umfange von w&#246;chentlich 49 Stunden (Hauptantrag) bzw. w&#246;chentlich 50 Stunden (Hilfsantr&#228;ge) nachzuweisen, nicht glaubhaft gemacht haben. Die von den Antragstellern dagegen vorgebrachten Beschwerdegr&#252;nde, auf deren Pr&#252;fung der Senat sich nach &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschr&#228;nken hat, stellen die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht in Frage.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>1) Die 5 Jahre alte Antragstellerin zu 1. hat keinen Anspruch auf F&#246;rderung in der Kindertageseinrichtung E. von Montag bis Freitag in der Zeit von 7:30 bis 17:15 Uhr (Hauptantrag), in einer anderen wohnortnahen Kindertageseinrichtung oder Tagespflegestelle in der Zeit von 7:30 bis 17:30 Uhr (1. Hilfsantrag) oder &#8222;im zeitlichen Umfang der berufsbedingten Erforderlichkeit der Eltern&#8220; (2. Hilfsantrag), der nach dem Vorbringen der Antragsteller einer Betreuung in der Zeit von 7:30 bis 17:30 Uhr entspricht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind, das das 3. Lebensjahr vollendet hat, bis zum Schuleintritt Anspruch auf F&#246;rderung in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch richtet sich nach &#167; 12 Abs. 1 Satz 2 des Nieders&#228;chsischen Gesetzes &#252;ber Tageseinrichtungen f&#252;r Kinder (KiTaG) auf einen Platz in einer Vormittagsgruppe eines Kindergartens. Nach &#167; 8 Abs. 2 Satz 1 KiTaG m&#252;ssen die Kindertagesst&#228;tten f&#252;r alle Kinder wenigstens an 5 Tagen in der Woche vormittags eine Betreuung in der Gruppe von mindestens 4 Stunden anbieten. Nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII haben die Tr&#228;ger der &#246;ffentlichen Jugendhilfe allerdings darauf hinzuwirken, dass f&#252;r diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagspl&#228;tzen zur Verf&#252;gung steht. &#167; 8 Abs. 2 Satz 2 KiTaG regelt diesbez&#252;glich, dass der &#246;rtliche Tr&#228;ger und die Gemeinde, die die F&#246;rderung der Kinder in Tageseinrichtungen wahrnimmt, darauf hinzuwirken haben, dass je nach Bedarf in zumutbarer Entfernung Kindertagesst&#228;tten angeboten werden, die ganztags betreuen oder zumindest eine t&#228;gliche Betreuungszeit von wenigstens 6 Stunden an 5 Tagen in der Woche anbieten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Aus diesen Vorschriften ergibt sich kein Anspruch der Antragstellerin zu 1. auf F&#246;rderung im Umfang von (nahezu) 10 Stunden am Tag. Denn nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII und den genannten landesrechtlichen Vorschriften besteht lediglich ein Anspruch auf eine halbt&#228;gige F&#246;rderung (Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 7. Aufl. 2018, beck-online, &#167; 24 Rn. 34; Rixen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, &#167; 24 Rn. 21; Happe/Saurbier in Jans/Happe/Saurbier/Maas, Kinder- und Jugendhilferecht, 3. Aufl., Stand: Januar 2018, &#167; 24 SGB VIII Rn. 33; Fischer in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 5. Aufl. 2017, &#167; 24 Rn. 24; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, &#167; 24 Rn. 58). Entgegen der Auffassung der Antragsteller ergibt sich dies bereits eindeutig aus dem Wortlaut des &#167; 24 Abs. 3 S&#228;tze 1 und 2 SGB VIII. Die Ausf&#252;hrungen der Antragsteller zu dem von ihnen angenommenen Zweck und der Systematik des Gesetzes, aus denen sich ein Anspruch auf eine ganzt&#228;gige Betreuung ergeben soll, verm&#246;gen daher nicht zu &#252;berzeugen. Denn daraus, dass im Hinblick auf die Ganztagsbetreuung in &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 SGB VIII eine blo&#223; objektiv-rechtliche Hinwirkungspflicht formuliert ist, folgt, dass sie nicht vom Rechtsanspruch des Satzes 1 umfasst ist. Die Regelung dieser Hinwirkungspflicht w&#228;re n&#228;mlich erkennbar sinnlos, wenn auf eine Ganztagsbetreuung bereits ein subjektiver Anspruch best&#252;nde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Im Hinblick auf den erforderlichen zeitlichen Umfang der halbt&#228;gigen Betreuung kann hier dahinstehen, ob wegen &#167; 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, wonach die Tageseinrichtungen den Eltern dabei helfen sollen, Erwerbst&#228;tigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu k&#246;nnen, die Betreuungszeit mindestens 6 Stunden betragen muss (so Struck in Wiesner, a.a.O., &#167; 24 Rn. 58) oder ob, was die Abgrenzung zur nicht vom Anspruch nach &#167;&#160;24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII umfassten Ganztagsbetreuung nahelegt, eine halbt&#228;gige Betreuung im Umfang von mindestens 4 Stunden, wie sie in &#167; 8 Abs. 2 Satz 1 KiTaG geregelt ist, ausreichend sein kann (so Rixen in Schlegel/Voelzke, a.a.O., &#167;&#160;24 Rn. 21), da jedenfalls die von der Antragstellerin zu 1. begehrte Betreuung im Umfang von (nahezu) 10 Stunden t&#228;glich nicht vom Anspruch gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII umfasst ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen w&#228;re selbst dann, wenn ein Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung best&#252;nde, fraglich, ob dieser die von der Antragstellerin zu 1. begehrte Betreuung im Umfang von 10 Stunden umfassen w&#252;rde. Denn orientiert an den &#252;blichen Arbeitszeiten der Eltern (&#167;&#160;22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII) und im Hinblick auf den nach &#167; 22 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII zu ber&#252;cksichtigenden sozial-emotionalen Entwicklungsstand von Kindern, die das 3. Lebensjahr vollendet haben, spricht einiges daf&#252;r, dass sich ein Ganztagesplatz in einer Kindertageseinrichtung in der Regel auf eine Betreuungszeit von 8 bis 9 Stunden bezieht (vgl. Rixen in Schlegel/Voelzke, a.a.O., &#167; 24 Rn. 21, 16).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Soweit die Antragstellerin zu 1. mit ihrem 1. Hilfsantrag (&#8222;in einer wohnortnahen Kindertageseinrichtung <em>oder</em> Tagespflegestelle&#8220;) und nach ihrer Beschwerdebegr&#252;ndung hilfsweise den Nachweis einer die bereits gew&#228;hrte Betreuung in der Kindertageseinrichtung von 7.30 bis 15:30 Uhr erg&#228;nzenden Betreuung in einer Tagespflegestelle begehrt, hat die Beschwerde ebenfalls keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII kann das Kind zwar bei besonderem Bedarf oder erg&#228;nzend auch in Kindertagespflege gef&#246;rdert werden. Insoweit ist aber jedenfalls das Angebot eines bedarfsgerechten Betreuungsplatzes ausreichend (vgl. Senatsbeschluss vom 11.09.2018 - 10 LA 9/18 -, juris Rn. 23, zu &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Ein solches Angebot hat der Antragsgegner den Antragstellern unterbreitet. Denn er hat in seinem Schriftsatz vom 19. Oktober 2018 versichert, dass eine Ausweitung der Betreuung f&#252;r die Antragsteller &#252;ber den derzeit gew&#228;hrten zeitlichen Umfang durch Kindertagespflegepersonen gew&#228;hrleistet werden kann. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss ausgegangen. Es bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Antragsgegner insoweit unwahre Angaben gemacht hat. Diese ergeben sich auch nicht aus den Angaben der Mutter der Antragsteller in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 6. November 2018, wonach sie auf ihre telefonische Nachfrage in der Familienservicestelle am 6. November 2018 lediglich die Adresse einer Tagespflegeperson erhalten habe, die jedoch nicht bereit gewesen sei, ihre Kinder bis 17.00 Uhr zu betreuen. Denn im Hinblick darauf, dass die Antragsteller (in erster Linie) ihre 10-st&#252;ndige Unterbringung in der Kindertageseinrichtung E. begehren, bestand f&#252;r den Antragsgegner (bislang) kein Anlass, eine Tagespflegestelle konkret zu benennen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Unabh&#228;ngig davon hat die Antragstellerin zu 1. ohnehin keinen Anspruch auf den hilfsweise begehrten Nachweis einer Tagespflegestelle f&#252;r die Anschlussbetreuung. Kinder &#252;ber 3 Jahren haben nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII - wie ausgef&#252;hrt - einen Rechtsanspruch auf eine halbt&#228;gige Betreuung in einer Tageseinrichtung. Dieser Anspruch umfasst jedoch nicht die Betreuung in der Kindertagespflege (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2015 - OVG 6 S 41.15 -, juris Leitsatz und Rn. 4). Ob dar&#252;ber hinaus erg&#228;nzende Kindertagespflege gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII geleistet wird, steht im Ermessen des Jugendhilfetr&#228;gers (Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 22.06.2017 &#8211; 4 PA 128/17 -, juris Rn. 10; Rixen in Schlegel/Voelzke, a.a.O., &#167; 24 Rn. 8). Hier bestehen angesichts dessen, dass die Antragstellerin zu 1. bereits eine 8-st&#252;ndige Betreuung (von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr) in der Kindertageseinrichtung erh&#228;lt, keinerlei Anhaltspunkte f&#252;r eine dahingehende Ermessensreduktion auf Null, die aber Voraussetzung w&#228;re f&#252;r die von ihr begehrte Verpflichtung des Antragsgegners im Wege einer einstweiligen Anordnung. Erst recht ergibt sich aus &#167; 24 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII kein Anspruch auf Schaffung zus&#228;tzlicher Tagespflegestellen, sofern der Antragsgegner entgegen seiner Versicherung im Schriftsatz vom 19. Oktober 2018 tats&#228;chlich nicht in der Lage w&#228;re, den Antragstellern eine Anschlussbetreuung durch eine Tagespflegeperson im Rahmen der vorhandenen Kapazit&#228;ten zur Verf&#252;gung zu stellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>2) Aus den oben unter 1) genannten Gr&#252;nden hat auch der dreij&#228;hrige Antragsteller zu 2. keinen Anspruch auf die begehrte 10-st&#252;ndige Betreuung in der Kindertagesst&#228;tte E., in einer anderen wohnortnahen Kindertageseinrichtung oder in der Form einer Anschlussbetreuung durch eine Tagespflegeperson. Dementsprechend h&#228;tten auch die Antr&#228;ge des Antragstellers zu 2. im vollen Umfang abgelehnt werden m&#252;ssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat gleichwohl und ohne ein erkennbares Rechtsschutzinteresse des Antragstellers zu 2., der ohnehin schon auf der Warteliste f&#252;r die Kindergartengruppe in der Kindertagesst&#228;tte E. stand, den Antragsgegner verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Beigeladene ihm im Kindergartenjahr 2018/2019 einen Platz in einer Kindergartengruppe einer ortsnahen Kindertagesst&#228;tte verschafft, wobei er nach der Begr&#252;ndung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Schaffung zus&#228;tzlicher Kindergartenpl&#228;tze hat und sich deshalb im Hinblick auf die Kindertageseinrichtung E. auf deren Warteliste verweisen lassen muss. Insoweit begr&#252;nden die Antragsteller ihre Beschwerde damit, dass das Verwaltungsgericht die M&#246;glichkeit einer &#252;berkapazit&#228;ren Belegung der Kindertagesst&#228;tte E. nicht hinreichend ber&#252;cksichtigt habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat die Beschwerde keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Denn zum einen hat der Antragsteller zu 2. sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Beschwerdeverfahren mit seinen Antr&#228;gen ausschlie&#223;lich eine 10-st&#252;ndige Betreuung in einer Kindertageseinrichtung, erg&#228;nzend in einer Tagespflegestelle, begehrt. Der Wechsel von der bereits in der Zeit von 7:30 bis 14:30 Uhr besuchten Krippengruppe in E. in eine Kindergartengruppe mit demselben Betreuungsumfang war und ist nicht Gegenstand der Antr&#228;ge des Antragstellers und ist in dem Antragsbegehren der Antragsteller auch nicht &#8220;als Minus&#8220; enthalten. Es handelt sich vielmehr um einen anderen Verfahrensgegenstand. Auf die im vorliegenden Verfahren mit s&#228;mtlichen Antr&#228;gen begehrte 10-st&#252;ndige Betreuung hat der Antragsteller zu 2. jedoch aus den oben unter 1) genannten Gr&#252;nden keinen Anspruch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Zum anderen ist die Auffassung der Antragsteller, dass der Antragsgegner bzw. die Beigeladene verpflichtet sei, alle 5 Kindergartengruppen in E. vor&#252;bergehend &#252;ber die vorhandenen Kapazit&#228;ten hinaus zu belegen, damit der Antragsteller zu 2., der auf Platz 5 der Warteliste stehe, einen dieser Pl&#228;tze erhalten k&#246;nne, auch unzutreffend. Denn der Anspruch auf F&#246;rderung in einer Tageseinrichtung nach &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII richtet sich nicht auf die Bereitstellung eines konkreten Platzes in einer bestimmten Einrichtung. Auch das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach &#167; 5 SGB VIII f&#252;hrt nicht dazu, dass der zust&#228;ndige Jugendhilfetr&#228;ger in jedem Fall freie Pl&#228;tze in der von den Eltern des Kindes konkret gew&#252;nschten Einrichtung vorhalten und gegebenenfalls im Wege einer Kapazit&#228;tserweiterung schaffen muss. Denn dieses Recht findet seine Grenze, wenn keine Pl&#228;tze in der gew&#252;nschten Einrichtung mehr vorhanden oder verf&#252;gbar sind (Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 28.11.2014 - 4 ME 221/14 -, juris Rn. 5, und Beschluss vom 06.10.2014 - 4 ME 216/14 -, juris Rn. 2, zu &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.08.2013 - 12 B 793/13 -, juris Rn. 10; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.11.2000 - 2 M 32/00 -, Leitsatz und Rn. 4).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>3) Auch die einj&#228;hrige Antragstellerin zu 3. hat keinen Anspruch auf eine 10-st&#252;ndige Betreuung in der Krippengruppe der Kindertagesst&#228;tte E.. Ihr diesbez&#252;glich erhobener Einwand, dass das Verfahren zur Vergabe der in dieser Einrichtung vorhandenen Pl&#228;tze fehlerhaft durchgef&#252;hrt worden sei, es deshalb erneut zu erfolgen habe und ihr dann einer der Pl&#228;tze in dieser Einrichtung zustehe, ist deshalb nicht entscheidungserheblich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Der Rechtsanspruch auf fr&#252;hkindliche F&#246;rderung im Rahmen eines &#246;ffentlich-rechtlichen Betreuungsverh&#228;ltnisses gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ist auf den Nachweis eines bedarfsgerechten Betreuungsplatzes gerichtet (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 25 ff. m.w.N.). Jedem Kind, dessen Eltern einen &#246;ffentlich gef&#246;rderten Betreuungsplatz w&#252;nschen, muss ein solcher Platz auch zur Verf&#252;gung gestellt werden (BVerfG, Urteil vom 21.11.2017 &#8211; 2 BvR 2177/16 -, juris Rn.134). Insoweit ist das Angebot eines bedarfsgerechten Betreuungsplatzes zur Erf&#252;llung des Anspruchs gem. &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausreichend (Senatsbeschluss vom 11.09.2018 - 10 LA 9/18 -, juris Rn. 23). Sofern Pl&#228;tze in der gew&#252;nschten Tageseinrichtung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verf&#252;gung stehen, kann das Kind von dem Tr&#228;ger der &#246;ffentlichen Jugendhilfe auf die Inanspruchnahme eines Betreuungsplatzes in einer anderen Tageseinrichtung, wenn die Pl&#228;tze in allen Tageseinrichtungen belegt sind, auch auf Pl&#228;tze in der Kindertagespflege verwiesen werden, und umgekehrt (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 37 ff.; Senatsbeschluss vom 11.09.2018 - 10 LA 9/18 -, juris Rn. 31). Denn die Pflicht des Jugendhilfetr&#228;gers, ein entsprechendes Angebot vorzuhalten (&#167; 79 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII), beschr&#228;nkt sich auf den Gesamtbedarf an Betreuungspl&#228;tzen (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 30, 38). Dementsprechend erm&#246;glicht das Wunsch- und Wahlrecht gem&#228;&#223; &#167; 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs.&#160;2 Satz 1 SGB VIII dem anspruchsberechtigten Kind und seinen Erziehungsberechtigten auch nur, innerhalb des tats&#228;chlich vorhandenen Angebots einen Betreuungsplatz auszuw&#228;hlen (BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 - 5 C 19.16 -, juris Rn. 38, 40; Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 06.10.2014 - 4 ME 216/14 -, juris Rn. 2, und Senatsbeschluss vom 11.09.2018 - 10 LA 9/18 -, juris Rn. 23; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.08.2013 - 12 B 793/13 -, juris Rn. 10; Struck in Wiesner, a.a.O., &#167; 24 Rn. 23).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Vorliegend steht ein Betreuungsplatz in der Kindertagesst&#228;tte E. f&#252;r die Antragstellerin zu 3. jedoch gerade nicht zur Verf&#252;gung. Sie steht vielmehr auf Platz 13 der Warteliste. Der Antragsgegner bzw. die beigeladene Gemeinde als Tr&#228;gerin des Kindergartens ist nach den obigen Ma&#223;gaben unter keinem Gesichtspunkt verpflichtet, das Verfahren zur Vergabe der Pl&#228;tze in dieser Einrichtung nochmals durchzuf&#252;hren mit der eventuellen Konsequenz, dass andere Kinder ihren bereits zugewiesenen Platz in dieser Einrichtung verlieren w&#252;rden. Denn der Anspruch der Antragstellerin zu 3. gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII umfasst nicht die Bereitstellung eines Platzes in einer bestimmten Einrichtung. Auch bezieht sich ihr Wunsch- und Wahlrecht nur auf das tats&#228;chlich noch vorhandene und verf&#252;gbare Angebot.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Soweit die Antragstellerin zu 3. &#8222;betont, dass sie sich hilfsweise einem Wechsel zu einer weiteren Tagesmutter nicht verschlie&#223;en w&#252;rde&#8220;, und weiter ausf&#252;hrt, allerdings m&#252;sse &#8222;ihr tats&#228;chlich eine solche Tagesmutter auch angeboten werden&#8220;, verkennt sie, dass der Antragsgegner ihr ein solches Angebot, das zur Erf&#252;llung des Anspruchs nach &#167;&#160;24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausreichend ist (vgl. Senatsbeschluss vom 11.09.2018 - 10 LA 9/18 -, juris Rn. 23), bereits unterbreitet hat. Denn er hat in seinem Schriftsatz vom 19. Oktober 2018 versichert, dass eine Ausweitung der Betreuung f&#252;r die Antragsteller &#252;ber den derzeit gew&#228;hrten zeitlichen Umfang durch Kindertagespflegepersonen gew&#228;hrleistet werden kann. Wie bereits oben unter 1) ausgef&#252;hrt, bestehen keine durchgreifenden Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Antragsgegner insoweit unwahre Angaben gemacht hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen bestehen bez&#252;glich der erst 1 Jahr alten Antragstellerin zu 3. Zweifel, ob eine 10-st&#252;ndige Betreuung mit dem nach &#167; 22 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII zu ber&#252;cksichtigenden Kindeswohl zu vereinbaren und ob daher eine Betreuung in diesem Umfang - auch bei entsprechendem Bedarf der Eltern (&#167;&#160;22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII) - von dem Anspruch nach &#167; 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII umfasst ist. Insoweit ist zu beachten, dass negative Auswirkungen auf das sozial-emotionale Verhalten von ein- bis dreij&#228;hrigen Kindern bei einer au&#223;erfamili&#228;ren Betreuung von mehr als 45 Stunden in der Woche angenommen werden (Rixen in Schlegel/Voelzke, a.a.O., &#167; 24 Rn. 16 m.w.N.). Letztlich kommt es insoweit aber gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 SGB VIII auf den individuellen Bedarf, d. h. auf die konkreten Verh&#228;ltnisse in der Familie der Antragstellerin zu 3. und auf ihren eigenen sozial-emotionalen Entwicklungsstand an.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE180004053&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
188,444
bgh-2018-12-18-vi-zb-218
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
VI ZB 2/18
2018-12-18T00:00:00
2019-02-11T11:03:14
2019-02-11T11:03:14
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:181218BVIZB2.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Rechtsbeschwerde des Kl&#228;gers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 9. Januar 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Beschwerdewert betr&#228;gt bis zu 1.000 &#8364;.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger wendet sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss. Er hat am 27. Januar 2017 bei dem Amtsgericht Klage erhoben. Mit bei dem Amtsgericht am 2. Februar 2017 eingegangenem Schriftsatz hat er die Klage zur&#252;ckgenommen. Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 hat sich ein Rechtsanwalt f&#252;r den Beklagten bestellt und den von ihm gestellten Klageabweisungsantrag am 8. Februar 2017 begr&#252;ndet. Am 13. Februar 2017 hat der Prozessbevollm&#228;chtigte des Beklagten Kenntnis von der Klager&#252;cknahme erlangt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Nachdem die Kosten dem Kl&#228;ger auferlegt worden waren, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 31. M&#228;rz 2017 die von dem Kl&#228;ger dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf Antrag des Beklagten in H&#246;he von 638,54 &#8364; festgesetzt (1,3-fache Verfahrensgeb&#252;hr gem&#228;&#223; Nr. 3100 VV-RVG aus einem Geb&#252;hrenwert von 4.800 &#8364;, Pauschale gem&#228;&#223; Nr. 7002 VV-RVG, zzgl. USt. sowie 146 &#8364; verauslagte Gerichtskosten/Zustellungskosten).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Das Beschwerdegericht - Einzelrichter - hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Rechtsbeschwerdef&#252;hrers zur&#252;ckgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Rechtsbeschwerdef&#252;hrer gegen die Kostenfestsetzung zugunsten des Beklagten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>1. Das Beschwerdegericht hat zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung ausgef&#252;hrt, ein Kostenerstattungsanspruch bestehe auch dann, wenn der Rechtsanwalt des Beklagten nach Zustellung der Klage und in Unkenntnis der Klager&#252;cknahme t&#228;tig geworden sei. Die Kosten seien notwendig im Sinne von &#167; 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dem Beklagten k&#246;nne nicht vorgeworfen werden, sich innerhalb der ihm gesetzten Fristen gegen die Klage verteidigt zu haben. Anderenfalls m&#252;sse er Rechtsnachteile bef&#252;rchten. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25. Februar 2016 (III ZB 66/15) k&#246;nne nicht auf den hier zu entscheidenden Fall &#252;bertragen werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>2. Die statthafte und auch im &#220;brigen zul&#228;ssige Rechtsbeschwerde (&#167;&#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 575 ZPO) ist begr&#252;ndet. Der angefochtene Beschluss unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil er unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Der Einzelrichter hat bei Rechtssachen, die grunds&#228;tzliche Bedeutung haben oder besondere Schwierigkeiten tats&#228;chlicher oder rechtlicher Art aufweisen, das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 568 Satz 2 ZPO zwingend dem Kollegium zu &#252;bertragen. Bejaht er - wie hier - mit seiner Entscheidung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, die grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache, entscheidet er aber zugleich in der Sache als Einzelrichter, so ist seine Entscheidung objektiv willk&#252;rlich und verst&#246;&#223;t gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters, was vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu beachten ist (st. Rspr., vgl. nur Senat, Beschluss vom 18. September 2018 - VI ZB 34/17, juris Rn. 5 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>3. F&#252;r das weitere Verfahren weist der erkennende Senat auf folgendes hin:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>a) Das Beschwerdegericht ist zu Recht von der (grunds&#228;tzlichen) Erstattungsf&#228;higkeit der geltend gemachten Kosten ausgegangen, &#167; 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. Senatsbeschluss vom 10. April 2018 - VI ZB 70/16, VersR 2018, 1469; BGH, Beschluss vom 7. Februar 2018 - XII ZB 112/17, NJW 2018, 1403 Rn. 22 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>b) Nach der Zur&#252;ckverweisung wird das Beschwerdegericht auch Gelegenheit haben, die R&#252;ge des Kl&#228;gers in Bezug auf den Ansatz der verauslagten Gerichtskosten in H&#246;he von 146 &#8364; in dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu &#252;berpr&#252;fen. Die Zahlung von Gerichtskosten durch den Beklagten ist nicht ersichtlich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">von Pentz&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Wellner&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Offenloch</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Roloff&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Allgayer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
188,437
bverwg-2018-12-18-8-b-718
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
8 B 7/18
2018-12-18T00:00:00
2019-02-11T11:03:03
2019-02-11T11:03:03
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:181218B8B7.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Das Ministerium der Finanzen des Beklagten erteilte dem Kl&#228;ger am 10. November 2014 eine Erlaubnis zur Veranstaltung einer Fernsehlotterie und zu deren Eigenvertrieb im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2019 und setzte f&#252;r die Erteilung der Erlaubnis f&#252;r das Jahr 2015 eine Geb&#252;hr in H&#246;he von 173 930 &#8364; fest. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kl&#228;ger angefochtene Geb&#252;hrenfestsetzung mit Urteil vom 26. Januar 2017 aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zur&#252;ckgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Geb&#252;hr sei von einer sachlich unzust&#228;ndigen Beh&#246;rde festgesetzt worden. Die Gesch&#228;ftsverteilungsanordnung der Landesregierung Rheinland-Pfalz d&#252;rfe das Ministerium der Finanzen nicht als zust&#228;ndige Beh&#246;rde bestimmen, weil einer solchen Regelung &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV entgegenstehe. Die sachliche Zust&#228;ndigkeit dieses Ministeriums folge auch nicht aus &#167; 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 und 7 Landesgl&#252;cksspielgesetz Rheinland-Pfalz - LGl&#252;G -.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die auf den Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gest&#252;tzte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Grundsatzr&#252;ge setzt die Formulierung einer bestimmten, h&#246;chstrichterlich noch ungekl&#228;rten und f&#252;r die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 &#167; 133 &lt;n.F.&gt; VwGO Nr. 26 S. 14).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>1. Die Fragen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV auch dann anwendbar ist, wenn ein Interessenkonflikt zwischen dem Veranstalter von Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential und einer Erlaubnisbeh&#246;rde, die ansonsten f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist, gar nicht entstehen kann,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Anwendung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV ausgeschlossen ist, wenn es um die Erlaubniserteilung einschlie&#223;lich der Festsetzung von Geb&#252;hren f&#252;r eine Lotterie mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential durch eine oberste Finanzbeh&#246;rde geht, wenn nach den Feststellungen eines Berufungsgerichts gar kein Interessenkonflikt zwischen dieser obersten Landesbeh&#246;rde und dem Erlaubnisbewerber bei dieser Gl&#252;cksspielart ersichtlich ist und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob es als wesentliche Begr&#252;ndung f&#252;r eine restriktive Anwendung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV und dem Ausschluss einer Anwendbarkeit f&#252;r die Erlaubniserteilung f&#252;r Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential ausreicht, wenn bereits andere effektive Kontroll- und Begleitinstanzen beim Handeln einer obersten Finanzbeh&#246;rde eingeschaltet sind,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bed&#252;rfen keiner revisionsgerichtlichen Kl&#228;rung. Sie lassen sich ohne Weiteres auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten (BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 &lt;270&gt;). &#167; 9 Abs. 7 des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur &#196;nderung des Staatsvertrages zum Gl&#252;cksspielwesen in Deutschland - Gl&#252;StV - vom 15. Dezember 2011 verbietet seinem eindeutigen Wortlaut nach ausnahmslos die Aus&#252;bung der Gl&#252;cksspielaufsicht durch eine Beh&#246;rde, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist. Die Entstehungsgeschichte und der daraus abzuleitende Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine Einschr&#228;nkung ihres Anwendungsbereichs in F&#228;llen, in denen ein Interessenkonflikt zwischen dem Veranstalter einer Lotterie mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist, nicht ersichtlich ist. Die Vorschrift zielt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Vermeidung von konkreten Interessenkonflikten, die daraus folgen k&#246;nnen, dass die f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndige Beh&#246;rde zugleich f&#252;r die Aufsicht &#252;ber staatlich organisiertes Gl&#252;cksspiel und f&#252;r die Erteilung von Erlaubnissen f&#252;r die Konkurrenten dieses Gl&#252;cksspiels zust&#228;ndig ist. Sie will vielmehr sicherstellen, dass die f&#252;r die Einhaltung der Anforderungen des Spielerschutzes und der Suchtbek&#228;mpfung bei der Veranstaltung, der Vermarktung und dem Vertrieb von Gl&#252;cksspielen zust&#228;ndigen Beh&#246;rden ausnahmslos eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen. Das ergibt sich aus der Erl&#228;uterung zur entsprechenden Regelung im Entwurf des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages vom 1. Januar 2008 vom 6. Dezember 2006 (vgl. etwa LT-Drs. BW 14/1930, S. 39). Zu &#167; 9 Abs. 6, dessen Formulierung, soweit hier von Bedeutung, &#167; 9 Abs. 7 des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur &#196;nderung des Staatsvertrages zum Gl&#252;cksspielwesen in Deutschland entspricht, wird dort ausgef&#252;hrt, die Gl&#252;cksspielaufsicht d&#252;rfe nicht durch eine Beh&#246;rde ausge&#252;bt werden, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig sei. Damit werde einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen, wonach der Gesetzgeber die Einhaltung der Anforderungen des Spielerschutzes und der Suchtbek&#228;mpfung durch geeignete Kontrollinstanzen sicherzustellen habe, die eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen m&#252;ssten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die Parteien des Staatsvertrages wollten mit der Vorschrift also sicherstellen, dass stets eine organisatorische Distanz zwischen der Beh&#246;rde, die die Aufgabe der Gl&#252;cksspielaufsicht wahrnimmt, und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die fiskalischen Interessen des Staates zust&#228;ndig ist, besteht. Das gilt unabh&#228;ngig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine solche Distanz nur in Fallgestaltungen fordert, in denen Interessenkonflikte tats&#228;chlich auch entstehen k&#246;nnen, weil die f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndige Beh&#246;rde gleichzeitig f&#252;r die Betreuung staatlich organisierten Gl&#252;cksspiels und f&#252;r die Beaufsichtigung damit konkurrierender privater Angebote zust&#228;ndig ist. Die Vertragsparteien des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages haben die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den zitierten Erl&#228;uterungen zufolge ersichtlich weiter verstanden, n&#228;mlich im Sinne einer ausnahmslosen Distanz zwischen der jeweils f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndigen Beh&#246;rde und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die Wahrung der fiskalischen Interessen eines Landes zust&#228;ndig ist. Ein Wille, die durch &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV normierten organisatorischen Inkompatibilit&#228;ten nicht &#252;ber das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus zu erstrecken, l&#228;sst sich den Erl&#228;uterungen dagegen nicht entnehmen. F&#252;r eine einschr&#228;nkende Auslegung des Anwendungsbereichs des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV im Sinne der Argumentation des Beklagten ist danach kein Raum.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Sie w&#228;re selbst nach dem vom Beklagten angenommenen Normzweck nicht erforderlich. Soweit keine konkreten Interessenkonflikte bestehen sollten, w&#228;re die Anwendung der ausnahmslosen Inkompatibilit&#228;tsregelung zwar nicht durch den Normzweck geboten, aber auch nicht zweckwidrig. Au&#223;erdem widerspr&#228;che eine teleologische Reduktion des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV, deren Umfang sich erst aus der Pr&#252;fung m&#246;glicher Interessenkonflikte im konkreten Fall erg&#228;be, dem rechtsstaatlichen Erfordernis einer eindeutig bestimmten, f&#252;r jeden Betroffenen erkennbaren Regelung der sachlichen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r au&#223;enwirksame Ma&#223;nahmen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>2. Mit der Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV nicht aufgrund der landesrechtlichen Regelungen &#252;ber die Zust&#228;ndigkeitszuweisung betreffend die Erlaubniserteilung f&#252;r Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotenzial an das f&#252;r Lotteriewesen zust&#228;ndige Ministerium nach &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G zu einer einschr&#228;nkenden Interpretation des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV f&#252;hrt, wobei hier eine Kollisionslage bez&#252;glich von genuinem Landesrecht (LGl&#252;G) und dem Zustimmungsgesetz zum Gl&#252;StV vorliegt und ein Vorrang des Landesrechts aus &#167; 15 Abs. 1 Gl&#252;StV besteht. Hat damit die Zust&#228;ndigkeitsregelung in &#167; 15 Abs. 1 Gl&#252;StV oder gegebenenfalls auch eine Zust&#228;ndigkeitser&#246;ffnung durch Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz in Verbindung mit der Zust&#228;ndigkeits&#252;bertragung durch die Landesregierung einen Vorrang gegen&#252;ber der Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>m&#246;chte der Beklagte nach den Erl&#228;uterungen seiner Beschwerdebegr&#252;ndung gekl&#228;rt wissen, ob die Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV eine Sperrwirkung gegen&#252;ber der auf Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz gest&#252;tzten Anordnung &#252;ber die Gesch&#228;ftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 12. November 2014 (GVBl. S. 295) entfalten kann. Der damit skizzierte Normkonflikt f&#252;hrt nicht auf eine das revisible Recht betreffende Rechtsfrage. Ob die genannte Anordnung sich gegen&#252;ber &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV durchsetzen kann, w&#228;re vielmehr durch Auslegung von Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz - einer nicht revisiblen Norm - zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000, 339 f., juris Rn. 8 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>3. Die weitere Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Frage der Kl&#228;rung der sachlichen Zust&#228;ndigkeit bei der Anwendung des &#167; 15 LGl&#252;G, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Normen des Gl&#252;StV steht, zu dem revisiblen, also vom BVerwG zu &#252;berpr&#252;fenden Recht geh&#246;rt und insoweit das BVerwG auf der Grundlage des &#167; 33 Gl&#252;StV auch Landesrecht auslegen und anwenden kann,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>kann ohne Weiteres auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantwortet werden. Nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO k&#246;nnen nur solche Rechtsfragen zur Zulassung der Revision f&#252;hren, die revisibles Recht im Sinne des &#167; 137 Abs. 1 VwGO betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. August 2002 - 9 B 35.02 - NVwZ-2002, 1505). Dazu geh&#246;rt &#167; 15 LGl&#252;G nicht. Kl&#228;rungsbed&#252;rftige Fragen zu &#167; 33 Gl&#252;StV werden nicht aufgeworfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>4. Die Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob ein offensichtlicher Versto&#223; gegen die allgemeinen Grunds&#228;tze der Gesetzesauslegung vorliegt, wenn ein Gericht den klaren Wortlaut einer Zust&#228;ndigkeitsnorm (Begriff des "f&#252;r das Lotteriewesen zust&#228;ndigen Ministeriums") in einer Weise versteht, dass es ja noch einer zus&#228;tzlichen gesetzlichen Zust&#228;ndigkeitsnorm bedarf,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>f&#252;hrt noch nicht auf eine revisible Rechtsfrage. Die (angeblich) unrichtige Anwendung allgemeiner Auslegungsgrunds&#228;tze auf eine irrevisible Norm w&#252;rde f&#252;r sich genommen noch keinen Versto&#223; gegen revisibles Recht begr&#252;nden. Voraussetzung daf&#252;r w&#228;re vielmehr, dass das Auslegungsergebnis mit revisiblem Recht unvereinbar w&#228;re.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Die darauf zielende weitere Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Auslegung des &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G, die die Verneinung einer Norm &#252;ber die sachliche Zust&#228;ndigkeit zur Folge hat, zu einer Verletzung des Art. 20 Abs. 3 GG und des Art. 3 GG in der Weise gef&#252;hrt hat, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Anwendung von irrevisiblem Landesrecht sich so weit vom zugrunde gelegten Gesetz entfernt hat, dass die Begr&#252;ndung der Entscheidung den Zusammenhang mit der Norm nicht mehr hinreichend erkennen l&#228;sst und damit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung, verst&#228;ndlich ist,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>geht davon aus, dass die Auslegung des irrevisiblen &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G durch das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall mit dem Willk&#252;rverbot und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar sei. Sie legt jedoch keinen revisionsrechtlichen Kl&#228;rungsbedarf bez&#252;glich der genannten Vorschriften des Grundgesetzes dar und kann daher nicht zur Zulassung der Revision f&#252;hren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>5. Der Beklagte m&#246;chte sinngem&#228;&#223; weiter wissen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob sich aus dem Grundgedanken des &#167; 3 Abs. 3 VwVfG eine Fortf&#252;hrungsbefugnis der bisher zust&#228;ndigen Beh&#246;rde ableiten l&#228;sst, die in der Annahme ihrer Zust&#228;ndigkeit von Anfang an dem B&#252;rger gegen&#252;ber mit dessen Einverst&#228;ndnis auch die Interessen aller Bundesl&#228;nder bei der Erteilung gl&#252;cksspielrechtlicher Erlaubnisse einschlie&#223;lich der Zusatzentscheidung wahrgenommen hat?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Die Frage k&#246;nnte in einem Revisionsverfahren nicht gekl&#228;rt werden. Das Oberverwaltungsgericht hat weder festgestellt, dass das Ministerium der Finanzen f&#252;r die Entscheidung des vorliegenden Falles urspr&#252;nglich zust&#228;ndig gewesen ist, noch dass es von Anfang an im Einverst&#228;ndnis des Kl&#228;gers die Interessen aller Bundesl&#228;nder gegen&#252;ber diesem wahrgenommen hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage l&#228;sst sich zudem ohne Weiteres auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten. &#167; 3 Abs. 3 VwVfG ist auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend - auch nicht dem Grundgedanken nach - anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die nur die &#246;rtliche Zust&#228;ndigkeit betreffende Vorschrift schon nicht entsprechend auf F&#228;lle angewendet werden, in denen eine einmal begr&#252;ndete sachliche Zust&#228;ndigkeit einer Beh&#246;rde entf&#228;llt. Das Verwaltungsverfahrensgesetz enth&#228;lt sich einer Normierung von Fragen der sachlichen Zust&#228;ndigkeit zugunsten anderweitiger Regelungen im Zusammenhang mit dem materiellen Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1989 - 6 C 38.88 - BVerwGE 84, 3 &lt;8 f.&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>6. Die vom Beklagten als grunds&#228;tzlich bedeutsam aufgeworfene Frage:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Kann ein oberstes Landesgericht, nachdem es in einem fr&#252;heren Verfahren die sachliche Zust&#228;ndigkeit einer obersten Landesbeh&#246;rde bejaht hat, was einer &#252;ber Jahre hinweg geltenden Rechtslage entsprach, nach Ablauf von mehreren Jahren nunmehr einen gegenteiligen Standpunkt vertreten? Ist es nicht aus Gr&#252;nden der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und damit aus Gr&#252;nden des Rechtsstaatsprinzips (vgl. nur BVerfGE 74, 129 &lt;152&gt; m.w.N., auch BFH, Gro&#223;er Senat, Beschluss vom 17.12.2007, Drs. 2/04 - BFHE 220, 129 - juris Rn. 98 f.) geboten, f&#252;r einen &#220;bergangszeitraum an der alten, die Zust&#228;ndigkeit bejahenden Rechtsprechung festzuhalten, so dass erst nach einem &#220;bergangszeitraum, auf den sich die Beteiligen einrichten k&#246;nnen, die neue Bewertung durch die Rechtsprechung mit Wirkung f&#252;r die Zukunft gilt?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Sie w&#252;rde sich in einem Revisionsverfahren schon nicht stellen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Fallgestaltung gerade nicht festgestellt, sondern ausgef&#252;hrt, dass sich aus seiner von dem Beklagten zitierten Entscheidung vom 21. November 2014 - 6 A 10562/14.OVG - nichts f&#252;r die sachliche Zust&#228;ndigkeit des Ministeriums der Finanzen entnehmen lasse. Die formulierte Frage reicht zudem nicht &#252;ber den vorliegenden Einzelfall hinaus, denn sie m&#246;chte der Sache nach lediglich gekl&#228;rt wissen, ob das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall die Zust&#228;ndigkeit des Ministeriums der Finanzen f&#252;r einen &#220;bergangszeitraum aus dem Rechtsstaatsprinzip h&#228;tte ableiten m&#252;ssen. Kl&#228;rungsbed&#252;rftige Fragen zu diesem Prinzip wirft sie nicht auf.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>7. Die schlie&#223;lich aufgeworfene Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob es treuwidrig ist und damit kein Rechtsschutzinteresse eines Kl&#228;gers vorliegen kann, wenn dieser erst nach Jahren, nachdem er &#252;ber Jahre st&#228;ndig mit der betreffenden Erlaubnisbeh&#246;rde in Kontakt getreten ist, mit ihr verhandelt hat und positive Erlaubnisbescheide erhalten hat, sp&#228;ter die fehlende sachliche Zust&#228;ndigkeit r&#252;gt, wenn es um die &#220;berpr&#252;fung eines im Annexwege folgenden Geb&#252;hrenbescheides geht?,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>hat ebenfalls keine fall&#252;bergreifende Bedeutung. Der Beklagte m&#246;chte damit gekl&#228;rt wissen, ob das Oberverwaltungsgericht - aus Gr&#252;nden, die es zudem nicht festgestellt hat - das Rechtsschutzbed&#252;rfnis des Kl&#228;gers h&#228;tte verneinen m&#252;ssen. Eine grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache ist damit nicht dargetan.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 3 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
188,436
bverwg-2018-12-18-8-b-818
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2018-12-18T00:00:00
2019-02-11T11:03:03
2019-02-11T11:03:03
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:181218B8B8.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Das Ministerium der Finanzen des Beklagten erteilte dem Kl&#228;ger am 10. November 2014 eine Erlaubnis zur Veranstaltung einer Fernsehlotterie und zu deren Eigenvertrieb im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2019. Mit Bescheid vom 4. Januar 2016 setzte es f&#252;r die Erteilung der Erlaubnis f&#252;r das Jahr 2016 eine Geb&#252;hr in H&#246;he von 159 507 &#8364; fest. Das Verwaltungsgericht hat die vom Kl&#228;ger angefochtene Geb&#252;hrenfestsetzung mit Urteil vom 26. Januar 2017 aufgehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zur&#252;ckgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Die Geb&#252;hr sei von einer sachlich unzust&#228;ndigen Beh&#246;rde festgesetzt worden. Die Gesch&#228;ftsverteilungsanordnung der Landesregierung Rheinland-Pfalz d&#252;rfe das Ministerium der Finanzen nicht als zust&#228;ndige Beh&#246;rde bestimmen, weil einer solchen Regelung &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV entgegenstehe. Die sachliche Zust&#228;ndigkeit dieses Ministeriums folge auch nicht aus &#167; 15 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 und 7 Landesgl&#252;cksspielgesetz Rheinland-Pfalz - LGl&#252;G -.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die auf den Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gest&#252;tzte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Grundsatzr&#252;ge setzt die Formulierung einer bestimmten, h&#246;chstrichterlich noch ungekl&#228;rten und f&#252;r die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 &#167; 133 &lt;n.F.&gt; VwGO Nr. 26 S. 14).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> 1. Die Fragen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV auch dann anwendbar ist, wenn ein Interessenkonflikt zwischen dem Veranstalter von Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential und einer Erlaubnisbeh&#246;rde, die ansonsten f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist, gar nicht entstehen kann,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Anwendung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV ausgeschlossen ist, wenn es um die Erlaubniserteilung einschlie&#223;lich der Festsetzung von Geb&#252;hren f&#252;r eine Lotterie mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential durch eine oberste Finanzbeh&#246;rde geht, wenn nach den Feststellungen eines Berufungsgerichts gar kein Interessenkonflikt zwischen dieser obersten Landesbeh&#246;rde und dem Erlaubnisbewerber bei dieser Gl&#252;cksspielart ersichtlich ist und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob es als wesentliche Begr&#252;ndung f&#252;r eine restriktive Anwendung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV und dem Ausschluss einer Anwendbarkeit f&#252;r die Erlaubniserteilung f&#252;r Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential ausreicht, wenn bereits andere effektive Kontroll- und Begleitinstanzen beim Handeln einer obersten Finanzbeh&#246;rde eingeschaltet sind,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bed&#252;rfen keiner revisionsgerichtlichen Kl&#228;rung. Sie lassen sich ohne Weiteres auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten (BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 - 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 &lt;270&gt;). &#167; 9 Abs. 7 des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur &#196;nderung des Staatsvertrages zum Gl&#252;cksspielwesen in Deutschland - Gl&#252;StV - vom 15. Dezember 2011 verbietet seinem eindeutigen Wortlaut nach ausnahmslos die Aus&#252;bung der Gl&#252;cksspielaufsicht durch eine Beh&#246;rde, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist. Die Entstehungsgeschichte und der daraus abzuleitende Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten keine Einschr&#228;nkung ihres Anwendungsbereichs in F&#228;llen, in denen ein Interessenkonflikt zwischen dem Veranstalter einer Lotterie mit geringerem Gef&#228;hrdungspotential und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig ist, nicht ersichtlich ist. Die Vorschrift zielt entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Vermeidung von konkreten Interessenkonflikten, die daraus folgen k&#246;nnen, dass die f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndige Beh&#246;rde zugleich f&#252;r die Aufsicht &#252;ber staatlich organisiertes Gl&#252;cksspiel und f&#252;r die Erteilung von Erlaubnissen f&#252;r die Konkurrenten dieses Gl&#252;cksspiels zust&#228;ndig ist. Sie will vielmehr sicherstellen, dass die f&#252;r die Einhaltung der Anforderungen des Spielerschutzes und der Suchtbek&#228;mpfung bei der Veranstaltung, der Vermarktung und dem Vertrieb von Gl&#252;cksspielen zust&#228;ndigen Beh&#246;rden ausnahmslos eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen. Das ergibt sich aus der Erl&#228;uterung zur entsprechenden Regelung im Entwurf des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages vom 1. Januar 2008 vom 6. Dezember 2006 (vgl. etwa LT-Drs. BW 14/1930, S. 39). Zu &#167; 9 Abs. 6, dessen Formulierung, soweit hier von Bedeutung, &#167; 9 Abs. 7 des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur &#196;nderung des Staatsvertrages zum Gl&#252;cksspielwesen in Deutschland entspricht, wird dort ausgef&#252;hrt, die Gl&#252;cksspielaufsicht d&#252;rfe nicht durch eine Beh&#246;rde ausge&#252;bt werden, die f&#252;r die Finanzen des Landes zust&#228;ndig sei. Damit werde einer Forderung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen, wonach der Gesetzgeber die Einhaltung der Anforderungen des Spielerschutzes und der Suchtbek&#228;mpfung durch geeignete Kontrollinstanzen sicherzustellen habe, die eine ausreichende Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates aufweisen m&#252;ssten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Die Parteien des Staatsvertrages wollten mit der Vorschrift also sicherstellen, dass stets eine organisatorische Distanz zwischen der Beh&#246;rde, die die Aufgabe der Gl&#252;cksspielaufsicht wahrnimmt, und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die fiskalischen Interessen des Staates zust&#228;ndig ist, besteht. Das gilt unabh&#228;ngig davon, ob die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine solche Distanz nur in Fallgestaltungen fordert, in denen Interessenkonflikte tats&#228;chlich auch entstehen k&#246;nnen, weil die f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndige Beh&#246;rde gleichzeitig f&#252;r die Betreuung staatlich organisierten Gl&#252;cksspiels und f&#252;r die Beaufsichtigung damit konkurrierender privater Angebote zust&#228;ndig ist. Die Vertragsparteien des Gl&#252;cksspielstaatsvertrages haben die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den zitierten Erl&#228;uterungen zufolge ersichtlich weiter verstanden, n&#228;mlich im Sinne einer ausnahmslosen Distanz zwischen der jeweils f&#252;r Gl&#252;cksspielaufsicht zust&#228;ndigen Beh&#246;rde und der Beh&#246;rde, die f&#252;r die Wahrung der fiskalischen Interessen eines Landes zust&#228;ndig ist. Ein Wille, die durch &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV normierten organisatorischen Inkompatibilit&#228;ten nicht &#252;ber das verfassungsrechtlich Gebotene hinaus zu erstrecken, l&#228;sst sich den Erl&#228;uterungen dagegen nicht entnehmen. F&#252;r eine einschr&#228;nkende Auslegung des Anwendungsbereichs des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV im Sinne der Argumentation des Beklagten ist danach kein Raum.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Sie w&#228;re selbst nach dem vom Beklagten angenommenen Normzweck nicht erforderlich. Soweit keine konkreten Interessenkonflikte bestehen sollten, w&#228;re die Anwendung der ausnahmslosen Inkompatibilit&#228;tsregelung zwar nicht durch den Normzweck geboten, aber auch nicht zweckwidrig. Au&#223;erdem widerspr&#228;che eine teleologische Reduktion des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV, deren Umfang sich erst aus der Pr&#252;fung m&#246;glicher Interessenkonflikte im konkreten Fall erg&#228;be, dem rechtsstaatlichen Erfordernis einer eindeutig bestimmten, f&#252;r jeden Betroffenen erkennbaren Regelung der sachlichen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r au&#223;enwirksame Ma&#223;nahmen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> 2. Mit der Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV nicht aufgrund der landesrechtlichen Regelungen &#252;ber die Zust&#228;ndigkeitszuweisung betreffend die Erlaubniserteilung f&#252;r Lotterien mit geringerem Gef&#228;hrdungspotenzial an das f&#252;r Lotteriewesen zust&#228;ndige Ministerium nach &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G zu einer einschr&#228;nkenden Interpretation des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV f&#252;hrt, wobei hier eine Kollisionslage bez&#252;glich von genuinem Landesrecht (LGl&#252;G) und dem Zustimmungsgesetz zum Gl&#252;StV vorliegt und ein Vorrang des Landesrechts aus &#167; 15 Abs. 1 Gl&#252;StV besteht. Hat damit die Zust&#228;ndigkeitsregelung in &#167; 15 Abs. 1 Gl&#252;StV oder gegebenenfalls auch eine Zust&#228;ndigkeitser&#246;ffnung durch Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz in Verbindung mit der Zust&#228;ndigkeits&#252;bertragung durch die Landesregierung einen Vorrang gegen&#252;ber der Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>m&#246;chte der Beklagte nach den Erl&#228;uterungen seiner Beschwerdebegr&#252;ndung gekl&#228;rt wissen, ob die Regelung des &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV eine Sperrwirkung gegen&#252;ber der auf Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz gest&#252;tzten Anordnung &#252;ber die Gesch&#228;ftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 12. November 2014 (GVBl. S. 295) entfalten kann. Der damit skizzierte Normkonflikt f&#252;hrt nicht auf eine das revisible Recht betreffende Rechtsfrage. Ob die genannte Anordnung sich gegen&#252;ber &#167; 9 Abs. 7 Gl&#252;StV durchsetzen kann, w&#228;re vielmehr durch Auslegung von Art. 105 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung Rheinland-Pfalz - einer nicht revisiblen Norm - zu entscheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000, 339 f., juris Rn. 8 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> 3. Die weitere Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Frage der Kl&#228;rung der sachlichen Zust&#228;ndigkeit bei der Anwendung des &#167; 15 LGl&#252;G, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Normen des Gl&#252;StV steht, zu dem revisiblen, also vom BVerwG zu &#252;berpr&#252;fenden Recht geh&#246;rt und insoweit das BVerwG auf der Grundlage des &#167; 33 Gl&#252;StV auch Landesrecht auslegen und anwenden kann,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>kann ohne Weiteres auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantwortet werden. Nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO k&#246;nnen nur solche Rechtsfragen zur Zulassung der Revision f&#252;hren, die revisibles Recht im Sinne des &#167; 137 Abs. 1 VwGO betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. August 2002 - 9 B 35.02 - NVwZ-2002, 1505). Dazu geh&#246;rt &#167; 15 LGl&#252;G nicht. Kl&#228;rungsbed&#252;rftige Fragen zu &#167; 33 Gl&#252;StV werden nicht aufgeworfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> 4. Die Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob ein offensichtlicher Versto&#223; gegen die allgemeinen Grunds&#228;tze der Gesetzesauslegung vorliegt, wenn ein Gericht den klaren Wortlaut einer Zust&#228;ndigkeitsnorm (Begriff des "f&#252;r das Lotteriewesen zust&#228;ndigen Ministeriums") in einer Weise versteht, dass es ja noch einer zus&#228;tzlichen gesetzlichen Zust&#228;ndigkeitsnorm bedarf,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>f&#252;hrt noch nicht auf eine revisible Rechtsfrage. Die (angeblich) unrichtige Anwendung allgemeiner Auslegungsgrunds&#228;tze auf eine irrevisible Norm w&#252;rde f&#252;r sich genommen noch keinen Versto&#223; gegen revisibles Recht begr&#252;nden. Voraussetzung daf&#252;r w&#228;re vielmehr, dass das Auslegungsergebnis mit revisiblem Recht unvereinbar w&#228;re.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> Die darauf zielende weitere Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob die Auslegung des &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G, die die Verneinung einer Norm &#252;ber die sachliche Zust&#228;ndigkeit zur Folge hat, zu einer Verletzung des Art. 20 Abs. 3 GG und des Art. 3 GG in der Weise gef&#252;hrt hat, dass das Oberverwaltungsgericht bei der Anwendung von irrevisiblem Landesrecht sich so weit vom zugrunde gelegten Gesetz entfernt hat, dass die Begr&#252;ndung der Entscheidung den Zusammenhang mit der Norm nicht mehr hinreichend erkennen l&#228;sst und damit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt, auch nicht als richterliche Rechtsfortbildung, verst&#228;ndlich ist,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>geht davon aus, dass die Auslegung des irrevisiblen &#167; 15 Abs. 1 LGl&#252;G durch das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Einzelfall mit dem Willk&#252;rverbot und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar sei. Sie legt jedoch keinen revisionsrechtlichen Kl&#228;rungsbedarf bez&#252;glich der genannten Vorschriften des Grundgesetzes dar und kann daher nicht zur Zulassung der Revision f&#252;hren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p> 5. Der Beklagte m&#246;chte sinngem&#228;&#223; weiter wissen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob sich aus dem Grundgedanken des &#167; 3 Abs. 3 VwVfG eine Fortf&#252;hrungsbefugnis der bisher zust&#228;ndigen Beh&#246;rde ableiten l&#228;sst, die in der Annahme ihrer Zust&#228;ndigkeit von Anfang an dem B&#252;rger gegen&#252;ber mit dessen Einverst&#228;ndnis auch die Interessen aller Bundesl&#228;nder bei der Erteilung gl&#252;cksspielrechtlicher Erlaubnisse einschlie&#223;lich der Zusatzentscheidung wahrgenommen hat?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p> Die Frage k&#246;nnte in einem Revisionsverfahren nicht gekl&#228;rt werden. Das Oberverwaltungsgericht hat weder festgestellt, dass das Ministerium der Finanzen f&#252;r die Entscheidung des vorliegenden Falles urspr&#252;nglich zust&#228;ndig gewesen ist, noch dass es von Anfang an im Einverst&#228;ndnis des Kl&#228;gers die Interessen aller Bundesl&#228;nder gegen&#252;ber diesem wahrgenommen hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p> Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage l&#228;sst sich zudem ohne Weiteres auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der &#252;blichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten. &#167; 3 Abs. 3 VwVfG ist auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend - auch nicht dem Grundgedanken nach - anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die nur die &#246;rtliche Zust&#228;ndigkeit betreffende Vorschrift schon nicht entsprechend auf F&#228;lle angewendet werden, in denen eine einmal begr&#252;ndete sachliche Zust&#228;ndigkeit einer Beh&#246;rde entf&#228;llt. Das Verwaltungsverfahrensgesetz enth&#228;lt sich einer Normierung von Fragen der sachlichen Zust&#228;ndigkeit zugunsten anderweitiger Regelungen im Zusammenhang mit dem materiellen Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1989 - 6 C 38.88 - BVerwGE 84, 3 &lt;8 f.&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p> 6. Die vom Beklagten als grunds&#228;tzlich bedeutsam aufgeworfene Frage:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Kann ein oberstes Landesgericht, nachdem es in einem fr&#252;heren Verfahren die sachliche Zust&#228;ndigkeit einer obersten Landesbeh&#246;rde bejaht hat, was einer &#252;ber Jahre hinweg geltenden Rechtslage entsprach, nach Ablauf von mehreren Jahren nunmehr einen gegenteiligen Standpunkt vertreten? Ist es nicht aus Gr&#252;nden der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und damit aus Gr&#252;nden des Rechtsstaatsprinzips (vgl. nur BVerfGE 74, 129 &lt;152&gt; m.w.N., auch BFH, Gro&#223;er Senat, Beschluss vom 17.12.2007, Drs. 2/04 - BFHE 220, 129 - juris Rn. 98 f.) geboten, f&#252;r einen &#220;bergangszeitraum an der alten, die Zust&#228;ndigkeit bejahenden Rechtsprechung festzuhalten, so dass erst nach einem &#220;bergangszeitraum, auf den sich die Beteiligen einrichten k&#246;nnen, die neue Bewertung durch die Rechtsprechung mit Wirkung f&#252;r die Zukunft gilt?</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Sie w&#252;rde sich in einem Revisionsverfahren schon nicht stellen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat eine solche Fallgestaltung gerade nicht festgestellt, sondern ausgef&#252;hrt, dass sich aus seiner von dem Beklagten zitierten Entscheidung vom 21. November 2014 - 6 A 10562/14.OVG - nichts f&#252;r die sachliche Zust&#228;ndigkeit des Ministeriums der Finanzen entnehmen lasse. Die formulierte Frage reicht zudem nicht &#252;ber den vorliegenden Einzelfall hinaus, denn sie m&#246;chte der Sache nach lediglich gekl&#228;rt wissen, ob das Oberverwaltungsgericht im vorliegenden Fall die Zust&#228;ndigkeit des Ministeriums der Finanzen f&#252;r einen &#220;bergangszeitraum aus dem Rechtsstaatsprinzip h&#228;tte ableiten m&#252;ssen. Kl&#228;rungsbed&#252;rftige Fragen zu diesem Prinzip wirft sie nicht auf.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p> 7. Die schlie&#223;lich aufgeworfene Frage,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>ob es treuwidrig ist und damit kein Rechtsschutzinteresse eines Kl&#228;gers vorliegen kann, wenn dieser erst nach Jahren, nachdem er &#252;ber Jahre st&#228;ndig mit der betreffenden Erlaubnisbeh&#246;rde in Kontakt getreten ist, mit ihr verhandelt hat und positive Erlaubnisbescheide erhalten hat, sp&#228;ter die fehlende sachliche Zust&#228;ndigkeit r&#252;gt, wenn es um die &#220;berpr&#252;fung eines im Annexwege folgenden Geb&#252;hrenbescheides geht?,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>hat ebenfalls keine fall&#252;bergreifende Bedeutung. Der Beklagte m&#246;chte damit gekl&#228;rt wissen, ob das Oberverwaltungsgericht - aus Gr&#252;nden, die es zudem nicht festgestellt hat - das Rechtsschutzbed&#252;rfnis des Kl&#228;gers h&#228;tte verneinen m&#252;ssen. Eine grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache ist damit nicht dargetan.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p> Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 3 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
180,216
vg-hamburg-2018-12-18-2-k-123318
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2 K 1233/18
2018-12-18T00:00:00
2019-02-07T14:18:11
2019-02-12T13:33:23
Urteil
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Bewertung der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung im Modul &#8222;Str&#246;mungslehre&#8220; vom 24. April 2017, der Bescheid vom 13. November 2017, der Bescheid vom 29. November 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2018 werden aufgehoben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kl&#228;ger eine weitere m&#252;ndliche Erg&#228;nzungspr&#252;fung im Fach &#8222;Str&#246;mungslehre&#8220; zu gew&#228;hren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kl&#228;ger vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he des zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Tatbestand</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger wendet sich gegen die Bewertung einer m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung in einem Modul seines Bachelorstudiums mit &#8222;nicht bestanden&#8220;, gegen einen Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs sowie gegen seine Exmatrikulation.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der im Jahr 1991 geborene Kl&#228;ger nahm zum Sommersemester 2014 das Bachelorstudium Produktionstechnik und Management an der beklagten Hochschule auf. In diesem Studiengang ist das Modul &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; als Pflichtmodul zu absolvieren. Der Kl&#228;ger legte in diesem Modul drei schriftliche Pr&#252;fungsversuche ohne Erfolg ab, und zwar am 21. August 2015, am 9. Dezember 2015 sowie am 22. M&#228;rz 2017. Im Anschluss an den nicht bestandenen 3. Pr&#252;fungsversuch fand auf Antrag des Kl&#228;gers am 24. April 2017 eine m&#252;ndliche Erg&#228;nzungspr&#252;fung durch den vom Pr&#252;fungsausschuss zuvor bestellten Pr&#252;fer Prof. A statt. Der Pr&#252;fer zog seine wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau B als Beisitzerin hinzu, ohne dass der Pr&#252;fungsausschuss zuvor eine Entscheidung dar&#252;ber getroffen hatte. Unmittelbar nach der Pr&#252;fung erfuhr der Kl&#228;ger m&#252;ndlich vom Pr&#252;fer, dass er die m&#252;ndliche Erg&#228;nzungspr&#252;fung nicht bestanden habe. Kurz darauf &#8211; zu einem nicht n&#228;her bestimmten Zeitpunkt &#8211; wurde das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Moduls &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; im Onlineportal der Hochschule in der f&#252;r den Kl&#228;ger zug&#228;nglichen Leistungs&#252;bersicht ver&#246;ffentlicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>In einer E-Mail vom 25. April 2017 teilte die Beklagte dem Kl&#228;ger mit, dass nunmehr seine Exmatrikulation eingeleitet werde, da er sein Studium endg&#252;ltig nicht bestanden habe. Die Beklagte exmatrikulierte den Kl&#228;ger mit Bescheid vom 9. Mai 2017 ohne zuvor einen rechtsmittelf&#228;higen pr&#252;fungsrechtlichen Bescheid zu erlassen. Am 13. Juni 2017 nahm der Pr&#252;fer Prof. Dr. A zum Ablauf der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung Stellung, dasselbe tat die Frau B am 16. Juni 2017. Am 23. Juni 2017 und erneut am 28. September 2017 beschloss der Pr&#252;fungsausschuss nachtr&#228;glich die Bestellung von Frau B als Beisitzerin. Die Beklagte hob die Exmatrikulation im Rahmen des sp&#228;ter anh&#228;ngig gewordenen Klageverfahrens 2 K 8012/17 wieder auf, nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass eine Exmatrikulation ohne vorherige oder gleichzeitige pr&#252;fungsrechtliche Bescheidung rechtswidrig sein d&#252;rfte. Der Kl&#228;ger begehrte zudem in einem gerichtlichen Eilverfahren (2 E 9047/17), weiterhin zur Lehrveranstaltung CAD zugelassen zu werden sowie Pr&#252;fungsleistungen erbringen zu k&#246;nnen und vorl&#228;ufig eine Immatrikulationsbescheinigung f&#252;r das Wintersemester 2017/2018 zu erhalten. Diesen Antrag lehnte die Kammer mit Beschluss vom 23. November 2017 ab, da er die Anmeldefrist vers&#228;umt hatte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 13. November 2017 teilte die Beklagte dem Kl&#228;ger mit, dass er seinen Bachelorstudiengang endg&#252;ltig nicht bestanden habe. Der Kl&#228;ger habe im Modulfach Str&#246;mungslehre 1 den letzten Pr&#252;fungsversuch nicht bestanden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 29. November 2017 exmatrikulierte die beklagte Hochschule den Kl&#228;ger zum 24. April 2017 und begr&#252;ndete dies mit der Beendigung des Studiums nach endg&#252;ltig nicht bestandener Pr&#252;fung. Mit Widerspruch vom 1. Dezember 2017 wandte sich der Kl&#228;ger gegen die Exmatrikulation, mit weiterem Widerspruch vom 13. Dezember 2017 begehrte er die Aufhebung des pr&#252;fungsrechtlichen Bescheides &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen seines Studiums. Der Kl&#228;ger machte geltend, die m&#252;ndliche Pr&#252;fung sei verfahrensfehlerhaft abgelaufen. Insbesondere sei die Beisitzerin nicht ordnungsgem&#228;&#223; bestellt worden und habe als Zweitvotantin agiert. Zum Teil seien die gestellten Fragen unklar gewesen bzw. seien seine Antworten nicht hinreichend gew&#252;rdigt worden. Die Beisitzerin sei auch sehr stark mit ihrem Smartphone besch&#228;ftigt gewesen und habe daher der Pr&#252;fung nicht folgen k&#246;nnen. Am 22. Februar 2018 entschied der Pr&#252;fungsausschuss, dem Widerspruch nicht abzuhelfen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Am 23. Februar 2018 sandte die Beklagte einen Widerspruchsbescheid ab, der vom 21. Februar 2018 datiert. Mit diesem Widerspruchsbescheid wies die Beklagte beide Widerspr&#252;che zur&#252;ck. Sie f&#252;hrte aus, beide Widerspr&#252;che seien unbegr&#252;ndet. Der Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studiengangs sei rechtm&#228;&#223;ig, da der Kl&#228;ger nicht innerhalb der Modulfrist einen erfolgreichen Pr&#252;fungsversuch im Modul &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; absolviert habe. Die Bewertung der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung sei rechtm&#228;&#223;ig erfolgt. Das Smartphone sei von der Beisitzerin lediglich genutzt worden, um die Einhaltung der Pr&#252;fungszeit zu &#252;berwachen. Dar&#252;ber hinaus habe der Kl&#228;ger die vermeintliche St&#246;rung durch die Beisitzerin nicht rechtzeitig ger&#252;gt. Die nachtr&#228;gliche Bestellung von Frau B zur Beisitzerin sei zul&#228;ssig. Die Note der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung sei rechtm&#228;&#223;ig zustande gekommen. Auch der Exmatrikulationsbescheid vom 29. November 2017 sei rechtm&#228;&#223;ig. Nach &#167; 10 Abs. 2 Nr. 2 der Immatrikulationsordnung der Hochschule f&#252;r angewandte Wissenschaften Hamburg vom 18. Mai 2017 (ImmaO) seien Studierende zu exmatrikulieren, die eine Pr&#252;fung im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes nach &#167;&#167; 44, 65 HmbHG endg&#252;ltig nicht bestanden h&#228;tten und den Studiengang nicht nach &#167; 8 wechseln k&#246;nnten oder wechselten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger verfolgt sein Begehren mit der am 27. Februar 2018 bei Gericht eingegangenen Klage weiter. Er kritisiert insbesondere, dass eine r&#252;ckwirkende Bestellung eines Beisitzers nach der Pr&#252;fungsordnung nicht zul&#228;ssig sei. Erneut betont der Kl&#228;ger, dass die Beisitzerin durch die Besch&#228;ftigung mit ihrem Smartphone vom Pr&#252;fungsgeschehen abgelenkt worden sei und sich als Zweitvotantin zu erkennen gegeben habe, was die Pr&#252;fungsordnung nicht vorsehe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">1. die Bewertung der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung im Modul Str&#246;mungslehre 1 vom 24. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben und ihm einen weiteren Pr&#252;fungsversuch zu gew&#228;hren,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">2. den Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs vom 13. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben sowie</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">3. den Exmatrikulationsbescheid vom 29. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 aufzuheben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Sie f&#252;hrt insbesondere aus, die nachgeholte Bestellung der Beisitzerin habe sich nicht auf die Notenumgebung ausgewirkt. Die Beisitzerin sei nicht als Pr&#252;ferin w&#228;hrend der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung t&#228;tig geworden. Die Gesamtnotenbildung sei nicht zu beanstanden. Der Kl&#228;ger habe nicht substantiiert begr&#252;ndet, welche Fragen er zumindest vertretbar beantwortet habe und inwiefern ein Bewertungsfehler vorliege.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende einverstanden erkl&#228;rt. Das Gericht hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung neben der Sachakten der Beklagten die Gerichtsakten 2 K 8012/17 und 2 E 9047/17 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Das Gericht hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung die Zeugen Prof. Dr. A sowie Frau B vernommen. Hinsichtlich ihrer Angaben sowie des weiteren Beteiligtenvorbringens wird auf das Sitzungsprotokoll und den Inhalt der Gerichts- und Sachakten verwiesen.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Entscheidungsgr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>A.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Die Klage ist hinsichtlich aller drei gestellten Antr&#228;ge zul&#228;ssig (I.) und begr&#252;ndet (II.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Die erhobene Klage wird hinsichtlich aller Antr&#228;ge zul&#228;ssigerweise als Anfechtungsklage nach &#167; 42 Abs. 1 VwGO erhoben, da jeweils Verwaltungsakte im Sinne des &#167; 35 Satz 1 HmbVwVfG angegriffen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Auch die Bewertung der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung - d.h. des dritten Pr&#252;fungsversuchs im Modul &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; - mit &#8222;nicht bestanden&#8220; stellt einen Verwaltungsakt im Sinne des &#167; 35 S. 1 HmbVwVfG dar. Denn es handelt sich bei dieser Bewertung um eine hoheitliche Ma&#223;nahme, die eine Beh&#246;rde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des &#246;ffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach au&#223;en gerichtet ist. Nicht jede Bewertung einer einzelnen Pr&#252;fungsleistung ist zwangsl&#228;ufig als Verwaltungsakt anzusehen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.3.1994, 6 C 5.93, juris Rn. 21 zu schriftlichen Pr&#252;fungsarbeiten im juristischen Examen). Jedenfalls dann, wenn in einem modularisierten Studiengang die Bewertung einer Modulpr&#252;fung mit &#8222;nicht bestanden&#8220; zur Folge hat, dass dieser Pr&#252;fungsteil wiederholt werden muss, um die Gesamtpr&#252;fung zu bestehen (d.h. insbesondere bei Pflichtmodulen), liegt eine rechtsverbindliche Gestaltung des Pr&#252;fungsrechtsverh&#228;ltnisses vor (ebenso OVG M&#252;nster, Urt. v. 21.3.2017, 14 A 1689/16, juris Rn. 31 m. ausf. Begr&#252;ndung; VGH M&#252;nchen, Beschl. v. 4.1.2017, 22 C 16.2279, juris Rn. 10 f.). In einem solchen Fall stellt die Bewertung einen Verwaltungsakt dar, der fristgerecht mit dem Widerspruch angegriffen werden kann und muss. Die nach &#167;&#167; 43 Abs. 1, 41 HmbVwVfG erforderliche Bekanntgabe des Verwaltungsakts, d.h. der Bewertung einer Modulpr&#252;fung mit &#8222;nicht bestanden&#8220;, kann zul&#228;ssigerweise auch &#252;ber das Onlineportal einer Hochschule erfolgen, wenn dies der normativ geregelte bzw. &#252;bliche Weg der Kommunikation zwischen der Hochschule und den Studierenden ist (vgl. ausf&#252;hrlich zu einer &#228;hnlichen Konstellation OVG M&#252;nster, Urt. v. 21.3.2017, a.a.O., juris Rn. 45 ff.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Diese Vorgaben sind erf&#252;llt: Im vorliegenden Fall sieht &#167; 5 Abs. 3 der ma&#223;geblichen studiengangsspezifischen Pr&#252;fungs- und Studienordnung f&#252;r die Bachelorstudieng&#228;nge Maschinenbau/Energie und Anlagensysteme, Maschinenbau/Entwicklung und Konstruktion, sowie Produktionstechnik und Management am Department Maschinenbau und Produktion der Fakult&#228;t Technik und Informatik (Faculty of Engineering and Computer Science) der Hochschule f&#252;r angewandte Wissenschaften Hamburg (Hamburg University of Applied Sciences) vom 24. Mai 2012 (PO) vor, dass das Modul &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; im Rahmen des Kernstudiums zu erbringen ist. Nach &#167; 30 Abs. 1 der Allgemeinen Pr&#252;fungs- und Studienordnung f&#252;r Bachelor- und Masterstudieng&#228;nge der Ingenieur-, Natur- und Geisteswissenschaften sowie der Informatik an der Hochschule f&#252;r Angewandte Wissenschaften Hamburg (APSO-INGI) vom 21. Juni 2012 ist die Bachelor- oder Masterpr&#252;fung bestanden, wenn alle in den studiengangsspezifischen Pr&#252;fungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Leistungen sowie die dazu geh&#246;rende Bachelor- oder Masterarbeit erfolgreich erbracht und die sonstigen in den studiengangsspezifischen Pr&#252;fungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Voraussetzungen erf&#252;llt sind. &#167; 23 APSO-INGI regelt die M&#246;glichkeiten, nicht bestandene Leistungen zu wiederholen sowie ausweislich seiner &#220;berschrift das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studiengangs. Die Pr&#252;fungsentscheidung wurde dem Kl&#228;ger m&#252;ndlich und gem&#228;&#223; &#167; 12 Abs. 8 Satz 2 APSO-INGI im Internet, d. h. &#252;ber das Onlineportal der beklagten Hochschule bekannt gegeben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Das nach &#167;&#167; 68 ff. VwGO erforderliche Widerspruchsverfahren wurde auch hinsichtlich der Bewertung der Modulpr&#252;fung ordnungsgem&#228;&#223; durchgef&#252;hrt. Der Widerspruch des Kl&#228;gers, der sich ausdr&#252;cklich zwar nur gegen die Bescheide &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studiums und die Exmatrikulation richtet, bezieht sich inhaltlich auch auf die Bewertung der Modulpr&#252;fung, sodass er auch als Widerspruch gegen diesen Verwaltungsakt auszulegen ist. Auch im Widerspruchsbescheid geht die Beklagte ausdr&#252;cklich auf die R&#252;gen des Kl&#228;gers hinsichtlich der m&#252;ndlichen Modulpr&#252;fung ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Im Klageantrag zu 1. ist dar&#252;ber hinaus in zul&#228;ssiger Weise ein Leistungsannex nach &#167; 113 Abs. 4 VwGO beantragt worden, da der Kl&#228;ger einen Wiederholungsversuch der m&#252;ndlichen Pr&#252;fung begehrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Die Anfechtungsklage ist hinsichtlich aller Klageantr&#228;ge begr&#252;ndet. Die Benotung des Moduls &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220; mit (endg&#252;ltig) &#8222;nicht bestanden&#8220; ist rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten (&#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er kann die Wiederholung der m&#252;ndlichen Pr&#252;fung beanspruchen (hierzu unter 1 a. und b.). Ebenso sind der Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs (hierzu unter 2.) und letztlich der Exmatrikulationsbescheid (hierzu unter 3.) rechtswidrig und verletzen den Kl&#228;ger in seinen Rechten, &#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>1. Die Benotung des letzten Pr&#252;fungsversuchs vom 24. April 2017 des Moduls Str&#246;mungslehre 1 mit (endg&#252;ltig) &#8222;nicht bestanden&#8220; erfolgte in rechtswidriger Weise (a.) und f&#252;hrt zu einem Anspruch auf Wiederholung der m&#252;ndlichen Pr&#252;fung (b.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>a. Das endg&#252;ltige Nichtbestehen einer Modulpr&#252;fung ist in &#167; 23 Abs. 2 und 5 APSO-INGI geregelt. Nach &#167; 23 Abs. 2 Satz 1 APSO-INGI kann jede erstmals nicht bestandene Leistung zweimal wiederholt werden und nach Satz 3 dieser Vorschrift ist die entsprechende Pr&#252;fungsleistung endg&#252;ltig nicht bestanden, wenn alle Wiederholungsm&#246;glichkeiten erfolglos ausgesch&#246;pft wurden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kl&#228;ger drei schriftliche Pr&#252;fungsversuche in diesem Modul nicht bestanden hat, n&#228;mlich am 21. August 2015, am 9. Dezember 2015 und am 22. M&#228;rz 2017. Diese Bewertungen hat er nicht angegriffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 23 Abs. 5 Satz 1 APSO-INGI kann die oder der betroffene Studierende jedoch zus&#228;tzlich 3-malig pro Studium im jeweiligen Studiengang, aber nur einmalig pro Pr&#252;fungsleistung einen Antrag auf eine m&#252;ndliche &#220;berpr&#252;fung stellen, wenn eine schriftliche Leistung mit nicht ausreichend bewertet worden ist. Gem&#228;&#223; &#167; 23 Abs. 5 Satz 4 APSO-INGI entscheidet die m&#252;ndliche &#220;berpr&#252;fung &#252;ber &#8222;nicht bestanden&#8220; oder &#8222;bestanden&#8220;. Die m&#252;ndliche &#220;berpr&#252;fung stellt nach &#167; 23 Abs. 5 Satz 5 APSO-INGI keinen weiteren Pr&#252;fungsversuch dar, sondern bietet lediglich die M&#246;glichkeit einer Verbesserung innerhalb eines Pr&#252;fungsversuchs.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat zu Recht ger&#252;gt, dass aufgrund der hier streitigen m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung vom 24. April 2017 in fehlerhafter Weise das (endg&#252;ltige) Nichtbestehen der Modulpr&#252;fung im Fach Str&#246;mungslehre 1 festgestellt wurde. Denn diese Pr&#252;fung, d.h. die Leistungserhebung, erfolgte mindestens verfahrensfehlerhaft, ohne dass eine Heilung dieses Fehlers m&#246;glich ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Die als Beisitzerin eingesetzte wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau B wurde nicht vor der Pr&#252;fung ordnungsgem&#228;&#223; als Beisitzerin bestellt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 APSO-INGI werden Beisitzerinnen und Beisitzer nur f&#252;r m&#252;ndliche Pr&#252;fungen eingesetzt ohne jedoch selbst Pr&#252;fungen abhalten zu d&#252;rfen. Sie nehmen lediglich an m&#252;ndlichen Pr&#252;fungen teil, um die Pr&#252;ferin oder den Pr&#252;fer bei der Durchf&#252;hrung der m&#252;ndlichen Pr&#252;fung zu unterst&#252;tzen. Gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 4 Satz 3 APSO-INGI werden sie vom Pr&#252;fungsausschuss bestellt und m&#252;ssen mindestens &#252;ber einen Hochschulabschluss in einem Ingenieur-, Natur- oder Gesundheitswissenschaftlichen bzw. Informatikstudiengang verf&#252;gen. Hierf&#252;r ist ein formeller Beschluss erforderlich (vgl. zur Pr&#252;ferbestellung VG Gelsenkirchen, Urt. v. 17.10.2012, 4 K 1737/11, juris). Eine nachgeholte, r&#252;ckwirkende Bestellung auch des Beisitzers ist als unzul&#228;ssig zu bewerten, da der Pr&#252;fungsausschuss auf diese Weise eine verfahrensfehlerhaft getroffene Entscheidung nachtr&#228;glich (unter Ber&#252;cksichtigung des bereits festgestellten Ergebnisses) heilen k&#246;nnte (VG Berlin, Urt. v. 27.9.2016, 12 K 333/15, juris Rn. 37).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Aus der Aktenlage ergibt sich &#8211; wie auch die Beklagte einr&#228;umt &#8211;, dass die Beisitzerin nicht vor der am 24. April 2017 durchgef&#252;hrten m&#252;ndlichen Pr&#252;fung durch den Pr&#252;fungsausschuss berufen wurde. Dies geschah erst nachtr&#228;glich. Ohne vorherige Bestellung nach &#167; 13 Abs. 4 APSO-INGI durfte Frau B somit nicht als Beisitzerin t&#228;tig werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Fehler auch nicht im Sinne des &#167; 46 HmbVwVfG unerheblich. Bei der Abnahme einer Pr&#252;fung hat ein Verfahrensfehler grunds&#228;tzlich nur dann die Aufhebung der Pr&#252;fungsentscheidung (und einen Anspruch auf eine neue Pr&#252;fung) zur Folge, wenn sein Einfluss auf das Pr&#252;fungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann. Dieser in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz kommt durch &#167; 46 VwVfG und die entsprechenden Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze der L&#228;nder (vgl. VG Braunschweig, Urt. v. 23.6.2015, 6 A 405/14, juris Rn. 26 zu &#167; 2 Abs. 3 Nr. 2 Nds. VwVfG) zum Ausdruck. Ein Verfahrensfehler ist z. B. dann unerheblich, wenn die Pr&#252;fungsentscheidung zwar auf dem Fehler beruht, jedoch feststeht, dass das Ergebnis der Pr&#252;fung auch ohne diesen Fehler nicht anders ausgefallen w&#228;re (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Pr&#252;fungsrecht, 7. Aufl.2018, Rn. 488 ff.; VG K&#246;ln, Urt. v. 2.5.2013, 6 K 3905/12, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Eine fehlerhafte Auswahl eines Beisitzes kann sich dann auf das Ergebnis auswirken, wenn dieser nach der Pr&#252;fungsordnung anzuh&#246;ren ist (so OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.4.2004, 4 S 14.04, juris Rn. 10) oder - auch ohne Anh&#246;rungsvorgabe - wenn der Beisitzer oder die Beisitzerin sich zur Qualit&#228;t der Leistungserbringung gegen&#252;ber dem Pr&#252;fer ge&#228;u&#223;ert hat und nicht auszuschlie&#223;en ist, dass diese Einsch&#228;tzung in die Bewertung der Pr&#252;fungsleistung eingeflossen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon &#252;berzeugt, dass Frau B entgegen der Vorschrift des &#167; 13 Abs. 4 Satz 1 und 2 APSO-INGI nicht lediglich auf die Einhaltung der formalen Vorgaben f&#252;r die Abhaltung einer m&#252;ndlichen Pr&#252;fung geachtet, sondern dass sie ihre eigene Einsch&#228;tzung in der Pr&#252;fung ge&#228;u&#223;ert hat. Diesen Eindruck hatte bereits der Kl&#228;ger, er hat sich durch die Beweisaufnahme aufgrund der Aussagen beider Zeugen best&#228;tigt. Der Zeuge Prof. Dr. A gab zwar in der m&#252;ndlichen Verhandlung an, ausschlie&#223;lich er selbst habe die Leistungen des Kl&#228;gers bewertet. Er habe Frau B jedoch nach der Pr&#252;fung gefragt, was sie f&#252;r einen Eindruck habe. Sie sei als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Lage zu beurteilen, ob Fragen zu schwer oder zu einfach seien. Insofern hat bereits der Pr&#252;fer erkl&#228;rt, dass ein Gespr&#228;ch &#252;ber den Inhalt der gestellten Fragen stattgefunden habe. Frau B selbst betonte ebenfalls zun&#228;chst, sie habe die Uhr auf ihrem Mobiltelefon im Blick gehabt, um zu &#252;berpr&#252;fen, ob die Pr&#252;fungszeit eingehalten werde. Sie erkl&#228;rte jedoch dar&#252;ber hinaus ohne Aufforderung und glaubhaft, sie habe das Mobiltelefon dabei nicht in der Hand gehabt, da sie selbst ein zweites Protokoll gef&#252;hrt habe. Sie mache sich w&#228;hrend der Pr&#252;fung auch Kreuzchen, denn hinterher gebe es eine Besprechung. Ihre Wahrnehmung gehe jedoch nicht in die Bewertung ein. Aufgrund dieser von der Zeugin geschilderten Vorgehensweise ist das Gericht davon &#252;berzeugt, dass die Zeugin B trotz ihrer Eigenschaft als blo&#223;e Beisitzerin dem Pr&#252;fer ihre eigene Leistungsbewertung mitgeteilt hat, was unzul&#228;ssig ist. F&#252;r diese gemeinsame Absprache &#252;ber die Leistungsbewertung spricht dar&#252;ber hinaus das vom Pr&#252;fer verfasste Protokoll, in dem er zu jeder Frage Kreuzchen innerhalb einer Notenskala gesetzt hat. Bis auf 2 Fragen waren diese Kreuzchen alle nachgezogen worden, so als h&#228;tte der Protokollant (hier Prof. Dr. A selbst) seine zuvor getroffene Bewertung noch einmal best&#228;tigt. Es h&#228;tte f&#252;r die Beisitzerin auch keinen Sinn gemacht, ein solches zweites Protokoll mit eigenen Bewertungen zu f&#252;hren, wenn nicht im Anschluss an die Pr&#252;fung ein entsprechender Austausch stattgefunden h&#228;tte, den die Zeugin auch einger&#228;umt hat. Ob und in welchem Umfang der Pr&#252;fer Prof. Dr. A die Bewertung der Leistungen des Kl&#228;gers allein aufgrund seiner eigenen Eindr&#252;cke oder aufgrund der gemeinsamen Bewertung vorgenommen hat, l&#228;sst sich nicht mehr aufkl&#228;ren und kann auch dahinstehen. Denn f&#252;r die Fehlerhaftigkeit eines solchen Vorgehens gen&#252;gt allein der Umstand, dass nicht auszuschlie&#223;en ist, dass die Bewertung der Beisitzerin vom Pr&#252;fer zur Kenntnis genommen wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>In Betracht kommt zwar, dass eine nachtr&#228;gliche Bestellung bei Alternativlosigkeit unsch&#228;dlich ist, d.h. immer dann, wenn der Pr&#252;fungsausschuss ohnehin nur diese eine Person h&#228;tte bestellen k&#246;nnen (vgl. dazu VG D&#252;sseldorf, Urt. v. 24.6.2016, 15 K 4465/15, juris Rn. 37, 38).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Eine solche Konstellation ist jedoch nicht gegeben. Zwar ist Frau B ausweislich der Homepage der Beklagten (https://www.haw-hamburg.de/ti-mp/institute/ti-mpiee/ansprech-partner.html, Abruf vom 21.1.2019) die einzige wissenschaftliche Mitarbeiterin im Str&#246;mungsmaschinenlabor. Da jedoch die Pr&#252;fungsordnung nicht voraussetzt, dass der wissenschaftliche Mitarbeiter bzw. die wissenschaftliche Mitarbeiterin, der bzw. die als Beisitzer/in infrage kommt, genau in diesem Bereich t&#228;tig ist, h&#228;tten mehrere andere wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts f&#252;r erneuerbare Energien und energieeffiziente Anlagen eingesetzt werden k&#246;nnen, die ebenfalls einen Abschluss als Diplom-Ingenieur/in aufweisen konnten, n&#228;mlich D, C, E, F oder G.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger war auch nicht verpflichtet, diesen Mangel unverz&#252;glich zu r&#252;gen, da der Fehler in der Sph&#228;re der Pr&#252;fungsbeh&#246;rde lag und es ihm weder m&#246;glich noch zumutbar war, aufzukl&#228;ren, was im Pr&#252;fungsraum in seiner Abwesenheit besprochen wurde (vgl. VG Berlin, Urt. v. 27.9.2016, a.a.O., juris Rn. 32).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Bereits dieser Verfahrensfehler f&#252;hrt zur Rechtswidrigkeit der Pr&#252;fung und zur Aufhebung der angegriffenen Pr&#252;fungsbescheide. Es bedarf keiner gerichtlichen Entscheidung mehr, ob weitere ger&#252;gte Fehler vorliegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>b. Der Kl&#228;ger kann eine Wiederholung der m&#252;ndlichen Pr&#252;fung beanspruchen. Dieser Anspruch ergibt sich unmittelbar aus &#167; 23 Abs. 5 Satz 1 APSO-INGI. Denn die Leistungserhebung im Pr&#252;fungsversuch vom 24. April 2017 wurde aufgrund des Verfahrensfehlers erfolgreich angegriffen, so dass die Leistung neu erbracht werden darf, wenn der Pr&#252;fling dies w&#252;nscht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>2. Auch der Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Bachelorstudiengangs vom 13. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Zwar findet sich in der APSO-INGI keine ausdr&#252;ckliche Erm&#228;chtigungsgrundlage f&#252;r den feststellenden Verwaltungsakt &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen eines Studiengangs. Die APSO-INGI nennt in &#167; 30 Abs. 1 jedoch ausdr&#252;cklich die Bestehensvoraussetzungen, indem sie formuliert: &#8222;Die Bachelor- oder Masterpr&#252;fung ist bestanden, wenn alle in den studiengangsspezifischen Pr&#252;fung und Studienordnungen vorgeschriebenen Leistungen sowie die dazu geh&#246;rende Bachelor oder Masterarbeit erfolgreich erbracht und die sonstigen in den Studiengang spezifischen Pr&#252;fungs- und Studienordnungen vorgeschriebenen Voraussetzungen erf&#252;llt sind.&#8220; Das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studiengangs kann somit festgestellt werden, wenn der Pr&#252;fling eine nach dieser Vorschrift erforderliche Pr&#252;fungsleistung auch in ihrer letzten Wiederholung nicht erfolgreich erbracht hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 21. Februar 2018 wies die Leistungs&#252;bersicht des Kl&#228;gers lediglich ein Modul auf, das der Kl&#228;ger endg&#252;ltig nicht bestanden haben soll, n&#228;mlich das bereits oben genannte Modul &#8222;Str&#246;mungslehre 1&#8220;. Zur Begr&#252;ndung des Bescheides &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studienganges hat sich die Beklagte auch ausschlie&#223;lich auf dieses Modul bezogen, das - wie bereits dargestellt - nach &#167; 5 Abs. 3 der studiengangspezifischen PO ein Pflichtmodul ist. Dieses Modul w&#228;re nur dann endg&#252;ltig nicht bestanden, wenn die Bewertung der m&#252;ndlichen Erg&#228;nzungspr&#252;fung vom 24. April 2017 nicht im vorliegenden Verfahren mit Erfolg angefochten worden w&#228;re. Da der Kl&#228;ger, wie oben unter 1. dargestellt, einen Anspruch auf Wiederholung dieser Pr&#252;fung besitzt, ist der Bescheid &#252;ber das endg&#252;ltige Nichtbestehen des Studiengangs rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>3. Ebenso erfolgreich ist die Klage gegen die Exmatrikulation im Bescheid vom 29. November 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2018. Auch dieser Verwaltungsakt ist gem&#228;&#223; &#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtswidrig und verletzt den Kl&#228;ger in seinen Rechten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Die Beklagte hat sich auf die Erm&#228;chtigungsgrundlage des &#167; 10 Abs. 2 Nr. 3 der Immatrikulationsordnung der Hochschule f&#252;r angewandte Wissenschaften Hamburg (vom 25.11.2004 mit &#196;nderungen vom 29.6.2006, vom 29.3.2007 und vom 24.1.2008 - ImmaO) gest&#252;tzt. Danach sind Studierende zu exmatrikulieren, wenn sie eine Pr&#252;fung im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes in demselben Studiengang oder in einem verwandten Studiengang nach &#167;&#167; 44, 65 HmbHG endg&#252;ltig nicht bestanden haben und den Studiengang nicht nach &#167; 10 wechseln k&#246;nnen oder wechseln. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind nicht erf&#252;llt. Wie bereits dargestellt fehlt es am endg&#252;ltigen Nichtbestehen einer Modulpr&#252;fung im Rahmen des Bachelorstudiengangs des Kl&#228;gers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>B.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167; 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 708 Nr. 11, 711 ZPO.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
180,203
bverfg-2018-12-18-1-bvr-14215
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1 BvR 142/15
2018-12-18T00:00:00
2019-02-07T14:17:51
2019-02-07T14:17:51
Beschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rs20181218.1bvr014215
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1. a) Artikel 33 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 Nummer 5 des Gesetzes &#252;ber die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz) in der Fassung der Verordnung zur Anpassung des Landesrechts an die geltende Gesch&#228;ftsverteilung vom 22. Juli 2014 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Seite 286) sowie dessen Neufassung Artikel 39 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 1 Nummer 5 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) vom 18. Mai 2018 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt, Seite 301) sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes aufgrund des Versto&#223;es gegen Artikel 71, Artikel 73 Absatz 1 Nummer 5 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit sie die Kraftfahrzeugkennzeichenerfassung zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze vorsehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Artikel 13 Absatz 1 Nummer 5 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung vom 22. Juli 2014 ist in dieser und den nachfolgenden Fassungen mit Artikel 71, Artikel 73 Absatz 1 Nummer 5 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit er die Identit&#228;tsfeststellung zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze vorsieht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>2. a) Artikel 33 Absatz 2 Satz 2 bis 5 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung vom 22. Juli 2014 sowie dessen Neufassung Artikel 39 Absatz 1 in der Fassung vom 18. Mai 2018 sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>- die Kennzeichenerfassung nach Ma&#223;gabe des Artikels 13 Absatz 1 Nummer 1 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung vom 22. Juli 2014 und den nachfolgenden Fassungen nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht beschr&#228;nken,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>- die Kennzeichenerfassung nach Ma&#223;gabe des Artikels 13 Absatz 1 Nummer 5 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung vom 22. Juli 2014 und den nachfolgenden Fassungen uneingeschr&#228;nkt f&#252;r "Durchgangsstra&#223;en ([&#8230;] andere Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r den grenz&#252;berschreitenden Verkehr)" vorsehen und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>- keine Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen vorsehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Artikel 38 Absatz 3 Satz 2 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes in der Fassung vom 22. Juli 2014 und dessen Neufassung Artikel 39 Absatz 3 Satz 2 in der Fassung vom 18. Mai 2018 sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie die Verarbeitung der Kennzeichen zu weiteren Zwecken nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse beschr&#228;nken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>3. Die unter 2. angef&#252;hrten Vorschriften bleiben in ihrer Fassung vom 18. Mai 2018 bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, l&#228;ngstens bis zum 31. Dezember 2019, nach Ma&#223;gabe der Gr&#252;nde weiter anwendbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>4. Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 - BVerwG 6 C 7.13 -, des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Dezember 2012 - 10 BV 09.2641 - und des Bayerischen Verwaltungsgerichts M&#252;nchen vom 23. September 2009 - M 7 K 08.3052 - verletzen den Beschwerdef&#252;hrer in seinem Recht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird aufgehoben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>5. Im &#220;brigen wird die Verfassungsbeschwerde zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>6. Die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern haben je zu gleichen Teilen dem Beschwerdef&#252;hrer die H&#228;lfte seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>A.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdef&#252;hrer gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die seinen gegen den Freistaat Bayern gerichteten Antrag abwiesen, automatisierte Kennzeichenkontrollen nach bayerischem Polizeirecht zu unterlassen. Mittelbar richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die diesbez&#252;glichen Rechtsgrundlagen selbst.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>1. In Bayern ist die Polizei dazu erm&#228;chtigt, im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung automatisierte Kennzeichenkontrollen durchzuf&#252;hren. Zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 wurden solche Kontrollen auf Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie auf Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes &#252;ber die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei (Polizeiaufgabengesetz - PAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. September 1990 (BayGVBl S. 397), zuletzt ge&#228;ndert durch Verordnung zur Anpassung des Landesrechts an die geltende Gesch&#228;ftsverteilung vom 22. Juli 2014 (BayGVBl S. 286) - im Folgenden: BayPAG -, gest&#252;tzt. Sie lauteten:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Art. 33</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Besondere Mittel der Datenerhebung</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) &#8230;<sup>2</sup>Dar&#252;ber hinaus kann die Polizei unbeschadet des Art. 30 Abs. 3 Satz 2 durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse in den F&#228;llen des Art. 13 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 Kennzeichen von Kraftfahrzeugen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfassen. <sup>3</sup>Zul&#228;ssig ist der Abgleich der Kennzeichen mit polizeilichen Fahndungsbest&#228;nden, die erstellt wurden</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. &#252;ber Kraftfahrzeuge oder Kennzeichen, die durch Straftaten oder sonst abhanden gekommen sind,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. &#252;ber Personen, die ausgeschrieben sind</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">a) zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder verdeckten Registrierung,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">b) aus Gr&#252;nden der Strafverfolgung, Strafvollstreckung, Auslieferung oder &#220;berstellung,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">c) zum Zweck der Durchf&#252;hrung ausl&#228;nderrechtlicher Ma&#223;nahmen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">d) wegen gegen sie veranlasster polizeilicher Ma&#223;nahmen der Gefahrenabwehr.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt"> <sup>4</sup>Ein Abgleich mit polizeilichen Dateien, die zur Abwehr von im Einzelfall oder im Hinblick auf bestimmte Ereignisse allgemein bestehenden Gefahren errichtet wurden, ist nur zul&#228;ssig, wenn dies zur Abwehr einer solchen Gefahr erforderlich ist und diese Gefahr Anlass f&#252;r die Kennzeichenerfassung war. <sup>5</sup>Die Kennzeichenerfassung darf nicht fl&#228;chendeckend eingesetzt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(3) - (7) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Art. 38</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Speicherung, Ver&#228;nderung und Nutzung von Daten</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) - (2) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(3) <sup>1</sup>Die nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 erfassten Kennzeichen sind nach Durchf&#252;hrung des Datenabgleichs unverz&#252;glich zu l&#246;schen. <sup>2</sup>Soweit ein Kennzeichen in den abgeglichenen Fahndungsbest&#228;nden oder Dateien enthalten und seine Speicherung oder Nutzung im Einzelfall zur Abwehr einer Gefahr oder f&#252;r Zwecke, zu denen die Fahndungsbest&#228;nde erstellt oder die Dateien errichtet wurden, erforderlich ist, gelten abweichend hiervon Abs. 1 und 2 sowie die Vorschriften der Strafprozessordnung. <sup>3</sup>Au&#223;er in den F&#228;llen des Art. 33 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a d&#252;rfen Einzelerfassungen nicht zu einem Bewegungsbild verbunden werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(4) - (5) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG verwies als Voraussetzung f&#252;r die Zul&#228;ssigkeit von Ma&#223;nahmen der Kennzeichenkontrolle auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lautete:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Art. 13</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Identit&#228;tsfeststellung und Pr&#252;fung von Berechtigungsscheinen</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) Die Polizei kann die Identit&#228;t einer Person feststellen</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. zur Abwehr einer Gefahr,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. wenn die Person sich an einem Ort aufh&#228;lt,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">a) von dem auf Grund tats&#228;chlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass dort</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">aa) Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder ver&#252;ben,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">bb) sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen, oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">cc) sich Straft&#228;ter verbergen, oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">b) an dem Personen der Prostitution nachgehen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. wenn sie sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem &#246;ffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgeb&#228;ude oder einem anderen besonders gef&#228;hrdeten Objekt oder in unmittelbarer N&#228;he hiervon aufh&#228;lt und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gef&#228;hrdet sind,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. an einer Kontrollstelle, die von der Polizei eingerichtet worden ist, um Straftaten im Sinn von &#167; 100a der Strafprozessordnung (StPO) oder Art. 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 2 Nr. 5 oder Ordnungswidrigkeiten im Sinn von Art. 21 Abs. 1 Nrn. 8 und 9 des Bayerischen Versammlungsgesetzes (BayVersG) zu verhindern,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">5. im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km sowie auf Durchgangsstra&#223;en (Bundesautobahnen, Europastra&#223;en und andere Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r den grenz&#252;berschreitenden Verkehr) und in &#246;ffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze oder des unerlaubten Aufenthalts und zur Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">6. &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) - (3) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG wurde durch eine sp&#228;tere Gesetzes&#228;nderung redaktionell einer &#196;nderung des bayerischen Versammlungsrechts angepasst (Gesetz zur &#196;nderung des Bayerischen Versammlungsgesetzes und des Polizeiaufgabengesetzes vom 23. November 2015, BayGVBl S. 410). Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 BayPAG wurde durch das Bayerische Integrationsgesetz (BayIntG) vom 13. Dezember 2016 (BayGVBl S. 335) und Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 durch das Gesetz zur effektiveren &#220;berwachung gef&#228;hrlicher Personen vom 24. Juli 2017 (BayGVBl S. 388) erweitert. Diese &#196;nderungen sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG und Art. 38 Abs. 3 BayPAG wurden durch das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) vom 18. Mai 2018 (BayGVBl S. 301) in einem neuen Art. 39 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 bis 3 BayPAG n.F. bei geringf&#252;gigen redaktionellen &#196;nderungen im Wesentlichen wortlautidentisch zusammengef&#252;hrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>2. Nach den fachgerichtlichen Feststellungen zur praktischen Durchf&#252;hrung der Kennzeichenkontrolle setzt die bayerische Polizei sowohl fest installierte als auch mobile Kennzeichenleseger&#228;te zur automatisierten Kennzeichenkontrolle ein. Die Ger&#228;te erfassen das an vorbeifahrenden Fahrzeugen angebrachte Kraftfahrzeugkennzeichen als Bild. Dieses wird mit einem speziellen Programm in einen Datensatz, bestehend aus den Buchstaben und Ziffern des Kennzeichens, umgewandelt. Der Datensatz wird an einen in der Regel am Fahrbahnrand untergebrachten Computer weitergeleitet. Dort wird der Datensatz mit anderen Daten-s&#228;tzen abgeglichen, die anderweitig begr&#252;ndeten Fahndungsbest&#228;nden entnommen sind. Der Abgleich beruht auf einer f&#252;r den Einzelfall zweckbezogenen Auswahl der Fahndungsbest&#228;nde. Die daf&#252;r herangezogenen Datens&#228;tze werden dabei jeweils bezogen auf die in Frage stehende Kennzeichenkontrolle in einer eigenen Abgleichdatei zusammengef&#252;hrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Das im Kennzeichenleseger&#228;t gespeicherte Bild des Kraftfahrzeugkennzeichens wird nach dem Datenbankabgleich unverz&#252;glich gel&#246;scht. Vom Computer, der zum Datenbankabgleich genutzt wird, wird der Datensatz ebenfalls automatisch und unverz&#252;glich gel&#246;scht, wenn der Datenbankabgleich keinen Treffer ergibt (Nichttrefferfall). Sofern das Programm hingegen einen Treffer meldet, wird das aufgenommene Bild tempor&#228;r in einer Datenbank auf dem Computer gespeichert und entweder an die Einsatzzentrale &#252;bermittelt oder auf dem Computer direkt angezeigt. Polizeibeamte &#252;berpr&#252;fen visuell, ob das aufgenommene Bild des Kraftfahrzeugkennzeichens und das im Fahndungsbestand gespeicherte Kraftfahrzeugkennzeichen &#252;bereinstimmen. Best&#228;tigt die visuelle &#220;berpr&#252;fung die vom Computer gemeldete &#220;bereinstimmung nicht (unechter Trefferfall), gibt ein Polizeibeamter durch Bet&#228;tigen der Taste "Entfernen" den Befehl, den gesamten Vorgang zu l&#246;schen. Sofern die &#220;berpr&#252;fung einen Treffer best&#228;tigt (Trefferfall), werden diese Daten gespeichert und gegebenenfalls weitere polizeiliche Ma&#223;nahmen in die Wege geleitet. Weder Fahrzeugf&#252;hrer noch Fahrzeughalter werden &#252;ber die automatisierte Kennzeichenkontrolle informiert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach den vom Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen betrieb der Freistaat Bayern zum Zeitpunkt der Entscheidung insgesamt 25 automatisierte Kennzeichenerkennungssysteme, davon 22 station&#228;re Systeme, die insgesamt 30 Fahrspuren abdeckten, und drei mobile Systeme. Die station&#228;ren Systeme seien auf zw&#246;lf Standorte verteilt und bef&#228;nden sich insbesondere an Bundesautobahnen. Die mobilen Systeme w&#252;rden anlassbezogen eingesetzt, beispielsweise bei internationalen Fu&#223;ballturnieren oder &#228;hnlichen Gro&#223;ereignissen. Der jeweilige Standort werde gem&#228;&#223; j&#228;hrlich aktualisierter Lageerkenntnisse durch das Landeskriminalamt bestimmt. Die Lagebeurteilung werde im Innenministerium dokumentiert und der Landesbeauftragte f&#252;r Datenschutz j&#228;hrlich hier&#252;ber informiert. Im Zeitraum Juni bis September 2011 seien monatlich etwa acht Millionen Kennzeichen erfasst worden, von denen 40.000 bis 50.000 Treffermeldungen (Trefferf&#228;lle und unechte Trefferf&#228;lle) und 500 bis 600 Trefferf&#228;lle gewesen seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Vorwiegender Einsatzzweck der automatisierten Kennzeichenkontrolle ist nach Angaben der Bayerischen Staatsregierung zu diesem Verfahren die Schleierfahndung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG. F&#252;r einen der anderen in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BayPAG genannten Zwecke sei die Kennzeichenkontrolle nur vereinzelt eigenst&#228;ndig zum Einsatz gekommen. Allerdings werde die Kennzeichenkontrolle zumeist doppelfunktional f&#252;r die Zwecke des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG und f&#252;r den situationsbedingt hinzutretenden jeweils einschl&#228;gigen anderen Zweck des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 BayPAG eingesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Hinsichtlich der Einrichtung von polizeilichen Kontrollstellen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG hat die Bayerische Staatsregierung mitgeteilt, dass solche Kontrollstellen im Zeitraum zwischen 2012 und 2016 in insgesamt 28 F&#228;llen von der bayerischen Polizei eingerichtet worden seien, wobei die weit &#252;berwiegende Mehrzahl der Verh&#252;tung versammlungsrechtlicher Straftaten gedient habe. In diesen F&#228;llen seien bisher noch keine Kennzeichenleseger&#228;te zum Einsatz gekommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>1. Der Beschwerdef&#252;hrer, der seinen Hauptwohnsitz in Bayern und einen weiteren Wohnsitz in &#214;sterreich hat, ist Halter eines auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeugs, mit dem er regelm&#228;&#223;ig zwischen seinen Wohnsitzen pendelt und auf Bundesautobahnen in Bayern unterwegs ist. Er nimmt ferner an Demonstrationen teil. Im Jahr 2008 beantragte der Beschwerdef&#252;hrer beim Verwaltungsgericht, den Freistaat Bayern zu verurteilen, es zu unterlassen, durch den verdeckten Einsatz automatisierter Kennzeichenerkennungssysteme Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die auf den Beschwerdef&#252;hrer zugelassen sind, zu erfassen und mit polizeilichen Dateien abzugleichen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>2. a) Das Verwaltungsgericht hielt die Klage f&#252;r zul&#228;ssig, aber unbegr&#252;ndet. Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassene Berufung wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur&#252;ck.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Die Klage sei als allgemeine Unterlassungsklage zul&#228;ssig. Der Beschwerdef&#252;hrer sei aufgrund seiner zahlreichen Fahrten auf Autobahnen in Bayern mit gro&#223;er Wahrscheinlichkeit bereits mehrfach von einer Kennzeichenerfassung mit anschlie&#223;endem Abgleich betroffen gewesen. Sein Begehren sei darauf gerichtet, gleichartige k&#252;nftige Ma&#223;nahmen abzuwehren. Die erforderliche Wiederholungsgefahr liege vor, da der Beschwerdef&#252;hrer h&#228;ufig auf Autobahnen in Bayern unterwegs sei. Zudem erfolge die Ma&#223;nahme heimlich, so dass er ihr nicht ausweichen k&#246;nne.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Die Klage sei aber unbegr&#252;ndet. Kennzeichenerfassung und -abgleich griffen zwar in den Schutzbereich des Grundrechts des Beschwerdef&#252;hrers auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieser Eingriff beruhe jedoch auf einer verfassungsgem&#228;&#223;en gesetzlichen Grundlage. Bei Heranziehung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Abgrenzungsma&#223;st&#228;be fehle es beim sogenannten Nichttreffer schon an einem Grundrechtseingriff (Verweis auf BVerfGE 120, 378 &lt;399&gt;). Es sei n&#228;mlich rechtlich und technisch sichergestellt, dass bei negativem Ergebnis eines unverz&#252;glich nach der Erfassung vorgenommenen Abgleichs die erfassten Kennzeichen anonym blieben und sofort spurenlos und ohne die M&#246;glichkeit, einen Bezug zum Fahrer, Beifahrer oder Halter des Fahrzeugs herzustellen, gel&#246;scht w&#252;rden. Zu einem Grundrechtseingriff komme es hingegen, wenn ein erfasstes Kennzeichen gespeichert werde und Grundlage weiterer Ma&#223;nahmen werden k&#246;nne. Das sei nicht nur beim echten Treffer der Fall, sondern bereits beim sogenannten unechten Treffer, wenn sich nur infolge einer fehlerhaften Kennzeichenerfassung beim Abgleich mit dem Fahndungsbestand eine &#220;bereinstimmung ergebe. Der Grundrechtseingriff liege nicht in der Speicherung des Kennzeichens, sondern darin, dass der bearbeitende Polizeibeamte das Kennzeichen ablesen k&#246;nne, da hierdurch die Anonymit&#228;t des ansonsten vollst&#228;ndig automatisierten Vorgangs aufgehoben werde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Dieser Grundrechtseingriff finde in Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 BayPAG (in der zum Entscheidungszeitpunkt ma&#223;geblichen Fassung) eine verfassungsgem&#228;&#223;e gesetzliche Grundlage. Diese Normen seien formell und materiell verfassungskonform. Der Landesgesetzgeber sei f&#252;r deren Verabschiedung zust&#228;ndig, denn Zweck der automatisierten Kennzeichenerfassung sei die pr&#228;ventive polizeiliche T&#228;tigkeit der Gefahrenabwehr, die auch die Gefahrenvorsorge umfasse. Auch wenn der praktische Einsatz Ergebnisse bringe, die auch der Strafverfolgung zugutekommen k&#246;nnten, etwa wenn sie zur Festnahme eines gesuchten Straft&#228;ters beitr&#252;gen, sei die Ma&#223;nahme im Kern pr&#228;ventiv zweckbestimmt und eben nicht der Strafverfolgung zuzuordnen. Kompetenzrechtliche Zweifel best&#252;nden, soweit Art. 38 Abs. 3 Satz 2BayPAG bestimme, dass ein Kennzeichen, das in den abgeglichenen Fahndungsbest&#228;nden und Dateien enthalten ist, auch f&#252;r Zwecke gespeichert oder genutzt werden k&#246;nne, zu denen die Fahndungsbest&#228;nde erstellt oder die Dateien errichtet worden seien, und damit auch f&#252;r Zwecke der Strafverfolgung. Darauf komme es jedoch nicht an. Entweder richte sich die Klage des Beschwerdef&#252;hrers lediglich gegen die Erfassung und den Datenabgleich, nicht aber gegen die auf einer anderen, zweiten Ebene erfolgende Speicherung oder Nutzung der Daten. Oder eine eventuelle Teilnichtigkeit des Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG im Hinblick auf den Strafverfolgungszweck lie&#223;e Ma&#223;nahmen zum Zwecke der Gefahrenabwehr weiterhin zu.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>In materieller Hinsicht gen&#252;ge das Gesetz den Bestimmtheitsanforderungen ebenso wie dem Gebot der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit. Mit dem Ziel der Abwehr von Gefahren verfolgten die Regelungen insbesondere einen legitimen Zweck. Die Eignung der Kennzeichenkontrolle scheitere nicht an der gro&#223;en Streubreite der Kennzeichenerfassung, da es ausreiche, wenn die Ma&#223;nahme nur teilweise Erfolg habe. Nach der nicht zu beanstandenden Einsch&#228;tzung des Gesetzgebers sei die Einf&#252;hrung der Kennzeichenerfassung aufgrund aktueller Entwicklungen im Bereich der organisierten Kriminalit&#228;t und des internationalen Terrorismus sowie zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit erforderlich gewesen. Denn der Einsatz von Streifenpolizisten oder die Kontrolle einzelner Kraftfahrzeuge in Form von Stichproben an herk&#246;mmlichen Kontrollstellen erreiche nicht die gleiche Effizienz wie die automatisierte Kennzeichenerfassung. Es sei auch erforderlich, die Kennzeichenerfassung verdeckt vorzunehmen, da die betreffenden Personen ansonsten andere Routen w&#228;hlten. Die Vorschriften zur automatisierten Kennzeichenerfassung w&#252;rden bei verfassungskonformer Auslegung trotz Bedenken beziehungsweise Zweifeln hinsichtlich einzelner Gesichtspunkte den Anforderungen der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit im engeren Sinne noch gerecht. Denn bei einer umfassenden Gegen&#252;berstellung der Grundrechtsbeeintr&#228;chtigung durch die Erfassung und den Datenabgleich von Kraftfahrzeugkennzeichen und dem damit verfolgten gesetzlichen Ziel der Gefahrenpr&#228;vention &#252;berwiege das &#246;ffentliche Schutzinteresse die grundrechtlich gesch&#252;tzten privaten Belange der betroffenen B&#252;rger.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>b) Das Bundesverwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Revision des Beschwerdef&#252;hrers zur&#252;ck. Der Kl&#228;ger k&#246;nne sein Begehren in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage zwar zul&#228;ssig geltend machen, die Klage sei jedoch unbegr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Die erhobene Unterlassungsklage setze voraus, dass dem Beschwerdef&#252;hrer durch die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften &#252;ber die automatisierte Kennzeichenerfassung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Eingriff in sein grundrechtlich gesch&#252;tztes Recht auf informationelle Selbstbestimmung drohe. Das sei nicht der Fall. Ausgehend von den durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten Ma&#223;st&#228;ben sei f&#252;r den Fall des Nichttreffers die Eingriffsqualit&#228;t von Erfassung und Abgleich eines Kraftfahrzeugkennzeichens zu verneinen (Verweis auf BVerfGE 120, 378 &lt;399&gt;). Erfassung und Abgleich vollz&#246;gen sich in dieser Konstellation ohne zeitlichen Verzug in vollst&#228;ndig automatisierter Weise. Es sei ferner gesichert, dass die Daten einer menschlichen Kenntnisnahme unzug&#228;nglich blieben. Auch der unechte Treffer sei kein Eingriff. Zwar werde das erfasste Kennzeichen in dieser Konstellation durch den Polizeibeamten, der mit dem visuellen Abgleich betraut sei, zur Kenntnis genommen. Der Polizeibeamte beschr&#228;nke sich jedoch auf die Vornahme dieses Abgleichs und l&#246;sche den Vorgang umgehend, wenn der Abgleich negativ ausfalle. In diesem Stadium sei das beh&#246;rdliche Interesse an den betroffenen Daten nicht bereits derart verdichtet, dass der Inhaber des Kraftfahrzeugkennzeichens in einer Qualit&#228;t betroffen sei, die einen Grundrechtseingriff bewirke. Das beh&#246;rdliche Interesse sei hier nur ein systembezogenes Korrekturinteresse. Mithilfe des visuellen Abgleichs solle lediglich ausgeschlossen werden, dass aufgrund des unvollkommenen Lesemodus des Systems polizeiliche Ma&#223;nahmen zu Kennzeichen eingeleitet w&#252;rden, die zwar im Fahndungsbestand notiert seien, tats&#228;chlich aber die Erfassungsstelle gar nicht passiert h&#228;tten. Es werde lediglich der unvollkommene Lesemodus des Systems korrigiert. Der Inhaber des tats&#228;chlich erfassten Kennzeichens habe insoweit nicht mehr hinzunehmen als eine lediglich kurzzeitige Wahrnehmung der Buchstaben-Zahlen-Kombination durch den Polizeibeamten, der seinerseits nicht &#252;ber die Befugnis verf&#252;ge und auch der Sache nach keinen Anlass habe, eine Abfrage aus dem Fahrzeugregister vorzunehmen. Die Anonymit&#228;t des Inhabers bleibe in diesen F&#228;llen gewahrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>In einem echten Trefferfall werde hingegen die Eingriffsschwelle &#252;berschritten. Habe der abgleichende Polizeibeamte die vom System gegebene Treffermeldung verifiziert, verdichte sich das beh&#246;rdliche Interesse an den Daten. Durch die vorgesehene manuelle Abfrage aus der Fahndungsdatei werde die Identit&#228;t des Kennzeicheninhabers offenbart. Durch die weiter vorgesehene Speicherung des Vorgangs w&#252;rden die gewonnenen Daten &#252;ber Zeitpunkt und Ort der Erfassung f&#252;r den Staat verf&#252;gbar gemacht. Dieser sei hierdurch in die Lage versetzt, weitere Ma&#223;nahmen gegen den Betroffenen einleiten zu k&#246;nnen. Betroffene seien hierdurch in einer einen Grundrechtseingriff ausl&#246;senden Qualit&#228;t ber&#252;hrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Im vorliegenden Fall k&#246;nne es hinsichtlich der Person des Beschwerdef&#252;hrers jedoch nach dem damaligen Sachstand nicht zu einem echten Treffer kommen, da nach den vorinstanzlichen Feststellungen sein Kraftfahrzeugkennzeichen nicht im Fahndungsbestand gespeichert sei. Die blo&#223;e Eventualit&#228;t einer k&#252;nftigen Speicherung m&#252;sse au&#223;er Betracht bleiben. Der &#246;ffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch biete keine Handhabe, um beh&#246;rdliches Handeln abzuwehren, dem nur bei k&#252;nftigem Hinzutreten au&#223;ergew&#246;hnlicher Umst&#228;nde Eingriffsqualit&#228;t gegen&#252;ber dem Beschwerdef&#252;hrer zukomme.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Mit seiner Verfassungsbeschwerde r&#252;gt der Beschwerdef&#252;hrer eine Verletzung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof h&#228;tten den Umfang des Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verkannt, da sie bei Nichttrefferf&#228;llen keinen Grundrechtseingriff angenommen h&#228;tten. Das Bundesverwaltungsgericht habe den Umfang des Schutzbereichs sogar f&#252;r unechte Treffer verkannt. Es seien nicht nur die tats&#228;chlich drohenden Nachteile zu ber&#252;cksichtigen, sondern auch der Umstand, dass Betroffene der Kennzeichenkontrolle damit rechnen m&#252;ssten, dass ihr Fahrverhalten aufgezeichnet und nachvollzogen werden k&#246;nne. Das k&#246;nne dazu f&#252;hren, dass sie ihr Bewegungsverhalten anpassten. Es sei nicht erkennbar, was mit den erfassten Daten geschehe. Bei der automatisierten Kennzeichenkontrolle w&#252;rden personenbezogene Daten nicht nur ungezielt und allein technikbedingt miterfasst, sondern es sei gerade das Ziel, die Kennzeichen f&#252;r die staatliche Datenverarbeitung verf&#252;gbar zu machen. Die L&#246;schung erfolge nicht unmittelbar nach der Erfassung, sondern erst nach dem Abgleich mit dem Fahndungsbestand. Es bleibe zudem auch nach der L&#246;schung die Information erhalten, dass die abgeglichenen Kennzeichen am Ort der Kennzeichenerfassung nicht festgestellt worden seien, wodurch beispielsweise bestimmte Fluchtrouten ausgeschlossen werden k&#246;nnten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>Die von den Fachgerichten als Rechtsgrundlage f&#252;r die Kennzeichenkontrolle herangezogenen Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie Art. 38 Abs. 3 BayPAG seien formell verfassungswidrig. Es seien Regelungen in einem Bereich, in dem der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG abschlie&#223;end Gebrauch gemacht habe. Die Ma&#223;nahmen dienten zum Teil repressiven Zwecken. Zentraler Zweck der Kennzeichenkontrolle sei das Auffinden von Kraftfahrzeugen oder Kennzeichen, die durch eine Straftat abhandengekommen sind, was dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und damit der Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Es liege ferner ein Versto&#223; gegen die Gebote der Bestimmtheit und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit vor. Die Normen regelten den Zweck der Kennzeichenkontrolle nicht bereichsspezifisch und pr&#228;zise. Es bestehe zudem die Gefahr einer laufenden und nicht vorhersehbaren Ausweitung der zum Abgleich herangezogenen Datenbest&#228;nde, da diese nicht aufgef&#252;hrt w&#252;rden. Auch der weitere Umgang mit den erhobenen Daten in Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG sei nicht bereichsspezifisch und pr&#228;zise geregelt. Die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der automatisierten Kennzeichenkontrolle folge aus der hohen Eingriffsintensit&#228;t, denn sie betreffe eine Vielzahl von Personen, ohne dass ein konkreter Verdacht gegen diese vorliege, lasse R&#252;ckschl&#252;sse auf das Bewegungsverhalten zu und gef&#228;hrde die Wahrnehmung weiterer Grundrechte wie der Versammlungsfreiheit, w&#228;hrend zugleich nur wenige Treffer festgestellt w&#252;rden, die sich zudem vorwiegend im Bereich der Kraftfahrzeugdiebst&#228;hle bef&#228;nden, die der Alltagskriminalit&#228;t zuzuordnen seien und keinen Totalabgleich aller Verkehrsteilnehmer rechtfertigen k&#246;nnten. Die Kennzeichenkontrolle sei ein Pr&#228;zedenzfall f&#252;r einen automatisierten Massenabgleich der Bev&#246;lkerung mit Fahndungsdatenbanken. Es bestehe auch ein erhebliches Missbrauchspotential hinsichtlich der erhobenen Daten. Die Voraussetzungen f&#252;r die Kennzeichenkontrolle w&#252;rden diese Umst&#228;nde nicht ber&#252;cksichtigen, da sie auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Identit&#228;tsfeststellung verwiesen, deren Eingriffsgewicht geringer sei, da massenhafte Identit&#228;tskontrollen - anders als bei der Kennzeichenkontrolle - nicht vorgesehen seien. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG enthalte keine tatbestandlichen Voraussetzungen, welche die Weite des Art. 13 BayPAG im Hinblick auf die Kennzeichenkontrolle ausreichend einschr&#228;nkten. Unabh&#228;ngig davon best&#252;nden bereits Zweifel an der Verfassungsm&#228;&#223;igkeit des Art. 13 BayPAG. Mittels der automatisierten Kennzeichenkontrolle w&#252;rden Verkehrsteilnehmer generell und anlassunabh&#228;ngig &#252;berpr&#252;ft. Die Kennzeichenkontrolle nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG sei nicht auf erhebliche Gefahren f&#252;r wichtige Rechtsg&#252;ter beschr&#228;nkt. In den F&#228;llen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BayPAG k&#246;nne den an den genannten Orten auftretenden Gefahren nicht mittels der Kennzeichenkontrolle begegnet werden, da im Fahndungsbestand im Wesentlichen nur gestohlene und unversicherte Kraftfahrzeuge enthalten seien. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG &#252;berwiege die Gew&#228;hrleistung der Versammlungsfreiheit das Interesse an der Verhinderung von Straftaten, die lediglich mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bedroht seien. Im Fall der Schleierfahndung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG folge die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit unter anderem daraus, dass Kennzeichenkontrollen an Durchgangsstra&#223;en und Verkehrseinrichtungen im gesamten Land zugelassen seien. Die angegriffenen Normen beschr&#228;nkten zudem den zum Abgleich herangezogenen Datenbestand nicht auf die zur Erreichung des Zwecks der jeweiligen Kontrolle erforderlichen Daten. Des Weiteren binde Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG die Verwendung der erhobenen Daten nicht klar an den Zweck, zu dem sie erhoben wurden. Ein Versto&#223; gegen Art. 19 Abs. 4 GG liege zudem darin, dass die automatisierte Kennzeichenkontrolle verdeckt erfolge und die Betroffenen hier&#252;ber nicht informiert w&#252;rden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>IV.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>Zu der Verfassungsbeschwerde hat die Bayerische Staatsregierung Stellung genommen. Sie ist der Auffassung, dass die F&#228;lle der Nichttreffer und der unechten Treffer schon keine Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG darstellten. Dies habe das Bundesverfassungsgericht bereits grunds&#228;tzlich im Hinblick auf Nichttreffer und das Bundesverwaltungsgericht f&#252;r die angegriffenen Normen im Hinblick auf Nichttreffer und unechte Treffer entschieden. Insbesondere der vollautomatische Abgleichvorgang und die sofortige L&#246;schung der Daten, wenn kein Trefferfall vorliege, schl&#246;ssen danach einen Grundrechtseingriff aus. In F&#228;llen der unechten Treffer sei mangels einer Halterabfrage die Anonymit&#228;t des Kraftfahrzeugf&#252;hrers noch nicht aufgehoben. Da nur bei echten Trefferf&#228;llen ein Grundrechtseingriff anzunehmen sei, erweise sich die Ma&#223;nahme in ihren grundrechtlichen Wirkungen als in hohem Ma&#223;e treffgenau, so dass ihre Streubreite eng sei. Der Eingriff bei echten Trefferf&#228;llen sei von geringer Intensit&#228;t, da er unter anderem mit dem Kraftfahrzeugkennzeichen ein personenbezogenes Datum betreffe, das f&#252;r jedermann wahrnehmbar und von geringer Pers&#246;nlichkeitsrelevanz sei. Zudem erfolge ein Grundrechtseingriff nur, wenn aufgrund der Speicherung des Kennzeichens in den Fahndungsbest&#228;nden ein Anlass f&#252;r eine &#220;berpr&#252;fung bestehe. F&#252;r die echten Trefferf&#228;lle liege mit Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 BayPAG eine formell und materiell verfassungskonforme Rechtsgrundlage vor.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>Die Kennzeichenkontrolle verfolge mit der Gefahrenabwehr und der Straftatenverh&#252;tung in den angegriffenen Normen eindeutig als pr&#228;ventiv ausgestaltete Zwecke. Der Verfolgungsvorsorge w&#252;rde keinerlei eingriffslegitimierende Wirkung beigemessen. Dass die zum Abgleich herangezogenen Fahndungsbest&#228;nde auch Ausschreibungen zu repressiven Zwecken enthielten, nehme der Kennzeichenkontrolle nicht die pr&#228;ventive Zweckrichtung, da Ausschreibungen h&#228;ufig sowohl repressiven wie pr&#228;ventiven Zwecken dienten. Der Ausschreibungsgrund bestimme jedoch nicht den Zugriffszweck. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien ausreichend bestimmt, insbesondere durch den Verweis auf die Voraussetzungen in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG. Aufgrund der Konkretisierung des Begriffs des Fahndungsbestands mittels der Auflistung der Ausschreibungsgr&#252;nde in Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG sei auch der zum Abgleich er&#246;ffnete Datenbestand hinreichend konkretisiert. Gleiches gelte f&#252;r die Verwendungsregelungen in Art. 38 Abs. 3 BayPAG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>Die Regelungen seien insgesamt verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Sie dienten dem pr&#228;ventiven Schutz der &#246;ffentlichen Sicherheit und Ordnung, was in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG n&#228;her ausdifferenziert und spezifiziert werde. Hierzu sei die Kennzeichenkontrolle geeignet und erforderlich. Sie sei auch angemessen. Der Grundrechtseingriff in Trefferf&#228;llen erfolge treffgenau und sei nur von geringer Intensit&#228;t, wohingegen den verfolgten Zwecken ein hohes verfassungsrechtliches Gewicht zukomme. Auf allen Ebenen der Datenverarbeitung (Kennzeichenerfassung, Kennzeichenabgleich, Verwendung in Trefferf&#228;llen) enthielten die angegriffenen Regelungen dem Zweck der Ma&#223;nahme angepasste Begrenzungen. Die Bindung der Kennzeichenerfassung an die Voraussetzungen der Identit&#228;tsfeststellung in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG sei sachgerecht, da die Kennzeichenkontrolle ein Hilfsmittel zur Ermittlung der Identit&#228;t sei. Ferner finde eine Begrenzung durch das Erfordernis entsprechender Lageerkenntnisse und das allgemeine Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsprinzip aus Art. 4 BayPAG statt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>Die zum Abgleich herangezogenen Datenbest&#228;nde w&#252;rden, soweit dies technisch m&#246;glich sei, auf den jeweiligen Einsatzzweck zugeschnitten aus den Fahndungsbest&#228;nden erstellt und in einer separaten, f&#252;r den Einsatzzweck erstellten Abgleichdatei gespeichert. Art. 38 Abs. 3 BayPAG regele in abgestufter Weise die Verwendung in Nichtreffer-, unechten Treffer- und Trefferf&#228;llen. In Trefferf&#228;llen erfolge eine Verwendung der Daten nur nach einer Erforderlichkeitspr&#252;fung. Zur Erstellung von Bewegungsbildern d&#252;rften die Daten nur in speziell geregelten F&#228;llen verwendet werden. Eine nachtr&#228;gliche Benachrichtigung der von einer Kennzeichenkontrolle Betroffenen sei bei Nichttreffern und unechten Treffern mangels eines Grundrechtseingriffs nicht erforderlich und w&#252;rde aufgrund der zwingend vorzunehmenden Datenspeicherung f&#252;r die Benachrichtigung erst - kontraproduktiv - zu einem Grundrechtseingriff f&#252;hren. In Trefferf&#228;llen w&#252;rden Betroffene zumeist durch sich anschlie&#223;ende polizeiliche Ma&#223;nahmen informiert. Zudem bestehe der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 48 BayPAG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>B.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde ist zul&#228;ssig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdef&#252;hrer zul&#228;ssigerweise gegen die klageabweisenden Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, letztinstanzlich des Bundesverwaltungsgerichts, mit denen sein Unterlassungsbegehren gegen&#252;ber ihn m&#246;glicherweise erfassenden Kennzeichenkontrollen abgewiesen wurde. Mittelbar wendet er sich dabei gegen Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 sowie gegen Art. 38 Abs. 3 BayPAG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>Der Beschwerdef&#252;hrer ist beschwerdebefugt. Er macht geltend, durch automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen, denen er als Verkehrsteilnehmer in Bayern ausgesetzt sei, und durch die ihm hiergegen Rechtsschutz verweigernden Entscheidungen der Verwaltungsgerichte in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt zu sein. Die Frage, ob eine Kennzeichenkontrolle gegen&#252;ber dem Beschwerdef&#252;hrer tats&#228;chlich einen Grundrechtseingriff begr&#252;ndet, ist wesentlicher Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und wurde von den Fachgerichten nicht einheitlich beurteilt. Insoweit ist eine Grundrechtsverletzung jedenfalls m&#246;glich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>F&#252;r die Verfassungsbeschwerde ist durch die &#196;nderung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes zum 25. Mai 2018 nicht das Rechtsschutzbed&#252;rfnis entfallen. Durch diese &#196;nderung wurde der Regelungsgehalt der angegriffenen Vorschriften nicht ver&#228;ndert. Die Vorschriften wurden lediglich zusammengef&#252;hrt, an eine andere Stelle des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes verschoben und redaktionell geringf&#252;gig neu gefasst. Da der Beschwerdef&#252;hrer auch hinsichtlich der nunmehr geltenden Gesetzeslage nicht mit einem Erfolg seines Begehrens im fachgerichtlichen Verfahren rechnen kann, ist sein Rechtsschutzbed&#252;rfnis nicht entfallen (vgl. BVerfGE 56, 363 &lt;379&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Vorschriften in ihrer alten Fassung, die Grundlage und Pr&#252;fungsgegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2014 waren. Soweit die Befugnisse zur Kennzeichenkontrolle im Rahmen der genannten Gesetzes&#228;nderung - wie durch Gesetzes&#228;nderungen des Art. 13 Abs. 1 BayPAG zuvor - erweitert wurden, sind diese &#196;nderungen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die im Folgenden zugrunde gelegte und zitierte Fassung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes bezieht sich dementsprechend auf dessen Stand zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>C.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise begr&#252;ndet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdef&#252;hrer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Die von ihm mittelbar angegriffenen Vorschriften greifen in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein und gen&#252;gen den verfassungsrechtlichen Anforderungen zum Teil nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_35">35</a> </dt> <dd> <p>In der Durchf&#252;hrung einer Kennzeichenkontrolle zur gezielten Suche nach bestimmten Personen oder Sachen liegt gegen&#252;ber dem Beschwerdef&#252;hrer ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_36">36</a> </dt> <dd> <p>1. Die Durchf&#252;hrung einer Kennzeichenkontrolle ber&#252;hrt den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_37">37</a> </dt> <dd> <p>a) Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung tr&#228;gt Gef&#228;hrdungen und Verletzungen der Pers&#246;nlichkeit Rechnung, die sich f&#252;r den einzelnen, insbesondere unter den Bedingungen moderner Datenverarbeitung, aus informationsbezogenen Ma&#223;nahmen ergeben. Dieses Recht flankiert und erweitert den grundrechtlichen Schutz von Verhaltensfreiheit und Privatheit; es l&#228;sst ihn schon auf der Stufe der Gef&#228;hrdung des Pers&#246;nlichkeitsrechts beginnen. Eine derartige Gef&#228;hrdungslage kann bereits im Vorfeld konkreter Bedrohungen von Rechtsg&#252;tern entstehen. Mittels elektronischer Datenverarbeitung sind Einzelangaben &#252;ber pers&#246;nliche oder sachliche Verh&#228;ltnisse einer Person unbegrenzt speicherbar und jederzeit und ohne R&#252;cksicht auf Entfernungen in Sekundenschnelle abrufbar. Sie k&#246;nnen dar&#252;ber hinaus mit anderen Datensammlungen zusammengef&#252;gt werden, wodurch vielf&#228;ltige Nutzungs- und Verkn&#252;pfungsm&#246;glichkeiten entstehen. Dadurch k&#246;nnen weitere Informationen erzeugt und so Schl&#252;sse gezogen werden, die sowohl die grundrechtlich gesch&#252;tzten Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen beeintr&#228;chtigen als auch anschlie&#223;ende Eingriffe in seine Verhaltensfreiheit nach sich ziehen k&#246;nnen. Eine weitere Besonderheit des Eingriffspotentials von Ma&#223;nahmen der elektronischen Datenverarbeitung liegt in der Menge der verarbeitbaren Daten, die auf konventionellem Wege gar nicht bew&#228;ltigt werden k&#246;nnte. Der mit solchen technischen M&#246;glichkeiten einhergehenden gesteigerten Gef&#228;hrdungslage entspricht der hierauf bezogene Grundrechtsschutz (BVerfGE 120, 378 &lt;397 f.&gt; m.w.N.; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_38">38</a> </dt> <dd> <p>Der Schutzumfang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beschr&#228;nkt sich nicht auf Informationen, die bereits ihrer Art nach sensibel sind und schon deshalb grundrechtlich gesch&#252;tzt werden. Auch der Umgang mit personenbezogenen Daten, die f&#252;r sich genommen nur geringen Informationsgehalt haben, kann, je nach seinem Ziel und den bestehenden Verarbeitungs- und Verkn&#252;pfungsm&#246;glichkeiten, grundrechtserhebliche Auswirkungen auf die Privatheit und Verhaltensfreiheit des Betroffenen haben. Insofern gibt es unter den Bedingungen der elektronischen Datenverarbeitung kein schlechthin, also ungeachtet des Verwendungskontextes, belangloses personenbezogenes Datum mehr (BVerfGE 120, 378 &lt;398 f.&gt; m.w.N.; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_39">39</a> </dt> <dd> <p>Auch entf&#228;llt der grundrechtliche Schutz nicht schon deshalb, weil die betroffene Information &#246;ffentlich zug&#228;nglich ist. Auch wenn der Einzelne sich in die &#214;ffentlichkeit begibt, sch&#252;tzt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dessen Interesse, dass die damit verbundenen personenbezogenen Informationen nicht im Zuge automatisierter Informationserhebung zur Speicherung mit der M&#246;glichkeit der Weiterverwertung erfasst werden (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;399&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_40">40</a> </dt> <dd> <p>b) Danach f&#228;llt die Durchf&#252;hrung einer Kennzeichenkontrolle nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Mit ihr werden einzelne, jeweils einem Fahrzeug und &#252;ber dieses dem jeweiligen Halter zuordenbare Kraftfahrzeugkennzeichen erfasst und zur &#246;ffentlichen Aufgabenwahrnehmung mit weiteren Daten abgeglichen. Insoweit handelt es sich um die Verarbeitung personenbezogener Daten. Die Kennzeichen sind den jeweiligen Haltern individuell zugeordnet. Mit ihnen lassen sich deren Name, Anschrift sowie weitere Informationen ermitteln. Dass die Kennzeichen &#246;ffentlich sichtbar sind, &#228;ndert hieran ebenso wenig wie der Umstand, dass sie selbst den Namen des Fahrzeughalters nicht anzeigen. Ma&#223;geblich ist allein, dass sich das Kennzeichen eindeutig einer bestimmten Person zuordnen l&#228;sst und damit personenbezogene Informationen vermitteln kann (vgl. BVerfGE 65, 1 &lt;42&gt;; 118, 168 &lt;184 ff.&gt;; 120, 378 &lt;400 f.&gt;; 128, 1 &lt;42 ff.&gt;; 130, 151 &lt;184&gt;). Die Kennzeichenkontrolle erfasst Kraftfahrzeugkennzeichen sowie Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung des Kraftfahrzeugs; diese Informationen k&#246;nnen mittels einer Halterabfrage einer bestimmten Person zugeordnet werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_41">41</a> </dt> <dd> <p>2. Eine Kennzeichenkontrolle gegen&#252;ber dem Beschwerdef&#252;hrer greift in dessen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_42">42</a> </dt> <dd> <p>a) Vorschriften, die zum Umgang mit personenbezogenen Daten durch staatliche Beh&#246;rden erm&#228;chtigen, begr&#252;nden in der Regel verschiedene, aufeinander aufbauende Eingriffe. Insbesondere ist insoweit zwischen der Erhebung, Speicherung und Verwendung von Daten zu unterscheiden (BVerfGE 130, 151 &lt;184&gt; m.w.N.; stRspr). Soweit dabei zu einem Datenabgleich erm&#228;chtigt wird, bilden die Erfassung und der Abgleich der Daten grunds&#228;tzlich je eigene Grundrechtseingriffe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_43">43</a> </dt> <dd> <p>Ein Eingriff liegt insoweit grunds&#228;tzlich zun&#228;chst in der Erfassung personenbezogener Daten. Sie macht die Daten f&#252;r die Beh&#246;rden verf&#252;gbar und bildet die Basis f&#252;r einen nachfolgenden Abgleich mit Suchbegriffen. An der Eingriffsqualit&#228;t fehlt es lediglich, sofern Daten ungezielt und allein technikbedingt zun&#228;chst miterfasst, aber unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse f&#252;r die Beh&#246;rden ausgesondert werden (vgl. BVerfGE 100, 313 &lt;366&gt;; 115, 320 &lt;343&gt;). Demgegen&#252;ber kann auch dann, wenn die Erfassung eines gr&#246;&#223;eren Datenbestands letztlich nur Mittel zum Zweck f&#252;r eine weitere Verkleinerung der Treffermenge bildet, in der Datenerhebung als solcher bereits ein Eingriff liegen. Ma&#223;geblich ist, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf den durch den &#220;berwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang das beh&#246;rdliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff ausl&#246;senden Qualit&#228;t zu bejahen ist (vgl. BVerfGE 115, 320 &lt;343&gt;; 120, 378 &lt;398&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_44">44</a> </dt> <dd> <p>Ein weiterer Eingriff liegt in dem Abgleich der Daten sowie in der folgenden Verwendung der gefilterten Daten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_45">45</a> </dt> <dd> <p>b) Die Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG begr&#252;ndet danach gegen&#252;ber dem Beschwerdef&#252;hrer Grundrechtseingriffe. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich als Ergebnis seiner Kontrolle ein Trefferfall ergibt oder nicht. Auch soweit die Kontrolle hinsichtlich des Beschwerdef&#252;hrers zu einem Nichttreffer f&#252;hrt, liegen in der Erfassung und dem Abgleich seines Kraftfahrzeugkennzeichens Eingriffe in sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Soweit dem die Entscheidung des Senats vom 11. M&#228;rz 2008 (BVerfGE 120, 378) entgegensteht, wird daran nicht festgehalten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_46">46</a> </dt> <dd> <p>aa) Eine automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG besteht aus zwei Schritten der Datenverarbeitung, n&#228;mlich der Kennzeichenerfassung nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG sowie dem Kennzeichenabgleich nach Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG. Beide sind unmittelbar aufeinander bezogen: Die Kennzeichenerfassung dient unmittelbar dem Abgleich mit den in der Vorschrift genannten Fahndungsbest&#228;nden; in der Verbindung beider sollen Informationen herausgefiltert werden, die f&#252;r die weitere Aufgabenwahrnehmung der Polizei von Bedeutung sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_47">47</a> </dt> <dd> <p>bb) Die Erfassung der Kennzeichen und der sich anschlie&#223;ende Abgleich stellen sich in diesem Zusammenhang als Grundrechtseingriffe gegen&#252;ber allen Personen dar, deren Kennzeichen in die Kontrolle einbezogen werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_48">48</a> </dt> <dd> <p>(1) Allerdings entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass ein Grundrechtseingriff in der Regel nicht anzunehmen ist, wenn personenbezogene Daten Dritter im Rahmen von elektronischen Datenverarbeitungsprozessen nur zuf&#228;llig am Rande miterfasst werden und unmittelbar nach der Erfassung technisch wieder anonym, spurenlos und ohne Erkenntnisinteresse f&#252;r die Beh&#246;rden gel&#246;scht werden. Wie ma&#223;st&#228;blich ausgef&#252;hrt, ist daran festzuhalten, dass ein Grundrechtseingriff insoweit nur anzunehmen ist, wenn sich das beh&#246;rdliche Interesse an den betroffenen Daten spezifisch verdichtet hat (oben Rn. 43).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_49">49</a> </dt> <dd> <p>(2) Unter den Bedingungen der modernen Informationstechnik, die den Abgleich von Kennziffern oder pers&#246;nlichen Merkmalen mit gro&#223;en Datenmengen in k&#252;rzester Zeit erlauben, ist bei Kontrollvorg&#228;ngen wie vorliegend der Kennzeichenkontrolle eine solche Verdichtung gegeben. Wenn gezielt mittels Datenabgleich Personen im &#246;ffentlichen Raum daraufhin &#252;berpr&#252;ft werden, ob sie oder die von ihnen mitgef&#252;hrten Sachen polizeilich gesucht werden, besteht an deren Daten auch dann ein verdichtetes beh&#246;rdliches Interesse, wenn diese Daten im Anschluss an die &#220;berpr&#252;fung unmittelbar wieder gel&#246;scht werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_50">50</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich ist hierf&#252;r, dass Erfassung und Abgleich der Daten einen Kontrollvorgang begr&#252;nden, der sich bewusst auf alle in die Kennzeichenkontrolle einbezogenen Personen erstreckt und erstrecken soll. Die Einbeziehung der Daten auch von Personen, deren Abgleich letztlich zu Nichttreffern f&#252;hrt, erfolgt nicht ungezielt und allein technikbedingt, sondern ist notwendiger und gewollter Teil der Kontrolle und gibt ihr als Fahndungsma&#223;nahme erst ihren Sinn. In der ex ante-Perspektive der Beh&#246;rde, die f&#252;r die Einrichtung einer Kennzeichenkontrolle ma&#223;geblich ist, besteht ein spezifisch verdichtetes Interesse daran, die Kennzeichen aller an der Kennzeichenerfassungsanlage vorbeifahrenden oder sonst in die Kontrolle einbezogenen Fahrzeuge zu erfassen, weil es gerade um deren Kontrolle selbst geht. Zu diesem Zweck werden die Daten gezielt erhoben und kommt es auch auf deren Zuordenbarkeit zu den jeweiligen Personen an. Dass deren Auswertung automatisiert erfolgt, stellt dies nicht in Frage; vielmehr werden damit die Kontrollm&#246;glichkeiten der Polizei wesentlich erweitert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_51">51</a> </dt> <dd> <p>Dem steht auch nicht entgegen, dass den Betroffenen im Nichttrefferfall wegen der sofortigen L&#246;schung aller Daten weder Unannehmlichkeiten noch Konsequenzen erwachsen. Denn das &#228;ndert nichts daran, dass sie durch die Kennzeichenkontrolle einer staatlichen Ma&#223;nahme unterzogen werden, mit der sich ihnen gegen&#252;ber ein spezifisches Fahndungsinteresse zur Geltung bringt. Mit ihr werden die Betroffenen daraufhin &#252;berpr&#252;ft, ob sie oder die von ihnen mitgef&#252;hrten Sachen beh&#246;rdlich gesucht werden. Zugleich wird ihre ungehinderte Weiterfahrt unter den Vorbehalt gestellt, dass Erkenntnisse gegen sie nicht vorliegen. Eine solche Ma&#223;nahme ist nicht erst hinsichtlich ihrer Folgen, sondern als solche freiheitsbeeintr&#228;chtigend. Zur Freiheitlichkeit des Gemeinwesens geh&#246;rt es, dass sich die B&#252;rgerinnen und B&#252;rger grunds&#228;tzlich fortbewegen k&#246;nnen, ohne dabei beliebig staatlich registriert zu werden, hinsichtlich ihrer Rechtschaffenheit Rechenschaft ablegen zu m&#252;ssen und dem Gef&#252;hl eines st&#228;ndigen &#220;berwachtwerdens ausgesetzt zu sein (vgl. BVerfGE 107, 299 &lt;328&gt;; 115, 320 &lt;354 f.&gt;; 120, 378 &lt;402&gt;; 122, 342 &lt;370 f.&gt;; 125, 260 &lt;335&gt;). Jederzeit an jeder Stelle unbemerkt registriert und darauf &#252;berpr&#252;ft werden zu k&#246;nnen, ob man auf irgendeiner Fahndungsliste steht oder sonst in einem Datenbestand erfasst ist, w&#228;re damit unvereinbar. Vielmehr bed&#252;rfen solche Ma&#223;nahmen vor der Freiheit des Einzelnen eines spezifischen Grundes und sind als Eingriffe in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung rechtfertigungsbed&#252;rftig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_52">52</a> </dt> <dd> <p>(3) Indem sich die Kennzeichenkontrolle mit den Kraftfahrzeugkennzeichen auf personenbezogene Daten erstreckt, unterscheidet sie sich von Kontrollen, die gegen&#252;ber einer unbestimmten Vielzahl von Personen ohne Erfassung personenbezogener Daten durchgef&#252;hrt werden und erst im Fall eines Treffers Daten zu einzelnen Personen erfassen. Dies ist etwa bei Geschwindigkeits- oder Rotlichtkontrollen im Stra&#223;enverkehr der Fall. Dort wird das Fahrverhalten zun&#228;chst ohne Erfassen des Kennzeichens und damit unabh&#228;ngig von einer pers&#246;nlichen Zuordenbarkeit der Kraftfahrzeuge kontrolliert. Personenbezogene Daten werden erst dann erhoben, wenn eine &#220;bertretung gemessen und hierdurch ausgel&#246;st ein Lichtbild erstellt wird. Dass dort ein Grundrechtseingriff nur im Trefferfall anzunehmen ist, l&#228;sst sich auf die Kennzeichenkontrolle nicht &#252;bertragen. Im &#220;brigen lassen sich Verkehrskontrollen auch deshalb nicht mit Kennzeichenkontrollen vergleichen, weil sie an risikobehaftetes Tun ankn&#252;pfen und damit materiell in anderem Umfang gerechtfertigt sind (unten Rn. 94).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_53">53</a> </dt> <dd> <p>(4) Wie andere &#220;berwachungsma&#223;nahmen auch ist die Kennzeichenkontrolle einheitlich und unabh&#228;ngig davon zu beurteilen, zu welchem Ergebnis sie im Einzelfall f&#252;hrt. Dass die Kontrolle nicht an h&#246;chstpers&#246;nliche Merkmale wie etwa das Gesicht ankn&#252;pft, sondern an &#246;ffentliche Kennzeichen, die nur mittelbar auf einige begrenzte Halterdaten hinweisen, und dass nachteilige Folgen f&#252;r diejenigen, f&#252;r die kein Treffer angezeigt wird, ausgeschlossen werden k&#246;nnen, ist bei der materiellen Gewichtung des Eingriffs im Rahmen einer Gesamtbeurteilung zu ber&#252;cksichtigen - ebenso wie umgekehrt die Streuweite der Kontrollma&#223;nahme, ihre Heimlichkeit sowie Art und Bedeutung der in den Abgleich einbezogenen Datenbest&#228;nde (unten Rn. 97 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_54">54</a> </dt> <dd> <p>Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 38 Abs. 3 BayPAG sind in formeller Hinsicht &#252;berwiegend mit der Verfassung vereinbar. Allerdings fehlt es dem Freistaat Bayern an der Gesetzgebungskompetenz, soweit er durch Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG Kennzeichenkontrollen zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze erlaubt und damit Fragen des Grenzschutzes regelt. Im &#220;brigen steht dem Freistaat Bayern die Gesetzgebungskompetenz f&#252;r die Regelungen zu.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_55">55</a> </dt> <dd> <p>1. Soweit Kennzeichenkontrollen zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze geregelt werden, verst&#246;&#223;t Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG gegen die ausschlie&#223;liche Gesetzgebungskompetenz des Bundes f&#252;r den Grenzschutz aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_56">56</a> </dt> <dd> <p>a) Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG er&#246;ffnet Kennzeichenkontrollen - neben anderen Tatbestandsvarianten - zu den in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG genannten Zwecken. Ein Einsatzfeld, f&#252;r das die Kennzeichenkontrollen danach bereitgestellt werden, ist die Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze. Eine solche Befugnis unmittelbar zum Schutz der Bundesgrenze ist jedoch eine Regelung des Grenzschutzes (vgl. BVerfGE 97, 198 &lt;214 und 218&gt;). Hierf&#252;r liegt nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG die ausschlie&#223;liche Gesetzgebungskompetenz beim Bund. Der Freistaat Bayern kann dies nur regeln, wenn und soweit er hierzu nach Art. 71 GG in einem Bundesgesetz ausdr&#252;cklich erm&#228;chtigt wird.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_57">57</a> </dt> <dd> <p>Eine solche Erm&#228;chtigung besteht nicht. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus &#167; 2 Abs. 4 Bundespolizeigesetz (BPolG). Nach dieser Vorschrift richtet sich in F&#228;llen, in denen die Polizei eines Landes im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kr&#228;ften wahrnimmt, die Durchf&#252;hrung der Aufgaben nach dem f&#252;r die Polizei des Landes geltenden Recht. Hierin liegt schon vom Wortlaut her keine Erm&#228;chtigung zur Gesetzgebung, sondern nur eine Entscheidung dazu, welches Recht anwendbar ist, und insoweit der Verweis auf das allgemein geltende Landesrecht. Dass in Abweichung von Art. 73 Abs. 1 GG den L&#228;ndern Gesetzgebungsbefugnisse einger&#228;umt werden sollen, ist aus der Vorschrift nicht ersichtlich - schon der Sache nach nicht, und jedenfalls nicht ausdr&#252;cklich, wie Art. 71 GG verlangt. Das best&#228;tigt auch die Gesetzgebungsgeschichte. Danach hat der Bundesgesetzgeber f&#252;r den Fall, dass nach &#167; 2 Abs. 1 und 3 BPolG bestimmte Aufgaben des Grenzschutzes auf L&#228;nder &#252;bertragen werden, keine Notwendigkeit daf&#252;r gesehen, dass die Landespolizei bei der Durchf&#252;hrung der &#252;bertragenen Grenzschutzaufgaben das spezifische Grenzschutzrecht des Bundes anwendet. Vielmehr hat er hierf&#252;r eine Verweisung auf das auch sonst f&#252;r die Wahrnehmung allgemeinpolizeilicher Aufgaben geltende Landesrecht als ausreichend erachtet (vgl. Deutscher Bundestag, Schriftlicher Bericht des Innenausschusses vom 20. Juni 1972, zu BTDrucks VI/3569, S. 5). Somit bestanden aus Sicht des Bundesgesetzgebers kein Anlass und keine Notwendigkeit, die L&#228;nder zur Schaffung von spezifischem Grenzschutzrecht zu erm&#228;chtigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_58">58</a> </dt> <dd> <p>b) Keinen kompetenzrechtlichen Bedenken unterliegt im Hinblick auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG hingegen, dass durch Verweis auf die weiteren in Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG genannten Zwecke eine Befugnis zu Kennzeichenkontrollen zur Verh&#252;tung oder Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts und zur Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t einger&#228;umt wird. Dass mit solchen Kontrollen Zwecke verfolgt werden, die einen Grenzbezug haben, macht sie nicht ohne weiteres zur Regelung des Grenzschutzes im Sinne des Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG. Vielmehr handelt es sich um Regelungen zur Gefahrenabwehr, die zwar an die Offenheit der Grenzen und damit einhergehende Gefahren ankn&#252;pfen, jedoch nicht unmittelbar dem Schutz der Bundesgrenze dienen. Dies gilt insbesondere auch f&#252;r die Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t. Denn hierunter sind nicht Verst&#246;&#223;e speziell gegen Strafvorschriften zum Schutz der Grenze selbst zu verstehen, sondern allgemein Straftaten, die die tats&#228;chlichen und rechtlichen Besonderheiten der Grenzsituation oder Grenzn&#228;he, insbesondere die Erschwerungen grenz&#252;berschreitender Fahndung und Strafverfolgung, ausnutzen (vgl. S&#228;chsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 187 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_59">59</a> </dt> <dd> <p>2. Im &#220;brigen bestehen gegen die Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern keine Bedenken. Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die L&#228;nder das Recht zur Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund die Gesetzgebungsbefugnis verleiht. Eine die Landeszust&#228;ndigkeit ausschlie&#223;ende Bundeskompetenz besteht hinsichtlich der weiteren angegriffenen Vorschriften nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_60">60</a> </dt> <dd> <p>a) Der Kompetenz der L&#228;nder, Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Fahndung nach Personen und Sachen gesetzlich zu regeln, steht nicht die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Stra&#223;enverkehrs aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG entgegen. Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG betrifft das Stra&#223;enverkehrsrecht als sachlich begrenztes Ordnungsrecht und dient allein dem Zweck, die spezifischen Gefahren, Behinderungen und Bel&#228;stigungen auszuschalten oder wenigstens zu mindern, die mit der Stra&#223;ennutzung unter den Bedingungen des modernen Verkehrs verbunden sind (vgl. BVerfGE 40, 371 &lt;380&gt;). Darum geht es bei der Kennzeichenkontrolle gem&#228;&#223; Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG nicht. Das Stra&#223;enverkehrsgesetz und insbesondere auch die bundesrechtliche Regelung der Stra&#223;enverkehrskontrollen in &#167; 36 Abs. 5 StVO stellen folglich die Kompetenz des Freistaates Bayern zum Erlass dieser Vorschrift nicht in Frage.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_61">61</a> </dt> <dd> <p>b) Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("gerichtliches Verfahren") und die auf dieser Grundlage erlassenen Bundesvorschriften zum Strafverfahrensrecht stehen der Gesetzgebungskompetenz gleichfalls nicht entgegen. Eine Sperrwirkung dieser Vorschriften k&#228;me nur in Betracht, wenn die angegriffenen Vorschriften als Regelungen des strafgerichtlichen Verfahrens zu beurteilen w&#228;ren. Das ist nicht der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_62">62</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die kompetenzrechtliche Zuordnung der Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und des Art. 38 Abs. 3 BayPAG ist eine Abgrenzung zwischen der dem Bund zugewiesenen Materie der Strafverfolgung und der den L&#228;ndern grunds&#228;tzlich belassenen Materie der Gefahrenabwehr, f&#252;r die ma&#223;geblich auf den Zweck der Regelungen abzustellen ist (aa). Danach unterfallen diese nicht der Strafverfolgung, sondern der Gefahrenabwehr (bb).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_63">63</a> </dt> <dd> <p>aa) Regelungen zur Strafverfolgung und zur Gefahrenabwehr liegen oft nahe zusammen und &#252;berschneiden sich in ihren Wirkungen. Abzugrenzen sind sie nach dem sich aus der Norm ergebenden Zweck.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_64">64</a> </dt> <dd> <p>(1) Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG weist dem Bund unter dem Gesichtspunkt des "gerichtlichen Verfahrens" die Kompetenz zur Regelung des Strafverfahrens zu. Dieser hat hiervon insbesondere mit der Strafprozessordnung Gebrauch gemacht. Soweit sich Vorschriften als Regelungen des Strafverfahrens darstellen, kommt eine Kompetenz der L&#228;nder nur insoweit in Betracht, als die Regelungen des Bundes hierf&#252;r nicht abschlie&#223;end sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_65">65</a> </dt> <dd> <p>Demgegen&#252;ber liegt die Gesetzgebungskompetenz f&#252;r die hiermit eng verbundene Materie der Gefahrenabwehr grunds&#228;tzlich bei den L&#228;ndern. Diesbez&#252;glich k&#246;nnen die L&#228;nder eigenst&#228;ndig Regelungen treffen. Wie weit dies reicht, bestimmt sich wiederum negativ in Abgrenzung zu den dem Bund zugewiesenen Kompetenzen, vorliegend in Abgrenzung zu der Kompetenz f&#252;r das Strafverfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_66">66</a> </dt> <dd> <p>(2) Ob eine Vorschrift die Strafverfolgung oder die Gefahrenabwehr regelt, richtet sich nach deren Zielsetzung, wie sie sich in objektivierter Sicht aus ihrer Ausgestaltung ergibt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_67">67</a> </dt> <dd> <p>(a) Die Kompetenzmaterie "gerichtliches Verfahren" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 GG ist weit zu verstehen. Sie reicht von der Einleitung des Verfahrens bis zur Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung. Umfasst ist das eigentliche gerichtliche und das vorgelagerte beh&#246;rdliche Verfahren, sofern es - wie vom Grundsatz her das in der Strafprozessordnung geregelte polizeiliche und staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren - mit dem gerichtlichen Verfahren in einem untrennbaren funktionalen Zusammenhang steht (vgl. BVerfGE 30, 1 &lt;29&gt;). Die Kompetenz erstreckt sich auf das Strafverfahrensrecht als das Recht der Aufkl&#228;rung und Aburteilung von Straftaten, die in der Vergangenheit begangen wurden; hierzu geh&#246;ren die Ermittlung und Verfolgung von Straft&#228;tern einschlie&#223;lich der Fahndung nach ihnen. Gegenstand der Regelungen ist die repressive Polizeit&#228;tigkeit, also diejenige, welche in Reaktion auf den Verdacht der Beteiligung einer Person an einer geschehenen oder unmittelbar bevorstehenden strafbaren Handlung vorgenommen wird (vgl. LVerfG MV, Urteil vom 21. Oktober 1999 - 2/98 -, juris, Rn. 57).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_68">68</a> </dt> <dd> <p>Unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 GG f&#228;llt auch die Vorsorge f&#252;r die sp&#228;tere Verfolgung von Straftaten, die sogenannte Strafverfolgungsvorsorge (vgl. BVerfGE 103, 21 &lt;30&gt;; 113, 348 &lt;370 f.&gt;). Hierzu werden Ma&#223;nahmen gerechnet, welche die Ahndung von Straftaten erm&#246;glichen oder erleichtern sollen, die erst in Zukunft erwartet werden. Sie kn&#252;pfen nicht an eine bereits begangene Straftat oder einen Anfangsverdacht im Sinne des &#167; 152 Abs. 2 StPO an, sondern zielen auf die Verfolgung noch nicht begangener, sondern in ungewisser Zukunft m&#246;glicherweise bevorstehender Straftaten. Die Strafverfolgungsvorsorge geschieht mithin in zeitlicher Hinsicht pr&#228;ventiv, betrifft aber gegenst&#228;ndlich das repressiv ausgerichtete Strafverfahren (vgl. BVerfGE 113, 348 &lt;370&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_69">69</a> </dt> <dd> <p>(b) Demgegen&#252;ber richtet sich die Gefahrenabwehr auf die Beseitigung und Verhinderung von Gefahren und St&#246;rungen der &#246;ffentlichen Sicherheit und Ordnung. Sie ist nicht repressiv-personenbezogen auf die Verfolgung von Straft&#228;tern ausgerichtet, sondern pr&#228;ventiv-objektiv unmittelbar auf den Schutz der Integrit&#228;t der Rechtsordnung und der durch sie gesch&#252;tzten Rechtsg&#252;ter. Hierzu geh&#246;rt auch die Verhinderung von Straftaten (vgl. BVerfGE 100, 313 &lt;394&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_70">70</a> </dt> <dd> <p>Kompetenzrechtlich den L&#228;ndern zugewiesen sind auch Ma&#223;nahmen der Gefahrenvorsorge. Bei dieser wird der Staat bereits im Vorfeld konkreter Gefahren aktiv, die zwar zum Zeitpunkt des Handelns noch nicht konkret drohen, aber sp&#228;ter entstehen k&#246;nnen. Durch das polizeiliche Handeln soll entweder das sp&#228;tere Entstehen einer Gefahr verhindert oder zumindest deren wirksame Bek&#228;mpfung erm&#246;glicht werden (so BVerwGE 141, 329 &lt;335 Rn. 29&gt;). Zur Gefahrenvorsorge geh&#246;rt als Unterfall auch die Verh&#252;tung von Straftaten, die noch nicht konkret drohen, die sogenannte Straftatenverh&#252;tung. Sie umfasst Ma&#223;nahmen, die in einen antizipierten Geschehensablauf eingreifen oder die Entstehungsbedingungen bestimmter Faktoren oder Ursachenketten beeinflussen sollen, sodass sich der Eintritt der Gefahr einer Straftat bereits im Vorfeld verh&#252;ten l&#228;sst. Wie weit der Gesetzgeber Ma&#223;nahmen in dieser Weise in das Vorfeld k&#252;nftiger Rechtsgutverletzungen verlegen darf, ist eine Frage des materiellen Rechts, ber&#252;hrt aber nicht die Gesetzgebungskompetenz des Landes (vgl. BVerfGE 113, 348 &lt;368&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_71">71</a> </dt> <dd> <p>(3) Gefahrenabwehr und Strafverfolgung liegen oft nahe beieinander. Die Regelungsbefugnisse von Bund und L&#228;ndern k&#246;nnen sich insoweit &#252;berschneiden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_72">72</a> </dt> <dd> <p>Die repressive Verfolgung von Straft&#228;tern dient zwangsl&#228;ufig auch pr&#228;ventiv dem Schutz der Sicherheit, ebenso wie umgekehrt pr&#228;ventive Ma&#223;nahmen zum Schutz der Rechtsordnung und damit zum Schutz der B&#252;rgerinnen und B&#252;rger die Ergreifung von Straft&#228;tern und anschlie&#223;ende repressive Ma&#223;nahmen bef&#246;rdern k&#246;nnen. Insoweit gehen die Regelungsbefugnisse von Bund und L&#228;ndern Hand in Hand und sind in ihren Wirkungen miteinander eng verwoben. Dabei ist auch m&#246;glich, dass Regelungen doppelfunktional ausgerichtet sind und sowohl der Strafverfolgung als auch der Gefahrenabwehr - und entsprechend sowohl der Strafverfolgungsvorsorge als auch der Gefahrenvorsorge - dienen. F&#252;r die Abgrenzung ma&#223;geblich ist hier zun&#228;chst der Schwerpunkt des verfolgten Zweckes. Bei doppelfunktionalen Ma&#223;nahmen, bei denen sich ein eindeutiger Schwerpunkt weder im pr&#228;ventiven noch im repressiven Bereich ausmachen l&#228;sst, steht dem Gesetzgeber ein Entscheidungsspielraum f&#252;r die Zuordnung zu und k&#246;nnen entsprechende Befugnisse unter Umst&#228;nden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene geregelt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_73">73</a> </dt> <dd> <p>Der Landesgesetzgeber ist folglich nicht an dem Erlass einer der Gefahrenabwehr dienenden Regelung gehindert, weil diese ihren tats&#228;chlichen Wirkungen nach auch Interessen der Strafverfolgung dient und damit Regelungsbereiche des Bundes ber&#252;hrt. Ma&#223;nahmen k&#246;nnen vielmehr auch als Landespolizeirecht zul&#228;ssig sein, wenn sie pr&#228;ventiv und repressiv zugleich wirken. Ein solches Verst&#228;ndnis der L&#228;nderkompetenzen im Polizeirecht folgt aus der Entscheidung der Verfassung, die Strafverfolgung und die Gefahrenabwehr trotz ihrer inhaltlichen N&#228;he kompetenziell unterschiedlich zu behandeln. Wenn danach &#228;hnliche oder auch gleiche Ma&#223;nahmen aus verschiedenen, aber sachlich eng zusammenliegenden Gesichtspunkten einerseits vom Bund und andererseits von den L&#228;ndern geregelt werden k&#246;nnen, kann und muss eine sachliche &#220;berschneidung der Regelungen nicht v&#246;llig ausgeschlossen sein. Genauso wie der Bund Ma&#223;nahmen zur Strafverfolgung regeln darf, die sich ihrer Wirkung nach zugleich f&#246;rderlich f&#252;r die Gefahrenabwehr auswirken, d&#252;rfen die L&#228;nder Regelungen zur Gefahrenabwehr treffen, die sich zugleich f&#246;rderlich f&#252;r die Strafverfolgung auswirken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_74">74</a> </dt> <dd> <p>(4) Das stellt nicht in Frage, dass die Kompetenzen sorgf&#228;ltig zu unterscheiden sind und die Ausgestaltung der Regelungen strikt von der Zwecksetzung her bestimmt sein muss, f&#252;r die jeweils die Kompetenz besteht. F&#252;r die Beurteilung, ob eine Norm eine verfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage hat, kommt es auf eine genaue Bestimmung der ihr bei objektivierter Sicht unterliegenden Zweckrichtung an. Die Schaffung oder selbst&#228;ndige Erweiterung von Eingriffsbefugnissen zur Verfolgung von Zwecken, die durch die jeweilige Kompetenz nicht gedeckt sind, kann durch die inhaltliche N&#228;he der Regelungsbereiche nicht gerechtfertigt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_75">75</a> </dt> <dd> <p>bb) Ausgehend von diesen Ma&#223;st&#228;ben handelt es sich bei den angegriffenen Normen um Regelungen der Gefahrenabwehr.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_76">76</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Zweckrichtung der Kennzeichenkontrolle ergibt sich aus dem Verweis des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG. Danach wird die Kennzeichenerfassung als erster und grundlegender Schritt der Kennzeichenkontrolle nur f&#252;r die F&#228;lle erlaubt, in denen auch eine Identit&#228;tsfeststellung zul&#228;ssig ist. Mit dem Verweis auf die Identit&#228;tsfeststellung wird zugleich auf deren Zwecke verwiesen. Diese haben aber zumindest in ihrem Schwerpunkt alle eine pr&#228;ventive Zielrichtung, n&#228;mlich die Unterst&#252;tzung der Polizei bei ihren Aufgaben der Gefahrenabwehr nach dem Polizeigesetz. Genauer sind dies f&#252;r die Kennzeichenerfassung die Abwehr von bestimmten Gefahren im Einzelfall, die Bek&#228;mpfung der Herausbildung und Verfestigung gef&#228;hrlicher Orte, der Schutz von gef&#228;hrdeten Orten, die Unterst&#252;tzung von polizeilichen Kontrollstellen zur Verhinderung schwerer Straftaten oder zum Schutz von Versammlungen sowie die Bek&#228;mpfung grenz&#252;berschreitender Kriminalit&#228;t oder die Verh&#252;tung oder Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts mittels der Schleierfahndung. Dass einige dieser Zwecke - wie insbesondere die Kennzeichenkontrolle an gef&#228;hrlichen Orten oder im Rahmen der Schleierfahndung - bei objektivierter Betrachtung im Ergebnis zugleich die Strafverfolgung bef&#246;rdern, ist nach den oben entwickelten Ma&#223;st&#228;ben unsch&#228;dlich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_77">77</a> </dt> <dd> <p>(2) Auf diese pr&#228;ventiven Zwecke ausgerichtet ist auch der sich anschlie&#223;ende Datenabgleich mit den in Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG genannten Datenbest&#228;nden. Er dient dazu, durch das Auffinden der gesuchten Personen die Erreichung der sich aus Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG ergebenden Zwecke zu unterst&#252;tzen. Dass der Gesetzgeber dabei auch Datenbest&#228;nde einbezogen hat, die auf strafrechtlichen Ausschreibungen beruhen, &#228;ndert nichts daran, dass der diesbez&#252;gliche Abgleich den zuvor genannten pr&#228;ventiven Zwecken dient.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_78">78</a> </dt> <dd> <p>Anders w&#228;re dies zu beurteilen, wenn die angegriffenen Vorschriften dahingehend verstanden werden m&#252;ssten, dass mit der Kennzeichenkontrolle neben den sich aus Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG ergebenden Zwecken zugleich eigens und hiervon unabh&#228;ngig allgemein die Fahndung nach allen im Sinne des &#167; 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG ausgeschriebenen Personen erstrebt und erlaubt werde. Das Ziel des Aufgreifens strafrechtlich ausgeschriebener Personen (vgl. Art. 33 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchstabe b BayPAG) geh&#246;rt zur Strafverfolgung und berechtigt den Landesgesetzgeber jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr nicht dazu, hierf&#252;r eigene Befugnisse zu schaffen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_79">79</a> </dt> <dd> <p>In diesem Sinne muss und darf die Vorschrift jedoch schon aus materiellen Gr&#252;nden nicht verstanden werden. Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG erlaubt einen Abgleich nur f&#252;r die jeweils die Kennzeichenerfassung rechtfertigenden pr&#228;ventiven Zwecke im Sinne des &#167; 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG und ist dahin auszulegen, dass jeweils nur solche Datenbest&#228;nde in den Abgleich einbezogen werden d&#252;rfen, die potentiell hierf&#252;r geeignet, erforderlich und angemessen sind (unten Rn. 107 ff.). In diesem Verst&#228;ndnis aber handelt es sich um Vorschriften des Gefahrenabwehrrechts. Dass bei deren Anwendung dann als faktische Nebenwirkung auch anderweitig und insbesondere strafrechtlich gesuchte Personen identifiziert werden k&#246;nnen, stellt die Zuordnung der Vorschrift zum Gefahrenabwehrrecht nicht in Frage.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_80">80</a> </dt> <dd> <p>(3) Kompetenzwidrig ist auch nicht, dass der Gesetzgeber nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG eine Verwendung solch zuf&#228;llig angefallener Erkenntnisse im Wege der Zweck&#228;nderung unabh&#228;ngig von den Zwecken des Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG f&#252;r die Zwecke &#246;ffnet, die den Ausschreibungen zur Fahndung unterliegen. Denn hierin liegt - nach dem Bild der Doppelt&#252;r (vgl. BVerfGE 130, 151 &lt;184&gt;; 141, 220 &lt;333 f. Rn. 305&gt;) - lediglich die &#214;ffnung der ersten T&#252;r f&#252;r die weitere Datennutzung, nicht aber schon die abschlie&#223;ende Erm&#228;chtigung zu einer weiteren Nutzung. F&#252;r sie ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz aus dem Sachzusammenhang der Regelungsbefugnis f&#252;r die pr&#228;ventive Kennzeichenkontrolle und der sich hieraus ergebenden Verantwortung f&#252;r die datenschutzrechtlichen Anforderungen in Blick auf den weiteren Umgang mit den hierbei gewonnenen Daten (vgl. BVerfGE 125, 260 &lt;314 f.&gt;; 130, 151 &lt;184 und 185 f.&gt;). Die &#214;ffnung der zweiten T&#252;r und damit die letztlich ma&#223;gebliche Entscheidung &#252;ber die n&#228;here Nutzung dieser Erkenntnisse zu weiteren Zwecken bedarf eigener Vorschriften nach Ma&#223;gabe der hierf&#252;r geltenden Kompetenzen (vgl. BVerfGE 113, 348 &lt;368&gt;; 125, 260 &lt;314 f.&gt;; 130, 151 &lt;185 f.&gt;; 141, 220 &lt;333 f. Rn. 305&gt;). Soweit es um die Nutzung der Erkenntnisse zur Strafverfolgung geht, ist hierf&#252;r der Bund zust&#228;ndig. Entsprechend verweist Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG diesbez&#252;glich auf die Vorschriften der Strafprozessordnung, die selbst nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_81">81</a> </dt> <dd> <p>Die angegriffenen Vorschriften sind bei verfassungskonformer Auslegung auch materiell weithin, aber nicht in jeder Hinsicht mit der Verfassung vereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_82">82</a> </dt> <dd> <p>Als Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind Erm&#228;chtigungen zur automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle am Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz zu messen. Sie m&#252;ssen danach einen legitimen Zweck verfolgen, zur Erreichung des Zwecks geeignet, erforderlich und verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig im engeren Sinne sein (vgl. BVerfGE 67, 157 &lt;173&gt;; 120, 378 &lt;427&gt;; 141, 220 &lt;265 Rn. 93&gt;; stRspr). Dabei m&#252;ssen sie insbesondere im Bereich der Datenverarbeitung zugleich den Grunds&#228;tzen der Normenklarheit und Bestimmtheit gen&#252;gen (vgl. BVerfGE 113, 348 &lt;375 ff.&gt;; 120, 378 &lt;407 f.&gt;; 141, 220 &lt;265 Rn. 94&gt;; stRspr). Diesen Anforderungen gen&#252;gen Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 BayPAG teilweise nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_83">83</a> </dt> <dd> <p>1. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und Art. 38 Abs. 3 BayPAG dienen legitimen Zwecken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_84">84</a> </dt> <dd> <p>Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG er&#246;ffnet Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen in Ankn&#252;pfung an Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG. Der Gesetzgeber bestimmt damit die Zwecke der Kontrollen. Sie sollen der Abwehr von Gefahren im Einzelfall, der Eind&#228;mmung von Orten, die R&#252;ckzugs- und Ausgangspunkt f&#252;r Kriminalit&#228;t und Verst&#246;&#223;e gegen das Aufenthaltsrecht sind, und dem Schutz von gef&#228;hrdeten Orten mit Bedeutung f&#252;r das Gemeinwesen dienen. Weiter dienen sie - in Unterst&#252;tzung polizeilicher Kontrollstellen - dem Schutz vor schweren Straftaten und der friedlichen Durchf&#252;hrung von Versammlungen sowie dem Schutz vor grenz&#252;berschreitender Kriminalit&#228;t oder der Verhinderung von Verst&#246;&#223;en gegen das Aufenthaltsrecht mittels der Schleierfahndung. Der Gesetzgeber verfolgt hiermit legitime Zwecke. Dies gilt auch f&#252;r Art. 38 Abs. 3 BayPAG, der neben der zweckbezogenen Nutzung der Informationen eine &#214;ffnung f&#252;r deren Nutzung zu weiteren Zwecken nach Ma&#223;gabe weiterer Vorschriften regelt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_85">85</a> </dt> <dd> <p>2. Die Erm&#228;chtigung zu Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen ist zur Erreichung dieser Zwecke grunds&#228;tzlich geeignet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_86">86</a> </dt> <dd> <p>Automatisierte Kennzeichenkontrollen, wie sie durch Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG erm&#246;glicht werden, tragen zu diesen Zwecken bei, indem sie zur Fahndung ausgeschriebene Personen oder Sachen identifizieren. Da sie damit helfen, Personen oder Sachen zu finden, deren Aufgreifen zur Erreichung der in Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG genannten Zwecke beitragen kann, sind solche Kontrollen hierzu grunds&#228;tzlich geeignet. Dass der Abgleich unmittelbar allein Kraftfahrzeugkennzeichen zum Gegenstand hat, damit Trefferf&#228;lle nur mittelbar den Fahrzeughalter identifizieren und auch dieser nicht zwangsl&#228;ufig die gesuchte Person selbst ist, &#228;ndert hieran nichts. Denn die Wahrscheinlichkeit, auf diesem Weg auch die zur Erreichung des jeweiligen Zwecks der Kontrolle gesuchten Personen oder Sachen zu finden, wird damit jedenfalls erh&#246;ht. Dies gen&#252;gt, um eine Ma&#223;nahme f&#252;r geeignet zu halten, einen legitimen Zweck zu erreichen (vgl. BVerfGE 67, 157 &lt;175&gt;; 125, 260 &lt;317 f.&gt;; 141, 220 &lt;266 Rn. 97&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_87">87</a> </dt> <dd> <p>Die Anforderungen der Geeignetheit m&#252;ssen freilich auch bei der Ausgestaltung der Kennzeichenkontrolle hinsichtlich der jeweiligen Zwecke im einzelnen beachtet werden. Sie betreffen hierbei insbesondere auch das Verh&#228;ltnis dieser Zwecke zu den bei dem Abgleich zu ber&#252;cksichtigenden Fahndungsbest&#228;nden (unten Rn. 107 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_88">88</a> </dt> <dd> <p>3. F&#252;r die Erreichung dieser Zwecke sind automatisierte Kennzeichenkontrollen auch erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, dass andere Ma&#223;nahmen mit geringerem Eingriffsgewicht diesen Zweck vergleichbar effektiv erreichen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_89">89</a> </dt> <dd> <p>4. Mit dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz im engeren Sinne sind automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen nur vereinbar, wenn die Erm&#228;chtigung zu den Kontrollen hinreichend begrenzt ist und &#252;bergreifende Anforderungen an Kontrolle und Datennutzung beachtet sind (a). Diesen Anforderungen gen&#252;gen die angegriffenen Vorschriften nicht vollst&#228;ndig (b).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_90">90</a> </dt> <dd> <p>a) Dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz im engeren Sinne als &#220;berma&#223;verbot gen&#252;gen die Kennzeichenkontrollen nur, wenn der mit ihnen verfolgte Zweck zu dem in ihnen liegenden Eingriffsgewicht nicht au&#223;er Verh&#228;ltnis steht. Erforderlich ist danach, dass die Kontrollen grunds&#228;tzlich jeweils durch einen hinreichend konkreten, objektiv bestimmten Grund veranlasst sind (aa) und dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse dienen (bb). Dabei muss sich die gesetzliche Ausgestaltung der Kennzeichenkontrolle in einer Gesamtabw&#228;gung der sie kennzeichnenden Umst&#228;nde als im Blick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zumutbar und damit verfassungsrechtlich tragf&#228;hig erweisen (cc). Im &#220;brigen geh&#246;ren zu den Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen &#252;bergreifend f&#252;r alle Einzeltatbest&#228;nde Anforderungen an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle sowie Regelungen zur Datennutzung und L&#246;schung (dd).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_91">91</a> </dt> <dd> <p>aa) Polizeiliche Kontrollen zur gezielten Suche nach Personen oder Sachen im &#246;ffentlichen Raum, wie sie Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG erm&#246;glichen, setzen als Grundrechtseingriffe grunds&#228;tzlich einen objektiv bestimmten und begrenzten Anlass voraus. Der Gesetzgeber hat eine Eingriffsschwelle vorzugeben, durch die das staatliche Handeln an vorhersehbare und kontrollierbare Voraussetzungen gebunden wird (vgl. BVerfGE 141, 220 &lt;271 ff. Rn. 109 ff.&gt; m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_92">92</a> </dt> <dd> <p>(1) Allein das allgemeine Interesse, zur Fahndung ausgeschriebene Personen oder Sachen zu identifizieren und aufzugreifen, reicht zur Rechtfertigung solcher Kontrollen noch nicht. Zwar ist ein auch f&#252;r sich bestehendes legitimes staatliches Interesse anzuerkennen, solche Personen oder Sachen aufzufinden. Dies rechtfertigt jedoch nicht schon f&#252;r sich die Durchf&#252;hrung beliebiger Kontrollen gegen&#252;ber jedermann. Auch wenn die Fahndungsausschreibung auf eigenen Rechtsgrundlagen beruht, besagt das nicht, dass zur Fahndung jede Ma&#223;nahme eingesetzt werden darf. Vielmehr bed&#252;rfen diese jeweils eines eigenen Anlasses. Die Durchf&#252;hrung von Kontrollen zu beliebiger Zeit und an beliebigem Ort ins Blaue hinein ist mit dem Rechtsstaatsprinzip grunds&#228;tzlich unvereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_93">93</a> </dt> <dd> <p>(2) Verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist eine Erm&#228;chtigung zu einer Kontrolle nur, wenn hierf&#252;r ein Anlass bestimmt ist, der das polizeiliche Handeln vorhersehbar und kontrollierbar macht. Insoweit kann der Gesetzgeber etwa auf das Bestehen einzelner Gefahren abstellen. Der Gesetzgeber kann aber auch unabh&#228;ngig von einer konkreten Gefahr als rechtfertigende Anl&#228;sse schon Gefahrenlagen bestimmen, die nur typisiert umschrieben sind. Im &#220;brigen kann er Kontrollen etwa auch dann erlauben, wenn im Einzelfall oder typischerweise eine spezifisch gesteigerte Wahrscheinlichkeit besteht, gesuchte Personen oder Sachen aufzufinden; in diesem Sinne steht es ihm nach Ma&#223;gabe der Kompetenzordnung frei, auch ohne den Bezug auf weitere Zwecke unmittelbar dem &#246;ffentlichen Fahndungsinteresse Rechnung zu tragen. Es bedarf jedoch jeweils eines die konkrete Kontrolle rechtfertigenden Grundes, der auf einer hinreichenden Tatsachenbasis beruht und dem staatlichen Handeln nachpr&#252;fbare Grenzen setzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_94">94</a> </dt> <dd> <p>(3) Anlasslose Kontrollen sind damit nicht generell ausgeschlossen. Wenn polizeiliche Kontrollen an ein gef&#228;hrliches oder risikobehaftetes Tun beziehungsweise an die Beherrschung besonderer Gefahrenquellen ankn&#252;pfen, kann schon darin ein dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz gen&#252;gender Grund liegen. Die Rechtfertigung f&#252;r Kontrollen kann dort bereits an der besonderen Verantwortung der Betroffenen gegen&#252;ber der Allgemeinheit ankn&#252;pfen und bedarf deshalb eines dar&#252;berhinausgehenden Anlasses grunds&#228;tzlich nicht. F&#252;r automatisierte Kennzeichenkontrollen kommt das etwa in Betracht, wenn mit ihnen Gefahren bek&#228;mpft werden, die sich gerade aus dem Betrieb der Kraftfahrzeuge ergeben, etwa die Durchsetzung der Versicherungspflicht durch Kontrollen zum Auffinden unversicherter Fahrzeuge. Die Lage ist insoweit nicht anders als bei zahlreichen anderen, hier nicht streitgegenst&#228;ndlichen Arten polizeilicher Kontrollma&#223;nahmen wie bei anlasslos stichprobenhaft durchgef&#252;hrten Stra&#223;enverkehrskontrollen oder anlasslosen Kontrollen in weiten Bereichen etwa des Umwelt- oder Wirtschaftsverwaltungsrechts.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_95">95</a> </dt> <dd> <p>bb) Zu den Anforderungen des &#220;berma&#223;verbots geh&#246;rt es weiter, dass die Kennzeichenkontrollen durch einen im Verh&#228;ltnis zum Grundrechtseingriff hinreichend gewichtigen Rechtsg&#252;terschutz gerechtfertigt sein m&#252;ssen. Angesichts ihres Eingriffsgewichts m&#252;ssen automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen danach dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse dienen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_96">96</a> </dt> <dd> <p>(1) Automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Fahndung nach Personen oder Sachen sind bei Gesamtsicht Eingriffe von erheblichem Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_97">97</a> </dt> <dd> <p>Das Eingriffsgewicht mindernd ist einzustellen, dass die Kennzeichenkontrolle im &#246;ffentlichen Verkehrsraum stattfindet. Sowohl die Kraftfahrzeugkennzeichen als auch das erfasste Bewegungsverhalten sind ohne weiteres f&#252;r alle erkennbar. Dabei bezieht sich die Kontrolle allein auf Kennzeichen, nicht aber unmittelbar auf pers&#246;nliche Merkmale oder Eigenschaften einer Person; der Personenbezug l&#228;sst sich nur mittelbar herstellen. Insoweit aber dient das Kennzeichen seiner Zweckbestimmung nach gerade der Identifizierung (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;404&gt;). Bedeutsam ist dabei auch, dass nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG nur Ort, Datum, Uhrzeit und Fahrtrichtung erfasst werden, nicht aber die Personen oder die Kraftfahrzeuge. Zu ber&#252;cksichtigen ist weiterhin insbesondere, dass die Kontrolle gegen&#252;ber der ganz &#252;berwiegenden Zahl der Betroffenen mit keinerlei unmittelbar beeintr&#228;chtigenden Folgen verbunden ist und keine Spuren hinterl&#228;sst. Dass der Datenabgleich in Sekundenschnelle durchgef&#252;hrt wird und die erfassten Daten im Nichttrefferfall sofort vollst&#228;ndig wieder gel&#246;scht werden, ohne einer Person bekannt zu werden, nimmt dem Eingriff erheblich an Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_98">98</a> </dt> <dd> <p>Das Eingriffsgewicht erh&#246;hend zeichnen sich solche Kontrollen dadurch aus, dass sie sich schon ihrem Prinzip nach nicht auf Personen beschr&#228;nken, die objektiv in einer Gefahrenlage verfangen sind, sondern sich auf eine unbestimmte Vielzahl von Personen erstrecken, die von vornherein hierzu keinerlei Anlass gegeben haben. Sie k&#246;nnen praktisch jede und jeden treffen. Solche Informationserhebungen haben grunds&#228;tzlich eine erh&#246;hte Eingriffsintensit&#228;t. Weiter f&#228;llt belastend ins Gewicht, dass die Ma&#223;nahmen verdeckt durchgef&#252;hrt werden. Gerade bei Ermittlungsma&#223;nahmen mit gro&#223;er Streubreite wie hier der im &#246;ffentlichen Raum stattfindenden seriellen Kontrolle von Personen in gro&#223;er Zahl zu Fahndungszwecken kann dadurch ein Gef&#252;hl des &#220;berwachtwerdens entstehen. Dass die von der Kennzeichenkontrolle erfassten Personen dies au&#223;erhalb des Trefferfalls nicht bemerken, hebt das hierin liegende Eingriffsgewicht nicht auf. Denn dadurch entf&#228;llt zwar die L&#228;stigkeit solcher Ma&#223;nahmen, nicht aber ihr Kontrollcharakter und die darin liegende Beeintr&#228;chtigung der individuellen Freiheit, die zugleich die Freiheitlichkeit der Gesellschaft insgesamt betrifft (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;402 f.&gt; m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_99">99</a> </dt> <dd> <p>(2) Dem erheblichen Eingriffsgewicht automatisierter Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen entspricht es, dass sie zu ihrer Rechtfertigung jeweils auf Gr&#252;nde gest&#252;tzt werden m&#252;ssen, die dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse dienen. Zu diesen Rechtsg&#252;tern z&#228;hlen zun&#228;chst die besonders schutzw&#252;rdigen Rechtsg&#252;ter wie Leib, Leben und Freiheit der Person und der Bestand und die Sicherheit des Bundes und der L&#228;nder (vgl. BVerfGE 120, 274 &lt;328&gt;; 125, 260 &lt;330&gt;; 141, 220 &lt;270 Rn. 108&gt;). Dar&#252;ber hinaus kommen aber auch Rechtsg&#252;ter in Betracht, die unterhalb dieser f&#252;r besonders eingriffsintensive &#220;berwachungsma&#223;nahmen geltenden Schwelle liegen wie etwa der Schutz von nicht unerheblichen Sachwerten. Der Gesetzgeber kann diese Schwelle im einzelnen n&#228;her konkretisieren und die Kennzeichenkontrolle etwa auch zur Verhinderung hinreichend gewichtiger Delikte zulassen, f&#252;r deren Bek&#228;mpfung eine Kennzeichenkontrolle von besonderer Bedeutung ist, was gewichtige Ordnungswidrigkeiten einschlie&#223;en kann. F&#252;r die verfassungsrechtliche Beurteilung kommt es auf die Ausgestaltung der Erm&#228;chtigung insgesamt an. Insoweit bedarf es sowohl einer W&#252;rdigung der vom Gesetzgeber bestimmten Zwecke, die sich aus den Bestimmungen f&#252;r die Kennzeichenerfassung ergeben, als auch des Umfangs und Inhalts der Fahndungsbest&#228;nde, die der Gesetzgeber f&#252;r den Datenabgleich vorsieht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_100">100</a> </dt> <dd> <p>cc) Schlie&#223;lich muss sich die Ausgestaltung solcher Kontrollen unter Ber&#252;cksichtigung aller sie kennzeichnenden Umst&#228;nde auch in einer Gesamtabw&#228;gung als verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig erweisen. Dabei hat der Gesetzgeber die Ausgewogenheit zwischen der Art und Intensit&#228;t der Grundrechtsbeeintr&#228;chtigung einerseits und den zum Eingriff berechtigenden Anl&#228;ssen andererseits, etwa durch Vorgaben zu Einschreitschwelle, der geforderten Tatsachenbasis oder dem Gewicht der gesch&#252;tzten Rechtsg&#252;ter, zu wahren (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;429&gt;). Daraus folgt auch, dass Ma&#223;nahmen nicht fl&#228;chendeckend durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen. Die Anforderungen an eine r&#228;umliche Konkretisierung des Anlasses von Kontrollen sind insoweit aber umso geringer, je schwerwiegender und dringlicher die abzuwehrende Gefahr im Einzelfall ist.Ohnehin ist die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Kontrollen nach allgemeinen Grunds&#228;tzen im Rahmen der Anwendung sicherzustellen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_101">101</a> </dt> <dd> <p>dd) Im &#220;brigen folgen aus dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung gewisse &#252;bergreifende Anforderungen an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 65, 1 &lt;44 ff.&gt;; 125, 260 &lt;334 ff.&gt;; 141, 220 &lt;282 Rn. 134&gt;; stRspr). Diese bemessen sich im Einzelnen nach dem Eingriffsgewicht der Kennzeichenkontrolle und reichen daher nicht so weit wie f&#252;r heimliche &#220;berwachungsma&#223;nahmen, die eine besonders hohe Eingriffsintensit&#228;t haben. Verfassungsrechtlich geboten sind weiterhin tragf&#228;hige Regelungen zur Nutzung der Daten wie zur Datenl&#246;schung (vgl. BVerfGE 65, 1 &lt;46&gt;; 133, 277 &lt;366 Rn. 206&gt;; 141, 220 &lt;285 Rn. 144&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_102">102</a> </dt> <dd> <p>b) Die angegriffenen Vorschriften gen&#252;gen den vorgenannten Anforderungen in der Ausgestaltung ihrer einzelnen Tatbest&#228;nde nicht in jeder Hinsicht. Auch ist den &#252;bergreifenden Anforderungen nicht vollst&#228;ndig Gen&#252;ge getan.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_103">103</a> </dt> <dd> <p>aa) In der ersten Variante sieht das Gesetz Kennzeichenkontrollen zur Abwehr einer Gefahr vor (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG). Dies gen&#252;gt den verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit nicht, als die Kontrollen nicht auf einen der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit gen&#252;genden Rechtsg&#252;terschutz beschr&#228;nkt werden. Im &#220;brigen ist die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz vereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_104">104</a> </dt> <dd> <p>(1) Die uneingeschr&#228;nkte Er&#246;ffnung der Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Abwehr jeder Gefahr ist mit dem &#220;berma&#223;verbot nicht vereinbar. Geboten ist eine Beschr&#228;nkung solcher Kontrollen auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_105">105</a> </dt> <dd> <p>Der Gesetzgeber er&#246;ffnet durch Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG Kennzeichenkontrollen zur Abwehr einer Gefahr. Dies verlangt nach Art. 11 Abs. 1 BayPAG zun&#228;chst eine im einzelnen Fall bestehende und somit "konkrete Gefahr" (vgl. BayVerfGH, Urteil vom 28. M&#228;rz 2003 - Vf. 7-VII-00 u.a. -, juris, Rn. 119; allgemein zum Begriff der konkreten Gefahr vgl. BVerfGE 115, 320 &lt;364&gt;; 141, 220 &lt;271 Rn. 111&gt;; BVerwGE 116, 347 &lt;351&gt;). Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber stellt so auf die im Sicherheitsrecht &#252;bliche Eingriffsschwelle ab und bindet die Kontrollen an einen hinreichend konkreten Anlass (oben Rn. 91). Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist demgegen&#252;ber die Frage, ob insoweit auch auf eine "drohende" Gefahr (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b BayPAG in der Fassung vom 24. Juli 2017) abgestellt werden kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_106">106</a> </dt> <dd> <p>Allerdings er&#246;ffnet die Vorschrift die M&#246;glichkeit von Kennzeichenkontrollen zur Abwehr jeder Gefahr und damit allgemein zum Schutz der &#246;ffentlichen Sicherheit und Ordnung. In Bezug genommen ist so die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung insgesamt, ohne hinsichtlich der in Frage stehenden Rechtsg&#252;ter Gewichtungen vorzunehmen. Dies gen&#252;gt den dargelegten Anforderungen an einen hinreichend gewichtigen Rechtsg&#252;terschutz nicht. Angesichts des Eingriffsgewichts von automatisierten Kennzeichenkontrollen verlangt das &#220;berma&#223;verbot, diese auf die Abwehr von Gefahren f&#252;r Rechtsg&#252;ter von zumindest erheblichem Gewicht zu beschr&#228;nken. Allein der Verweis auf die Integrit&#228;t der Rechtsordnung insgesamt, wie er dem Gefahrbegriff der polizeilichen Generalklausel zugrunde liegt, reicht daf&#252;r nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_107">107</a> </dt> <dd> <p>(2) Die Regelung des Datenabgleichs ist bei verfassungskonformer Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_108">108</a> </dt> <dd> <p>Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG erm&#228;chtigt dazu, die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen mit den in diesen Vorschriften genannten Fahndungsbest&#228;nden automatisiert abzugleichen. Dieser Abgleich gen&#252;gt Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen nur, wenn die einzubeziehenden Fahndungsbest&#228;nde auf solche ausgeschriebenen Personen und Sachen beschr&#228;nkt werden, die f&#252;r den jeweiligen Zweck der Kennzeichenkontrolle Bedeutung haben k&#246;nnen. Bei verfassungskonformer Auslegung der Vorschrift ist dies jedoch sichergestellt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_109">109</a> </dt> <dd> <p>(a) Die Reichweite des durch Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG er&#246;ffneten Datenabgleichs ergibt sich aus der Vorschrift nicht eindeutig. Sie l&#228;sst sich aber so auslegen, dass die Abgleichdateien anlassbezogen auszuw&#228;hlen sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_110">110</a> </dt> <dd> <p>Allerdings enth&#228;lt die Vorschrift in Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG keinen ausdr&#252;cklichen Hinweis darauf, dass die Polizei f&#252;r den Abgleich eine auf den jeweiligen Zweck der Kennzeichenerfassung bezogene Auswahl der Fahndungsbest&#228;nde vorzunehmen hat. Daher liegt es nicht fern, die Vorschrift so zu verstehen, dass sie jeweils einen Abgleich mit allen dort genannten Fahndungsbest&#228;nden erlaubt (vgl. auch Bayerischer Landtag, Drucks 15/10522, S. 2 f.), wof&#252;r auch Satz 4 der Vorschrift spricht. Zwingend ist eine solche Auslegung jedoch nicht. Vielmehr l&#228;sst sich Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG auch so verstehen, dass die dort aufgef&#252;hrten Fahndungsbest&#228;nde nur den Rahmen der f&#252;r den Abgleich &#252;berhaupt er&#246;ffneten Daten bilden. Sie k&#246;nnen insoweit als der Datenfundus verstanden werden, aus dem je nach Anlass die zweckbezogen zu bestimmenden Daten nach pflichtgem&#228;&#223;em Ermessen auszuw&#228;hlen sind. Art. 33 Abs. 2 Satz 4 BayPAG, der das f&#252;r die dort genannten Dateien ausdr&#252;cklich vorsieht, ist insoweit nicht als Sonderregelung, sondern als Ausdruck eines die Regelung insgesamt anleitenden Verst&#228;ndnisses zu verstehen. Angesichts dessen, dass zur Durchf&#252;hrung einer Kennzeichenkontrolle aus den Fahndungsbest&#228;nden f&#252;r die praktische Umsetzung jeweils eine eigene Abgleichdatei erstellt werden muss, wird dieses Verst&#228;ndnis durch die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde gest&#252;tzt. Die Bayerische Staatsregierung hat in ihren Stellungnahmen klargestellt, dass sie Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG dieses Verst&#228;ndnis zugrunde legt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_111">111</a> </dt> <dd> <p>(b) Verfassungsrechtlich ist dieses Verst&#228;ndnis auch geboten. Aus dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz ergibt sich, dass Eingriffe in Grundrechte nur insoweit gerechtfertigt sein k&#246;nnen, als sie zur Erreichung eines legitimen Ziels geeignet und erforderlich sind. Wenn eine Kennzeichenkontrolle zur Abwehr einer bestimmten Gefahr erlaubt wird, muss auch der Abgleich von diesem Zweck her seine Begrenzung finden. Sollen Fahndungsbest&#228;nde in den Abgleich einbezogen werden, die mit diesem Zweck nichts zu tun haben, so bedarf dies eines eigenen tragf&#228;higen Grundes. Ohne einen solchen Grund ist ein Abgleich, der Fahndungsbest&#228;nde einbezieht, die von vornherein zu dem Zweck der Kennzeichenkontrolle nicht beitragen k&#246;nnen, unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Dass der Gesetzgeber mit Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG die von ihm durch den Verweis auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG genau begrenzten Zwecke in dieser Weise unterlaufen und diese Begrenzung zur Durchsetzung eines hiervon abgel&#246;sten allgemeinen Fahndungsinteresses konterkarieren wollte, ist vor diesem Hintergrund nicht anzunehmen. Die weite Fassung der in Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG aufgef&#252;hrten Fahndungsbest&#228;nde muss verfassungskonform vielmehr dahin verstanden werden, dass sie in Blick auf die Gesamtheit der verschiedenen Varianten der Kennzeichenkontrolle die zum Abgleich er&#246;ffneten Fahndungsbest&#228;nde insgesamt umschreibt und die Polizei die jeweils relevanten Daten anlassbezogen auszuw&#228;hlen hat. In diesem Verst&#228;ndnis ist gegen die Reichweite der von Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG erfassten Fahndungsbest&#228;nde verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_112">112</a> </dt> <dd> <p>(c) Die Regelung gen&#252;gt auch den Bestimmtheitsanforderungen. Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist insbesondere, dass Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG die zum Abgleich er&#246;ffneten Fahndungsbest&#228;nde nur abstrakt, nicht aber unter Verweis auf konkrete Dateien umschreibt. Hierin liegt weder eine unzul&#228;ssige dynamische Verweisung, noch widerspricht das dem Bestimmtheitsgebot. Vielmehr hat der Gesetzgeber damit eine hinreichend klare Entscheidung getroffen, deren Gehalt sich durch Auslegung ermitteln l&#228;sst und die den Zugriff auf die nicht speziell auf die Kennzeichenkontrolle hin angelegten Fahndungsbest&#228;nde sachbezogen eingrenzt. Auf ihrer Grundlage darf die n&#228;here Auswahl aus den genannten Fahndungsbest&#228;nden den Beh&#246;rden &#252;berlassen werden, die sie nach pflichtgem&#228;&#223;em Ermessen und unter der Ber&#252;cksichtigung des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsprinzips vorzunehmen haben. Dass ihnen hierbei eine gewisse Einsch&#228;tzungspr&#228;rogative einger&#228;umt wird, ist verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_113">113</a> </dt> <dd> <p>(3) Im &#220;brigen ist die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Kennzeichenkontrolle nach der ersten Variante der Regelung - vorbehaltlich der f&#252;r alle Varianten geltenden verfahrensm&#228;&#223;igen Anforderungen an eine Dokumentation (unten Rn. 156 f.) - hinreichend gew&#228;hrleistet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_114">114</a> </dt> <dd> <p>Der Gesetzgeber verlangt, dass f&#252;r die Durchf&#252;hrung einer solchen Kennzeichenkontrolle entsprechende Lageerkenntnisse vorliegen m&#252;ssen (vgl. bereits BayVerfGH, Urteil vom 28. M&#228;rz 2003 - Vf. 7-VII-00 u.a. -, juris, Rn. 115). Dies unterstreicht die Notwendigkeit belastbarer tats&#228;chlicher Anhaltspunkte f&#252;r die Erforderlichkeit der Kontrollen; f&#252;r das Tatbestandsmerkmal der konkreten Gefahr verst&#228;rkt dies freilich nur die Anforderungen, die sich bereits aus dem Gefahrenbegriff ergeben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_115">115</a> </dt> <dd> <p>Zum Schutz vor einer &#252;berm&#228;&#223;ig weiten Erstreckung der Befugnisse begrenzt der Gesetzgeber die Durchf&#252;hrung solcher Ma&#223;nahmen weiter dahingehend, dass sie nicht fl&#228;chendeckend eingesetzt werden d&#252;rfen (Art. 33 Abs. 2 Satz 5 BayPAG). Dieses Merkmal ist zwar nicht sehr bedeutungsscharf und bedarf der Auslegung. Gemeint ist hiermit, dass die Kontrollen nur an einzelnen erfolgversprechenden Stellen, das hei&#223;t punktuell &#246;rtlich begrenzt durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen, nicht aber zu dem Zweck, kontrollfreie Bewegungen m&#246;glichst weitr&#228;umig oder gar im gesamten Zust&#228;ndigkeitsbereich der Beh&#246;rde auszuschlie&#223;en. In diesem Sinne grenzt das Merkmal die Durchf&#252;hrung solcher Ma&#223;nahmen im Einklang mit dem &#220;berma&#223;verbot weiter ein und ist als Erg&#228;nzung der weiteren Tatbestandsmerkmale auch unter Bestimmtheitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_116">116</a> </dt> <dd> <p>Keine Vorgaben enth&#228;lt die Vorschrift dazu, ob die Kennzeichenerfassung mobil oder statisch und ob sie dauerhaft oder zeitlich begrenzt durchgef&#252;hrt wird. Damit stellt sie die Entscheidung hierzu in das Ermessen der Polizei. Das ist weder unter Bestimmtheitsgesichtspunkten noch in der Sache zu beanstanden. Das Ermessen ist dabei unter Beachtung des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes auszu&#252;ben. F&#252;r die Abwehr von bestimmten einzelnen Gefahren kommt eine dauerhafte Einrichtung einer Kennzeichenkontrolle von vornherein nicht in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_117">117</a> </dt> <dd> <p>bb) Als zweite Variante regelt das Gesetz Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen an "gef&#228;hrlichen Orten" (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 BayPAG). Bei sachgerechter Auslegung und Anwendung der Bestimmung im Einzelfall ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_118">118</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Vorschrift erlaubt die Kennzeichenkontrolle an Orten, von denen auf Grund tats&#228;chlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass dort Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder ver&#252;ben, sich Personen ohne erforderliche Aufenthaltserlaubnis treffen, sich Straft&#228;ter verbergen oder Personen der Prostitution nachgehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_119">119</a> </dt> <dd> <p>Bei verst&#228;ndiger Auslegung der Vorschrift im Lichte des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes bestehen gegen die Vorschrift keine durchgreifenden Bedenken. Gerechtfertigt ist diese Vorschrift durch das Ziel, zur Sicherheit an diesen Orten beizutragen, und zu verhindern, dass sie zum schutzbietenden Ausgangspunkt f&#252;r die Ver&#252;bung von Straftaten werden. Soweit hierbei auf Orte abgestellt wird, an denen Personen der Prostitution nachgehen, richtet sich dies nicht gegen Prostituierte, sondern auf den Schutz vor mit der Prostitution einhergehender Kriminalit&#228;t - und damit nicht zuletzt auf den Schutz der Prostituierten selbst. Das Ziel, der Gefahr entgegenzuwirken, dass solche Orte zum Sammelpunkt von Straft&#228;tern und Personen ohne Aufenthaltsrecht werden, kn&#252;pft - unabh&#228;ngig von dem Einzelgewicht der Rechtsverst&#246;&#223;e - an ein strukturell erh&#246;htes Gefahrenpotential an und dient damit einem &#246;ffentlichen Interesse von erheblichem Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_120">120</a> </dt> <dd> <p>Die Regelung kn&#252;pft dabei nicht an eine blo&#223; abstrakte Gef&#228;hrlichkeit bestimmter Orte an, sondern begrenzt die Kontrollen auf Orte, f&#252;r die tats&#228;chliche Anhaltspunkte bestehen, dass sie von den in der Vorschrift genannten Personen ma&#223;geblich frequentiert werden. Sie enth&#228;lt damit nicht etwa eine Generalerm&#228;chtigung f&#252;r Kennzeichenkontrollen an praktisch allen wichtigen Verkehrsknotenpunkten oder Orten gr&#246;&#223;erer Zusammenk&#252;nfte von Menschen. Vielmehr muss es sich um Orte handeln, f&#252;r die in diesem Sinne konkrete Erkenntnisse der Polizei vorliegen. Das gilt auch f&#252;r die n&#228;here Bestimmung der jeweils tats&#228;chlichen Durchf&#252;hrung einer Kontrolle. Diese ist nicht etwa beliebig im weiteren Umfeld dieser Orte erlaubt, sondern nur dort, wo die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen tats&#228;chlich unmittelbar erf&#252;llt sind. Durch das alle Varianten &#252;bergreifende Erfordernis entsprechender Lageerkenntnisse in Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG wird das weiter abgesichert. Dabei muss der nach polizeilichen Erkenntnissen gef&#228;hrliche Ort gerade mit Kraftfahrzeugen aufgesucht werden (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks 15/10522, S. 2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_121">121</a> </dt> <dd> <p>(2) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist wiederum auch die Reichweite des nach Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG er&#246;ffneten Datenabgleichs. Die Vorschrift ist dabei auch hier so auszulegen, dass nur solche Fahndungsbest&#228;nde in den Abgleich einbezogen werden d&#252;rfen, die f&#252;r die Erreichung der sich aus Art. 13 Abs. 1 BayPAG (hier: Nr. 2) ergebenden Zwecke der Kennzeichenerfassung anlassbezogen relevant sein k&#246;nnen (oben Rn. 107 ff.). Danach muss die Auswahl der Fahndungsbest&#228;nde bei Erstellung der Abgleichdatei strikt darauf beschr&#228;nkt bleiben, solche Personen oder Sachen aufzufinden, hinsichtlich derer jeweils tats&#228;chliche Anhaltspunkte bestehen, dass sie an den betreffenden Orten gerade unter den in der Vorschrift genannten Gesichtspunkten anzutreffen sind. Fahndungsbest&#228;nde, denen f&#252;r die Erreichung des in Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 BayPAG gesetzten Zwecks keine erhebliche Bedeutung zukommt, d&#252;rfen in die Abgleichdatei nicht aufgenommen werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_122">122</a> </dt> <dd> <p>(3) Bei Gesamtabw&#228;gung ist damit Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 BayPAG tatbestandlich verfassungsrechtlich tragf&#228;hig ausgestaltet. W&#228;gt man das &#246;ffentliche Interesse an der Durchf&#252;hrung solcher Kontrollen an den in der Vorschrift genannten Orten mit der Beeintr&#228;chtigung der durch die Kennzeichenkontrollen betroffenen Personen unter der Ber&#252;cksichtigung der weiteren in die Vorschrift eingezogenen Ma&#223;gaben, zu denen insbesondere auch das Verbot einer fl&#228;chendeckenden &#220;berwachung geh&#246;rt, gegeneinander ab (oben Rn. 100), steht die Durchf&#252;hrung solcher Ma&#223;nahmen bei einer Auslegung der Regelung im Lichte der Verfassung nicht au&#223;er Verh&#228;ltnis.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_123">123</a> </dt> <dd> <p>cc) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Norm gleichfalls hinsichtlich ihrer dritten Variante, die zu Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen an "gef&#228;hrdeten Orten" erm&#228;chtigt (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 BayPAG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_124">124</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Vorschrift erlaubt Kennzeichenkontrollen in Verkehrs- oder Versorgungsanlagen oder -einrichtungen, in &#246;ffentlichen Verkehrsmitteln, Amtsgeb&#228;uden oder anderen besonders gef&#228;hrdeten Objekten oder in unmittelbarer N&#228;he hiervon. Die Begr&#252;ndung des Gesetzesentwurfs nennt als Beispiele Flugh&#228;fen, Bahnh&#246;fe, &#246;ffentliche Verkehrsmittel, milit&#228;rische Einrichtungen, Kernkraftwerke oder sonstige gef&#228;hrdete Objekte wie Konsulate ausl&#228;ndischer Staaten, die auf Grund der aktuellen Gef&#228;hrdungseinsch&#228;tzung besonderen Schutzes bed&#252;rfen (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks 15/2096, S. 16). Sie zielt damit auf einen Schutz sowohl dieser Objekte selbst und ihrer Funktion f&#252;r das &#246;ffentliche Leben sowie der in ihnen befindlichen Personen. Dies sind Schutzg&#252;ter von zumindest erheblichem Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_125">125</a> </dt> <dd> <p>Der Gesetzgeber hat f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kontrollen auch eine verfassungsrechtlich hinreichende Eingriffsschwelle eingezogen. Erlaubt sind diese nur, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder die Objekte selbst unmittelbar gef&#228;hrdet sind. Flankiert ist dies durch das f&#252;r die Norm insgesamt geltende Erfordernis des Vorliegens entsprechender Lageerkenntnisse aus Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_126">126</a> </dt> <dd> <p>(2) Bei dem gebotenen Verst&#228;ndnis als konkretisierungsbed&#252;rftiger Rahmen (oben Rn. 107 ff.) ist die Reichweite der Fahndungsbest&#228;nde des Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG auch hier nicht zu beanstanden. Da f&#252;r die Erstellung der Abgleichdatei aus dem Gesamtumfang dieser Fahndungsbest&#228;nde im Einzelfall diejenigen ausgew&#228;hlt werden m&#252;ssen, die zur Gew&#228;hrleistung der Sicherheit in oder an den gef&#228;hrdeten Objekten nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 BayPAG erheblich sein k&#246;nnen, ist sowohl eine hinreichende Begrenzung als auch ihre Ausrichtung auf ein hinreichend gewichtiges Rechtsgut gew&#228;hrleistet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_127">127</a> </dt> <dd> <p>(3) Die tatbestandliche Ausgestaltung der Vorschrift ist auch in der Gesamtabw&#228;gung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eingebettet in die allgemeinen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG und bei einer Einzelfallanwendung nach Ma&#223;gabe des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes, wie es allgemeinen Grunds&#228;tzen entspricht, sind gegen die Vorschrift verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_128">128</a> </dt> <dd> <p>dd) Als vierte Variante sieht das Gesetz Kennzeichenkontrollen an polizeilichen Kontrollstellen vor (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG). Bei einer Auslegung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG nach den Grunds&#228;tzen des allgemeinen Sicherheitsrechts, nach der die Einrichtung solcher Kontrollstellen eine konkrete Gefahr voraussetzt, steht auch diese Bestimmung mit Verfassungsrecht in Einklang.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_129">129</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Vorschrift er&#246;ffnet Kennzeichenkontrollen zur Unterst&#252;tzung von polizeilichen Kontrollstellen, soweit diese einerseits zur Verhinderung schwerer Straftaten sowie anderseits zur Verhinderung versammlungsrechtlicher Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten eingerichtet sind. Der Schutz vor diesen Straftaten ebenso wie der Schutz von Versammlungen betrifft Rechtsg&#252;ter von erheblichem Gewicht, die die Kennzeichenkontrolle rechtfertigen. Bei verst&#228;ndiger Auslegung der Vorschrift ist die Durchf&#252;hrung der Kennzeichenkontrollen auch auf hinreichend eingegrenzte Anl&#228;sse beschr&#228;nkt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_130">130</a> </dt> <dd> <p>(a) Das Ziel der Kennzeichenkontrollen nach der ersten Alternative der Vorschrift liegt - entsprechend dem Ziel der polizeilichen Kontrollstellen selbst - in der Verhinderung von Straftaten im Sinne des &#167; 100a StPO und damit in dem Schutz vor schweren Straftaten. Damit geht es um Rechtsg&#252;ter von zumindest erheblichem Gewicht. Nichts anderes gilt aber auch f&#252;r die in der Vorschrift genannten versammlungsrechtlichen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten. Zwar dienen die insoweit aufgef&#252;hrten Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nicht alle je f&#252;r sich dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht, jedoch geht es bei diesen Kontrollen nicht allein um die Verhinderung der einzelnen Delikte, sondern um den Schutz der Versammlungen als solchen. Hierin liegt ein Schutzzweck von erheblichem Gewicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_131">131</a> </dt> <dd> <p>(b) Die Durchf&#252;hrung solcher Kontrollen ist bei einer verst&#228;ndigen Auslegung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG nach den Grunds&#228;tzen des allgemeinen Sicherheitsrechts auf hinreichend eingegrenzte F&#228;lle beschr&#228;nkt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_132">132</a> </dt> <dd> <p>Die Durchf&#252;hrung von automatisierten Kennzeichenkontrollen nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG setzt das Bestehen einer polizeilichen Kontrollstelle voraus und soll sie entlasten. Wann polizeiliche Kontrollstellen ihrerseits eingerichtet werden d&#252;rfen, richtet sich nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG. Auch dieser regelt die Einrichtung der Kontrollstellen allerdings nicht explizit. Vielmehr setzt er diese dem Wortlaut nach als Grundlage f&#252;r eine Identit&#228;tsfeststellung voraus. Ersichtlich wollte der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift die Einrichtung von Kontrollstellen zur Identit&#228;tsfeststellung in einem Zusammenhang regeln.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_133">133</a> </dt> <dd> <p>Angesichts fehlender weiterer Ma&#223;gaben ist Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG nach den &#252;blichen Grunds&#228;tzen des allgemeinen Sicherheitsrechts auszulegen. Als Befugnis zur Gefahrenabwehr setzt er danach eine im Einzelfall bestehende Gefahr voraus (vgl. Art. 11 Abs. 1 BayPAG), dass Straftaten, wie sie mit der Kontrollstelle verhindert werden sollen, tats&#228;chlich bevorstehen. Angesichts der tatbestandlichen Offenheit der Vorschrift kann nur darin eine verfassungsrechtlich tragf&#228;hige Auslegung liegen. Zwar beschr&#228;nkt die Verfassung die Einrichtung von polizeilichen Kontrollstellen nicht auf Situationen, in denen eine konkrete Gefahr vorliegt. Vielmehr kann der Gesetzgeber Kontrollstellen auch unterhalb dieser Schwelle erlauben, etwa zum Schutz von gefahrentr&#228;chtigen Gro&#223;ereignissen oder eingebunden in spezifische polizeiliche Ermittlungsstrategien. Solche F&#228;lle muss er dann aber in hinreichend klarer und begrenzter Form regeln. Soweit er diesbez&#252;glich keine weiteren Ma&#223;gaben schafft, ist davon auszugehen, dass die Vorschrift durch das Erfordernis einer konkreten Gefahr in das allgemeine Sicherheitsrecht eingebunden bleiben sollte und hierdurch ihre verfassungsrechtlich erforderliche Begrenzung erh&#228;lt. Ein solches Verst&#228;ndnis bringt die Vorschrift auch nicht um ihren Gehalt, sondern f&#252;gt sich in die Zielrichtung des Art. 13 Abs. 1 BayPAG insgesamt ein: Dessen prim&#228;rer Zweck liegt darin, Identit&#228;tsfeststellungen unabh&#228;ngig von einer St&#246;rereigenschaft zu erm&#246;glichen; das objektive Vorliegen einer konkreten Gefahr setzt er dabei auch sonst zum Teil voraus (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BayPAG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_134">134</a> </dt> <dd> <p>Bei diesem Verst&#228;ndnis bestehen auch gegen die Erm&#228;chtigung zur Durchf&#252;hrung von Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen an solchen Stellen in Hinsicht auf das Erfordernis eines hinreichend bestimmten Anlasses keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Kennzeichenkontrolle ist danach nur erlaubt, wenn konkrete Hinweise auf schwere Straftaten oder auf erhebliche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in Bezug auf eine konkrete Versammlung vorliegen und in &#246;rtlichem Bezug hierzu eine polizeiliche Kontrollstelle eingerichtet wurde. Hierin liegt ein den Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen gen&#252;gender Anlass.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_135">135</a> </dt> <dd> <p>(c) Die Erm&#228;chtigung zu automatisierten Kennzeichenkontrollen an polizeilichen Kontrollstellen zur Verhinderung von versammlungsrechtlichen Straftaten oder zum Schutz von Versammlungen ist auch mit Art. 8 GG vereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_136">136</a> </dt> <dd> <p>Allerdings liegt in der Kennzeichenkontrolle an einer polizeilichen Kontrollstelle, die den Zugang zu einer Versammlung kontrolliert, ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 69, 315 &lt;349&gt;; 84, 203 &lt;209&gt;; Trurnit, NVwZ 2012, S. 1079 &lt;1080&gt;; Hong, in: Peters/Janz, Handbuch Versammlungsrecht, 2015, Kap. B Rn. 54; Enders, in: D&#252;rig-Friedl/Enders, Versammlungsrecht, 2016, &#167; 2 Rn. 35). Der Eingriff ist jedoch gerechtfertigt. Insbesondere gen&#252;gt er auch in Blick auf den besonderen Schutz der Versammlungsfreiheit den Anforderungen des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes. Danach sind solche Kontrollen nicht auf Situationen einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr zu beschr&#228;nken (a.A. Hong, a.a.O., Rn. 94; Enders, a.a.O., Rn. 35). Die Eingriffsschwelle der unmittelbar bevorstehenden Gefahr wurde von der Rechtsprechung f&#252;r Verbote und Aufl&#246;sungen von Versammlungen entwickelt (vgl. BVerfGE 69, 315 &lt;353 f.&gt;). Auf die hier in Frage stehenden Vorfeldkontrollen muss sie nicht &#252;bertragen werden. Gegen&#252;ber Verboten und Aufl&#246;sungen haben solche Kontrollen ein geringeres Gewicht, da sie die selbstbestimmte Durchf&#252;hrung der Versammlung als solche nicht beeintr&#228;chtigen und diese insbesondere auch sch&#252;tzen. F&#252;r die Rechtfertigung von solchen Kontrollen im Vorfeld gen&#252;gt es daher, wenn konkrete Anhaltspunkte daf&#252;r vorliegen, dass es bezogen auf eine bestimmte Versammlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu versammlungsrechtlichen Straftaten oder den in der Vorschrift genannten Ordnungswidrigkeiten kommen wird. Das aber deckt sich mit der nach Ma&#223;gabe einer Wahrscheinlichkeitsprognose zu bestimmenden Frage des Vorliegens einer konkreten Gefahr, wie sie f&#252;r die Auslegung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 BayPAG ma&#223;geblich ist und damit auch die Voraussetzungen einer entsprechenden Kennzeichenkontrolle bestimmt. F&#252;r den Eingriff in Art. 8 GG ist in formeller Hinsicht auch das Zitiergebot beachtet (vgl. Art. 74 BayPAG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_137">137</a> </dt> <dd> <p>(2) Ausgehend von dem oben dargelegten Verst&#228;ndnis des Art. 33 Abs. 2 Satz 3 BayPAG ist auch die Reichweite der Fahndungsbest&#228;nde nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Da aus den in der Vorschrift genannten Fahndungsbest&#228;nden konkret diejenigen ausgew&#228;hlt werden m&#252;ssen, die zum Erreichen des durch die Kontrolle erstrebten Zwecks erheblich sein k&#246;nnen, ist sowohl eine hinreichende Begrenzung als auch die Ausrichtung auf den Schutz eines Rechtsguts von zumindest erheblichem Gewicht gew&#228;hrleistet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_138">138</a> </dt> <dd> <p>(3) Bei dargelegtem Verst&#228;ndnis der Norm ist die tatbestandliche Ausgestaltung auch in der Gesamtsicht verfassungsgem&#228;&#223;. F&#252;r die im Rahmen der Gesamtabw&#228;gung zu ber&#252;cksichtigenden allgemeinen Ma&#223;gaben des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG kann auf oben verwiesen werden (oben Rn. 113 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_139">139</a> </dt> <dd> <p>ee) Als f&#252;nfte Variante sieht die Vorschrift automatisierte Kennzeichenkontrollen als Mittel der Schleierfahndung vor (Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG). Sie gen&#252;gt den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vollst&#228;ndig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_140">140</a> </dt> <dd> <p>(1) Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich durch das Ziel gerechtfertigt, als Ausgleich f&#252;r den Wegfall von Grenzkontrollen einer hierdurch erleichterten Begehung bestimmter Straftaten entgegenzutreten. Erforderlich ist daf&#252;r aber eine hieran orientierte konsequente und klare Begrenzung der Zwecke und Orte solcher Kontrollen. Dem gen&#252;gt die Regelung nicht in jeder Hinsicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_141">141</a> </dt> <dd> <p>(a) Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG erm&#228;chtigt zu Kennzeichenkontrollen im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km, auf Durchgangsstra&#223;en sowie in &#246;ffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs. Erlaubt sind diese bei Vorliegen entsprechender Lageerkenntnisse zur Verh&#252;tung oder Unterbindung des unerlaubten Aufenthalts und zur Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_142">142</a> </dt> <dd> <p>Die Regelung reicht damit weit. Ihr Zweck liegt allgemein in der Bek&#228;mpfung von Verst&#246;&#223;en gegen das Aufenthaltsrecht und der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t, ohne die Kontrollen auf die Verh&#252;tung von erheblichen Straftaten oder sonst auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von irgendeinem spezifizierten Gewicht zu begrenzen. Auch beschr&#228;nkt sie die Kontrollen nicht auf objektiv bestimmte Anl&#228;sse. Zwar wird f&#252;r die Kennzeichenkontrolle generell auf entsprechende Lageerkenntnisse verwiesen, jedoch bleibt damit offen, nach welchen Kriterien diese die Kontrollen rechtfertigen sollen. Letztlich handelt es sich um eine Befugnis, die allein final durch eine weit gefasste Zwecksetzung definiert ist. Eine solche Befugnis zu praktisch anlasslosen, nur final angeleiteten Ma&#223;nahmen ist - soweit sie nicht an eine spezifische Verantwortlichkeit der Betroffenen ankn&#252;pft (oben Rn. 94) - grunds&#228;tzlich mit verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vereinbar. Eine Rechtfertigung kommt daher nur unter besonderen Bedingungen in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_143">143</a> </dt> <dd> <p>(b) Eine solche Rechtfertigung findet die Regelung als Ausgleich f&#252;r den Wegfall der innereurop&#228;ischen Grenzkontrollen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_144">144</a> </dt> <dd> <p>Die Schleierfahndung wurde vom Gesetzgeber eingef&#252;hrt, um den unionsrechtlich bedingten Wegfall der innereurop&#228;ischen Grenzkontrollen zu kompensieren (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks 13/36, S. 4). F&#252;r diese war nach innerstaatlichem Recht anerkannt, dass sie ohne weiteren Anlass durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen. Dass der Staat an seinen Grenzen ohne weitere Voraussetzungen Kontrollen vornehmen darf, um zu entscheiden, wer ein- und ausreist, geh&#246;rt zum &#252;berlieferten Instrumentarium zur Sicherung der Territorialhoheit und zur Gew&#228;hrleistung von Recht und Sicherheit auf dem jeweiligen Staatsgebiet. Wenn die Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des Unionsrechts die Grenzen &#246;ffnet und auf Grenzkontrollen verzichtet, ist es im Grundsatz gerechtfertigt, wenn als Ausgleich hierf&#252;r zur Gew&#228;hrleistung der Sicherheit die allgemeinen Gefahrenabwehrbefugnisse spezifisch erweitert werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_145">145</a> </dt> <dd> <p>Dem steht nicht entgegen, dass die Kontrollen nicht auf Grenzg&#228;nger begrenzt sind und damit auch Personen betreffen, die die Grenze nicht &#252;berschritten haben. Sie sollen und k&#246;nnen nur ein die Sicherheit betreffender Ausgleich, nicht aber eine andere Form der Grenzkontrolle sein. Dies ergibt sich bereits aus dem Unionsrecht, das in Art. 67 Abs. 2, Art. 77 Abs. 1 Buchstabe a AEUV die Abschaffung der Grenzkontrollen bestimmt (vgl. n&#228;her Art. 20 und 21 der Verordnung [EG] Nr. 562/2006 vom 15. M&#228;rz 2006 [Schengener Grenzkodex], ABl L 105 vom 13. April 2006, S. 1; heute: Art. 22 und 23 der Verordnung [EU] Nr. 2016/399 vom 9. M&#228;rz 2016 [Schengener Grenzkodex], ABl L 77 vom 23. M&#228;rz 2016, S. 1). Der Europ&#228;ische Gerichtshof hat hierzu wiederholt entschieden, dass verdachtsunabh&#228;ngige Kontrollen in Grenzn&#228;he nicht den Charakter von Grenzkontrollen annehmen d&#252;rften (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli, C-188/10 und C-189/10, EU:C:2010:363, Rn. 69 f. und 74 f.; Urteil vom 21. Juni 2017, A., C-9/16, EU:C:2017:483, Rn. 34 ff. und 63). Damit darf ein Ausgleich f&#252;r den Wegfall der Grenzkontrollen aus Gr&#252;nden des Unionsrechts nur in Ma&#223;nahmen gesucht werden, die nicht speziell auf Grenzg&#228;nger beschr&#228;nkt sind, sondern auch Dritte erfassen k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_146">146</a> </dt> <dd> <p>Das ist nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Es liegt in der politischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die punktuellen Beeintr&#228;chtigungen durch anlasslose Kennzeichenkontrollen zur Bek&#228;mpfung von durch die Grenz&#246;ffnung bef&#246;rderten Gefahren als durch den in dieser Grenz&#246;ffnung liegenden Freiheitsgewinn aufgewogen anzusehen. Diese Grenz&#246;ffnung kommt auch allen zugute. Bei Personen im Grenzgebiet ist zudem anzunehmen, dass sie h&#228;ufiger die Grenze &#252;berschreiten werden als Personen im Landesinneren. Dass Personen im Grenzgebiet dann gelegentlich auch in Kontrollen geraten k&#246;nnen, wenn sie die Grenze nicht &#252;bertreten haben, macht die Ma&#223;nahmen ihnen gegen&#252;ber nicht unzumutbar im Sinne des &#220;berma&#223;verbots.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_147">147</a> </dt> <dd> <p>(c) Verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sind automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen freilich nur in dem Umfang, in dem sie einen konsequenten Grenzbezug haben und dieser gesetzlich in einer den Bestimmtheitsanforderungen gen&#252;genden Weise gesichert ist. Dem gen&#252;gt die Regelung weithin, aber nicht vollst&#228;ndig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_148">148</a> </dt> <dd> <p>Nicht zu beanstanden ist insoweit der mit den Kennzeichenkontrollen verfolgte Rechtsg&#252;terschutz. Er hat eine klar grenzbezogene Ausrichtung. Die Kontrollen dienen der Unterbindung von Aufenthaltsverst&#246;&#223;en und der Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t und damit der Bek&#228;mpfung von Gefahren, die durch die Grenz&#246;ffnung eine besondere Dringlichkeit erfahren. Der Begriff der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t ist dabei auch auslegungsf&#228;hig und hinreichend bestimmt. Er erfasst diejenige Kriminalit&#228;t, die die tats&#228;chlichen und rechtlichen Besonderheiten der Grenzsituation oder Grenzn&#228;he, insbesondere die Erschwerungen grenz&#252;berschreitender Fahndung und Strafverfolgung, ausnutzt (vgl. S&#228;chsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 212).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_149">149</a> </dt> <dd> <p>Nur zum Teil verfassungsrechtlich tragf&#228;hig ist demgegen&#252;ber die Bestimmung der Orte, an denen die Kennzeichenkontrollen durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen. Der Gesetzgeber hat diesbez&#252;glich sicherzustellen, dass nur Orte mit einem klaren Grenzbezug in Betracht kommen. Unklare Regelungen, die dazu f&#252;hren k&#246;nnen, dass sich der Grenzbezug in der Praxis verliert und sich Kontrollen weithin allgemein in das Landesinnere verschieben, sind damit unvereinbar. Unbedenklich ist danach, dass Kennzeichenkontrollen in einem Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen. Keine Bedenken bestehen auch gegen die Erm&#228;chtigung zu Kennzeichenkontrollen an &#246;ffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs. Diese haben ersichtlich einen &#246;rtlichen Grenzbezug. Auch handelt es sich hierbei um einen auslegungsf&#228;higen Begriff (vgl. BayVerfGH, Urteil vom 28. M&#228;rz 2003 - Vf. 7-VII-00 u.a. -, juris, Rn. 103; ebenso S&#228;chsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 196). Nicht hinreichend bestimmt und begrenzt sind die Kennzeichenkontrollen demgegen&#252;ber f&#252;r Orte, die au&#223;erhalb des 30 km-G&#252;rtels vorgenommen werden d&#252;rfen. Eine Befugnis zu Kontrollen allgemein auf Durchgangsstra&#223;en im ganzen Land ist mit Bestimmtheitsanforderungen nicht vereinbar und reicht zu weit. Daran &#228;ndert die gesetzliche Erl&#228;uterung des Begriffs der Durchgangsstra&#223;e in der nachfolgenden Klammer nichts: Indem dort nicht nur Bundesautobahnen und Europastra&#223;en, sondern auch "andere Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r den grenz&#252;berschreitenden Verkehr" genannt sind, ist eine hinreichend klare Beschr&#228;nkung solcher Kontrollen nicht sichergestellt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_150">150</a> </dt> <dd> <p>(2) Auch f&#252;r diese Tatbestandsvariante ist der Kennzeichenabgleich mit den Datenbest&#228;nden der zur Fahndung ausgeschriebenen Personen und Sachen nach Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG auf den Zweck des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG hin auszurichten. In die Abgleichdatei sind nur solche Fahndungsbest&#228;nde einzustellen, die f&#252;r die Verh&#252;tung oder Unterbindung von Verst&#246;&#223;en gegen das Aufenthaltsrecht oder die Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t Bedeutung haben k&#246;nnen. Wie dargelegt kann und muss Art. 33 Abs. 2 Satz 3 und 4 BayPAG in diesem Sinne ausgelegt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_151">151</a> </dt> <dd> <p>(3) Vorbehaltlich einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Begrenzung der au&#223;erhalb des 30 km-G&#252;rtels liegenden Orte, an denen Kennzeichenkontrollen als Mittel der Schleierfahndung eingesetzt werden d&#252;rfen, ist gegen deren tatbestandliche Ausgestaltung im &#220;brigen auch bei Gesamtsicht verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Zwar sind die Kontrollm&#246;glichkeiten hier besonders weit und objektiv wenig eingegrenzt. Zum Ausgleich der &#214;ffnung der Grenzen und des Wegfalls der Grenzkontrollen ist das bei einer Abw&#228;gung aller sich gegen&#252;berstehenden Gesichtspunkte unter Ber&#252;cksichtigung der allgemeinen Ma&#223;gaben des Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG, zu denen auch das Verbot einer fl&#228;chendeckenden Kontrolle geh&#246;rt (oben Rn. 113 ff.), jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_152">152</a> </dt> <dd> <p>Ins Gewicht f&#228;llt hierbei, dass die Schleierfahndung durch die Ma&#223;gaben des Unionsrechts rechtsstaatlich weiter abgefedert wird. Nach der Rechtsprechung des Europ&#228;ischen Gerichtshofs steht das Unionsrecht Regelungen wie der Schleierfahndung nur dann nicht entgegen, wenn mit ihnen ein Rechtsrahmen vorgegeben wird, der gew&#228;hrleistet, dass deren praktische Anwendung nicht die gleiche Wirkung wie Grenz&#252;bertrittskontrollen haben kann. Es ist insbesondere dann, wenn Indizien darauf hindeuten, dass eine gleiche Wirkung wie bei Grenz&#252;bertrittskontrollen besteht, durch Konkretisierungen und Einschr&#228;nkungen sicherzustellen, dass die praktische Aus&#252;bung der Schleierfahndung so eingefasst wird, dass eine gleiche Wirkung wie Grenz&#252;bertrittskontrollen vermieden wird. Der Rechtsrahmen muss schlie&#223;lich hinreichend genau und detailliert sein, damit sowohl die Notwendigkeit der Kontrollen als auch die konkret gestatteten Kontrollma&#223;nahmen selbst Kontrollen unterzogen werden k&#246;nnen (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Juni 2017, A., C-9/16, EU:C:2017:483, Rn. 37 ff.). Nach dem Stand der fachgerichtlichen Rechtsprechung, die das deutsche Recht an diesen Anforderungen zu messen hat, gen&#252;gen Regelungen wie die angegriffenen Vorschriften diesen unionsrechtlichen Ma&#223;gaben nicht und d&#252;rfen ohne konkretisierende verbindliche und transparente Regelung zur Lenkung der Intensit&#228;t, der H&#228;ufigkeit und der Selektivit&#228;t der Kontrollen in dieser Form nicht angewendet werden; sie bed&#252;rfen insoweit der Nachbesserung (vgl. VGH BW, Urteil vom 13. Februar 2018 - 1 S 1468/17 -, juris, Rn. 76 ff. und 86; Urteil vom 13. Februar 2018 - 1 S 1469/17 -, juris, Rn. 38 ff. und 43 - dort zu entsprechenden Fragen nach dem Bundespolizeigesetz). Insoweit wird durch die unionsrechtlichen Ma&#223;gaben die Handhabung der Kontrollbefugnisse weiteren Anforderungen unterworfen, die zu deren Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit beitragen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_153">153</a> </dt> <dd> <p>ff) Die angegriffenen Vorschriften gen&#252;gen im Wesentlichen auch den aus dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz folgenden &#252;bergreifenden Ma&#223;gaben an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle. Verfassungsrechtlich zu beanstanden ist allerdings, dass den Beh&#246;rden gesetzlich keine Dokumentationspflichten vorgeschrieben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_154">154</a> </dt> <dd> <p>(1) Verfassungsrechtlich unbedenklich ist es, dass die Kennzeichenkontrollen grunds&#228;tzlich verdeckt durchgef&#252;hrt werden (vgl. Art. 33 Abs. 2 Satz 2 BayPAG). Dies ist zur Erreichung der erstrebten Zwecke geeignet und erforderlich und durch sie gerechtfertigt. Anders als f&#252;r heimliche &#220;berwachungsma&#223;nahmen von h&#246;herer Eingriffsintensit&#228;t (vgl. BVerfGE 141, 220 &lt;269 Rn. 105 und 282 f. Rn. 134 ff.&gt;) bedarf es insoweit keiner Benachrichtigungspflicht. Das gilt auch im Trefferfall. Vielmehr reicht es unter Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgesichtspunkten, wenn die Betroffenen von den Kontrollen nur im Rahmen von ihnen gegen&#252;ber ergriffenen Folgema&#223;nahmen erfahren und deren Rechtm&#228;&#223;igkeit dann fachgerichtlich &#252;berpr&#252;fen lassen k&#246;nnen. Zu ber&#252;cksichtigen ist erg&#228;nzend, dass - auch wenn f&#252;r die Kennzeichenerfassung in der Praxis wohl nur ausnahmsweise zielf&#252;hrend - dar&#252;ber hinaus auch der allgemeine datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch besteht (vgl. Art. 48 BayPAG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_155">155</a> </dt> <dd> <p>(2) Eine aufsichtliche Kontrolle ist - wie verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfGE 65, 1 &lt;46&gt;; 67, 157 &lt;185&gt;; 133, 277 &lt;369 f. Rn. 214 f.&gt;; 141, 220 &lt;284 Rn. 141&gt;; stRspr) - vorgesehen. Neben der Fachaufsicht ist eine datenschutzrechtliche Kontrolle durch den Bayerischen Datenschutzbeauftragten gew&#228;hrleistet (Art. 49 BayPAG i.V.m. Art. 30 BayDSG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_156">156</a> </dt> <dd> <p>(3) Demgegen&#252;ber ist mit den Anforderungen des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes nicht vereinbar, dass das Gesetz keine Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen f&#252;r den Einsatz von automatisierten Kennzeichenkontrollen vorsieht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_157">157</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich ist hierf&#252;r, dass die Entscheidungen &#252;ber die Einrichtung einer solchen Kennzeichenkontrolle - anders als zu begr&#252;ndende Verwaltungsakte - den Betroffenen in keiner Weise mitgeteilt werden und mitgeteilt werden k&#246;nnen. Als verdeckte Ma&#223;nahmen werden sie &#252;berhaupt nur in den Trefferf&#228;llen bekannt und auch dann grunds&#228;tzlich nicht begr&#252;ndet. In der Regel vollzieht sich die Entscheidung &#252;ber die Kennzeichenerfassung allein im Inneren der Beh&#246;rde. Angesichts dieser Umst&#228;nde kann die Erm&#228;chtigung zur Kennzeichenerfassung nur dann als verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig angesehen werden, wenn die Entscheidungsgrundlagen f&#252;r die Durchf&#252;hrung einer solchen Ma&#223;nahme nachvollziehbar und &#252;berpr&#252;fbar dokumentiert werden (vgl. BVerfGE 133, 277 &lt;370 Rn. 215&gt;; 141, 220 &lt;284 f. Rn. 141&gt;; S&#228;chsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2013 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 218 ff.). Das betrifft insbesondere das in allen Tatbestandsvarianten geltende Erfordernis der "entsprechenden Lageerkenntnisse", das erst durch eine beh&#246;rdliche Konkretisierung n&#228;here Konturen erh&#228;lt, sowie die Auswahl der einbezogenen Fahndungsbest&#228;nde. F&#252;r die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit ist dies - bezogen auf alle F&#228;lle der Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle - von dreifacher Bedeutung: Zum einen rationalisiert und m&#228;&#223;igt es die Entscheidung der Beh&#246;rde selbst, wenn diese sich &#252;ber ihre Entscheidungsgrundlagen Rechenschaft ablegen muss. Zum anderen erm&#246;glicht die Dokumentation erst eine aufsichtliche Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragten, der in F&#228;llen eingeschr&#228;nkter individualrechtlicher Rechtsschutzm&#246;glichkeiten wie hier gesteigerte Bedeutung zukommt. Schlie&#223;lich wird damit die verwaltungsgerichtliche Kontrolle erleichtert, wenn solche Ma&#223;nahmen bekannt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_158">158</a> </dt> <dd> <p>gg) Das Gesetz sieht im Grundsatz auch verfassungsrechtlich tragf&#228;hige Regelungen zur Nutzung der Daten wie zur Datenl&#246;schung vor. Nicht hinreichend eingegrenzt ist allerdings die Verwendung der Daten f&#252;r weitere Zwecke.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_159">159</a> </dt> <dd> <p>(1) Art. 33 Abs. 2 BayPAG regelt in Satz 2 die Erhebung der Daten und in den S&#228;tzen 3 und 4 als Regelung zu deren Verwendung die Befugnis, diese im genannten Umfang mit dem Ziel abzugleichen, Aufschl&#252;sse zu den gesuchten Personen oder Sachen in Verfolgung der oben gepr&#252;ften Zwecke zu erhalten. Dass dieser Abgleich unverz&#252;glich zu erfolgen hat, wird bei verst&#228;ndiger Auslegung der Vorschrift vorausgesetzt und entspricht der Praxis. Kennzeichenerfassung und Kennzeichenabgleich erfolgen innerhalb des Bruchteils einer Sekunde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_160">160</a> </dt> <dd> <p>Art. 38 Abs. 3 Satz 1 BayPAG stellt des Weiteren sicher, dass die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen nach dem Abgleich unverz&#252;glich zu l&#246;schen sind. Dies entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;397, 399&gt;). Von der L&#246;schungsregelung sind auch die unechten Treffer erfasst, sobald gekl&#228;rt ist, dass es sich insoweit nicht um die ausgeschriebenen Kennzeichen handelt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_161">161</a> </dt> <dd> <p>Dem Zweck der Kennzeichenkontrollen entsprechend hat die L&#246;schung nach Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG demgegen&#252;ber zu unterbleiben, soweit ein Trefferfall vorliegt und die Daten zur Abwehr einer Gefahr ben&#246;tigt werden. Soweit hierdurch auf die Gefahren verwiesen wird, zu deren Abwehr die Kennzeichenerfassung durchgef&#252;hrt wird, ergibt sich die Unbedenklichkeit dieser Bestimmung aus der Rechtfertigung der Kennzeichenkontrolle selbst und erf&#252;llt sich hierin ihre Zweckbestimmung. F&#252;r die weitere Nutzung der Daten verweist die Vorschrift auf Art. 38 Abs. 1 und 2 BayPAG, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_162">162</a> </dt> <dd> <p>(2) Soweit Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG demgegen&#252;ber eine Nutzung der Daten &#252;ber den Zweck der jeweiligen Kennzeichenkontrolle hinaus f&#252;r weitere Aufgaben erlaubt, liegt hierin eine Zweck&#228;nderung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht vollst&#228;ndig gen&#252;gt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_163">163</a> </dt> <dd> <p>Eine solche Zweck&#228;nderung liegt jedenfalls darin, dass die Nutzung der Informationen allgemein f&#252;r alle Zwecke erlaubt wird, zu denen die Fahndungsbest&#228;nde erstellt oder die Dateien errichtet wurden. Die Polizei soll so auch Zufallserkenntnisse aus den Kennzeichenkontrollen nutzen k&#246;nnen, das hei&#223;t, sie soll auch in Bezug auf solche Personen oder Sachen Ma&#223;nahmen ergreifen k&#246;nnen, deren Identifizierung zu dem urspr&#252;nglichen Zweck der Kontrolle nichts beitr&#228;gt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_164">164</a> </dt> <dd> <p>Gegen eine solche &#214;ffnung ist verfassungsrechtlich grunds&#228;tzlich nichts zu erinnern. In ihr liegt ein eigener Eingriff durch die Erweiterung der Datennutzung f&#252;r neue Zwecke, der gerechtfertigt sein kann und durch die Fahndungszwecke vom Grundsatz her auch gerechtfertigt ist. Dabei steht die Verfassung einer solchen Regelung auch insoweit nicht entgegen, als es sich bei den Fahndungszwecken um solche der Strafverfolgung handelt, die unter die Gesetzgebungskompetenz des Bundes f&#228;llt. Denn es handelt sich hierbei um eine &#214;ffnung, die die Nutzung der Informationen f&#252;r weitere Zwecke lediglich erm&#246;glicht, nicht aber endg&#252;ltig regelt; endg&#252;ltig entscheidet im Rahmen dieser &#214;ffnung dann gegebenenfalls das Bundesrecht &#252;ber die Nutzung der Daten zu neuen Zwecken (oben Rn. 80).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_165">165</a> </dt> <dd> <p>Verfassungsrechtlich setzt eine Zweck&#228;nderung jedoch voraus, dass die entsprechenden Daten nach verfassungsrechtlichen Ma&#223;st&#228;ben neu auch f&#252;r den ge&#228;nderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Ermittlungsma&#223;nahmen erhoben werden d&#252;rften (vgl. BVerfGE 141, 220 &lt;327 f. Rn. 286 f.&gt; m.w.N.; stRspr). Verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist danach vorliegend eine weitere Nutzung nur, wenn sie dem Schutz von Rechtsg&#252;tern dient, die auch die Durchf&#252;hrung einer Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle rechtfertigen k&#246;nnten. Nach den oben entwickelten Kriterien ist dies grunds&#228;tzlich nur zum Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse der Fall (oben Rn. 99), das hei&#223;t f&#252;r das Strafrecht zur Verfolgung von Straftaten von zumindest erheblicher Bedeutung. Da dies f&#252;r Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG, soweit er eine Nutzung f&#252;r weitere Zwecke vorsieht, nicht sichergestellt ist, ist die Vorschrift mit der Verfassung insoweit nicht vereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_166">166</a> </dt> <dd> <p>(3) Keinen Einw&#228;nden unterliegt demgegen&#252;ber Art. 38 Abs. 3 Satz 3 BayPAG, soweit er klarstellt, dass die Einzelerfassungen von Daten nicht mit anderen Daten zu einem Bewegungsbild verbunden werden d&#252;rfen, wenn nicht ein Fall des Art. 33 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Buchstabe a BayPAG gegeben ist. Der Abgleich mit Dateien nach dieser letztgenannten Vorschrift zielt bewusst auf eine l&#228;ngerfristige punktuelle Observation und damit in begrenztem Sinne auch auf die Erstellung eines - begrenzten - Bewegungsbildes. Dies kann unter den insoweit ma&#223;geblichen Voraussetzungen grunds&#228;tzlich verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;416 ff.&gt;). Art. 38 Abs. 3 Satz 3 BayPAG nimmt insoweit auf die Vorschriften zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle und verdeckten Registrierung lediglich best&#228;tigend Bezug. Diese selbst sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>D.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_167">167</a> </dt> <dd> <p>Die angegriffenen Vorschriften sind teilweise f&#252;r nichtig und im &#220;brigen f&#252;r mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar zu erkl&#228;ren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_168">168</a> </dt> <dd> <p>1. Die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften f&#252;hrt grunds&#228;tzlich zu deren Nichtigkeit. Allerdings kann sich das Bundesverfassungsgericht, wie sich aus &#167; 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 BVerfGG ergibt, auch darauf beschr&#228;nken, eine verfassungswidrige Norm f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren (BVerfGE 109, 190 &lt;235&gt;). Es verbleibt dann bei einer blo&#223;en Beanstandung der Verfassungswidrigkeit ohne den Ausspruch der Nichtigkeit. Die Unvereinbarkeitserkl&#228;rung kann das Bundesverfassungsgericht dabei zugleich mit der Anordnung einer befristeten Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung verbinden. Dies kommt in Betracht, wenn die sofortige Ung&#252;ltigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz &#252;berragender G&#252;ter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen w&#252;rde und eine Abw&#228;gung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff f&#252;r eine &#220;bergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 33, 1 &lt;13&gt;; 109, 190 &lt;235 f.&gt;; 141, 220 &lt;351 Rn. 355&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_169">169</a> </dt> <dd> <p>2. Danach ist Art. 33 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG insoweit, als dieser zu Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Verh&#252;tung oder Unterbindung der unerlaubten &#220;berschreitung der Landesgrenze erm&#228;chtigt, f&#252;r mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig zu erkl&#228;ren. Da die Vorschrift insoweit gegen Art. 71, Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG verst&#246;&#223;t und eine ausdr&#252;ckliche Erm&#228;chtigung im Sinne des Art. 71 GG nicht besteht, kann der Landesgesetzgeber eine solche Regelung im Wege der Nachbesserung nicht herbeif&#252;hren. Nach &#167; 78 Satz 2 BVerfGG, der auch im Verfahren der Verfassungsbeschwerde gilt (vgl. BVerfGE 18, 288 &lt;300&gt;; 133, 377 &lt;423 Rn. 106&gt;; stRspr), wird im Interesse der Rechtsklarheit in demselben Umfang auch die Neufassung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG (in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts [PAG-Neuordnungsgesetz] vom 18. Mai 2018, BayGVBl S. 301) sowie Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG selbst in der dem vorliegenden Verfahren zugrundeliegenden Fassung und den nachfolgenden Fassungen f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar und nichtig erkl&#228;rt. Die Vorschriften versto&#223;en gegen Art. 71, Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG und damit, weil es in formeller Hinsicht an der Rechtfertigung des in ihnen liegenden Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung fehlt, auch gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_170">170</a> </dt> <dd> <p>3. Nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren ist demgegen&#252;ber Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG, soweit er auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 BayPAG verweist und dabei die automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht beschr&#228;nkt. Nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren ist Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5 BayPAG auch insoweit, als er auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 BayPAG verweist und dabei die Kontrollen &#252;ber die Bundesautobahnen und Europastra&#223;en hinaus auf Durchgangsstra&#223;en, einschlie&#223;end allgemein Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r den grenz&#252;berschreitenden Verkehr, zul&#228;sst. Weiterhin gilt dies auch insoweit, als keine Pflicht zur Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen f&#252;r den Einsatz von Kennzeichenkontrollen vorgesehen ist. F&#252;r verfassungswidrig zu erkl&#228;ren ist schlie&#223;lich Art. 38 Abs. 3 Satz 2 BayPAG, soweit er eine Verwendung der Daten f&#252;r andere Zwecke als die, f&#252;r die die Kennzeichenkontrolle nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 bis 5, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BayPAG durchgef&#252;hrt werden kann, erlaubt und dies nicht auf Verarbeitungen beschr&#228;nkt, die dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse dienen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_171">171</a> </dt> <dd> <p>Im Interesse der Rechtsklarheit sind nach &#167; 78 Satz 2 BVerfGG in demselben Umfang auch die insoweit inhaltlich unver&#228;nderten Nachfolgeregelungen der Kennzeichenkontrolle in Art. 39 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und Art. 39 Abs. 3 Satz 2 BayPAG (in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts [PAG-Neuordnungsgesetz] vom 18. Mai 2018, BayGVBl S. 301) lediglich f&#252;r mit dem Grundgesetz unvereinbar zu erkl&#228;ren. Die Unvereinbarkeitserkl&#228;rung wird mit der Anordnung ihrer vor&#252;bergehenden Fortgeltung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 verbunden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_172">172</a> </dt> <dd> <p>Insoweit sind diese Vorschriften nicht f&#252;r nichtig zu erkl&#228;ren. Die Gr&#252;nde f&#252;r die Verfassungswidrigkeit betreffen hier nicht den Kern der mit ihnen einger&#228;umten Befugnisse, sondern nur einzelne Aspekte ihrer rechtsstaatlichen Ausgestaltung. Der Gesetzgeber kann die Vorschriften insoweit ohne weiteres nachbessern und damit den Kern der mit ihnen verfolgten Ziele auf verfassungsm&#228;&#223;ige Weise verwirklichen. Angesichts der Bedeutung, die der Gesetzgeber der Kennzeichenkontrolle f&#252;r eine wirksame Gefahrenabwehr beimessen darf, ist unter diesen Umst&#228;nden deren vor&#252;bergehende Fortgeltung eher hinzunehmen als deren Nich-tigerkl&#228;rung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_173">173</a> </dt> <dd> <p>4. Im &#220;brigen sind die Vorschriften nach Ma&#223;gabe der Gr&#252;nde verfassungskonform auszulegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_174">174</a> </dt> <dd> <p>Da die angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen auf den teilweise verfassungswidrigen Vorschriften beruhen, verletzen sie den Beschwerdef&#252;hrer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist als letztinstanzliche Entscheidung aufzuheben und zur Entscheidung &#252;ber die Kosten zur&#252;ckzuverweisen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_175">175</a> </dt> <dd> <p>Die Auslagenentscheidung beruht auf &#167; 34a Abs. 2 BVerfGG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>IV.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_176">176</a> </dt> <dd> <p>Die Entscheidung ist hinsichtlich der Entscheidung, dass Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen auch im Nichttrefferfall einen Grundrechtseingriff begr&#252;nden (oben Rn. 45 bis 53), mit 5 : 2 Stimmen, sowie daran anschlie&#223;end hinsichtlich der allgemeinen Ausf&#252;hrungen zum Erfordernis eines konkreten Anlasses f&#252;r polizeiliche Kontrollen der vorliegenden Art (oben Rn. 91 bis 94) mit 6 : 1 Stimmen, im &#220;brigen einstimmig ergangen.</p> </dd> </dl> </div>
180,202
bverfg-2018-12-18-1-bvr-279509-1-bvr
{ "id": 3, "name": "Bundesverfassungsgericht", "slug": "bverfg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verfassungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 BvR 2795/09, 1 BvR 3187/10
2018-12-18T00:00:00
2019-02-07T14:17:51
2019-02-07T14:17:51
Beschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rs20181218.1bvr279509
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1. &#167; 26 Absatz 1 Nummer 4 und Nummer 5 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg in der Fassung des Gesetzes zur &#196;nderung des Polizeigesetzes vom 18. November 2008 (Gesetzblatt f&#252;r Baden-W&#252;rttemberg Seite 390) und &#167; 22a Absatz 1 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg, soweit er auf &#167; 26 Absatz 1 Nummer 4 und Nummer 5 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg verweist, sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes aufgrund des Versto&#223;es gegen Artikel 72 Absatz 1, Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>2. a) &#167; 18 Absatz 2 Nummer 5 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung des Gesetzes zur &#196;nderung des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 14. Dezember 2009 (Gesetz- und Verordnungsblatt f&#252;r das Land Hessen, Teil I, Seite 635), soweit er polizeiliche Kontrollstellen zur Verh&#252;tung von versammlungsrechtlichen Straftaten vorsieht, und &#167; 14a Absatz 1 Satz 1 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung, soweit er auf diesen verweist, sind mit Artikel 8 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) &#167; 22a Absatz 1 Satz 1 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg, soweit mit ihm auf &#167; 26 Absatz 1 Nummer 1 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg verwiesen wird, und &#167; 14a Absatz 1 Satz 1 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung, soweit mit ihm auf &#167; 18 Absatz 1 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung verwiesen wird, sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie die Kennzeichenkontrollen nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht beschr&#228;nken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>c) &#167; 22a Absatz 1 Satz 1 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg, soweit mit ihm auf &#167; 26 Absatz 1 Nummer 6 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg verwiesen wird, und &#167; 14a Absatz 1 Satz 1 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung, soweit mit ihm auf &#167; 18 Absatz 2 Nummer 6 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung verwiesen wird, sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit die Orte f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kontrollen in Hinblick auf deren Grenzbezug nicht hinreichend bestimmt beschr&#228;nkt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>d) &#167; 22a Absatz 4 Satz 4 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg und &#167; 14a Absatz 4 Satz 4 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung sind mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie die Verarbeitung der Kennzeichen zu weiteren Zwecken nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse beschr&#228;nken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>3. Die unter 2. angef&#252;hrten Vorschriften bleiben bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, l&#228;ngstens bis zum 31. Dezember 2019, nach Ma&#223;gabe der Gr&#252;nde weiter anwendbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>4. Im &#220;brigen werden die Verfassungsbeschwerden zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>5. Das Land Baden-W&#252;rttemberg hat den Beschwerdef&#252;hrern zu I., das Land Hessen dem Beschwerdef&#252;hrer zu II. die H&#228;lfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>A.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen polizeirechtliche Vorschriften in Baden-W&#252;rttemberg und Hessen, die zur automatisierten Kontrolle der Kennzeichen von Kraftfahrzeugen erm&#228;chtigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>1. Die Polizei in Baden-W&#252;rttemberg und in Hessen ist durch die angegriffenen Vorschriften erm&#228;chtigt, mittels des Einsatzes von Leseger&#228;ten die Kennzeichen von Kraftfahrzeugen zu erfassen und diese mit ausgeschriebenen Kennzeichen abzugleichen. Zur Funktionsweise der Leseger&#228;te und zum f&#252;r den Abgleich heranziehbaren Fahndungsbestand haben sowohl die Landesregierung von Baden-W&#252;rttemberg als auch die Hessische Staatskanzlei Stellung genommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>2. Nach Angaben der Landesregierung von Baden-W&#252;rttemberg verf&#252;gt das Land &#252;ber ein Ger&#228;t zur Kennzeichenkontrolle, das mobil oder tempor&#228;r station&#228;r eingesetzt werden k&#246;nne. Die bis zu zwei Kameras des Kennzeichenlesesystems und ein Laptop seien mit einem Kabel &#252;ber ein zentrales Steuerelement miteinander verbunden. Vor Einsatzbeginn m&#252;ssten die Kennzeichendaten des polizeilichen Fahndungsbestands tagesaktuell manuell auf den Laptop &#252;bertragen werden. Die Kennzeichenerfassung erfolge mittels der Kameras, der Abgleich offline mit dem auf dem Laptop eingespielten Kennzeichenbestand. Auf dem Bildschirm des Laptops w&#252;rden die erfassten Kennzeichenbilder zur Funktionskontrolle kurzzeitig dargestellt (in der Regel f&#252;r weniger als eine Sekunde). Im Nichttrefferfall finde keine Speicherung statt. Wenn das System einen Treffer melde, werde der Datensatz auf dem Bildschirm des Laptops dargestellt, sodass das Bild der Kennzeichenkamera mit dem Kennzeichen des Fahndungsbestands visuell verglichen werden k&#246;nne. Die Speicherung eines Trefferbildes erfolge nur im Arbeitsspeicher des Laptops. Treffer w&#252;rden mit dem Ausschalten des Ger&#228;ts f&#252;r den Anwender gel&#246;scht. Es sei vorgesehen, dass der angezeigte Treffer durch eine nachfolgende abschlie&#223;ende Abfrage im zentralen polizeilichen Fahndungsbestand &#252;berpr&#252;ft werde, um zu gew&#228;hrleisten, dass zwischenzeitlich erfolgte &#196;nderungen des Fahndungsbestands vor der Einleitung weiterer polizeilicher Ma&#223;nahmen ber&#252;cksichtigt w&#252;rden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Der zum Abgleich herangezogene Datenbestand variiere nicht je nach Zweck der Aufstellung des Kennzeichenlesesystems im konkreten Einsatzfall. Der Abgleich beschr&#228;nke sich jedoch immer auf die in &#167; 22a Abs. 2 Satz 3 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg vorgesehenen Zwecke. Datengrundlage seien die im Schengener Informationssystem (SIS) und im Polizeilichen Informationssystem (INPOL) zur Fahndung ausgeschriebenen Kennzeichen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>3. Nach Angaben der Hessischen Staatskanzlei wird im Kennzeichenfahndungsbestand nicht nach Zweck und Anlass der Kennzeichenerfassung unterschieden. Er bestehe aus t&#228;glich aktualisierten Sachfahndungsdaten des Schengener Informationssystems und dem hessischen Kennzeichenfahndungsbestand. Sobald das Kennzeichenlesesystem einen Treffer anzeige, erfolge ein visueller Abgleich zwischen dem Kennzeichenbild und der Trefferanzeige.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Mit ihren Verfassungsbeschwerden r&#252;gen die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer eine Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG durch die angegriffenen Bestimmungen. Der Beschwerdef&#252;hrer zu II. r&#252;gt zudem eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10 und Art. 13 GG durch die Daten&#252;bermittlung zwischen Polizeibeh&#246;rden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>1. a) Die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer in dem Verfahren 1 BvR 2795/09 greifen &#167; 22a in Verbindung mit &#167; 26 Abs. 1 des Polizeigesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg (PolG BW) in der Fassung des Gesetzes zur &#196;nderung des Polizeigesetzes vom 18. November 2008 (GBl.BW S. 390) an. &#167; 22a PolG BW lautet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">&#167; 22a</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Einsatz automatischer Kennzeichenlesesysteme</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) <sup>1</sup>Der Polizeivollzugsdienst kann zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bek&#228;mpfung von Straftaten bei Kontrollen nach &#167; 26 Abs. 1 durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel automatisch Bilder von Fahrzeugen aufzeichnen und deren Kennzeichen erfassen. <sup>2</sup>Die Bildaufzeichnung nach Satz 1 darf auch erfolgen, wenn die Insassen der Fahrzeuge unvermeidbar betroffen werden. <sup>3</sup>Datenerhebungen nach Satz 1 und 2 d&#252;rfen</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. nicht fl&#228;chendeckend,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. in den F&#228;llen des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 2 und 3 nicht dauerhaft,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. in den F&#228;llen des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5, wenn polizeiliche Erkenntnisse vorliegen, dass an der Kontrollstelle Straftaten oder im Kontrollbereich Straftaten nach &#167; 100a der Strafprozessordnung stattfinden oder verh&#252;tet werden k&#246;nnen, und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. in den F&#228;llen des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 6 nicht l&#228;ngerfristig</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">durchgef&#252;hrt werden. <sup>4</sup>Der Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 ist in geeigneter Weise f&#252;r Kontrollzwecke zu dokumentieren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) <sup>1</sup>Die ermittelten Kennzeichen d&#252;rfen automatisch mit dem Fahndungsbestand der Sachfahndungsdateien des beim Bundeskriminalamt nach den Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes in der jeweils geltenden Fassung gef&#252;hrten polizeilichen Informationssystems abgeglichen werden. <sup>2</sup>Die Sachfahndungsdateien des polizeilichen Informationssystems umfassen auch die nach den Vorschriften des Schengener Durchf&#252;hrungs&#252;bereinkommens zul&#228;ssigen Ausschreibungen von Fahrzeugkennzeichen im Schengener Informationssystem. <sup>3</sup>Der Abgleich nach Satz 1 beschr&#228;nkt sich auf Kennzeichen von Fahrzeugen, die</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. zur polizeilichen Beobachtung, verdeckten Registrierung oder gezielten Kontrolle nach &#167; 25 dieses Gesetzes, &#167;&#167; 163e und 463a der Strafprozessordnung, Artikel 99 des Schengener Durchf&#252;hrungs&#252;bereinkommens oder &#167; 17 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. auf Grund einer erheblichen Gefahr zur Abwehr einer Gefahr,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. auf Grund des Verdachts einer Straftat f&#252;r Zwecke der Strafverfolgung oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. aus Gr&#252;nden der Strafvollstreckung</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">ausgeschrieben sind. <sup>4</sup>Der Abgleich darf nur mit vollst&#228;ndigen Kennzeichen des Fahndungsbestands erfolgen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(3) <sup>1</sup>Die nach Absatz 1 Satz 1 erhobenen Daten sind, sofern die erfassten Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten sind, unverz&#252;glich nach Durchf&#252;hrung des Datenabgleichs automatisch zu l&#246;schen. <sup>2</sup>Die Datenerhebung und der Datenabgleich im Falle des Satzes 1 d&#252;rfen nicht protokolliert werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(4) <sup>1</sup>Ist das ermittelte Kennzeichen im Fahndungsbestand enthalten (Trefferfall), d&#252;rfen das Kennzeichen, die Bildaufzeichnung des Fahrzeugs sowie Angaben zu Ort, Fahrtrichtung, Datum und Uhrzeit gespeichert werden. <sup>2</sup>Das Fahrzeug und die Insassen d&#252;rfen im Trefferfall angehalten werden. <sup>3</sup>Weitere Ma&#223;nahmen d&#252;rfen erst nach &#220;berpr&#252;fung des Trefferfalls anhand des aktuellen Fahndungsbestands erfolgen. <sup>4</sup>Die nach Satz 1 gespeicherten sowie durch weitere Ma&#223;nahmen erlangten personenbezogenen Daten sind zu l&#246;schen, soweit sie nicht erforderlich sind</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. zu dem Zweck, f&#252;r den das Kennzeichen in den Fahndungs- bestand aufgenommen wurde,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. zur Verfolgung von Straftaten oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. zur Abwehr einer Gefahr.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>&#167; 26 Abs. 1 PolG BW, auf den &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW verweist, lautet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">&#167; 26</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Personenfeststellung</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) Die Polizei kann die Identit&#228;t einer Person feststellen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. um im einzelnen Falle eine Gefahr f&#252;r die &#246;ffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine St&#246;rung der &#246;ffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. wenn sie an einem Ort angetroffen wird, an dem erfahrungsgem&#228;&#223; Straft&#228;ter sich verbergen, Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder ver&#252;ben, sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder ausl&#228;nderrechtliche Duldung treffen oder der Prostitution nachgehen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. wenn sie in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem &#246;ffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgeb&#228;ude oder einem anderen besonders gef&#228;hrdeten Objekt oder in unmittelbarer N&#228;he hiervon angetroffen wird und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, da&#223; in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. wenn sie an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Polizei zum Zwecke der Fahndung nach Straft&#228;tern eingerichtet worden ist,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">5. wenn sie innerhalb eines Kontrollbereichs angetroffen wird, der von der Polizei eingerichtet worden ist zum Zwecke der Fahndung nach Personen, die als T&#228;ter oder Teilnehmer eine der in &#167; 100a der Strafproze&#223;ordnung genannten Straftaten begangen oder in F&#228;llen, in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet haben. Der Kontrollbereich kann, au&#223;er bei Gefahr im Verzug, nur vom Innenministerium oder von einem Regierungspr&#228;sidium oder dem Polizeipr&#228;sidium Stuttgart mit Zustimmung des Innenministeriums eingerichtet werden, oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">6. zum Zwecke der Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t in &#246;ffentlichen Einrichtungen des internationalen Verkehrs sowie auf Durchgangsstra&#223;en (Bundesautobahnen, Europastra&#223;en und andere Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r die grenz&#252;berschreitende Kriminalit&#228;t).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) - (3) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>b) Der Beschwerdef&#252;hrer in dem Verfahren 1 BvR 3187/10 greift &#167; 14a in Verbindung mit &#167; 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 6 des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung des Gesetzes zur &#196;nderung des Hessischen Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung und anderer Gesetze vom 14. Dezember 2009 (GVBl I S. 635) an. &#167; 14a HSOG lautet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">&#167; 14a</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Automatische Kennzeichenlesesysteme</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) <sup>1</sup>Die Polizeibeh&#246;rden k&#246;nnen unter den Voraussetzungen des &#167; 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 6 zur Abwehr einer Gefahr oder zur vorbeugenden Bek&#228;mpfung von Straftaten durch den Einsatz technischer Mittel automatisch Bilder von Fahrzeugen aufzeichnen und deren Kennzeichen erfassen. <sup>2</sup>Die Bildaufzeichnung nach Satz 1 kann auch erfolgen, wenn die Insassen der Fahrzeuge unvermeidbar betroffen werden. <sup>3</sup>Datenerhebungen nach Satz 1 und 2 d&#252;rfen</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. nicht fl&#228;chendeckend,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. in den F&#228;llen des &#167; 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 nicht dauer- haft und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. in den F&#228;llen des &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 und 6 nicht l&#228;ngerfristig</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">durchgef&#252;hrt werden. <sup>4</sup>Der Einsatz technischer Mittel nach Satz 1 ist in geeigneter Weise f&#252;r Kontrollzwecke zu dokumentieren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) <sup>1</sup>Die ermittelten Kennzeichen k&#246;nnen automatisch mit dem Fahndungsbestand der Sachfahndungsdateien des beim Bundeskriminalamt nach den Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes vom 7. Juli 1997 (BGBl. I S. 1650), zuletzt ge&#228;ndert durch Gesetz vom 6. Juni 2009 (BGBl. I S. 1226), und des beim Hessischen Landeskriminalamt nach den Vorschriften dieses Gesetzes gef&#252;hrten polizeilichen Informationssystems abgeglichen werden. <sup>2</sup>Die Sachfahndungsdateien des polizeilichen Informationssystems umfassen auch die nach den Vorschriften des Schengener Durchf&#252;hrungs&#252;bereinkommens zul&#228;ssigen Ausschreibungen von Fahrzeugkennzeichen im Schengener Informationssystem. <sup>3</sup>Der Abgleich nach Satz 1 beschr&#228;nkt sich auf Kennzeichen von Fahrzeugen, die</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. nach den &#167;&#167; 163e und 463a der Strafprozessordnung, Art. 99 des Schengener Durchf&#252;hrungs&#252;bereinkommens, &#167; 17 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, &#167; 20i des Bundeskriminalamtgesetzes, &#167; 17 oder einer vergleichbaren Rechtsvorschrift eines anderen Bundeslandes,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. aufgrund einer Gefahr zur Abwehr einer Gefahr,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. aufgrund des Verdachts einer Straftat f&#252;r Zwecke der Strafverfolgung oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. aus Gr&#252;nden der Strafvollstreckung</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">ausgeschrieben sind. <sup>4</sup>Der Abgleich hat sofort nach der Erhebung der Daten nach Abs. 1 Satz 1 stattzufinden und darf nur mit vollst&#228;ndigen Kennzeichen des Fahndungsbestands erfolgen. <sup>5</sup>Bewegungsbilder d&#252;rfen nicht erstellt werden; Satz 3 Nr. 1 bleibt unber&#252;hrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(3) <sup>1</sup>Die nach Abs. 1 Satz 1 erhobenen Daten sind, sofern die erfassten Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten sind, sofort automatisiert zu l&#246;schen. <sup>2</sup>Die Datenerhebung und der Datenabgleich im Falle des Satzes 1 d&#252;rfen nicht protokolliert werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(4) <sup>1</sup>Ist das ermittelte Kennzeichen im Fahndungsbestand enthalten (Trefferfall), k&#246;nnen das Kennzeichen, die Bildaufzeichnung des Fahrzeugs sowie Angaben zu Ort, Fahrtrichtung, Datum und Uhrzeit gespeichert werden. <sup>2</sup>Das Fahrzeug und die Insassen k&#246;nnen im Trefferfall angehalten werden. <sup>3</sup>Weitere Ma&#223;nahmen d&#252;rfen erst nach &#220;berpr&#252;fung des Trefferfalls anhand des aktuellen Fahndungsbestands erfolgen. <sup>4</sup>Die nach Satz 1 gespeicherten sowie durch weitere Ma&#223;nahmen erlangten personenbezogenen Daten k&#246;nnen weiterverarbeitet werden, soweit dies f&#252;r Zwecke der Gefahrenabwehr erforderlich ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>&#167; 18 HSOG, auf den &#167; 14a Abs. 1 HSOG verweist, lautet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">&#167; 18</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">Identit&#228;tsfeststellung und Pr&#252;fung von Berechtigungsscheinen</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(1) Die Gefahrenabwehr- und die Polizeibeh&#246;rden k&#246;nnen die Identit&#228;t einer Person feststellen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr, zur Erf&#252;llung der ihnen durch andere Rechtsvorschriften zugewiesenen weiteren Aufgaben (&#167; 1 Abs. 2) oder zum Schutz privater Rechte (&#167; 1 Abs. 3) erforderlich ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(2) Die Polizeibeh&#246;rden k&#246;nnen die Identit&#228;t einer Person feststellen, wenn</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">1. die Person sich an einem Ort aufh&#228;lt,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">a) von dem aufgrund tats&#228;chlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass dort</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">aa) Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder ver&#252;ben,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">bb) sich Personen ohne erforderlichen Aufenthaltstitel treffen oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">cc) sich Straft&#228;terinnen oder Straft&#228;ter verbergen, oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">b) an dem Personen der Prostitution nachgehen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">2. dies zur Leistung von Vollzugshilfe (&#167; 1 Abs. 5) erforderlich ist,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">3. die Person sich in einer Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder -einrichtung, einem &#246;ffentlichen Verkehrsmittel, Amtsgeb&#228;ude oder einem anderen besonders gef&#228;hrdeten Objekt oder in dessen unmittelbarer N&#228;he aufh&#228;lt und tats&#228;chliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden sollen, durch die in oder an diesen Objekten befindliche Personen oder diese Objekte selbst unmittelbar gef&#228;hrdet sind, und dies aufgrund der Gef&#228;hrdungslage oder auf die Person bezogener Anhaltspunkte erforderlich ist,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">4. die Person sich im r&#228;umlichen Umfeld einer Person aufh&#228;lt, die in besonderem Ma&#223;e als gef&#228;hrdet erscheint, und tats&#228;chliche Anhaltspunkte die Ma&#223;nahme zum Schutz der Personen rechtfertigen,</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">5. die Person an einer Kontrollstelle angetroffen wird, die von der Polizeibeh&#246;rde auf &#246;ffentlichen Stra&#223;en oder Pl&#228;tzen oder an anderen &#246;ffentlich zug&#228;nglichen Orten eingerichtet worden ist, um eine der in &#167; 100a der Strafprozessordnung bezeichneten Straftaten oder eine Straftat nach &#167; 27 des Versammlungsgesetzes zu verh&#252;ten. Die Einrichtung von Kontrollstellen ist nur mit Zustimmung des f&#252;r die Polizei zust&#228;ndigen Ministeriums oder von ihm benannter Stellen zul&#228;ssig, es sei denn, dass Gefahr im Verzug vorliegt, oder</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">6. die Person in Einrichtungen des internationalen Verkehrs, auf Stra&#223;en oder auf Bundeswasserstra&#223;en, soweit aufgrund von Lageerkenntnissen oder polizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese von erheblicher Bedeutung f&#252;r die grenz&#252;berschreitende Kriminalit&#228;t sind, angetroffen wird zur vorbeugenden Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">(3) - (7) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Der von dem Beschwerdef&#252;hrer au&#223;erdem angegriffene &#167; 22 Abs. 1 Satz 2 HSOG regelt in der vom 23. Dezember 2009 bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung die &#220;bermittlung von Daten an Polizeibeh&#246;rden des Bundes und anderer L&#228;nder sowie der anderen Mitgliedstaaten der Europ&#228;ischen Union und der am Schengen-Besitzstand teilhabenden assoziierten Staaten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>2. a) Die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer sehen sich durch diese Regelungen selbst, gegenw&#228;rtig und unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen. Sie seien eingetragene Halter von Personenkraftwagen, mit denen sie regelm&#228;&#223;ig auf den Stra&#223;en des jeweiligen Bundeslandes unterwegs seien, und w&#252;rden mit erheblicher Wahrscheinlichkeit in nach den angegriffenen Vorschriften durchgef&#252;hrte Kennzeichenkontrollen geraten. Eine gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der Kennzeichenkontrollen sei aufgrund der verdeckten Durchf&#252;hrung und der nicht vorgesehenen Benachrichtigung nicht gew&#228;hrleistet. Dies r&#252;gt der Beschwerdef&#252;hrer zu II. auch f&#252;r die &#220;bermittlung von Daten nach &#167; 22 Abs. 1 Satz 2 HSOG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>b) Die Kennzeichenkontrolle greife in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Die Kennzeichenerfassung verfolge das Ziel, die erhobenen Daten f&#252;r die staatlichen Datenverarbeitungssysteme verf&#252;gbar zu machen, um sie mit dem Fahndungsbestand abgleichen zu k&#246;nnen. Die L&#246;schung in Nichttrefferf&#228;llen und unechten Trefferf&#228;llen erfolge erst nach dem Abgleich, sodass ein Grundrechtseingriff vorliege.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>c) Die gesetzlichen Grundlagen der Kennzeichenkontrolle seien formell verfassungswidrig. Die L&#228;nder verf&#252;gten f&#252;r den Erlass der Regelungen nicht &#252;ber die entsprechende Gesetzgebungskompetenz. Zweck der Kennzeichenkontrolle sei der Abgleich mit den im Fahndungsbestand enthaltenen Ausschreibungen, die auch repressive Zwecke verfolgten. Ma&#223;nahmen zum Zwecke der Strafverfolgung unterfielen jedoch der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Dieser habe von seiner Kompetenz abschlie&#223;end Gebrauch gemacht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Zudem verstie&#223;en die angegriffenen Normen gegen die Grunds&#228;tze der Bestimmtheit und der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit. Sowohl der zum Abgleich herangezogene Fahndungsbestand als auch die Verwendung der erhobenen Daten seien nicht hinreichend bestimmt geregelt. Angesichts der hohen Eingriffstiefe seien die Regelungen zur Kennzeichenkontrolle auch unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ausgestaltet. Es fehlten spezifisch auf die Ma&#223;nahme der automatisierten Kennzeichenkontrolle abgestimmte Voraussetzungen, da lediglich auf die weiten Tatbestandsvoraussetzungen der Identit&#228;tsfeststellung verwiesen werde. Des Weiteren sei der abzugleichende Fahndungsbestand nicht auf die Zwecke der Kennzeichenkontrolle abgestimmt. Die angegriffenen Normen enthielten zudem keine ausreichende Zweckbindung der erhobenen Daten f&#252;r F&#228;lle der Verwendung zu anderen Zwecken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>d) Weiterhin verlange Art. 19 Abs. 4 GG, dass die von einer Kennzeichenkontrolle Betroffenen hier&#252;ber in Kenntnis gesetzt w&#252;rden. Dazu k&#246;nnten Hinweisschilder nach der Kontrollstelle aufgestellt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>e) Hinsichtlich der Daten&#252;bermittlung an ausl&#228;ndische Stellen in &#167; 22 Abs. 1 Satz 2 HSOG macht der Beschwerdef&#252;hrer zu II. geltend, dass die Regelung angesichts der zur &#220;bermittlung vorgesehenen Daten in seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 10 und Art. 13 GG eingreife. Die Norm sei nicht bestimmt genug. Zudem enthalte die Vorschrift kaum Voraussetzungen und Grenzen f&#252;r die Daten&#252;bermittlung, was die Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Regelung begr&#252;nde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Zu den Verfassungsbeschwerden Stellung genommen haben die Landesregierung von Baden-W&#252;rttemberg, die Hessische Staatskanzlei, das Bundesverwaltungsgericht, der Landesbeauftragte f&#252;r den Datenschutz Baden-W&#252;rttemberg, der Hessische Datenschutzbeauftragte, der S&#228;chsische Datenschutzbeauftragte und das Unabh&#228;ngige Landeszentrum f&#252;r Datenschutz Schleswig-Holstein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>1. Die Landesregierung von Baden-W&#252;rttemberg h&#228;lt die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2795/09 f&#252;r nicht begr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>a) Der Einsatz automatischer Kennzeichensysteme greife nur dann in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein, wenn das Kennzeichen nicht unverz&#252;glich mit dem Fahndungsbestand abgeglichen und ohne weitere Auswertung sofort wieder gel&#246;scht werde. Das vom Land Baden-W&#252;rttemberg beschaffte Ger&#228;t sichere bei Nichttreffern die Spurenlosigkeit und Anonymit&#228;t des Verfahrens. &#167; 22a Abs. 3 Satz 1 PolG BW sichere, dass der Abgleich unverz&#252;glich nach der Erfassung und die L&#246;schung unverz&#252;glich nach dem Abgleich erfolge.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>b) Im Falle eines Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei dieser durch die Regelungen in &#167; 22a PolG BW gerechtfertigt. Diese Norm sei formell und materiell mit der Verfassung vereinbar. Das Land besitze die Gesetzgebungskompetenz f&#252;r die Regelung der automatisierten Kennzeichenkontrolle, da diese nach ihrem Schwerpunkt der Abwehr allgemeiner Gefahren f&#252;r die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung diene. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung. Im &#220;brigen mache die Bezugnahme auf &#167; 26 Abs. 1 PolG BW die pr&#228;ventive Ausrichtung deutlich. Dass die Fahndungsdateien auch Ausschreibungen zu repressiven Zwecken enthielten, stehe dem nicht entgegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>c) Die angegriffenen Regelungen seien auch materiell verfassungskonform. Die Voraussetzungen f&#252;r die Erfassung der Kennzeichen seien in &#167; 22a Abs. 1 PolG BW und &#167; 26 Abs. 1 PolG BW tatbestandlich hinreichend handlungsbegrenzend geregelt. Der zum Abgleich heranziehbare Datenbestand und der Zweck des Abgleichs w&#252;rden in &#167; 22a Abs. 2 PolG BW hinreichend bestimmt aufgef&#252;hrt. Die Regelung der Kennzeichenkontrolle wahre auch die Anforderungen der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit. Die Verkn&#252;pfung von &#167; 22a PolG BW mit &#167; 26 Abs. 1 PolG BW sichere, dass die Kennzeichenkontrolle nur unter engen rechtlichen und tats&#228;chlichen Voraussetzungen zul&#228;ssig sei. Es seien zudem verschiedene gesetzliche Beschr&#228;nkungen der Kennzeichenkontrolle in &#167; 22a Abs. 1 Satz 3 PolG BW vorgesehen. Dass im Rahmen des Abgleichs auch auf Mischdateien zugegriffen werde, f&#252;hre nicht zur Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Regelung, da die Zugriffszwecke hinreichend gesetzlich bestimmt seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>d) Es liege auch kein Versto&#223; gegen Art. 19 Abs. 4 GG vor. Die Kennzeichenerfassung d&#252;rfe verdeckt erfolgen. Aus Art. 19 Abs. 4 GG folge keine Pflicht, Betroffene zu benachrichtigen. Vielmehr bestehe nach &#167; 45 PolG BW ein Auskunftsanspruch.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>2. Die Hessische Staatskanzlei h&#228;lt die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 3187/10 f&#252;r unzul&#228;ssig und unbegr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>a) Die Verfassungsbeschwerde missachte den Grundsatz der Subsidiarit&#228;t, da ein Fahrzeughalter im Wege der vorbeugenden Unterlassungsklage vor den Verwaltungsgerichten gegen die ihn m&#246;glicherweise betreffende Kennzeichenerfassung vorgehen k&#246;nne. Dies gelte auch f&#252;r eine m&#246;gliche Daten&#252;bermittlung. Fachgerichtlichen Rechtsschutz habe der Beschwerdef&#252;hrer jedoch nicht gesucht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>b) Die Regelungen zur Kennzeichenkontrolle hielten sich im Rahmen der dem Land zustehenden Gesetzgebungskompetenz. Die Kennzeichenkontrolle diene der Gefahrenabwehr und der vorbeugenden Bek&#228;mpfung von Straftaten. Zwar habe die Verfolgungsvorsorge repressiven Charakter, sie sei allerdings bundesrechtlich nicht ersch&#246;pfend geregelt. Die Aufgabe der Gefahrenabwehr werde durch den Wortlaut der angegriffenen Regelungen deutlich. Die Zust&#228;ndigkeit des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG sei nicht betroffen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>c) Der Beschwerdef&#252;hrer k&#246;nne durch die Regelungen zur Kennzeichenkontrolle nicht in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sein. Er k&#246;nne allenfalls zum Gegenstand eines unechten Treffers werden, da sein Kennzeichen nicht im Fahndungsbestand enthalten sei. Bei unechten Treffern liege jedoch kein Grundrechtseingriff vor, da sich das beh&#246;rdliche Interesse in einem solchen Fall darauf beschr&#228;nke, den Fehler zu erkennen und die Darstellung des unrichtig erkannten Kennzeichens umgehend zu l&#246;schen. Auch in Nichttrefferf&#228;llen sei ein Eingriff in den Schutzbereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts ausgeschlossen. Ob die angegriffenen Regelungen auch bei Trefferf&#228;llen mit Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar seien, k&#246;nne dahinstehen, da der Beschwerdef&#252;hrer nicht ausreichend vorgetragen habe, dass sein Fahrzeugkennzeichen in dem f&#252;r den Abgleich heranzuziehenden Fahndungsbestand erfasst sein k&#246;nne.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>3. Nach Auffassung des Landesbeauftragten f&#252;r den Datenschutz Baden-W&#252;rttemberg liegt in der automatischen Kennzeichenerfassung ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Es sei &#252;berpr&#252;fungsbed&#252;rftig, ob der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht ber&#252;hrt sei, wenn nach dem Abgleich eine unverz&#252;gliche L&#246;schung erfolge. Die vom Bundesverfassungsgericht vorgenommene Einschr&#228;nkung des Schutzbereichs f&#252;hre in der Praxis immer wieder zu Abgrenzungsschwierigkeiten. Die L&#246;schung k&#246;nne ausreichend als Frage der Eingriffstiefe ber&#252;cksichtigt werden. Ferner m&#252;sse beachtet werden, dass die Information, dass ein das Kennzeichenleseger&#228;t durchfahrendes Kraftfahrzeug nicht im Datenbestand enthalten ist (Nichttrefferfall), ein personenbezogenes Datum sei, dessen Erhebung in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreife. Im Falle des unechten Treffers sowie des Treffers liege ohne Zweifel ein Grundrechtseingriff vor. Die Regelungen der Kennzeichenkontrolle in Baden-W&#252;rttemberg stie&#223;en im Hinblick auf die Bestimmtheit und die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit auf Bedenken.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>4. Nach Auffassung des Hessischen Datenschutzbeauftragten ist eine allgemeine Aussage, dass eine Datenerhebung nur vorliege, wenn mehr als eine rein technische Verarbeitung von Informationen erfolgt, nicht mehr sachdienlich. Dies h&#228;nge vielmehr von der konkreten technischen Ausgestaltung, aber auch vom Zweck und den besonderen Umst&#228;nden der Informationsverarbeitung ab. Hinsichtlich der hessischen Regelungen zur Kennzeichenkontrolle sei der Grundsatz der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit nicht gewahrt, da die Eingriffsschwelle zu niedrig sei. Zudem enthielten die Normen keine ausreichende Differenzierung der bei dem jeweiligen Einsatz zu verwendenden Abgleichdatenbest&#228;nde. Der zum Abgleich heranziehbare Datenbestand enthalte in nicht unerheblicher Menge Daten, die im Zusammenhang mit strafprozessualen Ma&#223;nahmen eingestellt worden seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>5. Zu den Verfassungsbeschwerden hat sich auch der S&#228;chsische Datenschutzbeauftragte ge&#228;u&#223;ert. Er erl&#228;utert die Funktionsweise der in Sachsen eingesetzten Kennzeichenleseger&#228;te und teilt statistische Zahlen zum Einsatz dieser Systeme mit. Nach Auffassung des Unabh&#228;ngigen Landeszentrums f&#252;r Datenschutz Schleswig-Holstein bedarf es angesichts der zunehmenden M&#246;glichkeit der automatisierten Auswertung von Daten einer erneuten Pr&#252;fung, ob die im Urteil zu den Regelungen der Kennzeichenkontrolle in Hessen und Schleswig-Holstein (vgl. BVerfGE 120, 378) aufgestellten Ma&#223;st&#228;be zutreffend und ausreichend seien, um dem im Volksz&#228;hlungsurteil des Bundesverfassungsgerichts formulierten Schutzgedanken des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung zu tragen. Das f&#252;r Kennzeichenkontrollen herangezogene Eingriffskriterium der Interessenverdichtung der Beh&#246;rde k&#246;nne dazu f&#252;hren, dass anlasslos s&#228;mtliches Verhalten der B&#252;rgerinnen und B&#252;rger im Vorfeld von Gefahren oder Straftaten automatisiert erfasst und auf bestimmte gefahren- oder verdachtsbegr&#252;ndende Kriterien ausgewertet werde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>B.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerden sind im Wesentlichen zul&#228;ssig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer sind beschwerdebefugt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>1. Sie machen geltend, durch Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen auf der Grundlage der von ihnen angegriffenen Vorschriften in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Weil solche Kontrollen in den Schutzbereich dieses Grundrechts fallen und gegen&#252;ber den von ihnen erfassten Personen auch einen Eingriff begr&#252;nden (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 35 ff.), ist eine Verletzung dieses Grundrechts m&#246;glich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>2. Die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer sind durch die angegriffenen Vorschriften unmittelbar, selbst und gegenw&#228;rtig in ihren Grundrechten betroffen. Ihre Verfassungsbeschwerden erf&#252;llen damit die spezifischen Anforderungen f&#252;r Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen ein Gesetz.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_35">35</a> </dt> <dd> <p>a) Es fehlt nicht an einer unmittelbaren Betroffenheit. Zwar bed&#252;rfen die angegriffenen Regelungen der Umsetzung durch weitere Vollzugsakte. Von einer unmittelbaren Betroffenheit durch ein vollziehungsbed&#252;rftiges Gesetz ist jedoch auch dann auszugehen, wenn ein Beschwerdef&#252;hrer den Rechtsweg nicht beschreiten kann, weil er keine Kenntnis von der Ma&#223;nahme erlangt oder wenn eine nachtr&#228;gliche Bekanntgabe zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbest&#228;nde auch langfristig abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 109, 279 &lt;306 f.&gt;; 120, 378 &lt;394&gt;; 141, 220 &lt;261 f. Rn. 82&gt;; stRspr). So liegt es hier.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_36">36</a> </dt> <dd> <p>Nach &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW werden Kennzeichenkontrollen in Baden-W&#252;rttemberg grunds&#228;tzlich verdeckt durchgef&#252;hrt. Dass die Beschwerdef&#252;hrer die M&#246;glichkeit haben, auf Antrag Auskunft &#252;ber die Speicherung der Daten zu erhalten (vgl. &#167; 45 PolG BW) und gegen die Speicherung und &#220;bermittlung die Gerichte anzurufen, &#228;ndert hieran nichts. Denn die M&#246;glichkeit, eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz zu erheben, das zu heimlichen Ma&#223;nahmen berechtigt, entf&#228;llt unter dem Gesichtspunkt der Unmittelbarkeit jedenfalls in der Regel nur, wenn die sp&#228;tere Kenntniserlangung des Betroffenen durch eine aktive Informationspflicht des Staates rechtlich gesichert ist (vgl. BVerfGE 133, 277 &lt;312 Rn. 84&gt;). Eine solche Informationspflicht ist f&#252;r die Kennzeichenkontrolle systemimmanent schon deshalb nicht vorgesehen, weil in Nichttrefferf&#228;llen eine sofortige L&#246;schung erfolgt; dar&#252;ber hinausgehende Benachrichtigungspflichten sind weder vorgesehen noch verfassungsrechtlich geboten (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 154).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_37">37</a> </dt> <dd> <p>Nicht anders liegt dies im Ergebnis in Hessen. Zwar gelten dort auch f&#252;r die Kennzeichenerfassung der Grundsatz der offenen Datenerhebung (&#167; 13 Abs. 7 Satz 1 HSOG) sowie - zum Zeitpunkt der Erhebung der Verfassungsbeschwerde - auch allgemeine Regelungen zu nachtr&#228;glichen Benachrichtigungspflichten (&#167; 29 Abs. 6 HSOG a.F.). Jedoch sind in diesen Vorschriften zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, die im Falle von Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen regelm&#228;&#223;ig dazu f&#252;hren werden, dass keine Benachrichtigung erfolgt (vgl. &#167; 13 Abs. 7 Satz 2 HSOG, &#167; 29 Abs. 6 Satz 3, 4 HSOG a.F.). Daher ist eine zeitnahe Kenntnis von der Ma&#223;nahme nicht gesichert. Insoweit ist auch hier eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die gesetzliche Regelung f&#252;r zul&#228;ssig zu erachten (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;395 f.&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_38">38</a> </dt> <dd> <p>b) Die Beschwerdef&#252;hrerin und die Beschwerdef&#252;hrer sind durch die angegriffenen Vorschriften auch selbst und gegenw&#228;rtig betroffen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_39">39</a> </dt> <dd> <p>Ergibt sich die konkrete Beeintr&#228;chtigung erst durch die Vollziehung des angegriffenen Gesetzes und erlangen die Betroffenen in der Regel keine Kenntnis von den Vollzugsakten, besteht jedenfalls die M&#246;glichkeit der eigenen und gegenw&#228;rtigen Betroffenheit, wenn der Beschwerdef&#252;hrer darlegt, dass er mit einiger Wahrscheinlichkeit durch die auf den angegriffenen Rechtsnormen beruhenden Ma&#223;nahmen in seinen Grundrechten ber&#252;hrt wird. Hier tragen die Beschwerdef&#252;hrer vor, eingetragene Halter ihrer Personenkraftwagen zu sein und mit ihnen regelm&#228;&#223;ig auf Stra&#223;en in dem jeweiligen Bundesland unterwegs zu sein. Dies reicht f&#252;r die Annahme einer eigenen und gegenw&#228;rtigen Betroffenheit aus (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;396 f.&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_40">40</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerden gen&#252;gen den Anforderungen der Subsidiarit&#228;t.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_41">41</a> </dt> <dd> <p>1. Auch vor der Erhebung von Rechtssatzverfassungsbeschwerden sind nach dem Grundsatz der Subsidiarit&#228;t grunds&#228;tzlich alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_42">42</a> </dt> <dd> <p>a) Unmittelbar gegen Gesetze steht der fachgerichtliche Rechtsweg in der Regel nicht offen. Die Anforderungen der Subsidiarit&#228;t beschr&#228;nken sich jedoch nicht darauf, nur die zur Erreichung des unmittelbaren Prozessziels f&#246;rmlich er&#246;ffneten Rechtsmittel zu ergreifen, sondern verlangen, alle Mittel zu ergreifen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen k&#246;nnen. Damit soll erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen treffen muss, sondern zun&#228;chst die f&#252;r die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts prim&#228;r zust&#228;ndigen Fachgerichte die Sach- und Rechtslage vor einer Anrufung des Bundesverfassungsgerichts aufgearbeitet haben (vgl. BVerfGE 79, 1 &lt;20&gt;; 123, 148 &lt;172&gt;; 143, 246 &lt;321 Rn. 209&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_43">43</a> </dt> <dd> <p>Der Grundsatz der Subsidiarit&#228;t erfordert deshalb grunds&#228;tzlich, vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verf&#252;gung stehenden prozessualen M&#246;glichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zul&#228;ssiger Weise eingelegt werden kann (vgl. BVerfGE 16, 1 &lt;2 f.&gt;; 145, 20 &lt;54 Rn. 85&gt; m.w.N.; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_44">44</a> </dt> <dd> <p>b) Wenn sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz wendet, kann daher gegebenenfalls auch die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen geh&#246;ren. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschlie&#223;end gefasst sind und die fachgerichtliche Pr&#252;fung f&#252;r den Beschwerdef&#252;hrer g&#252;nstigstenfalls dazu f&#252;hren kann, dass das angegriffene Gesetz gem&#228;&#223; Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Entscheidend ist, ob die fachgerichtliche Kl&#228;rung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbed&#252;rftige und -f&#228;hige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es ma&#223;geblich abh&#228;ngt, inwieweit ein Beschwerdef&#252;hrer durch die angegriffenen Vorschriften tats&#228;chlich und rechtlich beschwert ist (vgl. BVerfGE 145, 20 &lt;54 f. Rn. 86&gt;). Anders liegt das, soweit es allein um die sich unmittelbar aus der Verfassung ergebenden Grenzen f&#252;r die Auslegung der Normen geht. Soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Pr&#252;fung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten w&#228;ren, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung nicht (vgl. BVerfGE 123, 148 &lt;172 f.&gt;; 138, 261 &lt;271 f. Rn. 23&gt;; 143, 246 &lt;322 Rn. 211&gt;; stRspr). Insoweit bleibt es dabei, dass Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen ein Gesetz weithin auch ohne vorherige Anrufung der Fachgerichte zul&#228;ssig sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_45">45</a> </dt> <dd> <p>Eine Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht des Weiteren nicht, wenn die angegriffene Regelung die Beschwerdef&#252;hrer zu gewichtigen Dispositionen zwingt, die sp&#228;ter nicht mehr korrigiert werden k&#246;nnen (vgl. BVerfGE 43, 291 &lt;386&gt;; 60, 360 &lt;372&gt;), wenn die Anrufung der Fachgerichte offensichtlich sinn- und aussichtslos w&#228;re (vgl. BVerfGE 55, 154 &lt;157&gt;; 65, 1 &lt;37 f.&gt;; 102, 197 &lt;208&gt;) oder sie sonst nicht zumutbar ist. Dies gilt - vorbehaltlich der M&#246;glichkeit vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 145, 20 &lt;54 f. Rn. 86&gt;) - grunds&#228;tzlich auch dann, wenn Beschwerdef&#252;hrer zun&#228;chst ein Straf- oder Bu&#223;geldverfahren gegen sich ergehen lassen m&#252;ssten und sie erst in diesem Rahmen die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen k&#246;nnten (vgl. BVerfGE 81, 70 &lt;82 f.&gt;; 97, 157 &lt;165&gt;; 138, 261 &lt;271 f. Rn. 23&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_46">46</a> </dt> <dd> <p>c) Die Pflicht zur vorherigen Anrufung der Fachgerichte darf Beschwerdef&#252;hrer nicht vor unabsehbare Risiken hinsichtlich der ihnen zu Gebote stehenden Handlungsm&#246;glichkeiten und der hierbei zu beachtenden Fristen stellen. Im Hinblick auf die Subsidiarit&#228;tsanforderungen sind die gesetzlichen Fristen deshalb rechtsschutzfreundlich auszulegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_47">47</a> </dt> <dd> <p>&#167; 93 Abs. 3 BVerfGG bindet die Erhebung von Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen ein Gesetz, gegen das ein Rechtsweg nicht offensteht, an eine Frist von einem Jahr seit seinem Inkrafttreten. Die vorstehenden Subsidiarit&#228;tsanforderungen (oben Rn. 42 ff.) bringen einen Beschwerdef&#252;hrer nicht in die Gefahr, diese Frist zu vers&#228;umen. Soweit ein Beschwerdef&#252;hrer gegen&#252;ber Wirkungen eines Gesetzes - etwa im Rahmen einer Feststellungsklage oder einer Unterlassungsklage - in zul&#228;ssiger Weise fachgerichtlichen Rechtsschutz erwirkt und ein Sachurteil erstreitet, steht ihm hiergegen schon nach allgemeinen Grunds&#228;tzen die Verfassungsbeschwerde in Form einer Urteilsverfassungsbeschwerde offen, in deren Rahmen er mittelbar auch die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes geltend machen kann. Insoweit gilt - unabh&#228;ngig von dem Zeitpunkt, zu dem der fachgerichtliche Rechtsstreit anh&#228;ngig gemacht wird und unabh&#228;ngig von der Jahresfrist des &#167; 93 Abs. 3 BVerfGG - die Monatsfrist des &#167; 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_48">48</a> </dt> <dd> <p>Einer rechtsschutzfreundlichen Auslegung bedarf es aber dann, wenn ein Beschwerdef&#252;hrer in R&#252;cksicht auf die genannten Subsidiarit&#228;tsanforderungen gegen&#252;ber den unmittelbaren Wirkungen eines Gesetzes zun&#228;chst fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen&#252;ber den von ihm ger&#252;gten Grundrechtsverletzungen sucht, dieses Begehren dann aber von den Fachgerichten letztlich als unstatthaft oder aus anderen Gr&#252;nden als unzul&#228;ssig beurteilt wird. Einer Verfassungsbeschwerde derselben Person, die diese anschlie&#223;end unmittelbar gegen das Gesetz erhebt, kann dann die Frist des &#167; 93 Abs. 3 BVerfGG nicht entgegengehalten werden. Sofern die Person den fachgerichtlichen Rechtsschutz gegen das Gesetz innerhalb eines Jahres nach dessen Inkrafttreten anh&#228;ngig gemacht hat, gilt vielmehr - bezogen auf die abschlie&#223;ende fachgerichtliche Entscheidung - die Monatsfrist des &#167; 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG f&#252;r die Einlegung der Rechtssatzverfassungsbeschwerde entsprechend. Dem kann nur in F&#228;llen der Offensichtlichkeit entgegengehalten werden, dass der Beschwerdef&#252;hrer h&#228;tte erkennen m&#252;ssen, dass das fachgerichtliche Verfahren keine Aussicht auf Erfolg hatte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_49">49</a> </dt> <dd> <p>2. Danach gen&#252;gen die Verfassungsbeschwerden den Anforderungen des Subsidiarit&#228;tsgrundsatzes.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_50">50</a> </dt> <dd> <p>a) Zwar haben die Beschwerdef&#252;hrer gegen&#252;ber den von ihnen angegriffenen Vorschriften nicht zun&#228;chst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Form einer Unterlassungsklage erhoben. Nach dem derzeitigen Stand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung w&#228;re diesbez&#252;glich Rechtsschutz auch nicht von vornherein unerreichbar gewesen (vgl. dazu nur den Verfahrensgang in BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 11 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_51">51</a> </dt> <dd> <p>b) Den Beschwerdef&#252;hrern war vorliegend die Beschreitung des fachgerichtlichen Rechtswegs jedoch nicht zumutbar. Sie haben ihre Verfassungsbeschwerden nur ein beziehungsweise zwei Jahre nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dem gleichen Thema und mit gleicher verfassungsprozessualer Ausgangslage (vgl. BVerfGE 120, 378) eingereicht. In dem Verfahren 1 BvR 3187/10 betrifft die Verfassungsbeschwerde sogar unmittelbar die Nachfolgeregelung der vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Regelung. Das Bundesverfassungsgericht hatte in jener Entscheidung die Zul&#228;ssigkeit der Rechtssatzverfassungsbeschwerde ohne vorherige Anrufung der Fachgerichte einschr&#228;nkungslos f&#252;r zul&#228;ssig erachtet und die M&#246;glichkeit einer Unterlassungsklage noch nicht einmal in Erw&#228;gung gezogen. Unter diesen Umst&#228;nden kann den Beschwerdef&#252;hrern nicht vorgehalten werden, sie h&#228;tten gegen die Vorschriften nunmehr zun&#228;chst vor den Fachgerichten Rechtsschutz suchen m&#252;ssen. Dazu kommt, dass nach dem heutigen Stand, auf den es f&#252;r die Beurteilung der Zul&#228;ssigkeit ankommt, inzwischen &#252;ber den Kern des Beschwerdevorbringens von den Fachgerichten bis hin zum Bundesverwaltungsgericht entschieden wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2014 - 6 C 7/13 -, juris; dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -). Die Verweisung der Beschwerdef&#252;hrer auf den Rechtsweg k&#246;nnte die Entscheidungsgrundlagen f&#252;r die Beurteilung der Vorschriften heute daher nicht mehr verbreitern.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_52">52</a> </dt> <dd> <p>Soweit der Beschwerdef&#252;hrer zu II. auch die Daten&#252;bermittlung nach &#167; 22 Abs. 1 Satz 2 HSOG zum Gegenstand seiner Verfassungsbeschwerde macht, mangelt es an einer den Substantiierungsanforderungen gen&#252;genden Darlegung der Beschwerdebefugnis. Der Beschwerdef&#252;hrer zu II. hat eine spezifische Wahrscheinlichkeit, von der Daten&#252;bermittlung betroffen zu sein, nicht nachvollziehbar aufgezeigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>C.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_53">53</a> </dt> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerden sind teilweise begr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_54">54</a> </dt> <dd> <p>Die Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen, zu denen die angegriffenen Vorschriften erm&#228;chtigen, greifen in Grundrechte der Beschwerdef&#252;hrerin und der Beschwerdef&#252;hrer ein. Indem bei solchen Kontrollen die Kennzeichen der betroffenen Fahrzeuge als den Haltern zuordenbare und damit personenbezogene Daten erhoben und dann mit Datenbest&#228;nden von zur Fahndung ausgeschriebenen Personen oder Sachen abgeglichen werden, liegen in ihnen Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Eine Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle begr&#252;ndet dabei Grundrechtseingriffe gegen&#252;ber allen von ihr erfassten Personen und muss ihnen gegen&#252;ber verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden k&#246;nnen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 35 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_55">55</a> </dt> <dd> <p>Die angegriffenen Vorschriften gen&#252;gen, soweit sie Kennzeichenkontrollen an polizeilichen Kontrollstellen regeln, teilweise nicht den formellen Anforderungen der Verfassung. Hinsichtlich der anderen Tatbestandsvarianten sind sie mit den formellen Anforderungen der Verfassung vereinbar und insbesondere von den Gesetzgebungskompetenzen der L&#228;nder gedeckt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_56">56</a> </dt> <dd> <p>1. &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW unmittelbar sowie &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW, soweit er auf diese Vorschrift verweist, sind aus formellen Gr&#252;nden mit der Verfassung nicht vereinbar.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_57">57</a> </dt> <dd> <p>&#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW erlaubt die Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle bei Kontrollen nach &#167; 26 Abs. 1 PolG BW. Er nimmt auf die dort genannten konkreten Zwecke und Voraussetzungen Bezug und bezieht aus ihnen die Rechtfertigung und Begrenzung auch f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kennzeichenkontrollen. &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW erm&#228;chtigt insoweit zu Kennzeichenkontrollen an Kontrollstellen und in Kontrollbereichen, die von der Polizei zur Fahndung nach Straft&#228;tern eingerichtet sind. Da &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW damit nicht nur auf die Rechtm&#228;&#223;igkeitsvoraussetzungen des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW verweist, sondern zun&#228;chst eine eigenst&#228;ndige und wirksame Einrichtung solcher Kontrollstellen oder -bereiche voraussetzt, muss sich die verfassungsrechtliche Pr&#252;fung inzident auch auf die Vereinbarkeit der Regelung &#252;ber die Einrichtung solcher Kontrollstellen selbst mit dem Grundgesetz beziehen. Diese Pr&#252;fung ergibt, dass &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW durch die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht gedeckt ist. Damit wird auch der hierauf bezogenen Erm&#228;chtigung zur Kennzeichenkontrolle die verfassungsrechtliche Grundlage entzogen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_58">58</a> </dt> <dd> <p>a) &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW ist mit der grundgesetzlichen Zuordnung der Gesetzgebungskompetenzen nicht vereinbar. Anders etwa als &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG regelt die Vorschrift ihrem klaren Wortlaut nach nicht die Verh&#252;tung von Straftaten, sondern die Fahndung nach Straft&#228;tern. Eine Erm&#228;chtigung zur Fahndung nach Straft&#228;tern kann jedoch nicht als Regelung verstanden werden, die ihrem Schwerpunkt nach pr&#228;ventiven Zwecken dient. Zwar liegen strafprozessuale und pr&#228;ventive Zwecke oft nahe beieinander und bestehen f&#252;r die Regelung von Ermittlungsma&#223;nahmen kompetenzrechtlich erhebliche &#220;berschneidungsbereiche (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 71 ff.). Wenn jedoch eine Norm ihrer objektiven Fassung nach allein auf das Strafrecht bezogen ist, kann sie kompetenzrechtlich nicht bereits deshalb der Gefahrenabwehr zugeordnet werden, weil das Strafrecht immer auch pr&#228;ventiv der Sicherheit dient. Die Fahndung nach Straft&#228;tern geh&#246;rt vielmehr unzweifelhaft zur Strafverfolgung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_59">59</a> </dt> <dd> <p>Danach ist das Land nicht befugt, die Einrichtung solcher Kontrollstellen und -bereiche zu regeln. Die Regelung der Einrichtung von Kontrollstellen zur Strafverfolgung geh&#246;rt zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("gerichtliches Verfahren"). Von dieser Kompetenz hat der Bund mit &#167; 111 StPO auch Gebrauch gemacht. Ma&#223;nahmen zur Identit&#228;tsfeststellung gegen&#252;ber jedermann bei der Fahndung zur Verfolgung von Straftaten sind hier abschlie&#223;end geregelt. Die insoweit bewusst eng gefasste Regelung kann damit gem&#228;&#223; Art. 72 Abs. 1 GG nicht durch Landesrecht erg&#228;nzt werden (vgl. bereits S&#228;chsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 261 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_60">60</a> </dt> <dd> <p>b) Die formelle Verfassungswidrigkeit des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW erfasst auch die Erm&#228;chtigung zur Kennzeichenkontrolle nach &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW, soweit sie auf &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW verweist. Der Verweis des &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW auf &#167; 26 Abs. 1 PolG BW dient dazu, die Kennzeichenkontrolle zu begrenzen, indem er sie an die dort festgelegten Zwecke und Voraussetzungen bindet. Wenn dieser Ankn&#252;pfungspunkt hier wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz f&#252;r die Regelung leerl&#228;uft, dann fehlt es insoweit an einer hinreichend bestimmten und begrenzenden Ankn&#252;pfung f&#252;r die Kennzeichenerfassung und ist diesbez&#252;glich auch die Erm&#228;chtigung zu einer hierauf gest&#252;tzten Kennzeichenkontrolle verfassungsrechtlich nicht tragf&#228;hig. Die nur allgemeine Ausrichtung der Kontrollen auf pr&#228;ventive polizeiliche Aufgaben nach &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW und die Umschreibung bestimmter Anl&#228;sse f&#252;r Kennzeichenkontrollen in &#167; 22a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 PolG BW k&#246;nnen das nicht kompensieren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_61">61</a> </dt> <dd> <p>2. Desgleichen sind &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG unmittelbar, soweit er polizeiliche Kontrollstellen zur Verh&#252;tung von versammlungsrechtlichen Straftaten vorsieht, sowie &#167; 14a Abs. 1 Satz 1 HSOG, soweit er auf diese Vorschrift verweist, aus formellen Gr&#252;nden mit der Verfassung nicht vereinbar. Sie versto&#223;en als Eingriffe in Art. 8 Abs. 1 GG gegen das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_62">62</a> </dt> <dd> <p>Die Regelung der Identit&#228;tsfeststellung an polizeilichen Kontrollstellen zur Verh&#252;tung von versammlungsrechtlichen Straftaten sowie der Unterst&#252;tzung solcher Kontrollen durch eine automatisierte Kennzeichenkontrolle setzt materiell voraus, dass konkrete Hinweise auf erhebliche Straftaten in Bezug auf eine konkrete Versammlung vorliegen und in &#246;rtlichem Bezug hierzu eine polizeiliche Kontrollstelle eingerichtet wurde. Da die Vorschrift folglich dazu erm&#228;chtigt, den Zugang zu Versammlungen zu kontrollieren, liegt in ihr ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 136). Ein solcher Eingriff unterliegt nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG in formeller Hinsicht dem Zitiergebot, dem das Hessische Gesetz &#252;ber die &#246;ffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gen&#252;gt (vgl. &#167; 10 HSOG, der Art. 8 GG nicht auff&#252;hrt).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_63">63</a> </dt> <dd> <p>3. Im &#220;brigen sind Bedenken gegen die angegriffenen Vorschriften in formeller Hinsicht nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es im Hinblick auf die weiteren angegriffenen Vorschriften nicht an der Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_64">64</a> </dt> <dd> <p>a) Den Vorschriften steht nicht die Gesetzgebungszust&#228;ndigkeit des Bundes f&#252;r die Strafverfolgung nach Art. 72, Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("gerichtliches Verfahren") entgegen. Es handelt sich nicht um Regelungen zur Strafverfolgung, sondern um Regelungen zur Gefahrenabwehr, f&#252;r die die Gesetzgebungszust&#228;ndigkeit bei den L&#228;ndern liegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_65">65</a> </dt> <dd> <p>aa) Ma&#223;geblich f&#252;r die Abgrenzung zwischen Regeln zur Strafverfolgung und Regeln der Gefahrenabwehr ist die Zielsetzung der betreffenden Normen, wie sie sich in objektivierter Sicht aus ihrer Ausgestaltung ergibt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 66 ff.). Danach dienen sowohl die Kennzeichenkontrolle nach &#167; 22a Abs. 1 Satz 1, &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 PolG BW als auch nach &#167; 14a Abs. 1 Satz 1, &#167; 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 6 HSOG pr&#228;ventiven Zwecken. Die Vorschriften erlauben die Kennzeichenerfassung als Grundlage f&#252;r eine Kennzeichenkontrolle in beiden L&#228;ndern nur f&#252;r die Zwecke, f&#252;r die auch eine Identit&#228;tsfeststellung zul&#228;ssig ist. Diese haben - au&#223;er dem oben genannten &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW - ihrem Schwerpunkt nach alle eine pr&#228;ventive Zielrichtung, n&#228;mlich die Unterst&#252;tzung der Polizei bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Gefahrenabwehr nach dem Polizeigesetz. Genauer sind dies nach dem Recht beider L&#228;nder die Abwehr von einzelnen Gefahren, die Gefahrenabwehr in Bezug auf gef&#228;hrliche Orte, der Schutz von gef&#228;hrdeten Orten sowie der Schutz vor grenz&#252;berschreitender Kriminalit&#228;t. In Hessen kommen einige weitere pr&#228;ventive Zwecke hinzu wie insbesondere der Schutz gef&#228;hrdeter Personen sowie die Unterst&#252;tzung von polizeilichen Kontrollstellen zum Schutz vor schweren Straftaten. Dass einige dieser Zwecke bei objektivierter Betrachtung im Ergebnis zugleich der Strafverfolgung dienen, stellt die pr&#228;ventive Ausrichtung der Normen nicht in Frage (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 71 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_66">66</a> </dt> <dd> <p>bb) Auf diese pr&#228;ventiven Zwecke ausgerichtet ist auch der Datenabgleich nach &#167; 22a Abs. 2 PolG BW und &#167; 14a Abs. 2 HSOG. Er dient dazu, durch das Auffinden der zur Fahndung ausgeschriebenen Personen oder Sachen die Erreichung der sich aus &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 PolG BW oder aus &#167; 18 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 3 bis 6 HSOG ergebenden Zwecke zu unterst&#252;tzen. Dass der Gesetzgeber dabei auch Datenbest&#228;nde einbezogen hat, die auf strafrechtlichen Ausschreibungen beruhen, &#228;ndert nichts daran, dass der diesbez&#252;gliche Abgleich der Verfolgung der genannten pr&#228;ventiven Zwecke dient.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_67">67</a> </dt> <dd> <p>In der weiten Fassung der f&#252;r den Abgleich er&#246;ffneten Datenbest&#228;nde liegt auch nicht die Erm&#228;chtigung zu einem von den pr&#228;ventiven Zwecken abgel&#246;sten, unbegrenzten Fahndungsabgleich, der der Strafverfolgung zuzurechnen w&#228;re. Vielmehr m&#252;ssen &#167; 22a Abs. 2 PolG BW und &#167; 14a Abs. 2 HSOG schon aus materiellen Gr&#252;nden verfassungskonform so ausgelegt werden, dass in den Datenabgleich nur solche Fahndungsbest&#228;nde einbezogen werden d&#252;rfen, die zur Erreichung des jeweiligen Zwecks der Kennzeichenkontrolle beitragen k&#246;nnen (unten Rn. 83 ff.). Eine Erm&#228;chtigung zur Kennzeichenkontrolle als allgemeine Ma&#223;nahme der Straffahndung liegt in den einschl&#228;gigen Vorschriften folglich nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_68">68</a> </dt> <dd> <p>cc) Kompetenzwidrig ist auch nicht, dass &#167; 22a Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 und 2 PolG BW eine Verwendung von zuf&#228;llig angefallenen Informationen im Wege der Zweck&#228;nderung unabh&#228;ngig von den Zwecken des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 PolG BW f&#252;r die Zwecke &#246;ffnet, die den Ausschreibungen zur Straffahndung unterliegen oder allgemein der Strafverfolgung dienen. Denn hierin liegt - nach dem Bild der Doppelt&#252;r (vgl. BVerfGE 130, 151 &lt;184&gt;; 141, 220 &lt;333 f. Rn. 305&gt;) - lediglich die dem Land obliegende &#214;ffnung der ersten T&#252;r f&#252;r die weitere Datennutzung; die abschlie&#223;ende Entscheidung &#252;ber die Erm&#228;chtigung zu einer solchen Nutzung bleibt als &#214;ffnung der zweiten T&#252;r dem Bund vorbehalten (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 80).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_69">69</a> </dt> <dd> <p>b) Der Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder stehen auch keine anderen Kompetenztitel des Bundes entgegen. Insbesondere handelt es sich bei den angegriffenen Vorschriften nicht um Regelungen des Stra&#223;enverkehrs im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 60). Kompetenzrechtlich unbedenklich ist gleichfalls, dass die Vorschriften auch eine Erm&#228;chtigung f&#252;r Kennzeichenkontrollen zur Bek&#228;mpfung der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t schaffen (&#167; 22a Abs. 1 Satz 1, &#167; 26 Abs. 1 Nr. 6 PolG BW und &#167; 14a Abs. 1 Satz 1, &#167; 18 Abs. 2 Nr. 6 HSOG). Eine Regelung des Grenzschutzes liegt hierin nicht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 58).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>III.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_70">70</a> </dt> <dd> <p>Die angegriffenen Vorschriften gen&#252;gen in materieller Hinsicht nicht in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_71">71</a> </dt> <dd> <p>1. Nicht in allen Tatbestandsvarianten hinreichend begrenzt sind die Voraussetzungen f&#252;r die Kennzeichenerfassung und damit die - f&#252;r die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit ausschlaggebenden - Zwecke der Kennzeichenkontrolle, die sich aus dem Verweis auf die Regelung zur Identit&#228;tsfeststellung ergeben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_72">72</a> </dt> <dd> <p>a) Mit den Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen nicht vereinbar sind die angegriffenen Vorschriften, soweit sie Kennzeichenkontrollen - in Hessen - zur Abwehr einer Gefahr, zur Erf&#252;llung der den Gefahrenabwehr- und Polizeibeh&#246;rden durch andere Rechtsvorschriften zugewiesenen weiteren Aufgaben oder zum Schutz privater Rechte er&#246;ffnen (&#167; 14a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 18 Abs. 1 HSOG), oder - in Baden-W&#252;rttemberg - erlauben, um im einzelnen Falle eine Gefahr f&#252;r die &#246;ffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren oder eine St&#246;rung der &#246;ffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen (&#167; 22a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_73">73</a> </dt> <dd> <p>Automatisierte Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Fahndung nach Personen oder Sachen sind Eingriffe von erheblichem Gewicht. Ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung setzt demnach voraus, dass sie auf Gr&#252;nde gest&#252;tzt werden, die dem Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse dienen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 95 ff.). Die uneingeschr&#228;nkte Erm&#228;chtigung zu Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen zur Abwehr konkreter Gefahren oder noch weiter auch zum Schutz privater Rechte und sonstiger nicht n&#228;her benannter Aufgaben der Polizei gen&#252;gt dem nicht. Indem solche Kontrollen durch die angegriffenen Vorschriften allgemein zum Schutz der Rechtsordnung insgesamt erlaubt werden, fehlt es ihnen an einer hinreichenden Begrenzung auf einen Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen gen&#252;genden Rechtsg&#252;terschutz (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 104 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_74">74</a> </dt> <dd> <p>b) Nicht hinreichend begrenzt sind auch die Regelungen zur Kennzeichenkontrolle als Mittel der Schleierfahndung. Zwar ist verfassungsrechtlich nicht schon grunds&#228;tzlich zu beanstanden, dass die Vorschrift von ihrer Zielrichtung her weit gefasst ist und die Kennzeichenkontrollen nicht auf objektiv umgrenzte Anlassf&#228;lle begrenzt. Als Ausgleich f&#252;r den Wegfall von Grenzkontrollen und getragen von dem Ziel, einer hierdurch erleichterten Durchf&#252;hrung bestimmter Straftaten entgegenzutreten, ist das verfassungsrechtlich ausnahmsweise gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 143 ff.). Das gilt freilich nur insoweit, als f&#252;r die Orte solcher Kontrollen in einer den Bestimmtheitsanforderungen gen&#252;genden Weise ein konsequenter Grenzbezug sichergestellt ist. Dem entsprechen die Vorschriften zum Teil nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_75">75</a> </dt> <dd> <p>Nicht hinreichend begrenzt ist unter diesem Gesichtspunkt &#167; 22a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 26 Abs. 1 Nr. 6 PolG BW, der Kennzeichenkontrollen allgemein auf Durchgangsstra&#223;en im ganzen Land er&#246;ffnet. Indem er sie ohne weitere Einschr&#228;nkung - etwa auf Bundesautobahnen und Europastra&#223;en - allgemein auf allen Stra&#223;en von erheblicher Bedeutung f&#252;r die grenz&#252;berschreitende Kriminalit&#228;t f&#252;r zul&#228;ssig erkl&#228;rt, fehlt es an einer hinreichend klaren &#246;rtlich grenzbezogenen Beschr&#228;nkung solcher Kontrollen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 147 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_76">76</a> </dt> <dd> <p>Dies gilt erst recht f&#252;r Hessen, wo &#167; 14a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 18 Abs. 2 Nr. 6 HSOG Kennzeichenkontrollen schon ohne Beschr&#228;nkung auf Durchgangsstra&#223;en auf allen Stra&#223;en insgesamt er&#246;ffnet, soweit aufgrund von Lageerkenntnissen oder polizeilicher Erfahrung anzunehmen ist, dass diese von erheblicher Bedeutung f&#252;r die grenz&#252;berschreitende Kriminalit&#228;t sind. Dadurch werden Kontrollen im ganzen Land er&#246;ffnet, soweit es nur um die Bek&#228;mpfung von grenz&#252;berschreitender Kriminalit&#228;t als solcher geht. Dies stellt einen &#246;rtlichen Bezug solcher Kontrollen zur Grenze als Ausgleich f&#252;r die Abschaffung der Grenzkontrollen nicht hinreichend sicher. Im Ergebnis f&#252;hrte dies - zumal angesichts des weitreichenden Begriffs der grenz&#252;berschreitenden Kriminalit&#228;t - zu einer kaum mehr auf konkrete Anl&#228;sse beschr&#228;nkten und nach objektiven Kriterien kontrollierbaren Befugnis zur Durchf&#252;hrung von Kennzeichenkontrollen im ganzen Land. Dies ist mit dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz nicht vereinbar. Der weder verfahrensrechtlich noch inhaltlich n&#228;her bestimmte Verweis auf Lageerkenntnisse oder schon die durch nichts objektiv nachvollziehbare polizeiliche Erfahrung &#228;ndert hieran nichts.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_77">77</a> </dt> <dd> <p>Keine Bedenken bestehen, soweit die angegriffenen Vorschriften beider L&#228;nder zu Kennzeichenkontrollen in Einrichtungen des internationalen Verkehrs erm&#228;chtigen. Der Verweis auf solche Einrichtungen hat &#246;rtlich einen klaren Grenzbezug (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 149).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_78">78</a> </dt> <dd> <p>c) Im &#220;brigen sind die Voraussetzungen f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kennzeichenkontrolle, wie sie sich aus dem Verweis in &#167; 22a Abs. 1 PolG BW und &#167; 14a Abs. 1 HSOG auf die jeweilige Regelung zur Identit&#228;tskontrolle ergeben, verfassungsrechtlich weder hinsichtlich der Anforderungen an einen hinreichend bestimmten konkreten Anlass noch hinsichtlich der Anforderungen an einen hinreichend gewichtigen Rechtsg&#252;terschutz zu beanstanden. Dies gilt sowohl f&#252;r die Erm&#228;chtigung zu Kennzeichenkontrollen an gef&#228;hrlichen Orten nach &#167; 26 Abs. 1 Nr. 2 PolG BW und &#167; 18 Abs. 2 Nr. 1 HSOG als auch an gef&#228;hrdeten Orten nach &#167; 26 Abs. 1 Nr. 3 PolG BW und &#167; 18 Abs. 2 Nr. 3 HSOG (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 117 ff.). Verfassungsrechtlich unbedenklich sind auch Kennzeichenkontrollen, die aufgrund tats&#228;chlicher Anhaltspunkte zum Schutz besonders gef&#228;hrdeter Personen durchgef&#252;hrt werden (&#167; 14a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 18 Abs. 2 Nr. 4 HSOG). Nichts anderes gilt auch f&#252;r die Kennzeichenkontrollen zur Unterst&#252;tzung von polizeilichen Kontrollstellen zur Verh&#252;tung von den in &#167; 100a StPO bezeichneten Straftaten nach &#167; 14a Abs. 1, Abs. 2, &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG, soweit die Erm&#228;chtigung in &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG zur Einrichtung solcher Kontrollstellen nach den Grunds&#228;tzen des allgemeinen Sicherheitsrechts dahingehend ausgelegt wird, dass sie eine konkrete Gefahr voraussetzt. Bei diesem Verst&#228;ndnis ist sichergestellt, dass eine Kennzeichenkontrolle nur erlaubt ist, wenn konkrete Hinweise auf schwere Straftaten vorliegen und in &#246;rtlichem Bezug hierzu eine polizeiliche Kontrollstelle eingerichtet wurde. Dies ist verfassungsrechtlich tragf&#228;hig (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 131 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_79">79</a> </dt> <dd> <p>Die Kennzeichenkontrollen sind auch durch &#252;bergreifende allgemeine Ma&#223;gaben in einer den Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen gen&#252;genden Weise eingehegt. So regeln die Vorschriften beider L&#228;nder, dass die Kontrollen nicht fl&#228;chendeckend durchgef&#252;hrt werden d&#252;rfen und zeitlich zum Teil zu begrenzen sind. Es handelt sich hierbei um hinreichend bestimmte Kriterien, die als &#252;bergreifend erg&#228;nzende Anforderungen die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen unber&#252;hrt lassen (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 113 ff.). Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass &#167; 22a Abs. 1 PolG BW und &#167; 14a Abs. 1 HSOG den Einsatz der Kennzeichenkontrolle nicht ausdr&#252;cklich vom Vorliegen polizeilicher Lageerkenntnisse abh&#228;ngig machen, denn ein solches Erfordernis wird vom Gesetzgeber ersichtlich vorausgesetzt und l&#228;sst sich auch ohne ausdr&#252;ckliche gesetzliche Anordnung in die Vorschrift hineinlesen (vgl. bereits BayVerfGH, Urteil vom 28. M&#228;rz 2003 - Vf. 7-VII-00 u.a. -, juris, Rn. 115). Insoweit bedarf es weiterer &#252;bergreifender Ma&#223;gaben von Verfassungs wegen nicht. Davon bleibt unber&#252;hrt, dass die Vorschriften nach allgemeinen Grunds&#228;tzen im Einzelfall unter Beachtung des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes auszulegen sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_80">80</a> </dt> <dd> <p>2. Die Regelungen zum Datenabgleich sind verfassungsrechtlich gleichfalls nicht zu beanstanden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_81">81</a> </dt> <dd> <p>a) Die gesetzliche Umschreibung der f&#252;r den Datenabgleich ber&#252;cksichtigungsf&#228;higen Fahndungsbest&#228;nde gen&#252;gt den verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderungen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_82">82</a> </dt> <dd> <p>Allerdings verweisen die angegriffenen Vorschriften zun&#228;chst nur pauschal auf die Sachfahndungsdateien des beim Bundeskriminalamt nach den Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes gef&#252;hrten polizeilichen Informationssystems sowie in Hessen au&#223;erdem auf die Sachfahndungsdateien des beim Hessischen Landeskriminalamt gef&#252;hrten polizeilichen Informationssystems (vgl. &#167; 22a Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG BW, &#167; 14a Abs. 2 Satz 1 und 2 HSOG). Dies allein bestimmt die zum Abgleich er&#246;ffneten Datenbest&#228;nde noch nicht in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen gen&#252;genden Weise (vgl. BVerfGE 120, 378 &lt;409 ff.&gt;). Jedoch schr&#228;nken im Folgenden sowohl &#167; 22a Abs. 2 Satz 3 PolG BW als auch &#167; 14a Abs. 2 Satz 3 HSOG die f&#252;r den Abgleich ber&#252;cksichtigungsf&#228;higen Datenbest&#228;nde nach im einzelnen aufgef&#252;hrten Sachkriterien weiter ein und verpflichten damit die Polizeibeh&#246;rden, die aus dem jeweiligen polizeilichen Informationssystem &#252;bernommenen Datens&#228;tze n&#228;her einzuengen. Damit erhalten die f&#252;r den Abgleich insgesamt er&#246;ffneten Fahndungsbest&#228;nde Konturen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit gen&#252;gen. Eine Benennung der einzelnen Dateien, die f&#252;r den Abgleich herangezogen werden d&#252;rfen, ist auch angesichts der st&#228;ndigen Fortschreibung solcher Best&#228;nde verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 112).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_83">83</a> </dt> <dd> <p>b) Die gesetzliche Umschreibung der f&#252;r den Datenabgleich ber&#252;cksichtigungsf&#228;higen Fahndungsbest&#228;nde ist auch inhaltlich hinreichend begrenzt. Um den Anforderungen des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes zu gen&#252;gen, muss die Regelung allerdings - anders als nach derzeitiger Praxis - verfassungskonform ausgelegt werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_84">84</a> </dt> <dd> <p>&#167; 22a Abs. 2 PolG BW und &#167; 14a Abs. 2 HSOG erm&#228;chtigen dazu, die erfassten Kraftfahrzeugkennzeichen mit den dort genannten Fahndungsbest&#228;nden automatisiert abzugleichen. Die Bedeutung dieser Regelungen l&#228;sst sich dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig entnehmen. Versteht man sie weit, erm&#228;chtigen sie dazu, bei jeder Kennzeichenkontrolle einen Abgleich mit allen genannten Fahndungsbest&#228;nden vorzunehmen. Eine solche Auslegung ist jedoch nicht zwingend. Vielmehr stehen die Regelungen ebenso einer engeren Auslegung offen, wonach die in den Vorschriften genannten Fahndungsbest&#228;nde nur den Rahmen der f&#252;r den Abgleich &#252;berhaupt er&#246;ffneten Daten bilden, aus denen je nach Anlass die zweckbezogen zu bestimmenden Daten nach pflichtgem&#228;&#223;em Ermessen auszuw&#228;hlen sind. Ein solches enges Verst&#228;ndnis der Regelung ist verfassungsrechtlich auch geboten. Aus dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz ergibt sich, dass der jeweilige Zweck einer Ma&#223;nahme auch deren verfassungsrechtlich gerechtfertigten Umfang bestimmt. Soweit der Gesetzgeber den Zweck der Kennzeichenerfassung in Ankn&#252;pfung an die Identit&#228;tsfeststellung bestimmt, m&#252;ssen diese Zwecke auch jeweils f&#252;r den Umfang des Datenabgleichs ma&#223;geblich sein. Ohne einen eigenen rechtfertigenden Anlass ist die allgemeine Fahndung nach allen in den Vorschriften genannten Personen oder Sachen mit Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsanforderungen nicht vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 107 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_85">85</a> </dt> <dd> <p>c) Die angegriffenen Vorschriften bed&#252;rfen demnach einer verfassungskonformen Auslegung, wonach bei Erstellung der Abgleichdatei ein Selektionsprozess hinsichtlich der in den Datenabgleich einzubeziehenden Fahndungsbest&#228;nde vorzunehmen ist. Dabei sind die gem&#228;&#223; &#167; 22a Abs. 2 Satz 1 PolG BW oder &#167; 14a Abs. 2 Satz 1 HSOG zum Ausgangspunkt zu nehmenden Sachfahndungsdateien des Bundes- oder Landeskriminalamtes zum einen nach Ma&#223;gabe der Kriterien des &#167; 22a Abs. 2 Satz 3 PolG BW oder &#167; 14a Abs. 2 Satz 3 HSOG einzugrenzen sowie zum anderen aus ihnen jeweils die Datenbest&#228;nde auszuw&#228;hlen, die f&#252;r den konkreten Zweck der Kennzeichenkontrolle von Bedeutung sind. Die in den Stellungnahmen der Landesregierung von Baden-W&#252;rttemberg und der Hessischen Staatskanzlei mitgeteilte Praxis, nach der die vom Bundeskriminalamt bereitgestellten Sachfahndungsdaten automatisiert in den Kennzeichenfahndungsbestand des Landes &#252;bernommen und bei allen Kennzeichenkontrollen dieselben Abgleichdateien genutzt w&#252;rden, ohne nach Zweck oder Anlass der Kennzeichenerfassung zu differenzieren, gen&#252;gt diesen Anforderungen nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_86">86</a> </dt> <dd> <p>3. Die angegriffenen Vorschriften tragen den aus dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz folgenden &#252;bergreifenden Ma&#223;gaben an Transparenz, individuellen Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle hinreichend Rechnung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_87">87</a> </dt> <dd> <p>Keinen Bedenken unterliegt es verfassungsrechtlich, dass die Kennzeichenkontrolle in Baden-W&#252;rttemberg nach &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW ausdr&#252;cklich - und nach &#167; 13 Abs. 7 Satz 2 HSOG im Ergebnis letztlich &#228;hnlich auch in Hessen - grunds&#228;tzlich verdeckt durchgef&#252;hrt wird. Das ist zur Erreichung der Zwecke der Kennzeichenkontrolle gerechtfertigt. Dabei bedarf es auch keiner anschlie&#223;enden Benachrichtigungspflicht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 154).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_88">88</a> </dt> <dd> <p>Wie verfassungsrechtlich erforderlich, wird sowohl in Hessen als auch in Baden-W&#252;rttemberg neben der Fachaufsicht eine datenschutzrechtliche Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten gew&#228;hrleistet (vgl. &#167; 24 Abs. 1 des Hessischen Datenschutzgesetzes [HDSG] a.F., jetzt: &#167; 13 Abs. 1 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes [HDSIG]; &#167; 48 PolG BW i.V.m. &#167; 28 des Datenschutzgesetzes des Landes Baden-W&#252;rttemberg [LDSG BW] a.F., jetzt: &#167; 48 PolG BW i.V.m. &#167; 28 LDSG BW a.F., der &#252;ber &#167; 30 Abs. 1 LDSG BW n.F. weiterhin anwendbar ist). In beiden L&#228;ndern sind auch Dokumentationspflichten vorgesehen (vgl. &#167; 22a Abs. 1 Satz 4 PolG BW, &#167; 14a Abs. 1 Satz 4 HSOG). Die Vorschriften sind dahingehend auszulegen, dass nach ihnen alle ma&#223;geblichen Entscheidungen und deren Grundlagen f&#252;r die Durchf&#252;hrung einer Kennzeichenkontrolle, einschlie&#223;lich der Entscheidung &#252;ber die f&#252;r den Abgleich zu ber&#252;cksichtigenden Fahndungsbest&#228;nde, nachvollziehbar festzuhalten sind, und damit, wie verfassungsrechtlich geboten, eine wirksame Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten und die Gerichte erm&#246;glicht wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 157).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_89">89</a> </dt> <dd> <p>4. Nicht hinreichend eingegrenzt ist allerdings in beiden L&#228;ndern die Regelung zur Verwendung der Daten f&#252;r weitere Zwecke.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_90">90</a> </dt> <dd> <p>&#167; 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW und &#167; 14a Abs. 4 Satz 4 HSOG regeln eine Ausnahme von der L&#246;schungspflicht in Hinblick auf eine weitere Verarbeitung von aus der Kennzeichenkontrolle gewonnenen Informationen f&#252;r andere Zwecke, als sie der Kennzeichenkontrolle zugrunde lagen. Es handelt sich somit um Regelungen zur datenschutzrechtlichen Zweck&#228;nderung, die einen eigenst&#228;ndigen Eingriff begr&#252;nden. Vom Grundsatz her ist gegen eine solche Regelung verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Das gilt auch, soweit &#167; 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW auf Aufgaben der Strafverfolgung abstellt, denn die Vorschrift regelt allein die weitere Speicherung der Informationen und damit nur eine &#214;ffnung, die deren Nutzung f&#252;r weitere Zwecke erm&#246;glicht; endg&#252;ltig und genauer entscheidet &#252;ber die weitere Nutzung der Daten im Rahmen dieser &#214;ffnung dann jedoch Bundesrecht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 164 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_91">91</a> </dt> <dd> <p>Die Vorschriften gen&#252;gen jedoch nicht dem Erfordernis eines hinreichend gewichtigen Rechtsg&#252;terschutzes nach dem Kriterium der Datenneuerhebung. Danach ist die Verwendung der Informationen zu neuen Zwecken nur dann mit dem Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatz vereinbar, wenn diese nach verfassungsrechtlichen Ma&#223;st&#228;ben auch f&#252;r den ge&#228;nderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln neu erhoben werden d&#252;rften (vgl. BVerfGE 141, 220 &lt;327 f. Rn. 286 f.&gt; m.w.N.). Vorliegend kommt eine Nutzung der Daten zu weiteren Zwecken daher nur zum Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse in Betracht, das hei&#223;t f&#252;r das Strafrecht zur Verfolgung von Straftaten von zumindest erheblicher Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 165). Das stellen weder &#167; 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW noch &#167; 14a Abs. 4 Satz 4 HSOG sicher.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_92">92</a> </dt> <dd> <p>5. Demgegen&#252;ber bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Gew&#228;hrleistung von L&#246;schungsregelungen. &#167; 22a Abs. 3 PolG BW und &#167; 14a Abs. 3 HSOG sehen eine strikt an den Zwecken orientierte Regelung zur L&#246;schung der erhobenen Daten vor (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 160).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h1>D.</h1> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>I.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_93">93</a> </dt> <dd> <p>Die angegriffenen Vorschriften sind teilweise f&#252;r nichtig und im &#220;brigen f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_94">94</a> </dt> <dd> <p>1. Die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit gesetzlicher Vorschriften f&#252;hrt grunds&#228;tzlich zu deren Nichtigkeit. Allerdings kann sich das Bundesverfassungsgericht, wie sich aus &#167; 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 BVerfGG ergibt, auch darauf beschr&#228;nken, eine verfassungswidrige Norm nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren (vgl. BVerfGE 109, 190 &lt;235&gt;). Es verbleibt dann bei einer blo&#223;en Beanstandung der Verfassungswidrigkeit ohne den Ausspruch der Nichtigkeit. Die Unvereinbarkeitserkl&#228;rung kann das Bundesverfassungsgericht dabei zugleich mit der Anordnung einer befristeten Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung verbinden. Dies kommt in Betracht, wenn die sofortige Ung&#252;ltigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz &#252;berragender G&#252;ter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen w&#252;rde und eine Abw&#228;gung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff f&#252;r eine &#220;bergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 33, 1 &lt;13&gt;; 109, 190 &lt;235 f.&gt;; 141, 220 &lt;351 Rn. 355&gt;; stRspr).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_95">95</a> </dt> <dd> <p>2. Danach sind &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW unmittelbar und &#167; 22a Abs. 1 PolG BW, soweit er auf diesen verweist, f&#252;r mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar und nichtig zu erkl&#228;ren. Da dem Landesgesetzgeber f&#252;r die Regelung des &#167; 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW die Kompetenz fehlt, kommt eine Nachbesserung nicht in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_96">96</a> </dt> <dd> <p>3. Nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren sind demgegen&#252;ber &#167; 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG, soweit polizeiliche Kontrollstellen zur Verh&#252;tung von versammlungsrechtlichen Straftaten geregelt sind und dabei dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht gen&#252;gt wird, sowie &#167; 14a Abs. 1 Satz 1 HSOG, soweit er auf diesen verweist. Dies gilt auch f&#252;r &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW, soweit mit ihm auf &#167; 26 Abs. 1 Nr. 1 PolG BW, und f&#252;r &#167; 14a Abs. 1 Satz 1 HSOG, soweit mit ihm auf &#167; 18 Abs. 1 HSOG verwiesen wird, und dabei die Einrichtung der automatisierten Kraftfahrzeugkennzeichenkontrollen nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht beschr&#228;nkt wird. Ebenfalls nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren sind &#167; 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW, soweit mit ihm auf &#167; 26 Abs. 1 Nr. 6 PolG BW, und &#167; 14a Abs. 1 Satz 1 HSOG, soweit mit ihm auf &#167; 18 Abs. 2 Nr. 6 HSOG verwiesen wird, und dabei die Orte f&#252;r die Durchf&#252;hrung der Kontrollen in Hinblick auf deren Grenzbezug nicht hinreichend bestimmt beschr&#228;nkt sind. Weiterhin gilt dies auch f&#252;r &#167; 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW und &#167; 14a Abs. 4 Satz 4 HSOG, soweit diese eine weitere Verarbeitung der Informationen nicht auf den Schutz von Rechtsg&#252;tern von zumindest erheblichem Gewicht oder einem vergleichbar gewichtigen &#246;ffentlichen Interesse begrenzen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_97">97</a> </dt> <dd> <p>All diese Vorschriften sind nicht f&#252;r nichtig, sondern nur f&#252;r mit der Verfassung unvereinbar zu erkl&#228;ren. Die Gr&#252;nde f&#252;r die Verfassungswidrigkeit betreffen hier nicht den Kern der mit ihnen einger&#228;umten Befugnisse, sondern nur einzelne Aspekte ihrer rechtsstaatlichen Ausgestaltung, die der Gesetzgeber nachbessern kann. Er kann damit den Kern der mit den Vorschriften verfolgten Ziele auf verfassungsm&#228;&#223;ige Weise verwirklichen. Angesichts der Bedeutung, die der Gesetzgeber der Kennzeichenkontrolle f&#252;r eine wirksame Gefahrenabwehr beimessen darf, ist unter diesen Umst&#228;nden deren vor&#252;bergehende Fortgeltung eher hinzunehmen als deren Nichtigkeitserkl&#228;rung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_98">98</a> </dt> <dd> <p>4. Die Unvereinbarkeitserkl&#228;rung wird mit der Anordnung ihrer vor&#252;bergehenden Fortgeltung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2019 verbunden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_99">99</a> </dt> <dd> <p>5. Im &#220;brigen sind die Vorschriften nach Ma&#223;gabe der Gr&#252;nde verfassungskonform auszulegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:18pt">&#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <h2>II.</h2> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_100">100</a> </dt> <dd> <p>Die Auslagenentscheidung beruht auf &#167; 34a Abs. 2 BVerfGG.</p> </dd> </dl> </div>
171,328
lagham-2018-12-18-14-ta-55218
{ "id": 794, "name": "Landesarbeitsgericht Hamm", "slug": "lagham", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
14 Ta 552/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:55
2019-02-12T13:44:41
Beschluss
ECLI:DE:LAGHAM:2018:1218.14TA552.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die sofortige Beschwerde des Kl&#228;gers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31. Juli 2018 aufgehoben.</p> <p>Es verbleibt &#8211; vorbehaltlich einer Entscheidung des Arbeitsgerichts &#252;ber den Ab&#228;nderungsantrag des Kl&#228;gers vom 8.&#160;September 2018 &#8211; bei der durch Beschluss vom 15. Januar 2018 bewilligten Prozesskostenhilfe.</p> <p>Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gr&#252;nde</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 1 RPflG, &#167; 46 Abs. 2 Satz 3, &#167; 78 Satz 1 ArbGG, &#167; 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, &#167;&#167; 567 ff. ZPO zul&#228;ssige sofortige Beschwerde des Kl&#228;gers ist begr&#252;ndet. Sein R&#252;ckstand mit der Zahlung der Raten seit dem Monat April 2018 ist nicht verschuldet, was eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung ausschlie&#223;t.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Nach &#167; 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei l&#228;nger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate in R&#252;ckstand ist. Nach ihrem Wortlaut setzt die Vorschrift nur einen &#8222;R&#252;ckstand&#8220; voraus. Zwar ist streitig, ob damit ein &#8211; schuldhafter &#8211; Verzug gemeint ist oder das Gericht lediglich im Rahmen der von ihm zu treffenden Ermessensentscheidung zu ber&#252;cksichtigen hat, ob der R&#252;ckstand unverschuldet ist (vgl. Nachweise bei BGH 9.&#160;Januar 1997 &#8211; IX ZR 61/94 &#8211; II. 2. a) der Gr&#252;nde). Nach &#252;bereinstimmender Meinung darf aber die Prozesskostenhilfebewilligung nicht aufgehoben werden, wenn die unterbliebene Ratenzahlung nicht auf einem Verschulden der bed&#252;rftigen Partei beruht (vgl. BGH 9. Januar 1997 &#8211; a. a. O.; LAG Hamm 19. Januar 2015 &#8211; 5 Ta 395/15&#160;&#8211; II. 1. der Gr&#252;nde; 3. M&#228;rz 2010 &#8211; 14 Ta 649/09 &#8211;&#160;1. der Gr&#252;nde; 19.&#160;M&#228;rz 2003 &#8211; 18&#160;Ta 60/03 &#8211; II. der Gr&#252;nde; D&#252;rbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 8. Auflage, 2016, Rn. 1019; Gro&#223;, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Auflage, 2018, &#167; 124 ZPO Rn. 24; Zimmermann, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, 5. Auflage, 2016, Rn. 481; Z&#246;ller/Geimer, ZPO, 32.&#160;Auflage, 2018, &#167; 124 Rn. 18). Wenn die festgesetzten Raten der Leistungsf&#228;higkeit der Partei nicht (mehr) entsprechen, kommt eine Aufhebung nach &#167; 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wegen der in diesen Zeitraum fallenden r&#252;ckst&#228;ndigen Betr&#228;ge nicht in Betracht (vgl. LAG Hamm 3.&#160;M&#228;rz 2010 &#8211;&#160;a.&#160;a.&#160;O.; 22.&#160;September 2005 &#8211; 4 Ta 395/04 &#8211; II. 1.2 der Gr&#252;nde).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bereits zum urspr&#252;nglichen Bewilligungszeitpunkt bestehende, bislang von der bed&#252;rftigen Partei jedoch nicht angegebene Belastungen sind vor der Entscheidung &#252;ber eine Aufhebung nach &#167;&#160;124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bei der Pr&#252;fung, ob der R&#252;ckstand mit der Zahlung einer Monatsrate oder eines sonstigen Betrags verschuldet ist, zu ber&#252;cksichtigen. Das Gericht ist nicht an die Feststellungen und Bewertungen im Rahmen des urspr&#252;nglichen Bewilligungsbeschlusses gebunden. So wie generell die eine Prozesskostenhilfe ganz oder durch die Anordnung von Ratenzahlungen teilweise versagenden Entscheidungen nicht der materiellen Rechtskraft f&#228;hig sind (vgl. BGH 3. M&#228;rz 2004 &#8211; IV ZB 43/03&#160;&#8211; II. 1. b) der Gr&#252;nde; LAG Hamm 5. Mai 2018 &#8211; 5 Ta 117/18 &#8211; II.&#160;1. b) bb) der Gr&#252;nde; LSG NRW 8. Juli 2009 &#8211; L 7 B 77/09 AS &#8211; juris, Rn. 4), erwachsen f&#252;r die Pr&#252;fung des Verschuldens die der fr&#252;heren Zahlungsanordnung zugrunde liegenden tats&#228;chlichen Feststellungen nicht in Rechtskraft (vgl. BGH 9.&#160;Januar 1997 &#8211; IX ZR 61/94 &#8211; II. 2. a) der Gr&#252;nde). Im Rahmen der Entscheidung nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;1 Nr.&#160;5 ZPO hat vielmehr eine nochmalige Pr&#252;fung der Leistungsf&#228;higkeit der Partei zu erfolgen (vgl. D&#252;rbeck/Gottschalk, a.&#160;a.&#160;O, Rn. 1020; Gro&#223;, a.&#160;a.&#160;O., &#167;&#160;124 Rn. 25). Das Ausbleiben der Zahlungen ist demnach unverschuldet, wenn das Einkommen der Partei so gering ist, dass ihr Prozesskostenhilfe ohne Raten gew&#228;hrt werden m&#252;sste, wenn sie diese erneut beantragen w&#252;rde (vgl. Z&#246;ller/Geimer, a. a. O., &#167; 124 ZPO Rn.&#160;18).</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Verschulden fehlt auch dann, wenn die Ratenzahlung von Anfang an zu hoch festgesetzt wurde. Es handelt sich nicht um eine Kontrolle der Richtigkeit der urspr&#252;nglichen Entscheidung &#252;ber die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, sondern um die Pr&#252;fung der Aufhebungsvoraussetzung &#8222;verschuldeter R&#252;ckstand&#8220;. Es verbleibt zwar, wenn eine Beschwerde nicht erhoben wurde, bei den urspr&#252;nglich festgesetzten Raten, die auch weiterhin eingezogen werden k&#246;nnen. Mangels Verschuldens kommt es aber nicht zu einer Aufhebung der Bewilligung mit der Folge, dass die Verg&#252;nstigungen insgesamt entfallen w&#252;rden (vgl. D&#252;rbeck/Gottschalk, a. a. O., Rn. 1020; Zimmermann, a.&#160;a. O., Rn. 481). Das Gericht darf die Bewilligung nicht allein mit der Begr&#252;ndung aufheben, die Partei habe keine nachtr&#228;gliche &#196;nderung der Verh&#228;ltnisse dargetan. Vielmehr hat es grunds&#228;tzlich auch ihren neuen Vortrag dar&#252;ber zu ber&#252;cksichtigen, dass ihre wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse von Anfang an ung&#252;nstiger waren als von ihm angenommen (vgl. BGH 9.&#160;Januar 1997 &#8211; IX ZR 61/94 &#8211; II. 2. a) der Gr&#252;nde; LAG Hamm 3. M&#228;rz 2010 &#8211; 14&#160;Ta 649/09 &#8211; 1. der Gr&#252;nde).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bei Anwendung dieser Grunds&#228;tze im vorliegenden Fall war der Kl&#228;ger schon nicht verpflichtet, eine monatliche Rate in H&#246;he von 179,00 Euro beginnend ab 3.&#160;April 2018 zu zahlen. Die im Bewilligungsbeschluss vom 15. Januar 2018 erfolgte Ratenfestsetzung ist entgegen der Berechnung des Arbeitsgerichts nicht auf der Grundlage der Angaben des Kl&#228;gers in seiner am 1. Dezember 2017 eingegangen Erkl&#228;rung &#252;ber die pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse unter Ber&#252;cksichtigung der Erg&#228;nzungen mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 gerechtfertigt.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Berechnung vom 12. Januar 2018 von dem mitgeteilten Nettoeinkommen des Kl&#228;gers (1.626,72 Euro) zun&#228;chst zu Recht die ab 1. Januar 2018 geltenden Freibetr&#228;ge f&#252;r Erwerbst&#228;tige in H&#246;he von 219,00 Euro sowie f&#252;r die Partei selbst in H&#246;he von 481,00 Euro gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr.&#160;1&#160;b) und Nr. 2 a) ZPO abgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Nicht gefolgt werden kann dem Arbeitsgericht jedoch bei seiner &#8211; nicht weiter begr&#252;ndeten &#8211; Annahme, dass das an die Lebensgef&#228;hrtin des Kl&#228;gers f&#252;r das gemeinsame Kind gezahlte Kindergeld diesem als eigenes Einkommen anzurechnen und vom dem f&#252;r dieses Kind dem Kl&#228;ger zustehenden Freibetrag abzuziehen sei. Nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (vgl. LAG Hamm 9. Februar 2016 &#8211;&#160;14&#160;Ta 370/15 &#8211; II. 2. c) der Gr&#252;nde) ist dem Einkommen der Partei, welche Prozesskostenhilfe beantragt hat, das Kindergeld stets in voller H&#246;he hinzuzurechnen, wenn es an diese ausgezahlt wird. Nur die in &#167;&#160;62 EStG genannten Anspruchsberechtigten und nicht die Kinder haben Anspruch auf Kindergeld. Dementsprechend ist es nach &#167;&#160;82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sozialhilferechtlich grunds&#228;tzlich eine Einnahme dessen, an den es ausgezahlt wird (vgl. LAG Hamm &#8211;&#160;a.&#160;a.&#160;O. &#8211; II. 2. c) bb) (2) der Gr&#252;nde). Das Kindergeld wird an die Lebensgef&#228;hrtin des Kl&#228;gers ausgezahlt, es handelt sich um ihr Einkommen. Ein Abzug von dem Freibetrag, welcher dem Kl&#228;ger f&#252;r das gemeinsame Kind in H&#246;he von 275,00 Euro gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b) ZPO zusteht, ist nicht gerechtfertigt, weil es kein nach &#167;&#160;115 Abs.&#160;1 Satz 7 ZPO anrechenbares Einkommen des Kindes ist.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Des Weiteren hat das Arbeitsgericht zu Unrecht die vom Kl&#228;ger gezahlten Beitr&#228;ge zur Glasversicherung nicht vom Einkommen abgesetzt. Entgegen der &#8211; ausdr&#252;cklich weder in der Berechnung vom 12. Januar 2018 noch in der Begr&#252;ndung des Beschlusses vom 15. Januar 2018 offengelegten &#8211; Ansicht des Arbeitsgerichts sind die Beitr&#228;ge f&#252;r eine Glasversicherung ber&#252;cksichtigungsf&#228;hig. Nicht gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen k&#246;nnen gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a) ZPO in Verbindung mit &#167; 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII ber&#252;cksichtigt werden, soweit sie angemessen sind. Die Kriterien f&#252;r die Bewertung der Angemessenheit sind einmal die objektiven Verh&#228;ltnisse, d.&#160;h. die von einem durchschnittlichen Bedarf ausgehenden &#252;blichen und notwendigen Vorkehrungen gegen Risiken des t&#228;glichen Lebens bezogen auf eine durchschnittliche Familie bzw. einen vergleichbaren durchschnittlichen Antragsteller; subjektiv ist die konkrete Lebenssituation des Antragstellers zu sehen. Damit sind im Regelfall Ausgaben f&#252;r die &#252;blichen Kranken-, Unfall-, Sterbe-, Sach- und Haftpflichtversicherungen absetzbar (vgl. D&#252;rbeck/Gottschalk, a.&#160;a.&#160;O., Rn. 297; Gro&#223;, a.&#160;a.&#160;O., &#167;&#160;115 ZPO Rn. 36 f.; Z&#246;ller/Geimer, a.&#160;a.&#160;O., &#167;&#160;115 ZPO Rn. 23). Dazu geh&#246;ren auch Pr&#228;mien, die f&#252;r eine Glasbruchversicherung zu zahlen sind (vgl. OLG Bremen 16.&#160;Mai 2011 &#8211; 4 WF 71/11 &#8211; II. 2. der Gr&#252;nde; OVG NRW 5.&#160;Januar 2011 &#8211; 2 E 1451/10&#160;&#8211; juris, Rn. 57; OLG Hamm 24. Februar 2005 &#8211; 4 WF 5/05 &#8211; juris, Rn.&#160;65; 11.&#160;Februar 2005 &#8211; 11 WF 25/05 &#8211; 2. d) der Gr&#252;nde; Zimmermann, a.&#160;a.&#160;O., Rn. 83).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Danach war ein weiterer Betrag von 8,33 Euro bei den abzugsf&#228;higen Versicherungen zu ber&#252;cksichtigen, die monatlich insgesamt 51,16 Euro betragen. Das Arbeitsgericht hat hier lediglich die H&#228;lfte ber&#252;cksichtigt, offenbar im Hinblick darauf, dass der Kl&#228;ger bei anderen Abzugsposten (Unterkunftskosten, Kinderbetreuungskosten) angegeben hatte, lediglich die H&#228;lfte zu zahlen. Das ist zwar zweifelhaft, weil der Kl&#228;ger den vollen Betrag geltend gemacht hatte. Dementsprechend h&#228;tte das Arbeitsgericht diesen Punkt zun&#228;chst aufkl&#228;ren m&#252;ssen, bevor die angegebenen Ausgaben nur zur H&#228;lfte absetzt. F&#252;r die Frage, ob der Kl&#228;ger bereits bei der Festsetzung der Raten nicht leistungsf&#228;hig war und der R&#252;ckstand deswegen unverschuldet ist, bedarf dies mangels Erheblichkeit keiner weiteren Aufkl&#228;rung. Auf der Grundlage der Annahme des Arbeitsgerichts ist jedenfalls ein Betrag von 25,58 Euro statt lediglich von 21,42 Euro vom Einkommen des Kl&#228;gers abzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; F&#252;r die Unterkunftskosten ist der vom Kl&#228;ger in seiner der Bewilligungsentscheidung zugrundeliegenden, undatierten Erkl&#228;rung &#252;ber seine pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse als tats&#228;chlich gezahlt angegebene und vom Arbeitsgericht abgesetzte Betrag von 425,00 Euro (h&#228;lftige Miet- und Heizkosten) zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">e)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Entgegen der im Schreiben des Arbeitsgerichts vom 4. Dezember 2017 ge&#228;u&#223;erten Auffassung sind die Beitr&#228;ge des Kl&#228;gers f&#252;r die Betreuung und Verpflegung im Kindergarten als besondere Belastung zu ber&#252;cksichtigen. Der von ihm zitierten abweichenden Rechtsprechung (LAG Schleswig-Holstein 20. Oktober 2009 &#8211;&#160;3&#160;Ta 179/09; OLG Stuttgart 26.&#160;Oktober 2005 &#8211; 8 WF 140/05) ist nicht zu folgen.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Betreuungskosten, die durch die Unterbringung des Kindes in einer Kindertagesst&#228;tte entstehen, geh&#246;ren nicht zu den Kosten des allgemeinen Lebensbedarfes und sind nicht vom Freibetrag des &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b) ZPO abgedeckt. In den sozialhilferechtlichen Regels&#228;tzen ist f&#252;r die Betreuung von Kindern in Kindertagesst&#228;tten kein Betrag hinterlegt, weil gem&#228;&#223; &#167;&#160;90 Abs. 3 SGB VIII f&#252;r Sozialhilfeempf&#228;nger und Leistungsempf&#228;nger nach dem SGB II die Kinderbetreuung regelm&#228;&#223;ig kostenfrei ist. Entsprechendes gilt f&#252;r die auf diesen Regels&#228;tzen beruhenden Freibetr&#228;ge nach &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO. F&#252;r Nichtleistungsempf&#228;nger muss dies im Rahmen der Prozesskostenhilfe aber dazu f&#252;hren, dass notwendige Kinderbetreuungskosten einkommensmindernd ber&#252;cksichtigt werden, und zwar dann, wenn ein Betreuungsanspruch oder eine F&#246;rderungsf&#228;higkeit f&#252;r die Betreuung nach &#167; 24 SGB VIII besteht (vgl. LAG Baden-W&#252;rttemberg 27. Juni 2013 &#8211; 4 Ta 11/13 &#8211; II. 2. b), e) der Gr&#252;nde).</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Dieser Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-W&#252;rttemberg wird von der erkennenden Beschwerdekammer gefolgt, allerdings mit der Ma&#223;gabe, dass Grundlage hierf&#252;r nicht die Regelung des &#167;&#160;115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO sein kann. Dort wird lediglich die Ber&#252;cksichtigungsf&#228;higkeit von Mehrbedarfen nach &#167;&#160;21 SGB II bzw. &#167; 30 SGB XII geregelt. Ausweislich dieser gesetzlichen Bestimmungen sind Mehrbedarfe f&#252;r Kinderbetreuung nur f&#252;r Alleinerziehende vorgesehen, nicht aber f&#252;r zusammenlebende, gemeinsam erziehende Eltern. Die fehlende Ber&#252;cksichtigung von Kinderbetreuungskosten in Kindertagesst&#228;tten rechtfertigt sich jedoch aus den vorgenannten Gr&#252;nden unter dem Gesichtspunkt der besonderen Belastung nach &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Ein Kind, welches das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 SGB VIII Anspruch auf F&#246;rderung in einer Tageseinrichtung, wobei ein Kind bei besonderem Bedarf oder erg&#228;nzend auch in der Kindertagespflege gef&#246;rdert werden kann. Diese Voraussetzungen sind bei dem Sohn des Kl&#228;gers erf&#252;llt, weil dieser am 16. Februar 2014 geboren wurde und damit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung das dritte Lebensjahr vollendet hatte. Die Kosten f&#252;r die Unterbringung in der Kindertagesst&#228;tte sind daher abzugsf&#228;hig. Diese betrugen bei Antragstellung 81,17 Euro, der Kl&#228;ger hat angegeben, hiervon die H&#228;lfte zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">bb)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Kosten des Mittagessens in der Kindertagesst&#228;tte sind als besondere Belastung gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO einkommensmindernd zu ber&#252;cksichtigen. Diese Kosten sind ebenfalls nicht bereits im Regelsatz und damit auch nicht im Freibetrag enthalten. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;34 Abs. 6 Nr. 2 SGB XII bzw. &#167; 28 Abs. 6 Nr.&#160;2 SGB&#160;II sind die Kosten einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Kindertageseinrichtungen als Mehrbedarfe f&#252;r Bildung und Teilhabe anerkannt, wobei gem&#228;&#223; &#167; 9 RBEG ein Eigenanteil von 1,00 Euro je Mittagessen in Abzug zu bringen ist (vgl. LAG Baden-W&#252;rttemberg &#8211; a.&#160;a.&#160;O. &#8211; II. 3. a) der Gr&#252;nde). Ausweislich des vorgelegten Belegs betragen die Kosten f&#252;r das Mittagessen 3,00 Euro pro Tag. Nach Abzug des Eigenanteils verbleiben 2,00 Euro. Bei einer durchschnittlichen monatlichen Besuchszeit von 20&#160;Tagen sind danach 40,00 Euro als Kosten f&#252;r das Mittagessen abzugsf&#228;hig. Auch hier hat der Kl&#228;ger bei Antragstellung angegeben, die H&#228;lfte zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">f)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das einzusetzende Einkommen des Kl&#228;gers zum Zeitpunkt der erstmaligen Entscheidung &#252;ber sein Prozesskostenhilfegesuch errechnet sich demnach wie folgt:</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nettoeinkommen&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 1.626,72 Euro</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">- Erwerbst&#228;tigenfreibetrag&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -219,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">- pers&#246;nlicher Freibetrag&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -481,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">- Freibetrag Kind&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -275,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">- Versicherungen&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -25,58 Euro</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- Gef&#246;rderte Altersvorsorge&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -40,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">- Miet-, Heiz- und Nebenkosten&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -425,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">- Kosten Kindergarten&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -40,59 Euro</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">- Kosten Verpflegung des Kindes&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -20,00 Euro</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">einzusetzendes Einkommen&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 100,55 Euro</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das einzusetzende Einkommen rechtfertigte gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 2 ZPO zum Zeitpunkt der Berechnung maximal eine Rate von 50,00 Euro. Der Kl&#228;ger war danach bereits zum Zeitpunkt der Festsetzung der Raten auf 179,00 Euro nicht entsprechend leistungsf&#228;hig, was ein Verschulden an dem Ratenr&#252;ckstand ausschlie&#223;t.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das gilt auch unter Ber&#252;cksichtigung der aus der aktuellen Erkl&#228;rung &#252;ber die pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse ersichtlichen Einkommens- und Verm&#246;gensverh&#228;ltnisse, welche der Kl&#228;ger mit Schriftsatz vom 8. September 2018 &#252;berreicht hat. Daraus ergibt sich zwar, dass seine Lebensgef&#228;hrtin nunmehr seit dem 1.&#160;Januar 2018 Arbeitseinkommen bezieht. Dies f&#252;hrt jedoch nicht zu einem einzusetzenden Einkommen beim Kl&#228;ger. Wegen der Einzelheiten zur Ermittlung des einzusetzenden Einkommens wird zun&#228;chst auf die diesem Beschluss als Anlage beigef&#252;gte Berechnung Bezug genommen. Erl&#228;uternd ist hierzu Folgendes auszuf&#252;hren:</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Der Kl&#228;ger verf&#252;gt nunmehr &#252;ber ein durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.922,82 Euro. Dies ergibt sich aus der von ihm vorgelegten Abrechnung f&#252;r den Monat Juli&#160;2018. Auf Grundlage der dort ausgewiesenen Gesamtbetr&#228;ge f&#252;r Bruttoeinkommen, Steuern und Sozialversicherungsbeitr&#228;gen errechnet sich das genannte durchschnittliche Nettoeinkommen.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Von diesem Einkommen sind f&#252;r den Kl&#228;ger pers&#246;nlich dessen Freibetrag nach &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO in H&#246;he von 481,00 Euro, der Erwerbst&#228;tigenfreibetrag gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b) ZPO in H&#246;he von 219,00 Euro sowie die Arbeitsmittelpauschale in H&#246;he von 5,20 Euro abzusetzen. Dar&#252;ber hinaus betr&#228;gt der ber&#252;cksichtigungsf&#228;hige Freibetrag f&#252;r sein Kind weiterhin 275,00 Euro.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Unterkunftskosten, Versicherungen und Kinderbetreuungskosten sind als gemeinsam vom Kl&#228;ger und seiner Lebensgef&#228;hrtin getragene Kosten zwischen diesen aufzuteilen, nachdem Letztere seit dem 1. Januar 2018 auch &#252;ber Arbeitseinkommen verf&#252;gt</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Sowohl bei den gemeinsam getragenen besonderen Belastungen im Sinne von &#167;&#160;115 Abs.&#160;1 Satz&#160;3 Nr.&#160;5 ZPO als auch bei den Kosten der gemeinsamen Unterkunft ist f&#252;r die Berechnung des von dem Einkommen der antragstellenden Partei abzusetzenden Betrages auf das Verh&#228;ltnis der &#8222;unbereinigten&#8220;, d. h. ohne weitere Abz&#252;ge nach &#167; 115 Abs. 1 Satz&#160;3 Nr. 1 b) bis 5 ZPO zur Verf&#252;gung stehenden Nettoeinkommen der im gemeinsamen Haushalt lebenden, verdienenden Bewohner abzustellen (vgl. LAG Hamm 6.&#160;M&#228;rz 2012 &#8211; 14 Ta 629/11 &#8211; 3. d) cc) der Gr&#252;nde; LAG D&#252;sseldorf 23.&#160;M&#228;rz 2010 &#8211; 3 Ta 163/10 &#8211; 3. der Gr&#252;nde, jeweils m. w. N.).</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">bb)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Lebensgef&#228;hrtin des Kl&#228;gers verdient seit Januar 2018 ausweislich der vorgelegten Abrechnung f&#252;r den Monat Juli 2018 durchschnittlich 706,61 Euro netto monatlich. Dieser Betrag ergibt sich aus den in der Abrechnung ausgewiesenen Gesamtbetr&#228;gen aus Bruttoeinkommen, Steuern und Sozialversicherungsbeitr&#228;gen f&#252;r das laufende Jahr. Hinzuzurechnen ist das Kindergeld in H&#246;he von 194,00 Euro, was zu einem monatlichen Einkommen von 900,61 Euro f&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">cc)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die gemeinsam mit der Lebensgef&#228;hrtin zu tragenden Belastungen ergeben sich zum einen aus den Unterkunftskosten, die nunmehr 950,00 Euro betragen. Aus dem vorgelegten Beleg ergibt sich, dass diese Kosten f&#252;r die Wohnung von dem gemeinsamen Konto des Kl&#228;gers und seiner Lebensgef&#228;hrtin gezahlt werden. Dar&#252;ber hinaus sind die nunmehr noch nachgewiesene Versicherungsbeitr&#228;ge in H&#246;he von insgesamt 87,41 Euro (Haftpflichtversicherung 12,06 Euro, Hausratversicherung 24,78 Euro, Glasversicherung 9,40 Euro, Kraftfahrzeugversicherung 41,17 Euro) sowie die Kinderbetreuungskosten f&#252;r die Unterbringung des gemeinsamen Kindes in einer Kindertagesst&#228;tte in H&#246;he von insgesamt 122,39 Euro (82,39 Euro Beitrag Kreis X, 40,00 Euro Essensgeld) entsprechend als Abzugsposten zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">dd)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Gesamtbelastungen in H&#246;he von 1.163,80 Euro sind im Verh&#228;ltnis der Einkommen des Kl&#228;gers (in H&#246;he von 1.922,82 Euro) und seiner Lebensgef&#228;hrtin (in H&#246;he von insgesamt 900,61 Euro) aufzuteilen. Danach tr&#228;gt der Kl&#228;ger von den Versicherungsbeitr&#228;gen 59,53 Euro, von der Miete 646,97 Euro und von den Kinderbetreuungskosten 83,35 Euro.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Schlie&#223;lich steht dem Kl&#228;ger als weitere gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO zu ber&#252;cksichtigende besondere Belastung f&#252;r die Unterhaltslasten, die er f&#252;r seine Lebensgef&#228;hrtin erbringt, ein Abzugsbetrag zu, welcher sich hinsichtlich der H&#246;he nach dem Freibetrag f&#252;r Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner gem&#228;&#223; &#167;&#160;115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO richtet.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Zwar kann f&#252;r nichteheliche Lebensgef&#228;hrten dieser Freibetrag grunds&#228;tzlich nicht gew&#228;hrt werden, denn ihnen gegen&#252;ber besteht keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Laufende Unterhaltsleistungen k&#246;nnen aber besonderen Belastungen im Sinne des &#167;&#160;115 Abs. 1 Satz&#160;3 Nr. 5 ZPO sein, soweit sie einer sittlichen Pflicht oder einer R&#252;cksichtnahme auf den Anstand entsprechen (vgl. D&#252;rbeck/Gottschalk, a.&#160;a.&#160;O., Rn.&#160;298; Z&#246;ller/Geimer, a.&#160;a.&#160;O., &#167;&#160;115 ZPO Rn. 40 jeweils m. w. N.). Lebt z. B. der Bezieher von Prozesskostenhilfe mit der Mutter seines nichtehelichen Kindes in einem gemeinsamen Haushalt zusammen, dessen Aufwendungen er zumindest im Wesentlichen allein bestreitet, so sind diese Aufwendungen als besondere Belastungen zu ber&#252;cksichtigen, weil er sich diesen Aufwendungen aus moralischen und sittlichen Gr&#252;nden nicht entziehen kann (vgl. LAG Hamm 31. M&#228;rz 1992 &#8211; 7 Ta 115/92; OLG Stuttgart 15. Oktober 2004 &#8211; 8&#160;WF 112/04 &#8211; II. 2. der Gr&#252;nde).</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">bb)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Entsprechendes gilt, wenn die Partei, welche Prozesskostenhilfe beantragt hat, mit einer weiteren Person, ohne mit dieser verheiratet zu sein oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zu leben, in einer Bedarfsgemeinschaft nach &#167; 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II lebt (vgl. LAG Hamm 16. September 2018 &#8211; 5 Ta 11/18 &#8211; II. 1. b) der Gr&#252;nde; LAG Berlin-Brandenburg 20. Dezember 2010 &#8211; 26 Ta 2314/10 &#8211; II. 2. b) der Gr&#252;nde; OLG Karlsruhe 15. Dezember 2015 &#8211; 16 WF 258/15 &#8211; II. 6. c) der Gr&#252;nde). Nach dieser Bestimmung erhalten auch Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), die mit erwerbsf&#228;higen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Hierzu geh&#246;rt auch diejenige, welche mit der erwerbsf&#228;higen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verst&#228;ndiger W&#252;rdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung f&#252;reinander zu tragen und f&#252;reinander einzustehen. Dies ist nach &#167; 7 Abs.&#160;3a SGB&#160;II dann anzunehmen, wenn Partner l&#228;nger als ein Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angeh&#246;rige im Haushalt versorgen oder befugt sind, &#252;ber Einkommen oder Verm&#246;gen des anderen zu verf&#252;gen. Ausreichend ist das Vorliegen einer ehe&#228;hnlichen Gemeinschaft, die so ausgestaltet ist, dass sich eine gewisse Ausschlie&#223;lichkeit der Beziehung ergibt, die keine vergleichbare Beziehung daneben zul&#228;sst (vgl. BSG 23. August 2012 &#8211; B 4 AS 34/12 R&#160;&#8211; Rn. 20; LAG Hamm &#8211; a. a. O.). Im vorliegenden Fall waren und sind die Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des &#167; 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II beim Kl&#228;ger, der mit seiner Lebensgef&#228;hrtin und seinem Sohn in einem gemeinsamen Haushalt lebt, offensichtlich erf&#252;llt.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Folge der Bedarfsgemeinschaft ist, dass gem&#228;&#223; &#167; 9 Abs. 2 SGB II die Eink&#252;nfte des Antragstellers bei einer von seiner Lebensgef&#228;hrtin beantragten Gew&#228;hrung von Leistungen nach dem SGB II bei der Pr&#252;fung der Bed&#252;rftigkeit heranzuziehen w&#228;ren. Sind Einkommen oder Verm&#246;gen bei weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft vorhanden, wird erwartet, dass jedes Mitglied dieses zur Deckung des Gesamtbedarfes aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einsetzt, weshalb eine eigene Bed&#252;rftigkeit des grunds&#228;tzlich Leistungsberechtigten unter Umst&#228;nden nicht mehr besteht, weil sein Bedarf durch den Lebenspartner gedeckt werden kann (vgl. LAG Hamm 16. September 2018 &#8211; 5 Ta 11/18 &#8211; II. 1. b) der Gr&#252;nde).</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">cc)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bei Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft ist anerkannt, das Unterhaltsleistungen zu Gunsten der Lebensgef&#228;hrtin bzw. des Lebensgef&#228;hrten im Rahmen der besonderen Belastungen nach &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO Ber&#252;cksichtigung finden (vgl. LAG Hamm 16. September 2018 &#8211; 5 Ta 11/18 &#8211; II. 1. b) der Gr&#252;nde; LAG Berlin-Brandenburg 20. Dezember 2010 &#8211; 26 Ta 2314/10 &#8211; II. 2. b) aa) der Gr&#252;nde; OLG Karlsruhe 7. November 2007 &#8211; 16 WF 164/07 &#8211; 2. d) bb) der Gr&#252;nde). Das Einkommen der bed&#252;rftigen Partei kann nicht ungeschm&#228;lert als einzusetzendes Einkommen im Rahmen der Prozesskostenhilfe in Ansatz gebracht werden, wenn aus Sicht des SGB&#160;II es ihr nicht in vollem Umfang f&#252;r den eigenen Lebensbedarf zur Verf&#252;gung steht, sondern auch f&#252;r weitere Personen einer Bedarfsgemeinschaft einzusetzen ist (vgl. OLG Karlsruhe 15.&#160;Dezember 2015 &#8211; 16 WF 258/15 &#8211; II. 6. c) der Gr&#252;nde; OLG Frankfurt 28. April 2015 &#8211; 5 WF 107/15 &#8211; juris, Rn. 2; KG Berlin &#8211; 30. M&#228;rz 2006 &#8211; 3&#160;WF 42/06 &#8211; juris, Rn. 5). Sehen gesetzliche Regelungen unabh&#228;ngig von einer ausdr&#252;cklichen Anerkennung einer Lebensgemeinschaft gleichwohl eine gesetzliche Einstandspflicht zweier Personen f&#252;reinander vor, kann dem schlechterdings im Rahmen einer anderen sozialrechtlich ausgepr&#228;gten Regelung nicht entgegengehalten werden, dass es sich um eine freiwillige Unterhaltsleistung handelt, die nicht ber&#252;cksichtigt werden kann. Faktisch ist diese Pflicht aufgrund der Regelungen des SGB II vorhanden (vgl. LAG Hamm &#8211; a. a. O.). Dieser faktischen Unterhaltslast k&#246;nnte die Partei nur entgehen, wenn sie die Lebens- und Bedarfsgemeinschaft beendet. Es ist ihr jedoch nicht zuzumuten, ihre Lebensgemeinschaft zu beenden, um freiwerdende Mittel f&#252;r die Prozesskosten einsetzen zu k&#246;nnen (vgl. OLG D&#252;sseldorf 7. September 2009 &#8211; 8 WF 63/09 &#8211; juris, Rn. 3; OLG Dresden 2. M&#228;rz 2009 &#8211; 24 WF 116/09 &#8211; juris, Rn. 7).</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">dd)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Grundlage f&#252;r die Anrechnung tats&#228;chlicher Unterhaltsleistungen in einer Bedarfsgemeinschaft zweier ehe&#228;hnlich zusammen lebender Menschen ist der Freibetrag des &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Teilweise wird vertreten, dass eine Ber&#252;cksichtigung nur in der H&#246;he erfolgen kann, soweit die Eink&#252;nfte der Partei, die Prozesskostenhilfe begehrt, bei der Gew&#228;hrung von Leistungen nach dem SGB II an die Lebensgef&#228;hrtin bzw. den Lebensgef&#228;hrten im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft herangezogen bzw. diesen Personen als Unterhalt von ihrer Sozialleistung abgezogen wurden (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 20.&#160;Dezember 2010 &#8211;&#160;26 Ta 2314/10 &#8211; II. 2. b) aa) der Gr&#252;nde; KG Berlin &#8211; 30. M&#228;rz 2006 &#8211; 3 WF 42/06 &#8211; juris Rn. 6; OLG Frankfurt 28.&#160;April 2015 &#8211; 5 WF 107/15 &#8211; Rn. 3; OLG Dresden 2. M&#228;rz 2009 &#8211; 24 WF 116/09 &#8211; Rn. 7; Z&#246;ller/Geimer, a.&#160;a.&#160;O., &#167; 115 ZPO Rn. 40). Als besondere Belastung anzurechnen seien Betr&#228;ge bis zur H&#246;he des Regelbedarfs (vgl. OLG D&#252;sseldorf 7. September 2009 &#8211; 8 WF 63/09 &#8211; juris, Rn. 4). Nur insoweit werde die Partei im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft herangezogen und nur insoweit k&#246;nne deshalb ihr einzusetzende Einkommen vermindert werden (KG Berlin &#8211; a. a. O.). Mangels gesetzlicher Unterhaltspflicht k&#246;nne der Freibetrag des &#167;&#160;115 Abs. 2 Satz Nr. 2 a) ZPO weder unmittelbar noch analog Anwendung finden (vgl. OLG Frankfurt &#8211; a.&#160;a.&#160;O. &#8211; Rn. 2; OLG Dresden &#8211; a. a. O. &#8211; Rn. 5).</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Zutreffend ist es jedoch, im Falle von Unterhaltsleistungen in der Bedarfsgemeinschaft einer ehe&#228;hnlichen Gemeinschaft auf die gesetzlichen Freibetr&#228;ge nach &#167;&#160;115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO abzustellen. Ma&#223;geblich sind prozesskostenhilferechtliche, nicht sozial(hilfe)rechtliche Kriterien (vgl. OLG Karlsruhe 7. November 2007 &#8211;&#160;16&#160;WF 164/07 &#8211; 2.&#160;d) cc) der Gr&#252;nde). Schon aus Vereinfachungsgr&#252;nden, insbesondere wenn im Hinblick auf die bestehende Bedarfsgemeinschaft erst gar kein Leistungsantrag gestellt wurde, k&#246;nnen Unterhaltsleistungen bis zu den sich aus &#167; 115 Abs. 1 Satz&#160;3 Nr.&#160;2 ZPO ergebenden Betr&#228;gen als besondere Belastung Ber&#252;cksichtigung finden (vgl. LAG Berlin-Brandenburg &#8211; 20. Dezember 2010 &#8211; 26 Ta 2314/10 &#8211; II. 2. b) aa) der Gr&#252;nde). Ebenso wenig bedarf es bei erwerbst&#228;tigen Partnern einer Berechnung des Unterhaltsbedarfs anhand der teilweise andere Wertungen beinhaltenden Regelungen des SGB II oder des SGB XII (vgl. OLG Karlsruhe &#8211; a. a. O. &#8211; 2.&#160;d) cc) bbb) der Gr&#252;nde). Schlie&#223;lich ist es im Prozesskostenhilferecht sachlich naheliegend, dessen spezifische Wertungen zur &#8211; pauschalen (vgl. OLG Karlsruhe &#8211; a. a. O. &#8211;&#160;2.&#160;d) cc) aaa) der Gr&#252;nde) &#8211; Ber&#252;cksichtigung von Unterhaltsleistungen anzuwenden, selbst wenn der Ankn&#252;pfungstatbestand die sozialrechtliche Regelung der Bedarfsgemeinschaft ist.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Zwar kommt die Partei dadurch in den Genuss von Entlastungen, die &#252;ber dem Regelbedarf nach &#167; 28 SGB II f&#252;r ihren Partner bzw. Partnerin hinausgehen. Der in den Freibetr&#228;gen des &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 ZPO enthaltene Sicherheitszuschlag von 10 % auf den Regelsatz soll ber&#252;cksichtigen, dass dem Leistungsberechtigten nach den Vorschriften des SGB XII &#252;ber den monatlichen Regelsatz hinaus Leistungen durch Einmalzahlungen, etwa nach &#167; 31 SGB XII, zuflie&#223;en k&#246;nnen, und dass bei einer k&#252;nftigen Erh&#246;hung der Regels&#228;tze im Laufe einer mehrj&#228;hrigen Ratenzahlungsverpflichtung Prozesskostenhilfe nicht aus einem Einkommen zur&#252;ckgezahlt werden muss, das der Sicherung des Existenzminimums dient (Z&#246;ller/Geimer, a. a. O., &#167; 115 ZPO Rn. 28). Dies gilt auch f&#252;r Angeh&#246;rige einer Bedarfsgemeinschaft. Selbst wenn es sich bei der Gew&#228;hrung von Prozesskostenhilfe um eine Sozialleistung handelt, ist &#167;&#160;115 Abs.&#160;1 Satz 3 Nr.&#160;5 ZPO eine H&#228;rteklausel, die verhindern soll, dass sich eine Partei in ihrer Lebensf&#252;hrung wegen des Prozesses wesentlich einschr&#228;nken muss (vgl. LAG Hamm 30. August 2017 &#8211; 5 Ta 419/17 &#8211; II. der Gr&#252;nde; 6. M&#228;rz 2012 &#8211; 14&#160;Ta 48/12 &#8211; 1. b) der Gr&#252;nde; LAG Rheinland-Pfalz 28.&#160;Dezember 2011 &#8211; 6 Ta 241/11&#160;&#8211; II.&#160;der Gr&#252;nde). Dies rechtfertigt es, tats&#228;chliche Unterhaltslasten in einer ehe&#228;hnlichen Gemeinschaft im Rahmen einer pauschalierten Ber&#252;cksichtigung entsprechend den gesetzlichen Unterhaltspflichten als besondere Belastung zu behandeln.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Im &#220;brigen gen&#252;gt f&#252;r die Ber&#252;cksichtigung der Unterhaltsleistungen der blo&#223;e Bestand der Bedarfsgemeinschaft. Es ist nicht erforderlich, dass die Eink&#252;nfte der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei im Rahmen einer Beantragung von Leistungen nach dem SGB II durch die Lebensgef&#228;hrtin bzw. den Lebensgef&#228;hrten tats&#228;chlich angerechnet wurden. Ausreichend ist es, wenn das Einkommen der Partei ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnte. Die tats&#228;chliche Unterhaltslast richtet sich nicht nach der faktischen Notwendigkeit eines Antrages auf Leistungen nach dem SGB II f&#252;r ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Ist danach grunds&#228;tzlich der H&#246;he nach ein Freibetrag nach &#167; 115 Abs. 1 Satz&#160;3 Nr.&#160;2&#160;a) ZPO zu Gunsten der Lebensgef&#228;hrtin zu ber&#252;cksichtigen, so gilt f&#252;r diesen ebenfalls, dass eigene Eink&#252;nfte gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO den abzusetzenden Betrag mindern. Das gem&#228;&#223; dieser Bestimmung anzurechnende Einkommen ist dabei grunds&#228;tzlich wie das Einkommen der antragstellenden Partei selbst nach &#167;&#160;115 ZPO zu berechnen, mit Ausnahme des Freibetrages zugunsten des gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindes (vgl. n&#228;her LAG Hamm 6.&#160;M&#228;rz&#160;2012 &#8211; 14 Ta 629/11 &#8211; 3. c) aa) der Gr&#252;nde, <em>unzutreffend</em> OLG Karlsruhe 7. November 2007 &#8211; 16 WF 164/07 &#8211; 2. d) cc) ccc) der Gr&#252;nde, welches das volle Einkommen anrechnen will).</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">ee)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Summe der Abz&#252;ge der Lebensgef&#228;hrtin betr&#228;gt unter Ber&#252;cksichtigung des Erwerbst&#228;tigenfreibetrages 219,00 Euro, der Werbungskostenpauschale von 5,20 Euro, der gemeinsam zu tragenden Mietkosten in H&#246;he von 303,03 Euro und den weiteren gemeinsamen Belastungen in H&#246;he von 66,92 Euro insgesamt 595,43 Euro, so dass ein gem&#228;&#223; &#167; 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO anzurechnendes Einkommen von 306,46 Euro verbleibt. Die vom Einkommen des Kl&#228;gers abzusetzende besondere Belastung nach &#167; 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO betr&#228;gt noch 174,54 Euro.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">e)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Unter Ber&#252;cksichtigung s&#228;mtlicher vorgenannter abzugsf&#228;higer Betr&#228;ge ergibt sich ein negatives Einkommen von 21,77 Euro. Der Kl&#228;ger ist auch seit dem 1.&#160;Januar 2018 trotz seines im Verlaufe des Jahres h&#246;heren eigenen und des zus&#228;tzlichen Einkommens seiner Lebensgef&#228;hrtin und ihres h&#246;heren Anteils an den gemeinsam zu tragenden Kosten nicht leistungsf&#228;hig gewesen, so dass ihn weiterhin kein Verschulden an dem Ratenr&#252;ckstand trifft.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das Arbeitsgericht wird nunmehr &#252;ber den ausdr&#252;cklich gestellten Ab&#228;nderungsantrag des Kl&#228;gers vom 8.&#160;September 2018 zu entscheiden haben. Entgegen seiner im Schreiben vom 17.&#160;Oktober 2018 ge&#228;u&#223;erten Auffassung liegt sehr wohl eine Ver&#228;nderung allein deswegen vor, weil der Kl&#228;ger &#252;ber ein h&#246;heres Einkommen verf&#252;gt als zum Zeitpunkt der Entscheidung &#252;ber das Prozesskostenhilfegesuch am 15.&#160;Januar 2018. Es wird dar&#252;ber hinaus zu ber&#252;cksichtigen haben, dass nach dem Bewilligungsbeschluss vom 15. Januar 2018 weitere &#196;nderungen durch die Erh&#246;hung der Miete sowie die mit dem Kreis T im Februar 2018 vereinbarten Ratenzahlungen ab 15. M&#228;rz 2018 eingetreten sind. Eine Ber&#252;cksichtigungsf&#228;higkeit der zuletzt genannten Verbindlichkeit scheidet nicht von vornherein aus, selbst wenn diese erst nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entstanden ist (vgl. LAG Hamm 3. M&#228;rz 2010 &#8211; 14 Ta 649/09 &#8211; 3. der Gr&#252;nde; zu den Voraussetzungen einer Ber&#252;cksichtigung vgl. LAG Hamm 30. April 2012 &#8211; 4 Ta 662/11 &#8211; II. der Gr&#252;nde; 31. Mai 2010 &#8211; 14 Ta 98/10 &#8211; juris, Rn. 2).</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Dabei ist darauf hinzuweisen, dass eine Ab&#228;nderung der Prozesskostenhilfeentscheidung nach Eintritt einer wesentlichen Ver&#228;nderung nicht isoliert nach dieser Ver&#228;nderung vorgenommen werden kann, sondern nach den dann bestehenden pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen zu &#252;berpr&#252;fen ist, ob und in welcher H&#246;he die Anordnung von Ratenzahlungen gerechtfertigt ist. Das erfordert die Ber&#252;cksichtigung von urspr&#252;nglich bei Bewilligung bereits bestehenden, aber bislang nicht geltend gemachten Belastungen (vgl. LAG Hamm 3. M&#228;rz 2010 &#8211; 14 Ta 649/09 &#8211; 3. der Gr&#252;nde). Entsprechendes gilt f&#252;r Belastungen, die zu Unrecht nicht ber&#252;cksichtigt wurden.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich ist darauf hinzuweisen, dass ma&#223;geblich f&#252;r den Zeitpunkt der Ab&#228;nderung nicht die Mitteilung an das Gericht, sondern der Eintritt der Ver&#228;nderung ist. Die urspr&#252;ngliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlungsanordnung kann bei einem Antrag auf Ab&#228;nderung nach &#167; 120a Abs. 1 ZPO r&#252;ckwirkend bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem die Ver&#228;nderung eingetreten ist, abge&#228;ndert werden. Bei der urspr&#252;nglich festgesetzten Ratenzahlungsordnung hat es nur bis zu diesem Zeitpunkt zu verbleiben (vgl. dazu n&#228;her LAG Hamm 19. Oktober 2015 &#8211; 5 Ta 395/15 &#8211; II. 2. der Gr&#252;nde; 20. September 2013 &#8211; 14 Ta 448/13 &#8211; juris, Rn. 3).</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">5.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gr&#252;nde f&#252;r eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.</p>
171,327
olgham-2018-12-18-4-ws-190-192-225
{ "id": 821, "name": "Oberlandesgericht Hamm", "slug": "olgham", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
4 Ws 190 - 192, 225/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:55
2019-02-12T13:44:41
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2018:1218.4WS190.192.225.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>1. Auf die Beschwerden der Staatsanwaltschaft werden die Beschl&#252;sse des Landgerichts Detmold vom 31.08.2018 (23&#160;Qs 114 und 116/18) aufgehoben.</p> <p>Die Kosten dieser Beschwerdeverfahren tr&#228;gt der Beschuldigte.</p> <p>2. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts Detmold vom 27.08.2018 (23&#160;Qs&#160;115/18) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10.09.2018 wird als unbegr&#252;ndet verworfen.</p> <p>Die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens und die dem Beschuldigten darin erwachsenen notwendigen Auslagen tr&#228;gt die Landeskasse.</p> <p>3. Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Detmold vom 27.08.2018 (23 Qs 115/18) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 10.09.2018 wird auf Kosten des Beschuldigten als unbegr&#252;ndet verworfen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Staatsanwaltschaft Detmold f&#252;hrt gegen den Beschuldigten B sowie weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren u. a. wegen des Vorwurfs des Betruges. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens hat das Amtsgericht Detmold auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschl&#252;ssen vom 15.05.2018 den Arrest in H&#246;he von 675.201,65 Euro in das Verm&#246;gen des Beschuldigten B (2 Qs 1054/18), den Arrest in H&#246;he von 95.485 Euro in das Verm&#246;gen der B Services UG (haftungsbeschr&#228;nkt) &amp; Co. KG (2 Qs 1055/18) und mit Beschluss vom 11.06.2018 den Arrest in H&#246;he von 408.427,43 Euro in das Verm&#246;gen der B UG (haftungsbeschr&#228;nkt) (2 Gs 1251/18), welche vormals B Verwaltungs UG (haftungsbeschr&#228;nkt) hie&#223;, angeordnet. Gesch&#228;ftsf&#252;hrer der B UG (haftungsbeschr&#228;nkt) ist der Beschuldigte.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In den Beschlussgr&#252;nden der im Wesentlichen gleichlautenden Beschl&#252;sse hei&#223;t es:</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">&#8222;Bei dem Beschuldigten B handelt es sich um den Gesch&#228;ftsf&#252;hrer der B Verwaltungs UG, welche ihrerseits die Komplement&#228;rin der B Services UG &amp; Co. KG ist. Der Beschuldigte B ist nach den bisherigen Ermittlungen verd&#228;chtigt, mit Hilfe seiner Mitarbeiter, den Mitbeschuldigten D und H, mit mindestens 330&#160;Personen, darunter mit dem Mitbeschuldigten M1, Datennutzungsvertr&#228;ge abgeschlossen zu haben. In diesen Vertr&#228;gen verpflichteten sich die Datengeber, dem Beschuldigten B ihre Daten zur Verf&#252;gung zu stellen. Daf&#252;r erhielten die Datengeber eine einmalige &#8222;Wettgewinnbeteiligung&#8220; von bis zu 250&#160;&#8364;. Mit diesen Daten errichtete der Beschuldigte B f&#252;r mindestens 330&#160;Personen Spielerkonten auf der Sportwettenplattform c der Betreiberin S GmbH sowie weiteren Online-Wettanbietern. Da er in jedem einzelnen Fall unterschiedliche Personendaten angab und vermutlich f&#252;r jede einzelne Registrierung eine andere virtuelle Windows-Maschine nutzte, erweckte er so bei jeder neuen Registrierung den Eindruck, dass es sich bei ihm um einen Neukunden handeln w&#252;rde. Nach Abschluss der jeweiligen Registrierung zahlte er auf die jeweiligen Spielerkonten Betr&#228;ge von 100&#160;&#8364; bzw. 110&#160;&#8364; ein. Daraufhin erhielt er jeweils den ihm nicht zustehenden Neukundenbonus in H&#246;he von jeweils 100&#160;&#8364;.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Da auch nach der zuletzt im Oktober 2017 in dieser Sache erfolgten Durchsuchung weiterhin Wetteing&#228;nge verzeichnet sind, ist davon auszugehen, dass die Beschuldigten weiterhin gleich gelagerte Straftaten begehen und m&#246;glicherweise auch neue Datengeber angeworben haben. Dar&#252;ber hinaus konnte ermittelt werden, dass die Beschuldigten auch zum Nachteil von anderen Wettanbietern als der S GmbH nach dem oben beschriebenen System vorgegangen sind.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es besteht folglich der dringende Verdacht des gemeinschaftlichen besonders schweren Falls des Computerbetruges gem. &#167;&#167;&#160;263a Abs.&#160;1, Abs.&#160;2, 263 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1, 25 Abs.&#160;2 StGB (gewerbsm&#228;&#223;ig) sowie der F&#228;lschung beweiserheblicher Daten gem. &#167;&#160;269 StGB.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es bestehen dringende Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme, dass die Voraussetzungen des &#167;&#160;111e StPO i. V. m. &#167;&#160;73 Abs.&#160;1, &#167;&#160;73c StGB vorliegen und dass gegen den Beschuldigten die Einziehung des genannten Geldbetrages angeordnet werden wird. Der Beschuldigte hat durch die Begehung der genannten Taten hohe Geldbetr&#228;ge erlangt. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;73c StGB ist daher die Einziehung eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Das aus der Tat Erlangte umfasst die jeweils betr&#252;gerisch erlangten Neukundenboni. Die jeweils selbst eingesetzten Zahlungen, um erst die Neukundenboni erhalten zu k&#246;nnen, sind nicht abzugsf&#228;hig, da diese gem. &#167;&#160;73d Abs.&#160;1 S.&#160;2 StGB f&#252;r die Begehung der Taten aufgewendet worden sind. Dar&#252;ber hinaus unterliegen auch die Gewinne der Einziehung nach &#167;&#160;73 Abs.&#160;1 StGB. Diese Gewinne hat der Beschuldigte zwar nicht direkt aus der Tat erlangt. Der Gesetzgeber hat jedoch dieses strenge Erfordernis gerade aufweichen wollen und daher die Formulierung von &#8222;aus&#8220; zu &#8222;durch die Tat erlangt&#8220; ge&#228;ndert. Zwar ist der Kommentierung bei Fischer, Strafgesetzbuch, 65.&#160;Aufl. 2018, &#167;&#160;73 Rn.&#160;33, zu entnehmen, dass die Absch&#246;pfung mittelbaren Gewinns auch nach der neuen Gesetzesfassung nicht m&#246;glich sei. Hierbei ist jedoch zu sehen, dass es sich bei den dort zitierten Urteilen ausschlie&#223;lich um solche handelt, die nach der alten Rechtslage ergangen sind. Die Tragweite dieser &#196;nderung ist hingegen direkt der Gesetzesbegr&#252;ndung zu entnehmen (Bt-Drs.&#160;18/9525, S.&#160;55). Demnach sollen nicht nur &#8222;direkt&#8220;, sondern auch &#8222;indirekt&#8220; durch eine Straftat erlangte wirtschaftliche Vorteile einzuziehen sein. Mit der Begriffs&#228;nderung wurde auch auf das vom 5.&#160;Strafsenat des BGH entwickelten ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Unmittelbarkeit reagiert, welches nunmehr nicht mehr Voraussetzung ist (so auch K&#246;hler, NStZ 2017, 497). Der hiesigen Auslegung steht auch nicht entgegen, dass bei einer derart weiten Auslegung des &#167;&#160;73 Abs.&#160;1 StGB die Regelung in &#167;&#160;73 Abs.&#160;3 StGB &#252;berfl&#252;ssig erscheint. Denn letztere bezieht sich lediglich auf Surrogate, bei Gewinnen aus Gl&#252;cksspielen handelt es sich aber gerade nicht um Surrogate.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Gewinne sind sowohl auf Konten des Beschuldigten B selbst sowie auf den Gesch&#228;ftskonten der oben genannten UG und der KG eingegangen. Der Beschuldigte ist jedoch Verf&#252;gungsberechtigter dieser Gesch&#228;ftskonten und hat die Firmen ausschlie&#223;lich zur Durchf&#252;hrung der zuvor beschriebenen Taten gegr&#252;ndet. Folglich hat er selbst s&#228;mtliche Gewinne erlangt.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Verm&#246;gensarrest ist zur Sicherung der Vollstreckung einer zuk&#252;nftigen Einziehungsentscheidung erforderlich, da zu bef&#252;rchten ist, dass der Beschuldigte nunmehr bei Kenntnis der Sach- und Rechtslage alles tun wird, um sein Verm&#246;gen dem staatlichen Zugriff zu entziehen. Der Beschuldigte ist gelernter Bankkaufmann, sodass es ihm ein Leichtes ist, die erlangten Betr&#228;ge zu verschieben und die Herkunft zu verschleiern &#8211;&#160;dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass er bereits ein kompliziertes System von Hin- und Her&#252;berweisungen ersonnen hat, das nur schwer zu durchschauen ist.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Anordnung des Verm&#246;gensarrestes ist trotz seiner f&#252;r den Beschuldigten nachteiligen Folgen angesichts der Schwere und Bedeutung der Straftat sowie des staatlichen Interesses an der Absch&#246;pfung inkriminierten Verm&#246;gens und den Interessen der durch die Straftat Verletzten verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Beschl&#252;sse hat der Beschuldigte mit drei gesonderten Schrifts&#228;tzen seines Verteidigers Rechtsanwalt M, dieser vertreten durch Rechtsanwalt Q1, Beschwerde eingelegt. In der Beschwerdebegr&#252;ndung f&#252;hrt er aus, dass die &#8222;angeblichen Gewinne aus Wetten&#8220; nicht der Einziehung unterl&#228;gen und daher auch nicht arretiert werden d&#252;rften. Es handele sich nur um mittelbare Gewinne. Auch die Neukundenboni seien nicht vom Anwendungsbereich des &#167; 73 Abs. 1 StGB erfasst. Das Bonusgeld sei nicht auszahlungsf&#228;hig, sondern unterliege einer Sperre, solange es nicht mindestens f&#252;nfmal auf Einzel &#8211;oder Kombinationswetten von einer Quote von jeweils mindestens 1,80 eingesetzt worden sei. Es fehle an einer faktischen Verf&#252;gungsgewalt &#252;ber das Bonusgeld, welche aber Voraussetzung f&#252;r die Anwendung von &#167; 73 Abs. 1 StGB sei.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit den nunmehr angefochtenen Beschl&#252;ssen hat das Landgericht Detmold den Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 11.06.2018 (2 Gs 1251/18) und den Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 15.05.2018 (2 Gs 1055/18) &#8211; also die Beschl&#252;sse, welche die Arreste in das Verm&#246;gen der Gesellschaften betrafen &#8211; aufgehoben und den Arrestbeschluss betreffend den Beschuldigten B selbst dahin abge&#228;ndert, dass der Arrestbetrag nur 33.000 Euro betr&#228;gt (der urspr&#252;nglich auf 330.000 Euro festgesetzte Arrestbetrag wurde mit Berichtigungsbeschluss vom 10.09.2018 auf 33.000 Euro korrigiert).</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In den im Wesentlichen gleichlautenden Beschl&#252;ssen hei&#223;t es u. a.:</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">&#8222;1.1.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass vorliegend aufgrund des oben dargestellten Sachverhaltes der dringende Verdacht einer rechtswidrigen Tat, n&#228;mlich jedenfalls des gemeinschaftlichen Betruges in einem besonders schweren Fall gem&#228;&#223; &#167;&#167;&#160;263, Abs.&#160;1, Abs.&#160;3 Nr.&#160;1, 25 Abs.&#160;2 StGB zu Lasten des Beschuldigten B besteht.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1.2.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beschuldigte B hat durch diese Tat etwas im Sinne des &#167;&#160;73 StGB erlangt. Der Begriff &#8222;Etwas&#8220; umfasst alle tats&#228;chlich erlangten wirtschaftlichen Werte, welche nach dem Bruttoprinzip zu bestimmen sind.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1.2.1.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beschuldigte B hat durch seine betr&#252;gerische Vorgehensweise in mindestens 330&#160;F&#228;llen Neukundenboni in H&#246;he von jeweils 100,00&#160;Euro, also insgesamt einen Betrag in H&#246;he von jedenfalls 330.000,00&#160;Euro erhalten. Dass ihm dieser Verm&#246;genswert nicht in bar zugegangen ist, sondern in Form von Spielgeld auf einem Bonuskonto gutgeschrieben wurde, ist unerheblich [vgl. Fischer, StGB, 65.&#160;Auflage 2018, &#167;&#160;73 Rn.&#160;27].</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Annahme eines geldwerten Vorteils steht insofern nicht entgegen, dass die Einzahlung von jeweils 100&#160;Euro &#8222;Echtgeld&#8220; zur Aktivierung des Neukundenbonus erforderlich war und die Auszahlung des Bonus eine bestimmte Anzahl von Wetten und gewisse Wettums&#228;tzen erforderte. Denn Verm&#246;genswerte sind nicht nur dann aus einer Tat erlangt, wenn sie dem T&#228;ter ohne weitere (Zwischen)Schritte zuflie&#223;en [vgl. BGH, Urteil vom 19.&#160;Oktober 2011 &#8211;&#160;1&#160;StR&#160;336/11&#160;-, juris]. Es gen&#252;gt, dass der Tatbeteiligte zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverf&#252;gungsmacht &#252;ber den Verm&#246;gensgegenstand erlangt hat. Dies ist der Fall, wenn er im Sinne eines rein tats&#228;chlichen Herrschaftsverh&#228;ltnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Verm&#246;gensgegenstand nehmen konnte [vgl. BGH, Urteil vom 24.&#160;Mai 2018 &#8211;&#160;5&#160;StR&#160;623/17&#160;-, juris]. So lag es hier. Mit der Gutschrift auf dem jeweiligen Spielerkonto erhielt der Beschuldigte B die faktische Verf&#252;gungsgewalt &#252;ber die generierten Neukundenboni. Es lag allein in seiner Hand, die weiteren Voraussetzungen f&#252;r die Auszahlung der Boni zu schaffen.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Soweit es in diesem Zusammenhang sp&#228;ter zu Hin- und Her&#252;berweisungen auf verschiedene Konten des Beschuldigten B sowie der Beschwerdef&#252;hrerin bzw. der B Services UG &amp; Co. KG und in dessen Folgen zu der Vermischung der Neukundenboni mit dem sonstigen Verm&#246;gen des Beschuldigten B kam, ist dies ebenfalls unbeachtlich [vgl. Fischer, StGB, 65.&#160;Auflage 2018, &#167;&#160;73 Rn.&#160;27].</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das vom Beschuldigten B zur Aktivierung des Neukundenbonus jeweils gezahlte &#8222;Echtgeld&#8220; ist nach &#167;&#160;73 d Abs.&#160;1 S.&#160;2 HS&#160;1 StGB nicht abzugsf&#228;hig, denn der Beschuldigte hat diese Betr&#228;ge bewusst und gewollt f&#252;r die Taten aufgewendet.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1.2.2.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Anders als das Amtsgericht ist die Kammer allerdings zun&#228;chst der Ansicht, dass die durch den Einsatz der Neukundenboni erzielten Gewinne nicht der Einziehung nach &#167;&#160;73 StGB unterliegen. Denn diese hat der Beschuldigte B nicht durch die Tat selbst erlangt, sondern erst in deren Anschluss durch den Einsatz der durch die Tat erlangten Neukundenboni.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dabei verkennt die Kammer nicht, dass mit der Neufassung des &#167;&#160;73 StGB durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Verm&#246;gensabsch&#246;pfung vom 13.&#160;April 2017 das &#8222;Bruttoprinzip&#8220; gest&#228;rkt und die rechtlichen M&#246;glichkeiten der strafrechtlichen Verm&#246;gensabsch&#246;pfung erheblich ausgeweitet wurden. Erlangt sind nach der Gesetzesbegr&#252;ndung alle Verm&#246;genswerte in ihrer Gesamtheit, die einem Tatbeteiligten oder Drittbeg&#252;nstigten aus der Verwirklichung des Tatbestandes zugeflossen sind. Auf eine unmittelbare Kausalbeziehung zwischen Tat und Bereicherung kommt es nicht an, vielmehr sind auch &#8222;indirekt&#8220; durch eine Straftat erlangte wirtschaftliche Vorteile einzuziehen [vgl. BT-Drs. 18/9525]. Erforderlich ist indes weiterhin, dass die Verm&#246;gensvorteile dem Tatbeteiligten in irgendeiner Phase des Tatablaufs zuflie&#223;en [vgl. BGH, Beschluss vom 19.&#160;Oktober 2010 &#8211;&#160;4&#160;StR&#160;277/10&#160;-juris]. Demzufolge erstreckt sich die Einziehung nach &#167;&#160;73 StGB nicht auf Vorteile, welche der Tatbeteiligte erst durch Verwendung des urspr&#252;nglich durch die Tat Erlangten erzielt [vgl. BGH, Urteil vom 03.&#160;November 2005&#160;-3&#160;StR&#160;183/05&#160;-, juris; Fischer, aaO., &#167;&#160;73 Rn.&#160;33]. Eine Verm&#246;gensabsch&#246;pfung &#252;ber das aus der Tat selbst erlangte hinaus ist vielmehr nur unter den Voraussetzungen des &#167;&#160;73 Abs.&#160;2 oder Abs.&#160;3 StGB m&#246;glich. Um Nutzungen im Sinne des &#167;&#160;100 BGB oder aber Surrogate (&#167;&#160;818 Abs.&#160;1 BGB) handelt es sich bei den hier verfahrensgegenst&#228;ndlichen Wettgewinnen indes nicht.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bzgl. der Arrestanordnungen in das Verm&#246;gen der Gesellschaften f&#252;hrt das Landgericht aus:</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">&#8222;Allerdings kann die Kammer anhand der bisherigen Aktenlage keine konkreten Feststellungen dazu treffen, ob und in welcher H&#246;he unrechtm&#228;&#223;ig erlangte Neukundenboni auf die Konten der Beschwerdef&#252;hrerin geflossen sind. Insofern ist der grunds&#228;tzlich zul&#228;ssiger Verm&#246;gensarrest derzeit weder bezifferbar noch sch&#228;tzbar (&#167;&#160;73d Abs.&#160;2 StPO). Der amtsgerichtliche Beschluss konnte insofern keinen Bestand haben.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Gegen die Beschl&#252;sse haben die Staatsanwaltschaft Detmold und der Beschuldigte (dieser nur betreffend den Beschluss &#252;ber die Arrestanordnung in sein eigenes Verm&#246;gen) weitere Beschwerde eingelegt.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Staatsanwaltschaft meint, dass der Beschuldigte die Wettgewinne erst durch den Einsatz der rechtswidrig erlangten Neukundenboni habe erlangen k&#246;nnen. Ohne den Einsatz derselben und die widerrechtliche Nutzung zahlreicher weiterer Wettkonten im Rahmen des sog. Sure-Bets-Systems h&#228;tte er keine Gewinne in H&#246;he von 675.201,65 Euro machen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Beschuldigte bem&#228;ngelt, dass eine rechtswidrige Tat nicht hinreichend konkretisiert sei. Es sei auch nicht n&#228;her gepr&#252;ft worden, dass dem Beschuldigten in 330 F&#228;llen die Neukundenboni tats&#228;chlich zugeflossen seien.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">33</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">1. &#8222;auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Detmold den Beschluss des Landgerichtes Detmold vom 27.08.2018 in der Fassung des Beschlusses vom 10.09.2018 - 23 Qs 115/18 - aufzuheben und den Verm&#246;gensarrest in das Verm&#246;gen des Beschuldigten B wie folgt anzuordnen:</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gem&#228;&#223; &#167;&#167; 111e Abs. 1, 111j Absatz 1 StPO in Verbindung mit &#167;&#167; 73, 73c StGB sowie &#167;&#167; 263a Absatz 1, 2 in Verbindung mit &#167; 263 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 269 Absatz 1, 3 in Verbindung mit &#167;&#167; 267 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 270, 53 StGB wird zur Sicherung der Vollstreckung des Anspruchs auf Einziehung des Wertes von Tatertr&#228;gen f&#252;rdas Land Nordrhein-Westfalenvertreten durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Detmold- Gl&#228;ubiger -der Verm&#246;gensarrest in H&#246;he von 972.851,48&#160; Euro in das bewegliche und unbewegliche Verm&#246;gen desB, geboren XX.XX.19XX</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">H-Stra&#223;e XX, XXXXX E- Schuldner -angeordnet.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Schuldner haftet hinsichtlich der Teilbetr&#228;ge in H&#246;he von 745.504,99 Euro und 49.376,12 Euro als Gesamtschuldner.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Durch Hinterlegung des oben genannten Geldbetrages kann derSchuldner die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes beantragen (&#167; 111e Abs. 4 StPO).</p> <span class="absatzRechts">39</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">2. auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Detmold den Beschluss des Landgerichtes Detmold vom 31.08.2018 23 Qs 114/18&#160; aufzuheben und den Verm&#246;gensarrest in das Verm&#246;gen der Drittbeteiligten zu 1) wie folgt anzuordnen:</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">1. Gem&#228;&#223; &#167;&#167; 111e Abs. 1, 111j Absatz 1 StPO in Verbindung mit &#167;&#167; 73, 73b Absatz 1 Nummer 1, 73c StGB sowie &#167;&#167; 263a Absatz 1, 2 in Verbindung mit &#167; 263 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 269 Absatz 1, 3 in Verbindung mit &#167;&#167; 267 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 270, 53 StGB wird zur Sicherung der Vollstreckung des Anspruchs auf Einziehung des Wertes von Tatertr&#228;gen f&#252;r</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">das Land Nordrhein-Westfalen</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">vertreten durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Detmold</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">- Gl&#228;ubiger -</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">der Verm&#246;gensarrest in H&#246;he von 745.504,99 Euro in das bewegliche und unbewegliche Verm&#246;gen der</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">B UG (haftungsbeschr&#228;nkt),</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">H-Stra&#223;e XX, XXXXX E,</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">gesetzlich vertreten durch ihren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer B</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">- Schuldnerin -</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">angeordnet.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Schuldnerin haftet als Gesamtschuldnerin.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Durch Hinterlegung des oben genannten Geldbetrages kann die Schuldnerin die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes beantragen (&#167; 111e Abs. 4 StPO).</p> <span class="absatzRechts">53</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">3. auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft Detmold den Beschluss des Landgerichtes Detmold vom 31.08.2018 - 23 Qs 114/18 aufzuheben und - unter Verwerfung der weiteren Beschwerde im &#220;brigen - den Verm&#246;gensarrest in das Verm&#246;gen der Drittbeteiligten zu 2) wie folgt anzuordnen:</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">1. Gem&#228;&#223; &#167;&#167; 111e Abs. 1, 111j Absatz 1 StPO in Verbindung mit &#167;&#167; 73, 73b Absatz 1 Nummer 1, 73c StGB sowie &#167;&#167; &#167;&#167; 263a Absatz 1, 2 in Verbindung mit &#167; 263 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 269 Absatz 1, 3 in Verbindung mit &#167;&#167; 267 Absatz 3 Satz 1, 2 Nummer 1 1. Alternative, 270, 53 StGB wird zur Sicherung der Vollstreckung des Anspruchs auf Einziehung des Wertes von Tatertr&#228;gen f&#252;r</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">das Land Nordrhein-Westfalen</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">vertreten durch den Leitenden Oberstaatsanwalt in Detmold</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">- Gl&#228;ubiger -</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">der Verm&#246;gensarrest in H&#246;he von 49.376,12 Euro in das bewegliche und unbewegliche Verm&#246;gen der</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">B Services UG (haftungsbeschr&#228;nkt) und Co. KG,</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">H-Stra&#223;e XX, XXXXX E,</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">vertreten durch die B UG (haftungsbeschr&#228;nkt),</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">diese vertreten durch ihren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer B</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">- Schuldnerin -</p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">angeordnet.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Schuldnerin haftet als Gesamtschuldnerin.</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Durch Hinterlegung des oben genannten Geldbetrages kann die Schuldnerin die Vollziehung des Arrestes abwenden und die Aufhebung der Vollziehung des Arrestes beantragen (&#167; 111e Abs. 4 StPO).</p> <span class="absatzRechts">68</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">4. die weitere Beschwerde des Beschuldigten B als unbegr&#252;ndet zu verwerfen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">70</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">5. Rechtsanwalt M als Vertreter der Drittbeteiligten zu 1)&#160; zur&#252;ckzuweisen,</p> </li> <li><span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">6. Rechtsanwalt M als Vertreter der Drittbeteiligten zu 2) zur&#252;ckzuweisen.&#8220;</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft h&#228;lt den dringenden Verdacht des gewerbsm&#228;&#223;igen&#160; Computerbetruges in Tateinheit mit gewerbsm&#228;&#223;iger F&#228;lschung beweiserheblicher Daten in mindestens 330 F&#228;llen f&#252;r gegeben. Sie meint, dass sowohl die Neukundenboni als auch die unter deren Nutzung erzielten weiteren Wettgewinne, die den jeweiligen Konten gutgeschrieben und sp&#228;ter in Form von &#220;berweisungen ausgekehrt worden seien, unmittelbar durch die Taten erlangte Verm&#246;gensvorteile darstellten, da die weiteren Wetten die Voraussetzungen des &#167; 269 StGB erf&#252;llten.</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Beschwerden der Staatsanwaltschaft sind statthaft (&#167; 310 Abs. 1 Nr. 3 StPO, Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., &#167; 310 Rdn. 9; vgl. auch schon: Th&#252;ringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. April 2011 &#8211; 1 Ws 129/11 &#8211;, juris) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig. Soweit sie sich gegen die Aufhebung der Arrestanordnungen gegen die B Verwaltungs UG (haftungsbeschr&#228;nkt) und die B Service UG (haftungsbeschr&#228;nkt) &amp; Co. KG richten, sind sie begr&#252;ndet, im &#220;brigen unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">1.</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Die Staatsanwaltschaft dringt mit ihren weiteren Beschwerden betreffend die Aufhebung der Arrestanordnungen gegen die B Verwaltungs UG (haftungsbeschr&#228;nkt) und die B Service UG (haftungsbeschr&#228;nkt) &amp; Co. KG durch, da das Landgericht verkannt hat, dass die von dem Beschuldigten insoweit eingereichten Rechtsmittel unzul&#228;ssig waren. Der Beschuldigte ist durch die Arrestanordnungen in das Verm&#246;gen dieser Gesellschaft nicht unmittelbar beschwert, was aber Voraussetzung f&#252;r die Zul&#228;ssigkeit des Rechtsmittels w&#228;re (vgl. nur: Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., Vor &#167; 296 Rdn. 8 f). Die betroffene UG bzw. UG &amp; Co. KG sind eigenst&#228;ndige Rechtspers&#246;nlichkeiten. Der Arrest in ihr Verm&#246;gen betrifft nicht unmittelbar auch die Rechtssph&#228;re des Beschuldigten.</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Allein der Beschuldigte &#8211; und nicht etwa der Beschuldigte als Vertreter f&#252;r die Gesellschaften - hat aber Rechtsmittel gegen die Arrestanordnungen eingelegt. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der die Rechtsmittel einlegende Rechtsanwalt M ist nicht von den Gesellschaften bevollm&#228;chtigt worden. Es befindet sich f&#252;r ihn eine &#8222;Strafprozessvollmacht&#8220;, erteilt von &#8222;B&#8220; zu &#8222; meiner (unserer) Verteidigung und Vertretung in allen Instanzen&#8220;, bei den Akten. Schon daraus ist erkennbar, dass der Beschuldigte allein eine Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht im Strafverfahren f&#252;r sich selbst, nicht aber f&#252;r die Gesellschaften, die dort nicht genannt sind, erteilt hat. Auch die Beschwerdeeinlegungsschrifts&#228;tze lassen nicht erkennen, dass die Rechtsmittel f&#252;r jemand anderes als den Beschuldigten eingelegt worden w&#228;ren. Sie werden alle eingeleitet mit &#8222;In dem Ermittlungsverfahren gegen B u.a.&#8220; und den jeweiligen Aktenzeichen, gefolgt von &#8222;lege ich &#8230;. Beschwerde ein&#8220;. Die Beschwerdebegr&#252;ndungen enden jeweils damit, dass &#8222;weder f&#252;r den Beschuldigten noch f&#252;r seinen Verteidiger&#8220; die Grundlagen f&#252;r den Arrest nachvollziehbar seien. Es wird also auch in den Beschwerden betreffend die Arrestanordnungen in das Verm&#246;gen der Gesellschaften nicht auf diese, sondern auf den Beschuldigten und seinen Verteidiger abgestellt. Allein der Umstand, dass in den Beschwerden betreffend die Gesellschaften auf die Existenzgef&#228;hrdung f&#252;r diese, bei der Beschwerde betreffend den Beschuldigten auf die Existenzgef&#228;hrdung f&#252;r ihn hingewiesen wird, reicht angesichts der geschilderten Umst&#228;nde nicht aus, um annehmen zu k&#246;nnen, dass Rechtsanwalt M auch die Gesellschaften im Beschwerdeverfahren vertritt, zumal er in diesem Falle zur&#252;ckzuweisen w&#228;re (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 04.01.2018 &#8211; III &#8211; 4 Ws 196/17 u.a. &#8211; juris). Auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat der Verteidiger des Beschuldigten mit Schriftsatz vom 14.12.2018 best&#228;tigt, dass die Ausgangsbeschwerden f&#252;r den Beschuldigten eingelegt worden seien.</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Angesichts dieser Umst&#228;nde bedarf die beantragte Zur&#252;ckweisung von Rechtsanwalt M als Vertreter der Drittbeteiligten keiner Bescheidung mehr. Er ist nicht f&#252;r diese t&#228;tig geworden.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">2.</p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Unbegr&#252;ndet ist die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft, soweit sie sich gegen den landgerichtlichen Beschluss bzgl. des Beschuldigten B selbst wendet.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Es liegen (dringende) Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme, dass die Voraussetzungen der Einziehung von Wertersatz vorliegen (&#167; 111e Abs. 1 StPO), nur in H&#246;he einer Arrestsumme von 33.000 Euro vor, dar&#252;ber hinaus hingegen nicht. Anwendbar sind &#167; 111e Abs. 1 StPO sowie &#167;&#167; 73, 73c StGB in ihrer aktuellen Fassung gem. Art. 316h EGStGB, auch wenn die Taten, derer der Beschuldigte verd&#228;chtig ist, vor dem 01.07.2017 begangen worden sein m&#246;gen.</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Einziehung von Wertersatz setzt voraus, dass der T&#228;ter durch eine rechtswidrige Tat oder f&#252;r sie etwas erlangt hat (&#167; 73 Abs. 1 StGB) und die Einziehung des Gegenstands wegen dessen Beschaffenheit oder aus einem anderen Grund nicht m&#246;glich ist (&#167; 73c S. 1 StGB).</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">a) Hier besteht der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte in mindestens 330 F&#228;llen gewerbsm&#228;&#223;ig betrogen (&#167; 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB) oder einen gewerbsm&#228;&#223;igen Computerbetrug (&#167;&#167; 263a Abs. 1, Abs. 2, 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB) begangen hat. Ob auch der dringende Verdacht der Begehung eines banden- und gewerbsm&#228;&#223;igen Betruges in 330 F&#228;llen gem. &#167; 263 Abs. 5 StGB besteht, kann der Senat in vorliegendem Zusammenhang dahinstehen lassen.</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Aus der Strafanzeige der S GmbH ergibt sich, dass diese eine Online-Sportwettenplattform mit entsprechender Lizenz betreibt. Nach ihren (seinerzeit geltenden) AGB darf jeder Spieler nur ein Spielerkonto er&#246;ffnen und dies nur in eigenem Namen (C.I.1.). Aus &#8222;jugendschutz- und geldw&#228;scherechtlichen Gr&#252;nden&#8220; ist der &#8222;Buchmacher&#8220; verpflichtet, die Identit&#228;t des Spielers bei Er&#246;ffnung des Spielerkontos zu verifizieren (C.IV.1.). Der Buchmacher kann das Spielerkonto sperren, wenn der Verdacht besteht, dass der Spieler unrechtm&#228;&#223;ige Gewinne erworben oder gegen gesetzliche Bestimmungen oder Bedingungen f&#252;r das Spielerkonto versto&#223;en hat (G.II.1.).</p> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Zu den Bonusbedingungen hei&#223;t es:</p> <span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">&#8222;L. Bonusbedingungen</p> <span class="absatzRechts">88</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">I. Pr&#228;ambel</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">90</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">1. Der Buchmacher beh&#228;lt sich vor, Bonusaktionen durchzuf&#252;hren. Die Aktionen k&#246;nnen sich an alle Kunden oder an eine ausgew&#228;hlte Kundengruppe richten.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">2. Grundlage f&#252;r alle Bonusaktionen sind die im folgenden Abschnitt aufgef&#252;hrten allgemeinen Bonusbedingungen. Daneben gibt es f&#252;r jede Aktion besondere Bonusbedingungen, &#252;ber die der Buchmacher auf seiner Webseite/in der App oder per E-Mail informiert.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">93</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">II. Allgemeine Bonusbedingungen</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">95</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">1. Alle Bonusangebote richten sich ausschlie&#223;lich an den jeweiligen Inhaber des Spielerkontos und sind durch diesen nur einmalig verwendbar. Entsprechend sind Angabe und Verifizierung der pers&#246;nlichen Daten erforderlich, um einen Bonus in Anspruch nehmen zu k&#246;nnen.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">2. Die Bonusangebote des Buchmachers unterliegen der zeitlichen Beschr&#228;nkung. Der jeweilige Geltungszeitraum bestimmt sich nach den besonderen Bonusbedingungen zu den einzelnen Bonusangeboten. Die Anteile des Bonusguthabens, die nicht innerhalb der jeweiligen Laufzeit eingesetzt werden, verfallen.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">3. Boni stehen grunds&#228;tzlich nur einmal pro Kunde, Wettkonto, Haushalt, gemeinsam benutztem Endger&#228;t (Computer/Tablet/Smartphone etc.) und IP-Adresse zur Verf&#252;gung.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">4. In den besonderen Bonusbedingungen kann unter anderem festgelegt werden, dass das Bonusguthaben vor einer Auszahlung in H&#246;he eines bestimmten Vielfachen des Bonusbetrags umgesetzt werden muss.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">In diesem Fall wird &#8211;&#160;solange der Mindestumsatz noch nicht erreicht ist&#160;&#8211; bei Gewinnen aus Wetten, die ganz oder teilweise mit Bonusguthaben bezahlt wurden, der Bonusanteil des Wetteinsatzes wieder als Bonus gebucht. Der verbleibende Gewinnanteil ist auszahlbar.</p> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Eins&#228;tze auf Wetten, die storniert werden, werden dem Mindestumsatz nicht zugerechnet.</p> <span class="absatzRechts">102</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">5. Der Buchmacher beh&#228;lt sich das Recht vor, bestimmte Kunden oder Kundengruppen ganz oder teilweise von seinem Bonusangebot auszuschlie&#223;en.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">6. Der Missbrauch von Bonuscodes z. B. durch den Versuch des Anlegens mehrerer Wettkonten oder den Versto&#223; gegen Ziffer&#160;3 f&#252;hrt zur Stornierung s&#228;mtlicher Wetten, die mit den zu Unrecht erlangten Boni bezahlt wurden. Dar&#252;ber hinaus werden die restlichen Anteile des Bonusguthabens (umfasst s&#228;mtliche Boni) und die aus den Boni resultierenden Gewinne eingezogen.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">7. Das Bonusguthaben darf nicht auf gegens&#228;tzliche Ergebnisse derselben Wette eingesetzt werden (Beispiel: Beim Basketballspiel C-B darf nicht auf Sieg C UND auf Sieg B gewettet werden). In diesem Fall ist der gesamte Bonus ung&#252;ltig; das Bonusguthaben und die daraus resultierenden Gewinne werden storniert.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">8. Bonusaktionen sind grunds&#228;tzlich nicht mit anderen Aktionen kombinierbar.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">9. Der Buchmacher beh&#228;lt sich das Recht vor, die Bonusbedingungen jederzeit auch ohne Vorank&#252;ndigung anzupassen, abzu&#228;ndern oder zu beenden. Insbesondere umfasst ist die Beendigung aufgrund technischer Fehler oder (versuchter) Manipulation.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">10. Sollte der Kunde gegen die allgemeinen oder besonderen Bonusbedingungen versto&#223;en, kann der Buchmacher den Bonus und den aus ihm resultierenden Gewinn zur&#252;ckfordern. In diesem Zusammenhang ist der Buchmacher des Weiteren berechtigt, Wetten zu stornieren, die mit Bonusguthaben oder mit aus ihm resultierenden Gewinnen abgeschlossen wurden.&#8220;</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Den Erstbetrag, den ein Neukunde auf sein Spielerkonto einzahlt, verdoppelt die Anzeigeerstatterin bis zu einem Betrag von 100 Euro.</p> <span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Anmeldung eines neuen Spielerkontos durch einen M1 und der dabei erfolgenden Identit&#228;tspr&#252;fung wurde der Anzeigeerstatterin ein Nutzungsvertrag zwischen der B UG und dem M1 &#252;bersandt (von letzterem unterschrieben). Dieser lautet (auszugsweise):</p> <span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">&#8222;<strong>Nutzungsvertrag</strong></p> <span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">zwischen</p> <span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks"><strong>B UG, H-Stra&#223;e XX, XXXXX E</strong></p> <span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">-nachfolgend Datennutzer genannt-</p> <span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">und</p> <span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Herrn</p> <span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; M1</p> <span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; M-stra&#223;e XXX</p> <span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; XXXXX Q</p> <span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">-nachfolgend Datengeber genannt-</p> <span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks"><strong>Pr&#228;ambel</strong></p> <span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Der Datennutzer f&#252;hrt f&#252;r den Datengeber T&#228;tigkeiten im Zusammenhang mit Sportwetten aus. Der Datennutzer meldet den Datengeber bei Wettanbietern an, um die M&#246;glichkeit zu erlangen, Wettgewinne unter Einbeziehung sog. Wettboni der einzelnen Wettanbieter zu generieren. Die diesbez&#252;glich erforderlichen Einzahlungsbetr&#228;ge zwecks Generierung von Wettboni werden vom Datennutzer f&#252;r die Dauer des Vertrages zur Verf&#252;gung gestellt. Mit dem eingezahlten Betrag und den sodann generierten Wettboni werden durch den Datennutzer Sportwetten namens und in Vollmacht des Datengebers abgeschlossen bis die Bonusbedingungen des Wettanbieters erf&#252;llt sind oder das Wettkontoguthaben 0&#160;&#8364; betr&#228;gt. Der Datengeber tr&#228;gt kein wirtschaftliches Risiko.</p> <span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks"><strong>&#167; 1 Vertragsgegenstand</strong></p> <span class="absatzRechts">124</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">1. Gegenstand dieses Vertrages ist die Gestattung der Nutzung des nachfolgenden Datensatzes durch den Datennutzer zur Aus&#252;bung der gewerblichen Sportwetten.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Vor-/Zuname M1</p> <span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Stra&#223;e/Hausnummer siehe oben</p> <span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">PLZ/Wohnort siehe oben</p> <span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Ablichtung des Personalausweises oder Reisepasses</p> <span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Aktuelle Adressbest&#228;tigung (z.B.: Meldebest&#228;tigung, an Datengeber gerichtete&#160; Rechnung etc.)</p> <span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Ablichtung des Datengebers mit dessen Personalausweis oder Reisepass vor dessen Gesicht</p> <span class="absatzRechts">132</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">2. Der Datennutzer erh&#228;lt vom Datengeber den in Absatz&#160;1 genannten Datensatz nach Vertragsschluss. Bei Bedarf erkl&#228;rt sich der Datengeber bereit einen beglaubigten Ausweis zu Verf&#252;gung zu stellen.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">3. Der Datengeber erkl&#228;rt sich bereit den in Absatz&#160;1 genannten Datensatz im Laufe der Nutzungsdauer (&#167;&#160;7 Abs.&#160;1) zu aktualisieren, wenn dieser seine G&#252;ltigkeit verliert oder den Anforderungen der Wettanbieter nicht gen&#252;gt.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">4. Dem Datengeber ist bewusst, dass ihm selbst das Generieren von Wettboni unter Verwendung seines eigenen Namens nicht mehr m&#246;glich ist, da Wettboni seitens der Wettanbieter nur einmal angeboten werden. Es handelt sich insoweit um Neukundenboni.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">5. Der Datengeber best&#228;tigt, dass mit seinem Datensatz bis heute (Datum der Vertragsunterzeichnung) keine Sportwetten bei Onlinewettanbietern abgeschlossen wurden, bzw. Neukundenboni generiert wurden.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">6. Der Datennutzer &#252;bernimmt keine Haftung f&#252;r eventuelle Forderungen oder K&#252;rzungen seitens eines Amtes in Zusammenhang mit Grundsicherungsleistungen (u.a. Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Grundsicherung im Alter oder &#228;hnliches) aufgrund von Guthaben auf unter &#167;&#160;2 beschriebenen Benutzerkonten.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks"><strong>&#167; 2 Benutzerkonten</strong></p> <span class="absatzRechts">139</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">1. Der Datengeber er&#246;ffnet ein (Online-)Bank-/Girokonto zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs, welcher sich aus den auf den Datengeber lautenden Sportwetten ergibt. Die Verwendung dieses durch den Datengeber er&#246;ffneten Bank-/Girokontos wird dem Datennutzer f&#252;r die Dauer dieses Vertrages &#252;berlassen. Kredite sind in jeglicher Art untersagt. Das Konto darf ausschlie&#223;lich auf Guthabenbasis gef&#252;hrt werden. Entsprechende Zugangsdaten werden dem Datennutzer durch den Datengeber unmittelbar nach der Er&#246;ffnung des (Online-)Bank-/Girokontos &#252;bergeben.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">2. Der Datennutzer ist zur Er&#246;ffnung eines auf den Datengeber lautenden Kontos des Online-Banking-Dienstleister namens O Group zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit verschiedenen Wettanbietern berechtigt.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">3. Der Datennutzer ist zur Er&#246;ffnung von auf den Datengeber lautenden Wettkonten bei verschiedenen Wettanbietern berechtigt.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks"><strong>&#167; 3 Nutzungsbedingungen</strong></p> <span class="absatzRechts">144</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">1. Die &#252;berlassenen Datens&#228;tze sind ausschlie&#223;lich f&#252;r die F&#252;hrung von Sportwetten zu nutzen.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">2. Die Weitergabe des/der &#252;berlassenen Datens&#228;tze an Dritte ist unzul&#228;ssig. Das vertraglich &#8211;zugesicherte Nutzungsrecht des Nutzungsgebers ist <span style="text-decoration:underline">nicht</span> &#252;bertragbar.</p> </li> <li><span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">3. Der Datengeber tritt hiermit s&#228;mtliche ihm zustehenden Gewinne/Ertr&#228;ge, resultierend aus den Wetteins&#228;tzen gg&#252;. eines jeden Wettanbieters, welche ausschlie&#223;lich aus den seitens des Datennutzers generierten Wettboni bestehen, an den Datennutzer ab.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks"><strong>&#167; 4 Gewinnbeteiligung</strong></p> <span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Bereitstellung des Datensatzes (&#167;&#160;1) erh&#228;lt der Datengeber einmalig eine Wettgewinnbeteiligung i.H.v. 200,00&#160;&#8364; sp&#228;testens 4&#160;Wochen nach &#220;bergabe der Zugangsdaten des Bankkontos (&#167;&#160;2 Ziffer&#160;1). Es handelt sich hierbei um eine Leistung im Sinne des &#167;&#160;22 Nr.&#160;3 EstG, die ab einem Betrag von 256,00&#160;&#8364; im Jahr einkommenssteuerpflichtig sein kann und ab diesem Betrag in der Einkommensteuerkl&#228;rung zu erfassen ist.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen einer Durchsuchung bei dem Beschuldigten B wurden 192 Datennutzungsvertr&#228;ge in &#8222;Hartkopie&#8220; gefunden. Ferner wurde eine erste Seite eines offenbaren Entwurfs eines Nutzungsvertrages aufgefunden. Auf diesem findet sich handschriftlich (u.a.) die Anmerkung: &#8222;Problem: AGB der Wettanbieter!: Schadensersatz-Gefahr: &#167; 263 StGB?&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Auf einem bei dem Beschuldigten sichergestellten Computer befindet sich eine Datei &#8222;Gesch&#228;ftsidee&#8220;, in der als Gegenstand einer Dienstleistung beschrieben wird, &#8222;Bonuszahlungen f&#252;r Interessenten, die selbst keine Ambitionen haben, Sportwetten abzuschlie&#223;en, zu vereinnahmen&#8220; (Bl. 121). Auf diese Bonuszahlungen wolle er sich bei seiner Gesch&#228;ftsidee konzentrieren. Ein m&#246;glicher &#8222;Arbitragegewinn&#8220; im Wege von &#8222;Surebets&#8220; sei zweitrangig.</p> <span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durchgef&#252;hrte Auswertung der verschiedenen Konten des Beschuldigten und der Gesellschaften ergab Zahlungstransaktionen mit insgesamt 329 weiteren Beteiligten im Zusammenhang mit Wettgesch&#228;ften.</p> <span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Allein von dem Konto der UG bei der Volksbank Q (Konto Nr. XXXX XXX 300) sind zwischen M&#228;rz 2016 und November 2017 insgesamt 150.786 Euro auf ein Konto des Beschuldigten B abgeflossen.</p> <span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Unter Zugrundelegung dieses gegenw&#228;rtigen Stands der Ermittlungen besteht der dringende Tatverdacht der Begehung entweder einer rechtswidrigen Tat des gewerbsm&#228;&#223;igen Betruges oder des gewerbsm&#228;&#223;igen Computerbetruges. Je nachdem, ob bei der Anzeigeerstatterin eine Pr&#252;fung der Neukundener&#246;ffnung und Zahlung von Neukundenboni noch durch einen Mitarbeiter erfolgte oder dies automatisiert im Rahmen eines Datenverarbeitungsvorgangs erfolgte, liegt entweder der dringende Verdacht f&#252;r den einen oder den anderen Straftatbestand vor.</p> <span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus den Bonusbedingungen ergibt, sollte ein Bonus jedem Kunden, Wettkonto, Haushalt, gemeinsam benutzten Endger&#228;t bzw. IP-Adresse nur einmal zustehen. Dadurch, dass der Beschuldigte als f&#252;r die Gesellschaften handelnde Person die jeweiligen Vertragspartner seiner Nutzungsvertr&#228;ge dazu veranlasst hat, Spielerkonten zu er&#246;ffnen und er sodann &#252;ber die UG Erstzahlungen auf die Spielerkonten veranlasst hat (entweder selbst vorgenommen oder durch einen seiner beiden Mitarbeiter), woraufhin die Kundenboni den jeweiligen Konten gutgeschrieben wurden, hat er falsche Tatsachen vorgespiegelt. Die Er&#246;ffnung eines Spielerkontos mit der entsprechenden Identifikation eines Dritten, statt des Beschuldigten selbst oder eine seiner Gesellschaften, enth&#228;lt die konkludente Erkl&#228;rung, der Spieler handele in eigenem Namen und im eigenen wirtschaftlichen Interesse. Nach C.I.1. d&#252;rfen Spielerkonten n&#228;mlich nur in eigenem Namen er&#246;ffnet werden, was &#8211; wie der sp&#228;tere Verweis auf geldw&#228;scherechtlichen Vorschriften (u. a. C.IV.1.) zeigt &#8211;, dazu dient, den wirtschaftlich Berechtigten (&#167; 3 GwG) zu identifizieren. Tats&#228;chlich waren aber hier der Beschuldigte bzw. die von ihm gef&#252;hrte UG tats&#228;chlich wirtschaftlich Berechtigter. Das ergibt sich aus dem Nutzungsvertrag, wonach der Datengeber&#160; kein wirtschaftliches Risiko tragen sollte, dieser s&#228;mtliche Gewinne und Ertr&#228;ge an die UG abtritt und die Verwendung des er&#246;ffneten Bank-/Girokontos, &#252;ber welches die Wettgesch&#228;fte abgeschlossen werden sollten, dem Datennutzer, also der UG, &#252;berlassen wurde. Im Falle einer Pr&#252;fung durch einen Mitarbeiter der Anzeigeerstatterin ist naheliegend, dass dieser &#252;ber die Voraussetzungen f&#252;r eine Bonusgutschrift irrte und in Folge dessen eine entsprechende Gutschrift auf dem Spielerkonto vornahm. Damit wurde das Verm&#246;gen der Anzeigeerstatterin mit einer Forderung, die gerichtet war auf Teilnahme an einem Wettspiel unter Verwendung des 100-Euro-Bonusses, belastet, mithin besch&#228;digt. Die Absicht des Beschuldigten - ein entsprechender dringender Verdacht ergibt sich nicht zuletzt aus der handschriftlichen Kommentierung des Nutzungsvertragsentwurfs, der bei der Durchsuchung gefunden war - war darauf gerichtet, unter Verwendung des ihm eigentlich nicht zustehenden Bonuseinsatzes durch die UG am Wettspiel teilzunehmen.</p> <span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Im Falle der Annahme eines automatisierten Datenverarbeitungsvorgangs (&#167; 263a StGB) w&#252;rde hingegen die Verwendung unrichtiger bzw. unvollst&#228;ndiger Daten anzunehmen sein.</p> <span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Angesichts der bei dem Beschuldigten aufgefundenen Unterlagen (Datei &#8222;Gesch&#228;ftsidee&#8220;; zahlreiche Datennutzungsvertr&#228;ge) besteht auch der dringende Verdacht, dass er sich durch die fortlaufende Begehung entsprechender Taten schon von Anfang an eine dauerhafte Einnahmequelle von nicht unerheblichem Umfang schaffen wollte, er also gewerbsm&#228;&#223;ig handelte.</p> <span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Durch die rechtswidrigen Taten hat der Beschuldigte f&#252;r sich bzw. seine Gesellschaft die Forderung erlangt, unter Verwendung auch der jeweiligen Boni an Wettspielen teilzunehmen. Diese Forderungen befanden sich angesichts des Konstrukts des Nutzungsvertrages auch in seiner Verf&#252;gungsgewalt. Es kann hier zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausf&#252;hrungen in den angefochtenen Beschl&#252;ssen verwiesen werden. Diese Forderungen sind aufgrund ihrer Beschaffenheit oder aus anderen Gr&#252;nden nicht (mehr) einziehbar. Abzugsf&#228;hige Aufwendungen sind nicht ersichtlich (&#167; 73d StGB).</p> <span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">b) &#220;ber die Boni in H&#246;he von 33.000 Euro hinaus hat der Beschuldigte hingegen nichts erlangt.</p> <span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">aa) Mittelbare durch den Einsatz des erlangten Bonus erzielte Gl&#252;cksspielgewinne (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., Rdn. 33) fallen nicht unter &#167; 73 StGB. Der Bundesgerichtshof hat zur Problematik der mittelbaren Gewinne ausgef&#252;hrt:</p> <span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">&#8222;Die Einziehung von Tatertr&#228;gen nach &#167; 73 Abs. 1 StGB nF ersetzt die Vorschrift &#252;ber den Verfall nach &#167; 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF, wobei die Formulierung "aus" der Tat erlangt durch die Worte "durch eine rechtswidrige Tat" erlangt ersetzt wurde. Abzusch&#246;pfen ist damit jeder Verm&#246;genswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verf&#252;gungsgewalt &#252;bergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S. 62; vgl. auch K&#246;hler NStZ 2017, 497, 503). Allerdings erstreckt sich die Einziehung nach &#167; 73 Abs. 1 StGB nF - wie der fr&#252;here Verfall - nach seinem Umfang grunds&#228;tzlich nur auf das unmittelbar erlangte Etwas (vgl. LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., &#167; 73 Rn. 17). Mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute erlangte Verm&#246;genszuw&#228;chse k&#246;nnen weiterhin nur als Surrogat aufgrund einer Anordnung nach &#167; 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF (fr&#252;her &#167; 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF) eingezogen werden. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Einziehung des Erlangten nach &#167; 73 Abs. 1 StGB nF und der Einziehung des Surrogats nach &#167; 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF erg&#228;be keinen Sinn, wenn - wie die Staatsanwaltschaft meint - der mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute erzielte Gewinn ebenfalls "durch die Tat" erlangt und damit Gegenstand einer Einziehung nach &#167; 73 Abs. 1 StGB nF w&#228;re. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit dem Wortlaut der Regelung des &#167; 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF klarstellen, dass die Anordnung der Einziehung nach &#167; 73 Abs. 1 StGB nF sich nicht ohne weiteres auf die Surrogate "erstreckt" (BT-Drucks. 18/9525, S. 62). Einer Auslegung des &#167; 73 Abs. 1 StGB nF, wonach neben der Einziehung des unmittelbar Erlangten bzw. des Wertersatzes auch eine solche des Surrogats aus der Verwertung der Beute anzuordnen w&#228;re, steht zudem der unmissverst&#228;ndliche Wortlaut des &#167; 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nF entgegen, wonach der Wert des Erlangten (nur) einzuziehen ist, wenn entweder die Einziehung des Erlangten nicht m&#246;glich ist oder aber von der Einziehung des Surrogats abgesehen wird&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">(BGH, Urteil vom 08. Februar 2018 &#8211; 3 StR 560/17 &#8211;, Rn. 10, juris; vgl. auch: OLG Zweibr&#252;cken, Beschluss vom 09. August 2018 &#8211; 1 OLG 2 Ss 23/18 &#8211; juris)</p> <span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">bb) Ein Surrogat i.S.v. &#167; 73 Abs. 3 Nr. 2 StGB liegt bei den Gewinnen aus Gl&#252;cksspielen nicht vor. Sie sind nicht aufgrund eines erlangten Rechts erworben. Das erlangte Recht ist hier die Teilnahme an Wetten unter Verwendung des gutgeschriebenen Bonus. Vielmehr w&#228;re das Surrogat nur die Teilnahme an dem Wettspiel unter Verwendung des Bonus selbst.</p> <span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">cc) Nutzungen i.S.v. &#167;&#167; 99, 100 BGB liegen hier mit den Wettgewinnen ebenfalls nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">dd) Anders als die Generalstaatsanwaltschaft meint, sind die Gl&#252;cksspielgewinne auch nicht aus nachfolgenden Taten nach &#167; 269 StGB durch Nutzung des Gl&#252;cksspielkontos f&#252;r weitere Wetten erlangt. Die Generalstaatsanwaltschaft sieht in jedem erneuten Einloggen in das Spielerkonto ein Gebrauchmachen ver&#228;nderter beweiserheblicher Daten i.S.v. &#167; 269 StGB. Dem ist nicht so.</p> <span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Durch das Speichern oder Ver&#228;ndern der beweiserheblichen Daten muss ein Falsifikat entstehen, das &#8211; von der Wahrnehmbarkeit abgesehen &#8211; die Merkmale einer falschen Urkunde aufweist (Fischer a.a.O. &#167; 269 Rdn. 7). Durch das Login mittels (hier) E-Mail-Adresse und frei gew&#228;hltem Passwort entsteht kein solches Falsifikat, auch nicht in Verbindung mit der nachfolgenden Eingabe zum Wettgesch&#228;ft.</p> <span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Der Erkl&#228;rungswert einer entsprechenden Urkunde w&#228;re zwar, dass der unter den Logindaten handelnde Berechtigte, also der Datengeber des Nutzungsvertrages, nicht der Datennehmer (also die UG), das entsprechende Wettgesch&#228;ft t&#228;tigt.</p> <span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">Wer aber eine urkundliche Erkl&#228;rung f&#252;r einen anderen abgibt und mit dessen Namen zeichnet, stellt dann keine unechte, sondern eine echte Urkunde her, wenn er den Namenstr&#228;ger vertreten will, wenn dieser sich vertreten lassen und wenn der Unterzeichnende den Namenstr&#228;ger rechtlich vertreten darf (OLG D&#252;sseldorf NJW 1993, 1872). So verh&#228;lt es sich hier. Rechtlich liegt hier ein Fall der Stellvertretung vor, der in dem Nutzungsvertrag geregelt wurde. Es handelt sich demnach um einen Fall eines unwahren Inhalts einer &#8211; im Falle der Wahrnehmbarkeit &#8211; gegebenen Urkunde. Unwahr ist n&#228;mlich die konkludente Erkl&#228;rung, auch der wirtschaftlich Berechtigte sei der Datengeber (s.o.). Der Fall liegt hier anders als der, der der Entscheidung des KG NStZ 2010, 576 zu Grunde lag. Dort lag kein Fall der Stellvertretung vor, vielmehr hatte der T&#228;ter ein Ebay-Konto unter dem Namen einer verstorbenen Person er&#246;ffnet.</p> <span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">dd) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob das Wetten in dem oben erw&#228;hnten &#8222;sure-bets-system&#8220; auch den Tatbestand des &#167; 263 StGB bzw. &#167; 263a StGB erf&#252;llen kann, was wom&#246;glich dann auch zu der Annahme, dass die Wettgewinne durch rechtswidrige Taten des Beschuldigten erlangt wurden, f&#252;hren k&#246;nnte. Dabei erscheint allerdings schon zweifelhaft, ob generell mit dem Anbringen der Wette auf den Ausgang eines Ereignisses gleichzeitig die konkludente Erkl&#228;rung verbunden ist, nicht auch auf einen anderen Ausgang des Ereignisses zu wetten oder gewettet zu haben. Nach den AGB der Anzeigeerstatterin k&#246;nnte dies allenfalls f&#252;r den Einsatz des Neukundenbonus angenommen werden, da nach L.II.10 ihrer AGB ein solches Wettverhalten nicht zul&#228;ssig ist. Im &#220;brigen finden sich in ihren AGB hingegen keine Anhaltspunkte daf&#252;r, dass dies nicht zul&#228;ssig sein soll. Jedenfalls ergeben die bisherigen Ermittlungen nicht hinreichend, dass solche Wetten &#8211; auch bzgl. der Neukundenboni &#8211; &#252;berhaupt stattgefunden haben. Das Hauptaugenmerk des Beschuldigten lag &#8211; ausweislich der Datei &#252;ber seine Gesch&#228;ftsidee &#8211; nicht hierauf, sondern auf der Generierung der Neukundenboni. Auch die &#252;brigen Ermittlungsergebnisse ergeben nicht, dass ein solcher Fall vorgekommen ist.</p> <span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">III.</p> <span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige weitere Beschwerde des Beschuldigten, die sich nach dem Gesamtzusammenhang der Beschwerdebegr&#252;ndung nur gegen die verbleibende Arrestanordnung richtet, ist aus den oben genannten Gr&#252;nden unbegr&#252;ndet. Die Arrestanordnung in H&#246;he von 33.000 Euro ist rechtm&#228;&#223;ig.</p> <span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Gegen die Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit gibt es derzeit keine durchgreifenden Bedenken. Der Arrestbetrag ist mit 33.000 Euro wesentlich abgesenkt worden und es ist &#8211; wenn auch die letzten Monate im Wesentlichen der Durchf&#252;hrung der Beschwerdeverfahren gegolten haben &#8211; insgesamt noch eine hinreichende, der Dringlichkeit des Arrestes gen&#252;gende Verfahrensf&#246;rderung gegeben.</p> <span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">IV.</p> <span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidungen folgen aus &#167; 473 Abs. 1 StPO bzw. ergehen entsprechend &#167; 467, 473 Abs. 3 StPO.</p>
171,326
olgham-2018-12-18-4-rvs-16218
{ "id": 821, "name": "Oberlandesgericht Hamm", "slug": "olgham", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
4 RVs 162/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:55
2019-02-12T13:44:41
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2018:1218.4RVS162.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Das angefochtene Urteil wird im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben, und zwar mit der Ma&#223;gabe, dass eine nachtr&#228;gliche gerichtliche Entscheidung &#252;ber die Gesamtstrafe nach den &#167;&#167; 460, 462 StPO zu treffen ist.</p> <p>Die weitergehende Revision wird als unbegr&#252;ndet verworfen, da die Nachpr&#252;fung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (&#167; 349 Abs. 2 StPO).</p> <p>Die Kosten des Rechtsmittels tr&#228;gt der Angeklagte.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift Folgendes ausgef&#252;hrt:</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">&#8222;I.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht - Strafrichter - Lemgo hat den Angeklagten am 11.01.2018 wegen vors&#228;tzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei F&#228;llen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt und die Verwaltungsbeh&#246;rde angewiesen, ihm vor Ablauf von drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen&#160; (Bl. 67 - 70 d.A.).</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Seine hiergegen rechtzeitig eingelegte und auf die &#220;berpr&#252;fung des Rechtsfolgenausspruchs beschr&#228;nkte Berufung (Bl. 66 d.A.) hat das Landgericht Detmold mit Urteil vom 23.08.2018 verworfen&#160; (Bl. 103 - 108<sup>R</sup> d.A.).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten verk&#252;ndete (Bl. 93, 93<sup>R</sup>, 94&#160; d.A.) und - auf Anordnung der Vorsitzenden vom 19.09.2018 (Bl. 109 d.A.) - seinem Pflichtverteidiger am 21.09.2018 (Bl. 112 d.A.) und seinem Wahlverteidiger am 24.09.2018 (Bl. 118 d.A.) zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit am 24.08.2018 bei dem Landgericht Detmold eingegangenem Telefax-Schreiben seines Pflichtverteidigers vom selben Tag (Bl. 99 d.A.) bzw. mit am 29.08.2018 bei dem Landgericht Detmold eingegangenem Schreiben seines Wahlverteidigers vom 27.08.2018 (Bl. 100 d.A.) Revision eingelegt und diese mit am 26.09.2018 bei dem Landgericht Detmold eingegangenem Telefax-Schreiben seines Pflichtverteidigers vom selben Tag (Bl. 115, 116 d.A.) sowie mit am 24.10.2018 bei dem Landgericht Detmold eingegangenem Telefax-Schreiben seines Wahlverteidigers vom selben Tag (Bl. 119 d.A.) jeweils mit der allgemeinen Sachr&#252;ge begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begr&#252;ndet worden. Ihr bleibt jedoch in der Sache ein Erfolg versagt.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Weil die Feststellungen des Amtsgerichts Lemgo den Schuldspruch tragen und die Berufung wirksam beschr&#228;nkt worden ist, hat das Landgericht zutreffend seine Bindung an diese Feststellungen angenommen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Revision ist daher auf die allein erhobene Sachr&#252;ge allein der Rechtsfolgenausspruch zu pr&#252;fen, der im Hinblick auf die ausgeurteilten Einzelstrafen rechtlicher Nachpr&#252;fung standh&#228;lt.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dabei ist die Strafzumessung im Wesentlichen der Beurteilung des Tatrichters &#252;berlassen und im Revisionsverfahren nur eingeschr&#228;nkt &#252;berpr&#252;fbar. Dem Revisionsgericht ist nur die Pr&#252;fung, ob der Beurteilung des Tatrichters ein Rechtsfehler zugrunde liegt, m&#246;glich. Dies ist lediglich dann der Fall, wenn die Entscheidung des Tatrichters sachlich nicht nachvollziehbar ist (zu vgl. Fischer, 65. Auflage 2018, &#167; 46 Rn. 146 m. w. N.). Hieran gemessen weisen die ausgeurteilten (Einzel-)Freiheitsstrafen keine Rechtsfehler auf.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch die Ausurteilung und Bemessung einer Sperrfrist gem&#228;&#223; &#167; 69 a StGB begegnet keinen Bedenken.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Allerdings kann das Urteil im Gesamtstrafenausspruch keinen Bestand haben, da das Landgericht - wie es im schriftlichen Urteil zutreffend selbst festgestellt hat - versehentlich die gem&#228;&#223; &#167; 55 StPO vorzunehmende Bildung einer Gesamtstrafe mit den Urteil des Landgerichts Detmold vom 02.03.2017 - 25 Ns 99/16 - ausgeurteilten Einzelstrafen unter Ber&#252;cksichtigung der dort ausgeurteilten Ma&#223;regel des &#167; 69a StGB unterlassen hat.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Eine solche h&#228;tte das Landgericht allerdings treffen m&#252;ssen, wenngleich alleine der Angeklagte Berufung eingelegt hatte und das Amtsgericht Lemgo in seiner Entscheidung keine Einbeziehung vorgenommen hatte. Denn das Berufungsgericht ist zwar an einer Einbeziehung gem&#228;&#223; &#167; 55 StPO gehindert, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Entscheidung &#252;ber eine solche Einbeziehung getroffen hat, und sei es, dass es hiervon abgesehen hat. Fehlt es an einer solchen Entscheidung entweder, weil dem erstinstanzlichen Tatrichter die gesamtstrafenf&#228;hige anderweitige Verurteilung unbekannt geblieben ist, insoweit zu pr&#252;fenden Unterlagen trotz sachgerechter Terminsvorbereitung nicht vollst&#228;ndig vorgelegen haben oder er aber die M&#246;glichkeit einer Gesamtstrafenbildung fehlerhaft nicht erkannt hat, so ist die Entscheidung durch das Berufungsgericht zu treffen (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2008 - 3 Ss 68/08 -, m.w.N., zitiert nach juris). So liegt der Fall hier. Das Amtsgericht Lemgo hat ausweislich der Urteilsgr&#252;nde die Entscheidung des Landgerichts Detmold vom 02.03.2018 gekannt, die M&#246;glichkeit einer Einbeziehung ersichtlich &#252;bersehen und deshalb nicht gepr&#252;ft hat oder diese rechtsfehlerhaft verkannt hat.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Da jedoch die Taten und die jeweiligen Einzelstrafen feststehen und nicht ersichtlich ist, dass eine neue tatrichterliche Hauptverhandlung insoweit neue, f&#252;r den Angeklagten g&#252;nstige Erkenntnisse ergeben k&#246;nnte, bedarf die vorzunehmende Gesamtstrafenbildung keiner Entscheidung aufgrund neuer Hauptverhandlung, sodass nach &#167; 354 Absatz 1 b StPO verfahren werden kann.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Revision bleibt daher der Erfolg versagt.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Diesen zutreffenden Ausf&#252;hrungen schlie&#223;t sich der Senat nach eigener Pr&#252;fung an.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Angekl. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung muss nicht &#8211; was m&#246;glich w&#228;re - dem Nachverfahren gem. &#167;&#167; 460, 462 StPO vorbehalten bleiben, weil sicher abzusehen ist, dass das Rechtsmittel des Angeklagten, der den Rechtsfolgenausspruch insgesamt angegriffen hat, keinen &#252;ber die gesetzliche gebotene nachtr&#228;gliche Gesamtstrafenbildung hinaus gehenden Erfolg haben kann, so dass der Senat die Kostenentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 306).</p>
171,325
olgd-2018-12-18-24-u-1318
{ "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
24 U 13/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:55
2019-02-12T13:44:40
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2018:1218.24U13.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 17.11.2017 verk&#252;ndete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - teilweise abge&#228;ndert und insgesamt wie folgt neu gefasst:</p> <p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kl&#228;ger &#8364; 4.021,25 nebst Zinsen iHvon f&#252;nf Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2015 zu zahlen. Im &#220;brigen wird die Klage abgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kl&#228;ger zu 91% und die Beklagte zu 9%. Die Kosten der Berufung tragen der Kl&#228;ger zu 23% und die Beklagte zu 77%.</p> <p>Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Kl&#228;gers gegen das am 17.11.2017 verk&#252;ndete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichterin - ist zul&#228;ssig und hat teilweise, namentlich iHvon &#8364; 1.200,34 nebst Zinsen Erfolg. Im &#220;brigen ist sie unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">1.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berufung wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Feststellung des Landgerichts, dass das dem Kl&#228;ger aufgrund der nicht ordnungsgem&#228;&#223;en Widerspruchsbelehrung zustehende Widerspruchsrecht im Zeitpunkt der Aus&#252;bung am 30.10.2012 <em>nicht</em> verwirkt war.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Verwirkung als Unterfall der unzul&#228;ssigen Rechtsaus&#252;bung wegen der illoyal versp&#228;teten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Unt&#228;tigkeit seines Gl&#228;ubigers &#252;ber einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die versp&#228;tete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verst&#246;&#223;t. Zu dem Zeitablauf m&#252;ssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umst&#228;nde hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (st. Rspr., vgl. BGH v. 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rn. 60 mwN, juris).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Noch zutreffend weist die Berufung darauf hin, dass auch im Falle einer nicht ordnungsgem&#228;&#223;en Widerspruchsbelehrung eine Verwirkung in Betracht kommen kann (vgl. BGH v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 14 + 16, juris). Nach der Rechtsprechung kann der Versicherer ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen auf den Bestand des Versicherungsvertrages dann nicht in Anspruch nehmen, wenn er die Situation durch eine nicht ordnungsgem&#228;&#223;e Widerspruchsbelehrung herbeigef&#252;hrt hat, indem er dem Versicherungsnehmer keine ordnungsgem&#228;&#223;e Widerspruchsbelehrung erteilte (so in BGH v. 23.03.2016, IV ZR 329/15, Rn. 23, juris; v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, Rn. 22, juris; v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 27, juris; v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 29, juris; v. 29.07.2014, IV ZR 384/14, Rn. 31, juris; v. 07.05.2014, IV ZR 76/11, Rn. 39f, juris). Allerdings hat der BGH auch ausgef&#252;hrt, dass es der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten bleibt, ob ausnahmsweise ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen des Versicherers angenommen werden kann, wenn besonders gravierende Umst&#228;nde hinzutreten, etwa wenn sich das Verhalten des Versicherungsnehmers als widerspr&#252;chlich darstellt und bei dem Versicherer - f&#252;r den Versicherungsnehmer erkennbar - ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begr&#252;ndet; dann ist die Aus&#252;bung des zeitlich unbefristeten Widerspruchsrechts rechtsmissbr&#228;uchlich und ein bereicherungsrechtlicher R&#252;ckabwicklungsanspruch ausgeschlossen (vgl. BGH v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, Rn. 24; v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 16, juris). Derartige besonders gravierende Umst&#228;nde k&#246;nnen im vorliegenden Fall jedoch nicht festgestellt werden.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Besonders gravierende Umst&#228;nde in diesem Sinne liegen nach Auffassung des BGH vor in einem Fall, in welchem der Versicherungsnehmer bereits <em>zwei Monate</em> nach Erhalt des Versicherungsscheins seine Anspr&#252;che aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit f&#252;r ein Darlehn an eine Bank abgetreten und nach Pr&#228;mienzahlung &#252;ber mehr als acht Jahre ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Anspr&#252;che aus einem Kreditvertrag abgetreten hatte; die Abtretung umfasste jeweils auch die Todesfallleistung; aufgrund des dort bestehenden engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung wurde nach den Ausf&#252;hrungen des BGH bei dem Versicherer ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begr&#252;ndet, wobei die vertrauensbegr&#252;ndende Wirkung f&#252;r den Versicherungsnehmer auch erkennbar war (vgl. BGH v. 27.01.2016, IV ZR 130/15, Rn. 16 mwN, juris). Nach Auffassung des 4. Zivilsenats des OLG D&#252;sseldorf ist dem Versicherungsnehmer in aller Regel auch dann, wenn die Anspr&#252;che aus dem Lebensversicherungsvertrag lediglich <em>einmalig zeitnah</em> zum Abschluss des Lebensversicherungsvertrages abgetreten wurden und der Vertrag &#252;ber viele Jahre bedient wurde, gem&#228;&#223; &#167; 242 BGB die R&#252;ckabwicklung des Vertrages verwehrt (vgl. OLG D&#252;sseldorf v. 28.11.2016, 4 U 150/16). Der 24. Zivilsenat des OLG D&#252;sseldorf hat einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz als Kreditsicherungsmittel bejaht in einem Fall, in dem die Versicherungsnehmerin ihre Anspr&#252;che aus den Versicherungsvertr&#228;gen <em>noch am Tag der jeweiligen Antragsstellung</em> als Sicherheit f&#252;r ein Darlehen abgetreten hatte, wobei die Abtretung ausdr&#252;cklich die Todesfallleistung umfasste (OLG D&#252;sseldorf, v. 09.10.2018, 24 U 10/18). Ferner hat er einen engen zeitlichen Zusammenhang bei einem Zeitablauf von bis zu einem Jahr, zumindest jedoch von <em>bis zu 6 Monaten</em> angenommen, da es allgemeiner Lebenserfahrung entspreche, dass der Vorlauf bei Aufnahme eines gr&#246;&#223;eren Darlehensbetrages einen Zeitraum von bis zu einem Jahr umfasse, so dass unterstellt werden k&#246;nne, dass ein (zuk&#252;nftiger) Kreditnehmer, welcher sich in diesem Zeitfenster zum Abschluss eines Versicherungsvertrages entschlie&#223;t, bereits bei Abschluss des Vertrages die Absicht habe, diesen bei Darlehensaufnahme als Kreditsicherungsmittel einzusetzen (OLG D&#252;sseldorf Hinweisbeschluss v. 03.07.2018, 24 U 5/18).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Inanspruchnahme eines Policendarlehens einmalig <em>f&#252;nf Jahre</em> nach Vertragsschluss hat der BGH hingegen nicht als besonders gravierenden Umstand gewertet. Dabei handele es sich um eine Vorauszahlung auf die k&#252;nftige Versicherungsleistung, die der Versicherer entsprechend nach der K&#252;ndigung des Versicherungsvertrages mit dem R&#252;ckkaufswert verrechnet habe. Die Inanspruchnahme dieser Vorauszahlung lie&#223;e nach den Ausf&#252;hrungen des BGH mit R&#252;cksicht darauf, dass der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgem&#228;&#223; &#252;ber das Widerspruchsrecht belehrt worden war, keinen Schluss darauf zu, der Versicherungsnehmer h&#228;tte auch bei Kenntnis des Widerspruchsrechts an dem Versicherungsvertrag festgehalten und werde von dem ihm zustehenden Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen (vgl. BGH v. 23.03.2016, IV ZR 329/15, Rn. 26, juris). Entsprechendes gilt auch f&#252;r den Einsatz der Anspr&#252;che aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag ca. <em>zwei Jahre</em> nach Versicherungsbeginn (vgl. BGH v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, Rn. 24, juris) bzw. ca. <em>viereinhalb Jahre</em> nach Versicherungsbeginn (vgl. BGH v. 11.05.2016, IV ZR 334/15, Rn. 16, juris).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In Ansehung des bereits im Jahr 2002 geschlossenen Versicherungsvertrages begr&#252;nden die vom Kl&#228;ger im Jahr 2006 vorgenommene Risikozwischenfinanzierung aus dem Kapital mit der Folge einer Beitragssenkung von &#8364; 412,59 auf &#8364; 159,09 und die zum 01.10.2012 vorgenommene Beitragsfreistellung <em>keine</em> besonders gravierenden Umst&#228;nde, die ein R&#252;ckabwicklung als rechtsmissbr&#228;uchlich darstellen k&#246;nnten. Es kann nicht festgestellt werden, dass hierdurch - f&#252;r den Kl&#228;ger erkennbar - ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen der Beklagten in den unbedingten Bestand des Vertrages begr&#252;ndet wurde. Es gibt keine Umst&#228;nde, die den R&#252;ckschluss darauf zulassen, dass der Kl&#228;ger auch bei Kenntnis seines Widerrufsrechts hiervon nicht Gebrauch gemacht und am Versicherungsvertrag festgehalten h&#228;tte, die mithin seinen unbedingten Fortf&#252;hrungswillen belegen. Der erstmalige Einsatz der fraglichen Lebensversicherung als Sicherung f&#252;r ein zur Zwischenfinanzierung aufgenommenes Darlehen erfolgte hier <em>vier Jahre</em> nach Vertragsbeginn, die Beitragsfreistellung &#252;ber zehn Jahre nach Vertragsbeginn, und stehen daher nicht mehr in einem engen zeitlichen Zusammenhang zum Vertragsschluss.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beklagten f&#252;hrt die Parallelbewertung zu &#167; 124 Abs. 3 BGB (GA 548ff) nicht dazu, dass dem Kl&#228;ger die Aus&#252;bung des Widerspruchs verwehrt w&#228;re. Zwar wurde der Widerspruch hier erst mit Schreiben vom 30.10.2012 und damit&#160;&#160; mehr als zehn Jahre nach Abgabe der Willenserkl&#228;rung am 19.02.2002 (GA 82) bzw. Vertragsbeginn (01.04.2002) erkl&#228;rt. Nach dieser Zeit w&#228;re selbst eine Anfechtung wegen arglistiger T&#228;uschung nicht mehr m&#246;glich, &#167; 124 Abs. 3 BGB.&#160; Allerdings f&#252;hrt eine Zeitspanne von mehr als zehn Jahren zwischen Vertragsschluss und Widerspruch allein nicht zur Annahme einer Verwirkung (vgl. BGH v. 01.06.2016, IV ZR 482/14, juris: Versicherungsbeginn 2000, Widerspruch 2013; BGH v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 27, juris: Versicherungsbeginn 1999, Widerspruch 2013; v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, 29, juris: Versicherungsbeginn 1999, Widerspruch 2010). Soweit dies in der Rechtsprechung teilweise anders gesehen wird (wohl OLG Dresden v. 03.01.2018, 4 U 1235/17, Rn. 11, juris, zu &#167; 8 VVG: &#8222;bei der Wertung zu ber&#252;cksichtigen&#8220;, in der Entscheidung wurde allerdings&#160; ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung angenommen; KG Berlin v. 17.11.2017, 26 U 88/17, Rn. 8f, juris: &#8222;aus Gr&#252;nden der Rechtssicherheit und -klarheit&#8220;), kann dem nach Auffassung des Senats nicht gefolgt werden. Zu ber&#252;cksichtigen ist vielmehr, dass ein die Verwirkung begr&#252;ndender Vertrauenstatbestand nicht durch blo&#223;en Zeitablauf geschaffen werden kann, sondern das Hinzutreten weiterer Umst&#228;nde voraussetzt (vgl. BGH v. 12.07.2016, XI ZR 564/15, Rn. 60 mwN, juris). Schon deshalb kann nicht mit Erfolg darauf verwiesen werden, dass selbst die Anfechtung wegen T&#228;uschung oder Drohung nach &#167;&#160;123 BGB gem&#228;&#223; &#167;&#160;124 Abs.&#160;3 BGB ausgeschlossen ist, wenn seit der Abgabe der Willenserkl&#228;rung zehn Jahre verstrichen sind. Es bliebe auch unber&#252;cksichtigt, dass die Ausschlussfrist des &#167; 124 Abs. 3 BGB nur zum Tragen kommt, wenn nicht zuvor die k&#252;rzere kenntnisabh&#228;ngige Frist des &#167; 124 Abs. 2 BGB abgelaufen ist. Der Beginn der Widerrufsfrist ist hingegen kenntnisunabh&#228;ngig, es kommt allein auf eine ordnungsgem&#228;&#223;e Belehrung an. Bereits dieser unterschiedliche Ansatz steht einer &#220;bertragung des der Ausschlussfrist zu Grunde liegenden Rechtsgedankens auf die Widerrufsfrist entgegen (vgl. OLG Brandenburg v. 22.11.2017, 4 U 205/16, Rn. 50, juris, zu &#167; 355 BGB; OLG Stuttgart v. 21.12.2017, 7 U 80/17, Rn. 60, juris: &#8222;analoge Anwendung des &#167;&#160;124 Abs.&#160;3 BGB scheidet insoweit aus&#8220;).</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Erfolgreich ist allerdings der Einwand der Berufung, das Landgericht habe die aus der bereicherungsrechtlichen R&#252;ckabwicklung folgenden Anspr&#252;che falsch berechnet. Im Ergebnis hat der Kl&#228;ger noch einen Anspruch auf Zahlung von &#8364; 4.021,25, statt wie vom Landgericht errechnet &#8364; 5.221,59.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">a.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Geschuldet war nach den mit der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts die Herausgabe von Pr&#228;mienzahlungen wie folgt:</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160; gesamte Beitr&#228;ge &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 53.409,39</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Beitr&#228;ge BUZ &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 18.129,39</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Risikoanteil Hauptversicherung&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 2.733,27</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Kapitalertragssteuer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 1.283,98</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Solidarit&#228;tszuschlag&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <span style="text-decoration:underline">&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 70,62</span></p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">=&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 31.192,13</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Landgericht den geltend gemachten, vermeintlich auf die Abdeckung der biometrischen Risiken bezogenen Kostenanteil iHvon &#8364; 563,87 zu Recht <em>nicht</em> bereicherungsmindernd in Abzug gebracht. Die von der Beklagten angef&#252;hrten, auf die Risikobeitr&#228;ge anteilig entfallenden Gesamtkosten iHvon &#8364; 7.279,16 (GA 551) setzen sich ausweislich ihres anwaltlichen Schriftsatzes v. 29.01.2016, S. 2 (GA 409) zusammen aus:</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">- Verwaltungskosten iHvon &#8364; 2.563,13 (streitig, vgl. GA 62, 472, 479),</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Abschlusskosten iHvon &#8364; 3.853,48 (unstreitig, vgl. GA 63, 472, 479) und</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Ratenzahlungszuschl&#228;gen iHvon &#8364; 862,55 (streitig, vgl. GA 64, 472, 479).</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist, dass der BGH in seinen Entscheidungen v. 29.07.2015 (IV ZR 448/14, Rn. 36, juris, und IV ZR 384/14, Rn. 39, juris) gepr&#252;ft hat, ob neben dem bereicherungsrechtlich nicht auszugleichenden Risikoanteil der Pr&#228;mien auch ein darauf entfallender Kostenanteil in Abzug zu bringen ist, wenn der Versicherer geltend macht, dass die Verwaltung des &#252;bernommenen Risikos mit Kosten verbunden sei, die nicht durch die Risikokosten gedeckt seien, sondern separat in die Pr&#228;mie einkalkuliert w&#252;rden. In den dort zu entscheidenden F&#228;llen konnte dies nicht festgestellt werden, weil der Versicherer zu dem Kostenanteil nicht hinreichend vorgetragen hatte. Vorliegend teilt die Beklagte die insgesamt angefallenen Kosten anteilm&#228;&#223;ig nach dem Verh&#228;ltnis der Gesamtkosten zu den Gesamtpr&#228;mien der Hauptversicherung auf (GA 453, 551). Dies ersetzt indes keinen hinreichenden Vortrag zu etwaigem tats&#228;chlich auf die Verwaltung der Risikoanteile entfallenden Kostenaufwand. Ein solcher Vortrag w&#228;re jedoch erforderlich gewesen, da grunds&#228;tzlich gilt: <span style="text-decoration:underline">Verwaltungskosten</span> sind nicht bereicherungsmindernd zu ber&#252;cksichtigen, weil sie nicht ad&#228;quat-kausal auf der Bereicherung des Versicherers durch die Pr&#228;mienzahlungen beruhen (vgl. BGH v. 24.02.2016, IV ZR 512/14, Rn. 33, juris; v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 47, juris, und IV ZR 384/14, Rn. 42, juris). <span style="text-decoration:underline">Abschlusskosten</span> sind nicht bereicherungsmindernd anzuerkennen, weil insoweit nach den ma&#223;geblichen Wertungsgesichtspunkten das Entreicherungsrisiko dem Versicherer zugewiesen ist (vgl. BGH v. 24.02.2016, IV ZR 512/14, Rn. 34, juris; v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 48, juris, und IV ZR 384/14, Rn. 43, juris). Hinsichtlich der <span style="text-decoration:underline">Ratenzahlungszuschl&#228;ge</span> ist zu differenzieren: Dienen sie dem Ausgleich f&#252;r einen Zinsausfall und ein besonderes Beitragszahlungsrisiko, ist eine Wegfall der Bereicherung nicht ersichtlich; anders kann es dann sein, wenn sie einen Verwaltungsaufwand kompensieren sollen (vgl. BGH v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 49, juris, und IV ZR 384/14, Rn. 44, juris; BGH v. 24.02.2016, IV ZR 512/14, Rn. 35, juris; OLG Stuttgart v. 23.10.2014, 7 U 54/14, Rn. 90, juris: mit einem Anteil von durchschnittlich 2,87 Prozent allerdings im Rahmen der Sch&#228;tzung zu vernachl&#228;ssigen). Zu letzterem aber fehlt hier jeglicher Vortrag. Dieser kann auch nicht durch die von der Beklagten zum Beweis angebotene Auskunft der BaFin oder ein versicherungsmathematisches Sachverst&#228;ndigengutachten (GA 453) ersetzt werden.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung beanstandet zu Recht, die Nutzungsberechnung im erstinstanzlichen Urteil sei rechtsfehlerhaft. Die Beklagte hat lediglich Nutzungen herauszugeben iHvon &#8364; 7.136,66, statt wie vom Landgericht angenommen &#8364; 8.186,35.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">aa.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der vom Landgericht f&#252;r die Berechnung der gezogenen Nutzungen errechnete <strong>Grundwert</strong> von &#8364; 26.298,60 f&#252;r die Zeit vom 01.04.2002 (Vertragsbeginn) bis 31.12.2012 (Abrechnung) ist letztlich nur geringf&#252;gig zu korrigieren. Auszugehen ist von einem Grundwert von &#8364; 26.476,10,-, mithin von einem Anteil von 49,57% der Gesamtpr&#228;mien. Insoweit hatte der Senat gem. Verf&#252;gung des Vorsitzenden v. 25.09.2018 (GA 587) zun&#228;chst einen Grundbetrag von &#8364; 24.944,- genannt, in der Sitzung am 23.10.2018 jedoch im Rahmen der Er&#246;rterung des Beratungsergebnisses darauf hingewiesen, dass richtigerweise - ohne Abzug der Verwaltungskosten - von einem Grundwert von &#8364; 26.476,10 auszugehen ist.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hatte nach den obigen Ausf&#252;hrungen unter Pkt. a) Pr&#228;mienzahlungen iHvon &#8364; 31.192,13 herauszugeben. Es muss aber unterschieden werden zwischen der rechtlichen Verteilung des Entreicherungsrisikos (s.o.) und dem tats&#228;chlich zur Ziehung von Nutzungen zur Verf&#252;gung stehenden Verm&#246;gen (vgl. BGH v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 44, juris). Hier hat das Landgericht zu Recht ber&#252;cksichtigt, dass hinsichtlich des auf die Abschlusskosten entfallenden Pr&#228;mienanteils keine Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungen besteht. Mangels abweichender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die beklagte Versicherung Pr&#228;mienanteile, welche sie f&#252;r Abschlusskosten aufwandte, nicht zur Kapitalanlage nutzen konnte (BGH v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 45, juris). Hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils der Pr&#228;mien ist jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts mangels anderweitiger Anhaltspunkte anzunehmen, dass die Beklagte, wenn sie diesen Pr&#228;mienanteil zur Bestreitung von Verwaltungskosten aufwandte, auf diese Weise den Einsatz sonstiger Finanzmittel ersparte, die sie zur Ziehung von Nutzungen verwenden konnte (BGH aaO, Rn. 47, juris; v. 29.07.2015, IV ZR 384/14, Rn. 42, juris; IV ZR 448/14, Rn. 47, juris). Mithin sind beim Grundwert f&#252;r die Berechnung der Nutzungen lediglich folgende Positionen abzusetzen</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">herauszugebende Pr&#228;mienanteile (a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 31.192,13</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Abschlusskosten&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 3.853,48</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Ratenzuschl&#228;ge&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <span style="text-decoration:underline">&#8364;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 862,55</span></p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">=&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 26.476,10,-.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte schuldet die Herausgabe von Nutzungen (hier: Zinsen) - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - f&#252;r die Zeit v. 01.04.2002 (Vertragsbeginn) bis zum 31.12.2012 (Abrechnung). F&#252;r die Zeit ab dem 01.01.2013 schuldet sie hingegen keine Nutzungsherausgabe. Die Beklagte hatte nach den obigen Ausf&#252;hrungen unter Pkt. a) Pr&#228;mienzahlungen iHvon &#8364; 31.192,13 herauszugeben. Sie hat gem. Schreiben v. 18.12.2012 noch im Dezember 2012 einen Betrag iHvon gesamt &#8364; 31.831,45 (GA 57, BLD 7, GA 106f, GA 593) an den Kl&#228;ger ausgezahlt, so dass der Herausgabeanspruch hinsichtlich der Pr&#228;mienzahlungen Ende 2012 (ohne Nutzungen) vollst&#228;ndig erf&#252;llt war, die Beklagte ab dem 01.01.2013 aus den herauszugebenden Pr&#228;mienanteilen mithin keine weiteren Nutzungen (Zinsen) mehr gezogen hat.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">bb.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Berufung wendet mit Erfolg ein, der Vortrag des Kl&#228;gers gen&#252;ge hinsichtlich des f&#252;r die Berechnung der Nutzungen ma&#223;geblichen <strong>Zinswertes</strong> nicht den Anforderungen, die der BGH an die Schl&#252;ssigkeit des Vortrags zur konkreten Ertragslage des betroffenen Versicherers stelle.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist, dass die Darlegungs- und Beweislast f&#252;r die nach &#167; 818 Abs. 1 S. 1 BGB herauszugebenden tats&#228;chlich gezogenen Nutzungen dem Versicherungsnehmer obliegt; dies verlangt einen Tatsachenvortrag, der nicht ohne Bezug zur Ertragslage des jeweiligen Versicherers auf eine tats&#228;chliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter H&#246;he - etwa anhand von Informationsunterlagen</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">(BGH v. 29.07.2015, IV ZR 448/14, Rn. 51, juris) oder der Zinsen von f&#252;nf Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz (BGH v. 29.07.2015, IV ZR 384/14, Rn. 46, juris) - gest&#252;tzt werden kann (vgl. BGH v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 48, juris). Erforderlich ist, dass der Versicherungsnehmer einen aus der Ertragslage des Versicherers abgeleiteten Gewinn darlegt und nicht nur pauschal durchschnittliche Zinsgewinne behauptet. Eine tats&#228;chliche Vermutung, dass ein Versicherer Nutzungen iHdes gesetzlichen Verzugszinses gezogen hat - wie hier der Kl&#228;ger noch erstinstanzlich unter Verweis auf die Entscheidung des OLG Bamberg v. 20.11.2014, 1 U 45/14, geltend gemacht hat (GA 364) - gibt es nicht. Ist nicht erkennbar, dass dem Versicherungsnehmer entsprechender Vortrag, etwa auf der Grundlage ver&#246;ffentlichter Gesch&#228;ftsberichte nicht m&#246;glich gewesen w&#228;re, greifen auch die Grunds&#228;tze der sekund&#228;ren Darlegungslast nicht ein (vgl. BGH v. 11.11.2015, IV ZR 513/14, Rn. 49f, juris).</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Hier hat der Kl&#228;ger gem. Verf&#252;gung des Senatsvorsitzenden v. 25.09.2018 (GA 582) mit Schriftsatz v. 22.10.2018 eine Neuberechnung der Nutzungen unter Zugrundelegung des Reinzinses gem. des mit Schriftsatz v. 23.11.2015, S. 10 (GA 364) vorgelegten Ausschnitts der BaFin Anl. K4 = GA 384ff, erg&#228;nzt um die Angaben f&#252;r 2002 bis 2004 vorgenommen (vgl. BK3 = GA 589ff). Diese Berechnung basiert zwar auf gezahlten Pr&#228;mienanteilen iHvon gesamt &#8364; 24.936,65 (Grundwert), kann aber auf den gem. Pkt. aa) ma&#223;geblichen Grundwert von &#8364; 26.476,10,- hochgerechnet werden, indem man die errechneten Nutzungen f&#252;r die Zeit bis 31.12.2012 (gesamt &#8364; 6.721,70) im selben Verh&#228;ltnis erh&#246;ht (Faktor 1,0617344). Danach ergeben sich f&#252;r die Zeit v. 01.04.2002 bis zum 31.12.2012 Nutzungen iHvon &#8364; 6.721,70 x 1,0617344 = &#8364; 7.136,66.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">cc.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis hat der Kl&#228;ger mithin einen Anspruch auf Zahlung iHvon</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160; &#8364; 31.192,13 Pr&#228;mien</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">+&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 7.136,66 Nutzungen (Zinsen)</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364; 31.831,45 Zahlung am 27.12.2012</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 2.325,44 Zahlung am 15.10.2013</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">-&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <span style="text-decoration:underline">&#8364;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 87,65</span> Zahlung am 06.11.2013 (vgl. Berechnung des Kl&#228;gers BK3, S. 5).</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160; &#8364;&#160;&#160; 4.021,25</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit aus &#167;&#167; 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Gr&#252;nde f&#252;r eine Zulassung der Revision gem. &#167; 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Wert der Berufung: &#8364; 5.221,59.</p>
171,324
lsgnrw-2018-12-18-l-5-p-1418-b-er
{ "id": 799, "name": "Landessozialgericht NRW", "slug": "lsgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
L 5 P 14/18 B ER
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:54
2019-02-12T13:44:40
Beschluss
ECLI:DE:LSGNRW:2018:1218.L5P14.18B.ER.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Streitwert wird f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren auf 10.000 EUR und f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gr&#252;nde:</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es ist der Streitwert f&#252;r ein zwischenzeitlich abgeschlossenes Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz festzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 11. und 12.07.2011 f&#252;hrte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bei dem Ambulanten Pflegeservice L GmbH, L (im Folgenden Pflegeheim), die &#252;ber einen Versorgungsvertrag nach &#167; 72 SGB XI mit den Antragsgegnern verf&#252;gte, eine Qualit&#228;tspr&#252;fung nach &#167; 114 SGB XI durch.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Juli 2017 h&#246;rten die Antragsgegner das Pflegeheim zu dem Pr&#252;fbericht und zu dem Erlass eines Bescheides nach &#167; 115 Abs. 2 SGB XI an, woraufhin das Pflegeheim Einwendungen erhob. Die Antragsgegner erkl&#228;rten sich in der Folgezeit bereit, die Ver&#246;ffentlichung des Transparenzberichtes bis zum 12.01.2018 (sp&#228;ter bis zum 20.02.2018) zu sperren.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 03.01.2018 hat sich die B-heim Senioren-Residenzen T (im Folgenden: Antragstellerin), die Kommanditistin der Beschwerdef&#252;hrerin ist, mit einem Antrag auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes an das Sozialgericht D&#252;sseldorf gewandt. Dabei hat sie geltend gemacht, Tr&#228;gerin des Pflegeheimes zu sein. In der Sache hat sie schrifts&#228;tzlich beantragt:</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">"Die Antragsgegner werden im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum rechtskr&#228;ftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorl&#228;ufig verpflichtet, die Ver&#246;ffentlichung des Transparenzberichtes zu den Ergebnissen der Qualit&#228;tspr&#252;fung vom 11.07.2017 und 12.07.2017 &#252;ber den ambulanten Pflegedienst der Antragstellerin im Internet oder in sonstiger Weise sowie dessen Freigabe an Dritte zum Zwecke der Ver&#246;ffentlichung zu unterlassen. F&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung wird den Antragsgegnern ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR f&#252;r den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten mit der Ma&#223;gabe angedroht, dass die Haft an einem vertretungsberechtigten Vorstandsmitglied der Antragsgegner zu vollziehen ist." Und</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">"Festzustellen, dass die Antragstellerin bis zum rechtskr&#228;ftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht verpflichtet ist, den Transparenzbericht zu den Ergebnissen der Qualit&#228;tspr&#252;fung vom 11.07.2017 und 12.07.2017 &#252;ber den ambulanten Pflegedienst der Antragstellerin in ihren Gesch&#228;ftsr&#228;umen auszuh&#228;ngen."</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Sozialgericht hat den Eilantrag abgelehnt (Beschluss vom 14.02.2018). Mit Beschluss vom 15.02.2018 hat es den Streitwert f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren unter Hinweis auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 02.05.2012 - L 10 P 5/12 B ER auf 25.000 EUR festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls am 15.02.2018 haben die Antragsgegner den Transparenzbericht im Internet ver&#246;ffentlicht.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Am 16.02.2018 hat die Beschwerdef&#252;hrerin Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 14.02.2018 eingelegt, die mangels formeller Beschwer bzw. Prozessf&#252;hrungsbefugnis erfolglos geblieben ist (Beschluss des erkennenden Senats vom 01.06.2018).</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdef&#252;hrerin hat im Beschwerdeverfahren zus&#228;tzlich zu den bereits erstinstanzlich gestellten Sachantr&#228;gen schrifts&#228;tzlich beantragt:</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">"Die Antragsgegner und Beschwerdegegner werden unter Ab&#228;nderung des Beschlusses des Sozialgerichts D&#252;sseldorf vom 14.02.2018 mit dem Aktenzeichen S 39 P 341/17 ER im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum rechtskr&#228;ftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens vorl&#228;ufig verpflichtet, die Ver&#246;ffentlichung des Transparenzberichtes zu den Ergebnissen der Qualit&#228;tspr&#252;fung vom 11.07.2017 und 12.07.2017 &#252;ber den ambulanten Pflegedienst der Antragstellerin und Beschwerdef&#252;hrerin im Internet unverz&#252;glich zu beseitigen."</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegner sind (ausgehend von dem Beschluss des erkennenden Senats vom 21.09.2016 - L 5 P 61/16 B ER) der Ansicht, dass der Streitwert mangels besonderer Anhaltspunkte f&#252;r das wirtschaftliche Interesse in Bezug auf die Ver&#246;ffentlichung des streitbefangenen Transparenzberichts auf den Auffangstreitwert i.H.v. 5.000 EUR festzusetzen ist.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Obwohl die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts nicht angegriffen wurde, kann hier eine Entscheidung &#252;ber den Streitwert f&#252;r beide Instanzen ergehen (vgl. &#167; 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG).</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. &#167;&#167; 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerseite f&#252;r sie ergebenden Bedeutung der Sache nach dem Ermessen des Gerichts festzulegen (vgl. &#167; 52 Abs. 1 GKG). Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Antr&#228;gen des Rechtsmittelf&#252;hrers (&#167; 47 Abs. 1 S. 1 GKG).</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Bietet der Sach- und Streitstand f&#252;r die Bestimmung des Streitwertes keine gen&#252;genden Anhaltspunkte, ist nach &#167; 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grunds&#228;tzen ist der Streitwert im vorliegenden Fall, in dem es um den Erlass einer einstweiligen Anordnung (&#167; 86b Abs. 2 S. 2 SGG) aufgrund mehrerer Teilantr&#228;ge ging, f&#252;r die erste Instanz auf 10.000 EUR und f&#252;r die zweite Instanz auf 15.000 EUR festzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dabei geht der Senat in Fortf&#252;hrung seiner Rechtsprechung zur Streitwertfestsetzung bei Streitigkeit um sog. Ma&#223;nahmenbescheide nach &#167; 115 Abs. 2 SGB XI (vgl. dazu Beschl&#252;sse vom 01.03.2018 - L 5 P 46/17 B, vom 12.04.2018 - L 5 P 88/17 B ER und vom 03.07.2018 - L 5 P 104/17 B ER) davon aus, dass sich die Streitwertfestsetzung zun&#228;chst an der Anzahl der Streitgegenst&#228;nde zu orientieren hat und auf dieser Grundlage Einzelstreitwerte zu bilden sind, die schlie&#223;lich zur Bildung des Gesamtstreitwertes zu summieren sind (vgl. &#167; 39 Abs. 1 GKG).</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Dies zugrunde legend ist f&#252;r die hier vorzunehmende Festsetzung unter Ber&#252;cksichtigung der gestellten Antr&#228;ge und des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs (vgl. dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., 12. Auflage 2017, &#167; 95 Rn. 5) ma&#223;gebend, dass in der ersten Instanz zwei Streitgegenst&#228;nde, n&#228;mlich zum einen der Erlass eines (einstweiligen) Verbotes gegen&#252;ber den Antragstellern, den Transparenzbericht zu den Ergebnissen der Qualit&#228;tspr&#252;fung vom 11.07.2017 und vom 12.07.2017 zu ver&#246;ffentlichen, und zum anderen die Feststellung, dass die Antragstellerin nicht verpflichtet war, den Transparenzbericht in ihren Gesch&#228;ftsr&#228;umen auszuh&#228;ngen, in Rede standen. In der zweiten Instanz wurde erg&#228;nzend hierzu der Antrag gestellt, die Antragsgegner vorl&#228;ufig zu verpflichten, die Ver&#246;ffentlichung des Transparenzberichts im Internet unverz&#252;glich zu beseitigen, wobei es sich um einen dritten Streitgegenstand handelt.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte daf&#252;r, welche konkrete, d.h. bezifferbare, wirtschaftliche Bedeutung die jeweiligen Antr&#228;ge f&#252;r die Antragstellerin bzw. die Beschwerdef&#252;hrerin hatten, waren weder vorgetragen noch sind solche sonst aus den Akten ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Senat legt f&#252;r jeden der genannten Streitgegenst&#228;nde den Auffangstreitwert von 5.000 EUR zu Grunde (ebenso in einem vergleichbaren Fall LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 02.08.2012 - L 27 P 39/12 B ER Rn. 38).</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Eine Reduzierung der einzelnen Auffangstreitwerte unter dem Gesichtspunkt, dass es (jeweils) nur um die Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustandes (im Rahmen von &#167; 86b Abs. 2 S. 2 SGG) ging, kommt im Hinblick auf die ausdr&#252;ckliche Verweisung in &#167; 53 Abs. 3 Nr. 4 GKG auf &#167; 52 Abs. 2 GKG nicht in Betracht (so bereits Beschluss des erkennenden Senats vom 03.07.2018 - L 5 P 104/17 B ER sowie LSG Berlin Brandenburg a.a.O. - beide m.w.N.).</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (in dem Beschluss vom 02.05.2012 - L 10 P 5/12 B ER Rn. 28; anders noch Beschluss vom 05.07.2010 - L 10 P 10/10 B ER) kommt eine Erh&#246;hung der einzelnen Auffangstreitwerte mit Blick auf eine - wie auch immer zu bemessende - h&#246;here Bedeutung des jeweiligen Gegenstandes im Vergleich zum Regelstreitwert nicht in Betracht. Denn der Regelstreitwert tr&#228;gt dem Umstand Rechnung, dass es an tragf&#228;higen Anhaltspunkten f&#252;r die Bemessung eines konkreten Streitwertes gerade mangelt (so etwa zu Auskunftsanspr&#252;chen oder &#220;berleitungsanzeigen im SGB XII z.B. BSG, Beschl&#252;sse vom 14.05.2012 - B 8 SO 78/11 B Rn. 12 und vom 25.04.2013 - B 8 SO 104/12 B Rn. 11).</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist die Festsetzung des Streitwertes f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren auf 10.000 EUR (2 Streitgegenst&#228;nde) bzw. 15.000 EUR f&#252;r das Beschwerdeverfahren (3 Streitgegenst&#228;nde) sach- und ermessensgerecht. Sie widerspricht insbesondere nicht der von den Antragsgegnern genannten Entscheidung des erkennenden Senats vom 21.09.2016, in dem es um einen Streitgegenstand ging.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (&#167; 177 SGG).</p>
171,215
ovgrlp-2018-12-18-8-a-1104918
{ "id": 910, "name": "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz", "slug": "ovgrlp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
8 A 11049/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:07
2019-02-12T13:44:22
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2018:1218.8A11049.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag der Kl&#228;ger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstra&#223;e vom 18. Juni 2018 wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger haben die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst tr&#228;gt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes f&#252;r das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,00 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Berufungszulassungsantrag hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger begehren ein bauaufsichtsbeh&#246;rdliches Einschreiten gegen die Nutzung des ihrem Hausgrundst&#252;ck benachbarten Geb&#228;udes des Beigeladenen durch die &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Beide H&#228;user, die zueinander jeweils nur einen Bauwich von 3 m einhalten, liegen in einem 1983 durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet. Die &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220; besteht aus 9 &#228;lteren, &#252;berwiegend pflegebed&#252;rftigen Personen, die sich zu einer Wohngemeinschaft zusammengeschlossen haben. Durch einen Betreuungsvertrag hat die Wohngemeinschaft die &#214;kumenische Sozialstation L. e.V. (im Folgenden: Sozialstation) mit der 24-st&#252;ndigen Betreuung beauftragt, die von wechselnden Mitarbeitern im Schichtdicht wahrgenommen wird. Die Betreuungsleistungen umfassen u.a. hauswirtschaftliche Unterst&#252;tzungsleistungen, die F&#246;rderung des Gemeinschaftslebens sowie organisatorische T&#228;tigkeiten unter Einbindung der Angeh&#246;rigen und ehrenamtlicher Helfer. Daneben haben die einzelnen Bewohner separat ebenfalls die Sozialstation mit unterschiedlichen Pflegeleistungen beauftragt. Hierzu z&#228;hlen etwa die Morgen-und Abendtoilette, Hilfen bei Ausscheidungen, Reinigung der Wohnung, Zubereitung von Mahlzeiten und Betreuungsleistungen f&#252;r Demenzkranke.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mitte 2015 beantragten die Kl&#228;ger, dem Beigeladenen die Nutzung des Hauses durch die &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220; zu untersagen, weil dies mit der Gebietsfestsetzung im Bebauungsplan unvereinbar sei. Bei den Bewohnern des Hauses handele es sich s&#228;mtlich um verwirrte Personen, die zu einem selbstbestimmten Wohnen nicht mehr in der Lage seien. Besonders beeintr&#228;chtigend sei die Nutzung der Au&#223;enwohnbereiche, vor allem wegen der zum Teil unartikulierten Rufe und Laute der Bewohner.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Dieses Begehren lehnte die Bauaufsichtsbeh&#246;rde mit Bescheid vom Juli 2016 ab. Das Widerspruchsverfahren blieb ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 12. April 2017). Das Verwaltungsgericht hat zur Begr&#252;ndung seines klageabweisenden Urteils vom 18. Juni 2018 im Wesentlichen ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger h&#228;tten keinen Anspruch auf bauaufsichtsbeh&#246;rdliches Einschreiten nach &#167; 81 Satz 1 LBauO. Denn die von ihnen beanstandete Nutzung des Hauses des Beigeladenen verletzte sie nicht in ihren Nachbarrechten. Zun&#228;chst k&#246;nnten die Kl&#228;ger sich nicht auf den Gebietsbewahrungsanspruch berufen. Denn die Nutzung des Hauses des Beigeladenen sei mit der Festsetzung des reinen Wohngebiets vereinbar. Hinsichtlich des Inhalts dieser Festsetzung sei auf den Wohnbegriff im Sinne der BauNVO 1977 abzustellen, ohne Anwendung der Regelung in &#167; 3 Abs. 4 BauNVO 1990. Nach diesem Festsetzungsinhalt seien zwar Altenwohnheime und Altenheime in einem reinen Wohngebiet zul&#228;ssig, nicht aber Altenpflegeheime, bei denen der Versorgungs-, Pflege- und Betreuungscharakter im Vordergrund stehe. Von der letztgenannten Einrichtung unterscheide sich allerdings die selbst organisierte Wohngemeinschaft im Haus des Beigeladenen. Die Mitglieder der Gemeinschaft lebten freiwillig in dem Haus, wobei es unsch&#228;dlich sei, dass der freie Wille zum Teil nur mit Hilfe eines Betreuers umgesetzt werde. Ferner sei die f&#252;r den Wohnbegriff geforderte selbstbestimmte H&#228;uslichkeit hinreichend erf&#252;llt. Jeder Bewohner habe ein eigenes Zimmer, das er mit eigenen M&#246;beln und mit pers&#246;nlichen Dingen ausstatten k&#246;nne. Eine Mehrfachbelegung der Zimmer finde nicht statt. Es gebe keine vorgegebenen Schlaf- oder Ruhezeiten. Spezielle Pflege- oder Funktionsr&#228;ume seien nicht vorhanden. Die Nutzung der Gemeinschaftsk&#252;che stehe jedem Bewohner offen. Feste Essenszeiten oder vorgegebene Speisepl&#228;ne existierten nicht. &#220;ber die Aufnahme neuer Bewohner entschieden die Mitglieder der Wohngemeinschaft selbstst&#228;ndig durch Mehrheitsbeschluss. Auch unter Ber&#252;cksichtigung der Pflegebed&#252;rftigkeit der einzelnen Bewohner (vier Bewohner mit Pflegegrad 5, drei leichte und drei schwere F&#228;lle von Demenz) &#252;berwiege das Wohnelement deutlich. Die Wohngemeinschaft sei nach ihrem Nutzungskonzept und auch dessen tats&#228;chlicher Umsetzung nicht auf solche Personen ausgerichtet, die &#252;berhaupt nicht mehr zu eigener Gestaltung der Haushaltsf&#252;hrung in der Lage seien. Die Wohngemeinschaft unterscheide sich deutlich von Pflegeeinrichtungen, die funktionsbedingt die Lebensf&#252;hrung der jeweiligen Bewohner vorg&#228;ben und denen sich die Bewohner unterzuordnen h&#228;tten. Eine Unzul&#228;ssigkeit der beanstandeten Nutzung ergebe sich auch nicht aus &#167; 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Denn sie stelle auch von ihrer Intensit&#228;t her keine gegen&#252;ber der &#252;blichen Nutzung von Einfamilienh&#228;usern deutlich andersartige Nutzung dar. Auch die intensivere Wohnnutzung eines Einfamilienhauses durch mehrere Personen wahre ohne Weiteres die Eigenart des reinen Wohngebiets. Die von den Kl&#228;gern geschilderten Immissionen der Wohngemeinschaft seien grunds&#228;tzlich sozialad&#228;quat und auch in einem reinen Wohngebiet hinzunehmen. Von einer Erh&#246;hung des Kraftfahrzeugverkehrs durch die Betreuungspersonen oder durch Angeh&#246;rige w&#252;rden die Kl&#228;ger, deren Haus &#252;ber die Nachbarstra&#223;e erschlossen sei, schon nicht betroffen. Im &#220;brigen halte sich dieser Verkehr in einem vertr&#228;glichen Rahmen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die von den Kl&#228;gern geltend gemachten Berufungszulassungsgr&#252;nde liegen nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>1. Zun&#228;chst begr&#252;nden die von den Kl&#228;gern vorgebrachten, f&#252;r die Pr&#252;fung des Berufungszulassungsantrags nach &#167; 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO ma&#223;geblichen Gr&#252;nde, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat, haben die Kl&#228;ger keinen Anspruch auf das begehrte bauaufsichtsbeh&#246;rdliche Einschreiten. Denn durch die beanstandete Nutzung des Wohnhauses des Beigeladenen werden sie nicht in ihren Rechten verletzt. Zur Begr&#252;ndung kann zun&#228;chst auf die ausf&#252;hrliche Begr&#252;ndung im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden (&#167; 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren f&#252;hrt der Senat erg&#228;nzend aus:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>a) Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die Kl&#228;ger nicht mit Erfolg auf den Gebietsbewahrungsanspruch berufen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_11" title="zum Orientierungssatz">11</a></dt> <dd><p>Denn die beanstandete Nutzung ist mit der Festsetzung eines reinen Wohngebiets vereinbar. F&#252;r den Inhalt dieser Festsetzung ist die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses &#252;ber den Bebauungsplan im Jahr 1983 g&#252;ltige Vorschrift in &#167; 3 BauNVO 1977 ma&#223;geblich. Danach diente das reine Wohngebiet &#8222;ausschlie&#223;lich dem Wohnen&#8220;; neben Anlagen zur Kinderbetreuung waren lediglich Wohngeb&#228;ude zul&#228;ssig. &#167; 3 Abs. 4 BauNVO 1990, wonach zum reinen Wohngebiet auch Wohngeb&#228;ude geh&#246;ren, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen, ver&#228;ndert den Inhalt eines unter der Geltung der BauNVO 1977 zustande gekommenen Bebauungsplans nicht. Diese Vorschrift kann daher nur als Auslegungshilfe f&#252;r den Begriff des Wohngeb&#228;udes i.S.v. &#167; 3 BauNVO 1977 Bedeutung erlangen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996 &#8211; 4 B 302.95 &#8211; [ausgelagerte Wohngruppe eines Kinderheims mit 9 Kindern und Jugendlichen], ZfBR 1996, 228 und juris, Rn. 11; Beschluss vom 20. Dezember 2016 &#8211; 4 B 49.16 &#8211; [psychotherapeutische Jugendgruppe mit 7 Kindern und Jugendlichen], ZfBR 2017, 269 und Rn. 9). Der Begriff des Wohnens i.S.v. &#167; 3 Abs. 1 BauNVO 1977 ist durch eine auf Dauer angelegte H&#228;uslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsf&#252;hrung und des h&#228;uslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016, a.a.O., juris, Rn. 7 m.w.N.). Der Wohnbegriff ist abzugrenzen von anderen Nutzungsformen, die blo&#223; der Unterbringung, des Verwahrens unter gleichzeitiger Betreuung oder als Schlafst&#228;tte dienen und daher als soziale Einrichtungen einzustufen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., juris, Rn. 12; K&#252;lpmann, jurisPr-BVerwG, 13/2017 Anm. 2, B.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat, wurde der Begriff des Wohngeb&#228;udes unter Geltung des &#167; 3 BauNVO 1977 nach der allgemeinen Rechtsauffassung so verstanden, dass ihm Altenpflegeheime wegen des im Vordergrund stehenden Betreuungszwecks nicht mehr zugeordnet wurden (vgl. VGH BW, Urteil vom 17. Mai 1989 &#8211; 3 S 3650/88 &#8211;, NJW 1989, 2278 und juris, Rn. 23; Uechtritz, BauR 1989, 519 [526]; OVG Nds., Urteil vom 21. August 2002 &#8211; 1 LB 140/02 &#8211;, juris, Rn. 20).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_12" title="zum Orientierungssatz">12</a></dt> <dd><p>Die heute anzutreffenden Wohnformen &#228;lterer Menschen, die ihren Haushalt nicht mehr uneingeschr&#228;nkt eigenst&#228;ndig f&#252;hren k&#246;nnen, weisen eine gro&#223;e Bandbreite auf. Es beginnt mit dem Verbleib der Menschen in ihrer bisherigen h&#228;uslichen Umgebung unter Inanspruchnahme von mehr oder weniger umfangreichen Pflege- und Betreuungsleistungen. Solche Betreuungsleistungen &#8211; von Familienangeh&#246;rigen oder von professionellen Hilfsdiensten &#8211; geh&#246;ren seit jeher zum Begriff des Wohnens (vgl. Determann/St&#252;hler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, &#167; 3, Rn. 21.1; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., juris, Rn. 13). Ferner ist an den Wechsel des angestammten Umfelds in eine &#8222;betreute Wohnung&#8220; zu denken, gegebenenfalls wieder unter Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen und/oder der Mahlzeiten in einem benachbarten Altenheim. Schlie&#223;lich wechseln &#228;ltere Menschen vollst&#228;ndig in ein Altenwohnheim, bei denen es allerdings wiederum eine gro&#223;e Formenvielfalt gibt und die nicht selten &#252;ber erg&#228;nzende Pflegeeinrichtungen bzw. Pflegeabteilungen verf&#252;gen (vgl. Determann/St&#252;hler, a.a.O., BauNVO, 12. Aufl. 2014, &#167; 3, Rn. 11.3; OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2016 &#8211; 8 B 10411/16.OVG &#8211; [Zul&#228;ssigkeit von Alten- und Pflegewohnheim aufgrund &#167; 3 BauNVO 1990], BauR 2016, 1732 und juris, Rn. 15).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_13" title="zum Orientierungssatz">13</a></dt> <dd><p>Bei der hier zu beurteilenden ambulant betreuten Wohngemeinschaft handelt es sich um eine neue Form des Aufenthalts &#228;lterer Menschen, auf die der Gesetzgeber im Jahr 2012 mit der Einf&#252;hrung eines Wohngruppenzuschlags in der Pflegeversicherung reagiert hat (vgl. &#167; 38a SGB XI, eingef&#252;hrt durch Gesetz vom 23. Oktober 2012 [BGBl. I S. 2246]). F&#252;r die st&#228;dtebauliche Zuordnung einer solchen Nutzungsform zu einem festgesetzten reinen Wohngebiet, d.h. hier f&#252;r die Frage, ob die im Haus des Beigeladenen praktizierte Nutzung noch dem Wohngeb&#228;udebegriff i.S.v. &#167; 3 BauNVO 1977 unterf&#228;llt, kommt es darauf an, ob und inwieweit die konkrete Wohngruppe die Kriterien des Wohnbegriffs erf&#252;llt. Ma&#223;geblich daf&#252;r ist das &#8222;Nutzungskonzept und seine grunds&#228;tzliche Verwirklichung, nicht das individuelle und mehr oder weniger spontane Verhalten einzelner Bewohner&#8220; (so: BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., juris, Rn. 12). Hierbei kommt es auf den Nutzungsschwerpunkt der Einrichtung und darauf an, ob die f&#252;r das Wohnen konstituierenden Merkmale zumindest noch in einem Mindestma&#223; erf&#252;llt sind oder ob die blo&#223;e Unterbringung und fremdbestimmte Verwahrung und Behandlung &#252;berwiegen (vgl. VGH BW, Urteil vom 17. Mai 1989, a.a.O. [Unzul&#228;ssigkeit von Altenpflegeheimen nach &#167; 3 BauNVO 1968], juris, Rn. 22; BayVGH, Beschluss vom 25. August 2009 &#8211; 1 CS 09.287 &#8211; [Zul&#228;ssigkeit von Einrichtung f&#252;r sozialpsychiatrisch betreute Wohnung gem&#228;&#223; &#167; 3 BauNVO 1990], juris, Rn. 33; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., juris, Rn. 13; ferner: OVG RP, Urteil vom 22. Juni 2016, a.a.O., juris, Rn. 15 bis 18).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Gemessen hieran teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der von den Kl&#228;gern beanstandeten Nutzung im Haus des Beigeladenen um eine Wohnnutzung i.S.v. &#167; 3 Abs. 1 BauNVO 1977 handelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>(1) Hierf&#252;r spricht zun&#228;chst das Nutzungskonzept.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Gemeinschaft der 9 Bewohner ist selbst organisiert. Sie ist durch freiwilligen Zusammenschluss der Bewohner zustande gekommen und in ihrer Existenz nicht durch einen externen Tr&#228;ger bestimmt und gesteuert. Dass einzelne Bewohner bei dem Zusammenschluss von ihren Angeh&#246;rigen oder sonstigen Betreuern unterst&#252;tzt wurden, &#228;ndert nichts an der Freiwilligkeit des Eintritts in diese Wohnform (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Oktober 1999 &#8211; 1 ZR 99.2460 &#8211;, juris, Rn. 7; OVG Hamburg, Beschluss vom 27. April 2004 &#8211; 2 Bs 108/04 &#8211;, BauR 2004, 1571 und juris, Rn. 4; OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2016, a.a.O., juris, Rn. 15). Auch schlie&#223;t eine Betreuung nicht aus, dass der Betreute &#8211; wenn auch eventuell eingeschr&#228;nkt &#8211; zu einer eigenst&#228;ndigen Gestaltung seines Lebensbereichs noch in der Lage ist. Vielmehr zielt die Betreuung gerade darauf ab, dem Betreuten eine im Rahmen seiner F&#228;higkeiten eigenst&#228;ndige Gestaltung seines Lebens entsprechend seinen W&#252;nschen und Vorstellungen zu erm&#246;glichen (&#167; 1901 Abs. 2 BGB).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Auch der Fortbestand der &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220; ist selbst organisiert, stimmen die Bewohner (eventuell mit Hilfe ihrer Betreuer) doch durch Mehrheitsentscheidung &#252;ber die zuk&#252;nftige Zusammensetzung der Gruppe ab. Dies hat nach der vom Verwaltungsgericht angeforderten Stellungnahme der Sozialstation etwa dazu gef&#252;hrt, dass die Gemeinschaft nach dem Freiwerden eines der Zimmer einen ersten Bewerber um die Aufnahme abgelehnt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Dass die Bewohner der Gruppe Leistungen eines Betreuungs- und Pflegedienstes in Anspruch nehmen, stellt das Konzept einer prim&#228;r auf (gemeinsames) Wohnen ausgerichteten Nutzung nicht in Frage. Denn auch insofern handelt es sich um unterst&#252;tzende Leistungen, die &#8211; &#228;hnlich wie bei dem pflegebed&#252;rftig gewordenen Menschen in seiner angestammten Wohnung &#8211; einen Verbleib in einem Wohnumfeld erst erm&#246;glichen sollen. Eine solche Unterst&#252;tzungsleistung kann auch beim Verbleib in der angestammten Wohnung in Form einer 24-Stunden-Anwesenheit erfolgen, etwa durch die Aufnahme einer Betreuungsperson in den Haushalt des &#228;lteren Menschen oder in der Einrichtung einer 24-Stunden-Betreuung im Schichtdienst, wie die Sozialstation ausgef&#252;hrt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>(2) Die Zuordnung der &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220; zu einer eigengestalteten Wohnform im Sinne des &#167; 3 BauNVO 1977 und nicht zu einer &#252;berwiegend fremdbestimmten Pflegeeinrichtung eines Sozialtr&#228;gers wird auch durch die &#8222;grunds&#228;tzliche Verwirklichung des Nutzungskonzepts&#8220; (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., Rn. 12) im Haus des Beigeladenen nicht in Frage gestellt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Dies l&#228;sst sich aufgrund der zahlreich in den Beh&#246;rden- und Gerichtsakten vorhandenen Pl&#228;ne, Grundrisszeichnungen, Fotos und Beschreibungen und nicht zuletzt aufgrund der gerichtsbekannten Kenntnis vom Zustand &#228;lterer, auch mehr oder weniger pflegebed&#252;rftiger und auch mehr oder weniger dementer Menschen ohne Weiteres beurteilen. Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat, kommt es f&#252;r die st&#228;dtebauliche Beurteilung nicht auf die momentane Situation der Gruppe und den aktuellen Zustand der Menschen an, sondern darauf, ob das auf gemeinsames selbstorganisiertes Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept durch die tats&#228;chliche Nutzungspraxis &#8222;grunds&#228;tzlich&#8220; verwirklicht und nicht in Frage gestellt wird. Auch insofern teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass im Anwesen des Beigeladenen das auf ein gemeinsames Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept grunds&#228;tzlich verwirklicht wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Nach den ausf&#252;hrlichen Darlegungen der Sozialstation zu Art und Umfang der erbrachten Unterst&#252;tzungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen wurden in dem durch Vorlage s&#228;mtlicher Rechnungen belegten Referenzmonat Juli 2017 zwar durchaus in gro&#223;em Umfang Hilfen geleistet. So wurden insbesondere f&#252;r die damals 4 Personen mit einem Pflegegrad 5 umfangreiche Hilfen etwa bei der Morgen- und Abendtoilette, bei Ausscheidungen sowie bei der Zubereitung von Mahlzeiten erbracht. Insgesamt handelte es sich indes s&#228;mtlich um ambulante Dienstleistungen, wie sie auch f&#252;r &#228;ltere Menschen in anderen Privatwohnungen erbracht werden. Das auf ein selbstorganisiertes Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept wird auch durch einen aktuell erh&#246;hten Pflegebedarf infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes einzelner Bewohner nicht grunds&#228;tzlich in Frage gestellt. So ist denn auch mittlerweile nach dem Oktober 2017 eine Person neu in die Wohngemeinschaft aufgenommen worden, die kein Pflegefall ist, wie die Sozialstation ausgef&#252;hrt hat. Nach der Stellungnahme dieser Station steht in der t&#228;glichen Praxis ihrer Arbeit das Ziel im Vordergrund, die Bewohner mit Hilfe der ambulanten Unterst&#252;tzungsleistungen in die Lage zu versetzen, im Rahmen ihrer F&#228;higkeiten und unterst&#252;tzt durch ihre Angeh&#246;rigen ein m&#246;glichst eigenst&#228;ndiges Leben zu f&#252;hren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>(3) Insgesamt ist der Senat daher mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass die &#8222;Wohngemeinschaft P.&#8220; auch in ihrer tats&#228;chlichen Ausgestaltung auf ein gemeinschaftliches Wohnen ausgerichtet ist und sich von Pflege- und Betreuungseinrichtungen unterscheidet, bei denen der fremdbestimmte Versorgungscharakter im Vordergrund steht. Diese Einsch&#228;tzung wird durch die Feststellung des Landesamtes f&#252;r Soziales, Jugend und Versorgung vom 27. September 2016 (Bl. 300 der Beh&#246;rdenakte) best&#228;tigt. Darin hei&#223;t es:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;Nach eingehender Pr&#252;fung der uns vorliegenden Unterlagen Mietvertrag, Betreuungsvertrag, Vereinbarung/Prinzipien der Mieter und Mieterinnen in der Wohngemeinschaft &#8222;P.&#8220; und unserem Besuch in der benannten Wohngemeinschaft stellen wir fest, dass [es sich bei der Wohngemeinschaft weiterhin um] eine selbst organisierte Wohngemeinschaft f&#252;r vollj&#228;hrige Menschen mit Behinderung oder pflegebed&#252;rftige vollj&#228;hrige Menschen [i.S.v. &#167; 3 Abs. 2 des Landesgesetzes &#252;ber Wohnformen und Teilhabe &#8211; LWTG &#8211; handelt].&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>b. Wenn auch im Berufungszulassungsantrag nicht angesprochen, sei erg&#228;nzend bemerkt, dass der Senat die derzeit praktizierte Nutzung im Haus des Beigeladenen auch im Hinblick auf &#167; 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht als bauplanungsrechtlich unzul&#228;ssig bewertet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat, kommt ein Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Pr&#228;gung eines Baugebiets (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2002 &#8211; 4 B 86/01 &#8211;, NVwZ 2002, 1384 &#8211; Leitsatz &#8211;; OVG Hamburg, Beschluss vom 13. August 2009 &#8211; 2 Bs 102/09 &#8211;, BauR 2009, 1867) dann in Betracht, wenn ein Bauvorhaben, das der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung entspricht &#8211; wie hier &#8211;, sich im Einzelfall deshalb als unzul&#228;ssig erweist, weil es nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Die Vorschrift geht davon aus, dass im Einzelfall &#8211; ausnahmsweise &#8211; &#8222;Quantit&#228;t in Qualit&#228;t umschlagen&#8220; kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. M&#228;rz 1995 &#8211; 4 C 3.94 &#8211;, NVwZ 1995, 899, juris Rn. 1 f.; OVG NDS, Beschluss vom 28. Mai 2014 &#8211; 1 ME 47/14 &#8211;, BauR 2014, 1910 und juris Rn. 13).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Anzahl der Bewohner insofern ein ma&#223;gebliches Kriterium f&#252;r den Nutzungsumfang sein kann oder ob &#167; 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht vielmehr nur auf Faktoren f&#252;r das Ma&#223; der baulichen Nutzung abstellt. Denn weil es sich bei &#167; 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist ein Widerspruch zur Eigenart der baulichen Nutzung nur unter strengen Voraussetzungen anzunehmen. Der Widerspruch der im Baugebiet hinzukommenden baulichen Anlage oder deren Nutzung muss sich daher bei objektiver Betrachtungsweise offensichtlich aufdr&#228;ngen; dass das Neubauvorhaben oder die neue Nutzung nicht in jeder Hinsicht mit der vorhandenen Bebauung &#8222;im Einklang steht&#8220;, gen&#252;gt daf&#252;r nicht (vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Dezember 2016 &#8211; 8 A 10680/16.OVG &#8211;, juris Rn. 11; Determann/St&#252;hler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, &#167; 15 Rn. 9.1). Eine derart auff&#228;llige Unvertr&#228;glichkeit liegt hier auch im Hinblick auf die Zahl der Bewohner im Wohnhaus des Beigeladenen nicht vor (vgl. zu diesem Aspekt auch: OVG RP, Beschluss vom 8. Dezember 2016 &#8211; 8 A 10680/16.OVG &#8211; [studentische Wohngemeinschaft mit 11 Personen im reinen Wohngebiet], juris, Rn. 12).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>c. Auch im Hinblick auf die Beachtung des R&#252;cksichtnahmegebots gem&#228;&#223; &#167; 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO finden sich im Berufungszulassungsbegehren der Kl&#228;ger keine weiteren Ausf&#252;hrungen. Auch insofern kann daher auf die Ausf&#252;hrungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>2. Die Berufung ist schlie&#223;lich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach &#167; 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Der geltend gemachte Aufkl&#228;rungsmangel ist nicht gegeben. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur ersch&#246;pfenden Sachaufkl&#228;rung grunds&#228;tzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier - nicht ausdr&#252;cklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist f&#246;rmlich sp&#228;testens in der m&#252;ndlichen Verhandlung zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 &#8211; 4 B 20.12 &#8211;, BRS 79 Nr. 73, Rn. 6 m.w.N.). Eine lediglich schrifts&#228;tzliche Beweisanregung (wie hier im Schriftsatz des Bevollm&#228;chtigten der Kl&#228;ger vom 26. September 2017, Bl. 57 der GA) gen&#252;gt insofern nicht (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., &#167; 124, Rn. 191).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen war eine weitere Aufkl&#228;rung der Nutzungsverh&#228;ltnisse im Haus des Beigeladenen auch nicht entscheidungserheblich. Der Sachverhalt ist aufgrund der zahlreich vorhandenen Pl&#228;ne und Fotos sowie gerade durch die vom Verwaltungsgericht veranlasste erg&#228;nzende, in ihrem Inhalt nicht bestrittene Stellungnahme der Sozialstation gut aufgekl&#228;rt. Wie oben bereits ausgef&#252;hrt, ist der Zustand &#228;lterer Menschen mit mehr oder weniger gro&#223;em Pflegebedarf und mit oder weniger fortgeschrittener Demenz im Allgemeinen gerichtsbekannt. Auf den konkreten und aktuellen Zustand der Bewohner im Haus des Beigeladenen kommt es nach den obigen Ausf&#252;hrungen nicht an. Denn danach ist f&#252;r die st&#228;dtebauliche Beurteilung ma&#223;geblich auf das &#8222;Nutzungskonzept und seine grunds&#228;tzliche Verwirklichung, nicht aber auf das individuelle und mehr oder weniger spontane Verhalten einzelner Bewohner [abzustellen]&#8220; (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. M&#228;rz 1996, a.a.O., juris, Rn. 12).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Gr&#252;nde daf&#252;r, die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach &#167; 162 Abs. 3 VwGO f&#252;r erstattungsf&#228;hig zu erkl&#228;ren, liegen nicht vor, da der Beigeladene mangels eigener Antragstellung seinerseits kein Kostenrisiko getragen hat (vgl. &#167; 154 Abs. 3 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf &#167;&#167; 47, 52 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,214
ovgrlp-2018-12-18-6-a-1032118
{ "id": 910, "name": "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz", "slug": "ovgrlp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 10321/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:50:07
2019-02-12T13:44:22
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2018:1218.6A10321.18.00
<div class="docLayoutText"> <br><div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag des Kl&#228;gers, die Berufung gegen das aufgrund der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 15. Januar 2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier zuzulassen, wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 7.955,35 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>1. Die vom Kl&#228;ger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des &#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen eine Berufungszulassung nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>a) Die Antragsbegr&#252;ndung stellt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das veranlagte Grundst&#252;ck des Kl&#228;gers werde durch die abgerechnete Erschlie&#223;ungsanlage zweiterschlossen, nicht mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 &#8211; 1 BvR 830/00 &#8211;, NVwZ 2000, 1163).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Anders als der Kl&#228;ger meint, schlie&#223;t der Bebauungsplan &#8222;A...&#8220; aus dem Jahr 1983 eine Zweiterschlie&#223;ung seines Wohngrundst&#252;cks nicht aus. Zwar wird mit diesem Bebauungsplan eine Ausfahrtsbeschr&#228;nkung zu der abgerechneten Erschlie&#223;ungsanlage, der damals ein Wirtschaftsweg war, und ein Baufenster auf dem gegen&#252;ber davon liegenden Grundst&#252;cksteil festgesetzt. Das Verwaltungsgericht hat allerdings bereits zutreffend ausgef&#252;hrt, dass sich dem nicht entnehmen l&#228;sst, dieser fr&#252;here Wirtschaftsweg k&#246;nne auch dann keine Erschlie&#223;ungsfunktion f&#252;r das Grundst&#252;ck des Kl&#228;gers erlangen, wenn er aufgrund einer Jahrzehnte sp&#228;ter erfolgenden Planungsentscheidung der Beklagten als Gemeindestra&#223;e erstmals hergestellt wird. Gegen die Auffassung des Kl&#228;gers, im Jahr 1983 habe die planerische Konzeption der Beklagten eine (Zweit-)Erschlie&#223;ung seines Grundst&#252;cks ausgeschlossen, spricht zudem, dass dem Kl&#228;ger seinerzeit eine Eckgrundst&#252;cksverg&#252;nstigung bei der Heranziehung zu Erschlie&#223;ungsbeitr&#228;gen gew&#228;hrt wurde, wie die Beklagte durch Vorlage einer Kopie des seinerzeit ergangenen (Teil-)Beitragsbescheids belegt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>b) Wie in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgef&#252;hrt wurde, ist nach dem auch in der Antragsbegr&#252;ndung erw&#228;hnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Mai 2002 (&#8211; 9 C 5.01 &#8211;, NVwZ-RR 2002, 770) ma&#223;gebend, ob f&#252;r ein Grundst&#252;ck im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten gerade im Hinblick auf die abzurechnende Stra&#223;e "aktuell" eine Baugenehmigung erteilt werden m&#252;sste. Dies trifft auf das veranlagte Grundst&#252;ck des Kl&#228;gers zu, auch wenn man sich die &#8222;Ersterschlie&#223;ung&#8220; dieses Grundst&#252;cks hinwegdenkt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Die daf&#252;r ausreichende Zugangsm&#246;glichkeit, auf der abgerechneten Erschlie&#223;ungsanlage mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen an die Grenze des Grundst&#252;cks heranzufahren und es von da &#8211; ggf. &#252;ber einen zu dieser &#246;ffentlichen Stra&#223;e geh&#246;renden Gehweg und/oder Radweg bzw. Gr&#252;nstreifen &#8211; zu betreten (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. M&#228;rz 1991 &#8211; 8 C 59.89 &#8211;, BVerwGE 88, 70), besteht unabh&#228;ngig davon, ob die B&#246;schung, durch die die Grenze zwischen der gewidmeten Erschlie&#223;ungsanlage und dem Grundst&#252;ck des Kl&#228;gers verl&#228;uft, bereits mit einer Treppe als Zugang versehen wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_7" title="zum Leitsatz">7</a></dt> <dd><p>H&#228;ngt die Beseitigung eines Zugangshindernisses &#8211; wie hier &#8211; von einem Zusammenwirken der Gemeinde und des Eigent&#252;mers des Anliegergrundst&#252;cks ab, ist das Grundst&#252;ck im Sinne des &#167; 133 Abs. 1 BauGB erschlossen, wenn die Gemeinde sich verpflichtet, die auf der Stra&#223;enparzelle erforderlichen Voraussetzungen f&#252;r einen Zugang zu schaffen, der Eigent&#252;mer des in der Erreichbarkeit behinderten Grundst&#252;cks es an seiner erforderlichen Mitwirkung aber fehlen l&#228;sst (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1991 &#8211; 8 C 67.89 &#8211;, BVerwGE 88, 248; OVG RP, Urteil vom 20. Januar 2004 &#8211; 6 A 11601/03.OVG &#8211;; OVG RP, Beschluss vom 19. September 2017 &#8211; 6 A 11198/16.OVG &#8211;). Denn es ist unsinnig, zwei oder drei Treppenstufen auf dem Grundeigentum der Beklagten im Randbereich der gewidmeten Stra&#223;e zu errichten, solange der Kl&#228;ger nicht bereit ist, seinerseits im B&#246;schungsbereich seines Grundst&#252;cks die weiteren Stufen anzulegen, die insgesamt erst den Zugang schaffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Dabei ist auf Seiten des Grundst&#252;ckseigent&#252;mers bereits dann von einer fehlenden Mitwirkung auszugehen, wenn er mit seinem Gesamtverhalten dokumentiert, er habe kein Interesse an der Beseitigung des Hindernisses (vgl. VGH BW, Urteil vom 1. September 1997 &#8211; 2 S 661/96 &#8211;, juris). Wie in dem angefochtenen Urteil bereits erw&#228;hnt wurde, hat der Kl&#228;ger von einer &#8222;ziemlich sinnlose[n] Zufahrt&#8220; (Schriftsatz vom 9. Oktober 2017) und einer Zweiterschlie&#223;ung gesprochen, mit der &#8222;nur Nachteile verbunden&#8220; seien. In der m&#252;ndlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kl&#228;ger keine Erkl&#228;rung zu der Zusage der Beklagten, ihren Beitrag zur Schaffung eines Zugangs zu leisten, abgegeben. Daraus kann auf das Bestehen seiner Mitwirkungsbereitschaft nicht geschlossen werden. Vielmehr hat er auch damit erkennen lassen, dass er kein Interesse an der Errichtung eines Zugangs hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Anders als der Kl&#228;ger meint, kommt es insoweit nicht darauf an, ob er als Grundst&#252;ckseigent&#252;mer seine Mitwirkung nachdr&#252;cklich und ernsthaft verweigert hat. Danach ist n&#228;mlich (nur) dann zu fragen, wenn die Beseitigung des Zugangshindernisses allein in der Verf&#252;gungsmacht der Gemeinde steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 1991 &#8211; 8 C 67.89 &#8211;, BVerwGE 88, 248;). So liegen die Dinge hier &#8722; wie ausgef&#252;hrt &#8722; jedoch nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich ferner nicht aus dem Vorbringen, das erschlie&#223;ungsrechtliche Planerfordernis (hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1994 &#8722; 8 C 2.93 &#8722; BVerwGE 97, 62) sei nicht erf&#252;llt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_11" title="zum Orientierungssatz">11</a></dt> <dd><p>Gem&#228;&#223; &#167; 125 Abs. 2 BauGB d&#252;rfen Erschlie&#223;ungsanlagen, wenn ein Bebauungsplan nicht vorliegt, nur hergestellt werden, wenn sie den in &#167; 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entsprechen. In dem angefochtenen Urteil ist zutreffend ausgef&#252;hrt worden, dass die wichtigste materiell-rechtliche Bindung, in deren Rahmen sich jede planende Gemeinde bei der Aus&#252;bung ihrer Gestaltungsfreiheit und damit auch bei der bebauungsplanersetzenden Planung einer Erschlie&#223;ungsanlage nach &#167; 125 Abs. 2 BauGB halten muss, das Gebot ist, alle von der Planung ber&#252;hrten &#246;ffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuw&#228;gen. Dieser Abw&#228;gungsvorgang kann &#8211; wie hier &#8211; durch die Erl&#228;uterung der Stra&#223;enplanung in Bezug auf Breite, Aufteilung in Teileinrichtungen, Gestaltung und technische Ausf&#252;hrung sowie deren Er&#246;rterung in dem zust&#228;ndigen Gremium erfolgen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 &#8211; 9 C 2.03 &#8211;, NVwZ 2004, 483). Das Abw&#228;gungsergebnis kann nur dann zur Rechtswidrigkeit der Herstellung der Erschlie&#223;ungsanlage f&#252;hren, wenn nach den Umst&#228;nden des Falles die konkrete M&#246;glichkeit besteht, dass diese planerische Entscheidung ohne den Mangel im Ergebnis anders ausgefallen w&#228;re (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 &#8211; 4 C 57.80 &#8211;, BVerwGE 64, 33 &lt;39 f.&gt;). Davon kann im Hinblick auf die abgerechnete Erschlie&#223;ungsanlage und die Einzelheiten ihrer Ausf&#252;hrung nicht die Rede sein. Anhaltspunkte f&#252;r eine Verfehlung der Anforderungen an eine alle von der Planung ber&#252;hrten &#246;ffentlichen und privaten Belange ber&#252;cksichtigende Abw&#228;gung legt der Zulassungsantrag nicht dar; sie sind auch im &#220;brigen nicht ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Durchgreifende Richtigkeitszweifel wirft die Antragsbegr&#252;ndung auch nicht mit dem Hinweis auf, die Hauptsatzung der Beklagten &#252;bertrage dem Ortsbeirat H. lediglich die Befugnis, &#252;ber die &#8222;Ausbauart&#8220;, also das Bauprogramm, zu entscheiden, nicht aber die Befugnis, eine planerische Entscheidung nach &#167; 125 Abs. 2 BauGB zu treffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="Overl" name="rd_13" title="zum Orientierungssatz">13</a></dt> <dd><p>Da der Gesetzgeber mit dem erschlie&#223;ungsrechtlichen Planerfordernis sicherstellen wollte, dass insbesondere die Anbaustra&#223;en in &#220;bereinstimmung mit der &#252;brigen st&#228;dtebaulichen Struktur der Gemeinde angelegt werden (BVerwG, Urteil vom 30. Mai 1997 &#8211; 8 C 6.96 &#8211;, NVwZ-RR 1998, 64), kann die planerische Entschlie&#223;ung nach &#167; 125 Abs. 2 BauGB im Einzelfall auch zusammen mit der Festlegung des sog. Bauprogramms (Ausbaupl&#228;ne in technischer und r&#228;umlicher Sicht) erfolgen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 18. Dezember 2007 &#8211; 2 S 1657/06 &#8211;, NVwZ-RR 2008, 444). Denn die Entscheidung &#252;ber die &#8222;Ausbauart&#8220;, also in welcher Breite, Aufteilung in Teileinrichtungen, Gestaltung und technischen Ausf&#252;hrung eine Erschlie&#223;ungsanlage vor dem Hintergrund der gew&#252;nschten st&#228;dtebaulichen Entwicklung und unter Ber&#252;cksichtigung insbesondere der Belange der Anlieger, des Verkehrs, der Wirtschaft und des Umweltschutzes hergestellt werden soll, f&#228;llt mit der Abw&#228;gung dieser Gesichtspunkte gegeneinander und untereinander zusammen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>2. Soweit mit dem Zulassungsantrag ger&#252;gt wird, das Verwaltungsgericht habe &#8222;in verfahrensfehlerhafter Weise&#8220; angenommen, der Kl&#228;ger habe sich &#8222;nachtr&#228;glich und ernsthaft&#8220; gegen die Anlegung eines Zugangs ausgesprochen, werden weder Richtigkeitszweifel im Sinne des &#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch ein Verfahrensmangel (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) dargelegt. Denn eine solche Annahme kann dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht aus dem (prozessualen) Gesamtverhalten des Kl&#228;gers geschlossen, dass er kein tats&#228;chliches Interesse an einer Beseitigung des bestehenden Hindernisses f&#252;r das Betretenk&#246;nnen seines Grundst&#252;cks habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>3. Der Antrag war nach alledem mit der sich aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf &#167;&#167; 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,150
ovghh-2018-12-18-1-bf-14517az
{ "id": 378, "name": "Hamburgisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovghh", "city": null, "state": 8, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 Bf 145/17.AZ
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:49:33
2019-02-12T13:44:12
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag des Kl&#228;gers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 3. Mai 2017 zuzulassen, wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger begehrt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung weiter die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft, hilfsweise die Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes, weiter hilfsweise die Feststellung eines Abschiebungsverbots.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der nach seinen Angaben 21 Jahre alte Kl&#228;ger ist afghanischer Staatsangeh&#246;riger. Er reiste nach eigenen Angaben im Oktober 2015 nach Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Bei seiner Anh&#246;rung durch das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge (im Folgenden: Bundesamt) machte er u.a. geltend, dass die Taliban versucht h&#228;tten, ihn f&#252;r Kampfhandlungen zu rekrutieren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 6. September 2016 lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und die Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes ab. Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorl&#228;gen und erlie&#223; eine Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die daraufhin von dem Kl&#228;ger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil aufgrund der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 3. Mai 2017 abgewiesen: Der Kl&#228;ger habe keinen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft i.S.v. &#167; 3 AsylG. Das Gericht habe sich nicht davon &#252;berzeugen k&#246;nnen, dass er in Afghanistan von den Taliban verfolgt worden sei, denn sein diesbez&#252;gliches Vorbringen habe verschiedene Steigerungen, Widerspr&#252;che und Ungereimtheiten aufgewiesen. Der Kl&#228;ger habe auch keinen Anspruch darauf, dass ihm subsidi&#228;rer Schutz i.S.v. &#167; 4 AsylG gew&#228;hrt werde. Insbesondere sei es nicht beachtlich wahrscheinlich, dass er bei einer R&#252;ckkehr nach Afghanistan eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willk&#252;rlicher Gewalt i.S.v. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG zu bef&#252;rchten habe. Es sei nicht anzunehmen, dass in der Provinz Herat, in die der Kl&#228;ger voraussichtlich zur&#252;ckkehren werde, praktisch f&#252;r jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit eine ernsthafte individuelle Bedrohung bestehe. Schlie&#223;lich habe der Kl&#228;ger auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gem&#228;&#223; &#167; 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG. Trotz der schlechten Versorgungslage und der unzureichenden medizinischen Versorgung in Afghanistan sei er mangels besonderen Schutzbedarfs in der Lage, dort seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Gegen das dem Kl&#228;ger am 24. Mai 2017 zugestellte Urteil hat er am 26. Juni 2017 &#8211; einem Montag &#8211; einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und diesen Antrag begr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>II.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der zul&#228;ssige Antrag auf Zulassung der Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die im Zulassungsantrag dargelegten Gr&#252;nde, auf deren Pr&#252;fung das Gericht vorliegend beschr&#228;nkt ist, rechtfertigen es nicht, die Berufung wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen (hierzu 1.). Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 VwGO zuzulassen (hierzu 2.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>1. Die Berufung ist nicht wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Grunds&#228;tzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine f&#252;r die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tats&#228;chliche oder rechtliche Frage aufwirft, die bisher in der Rechtsprechung noch nicht gekl&#228;rt ist und daher im Interesse der Einheit, der Fortbildung oder der einheitlichen Auslegung und Anwendung des Rechts der Kl&#228;rung durch das Rechtsmittelgericht bedarf. Dementsprechend verlangt das Darlegungsgebot des &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass der Rechtsmittelf&#252;hrer &#8211; erstens &#8211; eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, dass er &#8211; zweitens &#8211; ausf&#252;hrt, warum diese Frage f&#252;r den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, dass er &#8211; drittens &#8211; erl&#228;utert, weshalb sie kl&#228;rungsbed&#252;rftig ist, und dass er &#8211; viertens &#8211; darlegt, inwieweit ihr eine &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 2.2.2015, 1 Bf 208/14.AZ, AuAS 2015, 103, juris Rn. 8, m.w.N.). Die grunds&#228;tzliche Bedeutung einer Rechts- oder Tatsachenfrage kann nur dann zu einer Zulassung der Berufung f&#252;hren, wenn die gestellte Frage nach Ma&#223;gabe der nicht mit beachtlichen Zulassungsgr&#252;nden angegriffenen Rechtsansicht und tats&#228;chlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich w&#228;re (vgl. VGH M&#252;nchen, Beschl. v. 31.8.2018, 8 ZB 17.31813, juris Rn. 28; Beschl. v. 9.3.2017, 20 ZB 17.30213, juris Rn. 4; Bergmann, in: Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Aufl. 2018, &#167; 78 AsylG Rn. 16; Berlit, in: GK-AsylG, Loseblatt, Stand: September 2018, &#167; 78 Rn. 153 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger wirft mit der Begr&#252;ndung seines Zulassungsantrags die Frage auf,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;ob in Anbetracht der konkreten Sicherheitslage in der Region um die Gro&#223;stadt Herat im Besonderen oder in anderen Gro&#223;stadtregionen Afghanistans angesichts der allgemeinen Sicherheitslage hinreichende Erwerbsm&#246;glichkeiten f&#252;r alleinstehende, gesunde junge, aus dem Ausland nach l&#228;ngerer Abwesenheit zur&#252;ckkehrende M&#228;nner ohne famili&#228;re oder soziale Strukturen und ohne Zugang zu (legalen) Fl&#252;chtlingslagern bestehen, die ein Leben wenigstens am Rande des Existenzminimums einschlie&#223;lich Nahrung, Unterkunft, Kleidung und Zugang zu rudiment&#228;rer Versorgung zu sichern geeignet sind&#8220;.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Darlegungen des Kl&#228;gers zu dieser Frage rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung der Rechtssache i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>a) Der Kl&#228;ger setzt die o.g. Frage zun&#228;chst in Beziehung zu den Erw&#228;gungen des Verwaltungsgerichts, mit denen es einen Anspruch auf Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes gem&#228;&#223; &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG verneint hat. Insoweit legt er aber nicht i.S.v. &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, dass die aufgeworfene Frage entscheidungserheblich ist. Namentlich legt er nicht dar, inwieweit die Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes i.S.v. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG davon abh&#228;ngt, dass f&#252;r eine nach Afghanistan zur&#252;ckkehrende Person hinreichende, d.h. existenzsichernde Erwerbsm&#246;glichkeiten vorhanden sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat bei der Pr&#252;fung von &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG einzig auf die Sicherheitslage (in der potentiellen R&#252;ckkehrregion des Kl&#228;gers) sowie die Wahrscheinlichkeit, dort Opfer einer Gewalttat zu werden, abgestellt und sich hierbei, was den zugrunde gelegten Ma&#223;stab anbelangt, auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gest&#252;tzt. Diesen Pr&#252;fungsma&#223;stab greift der Kl&#228;ger in der Begr&#252;ndung seines Zulassungsantrags nicht mit beachtlichen Erw&#228;gungen an. Im Gegenteil verweist er in seinem erg&#228;nzenden Schriftsatz vom 28. Juli 2017 darauf, er beanstande nicht, dass das Verwaltungsgericht &#8222;die allgemeine Sicherheitssituation im Sinne der body count Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verkannt&#8220; habe. Dann aber ist nicht erkennbar, welche Relevanz die Frage nach dem Vorhandensein von Erwerbsm&#246;glichkeiten und die in diesem Zusammenhang stehenden Ausf&#252;hrungen zur Arbeitslosigkeit in Afghanistan und zur gro&#223;en Zahl von R&#252;ckkehrern, die auf den Arbeitsmarkt in Afghanistan dr&#228;ngen, f&#252;r die Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes i.S.v. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Etwas anderes gilt nicht mit Blick auf den Verweis des Kl&#228;gers darauf, dass &#8222;bei absoluter Armut bei prek&#228;rer Sicherheitslage (...) nicht zwingend die Schwelle zum innerstaatlichen Konflikt (body count) &#252;berschritten sein (muss), wenn &#167; 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 3 EMRK in Rede stehen kann&#8220;. Damit bezieht der Kl&#228;ger die eingangs dargestellte Frage (auch) auf einen etwaigen Anspruch auf Zuerkennung subsidi&#228;ren Schutzes i.S.v. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Auch insoweit legt er die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage indes nicht hinreichend i.S.v. &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht ist nicht davon ausgegangen, dass auch in F&#228;llen &#8222;absoluter Armut&#8220; bzw. unter dem allgemeinen Gesichtspunkt der schlechten humanit&#228;ren Situation in Afghanistan eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG in Betracht gezogen werden kann. Vielmehr ist es, wie die Bezugnahme auf seine Ausf&#252;hrungen zur Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Kl&#228;gers deutlich machen und wie dies auch der ganz &#252;berwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung entspricht (vgl. i.E. VGH Mannheim, Urt. v. 12.10.2018, A 11 S 316/17, juris Rn. 54 ff., m.w.N.), davon ausgegangen, dass es f&#252;r &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG eines individuellen Bezugs im Sinne einer Verursachung durch einen bestimmten Akteur bedarf. Der Kl&#228;ger zieht diesen von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Pr&#252;fungsma&#223;stab durch den nicht n&#228;her begr&#252;ndeten Verweis darauf, dass &#8222;&#167; 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG i.V.m. Art. 3 EMRK in Rede stehen kann&#8220;, nicht durchgreifend in Zweifel. Vor diesem Hintergrund gehen seine Ausf&#252;hrungen zu den Lebensumst&#228;nden in Afghanistan auch im Hinblick auf &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ins Leere.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Soweit der Kl&#228;ger schlie&#223;lich &#8211; im Rahmen der von ihm aufgeworfenen Frage und wiederholt im Zuge seiner weiteren Ausf&#252;hrungen &#8211; auch auf die Verschlechterung der Sicherheitslage verweist, bezieht er sich zwar auf einen f&#252;r &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG grunds&#228;tzlich relevanten Aspekt. Seine Ausf&#252;hrungen gehen aber nicht &#252;ber die allgemeine und nicht weiter konkretisierte Feststellung hinaus, die Sicherheitslage habe sich verschlechtert. Insbesondere legt der Kl&#228;ger nicht im Sinne von &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, dass die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Stadt Herat habe im Vergleich mit anderen St&#228;dten in Afghanistan mit die wenigsten zivilen Opfer zu beklagen, inhaltlich unzutreffend ist. Weder f&#252;hrt der Kl&#228;ger gegenteilige gerichtliche Entscheidungen an, noch bezieht er sich insoweit auf (erhebliche) fachliche Gutachten, die zu einem anderen Ergebnis als das Verwaltungsgericht kommen. Insoweit greift auch die vom Kl&#228;ger hiergegen vorgebrachte Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs nicht durch (hierzu nachfolgend 2.). Da der Kl&#228;ger diese Aussage des Verwaltungsgerichts nicht mit beachtlichen Zulassungsgr&#252;nden angegriffen hat, hat der beschlie&#223;ende Senat sie im Weiteren seiner Pr&#252;fung zugrunde zu legen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>b) Der Kl&#228;ger legt auch nicht hinreichend i.S.v. &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dar, dass die o.g. Frage f&#252;r die Pr&#252;fung, ob ein Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots i.S.v. &#167; 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht, von grunds&#228;tzlicher Bedeutung i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG ist. Weder legt er insoweit ihre Entscheidungserheblichkeit, noch legt er ihre Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit dar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Soweit der Kl&#228;ger im Rahmen der von ihm als grunds&#228;tzlich bedeutsam angesehenen Frage und wiederholt im Zuge seiner weiteren Darlegungen (auch) auf die konkrete bzw. allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan abstellt, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat sich bei seiner Pr&#252;fung eines Anspruchs des Kl&#228;gers auf Feststellung eines Abschiebungsverbots i.S.v. &#167; 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in verfassungskonformer Auslegung) wegen Vorliegens einer Extremgefahr auf die Versorgungslage und in diesem Zusammenhang auf allgemeine Gefahren aufgrund von Mangelern&#228;hrung, unzureichenden Wohnverh&#228;ltnissen und schwieriger Arbeitssuche bezogen (UA S. 14). Diesen Pr&#252;fungsansatz zieht der Kl&#228;ger nicht mit beachtlichen Erw&#228;gungen in Zweifel. Weder legt er dar, dass es sich bei einer angespannten Sicherheitslage ebenfalls um eine allgemeine Gefahr in dem vorstehenden Sinne handeln kann, noch legt er dar, dass bzw. aus welchen Gr&#252;nden eine angespannte Sicherheitslage stets Auswirkungen auf die M&#246;glichkeiten eines R&#252;ckkehrers nach Afghanistan hat, seine Existenz (durch Erwerbst&#228;tigkeit) zu sichern. Die vom Kl&#228;ger aufgeworfene Frage, mit welcher er gerade darauf abstellt, dass in Anbetracht der schlechten Sicherheitslage auch in Herat &#8211; entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts sei Herat nicht sicher &#8211; ein Erschlie&#223;en von Einkommensm&#246;glichkeiten f&#252;r ihn eben gerade nicht m&#246;glich sei, ist aber auch deshalb nicht entscheidungserheblich, weil &#8211; wie ausgef&#252;hrt &#8211; der Kl&#228;ger die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Stadt Herat habe im Vergleich mit anderen St&#228;dten in Afghanistan mit die wenigsten zivilen Opfer zu beklagen, nicht mit beachtlichen Zulassungsgr&#252;nden angegriffen und der beschlie&#223;ende Senat diese daher bei seiner weiteren Pr&#252;fung zugrunde zu legen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen hat der Kl&#228;ger nicht hinreichend i.S.v. &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, dass die von ihm aufgeworfene Frage kl&#228;rungsbed&#252;rftig ist. Hierf&#252;r gen&#252;gt es nicht, lediglich Zweifel an der tats&#228;chlichen Entscheidungsgrundlage des erstinstanzlichen Urteils zu &#228;u&#223;ern oder lediglich zu behaupten, dass sich die entscheidungserheblichen Tatsachen anders darstellen als vom Verwaltungsgericht angenommen. Vielmehr bedarf es der Angabe konkreter Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die f&#252;r die Entscheidung erheblichen und &#252;ber den Einzelfall hinaus bedeutsamen Tatsachen, etwa mit Blick auf hierzu vorliegende gegens&#228;tzliche Stellungnahmen von Sachverst&#228;ndigen oder wegen des Gewichts einer abweichenden Meinung, einer unterschiedlichen W&#252;rdigung und damit einer Kl&#228;rung im Berufungsverfahren zug&#228;nglich sind (vgl. OVG M&#252;nster, Beschl. v. 21.3.2007, 15 A 750/07.A, juris Rn. 6; vgl. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 15.2.2018, 1 Bf 111/17.AZ, BA S. 4, n.v., m.w.N.). Auch diesen Anforderungen wird die Begr&#252;ndung des Zulassungsantrags nicht gerecht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger leitet, ausgehend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs M&#252;nchen (Beschl. v. 15.6.2016, 13a ZB 16.30083, juris), die er als &#8222;nahezu fl&#228;chendeckend&#8220; bezeichnet und die das Verwaltungsgericht als (sekund&#228;re) Erkenntnisquelle in das Verfahren eingef&#252;hrt hat, die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit der aufgeworfenen Frage daraus ab, dass die bisherige Rechtsprechung unter Ber&#252;cksichtigung der sich immer weiter versch&#228;rfenden Sicherheitslage keinen Bestand haben k&#246;nne, weil in j&#252;ngerer Zeit eine gro&#223;e Zahl von Menschen aus dem (benachbarten) Ausland nach Afghanistan zur&#252;ckkehre und auf den Arbeitsmarkt dr&#228;nge. Hierzu bezieht er sich auf Berichte &#252;ber die Anzahl von Menschen, die insbesondere in den Jahren 2016 und 2017 nach Afghanistan zur&#252;ckgekehrt seien, sowie auf Berichte &#252;ber den Zustand des Arbeitsmarkts in Afghanistan und die dortige (hohe) Arbeitslosenquote.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Mit diesen Ausf&#252;hrungen legt der Kl&#228;ger nicht dar, dass die aufgezeigten Gesichtspunkte es erforderlich machen, die aufgeworfene und auch nach der Darstellung des Kl&#228;gers in der obergerichtlichen Rechtsprechung vielfach behandelte Frage einer (neuerlichen) Kl&#228;rung im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahren zuzuf&#252;hren. Zum einen legt der Kl&#228;ger nicht dar, es lasse sich etwa der (neueren) Erkenntnislage entnehmen, dass R&#252;ckkehrer nach Afghanistan in relevanter Zahl in derartiger Armut lebten, dass die Voraussetzungen f&#252;r das Vorliegen einer Extremgefahr (s.o.) erf&#252;llt sind. Auch auf (neuere) Rechtsprechung, die das Vorliegen der Voraussetzungen aus &#167; 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in verfassungskonformer Auslegung) angesichts der gro&#223;en Anzahl von R&#252;ckkehrern und wegen fehlender Erwerbsm&#246;glichkeiten nunmehr bejaht, bezieht sich der Kl&#228;ger nicht. Zum anderen rechtfertigen die aufgezeigten Gesichtspunkte nicht den Schluss, dass &#8211; ausgehend von dem von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Ma&#223;stab (UA S. 13), den der Kl&#228;ger nicht angreift &#8211; jeder R&#252;ckkehrer alsbald nach der R&#252;ckkehr &#8222;gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tode oder vergleichbaren Verletzungen ausgeliefert w&#252;rde&#8220;. Es mag zwar sein, dass der Konkurrenzdruck auf dem afghanischen Arbeitsmarkt aufgrund der Vielzahl junger Menschen, die auf der Suche nach Arbeit sind, steigt und damit relativ weniger Arbeitspl&#228;tze zur Verf&#252;gung stehen. Es ist aber nicht erkennbar, dass ein zwingender Zusammenhang zwischen der Lage und dem Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt und einer Situation besteht, in der jeder R&#252;ckkehrer einer Extremgefahr in dem o.g. Sinne ausgesetzt wird. Insoweit legt der Kl&#228;ger n&#228;mlich nicht dar, dass R&#252;ckkehrer nach Afghanistan auch keine Gelegenheits- oder Aushilfsjobs abseits des &#8222;regul&#228;ren&#8220; Arbeitsmarkts finden k&#246;nnten, mit denen &#8211; ggf. in Verbindung mit humanit&#228;rer Unterst&#252;tzung, die der Kl&#228;ger bei seinen Erw&#228;gungen weitgehend ausklammert &#8211; zumindest eine bescheidene Existenzsicherung erm&#246;glicht wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>2. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn ein in &#167; 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>a) Soweit der Kl&#228;ger geltend macht, das Verwaltungsgericht sei nicht i.S.v. &#167; 138 Nr. 1 VwGO vorschriftsm&#228;&#223;ig besetzt gewesen, weil &#8222;der erkennende Einzelrichter nicht als Einzelrichter h&#228;tte entscheiden d&#252;rfen&#8220;, greift der Einwand nicht durch. Zum einen hat das Verwaltungsgericht nicht durch den Einzelrichter i.S.v. &#167; 76 AsylG, sondern durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gem&#228;&#223; &#167; 87a Abs. 2 und 3 VwGO entschieden. Dazu hatte der Kl&#228;ger in dem Schriftsatz vom 27. Oktober 2016 sein Einverst&#228;ndnis erteilt. Zum anderen war &#8211; ohne dass es hierauf ankommt &#8211; der Richter, der das angefochtene Urteil als Berichterstatter anstelle der Kammer gem&#228;&#223; &#167; 87a Abs. 2 und 3 VwGO erlassen hat, entgegen der Annahme des Kl&#228;gers im Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung bereits seit eineinhalb Jahren ernannt und damit einzelrichterf&#228;hig i.S.v. &#167; 76 Abs. 5 AsylG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>b) Es liegt auch kein Geh&#246;rsversto&#223; i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO vor, weil das Verwaltungsgericht die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnismittel nicht ordnungsgem&#228;&#223; in das Verfahren eingef&#252;hrt habe. Der Kl&#228;ger macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht habe sich f&#252;r seine Annahme, &#8222;die Stadt Herat (habe) im Vergleich mit anderen St&#228;dten in Afghanistan mit die wenigsten zivilen Opfer zu beklagen&#8220; (UA S. 12), auf eine nicht ver&#246;ffentlichte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg (Beschl. v. 14.11.2016, 14 A 3303/14) gest&#252;tzt, die in der mit der Ladung zur m&#252;ndlichen Verhandlung versendeten Liste der Erkenntnisquellen zur Lage in Afghanistan nicht genannt gewesen sei. Diese R&#252;ge greift im Ergebnis nicht durch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Allerdings beanstandet der Kl&#228;ger zu Recht, dass das Verwaltungsgericht die vorstehend genannte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg &#8211; dass auch die weitere von dem Verwaltungsgericht als sekund&#228;re Erkenntnisquellen angef&#252;hrte Rechtsprechung zur Sicherheitslage in Herat nicht ordnungsgem&#228;&#223; eingef&#252;hrt worden ist, macht der Kl&#228;ger in der Begr&#252;ndung seines Zulassungsantrags nicht geltend &#8211; weder im Rahmen der vorab mitgeteilten Erkenntnisquellenliste, noch gesondert in der m&#252;ndlichen Verhandlung ordnungsgem&#228;&#223; in das Verfahren eingef&#252;hrt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Art. 103 Abs. 1 GG und &#167; 108 Abs. 2 VwGO gebieten, dass ein Urteil nur auf solche Tatsachen und Beweismittel (einschlie&#223;lich Presseberichte und Beh&#246;rdenausk&#252;nfte) gest&#252;tzt werden darf, zu denen sich die Beteiligten &#228;u&#223;ern konnten. Nur bei einer Offenlegung der Erkenntnisquellen &#252;ber die der Entscheidungsfindung zugrunde gelegten tats&#228;chlichen Umst&#228;nde wird den Beteiligten eine effektive Prozessf&#252;hrung erm&#246;glicht und die Gelegenheit er&#246;ffnet, durch Vortrag und Antr&#228;ge auf die Zusammensetzung des Quellenmaterials Einfluss zu nehmen. Hieraus folgt im gerichtlichen Asylverfahren grunds&#228;tzlich die Pflicht des Gerichts, die Erkenntnismittel, auf die es seine Entscheidung zu st&#252;tzen beabsichtigt, in einer Weise zu bezeichnen und in das Verfahren einzuf&#252;hren, die es den Verfahrensbeteiligten erm&#246;glicht, diese zur Kenntnis zu nehmen und sich zu ihnen zu &#228;u&#223;ern. Lediglich auf offenkundige Tatsachen, die allen Beteiligten gegenw&#228;rtig sind und von denen sie wissen, dass sie f&#252;r die Entscheidung erheblich sein k&#246;nnen, darf die Entscheidung auch ohne ausdr&#252;cklichen Hinweis gest&#252;tzt werden. F&#252;r eine Einf&#252;hrung in das Verfahren reicht es dabei grunds&#228;tzlich aus, dass das Gericht den Beteiligten eine Liste der betreffenden Erkenntnismittel &#252;bersendet. Zu den ordnungsgem&#228;&#223; in das Verfahren einzuf&#252;hrenden Erkenntnismittel sind auch andere Gerichtsentscheidungen zu rechnen, sofern sie nicht allein wegen ihrer rechtlichen Schlussfolgerungen, sondern (auch) im Hinblick auf ihre tats&#228;chlichen Feststellungen zur Begr&#252;ndung herangezogen werden (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 18.9.2017, A 11 S 2067/17, juris Rn. 19; OVG L&#252;neburg, Beschl. v. 5.1.2016, 2 LA 285/15, juris Rn. 3; Beschl. v. 8.7.2014, 13 LA 16/14, AuAS 2014, 174, juris Rn. 4, alle m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Indes f&#252;hrt allein die unterbliebene Einf&#252;hrung von entscheidungserheblich herangezogenen Erkenntnismitteln nicht automatisch zur Annahme eines relevanten, d.h. zur Zulassung der Berufung f&#252;hrenden Verfahrensfehlers i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO. Denn die Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs setzt voraus, dass die angegriffene Entscheidung auf dem Fehlen des rechtlichen Geh&#246;rs beruht. Das ist nur dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Anh&#246;rung des Beteiligten zu einer anderen und f&#252;r ihn g&#252;nstigeren Entscheidung gef&#252;hrt h&#228;tte (vgl. Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 103 Rn. 12, m.w.N.). Demzufolge ist auch in einem derartigen Fall substantiiert darzulegen, was bei ordnungsgem&#228;&#223;er Einf&#252;hrung des Erkenntnismittels vorgetragen worden und inwiefern der weitere Vortrag zur Kl&#228;rung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen w&#228;re (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.2.1998, 4 B 2.98, NVwZ 1998, 1066, juris Rn. 9; Beschl. v. 19.8.1997, 7 B 261.97, NJW 1997, 3328, juris Rn. 4; Beschl. v. 19.3.1991, 9 B 56.91, NVwZ-RR 1991, 587, juris Rn. 7; VGH Mannheim, Beschl. v. 18.9.2017, A 11 S 2067/17, juris Rn. 20). Wird die Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs darauf gest&#252;tzt, dass ein die angegriffene Entscheidung tragendes Erkenntnismittel nicht ordnungsgem&#228;&#223; in das Verfahren eingef&#252;hrt worden ist, so ist deshalb darzulegen, in welchem Zusammenhang das Verwaltungsgericht dieses Erkenntnismittel herangezogen hat, inwieweit die in dem Erkenntnismittel enthaltenen Tatsachen oder die hieraus von dem Verwaltungsgericht gezogenen Schl&#252;sse unzutreffend sind und was &#8211; bei ordnungsgem&#228;&#223;er Einf&#252;hrung &#8211; in Bezug auf die in diesem Erkenntnismittel enthaltenen Tatsachen vorgetragen worden w&#228;re. Denn nur auf der Grundlage eines solchen Vortrages kann gepr&#252;ft und entschieden werden, ob auszuschlie&#223;en ist, dass die Gew&#228;hrung rechtlichen Geh&#246;rs zu einer anderen, f&#252;r den Kl&#228;ger g&#252;nstigeren Entscheidung gef&#252;hrt h&#228;tte (vgl. OVG L&#252;neburg, Beschl. v. 1.3.2005, 9 LA 46/05, juris Rn. 7; VGH Kassel, Beschl. v. 2.7.1997, 13 UZ 1216/97.A, juris Rn. 5; OVG M&#252;nster, Beschl. v. 3.7.1996, 25 A 2968/96.A, AuAS 1996, 263, juris Rn. 6; zum Ganzen zusammenfassend Berlit, in: GK-AsylG, Loseblatt, Stand: September 2018, &#167; 78 Rn. 646, m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>An diesen Voraussetzungen mangelt es vorliegend. Der Kl&#228;ger verweist mit der Begr&#252;ndung seines Antrags auf Zulassung der Berufung darauf, er habe sich mit den relevanten Erkenntnisquellen nicht auseinandersetzen und nicht &#8222;entsprechende Beweisantr&#228;ge&#8220; stellen k&#246;nnen. Dieser Beweisantrag &#8222;h&#228;tte (...) ergeben, dass in Anbetracht der schlechten Sicherheitslage auch in Herat ein Erschlie&#223;en von Einkommensm&#246;glichkeiten f&#252;r den Kl&#228;ger eben gerade nicht gegeben ist&#8220;. Abgesehen davon, dass es nicht ausreichend ist, lediglich darauf hinzuweisen, es h&#228;tte die M&#246;glichkeit bestanden, zu einzelnen Erkenntnissen Stellung zu nehmen oder Beweisantr&#228;ge zu stellen (vgl. OVG M&#252;nster, Beschl. v. 3.7.1996, 25 A 2968/96.A, AuAS 1996, 263, juris Rn. 8), geht aus dem Vorbringen des Kl&#228;gers schon nicht hervor, dass er die von dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage der nicht eingef&#252;hrten Erkenntnisquelle zugrunde gelegte Tatsache &#8211; Herat habe im Vergleich mit anderen St&#228;dten in Afghanistan mit die wenigsten zivilen Opfer zu beklagen &#8211; f&#252;r unzutreffend h&#228;lt. Auch l&#228;sst sich seinen Darlegungen nicht entnehmen, welchen Beweisantrag er bei ordnungsgem&#228;&#223;er Einf&#252;hrung der vorenthaltenen Erkenntnisquelle gestellt h&#228;tte. Daf&#252;r, dass er dann einen Beweisantrag gestellt h&#228;tte, der die von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegte Erkenntnis zu widerlegen geeignet gewesen w&#228;re, enthalten seine Darlegungen keine Anhaltspunkte. Seine Ausf&#252;hrungen deuten vielmehr darauf hin, er h&#228;tte den in der m&#252;ndlichen Verhandlung gestellten (Hilfs-) Beweisantrag &#8211; der auf die Kl&#228;rung von (fehlenden) Erwerbsm&#246;glichkeiten f&#252;r junge M&#228;nner gerichtet war &#8211; auch auf Herat (und nicht nur auf [den Gro&#223;raum] Kabul) bezogen. Insoweit ist aber nicht die Nichteinf&#252;hrung der vorenthaltenen Erkenntnisquelle zur Sicherheitslage in Herat urs&#228;chlich, sondern der &#8211; von dem Kl&#228;ger auch beanstandete (dazu sogleich unter c]) &#8211; unterbliebene Hinweis des Gerichts darauf, dass es auf Herat als potentielle R&#252;ckkehrregion des Kl&#228;gers abzustellen beabsichtige.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Mangelt es danach an der hinreichenden Darlegung dessen, was bei ordnungsgem&#228;&#223;er Gew&#228;hrung rechtlichen Geh&#246;rs vorgetragen worden w&#228;re, so kommt es nicht darauf an, ob das Vorliegen eines zur Berufungszulassung f&#252;hrenden Verfahrensfehlers i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO auch aus anderen Gr&#252;nden zu verneinen ist. Dies kommt vorliegend deshalb in Betracht, weil sich die vorenthaltene (sekund&#228;re) Erkenntnisquelle f&#252;r die darin enthaltene Aussage, Herat habe im Vergleich mit anderen St&#228;dten in Afghanistan mit die wenigsten zivilen Opfer zu beklagen, ihrerseits auf eine (prim&#228;re) Erkenntnisquelle st&#252;tzt, die das Verwaltungsgericht ordnungsgem&#228;&#223; in das Verfahren eingef&#252;hrt hatte. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Kl&#228;ger zus&#228;tzlich h&#228;tte darlegen m&#252;ssen, aus welchem Grund gerade das Vorenthalten der sekund&#228;ren Erkenntnisquelle seine M&#246;glichkeit, zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vorzutragen, beeintr&#228;chtigt hat (vgl. Berlit, in: GK-AsylG, Loseblatt, Stand: September 2018, &#167; 78 Rn. 647, m.w.N.). Dies kann aber im Ergebnis auf sich beruhen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>c) Schlie&#223;lich liegt auch kein Geh&#246;rsversto&#223; i.S.v. &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO darin, dass das Verwaltungsgericht nicht darauf hingewiesen hat, dass es auf Herat als potentielle R&#252;ckkehrregion des Kl&#228;gers abzustellen beabsichtige. Der Kl&#228;ger beanstandet insoweit, dass Verwaltungsgericht habe eine unzul&#228;ssige &#220;berraschungsentscheidung getroffen. Das greift nicht durch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Ein &#220;berraschungsurteil liegt nur vor, wenn das Gericht, das auf den Inhalt der beabsichtigten Entscheidung regelm&#228;&#223;ig nicht vorab hinweisen muss, auf eine rechtliche Sichtweise oder auf eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Ber&#252;cksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2017, 6 B 52.17, juris Rn. 6, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erf&#252;llt. Es entspricht st&#228;ndiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013, 10 C 15.12, ZAR 2013, 297, juris Rn. 13; Urt. v. 14.7.2009, 10 C 9.08, BVerwGE 134, 188, juris Rn. 17), dass es f&#252;r die Frage, ob die Voraussetzungen f&#252;r die Gew&#228;hrung subsidi&#228;ren Schutzes vorliegen (und damit jedenfalls im Ergebnis ebenso f&#252;r die Frage, ob ein Abschiebungsverbot vorliegt, vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2013, a.a.O., juris Rn. 38), in der Regel auf die Herkunftsregion des Ausl&#228;nders, in die er typischerweise zur&#252;ckkehren wird, ankommt. Vor diesem Hintergrund musste der anwaltlich vertretene Kl&#228;ger damit rechnen, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ma&#223;geblich auf Herat als seine Heimatregion abstellen w&#252;rde. Daf&#252;r, dass der insoweit von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegte rechtliche Ansatz aus Sicht des Kl&#228;gers als fernliegend erscheinen musste, bestehen keine Anhaltspunkte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Mit seiner R&#252;ge macht der Kl&#228;ger in der Sache wohl auch weniger geltend, das Verwaltungsgericht habe eine &#220;berraschungsentscheidung getroffen, sondern vielmehr, es habe seine Hinweispflicht verletzt, indem es nicht darauf hingewiesen habe, dass der Hilfsbeweisantrag so, wie er sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt, nicht erheblich sein w&#252;rde. Indes f&#252;hrt auch der so verstandene Einwand nicht zur Zulassung der Berufung gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG. Eine etwaige Verletzung des &#167; 86 Abs. 3 VwGO begr&#252;ndet f&#252;r sich genommen schon keinen Verfahrensmangel i.S.v. &#167; 138 VwGO. F&#252;r eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG fehlen durchgreifende Anhaltspunkte: Der Anspruch auf rechtliches Geh&#246;r begr&#252;ndet keine generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte W&#252;rdigung des Sachverhalts hinzuweisen. Die Beweisw&#252;rdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen bleiben in aller Regel der abschlie&#223;enden Urteilsfindung des Gerichts vorbehalten und entziehen sich deshalb einer Voraber&#246;rterung mit den Beteiligten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.11.2001, 1 B 347.01, juris Rn. 5; VGH M&#252;nchen, Beschl. v. 9.11.2017, 21 ZB 17.30468, juris Rn. 4; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 4.12.2012, 2 BvR 2954/09, NVwZ 2013, 500, juris). Dann aber musste das Gericht auch nicht darauf hinweisen, dass der gestellte Hilfsbeweisantrag voraussichtlich unergiebig sein w&#252;rde. Alles andere liefe auf eine Pflicht des Gerichts hinaus, seine Rechtsauffassung vorab mitzuteilen, obwohl hierzu aus prozessualen Gr&#252;nden keine Notwendigkeit bestand, weil der Beweisantrag nicht unbedingt gestellt war.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>3. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83b AsylG.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
171,122
bverfg-2018-12-18-1-bvr-62618
{ "id": 3, "name": "Bundesverfassungsgericht", "slug": "bverfg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verfassungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 BvR 626/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:49:10
2019-01-29T12:49:10
Nichtannahmebeschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181218.1bvr062618
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Die Verfassungsbeschwerde ist verfristet (&#167; 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat keinen Erfolg (&#167; 93 Abs. 2 BVerfGG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ging dem Beschwerdef&#252;hrer nach eigenen Angaben am 13. Januar 2018 zu. Gem&#228;&#223; &#167; 93 Abs. 1 S&#228;tze 1, 2 BVerfGG, &#167; 188 Abs. 2 BGB analog endete damit die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde am 13. Februar 2018. Am 13. und 14. Februar 2018 wurden zwar mehrere Faxe am Bundesverfassungsgericht empfangen, die nachtr&#228;glich dem Beschwerdef&#252;hrer zugeordnet werden konnten. Die Seiten waren jedoch leer. Ein lesbares Schreiben des Beschwerdef&#252;hrers ging erstmals am 19. Februar 2018 per Post ein; zu diesem Zeitpunkt war die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde jedoch schon verstrichen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Der Antrag des Beschwerdef&#252;hrers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist mangels Wiedereinsetzungsgrunds abzulehnen (&#167; 93 Abs. 2 BVerfGG). Ein Fall der unverschuldeten Fristvers&#228;umnis ist den Schilderungen des Beschwerdef&#252;hrers zu den Umst&#228;nden der Absendung der Faxe nicht zu entnehmen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Diese Entscheidung ist unanfechtbar.</p> </dd> </dl> </div>
171,121
bverfg-2018-12-18-1-bvr-124018
{ "id": 3, "name": "Bundesverfassungsgericht", "slug": "bverfg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verfassungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 BvR 1240/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:49:10
2019-01-29T12:49:10
Nichtannahmebeschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181218.1bvr124018
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Die Beschwerdef&#252;hrerin wendet sich in ihren Verfassungsbeschwerden gegen drei Beweisbeschl&#252;sse, die in einem Umgangsverfahren nach &#167; 1686a BGB sukzessive ergangen sind. Diese griffen bereits in irreversibler Weise in ihre Grundrechte ein, so dass ihr ein Zuwarten bis zu einer anfechtbaren Endentscheidung nicht zuzumuten sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzul&#228;ssig sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> 1. Soweit sich die Beschwerdef&#252;hrerin gegen die am 3. Januar 2018 und 28. Februar 2018 ergangenen Beweisbeschl&#252;sse wendet, sind ihre Verfassungsbeschwerden mangels Rechtschutzbed&#252;rfnis unzul&#228;ssig. Mit Beweisbeschluss vom 30. Mai 2018 hat das Amtsgericht das Beweisthema in der Sache vollst&#228;ndig neu gefasst, so dass die zun&#228;chst ergangenen Beschl&#252;sse prozessual &#252;berholt sind und f&#252;r die Beschwerdef&#252;hrerin keine belastenden Wirkungen mehr entfalten k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> 2. Soweit die Beschwerdef&#252;hrerin den Beweisbeschluss vom 30. Mai 2018 angreift, wahrt diese Verfassungsbeschwerde nicht das Gebot der Rechtswegersch&#246;pfung gem&#228;&#223; &#167; 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> a) Diese Bestimmung ist Ausdruck des im Verfassungsrecht (Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG) verankerten Grundsatzes der Subsidiarit&#228;t. Es entspricht der grundgesetzlichen Zust&#228;ndigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung, dass vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gegen Verfassungsverletzungen selbst gew&#228;hren und etwaige im Instanzenzug auftretende Fehler durch Selbstkontrolle beheben. Ausnahmen vom Gebot der Rechtswegersch&#246;pfung &#252;ber die in &#167; 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG hinaus vorgesehene M&#246;glichkeit, vorab &#252;ber eine Verfassungsbeschwerde zu entscheiden, sind eng zu begrenzen; sie kommen nur in Betracht, wenn die Ersch&#246;pfung des Rechtswegs objektiv nicht geboten und dem Beschwerdef&#252;hrer subjektiv nicht zuzumuten ist. Erscheint es hingegen nicht offensichtlich ausgeschlossen, Grundrechtsschutz bereits durch die Fachgerichte zu erlangen, ist es dem Beschwerdef&#252;hrer regelm&#228;&#223;ig zuzumuten, den nach einfachem Recht vorgesehenen Rechtsweg zu beschreiten und auszusch&#246;pfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Nichts Anderes kann gelten, wenn die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels nach dem aktuellen Stand von Rechtsprechung und Lehre umstritten und deshalb zweifelhaft ist, ob der in der Sache begehrte Rechtsschutz von dem angerufenen Gericht gew&#228;hrt wird. In derartigen F&#228;llen ist es grunds&#228;tzlich die Aufgabe der Fachgerichte, &#252;ber die streitige Zul&#228;ssigkeitsfrage nach einfachem Recht unter Ber&#252;cksichtigung der hierzu vertretenen Rechtsansichten zu entscheiden. Der Funktion der Verfassungsbeschwerde w&#252;rde es zuwiderlaufen, sie anstelle oder gleichsam wahlweise neben einem m&#246;glicherweise statthaften Rechtsmittel zuzulassen (vgl. BVerfGE 68, 376 &lt;379 ff.&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> b) In Rechtsprechung und Lehre wird seit geraumer Zeit die - wenn auch nicht unumstrittene - Ansicht vertreten, dass eine Beschwerdem&#246;glichkeit gegen an sich gem&#228;&#223; &#167; 58 Abs. 1 FamFG isoliert nicht anfechtbare Zwischenentscheidungen dann er&#246;ffnet sein soll, wenn diese Zwischenentscheidung bereits zu einem solchen Eingriff in die Grundrechte eines Beteiligten f&#252;hrt, der sp&#228;ter nicht oder jedenfalls nicht vollst&#228;ndig behoben werden kann (etwa OLG D&#252;sseldorf, Beschluss vom 12. Dezember 2012 - 26 W 19/12 -, FGPrax 2013, S. 89; OLG N&#252;rnberg, Beschluss vom 16. August 2013 - 11 WF 1071/13 -, NJOZ 2014, S. 333; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Dezember 2015 - 4 WF 244/15 -, FamRZ 2016, S. 1799, 1800).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> Eine mit der Endentscheidung nicht mehr korrigierbare Beeintr&#228;chtigung aufgrund der im Rahmen des angeordneten Sachverst&#228;ndigenbeweises gegen&#252;ber dem betroffenen Kind m&#246;glicherweise zu offenbarenden leiblichen Vaterschaft eines anderen Mannes als des Ehemannes der Beschwerdef&#252;hrerin macht diese gerade geltend.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> c) Es war daher geboten und der Beschwerdef&#252;hrerin auch zumutbar, vor der Einlegung einer Verfassungsbeschwerde die Statthaftigkeit einer einfachrechtlichen Beschwerde sorgf&#228;ltig zu pr&#252;fen und von ihr auch Gebrauch zu machen, da diese jedenfalls nicht offensichtlich unzul&#228;ssig ist. Wird eine eingelegte Beschwerde von der Fachgerichtsbarkeit als unzul&#228;ssig verworfen, weil diese die umstrittene Zul&#228;ssigkeitsfrage zuungunsten eines Beschwerdef&#252;hrers beurteilt, bleibt es diesem unbenommen, nach Ergehen einer letztinstanzlichen Entscheidung innerhalb der Frist des &#167; 93 Abs. 1 BVerfGG Verfassungsbeschwerde einzulegen und etwaige Grundrechtsverletzungen durch eine vorangegangene Sachentscheidung zu r&#252;gen (vgl. BVerfG 68, 376 &lt;381&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p> Von einer weiteren Begr&#252;ndung wird nach &#167; 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p> Diese Entscheidung ist unanfechtbar.</p> </dd> </dl> </div>
171,116
bverfg-2018-12-18-2-bvr-126518
{ "id": 3, "name": "Bundesverfassungsgericht", "slug": "bverfg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verfassungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
2 BvR 1265/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:49:08
2019-01-29T12:49:08
Nichtannahmebeschluss
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20181218.2bvr126518
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Huber und die Richterinnen Kessal-Wulf und K&#246;nig wird verworfen, ohne dass es einer dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter bed&#252;rfte und diese von der Entscheidung &#252;ber das Ablehnungsgesuch ausgeschlossen w&#228;ren (vgl. BVerfGE 131, 239 &lt;252 f.&gt;; BVerfGK 8, 59 &lt;60&gt;). Denn es ist offensichtlich unzul&#228;ssig. Das Vorbringen des Beschwerdef&#252;hrers enth&#228;lt lediglich Ausf&#252;hrungen, die zur Begr&#252;ndung einer Besorgnis der Befangenheit g&#228;nzlich ungeeignet sind. Die Mitwirkung an einem vorangegangenen Verfassungsbeschwerdeverfahren desselben Beschwerdef&#252;hrers kann die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des &#167; 19 BVerfGG offensichtlich ebenso wenig begr&#252;nden, wie der Umstand, dass in dem vorangegangenen Verfassungsbeschwerdeverfahren von der in &#167; 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG vorgesehenen M&#246;glichkeit Gebrauch gemacht worden ist, von einer Begr&#252;ndung der Nichtannahmeentscheidung abzusehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. Oktober 2017 - 1 BvR 2116/17 -, juris, Rn. 3 m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Diese Entscheidung ist unanfechtbar.</p> </dd> </dl> </div>
171,096
bverwg-2018-12-18-6-b-15918
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
6 B 159/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:48:53
2019-01-29T12:48:53
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:181218B6B159.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kl&#228;gerin, die mit ihrer Klage die Erstattung von im ersten Quartal 2013 gezahlten Rundfunkbeitr&#228;gen f&#252;r ihre Betriebsst&#228;tte sowie einen Verzicht des Beklagten auf die Erhebung dieses Rundfunkbeitrags begehrt und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist, kann keinen Erfolg haben. Der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die Revisionszulassung wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung nach &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, &#252;ber den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:270115B6B43.14.0] - Buchholz 421.0 Pr&#252;fungswesen Nr. 421 Rn. 8). Ein derartiger Kl&#228;rungsbedarf besteht f&#252;r eine bundesgerichtlich bereits beantwortete Rechtsfrage nur, wenn die Beschwerde neue rechtliche Gesichtspunkte aufzeigt, die ein &#220;berdenken der bisherigen Rechtsprechung erforderlich machen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. November 1992 - 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Pr&#252;fungswesen Nr. 306 S. 224).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben, da die von der Kl&#228;gerin als rechtsgrunds&#228;tzlich bedeutsam erachtete Frage der Verfassungsm&#228;&#223;igkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags im nicht privaten Bereich von dem Inhaber einer Betriebsst&#228;tte in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gekl&#228;rt und bejaht worden ist (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:071216U6C49.15.0] - BVerwGE 156, 358 Rn. 24 ff.; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - NJW 2018, 3223 Rn. 50 ff., 112 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Bei dem Rundfunkbeitrag handelt es sich nicht um eine Steuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2 GG, sondern um eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe in Gestalt einer Vorzugslast, die in die Gesetzgebungszust&#228;ndigkeit der L&#228;nder f&#228;llt. Der Rundfunkbeitrag wird nicht voraussetzungslos erhoben und das Beitragsaufkommen wird nicht in die Landeshaushalte eingestellt. Der Rundfunkbeitrag wird ebenso wie die fr&#252;here Rundfunkgeb&#252;hr f&#252;r die konkrete Gegenleistung der Rundfunkempfangsm&#246;glichkeit erhoben, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des &#246;ffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Die Rundfunkempfangsm&#246;glichkeit ist ein Vorteil, der den Inhabern von Betriebsst&#228;tten individuell zugerechnet werden kann, weil die Betriebsst&#228;tten aufgrund ihres Ausstattungsgrades mit Empfangsger&#228;ten als typische Orte der Rundfunknutzung anzusehen sind und der Gesetzgeber hieran hat ankn&#252;pfen d&#252;rfen. Die konkrete Ausgestaltung der Beitragspflicht f&#252;r Betriebsst&#228;tten verst&#246;&#223;t nicht gegen das Gebot der Belastungsgleichheit; ihre Bemessung ist vorteilsgerecht und nicht willk&#252;rlich (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - BVerwGE 156, 358 Rn. 24 ff.; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - NJW 2018, 3223 Rn. 50 ff., 112 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Ebenso ist in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gekl&#228;rt, dass der Wechsel von der Rundfunkgeb&#252;hr zum Rundfunkbeitrag keine Umgestaltung einer Beihilfe im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV darstellt und die Beurteilung auf einer vom Europ&#228;ischen Gerichtshof gekl&#228;rten Rechtslage beruht, sodass sich im Wege der Vorlage nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zu kl&#228;rende Fragen nicht stellen. Die Umgestaltung einer Beihilfe setzt voraus, dass sie von der in der Genehmigungsentscheidung zugelassenen Regelung wesentlich abweicht, die &#196;nderung also die urspr&#252;ngliche Regelung in ihrem Kern betrifft. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Rundfunkbeitrag ebenso wie die Rundfunkgeb&#252;hr als Gegenleistung f&#252;r das Rundfunkprogrammangebot erhoben wird, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des &#246;ffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Dem steht der Umstand, dass nun auch weitere Personen abgabepflichtig sind, obwohl sie kein Empfangsger&#228;t besitzen, wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - BVerwGE 156, 358 Rn. 90 und vom 18. M&#228;rz 2016 - 6 C 6.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:180316U6C6.15.0] - BVerwGE 154, 275 Rn. 51 f.; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - NJW 2018, 3223 Rn. 137 ff.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin setzt mit der Beschwerdebegr&#252;ndung dieser Rechtsprechung ihre eigene Rechtsauffassung gegen&#252;ber, ohne einen weitergehenden Kl&#228;rungsbedarf aufzuzeigen. Sie kritisiert im Wesentlichen die Ausf&#252;hrungen des Bundesverfassungsgerichts in dessen Urteil vom 18. Juli 2018 als rechtsfehlerhaft, welches ihrer Auffassung nach auf Verst&#246;&#223;e gegen die Bindungswirkung des Bundesverfassungsgerichts gem&#228;&#223; &#167; 31 Abs. 1 BVerfGG an seine fr&#252;heren Entscheidungen und gegen das in Art. 6 EMRK verankerte Willk&#252;rverbot beruhe. Der Umstand, dass die Kl&#228;gerin mit dieser Rechtsprechung nicht einverstanden ist, ist nicht geeignet, die grunds&#228;tzliche Bedeutung ihrer Rechtssache im Sinne des &#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begr&#252;nden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Lediglich der Vollst&#228;ndigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass zum einen die in &#167; 31 Abs. 1 BVerfGG normierte Bindungswirkung nicht f&#252;r das Bundesverfassungsgericht selbst besteht; es kann seine in einer fr&#252;heren Entscheidung vertretenen Rechtsauffassungen aufgeben, auch soweit sie f&#252;r die damalige Entscheidung tragend waren (stRspr, vgl. BVerfG, Urteile vom 11. August 1954 - 2 BvK 2/54 - BVerfGE 4, 31 &lt;38&gt; und vom 22. November 2001 - 2 BvE 6/99 - BVerfGE 104, 151 &lt;197&gt;; Beschluss vom 15. Juni 1988 - 1 BvR 1301/86 - BVerfGE 78, 320 &lt;328&gt;). Zum anderen hat zwischenzeitlich auch der Europ&#228;ische Gerichtshof in dem &#220;bergang von der Rundfunkgeb&#252;hr auf den Rundfunkbeitrag keine &#196;nderung einer bestehenden Beihilfe im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV gesehen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2018 - C-492/17 [ECLI:EU:C:2018:1019], Rittinger u.a. - Rn. 67).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich f&#252;r das Aufhebungs- und das Verzichtsbegehren aus &#167; 47 Abs. 1, &#167; 39 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 2 und 3 Satz 1 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
171,092
bverwg-2018-12-18-3-b-4117-3-b-4117
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
3 B 41/17, 3 B 41/17 (3 C 21/18)
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:48:52
2019-01-29T12:48:52
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:181218B3B41.17.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin hat Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Das Revisionsverfahren wird dem Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich Gelegenheit zur Kl&#228;rung der Frage geben, ob die f&#252;r inl&#228;ndische Apotheken geltende Preisbindung f&#252;r Arzneimittel (&#167; 78 Abs. 1 und 2 AMG, &#167; 3 AMPreisV) in Folge des Urteils des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union vom 19. Oktober 2016 - C-148/15 [ECLI:EU:C:2016:776], Deutsche Parkinson Vereinigung - (NVwZ 2016, 1793) wegen "Inl&#228;nderdiskriminierung" mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die vorl&#228;ufige Streitwertfestsetzung f&#252;r das Revisionsverfahren beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 2 und &#167; 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
171,091
bverwg-2018-12-18-3-b-4017-3-b-4017
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3 B 40/17, 3 B 40/17 (3 C 20/18)
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:48:52
2019-01-29T12:48:52
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2018:181218B3B40.17.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin hat Erfolg. Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung (&#167; 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Das Revisionsverfahren wird dem Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich Gelegenheit zur Kl&#228;rung der Frage geben, ob die f&#252;r inl&#228;ndische Apotheken geltende Preisbindung f&#252;r Arzneimittel (&#167; 78 Abs. 1 und 2 AMG, &#167; 3 AMPreisV) in Folge des Urteils des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union vom 19. Oktober 2016 - C-148/15 [ECLI:EU:C:2016:776], Deutsche Parkinson Vereinigung - (NVwZ 2016, 1793) wegen "Inl&#228;nderdiskriminierung" mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die vorl&#228;ufige Streitwertfestsetzung f&#252;r das Revisionsverfahren beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 52 Abs. 2 und &#167; 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.</p> </dd> </dl> </div>
171,075
bgh-2018-12-18-i-zb-7217
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I ZB 72/17
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:48:17
2019-01-29T12:48:17
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:181218BIZB72.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart - 2. Zivilsenat - vom 1. August 2017 unter Zur&#252;ckweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Zur&#252;ckweisung seines Antrags auf Haftverschonung aus den Ordnungsmittelbeschl&#252;ssen des Landgerichts Stuttgart - 35. Kammer f&#252;r Handelssachen - vom 11. Dezember 2014 und vom 24. Februar 2015 zur&#252;ckgewiesen hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Stuttgart - 35. Kammer f&#252;r Handelssachen - vom 20. Dezember 2016 unter Zur&#252;ckweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abge&#228;ndert und wie folgt neu gefasst:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Es wird festgestellt, dass der Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts Stuttgart - 35. Kammer f&#252;r Handelssachen - vom 24. Februar 2015 nicht mehr vollstreckbar ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Die Dauer der gegen den Betroffenen durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart - 35. Kammer f&#252;r Handelssachen - vom 20. April 2015 verh&#228;ngten Ordnungshaft wird auf 60 Tage herabgesetzt. Hiervon entf&#228;llt je ein Tag f&#252;r 250 &#8364;, die auf die Ordnungsgeldforderung gegen die Schuldnerin bezahlt werden. Zahlungen auf das Ordnungsgeld kommen vorrangig dem Betroffenen zugute.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Im &#252;brigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 42.500 &#8364;</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>I. Der Schuldnerin, deren Vorstand der Betroffene war und &#252;ber deren Verm&#246;gen am 29. Januar 2016 das Insolvenzverfahren er&#246;ffnet worden ist, ist auf Antrag der Gl&#228;ubigerin durch einstweilige Verf&#252;gung des Landgerichts vom 23. Mai 2014 unter Androhung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und im Falle seiner Uneinbringlichkeit Ordnungshaft verboten worden, ihre Beteiligung an der Planung und Entwicklung eines Oldtimer-Zentrums unter der Bezeichnung "M.&#160;&#160;&#160;&#160;" am Standort B.&#160;&#160;&#160;zu bewerben. Nachdem die einstweilige Verf&#252;gung auf den Widerspruch der Schuldnerin durch Urteil des Landgerichts vom 25. November 2014 best&#228;tigt worden war, haben sich die Parteien im Berufungsverfahren durch Vergleich vom 7. Mai 2015 auf eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserkl&#228;rung geeinigt und das Verf&#252;gungsverfahren in der Hauptsache f&#252;r erledigt erkl&#228;rt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat gegen die Schuldnerin wegen einer Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verf&#252;gung vom 23. Mai 2014 am 11. Dezember 2014 ein Ordnungsgeld in H&#246;he von 5.000 &#8364;, ersatzweise je 250 &#8364; einen Tag Ordnungshaft (insgesamt 20 Tage) festgesetzt. Am 24. Februar 2015 hat es gegen die Schuldnerin wegen erneuter Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verf&#252;gung vom 23. Mai 2014 ein Ordnungsgeld in H&#246;he von 50.000 &#8364;, ersatzweise je 250 &#8364; einen Tag Ordnungshaft (insgesamt 200 Tage) verh&#228;ngt. Wegen einer weiteren Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Verf&#252;gung vom 23. Mai 2014 hat das Landgericht gegen die Schuldnerin am 20. April 2015 ein Ordnungsgeld in H&#246;he von 30.000 &#8364;, ersatzweise je 250 &#8364; einen Tag Ordnungshaft (insgesamt 120 Tage) festgesetzt. Die von der Schuldnerin gegen diese drei Beschl&#252;sse jeweils eingelegten Beschwerden sind in allen F&#228;llen ohne Erfolg geblieben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Mitte des Jahres 2015 ist die Schuldnerin erfolglos zur Zahlung der Ordnungsgelder aus den Ordnungsgeldbeschl&#252;ssen vom 11. Dezember 2014 und vom 24. Februar 2015 aufgefordert worden. Die Ladung des Betroffenen zum Antritt der Ordnungshaft aus s&#228;mtlichen Ordnungsmittelbeschl&#252;ssen ist mehrfach abge&#228;ndert und zuletzt auf den 31. Januar 2017 festgesetzt worden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Der Betroffene hat am 25. August 2016 beim Landgericht einen Antrag auf Haftverschonung nach Art. 8 Abs. 2 EGStGB gestellt. Hilfsweise hat er die Herabsetzung des Ordnungsgelds beantragt. Das Landgericht hat diese Antr&#228;ge mit Beschluss vom 20. Dezember 2016 zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das Beschwerdegericht die Ordnungshaft unter Zur&#252;ckweisung des weitergehenden Rechtsmittels auf 170 Tage herabgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Betroffene die Feststellung, dass die Ordnungsgeldbeschl&#252;sse des Landgerichts vom 11. Dezember 2014, vom 24. Februar 2015 und vom 20. April 2015 nicht mehr vollstreckbar sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>II. Das Beschwerdegericht ist im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass kein Fall einer unbilligen H&#228;rte im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EGStGB vorliegt. Zur Begr&#252;ndung hat es sich auf seinen in einer Parallelsache ergangenen Beschluss vom 25. Januar 2017 - 2 W 74/16, juris und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Mai 2017 - 2 BvR 335/17, NJW-RR 2017, 957 bezogen, mit dem die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss vom 25. Januar 2017 nicht zur Entscheidung angenommen worden ist. Wegen der nach der Festsetzung des Ordnungsmittels eingetretenen Insolvenz sowohl der Schuldnerin als auch des Betroffenen selbst sei aber eine Halbierung der Ordnungshaft angemessen. Hinsichtlich der danach verbleibenden insgesamt 170 Tage Ordnungshaft sei allerdings keine Vollstreckungsverj&#228;hrung eingetreten. Dazu hat es ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Vollstreckung von festgesetzten zivilprozessualen Ordnungsmitteln setze die Rechtskraft des Vollstreckungstitels nicht voraus und verj&#228;hre nach zwei Jahren. Die Vollstreckungsverj&#228;hrung beginne mit der Vollstreckbarkeit des Ordnungsmittels, wobei eine einheitliche Frist f&#252;r das Ordnungsgeld und die zugeh&#246;rige Ersatzordnungshaft gelte. Bei dem Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts vom 11. Dezember 2014 sei die Frist von zwei Jahren noch nicht abgelaufen, weil die Verj&#228;hrung dort jedenfalls in der Zeit vom 22. Dezember 2014 bis zum 7. April 2015, dann nochmals in der Zeit vom 25. August bis zum 27. Dezember 2016 und schlie&#223;lich in der Zeit vom 23. M&#228;rz bis zum 9. Mai 2017 geruht habe. Dasselbe gelte f&#252;r den Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts vom 24. Februar 2015, bei dem die Verj&#228;hrung in der Zeit vom 17. M&#228;rz 2015 bis zum 26. Mai 2015 und dann ebenso wie bei dem Ordnungsmittelbeschluss vom 11. Dezember 2014 in der Zeit vom 25. August 2016 bis zum 27. Dezember 2016 und dann nochmals in der Zeit vom 23. M&#228;rz 2017 bis zum 9. Mai 2017 geruht habe, sowie f&#252;r den Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts vom 20. April 2015, bei dem die Verj&#228;hrung zun&#228;chst in der Zeit vom 29. April 2015 bis zum 22. M&#228;rz 2016 und dann ebenso wie bei den beiden anderen Beschl&#252;ssen nochmals in der Zeit vom 25. August 2016 bis zum 27. Dezember 2016 und in der Zeit vom 23. M&#228;rz 2017 bis zum 9. Mai 2017 geruht habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>III. Die Er&#246;ffnung des Insolvenzverfahrens &#252;ber das Verm&#246;gen des Betroffenen hat zu keiner Unterbrechung des vorliegenden, gegen den Betroffenen gerichteten Vollstreckungsverfahrens gef&#252;hrt. Die Parteien streiten hier nicht &#252;ber eine Pflicht des Betroffenen zur Zahlung von Ordnungsgeld, bei der es um die Befriedigung einer - wenngleich gem&#228;&#223; &#167; 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO nur nachrangig zu befriedigenden - Insolvenzforderung ginge und das Verfahren daher mit der Er&#246;ffnung des Insolvenzverfahrens &#252;ber das Verm&#246;gen des Betroffenen gem&#228;&#223; &#167; 240 Satz 1 ZPO unterbrochen worden w&#228;re (Stadler in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., &#167; 240 Rn. 5). Vielmehr steht vorliegend die Vollstreckung von ersatzweise angeordneter Ordnungshaft in Rede. Eine solche Vollstreckung ist durch die Er&#246;ffnung des Insolvenzverfahrens &#252;ber das Verm&#246;gen des Schuldners nicht gehindert (vgl. - zur Anordnung und Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe gem&#228;&#223; &#167; 459e Abs. 2 StPO - BVerfG, NJW 2006, 3626, 3627 [juris Rn. 5 bis 9]; Braun/B&#228;uerle, InsO, 7. Aufl., &#167; 39 Rn. 13; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 3. Aufl., &#167; 39 Rn. 22; Hirte in Uhlenbruck/Hirte/Vallender, InsO, 14. Aufl., &#167; 39 Rn. 23).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>IV. Die gegen die Beurteilung des Beschwerdegerichts gerichtete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist aufgrund ihrer Zulassung gem&#228;&#223; &#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig. In der Sache wendet sie sich nicht gegen die Beurteilung, es liege kein Fall einer unbilligen H&#228;rte im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EGStGB vor. Die Ausf&#252;hrungen in dem in einer Parallelsache ergangenen Beschluss vom 25. Januar 2017, auf die sich das Beschwerdegericht zur Begr&#252;ndung der vorliegend zu &#252;berpr&#252;fenden Entscheidung bezogen hat, lassen auch keinen Rechtsfehler erkennen. Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Vollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts vom 11. Dezember 2014 (dazu unter IV 1) und aus dem Beschluss des Landgerichts vom 24. Februar 2015 wendet (dazu unter IV 2). Nicht begr&#252;ndet ist die Rechtsbeschwerde dagegen, soweit sie sich gegen die Vollstreckung aus dem Beschluss des Landgerichts vom 20. April 2015 richtet (dazu unter IV 3).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1. Vollstreckung aus dem Beschluss vom 11. Dezember 2014</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>a) Das Beschwerdegericht ist bei diesem Beschluss und ebenso bei den anderen beiden Beschl&#252;ssen mit Recht und von der Rechtsbeschwerde auch unangegriffen davon ausgegangen, dass f&#252;r die Verj&#228;hrung des dort festgesetzten Ordnungsmittels gem&#228;&#223; &#167; 890 ZPO die Regelung des Art. 9 EGStGB gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 2004 - IXa ZB 18/04, BGHZ 161, 60, 63 f. [juris Rn. 10]; Beschluss vom 17. August 2011 - I ZB 20/11, GRUR 2012, 427 Rn. 7 = NJW 2011, 3791 - Aufschiebende Wirkung). Ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, nach der Festsetzung eines Ordnungsmittels k&#246;nne keine Verfolgungsverj&#228;hrung mehr eintreten, so dass ab diesem Zeitpunkt allein noch die Vollstreckungsverj&#228;hrung gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 EGStGB in Betracht komme (vgl. BGHZ 161, 60, 64 bis 66 [juris Rn. 11 bis 19]; BGH, GRUR 2012, 427 Rn. 7 f. - Aufschiebende Wirkung; BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 123/12, WM 2013, 711 Rn. 23).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>b) Das Beschwerdegericht hat weiterhin mit Recht und auch insoweit von der Rechtsbeschwerde unangegriffen angenommen, dass die Frist f&#252;r die Vollstreckungsverj&#228;hrung, die gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 2 EGStGB zwei Jahre betr&#228;gt, bei dem Beschluss vom 11. Dezember 2014 mit dessen Zustellung an die Schuldnerin am 18. Dezember 2014 zu laufen begonnen hat, da damit das in dem Beschluss enthaltene Ordnungsmittel vollstreckbar geworden ist (vgl. Art. 9 Abs. 2 Satz 3 EGStGB; BGHZ 161, 60, 65 [juris Rn. 14]; BGH, WM 2013, 711 Rn. 28). Ebenfalls zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen worden ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Verj&#228;hrung habe nachfolgend gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB in der Zeit zwischen der Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss am 22. Dezember 2014 und der Zustellung der hierauf ergangenen Entscheidung des Beschwerdegerichts am 7. April 2015 geruht (vgl. BGH, GRUR 2012, 427 Rn. 8 bis 10 - Aufschiebende Wirkung). Dasselbe gilt f&#252;r die Annahme des Beschwerdegerichts, die Vollstreckungsverj&#228;hrung habe in der Zeit vom 23. M&#228;rz bis zum 9. Mai 2017 in Bezug auf alle verfahrensgegenst&#228;ndlichen Ordnungsmittel gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 EGStGB geruht, weil das Beschwerdegericht die Vollstreckung aus diesen Beschl&#252;ssen mit Beschluss vom 23. M&#228;rz 2017 f&#252;r die Dauer von f&#252;nf Monaten, l&#228;ngstens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts &#252;ber die Verfassungsbeschwerde des Betroffenen in dem Parallelverfahren vor dem Beschwerdegericht mit dem Aktenzeichen 2 W 74/16 ausgesetzt und das Bundesverfassungsgericht diese Entscheidung am 9. Mai 2017 (vgl. BVerfG, NJW-RR 2017, 957) getroffen habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>c) Die nach den vorstehenden Ausf&#252;hrungen im Dezember 2014 angelaufene und danach insgesamt rund f&#252;nf Monate lang ruhende Vollstreckungsverj&#228;hrung w&#228;re im Mai 2017 und damit vor der Einlegung der vorliegenden Rechtsbeschwerde am 4. August 2017, die als solche wiederum gem&#228;&#223; &#167; 575 Abs. 5, &#167; 570 Abs. 1 ZPO aufschiebende Wirkung gehabt und damit die Verj&#228;hrung zum Ruhen gebracht h&#228;tte, nicht abgelaufen gewesen, wenn die Vollstreckungsverj&#228;hrung auch seit dem vom Betroffenen am 25. August 2016 beim Landgericht gestellten Antrag auf Haftverschonung gem&#228;&#223; Art. 8 Abs. 2 EGBGB in Verbindung mit &#167; 765a ZPO bis zur Ablehnung dieses Antrags mit dem dem Betroffenen am 27. Dezember 2016 zugestellten Beschluss des Landgerichts vom 20. Dezember 2016 erneut gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB zum Ruhen gebracht worden w&#228;re. Das Beschwerdegericht ist von einem solchen weiteren Ruhen der Vollstreckungsverj&#228;hrung ausgegangen. Dem kann jedoch nicht zugestimmt werden. Die Vollstreckbarkeit des im Beschluss des Landgerichts vom 11. Dezember 2014 festgesetzten Ordnungsmittels kann daher nicht mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begr&#252;ndung bejaht werden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>aa) Das Beschwerdegericht hat zu dem von ihm im Hinblick auf den Antrag des Betroffenen auf Haftverschonung auch f&#252;r die Zeit vom 25. August bis zum 27. Dezember 2016 angenommenen Ruhen der Vollstreckungsverj&#228;hrung ausgef&#252;hrt, das Vollstreckungshindernis, das zum Ruhen der Verj&#228;hrung f&#252;hre, k&#246;nne sich auch aus einem anderen Gesetz als der Zivilprozessordnung und daher im Lichte der neueren Rechtsprechung zur Bedeutung der Grundrechte wie insbesondere des Rechts auf Leben und k&#246;rperliche Unversehrtheit unmittelbar aus dem materiellen Verfassungsrecht ergeben. Zwar hindere ein verfahrensbezogener Antrag wie der vom Betroffenen hier gestellte Antrag auf Haftverschonung die Vollstreckung nicht, weil das Gesetz bei einem solchen Antrag anders als in &#167; 570 Abs. 1 ZPO f&#252;r die Beschwerde gegen die Festsetzung von Ordnungsmitteln und Zwangsmitteln keine aufschiebende Wirkung anordne. Bei einer mit einem solchen Antrag substantiiert geltend gemachten Gefahr f&#252;r Leib und Leben im Falle der Fortsetzung der Vollstreckung k&#246;nne aber das auch von den Vollstreckungsgerichten bei der Auslegung und Anwendung der vollstreckungsrechtlichen Verfahrensvorschriften zu ber&#252;cksichtigende Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls dann die zeitweise Einstellung der Zwangsvollstreckung gebieten, wenn ein schwerwiegender Eingriff in dieses Grundrecht konkret zu besorgen sei und eine Abw&#228;gung der widerstreitenden grundrechtlich gesch&#252;tzten Interessen der an der Vollstreckung Beteiligten zu einem Vorrang der Belange des Schuldners f&#252;hre. In entsprechenden F&#228;llen bestehe unabh&#228;ngig davon, ob ein f&#246;rmlicher Beschluss &#252;ber die Einstellung der Zwangsvollstreckung oder die Aussetzung der Vollziehung ergehe, ein Vollstreckungshindernis aus dem Grundrecht und damit "nach dem Gesetz", das die Vollstreckungsverj&#228;hrung nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB ruhen lasse.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>bb) Dieser Sichtweise kann nicht zugestimmt werden. Die Vollstreckungsverj&#228;hrung von Ordnungsmitteln kann aus Gr&#252;nden der Rechtssicherheit nur in den in Art. 9 Abs. 2 Satz 4 EGStGB - abschlie&#223;end - geregelten F&#228;llen ruhen, dass die Vollstreckung nach dem Gesetz nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann (Nr. 1), dass die Vollstreckung ausgesetzt worden ist (Nr. 2) oder dass dem Schuldner eine Zahlungserleichterung bewilligt (Nr. 3) worden ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann die Vollstreckung nur dann im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB "nach dem Gesetz" nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden, wenn diese Rechtsfolge im Gesetz ausdr&#252;cklich angeordnet ist. So bestimmt etwa &#167; 570 Abs. 1 ZPO, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels aufschiebende Wirkung hat. Soweit das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die zeitweise Einstellung der Zwangsvollstreckung gebietet, ergibt sich das Vollstreckungshindernis nicht ausdr&#252;cklich aus dem Grundrecht und damit nicht aus dem Gesetz. Die Vollstreckung ist in derartigen F&#228;llen allerdings auf Antrag des Betroffenen durch f&#246;rmlichen Beschluss auszusetzen. Die Vollstreckungsverj&#228;hrung ruht dann nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 EGStGB. Gegen die vom Beschwerdegericht vertretene Ansicht spricht, dass sich die Auslegung von Vorschriften &#252;ber die Verj&#228;hrung - wie hier &#252;ber das Ruhen der Verj&#228;hrung - im Interesse der Rechtssicherheit grunds&#228;tzlich eng an den Wortlaut des Gesetzes anlehnen muss (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. November 1994 - XII ZR 150/93, BGHZ 128, 74, 80 [juris Rn. 25] mwN). W&#252;rde die Vollstreckung nach Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 EGStGB auch in gesetzlich nicht ausdr&#252;cklich geregelten F&#228;llen ruhen, w&#228;re es f&#252;r den Schuldner - anders als bei einem nach dem Gesetz ausdr&#252;cklich bestimmten oder in einem Beschluss ausdr&#252;cklich angeordneten Vollstreckungshindernis - nicht klar erkennbar, ob und gegebenenfalls f&#252;r welchen Zeitraum die Vollstreckungsverj&#228;hrung geruht hat und ob das Ordnungsmittel noch gegen ihn vollstreckt werden kann oder bereits Vollstreckungsverj&#228;hrung eingetreten ist. Das widerspr&#228;che seinem berechtigten Interesse an Rechtssicherheit.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>d) Danach kommt es f&#252;r die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 11. Dezember 2014 entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts darauf an, ob und gegebenenfalls wie lange die Verj&#228;hrung der Vollstreckung aus diesem Beschluss durch den Vergleich, den die Parteien am 7. Mai 2015 im Berufungsverfahren geschlossen haben, oder durch die nachfolgende Verf&#252;gung des Landgerichts vom 18. Mai 2015 oder auch durch die sofortige Beschwerde zum Ruhen gebracht worden ist, die der Betroffene am 10. Januar 2017 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 20. Dezember 2016 eingelegt hat. Das Beschwerdegericht hat diese Fragen ausdr&#252;cklich offen gelassen. Die f&#252;r deren Beurteilung erforderlichen Feststellungen lassen sich in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht nachholen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>2. Vollstreckung aus dem Beschluss vom 24. Februar 2015</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Nach den vorstehend unter IV 1 dargestellten Grunds&#228;tzen ist die zweij&#228;hrige Frist f&#252;r die Vollstreckungsverj&#228;hrung gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 2 EGStGB bei dem im Beschluss des Landgerichts vom 24. Februar 2015 enthaltenen Ordnungsmittel mit der Zustellung dieses Beschlusses am 2. M&#228;rz 2015 angelaufen und hat nachfolgend gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 1 und 2 EGStGB in der Zeit vom 17. M&#228;rz 2015 bis zum 26. Mai 2015 und dann nochmals in der Zeit vom 23. M&#228;rz 2017 bis zum 9. Mai 2017, das hei&#223;t insgesamt knapp vier Monate lang geruht. Sie ist daher sp&#228;testens im Juli 2017 abgelaufen. Damit ist die Vollstreckung des in dem Beschluss des Landgerichts vom 24. Februar 2015 festgesetzten Ordnungsmittels nicht mehr m&#246;glich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>3. Vollstreckung aus dem Beschluss vom 20. April 2015</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>Die Vollstreckung aus dem der Schuldnerin am 27. April 2015 zugestellten Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts vom 20. April 2015 hat in der Zeit vom 29. April 2015 bis zum 22. M&#228;rz 2016 und dann nochmals in der Zeit vom 23. M&#228;rz bis zum 9. Mai 2017 und damit insgesamt rund ein Jahr lang geruht. Die Frist f&#252;r die Vollstreckungsverj&#228;hrung von zwei Jahren gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 2 Satz 2 EGStGB war daher in diesem Fall im Zeitpunkt der Einlegung der Rechtsbeschwerde am 4. August 2017, mit der diese Frist nunmehr erneut zum Ruhen gebracht worden ist, noch nicht abgelaufen gewesen. Dementsprechend hat das Rechtsmittel des Betroffenen in dieser Hinsicht keinen Erfolg und ist deshalb die vom Beschwerdegericht insoweit getroffene Entscheidung zu best&#228;tigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>V. Danach ist der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss unter Zur&#252;ckweisung des gegen die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 20. April 2015 gerichteten Rechtsmittels (vgl. vorstehend unter IV 3) aufzuheben, soweit er die Vollstreckung aus den Ordnungsmittelbeschl&#252;ssen des Landgerichts vom 11. Dezember 2014 und vom 24. Februar 2015 betrifft. Im Hinblick auf den letzteren Beschluss ist festzustellen, dass dieser nicht mehr vollstreckbar ist (vgl. vorstehend unter IV 2). Der vom Betroffenen insoweit gestellte Antrag ist zul&#228;ssig (vgl. BGH, WM 2013, 711 Rn. 20 in Verbindung mit 18 f.) und aus den vorstehend unter IV 2 dargestellten Gr&#252;nden auch begr&#252;ndet. In Bezug auf den Beschluss vom 11. Dezember 2014 hat das Beschwerdegericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu f&#252;r die Frage der Vollstreckungsverj&#228;hrung m&#246;glicherweise weiterhin relevanten Hemmungstatbest&#228;nden getroffen (vgl. vorstehend unter IV 1 d). Da die entsprechenden Feststellungen im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden k&#246;nnen, ist die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif und deshalb an das Beschwerdegericht zur&#252;ckzuverweisen (&#167; 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>VI. Die Festsetzung des Werts des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf 42.500 &#8364; tr&#228;gt dem Umstand Rechnung, dass nach dem angefochtenen Beschluss die Dauer der gegen den Betroffenen verh&#228;ngten Ordnungshaft 170 Tage betragen sollte und f&#252;r jeden Tag 250 &#8364; in Ansatz gebracht worden sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Koch&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Schaffert&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Kirchhoff</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">L&#246;ffler&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Schwonke&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
171,066
bgh-2018-12-18-xi-zb-1618
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XI ZB 16/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-29T12:48:11
2019-01-29T12:48:11
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2018:181218BXIZB16.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde des Kl&#228;gers gegen den Beschluss des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. April 2018 wird auf seine Kosten mit der Ma&#223;gabe zur&#252;ckgewiesen, dass seine Berufung gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. Mai 2017 auch insoweit als unbegr&#252;ndet zur&#252;ckgewiesen wird.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Gegenstandswert betr&#228;gt 17.631,64 &#8364;.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger begehrt die R&#252;ckabwicklung von zwei Verbraucherdarlehensvertr&#228;gen nach Widerruf. Gemeinsam mit seiner am Rechtsstreit nicht mehr beteiligten Ehefrau (ehemals Kl&#228;gerin zu 1) schloss der Kl&#228;ger am 10. September 2009 einen Darlehensvertrag &#252;ber 70.000 &#8364; ab. In dem Vertrag findet sich auf den ersten zwei Seiten unten rechts im Fettdruck die Angabe der Beklagten zu 2). Auf S. 4 des Vertrags wird unter "Stempel und Unterschrift Darlehensgeber" ebenfalls die Beklagte zu 2) angegeben. Sodann folgt ein Stempel mit der Firma der Beklagten zu 1). Auf S. 3 des Vertrags befindet sich unter der &#220;berschrift "Allgemeine Bedingungen f&#252;r Bausparvertr&#228;ge/Darlehensbedingungen/Schriftformerfordernis" unter anderem folgender Satz: "Die D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;AG/D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;P.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;AG kann diesen Darlehensvertrag im Namen und f&#252;r Rechnung der D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;AG unterzeichnen." Daneben schloss der Kl&#228;ger, ebenfalls gemeinsam mit seiner Ehefrau, am 10./11. September 2009 einen weiteren Darlehensvertrag &#252;ber 50.000 &#8364; mit der Beklagten zu 1) ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Beide Darlehensvertr&#228;ge enthielten eine - mit Ausnahme der Angaben zum Widerrufsadressaten - gleichlautende Widerrufsbelehrung, die folgende Angabe zum Fristlauf enthielt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"Der Lauf der Frist f&#252;r den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">- die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verf&#252;gung gestellt wurden. &#8230;"</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Die Darlehen wurden im Jahr 2014 vollst&#228;ndig getilgt. Mit Schreiben vom 11. August 2015 erkl&#228;rten der Kl&#228;ger und seine Ehefrau den Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensvertr&#228;ge gerichteten Willenserkl&#228;rungen. Auf den Darlehensvertrag &#252;ber 70.000 &#8364; hatten sie Zinsen in H&#246;he von insgesamt 16.588,95 &#8364;, eine Abschlussgeb&#252;hr von 700 &#8364; und eine Darlehensgeb&#252;hr von 342,69 &#8364; geleistet, insgesamt also 17.631,64 &#8364;. Auf den weiteren Darlehensvertrag &#252;ber 50.000 &#8364; hatten sie Zinsen in einer Gesamth&#246;he von 4.322,98 &#8364; und eine Zinsbegrenzungspr&#228;mie von 1.000 &#8364; gezahlt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die auf R&#252;ckzahlung dieser Betr&#228;ge gerichtete Klage haben der Kl&#228;ger und seine Ehefrau zun&#228;chst nur gegen die Beklagte zu 1) erhoben und sodann nach einem gerichtlichen Hinweis auf die Beklagte zu 2) erweitert, indem sie von der Beklagten zu 1) die Zahlung von 22.954,62 &#8364; und von der Beklagten zu 2) die Zahlung von 17.631,64 &#8364;, jeweils nebst Zinsen und - insoweit als Gesamtschuldner - au&#223;ergerichtlichen Anwaltskosten begehrt haben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil f&#252;r Anspr&#252;che aus dem Darlehensvertrag &#252;ber 70.000 &#8364; die Beklagte zu 1) nicht passivlegitimiert sei und im &#220;brigen keine R&#252;ckgew&#228;hranspr&#252;che der Kl&#228;ger best&#252;nden, weil die Widerrufsbelehrung ordnungsgem&#228;&#223; sei und die Widerrufserkl&#228;rungen daher verfristet seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Mit der dagegen nur noch vom Kl&#228;ger eingelegten Berufung, die er innerhalb der Berufungsfrist namentlich nur gegen die Beklagte zu 1) gerichtet hat, verlangt er von der Beklagten zu 1) die Zahlung von 5.322,98 &#8364; und von der Beklagten zu 2) die Zahlung von 17.631,64 &#8364;, jeweils an sich und seine Ehefrau sowie nebst Zinsen, ferner von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern die Zahlung von au&#223;ergerichtlichen Anwaltskosten. Das Berufungsgericht hat die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Berufung als unzul&#228;ssig verworfen und die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Berufung nach einem entsprechenden Hinweis nach &#167; 522 Abs. 2 ZPO zur&#252;ckgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begr&#252;ndet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Berufung sei unzul&#228;ssig, weil sie nicht binnen der Frist des &#167; 517 ZPO eingelegt worden sei. In der fristgerecht eingelegten Berufungsschrift sei lediglich die Beklagte zu 1) aufgef&#252;hrt gewesen. Aus der Berufungsschrift und den mit ihr eingereichten Unterlagen habe sich nicht ergeben, dass die Berufung auch gegen die Beklagte zu 2) gerichtet gewesen sei. Zwar seien an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die Bezeichnung des Rechtsmittelkl&#228;gers. Im Zweifel richte sich ein Rechtsmittel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Eine Ausnahme sei aber dann zu machen, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschr&#228;nkung der Anfechtung erkennen lasse. Dies sei hier der Fall. Streitgegenst&#228;ndlich seien die Widerrufserkl&#228;rungen zu zwei verschiedenen Vertragsverh&#228;ltnissen mit verschiedenen Vertragspartnern. Die Berufungsschrift habe nur die Beklagte zu 1) mit voller Anschrift genannt, ohne dass es sich erkennbar um eine abgek&#252;rzte Version des Passivrubrums gehandelt h&#228;tte. Eine Beschr&#228;nkung des Rechtsmittels sei in rechtlicher Hinsicht ohne weiteres m&#246;glich und denkbar gewesen. Aufgrund dessen sei bis zum Ablauf der Berufungsfrist von einer Beschr&#228;nkung der Berufung auf die Beklagte zu 1) auszugehen. Die Erweiterung der Berufung auf die Beklagte zu 2) sei verfristet erfolgt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Die Berufung sei allerdings auch insgesamt unbegr&#252;ndet. Das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kl&#228;ger und seiner Ehefrau habe im August 2015 ein Widerrufsrecht nicht mehr zugestanden, weil die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen ordnungsgem&#228;&#223; gewesen seien. Die Belehrung &#252;ber den Fristbeginn habe den Vorgaben des &#167; 355 BGB aF entsprochen. Der Begriff der "Vertragsurkunde" beinhalte auch die Vertragserkl&#228;rung des Verbrauchers und sei auch im &#220;brigen f&#252;r einen verst&#228;ndigen Verbraucher hinreichend deutlich. Dass nicht auch alternativ auf die Zurverf&#252;gungstellung des schriftlichen Vertragsantrags des Darlehensnehmers abgestellt werde, beg&#252;nstige den Verbraucher und sei deshalb unsch&#228;dlich. Auch die Formulierung "einen Tag, nachdem" sei sachlich zutreffend und entspreche &#167; 187 BGB. Schlie&#223;lich habe auch keine Verpflichtung bestanden, &#252;ber die Rechtsfolgen des Widerrufs zu belehren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Kl&#228;gers.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Die gem&#228;&#223; &#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. &#167; 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begr&#252;ndete Rechtsbeschwerde ist zul&#228;ssig. Sie ist jedoch unbegr&#252;ndet; die Sache ist zur Endentscheidung reif.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>1. Die Rechtsbeschwerde ist zul&#228;ssig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (&#167; 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Durch die Zur&#252;ckweisung seiner gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Berufung als unzul&#228;ssig ist der Kl&#228;ger in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gew&#228;hrung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt, weil er die Berufung form- und fristgerecht bei dem Berufungsgericht eingelegt und begr&#252;ndet hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>a) Nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 10; Beschl&#252;sse vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 9 und vom 24. September 2013 - II ZR 291/11, juris Rn. 8 mwN) geh&#246;rt zu dem notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach &#167; 519 Abs. 2 ZPO die Angabe, f&#252;r und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Rechtsmittelschrift muss entweder f&#252;r sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Rechtsmittelf&#252;hrer und wer Rechtsmittelgegner sein soll.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Dabei sind an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners weniger strenge Anforderungen zu stellen. Besteht der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift l&#228;sst eine Beschr&#228;nkung der Anfechtung erkennen (BGH, Beschl&#252;sse vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208 Rn. 5 und vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 11). Eine solche Beschr&#228;nkung kann sich daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige der auf der Gegenseite stehenden Streitgenossen angegeben werden (BGH, Urteil vom 29. Juni 1987 - II ZR 173/86, ZIP 1987, 1316, 1317; Beschluss vom 24. September 2013 - II ZR 291/11, juris Rn. 9 mwN). Dies ist jedoch nicht zwingend. So hat der Bundesgerichtshof eine unbeschr&#228;nkte Berufungseinlegung auch in F&#228;llen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde (vgl. BGH, Urteile vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81, NJW 1984, 58 f., vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832 und vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 12). Werden in der Rechtsmittelschrift nur einige der gegnerischen Streitgenossen als Rechtsmittelbeklagte bezeichnet, so l&#228;sst dies nicht stets und unabh&#228;ngig von den Umst&#228;nden des einzelnen Falles eine entsprechende Beschr&#228;nkung des Rechtsmittels erkennen (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 21. Juni 1983 aaO, vom 20. Januar 1988 - VIII ZR 296/86, NJW 1988, 1204, 1205, vom 8. November 2001 aaO, vom 11. Juli 2003 - V ZR 233/01, NJW 2003, 3203, 3204 und vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07, juris Rn. 6 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Da auch die Bezeichnung einer Partei als Teil einer Prozesshandlung auslegungsf&#228;hig ist, kommt es f&#252;r die Frage, ob eine Beschr&#228;nkung der Anfechtung gewollt ist, letztlich auf eine vollst&#228;ndige W&#252;rdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist an. Dabei k&#246;nnen sich aus einer beigef&#252;gten Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils oder aus sonstigen beigef&#252;gten Unterlagen entscheidende Hinweise auf den Umfang der Anfechtung ergeben. Besondere Bedeutung kommt der Frage zu, ob eine Beschr&#228;nkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffs ungew&#246;hnlich oder gar fernliegend erscheint (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 13 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>b) Bei Anwendung dieser Grunds&#228;tze hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, dass die rechtzeitig eingegangene Berufung nicht auch gegen die Beklagte zu 2) gerichtet war.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Zwar ist in der Berufungsschrift des Kl&#228;gers ausdr&#252;cklich nur die Beklagte zu 1) als Berufungsbeklagte aufgef&#252;hrt. Die Berufung ist aber ohne Einschr&#228;nkung gegen das "Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 09.05.2017 &#8230; zugestellt am 15.05.2017" eingelegt worden. Dem rechtzeitig eingegangenen Berufungsschriftsatz war au&#223;erdem eine beglaubigte Abschrift dieses Urteils beigef&#252;gt. Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass die Klage gegen beide Beklagte abgewiesen worden ist, der Kl&#228;ger seinen vermeintlichen R&#252;ckgew&#228;hranspruch aus dem Darlehen &#252;ber 70.000 &#8364; gegen beide Beklagte geltend gemacht hatte und bei den beiden streitgegenst&#228;ndlichen Darlehensvertr&#228;gen die Ordnungsgem&#228;&#223;heit einer inhaltsgleichen Widerrufsbelehrung im Streit stand. Da der Kl&#228;ger gegen dieses Urteil ohne Einschr&#228;nkungen Berufung eingelegt und die Antr&#228;ge sowie die Begr&#252;ndung einem weiteren Schriftsatz vorbehalten hatte, musste das Berufungsgericht von einer zul&#228;ssigen Berufung auch gegen die Beklagte zu 2) ausgehen. Daf&#252;r spricht schon der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellte Grundsatz, wonach sich die Berufung im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung richtet, wenn der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht. Hinzu kommt, dass in Anbetracht der - bis auf die Frage der Passivlegitimation bei einem Darlehen - identischen Streitfragen zur Ordnungsgem&#228;&#223;heit der beiden Widerrufsbelehrungen eine Beschr&#228;nkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner ungew&#246;hnlich oder gar fernliegend erscheinen musste.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>2. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 577 Abs. 3 ZPO), weil die Berufung des Kl&#228;gers unbegr&#252;ndet ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>a) Das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelf&#252;hrers steht einer Sachentscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts auch zu seinen Ungunsten in F&#228;llen wie dem vorliegenden nicht entgegen. Im Fall der Zur&#252;ckverweisung w&#228;re das Berufungsgericht zur Zur&#252;ckweisung der Berufung als unbegr&#252;ndet in der Lage. Die Prozess&#246;konomie erfordert, dass bereits das Rechtsbeschwerdegericht selbst eine solche Sachentscheidung treffen kann, vorausgesetzt, das Rechtsmittel kann aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Erfolg haben und die Sache ist in diesem Sinne zur Endentscheidung reif. In diesem Falle beruht die Beschwerdeentscheidung nicht auf der in der Beurteilung des Rechtsmittels als unzul&#228;ssig liegenden Gesetzesverletzung (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juli 2017 - IX ZB 73/16, WM 2017, 1614 Rn. 21; f&#252;r das Revisionsverfahren BGH, Urteile vom 25. November 1966 - V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 283 f. und vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15, NJW 2015, 3713 Rn. 14 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das Berufungsgericht hat - wenngleich f&#252;r das Prozessrechtsverh&#228;ltnis des Kl&#228;gers zur Beklagten zu 2) nur als Hilfserw&#228;gung - angenommen, dass die Widerrufsbelehrung rechtlich nicht zu beanstanden ist und deshalb die Widerrufserkl&#228;rungen des Kl&#228;gers und seiner Ehefrau verfristet waren. Weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen in der Sache bedarf es nicht; anderes wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Es ist lediglich dar&#252;ber zu entscheiden, ob die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zutreffend ist. Dies ist der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten zu 2) den gesetzlichen Anforderungen des &#167; 355 BGB in der hier nach Art. 229 &#167; 22 Abs. 2, &#167;&#167; 32, 38 Abs. 1 EGBGB ma&#223;geblichen, zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) entsprochen hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Die von dem Kl&#228;ger beanstandete Formulierung "einen Tag, nachdem" hat der Senat bereits mehrfach gebilligt (vgl. nur Senatsurteile vom 24. Januar 2017 - XI ZR 183/15, WM 2017, 766 Rn. 22, 26 und vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15, WM 2017, 906 Rn. 47; Senatsbeschluss vom 26. Juni 2018 - XI ZR 141/17, juris Rn. 13). Sie erweckt insbesondere nicht den Eindruck, die nach &#167; 187 Abs. 1 BGB zu berechnende Widerrufsfrist beginne einen weiteren Tag sp&#228;ter. Der Begriff "Vertragsurkunde", den auch der Gesetzgeber in &#167; 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF verwendet hat, ist f&#252;r sich nicht undeutlich. &#167; 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF bezeichnet mit dem Begriff "Vertragsurkunde" das von beiden Vertragsparteien unterzeichnete schriftliche Original des Vertrags. Entsprechend kann der Begriff "Vertragsurkunde" objektiv auch nicht anders und insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, er meine in einem bestimmten Kontext den schriftlichen Vertragsantrag des Darlehensgebers (Senatsurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 14). Soweit die Belehrung f&#252;r den Fristbeginn entgegen dem Wortlaut des &#167; 355 Abs. 2 Satz 3 BGB aF nicht auch auf die Zurverf&#252;gungstellung des schriftlichen Vertragsantrags des Darlehensnehmers abstellt, handelt es sich dabei allenfalls um ein den Verbraucher beg&#252;nstigendes und damit unsch&#228;dliches Hinausschieben der Widerrufsfrist (vgl. dazu Senatsurteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 17 und vom 26. Mai 2009 - XI ZR 242/08, juris Rn. 16). Angaben zu den Widerrufsfolgen waren hier nach &#167; 355 Abs. 2 BGB aF entbehrlich (vgl. Senatsurteil vom 28. November 2017 - XI ZR 432/16, WM 2018, 50 Rn. 9).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Ellenberger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Gr&#252;neberg&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Maihold</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Menges&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Derstadt&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
161,503
vg-munchen-2018-12-18-m-8-m-185440
{ "id": 289, "name": "Verwaltungsgericht München", "slug": "vg-munchen", "city": 158, "state": 4, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
M 8 M 18.5440
2018-12-18T00:00:00
2019-01-16T07:00:52
2019-01-17T12:06:29
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <div> <p>Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p>I.</p> <p><rd nr="1"/>Mit ihrer Erinnerung begehrt die Erinnerungsf&#252;hrerin die &#196;nderung der Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018.</p> <p><rd nr="2"/>Im Verfahren M 8 K 17.4072 begehrte die Erinnerungsf&#252;hrerin als Kl&#228;gerin die teilweise Aufhebung des Geb&#252;hrenbescheids der dortigen Beklagten vom 26. Juli 2017, soweit eine Verwaltungsgeb&#252;hr in H&#246;he von mehr als 799,50 &#8364; festgesetzt worden sei.</p> <p><rd nr="3"/>Mit Kostenrechnung vom 4. September 2017 wurde die Erinnerungsf&#252;hrerin aufgefordert, Geb&#252;hren in H&#246;he von 159 &#8364; gem&#228;&#223; KV 5110 Verfahrensgeb&#252;hr I. Instanz 3-facher Satz aus einem Streitwert von 799,50 &#8364; zu entrichten.</p> <p><rd nr="4"/>Die Verwaltungsstreitsache wurde am 8. Oktober 2018 m&#252;ndlich verhandelt. Das Gericht wies darauf hin, dass es sich vorliegend um einen besonderen Einzelfall handele. Es werde daher eine vergleichsweise Einigung dahingehend vorgeschlagen, dass von den nur noch streitgegenst&#228;ndlichen Baugenehmigungsgeb&#252;hren in H&#246;he von 799,50 &#8364; die Kl&#228;gerin 399,75 &#8364; zahle und die Beklagte auf die Zahlung der verbleibenden 399,75 &#8364; verzichte. Die Beteiligten erkl&#228;rten sich hiermit einverstanden, wobei klargestellt wurde, dass die Vorgehensweise keinerlei Aussagekraft f&#252;r zuk&#252;nftige Baugenehmigungsgeb&#252;hren habe. Daraufhin wurde das Verfahren nach &#252;bereinstimmender Erledigungserkl&#228;rung eingestellt und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Der Streitwert wurde auf 799,50 &#8364; festgesetzt.</p> <p><rd nr="5"/>Mit Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018 stellte die Kostenbeamtin fest, dass von den anfallenden Geb&#252;hren ein Anteil von &#189;, also 79,50 &#8364;, gem&#228;&#223; KV 5110 Verfahrensgeb&#252;hr I. Instanz 3-facher Satz aus einem Streitwert von 799,50 &#8364; auf die Erinnerungsf&#252;hrerin entfielen. Davon seien bereits 159,00 &#8364; entrichtet, sodass 79,50 &#8364; zur&#252;ckerstattet w&#252;rden.</p> <p><rd nr="6"/>Gem&#228;&#223; Kostenrechnung der Beklagten im Verfahren M 8 K 17.4072 vom 23. Oktober 2018 wurde der Gesamtbetrag von 1.620,90 &#8364; (Kostenrechnung vom 3.5.2016) um 399,75 &#8364; auf 1.221,15 &#8364; reduziert. Als Grund wurde angegeben: &#8222;Vergleich vor dem Verwaltungsgericht M&#252;nchen&#8220;.</p> <p><rd nr="7"/>Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2018, beim Verwaltungsgericht M&#252;nchen am 29. Oktober 2018 eingegangen, legte der Bevollm&#228;chtigte der Erinnerungsf&#252;hrerin Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018 ein.</p> <p><rd nr="8"/>Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte er aus, dass sich die Parteien im Verfahren M 8 K 17.4072 verglichen h&#228;tten und sich deshalb die Gerichtsgeb&#252;hren auf eine Geb&#252;hr in H&#246;he von EUR 53,- reduzierten. Er verwies auf den Inhalt des Protokolls.</p> <p><rd nr="9"/>Er beantragte diesbez&#252;glich die Einholung einer dienstlichen Erkl&#228;rung der Vorsitzenden.</p> <p><rd nr="10"/>Die Tatsache, dass sich die Parteien verglichen h&#228;tten, ergebe sich auch aus der ge&#228;nderten Kostenrechnung der Beklagten vom 23. Oktober 2018.</p> <p><rd nr="11"/>Letztlich beantragte er, den Gerichtskostenausgleich vorzunehmen.</p> <p><rd nr="12"/>Nach Rechtsauffassung der Erinnerungsf&#252;hrerin sei lediglich eine Gerichtsgeb&#252;hr in H&#246;he von EUR 53,- angefallen, so dass zugunsten der Kl&#228;gerin EUR 26,50 festzusetzen seien.</p> <p><rd nr="13"/>Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab, da ein Erm&#228;&#223;igungstatbestand hinsichtlich der Verfahrensgeb&#252;hr wie in KV-Nr. 5111 aufgef&#252;hrt (Anlage 1&#160;zum GKG) der Niederschrift vom 8. Oktober 2018 nicht zu entnehmen sei, und legte dem Gericht die Akten zur Entscheidung vor.</p> <p><rd nr="14"/>Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur (weiteren) Stellungnahme einger&#228;umt.</p> <p><rd nr="15"/>Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 8 K 17.4072 Bezug genommen.</p> <p>II.</p> <p><rd nr="16"/>&#220;ber die Erinnerung hat vorliegend die Kammer und nicht der Berichterstatter zu entscheiden, da das vorbereitende Verfahren im Sinne des <verweis.norm>&#167; 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 <v.abk ersatz="Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO">Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO</v.abk></verweis.norm>) abgeschlossen ist (vgl. BVerwG, B.v. 29.12.2004 - 9 KSt 6/04 - juris Rn. 3).</p> <p><rd nr="17"/>Die Entscheidung ergeht nach vorheriger Anh&#246;rung der Beteiligten und ohne m&#252;ndliche Verhandlung (vgl. Zimmermann in Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, <verweis.norm>&#167; 66 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> Rn. 39).</p> <p><rd nr="18"/>Die zul&#228;ssige Erinnerung ist unbegr&#252;ndet.</p> <p><rd nr="19"/>1. Die Erinnerung ist zul&#228;ssig.</p> <p><rd nr="20"/>Die Erinnerungsf&#252;hrerin hat gegen die Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018 Erinnerung eingelegt und beantragt, den Gerichtskostenausgleich vorzunehmen. Dies ist als Erinnerung gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 66 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="Gerichtskostengesetz (GKG">Gerichtskostengesetz (GKG</v.abk></verweis.norm>) gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung auszulegen (vgl. <verweis.norm>&#167;&#167; 86 Abs. 3, 88 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm>; vgl. Zimmermann in Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, a.a.O., <verweis.norm>&#167; 66 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> Rn. 3).</p> <p><rd nr="21"/>Die Erinnerung ist weder frist- noch wertgebunden (vgl. Zimmermann in Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, a.a.O., <verweis.norm>&#167; 66 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> Rn. 26 und 28). Die erforderliche Beschwer (vgl. Zimmermann in Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, a.a.O., <verweis.norm>&#167; 66 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> Rn. 29) ist darin zu sehen, dass die Erinnerungsf&#252;hrerin eine h&#246;here Erstattung begehrt; der zu hohe Kostenansatz sei f&#252;r sie nachteilig.</p> <p><rd nr="22"/>2. Die Erinnerung ist jedoch unbegr&#252;ndet.</p> <p><rd nr="23"/>Mit der Erinnerung gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 66 Abs. 1 Satz 1 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> kann die Verletzung des Kostenrechts, also die Entstehung und H&#246;he von Geb&#252;hren und Auslagen nach Anlage 1&#160;des GKG angegriffen werden (vgl. Zimmermann in Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, a.a.O., <verweis.norm>&#167; 66 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> Rn. 12). Der Kostenansatz durch die Kostenbeamtin ist jedoch nicht zu beanstanden.</p> <p><rd nr="24"/>2.1 Gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 1 Abs. 2 Nr. 1 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Kosten erhoben. Die H&#246;he der Geb&#252;hren richtet sich nach dem Streitwert (vgl. <verweis.norm>&#167; 3 Abs. 1 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm>); nach <verweis.norm>&#167; 3 Abs. 2 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> werden die Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1&#160;zu <verweis.norm>&#167; 3 Abs. 2 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> erhoben. Die Geb&#252;hren werden gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 6 Abs. 2 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm>, soweit die Geb&#252;hr eine Entscheidung oder sonstige gerichtliche Handlung voraussetzt, mit dieser f&#228;llig. Die Kosten werden mit dem Kostenansatz in der Kostenrechnung der Kostenbeamtin (vgl. <verweis.norm>&#167; 2 Abs. 1, &#167; 4 Abs. 1 und &#167; 24 der <v.abk ersatz="Kostenverf&#252;gung vom 6">Kostenverf&#252;gung vom 6</v.abk></verweis.norm>.3.2014) gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 19 Abs. 1 Nr. 1 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm> geltend gemacht.</p> <p><rd nr="25"/>Gem&#228;&#223; Kostenverzeichnis-Nr. 5110 der Anlage 1 des GKG ist f&#252;r Verfahren im Allgemeinen in Prozessverfahren des ersten Rechtszugs vor den Verwaltungsgerichten ein Satz der Geb&#252;hr nach &#167; 34 GKG von 3,0 anzusetzen. Bei Beendigung des gesamten Verfahrens durch gerichtlichen Vergleich oder Erledigungserkl&#228;rung nach &#167; 161 Abs. 1 VwGO, wenn keine Entscheidung &#252;ber die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten &#252;ber die Kostentragung oder der Kosten&#252;bernahmeerkl&#228;rung eines Beteiligten folgt, erm&#228;&#223;igt sich die Geb&#252;hr 5110 auf 1,0, wenn nicht bereits ein anderes Urteil als ein Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil oder ein Gerichtsbescheid vorausgegangen ist, Kostenverzeichnis-Nr. 5111 Nr. 3 und 4 der Anlage 1&#160;des GKG.</p> <p><rd nr="26"/>Kostenverzeichnis-Nr. 5111 Nr. 3 der Anlage 1&#160;des GKG erfasst dabei nur den gerichtlichen Vergleich gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 106 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> (vgl. Z&#252;nkler in BeckOK KostR, 23. Edition, Stand: 1.9.2018, GKG KV 5111 Rn. 6).</p> <p><rd nr="27"/>2.2 Vorliegend haben die Beteiligten im Verfahren M 8 K 17.4072 keinen gerichtlichen Vergleich im Sinne des <verweis.norm>&#167; 106 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> geschlossen.</p> <p><rd nr="28"/>Hiernach k&#246;nnen die Beteiligten, um den Rechtsstreit vollst&#228;ndig oder zum Teil zu erledigen, zu Protokoll des Gerichts oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schlie&#223;en, soweit sie &#252;ber den Gegenstand des Vergleichs verf&#252;gen k&#246;nnen. Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Beteiligten einen in der Form eines Beschlusses ergangenen Vorschlag des Gerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters schriftlich gegen&#252;ber dem Gericht annehmen.</p> <p><rd nr="29"/>Ein Vergleich setzt dabei immer eine Einigung in Form gegenseitigen Nachgebens voraus (vgl. Sch&#252;bel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, &#167; 106 Rn. 8). Gibt eine Partei - in der Regel der Beklagte - lediglich eine bestimmte Absichtserkl&#228;rung zu Protokoll, insbesondere die Verpflichtung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, und wird die andere Partei damit zufriedengestellt, liegt kein Vergleich vor, weil es an einer Gegenleistung fehlt, also kein gegenseitiges Nachgeben vorliegt. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine Erledigung des Rechtsstreits auf sonstige Weise; die prozessuale Beendigung muss durch Abgabe gesonderter Erkl&#228;rungen herbeigef&#252;hrt werden (vgl. Sch&#252;bel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, &#167; 106 Rn. 2).</p> <p><rd nr="30"/>Ausweislich des Protokolls der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2018 hat das Gericht im Rahmen der Er&#246;rterung der Sach- und Rechtslage lediglich eine &#8222;vergleichsweise Einigung&#8220; vorgeschlagen. Damit sollte kein Vergleichsvorschlag gem&#228;&#223; <verweis.norm>&#167; 106 Satz 2 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> unterbreitet werden, weshalb das Gericht entsprechend des Protokolls seine Ausf&#252;hrungen auch nicht vorlesen und genehmigen lie&#223; (vgl. <verweis.norm>&#167; 162 Abs. 1 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>), was jedoch zur Wirksamkeit jedenfalls eines Prozessvergleichs erforderlich gewesen w&#228;re (vgl. <verweis.norm>&#167; 160 Abs. 3 Nr. 1 <v.abk ersatz="ZPO">ZPO</v.abk></verweis.norm>; Br&#252;ning in BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand: 1.4.2017, &#167; 106 Rn. 7f. m.w.N.).</p> <p><rd nr="31"/>Zudem liegt kein gegenseitiges Nachgeben vor. Die Erinnerungsf&#252;hrerin hat auf die Erkl&#228;rung der Beklagten hin, sie werde auf die Erhebung von Kosten in H&#246;he von 399,75 &#8364; verzichten, lediglich mitgeteilt, dass bekannt sei, dass das Verfahren keine Auswirkungen auf zuk&#252;nftige Kostenerhebungen durch die Beklagte habe. Eine Gegenleistung ist in dieser Kenntnisnahme der Rechtslage nicht zu sehen.</p> <p><rd nr="32"/>Vor diesem Hintergrund ist nicht ma&#223;geblich und erst recht nicht f&#252;r das Gericht bindend, welche Begrifflichkeiten die Beklagte in ihren Bescheiden bzw. Kostenrechnungen verwendet.</p> <p><rd nr="33"/>2.3 Zwar liegen &#252;bereinstimmende Erledigungserkl&#228;rungen der Beteiligten im Sinne des <verweis.norm>&#167; 161 Abs. 2 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm> vor, unter Ziffer II. des Beschluss vom 8. Oktober 2018 erging jedoch eine Kostenentscheidung und diese folgte auch keiner Einigung der Beteiligten oder einer Kosten&#252;bernahmeerkl&#228;rung eines Beteiligten. Somit sind die Voraussetzung einer Kostenreduzierung gem&#228;&#223; Kostenverzeichnis-Nr. 5111 Nr. 4 der Anlage 1&#160;des GKG nicht einschl&#228;gig.</p> <p><rd nr="34"/>2.4 Folglich bleibt es beim Ansatz der dreifachen Geb&#252;hr gem&#228;&#223; Kostenverzeichnis-Nr. 5110 der Anlage 1 des GKG. Diese betr&#228;gt - wie von der Kostenbeamtin angesetzt - 159 &#8364; (3 x 53 &#8364;, der Geb&#252;hr aus einem Streitwert von 799,50 &#8364;, vgl. Anlage 2&#160;zum GKG).</p> <p><rd nr="35"/>Der Kostenansatz ist auch im &#220;brigen rechnerisch richtig. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur H&#228;lfte zur Last, <verweis.norm>&#167; 155 Abs. 1 Satz 2 <v.abk ersatz="VwGO">VwGO</v.abk></verweis.norm>. Von den bereits gezahlten 159 &#8364; erh&#228;lt die Kl&#228;gerin also die H&#228;lfte (79,50 &#8364;) zur&#252;ckerstattet, wie es in der Kostenrechnung vom 11. Oktober 2018 zutreffend ausgef&#252;hrt ist.</p> <p><rd nr="36"/>2.5 Die Einholung einer dienstlichen Erkl&#228;rung der Vorsitzenden ist weder von Gesetzes wegen vorgesehen noch erforderlich. Die zur Entscheidung erforderlichen Feststellungen ergeben sich aus der Sitzungsniederschrift und dem Akteninhalt.</p> <p><rd nr="37"/>3. Eine Verletzung des Kostenrechts ist aus oben genannten Gr&#252;nden nicht gegeben. Die Kostenerinnerung war damit zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="38"/>Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, &#167; 151 Rn. 6), weil das Verfahren geb&#252;hrenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (<verweis.norm>&#167; 66 Abs. 8 <v.abk ersatz="GKG">GKG</v.abk></verweis.norm>).</p> </div>
161,471
lg-koln-2018-12-18-5-o-28618
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5 O 286/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-16T07:00:27
2019-01-17T12:06:27
Urteil
ECLI:DE:LGK:2018:1218.5O286.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Klage wird abgewiesen.</p> <p>Die Kl&#228;gerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p> <p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin bietet Serviceleistungen f&#252;r Bestattungsunternehmen f&#252;r internationale &#220;berf&#252;hrungen von Verstorbenen und damit zusammenh&#228;ngende Transportleistungen an.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund des Vorwurfs einer von der internistischen Intensivstation der Beklagten zu 1) in Bezug auf die Infektionsgefahr erstellten unzutreffenden Todesbescheinigung (Anl. K1, K2) und einer von dem Institut f&#252;r Pathologie der Beklagten&#160; zu 1) erstellten unrichtigen Unbedenklichkeitsbescheinigung (Anl. K4) &#252;ber den Leichnam des im Hause der Beklagten zu 1) verstorbenen Patienten L.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der amerikanische Staatsb&#252;rger L, geboren 15.09.1969 wurde auf seiner Flugreise von Togo (Westafrika) &#252;ber Deutschland in die USA am 26.2.2016 in die internistische Intensivstation 4B der Klinik I f&#252;r Innere Medizin der Beklagten mit der Verdachtsdiagnose einer schwer verlaufenden Malaria-Erkrankung eingewiesen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Patient verstarb am 26.2.2016 in der Klinik der Beklagten zu 1). Noch vor dem Eintritt des Todes beauftragte die Beklagte zu 1) das Hamburger Institut f&#252;r Tropenkrankheiten mit der Abkl&#228;rung der differenzialdiagnostischen Krankheitsursache.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auf der im Hause der Beklagten zu 1) ausgestellten Todesbescheinigung vom 26.02.2016 wurde unter <em>&#8222;Ziffer 4. Warnhinweise&#8220;</em> (Z. 15) die Frage, ob Hinweise f&#252;r eine &#252;bertragbare Krankheit nach &#167; 6 oder &#167; 7 des Infektionsschutzgesetzes vorl&#228;ge, mit <em>&#8222;ja&#8220;</em> angekreuzt. Die Frage, ob besondere Verhaltensma&#223;nahmen bei der Aufbewahrung, Bef&#246;rderung oder Bestattung zu beachten seien, wurde mit <em>&#8222;Nein&#8220;</em> beantwortet. Auf einer vom Institut f&#252;r Pathologie der Beklagten ausgestellten Bescheinigung vom 29.2.2016 (Anl. K4) wurde bescheinigt, dass bei dem Verstorbenen nach erfolgter innerer Leichenschau (Obduktion) kein Infektionsrisiko bestehe.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Ehefrau des Verstorbenen beauftragte in der Folgezeit die Firma Bestattungen T GmbH, die den Leichnam von der Uniklinik&#160; zur Rechtsmedizin der Beklagten zu 1) f&#252;r die Durchf&#252;hrung der zweiten Leichenschau zwecks Ausstellung des Leichenpasses f&#252;r internationale Leichenbef&#246;rderung und sodann in den Klimaraum des st&#228;dtischen Friedhofs K&#246;ln-G &#252;berf&#252;hrte.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Firma Bestattungen T GmbH beauftragte wiederum die Kl&#228;gerin mit der &#220;berf&#252;hrung des Verstorbenen von Deutschland nach Togo. Am 02.03.2016 &#252;bernahm eine Mitarbeiterin der Kl&#228;gerin den Verstorbenen im Beisein von zwei Mitarbeitern des beauftragten Bestattungsinstituts und &#252;berf&#252;hrte den Leichnam in den Behandlungsraum der Kl&#228;gerin in B, wo er bis zum 09.03.2016 zur Vorbereitung f&#252;r die Flug&#252;berf&#252;hrung und die notwendigen thanatopraktischen Behandlungen aufbewahrt wurde. Am Abend des 9. M&#228;rz um 22:00 Uhr erhielt die Kl&#228;gerin vom Gesundheitsamt D&#252;sseldorf die Mitteilung, dass die Ursache des Todes des Verstorbenen das Lassa-Fieber sei, nachdem das von der Beklagten zu 1) beauftragte Hamburger Institut f&#252;r die Feststellung der Todesursache die erforderlichen Untersuchungen durchgef&#252;hrt hatte. Der Verstorbene wurde sodann unter Einhaltung der entsprechenden Schutzma&#223;nahmen von einer Spezialeinheit des Arbeiter Samariterbundes in dem vorsorglich hermetisch abgeschlossenen Container der Kl&#228;gerin geborgen und auf Anordnung des zust&#228;ndigen Gesundheitsamts im n&#228;chst gelegenen Krematorium einge&#228;schert. Die sterblichen &#220;berreste wurden sodann nach Togo &#252;berf&#252;hrt und dort bestattet.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist der Ansicht, dass die Beklagte zu 1) die Todesbescheinigung und Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht habe ausstellen d&#252;rfen, solange die Ergebnisse des Instituts f&#252;r Tropenmedizin nicht vorlagen. Jedenfalls h&#228;tte die Beklagte zu 1) den Leichnam als ansteckungsverd&#228;chtigen Leichnam behandeln m&#252;ssen, der dann entsprechend dem speziellen Leitfaden f&#252;r die gerichtliche Leichen&#246;ffnung der deutschen Akkreditierungsstelle h&#228;tte anders gelagert bzw. transportiert werden m&#252;ssen. Auch h&#228;tten die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) die Verdachtsdiagnose Lassa-Fieber schon vor Bekanntgabe der Ergebnisse des Instituts stellen m&#252;ssen. Eine rechtzeitige differentialdiagnostische Abkl&#228;rung der Krankheitsursache durch die Beklage zu 1) sei unterblieben.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;gerin sei durch das Verhalten der Beklagten zu 1) ein erheblicher Schaden entstanden. Nach der zwischenzeitlich erfolgten Teilklager&#252;cknahme behauptet die Kl&#228;gerin noch folgende Schadenspositionen:</p> <span class="absatzRechts">11</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Kosten im Zusammenhang mit der Vorhaltung, Unterhaltung und Reinigung eines Spezialcontainers in H&#246;he von insgesamt 5.192,70&#160;EUR (Bl. 88 bis 91 d.A., Bl. 176 bis 178 d.A., Bl. 182 und 183 d.A.);</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">13</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Kosten im Zusammenhang mit dem Ausfall eines Bestattungskraftwagens in H&#246;he von insgesamt 4.564,58&#160;EUR (Bl. 91 bis 93 d.A., Bl. 178 und 179 d.A, Bl. 183 d.A.);</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">15</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">sowie Kosten f&#252;r den Ausfall einer in Quarant&#228;ne genommenen Mitarbeiterin der Kl&#228;gerin in H&#246;he von insgesamt 735,00&#160;EUR (Bl. 93 und 94 d.A., Bl. 179 und 180 d.A.).</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Schadensberechnung im Einzelnen wird auf die zitierten schrifts&#228;tzlichen Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin Bezug genommen. Die Kl&#228;gerin behauptet, dass ihr&#160; diese Kosten nicht entstanden w&#228;ren, wenn sich die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nicht pflichtwidrig verhalten h&#228;tten. Der Verstorbene w&#228;re dann nicht in K&#246;ln abgeholt, nach B &#252;berf&#252;hrt und f&#252;r die Verbringung von Frankfurt am Main nach Togo behandelt worden.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist der Ansicht, dass sich eine Haftung der Beklagten zu 1) unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter ergebe. Die Todesbescheinigung vom 26.02.2016 sei eine von der Ehefrau des Verstorbenen bei der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebene Leistung. Bereits diese Abrede sei als Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter, mithin der Kl&#228;gerin, zu w&#252;rdigen. Dies gelte sinngem&#228;&#223; auch f&#252;r die Bescheinigung des Instituts f&#252;r Pathologie der Beklagten zu 1) vom 19.02.2016, welche die totenf&#252;rsorgeberechtigte Ehefrau f&#252;r die Durchf&#252;hrung der internationalen Leichenbef&#246;rderung von Deutschland nach Togo ben&#246;tigte. Auch die Abrede zwischen der Ehefrau des Verstorbenen und der Beklagten zu 1) zum Zwecke der Erstellung der Bescheinigung stelle einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter dar, aus dem die Kl&#228;gerin ihre Schadensersatzanspr&#252;che wegen schuldhafter vertraglicher Pflichtverletzung gegen die Beklagte zu 1) herleiten k&#246;nne.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dar&#252;ber hinaus hafte die Beklagte zu 1) wegen der von ihr begangenen Verst&#246;&#223;e gegen das Infektionsschutzgesetz und das Bestattungsgesetz NRW auch aus diesen Vorschriften in Verbindung mit &#167;&#160;823&#160;Abs.&#160;2&#160;BGB. Es handle sich bei den einschl&#228;gigen Normen des Infektionsschutzgesetzes und des Bestattungsgesetzes um Schutzgesetze i.S.v. &#167;&#160;823&#160;Abs.&#160;2&#160;BGB.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Haftung des beklagten Landes ergebe sich aufgrund der von der Beklagten zu 1) begangenen Pflichtverletzungen sowohl aus &#167;&#160;39&#160;OBG&#160;NRW als auch aus &#167;&#160;839&#160;BGB.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin hat zun&#228;chst beantragt,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">1.) die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Kl&#228;gerin 26.591,24&#160;EUR nebst Zinsen in H&#246;he von 5&#160;Prozentpunkten &#252;ber dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2016 zu zahlen;</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2.) die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Kl&#228;gerin 1.141,90&#160;EUR nebst Zinsen in H&#246;he von 5&#160;Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit Rechtsh&#228;ngigkeit zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 24.07.2018 (Bl. 83 d.A.) hat die Kl&#228;gerin die Klage auf das beklagte Land erweitert und der H&#246;he nach teilweise zur&#252;ckgenommen. Sie beantragt nunmehr,</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1.) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kl&#228;gerin 10.493,17&#160;EUR nebst Zinsen hieraus in H&#246;he von 5&#160;Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz zu Lasten des Beklagten zu 1) seit dem 26.10.2016 und zu Lasten der Beklagten zu 2) seit Rechtsh&#228;ngigkeit zu zahlen;</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">2.) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kl&#228;gerin 865,00&#160;EUR nebst Zinsen in H&#246;he von 5&#160;Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz zu Lasten des Beklagten zu 1) seit Rechtsh&#228;ngigkeit der Klageschrift vom 05.09.2017 und zu Lasten der Beklagten zu 2) seit Zustellung dieser Klageerweiterung.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen und der Kl&#228;gerin die Kosten der Teilklager&#252;cknahme aufzuerlegen.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) behauptete, dass Togo nicht zum Endemiegebiet geh&#246;re, in dem der das Lassa-Fieber verursachende Virus auftrete. Aus Togo sei kein einziger Fall des Lassa-Fiebers bekannt.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, dass sich die Ausstellung der Todesbescheinigung und die pathologische &#8222;Unbedenklichkeitsbescheinigung&#8220; deshalb jeglicher Kritik entziehe. Eine Stellungnahme zu den medizinischen und behandlungstechnischen Behauptungen der Kl&#228;gerin sei der Beklagten zu 1) aufgrund der fehlenden Entbindung von der &#228;rztlichen Schweigepflicht nicht m&#246;glich.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land ist der Ansicht, dass ein Schadensersatzanspruch aus &#167;&#160;39&#160;OBG&#160;NRW ausscheide, da die Beklagte zu 1) nicht als Ordnungsbeh&#246;rde im Sinne dieser Vorschrift gehandelt habe. Ein Amtshaftungsanspruch gegen das beklagte Land komme ebenfalls nicht in Betracht, da das Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) ordnungsgem&#228;&#223; gewesen sei. Zumindest h&#228;tten diese nicht schuldhaft gehandelt. Dar&#252;ber hinaus fehle es an der Drittgerichtetheit der angeblich verletzten Amtspflichten.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgr&#252;nde:</strong></p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Klage ist unbegr&#252;ndet. Der Kl&#228;gerin stehen die gegen die Beklagten geltend gemachten Anspr&#252;che unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><strong>1.)</strong> Die Klage gegen die Beklagte zu 1) scheitert bereits an deren fehlender Passivlegitimation.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><strong>1.1)</strong> Die Beklagte zu 1) wurde im Rahmen der Ausstellung der Todesbescheinigung NRW (siehe Anlagen K 1,2) nach &#167;&#167; 9, 13 Bestattungsgesetz NRW in Aus&#252;bung eines &#246;ffentlichen Amtes t&#228;tig, so dass bei einer Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nur Anspr&#252;che aus &#167; 839 BGB i.V.m. Art.&#160;34&#160;GG gegen das Bundesland in Betracht k&#228;men, das dem Arzt bzw. der Einrichtung der Beklagten zu 1) die amtliche Anerkennung erteilt hat (so entschieden f&#252;r den T&#220;V, der im Rahmen der Zulassungsvorschriften t&#228;tig wird:&#160; BGH NJW 1993, 1784; OLG Hamm BeckRS 2010, 02015, OLG Hamm, NVwZ-RR 2007,315).</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">&#196;hnlich einem Durchgangsarzt, dessen zu treffende Entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, als hoheitlich im Sinne von &#167;&#160;839 BGB i.V.m. Art.&#160;34&#160;GG zu qualifizieren ist (BGH NJW 2017, 1745), stellen auch die in der Todesbescheinigung zu dokumentierenden Angaben &#252;ber Feststellungen des Todes, Todesart und Warnhinweise auf der Todesbescheinigung, im Nichtvertraulichen Teil (Anlage K 1) und im Vertraulichen Teil (Anlage K 2) hoheitliches Handeln dar.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Entsprechend handelt es sich bei den im Hause der Beklagten zu 1) ausgef&#252;llten Formularen auch um vorgefertigte Todesbescheinigungen der unteren Gesundheitsbeh&#246;rde, die gem&#228;&#223; &#167;&#160;6 des Gesetzes &#252;ber den &#246;ffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (&#214;GDG NRW), unter anderem auch an der Gesundheitsf&#246;rderung, der Pr&#228;vention und dem Gesundheitsschutz mitwirkt. Auch bei einer geplanten Bef&#246;rderung der Leiche &#252;ber die Grenze der Bundesrepublik Deutschland hinaus sind gem&#228;&#223; &#167;&#160;17 Abs. 1 und 2 Bestattungsgesetz NRW die Bestattungsunterlagen (&#167;&#160;13 Abs.&#160;1 Bestattungsgesetz NRW) auszustellen und eine weitere &#228;rztliche Leichenschau vorzunehmen und entsprechend zu bescheinigen (&#167;&#160;15 Abs.&#160;1 Bestattungsgesetz NRW). Insoweit ist die Beklagte zu 1) hier nicht im Auftrag der Ehefrau des Verstorbenen, sondern in &#246;ffentlichem Auftrag t&#228;tig gewesen. Gleiches gilt auch im Hinblick auf die durchgef&#252;hrte Obduktion (innere Leichenschau) und deren aufgef&#252;hrtes Ergebnis in der von dem Institut f&#252;r Pathologie der Beklagten zu 1) ausgef&#252;hrten Bescheinigung.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nach dem geltenden Erlass &#252;ber die Todesbescheinigung des Ministeriums f&#252;r Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie vom 25.7.2003 ist die Todesbescheinigung (f&#252;r den nicht vertraulichen Teil &#252;ber das Standesamt) zur Weiterleitung an die untere Gesundheitsbeh&#246;rde bestimmt.&#160; Auch die vorgenommenen Untersuchungen zur Diagnosestellung im Rahmen der Obduktion oder ein ggfs. vers&#228;umtes Abwarten der Ergebnisse des Tropeninstituts Hamburg sind demnach als &#246;ffentlich &#8211;rechtliches Handeln einzuordnen.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><strong>1.2)</strong> Die Erf&#252;llung dieser &#246;ffentlich-rechtlichen Aufgaben schlie&#223;t die gleichzeitige Begr&#252;ndung eines zivilrechtlichen Vertrags, noch dazu mit Schutzwirkung f&#252;r die Kl&#228;gerin als Dritten, aus. Mangels vertraglicher Anspr&#252;che k&#228;men - auch wenn man eine zivilrechtliche Haftung annehmen wollte - nur deliktsrechtliche Anspr&#252;che gegen die Beklagte zu 1) in Betracht. Diese sind gem&#228;&#223; &#167;&#160;839 BGB i.V.m.&#160;Art.&#160;34 GG ausgeschlossen.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks"><strong>2.)</strong> Die von der Kl&#228;gerin gegen das beklagte Land geltend gemachten Anspr&#252;che ergeben sich weder aus &#167;&#160;39&#160;Abs.&#160;1&#160;lit.&#160;b)&#160;OBG&#160;NRW noch aus &#167;&#160;839&#160;BGB.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><strong>2.1)</strong> Eine Haftung des beklagten Landes aus &#167;&#160;39&#160;Abs.&#160;1&#160;lit.&#160;b)&#160;OBG&#160;NRW besteht nicht. Gem&#228;&#2016;39&#160;Abs.&#160;1&#160;lit.&#160;b)&#160;OBG&#160;NRW ist ein Schaden zu ersetzen, den jemand durch Ma&#223;nahmen der Ordnungsbeh&#246;rden erleidet,&#160; wenn er durch rechtswidrige Ma&#223;nahmen, gleichg&#252;ltig, ob die Ordnungsbeh&#246;rden ein Verschulden trifft oder nicht, entstanden ist.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Erforderlich f&#252;r die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist, dass der Ordnungsbeh&#246;rde eine Aufgabe als solche der Gefahrenabwehr &#252;bertragen ist. Der Kreis der Ordnungsbeh&#246;rden ist in &#167;&#160;3&#160;OBG&#160;NRW geregelt. Die Beklagte zu 1) unterf&#228;llt als Anstalt des &#246;ffentlichen Rechts nicht dem dort normierten Katalog.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte&#160;zu&#160;1) ist auch keine Sonderordnungsbeh&#246;rde i.S.v. &#167;&#160;12&#160;OBG NRW. Erforderlich ist in diesem Fall eine ausdr&#252;ckliche Kennzeichnung der schadensbegr&#252;ndenden Beh&#246;rdent&#228;tigkeit als T&#228;tigkeit einer Sonderordnungsbeh&#246;rde. 39&#160;Abs.&#160;1&#160;lit.&#160;b)&#160;OBG&#160;NRW findet nur auf die Ma&#223;nahme derjenigen Beh&#246;rden Anwendung, die durch Rechtssetzungsakt des Landes Nordrhein-Westfalen als Ordnungsbeh&#246;rden bezeichnet werden, auf den materiellen Polizeibegriff kommt es hier nicht an (OLG D&#252;sseldorf, Urteil vom 31. Oktober 1990 &#8211; 18 U 103/90 &#8211;, juris).</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Eine solche ausdr&#252;ckliche Zuweisung der streitbefangenen T&#228;tigkeiten der Beklagten zu 1) als Ordnungs- bzw. Sonderordnungsbeh&#246;rde ist nicht erfolgt. Es fehlt an einem entsprechenden Rechtssetzungsakt.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><strong>2.2)</strong> Ein Schadensersatzanspruch der Kl&#228;gerin gegen das beklagte Land aus &#167;&#160;839&#160;BGB besteht mangels Verletzung einer drittsch&#252;tzenden Amtspflicht nicht.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Ob eine Amtspflicht gegen&#252;ber einem gesch&#228;digten Dritten besteht, bestimmt sich nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erf&#252;llung allgemeiner Interessen und &#246;ffentlicher Zwecke auch - den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 06. Juni 2013 &#8211; III ZR 196/12 &#8211;, Rn. 14, juris).</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Aus den die Amtspflicht begr&#252;ndenden und sie umrei&#223;enden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgesch&#228;fts muss sich ergeben, dass der Gesch&#228;digte zu dem Personenkreis z&#228;hlt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgesch&#228;fts gesch&#252;tzt und gef&#246;rdert werden sollen; dar&#252;ber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzw&#252;rdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter R&#252;cksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem gesch&#228;digten Dritten bestehen. Hierf&#252;r ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgesch&#228;ft freilich ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die streitgegenst&#228;ndliche Amtshandlung. Andererseits gen&#252;gt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht f&#252;r den Gesch&#228;digten nachteilig ausgewirkt hat. Da im &#220;brigen eine Person, der gegen&#252;ber eine Amtspflicht zu erf&#252;llen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu pr&#252;fen, ob gerade das im Einzelfall ber&#252;hrte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgesch&#228;fts gesch&#252;tzt sein soll (BGH, Urteil vom 06. Juni 2013 &#8211; III ZR 196/12 &#8211;, Rn. 14, juris).</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><strong>2.2.1)</strong> Aus dem Infektionsschutzgesetz lassen sich unter Ber&#252;cksichtigung der Kriterien des Bundesgerichtshofs keine drittbezogenen Amtspflichten zum Schutz des Verm&#246;gens der Kl&#228;gerin ableiten.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zweck des Gesetzes ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;1&#160;Abs.&#160;1&#160;IfSG, &#252;bertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen fr&#252;hzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Dieser Zweck betrifft zun&#228;chst die Vorbeugung vor &#252;bertragbaren Krankheiten. Deren Pr&#228;vention ist der Leitgedanke des gesamten Infektionsschutzgesetzes. Daneben dient das IfSG der Verhinderung der Weiterverbreitung von Krankheiten und Infektionen (vgl. Bales/Baumann/Schnitzler, Infektionsschutzgesetz, &#167;&#160;1&#160;Rn.&#160;2 bis 4). Der Schutz privater Verm&#246;gensinteressen l&#228;sst sich dem Infektionsschutzgesetz hingegen nicht als allgemeiner Rechtsgedanke entnehmen.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Das Infektionsschutzgesetz enth&#228;lt lediglich in &#167;&#160;65&#160;einen f&#252;r zwei konkrete Sonderf&#228;lle normierten Anspruch auf Ersatz von Verm&#246;genssch&#228;den. Soweit auf Grund einer Ma&#223;nahme nach den &#167;&#167; 16 und 17&#160;IfSG Gegenst&#228;nde vernichtet, besch&#228;digt oder in sonstiger Weise in ihrem Wert gemindert werden oder ein anderer nicht nur unwesentlicher Verm&#246;gensnachteil verursacht wird, ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;65&#160;IfSG eine Entsch&#228;digung in Geld zu leisten; eine Entsch&#228;digung erh&#228;lt jedoch nicht derjenige, dessen Gegenst&#228;nde mit Krankheitserregern oder mit Gesundheitssch&#228;dlingen als vermutlichen &#220;bertr&#228;gern solcher Krankheitserreger behaftet oder dessen verd&#228;chtig sind. Verpflichtet zur Zahlung der Entsch&#228;digung nach &#167;&#160;65&#160;IfSG ist nach &#167;&#160;66&#160;Abs.&#160;1 IfSG das Land, in dem der Schaden verursacht worden ist.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man einen Teil der von der Kl&#228;gerin behaupteten Schadenspositionen unter &#167;&#160;65&#160;IfSG subsumieren wollte, best&#252;nde ein solcher Anspruch nicht gegen die Beklagten. Etwaige Ma&#223;nahmen nach &#167;&#167;&#160;16 und&#160;17&#160;IfSG erfolgten durch den Landkreis B, mithin in Rheinland-Pfalz. Ein Anspruch gegen das beklagte Land kommt somit nach &#167;&#160;66&#160;Abs.&#160;1 IfSG nicht in Betracht.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Aus den von der Kl&#228;gerin zitierten verwaltungsgerichtlichen Urteilen ergibt sich keine abweichende rechtliche Beurteilung. Das Urteil des Verwaltungsgerichts M&#252;nchen vom 02.05.2002 (Az.&#160;M3K&#160;01.6310) betrifft Anspr&#252;che nach dem Gentechnikgesetz. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14.03.2018 (Az.&#160;14&#160;K 65.15) umfasst Anspr&#252;che aus einem im Infektionsschutzgesetz selbst geregelten Entsch&#228;digungsanspruch (&#167; 69 Abs. 1 Nr. 10 IfSG). Beiden Urteilen l&#228;sst sich zu der Frage, ob sich aus &#167;&#167; 6, 8&#160;IfSG drittsch&#252;tzende Amtspflichten zu Gunsten eines Bestattungsunternehmens ergeben, nichts entnehmen.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 05.10.2017 zu dem streitbefangenen Fall (Az.&#160;1&#160;K&#160;1430/16.&#160;MZ) betrifft zum einen nur die nach der Teilklager&#252;cknahme nicht mehr streitgegenst&#228;ndlichen Schadenspositionen und triff zum anderen nur Aussagen zur polizei- und ordnungsrechtlichen Beurteilung einer etwaigen Pflichtverletzung der Universit&#228;tsklinik. Ausf&#252;hrungen zur Drittbezogenheit einer etwaigen Amtspflicht aus &#167;&#167; 6, 8&#160;IfSG oder der Einordnung dieser Vorschriften als Schutzgesetze i.S.v. &#167;&#160;823&#160;BGB enth&#228;lt das Urteils nicht. Ob und inwiefern ein schuldhaftes Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) vorlag, l&#228;sst das Urteil ebenfalls ausdr&#252;cklich offen.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"><strong>2.2.2)</strong> &#167;&#160;9&#160;Abs.&#160;1 bis 3&#160;des Bestattungsgesetzes NRW enthalten ebenfalls keine drittbezogene Amtspflicht zur Vermeidung von Verm&#246;genssch&#228;den des Bestattungsunternehmens.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167;&#160;19&#160;Abs.&#160;1 Nr.&#160;1&#160;Bestattungsgesetz NRW handelt ordnungswidrig, wer vors&#228;tzlich oder fahrl&#228;ssig, wer entgegen &#167; 9 Abs. 1 bis 3 Bestattungsgesetz NRW nicht unverz&#252;glich die Leichenschau veranlasst, sie nicht unverz&#252;glich oder nicht sorgf&#228;ltig vornimmt oder die Todesbescheinigung nicht unverz&#252;glich aush&#228;ndigt oder die Ausk&#252;nfte &#252;ber Befunde verweigert,</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Zu der sorgf&#228;ltigen Vornahme der Leichenschau geh&#246;rt auch die korrekte Ausf&#252;llung der Todesbescheinigung unter Einbeziehung der Warnhinweise, die zwar in Bezug auf die Hinweise zur m&#246;glichen Infektion der Leiche (&#167;&#167; 6,7 InfSG) zutreffend angekreuzt wurden, aber zum einen falsch in Bezug auf die notwendigen besonderen Verhaltensweisen in Bezug auf die Aufbewahrung, Bef&#246;rderung und Bestattung waren, zum anderen auch von der Pathologie der Beklagten zu 1) zu Unrecht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt wurde.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Hieraus folgt jedoch nicht, dass &#167;&#160;9 Abs.&#160;3&#160;Bestattungsgesetz NRW auch als drittbezogene Amtspflicht zur Verhinderung von Verm&#246;genssch&#228;den zu verstehen ist. Selbst wenn man in der Vorschrift eine Regelung sieht, die gerade dem Schutz der Angeh&#246;rigen und Bestatter im Besonderen dient, so dient diese Vorschrift jedenfalls ganz sicher allenfalls dem Schutz der Gesundheit der ggfs. mit der Bestattung oder Bef&#246;rderung der Leiche Beauftragten, nicht aber dem Schutz des Verm&#246;gens oder dem durch die Infektion bzw. dessen Beseitigung entstandenen Schaden an den zur Bef&#246;rderung genutzten Gegenst&#228;nden (S&#228;rge, Container usw).</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vielmehr war die Beklagte zu 1) nach &#167; 9 Abs. 2 und 3 BestG NRW als Krankenhaus nach Eintritt des Todes unmittelbar verpflichtet, die Durchf&#252;hrung der Leichenschau zu veranlassen und die notwendigen Untersuchungen durchzuf&#252;hren und die Todesbescheinigungen auszustellen und auszuh&#228;ndigen.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die von der Kl&#228;gerin vorgelegten Literatur- und Rechtsprechungsfundstellen besch&#228;ftigen sich mit der Frage der Aktivlegitimation bez&#252;glich eines Anspruchs auf Erstattung der durch die pflichtwidrig verz&#246;gerte Aush&#228;ndigung&#160; der Todesbescheinigung an die die Leichenschau veranlassende Person entstandenen Kosten und werfen die Frage auf, ob auch der Bestatter selbst einen Anspruch im eigenen Namen gegen den Arzt geltend machen kann, da er ein &#8222;Gesch&#228;ft des Arztes&#8220; f&#252;hre, wenn er f&#252;r die Organisation und Beibringung der Todesbescheinigung sorge. Zur Frage einer drittbezogenen Amtspflicht verhalten sich die zitierten Urteile und Literaturfundstellen nicht.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><strong>2.3)</strong> Die Frage, ob die Mitarbeiter der Beklagten zu 1) schuldhaft gegen die einschl&#228;gigen Normen des Infektionsschutzgesetzes und des Bestattungsgesetzes versto&#223;en haben, kann mangels Drittbezogenheit der jeweiligen Amtspflichten dahinstehen.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks"><strong>3.)</strong> Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf &#167;&#167; 91 Abs. 1, 269&#160;Abs.&#160;3&#160;Satz&#160;&#160;2, 709&#160;Satz&#160;1&#160;und&#160;2&#160;ZPO.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 26.591,24&#160;EUR festgesetzt.</p>
161,469
vg-dusseldorf-2018-12-18-15-nc-7318
{ "id": 842, "name": "Verwaltungsgericht Düsseldorf", "slug": "vg-dusseldorf", "city": 413, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
15 Nc 73/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-16T07:00:25
2019-01-17T12:06:27
Beschluss
ECLI:DE:VGD:2018:1218.15NC73.18.00
<h2>Tenor</h2> <p><strong>Der Antrag wird abgelehnt.</strong></p> <p><strong>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</strong></p> <p><strong>Der Streitwert wird auf 5.000,00&#160;Euro festgesetzt.</strong></p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gr&#252;nde:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das vorl&#228;ufige Rechtsschutzgesuch hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unbeschadet etwaiger Bedenken gegen seine Zul&#228;ssigkeit, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedenfalls unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 123 Abs. 1 S. 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverh&#228;ltnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile n&#246;tig erscheint. Diese Voraussetzungen sind hier schon mangels eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs nicht erf&#252;llt (&#167;&#167; 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO).</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>A.</strong> Der geltend gemachte Anspruch auf vorl&#228;ufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (ggfls. beschr&#228;nkt auf den vorklinischen Studienabschnitt) bzw. auf Beteiligung an einem gerichtlich anzuordnenden Losverfahren zur Verteilung solcher Studienpl&#228;tze, der auf Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Sozialstaatsprinzip beruht, ist nicht gegeben; die f&#252;r den Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) festgesetzten Zulassungszahlen ersch&#246;pfen die Ausbildungskapazit&#228;t der Antragsgegnerin.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Wissenschaftsverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen hat die Zahl der Studienpl&#228;tze f&#252;r den Studiengang Humanmedizin an der Antragsgegnerin durch die Verordnung &#252;ber die Festsetzung von Zulassungszahlen und die Vergabe von Studienpl&#228;tzen im ersten Fachsemester f&#252;r das Wintersemester 2018/2019 vom 26. Juni 2018 (GV. NRW. S.&#160;338), ge&#228;ndert durch Verordnung vom 22. November 2018 (GV.NRW. S.&#160;593) f&#252;r das 1. Fachsemester auf 411 festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der zu dieser Festsetzung f&#252;hrenden Kapazit&#228;tsberechnung f&#252;r das Studienjahr 2018/2019 f&#252;r den Studiengang Humanmedizin, dessen Pl&#228;tze in einem zentralen Vergabeverfahren vergeben werden, hat die Antragsgegnerin gem&#228;&#223; &#167; 12 der Verordnung zur Ermittlung der Aufnahmekapazit&#228;t an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen f&#252;r Studieng&#228;nge au&#223;erhalb des zentralen Vergabeverfahrens (Kapazit&#228;tsverordnung NRW 2017) vom 8. Mai 2017 (GV. NRW. S.&#160;591) weiterhin die Vorschriften der zuletzt durch die Verordnung vom 12.&#160;August&#160;2003 (GV. NRW. S.&#160;544) ge&#228;nderten Fassung der Verordnung &#252;ber die Kapazit&#228;tsermittlung, die Curricularnormwerte und die Festsetzung von Zulassungszahlen (KapVO) vom 25.&#160;August&#160;1994 (GV.&#160;NRW. S.&#160;732) zu Grunde gelegt und damit auch die nach &#167;&#160;5 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;3 KapVO gem&#228;&#223; den Kapazit&#228;tserlassen der Wissenschaftsverwaltung vom 22.&#160;Januar 2018 und von August 2018 zum Berechnungsstichtag 1.&#160;M&#228;rz&#160;2018 erhobenen und zum 15.&#160;September 2018 &#252;berpr&#252;ften Daten.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dies begegnet keinen Bedenken. Zwar wird das Medizinstudium an der Antragsgegnerin f&#252;r Studierende, die sich seit dem Wintersemester 2013/2014 f&#252;r den Studiengang Humanmedizin mit dem Abschluss Staatsexamen f&#252;r das 1. Fachsemester eingeschrieben haben bzw. einschreiben, nicht mehr als Regelstudiengang mit der klassischen Aufteilung in vorklinischen und klinischen Studienabschnitt, sondern als Modellstudiengang durchgef&#252;hrt (&#167;&#167;&#160;1 ff., 40 der Studien- und Pr&#252;fungsordnung f&#252;r den Modellstudiengang Medizin an der Antragsgegnerin vom 7. Oktober 2013, Amtl. Bekanntmachungen Nr.&#160;24/2013 vom 21. Oktober 2013, in der Fassung der Ersten Ordnung zur &#196;nderung der Studien- und Pr&#252;fungsordnung vom 11. April 2016, Amtl. Bekanntmachungen Nr.&#160;13/2016 vom 28. April 2016, verf&#252;gbar auf www.hhu.de). Die Ausbildung im Modellstudiengang unterscheidet sich in Struktur, Ausbildungsinhalten, Ausbildungsformen (Veranstaltungsarten) und Dauer grundlegend vom Regelstudiengang (&#167; 41 der Approbationsordnung f&#252;r &#196;rzte vom 27. Juni 2002 (BGBl.&#160;I S.&#160;2405), zuletzt ge&#228;ndert durch Art. 5 des Gesetzes vom 17 Juli 2017 (BGBl.&#160;I S.&#160;2581), &#8211; nachfolgend: &#196;ApprO &#8211;).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167;&#167; 1 Abs. 2 Satz 1, 21 KapVO, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV 2008 (Art. 7 Abs. 2 Satz&#160;2&#160;StV a. F.), &#167; 41 &#196;ApprO darf bei der Erprobung eines neuen Studiengangs die Ausbildungskapazit&#228;t jedoch losgel&#246;st von den Regelungen des Zweiten Abschnitts der Kapazit&#228;tsverordnung festgesetzt werden. Das danach bestehende Ermessen muss die Wissenschaftsverwaltung unter Ber&#252;cksichtigung der Grundrechte der Hochschule und der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG, der Grundrechte der Studienbewerber aus Art.&#160;12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und der eingeschriebenen Studierenden aus Art. 12 Abs.&#160;1 GG sowie des &#246;ffentlichen Interesses an der Reform der &#228;rztlichen Ausbildung aus&#252;ben. Hiervon ausgehend ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn in der Umstellungs- und Erprobungsphase des Modellstudiengangs die Kapazit&#228;t nach dem fr&#252;heren Regelstudiengang berechnet wird, um dem Orientierungs- und Neuordnungsprozess Zeit zu geben. Etwas anderes m&#252;sste nur dann gelten, wenn diese Art der Kapazit&#228;tsberechnung die wahre Ausbildungskapazit&#228;t erkennbar verfehlte. Daf&#252;r fehlen aber jegliche Anhaltspunkte; im Gegenteil gibt es Erkenntnisse, dass die fiktive Berechnung kapazit&#228;tsfreundlich ist.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Beschluss vom 12. September 2014 &#8211; 13 B 776/14 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;5, und Beschl&#252;sse vom 31. M&#228;rz 2004 - 13 C 20/04 - und vom 28.&#160;Mai 2004 - 13 C 20/04 -, jeweils juris.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Modellstudiengang an der Antragsgegnerin befindet sich nach wie vor in der Erprobungsphase (vgl. &#167;&#167;&#160;4,&#160;5 Abs. 1 der Studienordnung f&#252;r den Modellstudiengang Humanmedizin). Er ist mit Verf&#252;gung des Ministeriums f&#252;r Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 6. Juli 2017 unter der Bedingung laufender wie auch abschlie&#223;ender Evaluation bis zum 30. September 2023 verl&#228;ngert worden.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach den Vorschriften der KapVO ist die Ausbildungskapazit&#228;t der Lehreinheit durch eine Gegen&#252;berstellung von Lehrangebot&#160;(I.) und Lehrnachfrage&#160;(II.) festzustellen sowie die abschlie&#223;ende &#220;berpr&#252;fung des Berechnungsergebnisses nach den Bestimmungen des 3.&#160;Abschnitts der Kapazit&#228;tsverordnung (III.) vorzunehmen.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>I. <span style="text-decoration:underline">Lehrangebot</span></strong></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach Ziffer I.&#160;1. der Anlage&#160;1 zur KapVO ergibt sich das Angebot einer Lehreinheit an Deputatstunden aus dem Lehrdeputat der verf&#252;gbaren Stellen einschlie&#223;lich des Lehrdeputats der an die Hochschule abgeordneten Personen und dem durch Lehrauftr&#228;ge zus&#228;tzlich zur Verf&#252;gung stehenden Deputat, abz&#252;glich der Verminderungen des Lehrdeputats nach &#167;&#160;9 Abs.&#160;2&#160;KapVO.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. <span style="text-decoration:underline">Unbereinigtes Lehrdeputat</span></p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das in Deputatstunden (DS) gemessene (unbereinigte) Lehrangebot einer Lehreinheit ist gem&#228;&#223; &#167;&#167;&#160;8, 9&#160;KapVO anhand der f&#252;r die verschiedenen Stellengruppen jeweils geltenden Regellehrverpflichtungen zu ermitteln, unabh&#228;ngig davon, ob die Stelle besetzt ist oder nicht, welche individuelle Qualifikation der jeweilige Stelleninhaber hat und welchen Umfang an Lehre er tats&#228;chlich erbringt oder erbringen k&#246;nnte. Nach &#167; 8 Abs. 1 S.&#160;1&#160;KapVO werden f&#252;r die Berechnung des Lehrangebotes die Stellen des Lehrpersonals Lehreinheiten zugeordnet. Bei der Ermittlung des Lehrangebotes einer Lehreinheit ist somit von der Zahl der der Lehreinheit zugewiesenen Stellen und der auf diese Stellen entfallenden Regellehrverpflichtungen auszugehen.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Studiengang Humanmedizin (Medizin) wird gem&#228;&#223; &#167; 7 Abs. 3 S. 1 KapVO f&#252;r Berechnungszwecke in einen vorklinischen und einen klinischen Teil untergliedert, wobei der vorklinische Teil den Studienabschnitt bis zum Ersten Abschnitt der &#196;rztlichen Pr&#252;fung nach &#167;&#160;1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 &#196;ApprO und der klinische Teil den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der &#196;rztlichen Pr&#252;fung und dem Beginn des Praktischen Jahres nach &#167; 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 &#196;ApprO umfasst. Zur Berechnung der j&#228;hrlichen Aufnahmekapazit&#228;t f&#252;r den Studiengang Medizin sind die Lehreinheiten Vorklinische Medizin, Klinisch-theoretische Medizin und Klinisch-praktische Medizin zu bilden (&#167;&#160;7 Abs.&#160;3 S. 2 KapVO). Der vorklinische Teil des Studiengangs wird der Lehreinheit Vorklinische Medizin, der klinische Teil des Studiengangs der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin zugeordnet; die Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin erbringt f&#252;r den Studiengang Medizin Dienstleistungen (&#167; 7 Abs. 3 S. 3 KapVO). Das 1.&#160;Fachsemester, auf das sich die streitige Kapazit&#228;ts&#252;berpr&#252;fung hier beschr&#228;nkt, wird im Rahmen des Regelstudiengangs der Lehreinheit Vorklinische Medizin zugeordnet (&#167; 7 Abs. 3 S. 3 KapVO).</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Berechnung der vorklinischen Kapazit&#228;t nach den Berechnungsmodalit&#228;ten des Regelstudiengangs ergibt danach Folgendes:</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Auf die Lehreinheit Vorklinische Medizin entfallen von den Stellen, die der Haushaltsplan des Landes Nordrhein Westfalen f&#252;r das Jahr 2018 in Kapitel 06&#160;107 ("Fachbereich Medizin der I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -I1.&#160;&#160;&#160;&#160; -Universit&#228;t E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und Universit&#228;tsklinikum E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ") vorsieht, nach dem Beschluss des Dekanats der Medizinischen Fakult&#228;t vom 28. August 2017 nebst zugeh&#246;rigem Stellenplan &#8211; wie bereits im vorhergehenden Berechnungszeitraum &#8211; f&#252;r Lehrpersonal 50 Stellen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dass die in dem Stellenplan der Lehreinheit Vorklinische Medizin ausgewiesenen Stellen f&#252;r Lehrpersonal nach Zahl und Gruppenzugeh&#246;rigkeit letztmals im Haushaltsplan des Landes f&#252;r das Jahr&#160;2000 festgelegt waren und seither nicht mehr unmittelbar durch den Landeshaushaltsplan und damit normativ vorgegeben sind, begegnet mit Blick auf die notwendige normative Absicherung dieser Berechnungsparameter jedenfalls keinen im Ergebnis rechtlich durchgreifenden Bedenken.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1.&#160;Februar&#160;2011 &#8211; 13&#160;C&#160;1/11 bis 13&#160;C&#160;5/11 &#8211;, NRWE = juris, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Senats.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">&#220;ber die aus Haushaltsmitteln finanzierten Stellen hinaus sind seit dem Studienjahr 2011/2012 weitere sechs zeitlich befristete Stellen f&#252;r wissenschaftliche Angestellte finanziert aus Hochschulpaktmitteln,</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu die &#8222;Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und L&#228;ndern gem&#228;&#223; Artikel&#160;91b des Grundgesetzes &#252;ber den Hochschulpakt&#160;2020&#8220; (Hochschulpakt&#160;III, Laufzeit 2016 - 2020), http://www.bmbf.de/de/hochschulpakt-2020-506.html,</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">geschaffen und in die Lehrangebotsberechnung eingestellt worden.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zur Kapazit&#228;tsrelevanz dieser Stellen vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. M&#228;rz 2015 &#8211; 13 C 1/15 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;3 m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Rechtlich ohne Bedeutung f&#252;r die Berechnung des Lehrangebots &#8209; und auch die Bemessung der im Weiteren in die Kapazit&#228;tsberechnung einzustellenden Parameter&#160;&#8209; sind etwaige weitere der Antragsgegnerin nach dem Gesetz zur Verbesserung der Qualit&#228;t in Lehre und Studium an nordrhein-westf&#228;lischen Hochschulen (Studiumsqualit&#228;tsgesetz) vom 1.&#160;M&#228;rz 2011 (GV.&#160;NRW. S.&#160;165) und aus den Hochschulpakten zur Verf&#252;gung stehenden oder zu stellenden finanziellen Ressourcen.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht zu beanstanden, dass Mittel, die nach dem Willen des Gesetzgebers allein der Verbesserung der Qualit&#228;t des Studiums dienen sollen, nicht zum Zwecke der Ausweitung der Kapazit&#228;ten und damit sachfremd Ber&#252;cksichtigung finden (&#167;&#160;1 Satz&#160;3&#160;des Dritten Gesetzes &#252;ber die Zulassung zum Hochschulstudium in Nordrhein-Westfalen vom 18.&#160;November 2008, GV.NRW. S.&#160;710, zuletzt ge&#228;ndert durch Gesetz vom 31. Januar 2017, GV.NRW. S.&#160;239).</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Beschl&#252;sse der Kammer vom 9. Dezember 2013 &#8211; 15 Nc 31/13 u.a. &#8211; und vom 13. Februar 2013 &#8211; 15 Nc 9/12 u.a. &#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Aus dem blo&#223;en Vorhandensein von Hochschulpaktmitteln ergibt sich ebenfalls kein Anspruch auf eine weitergehende kapazit&#228;tsrechtliche Erh&#246;hung der Zulassungszahlen in dem Studiengang Medizin (Vorklinik), solange die Mittel nicht durch die Hochschulverwaltung zur Schaffung zus&#228;tzlicher Studienpl&#228;tze eingesetzt worden sind.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 &#8211; 13 B 1793/10 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;5, Beschluss vom 17. Oktober 2011 &#8211; 13 C 66/11 &#8211;, NRWE= juris Rdnr.&#160;16, und Beschluss vom 19. April 2016 &#8211; 13 C 2/16 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;3.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ausgehend hiervon l&#228;sst das auf der Grundlage des f&#252;r das Berechnungsjahr 2018/2019 durch Beschluss des Dekanats der medizinischen Fakult&#228;t vom 16. Juli 2018 aufgestellten Stellenplans und der Verordnung &#252;ber die Lehrverpflichtung an Universit&#228;ten und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung - LVV) vom 24.&#160;Juni 2009 (GV&#160;NRW, S.&#160;409), zuletzt ge&#228;ndert durch Verordnung vom 1. Juli 2016 (GV.NRW. S.&#160;526), aus einer Stellenzahl von 56 Stellen von der Antragsgegnerin ermittelte unbereinigte Lehrdeputat von 363&#160;DS Rechtsfehler nicht erkennen. Es ergibt sich aus folgenden Festlegungen:</p> <span class="absatzRechts">32</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p><strong>Stellenart</strong></p> </td> <td><p><strong>Stellen</strong></p> </td> <td><p><strong>Deputat je Stelle gem&#228;&#223; &#167;&#160;3&#160;LVV</strong></p> </td> <td><p><strong>Angebot in DS</strong></p> </td> </tr> <tr><td><p>C&#160;4/W3 und C3/W2 Universit&#228;tsprofessor</p> </td> <td><p>&#160; 13,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 9</p> </td> <td><p>117</p> </td> </tr> <tr><td><p>A&#160;15 &#8209;&#160;A&#160;13 Akademischer Rat mit st&#228;ndigen Lehraufgaben</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 2,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 9</p> </td> <td><p>&#160; 18</p> </td> </tr> <tr><td><p>A&#160;15 &#8209;&#160;A&#160;13 Akademischer Rat ohne st&#228;ndige Lehraufgaben</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 5,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 5</p> </td> <td><p>&#160; 25</p> </td> </tr> <tr><td><p>A&#160;14 Akademischer Oberrat auf Zeit</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 5,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 7</p> </td> <td><p>&#160; 35</p> </td> </tr> <tr><td><p>A 13 Akademischer Rat auf Zeit</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 3,5</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 4</p> </td> <td><p>&#160; 14</p> </td> </tr> <tr><td><p>TV-L Wissenschaftlicher Angestellter (befristet)</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 10,5</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 4</p> </td> <td><p>&#160; 42</p> </td> </tr> <tr><td><p>TV-L Wissenschaftlicher Angestellter (befristet) aus Hochschulpaktmitteln</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 6,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 4</p> </td> <td><p>24</p> </td> </tr> <tr><td><p>TV-L Wissenschaftlicher Angestellter (unbefristet)</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 11,0</p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160; 8</p> </td> <td><p>88</p> </td> </tr> <tr><td><p><strong>Summe</strong></p> </td> <td><p>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <strong>56</strong></p> </td> <td></td> <td><p>&#160;&#160;&#160;&#160; <strong>363</strong></p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der sich als Grundlage f&#252;r die Berechnung des unbereinigten Lehrdeputats aus der Lehrverpflichtungsverordnung in ihrer derzeit geltenden Fassung ergebende Ansatz von Deputatstunden f&#252;r die einzelnen Stellengruppen ist kapazit&#228;tsrechtlich nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zu Recht ist den Stellen in der Gruppe der unbefristet besch&#228;ftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter eine Deputatstundenzahl von 8 und den Stellen in der Gruppe der Akademischen R&#228;te auf Zeit (C1) eine Deputatstundenzahl von 4 zugeordnet worden. Aus der Anhebung der Wochenarbeitszeit f&#252;r Beamte in Nordrhein-Westfalen von 38,5 auf 41&#160;Wochenstunden durch Artikel&#160;4 des Gesetzes vom 17.&#160;Dezember 2003 (GV. NRW. S.&#160;814) folgt keine Verpflichtung zur Erh&#246;hung des auf die Lehre entfallenden Anteils der Wochenarbeitszeit. Vielmehr unterliegt es dem hier vom Verordnungsgeber der Lehrverpflichtungsverordnung wahrgenommenen Spielraum des Dienstherrn, den Aufgabenbereich des Beamten und dessen Einteilung nach Schwerpunkten und/oder Zeitanteilen zu bestimmen; dies gilt auch f&#252;r die Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter, deren Arbeitszeit zudem Gegenstand vertraglicher Vereinbarung ist.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2016 &#8211; 13 C 2/16 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;5 m.w.N., und Beschluss vom 10.&#160;M&#228;rz&#160;2005 &#8211; 13&#160;C 2/05 &#8211; NRWE = juris, Rdnr.&#160;5 f.; Beschluss der Kammer vom 25.&#160;November&#160;2004 &#8211; 15&#160;Nc&#160;29/04 &#8211;, NRWE = juris, Rdnr.&#160;43.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das unbereinigte Lehrangebot von 363 DS hat die Wissenschaftsverwaltung aufgrund auf Dauer angelegter, vom Stellenplan abweichender individueller Lehrverpflichtungen einzelner Stelleninhaber auf Vorschlag der Hochschule um 13,50 DS auf 376,50&#160;DS erh&#246;ht. Dies begegnet keinen Bedenken.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Nach den &#167;&#167;&#160;8 Abs.&#160;1, 9 Abs.&#160;1 KapVO folgt das unbereinigte Lehrangebot einer Lehreinheit kapazit&#228;tsrechtlich aus der Verkn&#252;pfung der nach Gruppen geordneten Lehrpersonalstellen mit der den jeweiligen Stellen zugeordneten Regellehrverpflichtung, die ihrerseits durch den Dienst&#8209; bzw. Amtsinhalt der Stellengruppe bestimmt wird. Gerade dieses der Kapazit&#228;tsberechnung zu Grunde liegende (abstrakte) Stellenprinzip verwehrt es in der Regel, bei der Ermittlung des Lehrangebots Stellenvakanzen zu Lasten der Ausbildungskapazit&#228;t der Hochschule zu ber&#252;cksichtigen oder in die Bemessung der Lehrleistung Besonderheiten einzustellen, die sich aus der Besetzung einer konkreten Stelle mit einer bestimmten Lehrperson im Hinblick auf ihre individuelle Lehrverpflichtung oder Qualifikation ergeben.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu etwa OVG&#160;NRW, Beschluss vom 14. M&#228;rz&#160;2005 &#8211; 13&#160;C&#160;1773/04 &#8211;, n.v., und Beschluss vom 14.&#160;April&#160;2005 &#8211; 13&#160;C 119/05 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;5.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das bei der Lehrangebotsberechnung damit prinzipiell anzuwendende (abstrakte) Stellenprinzip gilt indes nicht ausnahmslos. Es ist etwa dann zu durchbrechen, wenn die Hochschule eine Stelle bewusst dauerhaft mit einer Lehrperson besetzt, die individuell eine h&#246;here Lehrverpflichtung als die der Stelle hat, und dadurch der Stelle faktisch einen anderen, dauerhaften, deputatm&#228;&#223;ig h&#246;heren Amtsinhalt vermittelt.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Juli 2013 &#8211; 13 C 50/13 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;14 und Beschluss vom 15.&#160;Mai&#160;2009 &#8211; 13&#160;C&#160;20/09 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;6, jweils m.w.N.; Beschl&#252;sse der Kammer vom 9. Dezember 2013 &#8211; 15 Nc 31/13 u.a. &#8211; und vom 13. Februar 2013 &#8211; 15 Nc 9/12 u.a. &#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin wegen nicht nur vor&#252;bergehend vom Stellenplan abweichender Stellenbesetzung in die Lehrangebotsberechnung ein &#8222;Mehr&#8220; an Lehrleistung in H&#246;he von insgesamt 13,50&#160;DS einbezogen hat. Zwar l&#228;sst sich nach den vorgelegten Unterlagen lediglich ein &#8222;Mehr&#8220; an Lehrleistung in H&#246;he von (4 + 0,5 + 0,5 + 0,5 + 0,78 + 6,0 + 1,0&#160;=) 13,28&#160;DS ermitteln; die Ber&#252;cksichtigung von 13,50&#160;DS ist insoweit aber kapazit&#228;tsfreundlich.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">In der Stellengruppe &#8222;Akademischer Oberrat auf Zeit&#8220;, f&#252;r die ein Lehrdeputat von 7 DS gilt (&#167; 3 Abs. 1 Nr. 9 LVV), werden die wissenschaftlichen Angestellten B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , I2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag und einer individuellen Lehrverpflichtung von 9&#160;SWS gef&#252;hrt, wobei die Arbeitszeit des Besch&#228;ftigten I2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; auf 50% reduziert ist und der/die Besch&#228;ftigte X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; nur mit einem Stellenanteil von 50% in dieser Stellegruppe gef&#252;hrt wird. Dies hat zur Folge, dass die auf die Stelle B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; entfallende (individuelle) Lehrverpflichtung das Stellendeputat um 2 DS, die auf die Stellen I2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; entfallende Lehrverpflichtung das Stellendeputat um je 1 DS &#252;berschreitet.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dar&#252;ber hinaus wird auch der unbefristet besch&#228;ftigte wissenschaftliche Angestellte Prof. Dr. E1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , dessen Lehrverpflichtung sich laut Arbeitsvertrag ebenfalls auf insgesamt 9 SWS bel&#228;uft, wovon allerdings laut Nebenabrede zu seinem Arbeitsvertrag nur 25 % in der Vorklinik zu erbringen sind, tats&#228;chlich - mit einem Stellenanteil von 25 % - auf einer Stelle eines akademischen Oberrates auf Zeit mit einem Deputat von (nur) 7 DS (&#167; 3 Abs. 1 Nr. 9 LVV) gef&#252;hrt, so dass hierauf abstellend ein weiteres &#8222;Mehr&#8220; an Lehrleistung von ([9 &#8211; 7] x 0,25 =) 0,5 DS in Betracht kommt.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu den Auswirkungen des Arbeitsvertrages von Prof. Dr. E1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; auf die Kapazit&#228;tsberechnung auch Beschluss der Kammer vom 13. Februar 2013 &#8211; 15 Nc 9/12 &#8211;, best&#228;tigt durch OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 &#8211; 13 C 8/13 &#8211; NRWE = juris Rdnr.&#160;17; vgl. zur Berechnung der Lehrverpflichtung von Prof. Dr. E1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; : Beschl&#252;sse der Kammer vom 9. Dezember 2013 &#8211; 15 Nc 31/13 u.a.&#160;&#8211;, NRWE = juris.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">In der Stellengruppe "Wissenschaftliche Angestellte unbefristet&#8220;, f&#252;r die &#8211; wie dargestellt &#8211; im Grundsatz ein Lehrdeputat von 8&#160;DS gilt (&#167;&#160;3 Abs.&#160;4 S. 4 LVV), sind die im Stellenplan als unbefristet besch&#228;ftigte wissenschaftliche Angestellte gef&#252;hrten Prof. Dr. C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , G.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , Q.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , Dr. Q1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , Dr.&#160;H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -I3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -S.&#160;&#160;&#160;&#160; und X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; arbeitsvertraglich jeweils zu einer individuellen Lehrleistung von 9&#160;SWS verpflichtet. Da die Arbeitszeit der Besch&#228;ftigten C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -S.&#160;&#160;&#160;&#160; lediglich 50% betr&#228;gt und der/die Besch&#228;ftigte X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; nur zu einem Anteil von 50% in dieser Stellegruppe gef&#252;hrt wird, kann f&#252;r sie eine zus&#228;tzliche Lehrleistung von jeweils 0,5 DS hinzugerechnet werden; die Angestellte N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ist mit lediglich 78% besch&#228;ftigt, so dass f&#252;r sie eine zus&#228;tzliche Lehrleistung von 0,78&#160;DS in Ansatz gebracht werden kann. Im &#220;brigen &#252;berschreitet die auf die jeweiligen Stellen entfallende Lehrleistung der weiteren vorgenannten Stelleninhaber das Stellendeputat von 8 DS (&#167; 3 Abs. 4 Satz&#160;4 LVV) um jeweils 1 DS und somit in der Summe 6&#160;DS. In der Stellengruppe der unbefristet Angestellten wird zudem gef&#252;hrt der Akademische Oberrat G1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit einer w&#246;chentlichen Lehrverpflichtung von 9 DS. Insgesamt ergibt sich damit in der Stellengruppe der unbefristet angestellten wissenschaftlich Besch&#228;ftigten ein zus&#228;tzliches Lehrangebot von (0,5 +0,5 + 0,78 + 6,0 + 1,0 =) 8,78&#160;DS.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Dar&#252;ber hinaus waren kapazit&#228;tserh&#246;hende Lehrleistungen nicht zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Im Kapazit&#228;tsrechtsstreit ist grunds&#228;tzlich nicht zu pr&#252;fen, ob die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes &#252;ber befristete Arbeitsvertr&#228;ge in der Wissenschaft &#8211; Wissenschaftszeitvertragsgesetz &#8211; (nachfolgend: WissZeitVG) vom 12.&#160;April&#160;2007 (BGBl.&#160;I S.&#160;506) eingehalten und die Befristungsabreden wirksam sind. Grunds&#228;tzlich ebenso wenig relevant ist, ob sich bestimmte Stelleninhaber im Einzelfall tats&#228;chlich (noch) in der Weiterbildung befinden und deshalb die Befristung des Arbeitsvertrages gerechtfertigt ist.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">OVG NRW (st. Rspr.), Beschluss vom 4. September 2017 &#8211; 13 C 16/17 &#8211;, juris Rdnr.&#160;9, Beschluss vom 11. Juli 2016 &#8211; 13 C 30/16 &#8211;, juris Rdnr.&#160;12, und Beschluss vom 11. August 2015 &#8211; 13 C 16/15 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;11, m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ob dennoch eine &#220;berschreitung der gesetzlich zul&#228;ssigen Befristungsh&#246;chstdauer eines Besch&#228;ftigungsverh&#228;ltnisses nach dem WissZeitVG auf einen kapazit&#228;tsrechtlich bedeutsamen Wandel des Amtsinhalts der Stelle hindeutet, auf der der bzw. die Besch&#228;ftigte gef&#252;hrt wird, kann hier offen bleiben. Unter Ber&#252;cksichtigung der vom Personaldezernenten des Universit&#228;tsklinikums E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zum 30. September 2018 abgegebenen dienstlichen Erkl&#228;rung, wonach in keinem Fall der befristet Besch&#228;ftigten die H&#246;chstbefristungsdauer nach &#167;&#160;2&#160;WissZeitVG &#252;berschritten ist, sind Anhaltspunkte f&#252;r die Annahme, die Antragsgegnerin habe einer Stelle &#252;ber das in die Lehrangebotsberechnung &#8211; wie oben dargestellt &#8211; bereits eingerechnete Mehr an Lehrleistung hinaus faktisch einen anderen, dauerhaften, deputatm&#228;&#223;ig h&#246;heren Amtsinhalt vermittelt, nicht gegeben.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Eine Erh&#246;hung der Lehrkapazit&#228;t der Lehreinheit Vorklinische Medizin ist entgegen vereinzelt vertretener Ansicht auch nicht etwa deswegen geboten, weil ein Teil des Lehrbedarfs durch Lehrpersonen aus der Klinik geleistet werden k&#246;nnte. Dies gilt auch angesichts der Verselbst&#228;ndigung des Universit&#228;tsklinikums als Anstalt des &#246;ffentlichen Rechts.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. M&#228;rz 2010 &#8211; 13 C 11/10 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;20.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich sind auch Drittmittelbedienstete auf der Lehrangebotsseite nicht zu ber&#252;cksichtigen. Sie erbringen keine aus einer Lehrpersonalstelle oder einem verg&#252;teten Lehrauftrag &#8211; in Verbindung mit haushalts- und stellenplanm&#228;&#223;igen Ressourcen &#8211; abgeleiteten verbindlichen Leistungen.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2015 &#8211; 13 C 16/15 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;18 m.w.N. der Senatsrechtsprechung.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Ob das damit vorhandene &#8222;Mehr&#8220; an Lehrleistung in H&#246;he von allenfalls 13,28&#160;DS kapazit&#228;tswirksam dadurch vollst&#228;ndig oder teilweise aufgezehrt sein k&#246;nnte, dass zum Berechnungsstichtag mehrere der der Lehreinheit zugewiesenen Stellen nicht oder nur teilweise besetzt waren,</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">vgl. st. Rspr. der Kammer, zuletzt Beschluss vom 7. Dezember 2018 &#8211; 15 Nc 49/17 &#8211;, NRWE = juris; i. E. wohl auch OVG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2016 &#8211; 13 C 30/16 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;4, Beschluss vom 10. Mai 2012 &#8211; 13 C 6/12 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;21, und Beschluss vom 25. Februar 2010 &#8211; 13 C 1/10 u.a. &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;21.; zum Ganzen, allerdings nur f&#252;r den Bereich der wissenschaftlichen Mitarbeiter: BVerwG, Urteil vom 20. April 1990 &#8211; 7&#160;C 51.87 &#8211;, juris Rdnr.&#160;13 f.,</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">bedarf keiner Entscheidung, da die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, Vakanzen nicht zu ber&#252;cksichtigen, kapazit&#228;tsfreundlich ist.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">2. <span style="text-decoration:underline">Lehrauftragsstunden</span></p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Das Lehrangebot von mithin 376,50&#160;DS ist nicht um Lehrauftragsstunden zu erh&#246;hen. Nach &#167; 10 S. 1 KapVO sind als Lehrauftragsstunden die Lehrveranstaltungsstunden in die Kapazit&#228;tsberechnung einzubeziehen, die der Lehreinheit f&#252;r den Ausbildungsaufwand nach &#167; 13 Abs. 1 KapVO in den dem Berechnungsstichtag vorausgehenden zwei Semestern im Durchschnitt je Semester zur Verf&#252;gung gestanden haben und nicht auf einer Regellehrverpflichtung beruhen. Dies gilt nicht, soweit die Lehrauftragsstunden aus Haushaltsmitteln f&#252;r unbesetzte Stellen verg&#252;tet worden sind (&#167; 10 S.&#160;2&#160;KapVO), oder soweit Personal au&#223;eruniversit&#228;rer Forschungseinrichtungen freiwillig und unentgeltlich Lehrleistungen &#252;bernimmt (&#167; 10 S.&#160;3&#160;KapVO).</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Danach bleiben s&#228;mtliche in der &#220;bersicht der Antragsgegnerin aufgef&#252;hrten Veranstaltungen bei der Berechnung der Lehrauftragsstunden au&#223;er Betracht, weil sie entweder nicht zum Ausbildungsaufwand nach &#167; 13 Abs. 1 KapVO geh&#246;ren oder der geleistete Beitrag f&#252;r die Vorklinische Medizin als Dienstleistungsimport ber&#252;cksichtigt worden ist. Zu Letzterem z&#228;hlt der von Prof. Dr. X1.&#160;&#160;&#160; , der dem Institut f&#252;r Allgemeinmedizin angeh&#246;rt, welches der Lehreinheit Klinisch-praktische Medizin zugeordnet ist, im Wintersemester 2017/2018 erbrachte Beitrag im Rahmen der Veranstaltung &#8222;Einf&#252;hrung Mensch, Medizin und Gesellschaft - Medizinische Soziologie / Berufsfelderkundung (1. Semester)&#8220;. Die von diesem Dozenten f&#252;r die Lehreinheit Vorklinische Medizin erbrachte Lehrleistung wird im Fremdanteil des Curricularnormwertes (vgl. dazu Ziffer II.) ber&#252;cksichtigt, wie sich auch den von der Antragsgegnerin zur Aufteilung des Curricularnormwertes vorgelegten Tabellen, Bl.&#160;19 des Kapazit&#228;tsvorgangs, entnehmen l&#228;sst.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Vgl. auch Urteil der Kammer vom 25. Januar 2013 &#8211; 15 K 6604/11 u.a. &#8211; ,NRWE = juris, unter Bezugnahme auf OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2012 &#8211; 13&#160;B 589/12 u.a. &#8211;, NRWE = juris.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Soweit Einw&#228;nde gegen die Einordnung der Lehrauftragsstunden als nicht zum Aufwand nach &#167;&#160;13 Abs.&#160;1&#160;KapVO z&#228;hlend erhoben worden sind, sind diese zum Teil schon deshalb nicht schl&#252;ssig, weil sie unter Bezugnahme auf die Regelungen des Modellstudiengangs zu den Wahlpflichtf&#228;chern begr&#252;ndet worden sind. Die zu &#252;berpr&#252;fende Kapazit&#228;tsberechnung basiert jedoch &#8211; wie bereits gezeigt &#8211; auf den Regelungen f&#252;r den (auslaufenden) Regelstudiengang. Ob die Physiologie-Vorlesung f&#252;r Studierende der Pharmazie und der Medizinischen Physik als Dienstleistung der Vorklinik f&#252;r die genannten Studieng&#228;nge zu qualifizieren sein k&#246;nnte, wie vereinzelt geltend gemacht, kann dahinstehen. Denn dies stellte den Schluss der Antragsgegnerin nicht in Frage, die genannte Veranstaltung habe die der Lehreinheit Vorklinische Medizin zur Verf&#252;gung stehende personelle Kapazit&#228;t nicht erh&#246;ht.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die sog. Titellehre ist nicht kapazit&#228;tserh&#246;hend zu ber&#252;cksichtigen. Als nicht aus Lehrpersonalstellen folgende Lehre sind nach dem Kapazit&#228;tsberechnungsmodell lediglich die gemittelten Lehrveranstaltungsstunden aus den beiden dem Berechnungsstichtag vorausgegangenen Semestern hinzuzurechnen (&#167; 10 Satz 1 KapVO). Die Ber&#252;cksichtigung weiterer das Lehrangebot erh&#246;hender Lehre sieht das Modell der Kapazit&#228;tsverordnung zu Recht nicht vor. Lehrt&#228;tigkeiten im Rahmen der Titellehre sind nicht als Lehrauftragsstunden im Sinne von &#167;&#160;10 Satz 1 KapVO anzurechnen, weil sie freiwillig und unentgeltlich erbracht werden.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 19. April 2016 &#8211; 13 C 2/16 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;23 m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">3. <span style="text-decoration:underline">Dienstleistungsexport</span></p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der sich kapazit&#228;tsmindernd auswirkende Dienstleistungsbedarf nicht zugeordneter Studieng&#228;nge (vgl. &#167; 11 KapVO) ist bei der Kapazit&#228;tsberechnung f&#252;r die Lehreinheit Vorklinische Medizin zutreffend ber&#252;cksichtigt worden.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Vgl. Beschluss der Kammer vom 9. Dezember 2013 &#8211; 15 Nc 31/13 &#8211;, NRWE = juris.</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Ma&#223;geblich f&#252;r die Berechnung von Dienstleistungen f&#252;r nicht zugeordnete Studieng&#228;nge sind nach &#167; 11 Abs. 1 KapVO die Lehrveranstaltungsstunden, die der Dienstleistungsstudiengang zu erbringen hat.</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Die mit jedem Dienstleistungsexport einer Lehreinheit einhergehende Beeintr&#228;chtigung des grundrechtlichen Anspruchs eines Studienbewerbers auf Zulassung zu einem NC-Studiengang, ist grunds&#228;tzlich nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Die als Dienstleistung exportierte Lehre geht nicht verloren, sondern schafft Ausbildungskapazit&#228;t in einem anderen Studiengang. Die Hochschulen entscheiden unter Ber&#252;cksichtigung der kapazit&#228;tsrechtlichen Bestimmungen eigenverantwortlich und im Rahmen des ihnen zustehenden weiten Organisationsermessens dar&#252;ber, wie sie ihrer Pflicht zur Sicherstellung eines studienplankonformen Lehrangebots mit den vorhandenen haushalts- und personalwirtschaftlichen Mitteln nachkommen und welche Lehreinheiten sie in welchem Umfang an der Ausbildung der Studenten im jeweiligen Studiengang beteiligen. Weder das Kapazit&#228;tsersch&#246;pfungsgebot noch das Teilhaberecht des Studienbewerbers vermitteln dem einzelnen Studienbewerber einen Anspruch darauf, dass die Hochschule das Lehrpotential ihrer wissenschaftlichen Lehrkr&#228;fte in einer den "harten" Studieng&#228;ngen zu Gute kommenden Weise einsetzt. Ein von einer Lehreinheit f&#252;r "harte" Studieng&#228;nge erbrachter Dienstleistungsexport kann deshalb allenfalls dann verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen, wenn ihm sachwidrige oder willk&#252;rliche Erw&#228;gungen zu Grunde liegen.</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2014 &#8211; 13 C 13/14 &#8211;, juris Rdnr. 6.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Kapazit&#228;tsberechnung der Exportleistung ist der Curricularanteil der exportierenden Lehreinheit, nicht aber der insgesamt f&#252;r den importierenden Studiengang geltende Curricularwert ma&#223;geblich. Demgem&#228;&#223; ist es im Rahmen des &#167;&#160;11&#160;KapVO grunds&#228;tzlich nicht geboten, die Festlegung und ggf. die Einhaltung von Curricular-normwerten in den nicht zugeordneten Studieng&#228;ngen zu &#252;berpr&#252;fen.</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2014 &#8211; 13 C 13/14 &#8211;, juris Rdnr. 7, m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die Berechnung der Dienstleistungen f&#252;r nicht zugeordnete Studieng&#228;nge hat auf der Grundlage der sich aus deren jeweiligen Studien&#8209; oder Pr&#252;fungsordnungen f&#252;r die Lehreinheit ergebenden Dienstleistungspflicht zu erfolgen. Danach sind grunds&#228;tzlich nur solche Lehrveranstaltungen als Dienstleistungsexport vom Lehrangebot abzuziehen, die nach der jeweiligen Studien- oder Pr&#252;fungsordnung des nicht zugeordneten Studiengangs f&#252;r den erfolgreichen Abschluss des Studiums erforderlich sind.</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">OVG&#160;NRW, Beschluss vom 8.&#160;Mai 2008 &#8211; 13&#160;C 75/08 &#8211;, NRWE = juris, Rdnr.&#160;12.</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Dabei setzt die Rechtm&#228;&#223;igkeit eines Dienstleistungsabzuges entgegen vereinzelter R&#252;gen nicht voraus, dass sich der Curricularanteil, der f&#252;r den die Lehrleistung nachfragenden Studiengang anzusetzen ist, aus normativen Regelungen ergibt.</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu OVG&#160;NRW, Beschl&#252;sse vom 13. M&#228;rz 2012 &#8211; 13&#160;B&#160;55/12 &#8211; und vom 5.&#160;Juni 1997 &#8211; 13&#160;C 46/96 &#8211; NRWE = juris, Rdnr.&#160;25&#160;ff. bzw. 5.</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Grunds&#228;tzen und unter Ber&#252;cksichtigung der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen besteht kein Anlass, den in der Kapazit&#228;tsberechnung zu Grunde gelegten Dienstleistungsexport der Lehreinheit Vorklinische Medizin f&#252;r die nicht zugeordneten Studieng&#228;nge Medizinische Physik (Bachelorstudiengang), Pharmazie (Staatsexamen), Zahnmedizin (Staatsexamen), Toxikologie (Masterstudiengang) und Molekulare Biomedizin (Masterstudiengang) zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Insbesondere ergibt sich aus den auf der Internetseite der Antragsgegnerin ver&#246;ffentlichten Studien- und Pr&#252;fungsordnungen, dass in den ber&#252;cksichtigten Studieng&#228;ngen ein Lehrleistungsbedarf, der sachlich der Lehreinheit Vorklinik zugeordnet werden kann, tats&#228;chlich besteht.</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa Studienplan f&#252;r den Studiengang Pharmazie, Anhang zur Studienordnung f&#252;r den Studiengang Pharmazie an der Antragsgegnerin in der Fassung vom 14. November 2017; Modulhandbuch f&#252;r den Master-Studiengang Toxikologie an der Antragsgegnerin vom 4. Februar 2016, Modul &#8222;Anatomie&#8220;; Modulhandbuch f&#252;r die Bachelorstudieng&#228;nge Physik und Medizinische Physik vom 18. Februar 2013, Module &#8222;Anatomie&#8220; und &#8222;Physiologie&#8220;; Modulhandbuch f&#252;r den Masterstudiengang &#8222;Molekulare Biomedizin&#8220;, Stand September 2018.</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Substantiierte Einw&#228;nde gegen die H&#246;he des von der Antragsgegnerin angesetzten Fremdbedarfs an Lehrleistungen der Vorklinik sind nicht erhoben worden. Der Einwand, die Kapazit&#228;tsberechnung sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Antragsgegnerin entgegen der Vorgabe des &#167;&#160;4 Abs.&#160;1&#160;KapVO den Curricularanteil der Lehreinheit Vorklinische Medizin an den Curricularnormwerten der die Dienstleistung der Vorklinik aufnehmenden Studieng&#228;nge nicht hinreichend begr&#252;ndet habe, geht fehl. &#167;&#167;&#160;4 Abs.&#160;1, 13 Abs.&#160;4&#160;KapVO fordern f&#252;r den Kapazit&#228;tsbericht lediglich eine Begr&#252;ndung f&#252;r die Bestimmung der Curricularanteile der in die Lehreinheit Vorklinische Medizin importierenden Lehreinheiten am Curricularnormwert der Vorklinischen Medizin.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Dass die Lehreinheit Vorklinische Medizin seit dem Wintersemester 2018/2019 Lehrleistungen f&#252;r den neu eingerichteten Masterstudiengang Molekulare Biomedizin erbringt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Einrichtung eines neuen Studiengangs an einer Hochschule als einer Landeseinrichtung im weitesten Sinne ist eine bildungs-, wissenschafts- und wirtschaftspolitische Entscheidung, die an &#252;bergeordneten Zielen der Gemeinschaft orientiert und nur am Willk&#252;rverbot zu pr&#252;fen ist; sie kann nicht allein deshalb in Frage gestellt werden, weil der neue Studiengang bei etablierten Studieng&#228;ngen dort kapazit&#228;tssenkend Lehraufwand in Form von Dienstleistungen nachfragt.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2004 &#8211; 13 C 1283/04 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;10; Beschluss der Kammer vom 7. Dezember 2009 &#8211; 15 Nc 27/09 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;97.</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Es besteht jedoch die Pflicht der Hochschulen, die im Rahmen von Reformen gesetzlich vorgesehenen M&#246;glichkeiten verfassungskonform in kapazit&#228;tsfreundlichem Sinne zu nutzen und die Unvermeidbarkeit gleichwohl eintretender Kapazit&#228;tsverluste &#8211; soweit dies strittig ist &#8211; unter Ber&#252;cksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten nachpr&#252;fbar zu begr&#252;nden.</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">BVerfG, Beschluss vom 8. Februar 1984 &#8211; 1 BvR 580/83 &#8211;, BVerfGE 66, 155-190 = juris, Rdnr.&#160;59.</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Dies hat die Antragsgegnerin &#8211; entgegen vereinzelter R&#252;ge &#8211; getan. Sie hat nicht nur dargelegt, was aus hochschulpolitischer Sicht Anlass f&#252;r die Schaffung des neuen Masterstudiengangs gegeben hat, sondern auch ausgef&#252;hrt, welche &#220;berlegungen angestellt und welche Ma&#223;nahmen ergriffen worden sind, um die Lehreinheit Vorklinische Medizin in m&#246;glichst geringem Umfang, n&#228;mlich in H&#246;he von 1,4% des Curricularnormwertes des Studiengangs Molekulare Biomedizin zu belasten. So seien an der Sicherstellung des Lehrangebots f&#252;r den genannten Studiengang nicht nur die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakult&#228;t (Fach Biologie) und die Medizinische Fakult&#228;t beteiligt, sondern auch drei au&#223;eruniversit&#228;re Forschungseinrichtungen. Daraus ergebe sich ein Lehraufwand der Vorklinischen Medizin im Umfang von 0,04&#160;Semesterwochenstunden (SWS), was vor dem Hintergrund des zeitgleichen Wegfalls des Dienstleistungsexports f&#252;r den Masterstudiengang Medizinische Physik und einer Verringerung des Curricularanteils der Vorklinischen Medizin f&#252;r den Studiengang Medizinische Physik (Bachelor) vertretbar erscheine. Diese Erw&#228;gungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Den Dienstleistungsbedarf berechnet hat die Wissenschaftsverwaltung gem&#228;&#223; der Formel nach Ziff. I. 2. (2) der Anlage 1 zur KapVO, wonach sich der Aufwand f&#252;r einen nicht zugeordneten Studiengang (Dienstleistung) je Semester aus der Multiplikation der durch 2 geteilten Studienanf&#228;ngerzahlen (A<sub>q</sub>/2) mit dem Ca<sub>q</sub>, d.h. dem im Rahmen der Quantifizierung eines Studiengangs abgestimmten Curricularanteil der betreffenden Fremdlehreinheit ergibt, wie folgt:</p> <span class="absatzRechts">87</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p><strong>Bezeichnung des nicht zugeordneten Studiengangs</strong></p> </td> <td><p><strong>Ca<sub>q</sub></strong></p> </td> <td><p><strong>A<sub>q</sub>/2</strong></p> </td> <td><p><strong>Ca<sub>q</sub> x A<sub>q</sub>/2</strong></p> </td> </tr> <tr><td><p>Medizinische Physik (BA)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Lehreinheit Physik</p> </td> <td><p>0,04</p> </td> <td><p>16,50</p> </td> <td><p>0,66</p> </td> </tr> <tr><td><p>Pharmazie&#160;&#160;&#160; (Staatsexamen)Lehreinheit Pharmazie</p> </td> <td><p>0,04</p> </td> <td><p>62,00</p> </td> <td><p>2,48</p> </td> </tr> <tr><td><p>Zahnmedizin (Staatsexamen)Lehreinheit Zahnmedizin</p> </td> <td><p>0,87</p> </td> <td><p>25,50</p> </td> <td><p>22,19</p> </td> </tr> <tr><td><p>Toxikologie (Master) Lehreinheit Klinisch-Theoretische Medizin</p> </td> <td><p>0,07</p> </td> <td><p>6,00</p> </td> <td><p>&#160; 0,42</p> </td> </tr> <tr><td><p>Molekulare Biomedizin (Master)Lehreinheit Klinisch-theoretische Medizin</p> </td> <td><p>0,04</p> </td> <td><p>20,00</p> </td> <td><p>&#160;&#160; 0,80</p> </td> </tr> <tr><td></td> <td></td> <td></td> <td></td> </tr> <tr><td><p><strong>Summe</strong></p> </td> <td></td> <td></td> <td><p><strong>26,55</strong></p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur rechtlichen Unbedenklichkeit der f&#252;r die Masterstudieng&#228;nge Medizinische Physik und Toxikologie erbrachten Dienstleistungen und der daraus resultierenden Minderung der Ausbildungskapazit&#228;t in der Lehreinheit Vorklinische Medizin: Beschluss der Kammer vom 7. Dezember 2009 &#8209;&#160;15&#160;Nc&#160;27/09 &#8211;, NRWE = juris, best&#228;tigt durch OVG NRW, Beschluss vom 2. M&#228;rz 2010 &#8211; 13 C 11/10&#160;&#8209;, NRWE = juris Rdnr.&#160;23 m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Im &#220;brigen sind rechtliche Einw&#228;nde gegen die in die Berechnung der Dienstleistungsexporte f&#252;r die eingangs genannten Studieng&#228;nge eingestellten Berechnungsparameter Ca<sub>q</sub> und A<sub>q</sub>/2 weder dargetan noch nach summarischer Pr&#252;fung ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Entgegen vereinzelter Forderung ist auch eine Verringerung der Nachfragezahl beim Dienstleistungsabzug (A<sub>q</sub>/2) wegen Doppel-/Zweitstudenten nicht geboten. Die Kapazit&#228;tsverordnung verlangt eine solche Verringerung nicht. Zudem ist die Zahl etwaiger Doppel-/Zweitstudenten &#8211; wenn &#252;berhaupt &#8211; verschwindend gering und kann bei der nur m&#246;glichen ex-ante-Kapazit&#228;tsberechnung nicht hinreichend prognostiziert werden.</p> <span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2013 &#8211; 13 C 98/13 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;8 unter Bezugnahme auf OVG NRW, Beschluss vom 11. Mai 2004 &#8211; 13 C 1283/04 &#8211;, NRWE = juris.</p> <span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">4. <span style="text-decoration:underline">Bereinigtes Lehrangebot</span></p> <span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Unter Verwendung der unter 1., 2. und 3. ermittelten Werte betr&#228;gt damit das bereinigte Lehrangebot der Lehreinheit Vorklinische Medizin je Semester gem&#228;&#223; Formel 3 der Anlage 1 zur KapVO</p> <span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">376,50 DS &#8211; 26,55 = 349,95 DS.</span></p> <span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks"><strong>II. <span style="text-decoration:underline">Lehrnachfrage und Aufnahmekapazit&#228;t</span></strong></p> <span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">1. Der f&#252;r die ordnungsgem&#228;&#223;e Ausbildung eines Studierenden in dem Studiengang erforderliche und gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 1 S. 1 KapVO durch den Curricularnormwert (CNW) bestimmte Aufwand aller beteiligten Lehreinheiten ist ebenfalls rechtlich zutreffend in die Kapazit&#228;tsberechnung eingeflossen.</p> <span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Nach &#167; 13 S. 2 KapVO sind f&#252;r den Studiengang Medizin (Vorklinischer Teil) &#8211; Abschluss &#8222;Staatsexamen&#8220; &#8211; bei der Berechnung der j&#228;hrlichen Aufnahmekapazit&#228;t allein die in der Anlage 2 zur KapVO aufgef&#252;hrten Curricularnormwerte (CNW) anzuwenden.</p> <span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Der der vorliegenden Kapazit&#228;tsberechnung zugrunde liegende Curricularnormwert des Regelstudiengangs Medizin (Vorklinischer Teil), welcher seit dem Berechnungszeitraum 1990/91 zun&#228;chst 2,17 betrug und zum Wintersemester 2003/04 durch die Dritte Verordnung zur &#196;nderung der KapVO vom 12.&#160;August&#160;2003 auf 2,42 erh&#246;ht worden und seitdem unver&#228;ndert geblieben ist (vgl. Anlage 2 KapVO Ziffer 26 a), ist rechtlich nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Erh&#246;hung des CNW auf 2,42: Beschl&#252;sse der Kammer vom 8.&#160;Dezember&#160;2003 &#8211; 15&#160;Nc&#160;20/03&#160;&#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;53; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juli 2004 &#8211; 13 C 1676/04 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;2, und Beschluss vom 6. Mai 2004 &#8211; 13&#160;C&#160;4/04 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;2.</p> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Da es sich bei dem Curricularnormwert nicht um eine blo&#223;e Rechengr&#246;&#223;e, sondern um eine Rechtsnorm mit zahlenf&#246;rmigem Inhalt handelt, dessen Festlegung auf einem Meinungs- und Entscheidungsprozess des Normgebers beruht, der seinerseits komplexe Elemente des Einsch&#228;tzens und Abw&#228;gens, der Vorsorge und der Vorausschau sowie des Kompromisses zwischen gegens&#228;tzlichen Interessen, Auffassungen und Gewichtungen enth&#228;lt,</p> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">vgl. VGH Baden-W&#252;rttemberg, Urteil vom 23. November 2005 &#8211; NC 9 S 140/05 &#8211;, juris Rdnr.&#160;55,</p> <span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">hat der Normgeber hierbei ein weites Gestaltungsermessen, das lediglich durch das Willk&#252;rverbot begrenzt ist.</p> <span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 1981 &#8211; 7 N 1.79 &#8211;, BVerwGE 64, 77 = juris Rdnr.&#160;53 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 27. Februar 2008 &#8211; 13 C 5/08 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;15 ff.</p> <span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">F&#252;r einen Versto&#223; gegen das Willk&#252;rverbot ist nach wie vor sowohl in rechtlicher als auch in tats&#228;chlicher Hinsicht nichts erkennbar.</p> <span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Unbedenklich ist insbesondere die in den CNW eingegangene Gruppengr&#246;&#223;e g = 180 f&#252;r Vorlesungen, die in dem durch das Berechnungsmodell der KapVO vorgegebenen Beziehungsgef&#252;ge und dem Spannungsverh&#228;ltnis des von dem einzelnen Studienplatzbewerber Beanspruchbaren und des von der Universit&#228;t Erbringbaren einen zwischen allen beteiligten Interessen vermittelnden, akzeptablen, f&#228;cher&#252;bergreifenden Mittelwert darstellt.</p> <span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 11. August 2015 &#8211; 13 C 16/15 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;22, m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">2. F&#252;r die weitere Berechnung der personellen Aufnahmekapazit&#228;t ist der CNW von 2,42 gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 4 S. 1 KapVO auf die am Lehrangebot f&#252;r den Studiengang beteiligten Lehreinheiten aufzuteilen, wobei der Teil der Lehrnachfrage bzw. des CNW, der auf die Lehreinheit entf&#228;llt, welcher der Studiengang zugeordnet ist, als (Curricular-)Eigenanteil (Ca<sub>p</sub>) und der Leistungsanteil anderer Lehreinheiten f&#252;r den Studiengang als (Curricular-) Fremdanteil (Ca<sub>q</sub>) bezeichnet wird. Da der Lehrverbrauch bzw. &#8211;aufwand nur von der einen oder der anderen Lehreinheit rechnerisch geltend gemacht werden kann und eine Verminderung des Eigenanteils die Aufnahmekapazit&#228;t der Stamm-Lehreinheit erh&#246;ht, sind etwaige Curricular(fremd)anteile (Ca<sub>q</sub>) f&#252;r Dienstleistungsimporte durch die anderen Lehreinheiten in Abzug zu bringen.</p> <span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Vgl. grundlegend zu den in Abzug zu bringenden Dienstleistungsimporten und den zu ber&#252;cksichtigenden Fremdanteilen: Urteil der Kammer vom 25. Januar 2013 &#8211; 15 K 6604/11 u.a. &#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Dies zugrunde gelegt sind in Abzug zu bringen die ihrerseits nach summarischer Pr&#252;fung dem Grunde und der H&#246;he nach rechtlich nicht zu beanstandenden Curricular(fremd)anteile (Ca<sub>q</sub>) f&#252;r Dienstleistungsimporte durch die nachfolgend aufgef&#252;hrten Lehreinheiten,</p> <span class="absatzRechts">110</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>Klinisch-theoretische Medizin</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,15 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> <tr><td><p>Klinisch-praktische Medizin</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,14 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> <tr><td><p>Physik</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,15 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> <tr><td><p>Chemie</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,15 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> <tr><td><p>Biologie</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,05 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> <tr><td><p>Zentrale Einrichtungen (KUBUS und USZ)</p> </td> <td><p>in H&#246;he von 0,01 Ca<sub>q</sub></p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">und damit in einer Gesamtsumme von 0,65 Ca<sub>q</sub>.</p> <span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Unbedenklichkeit der angesetzten Fremdanteile, die denen des Studienjahres 2013/2014 entsprechen, und zur Unbedenklichkeit der Berechnung des Eigenanteils: Beschl&#252;sse der Kammer vom 9. Dezember 2013 &#8211; 15 Nc 31/13 u.a. &#8211;, NRWE = juris, Rdnr.&#160;115.</p> <span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Soweit ger&#252;gt worden ist, es fehle in den Kapazit&#228;tsunterlagen an der nach &#167;&#160;4 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 KapVO erforderlichen Begr&#252;ndung f&#252;r die vorgenommene Aufteilung des CNW des Studiengangs Vorklinische Medizin auf die am Lehrangebot beteiligten Lehreinheiten, trifft dies ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Tabelle, Bl.&#160;19 des Verwaltungsvorgangs, nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Dass die oben genannten Curricularanteile unter Anwendung eines Stauchungsfaktors von 0,977521055 und damit einer entsprechend proportionalen K&#252;rzung bestimmt worden sind, und das Ergebnis gerundet worden ist, begegnet keinen Bedenken.</p> <span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Der Kapazit&#228;tsberechnung nach Ma&#223;gabe der KapVO ist zwingend der CNW von 2,42 zugrunde zu legen. &#220;berschreitet der Curricularwert, den die Hochschule anhand eines quantifizierten Studienplans auf der Grundlage der (vom Ministerium genehmigten) Studienordnung berechnet hat, den CNW, ist es Sache der Hochschule bzw. nachfolgend des Ministeriums (vgl. &#167;&#160;6 Abs. 1 HZG NRW, Art. 6 StV, &#167;&#160;4&#160;KapVO, unter Abw&#228;gung des Teilhabeanspruchs der Bewerber aus Art.&#160;12 Abs. 1, 3 Abs.&#160;1&#160;GG sowie der Lehrfreiheit der Hochschule aus Art.&#160;5 Abs.&#160;3&#160;GG die Beachtung des CNW zu gew&#228;hrleisten. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Hochschule im Falle der &#220;berschreitung des CNW kapazit&#228;tsfreundlich Eigen- und Fremdanteil anteilig k&#252;rzt (&#8222;Stauchung&#8220;) und das Ministerium entsprechende Zulassungszahlen festsetzt.</p> <span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 3. September 2013 &#8211; 13 C 52/13 u.a. &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;14 ff., m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Daf&#252;r, dass der Curriculareigenanteil f&#252;r das Wintersemester 2018/2019 von (2,42 &#8211; 0,65&#160;=) 1,77 unter &#220;berschreitung des der Hochschule zustehenden Gestaltungsspielraums missbr&#228;uchlich oder willk&#252;rlich bestimmt worden ist,</p> <span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2014 &#8211; 13 C 115/13 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;7 ff., 11,</p> <span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">ist nichts ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">3. Aus dem Curriculareigenanteil von 1,77 und dem bereinigten Lehrdeputat von 349,95&#160;DS ergibt sich in Anwendung der in Anlage 1 zur KapVO angef&#252;hrten Formel 5 eine j&#228;hrliche Aufnahmekapazit&#228;t von</p> <span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2 x 349,95 DS) : 1,77 = 395,42373</span></p> <span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">bzw. gerundet 395 Studienpl&#228;tzen.</p> <span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks"><strong>III. <span style="text-decoration:underline">&#220;berpr&#252;fung des Berechnungsergebnisses</span></strong></p> <span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der gem&#228;&#223; &#167; 14 Abs. 3 Nr. 3 KapVO durchzuf&#252;hrenden &#220;berpr&#252;fung des Berechnungsergebnisses erh&#246;ht sich gem&#228;&#223; &#167; 16 KapVO (Schwundquote) die Zahl der Studienpl&#228;tze f&#252;r das 1. Fachsemester auf maximal 411. Eine &#220;berpr&#252;fung des Berechnungsergebnisses auf der Grundlage von &#167; 17 KapVO anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren, wie vereinzelt gefordert, scheidet offenkundig aus, da die Vorschrift nur f&#252;r den klinischen Teil des Studiengangs Anwendung findet.</p> <span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Der mit 1/0,96 in die &#220;berpr&#252;fung eingestellte Schwundausgleichsfaktor ist nach abschlie&#223;ender &#220;berpr&#252;fung auch ohne weitere Sachaufkl&#228;rung rechtlich nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Seine Berechnung ist mangels normativer Vorgaben sachangemessen nach dem &#8222;Hamburger Modell&#8220; unter Ber&#252;cksichtigung der Studierendenzahlen in f&#252;nf Stichprobensemestern (WS 2015/2016 bis WS 2017/2018) und den vier vorklinischen Fachsemestern erfolgt.</p> <span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2013 &#8211; 13 C 50/13 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;35, Beschluss vom 4.&#160;November 2013 &#8211; 13 A 455/13 &#8211;, NRWE = juris, Rdnr.&#160;5 ff., und Beschluss vom 5. Februar 2013 &#8209;&#160;13 B 1446/12 &#8211;, NRWE = juris, Rdnr.&#160;3 ff.; Leitfaden der Universit&#228;t Gie&#223;en zur Kapazit&#228;tsberechnung, S.&#160;12 ff., https://www.uni-giessen.de/org/admin/kb/kap/file/kapazitaetsberechnung.pdf.</p> <span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Dass die Antragsgegnerin ausweislich der Erkenntnisse der Kammer aus den Kapazit&#228;tsverfahren zum Wintersemester 2016/2017 ihrer Schwundberechnung Studierendenzahlen zu Grunde legt, welche nur die im jeweiligen Fachsemester zur&#252;ckgemeldeten Studierenden, demnach nicht die beurlaubten Studierenden abbilden, ist jedenfalls nicht kapazit&#228;tsunfreundlich.</p> <span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Zwar ist es kapazit&#228;tsrechtlich nicht geboten, beurlaubte Studierende im Rahmen der Schwundberechnung der Hochschule als keine Lehrkapazit&#228;t Nachfragende zu behandeln. Beurlaubungen fallen vielmehr nicht unter die Kategorie des Schwundes nach &#167;&#167; 14 Abs. 3 Nr. 3, 16 KapVO, da Beurlaubte die Lehrveranstaltungen lediglich zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt in Anspruch nehmen und keine echte Schwundentlastung der Lehreinheit bei der studentischen Nachfrage darstellen.</p> <span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. M&#228;rz 2016 &#8211; 13 C 20/16 &#8211;, juris, Rdnr. 23, Beschluss vom 15.&#160;April 2010 &#8211; 13 C 133/10 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;29, m.w.N., und Beschluss vom 1. M&#228;rz 2006 &#8209;&#160;13 C 38/06&#160;&#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;19.</p> <span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Wird jedoch die Zeit der Beurlaubung als Schwund behandelt, ist dies als solches kapazit&#228;tsfreundlicher, da eine &#8211; tats&#228;chlich nicht gegebene &#8211; Entlastung der Lehreinheit der Schwundberechnung zu Grunde gelegt wird. Ob die so in Abweichung von &#167;&#160;16&#160;KapVO ermittelten Schwundquoten immer auch im Ergebnis kapazit&#228;tsg&#252;nstiger als bei verordnungskonformer Berechnung sein werden, kann dahinstehen.</p> <span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Vgl. BayVGH, Beschluss vom 5. August 2015 &#8211; 7 CE 15.10118 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;22, und OVG Sachsen, Beschluss vom 20. Februar 2013 &#8211; NC 2 B 62/12 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;10: (nicht gebotene) Berechnung ohne Beurlaubte ist kapazit&#228;tsg&#252;nstiger.</p> <span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Sie sind jedenfalls nicht kapazit&#228;tsunfreundlicher. Zwar mag es &#8211; wie vereinzelt behauptet&#160;&#8211; sein, dass durch die &#8222;R&#252;ckkehr&#8220; eines Beurlaubten in das f&#252;r ihn dann ma&#223;gebliche Fachsemester (Beurlaubung nach dem 1. Fachsemester, R&#252;ckmeldung nach Ende der Beurlaubung in das 2. Fachsemester) ein &#8222;echter&#8220;, etwa durch endg&#252;ltige Aufgabe des Studiums durch einen anderen Studierenden entstehender Schwund verdeckt w&#252;rde. Bezogen auf den Gesamtbetrachtungszeitraum des Hamburger Modells wird dies jedoch kompensiert durch den zu einem fr&#252;heren Zeitpunkt, n&#228;mlich in dem oder den Semester/n der Beurlaubung entstandenen &#8222;unechten&#8220; und in der Schwundberechnung ber&#252;cksichtigten Schwund. Die Lehrnachfrage beurlaubter Studierender wird mithin lediglich zu einem anderen Zeitpunkt ber&#252;cksichtigt, als wenn die beurlaubten Studierenden w&#228;hrend der Zeit ihrer Beurlaubung in dem jeweiligen Fachsemester (aufr&#252;ckend) als Bestand gez&#228;hlt werden.</p> <span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Fehlerhaft ist die Schwundausgleichsberechnung auch nicht deshalb, weil sie &#8211; obwohl der Studiengang Humanmedizin tats&#228;chlich nur noch als Modellstudiengang mit sechs Semestern Regelstudienzeit angeboten wird &#8211; lediglich vier Fachsemester betrachtet. Denn die Kapazit&#228;tsberechnung f&#252;r das Studienjahr 2018/2019 erfolgt &#8211; wie eingangs &#252;berpr&#252;ft &#8211; rechtm&#228;&#223;ig anhand des Regelstudiengangs.</p> <span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Soweit vereinzelt die Richtigkeit der zugrunde gelegten Daten mit Nichtwissen bestritten und eine Ber&#252;cksichtigung von Teilstudienpl&#228;tzen angemahnt worden ist, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten f&#252;r eine Unrichtigkeit der zu &#252;berpr&#252;fenden Daten wie auch daf&#252;r, dass an der Antragsgegnerin Teilstudienpl&#228;tze im Studiengang Medizin &#252;berhaupt vergeben werden. Anlass zu weiteren Nachforschungen bestand damit nicht.</p> <span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2014 &#8211; 13 C 13/14 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;20.</p> <span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Dass der anhand der amtlichen Statistik zu errechnende Schwundausgleichsfaktor die Quote derjenigen, die bis zum Ende der Regelstudienzeit im Studiengang verbleiben, entgegen den tats&#228;chlichen Gegebenheiten und damit unzutreffend wiedergibt, ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dabei fehlt einem in die Berechnung eingestellten Schwundausgleichsfaktor nicht schon per se die innere Plausibilit&#228;t, wenn in dessen Berechnung etwa aus Anlass von H&#246;herstufungen oder von Fach- und Hochschulwechseln semesterliche &#220;bergangsquoten einzustellen sind, die &#252;ber 1 liegen und zur Folge haben, dass wegen der deshalb die Zahl an Zug&#228;ngen &#252;berwiegenden Zahl an Abg&#228;ngen in h&#246;heren Fachsemestern keine Entlastung in der Lehrnachfrage zu verzeichnen ist, die gem&#228;&#223; &#167; 14 Abs. 3 Nr. 3 KapVO zu ber&#252;cksichtigen w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. M&#228;rz 2006 &#8211; 13 C 38/06 &#8211;, NRWE = juris Rdnr.&#160;14 ff.</p> <span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Damit ergibt sich durch Multiplikation mit dem Schwundausgleichsfaktor von 1/0,96 eine personalbezogene Jahresaufnahmekapazit&#228;t f&#252;r Studienanf&#228;nger (1. Fachsemester) von</p> <span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">395 x (1/0,96) = 411,45,</span></p> <span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">gerundet 411 Studienpl&#228;tzen.</p> <span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks"><strong>IV. <span style="text-decoration:underline">Besetzung</span></strong></p> <span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von 411 Studienpl&#228;tzen, die wegen des Jahreszulassungsbetriebes s&#228;mtlich auf das Wintersemester 2018/2019 entfallen, stehen Studienpl&#228;tze f&#252;r eine gerichtliche Vergabe nicht zur Verf&#252;gung. Nach der von der Antragsgegnerin abgegebenen dienstlichen Erkl&#228;rung vom 26. Oktober 2018 waren zu diesem Zeitpunkt im Studiengang Medizin im 1. Fachsemester bereits 417 Studierende immatrikuliert bzw. r&#252;ckgemeldet.</p> <span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache, dass somit 6 Studienpl&#228;tze mehr als errechnet vergeben worden sind, f&#252;hrt nicht zu der Annahme, es gebe noch &#252;ber die Zahl von 417 Studienpl&#228;tzen hinaus verdeckte Ausbildungskapazit&#228;t. Im Hinblick auf die Befugnis der Hochschulen, zum Zwecke einer nach Abschluss des Auswahlverfahrens der 2.&#160;Stufe (&#167;&#160;10 Abs.&#160;5&#160;VergabeVO NRW) im Interesse der Studienplatzbewerber z&#252;gigen Besetzung der noch freien Pl&#228;tze im Nachr&#252;ckverfahren (&#167;&#160;10 Abs.&#160;6 und 7&#160;VergabeVO NRW) unter Anwendung der Auswahlkriterien nach &#167; 2 ihrer Satzung zur Durchf&#252;hrung von Auswahlverfahren in zulassungsbeschr&#228;nkten Studieng&#228;ngen nach dem Dritten Gesetz &#252;ber die Zulassung zum Hochschulstudium in NRW vom 2. M&#228;rz 2009, zuletzt ge&#228;ndert durch Satzung vom 5.&#160;Mai 2017, (Auswahl nach dem Grad der Qualifikation) eine &#220;berbuchung vorzunehmen,</p> <span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2017 &#8211; 13 C 14/17 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;25,</p> <span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">bietet eine &#220;berbesetzung im Umfang von 6 Studienpl&#228;tzen keinen Anhaltspunkt f&#252;r die Annahme, die Antragsgegnerin habe die Sollzahl nach der Zulassungsverordnung als variable Gr&#246;&#223;e behandelt.</p> <span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Januar 2011 &#8211; 13 B 1640/10 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;32.</p> <span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks"><strong>B.</strong> Ein Anspruch auf Zulassung zum Studium innerhalb der festgesetzten Ausbildungskapazit&#228;t besteht ebenfalls nicht. S&#228;mtliche verf&#252;gbaren Studienpl&#228;tze sind besetzt und substantiierte Einw&#228;nde gegen die Rechtm&#228;&#223;igkeit des Vergabeverfahrens sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks"><strong>C.</strong> Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und ber&#252;cksichtigt die Streitwertpraxis des Oberverwaltungsgerichts f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen, nach der auch in vorl&#228;ufigen Rechtsschutzverfahren betreffend die Zulassung zum Studium, deren Ziel sich selbst bei einer (nur) angestrebten Beteiligung an einem Losverfahren weitestgehend auf die Vorwegnahme der Hauptsache richtet, der f&#252;r das Hauptsacheverfahren ma&#223;gebliche Streitwertbetrag von 5.000,00 Euro anzusetzen ist.</p> <span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Juli 2017 &#8211; 13 C 14/17 &#8211;, juris, Rdnr.&#160;33.</p> <span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gegen die Entscheidung &#252;ber den Antrag auf vorl&#228;ufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht D&#252;sseldorf (Bastionstra&#223;e&#160;39, 40213&#160;D&#252;sseldorf oder Postfach&#160;20&#160;08&#160;60, 40105&#160;D&#252;sseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, &#252;ber die das Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen in M&#252;nster entscheidet.</p> <span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der Verordnung &#252;ber die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und &#252;ber das besondere elektronische Beh&#246;rdenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung &#8211; ERVV) eingelegt werden.</p> <span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz&#160;5, 48143&#160;M&#252;nster oder Postfach&#160;6309, 48033&#160;M&#252;nster) eingeht.</p> <span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begr&#252;nden. Die Begr&#252;ndung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz&#160;5, 48143&#160;M&#252;nster oder Postfach&#160;6309, 48033&#160;M&#252;nster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gr&#252;nde darlegen, aus denen die Entscheidung abzu&#228;ndern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht pr&#252;ft nur die dargelegten Gr&#252;nde.</p> <span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegr&#252;ndungsschrift sind durch einen Prozessbevollm&#228;chtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren m&#252;ssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollm&#228;chtigte vertreten lassen. Die Beteiligten k&#246;nnen sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europ&#228;ischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens &#252;ber den europ&#228;ischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Bef&#228;higung zum Richteramt besitzt, als Bevollm&#228;chtigten vertreten lassen. Auf die zus&#228;tzlichen Vertretungsm&#246;glichkeiten f&#252;r Beh&#246;rden und juristische Personen des &#246;ffentlichen Rechts einschlie&#223;lich der von ihnen zur Erf&#252;llung ihrer &#246;ffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschl&#252;sse wird hingewiesen (vgl. &#167;&#160;67&#160;Abs.&#160;4&#160;Satz&#160;4&#160;VwGO und &#167;&#160;5&#160;Nr.&#160;6 des Einf&#252;hrungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz &#8211; RDGEG &#8211;).</p> <span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegr&#252;ndungsschrift sollen m&#246;glichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Gesch&#228;ftsstelle bei dem Verwaltungsgericht D&#252;sseldorf (Bastionstra&#223;e&#160;39, 40213&#160;D&#252;sseldorf oder Postfach&#160;20&#160;08&#160;60, 40105&#160;D&#252;sseldorf) Beschwerde eingelegt werden, &#252;ber die das Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen in M&#252;nster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.</p> <span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der Verordnung &#252;ber die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und &#252;ber das besondere elektronische Beh&#246;rdenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung &#8211; ERVV) oder zu Protokoll der Gesch&#228;ftsstelle eingelegt werden; &#167;&#160;129a&#160;der&#160;Zivilprozessordnung gilt entsprechend.</p> <span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nur zul&#228;ssig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert sp&#228;ter als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.</p> <span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,--&#160;Euro nicht &#252;bersteigt.</p> <span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift soll m&#246;glichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">War der Beschwerdef&#252;hrer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das &#252;ber die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gew&#228;hren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begr&#252;nden, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der vers&#228;umten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.</p>
161,468
vg-dusseldorf-2018-12-18-2-l-299118
{ "id": 842, "name": "Verwaltungsgericht Düsseldorf", "slug": "vg-dusseldorf", "city": 413, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
2 L 2991/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-16T07:00:24
2019-01-17T12:06:27
Beschluss
ECLI:DE:VGD:2018:1218.2L2991.18.00
<h2>Tenor</h2> <p><strong>Der Antrag wird abgelehnt.</strong></p> <p><strong>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</strong></p> <p><strong>Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,--Euro festgesetzt.</strong></p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Gr&#252;nde:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 12. Oktober 2018 bei Gericht eingegangene Antrag,</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><strong>dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das durch Mitteilung vom 13. September 2018 abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren zur Besetzung einer nach A 13 Landesbesoldungsgesetz NRW bewerteten Bef&#246;rderungsstelle an der Realschule C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit dem Aufgabengebiet &#8222;Beratungs- und Koordinierungsaufgaben im Bereich Qualit&#228;tssicherung und Umsetzung des schuleigenen Evaluationskonzeptes&#8220; fortzusetzen,</strong></p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Begehren ist m&#246;glicherweise bereits unzul&#228;ssig (fehlendes Rechtsschutzinteresse), weil sich die Antragstellerin vor Anrufung des Gerichts nicht an den Antragsgegner gewandt hat, um diesen zur Fortsetzung des abgebrochenen Verwaltungsverfahrens zu bewegen. Nach Aktenlage hat sich der Verfahrensbevollm&#228;chtigte gegen&#252;ber dem Antragsgegner unter dem 4. Oktober 2018 lediglich f&#252;r die Antragstellerin bestellt und um Akteneinsicht gebeten, obwohl der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens gegen&#252;ber der Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 13. September 2018 bekanntgegeben worden ist. Allerdings l&#228;sst es die Kammer vor dem Hintergrund nur eingeschr&#228;nkt vorhandener Rechtsschutzm&#246;glichkeiten dabei nicht bewenden. Stellt ein Bewerber nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Abbruchmitteilung einen Antrag nach &#167; 123 VwGO, darf der Dienstherr darauf vertrauen, dass der Bewerber den Abbruch des Auswahlverfahrens nicht angreift, sondern sein Begehren im Rahmen einer neuen Ausschreibung weiterverfolgt.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 &#8211; 2 A 3.13 &#8211;, juris, Rn. 24.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist aber auf jeden Fall unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach &#167;&#160;123 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverh&#228;ltnis zul&#228;ssig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverh&#228;ltnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gr&#252;nden n&#246;tig erscheint. Hierbei sind gem&#228;&#223; &#167;&#160;123 Abs.&#160;3 VwGO in Verbindung mit &#167;&#160;920 Abs.&#160;2, &#167; 294 ZPO die tats&#228;chlichen Voraussetzungen f&#252;r das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbed&#252;rftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist abzulehnen, weil die Verpflichtung des Antragsgegners, das abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren mit der Ausschreibungskennzeichnung 47.4.06-A13/21 fortzusetzen, eine mit Sinn und Zweck einer einstweiligen Anordnung nicht zu vereinbarende Vorwegnahme der Hauptsache beinhalten w&#252;rde.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach einer &#220;bersicht in der der Verwaltungsakte sind zwar zwei nach A 13 bewertete Stellen an der Realschule C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160; ausgeschriebenen worden, die Antragstellerin hat sich aber nur auf die vorbezeichnete Stelle beworben. Gegenl&#228;ufig hat sich die Antragstellerin im Parallelverfahren 2 L 2996/18, die Lehrerin N1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; M.&#160;&#160;&#160;&#160; Q.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , nach Aktenlage nur auf die zweite, hier nicht streitbefangene, nach A 13 bewertete Bef&#246;rderungsstelle mit der Ausschreibungskennzeichnung 47.04.06-A13/22 beworben.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dem Antragsteller w&#252;rde hiermit &#8211; wenn auch nur vorl&#228;ufig &#8211; gerade die Rechtsposition vermittelt, die er auch in einem Hauptsacheverfahren anstrebt. Eine Vorwegnahme der grunds&#228;tzlich einem Klageverfahren vorbehaltenen Entscheidung ist im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art.&#160;19 Abs.&#160;4 GG nur dann ausnahmsweise zul&#228;ssig, wenn ein wirksamer Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht zu erreichen ist, dem Antragsteller ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen und er nach dem von ihm glaubhaft gemachten Sachverhalt im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen wird.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Vgl. allgemein BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301.89 -, juris, Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 28.&#160;Oktober 2002 - 6 B 1626/02 -, NRWE, Rn. 5.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat voraussichtlich keinen Anspruch auf Fortsetzung des abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens. Dem steht ein weites Organisationsermessen des Dienstherrn gegen&#252;ber, aus dem f&#252;r das Verwaltungsgericht eine Beschr&#228;nkung seiner Pr&#252;fung dahingehend folgt, ob die Abbruchentscheidung sich als willk&#252;rlich oder rechtsmissbr&#228;uchlich darstellt.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2018 &#8211; 6 B 1239/18 -, juris, Rnrn. 5 und 9.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Davon kann hier keine Rede sein.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">F&#252;r den Abbruch des Auswahlverfahrens ist die Beteiligung des Personalrates gesetzlich nicht vorgesehen. Nach &#167; 85 Satz 1 in Verbindung mit &#167; 73 Nr. 2 LPVG NRW wirkt der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, nur mit bei Stellenausschreibungen, soweit die Personalma&#223;nahme der Mitbestimmung unterliegen kann. Ob sich f&#252;r die Gleichstellungsbeauftragte ein Beteiligungstatbestand aus &#167; 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LGG NRW ergibt, weil sich ihre Mitwirkung insbesondere auf personelle Ma&#223;nahmen, einschlie&#223;lich Stellenausschreibungen, Auswahlverfahren und Vorstellungsgespr&#228;che bezieht, kann offenbleiben, weil ein etwaiger Verfahrensfehler &#8211; die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten am Abbruch des Stellenbesetzungsverfahren ist aktenkundig nicht dokumentiert - die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, &#167;&#160;46 VwVfG NRW. Das folgt aus den nachstehenden Ausf&#252;hrungen:</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In der Rechtsprechung ist gekl&#228;rt, dass das Bewerbungsverfahren durch einen wirksamen Abbruch beendet werden kann, wenn der Dienstherr die Stelle zwar weiterhin vergeben will, hierf&#252;r aber ein neues Auswahlverfahren f&#252;r erforderlich h&#228;lt. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens bedarf allerdings eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG gen&#252;gt. Der Dienstherr kann demnach das Auswahlverfahren u. a. abbrechen, wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich wird, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten. Die Rechtm&#228;&#223;igkeit des Abbruchs setzt dar&#252;ber hinaus voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">BVerwG, a.a.O., Rnrn. 17 bis 20.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ein sachlich zwingender Grund ist hier gegeben, weil zumindest die f&#252;r die Antragstellerin vom Schulleiter der Realschule C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#160; erstellte dienstliche Beurteilung vom 11. Juli 2018 nicht als Beurteilungsgrundlage f&#252;r das Auswahlverfahren zur Besetzung der ausgeschriebenen Stelle herangezogen werden kann.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ob sich der Grund f&#252;r eine vom Antragsgegner angenommene Voreingenommenheit aus der Dienstbesprechung vom 11. April 2018 ergibt, l&#228;sst sich nicht abschlie&#223;end beurteilen. Beruhen Angaben in einer Beurteilung nicht auf Tatsachen, sondern auf der Voreingenommenheit eines Vorgesetzten, so ist die dienstliche Beurteilung aufzuheben, denn dann hat der Dienstherr gegen seine selbstverst&#228;ndliche Pflicht versto&#223;en, den Beamten gerecht, unvoreingenommen und m&#246;glichst objektiv zu beurteilen. Die Besorgnis der Befangenheit gen&#252;gt insoweit allerdings nicht, vielmehr ist die tats&#228;chliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Eine solche tats&#228;chliche Voreingenommenheit liegt vor, wenn der Beurteiler nicht willens oder nicht in der Lage ist, den Beamten sachlich und gerecht zu beurteilen. Dienstliche Beurteilungen werden nach ihrem Sinn und Zweck - anders als Entscheidungen im Verwaltungsverfahren oder im Verwaltungsprozess - grunds&#228;tzlich durch Vorgesetzte und/oder Dienstvorgesetzte des Beamten erstellt, mithin in aller Regel aufgrund unmittelbarer dienstlicher Zusammenarbeit. St&#228;ndige dienstliche Zusammenarbeit und die F&#252;hrungsaufgaben eines Vorgesetzten bringen naturgem&#228;&#223; auch die M&#246;glichkeit von Konflikten mit sich. Entsprechend k&#246;nnen grunds&#228;tzlich weder eine kritische Einsch&#228;tzung der Arbeitsweise und des sonstigen dienstlichen Verhaltens des beurteilten Beamten durch den beurteilenden Vorgesetzten, noch das Bestehen dienstlich veranlasster Spannungen bereits Anlass geben, eine Voreingenommenheit des Vorgesetzten anzunehmen. Dadurch und auch durch gelegentlich erregte oder sonst emotional gef&#228;rbte Reaktionen wird grunds&#228;tzlich noch nicht die Erwartung in Frage gestellt, der Vorgesetzte wolle und k&#246;nne seine Pflichten einschlie&#223;lich derjenigen zur sachlichen und gerechten dienstlichen Beurteilung erf&#252;llen.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Kammerbeschluss vom 4. April 2017 &#8211; 2 L 3174/16 &#8211; juris, Rn. 46 m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">F&#252;r den Verlauf der am 11. April 2018 abgehaltenen Dienstbesprechung ist zun&#228;chst das angefertigte Protokoll in den Blick zu nehmen. Wenn es darin hei&#223;t, dass sich jeder auf die beiden ausgeschriebenen, nach A 13 bewerteten Stellen bewerben k&#246;nne und zwei unbenannte Kollegen dazu im Vorfeld bereits motiviert worden seien, so l&#228;sst sich daraus nicht hinreichend sicher ableiten, dass f&#252;r den Schulleiter und Beurteiler bereits vor Abfassung der notwendig zu erstellenden dienstliche Beurteilungen festgestanden habe, welche beiden Bewerber er mit der h&#246;chsten Punktzahl beurteilen werde. Dieser Darstellung der Lehrerin und Mitkonkurrentin B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; stehen die dienstliche Stellungnahme des Schulleiters Dahmen vom 10. September 2018 sowie die von der Antragstellerseite im Gerichtsverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen mehrerer Lehrkr&#228;fte an der Schule entgegen. Zudem ist die Mitkonkurrentin Q.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; nicht mit der h&#246;chsten Punktzahl 5, sondern nur mit 4 Punkten im Gesamturteil bewertet worden.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Allerdings bietet die dienstliche Beurteilung der Antragstellerin in objektiver Hinsicht einen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass der Schulleiter bei der Vergabe des besten Gesamturteils &#8222;Im Beurteilungszeitraum wurde eine Leistung und Bef&#228;higung gezeigt, die die Anforderungen in besonderem Ma&#223;e &#252;bertreffen und mit f&#252;nf Punkten bewertet werden.&#8220;, zu Lasten einer Mitbewerberin an derselben Schule, n&#228;mlich den Lehrerin B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , zu Unrecht Leistungen der Antragstellerin ber&#252;cksichtigt hat. Im Beurteilungszeitraum hat der Schulleiter die Antragstellerin offenbar mit Aufgaben betraut, die grunds&#228;tzlich der Schulleitung obliegen, obwohl diese Aufgaben&#252;bertragung nicht im Einverst&#228;ndnis mit dem schulfachlichen Dezernenten erfolgt ist. Unter der Rubrik &#8222;2. T&#228;tigkeit au&#223;erhalb des Unterrichts/Sonderaufgaben&#8220; erw&#228;hnt der Beurteiler, die Antragstellerin habe gemeinsam mit einer Kollegin die t&#228;glichen Unterrichtsvertretungen organisiert. Dabei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine Leitungsaufgabe, die der Schulleiter gem&#228;&#223; &#167; 60 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW im Einzelfall auf Lehrer zur eigenst&#228;ndigen Wahrnehmung &#252;bertragen kann. Allerdings ist wegen der zwangsl&#228;ufig notwendigen (Teil-)Entlastung der beauftragten Lehrkraft von ihrer Unterrichtungsverpflichtung wohl das Einvernehmen des schulfachlichen Dezernenten erforderlich. Das folgt aus den Umst&#228;nden des Einzelfalles. Im Bewusstsein, sich des Einverst&#228;ndnisses des schulfachlichen Dezernenten versichern zu m&#252;ssen, hat sich der Schulleiter am 8. Juni 2018 an diesen gewandt und f&#252;r das nachfolgende Schuljahr 2018/2019 eine Beauftragung mit Schulleitungsaufgaben unter gleichzeitiger Gew&#228;hrung einer Entlastung im Umfang von 8 Unterrichtsstunden beantragt. Der schulfachliche Dezernent hat die beantragte Beauftragung am 19. Juli 2018 schriftlich abgelehnt. Aus seiner Sicht folgerichtig bem&#228;ngelt er im Beurteilungszeitraum die fehlende Beauftragung f&#252;r T&#228;tigkeiten der Antragstellerin, die dem Bereich der Schulleitung zugeordnet sind. Trotz entsprechenden Fehlerhinweises hat sich der Beurteiler zu diesem Punkt nicht ge&#228;u&#223;ert. Das gilt auch f&#252;r zwei weitere Fehlerhinweise, f&#252;r die ein Aufkl&#228;rungsbedarf in Bezug auf alle drei vom Schulleiter und Beurteiler E.&#160;&#160;&#160;&#160; erstellten dienstlichen Beurteilungen f&#252;r die Lehrkr&#228;fte T.&#160;&#160;&#160;&#160; , B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und Q.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; besteht. So ist unklar, ob die vorbezeichneten dienstlichen Beurteilungen auf der Grundlage von zwei vorgeschriebenen Unterrichtsbesuchen erstellt worden sind.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. Nr. 9.2 erster Spiegelstrich der Richtlinien f&#252;r die dienstliche Beurteilung der Lehrerinnen und Lehrer sowie Leiterinnen und Leiter an &#246;ffentlichen Schulen und Zentren f&#252;r schulpraktische Lehrerausbildung des f&#252;r Schule zust&#228;ndigen Ministeriums, Runderlass des Ministeriums f&#252;r Schule und Bildung vom 19. Juli 2017 &#8211; 213-1.18.07.03-6214 -, BASS 21-02 Nr. 2 (im Folgenden: BRL).</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In allen drei F&#228;llen erscheint insoweit nur ein Datum mit dem nachfolgenden Wort &#8222;und&#8220;. Eine Antwort auf die den Fehlerhinweisen zu entnehmende Frage, ob pro Lehrkraft zwei Unterrichtsbesuche an einem Tag stattgefunden haben, bleibt der Schulleiter bis heute schuldig. Des Weiteren versto&#223;en die dienstlichen Beurteilungen formal auch gegen Nr. 7.1 BRL. Danach ist Beurteilungszeitraum der Zeitraum seit Ende des Beurteilungszeitraums der vorangegangenen dienstlichen Beurteilung (Satz 1). Liegt dieses Ende l&#228;nger als drei Jahre zur&#252;ck, sind die Leistungen der letzten drei Jahre zu beurteilen (Satz 2). Der Antragsgegner hat den Schulleiter in allen drei F&#228;llen seiner Beurteilung auf diese Vorgabe und deren Nichteinhaltung durch ihn aufmerksam gemacht, ohne dass der Schulleiter dem entgegengetreten ist. Zwar erscheint die Begrenzung des Beurteilungszeitraumes als allgemeiner Grundsatz f&#252;r die Beurteilung im Lichte des Postulats, Beurteilungsl&#252;cken m&#246;glichst zu vermeiden, nicht unproblematisch. Jedoch ist von einem Schulleiter gegen&#252;ber seinem Dienstvorgesetzten ein kooperatives Verhalten zu erwarten, was seinen Niederschlag u. a. in der beamtenrechtlichen Pflicht, Vorgesetzte zu beraten und zu unterst&#252;tzen, findet (&#167; 35 Satz 1 BeamtStG). Seine Einlassung im vorliegenden Eilverfahren, eine Stellungnahme zu den Fehlerhinweisen er&#252;brige sich, weil die Abbruchentscheidung bereits vorher erfolgt sei und der Antragsgegner f&#252;r sich bereits entschieden habe, dass die dienstlichen Beurteilungen rechtswidrig seien, verf&#228;ngt nicht. Denn der aufgezeigte Aufkl&#228;rungsbedarf besteht ungeachtet des vorgenommenen Abbruchs. Der Schulleiter und Beurteiler E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; verkennt die Reichweite seines Verhaltens, wenn er seinen Fokus nur auf den bereits erfolgten Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens richtet. Die von ihm erstellten dienstlichen Beurteilungen entfalten n&#228;mlich &#252;ber einen konkreten personalrelevanten Anlass hinaus auch f&#252;r k&#252;nftige Personalentscheidungen Relevanz, weil sie allgemein die Grundlage f&#252;r Auswahlentscheidungen nach dem Leistungsgrundsatz bilden, und zwar nicht nur punktuell f&#252;r den Anlass, der zu ihrer Anfertigung gef&#252;hrt hat, sondern unter Beachtung ihrer Aktualit&#228;t auch f&#252;r Anl&#228;sse dar&#252;ber hinaus (vgl. Nr. 3.4 BRL). Schlie&#223;lich kritisiert der Antragsgegner des Weiteren das Verhalten des Schulleiters in Bezug auf eine weitere Bewerberin. Trotz mehrfacher Aufforderung hat er danach die m&#252;ndlich erteilte Auskunft, dass insoweit die Bewerbung zur&#252;ckgezogen worden sei, nicht durch ein entsprechendes Schreiben der Lehrkraft belegt.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">In einer Gesamtschau aller bekannten Umst&#228;nde des Einzelfalles &#252;berschreitet der Antragsgegner mit dem Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sein Organisationsermessen nicht, wenn er eine Auswahlentscheidung auf der Grundlage von dienstlichen Beurteilungen ablehnt, die er nachvollziehbar f&#252;r objektiv fehlerhaft h&#228;lt, und sich der Beurteiler pflichtwidrig weigert, an einer sachgerechten Aufkl&#228;rung von Fehlerhinweisen zu den von ihm erstellten dienstlichen Beurteilungen durch den Dienstvorgesetzen mitzuarbeiten.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die unterlegene Antragstellerin hat gem&#228;&#223; &#167; 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf &#167; 53 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit &#167; 52 Abs.&#160;1 und 2 GKG. Wegen der angestrebten Vorwegnahme der Hauptsache hat die Kammer davon abgesehen, den Auffangstreitwert mit R&#252;cksicht auf die Verfahrensart zu reduzieren.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2018 &#8211; 6 B 355/18 - juris.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gegen die Entscheidung &#252;ber den Antrag auf vorl&#228;ufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht D&#252;sseldorf (Bastionstra&#223;e&#160;39, 40213&#160;D&#252;sseldorf oder Postfach&#160;20&#160;08&#160;60, 40105&#160;D&#252;sseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, &#252;ber die das Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen in M&#252;nster entscheidet.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der Verordnung &#252;ber die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und &#252;ber das besondere elektronische Beh&#246;rdenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung &#8211; ERVV) eingelegt werden.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz&#160;5, 48143&#160;M&#252;nster oder Postfach&#160;6309, 48033&#160;M&#252;nster) eingeht.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begr&#252;nden. Die Begr&#252;ndung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz&#160;5, 48143&#160;M&#252;nster oder Postfach&#160;6309, 48033&#160;M&#252;nster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gr&#252;nde darlegen, aus denen die Entscheidung abzu&#228;ndern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht pr&#252;ft nur die dargelegten Gr&#252;nde.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegr&#252;ndungsschrift sind durch einen Prozessbevollm&#228;chtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren m&#252;ssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollm&#228;chtigte vertreten lassen. Die Beteiligten k&#246;nnen sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europ&#228;ischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens &#252;ber den europ&#228;ischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Bef&#228;higung zum Richteramt besitzt, als Bevollm&#228;chtigten vertreten lassen. Auf die zus&#228;tzlichen Vertretungsm&#246;glichkeiten f&#252;r Beh&#246;rden und juristische Personen des &#246;ffentlichen Rechts einschlie&#223;lich der von ihnen zur Erf&#252;llung ihrer &#246;ffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschl&#252;sse wird hingewiesen (vgl. &#167;&#160;67&#160;Abs.&#160;4&#160;Satz&#160;4&#160;VwGO und &#167;&#160;5&#160;Nr.&#160;6 des Einf&#252;hrungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz &#8211; RDGEG &#8211;).</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegr&#252;ndungsschrift sollen m&#246;glichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Gesch&#228;ftsstelle bei dem Verwaltungsgericht D&#252;sseldorf (Bastionstra&#223;e&#160;39, 40213&#160;D&#252;sseldorf oder Postfach&#160;20&#160;08&#160;60, 40105&#160;D&#252;sseldorf) Beschwerde eingelegt werden, &#252;ber die das Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen in M&#252;nster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Ma&#223;gabe des &#167;&#160;55a&#160;VwGO und der Verordnung &#252;ber die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und &#252;ber das besondere elektronische Beh&#246;rdenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung &#8211; ERVV) oder zu Protokoll der Gesch&#228;ftsstelle eingelegt werden; &#167;&#160;129a&#160;der&#160;Zivilprozessordnung gilt entsprechend.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nur zul&#228;ssig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert sp&#228;ter als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,--&#160;Euro nicht &#252;bersteigt.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift soll m&#246;glichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">War der Beschwerdef&#252;hrer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das &#252;ber die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gew&#228;hren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begr&#252;nden, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der vers&#228;umten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.</p>
161,467
vg-arnsberg-2018-12-18-4-k-850017
{ "id": 841, "name": "Verwaltungsgericht Arnsberg", "slug": "vg-arnsberg", "city": 384, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 K 8500/17
2018-12-18T00:00:00
2019-01-16T07:00:23
2019-01-17T12:06:27
Urteil
ECLI:DE:VGAR:2018:1218.4K8500.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2017 verpflichtet, der Kl&#228;gerin den unter dem 29. Februar 2016 beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zu erteilen.</p> <p>Der Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.</p> <p>Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p> <p>Die Berufung wird zugelassen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin begehrt einen Vorbescheid f&#252;r die Errichtung eines Windparks.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 29. Februar 2016 beantragte die Kl&#228;gerin beim Beklagten die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides f&#252;r den Bau von f&#252;nf Windenergieanlagen (WEA) im Bereich T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; - B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; . Die Voranfrage lautete dahin, ob der Errichtung und dem Betrieb der X1.&#160;&#160; an den geplanten Standorten eine planerische Ausschlusswirkung als &#246;ffentlicher Belang entgegensteht, weil der Fl&#228;chennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle im Sinne des &#167; 35 Abs.3 S.3 des Baugesetzbuches (BauGB) vorsieht. Zur Begr&#252;ndung verwies die Kl&#228;gerin darauf, dass der geltende Fl&#228;chennutzungsplan aus dem Jahr 2015 keine Konzentrationszonen f&#252;r Windenergie enthalte. Die beigeladene Stadt T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; habe zwar die Aufstellung eines Teilfl&#228;chennutzungsplans &#8222;Windenergie&#8220; beschlossen, doch sei noch unklar, welche Fl&#228;chen hierin als Konzentrationszonen f&#252;r die Windenergie ausgewiesen w&#252;rden.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladene bat im April 2016 unter Hinweis auf ihre laufenden Planungen um Zur&#252;ckstellung des Antrags, woraufhin der Beklagte die Entscheidung &#252;ber die Voranfrage bis M&#228;rz 2017 aussetzte.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 2. Februar 2017 beschloss der Rat der Stadt T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; den Teilfl&#228;chennutzungsplan &#8222;Windenergie&#8220; (im Folgenden: TFNP), der in der Folge bekannt gemacht und genehmigt wurde.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hierin wurden drei Gebiete (Nr. 4-2 (I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I1.&#160;&#160;&#160; Mitte), 4-3 (I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I1.&#160;&#160;&#160; Ost) und 7-2 (S&#252;dliche Waldfl&#228;chen S&#252;d)) mit einer Fl&#228;che von insgesamt 7,44 km&#178; als Konzentrationszonen f&#252;r Windenergieanlagen ausgewiesen. Die kl&#228;gerseits vorgesehenen Standorte liegen nicht in diesen Gebieten, sondern in der Potentialfl&#228;che 6-1 (B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; / I2.&#160;&#160;&#160;&#160; - Nord), die im Verlauf der Planung als Konzentrationszone ausgeschieden worden war.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 6. September 2017 lehnte der Beklagte die Erteilung des begehrten Vorbescheides ab. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte er aus, dass X1.&#160;&#160; au&#223;erhalb der nunmehr ausgewiesenen Konzentrationszonen in der Regel unzul&#228;ssig seien und dass eine ausnahmsweise Zul&#228;ssigkeit weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich sei.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Kl&#228;gerin im Wesentlichen geltend:</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der TFNP stehe der Erteilung eines Vorbescheides nicht entgegen, denn er leide an verschiedenen M&#228;ngeln und sei daher unwirksam.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Es fehle bereits an seiner Vollzugsf&#228;higkeit, da die ausgewiesenen Konzentrationszonen s&#228;mtlich in einem durch den Landschaftsplan &#8222;T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8220; festgesetzten Landschaftsschutzgebiet (LSG) l&#228;gen und wegen des dortigen Bauverbots aus rechtlichen Gr&#252;nden nicht f&#252;r eine Windenergienutzung zur Verf&#252;gung st&#252;nden. Insofern sei die Untere Naturschutzbeh&#246;rde (UNB) nach umfangreicher Pr&#252;fung zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Entlassung aus dem Landschaftsschutz bzw. die Erteilung von diesbez&#252;glichen Befreiungen oder Ausnahmen angesichts hier betroffener markanter H&#246;henz&#252;ge nicht in Aussicht gestellt werden k&#246;nne. Obwohl eine Befreiungslage demnach gerade nicht vorliege und eine Realisierung der Konzentrationsplanung damit ausgeschlossen sei, habe sich die Beigeladene &#252;ber die eindeutige Auffassung der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde, die durch einen Beschluss des Kreistags best&#228;tigt worden sei, schlicht hinweggesetzt. Auch nach dem Windenergieerlass in seiner fr&#252;heren bzw. heutigen Fassung stelle aber der Widerspruch der Fachplanungstr&#228;ger eine Grenze der Bauleitplanung dar, so dass diese nicht erforderlich und zugleich abw&#228;gungsfehlerhaft sei.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Von einem allgemeinen Vorrang der Windenergienutzung gegen&#252;ber dem Natur- und Landschaftsschutz k&#246;nne insofern nicht ausgegangen werden, so dass eine generelle Relativierung von Schutzgebietsausweisungen im Befreiungswege nicht statthaft sei. Es liege an der Beigeladenen, bei den zust&#228;ndigen Stellen auf eine Aufhebung oder Anpassung der geltenden Landschaftspl&#228;ne oder Schutzgebietsverordnungen hinzuwirken. Die Befreiungstatbest&#228;nde seien dagegen nicht das geeignete Instrument, mit dem sich Landschaftspl&#228;ne entgegen ihrem urspr&#252;nglichen Schutzanspruch zu energiepolitischen Zwecken erheblich relativieren lie&#223;en. Im &#220;brigen sei die &#252;berwiegende Schutzw&#252;rdigkeit des Landschaftsbildes von der UNB &#252;berzeugend dargetan worden. Auf dieser Grundlage habe sie eine Befreiung ausdr&#252;cklich gerade nicht in Aussicht gestellt, was die Beigeladene ihrer prognostischen Einsch&#228;tzung der Geeignetheit der Konzentrationszonen habe zugrunde legen m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Des Weiteren habe die Beigeladene von vorneherein vorgesehen, nur Konzentrationszonen auszuweisen, in denen mindestens f&#252;nf X1.&#160;&#160; errichtet werden k&#246;nnen. Zwar k&#246;nne die Stadt im Rahmen ihres planerischen Ermessens eine Mindestzahl von Anlagen festlegen, doch sei eine Untergrenze von f&#252;nf X1.&#160;&#160; unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Sie entspreche nicht der im UVP- Gesetz normierten Mindestgr&#246;&#223;e von Windfarmen, sondern sei scheinbar zuf&#228;llig gew&#228;hlt und f&#252;hre zu einem Ausscheiden von elf kleineren Potentialfl&#228;chen mit rund 2 km&#178;.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Infolge der fehlerhaft vorgesehenen Mindestanzahl von X1.&#160;&#160; seien auch die festgelegten Abst&#228;nde zu Wohnnutzungen u.&#228;. zu weit bemessen worden, da bei der Abstandsberechnung Schallpegel von f&#252;nf X1.&#160;&#160; zugrunde gelegt worden seien.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zudem sei bei der Festlegung der betreffenden Abst&#228;nde nicht zwischen Mindestabst&#228;nden (harten Tabuzonen) und Vorsorgeabst&#228;nden (weichen Tabuzonen) differenziert worden. Auch seien die Abst&#228;nde nicht nach einheitlichen Ma&#223;st&#228;ben vorgesehen worden, da in Bezug auf Ferienhausgebiete auf einen schallreduzierten, im &#220;brigen aber auf einen regul&#228;ren Betrieb der Anlagen abgestellt worden sei. Bei durchgehender Ber&#252;cksichtigung eines schallreduzierten Betriebs auch in der N&#228;he zum Innenbereich h&#228;tten sich erheblich gr&#246;&#223;ere Fl&#228;chen f&#252;r die Windenergie ergeben.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Soweit Vorsorgeabst&#228;nde mit der Vermeidung einer optisch bedr&#228;ngenden Wirkung begr&#252;ndet w&#252;rden, seien diese f&#252;r Wohngeb&#228;ude im Innen- und Au&#223;enbereich ohne sachlichen Grund unterschiedlich bemessen worden und sei es auch nicht, wie geboten, zu einer Bildung von harten Tabuzonen gekommen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die ausgewiesenen Konzentrationszonen g&#228;ben der Windenergie schlie&#223;lich nicht in substantieller Weise Raum.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Insofern f&#252;hrten schon die vorbezeichneten Fehler bei einzelnen Abw&#228;gungselementen dazu, dass die Grundlage der diesbez&#252;glichen Bewertung durch die Beigeladene nicht tragf&#228;hig sei.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zudem habe die Beigeladene hierbei teilweise ungeeignete Kriterien herangezogen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dies gelte f&#252;r das Verh&#228;ltnis der ausgewiesenen Konzentrationszonen zu den nach Abzug der harten und weichen Tabukriterien verbliebenen Potentialfl&#228;chen, da dieses mit der Zahl der Festlegung weicher Tabuzonen wachse und daher nicht aussagekr&#228;ftig sei. Entsprechendes gelte f&#252;r einen Vergleich der durch die Planung erm&#246;glichten Energiemenge mit der im Stadtgebiet erzeugten (erneuerbaren) Energie, da hiermit lediglich ein relativer Entwicklungswert angegeben werde. Auch das Verh&#228;ltnis der erm&#246;glichten Energiemenge zum Stromverbrauch im Stadtgebiet sei insofern nicht geeignet, da es ma&#223;geblich von der Besiedlungsdichte der jeweiligen Kommune abh&#228;nge. Insbesondere deshalb sei ein Fl&#228;chenvergleich der Konzentrationszonen und des Stadtgebiets ebenfalls kein tauglicher Ma&#223;stab.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ausschlaggebend sei vielmehr vornehmlich das Verh&#228;ltnis der ausgewiesenen Konzentrationszonen zu den nach Abzug der harten Tabukriterien verbleibenden Au&#223;enbereichsfl&#228;chen, das vorliegend nur 5,6 % betrage und damit deutlich unterhalb eines Anhaltswertes von 10 % liege. Dies l&#246;se einen besonderen Rechtfertigungsbedarf aus, dem die Beigeladene durch den blo&#223;en Verweis auf eine vergleichsweise gro&#223;e Konzentrationszone (Nr. 4-2), den Schutz der Bev&#246;lkerung vor sch&#228;dlichen Umwelteinwirkungen und die Bedeutung des T1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; f&#252;r den Tourismus nicht gerecht werde, zumal diese Gesichtspunkte bereits in vorangegangenen Abw&#228;gungsschritten herangezogen worden seien. Daher h&#228;tte das Abw&#228;gungsergebnis erneut &#252;berpr&#252;ft werden und namentlich eine Einbeziehung weiterer Potentialfl&#228;chen, f&#252;r die &#8211; wie hinsichtlich der Fl&#228;che 6-1 &#8211; eine mittlere bis hohe Konfliktdichte angenommen worden sei, erwogen werden m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 6. September 2017 zu verpflichten, den unter dem 29. Februar 2016 beantragten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zu erteilen.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Er verweist zur Begr&#252;ndung auf den angegriffenen Bescheid.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladene stellt keinen Antrag und tritt der Klage wie folgt entgegen:</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der TFNP sei nicht vollzugsunf&#228;hig, da das nach dem Landschaftsplan geltende Bauverbot nicht un&#252;berwindbar sei. Insofern sei das objektive Vorliegen einer Befreiungslage ma&#223;geblich, wobei die Stellungnahme der zust&#228;ndigen Naturschutzbeh&#246;rde grunds&#228;tzlich ein gewichtiges Indiz darstelle.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Befreiung sei im Sinne des &#167; 67 Abs.1 Nr.1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) erforderlich, wenn eine Verwirklichung des Vorhabens zur Wahrnehmung des jeweiligen &#246;ffentlichen Interesses vern&#252;nftigerweise geboten sei. Dies sei hier mit Blick auf das erhebliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien der Fall, der nur erreicht werden k&#246;nne, wenn die Errichtung von X1.&#160;&#160; auch in Landschaftsschutzgebieten nicht grunds&#228;tzlich ausgeschlossen werde. Dies gelte insbesondere, weil in Nordrhein- Westfalen ca. 45 % der Landesfl&#228;che als LSG festgesetzt seien. Das hier betroffene LSG 2.3.1, in dem die Konzentrationszonen gr&#246;&#223;tenteils l&#228;gen, nehme nahezu den gesamten Au&#223;enbereich des Stadtgebiets ein, soweit er nicht anderweitig gesch&#252;tzt sei.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach dem hier noch ma&#223;geblichen Landschaftsplan aus 1993 sei das Landschaftsbild nicht ausdr&#252;cklicher und unmittelbarer Schutzzweck des LSG 2.3.1, sondern finde lediglich mittelbar Eingang in den Schutzzweck &#252;ber das Erhaltungsziel einer naturnahen Landschaft und der Aufrechterhaltung der Erholungseignung. Eine beachtliche Beeintr&#228;chtigung des Landschaftsbildes dahin, dass es nicht mehr als naturnah wahrgenommen werde und die Erholungseignung abnehme, sei indessen nicht zu erwarten, da die Konzentrationszonen mit 7,44 km&#178; nicht einmal 6 % der Fl&#228;che des LSG einn&#228;hmen. F&#252;r die Fl&#228;che 4-2 sei zudem zu ber&#252;cksichtigen, dass bereits planungsrechtliche Vorbescheide f&#252;r vier Windenergieanlagen erteilt worden seien. Hinsichtlich der Fl&#228;che 7-2 sei zwar ein H&#246;henzug betroffen, doch l&#228;gen gro&#223;e Teile der Konzentrationszone auf H&#246;hen, die der umliegenden Umgebung entspr&#228;chen. Beeintr&#228;chtigungen des Landschaftsbildes k&#246;nne zudem zu einem gewissen Grad noch im Genehmigungsverfahren begegnet werden. In einem Neuentwurf des Landschaftsplans sei im &#220;brigen vorgesehen, dass einvernehmlich abgestimmte Windkraftkonzentrationszonen von sie behindernden Festsetzungen des Landschaftsplans unber&#252;hrt blieben, so dass die Beigeladene bei Beschlussfassung &#252;ber den TFNP habe annehmen k&#246;nnen, dass ihrer Planung in der Neufassung des Landschaftsplans Rechnung getragen werde.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Stellungnahme der UNB sei zudem fachlich zweifelhaft, was ihre Indizwirkung herabsetze. Das methodische Vorgehen sei nicht transparent und die Bewertung ersch&#246;pfe sich letztlich darin, auf die mit jeder X1.&#160;&#160; einhergehende Ver&#228;nderung des Landschaftsbildes abzustellen. Eine an der Untersuchungsmethodik des Windenergieerlasses ausgerichtete eigene Untersuchung habe demgegen&#252;ber zu einem abweichenden Ergebnis gef&#252;hrt. Die UNB habe sich auch &#252;ber die Bestimmungen des ma&#223;geblichen Windenergieerlasses hinweggesetzt, nach denen im Regelfall von einem &#252;berwiegenden &#246;ffentlichen Interesse am Ausbau regenerativer Energien auszugehen sei und die Befreiung erteilt werden k&#246;nne. Hiermit werde das Gesetz in einer f&#252;r nachgeordnete Beh&#246;rden verbindlichen Weise interpretiert, so dass sie, die Beigeladene, aufgrund der ge&#252;bten Verwaltungspraxis mit Blick auf ihre Planungshoheit einen Anspruch auf das Inaussichtstellen einer Ausnahme oder Befreiung gehabt habe.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Indizwirkung der Stellungnahmen der UNB sei zudem deshalb weiter abgeschw&#228;cht bzw. entfallen, weil die Bezirksregierung als h&#246;here Naturschutzbeh&#246;rde explizit eine andere Auffassung vertrete, so dass die Beigeladene angesichts des hierarchischen Beh&#246;rdenaufbaus ohne weiteres von einer objektiv gegebenen Befreiungslage habe ausgehen d&#252;rfen. Eine Einstufung bestimmter Teile des LSG als Tabukriterium stie&#223;e zudem auf praktisch nicht aufl&#246;sbare Schwierigkeiten, da Tabuzonen nach generellen Kriterien zu bestimmen seien.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Eine f&#252;r f&#252;nf X1.&#160;&#160; ausreichende Mindestgr&#246;&#223;e der Konzentrationszonen k&#246;nne die Gemeinde innerhalb ihres Planungsermessens bestimmen, um eine Verspargelung der Landschaft zu verhindern. So bemessene Konzentrationszonen seien regelm&#228;&#223;ig auch wirtschaftlich vorteilhafter, wobei die hierdurch ausgeschiedenen Fl&#228;chen insgesamt nur 2 km&#178; ausgemacht h&#228;tten.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Abst&#228;nde zu Wohnnutzungen vorsorglich generell als weiches Tabukriterium gehandhabt worden seien. Soweit damit auch Bereiche erfasst worden seien, in denen eine Errichtung von X1.&#160;&#160; aus immissionsschutzrechtlichen Gr&#252;nden ausgeschlossen sei, sei dies &#8211; anders als im umgekehrten Fall der zu weiten Erstreckung harter Tabuzonen &#8211; unsch&#228;dlich, da damit mehr Fl&#228;che in die Abw&#228;gung eingestellt werde als eigentlich notwendig. Dies relativiere auch den kl&#228;gerseits betonten Anhaltswert, da der Abzug harter Tabuzonen hierdurch niedriger ausfalle. &#220;berdies sei der diesbez&#252;gliche Einwand der Kl&#228;gerin nicht fristgerecht erhoben worden.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Ber&#252;cksichtigung eines denkbaren schallreduzierten Betriebs im Umfeld von Ferienhausanlagen sei erfolgt, da bei Ansatz der insofern einschl&#228;gigen Vorsorgeabst&#228;nde zu reinen Wohngebieten die Einhaltung eines wesentlich gr&#246;&#223;eren Abstands von rund 1.500 m erforderlich geworden w&#228;re. Die Reduzierung habe daher gerade dazu gedient, keine allzu gro&#223;en Schutzabst&#228;nde anzulegen.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zu einer Festlegung differenzierter Abst&#228;nde zu Wohnh&#228;usern im Innen- und Au&#223;enbereich wegen der optisch bedr&#228;ngenden Wirkung von X1.&#160;&#160; sei es letztlich nicht gekommen, da die l&#228;rmschutzbedingten Vorsorgeabst&#228;nde mindestens 640 m betr&#252;gen und sich damit auf mehr als das Dreifache der Anlagenh&#246;he beliefen. Eine Festlegung harter Tabuzonen sei insofern nicht geboten gewesen, da es sich bei den in der Rechtsprechung entwickelten Grunds&#228;tzen zur erdr&#252;ckenden Wirkung lediglich um Orientierungswerte handele, die im Einzelfall eine abweichende Bewertung zulie&#223;en.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Windenergie werde mit der Planung schlie&#223;lich auch substantiell Raum gegeben.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Insofern sei nicht ausschlie&#223;lich auf das Verh&#228;ltnis der Konzentrationszonen zu den Au&#223;enbereichsfl&#228;chen abz&#252;glich der harten Tabuzonen abzustellen, das lediglich einen Anhaltswert darstelle. Insbesondere diesen Wert habe sie neben anderen, erg&#228;nzend betrachteten Verh&#228;ltniswerten im Rahmen ihrer Entscheidung allerdings miteingestellt. Auch seien hier etwa die disperse Siedlungsstruktur im Stadtgebiet, die schon auch Gr&#252;nden des Immissionsschutzes zu Einschr&#228;nkungen f&#252;r die Windenergie f&#252;hre, und die touristische Bedeutung des T1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ber&#252;cksichtigt worden, ohne dass diese und zahlreiche weitere betrachtete Belange unm&#228;&#223;ig gewichtet worden seien.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Im Laufe des vorliegenden Klageverfahrens hat der Beklagte die Antr&#228;ge eines Investors, die auf die Errichtung von vier X1.&#160;&#160; in der Konzentrationszone 4-2 gerichtet waren, abgelehnt. Neben anderen Versagungsgr&#252;nden ist die Ablehnung jeweils mit dem im LSG geltenden Bauverbot begr&#252;ndet worden, von dem wegen der besonderen Schutzw&#252;rdigkeit des Landschaftsbildes eine Befreiung nicht erteilt werden k&#246;nne. Die hiergegen gerichteten Klagen des Investors werden bei der erkennenden Kammer unter den Aktenzeichen 4 K 4489/18 bis 4 K 4492/18 gef&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte nebst Beiakten sowie die Gerichtsakten 4 K 4489/18 bis 4 K 4492/18 verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">E n t s c h e i d u n g s g r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Klage hat Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin hat einen Anspruch auf den von ihr begehrten Vorbescheid, so dass die Ablehnung seiner Erteilung rechtswidrig ist und sie in ihren Rechten verletzt, &#167; 113 Abs.5 S.1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Rechtsgrundlage f&#252;r die Erteilung des Vorbescheides ist &#167; 9 Abs.1 des Bundes- Immissionsschutzgesetzes (BImSchG).</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Hiernach soll auf Antrag durch Vorbescheid &#252;ber einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie &#252;ber den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden k&#246;nnen und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die hiermit umschriebenen Voraussetzungen f&#252;r die Erteilung eines (verneinenden) Vorbescheides sind bezogen auf die im Antrag der Kl&#228;gerin enthaltene Fragestellung, ob der Errichtung und dem Betrieb der X1.&#160;&#160; an den geplanten Standorten eine planerische Ausschlusswirkung als &#246;ffentlicher Belang entgegensteht, weil der Fl&#228;chennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle im Sinne des &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB vorsieht, erf&#252;llt.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Ausweisung der Konzentrationszonen 4-2, 4-3 und 7-2 im TFNP der Beigeladenen entfaltet keine planerische Ausschlusswirkung f&#252;r X1.&#160;&#160; an den von der Kl&#228;gerin vorgesehenen Standorten, denn der TFNP ist unwirksam.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Zwar sind beachtliche formelle Fehler bei Aufstellung des TFNP weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der TFNP ist jedoch materiell rechtswidrig, da er nicht im Sinne des &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB erforderlich ist.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpl&#228;ne aufzustellen, sobald und soweit es f&#252;r die st&#228;dtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Nicht erforderlich ist eine Bauleitplanung, die sich als nicht vollzugsf&#228;hig erweist, weil ihrer Verwirklichung auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tats&#228;chliche Hindernisse im Wege stehen.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 25. August 1997 &#8211; 4 NB 12/97 &#8211;, JURIS Rz.14; Urteil vom 21. M&#228;rz 2002 &#8211; 4 CN 14/00 &#8211;, JURIS Rz.10; Urteil vom 30. Januar 2003 &#8211; 4 CN 14/01 -, JURIS Rz.12; Urteil vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6.; Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4 CN 1/11 &#8211;, JURIS Rz.12.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Derartige Pl&#228;ne sind nicht geeignet, die ihnen zukommende Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung zu erf&#252;llen.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 &#8211; 4 NB 12/97 &#8211;, JURIS Rz.13; Urteil vom 21. M&#228;rz 2002 &#8211; 4 CN 14/00 &#8211;, JURIS Rz.10; vgl. zur Geeignetheit als Bestandteil der Erforderlichkeit eingehend Gierke in: Br&#252;gelmann, BauGB, Stand: Oktober 2014, &#167; 1 BauGB, Rz.120 ff. und Rz.165 ff..</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf die &#8211; hier in Rede stehende &#8211; Planung von Konzentrationszonen mit der Rechtswirkung des &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB, nach der die Ausweisung von Konzentrationszonen f&#252;r Windenergie die regelhafte Unzul&#228;ssigkeit von X1.&#160;&#160; im &#252;brigen Au&#223;enbereich der Gemeinde zur Folge hat, ist dabei in Rechnung zu stellen, dass &#8211; anders als bei &#252;blichen Bauleitpl&#228;nen, deren st&#228;dtebauliche Wirkung auf das Gebiet beschr&#228;nkt ist, das mit ihnen &#252;berplant wird &#8211; die innergebietlichen Darstellungen mit au&#223;ergebietlichen Wirkungen kombiniert werden.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.17; Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Auflage, 2013, Rz.60.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Bedient sich die Gemeinde der ihr in &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB aufgezeigten Planungsm&#246;glichkeiten, so kommt dies einer planerischen Kontingentierung gleich. Die negative und die positive Komponente der Darstellung bedingen einander. &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB bietet der Gemeinde die M&#246;glichkeit, Windenergieanlagen &#8211; die im Au&#223;enbereich grunds&#228;tzlich privilegiert zul&#228;ssig sind (&#167; 35 Abs.1 Nr.5 BauGB) &#8211; auf bestimmte Standorte zu konzentrieren. Dagegen l&#228;sst er es nicht zu, das gesamte Gemeindegebiet mit dem Instrument des Fl&#228;chennutzungsplans zu sperren.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.28.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Das Bundesverwaltungsgericht hat deshalb hervorgehoben, dass sich der Ausschluss von Windenergieanlagen auf Teilen des Plangebiets nur rechtfertigen l&#228;sst, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegen&#252;ber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.28; Urteil vom 24. Januar 2008 &#8211; 4 CN 2/07 &#8211;, JURIS Rz.11; Urteil vom 20. Mai 2010 &#8211; 4 C 7/09 &#8211;, JURIS Rz.46; Gatz, a.a.O., Rz.60.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Ist die mit einer Darstellung nach &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB einhergehende Sperrung des &#252;brigen Au&#223;enbereichs einer Gemeinde f&#252;r die Windenergie demnach nur statthaft, wenn die Umsetzbarkeit der Planung im Bereich der vorgesehenen Konzentrationszonen hinreichend gew&#228;hrleistet erscheint, so kann dies mit Blick auf &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB besondere Anforderungen begr&#252;nden, die f&#252;r eine herk&#246;mmliche, ausschlie&#223;lich gebietsbezogene Bauleitplanung nicht notwendigerweise gelten. Die Geeignetheit einer Konzentrationszonenplanung ist insofern in einem anderen, gleichsam strengeren Licht zu betrachten und in Bezug auf deren spezifische Rechtfertigungsbed&#252;rftigkeit zu &#252;berpr&#252;fen.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Von einer ausreichend verl&#228;sslichen Durchsetzung der Windenergie gegen&#252;ber konkurrierenden Nutzungen kann namentlich nicht ohne Weiteres schon dann ausgegangen werden, wenn tats&#228;chliche oder rechtliche Hindernisse, die der Realisierbarkeit einer Konzentrationszonenplanung grunds&#228;tzlich entgegenstehen, m&#246;glicherweise &#252;berwunden werden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gatz, a.a.O., Rz.60.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die aufgezeigten Besonderheiten einer entsprechenden Ausweisung k&#246;nnen es vielmehr gebieten, die Geeignetheit der Konzentrationszonen f&#252;r den von ihnen (notwendig) zu erf&#252;llenden Zweck, der Windenergie mit gen&#252;gender Gewissheit Raum zu geben, einer eingehenderen Betrachtung zu unterziehen, und erfordern es gegebenenfalls, dass die Gemeinde geeignete Ma&#223;nahmen ergreift, um die (generelle) Vollzugsf&#228;higkeit ihrer Planung herzustellen bzw. abzusichern.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Hiervon ausgehend erweist sich die im TFNP erfolgte Ausweisung von Konzentrationszonen durch die Beigeladene als nicht im Sinne des &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB erforderlich, denn es ist nicht hinreichend sichergestellt, dass sich die Windenergie dort gegen&#252;ber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt.</p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Errichtung von Windkraftanlagen in den von der Beigeladenen ausgewiesenen Konzentrationszonen 4-2, 4-3 und 7-2 steht im Grundsatz entgegen, dass diese &#8211; soweit kleinere Teilfl&#228;chen nicht ohnehin anderweitig unter Landschafts- oder Naturschutz stehen &#8211; weitestgehend in dem gro&#223;fl&#228;chigen LSG 2.3.1 des bei Erlass des TFNP ma&#223;geblichen und auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch g&#252;ltigen Landschaftsplans &#8222;T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8220; i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. M&#228;rz 1993 liegen.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Nach Ziffer 2.3.1 gilt dort der allgemeine Verbotskatalog der S.78 ff. des Landschaftsplans, nach dem, abgesehen von hier nicht einschl&#228;gigen Sonderregelungen, insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen verboten ist. Damit besteht f&#252;r praktisch s&#228;mtliche Fl&#228;chen der vorgesehenen Konzentrationszonen zun&#228;chst eine der Verwirklichung des TFNP diametral entgegenstehende Fachplanung.</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dies gilt auch in Ansehung des &#167; 20 Abs.4 S.4 des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG NRW).</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 20 Abs.4 S.4 LNatSchG NRW treten f&#252;r die Darstellungen in Fl&#228;chennutzungspl&#228;nen mit der Rechtswirkung von &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB die widersprechenden Darstellungen und Festsetzungen des Landschaftsplans mit dem Inkrafttreten des Fl&#228;chennutzungsplans au&#223;er Kraft, soweit der Tr&#228;ger der Landschaftsplanung im Beteiligungsverfahren diesem Fl&#228;chennutzungsplan nicht widersprochen hat.</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Danach besteht das sich aus dem Landschaftsplan ergebende Bauverbot fort, denn der beklagte Kreis als Tr&#228;ger der Landschaftsplanung (&#167; 7 Abs.3 S.1 LNatSchG NRW) hat dem TFNP der Beigeladenen &#8211; und damit einer generellen Suspendierung des Bauverbots kraft Gesetzes &#8211; im Rahmen des Beteiligungsverfahrens eindeutig widersprochen.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Bleibt es demnach bei dem Befund miteinander unvereinbarer Planungen, so ist insofern zun&#228;chst gekl&#228;rt, dass in einem Landschaftsplan bzw. einer Landschaftsschutzverordnung enthaltene Bauverbote ein die Vollzugsunf&#228;higkeit einer Bauleitplanung begr&#252;ndendes rechtliches Hindernis darstellen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.20; Urteil vom 30. Januar 2003 &#8211; 4 CN 14/01 &#8211;, JURIS Rz.12; Beschluss vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6.</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist in der Rechtsprechung des BVerwG auch anerkannt, dass die Planung einer baulichen Nutzung in einem Landschaftsschutzgebiet nicht an &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB scheitert, wenn eine Ausnahme oder Befreiung von dem Bauverbot in Betracht kommt.</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.20, 22; Urteil vom 30. Januar 2003 &#8211; 4 CN 14/01 &#8211;, JURIS Rz.12; Beschluss vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6; enger noch BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999 &#8211; 4 C 1/99 &#8211;, Rz.17 ff..</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Dem Plangeber obliegt es insoweit, im Verfahren der Planaufstellung vorausschauend zu ermitteln und zu beurteilen, ob die vorgesehenen Festsetzungen auf &#252;berwindbare rechtliche Hindernisse treffen w&#252;rden, und von Festsetzungen, denen ein dauerhaft rechtliches Hindernis in Gestalt entsprechender rechtlicher Verbote entgegenst&#252;nde, Abstand zu nehmen.</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 &#8211; 4 NB 12/97 &#8211;, JURIS Rz.14, zu artenschutzrechtlichen Verboten.</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Die Gemeinde darf vorausschauend ber&#252;cksichtigen, dass sich die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung f&#252;r die von ihr geplante bauliche Nutzung abzeichnet, weil objektiv eine Ausnahme- oder Befreiungslage gegeben ist und einer &#220;berwindung der naturschutzrechtlichen Verbotsregelung auch sonst nichts entgegensteht.</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.20; Urteil vom 30. Januar 2003 &#8211; 4 CN 14/01 &#8211;, JURIS Rz.12; Beschluss vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6.</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Anderenfalls kann die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Plans nur dadurch vermieden werden, dass vor Abschluss des Planaufstellungsverfahrens die der konkreten Planung widersprechenden naturschutzrechtlichen Regelungen durch die vollst&#228;ndige oder zumindest teilweise Aufhebung der Landschaftsschutzverordnung (bzw. des Landschaftsplans) beseitigt werden.</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls f&#252;r eine Fallgestaltung der vorliegenden Art, die dadurch gekennzeichnet ist, dass alle von der Gemeinde geplanten, mit der Ausschlusswirkung des &#167; 35 Abs.3 S.3 BauGB versehenen Konzentrationszonen gleichsam fl&#228;chendeckend von einem landschaftsschutzrechtlichen Bauverbot erfasst werden, erscheint allerdings schon im Grundsatz nicht unzweifelhaft, ob die Gemeinde mit dem Verweis auf im Einzelfall m&#246;gliche Befreiungen vom landschaftsrechtlichen Bauverbot im Genehmigungsverfahren hinreichend sicherstellen kann, dass sich die Windenergie gegen&#252;ber der konkurrierenden (Landschafts-) Nutzung durchsetzt.</p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die gesetzgeberische Verortung der Ausweisung von Konzentrationszonen auf der Ebene des Fl&#228;chennutzungsplans notwendigerweise zu einer vergr&#246;bernden Betrachtung der Frage zwingt, ob und inwieweit sich in den in Aussicht genommenen Konzentrationszonen X1.&#160;&#160; &#8211; deren Anzahl, genaue Standorte, Anlagentyp, Betriebsweise usf. zum Zeitpunkt der Planung i.d.R. nicht feststehen &#8211; letztlich&#160; als genehmigungsf&#228;hig erweisen. Daher d&#252;rfte es im Rahmen der dem Plangeber zuzugestehenden Befugnis zu typisierenden und pauschalierenden Bewertungen</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4 CN 1/11 &#8211;, JURIS Rz.14 unter Hinweis auf die Ausf&#252;hrungen der Vorinstanz; BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2015 &#8211; 4 BN 20/14 &#8211;, JURIS Rz.5; Oberverwaltungsgericht (OVG) L&#252;neburg, Urteil vom 3. Dezember 2015 &#8211; 12 KN 216/13 &#8211;, JURIS Rz.19,</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">etwa ang&#228;ngig sein, kleinr&#228;umige Landschaftsschutzgebiete, Naturschutzgebiete, Biotope u.&#228;. trotz darin bestehender Bauverbote nicht s&#228;mtlich und von vorneherein als f&#252;r die Windenergie schlechthin ungeeignete Bereiche (harte Tabuzonen) aus der Planung auszuscheiden, sondern sie &#8211; wie von der Beigeladenen praktiziert &#8211; gleichwohl als Teil m&#246;glicher Konzentrationszonen in den Blick zu nehmen. Hierf&#252;r spricht neben den praktischen Schwierigkeiten, die ein Ausscheiden selbst kleinster Schutzareale im Wege einer gleichsam atomisierenden Betrachtung f&#252;r die Planung nach sich z&#246;ge, bereits, dass schon wegen der ungewissen Standorte k&#252;nftiger X1.&#160;&#160; deren Betroffenheit regelm&#228;&#223;ig nicht belastbar beurteilt werden kann.</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Vorliegend steht indessen nicht allein ein sich m&#246;glicherweise in einzelnen sp&#228;teren Genehmigungsverfahren aktualisierender Konflikt zwischen Windenergie und Landschaftsschutz in Rede, sondern &#8211; wie schon dargelegt &#8211; eine dem Bau von X1.&#160;&#160; generell widerstreitende landschaftsschutzrechtliche Fachplanung auf praktisch s&#228;mtlichen f&#252;r die Windenergie vorgesehenen Fl&#228;chen.</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Es erscheint daher schon im Ausgangspunkt fraglich, ob die Gemeinde in einer derartigen Situation &#8211; selbst bei Annahme einer (ohnehin nicht standortscharf beurteilbaren) &#8222;objektiven Befreiungslage&#8220;, d.h. insbesondere der tatbestandlichen Befreiungsvoraussetzungen nach &#167; 67 Abs.1 S.1 Nr.1 BNatSchG &#8211; generell auf die im Befreiungswege m&#246;gliche Zulassung von X1.&#160;&#160; verweisen darf.</p> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Denn Befreiungen sind einzelfallbezogen und nicht daf&#252;r konzipiert, bauliche Anlagen fl&#228;chendeckend zuzulassen,</p> <span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Gatz, a.a.O., Rz.60; OVG Berlin, Beschluss vom 26. September 1991 &#8211; 2 A 5.91 &#8211;, JURIS Rz.71 f.; gegen eine generelle Relativierung von Landschaftsschutzgebieten im Wege der Befreiung auch Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 27. Oktober 2017 &#8211; 8 A 2351/14 &#8211;, JURIS Rz.28; vgl. auch Me&#223;erschmidt, BNatSchG, Stand: Juni 2018, &#167; 67 BNatSchG, Rz.24 ff.,</p> <span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">so dass die Gemeinde als Plangeber schon deshalb schwerlich mit hinreichender Gewissheit von der Umsetzbarkeit der eigenen &#8211; ihrerseits eben sehr wohl fl&#228;chendeckenden &#8211; Planung im Wege zahlreicher, nicht ihrer Disposition unterliegender Einzelfallentscheidungen ausgehen kann.</p> <span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">So wird mit der hier erfolgten Ausweisung von Konzentrationszonen, die Platz f&#252;r rund 22 X1.&#160;&#160; bieten sollen (vgl. Planbegr&#252;ndung S.97, Tabelle 10, Spalte C), letztlich die generelle Erteilung von Befreiungen f&#252;r eine Vielzahl von Anlagen unterstellt, obwohl diese Zulassungsform gerade kein regelhaftes Steuerungsinstrument darstellt. Dies erscheint umso bedenklicher, als entsprechende Entscheidungen teils an schwer objektivierbare Bewertungen des Landschaftsbildes ankn&#252;pfen m&#252;ssten</p> <span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hierzu etwa Gatz, a.a.O., Rz.307,</p> <span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">und die Gemeinde selbst die Erteilung einer Befreiung an den Vorhabentr&#228;ger in Zweifelsf&#228;llen nicht gerichtlich durchsetzen kann.</p> <span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">&#220;berdies steht eine Befreiung vom landschaftsplanerischen Bauverbot zumindest in den regelm&#228;&#223;ig &#8211; und auch hier &#8211; allenfalls in Betracht zu ziehenden F&#228;llen des &#167; 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG</p> <span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; dazu, dass eine Befreiung vom landschaftsschutzrechtlichen Bauverbot nach &#167; 67 Abs.1 Nr.2 BNatSchG, bei der ein intendiertes Ermessen bestehen d&#252;rfte, in aller Regel mangels unbeabsichtigter H&#228;rte ausscheidet: Gellermann in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Stand: 1. Juli 2018, &#167; 67 BNatSchG, Rz.14 f.,</p> <span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">selbst bei Annahme der tatbestandlichen Voraussetzungen im Ermessen der zust&#228;ndigen Landschaftsbeh&#246;rde.</p> <span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; etwa Frenz / M&#252;ggenborg, BNatSchG, 2. Auflage, 2016, &#167; 67 BNatSchG, Rz.13 und 16, auch zur Problematik der Planung in eine Befreiungslage wegen des bestehenden Ermessens; Gellermann, a.a.O., Rz.24, namentlich zur Statthaftigkeit von Zweckm&#228;&#223;igkeitserw&#228;gungen; Me&#223;erschmidt, a.a.O., Rz.68.</p> <span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die Ablehnung einer absehbaren Vielzahl einzelfallbezogener Befreiungsentscheidungen seitens der Naturschutzbeh&#246;rde als zumindest unzweckm&#228;&#223;ig w&#228;re dabei angesichts der vorstehenden Erw&#228;gungen, nach denen die landschaftsplanerische Schutzgebietsausweisung in den Konzentrationszonen ansonsten faktisch in kleiner M&#252;nze aufgehoben w&#252;rde, kaum zu beanstanden, da dies in der Tat eine (etwaige) L&#246;sung des Grundsatzkonfliktes (allenfalls) im Wege einer Anpassung des Landschaftsplans nahelegt. Dies gilt auch unter Ber&#252;cksichtigung der diesbez&#252;glichen Regelungen im vormaligen bzw. heutigen Windenergieerlass (vgl. jeweils Ziffer 8.2.2.5 der Windenergieerlasse vom 4. November 2015 bzw. vom 8. Mai 2018), denen sich keine Verpflichtung der Landschafts- bzw. Naturschutzbeh&#246;rde zur Erteilung von fl&#228;chendeckenden Befreiungen entnehmen l&#228;sst, falls diese eine Problembehandlung auf der Planungsebene f&#252;r sachgerechter erachtet.</p> <span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Zumindest in dem hier gegebenen Fall eines fl&#228;chendeckenden Konflikts zwischen Konzentrationszonen- und Landschaftsplanung spricht daher manches daf&#252;r, dass die Gemeinde es vor der Ausweisung von Konzentrationszonen unternehmen muss, die Suspendierung des landschaftsschutzrechtlichen Bauverbots, das hier wegen des Widerspruchs des Tr&#228;gers der Landschaftsplanung fortbesteht (s.o.), durch eine Anpassung des Landschaftsplans zu erreichen, um die Vollzugsf&#228;higkeit ihrer Planung hinreichend sicherzustellen.</p> <span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in diesem Sinne generell Gatz, a.a.O., Rz.60.</p> <span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Neben der m&#246;glichen Einschaltung &#252;bergeordneter Beh&#246;rden steht der Gemeinde, soweit sie eine Verletzung ihrer Planungshoheit infolge zu weitgehender landschaftsschutzrechtlicher Restriktionen geltend macht,</p> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur denkbaren Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit durch landschaftsschutzrechtliche Bestimmungen etwa Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 7. Mai 2001 &#8211; 2 BvK 1/00 &#8211;, JURIS; OVG L&#252;neburg, Urteil vom 16. Dezember 2009 &#8211; 4 KN 717/07 &#8211;, JURIS Rz.40 ff.; OVG Schleswig- Holstein, Urteil vom 3. Juni 2004 &#8211; 1 KN 14/02 &#8211;, JURIS, und Beschluss vom 10. November 2009 &#8211; 1 LA 41/09 &#8211;, JURIS; siehe auch OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2002 &#8211; 8 A 778/01 &#8211;, JURIS Rz.3 ff.,</p> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">dabei grunds&#228;tzlich auch der Rechtsweg offen, wobei &#8211; wie klarstellend anzumerken ist &#8211; nicht allein eine vollst&#228;ndigen Entlassung der Konzentrationszonen aus dem Landschaftsschutz als Ziel in Betracht kommt, sondern etwa auch eine &#196;nderung des Landschaftsplans (vgl. &#167; 20 Abs.1 und 2 LNatSchG NRW), mit der bei Fortbestand des Bauverbots im &#220;brigen lediglich Windenergieanlagen hiervon ausgenommen werden.</p> <span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">F&#252;r eine dahingehende Obliegenheit der Gemeinde sprechen &#252;berdies der Grundsatz der Konfliktbew&#228;ltigung, nach dem der Plangeber Konfliktl&#246;sungsm&#246;glichkeiten au&#223;erhalb der in einem Bebauungsplan zul&#228;ssigen Festsetzungen &#8211; denen die Ausweisung von Konzentrationszonen mit Ausschlusswirkung nach dem eingangs Gesagten nahekommt &#8211; nur in gewissem Umfang und nur dann ber&#252;cksichtigen darf, wenn es daf&#252;r wohlerwogene Gr&#252;nde gibt,</p> <span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 1989 &#8211; 4 NB 19/89 &#8211; JURIS Rz.25; Beschluss vom 14. Februar 1991 &#8211; 4 NB 25/89 &#8211;, JURIS Rz.17; Beschluss vom 8. M&#228;rz 2010 &#8211; 4 B 76/09 &#8211; JURIS Rz.7; OVG Berlin, Beschluss vom 26. September 1991 &#8211; 2 A 5.91 &#8211;, JURIS Rz.71,</p> <span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">wie auch das Gebot der Rechtsklarheit, nach dem sich elementar widersprechende planerische Ausweisungen aus B&#252;rgersicht zumindest nicht unproblematisch sind.</p> <span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hierzu BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1999 &#8211; 4 C 1/99 &#8211;, Rz.17.</p> <span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Letzteres gilt hier namentlich auch aus Sicht der potentiellen Betreiber von X1.&#160;&#160; , die bei T&#228;tigung ihrer erheblichen, schon im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens erforderlichen Investitionen nachvollziehbar darauf vertrauen werden, dass zugunsten der Windenergie ausgewiesene Konzentrationszonen zumindest nicht in einem grundlegenden Widerspruch zu anderen rechtlichen Regelungen stehen.</p> <span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Es kann indessen letztlich dahinstehen, ob die aufgezeigten Erw&#228;gungen es allgemein gebieten, den (hier wegen des Widerspruchs des Tr&#228;gers der Landschaftsplanung nach &#167; 20 Abs.4 S.4 LNatSchG NRW fortbestehenden) Gegensatz einer Konzentrationszonenplanung zur Landschaftsplanung nur durch eine &#196;nderung des Landschaftsplanes f&#252;r aufl&#246;sbar zu halten.</p> <span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Denn im vorliegenden Fall tritt jedenfalls &#8211; f&#252;r die Annahme der fehlenden Erforderlichkeit des fraglichen TFNP entscheidend &#8211; hinzu, dass der Beklagte nicht nur dem TFNP der Beigeladenen als solchem und damit einer generellen Suspendierung des landschaftsschutzrechtlichen Bauverbots widersprochen, sondern die zust&#228;ndige UNB f&#252;r die ausgewiesenen Konzentrationszonen weitergehend auch eine Erteilung von Ausnahmen oder Befreiungen in sp&#228;teren Genehmigungsverfahren eindeutig abgelehnt hat.</p> <span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zum ebenfalls denkbaren Nebeneinander eines Widerspruchs gegen die Fl&#228;chennutzungsplanung bei gleichzeitigem Inaussichtstellen von einzelfallbezogenen Befreiungen nunmehr Ziffer 8.2.2.5 lit a) cc) des&#160; Windenergieerlasses vom 8. Mai 2018.</p> <span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">In einer solchen Situation kann, selbst wenn nach der objektiven Rechtslage</p> <span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; wohl ma&#223;geblich hierauf abstellend OVG NRW, Urteil vom 6. M&#228;rz 2018 &#8211; 2 D 95/15.NE &#8211;, JURIS Rz.155 ff.,</p> <span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">zumindest der Tatbestand der Befreiungsnorm des &#167; 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG (voraussichtlich) erf&#252;llt sein sollte, die der Gemeinde obliegende prognostische Entscheidung betreffend die Umsetzbarkeit ihrer &#8211; mit dem Bauverbot im Landschaftsschutzgebiet grunds&#228;tzlich unvereinbaren &#8211; Planung nicht mehr darauf gest&#252;tzt werden, dass sich eine Erteilung von Ausnahmen oder Befreiungen im Sinne der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung &#8222;abzeichnet&#8220;, da ihr &#8222;auch sonst nichts entgegensteht&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.20; Urteil vom 30. Januar 2003 &#8211; 4 CN 14/01 &#8211;, JURIS Rz.12; Beschluss vom 9. Februar 2004 &#8211; 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.6.</p> <span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Im Gegenteil hat die Beigeladene die von ihr bef&#252;rworteten Konzentrationszonen trotz des offensichtlichen Umstandes ausgewiesen, dass hier eine Genehmigung entsprechender Vorhaben jedenfalls auf beh&#246;rdlicher Ebene aller Voraussicht nach nicht erfolgen wird, und damit Fl&#228;chen vorgesehen, auf denen es auf absehbare Zeit nicht zur Errichtung von X1.&#160;&#160; auf der Grundlage einzelfallbezogener Befreiungsentscheidungen kommen wird.</p> <span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Dies verdeutlichen die zwischenzeitlich bei der erkennenden Kammer anh&#228;ngigen Klageverfahren betreffend vier Genehmigungen von X1.&#160;&#160; in der Konzentrationszone 4-2 (4 K 4489/18 bis 4 K 4492/18), die &#8211; unbeschadet der vorangegangenen Erteilung positiver Vorbescheide, die sich indessen nicht auf die landschaftsschutzrechtliche Zul&#228;ssigkeit der Anlagen bezogen - s&#228;mtlich (auch) aus Gr&#252;nden des Landschaftsschutzes abgelehnt worden sind.</p> <span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Jedenfalls in Zusammenschau mit den vorgenannten Umst&#228;nden durfte es die Beigeladene im Rahmen der von ihr vorzunehmenden vorausschauenden Beurteilung nicht bei dem Hinweis belassen, dass sie selbst auf der Grundlage einer abweichenden Bewertung des in den geplanten Konzentrationszonen anzutreffenden Landschaftsbildes im Unterschied zur UNB davon ausgehe, dass die Erteilung einzelfallbezogener Befreiungen m&#246;glich sei.</p> <span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Sie war vielmehr gehalten, auf den oben aufgezeigten Wegen auf eine ihrer Rechtsauffassung entsprechende &#196;nderung des Landschaftsplanes hinzuwirken, da aufgrund des eindeutigen Widerspruchs der UNB nicht davon gesprochen werden konnte, dass sich eine Verwirklichung ihrer Konzentrationsfl&#228;chenplanung im Wege einzelfallbezogener Befreiungsentscheidungen abzeichnete.</p> <span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">F&#252;r eine ma&#223;gebliche Bedeutung der ablehnenden Haltung der UNB</p> <span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hierzu auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.21,</p> <span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">spricht dabei &#8211; selbst bei unterstelltem (voraussichtlichem) Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG &#8211; nicht nur das dieser auch dann verbleibende Ermessen (s. bereits oben), sondern auch die gesetzliche Regelung in &#167; 20 Abs.4 S.4 LNatSchG NRW.</p> <span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Diese macht die grunds&#228;tzliche Suspendierung eines landschaftsschutzrechtlichen Bauverbots davon abh&#228;ngig, dass der Tr&#228;ger der Landschaftsplanung einer Konzentrationszonenplanung nicht widerspricht, und fordert damit f&#252;r die generelle Aufl&#246;sung einer Unvereinbarkeit von Konzentrationszonen- und Landschaftsplanung letztlich eine einvernehmliche Abstimmung zwischen den beiden Planungstr&#228;gern. Dies spricht daf&#252;r, auch die M&#246;glichkeit einzelfallbezogener Befreiungen auf der nachgelagerten Genehmigungsebene nur dann als hinreichende Sicherung der Vollzugsf&#228;higkeit einer Konzentrationszonenplanung gen&#252;gen zu lassen, wenn insofern zumindest ein Einvernehmen mit der zust&#228;ndigen Naturschutzbeh&#246;rde im Sinne eines prinzipiellen Inaussichtstellens von Ausnahmen oder Befreiungen hergestellt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Hieran fehlt es indessen vorliegend, so dass der Plangeber insgesamt nicht hinreichend sichergestellt hat, dass sich die Windenergie in den vorgesehenen Konzentrationszonen gegen&#252;ber dem Landschaftsschutz durchsetzen wird. Die Konzentrationszonenausweisung der Beigeladenen stand und steht wegen des auf Planungsebene nicht gel&#246;sten Konflikts zum Landschaftsschutz vielmehr erkennbar auf t&#246;nernen F&#252;&#223;en und droht ersichtlich ins Leere zu laufen, was sich in der zwischenzeitlich erfolgten Versagung entsprechender Genehmigungen manifestiert hat.</p> <span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob in Fallgestaltungen, in der die Konzentrationszonenplanung mit Bestimmungen des Landschaftsschutzes generell unvereinbar ist und die UNB auch die Erteilung einzelfallbezogener Befreiungsentscheidungen ablehnt, gleichwohl von der Geeignetheit der Planung zur Sicherung des Vorrangs der Windenergie ausgegangen werden kann, wenn sich die Verweigerung von Befreiungen seitens der UNB als offenkundig rechtswidrig erweist.</p> <span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Daran mag zu denken sein, wenn neben kleinteiligeren Schutzgebieten ein gro&#223;fl&#228;chiges LSG &#8211; wie das LSG 2.3.1 &#8211; ausgewiesen ist, das weite Teile des Au&#223;enbereichs der Gemeinde erfasst, und die UNB eine Erteilung von Befreiungen ohne eine differenzierte Betrachtung der Schutzw&#252;rdigkeit der Bereiche, die von der Gemeinde als m&#246;gliche Konzentrationszonen in den Blick genommen werden, pauschal ablehnt. Denn die UNB hat ihrerseits das erhebliche &#246;ffentliche Interesse an der Nutzung der Windenergie zu ber&#252;cksichtigen und darf sich daher namentlich bei &#8211; in NRW nicht seltenen &#8211; gro&#223;fl&#228;chigen LSG, deren Schutzw&#252;rdigkeit sich in einzelnen Teilbereichen deutlich unterscheiden kann, nicht ohne eine n&#228;here diesbez&#252;gliche W&#252;rdigung auf das generelle Bauverbot in einem solchen Gebiet zur&#252;ckziehen.</p> <span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">So liegt es hier indessen nicht, denn die UNB hat eine Ausweisung von Konzentrationszonen im gro&#223;fl&#228;chigen LSG 2.3.1 nicht kategorisch ausgeschlossen, sondern unter Vornahme einer &#8211; mithin auch praktikablen und im &#220;brigen auch von der Beigeladenen selbst (mit anderem Ergebnis) vorgenommenen &#8211; Betrachtung der in Frage kommenden Teilbereiche eine Befreiung vom Landschaftsschutz f&#252;r andere seitens der Beigeladenen ermittelte Potentialfl&#228;chen &#8211; darunter die Fl&#228;che 6.1 &#8211; sehr wohl in Aussicht gestellt. F&#252;r die dann ausgewiesenen Konzentrationszonen hat sie demgegen&#252;ber eine dies ausschlie&#223;ende besondere Schutzw&#252;rdigkeit des Landschaftsbildes angenommen, was &#8211; ungeachtet der Frage, ob dem f&#252;r ein Genehmigungsverfahren letztlich beizutreten w&#228;re &#8211; jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar erscheint.</p> <span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur Indizwirkung der Einsch&#228;tzung der zust&#228;ndigen Naturschutzbeh&#246;rde auch BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 &#8211; 4 C 15/01 &#8211;, JURIS Rz.20; BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2004 - 4 BN 28/03 &#8211;, JURIS Rz.9; vgl. zu (nur regelhaften) Anhaltspunkten f&#252;r eine entsprechende Landschaftsbildbewertung auch Ziffern 8.2.2.5 lit. b) der Windenergieerlasse vom 4. Dezember 2015 und vom 8. Mai 2018.</p> <span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Auf einen offenkundigen Mangel der fachbeh&#246;rdlichen Bewertung f&#252;hrt in diesem Zusammenhang namentlich nicht der in der m&#252;ndlichen Verhandlung seitens der Beigeladenen hervorgehobene Umstand, dass das Landschaftsbild in der das LSG 2.3.1 betreffenden Schutzzweckbeschreibung (Landschaftsplan S.82) nicht ausdr&#252;cklich erw&#228;hnt ist. Denn dass sowohl die hierin aufgef&#252;hrte nat&#252;rliche Erholungseignung des LSG als auch das ebenfalls in Bezug genommene Entwicklungsziel der Erhaltung einer mit naturnahen Lebensr&#228;umen oder sonstigen naturnahen Landschaftselementen reich oder vielf&#228;ltig ausgestatteten Landschaft durch die geplante Errichtung von Windenergieanlagen in erheblichem Ma&#223;e ber&#252;hrt werden, ist nicht ernstlich zweifelhaft.</p> <span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">H&#228;tte die Beigeladene es demnach zur Sicherstellung der Vollzugsf&#228;higkeit ihrer Planung unternehmen m&#252;ssen, eine &#196;nderung des Landschaftsplans herbeizuf&#252;hren, rechtfertigt auch ein Schreiben der &#8211; gem&#228;&#223; &#167; 2 Abs.1 S.1 Nr.2 LNatSchG NRW als h&#246;here Naturschutzbeh&#246;rde fungierenden &#8211; Bezirksregierung Arnsberg vom 25. Januar 2017, in dem diese ge&#228;u&#223;ert hatte, sie sehe die Voraussetzungen f&#252;r die Erteilung einer Befreiung nach &#167; 67 Abs.1 Nr.1 BNatSchG entgegen der Ansicht der UNB als erf&#252;llt an, keine abweichende Bewertung.</p> <span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Die Beigeladene durfte im Rahmen der von ihr vorzunehmenden prognostischen Beurteilung schon deshalb nicht davon ausgehen, dass sich dieserhalb trotz der ablehnenden Haltung der UNB eine Erteilung von Genehmigungen im Befreiungswege abzeichne, weil in dem Schreiben lediglich darauf abgehoben wird, dass nach der Auffassung der Bezirksregierung nach den einschl&#228;gigen Regelungen des Windenergieerlasses in der gegebenen Situation eine Befreiung vom Bauverbot erteilt werde k&#246;nne, ohne dass indessen deutlich w&#252;rde, dass der Beklagte weitergehend f&#252;r verpflichtet gehalten werde, entsprechende Befreiungen zu erteilen, oder gar, dass die Erteilung dahingehender Weisungen an die UNB (vgl. &#167; 2 Abs.3 LNatSchG NRW) in Aussicht genommen werde. Insofern ist auch weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Beigeladenen w&#228;hrend oder nach den im Jahr 2015 unter Vermittlung des zust&#228;ndigen Ministeriums unternommenen Mediationsbem&#252;hungen ein aufsichtsrechtliches T&#228;tigwerden gegen den Beklagten angek&#252;ndigt worden w&#228;re. Hierzu ist es dann folgerichtig auch nicht gekommen, denn gegen die Ablehnung der Genehmigungen betreffend die X1.&#160;&#160; in der Konzentrationszone 4-2 sind die Aufsichtsbeh&#246;rden nach Angaben des Beklagten in der m&#252;ndlichen Verhandlung nicht eingeschritten.</p> <span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beigeladene in der m&#252;ndlichen Verhandlung schlie&#223;lich geltend gemacht hat, sie sei auch deshalb von der Vollzugsf&#228;higkeit ihrer Planung ausgegangen, weil der Entwurf f&#252;r eine Neuaufstellung des Landschaftsplans urspr&#252;nglich vorgesehen habe, dass in aktuellen bzw. k&#252;nftigen Fl&#228;chennutzungsplandarstellungen ausgewiesene Konzentrationszonen f&#252;r Windenergieanlagen von der Festsetzung des Landschaftsplans unber&#252;hrt blieben,</p> <span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hierzu Entwurf zur Offenlegung (Stand: August 2014), S.150, abrufbar unter <span style="text-decoration:underline">www.hochsauerlandkreis.de</span>,</p> <span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">ergibt sich auch hieraus keine f&#252;r sie g&#252;nstigere Beurteilung.</p> <span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Denn der Entwurf wurde insoweit ausweislich eines Schreibens des Beklagten an die Beigeladene vom 3. Dezember 2015 (Beiakte 13, Abschnitt 61) im weiteren Verlauf des Verfahrens zur Neuaufstellung des Landschaftsplans dahin ge&#228;ndert, dass (nur noch) die Umsetzung von Fl&#228;chen, die in Folge einer einvernehmlich abgestimmten Fl&#228;chennutzungsplan&#228;nderung im Fl&#228;chennutzungsplan der Stadt T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; als Windkraftkonzentrationszonen dargestellt werden, von der Festsetzung des Landschaftsplans unber&#252;hrt bleiben soll. Demgegen&#252;ber sollten nicht einvernehmlich abgestimmte Konzentrationszonen &#8211; wie die Fl&#228;chen 4-2, 4-3 und 7-2 &#8211; nunmehr&#160; von den Festsetzungen des Landschaftsplans gerade nicht unber&#252;hrt bleiben, sondern lediglich &#8211; gleichsam nachrichtlich &#8211; als Windkraftkonzentrationszonen gekennzeichnet werden. Da der Beigeladenen diese Modifizierung bei ihrer Beschlussfassung &#252;ber den TFNP im Februar 2017 mithin seit langem bekannt war, durfte sie auch insofern nicht von einer hinreichenden Absicherung der Vollzugsf&#228;higkeit ihrer Planung ausgehen.</p> <span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Vorsorglich sei hierzu noch abschlie&#223;end bemerkt, dass dies auch mit Blick auf die im Landschaftsplan selbst vorgesehene &#8211; von den Beteiligten nicht thematisierte &#8211; M&#246;glichkeit einer Ausnahmeerteilung (vgl. Landschaftsplan S.81) gilt, da die vorstehenden Erw&#228;gungen zur landschaftsschutzrechtlichen Befreiung &#8211; unbeschadet dessen, dass es schon an der in der Ausnahmeregelung vorausgesetzten Vereinbarkeit von Windenergieanlagen mit dem Schutzzweck des LSG 2.3.1 fehlen d&#252;rfte &#8211; hierf&#252;r jedenfalls entsprechend gelten.</p> <span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Erweist sich der TFNP der Beigeladenen nach allem als nicht im Sinne des &#167; 1 Abs.3 S.1 BauGB erforderlich, so ist dieser Rechtsfehler auch nicht nach &#167; 215 Abs.1 BauGB unbeachtlich, denn er wird von der Vorschrift nicht erfasst (sog. Ewigkeitsmangel).</p> <span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 28. April 1999 &#8211; 4 CN 5/99 &#8211;, JURIS Rz.20; Beschluss vom 11. Mai 1999 &#8211; 4 BN 15/99 &#8211;, JURIS Rz.8.</p> <span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Unabh&#228;ngig von Vorstehendem leidet der TFNP der Beigeladenen aus den genannten Gr&#252;nden auch an einem durchgreifenden Abw&#228;gungsmangel.</p> <span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an den Abw&#228;gungsvorgang ergeben sich aus den Vorgaben des &#167;&#160;2 Abs.3 BauGB, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpl&#228;ne die Belange, die f&#252;r die Abw&#228;gung von Bedeutung sind (Abw&#228;gungsmaterial), ermittelt und bewertet werden m&#252;ssen. Sie decken sich mit denen, die die Rechtsprechung bezogen auf die Zusammenstellung des Abw&#228;gungsmaterials aus dem Abw&#228;gungsgebot des &#167;&#160;1 Abs.7 BauGB entwickelt hat.</p> <span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 &#8211; 4&#160;CN 1/07 &#8211;, JURIS Rz.18.</p> <span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Das Abw&#228;gungsgebot des &#167;&#160;1 Abs.7 BauGB, nach dem bei der Aufstellung der Bauleitpl&#228;ne die &#246;ffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuw&#228;gen sind, stellt inhaltliche Anforderungen an den Abw&#228;gungsvorgang und an das Abw&#228;gungsergebnis. Das Abw&#228;gungsgebot ist danach verletzt, wenn eine sachgerechte Abw&#228;gung &#252;berhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abw&#228;gung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge h&#228;tten eingestellt werden m&#252;ssen, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung ber&#252;hrten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange au&#223;er Verh&#228;ltnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abw&#228;gungserfordernis gen&#252;gt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange f&#252;r die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise f&#252;r die Zur&#252;ckstellung des anderen Belangs entscheidet.</p> <span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Bei der Planung von Konzentrationszonen f&#252;r die Windenergienutzung verlangt das Abw&#228;gungsgebot die Entwicklung eines schl&#252;ssigen Gesamtkonzepts, das sich auf den gesamten Au&#223;enbereich des Gemeindegebietes erstreckt. Die planerische Entscheidung muss nicht nur Auskunft dar&#252;ber geben, von welchen Erw&#228;gungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch deutlich machen, welche Gr&#252;nde es rechtfertigen, den &#252;brigen Planungsraum von Windenergieanlagen freizuhalten.</p> <span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4&#160;CN 1/11&#160;&#8211;, JURIS Rz.9.</p> <span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Die Ausarbeitung eines Planungskonzepts ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Ebene des Abw&#228;gungsvorgangs angesiedelt. Sie vollzieht sich abschnittsweise. Im ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als Tabuzonen zu ermitteln, die sich f&#252;r die Nutzung der Windenergie nicht eignen. Die Tabuzonen lassen sich in zwei Kategorien einteilen, n&#228;mlich in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tats&#228;chlichen und/oder rechtlichen Gr&#252;nden schlechthin ausgeschlossen sind (harte Tabuzonen), und in Zonen, in denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen zwar tats&#228;chlich und rechtlich m&#246;glich sind, in denen nach den st&#228;dtebaulichen Vorstellungen, die die Gemeinde anhand eigener Kriterien entwickeln darf, aber von vornherein keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen (weiche Tabuzonen).</p> <span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Bei den harten Tabuzonen handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um Fl&#228;chen, deren Bereitstellung f&#252;r die Windenergienutzung an &#167;&#160;1 Abs.3 Satz&#160;1 BauGB scheitern w&#252;rde. Danach haben die Gemeinden die Bauleitpl&#228;ne aufzustellen, sobald und soweit es f&#252;r die st&#228;dtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Nicht erforderlich ist ein Bauleitplan, wenn seiner Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tats&#228;chliche Hindernisse im Wege stehen. Harte Tabuzonen scheiden kraft Gesetzes als Konzentrationszonen f&#252;r die Windenergienutzung aus und sind so einer Abw&#228;gung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen (&#167;&#160;1 Abs.7 BauGB) entzogen. Demgegen&#252;ber sind weiche Tabuzonen zu den Fl&#228;chen zu rechnen, die einer Ber&#252;cksichtigung im Rahmen der Abw&#228;gung zug&#228;nglich sind. Zwar d&#252;rfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall f&#252;r und gegen die Nutzung einer Fl&#228;che f&#252;r die Windenergie sprechen. Ihre Ermittlung und ihre Bewertung sind aber gleichwohl der Ebene der Abw&#228;gung zuzuordnen. Der Rat muss die Entscheidung, eine Fl&#228;che als weiche Tabuzone zu bewerten, rechtfertigen. Weiche Tabuzonen sind disponibel. Die f&#252;r ihre Charakterisierung ausschlaggebenden st&#228;dtebaulichen Gesichtspunkte sind nicht von vornherein gegen&#252;ber der Windenergienutzung vorrangig und der Plangeber muss die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er mit seiner Planung f&#252;r die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft.</p> <span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4&#160;CN 1/11&#160;&#8211;, JURIS Rz.10 ff..</p> <span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Nach Abzug der harten und der weichen Tabuzonen bleiben nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts so genannte Potenzialfl&#228;chen &#252;brig, die f&#252;r die Darstellung von Konzentrationszonen im Fl&#228;chennutzungsplan in Betracht kommen. Sie sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, das hei&#223;t, die &#246;ffentlichen Belange, die gegen die Darstellung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone f&#252;r die Windenergienutzung sprechen, sind mit dem Anliegen abzuw&#228;gen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach &#167;&#160;35 Abs.1 Nr.5 BauGB gerecht wird.</p> <span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 15. September 2009 &#8211; 4&#160;BN 25/09 &#8211;, JURIS Rz.8; Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4&#160;CN 1/11&#160;&#8211;, JURIS Rz.10.</p> <span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Der Rat muss aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgr&#252;nde bewertet, das hei&#223;t er muss kenntlich machen, dass er &#8211; anders als bei harten Tabuzonen &#8211; einen Bewertungsspielraum hat, und er muss die Gr&#252;nde f&#252;r seine wertende Entscheidung offenlegen. Andernfalls scheitert seine Planung unabh&#228;ngig davon, welche Ma&#223;st&#228;be an die Kontrolle des Abw&#228;gungsergebnisses anzulegen sind, schon an dem fehlenden Nachweis, dass er die weichen Tabuzonen auf der Stufe der Abw&#228;gung in die Planung eingestellt hat.</p> <span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012 &#8211; 4&#160;CN 1/11&#160;&#8211;, JURIS Rz.13.</p> <span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Fl&#228;chenauswahl unter Abw&#228;gungsgesichtspunkten sind die Erw&#228;gungen ma&#223;geblich, die tats&#228;chlich Grundlage der Abw&#228;gungsentscheidung des Plangebers waren. Entscheidend f&#252;r die gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der Abw&#228;gungsentscheidung sind damit in erster Linie die Verlautbarungen in der Begr&#252;ndung, die dem Fl&#228;chennutzungsplan nach &#167;&#160;5 Abs.5 BauGB beizuf&#252;gen ist, sowie die Erw&#228;gungen, denen der Plangeber bei seiner abschlie&#223;enden Beschlussfassung gefolgt ist.</p> <span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Vgl. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; OVG NRW, Urteil vom 22. September 2015 &#8211; 10 D 82/13.NE &#8211;, JURIS Rz.45.</p> <span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">In Anwendung dieser Ma&#223;st&#228;be liegt ein Abw&#228;gungsmangel vor, denn die Beigeladene h&#228;tte die im LSG 2.3.1 belegenen Fl&#228;chen der Konzentrationszonen 4-2, 4-3 und 7-2 als harte Tabuzonen ausscheiden m&#252;ssen, da der Verwirklichung der Planung nach dem Vorstehenden in Ansehung der hier gegebenen Umst&#228;nde insoweit ein dauerhaftes rechtliches Hindernis entgegensteht.</p> <span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur je nach der Planungssituation m&#246;glichen Einstufung eines LSG als harte Tabuzone etwa OVG NRW, Urteil vom 1. Juli 2013 &#8211; 2 D 46/12.NE &#8211;, JURIS Rz.52; zur Ber&#252;cksichtigung der konkreten Planungssituation im Hinblick auf die Einordnung eines FFH- Gebietes als harte Tabuzone OVG NRW, Urteil vom 5. Juli 2017 &#8211; 7 D 105/14.NE &#8211;, JURIS Rz.61.; siehe zu Landschaftsschutzgebieten auch OVG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2011 &#8211; 2 A 2.09 &#8211;, JURIS Rz.63.</p> <span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Dieser Fehler im Abw&#228;gungsvorgang ist auch im Sinne des &#167;&#160;214 Abs.1 Satz&#160;1 Nr.1, Abs.3 Satz&#160;2 Halbsatz&#160;2 BauGB beachtlich.</p> <span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167;&#160;214 Abs.1 Satz&#160;1 Nr.1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs f&#252;r die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans nur beachtlich, wenn entgegen &#167;&#160;2 Abs.3 BauGB die von der Planung ber&#252;hrten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder h&#228;tten bekannt sein m&#252;ssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. &#167;&#160;214 Abs.3 Satz&#160;2 Halbsatz&#160;2 BauGB sieht vor, dass Fehler im Abw&#228;gungsvorgang nur erheblich sind, wenn sie offensichtlich und auf das Abw&#228;gungsergebnis von Einfluss gewesen sind.</p> <span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Ein Fehler im Abw&#228;gungsvorgang ist offensichtlich, wenn er auf objektiv feststellbaren Umst&#228;nden beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Rats &#252;ber deren Planungsvorstellungen f&#252;r den Rechtsanwender erkennbar ist. Er ist auf das Abw&#228;gungsergebnis von Einfluss gewesen, wenn nach den Umst&#228;nden des jeweiligen Falls die konkrete M&#246;glichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Beides ist hier der Fall. Es ist objektiv feststellbar, dass die unterbliebene Einordnung der vom LSG 2.3.1 erfassten Fl&#228;chen der Konzentrationszonen 4-2, 4-3 und 7-2 als harte Tabuzonen durch den Rat unzutreffend ist. Dieser Fehler ist auf das Abw&#228;gungsergebnis ersichtlich von Einfluss gewesen, schon weil bei Ausscheiden der betreffenden Bereiche, die fast die gesamten Konzentrationszonen ausmachen, offenkundig keine gen&#252;genden Fl&#228;chen mehr verbleiben, um der Windenergie substantiell Raum zu geben. Jedenfalls besteht aber die konkrete M&#246;glichkeit, dass die Beigeladene bei zutreffender Erkenntnis der Ungeeignetheit weiter Teile der in Aussicht genommenen Konzentrationszonen andere Fl&#228;chen hierf&#252;r vorgesehen h&#228;tte.</p> <span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">Der Fehler im Abw&#228;gungsvorgang ist auch innerhalb der Jahresfrist des &#167;&#160;215 Abs.1 Satz&#160;1 Nr.&#160;1, 3 BauGB hinreichend substantiiert gegen&#252;ber der Beigeladenen geltend gemacht worden. Dabei ist unerheblich, ob eine dahingehende R&#252;ge gerade von der Kl&#228;gerin rechtzeitig erhoben wurde, da auch Einw&#228;nde anderer Personen allgemein und absolut (inter omnes) wirken.</p> <span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1982 &#8211; 4 N 6/79 &#8211;, JURIS Rz.6; Beschluss vom 2. Januar 2001 &#8211; 4 BN 13/00 &#8211;, JURIS Rz.5.</p> <span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Eine substantiierte R&#252;ge liegt hier jedenfalls in Gestalt von fristgerechten Schreiben zweier Naturschutzverb&#228;nde (Bl.281 f. der Gerichtsakte) vor, die eingewandt hatten, dass der Fl&#228;chennutzungsplan bez&#252;glich der I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I1.&#160;&#160;&#160; dem Landschaftsplan widerspreche. Hiermit wurde &#8211; zumal mit Blick auf die bereits im Aufstellungsverfahren von der UNB dezidiert ge&#228;u&#223;erte Ablehnung einer Suspendierung der Fl&#228;chen vom Landschaftsschutz, die auch in zahlreichen Einwendungen der B&#252;rgerschaft aufgegriffen wurde &#8211; jedenfalls bezogen auf die Konzentrationszonen 4-2 und 4-3 hinreichend deutlich auf den der Planung anhaftenden Mangel hingewiesen. Einer pr&#228;zisierenden rechtlichen Einordnung des erhobenen Einwandes, mit dem der Fehler im Kern angesprochen wurde, bedurfte es insofern nicht.</p> <span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; etwa Spannowsky / Uechtritz, BauGB, 2. Auflage, 2014, &#167; 215 BauGB, Rz.31.</p> <span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Soweit man die unterbliebene Einstufung als harte Tabuzone angesichts des r&#228;umlichen Bezugs der genannten R&#252;gen auf die I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I1.&#160;&#160;&#160; und damit auf die Konzentrationszonen 4-2 und 4-3 nur hinsichtlich dieser Fl&#228;chen f&#252;r beachtlich halten wollte, w&#252;rde auch dies nichts daran &#228;ndern, dass der Abw&#228;gungsmangel auf das Abw&#228;gungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Denn es liegt auf der Hand, dass der Plangeber m&#246;glicherweise die Ausweisung weiterer Konzentrationsfl&#228;chen in Betracht gezogen h&#228;tte, wenn er zutreffend erkannt h&#228;tte, dass jedenfalls die Fl&#228;chen 4-2 und 4-3 aus Rechtsgr&#252;nden nicht als Konzentrationszonen zur Verf&#252;gung stehen. Dies zeigt bereits die seitens der Verwaltung ge&#228;u&#223;erte Einsch&#228;tzung, dass auch die (dann verbleibende) Konzentrationszone 7-2 allein nicht ann&#228;hernd ausreicht, um der Windenergie substantiell Raum zu geben (vgl. Beiakte 8, Abschnitt 34, Beschlussvorlage Nr. 111/IX, 8. Erg&#228;nzung, S.3).</p> <span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Entfaltet die Ausweisung der Konzentrationszonen 4-2, 4-3 und 7-2 im TFNP der Beigeladenen nach allem wegen der Unwirksamkeit des Plans keine planerische Ausschlusswirkung f&#252;r X1.&#160;&#160; an den von der Kl&#228;gerin vorgesehenen Standorten, so sind sonstige Gr&#252;nde, die einem Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheides entgegenst&#252;nden, weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs.1 VwGO. Es besteht kein Anlass, dem Beklagten gem&#228;&#223; &#167; 162 Abs.3 VwGO die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Sachantrag gestellt und sich einem eigenen Kostenrisiko daher nicht ausgesetzt hat.</p> <span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit beruht auf &#167; 167 VwGO i.V.m. &#167;&#160;709 der Zivilprozessordnung (ZPO).</p> <span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Die Berufung wird gem&#228;&#223; &#167; 124a Abs.1 S.1 i.V.m. &#167; 124 Abs.2 Nr.3 VwGO zugelassen, da die Rechtssache grunds&#228;tzliche Bedeutung hat. Der vorliegende Fall wirft die Frage auf, ob und ggf. wann eine Gemeinde es bei einem grundlegenden Widerspruch ihrer Konzentrationszonenplanung zur Landschaftsplanung zu unternehmen hat, auf eine &#196;nderung der landschaftsschutzrechtlichen Bestimmungen hinzuwirken. Diese Frage ist angesichts einer Vielzahl gro&#223;fl&#228;chiger Landschaftsschutzgebiete in den nordrhein- westf&#228;lischen Kommunen &#252;ber den Einzelfall hinaus relevant.</p> <span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Ferner ergeht der</p>
142,316
lg-dusseldorf-2018-12-18-9-s-118
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9 S 1/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-08T23:47:06
2019-01-17T12:02:28
Urteil
ECLI:DE:LGD:2018:1218.9S1.18235C108.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Berufung der Kl&#228;gerin wird das am 28.12.2017 verk&#252;ndete Urteil des Amtsgerichts D&#252;sseldorf &#8211; 235 C 108/17 &#8211; teilweise abge&#228;ndert und insgesamt wie folgt gefasst:</p> <p>Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Kl&#228;gerin 3.367,56 &#8364; nebst Zinsen in H&#246;he von f&#252;nf Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2016 zu zahlen.</p> <p>Von den Kosten beider Rechtsz&#252;ge haben die Kl&#228;gerin 24% und die Beklagte 76% zu tragen.</p> <p>Dieses Urteil ist vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gr&#252;nde:</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin unterhielt bei der Beklagten eine Gewerbe-Haftpflichtversicherung. Versichert war die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus allen T&#228;tigkeiten, Eigenschaften und Rechtsverh&#228;ltnissen, die im Zusammenhang stehen mit der Reinigung von wasserf&#252;hrenden Systemen TGA, Heizungsanlagen und Trinkwasseranlagen. In Bezug genommen waren die f&#252;r das versicherte Risiko aufgef&#252;hrten Bedingungen in Anl. C 2009 und Anl. H 2009. Inkludiert war eine Umweltschadens-Basisversicherung</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Versicherungsschutz bestand nach Ziffer. 1.1 der Bedingungen zu H 2009 im Rahmen des versicherten Risikos f&#252;r den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines w&#228;hrend der Wirksamkeit der W2 eingetretenen Schadensereignisses, das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Verm&#246;gensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Umweltschadens-Basisversicherung war nach F.I.8 C 2009 W die nachpr&#252;fbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den Versicherungsnehmer, die zust&#228;ndige Beh&#246;rde oder einen sonstigen Dritten. F.I.2.4 C 2009 bestimmte, dass Versicherungsschutz f&#252;r die im Rahmen der Umwelt-Haftpflicht-Basisversicherung versicherten Risiken besteht bez&#252;glich Abwasseranlagen des Versicherungsnehmers oder Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gew&#228;sser oder Einwirken auf ein Gew&#228;sser derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers ver&#228;ndert wird, durch den Versicherungsnehmer (Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">D.5.1&#160; C 2009 bestimmte, dass der Versicherer, auch ohne dass W eingetreten ist, nach einer St&#246;rung des Betriebes oder</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">aufgrund beh&#246;rdlicher Anordnung Aufwendungen des Versicherungsnehmers ersetzt f&#252;r Ma&#223;nahmen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Personen, Sach- oder eines mitversicherten Verm&#246;gensschadens.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach D.5.2.1 C 2009 war der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer die Feststellung einer derartigen St&#246;rung des Betriebes oder eine beh&#246;rdliche Anordnung unverz&#252;glich anzuzeigen und alles zu tun, was erforderlich ist, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet ist, den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu mindern.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach F.I.1.1 C 2009 war die gesetzliche Pflicht &#246;ffentlich-rechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers gem&#228;&#223; Umweltschadensgesetz zur Sanierung von Umweltsch&#228;den versichert. Als Umweltschaden definiert war unter anderem die Sch&#228;digung von Gew&#228;ssern. F.I.4.1 C 2009 regelte den Versicherungsschutz dahin, dass er die Pr&#252;fung der gesetzlichen Verpflichtung, die Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme und die Freistellung des Versicherungsnehmers von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen gegen&#252;ber der Beh&#246;rde oder einem sonstigen Dritten umfasse. Berechtigt seien diese Verpflichtungen unter anderem dann, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund Gesetzes zur Sanierung verpflichtet und der Versicherer hierdurch gebunden sei. Versicherte Kosten waren nach F.I.5.1 C 2009 im Rahmen des in F.I.4.1 C 2009 geregelten Leistungsumfangs auch die Kosten f&#252;r die Sanierung von Sch&#228;den an Gew&#228;ssern.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im November 2013 wurde die Kl&#228;gerin von der L GmbH beauftragt, beim Neubauvorhaben S2 in B eine Innenreinigung und den Systemschutz der gesamten Heizungsanlage vor Inbetriebnahme auszuf&#252;hren. In der Zeit vom 18.11. bis zum 20.11.2013 f&#252;hrte die Kl&#228;gerin eine erste Systembehandlung durch, wobei zun&#228;chst eine physikalische Sp&#252;lung (ohne Zus&#228;tze von Reinigungsmitteln) zur Beseitigung von losen R&#252;ckst&#228;nden (&#214;le, Fette etc.) vorgenommen wurde. Die Entsorgung des Sp&#252;lwassers erfolgte nach Hinweis des f&#252;r die Au&#223;enanlagen des Bauvorhabens zust&#228;ndigen &#246;rtlichen Bauleiters durch einen Schacht auf der R&#252;ckseite des Geb&#228;udes. Dieser Schacht, der auch zur Abf&#252;hrung des auf der Baustelle anfallenden Oberfl&#228;chenwassers diente, entw&#228;sserte in den T2 genannten Steinacher Graben. Nach Abschluss der ersten Behandlung wurde das Heizungssystem wieder mit Wasser bef&#252;llt, das nunmehr Reinigungs- und Korrosionsschutzzus&#228;tze enthielt, die bis zur n&#228;chsten Behandlung im System verbleiben sollten. In der Zeit vom 03.12.2013 bis zum 05.12.2013 f&#252;hrte die Kl&#228;gerin eine weitere Systembehandlung durch. Die Entsorgung des Sp&#252;lwassers erfolgte wiederum &#252;ber den schon vorher benutzten Einlaufschacht auf der R&#252;ckseite des Geb&#228;udes.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur gleichen Zeit zeigten sich im Steinacher Graben Tr&#252;bungen und oberfl&#228;chennahe R&#252;ckst&#228;nde, worauf die &#246;rtliche Bauleitung der L Projektentwicklungs- und C GmbH die Feuerwehr, das Ordnungsamt der Stadt B und das Wasserwirtschaftsamt der Stadt C2 informierte. Neben den von der Firma L eingeleiteten Sofortma&#223;nahmen beauftragte die Kl&#228;gerin am 04.12.2013 die M GmbH (Firma M) mit dem Absaugen und der Entsorgung des im Steinacher Graben gestauten Wassers. Durch die Beauftragung der Firma M entstanden der Kl&#228;gerin Kosten i.H.v. 3367,56 &#8364;.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 27.03.2014 lehnte die Beklagte es ab, diese Kosten zu &#252;bernehmen. Mit Anwaltsschreiben vom 01.04.2014 lie&#223; die Kl&#228;gerin der Beklagten mitteilen, dass es sich ihrer Ansicht nach bei der Beauftragung der Firma M und den dadurch verursachten Kosten um einen Haftpflichtschaden handele, was die Beklagte mit Schreiben vom 03.04.2014 zur&#252;ckwies. Auch im Rahmen weiterer Korrespondenz verblieb die Beklagte bei dieser Auffassung.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Kl&#228;gerin die Werklohnforderung der Firma M in der Zwischenzeit nicht beglich und von dieser verklagt worden war, erging gegen die Kl&#228;gerin am 15.10.2014 ein rechtskr&#228;ftig gewordenes Vers&#228;umnisurteil des Amtsgerichts K, mit welchem die Kl&#228;gerin verurteilt wurde, an die Firma M 3367,46 &#8364; nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2014 zu zahlen. Zus&#228;tzlich waren aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 15.12.2014 von der Kl&#228;gerin 1038,40 &#8364; an die Firma M zu erstatten.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Kl&#228;gerin wurde im Juni 2016 gem&#228;&#223; &#167; 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da nicht ermittelt werden konnte, wer f&#252;r den Wasserschaden verantwortlich war.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist der Ansicht gewesen, es handele sich bei der Beauftragung der Firma M und den dadurch entstandenen Kosten um einen Haftpflichtschaden, der von der Beklagten zu &#252;bernehmen sei. Sie habe die Firma M beauftragt, um ihrer Schadensminderungspflicht zu gen&#252;gen. Sie hat gemeint, die Beklagte m&#252;sse auch die durch den Rechtsstreit vor dem Amtsgericht K entstandenen Kosten sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten tragen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1.)&#160;&#160;&#160; 3367,65 &#8364; nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2014 sowie</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.)&#160;&#160;&#160; weitere 1038,40 &#8364; nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2014 sowie</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3.)&#160;&#160;&#160; vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 347,60 &#8364; nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit Rechtsh&#228;ngigkeit zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, dass kW vorliege, denn Gegenstand des Urteils des Amtsgerichts K sei kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Werklohnanspruch gewesen.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung hat es unter anderem ausgef&#252;hrt:</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Bei dem von der Firma M nach Beauftragung durch die Kl&#228;gern geltend gemachten Anspruch habe es sich um eine Werklohnforderung gehandelt und damit um einen vertraglichen Erf&#252;llungsanspruch und keinen Schadensersatzanspruch. Auch habe die Kl&#228;gerin nicht dargelegt, dass sie im Sinne der Versicherungsbedingungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden sei. Weiterhin ergebe sich aus dem Sachvortrag der Kl&#228;gerin nicht, dass die Entsorgung des Sp&#252;lwassers &#252;ber den Schacht in den Steinacher Graben &#252;berhaupt urs&#228;chlich f&#252;r die Wasserverschmutzung des Steinacher Grabens gewesen sei, denn das Ermittlungsverfahren sei nach &#167; 170 Abs. 2 StPO deshalb eingestellt worden, weil nicht festgestellt habe werden k&#246;nnen, wer den Schaden verursacht habe.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Einen Anspruch hat das Amtsgericht auch hinsichtlich der von der Kl&#228;gerin geltend gemachten 1038,40 &#8364; verneint, denn es sei nicht zu erkennen, wieso die Kl&#228;gerin Kosten auf die Beklagte abw&#228;lzen d&#252;rfen solle, die allein dadurch entstanden seien, dass sie sich von der Firma M auf Zahlung der unzweifelhaft bestehenden Werklohnforderung habe verklagen lassen anstatt diese vorab zu begleichen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kl&#228;gerin.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin macht geltend, dass das Amtsgericht die Bedingungen nur teilweise ber&#252;cksichtigt habe. T2 sei der Versicherungsnehmer, wie es Ziffer D.5.1 C 2009 ausdr&#252;cklich regele, verpflichtet, die Feststellung einer St&#246;rung des Betriebs oder einer beh&#246;rdlichen Anordnung unverz&#252;glich anzuzeigen und dar&#252;ber hinaus alles zu tun, was erforderlich sei, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet sei, den Schadeneintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu mindern. Zwar handele es sich bei der im Streit stehenden Forderung um eine Werklohnforderung, die im Ergebnis&#160; einen vertraglichen Erf&#252;llungsanspruch, gleichzeitig aber auch im Sinne der vereinbarten Schadensminderungspflicht einen Schadensersatzanspruch darstelle. Zudem ergebe sich aus einer Bescheinigung des zust&#228;ndigen Amts vom 30.01.2018 (Anlage B1, Bl. 102 GA), dass die Kl&#228;gerin Verursacherin der Verunreinigung sei und dementsprechend auch zur Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Das Amt habe auf eine beh&#246;rdliche Anordnung verzichten k&#246;nnen, da sie, die Kl&#228;gerin, ihrer Beseitigungspflicht freiwillig nachgekommen sei. Lediglich wegen des notwendigen unverz&#252;glichen Handelns sei ein entsprechender &#246;ffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt nicht ergangen. Zudem meint die Kl&#228;gerin, dass das Amtsgericht die Hinweispflicht nach &#167; 139 ZPO nicht ausreichend beachtet habe.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Beklagte unter Ab&#228;nderung des amtsgerichtlichen Urteils nach den erstinstanzlichen Antr&#228;gen zu verurteilen.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Kl&#228;gerin ihre Aufwendungen von ihr nicht erstattet verlangen k&#246;nne. Insbesondere fehle es an der Inanspruchnahme der Kl&#228;gerin durch einen Dritten. T2 sei eine Anordnung einer Beh&#246;rde an die Kl&#228;gerin nicht existent. Soweit die Kl&#228;gerin sich darauf beziehe, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch die Erstattung von Aufwendungen vor dem W beansprucht werden k&#246;nne, gelte, dass eine beh&#246;rdliche Anordnung vorliegen m&#252;sse. Zudem fehle es an einer ersten nachpr&#252;fbaren Feststellung eines Umweltschadens durch die Kl&#228;gerin. Nach dem Beh&#246;rdenschreiben vom 30.1.2018 sei vielmehr das Planungsb&#252;ro X aufgefordert worden, die notwendigen Ma&#223;nahmen zu veranlassen.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schrifts&#228;tze nebst den diesen beigef&#252;gten Anlagen verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat sich die Beklagte in ihrer Klageerwiderung auf die Begriffsbestimmung des Versicherungsfalls in Ziffer 1.1 AHB bezogen, auf welcher auch das angegriffene Urteil fu&#223;t. W ist nach der f&#252;r die hier streitgegenst&#228;ndliche Umweltschadenhaftpflichtversicherung ma&#223;geblichen Bestimmung in F.8 C 2009 die nachpr&#252;fbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den Versicherungsnehmer, die zust&#228;ndige Beh&#246;rde oder einen Dritten. W nach diesen Voraussetzungen trat zwischen dem 3.12. und dem 5.12.2013 ein.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Wendung &#8222;nachpr&#252;fbare erste Feststellung&#8220; ist nach den ma&#223;geblichen Erkenntnism&#246;glichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers dahin zu verstehen, dass auf der Grundlage von Tatsachen die Verursachung eines Schadens durch den Versicherungsnehmer feststellbar ist. Die Bedingungen verlangen keine zeitlich unbefristete Nachpr&#252;fbarkeit im Sinne einer Dokumentation oder Archivierung von Beweismitteln. Vielmehr reicht die &#220;berpr&#252;fbarkeit eines gegebenen Zustands zu einem bestimmten Zeitpunkt aus.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Nachpr&#252;fbarkeit in diesem Sinne war gegeben: Es zeigten sich Tr&#252;bungen und oberfl&#228;chennahe R&#252;ckst&#228;nde im Steinacher Graben. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang dazu erfolgte die Einleitung von Reinigungs- und Korrosionszus&#228;tzen enthaltendem Sp&#252;lwasser in den Steinacher Graben. Schon zu jenem Zeitpunkt war der Ursachenzusammenhang zwischen dem Einleiten des Sp&#252;lwassers und der Ver&#228;nderung des Gew&#228;ssers nachpr&#252;fbar. Erst recht lag die Nachpr&#252;fbarkeit im Sinne der Bedingungen nach der Wasseranalyse durch das Wasserwirtschaftsamt C2 mit dem Ergebnis der Feststellung auch in dem Sp&#252;lwasser enthaltenen umwelt- und gesundheitsrelevanten, biologisch nicht abbaubaren Benzotriazols vor, welches langfristig das Gew&#228;sser mit den darin enthaltenen Lebewesen sch&#228;digen k&#246;nne. Die Richtigkeit der diesen Ablauf dokumentierenden Stellungnahme (Anlage B1, Bl. 201 GA) des Amtes f&#252;r Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Stadt B hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Dar&#252;ber hinaus ergibt sich aus dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten des Sachverst&#228;ndigen-Service K.&amp;.W. Langrehr (Anlage A1, Bl. 16 GA) gleichfalls aus Sedimentproben, welche nach der Entfernung des verunreinigten Wassers genommen wurden, eine damals noch gegebene geringf&#252;gige bis m&#228;&#223;ige Belastung mit Benzotriazol. Die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens stellt diese Umst&#228;nde nicht in Frage.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin war im Sinne von F.I.1.1 C 2009 zur Sanierung verpflichtet. Soweit die Bedingungen auf das Umweltschadensgesetz Bezug nehmen, ergab sich die Verpflichtung der Kl&#228;gerin aus dessen &#167;&#167; 6 und 8. Allerdings bestimmt &#167; 1 USchadG, dass dieses Gesetz nur Anwendung finde, soweit Rechtsvorschriften des Bundes oder der L&#228;nder die Vermeidung und Sanierung von Umweltsch&#228;den nicht n&#228;her bestimmten oder in ihren Anforderungen dem Umweltschadensgesetz nicht entspr&#228;chen. Auf den vorliegenden Fall findet damit Art. 55 BayWG als vorrangige Rechtsvorschrift eines Landes Anwendung. Darauf, dass Versicherungsschutz nur im Falle unmittelbaren Eingreifens des Umweltschadensgesetzes wegen Fehlens anderer Bundes- oder L&#228;ndervorschriften eingreift, kann das Leistungsversprechen der Beklagten nach den ma&#223;geblichen Verst&#228;ndnism&#246;glichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht reduziert werden, denn eine solche Verengung f&#252;hrte zur Aush&#246;hlung des Versicherungsschutzes. Der vereinbarte Versicherungsschutz griffe beim Vorliegen speziellerer bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften und damit in vielen F&#228;llen nicht. Es liegt auf der Hand, dass dies von den Vertragsparteien nicht beabsichtigt war und die fehlende Ber&#252;cksichtigung des &#167; 1 USchadG nur auf einem offensichtlichen Redaktionsfehler bei der Abfassung der Bedingungen beruhen kann. Eine andere Betrachtung f&#252;hrte zu einer lokal unterschiedlichen Auspr&#228;gung des Versicherungsschutzes: Beim Fehlen landesrechtlicher Regelungen w&#228;re er in Folge der direkten Anwendbarkeit des USchadG gegeben; in Bundesl&#228;ndern mit eigenem Regelwerk bliebe der Versicherungsnehmer schutzlos.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Bei der streitgegenst&#228;ndlichen Kostentragungsverpflichtung der Kl&#228;gerin gegen&#252;ber der Firma M handelt es sich um eine solche gegen&#252;ber einem Dritten im Sinne von F.I.4.1 C 2009. Die Kl&#228;gerin war unmittelbar aufgrund Gesetzes - Art. 55 Abs. 1 Satz 1 BayWG -&#160; zur Sanierung verpflichtet und ist deshalb gegen&#252;ber der Fa. M die Verpflichtung zur Zahlung von Werklohn f&#252;r die Sanierung eingegangen. Die genannte Klausel beschr&#228;nkt den &#8222;Dritten&#8220;&#160; nicht auf die Person des Gesch&#228;digten und umfasst damit auch die Kosten des mit der Sanierung beauftragten Unternehmers. Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch gleichg&#252;ltig, dass nach dem Schreiben des Amtes f&#252;r Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Stadt B vom 30.1.2018 das mit der Bauleitung beauftragte Planungsb&#252;ro X als Ansprechpartner zur Durchf&#252;hrung der notwendigen Ma&#223;nahmen aufgefordert wurde, denn in demselben Schreiben wird dazu ausgef&#252;hrt, dass es sich bei der Kl&#228;gerin um die Verursacherin der Wasserverunreinigung im Sinne des Art. 55 BayWG handele.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Notwendigkeit einer ausdr&#252;cklichen beh&#246;rdlichen Anordnung ergibt sich aus dem Bedingungswerk der Beklagten nicht. Vielmehr kn&#252;pft F.I.4.1 C 2009 ausdr&#252;cklich an die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Sanierung &#8222;aufgrund Gesetzes" an.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die streitigen Kosten sind schlie&#223;lich auch nach F.I.5.1 C 2009 versichert, da es sich um Kosten f&#252;r die Sanierung eines Gew&#228;ssers handelt.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der urspr&#252;ngliche Freistellungsanspruch hat sich, nachdem die Beklagte den Ausgleich der Forderung der Firma M endg&#252;ltig ablehnte, nach &#167;&#167; 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;gerin steht bez&#252;glich des genannten Betrags ein Anspruch auf Prozesszinsen zu. Zu dem im Klageantrag als Verzugszeitpunkt genannten 2.1.2014 hatte die Kl&#228;gerin gegen die Beklagte nur einen Anspruch auf Freistellung von dem von der Firma M in Rechnung gestellten Betrag, denn die Zahlung an die Firma M, die zur Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch f&#252;hrte, erfolgte erst am 24.11.2014 (Bl. 14 GA). Dass danach bis zum Einreichen der Klage Verzug begr&#252;ndet wurde, hat die Kl&#228;gerin nicht dargelegt.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kl&#228;gerin die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der durch das Gerichtsverfahren beim Amtsgericht K entstandenen Kosten von 1.308,40 &#8364; erstrebt, bleibt die Berufung erfolglos. Etwaige Schadensersatzanspr&#252;che der Kl&#228;gerin sind jedenfalls nach &#167; 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Kl&#228;gerin hat sich sehenden Auges in Kenntnis der Berechtigung der Forderung der Fa. M verklagen lassen und dadurch den Schaden &#252;berhaupt erst entstehen lassen. Es fehlt auch an Anhaltspunkten daf&#252;r, dass ihr die Begleichung der Forderung der Fa. M aus finanziellen Gr&#252;nden nicht m&#246;glich war. Vielmehr spricht f&#252;r ihre Leistungsf&#228;higkeit die Zahlung am 24.11.2014. Dahin stehen bleiben kann, ob die Kl&#228;gerin bei unzul&#228;nglicher Leistungsf&#228;higkeit, anstatt sich verklagen zu lassen, um Kredit h&#228;tte nachsuchen m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung au&#223;ergerichtlicher Kosten, die durch die Beauftragung des Prozessbevollm&#228;chtigten entstanden, dargelegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts in Schuldnerverzug befand, denn den kl&#228;gerischen Ausf&#252;hrungen ist schon nicht zu entnehmen, wann die Beauftragung erstmals erfolgte. In der Klageschrift hei&#223;t es dazu nur, dass der Prozessbevollm&#228;chtigte sich unter dem 1. April 2014 gegen&#252;ber der Beklagten f&#252;r die Kl&#228;gerin legitimiert habe. Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Mandatierung ergeben sich daraus nicht.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Soweit Nebenforderungen betroffen sind, sind Hinweise nicht veranlasst (&#167; 139 Abs. 2 ZPO).</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus &#167;&#167; 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, &#167; 26 Nr. 8 EGZPO.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 4.405,96 &#8364; festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen f&#252;r die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da weder die Rechtssache grunds&#228;tzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.</p>
125,216
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9 S 1/18235 C 108/17
2018-12-18T00:00:00
2019-01-04T14:23:30
2019-01-18T16:06:14
Urteil
ECLI:DE:LGD:2018:1218.9S1.18235C108.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.12.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 235 C 108/17 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:</p> <p>Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.367,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2016 zu zahlen.</p> <p>Von den Kosten beider Rechtszüge haben die Klägerin 24% und die Beklagte 76% zu tragen.</p> <p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td colspan="3"></td> <td></td> </tr> <tr><td><p>9 S 1/18235 C 108/17Amtsgericht Düsseldorf</p> </td> <td><p><img height="144" width="130" src="9_S_1_18235_C_108_17_Urteil_20181218_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> </td> <td colspan="2"><p>Verkündet am 18.12.2018A, Justizbeschäftigteals Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle</p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>Landgericht DüsseldorfIM NAMEN DES VOLKESUrteil</strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem Rechtsstreit</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorfauf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2018durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht F, den Richter am Landgericht Dr. O und den Richter Dr. Q</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>für Recht erkannt:</strong></p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28.12.2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 235 C 108/17 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter Abweisung der weitergehenden Klage wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.367,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.12.2016 zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Von den Kosten beider Rechtszüge haben die Klägerin 24% und die Beklagte 76% zu tragen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Gewerbe-Haftpflichtversicherung. Versichert war die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus allen Tätigkeiten, Eigenschaften und Rechtsverhältnissen, die im Zusammenhang stehen mit der Reinigung von wasserführenden Systemen TGA, Heizungsanlagen und Trinkwasseranlagen. In Bezug genommen waren die für das versicherte Risiko aufgeführten Bedingungen in Anl. C 2009 und Anl. H 2009. Inkludiert war eine Umweltschadens-Basisversicherung</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Versicherungsschutz bestand nach Ziffer. 1.1 der Bedingungen zu H 2009 im Rahmen des versicherten Risikos für den Fall, dass der Versicherungsnehmer wegen eines während der Wirksamkeit der W2 eingetretenen Schadensereignisses, das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Umweltschadens-Basisversicherung war nach F.I.8 C 2009 W die nachprüfbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den Versicherungsnehmer, die zuständige Behörde oder einen sonstigen Dritten. F.I.2.4 C 2009 bestimmte, dass Versicherungsschutz für die im Rahmen der Umwelt-Haftpflicht-Basisversicherung versicherten Risiken besteht bezüglich Abwasseranlagen des Versicherungsnehmers oder Einbringen oder Einleiten von Stoffen in ein Gewässer oder Einwirken auf ein Gewässer derart, dass die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers verändert wird, durch den Versicherungsnehmer (Abwasseranlagen- und Einwirkungsrisiko).</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">D.5.1  C 2009 bestimmte, dass der Versicherer, auch ohne dass W eingetreten ist, nach einer Störung des Betriebes oder</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">aufgrund behördlicher Anordnung Aufwendungen des Versicherungsnehmers ersetzt für Maßnahmen zur Abwendung oder Minderung eines sonst unvermeidbar eintretenden Personen, Sach- oder eines mitversicherten Vermögensschadens.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach D.5.2.1 C 2009 war der Versicherungsnehmer verpflichtet, dem Versicherer die Feststellung einer derartigen Störung des Betriebes oder eine behördliche Anordnung unverzüglich anzuzeigen und alles zu tun, was erforderlich ist, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet ist, den Schadenseintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu mindern.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach F.I.1.1 C 2009 war die gesetzliche Pflicht öffentlich-rechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers gemäß Umweltschadensgesetz zur Sanierung von Umweltschäden versichert. Als Umweltschaden definiert war unter anderem die Schädigung von Gewässern. F.I.4.1 C 2009 regelte den Versicherungsschutz dahin, dass er die Prüfung der gesetzlichen Verpflichtung, die Abwehr unberechtigter Inanspruchnahme und die Freistellung des Versicherungsnehmers von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen gegenüber der Behörde oder einem sonstigen Dritten umfasse. Berechtigt seien diese Verpflichtungen unter anderem dann, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund Gesetzes zur Sanierung verpflichtet und der Versicherer hierdurch gebunden sei. Versicherte Kosten waren nach F.I.5.1 C 2009 im Rahmen des in F.I.4.1 C 2009 geregelten Leistungsumfangs auch die Kosten für die Sanierung von Schäden an Gewässern.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im November 2013 wurde die Klägerin von der L GmbH beauftragt, beim Neubauvorhaben S2 in B eine Innenreinigung und den Systemschutz der gesamten Heizungsanlage vor Inbetriebnahme auszuführen. In der Zeit vom 18.11. bis zum 20.11.2013 führte die Klägerin eine erste Systembehandlung durch, wobei zunächst eine physikalische Spülung (ohne Zusätze von Reinigungsmitteln) zur Beseitigung von losen Rückständen (Öle, Fette etc.) vorgenommen wurde. Die Entsorgung des Spülwassers erfolgte nach Hinweis des für die Außenanlagen des Bauvorhabens zuständigen örtlichen Bauleiters durch einen Schacht auf der Rückseite des Gebäudes. Dieser Schacht, der auch zur Abführung des auf der Baustelle anfallenden Oberflächenwassers diente, entwässerte in den T2 genannten Steinacher Graben. Nach Abschluss der ersten Behandlung wurde das Heizungssystem wieder mit Wasser befüllt, das nunmehr Reinigungs- und Korrosionsschutzzusätze enthielt, die bis zur nächsten Behandlung im System verbleiben sollten. In der Zeit vom 03.12.2013 bis zum 05.12.2013 führte die Klägerin eine weitere Systembehandlung durch. Die Entsorgung des Spülwassers erfolgte wiederum über den schon vorher benutzten Einlaufschacht auf der Rückseite des Gebäudes.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zur gleichen Zeit zeigten sich im Steinacher Graben Trübungen und oberflächennahe Rückstände, worauf die örtliche Bauleitung der L Projektentwicklungs- und C GmbH die Feuerwehr, das Ordnungsamt der Stadt B und das Wasserwirtschaftsamt der Stadt C2 informierte. Neben den von der Firma L eingeleiteten Sofortmaßnahmen beauftragte die Klägerin am 04.12.2013 die M GmbH (Firma M) mit dem Absaugen und der Entsorgung des im Steinacher Graben gestauten Wassers. Durch die Beauftragung der Firma M entstanden der Klägerin Kosten i.H.v. 3367,56 €.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 27.03.2014 lehnte die Beklagte es ab, diese Kosten zu übernehmen. Mit Anwaltsschreiben vom 01.04.2014 ließ die Klägerin der Beklagten mitteilen, dass es sich ihrer Ansicht nach bei der Beauftragung der Firma M und den dadurch verursachten Kosten um einen Haftpflichtschaden handele, was die Beklagte mit Schreiben vom 03.04.2014 zurückwies. Auch im Rahmen weiterer Korrespondenz verblieb die Beklagte bei dieser Auffassung.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin die Werklohnforderung der Firma M in der Zwischenzeit nicht beglich und von dieser verklagt worden war, erging gegen die Klägerin am 15.10.2014 ein rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil des Amtsgerichts K, mit welchem die Klägerin verurteilt wurde, an die Firma M 3367,46 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2014 zu zahlen. Zusätzlich waren aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 15.12.2014 von der Klägerin 1038,40 € an die Firma M zu erstatten.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wurde im Juni 2016 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da nicht ermittelt werden konnte, wer für den Wasserschaden verantwortlich war.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, es handele sich bei der Beauftragung der Firma M und den dadurch entstandenen Kosten um einen Haftpflichtschaden, der von der Beklagten zu übernehmen sei. Sie habe die Firma M beauftragt, um ihrer Schadensminderungspflicht zu genügen. Sie hat gemeint, die Beklagte müsse auch die durch den Rechtsstreit vor dem Amtsgericht K entstandenen Kosten sowie die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten tragen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1.)    3367,65 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2014 sowie</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">2.)    weitere 1038,40 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.11.2014 sowie</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">3.)    vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 347,60 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Auffassung vertreten, dass kW vorliege, denn Gegenstand des Urteils des Amtsgerichts K sei kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Werklohnanspruch gewesen.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt:</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Bei dem von der Firma M nach Beauftragung durch die Klägern geltend gemachten Anspruch habe es sich um eine Werklohnforderung gehandelt und damit um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch und keinen Schadensersatzanspruch. Auch habe die Klägerin nicht dargelegt, dass sie im Sinne der Versicherungsbedingungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen worden sei. Weiterhin ergebe sich aus dem Sachvortrag der Klägerin nicht, dass die Entsorgung des Spülwassers über den Schacht in den Steinacher Graben überhaupt ursächlich für die Wasserverschmutzung des Steinacher Grabens gewesen sei, denn das Ermittlungsverfahren sei nach § 170 Abs. 2 StPO deshalb eingestellt worden, weil nicht festgestellt habe werden können, wer den Schaden verursacht habe.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Einen Anspruch hat das Amtsgericht auch hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten 1038,40 € verneint, denn es sei nicht zu erkennen, wieso die Klägerin Kosten auf die Beklagte abwälzen dürfen solle, die allein dadurch entstanden seien, dass sie sich von der Firma M auf Zahlung der unzweifelhaft bestehenden Werklohnforderung habe verklagen lassen anstatt diese vorab zu begleichen.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht geltend, dass das Amtsgericht die Bedingungen nur teilweise berücksichtigt habe. T2 sei der Versicherungsnehmer, wie es Ziffer D.5.1 C 2009 ausdrücklich regele, verpflichtet, die Feststellung einer Störung des Betriebs oder einer behördlichen Anordnung unverzüglich anzuzeigen und darüber hinaus alles zu tun, was erforderlich sei, die Aufwendungen auf den Umfang zu begrenzen, der notwendig und objektiv geeignet sei, den Schadeneintritt zu verhindern oder den Schadensumfang zu mindern. Zwar handele es sich bei der im Streit stehenden Forderung um eine Werklohnforderung, die im Ergebnis  einen vertraglichen Erfüllungsanspruch, gleichzeitig aber auch im Sinne der vereinbarten Schadensminderungspflicht einen Schadensersatzanspruch darstelle. Zudem ergebe sich aus einer Bescheinigung des zuständigen Amts vom 30.01.2018 (Anlage B1, Bl. 102 GA), dass die Klägerin Verursacherin der Verunreinigung sei und dementsprechend auch zur Beseitigung verpflichtet gewesen sei. Das Amt habe auf eine behördliche Anordnung verzichten können, da sie, die Klägerin, ihrer Beseitigungspflicht freiwillig nachgekommen sei. Lediglich wegen des notwendigen unverzüglichen Handelns sei ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Verwaltungsakt nicht ergangen. Zudem meint die Klägerin, dass das Amtsgericht die Hinweispflicht nach § 139 ZPO nicht ausreichend beachtet habe.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">die Beklagte unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils nach den erstinstanzlichen Anträgen zu verurteilen.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Klägerin ihre Aufwendungen von ihr nicht erstattet verlangen könne. Insbesondere fehle es an der Inanspruchnahme der Klägerin durch einen Dritten. T2 sei eine Anordnung einer Behörde an die Klägerin nicht existent. Soweit die Klägerin sich darauf beziehe, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch die Erstattung von Aufwendungen vor dem W beansprucht werden könne, gelte, dass eine behördliche Anordnung vorliegen müsse. Zudem fehle es an einer ersten nachprüfbaren Feststellung eines Umweltschadens durch die Klägerin. Nach dem Behördenschreiben vom 30.1.2018 sei vielmehr das Planungsbüro X aufgefordert worden, die notwendigen Maßnahmen zu veranlassen.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den diesen beigefügten Anlagen verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat sich die Beklagte in ihrer Klageerwiderung auf die Begriffsbestimmung des Versicherungsfalls in Ziffer 1.1 AHB bezogen, auf welcher auch das angegriffene Urteil fußt. W ist nach der für die hier streitgegenständliche Umweltschadenhaftpflichtversicherung maßgeblichen Bestimmung in F.8 C 2009 die nachprüfbare erste Feststellung des Umweltschadens durch den Versicherungsnehmer, die zuständige Behörde oder einen Dritten. W nach diesen Voraussetzungen trat zwischen dem 3.12. und dem 5.12.2013 ein.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Wendung „nachprüfbare erste Feststellung“ ist nach den maßgeblichen Erkenntnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers dahin zu verstehen, dass auf der Grundlage von Tatsachen die Verursachung eines Schadens durch den Versicherungsnehmer feststellbar ist. Die Bedingungen verlangen keine zeitlich unbefristete Nachprüfbarkeit im Sinne einer Dokumentation oder Archivierung von Beweismitteln. Vielmehr reicht die Überprüfbarkeit eines gegebenen Zustands zu einem bestimmten Zeitpunkt aus.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Nachprüfbarkeit in diesem Sinne war gegeben: Es zeigten sich Trübungen und oberflächennahe Rückstände im Steinacher Graben. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang dazu erfolgte die Einleitung von Reinigungs- und Korrosionszusätzen enthaltendem Spülwasser in den Steinacher Graben. Schon zu jenem Zeitpunkt war der Ursachenzusammenhang zwischen dem Einleiten des Spülwassers und der Veränderung des Gewässers nachprüfbar. Erst recht lag die Nachprüfbarkeit im Sinne der Bedingungen nach der Wasseranalyse durch das Wasserwirtschaftsamt C2 mit dem Ergebnis der Feststellung auch in dem Spülwasser enthaltenen umwelt- und gesundheitsrelevanten, biologisch nicht abbaubaren Benzotriazols vor, welches langfristig das Gewässer mit den darin enthaltenen Lebewesen schädigen könne. Die Richtigkeit der diesen Ablauf dokumentierenden Stellungnahme (Anlage B1, Bl. 201 GA) des Amtes für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Stadt B hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt. Darüber hinaus ergibt sich aus dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten des Sachverständigen-Service K.&.W. Langrehr (Anlage A1, Bl. 16 GA) gleichfalls aus Sedimentproben, welche nach der Entfernung des verunreinigten Wassers genommen wurden, eine damals noch gegebene geringfügige bis mäßige Belastung mit Benzotriazol. Die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens stellt diese Umstände nicht in Frage.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war im Sinne von F.I.1.1 C 2009 zur Sanierung verpflichtet. Soweit die Bedingungen auf das Umweltschadensgesetz Bezug nehmen, ergab sich die Verpflichtung der Klägerin aus dessen §§ 6 und 8. Allerdings bestimmt § 1 USchadG, dass dieses Gesetz nur Anwendung finde, soweit Rechtsvorschriften des Bundes oder der Länder die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden nicht näher bestimmten oder in ihren Anforderungen dem Umweltschadensgesetz nicht entsprächen. Auf den vorliegenden Fall findet damit Art. 55 BayWG als vorrangige Rechtsvorschrift eines Landes Anwendung. Darauf, dass Versicherungsschutz nur im Falle unmittelbaren Eingreifens des Umweltschadensgesetzes wegen Fehlens anderer Bundes- oder Ländervorschriften eingreift, kann das Leistungsversprechen der Beklagten nach den maßgeblichen Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht reduziert werden, denn eine solche Verengung führte zur Aushöhlung des Versicherungsschutzes. Der vereinbarte Versicherungsschutz griffe beim Vorliegen speziellerer bundes- oder landesrechtlicher Vorschriften und damit in vielen Fällen nicht. Es liegt auf der Hand, dass dies von den Vertragsparteien nicht beabsichtigt war und die fehlende Berücksichtigung des § 1 USchadG nur auf einem offensichtlichen Redaktionsfehler bei der Abfassung der Bedingungen beruhen kann. Eine andere Betrachtung führte zu einer lokal unterschiedlichen Ausprägung des Versicherungsschutzes: Beim Fehlen landesrechtlicher Regelungen wäre er in Folge der direkten Anwendbarkeit des USchadG gegeben; in Bundesländern mit eigenem Regelwerk bliebe der Versicherungsnehmer schutzlos.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Bei der streitgegenständlichen Kostentragungsverpflichtung der Klägerin gegenüber der Firma M handelt es sich um eine solche gegenüber einem Dritten im Sinne von F.I.4.1 C 2009. Die Klägerin war unmittelbar aufgrund Gesetzes - Art. 55 Abs. 1 Satz 1 BayWG -  zur Sanierung verpflichtet und ist deshalb gegenüber der Fa. M die Verpflichtung zur Zahlung von Werklohn für die Sanierung eingegangen. Die genannte Klausel beschränkt den „Dritten“  nicht auf die Person des Geschädigten und umfasst damit auch die Kosten des mit der Sanierung beauftragten Unternehmers. Es ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch gleichgültig, dass nach dem Schreiben des Amtes für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Stadt B vom 30.1.2018 das mit der Bauleitung beauftragte Planungsbüro X als Ansprechpartner zur Durchführung der notwendigen Maßnahmen aufgefordert wurde, denn in demselben Schreiben wird dazu ausgeführt, dass es sich bei der Klägerin um die Verursacherin der Wasserverunreinigung im Sinne des Art. 55 BayWG handele.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen behördlichen Anordnung ergibt sich aus dem Bedingungswerk der Beklagten nicht. Vielmehr knüpft F.I.4.1 C 2009 ausdrücklich an die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Sanierung „aufgrund Gesetzes" an.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die streitigen Kosten sind schließlich auch nach F.I.5.1 C 2009 versichert, da es sich um Kosten für die Sanierung eines Gewässers handelt.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der ursprüngliche Freistellungsanspruch hat sich, nachdem die Beklagte den Ausgleich der Forderung der Firma M endgültig ablehnte, nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht bezüglich des genannten Betrags ein Anspruch auf Prozesszinsen zu. Zu dem im Klageantrag als Verzugszeitpunkt genannten 2.1.2014 hatte die Klägerin gegen die Beklagte nur einen Anspruch auf Freistellung von dem von der Firma M in Rechnung gestellten Betrag, denn die Zahlung an die Firma M, die zur Umwandlung des Freistellungsanspruchs in einen Zahlungsanspruch führte, erfolgte erst am 24.11.2014 (Bl. 14 GA). Dass danach bis zum Einreichen der Klage Verzug begründet wurde, hat die Klägerin nicht dargelegt.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der durch das Gerichtsverfahren beim Amtsgericht K entstandenen Kosten von 1.308,40 € erstrebt, bleibt die Berufung erfolglos. Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin sind jedenfalls nach § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat sich sehenden Auges in Kenntnis der Berechtigung der Forderung der Fa. M verklagen lassen und dadurch den Schaden überhaupt erst entstehen lassen. Es fehlt auch an Anhaltspunkten dafür, dass ihr die Begleichung der Forderung der Fa. M aus finanziellen Gründen nicht möglich war. Vielmehr spricht für ihre Leistungsfähigkeit die Zahlung am 24.11.2014. Dahin stehen bleiben kann, ob die Klägerin bei unzulänglicher Leistungsfähigkeit, anstatt sich verklagen zu lassen, um Kredit hätte nachsuchen müssen.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Kosten, die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten entstanden, dargelegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich die Beklagte im Zeitpunkt der Beauftragung des Anwalts in Schuldnerverzug befand, denn den klägerischen Ausführungen ist schon nicht zu entnehmen, wann die Beauftragung erstmals erfolgte. In der Klageschrift heißt es dazu nur, dass der Prozessbevollmächtigte sich unter dem 1. April 2014 gegenüber der Beklagten für die Klägerin legitimiert habe. Erkenntnisse zum Zeitpunkt der Mandatierung ergeben sich daraus nicht.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Soweit Nebenforderungen betroffen sind, sind Hinweise nicht veranlasst (§ 139 Abs. 2 ZPO).</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 4.405,96 € festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.</p> <span class="absatzRechts">62</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p>F</p> </td> <td><p>Dr. O</p> </td> <td><p>Dr. Q</p> </td> </tr> <tr><td></td> <td></td> <td></td> </tr> </tbody> </table>
125,215
lagd-2018-12-18-4-ta-42318
{ "id": 793, "name": "Landesarbeitsgericht Düsseldorf", "slug": "lagd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 Ta 423/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-04T14:23:29
2019-02-12T11:31:57
Beschluss
ECLI:DE:LAGD:2018:1218.4TA423.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Beschwerde des Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 24.09.2018 in Gestalt des Abhilfebeschlusses vom 29.10.2018 abge&#228;ndert.</p> <p>Der Geb&#252;hrenstreitwert wird f&#252;r das Verfahren auf 8.325,00 &#8364; und f&#252;r den gerichtlichen Vergleich vom 13.09.2018 auf 9.712,50 &#8364; festgesetzt.</p> <p>Diese Entscheidung ergeht gerichtsgeb&#252;hrenfrei.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r &#252; n d e :</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Streitig ist die Geb&#252;hrenwertfestsetzung f&#252;r Verfahren und Vergleich vor dem Arbeitsgericht.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat zun&#228;chst die ordentliche betriebsbedingte K&#252;ndigung vom 26.03.2018 zum 30.09.2018 und sodann mit Klageerweiterung die au&#223;erordentliche (fristlose) K&#252;ndigung vom 18.04.2018 (umdeutbar in ordentliche K&#252;ndigung zum 31.10.2018) angegriffen. Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 13.09.2018, der auch Festlegungen zum Inhalt eines Zeugnisses traf.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat zun&#228;chst mit Beschluss vom 24.09.2018 den Wert f&#252;r das Verfahren auf drei Bruttomonatsgeh&#228;lter (BMG) und f&#252;r den Vergleich (wegen der Zeugnisregelung) auf vier BMG &#224; 1.387,50 &#8364; festgesetzt. Auf die fristgerecht erhobene Beschwerde des Kl&#228;gervertreters, der f&#252;r die K&#252;ndigungsschutzantr&#228;ge eine Bewertung iHv. sechs BMG und entsprechend f&#252;r den Vergleich sieben BMG erstrebt, hat das Arbeitsgericht den Wert im Wege der Teilabhilfe f&#252;r das Verfahren auf vier und f&#252;r den Vergleich auf f&#252;nf BMG erh&#246;ht und die weitergehende Beschwerde der Beschwerdekammer zur Entscheidung vorgelegt. Dabei hat es zun&#228;chst die K&#252;ndigung mit dem fr&#252;hesten Beendigungszeitpunkt (au&#223;erordentliche K&#252;ndigung vom 18.04.2018) mit drei BMG bewertet (Streitwertkatalog f&#252;r die Arbeitsgerichtsbarkeit idF v. 09.02.2018 [SWK], I 21.3, NZA 2018, 497 ff). Dieser Wert decke auch den im Wege der Umdeutung gewonnenen weiteren Streitgegenstand der hilfsweisen Beendigung zum fristgerechten Termin am 31.10.2018 ab (SWK I 21.1). Deshalb sei f&#252;r die ordentliche K&#252;ndigung vom 26.03.2018 zum 30.09.2018 nur noch eine Differenz von einem Monat werterh&#246;hend zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Demgegen&#252;ber ist die Beschwerde der Auffassung, der Verfahrenswert betrage sechs Bruttomonatsgeh&#228;lter. Ma&#223;geblich sei, dass der Beendigungszeitpunkt der au&#223;erordentlichen K&#252;ndigung (18.04.2018) von dem Beendigungszeitpunkt der zun&#228;chst angegriffenen ordentlichen K&#252;ndigung (30.09.2018) um mehr als drei Monate abweiche.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Beschwerde ist begr&#252;ndet. Die K&#252;ndigungsschutzantr&#228;ge im vorliegenden Verfahren sind mit sechs BMG zu bewerten.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.Der Wert des ersten K&#252;ndigungsschutzantrags betreffend die ordentliche K&#252;ndigung zum 30.09.2018 entspricht gem&#228;&#223; &#167; 42 Abs. 2 S. 1 GKG dem Betrag des f&#252;r die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts, also drei BMG. Er ver&#228;ndert sich gem&#228;&#223; &#167; 40 GKG durch nachfolgende Antr&#228;ge nicht mehr.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.Der Wert der (unbedingten) Klageerweiterung betreffend die "&#252;berholende" au&#223;erordentliche K&#252;ndigung vom 18.04.2018 betr&#228;gt gem&#228;&#223; &#167; 42 Abs. 2 S. 1 GKG grunds&#228;tzlich ebenfalls drei BMG. Dieser Wert wird weder ganz noch teilweise vom Wert des Ausgangsantrags betreffend die ordentliche K&#252;ndigung zum 30.09.2018 umfasst.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">a.Die Klageerweiterung betrifft zun&#228;chst einen anderen Streitgegenstand iSv. &#167; 39 Abs. 1 GKG als der Ausgangsantrag. Zwar enth&#228;lt die einem Antrag nach &#167; 4 Satz 1 KSchG gegen die ordentliche K&#252;ndigung stattgebende Entscheidung zugleich die Feststellung, dass ein Arbeitsverh&#228;ltnis zwischen den Parteien "zum vorgesehenen Aufl&#246;sungszeitpunkt noch bestanden hat" (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff, BAG 18.12.2014 - 2 AZR 163/14, BAGE 150, 234, Rn. 23 mwN). Deshalb ist der Arbeitgeber mit anderen Beendigungsgr&#252;nden zu und zeitlich vor dem vorgesehenen Aufl&#246;sungszeitpunkt, die er nicht in den Rechtsstreit einf&#252;hrt, pr&#228;kludiert. Das bedeutet aber nicht, dass die Klage gegen die ordentliche K&#252;ndigung schon die vorgelagerte au&#223;erordentliche K&#252;ndigung selbst als Streitgegenstand erfasst und ihr Wert deshalb den Wert der sp&#228;teren Klageerweiterung gegen die au&#223;erordentliche K&#252;ndigung umfassen w&#252;rde. Denn hierf&#252;r verlangt die Rechtsprechung bislang stets eine Erweiterung der Klage punktuell auf die nachfolgende K&#252;ndigung, gem&#228;&#223; &#167; 6 KSchG bis sp&#228;testens zum Schluss der m&#252;ndlichen Verhandlung (so ausdr&#252;cklich der 7. Senat, BAG 20.06.2018 - 7 AZR 689/16; ebenso bislang der 2. Senat, BAG 13. M&#228;rz 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 3 a der Gr&#252;nde, BAGE 85, 262, zuletzt aber offen gelassen in BAG 24.05.2018 - 2 AZR 67/18 - und BAG 18.12.2014 - 2 AZR 163/14 - jeweils unter Hinweis auf Gallner in FS Wank 2014 S. 117, 125). In Rechtskraft erw&#228;chst beim Ausgangsantrag daher nur, ob zum vorgesehenen Aufl&#246;sungszeitpunkt am 30.09.2018 ein Arbeitsverh&#228;ltnis bestand oder nicht, nicht dagegen, ob die "&#252;berholende" au&#223;erordentliche K&#252;ndigung zu ihrem Beendigungstermin wirksam war oder nicht. Insoweit handelt es sich nur um eine Inzidentpr&#252;fung.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">b.Sodann scheidet auch ein Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identit&#228;t (analog &#167; 45 Abs. 1 S&#228;tze 2 und 3 GKG) im vorliegenden Fall aus. Bei wirtschaftlicher Betrachtung wird der Streit der Parteien durch die Klageerweiterung um den Zeitraum erweitert, um den die "&#252;berholende" fristlose K&#252;ndigung das Arbeitsverh&#228;ltnis fr&#252;her als die urspr&#252;ngliche fristgerechte K&#252;ndigung beenden soll. Das sind hier (gedeckelt) noch einmal drei BMG. Dies gilt unabh&#228;ngig davon, ob dieser Streit zus&#228;tzlich (!) den Streit um eine im Wege der Umdeutung gewonnene (oder hilfsweise ausgesprochene) ordentliche K&#252;ndigung zum 31.10.2018 umfasst. Dies best&#228;tigt zudem die Hilfs&#252;berlegung, dass anderenfalls ein Streit um die au&#223;erordentliche und die umgedeutete ordentliche K&#252;ndigung weniger werthaltig w&#228;re als der (geringere) Streit lediglich um die au&#223;erordentliche K&#252;ndigung.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis entspricht der Empfehlung des Streitwertkatalogs, wonach der Wert einer Folgek&#252;ndigung mit Ver&#228;nderung des Beendigungszeitpunkts dem Betrag der Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch der Verg&#252;tung f&#252;r ein Vierteljahr entspricht (SWK I 21.3).</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">III.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 3 GKG ist das Verfahren geb&#252;hrenfrei; Kosten werden nicht erstattet.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (&#167; 32 Abs. 1 RVG, &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Quecke</p>
125,190
vg-luneburg-2018-12-18-1-b-5718
{ "id": 616, "name": "Verwaltungsgericht Lüneburg", "slug": "vg-luneburg", "city": 375, "state": 11, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 B 57/18
2018-12-18T00:00:00
2019-01-04T14:23:00
2019-01-17T11:45:59
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller begehrt vorl&#228;ufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Das Amtsgericht A-Stadt - Sch&#246;ffengericht - verurteilte den Antragsteller im Jahr 2006 wegen unerlaubten gewerbsm&#228;&#223;igen Handeltreibens mit Bet&#228;ubungsmitteln in mehreren F&#228;llen zu einer Freiheitsstrafe. Aufgrund eines erneuten Verdachts des Handels mit Bet&#228;ubungsmitteln durchsuchten Polizeibeamte im August 2017 seine Wohnung. Dabei fanden sie in einem Bein eines Regals circa 0,2 g Amphetamine und stellten diese sicher.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Nachdem der Antragsgegner hiervon Kenntnis erlangt hatte, ordnete er gegen&#252;ber dem Antragsteller am 7. Juni 2018 eine &#220;berpr&#252;fung seiner Fahreignung durch eine &#228;rztliche Begutachtung an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Da der Antragsteller bis zum 25. Oktober 2018 ein Gutachten nicht vorgelegt hatte, setzte der Antragsgegner ihm hierf&#252;r nochmals eine Frist bis zum 7. November 2018 und teilte ihm mit, dass er anderenfalls von seiner Nichteignung zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen ausgehen und seine Fahrerlaubnis entziehen m&#252;sse. Binnen der genannten Frist k&#246;nne er hierzu Stellung nehmen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>In dem vom Antragsteller dem Antragsgegner daraufhin am 13. November 2018 &#252;bersandten Gutachten der T&#220;V Nord Mobilit&#228;t GmbH &amp; Co. KG vom 1. Oktober 2018 wird ausgef&#252;hrt, dass der Antragsteller angegeben habe, nie Bet&#228;ubungsmittel zu sich genommen und auch noch nie etwas damit zu tun gehabt zu haben. Eine regelm&#228;&#223;ige Einnahme von Medikamenten sei von ihm verneint worden. Zu dem bei ihm aufgefundenen T&#252;tchen mit den Amphetaminen habe er erkl&#228;rt, dieses nach einer Grillparty gefunden und sp&#228;ter dann vergessen zu haben, sich um eine R&#252;ckgabe an den eigentlichen Besitzer zu bem&#252;hen. Weiter wird in dem Gutachten dargelegt, dass in einer der drei untersuchten Urinproben des Antragstellers 67,7 ng/ml Codein nachgewiesen sowie Morphin positiv befundet worden sei, was eine vorangegangene Aufnahme von Opiaten belege.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner entzog dem Antragsteller daraufhin mit Bescheid vom 14. November 2018 die Erlaubnis zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen (Ziffer 1), ordnete die sofortige Vollziehung dieser Verf&#252;gung an (Ziffer 2), forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur unverz&#252;glichen Abgabe seines F&#252;hrerscheins bis zum 21. November 2018 auf (Ziffer 3 und 4) und setzte ihm gegen&#252;ber Kosten in H&#246;he von 150,00 Euro fest. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt der Antragsgegner in seinem Bescheid im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen sei, weil er Bet&#228;ubungsmittel eingenommen habe. Dies ergebe sich aus dem Ergebnis der Untersuchung seiner Urinproben. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begr&#252;ndete der Antragsgegner mit der vom Antragsteller bei einer Teilnahme am Stra&#223;enverkehr ausgehenden Gef&#228;hrdung seines eigenen Lebens und das anderer Verkehrsteilnehmer.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 29. November 2018 Klage erhoben und um vorl&#228;ufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrt er im Wesentlichen aus, dass die ausgewerteten Urinproben widerspr&#252;chlich seien. Zudem habe die sp&#228;tere Untersuchung einer weiteren Urinprobe am 6. November 2018 durch seinen Hausarzt, dessen Hinzuziehung zu einer m&#252;ndlichen Verhandlung beantragt werde, einen negativen Befund ergeben. Auch verwende er regelm&#228;&#223;ig Voltaren Salbe und nehme Ibuprofen und Paracetamol ein. Eine Wirkstoffzuordnung k&#246;nne nicht erfolgen, sodass die Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens beantragt werde, zur Kl&#228;rung, ob die ermittelten Werte auch durch die Einnahme der Medikamente hervorgerufen werden k&#246;nnten. Die vorl&#228;ufige Entziehung seiner Fahrerlaubnis sei dar&#252;ber hinaus unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, weil er schwerbehindert und deshalb auf die Nutzung seines Fahrzeugs angewiesen sei. Au&#223;erdem m&#252;sse er seine sich in einem Pflegeheim lebende Mutter chauffieren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner hat am 7. Dezember 2018 die Zwangsgeldandrohung in dem Bescheid vom 14. November 2018 aufgehoben, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit f&#252;r erledigt erkl&#228;rt haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beantragt sinngem&#228;&#223;,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14. November 2018 in der ge&#228;nderten Fassung vom 7. Dezember 2018 wiederherzustellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:72pt">den Antrag abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Das vom Antragsteller vorgelegte Ergebnis der Untersuchung einer Urinprobe durch seinen Hausarzt sei nicht geeignet, die Zweifel an seiner Fahreignung auszur&#228;umen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit mit Schreiben jeweils vom 14. Dezember 2018 hinsichtlich der mit dem angegriffenen Bescheid angedrohten Festsetzung eines Zwangsgelds f&#252;r den Fall der nicht fristgerechten Abgabe des F&#252;hrerscheins &#252;bereinstimmend f&#252;r erledigt erkl&#228;rt haben, ist das Verfahren insoweit entsprechend &#167; 92 Abs.&#160;3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen ist der nach seinem Wortlaut unbeschr&#228;nkte Antrag des Antragstellers auf vorl&#228;ufigen Rechtsschutz als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis auszulegen (&#167;&#167; 122 Abs. 1, 88 VwGO). Nachdem der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung nunmehr eine aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des F&#252;hrerscheins annimmt und die Zwangsgeldandrohung aufgehoben hat, geht die Kammer nicht (mehr) davon aus, dass der Antragsteller dar&#252;ber hinaus auch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die angeordnete Abgabe seines F&#252;hrerscheins in entsprechender Anwendung des &#167; 80 Abs. 5 VwGO begehrt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 30.8.2012 - 7 VR 6.12 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Beschl. v. 26.3.2014 - 13 ME 21/14 -, juris Rn. 11 und Beschl. v. 17.9.2013 - 4 ME 192/13 -, juris Rn. 4; Kammerbeschl. v. 5.12.2018 - 1 B 54/18 -, juris Rn. 14, 29 ff.). Auch geht die Kammer nicht davon aus, dass der Antragsteller gesonderten vorl&#228;ufigen Rechtsschutz gegen die Kostenfestsetzung begehrt, da er keine Einw&#228;nde gegen die Erhebung der Geb&#252;hr erhoben hat und hinsichtlich der Festsetzung der Verwaltungskosten auch die Zul&#228;ssigkeitsvoraussetzungen nach &#167;&#160;80 Abs. 6 VwGO f&#252;r einen Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO nicht vorliegen w&#252;rden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der so verstandene Antrag hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis ist zul&#228;ssig, insbesondere gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 5 Satz&#160;1 Halbsatz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft, da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung insoweit besonders angeordnet hat, jedoch unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen. Ist die sofortige Vollziehung von der Beh&#246;rde den formellen Anforderungen des &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gen&#252;gend angeordnet worden, so entscheidet das Gericht nach &#167; 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO &#252;ber die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf der Grundlage einer eigenen Abw&#228;gung des Interesses des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber seine Rechtm&#228;&#223;igkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere &#246;ffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.12.2014&#160;&#160;&#160;- 7 VR 5.14&#160;-, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschl. v. 10.09.2014 - 8 ME 87/14 -, juris Rn. 2). Im Rahmen der Interessenabw&#228;gung haben die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs eine entscheidende Bedeutung. Ergibt sich bei der im Rahmen des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber grunds&#228;tzlich auch ausreichenden (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 16.8.2017 - 13 ME 173/17 -, juris Rn. 4, vgl. auch Beschl. v. 24.01.2018 - 7 ME 110/17 -, juris Rn. 28) summarischen &#220;berpr&#252;fung, dass der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil sich der angegriffene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig erweist, so &#252;berwiegt regelm&#228;&#223;ig das &#246;ffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts. Erweist sich der Rechtsbehelf bei summarischer &#220;berpr&#252;fung demgegen&#252;ber als offensichtlich erfolgreich, &#252;berwiegt regelm&#228;&#223;ig das Interesse des Adressaten des Verwaltungsakts, von dessen Vollziehung vorerst verschont zu bleiben. Stellen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs hingegen als offen dar, so ist eine Abw&#228;gung der widerstreitenden Interessen erforderlich, bei der in Rechnung zu stellen ist, welche Gr&#252;nde bei bestehender Unsicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs f&#252;r und gegen eine Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts sprechen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 10.5.2010 - 13 ME 181/09 -, juris Rn. 4). Au&#223;erdem ist zu ber&#252;cksichtigen, dass die voraussichtliche Rechtm&#228;&#223;igkeit eines Verwaltungsakts f&#252;r sich allein nur das allgemeine Interesse an seiner Vollziehung begr&#252;ndet, nicht aber zugleich auch deren, f&#252;r die beh&#246;rdliche Anordnung nach &#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erforderliche Dringlichkeit (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 27.4.2005 - 1 BvR 223/05 -, NVwZ 2005, 1303; Beschl. v. 18.7.1973, - 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382, 402; Nds. OVG, Beschl. v. 10.9.2014, a.a.O.; Finkelnburg/Dombert/K&#252;lpmann, Vorl&#228;ufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7.&#160;Aufl., Rn. 757 f. m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Nach Ma&#223;gabe dessen ist der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage unbegr&#252;ndet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Zun&#228;chst gen&#252;gt die Begr&#252;ndung der Anordnung der sofortigen Vollziehung den sich aus &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen. Erforderlich f&#252;r das Vorliegen einer hinreichenden schriftlichen Begr&#252;ndung im Sinne dieser Vorschrift ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen &#246;ffentlichen Interesses daf&#252;r, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche &#246;ffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zur&#252;cktreten muss, zun&#228;chst von dem von ihm angegriffenen Verwaltungsakt verschont zu werden. Dem Begr&#252;ndungserfordernis ist nicht erst dann Gen&#252;ge getan, wenn ein besonderes &#246;ffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung tats&#228;chlich vorliegt; ausreichend ist vielmehr &#8211; wie bei der Begr&#252;ndung eines Verwaltungsakts nach &#167; 39 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)&#160;&#8211;, dass die Beh&#246;rde die wesentlichen tats&#228;chlichen und rechtlichen Gr&#252;nde mitteilt, die sie im konkreten Einzelfall zu der Annahme des Vorliegens eines besonderen Vollzugsinteresses und damit zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bewogen haben. Da sich diese Begr&#252;ndung auf das besondere &#246;ffentliche Interesse an der Vollziehung zu beziehen hat, ist eine gesonderte Darstellung der diesem Interesse entgegenstehenden Interessen des von der sofortigen Vollziehung nachteilig Betroffenen keine Voraussetzung der formalen Ordnungsm&#228;&#223;igkeit der Begr&#252;ndung. In diesem Zusammenhang ist nicht entscheidungserheblich, ob bereits die von dem Antragsgegner getroffene Entscheidung &#252;ber den Sofortvollzug auf einer auch inhaltlich tragf&#228;higen, materiell ausreichenden Abw&#228;gung beruht (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.3.2017 - 12 ME 12/17 -, n.v.). Die Begr&#252;ndung des Antragsgegners f&#252;r die Anordnung der sofortigen Vollziehung gen&#252;gt diesen Anforderungen, da er die Notwendigkeit des Sofortvollzugs auf die mit einer weiteren Teilnahme des als Kraftfahrer ungeeigneten Antragstellers am Stra&#223;enverkehr einhergehende erhebliche Gef&#228;hrdung der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer st&#252;tzte. Die Verwendung standardisierter Begr&#252;ndungselemente war dem Antragsgegner dabei im vorliegenden Fall nicht verwehrt (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 26.10.2012 - 2 M 124/12 -, juris Rn. 10; VG Bremen, Beschl. v. 10.1.2018 - 5 V 3111/17 -, juris Rn. 17 (Fahrerlaubnisentziehung); Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, &#167; 80 Rn. 85 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Abw&#228;gung des Interesses des Antragstellers, vom Vollzug der Fahrerlaubnisentziehung bis zur endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber ihre Rechtm&#228;&#223;igkeit verschont zu bleiben, gegen das besondere &#246;ffentliche Interesse an deren sofortiger Vollziehung f&#228;llt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Nach summarischer Pr&#252;fung der Sach- und Rechtslage wird seine Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben, weil diese Verf&#252;gung offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Rechtsgrundlage f&#252;r die Entziehung der Fahrerlaubnis ist &#167; 3 Abs. 1 Satz 1 Stra&#223;enverkehrsgesetz (StVG) in Verbindung mit &#167; 46 Abs. 1 Satz 1 Verordnung &#252;ber die Zulassung von Personen zum Stra&#223;enverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV -). Danach ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist gem&#228;&#223; &#167; 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere derjenige, bei dem Erkrankungen oder M&#228;ngel nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen und dadurch die Eignung zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV ist die Fahreignung bei einer Einnahme von Bet&#228;ubungsmitteln im Sinne des Bet&#228;ubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) im Regelfall (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 - 3 C 1.08 -, juris Rn. 20) nicht gegeben. Voraussetzung der Entziehung ist, dass die Nichteignung positiv festgestellt wird (BVerwG, Urt. v. 9.6.2005 - 3 C 25.04 -, juris Rn. 17). Unter Zugrundelegung des vorgenannten Ma&#223;stabs war hier die Fahrerlaubnis zu entziehen, weil sich der Antragsteller nach summarischer Pr&#252;fung als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen erwiesen hatte. Aufgrund des in seiner Urinprobe nachgewiesenen Codeins und Morphins steht fest, dass er zuvor Bet&#228;ubungsmittel im Sinne des &#167; 1 Abs. 1 in Verbindung mit der Anlage III Gesetz &#252;ber den Verkehr mit Bet&#228;ubungsmitteln (BtMG) eingenommen hatte. Hieraus folgt gem&#228;&#223; Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV seine Ungeeignetheit zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen. Auf die H&#228;ufigkeit des Konsums kommt es dabei in aller Regel &#8211; wie auch vorliegend &#8211; nicht an (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 11.8.2009 - 12 ME 156/09 -, juris Rn. 7, sowie Beschl. v. 30.06.2009 - 12 ME 112/09 -, juris Rn. 8; VG Oldenburg, Beschl. v. 6.3.2018 - 7 B 938/18 -, juris Rn. 22 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der Nichteignung des Antragstellers steht auch sein erstmals mit der Begr&#252;ndung des Antrags auf vorl&#228;ufigen Rechtsschutz vorgebrachter Vortrag nicht entgegen, er benutze regelm&#228;&#223;ig Voltaren Forte Salbe und nehme Ibuprofen sowie Paracetamol ein. Denn die Kammer h&#228;lt die pauschale Behauptung nicht f&#252;r glaubhaft. Der Antragsteller hat bereits keine n&#228;heren Ausf&#252;hrungen dazu gemacht, weshalb er diese Medikamente im Vorfeld der Abgabe der Urinprobe eingenommen haben will. Zudem steht seine Darstellung im Widerspruch zu seinen Angaben gegen&#252;ber der &#196;rztin, die das Fahreignungsgutachten erstellte. Sie f&#252;hrt darin aus, dass die Einnahme von Medikamenten, die sich auf die Fahreignung auswirken k&#246;nnten, auf Befragen des Antragstellers von ihm verneint worden und eine regelm&#228;&#223;ige Medikamenteneinnahme in den letzten drei Monaten nicht erfolgt sei (S. 4, 6 des Gutachtens). Auch bei der &#220;bersendung des Gutachtens an den Antragsgegner machte der Antragsteller keine Angaben zu eingenommenen Medikamenten, sondern brachte gegen dieses vielmehr lediglich vor, dass es widerspr&#252;chlich und nicht nachvollziehbar sei. Abgesehen davon, dass im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes grunds&#228;tzlich nur pr&#228;sente Beweismittel zu ber&#252;cksichtigen sind (vgl. etwa Nds. OVG, Beschl. v. 14.8.2018 - 12 OA 90/18 -, juris Rn. 15, sowie v. 18.04.2018 - 10 ME 73/18 -, juris Rn. 32), bedurfte es auch deshalb &#8211; mangels Entscheidungserheblichkeit &#8211; nicht der vom Antragsteller beantragten Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens. Dies gilt gleicherma&#223;en f&#252;r die vom Antragsteller beantragte Vernehmung seines Hausarztes als Zeugen f&#252;r eine negative Urinprobe vom 6. November 2018. Denn aus einem solchen Untersuchungsergebnis w&#252;rde nicht folgen, dass der Antragsteller im zeitlichen Zusammenhang mit der Urinprobe f&#252;r das Fahreignungsgutachten keine Bet&#228;ubungsmittel eingenommen hatte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Besondere Umst&#228;nde, die es &#8211; abweichend vom Regelfall der Ziffer 9.1 der Anlage 4 FeV &#8211; ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen lie&#223;en, von einer fortbestehenden Fahreignung des Antragstellers auszugehen (vgl. dazu auch BVerwG, Urt. v. 26.2.2009 - 3 C 1.08 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschl. v. 30.6.2009 - 12 ME 112/09 -, juris Rn. 9) hat er weder vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Im &#220;brigen r&#228;umen &#167; 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und &#167; 46 Abs. 1 Satz 1 FeV der Fahrerlaubnisbeh&#246;rde kein Ermessen ein, ob die Fahrerlaubnis zu entziehen ist oder nicht, sondern sehen dies als zwingende Folge vor, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Vor diesem Hintergrund kommt es auch auf die vom Antragsteller im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis bef&#252;rchteten Nachteile f&#252;r seine Fortbewegungsm&#246;glichkeiten nicht an. Die (absehbaren) Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung muss jeder Betroffene hinnehmen, wenn &#8211; wie hier &#8211; hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am &#246;ffentlichen Stra&#223;enverkehr eine Gefahr f&#252;r dessen Sicherheit resultiert (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.3.2004 - 1 M 2/04 -, juris Rn. 33; vgl. auch Hamburgisches OVG, Beschl. v. 15.11.2017 - 4 Bs 180/17 -, juris Rn. 30).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch nicht wegen einer etwaig unterbliebenen Anh&#246;rung (&#167; 1 Abs. 1 Nieders&#228;chsisches Verwaltungsverfahrensgesetz - NVwVfG - in Verbindung mit &#167; 28 VwVfG) rechtswidrig. Zwar hat der Antragsgegner dem Antragsteller, nachdem dieser das Gutachten vorgelegt hatte, keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis wegen des Konsums von Bet&#228;ubungsmitteln einger&#228;umt. Jedoch ist dies unabh&#228;ngig davon, ob nach der am 25.&#160;Oktober 2018 erfolgten Anh&#246;rung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis bei einer Nichtvorlage des Gutachtens &#252;berhaupt eine nochmalige Anh&#246;rung durchzuf&#252;hren gewesen w&#228;re, jedenfalls nach &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit &#167; 46 VwVfG unbeachtlich, weil dieser (m&#246;gliche) Verfahrensfehler die Entscheidung des Antragsgegners nicht beeinflusste (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, &#167;&#160;46 Rn. 30 f.). Dies folgt f&#252;r die Kammer daraus, dass dem Antragsgegner ein Entscheidungsspielraum nicht zustand und der Antragsteller auch keine Umst&#228;nde vorgetragen hat, die dem Vorliegen der Voraussetzungen einer Fahrerlaubnisentziehung nach &#167; 3 Abs. 1 Satz 1 StVG in Verbindung mit &#167; 46 Abs. 1 Satz 1 FeV entgegenstehen k&#246;nnten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich liegt hier ein besonderes Vollzugsinteresse in der Wahrung der Sicherheit des Stra&#223;enverkehrs vor. Die von einem &#8211; voraussichtlich zu Recht &#8211; als zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen ungeeignet angesehenen Fahrerlaubnisinhaber ausgehenden Gefahren f&#252;r den Stra&#223;enverkehr sind zu gro&#223;, als dass sie im Interesse seiner erleichterten und erweiterten Teilnahme am Stra&#223;enverkehr vorl&#228;ufig hingenommen werden k&#246;nnten (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 23.12.2016 - 12 ME 186/16 -, juris Rn. 19). Auch unter dem Blickwinkel der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Auswirkungen der Anordnung der sofortigen Vollziehung auf den Antragsteller sind dessen Interessen nicht von h&#246;herem Gewicht. Denn angesichts der Gefahren f&#252;r die Teilnehmer am &#246;ffentlichen Stra&#223;enverkehr, die von einem Kraftfahrer ausgehen, der sich &#8211; wie der Antragsteller &#8211; als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen erwiesen hat, m&#252;ssen seine privaten Belange zur&#252;ckstehen (vgl. hierzu auch: Nds. OVG, Beschl. v. 7.4.2017 - 12 ME 49/17 -, juris Rn. 9).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167; 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Bei der Kostenquotelung hat die Kammer ber&#252;cksichtigt, dass der Antragsgegner seinen Bescheid teilweise aufgehoben hat und anderenfalls der Antrag auf vorl&#228;ufigen Rechtsschutz vorrausichtlich insoweit Erfolg gehabt h&#228;tte (vgl. Kammerbeschl. v. 5.12.2018 -&#160;1 B 54/18 -, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf &#167;&#167; 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an die Vorschl&#228;ge unter Nr. 46.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nord&#214;R 2014, 11).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=JURE180019778&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
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ovgnrw-2018-12-18-6-a-290318
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 2903/18
2018-12-18T00:00:00
2018-12-27T18:03:42
2019-02-12T11:31:56
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1218.6A2903.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 9.000&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gr&#252;nden ergeben sich nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das Landesamt f&#252;r Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: LAFP NRW) habe die vom Kl&#228;ger begehrte Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 rechtm&#228;&#223;ig wegen fehlender charakterlicher Eignung abgelehnt. Insoweit gen&#252;gten berechtigte Zweifel. Das beklagte Land habe seinen Bewertungsspielraum nicht &#252;berschritten, indem es sich auf die betr&#228;chtliche Anzahl der gegen den Kl&#228;ger gef&#252;hrten Strafverfahren sowie die dadurch zu Tage getretenen Verhaltensweisen gest&#252;tzt habe. Dass es teilweise zu keiner Verurteilung gekommen sei, hindere das beklagte Land nicht, aus dem zu Tage getretenen Verhalten R&#252;ckschl&#252;sse auf seine charakterliche Eignung zu ziehen. Der Kl&#228;ger k&#246;nne sich auch nicht darauf berufen, dass er bei Begehung der Taten mit einer Ausnahme noch Heranwachsender gewesen und inzwischen nachgereift sei. Zum einen habe es sich nicht ausschlie&#223;lich um jugendtypische Verfehlungen gehandelt. Zum anderen sei der Zeitraum, in dem sich der Kl&#228;ger durch straffreies Verhalten bew&#228;hrt haben wolle, zu kurz, als dass daraus auf eine nachhaltige &#196;nderung des Charakters und zuk&#252;nftiges rechtstreues Verhalten geschlossen werden k&#246;nne. Noch im Juni 2016 sei er erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragsbegr&#252;ndung zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser n&#228;her begr&#252;ndeten Erw&#228;gungen auf. Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht,&#160; dass das M.&#160;&#160;&#160; NRW den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum &#252;berschritten hat, d. h. dass es von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den Begriff der Eignung gemessen an den f&#252;r den Polizeivollzugsdienst erforderlichen charakterlichen Eigenschaften eines Beamten verkannt oder aber unter Verletzung allgemeing&#252;ltiger Wertma&#223;st&#228;be, etwa der Einbeziehung sachwidriger Erw&#228;gungen, entschieden hat.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Ma&#223;stab OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 13.&#160;September 2018 - 6 B 1176/18 -, juris Rn. 10, vom 17. August 2017 - 6 B 751/17 -, juris Rn. 8, vom 2. Dezember 2016 - 1 B 1194/16 -, juris Rn. 13 ff., vom 2. November 2016 - 6 B 1172/16 -, juris Rn. 9 f., vom 19. November 2014 - 6 A 1896/13 -, juris Rn. 42, und vom 18. Oktober 2013 - 1 B 1131/13 -, juris Rn. 7 ff., 14; S&#228;chs. OVG, Beschluss vom 20. September 2017 - 2 B 180/17 -, juris Rn. 12; VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschl&#252;sse vom 10. M&#228;rz 2017 - 4 S 124/17&#160;&#8209;, juris Rn. 5, und vom 27. November 2008 &#8209;&#160;4 S 2332/08 -, juris Rn. 4.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Straftaten, auch wenn sie im jugendlichen Alter begangen wurden, sind grunds&#228;tzlich geeignet, Zweifel an der charakterlichen Eignung f&#252;r den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu begr&#252;nden. Daf&#252;r ist es unerheblich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, ob es zu einer Verurteilung gekommen oder das Strafverfahren wegen geringer Schuld oder gegen Auflagen eingestellt worden ist. Das Mitf&#252;hren eines Klappmessers zu einem Fu&#223;ballspiel und die diesbez&#252;gliche Erkl&#228;rung des Kl&#228;gers durften ebenfalls in die Beurteilung der charakterlichen Eignung einbezogen werden, auch wenn dies nicht gegen das Waffengesetz verstie&#223;. Der Kl&#228;ger ist in der Vergangenheit mehrfach, zuerst im noch nicht strafm&#252;ndigen Alter von 13 Jahren und 11 Monaten, zuletzt im Juni 2016 im Alter von 22 Jahren, strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die Delikte sind vielf&#228;ltig und reichen von Diebstahl &#252;ber Betrug und Urkundenf&#228;lschung bis hin zum Hausfriedensbruch. Der Kl&#228;ger wirkte &#252;berwiegend an der Aufkl&#228;rung nicht mit, fl&#252;chtete sich in Schutzbehauptungen und zeigte keine Einsicht in sein Fehlverhalten; im Verfahren wegen Urkundenf&#228;lschung - Einsetzen eines falschen Datums in ein &#228;rztliches Attest f&#252;r die Schule &#8211; schilderte er nicht nur abwegige Geschehensabl&#228;ufe, sondern beschuldigte auch noch seinen j&#252;ngeren Bruder. Aufgrund des langen Zeitraums, der Vielfalt der Straftaten und des Umgangs damit ist dem erneut erhobenen Einwand des Kl&#228;gers, es handle sich um jugendtypische Verfehlungen, die keine R&#252;ckschl&#252;sse auf seine derzeitige charakterliche Eignung zulie&#223;en, nicht zu folgen. Erg&#228;nzend wird auf die zutreffenden Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das beklagte Land musste auch nicht aufgrund der vom Kl&#228;ger angef&#252;hrten ge&#228;nderten pers&#246;nlichen Lebensumst&#228;nde, etwa der T&#228;tigkeit als Sch&#252;lersprecher, davon ausgehen, er sei ungeachtet der Vorkommnisse in der Vergangenheit charakterlich geeignet, weil er nunmehr als Erwachsener ausreichend gereift sei. Es ist insbesondere rechtlich nicht zu beanstanden, dass das M.&#160;&#160;&#160; NRW auf die Vorg&#228;nge auf dem Festivalgel&#228;nde in Oberhausen im Juni 2016 verwiesen hat, als der Kl&#228;ger bereits erwachsen war und sich schon bei der Bundespolizei beworben hatte. Insoweit ist auch nichts gegen die W&#252;rdigung des beklagten Landes zu erinnern, als Polizist f&#252;r Recht und Gesetz einstehen k&#246;nne nur, wer sich selbst regelkonform verhalte, polizeilichen Anweisungen folge und mit Alkohol entsprechend verantwortungsvoll umgehe. Der verharmlosende Einwand des Kl&#228;gers, der Hausfriedensbruch im betrunkenen Zustand falle in den Bereich der leichtest denkbaren Kriminalit&#228;t und sei ein Ausrutscher, vermag demgegen&#252;ber nicht zu &#252;berzeugen. Da Streitgegenstand eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist, kommt es schlie&#223;lich auf die nach Erledigung des Einstellungsbegehrens f&#252;r das Jahr 2017 eingetretenen Umst&#228;nde, etwa das Engagement bei der freiwilligen Feuerwehr, hier nicht an.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167; 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskr&#228;ftig (&#167; 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).</p>
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ovgnrw-2018-12-18-7-a-320517
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7 A 3205/17
2018-12-18T00:00:00
2018-12-27T18:03:41
2019-02-12T11:31:56
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1218.7A3205.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren unterbrochen ist.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Senat entscheidet &#252;ber die Unterbrechung des Berufungsverfahrens durch den Berichterstatter. Im vorbereitenden Verfahren entscheidet der bestellte Berichterstatter u. a. &#252;ber die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens (vgl. &#167; 87a Abs. 1 Nr. 1 VwGO); diese Regelung gilt entsprechend f&#252;r das Berufungsverfahren (vgl. &#167; 125 Abs. 1 VwGO). Sie ist auch auf die F&#228;lle der Unterbrechungen nach &#167; 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit &#167;&#167; 239 ff. ZPO anwendbar.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5.11.2015 - 19 A 1582/15 -; Ortloff/Riese, in: Schoch u. a., VwGO, Stand 5/2018, &#167; 87a Rn. 28 sowie Geiger, in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., &#167; 87a Rn. 7.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach &#167; 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit &#167; 240 Satz 1 ZPO wird im Falle der Er&#246;ffnung des Insolvenzverfahrens &#252;ber das Verm&#246;gen einer Partei das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den f&#252;r das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Voraussetzungen f&#252;r die Unterbrechung des Berufungsverfahrens sind danach im Hinblick auf die vom Amtsgericht K&#246;ln am 1.9.2018 beschlossene Er&#246;ffnung des Insolvenzverfahrens &#252;ber das Verm&#246;gen der beigeladenen A.&#160; GmbH - 75 IN 232/18 - erf&#252;llt.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die beigeladene A.&#160;GmbH ist Partei des Verfahrens im Sinne von &#167; 173 VwGO, &#167;&#160;240 ZPO. Partei im Sinne dieser Bestimmungen ist eine Beigeladene jedenfalls dann, wenn die Beiladung notwendig ist (vgl. &#167; 65 Abs. 2 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BFH, Urteil vom 7.10.1987 - II R 187/80 -, juris sowie BFH, Urteil vom 13.10.2016 - IV R 20/14 -, juris.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden - von der Kl&#228;gerin als Grundst&#252;cksk&#228;uferin betriebenen - Verfahren der Anfechtung der beh&#246;rdlichen Aus&#252;bung des st&#228;dtebaulichen Vorkaufsrechts ist die Beiladung der Verk&#228;uferin notwendig.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur notwendigen Beiladung im Anfechtungsstreit &#252;ber die Aus&#252;bung des gemeindlichen Vorkaufsrechts: Kronisch, in Br&#252;gelmann, BauGB, Vorbemerkung zu &#167;&#167; 24-28 BauGB, Rn. 100 (Stand Juli 2016).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin und der Beklagten rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Aus&#252;bung des Vorkaufsrechts ist ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der Verk&#228;uferin und K&#228;uferin des von der Aus&#252;bung des Vorkaufsrechts erfassten Grundst&#252;cks betrifft.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.11.2009 - 4 B 52/09 -, BRS 74 Nr. 130.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bei einer Anfechtung eines solchen Verwaltungsakts mit Doppelwirkung durch einen Adressaten ist die Beiladung des betroffenen Dritten obligatorisch.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa Schneider, in Schoch u. a., VwGO, Loseblattkommentar, &#167; 65, Rn. 6.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren betrifft auch die Insolvenzmasse.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zur Insolvenzmasse geh&#246;ren jedenfalls die im Schriftsatz des beteiligten Insolvenzverwalters vom 23.11.2018 genannten Grundst&#252;cke. Das Insolvenzverfahren erfasst gem&#228;&#223; &#167; 35 Abs. 1 InsO das gesamte Verm&#246;gen des Schuldners im Zeitpunkt der Verfahrenser&#246;ffnung und das w&#228;hrend des Verfahrens erlangte Verm&#246;gen. Aus der Eintragung der vom Insolvenzverwalter genannten Grundst&#252;cke im Grundbuch ergibt sich hier derzeit mit f&#252;r die vorliegend zu treffende Entscheidung hinreichender Sicherheit die Eigent&#252;merstellung der beigeladenen A. GmbH im Zeitpunkt der Insolvenzer&#246;ffnung. Ist im Grundbuch f&#252;r jemand ein Recht eingetragen, so wird vermutet, dass ihm das Recht zustehe (vgl. &#167; 891 Abs. 1 BGB).</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Grundst&#252;cke sind durch das Berufungsverfahren auch im Rechtssinne betroffen. Ein anh&#228;ngiges Verfahren betrifft die Insolvenzmasse, wenn es zu ihr in rechtlicher oder wenigstens wirtschaftlicher Beziehung steht. Es reicht ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse aus, da von &#167; 240 ZPO nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch Rechtsstreitigkeiten erfasst werden, die der Vorbereitung eines aktiv oder passiv die Insolvenzmasse betreffenden Hauptanspruchs dienen. Denn der Normzweck des &#167;&#160;240 ZPO, sowohl dem Insolvenzverwalter als auch den Parteien Gelegenheit zu geben, sich auf die durch die Insolvenz ver&#228;nderte rechtliche und wirtschaftliche Lage einzustellen und insbesondere dem Insolvenzverwalter gen&#252;gend Zeit einzur&#228;umen, um sich mit dem Gegenstand des Rechtsstreits vertraut zu machen und zu entscheiden, ob es n&#246;tig und zweckm&#228;&#223;ig ist, das Verfahren zu betreiben, spricht gegen ein enges Verst&#228;ndnis des Anwendungsbereichs und damit f&#252;r die Einbeziehung auch von Verfahren, in denen um Anspr&#252;che gestritten wird, die nur mittelbar die Insolvenzmasse betreffen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7.6.2018 - 6 B 1/18 -, juris.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine solche mittelbare Betroffenheit der Insolvenzmasse durch das vorliegende Verfahren, dessen Erfolgsaussichten hier nicht abschlie&#223;end beurteilt werden k&#246;nnen, liegt vor. Bei einem Erfolg der mit der Berufung weiter verfolgten Anfechtungsklage hinge es von hier nicht zu kl&#228;renden zivilrechtlichen Fragen ab, welche Anspr&#252;che die Kl&#228;gerin auf der Grundlage des Kaufvertrags vom 28.12.2016 gegen die Insolvenzmasse geltend machen k&#246;nnte, des Weiteren w&#228;re bei einem Erfolg der Anfechtungsklage im Zuge der R&#252;ckabwicklung der Vertragsbeziehungen zwischen Beklagter und der beigeladenen A.&#160;GmbH gegebenenfalls mit gegen die Insolvenzmasse gerichteten Anspr&#252;chen auf R&#252;ckgew&#228;hr bereits entrichteter Kaufpreiszahlungen zu rechnen. F&#252;r eine mittelbare Betroffenheit der Insolvenzmasse durch das Verfahren spricht zudem, dass auch bei einer Abweisung der mit der Berufung weiter verfolgten Anfechtungsklage jedenfalls wirtschaftliche Auswirkungen auf die Insolvenzmasse in Rechnung zu stellen sind. Bei einer abschlie&#223;enden Abweisung der gegen die Vorkaufsrechtsaus&#252;bung gerichteten Klage w&#228;re vom Bestand des Kaufvertrags zwischen Beklagter und der beigeladenen A. GmbH auszugehen. Dann k&#246;nnte sich mit Blick auf die zugunsten der Beklagten eingetragene Vormerkung vom 22.5.2017 zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentums&#252;bertragung ein &#8222;insolvenzfestes&#8220; Aussonderungsrecht ergeben, mit der Folge, dass der betroffene Grundbesitz nicht mehr als zur Insolvenzmasse geh&#246;rend anzusehen w&#228;re (vgl. &#167;&#167;&#160;47, 106 InsO).</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Insolvenzfestigkeit vormerkungsgesicherter Anspr&#252;che f&#252;r Rechte an Grundst&#252;cken: BGH, Urteil vom 24.6.2003 - IX ZR 75/01 -, BGHZ 155, 227.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Einer Feststellung der Unterbrechung des Verfahrens steht schlie&#223;lich auch nicht etwa eine zwischenzeitliche Aufnahme durch den Insolvenzverwalter oder eine Beendigung des Insolvenzverfahrens entgegen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar.</p>
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ovgnrw-2018-12-18-4-b-103018
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 B 1030/18
2018-12-18T00:00:00
2018-12-27T18:03:41
2019-02-12T11:31:55
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2018:1218.4B1030.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe f&#252;r eine durch einen Rechtsanwalt noch einzulegende Beschwerde gegen die Versagung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes durch Ziff.&#160;2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts K&#246;ln vom 18.6.2018 (8 L 394/18) bewilligt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Senat legt das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe f&#252;r eine durch einen Rechtsanwalt noch einzulegende Beschwerde gegen die Versagung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes durch Ziff.&#160;2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts K&#246;ln vom 18.6.2018 aus. Dieser Antrag hat Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. &#167; 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erh&#228;lt ein Beteiligter, der die Kosten der Prozessf&#252;hrung nach seinen pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht bietet und nicht mutwillig erscheint.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen vor.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller kann nach seiner im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Erkl&#228;rung &#252;ber seine pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse die Kosten der Prozessf&#252;hrung nicht aufbringen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die von ihm beabsichtigte Beschwerde h&#228;tte hinreichende Aussicht auf Erfolg, sofern der Antragssteller diese anwaltlich vertreten binnen der Monatsfrist des &#167; 60 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz, Satz 3 VwGO einlegte und &#8211; wie bereits gegen&#252;ber dem Verwaltungsgericht im Nachgang zu dem Beschluss &#8211; geltend machte, einen Antrag auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes nicht gestellt zu haben. Der Antragsteller hat den Antrag auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes, den das Verwaltungsgericht in Ziff. 2 des streitgegenst&#228;ndlichen Beschlusses abgelehnt hat, (noch) nicht gestellt, womit Ziff. 2 dieses Beschlusses im Beschwerdeverfahren aufzuheben w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Auslegung seines Antrags k&#246;nnen gem&#228;&#223; &#167; 122 Abs. 1 VwGO die zu &#167; 88 VwGO f&#252;r die Auslegung von Klageantr&#228;gen entwickelten Grunds&#228;tze entsprechend herangezogen werden. Nach &#167;&#160;88 VwGO darf das Gericht &#252;ber das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Antr&#228;ge nicht gebunden; es hat vielmehr das tats&#228;chliche Rechtschutzbegehren zu ermitteln. Ma&#223;gebend f&#252;r den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klagebegr&#252;ndung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Insoweit sind die f&#252;r die Auslegung von Willenserkl&#228;rungen geltenden Grunds&#228;tze (&#167;&#167;&#160;133, 157 BGB) anzuwenden. Wesentlich ist der ge&#228;u&#223;erte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erkl&#228;rung und sonstigen Umst&#228;nden ergibt; der Wortlaut der Erkl&#228;rung tritt hinter deren Sinn und Zweck zur&#252;ck.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.1.2012 &#8211; 9 B 56.11 &#8211;&#160;, NVwZ 2012, 375 = juris, Rn. 7, m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grunds&#228;tzen hat das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zun&#228;chst nur eine isolierte Bewilligung von Prozesskostenhilfe f&#252;r einen noch einzulegenden Antrag auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes zum Gegenstand. Zwar enth&#228;lt sein Schriftsatz vom 19.2.2018 unter Ziff. 1 den (nach Hinweis des Verwaltungsgerichts sp&#228;ter inhaltlich abge&#228;nderten) Antrag: &#8222;Dem Antragsgegner wird untersagt aus dem n&#228;her bezeichneten Kostenbescheid des Bundesverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 6&#160;B 22.17 die Zwangsvollstreckung zu betreiben.&#8220; Unter der sich anschlie&#223;enden Ziff. 2 beantragt er jedoch, ihm f&#252;r dieses Verfahren &#8222;vorab&#8220; Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Ferner f&#252;hrt er einleitend aus, der Erlass dieser einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 123 VwGO werde &#8222;im Entwurf&#8220; beantragt. Dies deutet in der Zusammenschau klar darauf hin, dass der Antragsteller zun&#228;chst nur Prozesskostenhilfe f&#252;r die Stellung eines Antrags auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt hat. Einem isolierten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird h&#228;ufig ein Entwurf des Rechtsmittelschriftsatzes beigef&#252;gt, um das Gericht in die Lage zu versetzen zu &#252;berpr&#252;fen, ob die f&#252;r die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorausgesetzte hinreichende Erfolgsaussicht besteht. Wenn der Antragsteller demgegen&#252;ber bereits den Antrag auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes h&#228;tte stellen wollen, g&#228;be es allerdings keinen nachvollziehbaren Grund daf&#252;r, den von ihm diesbez&#252;glich formulierten Antrag nur als &#8222;Entwurf&#8220; zu bezeichnen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist f&#252;r die Beteiligten unanfechtbar, &#167; 166 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167; 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO.</p>