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315,847 | lg-bonn-1981-11-02-6-s-39681 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
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} | 6 S 396/81 | 1981-11-02T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:33 | 2019-03-27T09:42:03 | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1981:1102.6S396.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waldbröl, vom 29.05.1981 .- Az. 3 C 204/81 - dahingehend abgeändert, dass die Kl.age abgewiesen wird. </p>
<p>Die Kosten des- Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin vermietete den Beklagten die Wohnung mit dem Mietvertrag vom ##.##.1980 zu einem monatlichen Mietzins von 500,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom ##.##.1981 ließen die Beklagten der Klägerin durch den <u>Mieterverein A e.V. </u>mitteilen, dass sie ab Februar 1981 eine Mietminderung von 100 % vornehmen würden. Die Mietminderung habe ihre Ursache darin, dass die Heizungsanlage seit längerem trotz mehrerer Reparaturversuche defekt und eine Beheizung der Wohnung daher nicht möglich sei. Aufgrund der mangelhaften Beheizbarkeit des Hauses sei es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Familienmitglieder gekommen; desweiteren sei es in der Wohnung zu Feuchtigkeitsschäden und an den Möbeln zu Folgeerscheinungen gekommen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Klageschrift des vorliegenden Rechtsstreits vom 11.03.1981, den Beklagten zugestellt am 08.04.1981, erklärte die Klägerin den Beklagten die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, nachdem die Beklagten im Februar und März 1981 keine Mietzahlungen geleistet hatten. Die Beklagten leisteten auch für die Monate April und Mai 1981 keine Mietzahlungen. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist im ersten Rechtszug der Ansicht gewesen, die Beklagten seien nicht berechtigt, Mietzinsbeträge zurückzuhalten. Sie hat vorgetragen, die Heizung sei zwar mehrfach defekt gewesen; sie habe aber jeweils sofort Fachfirmen eingeschaltet, die die Beanstandungen hätten beheben können.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat weiter behauptet, die Heizung habe nur deshalb öfter versagt, weil die Beklagten, denen das Beschaffen des Heizöls auf eigene Kosten obliege, nicht rechtzeitig Heizöl eingekauft hätten. Weiter hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass die Beklagten keinesfalls berechtigt gewesen seien, eine 100%ige Mietminderung vorzunehmen, da die Wohnung weiter von den Beklagten genutzt worden sei. Auch stehe einer Mietminderung § 6 des Mietvertrags entgegen, der bestimmt, dass eine Aufrechnung, oder eine Zurückbehaltung von Mietzins nur dann statthaft ist, wenn der Mieter seine Absicht mindestens einen Monat, vor Fälligkeit des Mietzinses dem Vermieter schriftlich ankündigt. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat ihre Kündigung auch darauf gestützt, dass die Beklagten insoweit mit, der Nachbarsfamilie lebten, diese beleidigt und im Ansehen, herabgesetzt hätten, so dass bereits ein Termin vor einem Schiedsmann erforderlich geworden sei. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, die im Hause der Klägerin in E im Erdgeschoß links bewohnten 4 Zimmer, Küche, Diele, Bad, Nebengelasse sowie eine Garage zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie haben die Meinung vertreten, zu Recht eine 100 %ige Mietminderung vorgenommen zu haben. Sie haben vorgetragen: Sie hätten seit Mietbeginn die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Heizungsanlage nicht Ordnungsgemäß arbeite. Die Klägerin habe sich zwar wiederholt bemüht, die Anlage instandsetzen zu. lassen. Trotzdem sei ab November 1980 eine Beheizung der Wohnung nicht mehr möglich gewesen. Auch die Beauftragung von Fachfirmen seitens der Beklagten habe zu keiner Besserung geführt, da diese hätten feststellen müssen, dass die notwendige Zuluft für die Anlage nicht gewährleistet und der Ölbrenner defekt und nicht mehr reparabel sei. Die Beklagten haben sich insoweit auf zwei von ihnen vorgelegte Bescheinigungen der <u>Firmen B und C bezogen.</u> Der Ausfall der Heizung für die gesamten Wintermonate habe nicht nur zu einer wesentlichen Gebrauchsminderung - nur 2 Zimmer hätten durch eigene Heizöfen der Beklagten erwärmt werden können sondern auch zu erheblichen Schäden am Mobiliar und zur Erkrankung fast aller Familienmitglieder, die Beklagten haben 4 Kinder, geführt. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben bestritten, dass die mangelnde Beheizung daran gelegen habe, dass sie nicht für ausreichendes Heizöl gesorgt hätten. Sie haben ein Schreiben der Fa. <u>D</u> vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass die Beklagten dort im Jahre 1980 Heizöl nach Bedarf gekauft und sofort bezahlt haben. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zu dem weiteren Kündigungsgrund haben die Beklagten vorgetragen, einerseits bestehe keine häusliche Gemeinschaft mit den Nachbarn, andererseits lägen die von der Klägerin genannten Vorgänge so lange zurück - die Erörterung vor dem Schiedsmann sei am 6. Mai 1980 gewesen, dass die erforderliche Sachnähe zur jetzigen Kündigung fehle. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch die angefochtene Entscheidung hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt: Die Beklagten befänden sich mit den Mietzahlungen in der Zeit von Februar bis Mai 1981, also mit mindestens zwei vollen Monatsmieten im Rückstand. Damit liege ein Kündigungsgrund nach § 554 I Nr. 2 BGB vor. Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstelle, dass die Heizung in der fraglichen Zeit ausgefallen sei, so sei nur eine Minderung von 50 % berechtigt gewesen. Die Beklagten hätten den Verzug auch zu vertreten, da ihnen trotz der Beratung durch den Mieterverein erkennbar gewesen sei, dass eine 100 %ige Mietminderung bei weiterer Benutzung der Wohnung nicht gerechtfertigt sein könne. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben gegen das ihnen am 16.06.1981 zugestellte Urteil mit am 07.07.1981 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 06.08.1981 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie rügen insbesondere, dass das erstinstanzliche Urteil unberücksichtigt gelassen habe, dass aufgrund des Heizungsausfalls - nunmehr im einzelnen aufgeführte - Feuchtigkeitsschäden entstanden seien, was insgesamt zu einer für eine Familie mit 4 Kindern katastrophalen Wohnlage geführt habe. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, die Heizung sei zunächst am 05.12.1980, nach einer Reparatur wieder am 10.12.1980 defekt gewesen. Die Klägerin habe trotz sofortiger Meldung erst am 27.01.1981 einen erneuten Reparaturversuch durch die Fa. <u><b>A </b></u>vornehmen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Heizung habe dann aber nur einen Tag funktioniert. Die Fa. <b>A </b>habe weitere Reparaturen abgelehnt. Die Beklagten hatten dann, die <u>Fa.-L beauftragt, </u>die am 03.02.1981 bei der Überprüfung der Heizung ebenfalls nur habe feststellen können, dass eine Reparatur nicht mehr möglich gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten berufen sich im übrigen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und legen weitere Unterlagen, unter anderem eine Heizölrechnung vom 03.12.1980, vor. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen, hilfsweise ihnen eine angemessene Räumungsfrist einzuräumen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreitet, dass aufgrund des Heizungsausfalls Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung hervorgerufen worden seien. Die Klägerin trägt weiter vor, ihr werde durch die Beklagten verwehrt, die Wohnung zu besichtigen. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in zweiter Instanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><i>Die </i>zulässige Berufung ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil musste abgeändert und die Klage abgewiesen werden, weil sie unbegründet ist. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><i>Die </i>Klägerin hat keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im Streit befindlichen Wohnung, da hierfür gem. § 556 BGB die Beendigung des Mietverhältnisses Voraussetzung ist. Die mit der Klageschrift ausgesprochene fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin ist jedoch mangels eines Kündigungsgrundes unwirksam, so dass das Mietverhältnis fortbesteht. . </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann die von ihr erklärte Kündigung nicht auf den Kündigungsgrund des § .554 Abs. 1 Nr. 1 BGB stützen. Zwar haben die Beklagten an zwei aufeinanderfolgenden Terminen, nämlich Februar und März 1981, keinen Mietzins gezahlt. Gem. § 554<i> </i>Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit Abs. 2 Nr. 1 BGB ist aber weiter erforderlich, dass bei der Wohnraummiete der Mietrückstand mehr als eine Monatsmiete beträgt. Dies, ist hier nicht der Fall. Geht man nämlich vom Vorbringen der Beklagten aus, so war wegen eines. nicht zu reparierenden Defekts an der Heizungsanlage die gemietete Wohnung ab November 1980, auch im Februar und April, 1981, nicht beheizbar. Dies rechtfertigt für die Wintermonate eine Mietminderung von (mindestens) 50 %, da hierdurch die Nutzbarkeit der zu Wohnzwecken bestimmten Mieträume ganz erheblich beeinträchtigt ist. Ob eine noch weitergehende Minderung des Mietzinses - insbesondere im Hinblick auf die behaupteten Feuchtigkeitsschäden - gerechtfertigt war, kann. dahinstehen. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Denn auch bei einer nur fünfzigprozentigen Minderung ist für - zwei aufeinanderfolgende Monate lediglich ein Betrag von 500,-- DM, der den Betrag einer Monatsmiete nicht übersteigt, rückständig geworden. Das Vorbringen der Beklagten, das für den fraglichen Zeitraum eine Minderung in Höhe von 50 % rechtfertigt hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten, so sodass es gem. § 138 Absätze 2. und 3 ZPO als zugestanden anzusehen ist. Zu den detaillierten Angaben der Beklagten hat die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreits keinerlei Ausführungen gemacht. Sie hat lediglich in der Klageschrift vorgetragen, dass sie Reparaturen in Auftrag gegeben habe. Dies bestreiten die Beklagten auch nicht. Sie haben aber im einzelnen dargelegt, wann diese Reparaturarbeiten stattgefunden haben, und dass die Heizungsanlage in der Folgezeit dennoch nicht funktioniert habe, wobei sie zu letzterer Behauptung schriftliche Bestätigungen derjenigen Handwerker vorgelegt haben, die die Reparaturversuche durchgeführt hatten und auf deren Zeugnis sich die Klägerin in der Klageschrift bezogen hat. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auf dieses Vorbringen ist die Klägerin in keiner Weise eingegangen. Dazu bestand aber aller Anlass, da in der Klageschrift lediglich pauschal behauptet worden war, es seien Reparaturen veranlasst und Beanstandungen behoben worden. Dies kann nicht als ausreichendes Bestreiten der späteren ausführlichen Darlegungen der Beklagten. angesehen werden, zumal sich aufgrund der Ausführungen der Klägerin persönlich in der mündlichen Verhandlung der Eindruck aufdrängte, dass der Vortrag in der Klageschrift weitgehend auf Mutmaßungen beruhte. Insbesondere für die Vermutung der Klägerin, dass mangelnde Beheizung habe daran gelegen, dass die Beklagten nicht ausreichend Heizöl beschafft hätten, sind keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen worden, während die Beklagten schriftliche -Unterlagen darüber vorgelegt haben, dass sie Heizöl eingekauft haben. Es war der Klägerin auch zuzumuten, ihren Vortrag nicht nur auf Mutmaßungen zu stützen, sondern sich über den Erfolg der von ihr veranlassten Reparaturarbeiten und den Zustand der Heizungsanlage zu vergewissern, was zumindest durch Erkundigung bei den benannten Handwerkern möglich gewesen wäre. Ist demgemäß das Vorbringen der Beklagten über den Ausfall. der Heizungsanlage als zugestanden anzusehen, so scheidet auch der Kündigungsgrund des § 554 Abs. 1 Nr. 2 BGB aus. Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung bei Zugang der Klageschrift am 08.04.1981, war für die Monate Februar, März und April- geht man von einer mindestens angemessenen Mietminderung von 50 % aus - ein Mietrückstand von 750, -- DM aufgelaufen. Dieser Betrag erreicht nicht den Betrag von zwei Monatsmieten. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Weitere, spätere Mietzinsrückstände können keine Berücksichtigung finden, da die Klägerin nicht erneut fristlos gekündigt hat. Die fristlose Kündigung als einseitiges, gestaltendes Rechtsgeschäft beendet das Mietverhältnis mit ihrem Zugang, soweit sie wirksam erklärt ist. Für ihre Wirksamkeit ist erforderlich, dass der die Kündigung rechtfertigende Grund im Zeitpunkt des Zugangs Bestand hat. Bei den weitreichenden Folgen der Kündigungserklärung; verstieße ein Schwebezustand und das Zulassen eines Nachschiebens von später entstandenen Gründen bei einer bisher unwirksamen Kündigung gegen das Prinzip der Rechtssicherheit. Dem Kündigenden ist es auch ohne weiteres zumutbar, eine erneute Kündigung aufgrund der später entstandenen Kündigungsgründe auszusprechen. (vgl.:. OLG Zweibrücken WM 81, 177 -- Rechtsentscheid -; LG Hamburg MDR 75, 143; LG Karlsruhe MDR 78, 672). </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dass sich die Klägerin, nicht auf § 6 des Mietvertrages (Ankündigungspflicht bezüglich beabsichtigter Minderung) berufen kann, ergibt sich bereits aus § 537 Abs. 3 BGB, wonach die Minderung von Gesetzes wegen eintritt. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann sich auch nicht auf den Kündigungsgrund des § 554a BGB berufen. Eine Kündigung aus wichtigem Grund ist- nämlich nur dann möglich, wenn aus den Umständen erkennbar ist, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für - die Parteien unzumutbar ist. Wird die Kündigung auf Vorfälle gestützt, die schon einige Zeit zurückliegen, so wird vermutet, dass der Kündigende das Verhalten des anderen Teils nicht für so, schwerwiegend hält, dass er nicht mehr an dem Mietverhältnis festhalten kann. (vgl. Roquette § 551 a Rdn. 28). So ist es aber hier. Wie die Beklagten vortragen, haben sich die von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle vor dem 6. Mai 1980, dem Termin vor dem Schiedsmann, zugetragen. Dies hat die Beklagte nicht bestritten. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Klage war demgemäß unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><u>Berufungsstreitwert:</u> 6.000,-- DM</p>
|
315,849 | lg-dusseldorf-1981-11-02-13-o-40777 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": 413,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 13 O 407/77 | 1981-11-02T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:36 | 2019-03-27T09:42:03 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1981:1102.13O407.77.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger zu 2) 1.000,00 DM zu zahlen.</p>
<p>Im übrigen werden die Klagen der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) abgewiesen, ausgenommen der vom Kläger zu 2) geltend gemachte Heckschaden, der Gegenstand des noch widerrufbaren Teilvergleichs vom 28.10.1981 ist.</p>
<p>Die Klägerin zu 1) hat ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und 3% der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie 3% der Gerichtskosten zu tragen. Im übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 2) auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,00 DM. Die Beklagten zu 1) und 3) können die Vollstreckung des Klägers zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 DM oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger zu 2) vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet. Die Sicherheiten können auch durch Bankbürgschaft erbracht werden.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Am 15.11.1975 gegen 1o Uhr 45 ereigneten sich auf der Bundesautobahn Oberhausen - Hannover in der Höhe von Uentrop bei Nebel zahlreiche sogenannte Auffahrunfälle., Darin waren u.a. drei PKWs verwickelt, an vorderster Stelle ein Golf, der von der Zeugin X gefahren, dann ein Citroen, der vom Kläger zu 2) geführt wurde, und als letztes Fahrzeug ein Audi, den der Beklagte zu 3) lenkte. Als der Unfall zwischen diesen drei Fahrzeugen sich anbahnte, hatte die Zeugin X den Golf gerade zum Stehen gebracht, weil sich vor ihr bereits Unfälle ereignet hatten. Sodann stieß der Citroen mit seiner Front so heftig gegen das Heck des Golf, dass dieser schwer beschädigt wurde und eine der Mitfahrerinnen ihren hierbei erlittenen Verletzungen später erlag. Der Beklagte zu 3) fuhr mit der linken Fronthälfte seines Audi gegen das Heck des Citroen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Es<i> </i>ist streitig, wie der Unfall im einzelnen ablief. Die Kläger behaupten, der Kläger zu 2) habe seinen Citroen unmittelbar hinter dem Golf zum Stehen gebracht und diesen PKW nur leicht berührt; dann sei der Beklagte zu 3) mit seinem Audi auf den Citroen gefahren und habe diesen mit Wucht auf den Golf geschoben; die Beklagten hafteten deshalb für sämtliche in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Unfallschäden. - Die Beklagten machen geltend, zuerst sei der Citroen auf den Golf gefahren und erst danach der Audi auf den Citroen; sie hafteten deshalb nur für den Heckschaden am Citroen des Klägers zu 2). -Über diesen Heckschaden haben der Kläger zu 2) und die Beklagten in der Sitzung vom 28.10.1981 einen Teilvergleich geschlossen, der noch widerrufen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zu 2) hat, abgesehen von dem noch nicht erledigten Frontschaden an seinem PKW, bei dem Unfall folgende Verletzungen erlitten: eine Gehirnerschütterung, eine Gehirnprellung und ein HWS-Schleudertrauma.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, zugleich von der Klägerin zu 1) unterstützt::</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Infolge des vom Beklagten zu 3) verschuldeten Unfalls habe er gesundheitliche und wirtschaftliche Einbußen erlitten, die bis in die jüngste Zeit reichten. Er sei mehrere Male u.a. wegen neurologischer und psychischer Schäden stationär und im übrigen fortlaufend ambulant behandelt worden. Er habe unter Kopf- und Rückenschmerzen, Schwindelgefühlen, Konzentrationsschwäche, Sehstörungen, Verlust des Geschmack- und Geruchsvermögens, damit verbunden unter Lebensmittelvergiftungen, Verstimmungen, Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen gelitten, um nur einige der zahlreichen, zum Teil bis heute nicht beseitigten Unfallfolgen aufzuzählen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diese Folgen seiner Kopfverletzungen seien aber auf den vom Beklagten zu 3) verschuldeten Auffahrunfall zurückzuführen. Hierbei sei nämlich durch die Wucht des Anstoßes gegen das Heck des Citroen der Fahrersitz aus seiner Befestigung gerissen worden, wie unstreitig ist, und er - der Kläger zu 2) - sei in den hinteren Raum des Citroen geschleudert worden. Dabei seien, abgesehen vom HWS-Schleudertrauma, die Gehirnerschütterung und die Gehirnprellung durch einen oder mehrere Anstöße des Kopfes entstanden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger macht im einzelnen, abgesehen vom restlichen Fahrzeugschaden, Behandlungs- und Krankenhauskosten, beträchtlichen Verdienstausfall und ein Schmerzensgeld geltend. Er begehrt ferner die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtlichen entstandenen, mit der Klage noch nicht; bezifferten sowie zukünftigen Schaden aus dem Unfall zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin zu 1) macht als Krankenversicherer des Klägers zu 2) durch den Unfall entstandene Krankenhaus-, und Behandlungskosten aus übergegangenem Recht geltend. Zwischen ihr und den Beklagten ist unstreitig, dass die unmittelbar nach dem Unfall in der St. Barbara-Klinik erfolgte abschließende Mitbehandlung des HWS-Schleudertraumas durch eine Zahlung der Beklagten zu 1) in Höhe von 775,20 DM vor Klageerhebung erledigt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin zu 1) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 13.613,55 DM nebst 4% Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zu 2) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">1) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 294.914,24 DM nebst 5% Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><ol class="absatzLinks" start="2"><li>die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde,</li>
<li>festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch den Verkehrsunfall vom 15.11.1975 entstanden ist und in Zukunft noch entstehen wird, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.</li></ol>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten bestreiten im einzelnen, dass die unstreitigen Unfallverletzungen des Klägers zu 2) durch das Auffahren des Audi des Beklagten zu 3) gegen das Heck des Citroen herbeigeführt worden seien. Vielmehr müsse als bewiesen angesehen werden, dass der Kläger zu 2) mit seinem Citroen zuerst mit voller Wucht gegen den Golf gefahren sei und sich hierbei seine Verletzungen zugezogen habe. Dafür spreche auch der Beweis des ersten Anscheins.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Akten verwiesen. Die Ermittlungsakten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Das Gericht hat Beweis erhoben. Insoweit wird auf sämtliche Sitzungsniederschriften und Gutachten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage der Klägerin zu 1) ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klage des Klägers zu 2) ist nur insoweit begründet, als die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger zu 2) für das erlittene HWS-Schleudertrauma ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM zu zahlen (§ 847 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zur Klarstellung verweist das Gericht darauf, dass das Urteil, soweit es über die Klage der Klägerin zu 1) entscheidet, Schlussurteil ist. Die Entscheidung über die Klage des Klägers zu 2) ist dagegen als Teilurteil anzusehen, weil im Fall des Widerrufs des Teilvergleichs vom 28.10.1981 noch über den Heckschaden des Klägers zu 2) entschieden werden muss. Soweit also die Klage des Klägers zu 2) bis auf das Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 DM abgewiesen wird, erstreckt sich die Abweisung auf das gesamte Klagebegehren des Klägers zu 2), lediglich mit Ausnahme des Heckschadens.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Keine der beiden klagenden Parteien hat im Sinne ihres Klagebegehrens einen Anspruch auf Ersatz der Unfallschäden, beim Kläger zu 2) das Schmerzensgeld und bei Vergleichswiderruf der Heckschaden ausgenommen (§§ 7 StVG, 823, 847 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ausgangspunkt dieser Entscheidung ist zunächst, dass der Kläger zu 2) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit beträchtlicher Geschwindigkeit und großer Wucht zuerst auf den Golf gefahren ist, der im Zeitpunkt des Zusammenstoßes gestanden hat. Hiervon hat sich das Gericht durch die Gutachten der Sachverständigen T und W überzeugen lassen. Es hat insbesondere die Begründungen des Sachverständigen T, verglichen mit den Gegenargumenten des Privatsachverständigen T1, als einleuchtend gefunden. Bei der Bildung der Überzeugung des Gerichts hat u.a. noch unterstützend mitwirkt, dass eine Beifahrerin im Golf, glaubwürdig und zuverlässig bekundet hat, sie habe beim Unfall zwei Anstöße von hinten verspürt; der erste Anstoß sei sehr stark gewesen, der zweite schwächer, wenn auch nicht ganz leicht (Bl. 7o der Gerichtsakten). Eine entsprechende Aussage hatte die Zeugin schon im Ermittlungsverfahren gemacht (Bl. 36 R der Beiakten). Aber auch die Fahrerin des Golf, X , hat im Ermittlungsverfahren geltend machen lassen, der Kläger zu 2) sei mit großer Wucht gegen den Golf gefahren (Bl. 17 der Beiakten). Sie hat ebenfalls persönlich ausgeführt, zwei Stöße verspürt zu haben (Bl. 49 der Beiakten).</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wenn der Kläger zu 2) hiernach zuerst mit beträchtlicher Geschwindigkeit und großer Wucht auf den Golf gefahren ist und dabei unstreitig keinen Gurt getragen hat, muss sein Körper, wie der Sachverständige T überzeugend ausgeführt hat, mit unwiderstehlicher Kraft in Fahrtrichtung beschleunigt worden und dabei mit dem Kopf im Bereich der Windschutzscheibe oder ihrer Umgebung angestoßen sein.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Begutachtung dieses Unfallverlaufs beruht nicht nur auf der umfassenden Auswertung aller Unfallumstände, soweit sie unstreitig sind, sondern wird mitgetragen von den jahrzehntelangen Erfahrungen des Sachverständigen T, die mit den Erfahrungen des Gerichts, das fast ausschließlich mit Verkehrssachen befasst ist, übereinstimmen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Sachverständige T hat sich aber auch mit der Unfalldarstellung des Klägers zu 2) auseinandergesetzt, die dieser als Zeuge (Bl.-65 ff.) im Rechtsstreit der Klägerin zu 1) gemacht hat, weil zu diesem Zeitpunkt die beiden Klagen noch nicht zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden waren. Diese Darstellung hat er mit eingehender Begründung, auf die verwiesen wird, überzeugend abgelehnt. Hierbei ist vorrangig davon auszugehen, dass der Kläger zu 2), auch nach den Feststellungen des Sachverständigen W, mit beträchtlicher Geschwindigkeit gegen den Golf gefahren ist, bevor der Beklagte zu 3) mit seinem Audi auf den Citroen des Klägers zu 2) fuhr. Wenn diese Feststellung jedoch, wie das Gericht meint, unangreifbar ist, fällt die Zeugenaussage des Klägers zu 2) weitgehend in sich zusammen: Seine Geschwindigkeitsangaben sind mit den Unfallgeschehen nicht mehr vereinbar. Beim Fahren gegen den Golf muss er nach allen Verkehrserfahrungen vergeblich versucht haben, sich mit beiden Händen am Lenkrad abzustützen, um den Aufprall abzufangen, und es spricht alles dafür, dass sich das Lenkrad des Klägers zu 2) hierbei verbogen hat. Dagegen war die eigene Energie des Klägers zu 2) beim Zurückkippen mit dem Fahrersitz nur gering, wie der Sachverständige T; überzeugend ausgeführt hat, und deshalb erscheint es ausgeschlossen, dass sich das Lenkrad beim Fahren des Audi auf den Citroen verbog, zumal sich der Kläger zu 2) nur mit der rechten Hand daran festgehalten haben will. - Abgesehen von anderen Gründen, die gegen die Richtigkeit der Bekundungen des Klägers zu 2) sprechen, jedoch nicht mehr ausgeführt werden sollen, sind die Bekundungen des Klägers zu 2) über den Unfallhergang allein betrachtet kein hinreichendes Beweismittel, wenn er auch als Zeuge wegen der erst später erfolgten Verbindung der beiden Klagen ausgesagt hat. Dies ist den Parteien schon während des Rechtsstreits mündlich und schriftlich erläutert worden, so dass es hier keiner erneuten Begründung bedarf. - Schließlich müssen die Angaben des Klägers zu 2) auch deshalb mit Vorsicht behandelt werden, weil er nach dem Unfall eine Zeitlang bewußtlos war und eine Gehirnerschütterung sowie eine Gehirnprellung erlitten hatte. Unter solchen Umständen ist eine retrograde Amnesie (unbewußte Verdrängung unangenehmer Erinnerungen bei außergewöhnlichen Erlebnissen, die über die Zeit eines schädigenden Ereignisses zurückreicht) nicht mit Sicherheit auszuschließen, wie dem Gericht bekannt ist und der Geschädigte kann dazu neigen, die verdrängten Erinnerungen in seinem Sinne zu rekonstruieren.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Was nun die Gehirnverletzungen des Klägers zu 2) anbetrifft, so hat er selbst nicht im einzelnen anzugeben vermocht, wie sie herbeigeführt worden sind. Da er aussagte, nicht auf den Golf gefahren zu sein, blieb für ihn nur übrig, die Verletzungen auf den vom Beklagten zu 3) verschuldeten Auffahrunfall zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dieser Beweis ist jedoch, wie sich schon aus den obigen Ausführungen ergibt, mißlungen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dagegen hält das Gericht durch die obigen Ausführungen der Sachverständigen T und W, hilfsweise auch durch die Bekundungen der beiden Zeuginnen X, für bewiesen, dass der Kläger zu 2) zuerst auf den Golf gefahren ist und hierbei seine Gehirnverletzungen erlitten hat.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dieser Unfallhergang mit seinen obigen Folgen ist überdies ein so typischer Geschehensablauf, dass auch der sogenannte Beweis des ersten Anscheins für ihn als erbracht anzusehen ist. Hierbei stützt sich das Gericht nicht nur auf die jahrzehntelangen Erfahrungen des Sachverständigen T, sondern auch auf eigene .Erfahrungen als nahezu ausschließlich mit Verkehrssachen befasstes Gericht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Diesen Beweis des ersten Anscheins haben die Kläger nicht entkräftet, Es ist ihnen nach Ansicht des Gerichts nicht gelungen, die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs zu beweisen, nämlich dass die Gehirnverletzungen des Klägers zu 2) durch den vom Beklagten zu 3) verschuldeten Auffahrunfall herbeigeführt worden sind. Insoweit wird nochmals auf die obigen Ausführungen und insbesondere das mündliche Gutachten des Sachverständigen T verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Im übrigen würde es den Klägern nicht zum Erfolg verhelfen, wenn es ihnen lediglich gelungen wäre, nur die Möglichkeit zu beweisen, dass der Beklagte zu 3) die Gehirnverletzungen des Klägers zu 2) verursacht habe. Vielmehr müssten sie mit Sicherheit beweisen, dass dies der Fall gewesen ist. Hiervon kann jedoch zweifellos keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Es war auch kein weiterer Beweis zu erheben.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger zu 2) nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vom 28.10.1981 bei Gericht schriftliche Ausführungen des Privatsachverständigen T1 eingereicht, die bereits am 22.10.1981 abgefasst worden waren. Diese Ausführungen sind jedoch schon in der mündlichen Verhandlung vom 28.10.1981 erörtert worden, indem der Kläger zu 2) sie durch den unangekündigt miterschienenen Privatsachverständigen vortragen ließ und der Sachverständige T im einzelnen dazu Stellung nahm. Sie vermochten das Gericht nicht dazu veranlassen, sich eine andere Meinung über den Unfallhergang zu bilden, Zweifel an der .jetzt gebildeten Überzeugung zu wecken oder neue Beweise zu erheben.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat auch bewusst davon abgesehen, noch ein unfallmedizinisches Gutachten zur Präge des Unfallhergangs, insbesondere der Verursachung der Unfallverletzungen, einzuholen, wie es dies einmal in Aussicht genommen hatte. Es ist überzeugt, dass ein solches Gutachten keine weitere Klärung herbeiführen kann. Die verkehrstechnische Begutachtung des Unfallhergangs ist erschöpft, weitere Spuren, insbesondere etwaige Anstoßstellen des Kopfes des Klägers zu 2) in seinem PKW, sind unstreitig nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Es hilft letztlich auch nicht weiter, dass nach zwei ärztlichen Hinweisen in den vorgelegten medizinischen Unterlagen die Hirnprellungsherde sich "insbesondere im Hinterkopfbereich" bzw. "vorwiegend in der linken Hirnhemisphäre" befunden haben sollen. Zwar ist dem Gericht bekannt, dass eine Hirnprellung, um ein Beispiel zu nennen, im Hinterkopfbereich in der Regel einen Stoß gegen die Stirn oder den Vorderkopf voraussetzt. Insoweit könnten Schlussfolgerungen gezogen werden. Sind jedoch, wie im vorliegenden Fall, die Anstoßstellen im Fahrzeug nicht mit Sicherheit bekannt, sind zahlreiche Möglichkeiten denkbar, so dass eine Entscheidung im Sinne der Kläger als aussichtslos erscheint, zumal nichts sicher bewiesen ist, was sich beim Unfall mit dem Kläger in seinem Fahrzeug abspielte.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kläger können mithin aus den Hirnverletzungen des Klägers zu 2) keinen Schadensersatzanspruch herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes gilt für das HWS-Schleudertrauma, dass der Kläger zu 2) unstreitig erlitten hat. Nach den überzeugende Ausführungen des Sachverständigen T ist es auf den vom Beklagten zu 3) verschuldeten Auffahrunfall zurückzuführen. Dies entspricht auch den Erfahrungen des Gerichts.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Jedoch hat die Klägerin zu 1) insoweit keinen Anspruch mehr weil die Beklagte zu 1) die damit verbundenen Kosten schon vor Klageerhebung unstreitig gezahlt hat.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger zu 2) steht wegen des HWS-Schleudertraumas ein Schmerzensgeld zu. Das Gericht hält 1.000 DM für angemessen. Es handelte sich, nicht um einen besonders schweren Fall. Ein Gipskragen wurde nicht benötigt. Die X-Klinik bescheinigte, dass die anfangs bestehenden leichten Druckschmerzen über dem 5. Halswirbel mitsamt den leichten Kopfschmerzen schon nach 7 Tagen geschwunden seien. Jedoch mochte sich das HWS-Schleudertrauma gemeinsam mit den Hirnverletzungen, zumindest psychisch, schlimmer auswirken.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Entscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 II und 708 f ZPO. Das Gericht hat über die gesamten Kosten des Rechtsstreits entschieden, weil sich der Teilvergleich, ob er nun widerrufen wird oder nicht, nicht nennenswert auswirkt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Streitwert:</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">I) Klage der Klägerin zu 1): 13.613,55 DM</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">II) Klage des Klägers zu 2):</p>
<span class="absatzRechts">43</span><ol class="absatzLinks" type="a"><li>Antrag zu 1) 294.914,24 DM</li>
<li>Antrag zu 2) 80.000,00 DM</li>
<li>Antrag zu 3) 20.000,00 DM</li></ol>
|
315,850 | olgham-1981-10-23-20-u-12181 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 121/81 | 1981-10-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:38 | 2019-03-27T09:42:03 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:1023.20U121.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12. Februar 1981 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert:</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten nicht zu, weil sie aufgrund des zugunsten des Beklagten bestehenden vorläufigen Deckungsschützes verpflichtet war, die dem Geschädigten Kuppens entstandenen Unfallschäden in dem Umfang zu regulieren, wie sie es getan hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der vorläufige Deckungsschutz nicht nach §1 Abs. 2 S. 4 AKB rückwirkend außer Kraft getreten. Zwar hat die Klägerin den Versicherungsantrag des Beklagten vom 19. Mai 1976 unverändert angenommen. Es kann dem Beklagten aber nicht zur Last gelegt werden, daß er den Versicherungsschein nicht unverzüglich eingelöst habe. Einlösung des Versicherungsscheins bedeutet Aushändigung der Police oder Übersendung an den Wohnsitz des Schuldners und Zahlung der Erstprämie (§§36, 35 VVG). Die Einlösungspflicht des Versicherungsnehmers bei Aushändigung oder Übersendung des Versicherungsscheins setzt eine ordnungsgemäße und als Zahlungsaufforderung zu wertende Beitragsrechnung voraus; denn erst wenn dem Versicherungsnehmer eine solche ordnungsgemäße Beitragsrechnung vorliegt, ist er in der Lage und deshalb verpflichtet, die Erstprämie unverzüglich zur Einlösung des Versicherungsscheins zu entrichten (BGH Versicherungsrecht 1968, 439; OLG Hamm Versicherungsrecht 1972, 775, 776). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Im Versicherungsschein vom 16. Juni 1976 war als Einlösungsbetrag ein solcher von 453,20 DM ausgewiesen. Dieser im Versicherungsschein ausgewiesene Betrag war jedoch nicht die Erstprämie, sondern der Betrag für die ersten beiden Quartale. Die Erstprämie ist der Betrag, der zu zahlen ist um den Versicherungsschutz materiell beginnen zu lassen. Das war aber lediglich die Rate für das 1. Quartal, da vierteljährliche Prämienzahlung vereinbart war. Unerheblich ist, ob im Zeitpunkt der Einlösung bereits die 2. Rate fällig geworden war. Der Versicherer soll es nämlich nicht in der Hand haben, den Einlösungsbetrag, an dessen Zahlung bzw. Nichtzahlung wesentliche Rechtsfolgen geknüpft sind, durch Verzögerung der Ausstellung und Übersendung des Versicherungsscheins zu erhöhen (vgl. OLG Hamm Versicherungsrecht 1972, 776). Durch die nicht rechtzeitige Zahlung der unrichtig angegebenen Erstprämie ist daher der vorläufige Deckungsschutz nicht rückwirkend entfallen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Klägerin, dann später durch Zusendung des berichtigten Versicherungsscheins mit Datum vom 17. September 1976 die zutreffend berechnete Erstprämie angefordert, und der Beklagte hat diese Prämie erst am 11. Oktober 1976 bezahlt. Es fehlt jedoch an hinreichendem Vorbringen der Klägerin dazu, daß diese Zahlung nach Ablauf der Zweiwochenfrist erfolgt ist, Insbesondere ist nicht dargetan, wann der berichtigte Versicherungsschein dem Beklagten zugegangen ist. Demnach konnte auch insoweit ein rückwirkendes Erlöschen des vorläufigen Deckungsschutzes nicht festgestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Eine Leistungsfreiheit der Klägerin ist auch nicht nach §12 Abs. 3 VVG eingetreten, weil die Berufung der Klägerin auf diese Vorschrift angesichts der von ihr selbst verursachten Unklarheiten einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dabei ist zunächst davon auszugehen, daß die Klägerin durch die Anforderung einer überhöhten Einlösungsprämie Verwirrung gestiftet und dadurch den Beklagten davon abgehalten hat, durch Zahlung des Einlösungsbetrages den vorläufigen Deckungsschutz zu erhalten. Nachdem nämlich die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 3. August 1976 aufgefordert hatte, den angeforderten - überhöhten - Einlösungsbetrag unverzüglich zu zahlen, damit er den für ihn so notwendigen Versicherungsschutz erhalte, beschwerte sich der Beklagte mit seinem Schreiben vom 7. August 1976 bei der Klägerin zu Recht, daß sie ihm eine nach seiner Ansicht viel zu hohe Prämie berechnet habe, zumal er sein Fahrzeug am 25. Mai 1976 bereits abgemeldet habe, und bat um eine entsprechend reduzierte Rechnung. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin erst durch Übersendung des geänderten Versicherungsscheines vom 17. September 1976, wonach der Beklagte auf der Basis des Kurztarifs lediglich einen Betrag in Höhe von 131,- DM zahlen sollte. Da der Beklagte diesen Betrag - wonach mangels entgegenstehenden Vertrags der Klägerin auszugehen ist - sodann unverzüglich gezahlt hat, ist auch davon auszugehen, daß er bei sofortiger Mitteilung der richtigen Erstprämie diese unverzüglich entrichtet hätte. Da das Schreiben der Klägerin vom 11. November 1976 ersichtlich in Unkenntnis des neuen Versicherungsscheins und der Zahlung des Beklagten verfaßt wurde - es bezieht sich ausdrücklich auf den am 6. Juli 1976 vorgelegten (ersten) Versicherungsschein -, konnte der Beklagte, nachdem er nunmehr genau das getan hatte, was die Klägerin von ihm verlangt hatte, dieses Schreiben nur als Mißverständnis verstehen und die Sache als erledigt ansehen. Unter diesen Umständen ist die Berufung der Klägerin auf die mit diesem Schreiben in Gang gesetzte Frist nach §12 Abs. 3 VVG rechtsmißbräuchlich.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da der Klägerin gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht, war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da die Revisionssumme unzweifelhaft nicht erreicht ist.</p>
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315,851 | olgham-1981-10-15-15-w-19681 | {
"id": 821,
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"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 196/81 | 1981-10-15T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:40 | 2019-03-27T09:42:03 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:1015.15W196.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird aufgehoben. Der Beteiligte zu 3) hat der Beteiligten zu 2) die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.</p>
<p>Der Wert des Gegenstandes des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die am ... in Bad ... geborene Beteiligte zu 1) ist das nichteheliche Kind der Beteiligten zu 2). Der Beteiligte zu 3) ist Amtspfleger des Kindes (...). Nach der Geburt des Kindes lebte es mit seiner Mutter im Haushalt des Kindesvaters ... bzw. von dessen Eltern ... und in ...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am ... erklärte die Kindesmutter telefonisch gegenüber einer Vertreterin des Beteiligten zu 3), sie sei bereit, ihr Kind zur Adoption freizugeben. Am nächsten Tag wurde die Angelegenheit zwischen der Kindesmutter und zwei Vertretern des Beteiligten zu 3) - zeitweise in Gegenwart des Kindesvaters und der Frau besprochen, wobei die Kindesmutter ihren Entschluß wiederholte. Daraufhin suchten die Kindesmutter und die Vertreter des Beteiligten zu 3) Notar ... in ... auf, der unter Nr. ... seiner Urkundenrolle für ... die Erklärung der Kindesmutter beurkundete, wonach sie als Mutter des Kindes einwilligte, daß ihr Kind von den Eheleuten als gemeinschaftliches Kind angenommen wird, die in dem Adoptionsverzeichnis des Beteiligten zu 3) unter Nr. ... eingetragen sind; die Annahme als Kind durch den Kindesvater ... und die Großeltern väterlicherseits sollte ausgeschlossen sein. Das Kind ist anschließend vom Beteiligten zu 3) mit dem Ziel der Annahme als Kind zu Pflegeeltern gebracht worden, bei denen es sich noch heute befindet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) hat mit Begleitschreiben vom 10. April 1981 eine beglaubigte Abschrift dieser Einwilligung der Kindesmutter vom 18. März 1981 beim Amtsgericht ... eingereicht und mit Hinweis auf das Ruhen der elterlichen Sorge der Mutter um Erteilung einer Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft gemäß § 1751 Abs. 1 Satz 4 BGB gebeten. Am 14. April 1981 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts festgestellt, daß gemäß § 1751 BGB Amtsvormundschaft für die Beteiligte zu 1) eingetreten sei. Dem Beteiligten zu 3) ist eine Bescheinigung zugesandt worden, wonach das Kreisjugendamt nach § 1750 BGB zum Vormund für das Kind bestellt sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 20. Mai 1981, beim Amtsgericht ... eingegangen am 21. Mai 1981, hat die Beteiligte zu 2) beantragt,</p>
<br /><span class="absatzRechts">7</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td>1)</td>
<td>festzustellen, daß die notarielle Einwilligungserklärung vom 18. März 1981 nichtig sei,</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>2)</td>
<td>das Sorgerecht für das Kind auf die Kindesmutter im Wege einstweiliger Anordnung zurückzuübertragen.</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 2) hat die Anfechtung ihrer Einwilligung vom 18. März 1981 erklärt und diese Einwilligung außerdem als nichtig angesehen, weil sie, die Beteiligte zu 2), sich nicht bewußt gewesen sei, was sie überhaupt unterzeichnet habe. Sie hat behauptet, sie habe am Tage der Beurkundung morgens gegen 7.30 Uhr 20 Tabletten Lexotanil 6 eingenommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In einem Aktenvermerk vom 22. Juni 1981 hat die Richterin des Amtsgerichts die Auffassung vertreten, daß die Einwilligung der Kindesmutter bis dahin noch nicht wirksam dem Vormundschaftsgericht zugegangen sei, weil die Abschrift der notariellen Urkunde die Urschrift im Rechtsverkehr nicht vertreten könne. Mit einer als sofortige Beschwerde bezeichneten Eingabe vom 24. Juni 1981 hat der Beteiligte zu 3) um Übersendung eines förmlichen Beschlusses gebeten. Dieser ist am 2. Juli 1981 mit dem Inhalt ergangen, daß das Amtsgericht - Richterin - die Amtsvormundschaft über die Beteiligte zu 1) aufgehoben hat.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) hat mit Begleitschreiben vom 1. Juli 1981, beim Amtsgericht eingegangen am 2. Juli 1981, nunmehr eine erste Ausfertigung der notariell beurkundeten Einwilligung der Kindesmutter vom 18. März 1981 beim Vormundschaftsgericht ... eingereicht.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen den amtsgerichtlichen Beschluß vom 2. Juli 1981 hat der Beteiligte zu 3) Beschwerde vom 6. Juli 1981 eingelegt, mit der er unter Hinweis auf einen Beschluß des Landgerichts ... vom 7. April 1981 - ... - der Rechtsauffassung des Amtsgerichts entgegengetreten ist. Vom Landgericht sind in einem Anhörungstermin vom 29. Juli 1981 die Kindesmutter und zwei Vertreter des Jugendamts persönlich gehört und der Rechtsanwalt und Notar ... aus ... als Zeuge vernommen worden. Durch Beschluß vom 4. August 1981 hat das Landgericht die Beschwerden des Beteiligten zu 3) mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wurde, es sei auf Grund der notariellen Erklärung der Beteiligten zu 2) vom 18. März 1981 (Nr. ... der Urkundenrolle des Notars ... für 1981) ein Fall der Amtsvormundschaft gemäß § 1751 Abs. 1 BGB bezüglich der Beteiligten zu 1) nicht eingetreten; es hat ferner ausgesprochen, daß der Beteiligte zu 3) die gerichtlichen Kosten zu tragen und der Beteiligten zu 2) außergerichtliche Auslagen zu erstatten habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen die Beschwerdeentscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) vom 27. August 1981 mit dem Antrage, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und festzustellen, daß die am 10. April 1981 dem Amtsgericht ... zugegangene beglaubigte notarielle Einwilligungserklärung vom 18. März 1981 rechtswirksam und somit die Vormundschaft eingetreten sei. Die Beteiligte zu 2) begehrt die Zurückweisung dieses Rechtsmittels.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die unbefristete weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 FGG) sowie formgerecht eingelegt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 FGG). Der Zuziehung eines Rechtsanwalts bedarf es nicht, da dieses Rechtsmittel von einer Behörde eingelegt worden ist (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FGG). Der Beteiligte zu 3) ist schon deshalb beschwerdeberechtigt, weil seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 11. Aufl., Teil A, Rz. 10 zu § 27 FGG; nachstehend abgekürzt: KKW).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das mithin zulässige Rechtsmittel erweist sich in der Sache als unbegründet, weil die Beschwerdeentscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 27 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3) richtet sich gegen die Feststellung des Landgerichts, daß auf Grund der Einwilligung der Beteiligten zu 2) vom 18. März 1981 eine Amtsvormundschaft gemäß § 1751 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht eingetreten sei. Das Landgericht hat mit diesem Tenor die erstinstanzliche Entscheidung, die die Amtsvormundschaft über die Beteiligte zu 1) aufgehoben hatte, abgeändert, wobei beide Gerichte davon ausgegangen sind, daß die Einwilligung der Beteiligten zu 2) zur Annahme dem Vormundschaftsgericht nicht wirksam zugegangen sei. Der Ausspruch des Landgerichts erfaßt den Verfahrensgegenstand präziser, der mit dem Eintritt oder Nichteintritt der Amtsvormundschaft umschrieben werden kann. Denn hinsichtlich einer Amtsvormundschaft, die nicht eingetreten ist, bedarf es keiner Aufhebung; es genügt vielmehr eine entsprechende Feststellung. Das Ruhen der elterlichen Sorge und die Vormundschaft des Jugendamts treten nach § 1751 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB bei Vorliegen einer wirksamen Einwilligung der Eltern - oder bei einem nicht ehelichen Kind der Mutter (vgl. § 1747 Abs. 2 BGB) - in die Annahme kraft Gesetzes ein. Die vom Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichts am 14. April 1981 nach § 1751 Abs. 1 Satz 4 BGB verfügte Erteilung der Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft, die in der Bescheinigung mißverständlich als Bestellung des Beteiligten zu 3) zum Vormund formuliert worden ist, besaß daher für die Frage des Eintritts oder Nichteintritts der Amtsvormundschaft nur deklaratorische Bedeutung (BayObLG, StAZ 1979, 122, 124). Verfahrensrechtlich ist es vertretbar, daß das Landgericht die zu entscheidende Frage im Wege der Feststellung und nicht der Aufhebung der erstinstanzlichen Verfügung über den Eintritt der Amtsvormundschaft gelöst hat. Die Einziehung der Bescheinigung über den Eintritt der Vormundschaft ist dann eine notwendige Folge des feststellenden Ausspruchs zweiter Instanz.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gegen den zunächst feststellenden und sodann aufhebenden Ausspruch des Vormundschaftsgerichts stand dem dadurch in seinem Recht als Amtsvormund beeinträchtigten Beteiligten zu 3) gemäß § 20 Abs. 1 FGG und zugleich im Interesse der Beteiligten zu 1) gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG die unbefristete Beschwerde (§ 19 FGG) zu, die er formgerecht (§ 21 FGG) eingelegt hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In der Sache hält die Entscheidung des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 27 Satz 2 FGG i.V. mit § 550 ZPO). Mit Recht sind die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, daß die Einwilligung der Beteiligten zu 2) in die Annahme ihres Kindes dem Vormundschaftsgericht nicht wirksam zugegangen sei.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gemäß §§ 1751 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 1747 Abs. 2 Satz 1 BGB ruht die elterliche Sorge und wird das Jugendamt kraft Gesetzes Vormund eines nichtehelichen Kindes mit der Einwilligung der Mutter in die Annahme als Kind. Diese Einwilligung des § 1747 Abs. 2 Satz 1 BGB ist dem Vormundschaftsgericht gegenüber zu erklären (§ 1750 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung (§ 1750 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Einwilligung wird in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Vormundschaftsgericht zugeht (§ 1750 Abs. 1 Satz 3 BGB). Sie ist unwiderruflich (§ 1750 Abs. 2 Satz 2 BGB). Während die nach § 1748 Abs. 1 BGB a.F. abzugende Einwilligung der Eltern als eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung beurteilt wurde (BayObLG, a.a.O. mit Nachweisen), hat der Senat (Beschluß vom 29. September 1978 - 15 W 148/78 - = NJW 1979, 49 = FamRZ 1978, 945 = OLGZ 1978, 405) die nach § 1750 Abs. 1 BGB n.F. gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklärende Einwilligung angesichts des Wandels des Adoptionsrechts vom Vertrags- zum Dekretsystem als Verfahrenshandlung angesehen. Diese unterschiedliche Beurteilung des rechtlichen Charakters der Einwilligung alten und neuen Rechts wirkt sich aber nach der neueren gesetzlichen Regelung auf die Formerfordernisse für die Abgabe und den Zugang der Erklärung nicht aus. Hierzu hat die Einwilligung in § 1750 BGB eine Regelung erfahren, die im Wesen der für Willenserklärungen verbindlichen vergleichbar ist. Nach der Auffassung des Senats sind daher die zum Wirksamwerden formbedürftiger verkörperter Willenserklärungen unter Abwesenden entwickelten Rechtsgrundsätze auf die Einwilligung des § 1750 BGB n.F. übertragbar.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es entspricht der überwiegenden neueren Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (BGH, NJW 1960, 33; 1962, 736 und 1388; OLG Celle, NJW 1964, 53; OLG Düsseldorf, OLGZ 1966, 68, 70; HansOLG Hamburg, MDR 1968, 238; Vorlagebeschluß des Senats vom 31. März 1967 - 15 W 42/67 - = NJW 1967, 1440; Bärmann, NJW 1964, 53; Erman/Hense, BGB, 6. Aufl., Rz. 1 zu § 2296 BGB; KKW, Teil B, Rz. 7 zu § 47 BeurkG; Kreft, Anm. LM § 130 BGB Nr. 10; Pagendarm, Anm. LM § 2271 BGB Nr. 10; Palandt/Heinrichs, BGB, 40. Aufl., Anm. 3 a zu § 126 BGB und Palandt/Keidel, Anm. 1 zu § 2296 BGB; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., Rz. 18 zu § 130 BGB; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., Rz. 26 zu § 130 BGB; <u>a.A.:</u> Dilcher, JZ 1968, 188 Hieber, DNotZ 1960, 240; Jansen, FGG, 2. Aufl. Rz. 3 zu § 47 BeurkG und NJW 1960, 475; Röll, DNotZ 1961, 312), daß eine nach dem Gesetz formbedürftige Willenserklärung, zu deren Wirksamwerden der Zugang an den Erklärungsempfänger erforderlich ist, erst dann zugegangen ist, wenn der Empfänger das Original oder eine Ausfertigung der Urkunde erhält; der Zugang einer beglaubigten Abschrift genügt nicht. Diese Auffassung, daß formgebundene Erklärungen nur in ihrer formgerechten Verkörperung zugangsfähig sind, ist auch für die Einwilligung der Eltern nach § 1748 Abs. 1 BGB a.F. vertreten worden, die nach §§ 1748 Abs. 3 BGB a.F., 56 Abs. 1 BeurkG der notariellen Beurkundung bedurfte (BayObLG, a.a.O.). Diese Rechtsgrundsätze haben nach der Meinung des Senats auch für die gegenüber dem Vormundschaftsgericht zu erklärende Einwilligung neueren Rechts gemäß §§ 1750 Abs. 1 Satz 1 1747 Abs. 2 BGB zu gelten (Erman/Holzhauer, BGB, 7. Aufl., Rz. 5 zu § 1750 BGB; Palandt/Diederichsen, Anm. 1 zu § 1750 BGB). Dafür sind folgende Erwägungen maßgebend:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Soweit es sich um den Nachweis des Inhalts einer öffentlichen Urkunde handelt, wird der beglaubigten Abschrift die gleiche Beweiskraft beigelegt wie der Urschrift oder einer Ausfertigung. Dagegen ist die Übergabe oder Vorlegung einer Ausfertigung in Fällen zu fordern, in denen an den Besitz (z.B. Vollmachtsurkunde = §§ 172, 175 BGB; Bestallung = §§ 1791, 1893 Abs. 2, 1897, 1915 BGB; Testamentsvollstreckerzeugnis = § 2368 BGB; Erbschein = § 2361 BGB) <u>oder</u> die Übergabe der Urkunde <u>zivilrechtliche Wirkungen</u> geknüpft werden (BGH, NJW 1962, 736, 738). Im vorliegenden Verfahren handelt es sich nicht darum, ob die Beurkundung der Einwilligung durch eine beglaubigte Abschrift bewiesen werden kann, sondern um die Frage, in welcher urkundlichen Form die Einwilligung beim Zugang an das Vormundschaftsgericht vorliegen muß. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, daß durch die Einwilligung beim Zugang Rechtswirkungen ausgelöst werden; denn die Einwilligung wird erst zu diesem Zeitpunkt wirksam und außerdem ruht die elterliche Sorge und Amtsvormundschaft tritt ein. Deshalb muß die beurkundete Erklärung dem Vormundschaftsgericht zugehen; denn nur sie ist eine wirksame Einwilligung gemäß §§ 1747 Abs. 2, 1750 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Erklärung muß auch im Stadium des Zugangs an den Adressaten dem Gesetz entsprechen, weil sich insoweit das Zugehen nicht von der Abgabe der Erklärung selbst trennen läßt. Die beurkundete Erklärung liegt in der Urschrift der Beurkundung. Diese wird für den Rechtsverkehr ersetzt durch die Ausfertigung (§ 47 BeurkG), die dieselbe Bedeutung und Beweiskraft hat wie die Urschrift der Niederschrift, während die Beglaubigung einer Abschrift nur das Zeugnis bedeutet, daß eine Abschrift mit einer Urkunde übereinstimmt (KKW, Teil B, Rz. 3 und 5 zu § 47 BeurkG), also nicht die empfangsbedürftige Erklärung selbst ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Für das vorliegende Verfahren konnte das Landgericht auf Grund dieser Rechtsgrundsätze daher mit Recht zu dem Ergebnis gelangen, daß dem Vormundschaftsgericht durch die Übersendung lediglich einer beglaubigten Abschrift der Einwilligung der Beteiligten zu 2) vom 18. März 1981 mit dem Schreiben des Beteiligten zu 3) vom 10. April 1981 eine Einwilligungserklärung im Sinne der §§ 1750 Abs. 1, 1747 Abs. 2 BGB nicht wirksam zugegangen ist. Ob keine Ermächtigung des Beteiligten zu 3) dazu vorlag, die Einwilligung der Beteiligten zu 2) dem Vormundschaftsgericht zuzuleiten, wie es von der Vorinstanz zusätzlich noch erörtert worden ist, bedarf unter diesen Umständen keiner Entscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Einwilligung vom 18. März 1981 ist mit der Folge des Ruhens der elterlichen Sorge und des Eintritts der Amtsvormundschaft auch nicht dadurch wirksam geworden, daß der Beteiligte zu 3) mit Begleitschreiben vom 1. Juli 1981 beim Vormundschaftsgericht am 2. Juli 1981 eine Ausfertigung nachgereicht hat. Denn rechtlich bedenkenfrei hat das Landgericht in dem Schriftsatz der Beteiligten zu 2) vom 20. Mai 1981, der beim Vormundschaftsgericht am 21. Mai 1981 eingegangen ist, einen Widerruf ihrer am 18. März 1981 vor dem Notar ... erklärten Einwilligung gesehen. Zwar ist der Schriftsatz vom 20. Mai 1981 nicht ausdrücklich als Widerruf bezeichnet worden, sondern auf Feststellung der Nichtigkeit der Einwilligung gerichtet. Aber es hält sich im Rahmen zulässiger Auslegung, daß das Landgericht aus dem Bestreben, zur Nichtigkeit der Einwilligung zu gelangen, die mindere Absicht herausgelesen hat, die eventuell wirksam abgegebene Einwilligungserklärung zumindest zu widerrufen. Ein solcher Widerruf war hier rechtlich möglich.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1750 Abs. 1 Satz 3 BGB wird die Einwilligung erst in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Vormundschaftsgericht zugeht.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die für die Einwilligung der Eltern nach altem Recht umstrittene Frage, ob sie schon mit der Abgabe oder aber erst mit ihrem Wirksamwerden durch Zugang an einen Erklärungsempfänger unwiderruflich werde (vgl. BayObLG, a.a.O.), ist vom Gesetzgeber für den neueren Rechtszustand im Sinne der letzteren Auffassung gelöst worden. Unwiderruflich ist die Erklärung (§ 1750 Abs. 2 Satz 2 BGB) erst dann, wenn sie wirksam, d.h. hier dem Vormundschaftsgericht zugegangen ist. Überholt dagegen der Widerruf die Einwilligungserklärung, so wird diese nicht wirksam. Andernfalls würde nämlich § 1750 Abs. 1 BGB zuwider die Erklärung bereits mit der Abgabe (vor dem Notar) bindend (MünchKomm.-Lüderitz, Rz. 9 zu § 1750 BGB). Die früher bestehenden Unklarheiten sollten durch die ausdrückliche Bestimmung über das Wirksamwerden in § 1750 Abs. 1 BGB gerade ausgeräumt werden (RegE BT-Drucksache 7/3061, Seite 39 Nr. 2). Geht somit dem Vormundschaftsgericht vor oder spätestens gleichzeitig mit der Einwilligungserklärung ein Widerruf zu, so wird diese entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht wirksam (Erman/Holzhauer, Rz. 6 zu § 1750 BGB). Der Widerruf bedarf nicht der für die Erklärung vorgeschriebenen Form (BayObLG, MünchKomm.-Lüderitz, jeweils a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Da die Einwilligung auch durch den Eingang der Ausfertigung nicht wirksam geworden ist, kann es ungeprüft bleiben, ob es im Hinblick auf diese Ausfertigung auch an einer <u>Abgabe</u> der Einwilligung gegenüber dem Vormundschaftsgericht fehlt, wie es vom Landgericht angenommen worden ist, weil der die Ausfertigung einreichende Beteiligte zu 3) zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von dem Widerruf der Beteiligten zu 2) gehabt habe.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist das Landgericht daher insgesamt zu der Auffassung gelangt, daß das Jugendamt mangels einer wirksam gewordenen Einwilligung der Kindesmutter nicht Amtsvormund geworden ist, wie dies in § 1751 Abs. 1 Satz 2 BGB als Folge einer wirksamen Einwilligung und des durch sie bedingten Ruhens der elterlichen Sorge vorgesehen ist. Die weitere Beschwerde ist unter diesen Umständen zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>3)</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Ersatzlos aufzuheben ist die landgerichtliche Nebenentscheidung über die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Außerhalb einer gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Grundlage für eine gerichtliche Entscheidung über Gerichtskosten, die hier nicht gegeben ist, kommt eine solche Entscheidung in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht in Betracht, weil sich der Kostenschuldner aus dem Gesetz ergibt und vom Kostenbeamten im Kostenansatzverfahren (§ 14 KostO) festzustellen ist. Ein gerichtlicher Ausspruch hat daher keinerlei Bindungswirkung für den Kostenansatz und den Rechtsweg nach § 14 KostO (Korintenberg/Ackermann/Lappe, KostO, 9. Aufl., Rz. 2 und 5 zu § 3 KostO). Er ist deshalb auch hier entbehrlich und aufzuheben. Im übrigen bestehen auch inhaltlich Bedenken gegen ihn, da die Erstbeschwerde Gebührenfreiheit gemäß § 131 Abs. 3 KostO genießen dürfte.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz verbleibt es bei der landgerichtlichen Kostenentscheidung. Wenn ein Beteiligter durch ein unbegründetes Rechtsmittel Kosten veranlaßt hat, so sind ihm diese nach der <u>zwingenden</u> Vorschrift des § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG aufzuerlegen (KKW, Rz. 30 zu § 13 a FGG). Hier ist die Erstbeschwerde des Beteiligten zu 3), die er sowohl gegen die mit Außenwirkung ausgestattete, ihn beeinträchtigende Verfügung des Amtsgerichts vom 22. Juni 1981 als auch gegen den aufhebenden amtsgerichtlichen Beschluß vom 2. Juli 1981 eingelegt hatte, mit ihrem eigentlichen sachlichen Ziel, die Rechtswirksamkeit der Einwilligung vom 18. März 1981 festzustellen, erfolglos geblieben. Das Landgericht hat sachlich das Gegenteil festgestellt. Der gegenüber dem Amtsgericht abweichende Beschlußtenor des Landgerichts bedeutet daher keinen Erfolg der Erstbeschwerde, sondern nur die verfahrensrechtlich bessere Wiedergabe der von beiden Vorinstanzen übereinstimmend beurteilten Rechtslage. Das Landgericht hat daher mit Recht § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG zur Grundlage seiner Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten dritter Instanz folgt ebenfalls aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Verfahren vor dem Senat beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3, 2 KostO.</p>
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315,852 | olgk-1981-10-08-7-u-7481 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 74/81 | 1981-10-08T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:42 | 2019-03-27T09:42:03 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:1008.7U74.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufungen der Beklagten und die Anschlußberufungen der Kläger werden zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des zweiten Rechtszuges verteilen sich wie folgt:</p>
<p>Von den Gerichtskosten zahlen</p>
<p>die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 59 %,</p>
<p>der Beklagte zu 1) weitere 8,3 %, die Beklagte zu 2) ein weiteres %;</p>
<p>die Kläger als Gesamtschuldner 0,2 %, der Kläger zu 1) 29 % sowie</p>
<p>der Kläger zu 2) 2,5 %.</p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1) tragen die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner 59 %, die Beklagte zu 2) ein weiteres %;</p>
<p>von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt der Beklagte zu 1)</p>
<p>40 %, die Beklagte zu 2) 10 %;</p>
<p>von dem außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger zu 1) 29 %, der Kläger zu 2) 3 %;</p>
<p>von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) zahlt der Kläger zu 1) 29 % der Kläger zu 2) 11 %, weitere 0,2 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) tragen der Kläger zu 1)</p>
<p>und der Kläger zu 2) als Gesamtschuldner.</p>
<p>Alle weiteren außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässigen Rechtsmittel aller Parteien sind unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht ist in dein angefochtenen Urteil mit Recht davon ausgegangen, daß die Beklagten zu 1) und 2) einerseits und die Kläger zu 1) und 2) andererseits gemäß §§ 7, 17 StVG, 823 BGB für die materiellen Folgen des Unfalls vom 15. April 1980 auf der L 158 von N in Richtung S mit einer Quote von je 50 % haften.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hat es das Landgericht durch die Aussage des Zeugen I als bewiesen angesehen, daß der Kläger zu 2) rechtzeitig den linken Blinker gesetzt und somit seine Abbiegeabsicht angezeigt hat. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, den Zeugen I für unglaubwürdig zu halten, zumal - wie das Landgericht zutreffend hervorhebt - der Zeuge den Kläger zu 2) nicht völlig entlastet, sondern auch Ungünstiges über dessen Fahrweise (keine zweite Rückschau) berichtet hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Richtigkeit der Aussage des Zeugen I wird entgegen der Auffassung der Berufungskläger nicht durch die Aussagen der Zeugen S2 entkräftet. Beide Zeugen haben nämlich nicht gesehen, ob der Kläger zu 2) geblinkt hat oder nicht, vielmehr war ihnen die Sicht auf den Traktorenzug durch das Fahrzeug des Beklagten zu 1) verdeckt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auch die Tatsache, daß der Beklagte zu 1) den Blinker nicht gesehen, jedenfalls seine Fahrweise nicht darauf eingestellt hat, macht die Aussage des Zeugen I nicht unglaubwürdig.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unbestritten schien die Sonne von schräg vorne, so daß eine Blendwirkung nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem läßt eine Rekonstruktion der letzten Sekunden vor dem Aufprall verständlich erscheinen, daß der Beklagte zu 1) den Blinker nicht wahrgenommen hat: Nach Aussage des Zeugen I hat der Kläger zu 2) 50 m vor der Einmündung, d. h. bei einer Sekundengeschwindigkeit des Traktors von 6,944 m 7,2 Sekunden vor dem Unfall den Blinker gesetzt. Zu dieser Zeit war der Beklagte zu 1) mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) bei einer Sekundengeschwindigkeit von 22 m noch 162 m entfernt. Als der Zeuge I und der Kläger zu 2) 25 m vor der Unfallstelle zurückschauten, war der Beklagte zu 1) mindestens noch 81 m, möglicherweise noch weiter entfernt. Da der Blinker vom Kläger zu 2) mithin wesentlich früher gesetzt wurde, als der Beklagte zu 1) sich dem Traktorenzug auf Sichtweite genähert hatte, fiel dem Beklagten zu 1) beim Herannahen keine Veränderung an dem Zug auf. Als der Zeuge I und der Kläger zu 2) zurückschauten, hatte der Beklagte zu 1) den Überholvorgang noch nicht eingeleitet, dies geschah vielmehr auf den letzten 15 m <strong>vor</strong> dem Abbiegen des Traktorenzuges (vgl.Sachverständigengutachten Pfeiffer, Bl. 130 der Akten).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, daß ein Verschulden des Beklagten zu 1) am Unfall bewiesen ist. Er muß den Blinker entweder übersehen haben, wobei ihn auch die Sonnenblendung nicht entschuldigt, weil er diese durch erhöhte Vorsicht kompensieren mußte, oder er ist in eine unklare Verkehrslage oder entgegen einer Pflicht zum Rechtsüberholen auf der linken Fahrbahnseite weiter gefahren.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist das Landgericht ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, daß auch den Kläger zu 2) ein Verschulden am Unfall trifft, weil er jedenfalls die Pflicht zur Rückschau unmittelbar vor dem Abbiegen nicht beachtet hat. Diese Verpflichtung wiegt aber bei langsam fahrenden Gespannen insbesondere auf Straßen, auf denen auch höhere Geschwindigkeiten gefahren werden dürfen, besonders schwer.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Andererseits ist bei der Abwägung der beiderseits gesetzten Unfallursachen vom Landgericht mit Recht ein Gleichgewicht festgestellt worden. Das schneller fahrende Fahrzeug hat an sich bereits die höhere Betriebsgefahr; sie muß durch besondere Aufmerksamkeit ausgeglichen werden, die jedenfalls fehlt, wenn ein gesetzter Blinker übersehen wird. Andererseits wiegt aber auch das Fehlverhalten des Traktorfahrers nicht geringer, denn er konnte wegen der verhältnismäßig schmalen Straße sein Fahrzeug jedenfalls nicht deutlich zur Mitte einordnen, so daß der zweiten Rückschau vor dem Abbiegen eine besondere Bedeutung für die Vermeidung von Unfällen zukam. Dies alles rechtfertigt es, von gleicher Ursächlichkeit des beiderseitigen Fehlverhaltens auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da sich nach allem der Kläger zu 2) bei seinem nach § 847gegenüber dem Beklagten zu 1) bestehenden Schmerzensgeldanspruch hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen muß, bleibt es bei dem vom Landgericht ihm zuerkannten Schmerzensgeld von DM 600,--.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Für das Schmerzensgeld haftet die Beklagte zu 2) aus den im Urteil des Landgerichts ausgeführten Gründen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Anschlußberufung des Klägers zu 2) war deshalb auch insofern abzuweisen, als er nach wie vor gesamtschuldnerische Haftung beider Beklagter für das Schmerzensgeld begehrt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92, 100 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Beschwer der Beklagten zu 1) und 2):                DM 4.274,81</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">des Beklagten zu 1):                                         DM    600,-‑</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">der Beklagten zu 2):                                          DM     72,32</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">des Klägers zu 1):                                             DM 2.113,85</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">des Klägers zu 2):                                             <span style="text-decoration:underline">DM    214,11</span></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Streitwert für die Berufungsinstanz:                     DM 7.260,98.</p>
|
315,853 | olgk-1981-10-06-21-wf-7781 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 WF 77/81 | 1981-10-06T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:45 | 2019-03-27T09:42:03 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:1006.21WF77.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der am 19. Mai 1981 ver-kündete Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht Köln 318 F 283/80 EA-Wo - teilweise geändert und die folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die eheliche Wohnung der Parteien in X L. T. Straße 25 wird dergestalt aufgeteilt,</p>
<p>daß dem Antragsgegner das zur Zeit von ihm benutzte Zimmer mit Kochnische nebst separater Toilette, vom Wohnungseingang aus links und unmittelbar vor</p>
<p>den beiden Kinderzimmern gelegen, und der Antragstellerin und den Kindern C. und C. der Parteien sämtliche übrigen Räumlichkeiten desvorbezeichneten Anwesens einschließlich Balkon (Terrasse) und Garten zur jeweils alleinigen Benutzung zugewiesen werden.</p>
<p>Der Antragsgegner ist jedoch berechtigt, das zu der ehelichen Wohnung gehö-rende Badezimmer jeden Montag und jeden Freitag in der Zeit von 19.00 bis 20.00 Uhr zu benutzen, während es zu allen übrigen Zeiten bei der ausschließlichen Benutzung des Badezimmers durch die Antragstellerin und die Kinder C. und C. der Parteien bewendet.</p>
<p></p>
<p>Der auf Zuweisung der ehelichen Wohnung der Parteien zur fortan alleinigen Benutzung derselben durch die Antragstellerin und die Kinder C. und C. der Parteien gerichtete Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Dem Antragsgegner wird gemäß § 890 ZPO unter Androhung eines Ordnungs-geldes von 300,-- DM für den Fall der Zuwiderhandlung, wobei für den Fall, daß dieses Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, an seine Stelle Ordnungshaft von sechs Tagen tritt, verboten, die der Antragstellerin und den Töchtern C. und C. zur alleinigen Benutzung zugewiesenen Räumlichkeiten und das Badezimmer außerhalb der für ihn reservierten Benutzungszeiten zu betreten.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 25.3.1960 miteinander die Ehe geschlossen, aus der zwei Kindern, die am 19.8.1960 geborene Tochter C. und die am 29.1.1967 geborene Tochter C. hervorgegangen sind.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin bereitet sich seit einiger Zeit auf die Erlangung der Fachoberschulreife - Prüfungstermin: November 1981 - vor. C., hat am 4.8.1981 das Abitur bestanden und ist inzwischen Studentin im ersten Semester. C. besucht ein Gymnasium. Der Antragsgegner sprach zumindest in der Vergangenheit unstreitig zeitweilig im Übermaß dem Alkohol zu. Aus diesem Grunde verlor er Anfang des Jahres 1980 seinen Arbeitsplatz. Er bezieht Arbeitslosenunterstützung in wöchentlicher Höhe von 216, <b>-- </b>DM. Die Antragstellerin erhält für sich und die beiden Kinder seit 1.2.1981 Sozialhilfe zum Lebensunterhalt in monatlicher Höhe von 1.277,05 DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 19.12.1980 bei dem Familiengericht Köln ein Verfahren anhängig gemacht, mit dem sie die Feststellung ihrer Berechtigung zum Getrenntleben vom Antragsgegner erstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gleichzeitig hat sie den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nachgesucht, deren Ziel darauf gerichtet ist, ihr die eheliche Wohnung der Parteien zur fortan alleinigen Benutzung durch sie und die beiden Kinder zuzuweisen, dem Antragsgegner aufzugeben, die Wohnung unverzüglich zu verlassen, und ihm unter Androhung des höchstzulässigen Ordnungsgeldes , ersatzweise Ordnungshaft zu verbieten, die eheliche Wohnung nach seinem Auszug nochmals zu betreten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die eheliche Wohnung - eine Mietwohnung - ist 150 qm groß und besteht aus Diele, Küche, Bad und 5 Zimmern: Wohnzimmer; Elternschlafzimmer, zwei Kinderzimmer und einem weiteren Raum mit vollständig eingerichteter Kochgelegenheit sowie einer separaten Toilette.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat zur Begründung ihres Gesuches um Erlaß der einstweiligen Anordnung vorgetragen, der Antragsgegner spreche seit Jahr und Tag, praktisch seit Beginn der Ehe periodisch im Übermaß dem Alkohol zu. Seine gegenteiligen Beteuerungen und Versprechen hätten sämtlich nichts gefruchtet. 1975 habe er von der Möglichkeit einer Entziehungskur keinen Gebrauch gemacht. 1978 habe er eine derartige Kur vorzeitig abgebrochen, nachdem er den Vorschriften der Heimleitung keine Folge geleistet habe. Im Verlaufe des Jahres 1980 habe seine Trunksucht sich kontinuierlich verschlimmert. Etwa im September 1980 habe er, wie schon wiederholt in der</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vergangenheit, Beziehungen zu einer anderen Frau angeknüpft und sei zeitweilig -teilweise auch wochenlang - von zu Hause weggeblieben. Anfang November 1980 habe er die Unhaltbarkeit dieses von ihm geschaffenen Zustandes eingesehen und sich ihr gegenüber mit der dauernden Trennung, mit seinem endgültigen Auszug aus der ehelichen Wohnung einverstanden erklärt. In Erfüllung dieser Vereinbarung sei er zu einer</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">anderen Frau gezogen, habe aber am Abend des 18.12.1980 absprachewidrig</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">erneuten Einlaß in die eheliche Wohnung begehrt. Ihr Hinweis auf die Vereinbarung habe nichts gefruchtet; sie habe ihn notgedrungen einlassen müssen, nachdem von</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">ihr zu Hilfe gerufene Polizeibeamte erklärt hätten, daß sie nichts unternehmen könnten~ Ein weiteres Zusammenleben mit dem Antragsgegner sei für sie und beide Kinder letztlich aber auch für den Antragsgegner selbst untragbar. C.sei, bedingt durch sein Verhalten bis vor kurzem Bettnässerin gewesen. Ihre schulischen Leistungen hätten sich im Verlaufe des Jahres 1980 rapide verschlechtert, sich aber nach dem vorübergehenden Auszug des Antragsgegners schlagartig gebessert. Sie selbst werde in ihren Prüfungsvorbereitungen ebenfalls empfindlich gestört und müsse das Mißlingen der</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Prüfung befürchten, solange der Antragsgegner mit ihr unter einem Dach wohne. Insbesondere sei das Zusammenleben mit der Familie aber auch. für den .Antragsgegner selbst eine regelrechte Qual, weil er einerseits Wisse, daß ihr Trennungsentschluß</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unabänderlich sei , andererseits aber immer wieder den sinnlosen Versuch unternehme, neue Kontakte und Bindungen anzuknüpfen. Nur dann, wenn er fortan zur eigenverantwortlichen Gestaltung seines Lebens gezwungen werde, wofür sein Auszug aus der ehelichen Wohnung unerläßliche Voraussetzung sei, bestehe eine Chance, daß er seine Alkoholabhängigkeit überwinden könne.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat die von der Antragstellerin beantragte einstweilige Anordnung durch Beschluß vom 19.12.1980 ohne zuvorige Anhörung des Antragsgegners antragsgemäß erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt und angekündigt, daß er die Aufhebung der einstweiligen Anordnung beantragen werde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat ihr bisheriges Vorbringen mit dem Ziel der Bestätigung des erlassenen Beschlusses wiederholt und ergänzt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Demgemäß hat sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">den Beschluß vom 19.12.1980 aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beschluß vom 19.12.1980 aufzuheben und den auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gerichteten Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen, Anfang November 1980 habe er mit der Antragstellerin lediglich eine vorübergehende Trennung vereinbart, damit jeder in Ruhe für sich prüfen und entscheiden könne, ob noch eine Basis für die Aufrechterhaltung und Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden sei oder nicht. Damit stehe in Einklang, daß er bei seinem Auszuge den größten Teil seiner persönlichen Habe in der ehelichen Wohnung zurückgelassen habe. Er sei vorübergehend zu einem Bekannten gezogen und habe etwas später eine andere Frau kennengelernt, mit der er kurzfristig zusammengelebt habe. Am<i> </i>19.12.1980 habe er die Antragstellerin gebeten, wieder mit ihm zusammenzuleben. Sie habe ihm erklärt, sofern er nüchtern sei, könne er kommen, so oft er wolle, müsse sich aber zur Nachtzeit außerhalb der ehelichen Wohnung aufhaIten. Seinen Hinweis auf die Vereinbarung einer lediglich vorübergehenden Trennung habe sie nicht gelten lassen, vielmehr die einstweilige Anordnung erwirkt. Nach Erlaß dieses Beschlusses sei er jedoch mit ihrer Zustimmung praktisch weiterhin in der ehelichen Wohnung ein- und ausgegangen, indem er häufig zu teilweise sehr ausgedehnten Besuchen gekommen sei. Die Unterkunft bei seinem Bekannten, die dieser ihm großzügigerweise gewährt habe, sei keine Dauerlösung , und die Antragstellerin habe ohnehin nicht das Recht, ihn aus der ehelichen Wohnung setzen zu lassen. Denn bereits gemessen an ihrem eigenen Vorbringen sei kein Grund ersichtlich, der eine derart schwerwiegende Maßnahme zu rechtfertigen vermöge, zumal Größe und räumliche Verhältnisse der ehelichen Wohnung unschwer ein Getrenntleben innerhalb ihrer selbst ermöglichten. Er sei nicht schlechthin alkoholabhängig und habe den festen Vorsatz</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">gefaßt, fortan nicht mehr zu trinken. Nachdem er am 17.2.1981 aus stationärer Behandlung des Landeskrankenhauses M. entlassen worden sei, beabsichtige er die Beantragung einer Langzeitkur mit dem Ziel der dauernden Alkoholentwöhnung, die er aber erst rech etlichen Wochen antreten könne.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Mit Blick auf diese in der mündlichen Verhandlung vom 17.2.1981 vorgebrachten Erklärungen des Antragsgegners hat das Familiengericht mit am gleichen Tage verkündeten</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Beschluß die einstweilige Anordnung vom 19.12.1980 aufgehoben, gleichzeitig Termin zur Entscheidung darüber, ob die einstweilige Anordnung erneut zu erlassen sei, auf</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">den 5.5.1981 anberaumt, und dem Antragsgegner aufgegeben, sich umgehend um eine andere Unterkunft, insbesondere um eine Langzeitkur zu bemühen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit hat die Antragstellerin vorgetragen, der Antragsgegner benutze seit der Aufhebung der einstweiligen Anordnung, wie unstreitig ist, ein separates Zimmer der</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">ehelichen Wohnung mit Kochgelegenheit. Auch diese Form des Getrenntlebens habe sich indessen als unzumutbar erwiesen. C.<b> </b>habe erneut Schwierigkeiten, ihre schulischen Obliegenheiten ordnungsgemäß zu erfüllen. Dasselbe gelte in gleichem Maße für sie, die Antragstellerin, weil sie seit der neuerlichen häuslichen Anwesenheit ihres Ehemannes ebenso wie C. wieder unter starker Nervösität und damit verbundener</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Konzentrationsschwäche leide. Aber auch die seelische Verfassung des Antragsgegners werde durch den gegenwärtigen Zustand erheblich beeinträchtigt; er trinke nach wie vor periodisch Alkohol und wiege sich in der urerfüllbaren Hoffnung, sie doch noch zurückgewinnen zu können. Die in Aussicht gestellte Langzeitkur werde er voraussichtlich nicht antreten und es sei mit einer weiteren Verschlechterung des ohnehin</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">untragbaren Zustandes zu rechnen, falls er nicht aus der, ehelichen Wohnung gesetzt werde.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Durch am 19.5.1981 verkündeten, hiermit in Bezug genommenen Beschluß hat das Familiegericht die einstweilige Anordnung erneut, und zwar mit der Maßgabe erlassen, daß dem Antragsgegner aufgegeben worden ist, die eheliche Wohnung bis spätestens zum 1.7.1981 zu räumen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat gegen diesen ihm am 21.5.1981 von Amts wegen zugestellten Beschluß mit einer am 4.6.1981 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schrift sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mi t dem Rechtsmittel verfolgt er, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 15.9.1981 vor dem Senat klargestellt hat, allein das Ziel, es unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses bei dem derzeitigen Zustand - Getrenntleben innerhalb der ehelichen Wohnung - zu belassen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Er macht erneut geltend, daß kein Grund vorliege, der eine derart gravierende Maßnahme wie die völlige Entsetzung eines Ehegatten aus der ehelichen Wohnung zu rechtfertigen vermöge. Seit Wochen habe er mit Ausnahme einer halben Flasche</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Rotwein, die er sich anläßlich des bestandenen Abiturs der Tochter C.<b> </b>genehmigt habe, keinen Tropfen Alkohol getrunken, und die räumliche Trennung von seiner Familie innerhalb der ehelichen Wohnung abgesehen von gelegentlichen Begegnungen und kurzfristigen Gesprächen strikt eingehalten.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses den zur Zeit bestehenden Zustand der räumlichen Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung der Parteien bei Bestand zu belassen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Sie stützt sich auch im Beschwerdeverfahren auf ihre durch zeugenschaftliche Benennung der Tochter C.<b> </b>zu Beweis gestellte Behauptung, derzufolge der Antragsgegner mit ihr Anfang November 1980 seinen endgültigen, dauernden Auszug aus der ehelichen</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Wohnung vereinbart hat; schon aus diesem Grunde könne der sofortigen Beschwerde kein sachlicher Erfolg beschieden sein. Darüber hinaus trägt sie vor, im Grunde bestehe der bisherige, von ihr bereits in der ersten Instanz im einzelnen geschilderte Zustand unverändert fort. Der Antragsgegner sei schubweise immer wieder betrunken, bleibe tage- und nächtelang, wie schon in der Vergangenheit, von zu Hause weg, unterhalte</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">abermals Beziehungen zu anderen Frauen, und lasse keine Anzeichen einer Besserung erkennen. Auch seit dem Getrenntleben in der ehelichen Wohnung lasse er nichts unversucht, Mitleid zu erregen und Entgegenkommen zu wecken. Als letztes Mittel setze er Selbstmorddrohungen ein; er habe bereits mehrere Suicidversuche hinter sich. Auf dieseWeise richte er die Familie psychisch und physisch zugrunde. Schließlich sei nicht auszuschließen, daß er seine Selbstmordversuche im Zustand der Trunkenheit "auf die Familie ausdehnen" werde.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 15.9 .1981 angehört.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Ferner hat er die Tochter C.<b> </b>als Zeugin darüber vernommen, wie es im November 1980 zum Auszug des Antragsgegners aus der ehelichen Wohnung gekommen ist, und was hierbei besprochen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 15.9.1981 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet; sie führt unter entsprechender Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu der Regelung, wie sie sich im einzelnen aus dem Tenor der Entscheidung des Senats ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 620 c Satz 1 ZPO findet die sofortige Beschwerde statt, wenn das Familiengericht im Wege<i> </i>der einstweiligen Anordnung aufgrund mündlicher Verhandlung die eheliche Wohnung einem Ehegatten ganz zugewiesen hat. So liegt es hier. Der angefochtene Beschluß ist aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5.5.1981 ergangen und verkörpert eine einstweilige Anordnung im Sinne des § 620 Satz 1 Nr. 7 ZPO mit dem vorgenannten , beschwerdefähigen Regelungsgehalt. Als einstweilige Anordnung setzt dieser Beschluß begrifflich die Anhängigkeit einer Ehesache voraus, die im Verhältnis zur einstweiligen Anordnung das sog. Hauptverfahren ist. Ehesache im Sinne des § 606 ZPO ist hier die von der Antragstellerin gleichzeitig mit ihrem Gesuch um Erlaß der einstweiligen Anordnung bei dem Familiengericht anhängig gemachte Klage, deren Ziel darauf gerichtet ist, ihr das Getrenntleben von dem Antragsgegner zu gestatten. Eine derartige Klage ist als Gegenstück (Pendant) der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens, als sog. negative HerstelIungsklage, mit der auf der materiellrechtlichen Ebene die Bestirnmung des § 1353 Abs. 2 BGB korrespondiert, wonach ein Ehegatte zum Getrenntleben berechtigt ist, wenn sich entweder das Herstellungsverlangen des anderen Teils (§ 1353 Abs.1 BGB) als rechtsmißbräuchlich erweist oder die Ehe gescheitert ist,</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Ehesache im Sinne des § 606 ZPO mit der Folge, daß ab Anhängigkeit dieser Klage der Erlaß einer einstweiligen .Anordnung der hier einschlägigen Art möglich ist (vergI. OLG Zweibrücken, FamRZ 1981, 186, 187; Zöller-Philippi, ZPO,'12.Aufl., Anm.2 d vor § 606; Rolland, 1.<b> </b>EheRG, 1977, § 606 Rz 6, jeweils mit zahlreichen Nachweisen).</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die demnach an sich statthafte sofortige Beschwerde ist auch im übrigen zulässig; sie ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 620 c Satz 1, 577 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 erster Halbsatz, 569 Abs. 2 Satz 1<b>, </b>620 d ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Das zulässige Rechtsmittel hat auch in sachlicher Hinsicht Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin muß sich, was der Antragsgegner mit der sofortigen Beschwerde allein anstrebt, darauf verweisen lassen, daß die Parteien innerhalb ihrer ehelichen Wohnung einstweilen weiterhin so, wie es sich im einzelnen aus dem Beschlußtenor</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">ergibt, räumlich voneinander getrennt leben. Dazu nötigen folgende Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin geltendmacht, daß die eheliche Wohnung den beiden Kindern und ihr einstweilen zur fortan alleinigen Benutzung zugewie.sen werden müsse, weil der Antragsgegner im November 1980 mit ihr seinen endgültigen Auszug vereinbart habe und sich an dieser Vereinbarung festhalten lassen müsse, kann ihr nicht gefolgt werden. Dabei kann offen bleiben, .ob eine solche Vereinbarung, deren Abschluß zwischen den Parteien streitig ist getroffen wurde. Bejahendenfalls ist sie aus rechtlichen Gründen unwirksam, weil ein Scheitern der Ehe nicht festgestellt werden kann. Gemäß § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft besteht, solange nicht die Voraussetzungen des § 1353 Abs. 2 BGB vorliegen, wonach ein Ehegatte, dem -grundsätzlich gerechtfertigten und dementsprechend zu befolgenden - Herstellungsverlangen des anderen Teils ausnahmsweise dann keine Folge zu leisten braucht, wenn entweder sich dieses Verlangen als Mißbrauch seines Rechts darstellt oder die Ehe gescheitert ist. Diese Rechtslage hat durch das 1. EheRG, das das Recht der Ehescheidung unter Abkehr vom früheren Verschuldensprinzip (§§ 42, 43 EheG) auf die Zerrüttung der Ehe - in der Regel mit bestimmten Trennungsfristen verknüpft abgestellt hat (§§ 1564 ff BGB) , keine Veränderung erfahren. Das Recht auf eheliche Lebensgemeinschaft ist zwingendes Gesetzesrecht. Als solches ist es weder insgesamt noch teilweise verzichtbar. Deshalb sind während der Dauer seiner Geltung alle gegenteiligen Vereinbarungen der Ehegatten, vornehmlich auch solche, die ein dauerndes Getrenntleben ermöglichen oder erleichtern sollen, gemäß § 134 BGB wegen Gesetzesverstoßes wichtig (vergl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 545 ff). Denn gerade der Begründung und Beibehaltung der ehelichen Wohnung kommt für das eheliche Leben überragende und</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">unverzichtbare Bedeutung zu. Hierbei handelt es sich um den räumlichen Daseinsmittelpunkt der ehelichen Gemeinschaft, der als nach außen abgegrenzter Bereich erst die Gewähr dafür zu bieten vermag, daß sich eheliches Leben als auf Lebenszeit angelegte Partnerbeziehung (§ 1353 Abs. 1 Satz 1 BGB) mit alldem~ was zu einem Familienleben gehört, in sinnvoller, harmonischer Weise<i> </i>entfalten, fortwährend erneuern und erhaIten kann. Daß eine auf Dauer angelegte Trennung diesen Kernbereich des ehelichen Lebens kurz über lang zerstören muß und damit Wesen, Aufgaben und eigentlicher Zielsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft zuwiderläuft ist so selbstverständlich, daß es keiner weiteren Begründung bedarf. Daraus erklärt es sich denn auch, daß jeder Ehegatte zufolge des in § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB generalklauselartig umschriebenen Gebots prinzipiell verpflichtet ist, dem anderen Ehegatten die Mitbenutzung der ehelichen Wohnung einschließlich aller Einrichtungs- und Hausratsgegenstände zu gestatten und zwar unabhängig von der jeweiligen Eigentumsverhältnissen und dem jeweiligen Güterstand, in dem die Eheleute leben (vergI. BGHZ 12, 380 ff, 399; BGH NJW 1979, 1004; OLG Düsseldorf a.a.O. mit weiteren Nachw.). Nur im Falle der Rechtsmißbräuchlichkeit des Herstellungsverlangens oder des Scheiterns der Ehe ist der andere Teil dieser Verpflichtungen, wozu gemäß den vorigen Ausführungen auch und insbesondere die Verpflichtung rechnet, dem Ehepartner den Zugang zur und den Aufenthalt innerhalb der ehelichen Wohnung zu ermöglichen, ledig: da eine Ehe ohne ein Mindestmaß an Achtung vor der Persönlichkeit des Partners und an Rücksichtnahme auf seine berechtigten Belange nicht funktionieren und gedeihen kann, wird derjenige Ehegatte, der es daran fehlen läßt, hinsichtlich seines Herstellungsverlangens gewissermaßen klaglos gestellt; ebenso erweist sich das Herstellungsverlangen als</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">sinnlos, wenn die Ehe gescheitert ist und demgemäß auf Antrag geschieden werden muß. Mit dem zentralen Stellenwert, der der ehelichen Wohnung im Rahmen einer funktionsfähigen Ehe zukommt, korrespondiert die ebenso gewichtige Bedeutung der</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Preisgabe der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft für die Entscheidung der Frage, ob eine Ehe zu scheiden ist. Die Ehescheidung darf vorbehaltlich der eng zu interpretierenden Ausnahmeregelung des § 1565 Abs. 2 BGB dann nur ausgesprochen</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Werden, wenn sich das erforderliche Scheitern der Ehe u. a. in einem mindestens einjährigen, auf Dauer angelegten Getrenntleben in nach außen hin erkennbarer und feststellbarer Weise manifestiert hat (§§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB), wobei § 1567 BGB nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen des Getrenntlebens im Rechtssinne trifft. Liegen die Voraussetzungen der §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB - mindestens einjährige Trennungszeit~ Scheidungsantrag beider Ehegatten oder eines Ehegatten mit Zustimmung des anderen Teils - nicht vor und läßt sich das Scheitern der Ehe nach Ablauf des Trennungsjahres auch nicht indiziell im Sinne des § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">feststellen, dann wird das Scheitern der Ehe gemäß § 1566 Abs. 2 BGB erst nach dreijähriger Trennungszeit unwiderlegbar vermutet und die Ehe ist alsdann auf Antrag zu scheiden, sofern nicht die sog. Härteklausel gemäß § 1568 BGB die Erstreckung der Trennungszeit auf fünf Jahre gebietet. Zufolge aller dieser Erwägungen, aus denen sich einerseits die überragende Bedeutung der Beibehaltung der gemeinsamen Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">für Aufrechterhaltung und Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft und andererseits ebenso ihrer Preisgabe für die Entscheidung der Frage, ob die Scheidung auszusprechen ist, ergibt, ist der Senat in Übereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf (a.a.O.) der Ansicht, daß die von der Antragstellerin zur sachlichen Rechtfertigung ihres auf völlige Entsetzung des Antragsgegners aus der ehelichen Wohnung der Parteien gerichteten Ziels angeführte, angeblich endgültige Trennungsvereinbarung unwirksam ist. Die hiergegen von Knütel (Anm. zu OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 547 ff) ins Feld geführten Argumente erscheinen dem Senat nicht stichhaltig Zuzugeben ist, daß eine auf endgültige Trennung angelegte Vereinbarung der Ehegatten dann rechtliche Wirkungen zeitigt, wenn sie zur Vorbereitung oder zur Erleichterung einer Ehescheidung getroffen worden ist, dies aber nur unter der unerläßlichen und unverzichtbaren,</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">gewissermaßen als aufschiebende Bedingung einer derartigen Vereinbarung anzusehenden Voraussetzung, daß dle Trennungsvereinbarung in ein auf Auflösung der Ehe angelegtes Verfahren eingeführt ·wird, und daß die gerichtliche Überprüfung des in</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">ein derartiges Verfahren eingeführten Lebenssachverhaltes die sachliche Begründetheit des Eheauflösungsverlangens (Scheidungsbegehrens) ergibt. Auf keinen Fall aber geht es an, daß die auf dauernde Trennung angelegte Vereinbarung im Rechtssinne ein Eigenleben entfalten und gewissermaßen aus sich heraus und um ihrer selbst Willen Rechtswirkungen zu zeitigen vermag, weil das mit dem zwingenden Gesetzesgebot, wie es in § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB seinen, dem Wesen der ehelichen Lebensgemeinschaft Rechnung tragenden Niederschlag gefunden hat, unvereinbar ist.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Mißt man nun die von der Antragstellerin angeführte Trennungsvereinbarung an diesen unverzichtbaren Wirksamkeitserfordernissen, dann ist festzustellen, daß sich das Vorliegen dieser Erfordernisse gegenwärtig nicht verläßlich feststellen läßt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Insbesondere läßt sich zur Zeit nicht genügend sicher beurteilen, ob die Ehe der Parteien bereits gescheitert ist, ob also eine endgültige Zerrüttung ihres ehelichen Verhältnisses eingetreten ist und die Möglichkeit ihrer nochmaligen Herstellbarkeit (sog. Zukunftsprognose) ausgeschlossen erscheint. Die Parteien leben noch kein Jahr voneinander getrennt, was jedenfalls generell eine der wichtigsten Voraussetzungen des Scheiterns der Ehe ist. Ob die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 BGB, wonach die Ehe ausnahmsweise schon vor dem Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden kann, erfüllt sind, vermag der Senat nicht zu beurteilen. Die Antragstellerin hat bislang, <i>wie </i>sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, noch keinen Scheidungsantrag ausgebracht. Das am 19.12.1980 bei dem Familiengericht anhängig gemachte, auf Feststellung ihrer Berechtigung zum Getrennleben vom Antragsgegner gerichtete Verfahren ist auf ihren Antrag im Termin vom 5.8.1981 zum Ruhen gebracht worden. Die Antragstellerin hat zur sachlichen Rechtfertigung ihres Gesuches um Erlaß der einstweiligen Anordnung u<b>. </b>a. eingehend vorgetragen, das Zusammenleben mit dem Antragsgegner unter einem Dach, so wie es seit geraumer Zeit unstreitig besteht, belaste sie vornehmlich deshalb in außerordentlichem Maße, weil der Antragsgegner ihr durch seine, wenn auch räumlich weitgehend getrennte Anwesenheit im gleichen Hause fortwährend den Konflikt vor Augen führe, in dem sie sich schon seit längerem befinde: zum einen könne sie es nicht länger ertragen, sich für ihren Ehemann weiterhin wie bisher verantwortlich zu fühlen, ringe vielmehr um ihre Verselbständigung und Loslösung ihres zukünftigen Lebensschicksals von dem des Antragsgegners, was sie schon aus Gründen ihres eigenen seelischen Wohlergehens für unbedingt erforderlich halte, andererseits habe</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">sie aber noch Mitleid mit ihm und sei demnach hin- und hergerissen zwischen ihrem Bestreben, einen Schlußstrich unter ihre Ehe zu ziehen, und ihrem Mitgefühl; mit diesem</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">gefühlsmäßigen, sie außerordentlich quälenden und bedrückenden Zwiespalt werde Sie nicht fertig, solange der Antragsgegner mit ihr unter einem Dach lebe. Gerade daran zeigt sich aber recht deutlich, daß die Antragstellerin zumindest innerlich noch keinen endgültigen Schlußstrich unter ihre Ehe gezogen hat, mag auch ihr Scheidungsentschluß gegenüber einem etwaigen, nach Lage des Falles gegenwärtig noch nicht</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">eindeutig ausschließbaren Festhaltenwollen an der Ehe mit dem Antragsgegner bereits das Übergewicht erlangt haben.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Muß aber nach alledem davon ausgegangen werden, daß die Vereinbarung auf Dauer angelegten Getrenntlebens, falls sie getroffen wurde, aus den dargelegten Rechtsgründen unwirksam ist, dann brauchte der Antragsgegner sich an einer derartigen Vereinbarung auch nicht festhalten zu lassen, vielmehr blieb rs ihm unbenommen, erneut Zutritt zur ehelichen Wohnung zu begehren, worin sich sein auf Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Antragstellerin und sein dementsprechend an sie herangetragenes Herstellungsverlangen im Sinne des § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB gleichermaßen widerspiegelten. Ob dieses Verlangen rechtsmißbräuchlich und folglich gemäß § 1353 Abs. 2 BGB unbeachtlich war, kann nicht im vorliegenden, nur vorläufigen, auf mehr pauschale und summarische Überprüfung des Streitstoffes angelegten Verfahren der einstweiligen Anordnung entschieden werden, sondern muß der Klärung im Hauptverfahren, wie es von der Antragstellerin mit ihrer Berechtigung zum Getrenntleben erhobenen Klage ausgebracht worden ist, vorbehalten bleiben. </p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Auch das weitere Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt es nicht, den angefochtenen Beschluß unverändert bei Bestand zu belassen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Der Gesetzgeber hat zwar mit § 620 Satz 1 Nr. 7 ZPO auch für das Verfahren der einstweiligen Anordnung dieMöglichkeit geschaffen, einem Ehegatten die Ehewohnung unter völligem Ausschluß des anderen Teils zuzuweisen. Dabei handelt es sich aber um einen derart schwerwiegenden Eingriff in den Lebensbereich des davon betroffenen Ehegatten, daß eine so weitreichende und einschneidende Anordnung nur in besonderen Ausnahmefällen möglich ist: eine solche Anordnung darf nur ergehen, wenn die Grenze des ncht mehr Zumutbaren erreicht ist. Daß ist dann der Fall, wenn die bei Anlegung eines objektiven Bewertungsmaßstabes vorzunehmende Prüfung der</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">gesamten Situation, in der die Ehegatten in der Ehewohnung leben, eine Schädigung oder zumindest eine ernstliche, unmittelbare und schwerwiegende Gefährdung der psychischen oder physischen Unversehrtheit des anderen Ehegatten und/oder der</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Kinder erkennen läßt (vergl. OLG Schleswig, SchlHA 1978, 20; OLG Düsseldorf, FamRZ1978, 604 - Leitsatz Nr. 3 <b>-; </b>OLG Köln – 4. ZS -, FamRZ 1980, 275; Senat in ständiger Rspr.: Beschlüsse vom 19.3.1979 – 21 WF 19/71 -; 24.1.1980 – 21 WF 3/80 -; 20.5.1980 – 21 WF 31/80 -; 5.5.1980 – 21 WF 39/81 -; Müller-Gindullis im Münchener Komm. Zum BGB, Ergänzungsband, §§ 14, 15 oder 6. DVO zum EheG, Rz. 13 Beklagte, Rolland a.a.O., § 620 ZPO Rz 43; Ambrock, Ehe und Ehescheidung 1977, § 620 ZPO, Anm. III 7; Thomas/Putzo, ZPO, 11. Aufl., § 620 Anm. 2 Beklagte cc; anderer Auffassung: Zöller-Philippi a.a.O., § 620 Anm. 15 Beklagte; der Tendenz nach auch OLG Kalrsruhe, FamRZ 1878, 132; OLG München, FamRZ 1979, 429, 430).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Hierbei läßt sich nicht verkennen, daß die Feststellung der Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens im angeführten Sinne durchaus nicht auf Fälle körperlicher Mißhandlungen oder sonstigen gewalttätigen Verhaltens des einen Ehegatten gegenüber dem anderen Teil beschränkt ist. Zureichenden Anlaß für die Entsetzung aus der ehelichen Wohnung kann auch ein solches Verhalten eines Ehegatten bieten, das die gesundheitliche Verfassung des anderen Ehegatten in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt, wozu<i> </i>nach Lage des jeweiligen Falles u.U. auch ständiger übermäßiger Alkoholgenuß mit allen seinen negativen Begleiterscheinungen rechnen kann, wobei aber zusätzlich steets erforderlich ist, daß kein weniger einschneidendes Mittel in Betracht kommt, um das in derartigen Fällen erforderliche Getrenntleben der Ehegatten zu gewährleisten (vergI. OLG Hamburg, FamEZ 1981, 64, 65).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Auch diese Erwrägung rechtfertigt indessen entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde. Der Senat ist zwar aufgrund des persönlichen Eindrucks, den er anläßlich der eingehenden Anhörung der Parteien in der mündlichen Verhandlung von ihnen beiden gewonnen hat, von der Richtkgiet des diesbezüglichen Vorbringens der Antragstellerin überzeugt. Danach ist davon auszugehen, daß das Zusammenleben der Parteien unter einem Dach für alle Familienangehörigen</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">starke Belastungen mit sich bringt. Der Antragsgegner hat seine schriftsätzlichen Ausführungen, inhalts derer er sich inzwischen weitgehend von seiner Alkoholabhängigkeit</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">gelöst und im wesentlichen gefangen haben will,<i> </i>bei seiner Anhörung nicht plausibel machen können. Dasjenige, was er in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, läßt eher auf das Gegenteil schließen. Er ist abgesehen von gelegentlichen Unterbrechungen seit weit über einem Jahr ohne geregelte Beschäftigung, nachdem er Anfang des Jahres 1980 seinen Arbeitsplatz wegen übermäßigen Alkoholkonsums verloren hatte. Die Langzeitkur hat er entgegen seiner Ankündigung nicht angetreten, weil er sich davon nichts versprochen haben will, was er nicht näher verdeutlichen und nicht nachvollziehbar begründen konnte. Statt dessen besucht er seit einiger Zeit, allerdings nur sporadisch Zusammenkünfte der Blaukreuz-Vereinigung, deren Zielsetzung sich mit den Bestrebungen der Anonymen Alkoholiker vergleichen läßt. Alle Erklärungen, die er in der mündlichen Verhandlung zur Frage der zukünftigen Bewältigung seines Lebensschicksals abgegeben hat, vermochten nicht zu befriedigen, ließen vielmehr erkennen, daß er sehr labil ist und jedenfalls zur Zeit, ohne konkrete Pläne und Zielvorstellungen zu besitzen, mehr oder weniger alles dem Zufall überläßt und gewissermaßen in den Tag hinein lebt. Obwohl sein Arbeitgeber ihm wiederholt telefonisch hat ausrichten lassen, daß Arbeit für ihn da sei, hat er sich zur Annahme dieses Angebots nicht durchringen können, und seine Erklärung, daß er sogleich nach dem Ende der Sitzung entsprechende Schritte in die Wege leiten werde, klang wenig überzeugend. Davon, daß er genügend Einsicht in seine Alkoholabhängigkeit besitzt und den festen Entschluß gefaßt hat, nunmehr seinem Leben eine entscheidende Wende zu geben, was ohne derartige Einsicht ohnehin ausgeschlossen erscheint, kann nach dem Ergebnis seiner Anhörung und des persönlichen Eindrucks, den der Senat hierbei von ihm gewonnen hat, nicht ausgegangen werden. Daß diese gesamte Situation für die übrigen Familienangehörigen eine erhebliche Belastung bedeutet, kann unter gebotener Bedachtnahme darauf, daß der Antragsgegner gemäß seinem eigenen Eingeständnis schon seit langen Jahren, wenn auch nur gelegentlich im Übermaß trinkt, keinem vernünftigen Zweifel begegnen. Gleichwohl ist damit aber die Grenze der Unzumutbarkeit weiteren Zusammenlebens innerhalb der ehelichen Wohnung nach Lage des Falles noch nicht erreicht. Der Antragsgegner ist zum einen unstreitig nicht der Typ ~ der nach Alkoholgenuß zu Gewalttätigkeiten oder sonstigen unberechenbaren Verhaltensweisen neigt, die eine Schädigung oder ernstzunehmende Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Antragstellerin oder der Kinder besorgen lassen. Wenn er getrunken hat, leidet er, wie zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist, an übersteigertem Selbstmitleid, beansprucht alsdann Trost und Hilfe im Gespräch, und fällt seiner Familie, auf einen kurzen Nenner gebracht, ausgesprochen lästig. "Selbstmordversuche" sind gemäß der Schilderung der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung von ihm so angelegt worden, daß mit einer Ausnahme keine ernstliche Gefahr vorhanden war; sie waren ein weiteres Mittel, das er eingesetzt hat, um auf sich aufmerksam zu machen, um Mitleid und Bedauern zu erregen und vermehrte Zuwendung, Trost und Hilfe zu erfahren, worauf er zufolge seiner Alkoholabhängigkeit und seines angeschlagenen Selbstwertgefühls offensichtlich angewiesen ist. Soweit ist der Antragsgegner unstreitig aber seit mehr als 1 Jahr nicht mehr gegangen. Ferner besteht, was letztlich für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens von entscheidender Bedeutung ist, zwischen den Parteien seit geraumer Zeit jedenfalls zum ganz überwiegenden Teil der faktische Zustand der Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung: abgesehen von gelegentlichen, hauptsächlich vom Antragsgegner gesuchten Begegnungen und Gesprächen beschränkt sich sein</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Aufenthalt in der ehelichen Wohnung auf die Benutzung des separaten Zimmers mit; eingerichteter Kochgelegenheit. .Auch hält er sich, wie die Antragstellerin bei ihrer mündlichen Anhörung ausgeührt hat, viel außerhalb der Wohnung auf.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Von weiterem übermäßigen Alkoholkonsum, wie er gemäß ihren Angaben zeitweilig nach wie vor vorkommen soll, hat sie jedenfalls seit geraumer Zeit keine eigenen, unmittelbaren Eindrücke mehr empfangen, sondern will lediglich aus Geräuschen, die durch tastendes Suchen mit dem Schlüssel nach dem Türschloß verursacht wurden, wenn er beispielsweise zur späten Abend- oder Nachtzeit nach Hause gekommen ist, auf Anzeichen von Trunkenheit geschlossen haben. Gemessen daran kann aber von einem derart unzumutbar hohen Maße an Beeinträchtigungen und Belästigungen, wie es für den Erlaß der von der Antragstellerin nachgesuchten einstweiligen Anordnung erforderlich ist, nicht ausgegangen werden. Mangels Vorlage ärztlicher Atteste läßt sich auch nicht hinreichend verläßlich feststellen, daß die Antragstellerin und/oder die Kinder zufolge des Verhaltens des Antragsgegners bereits gesundheitliche Schäden erlitten haben oder daß derartige Schäden oder ernstliche Gefahren in naher Zukunft zu besorgen sind, wenn es bei dem derzeitigen Zustand verbleibt. Der hauptsächliche Beweggrund, der die Antragstellerin nach Ansicht des Senats zur Durchführung des vorliegenden Verfahrens bestimmt hat, ist, was ihre Anhörung recht deutlich gezeigt hat, folgender: die Anwesenheit des Antragsgegners im gleichen Hause führt der Antragstellerin teils bewußt, teils unbewußt ständig den Konflikt vor Augen, in dem sie sich schon seit geraumer Zeit befindet, nämlich ihr noch nicht entschiedenes Ringen um .die schicksalhafte, für die zukünftige Lebensgestaltung beider Ehegatten gleichermaßen entscheidend bedeutsame Frage, ob sie einen endgültigen Schlußstrich unter die Ehe ziehen soll oder ob nicht letztlich ungeachtet aller bisher vorgefallenen und aller erlittenen Enttäuschungen doch noch eine Möglichkeit zur Fortsetzung der seit langen Jahren bestehenden ehelichen Gemeinschaft gefunden werden kann. Diese Entscheidung aber kann niemand der Antragstellerin abnehmen und es ist angesichts aller dargelegten Umstände auch nicht möglich, zur Erleichterung jener Entscheidung die völlige Entsetzung des Antragsgegners aus der ehelichen Wohnung anzuordnen,. so verständlich dieses Anliegen der Antragstellerin angesichts ihrer außerordentlich tiefgreifenden seelischen Konfliktlage, in der sie sich nicht zuletzt wegen der hohen moralischen Anforderungen befindet, die sie an ihre endgültige Entschließung stellt, auch ist.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Hierbei dürfen insbesondere auch die verhältnismäßig günstigen räumlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben, die ein Getrenntleben der Parteien innerhalb der ehelichen Wohnung, wie es seit geraumer Zeit praktiziert wird, ermöglichen. Der Raum,</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">auf dessen weitere Belassung der Antragsgegner im vorliegenden Verfahren Anspruch erhebt, kann ohne notwendiges Passieren anderer Räumlichkeiten betreten und verlassen werden, ist verschließbar, und verfügt über eine vollständig eingerichtete Kochgelegenheit. Da sich in seiner unmittelbaren Nähe eine separate Toilette befindet, bedarf der Antragsgegner im übrigen nur der gelegentlichen Benutzung des Badezimmers, wobei die aus dem Tenor ersichtliche Regelung hinreichende Gewähr dafür bietet ,daß es auch insoweit nicht zu unerwünschten Begegnungen der Parteien kommt, weil die Antragstellerin sich gemäß ihren Erklärungen zu den für den Antragsgegner reservierten Benutzungszeiten außerhalb der ehelichen Wohnung aufhält.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Konnte der sofortigen Beschwerde nach alledem der sachliche Erfolg nicht versagt bleiben, so hat der Senat es allerdings für erforderlich gehalten, dem Antragsgegner das Betreten der übrigen Räumlichkeiten bzw. des Badezimmers außerhalb der ihm zugewiesenen Benutzungszeiten unter Strafandrohung zu untersagen. Denn der gesamte Ablauf des vorliegenden Verfahrens und vornehmlich auch die in der mündlichen Verhandlung zu Tage getretene Labilität des Antragsgegners hat deutlich gezeigt, daß der Rechtsfriede zwischen den Parteien ggfls. nur gewährleistet werden kann, wenn der Antragsgegner sich strikt an die Trennungsanordnung innerhalb der ehelichen Wohnung hält, es sei denn, daß die Antragstellerin dem Antragsgegner eine weitergehende Benutzung gestattet.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung regelt sich nach § 620 g ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Danach gelten die Kosten des vorliegenden Verfahrens als Teil der Kosten der Hauptsache.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.800, <b>-- </b>DM.</p>
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315,854 | olgham-1981-10-05-6-ss-owi-189281 | {
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 6 Ss OWi 1892/81 | 1981-10-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:46 | 2019-03-27T09:42:02 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:1005.6SS.OWI1892.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Akten werden zunächst zur weiteren Veranlassung auf das Akteneinsichtsgesuch der Verteidiger sowie zur evtl. Entgegennahme einer ergänzenden schriftsätzlichen Äußerung der Verteidiger an das Amtsgericht Recklinghausen zurückgegeben.</p>
<p>Im Anschluß hieran sind die Akten dem Senat erneut zuzuleiten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 15. Mai 1981 "wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr nach den §§ 37, 49 StVO in Verbindung mit § 24 StVG" eine Geldbuße von 150,00 DM festgesetzt. Hiergegen richtet sich der fristgerecht angebrachte Antrag des Betroffenen von 18. Mai 1981 auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit dem dessen Verteidiger gleichzeitig beantragt haben, ihnen die gerichtliche Akte zwecks Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Der letztgenannte Antrag ist - soweit aus den Akten ersichtlich - bisher nicht beschieden worden. Nachdem den Verteidigern das Urteil am 18. Juli 1981 zugestellt worden und danach bis zum 20. August 1981 eine Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu den Akten gelangt war, hat das Amtsgericht an diesem Tage den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde unter Berufung auf "§ 346 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 79 Abs. 3, 80 OWiG" als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich der fristgerecht angebrachte Antrag des Betroffenen vom 31. August 1981 auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, mit dem er beanstandet, daß seinen Verteidigern die Akten trotz mehrfacher Bitten bisher nicht zur Einsicht gegeben worden sind. Ohne Akteneinsicht - so macht er geltend - könne seitens der Verteidiger keine vollständige Rechtsbeschwerdebegründung gefertigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsbehelf des Betroffenen ist gem. §§ 80 Abs. 3 Satz 2 OWiG, 346 Abs. 2 StPO zulässig. Eine abschließende Entscheidung darüber ist zur Zeit jedoch noch nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, der amtsgerichtliche Verwerfungsbeschluß vom 20. August 1981 sei schon deshalb aufzuheben, weil die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 80 Abs. 3 OWiG, 345 Abs. 1 StPO) mangels wirksamer Zustellung des Urteils vom 15. Mai 1981 noch gar nicht in Lauf gesetzt worden sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die am 18. Juli 1981 bewirkte Zustellung des Urteils an die Verteidiger des Betroffenen ist vielmehr gem. §§ 46 Abs. 1 OWiG, 36, 145 a Abs. 1 StPO rechtswirksam erfolgt. Dem steht nicht entgegen, daß sich die vom 7. Dezember 1980 datierte Urkunde, wonach den Verteidigern von dem Betroffenen Prozeßvollmacht für das vorliegende Bußgeldverfahren erteilt wurde, im Zeitpunkt der Anordnung des Amtsrichters, das Urteil an die Verteidiger gegen Empfangsbekenntnis zuzustellen, noch nicht bei den Akten befand. Nach dieser am 29. Mai 1981 durch den Gerichtsvorsitzenden getroffenen Zustellungsanordnung hat die Geschäftsstelle die Zustellung an die Verteidiger nämlich tatsächlich erst veranlaßt, nachdem diese auf entsprechende Anforderung die Vollmachtsurkunde mit Eingang vom 25. Juni 1981 zu den Akten gereicht hatten. Erst hier nach ist die Zustellung des Urteils an die Verteidiger am 18. Juli 1981 bewirkt worden. Das ist nicht zu beanstanden. Nach § 145 a StPO, der gem. § 46 Abs. 1 OWiG auch im Bußgeldverfahren anzuwenden ist, gilt der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, als ermächtigt, Zustellungen für den Beschuldigten bzw. Betroffenen in Empfang zu nehmen. Diese Vorschrift stellt bereits nach ihrem Wortlaut für das Erfordernis der Aktenkundigkeit der Vollmacht lediglich auf den Zeitpunkt ab, zu dem die Zustellung in Empfang genommen wird, und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Zustellungsanordnung. Eine hiervon abweichende Auslegung der Vorschrift ist auch nach ihrem Sinn und Zweck weder geboten noch gerechtfertigt. § 145 a StPO soll sicherstellen, daß der Verteidiger als Zustellungsbevollmächtigter behandelt werden kann. Zugleich soll für das Gericht - insbesondere auch für das Rechtsmittelgericht - eine verläßliche Grundlage für die Beurteilung der Frage vorliegen, wann eine Zustellung an den Verteidiger für den Beschuldigten bzw. Betroffenen wirkt. Diesem Zweck wird hinreichend auch dadurch entsprochen, daß das Erfordernis der Aktenkundigkeit der Vollmacht zeitlich auf das Ereignis bezogen wird, dessen Wirksamkeit in Rede steht. Das ist aber die Zustellung selbst und nicht deren Anordnung. Die von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme angeführten Entscheidungen (BayObLGE 71, 228; OLG Hamm, Beschlüsse v. 7. Oktober 1977 - 3 Ss 705/77 - sowie vom 7. September 1981 - 4 Ws 337/81 -) besagen nichts Gegenteiliges. Sie betreffen ausschließlich die Unwirksamkeit von Zustellungen in dem von dem vorliegenden verschiedenen Fall, daß die Vollmachtsurkunde erst nach der Zustellung selbst zu den Akten gelangt ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Da mithin die Zustellung des angefochtenen Urteils am 18. Juli 1981 wirksam erfolgt und bisher eine Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu den Akten gelangt ist, wären an sich die formalen Voraussetzungen für eine - verwerfende - Entscheidung über den Rechtsbehelf des Betroffenen gegeben. Der Senat sieht sich jedoch gleichwohl zu einer derartigen Entscheidung im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in der Lage, weil sie sich als Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens darstellen würde. Nachdem den Verteidigern entgegen ihrem ausdrücklichen Antrag seit Erlaß des angefochtenen Urteils Akteneinsicht noch nicht gewährt worden ist, waren die Akten vielmehr zunächst an das Amtsgericht zurückzugeben. Dieses wird nunmehr zunächst über das Akteneinsichtsgesuch zu befinden haben. Alsdann wird im Falle der Nachholung der Akteneinsicht dem Betroffenen bzw. seinen Verteidigern Gelegenheit zur evtl. weiteren schriftsätzlichen Äußerung zu dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde sowie zu etwaiger weiterer Antragstellung hinsichtlich der Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist gegeben sein.</p>
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315,855 | olgham-1981-09-30-8-u-18679 | {
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} | 8 U 186/79 | 1981-09-30T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:48 | 2019-03-27T09:42:02 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0930.8U186.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Juni 1979 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.</p>
<p>Der Beklagte wird - unter Abweisung, der Klage im übrigen - verurteilt, an die Klägerin 5.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 12. Mai 1979 zu zahlen.</p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4 zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beschwer beträgt für beide Parteien je 5.000,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien lernten einander Anfang 1971 kennen und unterhielten bald darauf auch intime Beziehungen zueinander. Der Beklagte war verheiratet, was die Klägerin wußte. Im Januar 1977 trennten sich die Parteien wieder.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen, weil dieser wahrheitswidrig die Scheidung seiner Ehe in Aussicht gestellt und ihr die anschließende Eheschließung versprochen habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie eine angemessene, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung zu zahlen, mindestens jedoch 10.000,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er hat bestritten, der Klägerin die Ehe versprochen und ihr vorgespiegelt zu haben, daß ein Scheidungsverfahren anhängig sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist im wesentlichen begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch aus Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu (§§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB). Der Beklagte hat die Individual- und Privatsphäre der Klägerin verletzt, denn er hat ihre Möglichkeit zur freien Entfaltung und Entschließung über lange Zeit dadurch beschränkt, daß er zumindest die Absicht einer Scheidung vorgetäuscht und damit die Klägerin in der Erwartung einer demnächstigen Eheschließung bestärkt hat (vgl. zu den Grundlagen des Anspruchs Palandt/Thomas, BGB, 40. Aufl., § 823, 15 B m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.1</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der gebotene Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist für den vorliegenden Fall nicht bereits durch spezielle - und deshalb vorrangige - Normen gewährt:</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch aus § 1300 Abs. 1 BGB kommt unabhängig von den Fragen, ob der Beklagte der Klägerin die Ehe versprochen hat und ob die Klägerin unbescholten war, was beides der Beklagte bestreitet, nicht in Betracht. Wegen des Fortbestehens der Ehe des Beklagten konnte nämlich jedenfalls kein gültiges Verlöbnis zwischen den Parteien Zustandekommen. Ein möglicherweise denkbarer Ausnahmefall, in dem von dem Erfordernis eines gültigen Verlöbnisses abgesehen werden könnte, liegt, wie auch das Landgericht ausführt, nicht vor. Die von der Berufung erwähnten Fällen betreffen "Verlöbnisse", die eingegangen worden sind, nachdem die Ehe eines der Partner bereits zerrüttet und ein Scheidungsverfahren bereits eingeleitet worden war. Auch der Schutzzweck der Norm gestattet keine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Fall. Die Norm soll nach heutiger Auffassung den immateriellen Schaden ausgleichen, der durch die Auflösung des Verlöbnisses entsteht. Ein von der Rechtsordnung nicht anerkanntes "Verlöbnis" kann nicht zu den an seine Wirksamkeit geknüpften Ansprüchen führen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ansprüche aus §§ 825, 847 Abs. 2 BGB oder wegen Gesundheitsverletzung aus §§ 823 Abs. 1, 847 Abs. 1 BGB - die nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, denen die Berufung nichts Erhebliches entgegensetzt, aus tatsächlichen Gründen ausscheiden - betreffen den Schutz der Geschlechtsehre der Frau bzw. den Schutz der Gesundheit, währen der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts wesentlich weiter reicht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Insofern liegt in den §§ 1300, 825, 847 Abs. 2, 823 Abs. 1 (Gesundheitsverletzung) BGB auch keine abschließende Regelung.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">1.2</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">In tatsächlicher Hinsicht hat der Beklagte von den in zahlreichen Einzelheiten streitigen Vorgängen jedenfalls folgendes eingeräumt: Die Frage, ob er sich von seiner Frau scheiden lassen werde, sei ständig zwischen den Parteien erörtert worden. Einmal sei er zu einer Scheidung bereit gewesen, einmal nicht. Im November 1974 habe er der Klägerin wahrheitswidrig erklärt, er sei nun entschlossen, sich scheiden zu lassen. Tatsächlich habe er keine solche Absicht gehabt und daher auch nicht die Absicht, mit der Klägerin anschließend die Ehe einzugehen. Daß ein Scheidungs<u>verfahren</u> anhängig sei, habe er der Klägerin nicht vorgespiegelt. Das habe man lediglich Dritten vorgespiegelt, weil der Klägerin daran gelegen gewesen sei, in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis nicht den Eindruck zu erwecken, sie habe sich mit einem nicht einmal in Scheidung lebenden verheirateten Mann eingelassen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Zugeständnissen des Beklagten hat er die Klägerin nicht nur über seine Scheidungsabsicht getäuscht und in ihr das Vertrauen geschaffen, daß er sich von seiner damaligen Frau auch rechtlich lösen wolle, sondern er hat in der Klägerin den von ihm erkannten unzutreffenden Eindruck erweckt, er werde nach der Scheidung die Ehe mit ihr eingehen. Selbst wenn der Beklagten nämlich der Klägerin nicht ausdrücklich die Ehe versprochen haben sollte, wie es die Klägerin behauptet, so war ihm doch klar, daß die Scheidungsabsicht nur unter dem Gesichtspunkt einer anschließenden Eheschließung erörtert worden ist. In dieser Erwartung hat der Beklagte die Klägerin mindestens von November 1974 bis Ende 1976/Anfang 1977 gehalten und bestärkt. Dabei kann es dahinstehen, ob er sich dazu der von der Klägerin behaupteten gefälschten Indizien bedient hat. Jedenfalls hat der Beklagte der Klägerin in dieser Zeit nicht die Wahrheit eröffnet, daß er sich nicht scheiden lassen wolle.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1.3</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In diesem Verhalten des Beklagten liest ein auch angesichts seiner Dauer von mindestens über 2 Jahren schwerwiegender und verwerflicher Eingriff in die Entschließungsfreiheit der Klägerin. Die Auffassung des Landgerichts, der Tatbestand der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts setze Eingriffe von dritter Seite voraus, betreffe jedoch nicht die Spannungen und Schwierigkeiten, die sich zwei Partner in ihrer Beziehung zueinander bereiten, trifft nicht zu. Der Eingriff muß nicht von einem Fernstehenden kommen, er kann z.B. von einem Ehegatten gegen den anderen gerichtet sein (Überwachung durch einen heimlich in die Wohnung gebrachten Dritten, BGH NJW 1970, 1848). Es geht auch nicht um Spannungen und Schwierigkeiten in der Beziehung der Parteien, sondern darum, daß der Beklagte diese Beziehung durch Vortäuschen einer Scheidungsabsicht aufrechtzuerhalten oder zumindest sichern zu müssen glaubte. Wenn es der Klägerin gleichgültig gewesen wäre, ob die Ehe des Klägers fortbestand, wäre die Täuschung nicht erforderlich gewesen. Das diese Täuschung für die Fortsetzung der Beziehung der Parteien ursächlich war, ergibt sich daraus, daß die Klägerin diese Beziehung abgebrochen hat, als ihr die Täuschung bekannt wurde. Der Beklagte hat die Klägerin durch Vorspiegeln einer jetzt zugegebenermaßen nicht vorhandenen Scheidungsabsicht in der ohnehin problematischen Entscheidung bestärkt, ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann über lange Zeit fortzusetzen. Darüber hinaus sollte dieses Verhältnis nach der Absicht des Beklagten nie zu der von der Klägerin berechtigterweise erwarteten Eheschließung führen. Dieser Eingriff in die Entschließungsfreiheit der Klägerin und damit in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht rechtfertigt die Zubilligung eines Schmerzensgeldes in entsprechender Anwendung des § 847 Abs. 1 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1.4</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Für die Bemessung des Schmerzensgeldes auf 5.000,- DM fiel ins Gewicht: Der Beklagte hat nicht nur in die innere Persönlichkeitssphäre der Klägerin eingegriffen, sondern sie darüber hinaus in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis dem Gespött ausgesetzt. Dazu hat auch die seinem Verhalten der Klägerin gegenüber entsprechende bigamische Eheschließung am 5.6.1980 in ... beigetragen, die durch Pressemeldung weite Publizität erfahren hat. Andererseits war zu berücksichtigen, daß der Beklagten jetzt in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebt. Im übrigen war zu Lasten der Klägerin nicht zu verkennen, daß in dem Verhältnis zu einem verheiraten Mann stets ein beträchtliches Risiko liegt und daß die Klägerin sich recht lange hat hinhalten lassen, ohne mißtrauisch zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 30. September 1981</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Mainzer, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
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315,856 | olgham-1981-09-23-4-wf-31281 | {
"id": 821,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 312/81 | 1981-09-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:52 | 2019-03-27T09:42:02 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0923.4WF312.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerden der Antragstellerin gegen die Verfahrensweise des Familienrichters im Termin vom 8.7.1981 sowie den angefochtenen Beiordnungsbeschluß werden bei einem Beschwerdewert von 500,- DM auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der angefochtene Beiordnungsbeschluß aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die 34 und 37 Jahre alten Parteien haben am 12.8.1966 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind zwei 17 und 14 Jahre alte Kinder hervorgegangen. Ein weiteres 1964 geborenes Kind ist im April 1981 verstorben. Seit dem 5.10.1980 leben die Parteien getrennt, nachdem der Antragsgegner ausgezogen war. Beide wünschen die Scheidung und sind sich darüber einig, daß die elterliche Sorge für die zur Zeit 13 und 11 Jahre alten Kinder der Mutter übertragen werden soll, daß es einer gerichtlichen Regelung des Verkehrsrechts nicht bedarf und der Antragsgegner zumindest den Kindern Unterhalt schuldet. Auch über sonstige Folgesachen besteht kein Streit. Mit dem am 27.3.1981 beim Familiengericht eingegangenen Scheidungsantrag erstrebt die Antragstellerin die Scheidung der Ehe, ohne beachtliche Gründe für die Einleitung des Scheidungsverfahrens vor Ablauf des nach § 1565 Abs. 2 BGB vorgeschriebenen Trennungsjahres zu nennen. Das Amtsgericht hat durch Verfügung vom 14.5.1981 sowie persönlich im Termin vom 8.7.1981 den Antragsgegner dahin belehrt, daß es die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 625 ZPO für erforderlich halte, und sodann trotz Widerstandes des Antragsgegners und des Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin durch den angefochtenen Beschluß dem Antragsgegner gemäß § 625 ZPO zur Wahrnehmung seiner Rechte im ersten Rechtszug hinsichtlich des Scheidungsantrags und der Regelung der elterlichen Sorge für die minderjährigen Kinder die Rechtsanwältin Dr. xxx beigeordnet. Als Gründe dieser Beiordnung hat es angeführt, eine umfassende anwaltliche Beratung des Antragsgegners sei erforderlich, zumal der Antragsgegner nach schriftlicher Erklärung vom 10.6.1981 mit dem Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin verhandelt habe, ohne daß dies zu einer notariellen Vereinbarung nach § 630 Absatz 3 ZPO geführt habe. Da der Prozeßbevollmächtigte der Antragstellerin somit für beide Parteien tätig geworden sei, sei eine fürsorgliche Beratung des Antragsgegners erforderlich. Gegen diese Beiordnungsentscheidung richten sich die Beschwerden beider Parteien. Die Antragstellerin führt ferner Beschwerde dagegen, daß das Familiengericht auf Grund einer nach ihrer Meinung zweifelhaften Rechtsansicht über die Notwendigkeit einer Anwaltsbeiordnung den anberaumten Termin nicht zur Förderung des Verfahrens, insbesondere zur Anhörung der bereits geladenen Kinder der Parteien, genutzt habe.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">I. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerden der Antragstellerin sind unzulässig. Ein generelles Beschwerderecht gegen Einzelheiten der Verfahrensführung des Gerichts sieht das Gesetz nicht vor. Nach § 567 ZPO ist das Rechtsmittel der Beschwerde nur statthaft in den in der Zivilprozeßordnung besonders genannten Fällen sowie gegen solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernden Entscheidungen des Gerichts, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen ist. Beide Fälle liegen hier unzweifelhaft nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin Beschwerde gegen die Beiordnung eines Rechtsanwalts für den Antragsgegner führt, ist ihr Rechtsmittel unzulässig, weil sie durch diese Beiordnung nicht unmittelbar besehwert ist. Daß die durch die Beiordnung für den Antragsgegner ausgelösten Kostenfolgen auch indirekte Rückwirkungen auf einen etwaigen Unterhaltsanspruch der Antragstellerin haben könnten, begründet keine unmittelbare Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerden der Antragstellerin sind daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge als unzulässig zu verwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dagegen führt die Beschwerde des Antragsgegners im Ergebnis zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1.) Zwar ist im Schrifttum streitig, ob die Beschwerde auch gegen die Beiordnungsentscheidung nach § 625 Absatz 1 ZPO als solche statthaft ist, weil Satz 2 dieser Bestimmung die Beschwerderegelung in § 78 c Absatz 3 ZPO für sinngemäß anwendbar erklärt. Nach dieser - unmittelbar den Fall der Beiordnung eines Notanwalts betreffenden - Regelung wird jedoch das Beschwerderecht nur gegen die Auswahl eines bestimmten Anwalts, nicht aber gegen die Beiordnungsentscheidung selbst eröffnet (so auch für § 625 ZPO: Baumbach-Lauterbach-Albers, 39. Aufl. Anm. II B b zu § 625 ZPO; Stein-Jonas-Schlosser, 20. Aufl., Anm. II zu § 625 ZPO; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Seite 12; Brüggemann, FamRZ 1977, 8). Die Mehrzahl dieser Autoren bejaht indes ein Beschwerderecht auch gegen die Beiordnung als solche über eine Hilfskonstruktion dadurch, daß der Antragsgegner befugt sei, die Aufhebung des Beiordnungsbeschlusses zu beantragen und gegen die Ablehnung dieses Aufhebungsantrags ein Beschwerderecht nach § 567 Abs. 1 ZPO bestehe (Stein-Jonas-Schlosser, Schwab und Brüggemann a.a.O.). Der Senat hält diesen dogmatischen Umweg über eine Hilfskonstruktion in Übereinstimmung mit der bisher veröffentlichten Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums nicht für gangbar (vgl. Rolland, 1. EheRG, Anmerkung 5 zu § 625 ZPO, KG FamRZ 1978, 607, OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 918, OLG Oldenburg, FamRZ 1980, 179). Denn diese Auffassung könnte die praktische Folge haben, daß die Beiordnung bis zur Aufhebung bestehen bleibt und den Antragsgegner, der sich im Ergebnis erfolgreich gegen die Beiordnung wehrt, gleichwohl mit Kosten belastet, obwohl die Beiordnung von Anfang an fehlerhaft war (Rolland a.a.O.). Zudem besteht nach Meinung des Senats kein Anlaß, das von allen genannten Meinungen wegen der belastenden Wirkung für den Antragsgegner gewollte Ergebnis einer Anfechtbarkeit des Anordnungsbeschlusses auf einem dogmatischen Umweg zu erreichen. Viel näher liegt eine Analogie zu § 78 c Absatz 3 ZPO (der dem vor dem 1.1.1981 geltenden § 116 b Absatz 3 ZPO entspricht). Dabei läßt der Senat ausdrücklich offen, ob diese Analogie, wie das Kammergericht a.a.O. meint, sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, wonach nicht eine unmittelbare, sondern nur eine "sinngemäße" Anwendung des § 78 c Absatz 3 ZPO - im Falle des Kammergerichts noch des § 116 b Absatz 3 ZPO -angeordnet wird. Denn jedenfalls ist die analoge Ausweitung deshalb geboten, weil die Grundentscheidung einer Anwaltsbeiordnung für den Antragsgegner im Regelfall belastender ist als die Auswahlentscheidung und daher ein Anfechtungsrecht gegen die Grundentscheidung erst recht bestehen muß, wenn der Gesetzgeber selbst die weniger belastende, nachfolgende Auswahlentscheidung anfechtbar machen wollte (so OLG Düsseldorf FamRZ 1978, 918). Deshalb ist die Beschwerde des Antragsgegners daher jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 78 c Absatz 3 ZPO statthaft.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2.) Sachlich führt die Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Beiordnungsbeschlusses. Denn die besonderen Voraussetzungen einer anwaltlichen Beiordnung liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gem. § 625 Absatz 1 Satz 1 ZPO ist die Beiordnung eines Anwalts nur zulässig, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts diese Maßnahme zum Schutz des Antragsgegners "unabweisbar" erscheint. Diese strenge Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn ein anderer Ausweg zum Schutze der Interessen des Antragsgegners nicht besteht (so schon die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucksache /7650 S. 210, vgl. auch S. 91,92). Unabweisbar zum Schutze des Antragsgegners war die Beiordnung vorliegend jedoch schon deshalb nicht, weil der Scheidungsantrag der Antragstellerin von Anbeginn und auch noch im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats eindeutig unschlüssig ist, solange die Parteien noch nicht ein Jahr getrennt leben und für das Vorliegen der besonderen Scheidungsvoraussetzungen des § 1565 Absatz 2 BGB weder etwas vorgetragen noch ersichtlich ist. Allein die Anwendung der gesetzlich zwingenden - der Parteidisposition also entzogenen -gesetzlichen Scheidungsgrenzen durch das Gericht hätte dem Antragsgegner schon jeden Schutz gegen unbedachte Folgen einer Scheidung gewährt. Angesichts der Bindung des Gerichts an die in diesem Falle eindeutige Scheidungsgrenze des § 1565 Absatz 2 BGB war die Beiordnung eines Rechtsanwalts daher nicht unabweisbar.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Senat verkennt nicht die sich aus praktischen Erwägungen ergebende Problematik dieser Entscheidung angesichts des Umstandes, daß das Trennungsjahr demnächst abgelaufen sein wird. Er sieht jedoch keine dogmatische Möglichkeit, nach dem strengen Ausnahmetatbestand des § 625 ZPO eine Anwaltsbeiordnung als unabweisbar zu bestätigen, obwohl im Zeitpunkt seiner Entscheidung der Scheidungsantrag nur der Abweisung unterliegen kann. Darauf, ob im übrigen die besonders strengen Ausnahmevoraussetzungen einer Anwaltsbeiordnung gegen den Willen des Antragsgegners hier wirklich vorlagen, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Nur vorsorglich weist der Senat insoweit darauf hin, daß allein der Umstand, daß der Antragsgegner - wie er in seinen Eingaben wiederholt darstellt - alle Scheidungsfolgen mit dem Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin geregelt hat und daher in der Tat die Gefahr einer Beeinflussung bestehen dürfte, jedenfalls nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zu § 625 ZPO eine Anwaltsbeiordnung nicht unabweisbar machen dürfte. Vielmehr müsste zumindest die weitere Feststellung hinzukommen, daß der Antragsgegner seine Rechte in unvertretbarer Weise nicht hinreichend wahrnimmt. Für diese weitere Feststellung findet der Senat bislang in den Akten keinen Anhalt, da größere vermögensrechtliche Probleme nicht anstehen, die geplante Regelung des Sorgerechts dem Willen beider Parteien, nach Darstellung des Jugendamtes vom 11.9.1981 auch dem Willen der Kinder sowie der Empfehlung des Jugendamtes, entspricht und auch im übrigen nicht erkennbar ist, daß der Antragsgegner seine Rechte "in unvertretbarer Weise" im Sinne der Begründung des Regierungsentwurfes nicht wahrnimmt.</p>
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315,857 | lg-bonn-1981-09-22-4-t-49081 | {
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"name": "Landgericht Bonn",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 T 490/81 | 1981-09-22T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:53 | 2019-03-27T09:42:02 | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1981:0922.4T490.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.</p><p>Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag des Beschwerdeführers vom 05.08.1981 nicht aus den Gründen des angefochtenen  Beschlusses zurückzuweisen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Eigentümer haben das Grundstück durch notariellen Vertrag vom 03.04.1980 von dem Antragsteller erworben. Dieser hat unter Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Vertrages beantragt, wegen rückständiger Zinsen für die Zeit vom 01.07. bis zum 04.12.1989 in Höhe von zusammen 5.288,73 DM sowie wegen Vollstreckungskosten in Höhe von 299,70 DM eine Sicherungshypothek einzutragen. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete, nach § 71 Abs. 1 GWO statthafte Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Grundbuchbeamte ist der Ansicht, wegen der Zinsforderung könne eine Sicherungshypothek nicht eingetragen werden, weil unter "Forderung" im Sinne des § 866 ZPO eine Kapitalforderung, nicht aber ein Recht auf Verzinsung, d.h, auf laufende, nicht kapitalisierte Zinsen zu verstehen sei. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Für die Eintragung einer Sicherungshypothek gemäß § 866 ZPO gelten keine anderen Voraussetzungen als für die Eintragung einer Verkehrshypothek nach den Vorschriften des BGB. Eine Einschränkung enthält § 866 ZPO nur hinsichtlich der Höhe der Forderung, die mindestens 500,- DM betragen muss, um die lmmobiliarvollstreckung wegen Bagatellforderungen auszuschließen.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im übrigen unterscheidet sich die Eintragung einer Sicherungshypothek gem. § 866 ZPO von der Eintragung einer Verkehrshypothek nur dadurch, dass die nach § 873 BGB erforderliche Einigung durch den Vollstreckungstitel ersetzt wird. Die Frage, in welcher Weise eine Zinsforderung hypothekarisch gesichert werden kann, ist mithin für die Sicherungshypothek des § 866 ZPO (Zwangshypothek) in gleicher Weise wie für die Verkehrshypothek allein nach den Regeln der §§ 1113 ff. BGB zu beantworten. Insoweit kann auch § 1113 Abs. 1 BGB, wonach die Belastung auf eine "bestimmte Geldsumme" zu lauten hat, nur entnommen werden, dass die Bestellung einer Hypothek für eine –isolierte – laufende Zinsforderung ausgeschlossen ist (KGJ 50, 150, 155; Staudinger-Scherübl, BGB, 12. Auflage 1981, § 1113 Anm. 32; Erman-Räfle, BGB, 7. Auflage 1981, § 113 Anm. 3). Handelt es sich dagegen um Zinsen für einen abgeschlossenen Zeitraum, so lässt sich durch Zusammenrechnung ohne weiteres eine bestimmte Geldsumme im Sinne des § 1113 BGB ermitteln. Daß für eine solcherart "kapitalisierte", also in eine Kapitalforderung umgewandelte Zinsforderung eine Hypothek bestellt werden kann, wird, soweit ersichtlich, nirgendwo in Zweifel gezogen (vgl. ausdrücklich RGRK-Schuster, BGB, 11. Auflage 1963, § 1113 Anm. 19).</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Entscheidung des Kammergerichts in KGJ 50, 149 (155), vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Auffassung, der Gläubiger könne nicht "einseitig" durch Zusammenrechnen der Zinsen die titulierte Forderung verändern, verkennt den bereits dargelegten entscheidenden Unterschied zwischen der Zwangshypothek und Verkehrshypothek, der gerade darin besteht, daß in der Zwangsvollstreckung an die Stelle der Einigung (§ 875 BGB) der "einseitige", einer Mitwirkung des Schuldners nicht bedürftige Eintragungsantrag tritt. Im übrigen fehlt es an jeder inneren Rechtfertigung dafür, dem Gläubiger das Sicherungsmittel der Zwangshypothek zu versagen, nur weil seine Forderung nicht als solche aus dem Vollstreckungstitel ablesbar ist, sondern durch einen Rechenvorgang erst ermittelt werden muss.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ähnliche Rechenvorgänge sind auch erforderlich, wenn neben einer Kapitalforderung wegen bereits entstandener VoIIstreckungskosten die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt wird. Vor der Vollstreckung von Bagatellforderungen ist der Schuldner durch die Wertgrenze des § 866 Abs. 3 Satz 1 ZPO geschützt. Weitere Bedenken gegen die beantragte Eintragung sind nicht ersichtlich.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Bei der erneuten Bescheidung des Antrags wird das Grundbuchamt zu beachten haben, daß der Antragsteller einen Zinssatz von 12,5 % zum Teil zweimal für denselben Zeitraum (einmal vom 01.07. bis 07.11.1980 und einmal vom 01.07. bis 04.12.1980) geltend macht.</p>
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315,858 | olgham-1981-09-16-19-u-4281 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 42/81 | 1981-09-16T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:55 | 2019-03-27T09:42:02 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0916.19U42.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Dezember 1980 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.453,69 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. März 1980 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Geländewagens ... ... mit der Fahrgestellnummer ... und des Kraftfahrzeugbriefs mit der Nummer ...</p>
<p>Es wird festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorgenannten Kraftfahrzeugs in Verzug befindet.</p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 1/25 dem Kläger und zu 24/25 der Beklagten auferlegt. Die Kosten des zweiten Rechtszuges trägt der Kläger zu 1/40 und die Beklagte zu 39/40.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kaufte am 5. Oktober 1979 den im Tenor bezeichneten fabrikneuen Pkw der Marke ... von der
Beklagten zum Kaufpreis von 16.616,09 DM. Dem schriftlichen Kaufvertrag lagen die Geschäftsbedingungen
der Beklagten für den Verkauf von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern zu Grunde, die in Ziffer VI
wie folgt lauten:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><i>"VI. Gewährleistung</i></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><i>Soweit der Umfang der Gewährleistung in einem besonderen Garantieschein umrissen und der
Garantieschein dem Käufer ausgehändigt ist, gelten diese Gewährleistungsbedingungen.
Ist das nicht der Fall, so übernimmt der Verkäufer dem Käufer gegenüber die
nachstehende Gewährleistung:</i></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>...</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><i>4.) Ein Anspruch auf Wandlung, Minderung oder aus § 480 BGB besteht nicht, es sei denn, daß
der Verkäufer nicht in der Lage ist, den Mangel zu beheben."</i></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Da sich nach Auslieferung des Fahrzeuges an den Kläger am 23. November 1979 verschiedene Mängel
einstellten, brachte der Kläger das Fahrzeug am 3. Dezember 1979 und am 3. Januar 1980 in die Werkstatt
der Beklagten. Wegen der Mängelrügen des Klägers wird im einzelnen auf die in den Akten
befindlichen Auftragsbestätigungen der Beklagten vom 3.12.1979 und 3.1.1980 (Blatt 10, 11 der Akten)
verwiesen. Als der Kläger am 10. März 1980 wiederum Mängel bei der Beklagten rügte,
erklärte diese sich zur Reparatur außerstande, weil sie ihren Reparaturbetrieb zwischenzeitlich
eingestellt habe. Sie nahm im übrigen Bezug auf die Herstellergarantie der ... die gemäß
deren Gewährleistungsbestimmungen in Ziffer 3 und 4 folgenden Wortlaut aufweisen:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><i>"3.) Ansprüche auf Wandelung oder Minderung sind ausgeschlossen. Ein Anspruch auf Lieferung
eines anderen Fahrzeuges besteht nur, wenn der Importeur nicht in der Lage ist, einen Fehler, der unter
diese Gewährleistung fällt, zu beheben und hierdurch eine erhebliche Minderung des Wertes oder
der Tauglichkeit des Kraftfahrzeuges verursacht wird. In diesem Fall liefert der Importeur dem Kunden ein
fehlerfreies Fahrzeug des gleichen Modells und Typs sowie der gleichen Ausstattung gegen Rückgabe
des fehlerhaften Kraftfahrzeuges. Sollte das betreffende Modell und/oder der betreffende Typ nicht mehr
hergestellt werden, wird der Importeur nach eigener Wahl ein Kraftfahrzeug liefern, das dem
zurückgegebenen nach Modell und Typ sowie Ausstattung so nah wie möglich kommt.</i></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><i>4.) Alle weitergehenden Ansprüche sind ausgeschlossen, insbesondere wird der Ersatz eines
weitergehenden unmittelbaren oder eines mittelbaren Schadens in keinem Fall gewährt."</i></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ferner verwies die Beklagte den Kläger an andere Firmen zur Beseitigung etwaiger Mängel. Mit
Schreiben vom 11. März 1980 forderte der Kläger die Beklagte zur Wandlung des Kaufvertrages und
Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung in Höhe von 16.236,09 DM
gegen Rückgabe des Fahrzeuges bis zum 25.3.1980 auf. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 26.3.1980
ab und verwies den Kläger erneut an andere Werkstätten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, er habe einen Garantieschein des Herstellers nicht erhalten. Das Fahrzeug
weise schwerwiegende Mängel auf, die von der Beklagten nicht beseitigt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 16.076,09 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.3.1980</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß sich die Beklagte mit der Wandelung des Kaufvertrages in Verzug befinde.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie hat das Vorliegen von erheblichen Mängeln bestritten und im Übrigen auf die Herstellergarantie
verwiesen, in deren Rahmen das Fahrzeug des Klägers in jeder anderen Vertragswerkstatt repariert werden
könne, falls ein Garantiefall vorliege.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... vom 18.11.1980,
auf dessen Inhalt Blatt 43 bis 50 der Akten verwiesen wird, die Beklagte zur Zahlung von 15.889,59 DM nebst 4 %
Zinsen seit dem 26.3.1980 Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie des Kfz-Briefes verurteilt und
festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw im Verzug befinde. Zur Begründung
hat das Landgericht ausgeführt, daß die Beklagte die Vereinbarung einer Herstellergarantie nicht
bewiesen und trotz ihrer Verpflichtung aus ihren eigenen AGB keinerlei Nachbesserungen vorgenommen, sondern
sich auf einen bloßen Verweis des Klägers an andere Werkstätten beschränkt habe. Darüber
hinaus lägen nach den Feststellungen des Sachverständigen erhebliche Mängel an dem Fahrzeug vor,
so daß das Wandlungsbegehren des Klägers berechtigt sei. Bei Durchführung der Wandelung müsse
sich der Kläger für die von ihm gefahrenen 7.265 km eine Nutzungsentschädigung von je 0,10 DM je
km anrechnen lassen. Im übrigen wird wegen weiterer Einzelheiten des Urteils auf dessen Inhalt Blatt 70, 71
der Akten verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren erstinstanzlichen Abweisungsantrag
weiterverfolgt. Sie ist der Ansicht, daß sowohl nach der Herstellergarantie gem. den
Gewährleistungsbedingungen der ... als auch ihren eigenen AGB, wonach sie selbst allenfalls
subsidiär hafte, die Wandlung des Klägers ausgeschlossen sei. Sie weist darauf hin, daß
drei von ihr benannte ... Vertragswerkstätten in Nachbarstädten bereit seien, etwaige Mängel
am Fahrzeug des Klägers auf Grund der Herstellergarantie zu beseitigen, falls ein Garantiefall vorliege.
Unabhängig von den Geschäftsbedingungen sei die Wandelung auch sachlich unbegründet, weil von dem
Sachverständigen nur unbedeutende Mängel festgestellt worden seien. Sie bestreitet, daß am 10.3.1980
nennenswerte Mängel vorhanden gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">abändernd die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er hat im Termin vom 16.9.1981 seine Klageforderung auf 15.453,69 DM ermäßigt. Er hält
unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Wandelungsbegehren für berechtigt und
meint, die Geschäftsbedingungen der Beklagten sowie die Gewährleistungsbedingungen der ... ...
seien unwirksam, soweit sie sein berechtigtes Wandelungsbegehren ausschlössen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in den Akten Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerechte Berufung der Beklagten ist im wesentlichen nicht begründet, weil der
Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Recht die Wandelung des Kaufvertrages erklärt hat
(§§ 480, 459, 462, 467, 346 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Das Wandelungsrecht des Klägers ist weder durch die Geschäftsbedingungen für den Verkauf
von neuen Kraftfahrzeugen und Anhängern (AGB) der Beklagten noch nach den Gewährleistungsbedingungen
der ... wirksam ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob Inhalt der AGB der Beklagten die Gewährleistungsbedingungen der ... geworden
sind. Der einleitende Satz der Gewährleistungsbestimmungen in den AGB der Beklagten zu VI "soweit
der Umfang der Gewährleistung in einem besonderen Garantieschein umrissen und der Garantieschein dem
Käufer ausgehändigt ist, gelten diese Gewährleistungsbedingungen" deutet allerdings darauf
hin, daß damit die Beklagte ihre eigene Gewährleistungspflicht für den Fall der Herstellergarantie
abbedingen will. Eine solche Auslegung würde dazu führen, daß die Formularklausel wegen
Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 a AGBG unwirksam wäre, da nach dieser Vorschrift Klauseln, welche
die Gewährleistungsansprüche auf die Einräumung von Ansprüchen gegen Dritte beschränken,
unzulässig sind. Andererseits könnte die von der Beklagten verwandte Klausel bei gesetzeskonformer
Auslegung auch den Sinn haben, daß für den Fall der Herstellergarantie und Garantiescheinaushändigung
die Gewährleistung der Beklagten inhaltlich zu den dann heranzuziehenden Gewährleistungsbestimmungen
des Herstellers erfolgen soll. Dies würde bedeuten, daß für die Einzelheiten der Gewährleistung
der Beklagten die Bestimmungen der ... soweit diese zum Vertragsinhalt geworden sind, maßgeblich sind. Solche
Klauseln, denen zufolge der Verkäufer sich zur Gewährleistung in dem vom Hersteller festgelegten Umfang
verpflichtet, sind grundsätzlich wirksam, soweit der gesetzliche Gewährleistungsrahmen nicht unterschritten
wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, Randnummer 247). Letztlich kann die Entscheidung der Frage, in welcher
Weise die Formularklausel der Beklagten auszulegen ist und ob nach der Unklarheitenregel des § 5 AGBG
verbleibende Zweifel hier zu Lasten der Beklagten als der Verwenderin gehen (vgl. OLG Frankfurt DAR 1981, 219),
offen bleiben. Denn selbst wenn bei gesetzeskonformer Auslegung der Klausel grundsätzlich gegen die inhaltliche
Einbeziehung der Gewährleistungsbedingungen der ... in die AGB der Beklagten keine Bedenken bestehen, bleibt
das Ergebnis im vorliegenden Falle gleich. Sowohl die Gewährleistungsbedingungen der ... als auch die AGB der
Beklagten sind unwirksam, soweit sie das Wandelungsrecht des Klägers ausschließen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Ziffer 3 der Gewährleistungsbedingungen der Deutschen Lada Import GmbH für fabrikneue Fahrzeuge sind
wegen Verstoßes gegen das Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG)
unwirksam, soweit sie ein Wandelungs- oder Minderungsrecht des Käufers eines fabrikneuen Kraftfahrzeuges
ausschließen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser AGB sollen die Ansprüche des Kunden auf Wandelung oder Minderung
ohne jegliche Einschränkung auch für den Fall der gescheiterten Nachbesserung ausgeschlossen werden.
Weder aus dem Wortlaut der Formularklausel noch ihrem Sinnzusammenhang ergibt sich, daß bei Fehlschlagen
der Nachbesserung der Kunde nach seiner Wahl berechtigt sein soll, Rückgängigmachung des Vertrages
(Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) zu verlangen. Vielmehr schließt Ziffer 4 der
AGB ausdrücklich alle weitergehenden Ansprüche des Fahrzeugkäufers aus, so daß der Kunde auf
die Rechte auf Nachbesserung und gegebenenfalls die Lieferung eines Ersatzfahrzeugers beschränkt werden soll.
Demnach liegt ein Verstoß gegen § 11 Nr. 10 b AGBG vor, wonach in allgemeinen Geschäftsbedingungen
eine Beschränkung der Gewährleistungsansprüche gegen den Verwender auf ein Recht auf Nachbesserung
oder Ersatzlieferung unwirksam ist, soweit dem anderen Vertragsteil nicht <u>ausdrücklich</u> das Recht
vorbehalten wird, bei Fehlschlagen der Nachbesserung oder Ersatzlieferung Herabsetzung der Vergütung oder
nach seiner Wahl (ausgenommen bei Bauleistungen) Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen. Der
Gesetzgeber wollte mit dieser Bestimmung die Belange des Kunden bei gescheiterter Nachbesserung für den Fall
sichern, daß der Verwender seine Gewährleistungspflicht auf einen Anspruch auf Nachbesserung oder
Ersatzlieferung, d.h. auf den nach § 10 Nr. 10 a AGBG dem Kunden einzuräumenden Mindestrechtsschutz
bei Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen begrenzte. Da die Vorschrift zwingendes Recht
enthält, hat der Verstoß zur Folge, daß insoweit die ganze Freizeichnung unwirksam ist
(Palandt-Heinrichs BGB, 40. Aufl., § 11 AGBG Anmerkung 10 b). Erfüllen die AGBG wie im vorliegenden
Falle die Voraussetzungen des § 11 Nr. 10 b AGBG nicht, so ist die primäre Beschränkung der
Ansprüche des Kunden auf ein Recht zur Nachbesserung unwirksam mit der Folge, daß dem Kunden sogleich
sämtliche gesetzlichen Gewährleistungsansprüche wahlweise zustehen (Ulmer-Brandner-Hensen AGB-Gesetz,
3. Auflage 1978, § 11 Nr. 10 Randnummer 34; Kötz in MünchKomm., § 11 ABGB Randnummer 90). Es
sind dann gem. § 6 Absatz 2 AGBG die Gewährleistungsregeln des dispositiven Rechts maßgebend, so
daß der Kunde bei Lieferung einer mangelhaften Ware gem. § 462 BGB sogleich Wandelung oder Minderung
verlangen kann, ohne sich auf die in der AGB-Klausel vorgesehenen Nachbesserung oder Ersatzlieferung einlassen zu
müssen (Kötz a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Auch die eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sind unwirksam, soweit sie unter Ziffer
VI 4) wie folgt lauten:</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><i>"Ein Anspruch auf Wandlung, Minderung oder aus § 480 BGB besteht nicht, es sei denn, daß der
Verkäufer nicht in der Lage ist, den Mangel zu beheben".</i></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Formulierung dieser AGB-Bestimmung verstößt ebenfalls gegen § 11 Nr. 10 b AGBG, wie der
Kläger zu Recht ausführt. Denn der AGB-Verwender muß statt der juristischen Begriffe
"Wandelung" bzw. "Minderung" eine dem § 11 Nr. 10 b AGBG entsprechende Formulierung
benutzen, die diesen Begriff vollständig und richtig in einer für den Kunden verständlichen Weise
umschreibt (Palandt-Heinrichs § 11 AGBG Anmerkung 10 b; Ulmer-Brandner-Hensen § 11 Nr. 10 Randnummer
34; Kötz in MünchKomm, § 11 AGBG Randnummer 90; Koch-Stübing § 11 Nr. 10 AGBG Randnummer
38; LG Frankfurt DB 1979, 2075; a.A. OLG Saarbrücken BB 1979, 1064). Die Begriffe "Wandlung" und
"Minderung", die im Umgangsdeutsch ungebräuchlich sind und von Nichtjuristen zumeist nicht
verstanden werden, dürfen nicht benutzt werden, es sei denn, sie werden mit den Worten des Gesetzes
(Herabsetzung der Vergütung, Rückgängigmachung des Vertrages) erläutert (Ulmer-Brandner-Hensen
a.a.O.). Der gegenteiligen Meinung des OLG Saarbrücken vermag der Senat nicht zu folgen. Abgesehen davon,
daß bereits äußerst fraglich ist, ob die dem BGB entnommenen juristischen Begriffe "Wandlung"
und "Minderung" in die Umgangssprache Eingang gefunden haben, hat die Vorschrift im Rahmen des AGBG
insofern einen besonderen Charakter, als hier ausnahmsweise für die Wirksamkeit einer AGB-Klausel verlangt
wird, daß ihr Wortlaut eine bestimmte rechtliche Belehrung des Kunden enthält (Kötz a.a.O.
Randnummer 90). Der Verwender der AGB muß daher bei der Formulierung der Klausel in ausreichender Weise den
ihn treffenden Belehrungsobliegenheiten Rechnung tragen, wenn die Klausel nicht unwirksam sein soll. Der Kunde
soll nach dem gesetzgeberischen Willen, wie er im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck kommt, in die Lage versetzt
werden, seine subsidiären Gewährleistungsrechte auch ohne Inanspruchnahme von Rechtsauskunft zu erkennen
und auszuüben. Dazu ist aber erforderlich, daß die Formularklausel, wenn der Verwender der AGB seinen
Belehrungsobliegenheiten nachkommen will, eindeutig die Rechte des Kunden auf Rückgängigmachung des
Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung zum Ausdruck bringt und ihren Inhalt entsprechend dem Wortlaut
des Gesetzes positiv formuliert. Es reicht daher nicht aus, lediglich - wie in den AGB der Beklagten - die
Ansprüche auf "Wandelung" und "Minderung" zu nennen, da der Laie mit diesen Fachbegriffen
im allgemeinen nichts anfangen kann.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die streitige Formularklausel der Beklagten ist demnach ebenfalls wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10 b
AGBG unwirksam, so daß im vorliegenden Falle der Kläger von vornherein das Recht auf Wandelung hatte,
falls der von ihm bei der Beklagten gekaufte Pkw mangelhaft im Sinne des § 459 Absatz 1 BGB war. Auf die
Frage, ob er sich von der Beklagten auf Reparaturen bei anderen Vertragshändlern, insbesondere bei den drei
genannten und dazu bereiten Firmen in Nachbarstädten verweisen lassen mußte, kommt es somit nicht an.
Es verstößt im übrigen auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), daß der Kläger
im Hinblick auf die gescheiterten mehrfachen Nachbesserungsversuche und das geschilderte Verhalten der Beklagten
nun nicht bereit ist, nach Einstellung des Reparaturbetriebes der Beklagten weitere Nachbesserungsversuche bei
den genannten drei Firmen vornehmen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann es nicht zweifelhaft sein, daß der streitige Pkw mangelhaft im
Sinne des § 459 Absatz 1 BGB ist.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen ... in seinem Gutachten vom 18.11.1980
war das vorliegende Fahrzeug mit einer Vielzahl von Mängeln behaftet. Wie der Sachverständige im einzelnen
ausgeführt hat, war bei der Temperaturanzeige des Fahrzeuges eine Birne defekt, die Dichtung der Heckklappe
nicht ordnungsmäßig befestigt und undicht, waren die beiden Reflektoren der vorderen Scheinwerfer durch
Wassereintritt so stark beschädigt, daß sie erneuert werden mußten, war die Wasserleitung für
die Spritzdüse des Heckscheibenwischers durchgerissen, die Batterie infolge Feuchtigkeit beschädigt,
der Cassettenrekorder defekt und lösten sich die Zierstreifen ab. Ferner stellte der Sachverständige
fest, daß die Karosserie des Fahrzeuges auf ebenem Gelände im hinteren Bereich um 3 cm schief stand.
Diese von dem Sachverständigen festgestellten Mängel rechtfertigen bei einem Neuwagen sicherlich nicht
jeder für sich, aber jedenfalls in ihrer Gesamtheit die Wandelung (vgl. zur Vielzahl von kleineren Mängeln
als Grundlage einer Wandelung auch OLG Hamburg VersR 1981, 138). Insbesondere bei den Schäden an den
Beleuchtungseinrichtungen des Fahrzeuges und im Bereich der Heckklappe sowie vor allem dem festgestellten Fehler
in der Fahrzeuggeometrie handelt es sich um gravierendere Punkte, welche Auswirkungen auf die Fahrsicherheit und
den Verschleiß am Fahrzeug haben können. Insgesamt gesehen kann im Hinblick auf die vorliegenden Mängel
nicht eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit angenommen werden, die nach § 459 Absatz
1 Satz 2 BGB außer Betracht zu bleiben hätte. Dabei konnte nicht unberücksichtigt bleiben, daß
der Kläger bereits kurze Zeit nach der Fahrzeugübergabe, die am 23.11.1979 erfolgt ist, einen Teil der
von dem Sachverständigen später festgestellten Mängel bei der Beklagten reklamiert und diese
entsprechenden Reparaturen vorgenommen hatte. So ergibt sich aus der Auftragsbestätigung der Beklagten vom
3.12.1979, daß der Kläger die Reparatur der von ihm beanstandeten sich lösenden Zierstreifen und
der undichten Heckklappe verlangt hatte. Auf Grund der Auftragsbestätigung der Beklagten vom 2.1.1980 steht
fest, daß der Beklagte bereits zu dieser Zeit beanstandet hatte, daß die Heckklappe undicht sei, das
Fahrzeug hinten schräg stehe und die Scheinwerferreflektoren zu erneuern seien. Wenn trotz der zweimaligen
Reparaturversuche der Beklagten die von dem Kläger gerügten Mängel nicht dauerhaft beseitigt werden
konnten, wie die Feststellungen des Sachverständigen anläßlich seiner Untersuchung des streitigen
Fahrzeugs am 12.11.1980 zeigen, dann beweist dies zur Überzeugung des Senats, daß der vorliegende
fabrikneue Pkw - jedenfalls insgesamt gesehen - mit Fehlern behaftet ist, welche das Wandelungsbegehren des
Klägers zu rechtfertigen vermögen. Die beantragte Beweiserhebung über weitere von dem Kläger
behauptete Fahrzeugmängel war deshalb nicht erforderlich und konnte unterbleiben.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die festgestellten Mängel waren bereits im maßgeblichen Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges
vorhanden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Dafür spricht einmal der Umstand, daß der Kläger schon wenige Tage nach Übergabe mehrere
noch von dem Sachverständigen festgestellte Mängel des Fahrzeuges bei der Beklagten gerügt hat.
Wegen dieser Mängel wie der undichten Heckklappe, dem Schrägstand des Fahrzeuges und den beschädigten
Reflektoren kann sich der Kläger bereits auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises stützen. Denn es
spricht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, daß der Wagen schon im maßgeblichen Zeitpunkt
der Übergabe diese Fehler hatte. Vorhanden ist ein Fehler in diesem Zeitpunkt nicht nur, wenn bei Übergabe
des Fahrzeuges die Gebrauchstauglichkeit gemindert ist, sondern nach allgemeiner Ansicht auch dann, wenn der
Mangel zu dieser Zeit "im Keime" vorliegt (Reinking/Eggert a.a.O. Randnummer 678).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Im übrigen weist die Klägerin zutreffend darauf hin, daß die Beklagte nach ihren AGB "die
Fehlerfreiheit des Kaufgegenstandes während der Dauer von 6 Monaten bis zu einer Gesamtfahrleistung von
10.000 km gewährleistet" und daß nach den Gewährleistungsbestimmungen der ... diese Frist
sogar zwölf Monate beträgt. Unabhängig davon, wie diese Bestimmungen rechtlich zu qualifizieren
sind (Garantievertrag, unselbständige Garantie, Gewährleistungszusage), ist auf Grund dieser AGB-Klauseln
zu vermuten, daß die Mängel zumindest "im Keime" zur Zeit des Gefahrüberganges vorhanden
waren, so daß insoweit die Darlegungs- und Beweislast für ein späteres Entstehen der festgestellten
Fehler nun die Beklagte trifft (Reinking/Eggert a.a.O. Randnummer 228, 229 mit weiteren Nachweisen; BGH BB 1961,
228 und NJW 1979, 645). Die Beklagte hat hierzu jedoch keinen Beweis angeboten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht hat das Landgericht für die von dem Sachverständigen festgestellten 7.265 km, die der
Beklagte insgesamt mit dem streitigen Fahrzeug gefahren ist, eine Nutzungsentschädigung von nur je 0,10 DM
vom Kaufpreis des Fahrzeuges in Höhe von 16.616,09 DM abgesetzt. In Anwendung der neueren Rechtsprechung des
Senats zur Höhe der Nutzungsentschädigung (vgl. auch OLG Hamm DAR 1980, 285) beläuft sich die
gemäß § 287 ZPO zu bemessende pauschale Nutzungsvergütung bei der Rückabwicklung eines
Kaufvertrages über einen Pkw bei einem Kaufpreis von mehr als 12.000,- DM in der Regel auf ein Hunderttausendstel
des auf volle tausend DM abgerundeten Kaufpreises pro gefahrenen Kilometer. Daher ergibt sich hier eine pauschale
Nutzungsentschädigung von 0,16 DM je km mit insgesamt 1.162,40 DM, die von dem Kaufpreis für das
vorliegende Fahrzeug abzusetzen und von dem Kläger zu tragen ist. Die begründete Klageforderung gegen
die Beklagte beläuft sich demnach, wie aus dem Tenor ersichtlich ist, auf 15.453,69 DM.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung ist aus §§ 284, 288 Absatz 1 BGB begründet.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsschutzinteresse gem. § 256 Absatz 1 ZPO für den Antrag des Klägers auf
sinngemäße Feststellung, daß sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Verzug
befindet, folgt aus § 756 ZPO. Insoweit kann die Frage offen bleiben, ob die Beklagte durch das Schreiben
des Klägers vom 11. März 1980 im Hinblick auf die darin erhobene Zuvielforderung überhaupt in
erster Instanz in Verzug geraten konnte (vgl. Palandt-Heinrichs § 284 Anm. 3 b). Der Antrag auf Feststellung
ist jedenfalls nunmehr begründet, da sich die Beklagte zumindest seit der Ermäßigung des Klageantrages
durch den Kläger auf die Höhe seiner berechtigten Forderung im Verzuge der Annahme mit der Rücknahme
des streitigen Fahrzeuges befindet (§§ 293, 295 BG).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Absatz 1, 269 Absatz 3 Satz 2, 708 Ziffer 10 ZPO.</p>
|
315,859 | ag-viersen-1981-09-10-13-f-6681 | {
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} | 13 F 66/81 | 1981-09-10T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:56 | 2019-03-27T09:42:02 | Urteil | ECLI:DE:AGVIE:1981:0910.13F66.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 27. Mai 1981 einen mo-natlichen Unterhaltsbeitrag von 463,64 DM, fällig im voraus bis jeweils zum 3. eines jeden Monats, zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin ¾, der Beklagte ¼ zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen des Unterhalts-rückstandes durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von 1.905,-- DM, wegen des laufenden Unterhaltes durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von jeweils 463,64 DM abzuwenden.</p>
<p></p>
<p>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten des Verfahrens durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages von 150,-- DM abzuwenden.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Eheleute. Sie haben am 22. Dezember 1972 miteinander die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, nämlich ........, geboren am ......... und ....., geboren am ................ Derzeit leben die Parteien voneinander getrennt. Zwischen ihnen schwebt vor dem erkennenden Gericht ein Ehescheidungsverfahren. Bereits im September 1979 nahm die Klägerin einen jungen Mann in die eheliche Wohnung auf und lebte mit ihm in einem Zimmer zusammen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Anfang November 1979 verließ die Klägerin mit den Kindern ohne vorherige Benachrichtigung des Beklagten die Wohnung, kam aber Mitte desselben Monats wieder in die Wohnung zurück.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ende Juni 1980 zog die Klägerin mit den gemeinsamen Kindern aus der ehelichen Wohnung zu einem anderen Mann namens......, mit dem sie nach ihrer eigenen Angabe einen Frankreichurlaub verbringen wollte. Der Beklagte beantragte daraufhin beim Familiengericht Viersen die Übertragung der elterlichen Sorge über die beiden gemeinsamen Kinder auf sich. Diesem Antrag wurde zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung stattgegeben. In der Folgezeit wechselte die Klägerin mit den Kindern häufig den Aufenthalt. So hielt sie sich unter anderem zeitweilig im Frauenhaus in Mönchengladbach auf, lebte in einer Wohngemeinschaft in Waldniel, sagte sich von ihrem Bekannten, dem Herrn ..... los, nachdem sie erfahren hatte, dass dieser mit Rauschgiftdelikten zu tun gehabt hat. Schließlich nahm sie, Anfang des Jahres 1981, eine neue abgeschlossene Wohnung und lebt sei dieser Zeit mit einem jungen Mann eheähnlich zusammen. Mit Entscheidung vom 27. Mai 1981 hat das erkennende Gericht im Wege der einstweiligen Anordnung der Klägerin die elterliche Sorge über die beiden Kinder für die Dauer der Trennung der Parteien übertragen. Diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht Düsseldorf auf die sofortige Beschwerde des Beklagten mit Beschluss vom 29. Juli 1981 bestätigt. Trotz des Verhaltens der Klägerin ist der Beklagte auch heute noch bereit, an der Ehe festzuhalten. Dies wird jedoch von der Klägerin entschieden abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten Unterhalt für die Dauer der Trennung der Parteien. Sie trägt vor, der Beklagte sei bei der Firma ...... beschäftigt und verdiene dort rund 4.000,-- DM netto im Monat. Der Beklagte zahle nur unzureichenden Unterhalt, er habe ihn zuletzt wiederum um 400,-- DM gekürzt. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ab dem 1. März 1981 bis spätestens zum 3. eines jeden Monats 1.332,82 DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klägerin mit der Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er behauptet, sein monatliches Bruttogehalt betrage 5.650,-- DM. Für die beiden Kinder bezahle er monatlich 650,-- DM. Durch seine weiteren Belastungen wie Lohnsteuer, Sozialversicherung, Krankenkassenbeiträge und verschiedene Darlehen sowie Werbungskosten wegen der Benutzung eines Autos sei er nicht in der Lage, der Klägerin den verlangten Unterhalt zu zahlen. Außerdem ist er der Auffassung, dass das Unterhaltsverlangen der Klägerin grob unbillig sei. Durch Vorlage einer Jahreslohnbescheinigung für das Jahr 1980 hat der Beklagte sein Einkommen nachgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivortrags wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1361 BGB kann die Klägerin bei Getrenntleben der Parteien grundsätzlich von dem Beklagten den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Bis zum 27. Mai 1981 besteht jedoch dieser Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht, weil bis dahin die Inanspruchnahme des Beklagten grob unbillig wäre (§§ 1579 Abs. 1 Nr. 4, 1361 Abs. 3 BGB). Nach den letztgenannten Bestimmungen kann die Klägerin den Beklagten auf Unterhalt nicht in Anspruch nehmen, wenn ein Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in § 1579 Abs. 1 Nr. 1 – 3 BGB aufgeführten Gründe und deshalb die Inanspruchnahme des Beklagten grob unbillig wäre. Diese Voraussetzungen, die nach § 1361 Abs. 3 BGB auch für den Unterhaltsanspruch zwischen getrennt lebenden Eheleuten gilt, sind vorliegend gegeben. Die Klägerin ist mit den beiden gemeinschaftlichen Kindern ohne Wissen und Willen aus der ehelichen Wohnung fortgezogen und hat sich einem anderen Mann zugewandt. In der Folgezeit hat sie mit den Kindern häufig ihren Aufenthalt gewechselt, ohne den Beklagten davon zu unterrichten, hat mit verschiedenen Männern Bekanntschaften unterhalten, hat zeitweilig in einer Wohngemeinschaft gewohnt und wohnt nunmehr seit Januar 1981 mit einem jungen Mann in einer Wohnung eheähnlich zusammen. Dieses Verhalten der Klägerin stellt ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten dar, dass eine Inanspruchnahme des Beklagten auf Zahlung von Unterhalt eine grobe Unbilligkeit wäre. Denn die Klägerin hat mit ihrem Verhalten sich nicht nur völlig von dem Beklagten losgesagt, sondern ihn gleichzeitig in der Ausübung seines Elternrechts gegenüber den beiden Kindern beschnitten. Es wäre demnach grob unbillig, wenn der Beklagte nunmehr verpflichtet wäre, der Klägerin, die mit einem anderen Mann in einem eheähnlichen Verhältnis zusammenlebt, Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwar ist nach § 1579 Abs. 2 BGB, der durch § 1361 Abs. 3 BGB auch für den Getrenntunterhalt Geltung hat, der Ausschlusstatbestand es § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht anzuwenden, solange und soweit von ihr wegen der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981 veröffentlicht in der Familienrechtszeitung 1981 Seite 745 ff. ist die Bestimmung des § 1579 Abs. 2 BGB dahin auszulegen, dass ein Unterhaltsanspruch nur dann besteht, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte ein Kind im Einverständnis des unterhaltsverpflichteten Ehegatten oder auf Grund einer gerichtlichen Sorgerechtsentscheidung betreut. Selbst in dieser Auslegung der Bestimmung ist letzte mit Artikel 2 I Grundgesetz insoweit nicht vereinbar, als die starre gesetzliche Regelung dem Gericht keine Möglichkeit lässt, den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls hinreichend gerecht zu werden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall bedeutet das, dass bis zur Entscheidung des Familiengerichts Viersen über die elterliche Sorge durch Beschluss vom 27. Mai 1981 die Klägerin von dem Beklagten wegen Vorliegen der Voraussetzungen der groben Unbilligkeit nach § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB keinerlei Unterhalt verlangen kann. Denn die Klägerin hat bis dahin weder mit Zustimmung des Beklagten die gemeinschaftlichen Kinder betreut, noch war ihr durch gerichtliche Entscheidung die elterliche Sorge über die gemeinschaftlichen Kinder übertragen. Vielmehr bestand bis zum 27. Mai 1981 eine gegenteilige gerichtliche einstweilige Anordnung, wonach dem Beklagten die elterliche Sorge über die beiden gemeinschaftlichen Kinder zustand.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach der Entscheidung über die elterliche Sorge zu Gunsten der Klägerin steht ihr gegenüber dem Beklagten nach Auffassung des Gerichts ein eigener Unterhaltsanspruch zu. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass auch seit diesem Zeitpunkt der Entscheidung über die elterliche Sorge die Voraussetzungen der groben Unbilligkeit nicht entfallen sind. Die beiden gemeinschaftlichen Kinder der Parteien sind jetzt 6 und 4 Jahre alt. Sie bedürfen daher der Pflege, Betreuung und Erziehung durch einen Elternteil. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Kinder nicht unter dem Fehlverhalten des sie betreuenden Elternteils leiden. Würde man den betreuenden Elternteil zur eigenen Arbeitstätigkeit zwingen, könnte er seiner Elternaufgabe nur noch unzureichend nachkommen. Somit dient der Unterhaltsanspruch des bedürftigen Ehegatten der Sicherung der Wahrnehmung seiner Elternverantwortung. Die Belange des Kindes sind gegenüber dem unterhaltsverpflichteten Elternteil grundsätzlich vorrangig. Sie müssen auch dann vorrangig bleiben, wenn der betreuende Elternteil unter den Voraussetzungen des § 1579 Abs. 1 BGB grundsätzlich von dem anderen Ehepartner keinen eigenen Unterhalt verlangen könnte. Denn es würde den Belangen eines Kindes widersprechen, wenn man einerseits einem Elternteil die elterliche Sorge zuspricht, diesem aber andererseits durch aufzwingen einer Erwerbstätigkeit die Ausübung der elterlichen Pflege und Betreuung des Kindes erschweren oder zeitweise ganz unmöglich machen würde. Denn schließlich wirkt die Entscheidung des Gerichts über die elterliche Sorge für und gegen beide Ehepartner gemeinsam. Muss somit der Beklagte im vorliegenden Fall die Entscheidung über die elterliche Sorge gegen sich gelten lassen, so entspricht es auch der Billigkeit, dass er dem betreuenden Elternteil durch Gewährung des entsprechenden Unterhalts die Wahrnehmung der Elternaufgabe ermöglicht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach alledem folgt, dass die Klägerin ab dem 27. Mai 1981 von dem Beklagten Unterhalt gemäß § 1361 BGB verlangen kann. Was die Höhe des Unterhaltsanspruchs anlangt, so ist das Gericht von der vorgelegten Jahreslohnbescheinigung der Firma ..... in .... vom 03. Juni 1981 ausgegangen. Danach hat der Beklagte im Jahre 1980 einen Jahresbruttolohn von 69.880,-- DM verdient, was einem monatlichen Bruttoeinkommen von 5.823,33 DM entspricht. Nach Abzug der monatlichen Lohnsteuer und Sozialversicherung von einmal 1.834,50 DM zum anderen 473,-- DM verbleibt dem Beklagten ein monatliches Nettoeinkommen von 3.315,83 DM. Hiervon kann der Beklagte nach seinem unstreitigen Vorbringen folgende Beträge abziehen. 199,-- DM Krankenkassenbeiträge für die DAK, 12,00 DM Krankengeld-Tageversicherung, 246,-- DM Zinsen für aus der Ehe resultierende Bankschulen, weiter 100,-- DM für einen restlichen Bankkredit von 8.000,-- DM, 327,-- DM wegen Rückzahlung eines Autokredits bis August 1982, sowie 50,-- DM Rückzahlung eines Studiendarlehns von ursprünglich 7.000,-- DM, das derzeit von 2.800,-- DM beträgt. Schließlich kann der Beklagte weitere 350,-- DM berufsbedingte Aufwendungen wegen der Betriebskosten des Pkw absetzen, mit dem er täglich von Viersen-Dülken, zu seiner Arbeitsstelle nach Rheinhausen fährt. Dagegen kann der Beklagte eine einmalig nachzuzahlende Lohnsteuer von 574,-- DM sowie 35,-- DM für Privathaftpflichtversicherung und Rechtsschutzversicherung und schließlich weitere geltend gemachte 270,-- DM für Tilgung und Zinsen einer Grundschuld seines Hauses Dammstraße nicht absetzen. Bei der nachzuzahlenden Lohnsteuer handelt es sich um einen einmaligen Nachzahlungsbetrag, der das monatliche Einkommen des Beklagten nicht regelmäßig mindert. Der Betrag für die Privathaftpflichtversicherung und Rechtsschutzversicherung gehört zum Lebensunterhalt ebenso wie der Betrag von 270,-- DM Tilgung und Zinsen für eine Grundschuld des eigenen Hauses, den der Beklagte selbst anstelle von Miete angibt. Denn auch die Mietzahlung gehört zum normalen Lebensbedarf. Nach Abzug der vorgenannten Beträge sowie nach Abzug weiterer 650,-- DM an Kindesunterhalt, den der Beklagte unstreitig zahlt, verbleibt ihm monatlich ein anrechenbares Nettoeinkommen von 1.581,83 DM. Demgegenüber muss sich die Klägerin ein fiktives Einkommen in Höhe von 500,-- DM anrechnen lasen, da sie mit einem anderen Mann eheähnlich zusammen wohnt, ihn also voll versorgt. Danach ergibt sich ein Differenzbetrag von 1.081,83 DM. Hiervon kann die Klägerin 3/7, das sind 463,64 DM an Unterhalt verlangen. Zusammen mit ihrem fiktiven Einkommen von 500,-- DM hat die Klägerin alsdann monatlich 963,64 DM zur Verfügung, also gerade etwas mehr als den notwendigen Unterhalt. Dieser Betrag ermöglicht es ihr, keine eigene weitere Erwerbstätigkeit aufzunehmen und sich so voll der Betreuung und Erziehung der beiden gemeinschaftlichen Kinder zu widmen. Dem beklagten Ehemann verbleiben nach Zahlung des Betrages von 463,64 DM ein Betrag von 1.118,19 DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 8, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 15.993,84 DM.</p>
|
315,860 | olgham-1981-08-06-4-uf-23581 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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} | 4 UF 235/81 | 1981-08-06T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:58 | 2019-03-27T09:42:01 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0806.4UF235.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1) Die Sache wird auf Antrag des Beteiligten zu 1) zur Feriensache erklärt.</p>
<p></p>
<p>2) Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die in Ziff. III des Beschlußtenors enthaltene Beschränkung des Umgangsrechts entfällt, wonach Besuche der Kinder heim Vater nicht in Anwesenheit von Frau XXX durchgeführt werden dürfen. Die Beteiligte zu 2) hat dem Beteiligten zu 1) die durch das erstinstanzliche Verfahren entstandenen- außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.</p>
<p></p>
<p>3) Der Beschwerdewert wird auf 3.000,-- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kinder XXX und XXX sind eheliche Kinder aus der am 18.6.1969 geschlossenen und durch Verbundurteil vom 19.7.1979 - 175 F 75/73 AG Dortmund - geschiedenen Ehe der Beteiligten zu 1) und 2). Die elterliche Sorge ist durch das genannte Verbundurteil im Einverständnis mit dem Vater der Mutter übertragen worden. Das Umgangsrecht des Vaters ist im Scheidungsverbundverfahren nicht geregelt worden, nachdem beide Eltern ihre einverständliche Absicht bekundet hatten, dem Vater wie bisher ein großzügiges Umgangsrecht ohne gerichtliche Festlegung zu gewähren. Entsprechend dieser Absicht hat der Vater umfangreichen Besuchsverkehr mit den Kindern gepflegt und auch einen Sommerurlaub im Jahre 1980 mit ihnen verbracht. Nach diesem in der Zeit vom 11. bis 26. Juli 1980 verbrachten Urlaub in der Schweiz hat die Mutter dem Vater weiteren Besuchsverkehr mit der Begründung verwehrt, beide Kinder seien verstört aus dem Sommerurlaub gekommen und litten z. Zt. unter solchen Angstzuständen, daß sie nur noch bei der Mutter schlafen wollten. XXX habe zudem vor einem an der Wand hängenden Rembrandt-Bild, welches ein Männerporträt darstellt, solche Angst entwickelt, daß die Mutter dieses Bild habe abnehmen müssen. Der Grund dieser Veränderung sei nicht bekannt. Die Mutter müsse jedoch vermuten, daß die Angstzustände damit zusammenhingen, daß der Vater sich während dieses Urlaubs mit der ihn begleitenden Frau XXX morgens im Bett im Beisein der Kinder "vergnügt" habe. Im Anschluß an diese Weigerung der Mutter erstrebt der Vater in dem vorliegenden Verfahren nunmehr die Einräumung eines monatlichen Wochenendbesuchsrechts der Kinder in der Zeit von Freitagabend "bis Sonntagabend sowie des Rechts, die Kinder in den Sommerferien für 2 Wochen mit in Urlaub nehmen zu dürfen. Zur Begründung dieser Anträge hat er darauf hingewiesen, daß er immer ein sehr enges und gutes Verhältnis zu den Kindern gehabt habe und auch der Sommerurlaub 1980 im Beisein einer langjährigen Bekannten beider Eltern sehr harmonisch verlaufen sei. Diese Bekannte, Frau XXX, habe die Kinder schon während bestehender Ehe im Einverständnis mit der Mutter wiederholt längere Zeiten betreut, wenn die Mutter in Urlaub gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Verlaufe des Verfahrens hat die Mutter schließlich dem vom Vater erstrebten Umfang der Verkehrsberechtigung unter der Bedingung zugestimmt, daß das Verkehrsrecht nicht im Beisein von Frau XXX ausgeübt werde. Zur Begründung dieser Einschränkung hat sie vorgetragen, Frau XXX habe die Ehe zerstört, das sei den Kindern bekannt. Zudem habe XXX erzählt, während des Urlaubs in der Schweiz habe er morgens gesehen, wie der Vater mit Frau XXX im Bett gelegen und man sich geküßt habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat beide Eltern und die Kinder persönlich angehört sowie Berichte der Jugendämter Dortmund und Stuttgart eingeholt. Wegen des Ergebnisses dieser Ermittlungen wird auf die Jugendamtsberichte vom 22.10.1980 und 8.12.1980 sowie die Sitzungsniederschriften vom 17.2. und 6.4.1981 Bezug genommen. Die Kinder haben den Wunsch geäußert, zwar mit ihrem Vater, aber ohne Frau XXX in den Urlaub fahren zu können. Als Begründung dieses Wunsches haben sie angeführt, Frau XXX verlange immer Sachen von ihnen, die sie nicht wollten, so müßten sie immer alles aufessen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat sodann durch den angefochtenen Beschluß dem Vater ein Verkehrsrecht mit den Kindern an einem Wochenende jeden Monats in der Zeit von Freitagabend bis Sonntagabend sowie für 2 Ferienwochen in den Sommerferien jeweils mit der Maßgabe eingeräumt, daß die Besuche der Kinder nicht in Anwesenheit von Frau XXX erfolgen. Zur Begründung dieser Einschränkung hat das Amtsgericht ausgeführt, das Gericht habe die Überzeugung gewonnen, daß die Anwesenheit von Frau XXX nicht dem Wohle der Kinder entspreche. Es handele sich um eine frühere gemeinsame Bekannte beider Eltern, die nunmehr mit dem Vater eng befreundet sei. Daher könnten die Kinder den Eindruck gewinnen, Frau XXX sei die Ursache der Scheidung ihrer Eltern, zumal sie miterlebten, daß der Vater mit ihr ein Zimmer teile. Möglich sei auch, daß die Kinder sich durch Frau XXX zurückgesetzt fühlten, da er sich bei ihrer Anwesenheit nicht ausschließlich den Kindern widmen könne. Zu bedenken sei ferner, daß die Kinder durch die Trennung noch emotional erschüttert seien.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Wegen diese, den Verfahrensbevollmächtigten des Vaters am 12.5.1981 zugestellte Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Vaters, mit der er den Wegfall der Einschränkung erstrebt, das Verkehrsrecht nicht in Anwesenheit von Frau XXX ausüben zu dürfen. Zur Begründung seines Rechtsmittels führt er unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Es sei nicht richtig, daß die Kinder noch wesentlich unter den Folgen der Scheidung litten. Sie hätten die Trennung der Eltern verkraftet und hingen am Vater und hätten ein gutes Verhältnis zu Frau XXX Grund der Scheidung sei nicht Frau XXX, sondern der Umstand, daß die Mutter sich einem anderen Manne zugewandt habe. Da Frau XXX beiden Eltern seit November 1977 eng vertraut sei, habe die Mutter, gar ihr gegenüber im März 1978 erstmals die Absicht geäußert, sich scheiden zu lassen, weil sie einen anderen Mann kennengelernt habe.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Vater beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den angefochtenen Beschluß insoweit aufzuheben, als ihm in Ziff. III des Beschlußtenors ein Verkehrsrecht nur mit der Maßgabe bewilligt wird, daß die Besuche nicht in Anwesenheit von Frau XXX durchgeführt werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Mutter beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie meint, die vom Amtsgericht angeordnete Einschränkung des Verkehrsrechts sei gerechtfertigt, solange es dem Vater nicht gelinge, die Vorbehalte der Kinder gegenüber Frau XXX durch einfühlsame Beeinflussung abzuhauen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat einen ergänzenden Bericht des Jugendamtes Dortmund eingeholt. Das Jugendamt vertritt die Meinung, der Wunsch der Kinder, die seltenen Besuche beim Vater nicht mit einer anderen Frau teilen zu müssen, sei verständlich und sollte respektiert werden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach diesem Sachverhalt ist der nach § 621 e ZPO zulässigen Beschwerde des Vaters der Erfolg nicht zu versagen. Denn die von der Mutter vorgetragenen Umstände rechtfertigen nicht die erstrebte Einschränkung des Verkehrsrechts.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es entspricht zu Recht herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. vor allem BGHZ 51, 219 ff. m.w.N., ferner: Weber, FamRZ 1973, 285; KG, FamRZ 1978, 729 f; die Entscheidung des 1. Familiensenats des OLG Hamm vom 22.7.1977 - 1 WF 156/77 - und 10.10. 1977 - 1 UF 260/77), daß die Ausübung und Ausgestaltung des dem nicht-sorgeberechtigten Elternteil nach § 1634- BGB zustehenden Umgangsrechts grundsätzlich nicht an Bestimmungen des sorgeberechtigten Elternteils gebunden ist; sondern das Verkehrsrecht des einen Teiles dem Sorgerecht des anderen Elternteiles als selbständiges Recht gegenübersteht und dieses einschränkt (BGH a.a.O. S. 221). Das bedeutet, daß das dem Vater zustehende Umgangsrecht einschränkenden Bestimmungen, wie die Mutter sie vorliegend erstrebt, nur dann unterworfen werden darf, wenn der Zweck des Verkehrsrechts hierdurch nicht über Gebühr eingeschränkt wird und das Wohl der Kinder diese Beschränkung erfordert. Das ist hier nicht der Fall. Der Ausschluß einer, dritten Person von der Anwesenheit bei Ausübung des Besuchsverkehrsrecht kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn Tatsachen in dieser Person oder in ihrem Verhalten einen solchen Ausschluß bieten (Weber a.a.O., Soergel-Lange, 10. Aufl. Anm. 19 zu § 1634 BGB). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Frau XXX kennt die Kinder seit langem gut und war sogar mit Wissen der Mutter schon während bestehender Ehe zur Betreuung der Kinder hinzugezogen worden. Daß XXX im Anschluß an den Sommerurlaub 1980 berichtet haben soll, der Vater und Frau XXX hätten morgens im Bett gelegen und sich "geknutscht", gibt keinen Anlaß, die Anwesenheit von Frau XXX bei Besuchen zu verbieten. Bloße Zärtlichkeiten im Beisein der Kinder gefährden nicht deren Wohl. Daß durch die von der Mutter erstrebte Scheidung der früheren Familienverband aufgehoben ist und beide Eltern nunmehr Freiheit gewonnen haben, sich einem anderen Partner zuzuwenden und daß ferner der Vater nach Scheidung nicht mehr mit gleicher Ausschließlichkeit für die Kinder zur Verfügung steht wie vor der Scheidung, ist eine Scheidungsfolge. Die Erkenntnis dieser Scheidungsfolgen kann den Kindern nicht erspart werden. Vielmehr ist es gerade Erziehungsaufgabe der sorgeberechtigten Mutter, den Kindern diese Realitätserkenntnis zu vermitteln. Soweit dem Bericht des Jugendamts vom 7.7.1981 zu entnehmen ist, daß sich die Kinder dagegen wehren, den Vater an den beschränkten Besuchstagen mit anderen Personen teilen zu müssen, so zeigt dieser Umstand einen - wenn auch verständlichen - Einsichtsmangel in die nicht vermeidbaren Scheidungsfolgen, der nicht durch die Schaffung beider, mit der Realität nicht in Einklang stehender Schonräume, sondern allein durch erzieherische Einflußnahme der Mutter erhoben werden kann und muß. Sonstige Bedenken gegen die Person von Frau XXX sind nicht ersichtlich. Die Mutter selbst schildert Frau XXX als sehr liebenswürdig, auch XXX soll (vgl. Protokoll v. 17.2.1981) geäußert haben, Frau XXX sei immer sehr nett. Soweit die Kinder bei ihrer Anhörung geäußert haben, sie wollten lieber mit dem Vater allein in Urlaub fahren und als Grund hierfür angeführt haben, Frau XXX verlange zuweilen Sachen von ihnen, die sie nicht wollten, so müßten sie immer alles aufessen, sind das so kindliche Vorbehalte, daß eine Ausschließung von Frau XXX sehr tief insbesondere in die Urlaubsgestaltung des Vaters eingreifen müßte, nicht gerechtfertigt ist. Vielmehr haben sich die Kinder insoweit der neugeschaffenen Realität anzupassen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Soweit letztlich die Mutter die ursprünglich erstrebte zeitlich begrenzte Aussetzung jeden Besuchsverkehrs mit angeblichen Ängsten der Kinder begründet hatte, hält sie diese Bedenken nicht mehr aufrecht, nachdem sie dem erstrebten Verkehrsrecht auch hinsichtlich der Ferienbesuche zugestimmt hat. Nach Meinung des Senats war auch der Vortrag der Mutter nicht geeignet, einen zuverläßlichen Hinweis darauf zu geben, daß die von ihr beschriebenen Vorfälle (Wunsch der Kinder, in ihrem Schlafzimmer zu übernachten und angeblicher Angst des damals 10-jährigen vor einem Rembrandt-Bild) auf dem Besuchsverkehr mit dem Vater beruhten.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG. Da die Mutter mit insgesamt nicht beachtlichen Gründen die Fortführung des früher einverständlich gehandhabten Verkehrsrechts verhindert und hierdurch Anlaß für das vorliegende Verfahren gegeben hat, entspricht die angeordnete Kostenerstattung für den ersten Rechtszug dem Gebot der Billigkeit. Das gilt indes nicht mehr für das Beschwerdeverfahren.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Bei der Festsetzung des Beschwerdewertes ist wertmindernd berücksichtigt worden, daß nicht das Umgangsrecht schlechthin Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gewesen ist, sondern nur eine Nuance seiner tatsächlichen Ausgestaltung.</p>
|
315,861 | lg-krefeld-1981-07-30-5-o-30381 | {
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"name": "Landgericht Krefeld",
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} | 5 O 303/81 | 1981-07-30T00:00:00 | 2019-03-13T15:15:59 | 2019-03-27T09:42:01 | Urteil | ECLI:DE:LGKR:1981:0730.5O303.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Hinsichtlich der Antragsgegner zu 1) und 3) ist die Hauptsache erledigt.</p>
<p></p>
<p>Hinsichtlich der Antragsgegner zu 2), 4) und 5) wird die einstweilige Verfügung des Amtsgerichtes Krefeld vom 10. Juni 1981 - 5 C 379/81 - aufgehoben und der nunmehr gestellte Feststellungsantrag zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin haben die Antragstellerin 8/9 und die Antragsgegner zu 1) und 3) als Gesamtschuldner 1/9 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) werden der Antragstellerin auferlegt. Die gemeinsamen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner haben jedoch die Antragstellerin und die Antragsgegner zu 1) und 3) je zur Hälfte zu tragen. </p>
<p>Ihre besonderen außergerichtlichen Kosten haben die Antragsgegner zu 1) und 3) selbst zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100,-- DM abwenden, falls nicht die Antragsgegnrinnen zu 2) und 4) vor Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Hausgrundstücke S-str. 01 und 03 in Krefeld. Sie beabsichtigt, in Zukunft die beiden derzeit leerstehenden Gebäude im Rahmen des sich im Planungsstadium befindlichen Neubaus einer Turnhalle für das benachbarte C-Gymnasium unter teilweiser Erhaltung der Bausubstanz in den Turnhallen-Komplex einzubeziehen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Seit den Abendstunden des 5.6.1981 hielten unbekannte Personen, unter ihnen auch die Antragsgegner zu 1) und 3), die Häuser gegen den Willen der Antragstellerin besetzt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf den Antrag der Antragstellerin hin hat das Amtsgericht Krefeld am 10.6.1981 eine einstweilige Verfügung erlassen, in der den namentlich benannten Antragsgegnern zu 1) bis 4) sowie den unter Ziff. 5) aufgeführten seinerzeit "noch unbekannten Personen" aufgegeben wird, die Räumlichkeiten der Häuser der Antragstellerin unverzüglich zu räumen. Gleichzeitig wurde der Antragstellerin eine Frist bis zum 24.6.1981 gesetzt, innerhalb der sie beim Gericht der Hauptsache die Ladung der Antragsgegner zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung zu beantragen habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am 19./20.6.1981 wurde die einstweilige Verfügung den Antragsgegnern zu 1) bis 4) sowie weiteren 14 Personen zugestellt, die die Antragsgegnerin in diesem Verfahren nachträglich als die in Ziff. 5) der einstweiligen Verfügung erwähnten "unbekannten Personen" namentlich benannt hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Inzwischen sind die Häuser geräumt worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin behauptet: Auch die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) seien an der Besetzung der Häuser beteiligt gewesen. Am 11.6.1981 hätte durch einen von ihr beauftragten Architekten eine Besichtigung des Hauses vorgenommen werden sollen. Zur Glaubhaftmachung dieser Behauptungen sowie ihres übrigen Vorbringens bezieht sie sich auf die eidesstattliche Versicherung des Stadtoberrechtsrats Dr. L und beantragt weiterhin die Beiziehung der einschlägigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat mit dem am 23.06.1981 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz die Ladung der Antragsgegner zu 1) bis 4) zur mündlichen Verhandlung zum Zwecke der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der erlassenen einstweiligen Verfügung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In Übereinstimmung mit den Antragsgegnern zu 1) und 3) hat sie nunmehr die Hauptsache für erledigt erklärt. Im übrigen beantragt sie,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">festzustellen, dass die Hauptsache erledigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) widersprechen der Erledigungserklärung und beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">den Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 10.6.1981 bezüglich der Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) aufzuheben und en Antrag zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, an der Besetzung der Häuser nicht teilgenommen zu haben und beziehen sich zur Glaubhaftmachung auf ihre eidesstattlichen Versicherungen vom 16.7.1981.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegner zu 1) und 3) sind der Ansicht, ihre Teilnahme an der Besetzungs-Aktion sei moralisch und politisch zu rechtfertigen, was im einzelnen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin hinsichtlich der gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) gerichteten einstweiligen Verfügung die Hauptsache einseitig für erledigt erklärt hat, handelt es sich um eine sachdienliche und auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zulässige Änderung des Antrags in ein Feststellungsbegehren, das darauf gerichtet ist, die Erledigung der Hauptsache festzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dieses gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) gerichtete Feststellungsbegehren ist nicht begründet. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) der geltend gemachte Verfügungsanspruch gemäß den §§ 935, 940 ZPO in Verbindung mit §§ 861, 985 BGB ursprünglich zugestanden hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zwar hat die Antragsgegnerin behauptet, auch die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) seien an der Besetzung der Häuser beteiligt gewesen. Zudem hat der Stadtoberrechtsrat Dr. L in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 10.6.1981 bekundet, nach Auskunft der Krefelder Polizei seien die Antragsgegner zu 1) bis 4) sowie ca. 30 weitere Personen an der Hausbesetzung beteiligt gewesen. Die Auskunft der Polizei ist aber nicht im mindesten konkretisiert und belegt. Sie mag zwar indiziell die Behauptung der Antragstellerin stützen. Nach Auffassung der Kammer reicht diese allgemeine Behauptung allein jedoch nicht aus, um mit dem zur Glaubhaftmachung hinreichenden, aber auch notwendigen Grad der Wahrscheinlichkeit eine Beteiligung der Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) an der Hausbesetzung festzustellen, zumal die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) an Eides Statt versichert haben, zu keinem Zeitpunkt an der Besetzung der fraglichen Häuser beteiligt zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ihrer prozessualen Pflicht zur Glaubhaftmachung hat die Antragstellerin auch nicht durch ihren in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag auf Beiziehung der einschlägigen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten genügt, deren Aktenzeichen sie nicht einmal anzugeben vermochte. Nach § 294 Abs. 2 ZPO sind zur Glaubhaftmachung unter anderem nur sofort erreichbare Beweismittel statthaft. Die nicht näher benannten Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft waren aber nicht sofort erreichbar. Zur Beiziehung hätte es eines förmlichen Ersuchens an die Staatsanwaltschaft bedurft, die dann über die Gewährung der Aktenübersendung unter Abwägung der berechtigten Interessen des ersuchenden Zivilgerichts mit dem öffentlichen Ermittlungsinteresse nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden gehabt hätte. Dieser Weg ist aber in der mündlichen Verhandlung des Rechtfertigungsverfahrens über die einstweilige Verfügung ohne vorbereitende Maßnahmen nicht mehr gangbar.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache war demnach zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung aufzuheben, soweit sie sich gegen die Antragsgegnerinnen zu 2) und 4) richtet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Auch soweit die Antragstellerin gegen die unter Ziff. 5) der einstweiligen Verfügung als "unbekannt" bezeichneten Personen eine Rechtfertigung erstrebt, ist ihr Antrag nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Denn der von der Antragstellerin am 10.6.1981 gestellte Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung war insoweit mangels vollständiger und hinreichend bestimmter Bezeichnung der Antragsgegner zu 5) unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Antrag richtete sich gegen die seinerzeit noch "unbekannten Personen, welche zusätzlich zu den Personen zu 1) bis 4) die Räumlichkeiten der Häuser Steinstraße 01 und 03 in Krefeld besetzt hielten und den Zutritt durch Berechtigte der Eigentümerin verhinderten". Diese Kennzeichnung reichte nicht aus, um die nach § 253 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO notwendige Bezeichnung der Antragsgegner als ausreichend erscheinen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Dieses Erfordernis ist in der Regel nur dann erfüllt, wenn die Partei namentlich bezeichnet ist. Hiervon sind allerdings Ausnahmen denkbar, ohne dass dies dem Wortlaut, Sinn und Zweck des § 253 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO zuwider liefe. Denn nach dieser Norm ist lediglich zwingend vorgeschrieben, <u>dass</u> aber nicht <u>wie</u> die Parteien in der Klage- bzw. Antragsschrift zu bezeichnen sind. Zwar soll dies gem. §§ 253 Abs. 4 , 130 Ziff. 1 ZPO durch Angabe von Name, Gewerbe oder Stand und Wohnort geschehen. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine Ordnungsvorschrift, die eine andere, denselben Zweck erfüllende Kennzeichnung der Partei nicht ausschließt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Unbedingt notwendig ist allerdings, dass die Partei so klar bezeichnet ist, dass keine Zweifel an ihrer Identität oder Stellung aufkommen können und die betroffene Partei sich für jeden Dritten ermitteln lässt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die gilt nach Auffassung der Kammer grundsätzlich auch in den Fällen, in denen eine Partei aufgrund besonderer Umstände namentlich nicht bezeichnet werden kann, etwa weil sie sich weigert, ihren Namen anzugeben oder sich seiner Feststellung entzieht. Diese Möglichkeit, einen Anspruch gegen "Unbekannt" gerichtlich durchzusetzen, muss jedoch da ihre Grenze finden, wo die Identität der Partei überhaupt nicht mehr feststellbar ist und sich bei Würdigung der Gesamtumstände auch nicht durch Auslegung der Klage- bzw. Antragsschrift ermitteln lässt. Als eindeutiges Auslegungskriterium kann z.B. in Betracht kommen, dass die Zahl der nicht namentlich benannten Personen, ihr Tätigkeitsbereich und ihr derzeitiger Aufenthaltsort feststehen. Es muss nur gewährleistet sein, dass sie sich dadurch eindeutig und unverwechselbar von der Vielzahl anderer Personen abgrenzen lassen (vgl. Raeschke-Kessler, NJW 1981, 663 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend hat das Landgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 17.10.1980 (- 8 O 508/80 – wiedergegeben bei Raeschke-Kessler a.a.O.) eine einstweilige Verfügung erlassen gegen "derzeit unbekannte Personen, die gegenwärtig auf zwei schwimmenden Rettungsinseln an den Dalben der Verladebrücke der Antragstellerin bei Rhein-Strom-Kilometer X die unbehinderte Zu- und Abfahrt von Schiffen zu dieser Verladebrücke stören". Hier waren die namentlich unbekannten Personen eindeutig abzugrenzen. Die Zahl der auf den Rettungsinseln befindlichen Personen war konstant und auch deren Aufenthaltsort so geartet, dass nicht jederzeit andere Personen hinzukommen und wiederum andere sich entfernen konnten.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat das Landgericht Hannover in einem "Hausbesetzer"-Fall (NJW 1981, 1455) den Erlass einer einstweiligen Verfügung "gegen eine wechselnde Anzahl von etwa 20 bis 100 derzeit unbekannte Personen..." abgelehnt, weil die Betroffenen aufgrund des ständigen Wechsels der Personen in dem besetzten Haus nicht hinreichend bestimmt waren.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Bei Hausbesetzungen ist die Situation nämlich grundlegend anders als in dem vom Landgericht Düsseldorf entschiedenen Fall. Schon aufgrund der örtlichen Verhältnisse ist es jederzeit möglich, dass die sich im besetzten Haus aufhaltenden Personen ständig wechseln, so dass die Eingrenzung der Personen, gegen die sich die gerichtliche Maßnahme richten soll, schwierig wird.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dennoch bleibt die Antragstellerin keineswegs ohne Rechtsschutz. Zum einen ist vor Beantragung der einstweiligen Verfügung durchaus die Möglichkeit gegeben, die Polizei um die Feststellung der Personalien der Hausbesetzer zu ersuchen, die in besonderen Fällen auch zum Schutz privater Rechte zur Personenfeststellung berechtigt ist. Aber selbst wenn das nicht weiterhilft, z.B. weil die Polizei ihr Ermessen dahingehend ausgeübt hat, im Einzelfall nicht einzugreifen, gibt es eine weitere Möglichkeit, den Kreis der Betroffenen einzugrenzen. Diese liegt bei derartigen "Hausbesetzer-Fällen" darin, dass der jeweilige Antragsteller durch eigene Maßnahmen – gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Polizei – vorübergehend, nämlich für den Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung, sicherstellt, dass kein Wechsel innerhalb der Gruppe der Hausbesetzer stattfindet, insbesondere keine weitere Person das besetzte Haus betritt. Um dabei tatsächlichen Schwierigkeiten begegnen zu können und rechtliche Bedenken nicht aufkommen zu lassen, sollte die vorübergehende personelle Einkreisung der Besetzer bis auf ein zeitliches Mindestmaß beschränkt werden. Wenn in diesem Moment der Abgrenzbarkeit der Betroffenen von der unbestimmten Vielzahl der Personen die gerichtliche Verfügung gegen die nicht identifizierten, aber bestimmten Personen durch den sich in der Nähe der Örtlichkeit befindlichen zuständigen Richter erlassen und dann sofort durch den ebenfalls anwesenden Gerichtsvollzieher zugestellt (vollzogen) würde, wären Bedenken gegen den Grundsatz der Bestimmtheit der Betroffenen ausgeräumt. Denn dann wäre klargestellt, dass nicht beliebige Personen als Adressaten der gerichtlichen Maßnahme in Frage kommen, sondern genau die Personen gemeint sind, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung im besetzten Haus aufhalten.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">In einem derartigen Fall ergäben sich auch keine tatsächlichen und rechtlichen Probleme hinsichtlich des Vollzugs bzw. der Vollstreckung der einstweiligen Verfügung. Zwar muss gemäß § 191 Ziff. 3 ZPO in der Zustellungsurkunde wiederum die Partei, an die zugestellt werden soll, bezeichnet sein. Diese Voraussetzung dürfte jedoch in den hier in Rede stehenden Fällen in gleicher Weise erfüllt sein, wie dies hinsichtlich der einstweiligen Verfügung selbst der Fall ist. Soweit § 17 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher für die Parteibezeichnung die Angabe von Name, Beruf, Wohnort und Wohnung vorschreibt, handelt es sich – ebenso wie bei § 130 Ziff. 1 ZPO – um eine bloße Ordnungsvorschrift, so dass es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Zustellung ausreichend ist, dass dem Empfänger ermöglicht wird, sich zuverlässig Kenntnis von dem Inhalt des zugestellten Schriftstücks zu verschaffen (BGH NJW 1965, 104; OLG Hamm NJW 1976, 2026). Für die Zustellung wäre es insoweit auch ausreichend, wenn der Gerichtsvollzieher die einstweilige Verfügung am Ort des Geschehens den anwesenden Hausbesetzern übergibt (§§ 170, 180 ZPO) oder sie im Falle der Annahmeverweigerung am besetzten Haus in geeigneter Weise zurücklässt (§ 186 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Wie sich in der mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, hielten sich während der Besetzung keineswegs immer die gleichen Personen in den besetzten Häusern der Antragstellerin auf. Vielmehr fand in den Häusern ein einziges Kommen und Gehen statt, so dass die Zahl der Besetzer ständig wechselte. Zahlreiche Personen hielten sich nur zeitweise in den Häusern auf, etwa um diese zu "besichtigen" oder ihre Solidarität mit den Besetzern zu bekunden. Dieser stetige Wechsel unter den Hausbesetzern ergibt sich zudem auch aus dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin, die zunächst bei der Beantragung der einstweiligen Verfügung von "ca. 30 weiteren Personen" sprach, schließlich aber nur 14 Personen nachträglich namentlich benannte, weil diese offensichtlich bei der Räumung der Häuser angetroffen worden waren. Unter den beschriebenen Umständen kann sogar nicht einmal mit Sicherheit festgestellt werden, ob und ggf. wie viele und welche dieser 14 nachträglich benannten Personen zu den in der Antragsschrift bezeichneten "Unbekannten" gehört haben. Dies gilt um so mehr, weil die am 10.6.1981 beantragte und auch erlassene einstweilige Verfügung erst am 19. und 20.06.1981 den nunmehr namentlich bekannten Personen zu Ziff. 5) der einstweiligen Verfügung zugestellt worden ist. Bei einer solchen Situation kann hinsichtlich der in Ziff. 5 der Antragsschrift vom 10.6.1981 genannten "unbekannten Personen" nicht festgestellt werden, gegen wen sich die einstweilige Verfügung richten sollte. Wegen dieser Unbestimmtheit der Parteibezeichnung ward er Antrag unzulässig, soweit er gegen "Unbekannt" gerichtet war. Die einstweilige Verfügung war deshalb insoweit aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegner zu 1) und 3) richtet, haben die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt. Insoweit ist folglich über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt zur teilweisen Auferlegung der Kosten auf die Antragsgegner, da diese ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wären.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Ihnen gegenüber war die einstweilige Verfügung zu Recht ergangen. Insoweit hat die Antragstellerin gemäß §§ 935, 940 ZPO in Verbindung mit §§ 861m 985 BGB einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin konnte von den Antragsgegnern zu 1) und 3) nach § 861 Abs. 1 BGB die Wiedereinräumung des Besitzes an den Hausgrundstücken verlangen. Der Anspruch ist auf die Herstellung des besitzrechtlichen Zustandes vor der Besitzentziehung gerichtet. Anspruchsberechtigt ist der bisherige unmittelbare Besitzer. Dieser war bis zur Hausbesetzung die Antragstellerin, die allein die tatsächliche, von ihrem Willen getragene Sachherrschaft an den Hausgrundstücken ausübte.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Diesen Besitz haben ihr die Antragsgegner zu 1) und 3) durch verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB entzogen. Durch die von ihnen vorgenommene Hausbesetzung haben sie die Sachherrschaft der Antragstellerin an den Hausgrundstücken ohne deren Willen vollständig und andauernd beseitigt.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Besitzentziehung war auch nicht etwa etwa durch Gesetz gestattet. Denn den Antragsgegnern zu 1) und 3) stand weder ein Selbsthilferecht im Sinne des § 859 Abs. 3 BGB zu, noch war die Hausbesetzung durch andere gesetzliche Vorschriften erlaubt.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus hatte die Antragstellerin als Eigentümerin der fraglichen Grundstücke gegen die Antragsgegner zu 1) und 3) einen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Soweit sich die Antragsgegner zu 1) und 3) auf die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) berufen, rechtfertigt dies im vorliegenden Fall in keiner Hinsicht die Besetzung der Häuser. Fraglich ist schon, ob dem Grundrecht des Artikels 14 GG, einschließlich der dort verankerten Sozialgebundenheit des Eigentums, überhaupt eine Drittwirkung im Privatrechtsbereich zukommen kann. Aber abgesehen von dieser Problematik, die hier nicht entschieden zu werden braucht, hat die Antragstellerin nicht gegen den Grundsatz verstoßen, dass der Gebrauch des Eigentums auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll. Sie plant unwidersprochen im Bereich der zur Zeit leerstehenden Häuser den Bau einer Turnhalle für das benachbarte C-Gymnasium, wobei die Gebäude teilweise abgerissen und zum Teil nach einem Umbau in den Turnhallenkomplex einbezogen werden sollen. Das ist durchaus eine sinnvolle, dem Gemeinwohl dienende Nutzung der Grundstücke. Zwar mag diese Planung bisher infolge der Haushaltssituation nicht so zügig einer Realisierung näher gekommen sein, wie dies vielleicht wünschenswert wäre. Die Eigentumsbindungsgrenze ist dadurch aber nicht überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Auch ein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO war gegeben. Denn die Durchsetzung des Rechts im Eilverfahren war zur Abwendung der Gefährdung der Interessen der Antragstellerin erforderlich. Die Dringlichkeit folgte zum einen aus der andauernden und erheblichen Beeinträchtigung des Besitzrechts der Antragstellerin und zum anderen daraus, dass ihre Planung der Turnhallen-Baumaßnahme unerbrochen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung wird auch nicht dadurch berührt, dass möglicherweise die Vollstreckung der Verfügung vor deren Zustellung vorgenommen worden ist. Das würde allenfalls die Ordnungsgemäßheit der Art und Weise der Zwangsvollstreckung in Frage stellen, und hätte nur Gegenstand eines Vollstreckungserinnerungsverfahrens gem. § 766 ZPO sein können.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">IV.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kosten des Rechtsstreits nach den vorstehen den Ausführungen nicht gem. § 91 a ZPO von den Antragsgegnern zu 1) und 3) zu tragen sind, sind sie gem. § 91 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da diese mit ihren Feststellungsanträgen hinsichtlich der Antragsgegner zu 2), 4) und 5 unterlegen ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Bei der einheitlich im Schlussurteil zu treffenden Kostenentscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin – wie sich aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt – neben den Antragsgegnern zu 1) bis 4) insgesamt gegen weitere 14 Personen ihre einstweilige Verfügung richten wollte. Nach diesem materiellen Gehalt ihres Antrags ist folglich auch die Kostenentscheidung zu treffen, wie sie sich aus dem Tenor ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 6 und 11, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert:</u> bis 5.7.1981: 10.000,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">ab 5.7.1981: 1.346,52 DM</p>
|
315,862 | ag-solingen-1981-07-29-16-f-33481 | {
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"name": "Amtsgericht Solingen",
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"city": 493,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 16 F 334/81 | 1981-07-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:01 | 2019-03-27T09:42:01 | Urteil | ECLI:DE:AGSG:1981:0729.16F334.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.097,47 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Oktober 1980, zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Aufgrund Vergleichs vom , in , Gericht, verpflichtete sich der Beklagte, an die Klägerin monatlich 400,00 DM Unterhalt zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Für das Jahr 1979 stimmte die Klägerin als Unterhaltsempfängerin in der Anlage U zum Antrag des Beklagten auf Lohnsteuerjahresausgleich dem Realsplitting zu. Infolgedessen mußte die Klägerin, die im Jahre 1979 aus nicht selbständiger Arbeit 12.849,00 DM erzielt und 574,00 DM Lohnsteuer nebst entsprechender Kirchensteuer gezahlt hatte, aufgrund Steuerbescheids des Finanzamts vom 1.0009,00 DM als Einkommenssteuer nachzahlen. Ferner mußte sie 88,47 DM Kirchensteuer nachzahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese nachgezahlte Steuer will die Klägerin vom Beklagten erstattet haben – wozu sie ihn unstrittig am 30.09.1980 erstmals aufgefordert hat. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht geltend: Der Beklagte habe sie – bei Einschaltung seiner Mutter – mit der falschen Behauptung, daß ihr hierdurch keine Nachteile entstünden, bewogen, dem Realsplitting zuzustimmen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.097,47 DM nebst 4 % Zinsen seit 10. Oktober 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er bringt vor: Die Klägerin sei über die Bedeutung ihrer Erklärung in der Anlage U genau und richtig informiert gewesen und habe daher auch gewußt, daß sie nur dann keine Nachteile erleiden werde, wenn sie über gewisse steuerliche Beträge hinaus nicht selbst verdient habe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zulässig und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nachdem die Klägerin in der Anlage U zum Antrag des Beklagten auf Lohnsteuerjahresausgleich dem Realsplitting zugestimmt hat, ist der Beklagte kraft seiner Unterhaltspflicht gehalten, der Klägerin die durch diese Zustimmung erwachsenen Steuern in Höhe von insgesamt 1.097,47 DM zu erstatten. Die unterhaltsberechtigte Klägerin darf durch die steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen bei dem letztlich zum Unterhalt verpflichteten Beklagten keinen finanziellen Nachteil erleiden. Diese Meinung hat sich in Literatur und Rechtsprechung zu Recht durchgesetzt (vgl. Kuch in FamRZ 79, 561; Sonnenschein in NJW 80, 257 ff.). In den Finanznachrichten des BMF Nr. 39/80 wird sie zutreffend wiedergegeben:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">"Der Gesetzgebeer hat den Abzug der Unterhaltsleistungen von der Zustimmung des Unterhaltsberechtigten abhängig gemacht, damit dieser in keinem Fall benachteiligt wird. Der Unterhaltsberechtigte wird daher – wenn er dem Realsplitting zustimmt – im allgemeinen einen Anspruch darauf haben, daß ihm der Unterhaltsverpflichtete die auf die Unterhaltsleistungen entfallende Steuer erstattet; im Streitfall haben darüber die Zivilgerichte zu befinden."</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Diese Meinung korreliert mit der Rechtsprechung, wonach der Unterhaltsberechtigte aufgrund der unterhaltsrechtlichen Dauerbeziehung gehalten ist, dem Realsplitting des Unterhaltsverpflichteten zuzustimmen, wenn dieser sich verpflichtet, die dem Unterhaltsberechtigten hierdurch entstehenden Steuern zu erstatten (vgl. hierzu Kuch a. a. O. sowie Buos in FamRZ 81, 233 ff.).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wenn der Unterhaltsberechtigte, im Klageweg hierzu angehalten, dem Realsplitting nur gegen Erstattung der durch die Zustimmung erwachsenen Steuern zustimmen muß, muß auch der freiwillig Zustimmende Erstattung der durch seine Zustimmung entstehenden Steuern verlangen können.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist nach Grund und Höhe unstrittig.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kostenausspruch beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11 ZPO.</p>
|
315,863 | olgham-1981-07-07-7-u-1481 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 14/81 | 1981-07-07T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:02 | 2019-03-27T09:42:01 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0707.7U14.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Beklagten gegen das am 3. November 1980 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.100,- DM abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Beschwer des Beklagten beträgt 77.735,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat vom Beklagten in dessen Haus XXX in XXX ein Ladenlokal zum Betriebe einer Boutique gepachtet. In der Nacht vom 5. zum 6. November 1979 sickerte aus der über dem Ladenlokal gelegenen Wohnung der Zeugin XXX Wasser in das Ladenlokal und richtete dort beträchtlichen Schaden an. Die genaue Ursache des Wassereinbruchs ist streitig gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zur Schadensursache behauptet, ein Wasserrohr sei gebrochen. Durch das herabtropfende Wasser seien Kleidungsstücke im Wert von 225.668,50 DM (brutto) beschädigt worden (Nettowarenwert: 110.000, - DM). Die Ware habe sie für 88.000, - DM veräußern müssen, so daß zunächst ein Schaden von 137.668,50 DM entstanden sei. Gezahlt seien darauf von ihrer Versicherung 20.665,-DM. Der verbleibende Warenschaden betrage 117.003,50 DM, Hinzu Jemen 2.124, - DM für Aufräumungs- und Inventurarbeiten sowie 2.070,38 DM für Renovierungsarbeiten. Von dem so errechneten Gesamtschaden von 121.197,88 DM hat die Klägerin 77.735,73 DM eingeklagt und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 77.735,73 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1. April 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und behauptet, der Schaden sei nicht auf einen Wasserrohrbruch zurückzuführen, sondern auf einen Defekt an einem Heißwasserspeicher in der Wohnung XXX, und zwar sei die Verschraubung der wasserzuführenden Leitung gerissen. Ein Verschulden treffe ihn nicht. Der Boiler habe stets funktioniert und nie zu Beanstandungen Anlaß gegeben. Für ein etwaiges Verschulden der Mieterin Jansen brauche er nicht</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">zu haften. Vorsorglich hat der Beklagte auch die Schadenshöhe bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ohne Beweisaufnahme die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt mit der Begründung, der Beklagte habe nicht den Nachweis geführt, daß ihn an dem Schaden kein Verschulden treffe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er meint, die Klage sei schon unzulässig gewesen, weil nicht angegeben worden sei, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Schadenspositionen verteile. Er bestreitet, daß die Klägerin einen Verkaufserlös von 225,668,50 DM hätte erzielen können. Dis Geschäft sei sehr schlecht gegangen, weshalb die Klägerin das Ladenlokal habe aufgeben wollen, Sie habe den Wasserschaden zum Anlaß genommen, sich im Wege des Ausverkaufs von einem schwer absetzbaren Warenbestand zu trennen. Es könne deshalb nur vom Einkaufswert der Waren von 110.000, - DM ausgegangen werden, 88.000, - DM habe die Klägerin erlöst, 20,665, - DM habe die Versicherung erstattet, so daß kein Schaden mehr bestehe. Zumindest treffe die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden, weil die Waren nicht ausreichend versichert gewesen seien. Ferner sei ein etwaiger Schadensersatzanspruch vertraglich ausgeschlossen, denn nach § 11 Ziff. 5 des Vertrages hafte der Vermieter nicht für "Überschwemmungen oder sonstige .Katastrophen". Schließlich treffe ihn kein Verschulden, das im übrigen die Klägerin zu beweisen habe. Es habe keinerlei Anzeichen gegeben, die auf einen baldigen Defekt hingedeutet hätten. Der Schaden beruhe auf vorzeitiger Materialermüdung. Da mit einem derartigen Schaden nicht zu rechnen gewesen sei, sei er auch nicht zu Kontrollen verpflichtet gewesen, bei denen er als Laie ohnehin nichts hätte erkennen können. Er habe sich darauf verlassen dürfen, daß die Mieterin Jansen ihm etwaige Schäden rechtzeitig gemeldet habe, was nicht der Fall gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurück zuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie stützt die Klageforderung primär auf den Warenschaden, hilfsweise auf die Kosten für Aufräumarbeiten und Renovierung. Sie tritt der Rechtsauffassung des Beklagten in allen Punkten entgegen und hält insbesondere die vom Landgericht vorgenommene Beweislastverteilung für richtig. Sie trägt weiter vor, der Beklagte habe eine Augenscheinseinnahme für überflüssig erklärt, weil er seine Haftpflichtversicherung habe benachrichtigen wollen. Geräte wie Warmwasserzubereiter seien schadensanfällig und bedürften der ständigen Wartung und Kontrolle.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Parteien in weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat durch Vernehmung des Zeugen XXX Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift zu Protokoll vom 7. Juli 1981 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u>:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">I. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht mehr, nachdem die Klägerin angegeben hat, auf welche Schadenspositionen der eingeklagte Teilbetrag entfällt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">II. Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch zu, weil der Beklagte seine Verpflichtungen aus dem Mietvertrag schuldhaft verletzt hat und davon ausgegangen werden muß, daß der Schaden der Klägerin auf der Verletzung der vertraglichen Sorgfaltspflichten durch den Beklagten beruht.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">1.) Ob der Klägerin - wie das Landgericht gemeint hat - ein Schadensersatzanspruch aus § 538 BGB wegen eines vom Beklagten zu vertretenden Mangels der Mietsache gebührt, ist allerdings zweifelhaft. Voraussetzung eines solchen Anspruches wäre, daß das eindringende Wasser ein Fehler der Mietsache gewesen wäre. Feuchtigkeit in Mieträumen kann zwar durchaus ein Mangel sein. Ein Fehler dürfte aber nur vorliegen, wenn die Nässe eine der Mietsache anhaftende Eigenschaft ist. Davon wiederum wird man nur sprechen können, wenn der tatsächliche Zustand über eine gewisse Zeit von dem vertraglich vorausgesetzten abweicht. Ein einmaliges Ereignis wie infolge eines Rohrbruchs eindringendes Wasser kann wohl, wenn die Feuchtigkeit in den Räumen bleibt, zu einem Fehler der Mietsache führen, dürfte aber selbst noch kein Fehler sein, weil man bei einem einmaligen Ereignis, das keine nachhaltigen Folgen auf die Beschaffenheit des Mietobjektes nach sich zieht, nicht von einer negativen Eigenschaft sprechen kann.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">2.) Der Beklagte haftet aber jedenfalls deswegen auf Schadensersatz, weil er schuldhaft seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt hat,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">a) Nach der eigenen Darstellung des Beklagten, die sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu eigen gemacht hat, ist der Schaden dadurch entstanden, daß die Verschraubung der Zuleitung zu einem Warmwasserboiler gerissen ist. Der Beklagte war aber verpflichtet, die Zu- und Ableitungen zum Boiler ebenso wie den Boiler selbst in regelmäßigen Abständen zumindest auf äußerlich sichtbare Mängel zu kontrollieren. Es ist anerkannt, daß der Vermieter verpflichtet ist, nicht nur die vermietete Sache selbst, sondern bei einem Mietshaus alle Teile des Hauses, also auch die in der Obhut von Mitmietern stehenden Wohn- öder Geschäftsräume, in Abständen - notfalls unter Hinzuziehung eines fachkundigen Handwerkers - darauf zu überprüfen, ob sie sich in ordnungsmäßigem Zustand befinden und ob den Mietern keine Gefahren drohen (vgl. Staudinger-Emmerich, §§ 535, 536, Anm. 43, 44, § 538 Anm. 14; Sternel, Mietrecht II Rdz. 259). Dies ist eine notwendige Konsequenz aus der Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem zum Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (§ 536 BGB), denn wenn Schadensfälle - wie hier ein Anschlußbruch zu einem Heißwassergerät - eintreten, so wird dadurch der vertraglich vorausgesetzte störungsfreie Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt, und zwar unter Umständen sogar in ganz erheblichem Maße. Der Vermieter muß deshalb das ihm Zumutbare tun, um derartige den Gebrauch der Mietsache beeinträchtigende Schadensfälle zu verhindern. Zu den überprüfungspflichtigen Anlagen gehören aus diesem Grunde insbesondere die Anschlüsse von elektrischen, gas- oder wasserbetriebenen Geräten, weil erfahrungsgemäß im Anschluß- und Arbeitsbereich solcher Geräte Schäden mit schweren Folgen auftreten können.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Überprüfungspflicht des Beklagten ist hier auch nicht deswegen entfallen, weil der Schaden - wie er behauptet und unter Beweis gestellt hat - auf vorzeitiger Materialermüdung beruhte und normalerweise mit einer längeren Lebensdauer des schadhaft gewordenen Teils zu rechnen gewesen wäre. Eine vorzeitige Materialermüdung ist, wie die Erfahrung zeigt, eine durchaus häufige Ursache von Schadensfällen auf allen Gebieten der Technik, so daß damit grundsätzlich gerechnet werden muß. Eine Überprüfungspflicht des Vermieters kann daher nicht erst dann einsetzen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Verschleißerscheinungen zu rechnen ist, sondern sie besteht grundsätzlich, unabhängig vom Alter des technischen Gerätes, wobei allenfalls bei ganz neuen Geräten eine Ausnahme gemacht werden kann. Hier war der Heißwasserboiler jedoch schon rd. 5 Jahre alt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">b) Der Beklagte hat nichts dafür dargelegt, daß er das Warmwassergerät in einem bestimmten Turnus überprüft hat, wobei hier dahinstehen kann, in welchen Abständen eine Überprüfung stattzufinden hat, weil der Beklagte gar keine Kontrollen vorgenommen hat. Er behauptet lediglich, bei seinen Vorsprachen bei der Zeugin Jansen habe diese nie irgendwelche Beschwerden vorgebracht. Das kann aber eine eigene Überprüfung nicht ersetzen. Der Beklagte ist deshalb seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Ihn trifft auch ein Verschulden, da er die Kontrolle des Gerätes und der Anschlüsse bewußt unterlassen hat. Entschuldigen könnte ihn hier nur ein Irrtum über den Umfang seiner Verpflichtungen. Ein solcher Irrtum wäre aber vermeidbar gewesen, da eine Erkundigung bei einer rechtskundigen Person über den Umfang seiner Rechte und Pflichten zu der notwendigen Aufklärung geführt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">c) Es muß davon ausgegangen werden, daß die Pflichtverletzung des Beklagten für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist. Die fehlende Ursächlichkeit hatte der Beklagte zu beweisen (entsprechend § 282 BGB). Denn die Schadensursache lag in einem nur ihm nicht dagegen der Klägerin zugänglichen Gefahrenbereich, Er hatte als Vermieter nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die Wohnungen zu betreten und das technische Gerät zu kontrollieren. Dann muß er auch den Nachweis führen, daß die unterlassene Überprüfung nicht für den Schaden ursächlich geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Mangelnde Kausalität ist nicht nachgewiesen. Es ist möglich, daß der sich anbahnende Riß der Verschraubung bei einer Überprüfung aufgefallen wäre. Ob der Riß plötzlich entstanden ist oder ob er sich - was ebenfalls denkbar ist und nach der Aussage des sachkundigen Zeugen XXX auch häufig vorkommt - aus einem kleinen Haarriß entwickelt hat, der sich in Länge und Breite allmählich vergrößerte, ist nicht geklärt und kann auch nicht mehr festgestellt werden, zumal die schadhafte Verschraubung nicht mehr vorhanden ist und nicht mehr für eine Untersuchung zur Verfügung steht. Die vom Beklagten unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung, an der Schadensstelle sei vorher kein Wasser ausgetreten, spricht nicht dagegen, daß der Riß schon vorher sichtbar vorhanden war. Es handelte sich im vorliegenden Fall um eine sogenannte Quetschverschraubung, die so lange dicht hielt, wie die wasserzuführende Leitung mit dem notwendigen Druck gegen das Gerät gepreßt wurde. Es konnte deshalb erst dann Wasser austreten, wenn die Verschraubung ausreichend nachgab. Es ist durchaus möglich, daß die Verschraubung auch mit einem schon vorhandenen, sich erst allmählich vergrößernden Riß zunächst noch so viel Druck auf die wasserzuführende Leitung ausübte, daß kein Wasser- austreten konnte. Dies hat im übrigen auch der sachkundige Zeuge XXX über entsprechende Erfahrungen verfügt, in seiner Aussage bestätigt. Gegenteiliges ist weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die möglicherweise zutreffende Behauptung des Beklagten, es habe vorher keine Feuchtigkeit festgestellt werden können, spricht somit nicht dagegen, daß schon vorher ein Riß vorhanden war, der später zu einem plötzlichen Bruch der Verschraubung geführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Läßt sich somit nicht ausschließen, daß der Riß sich erst in Laufe der Zeit herausgebildet und vergrößert hat, so hätte der sich anbahnende Defekt bei einer Überprüfung festgestellt werden können. Auch ein feiner Riß in einem Metallteil kann für das bloße Auge sichtbar sein. Dies ist jedem Laien, der gelegentlich kleinere Reparaturen im Haushalt und an technischen Geräten selbst erledigt, schon aufgefallen und auch dem Senat bekannt. Gegenteiliges behauptet auch grundsätzlich der Beklagte nicht. Aus welchen Umständen sich hier für die Verschraubung etwas anderes ergeben sollte, ist nicht dargelegt, so daß dem Beweisantritt durch ein Sachverständigengutachten nicht nachgegangen zu werden brauchte. Der dem Beklagten obliegende Beweis, daß der Schaden auch bei einer von ihm durchzuführenden Überprüfung des Gerätes und der Zuleitungen eingetreten wäre, ist damit nicht erbracht,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3.) Der Einwand des Beklagten, ein Schadensersatzanspruch sei vertraglich ausgeschlossen, geht fehl. Der Defekt an der Wasserleitung war keine Überschwemmung im Sinne von § 11 Ziff. 5 des Mietvertrages. Wie sich aus dem Zusammenhang mit den Worten "oder sonstigen Katastrophen" ergibt, war mit einer Überschwemmung kein von oben herabtropfendes Wasser infolge eines Leitungsbruchs gemeint, sondern ein Naturereignis.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">4.) Für ein Mitverschulden der Klägerin liegen keine Anhaltspunkte vor. Ob sie unterversichert war oder nicht, ist auf die Schadensersatzpflicht des Beklagten ohne jeden Einfluß. Die Klägerin war nicht verpflichtet, ihren Schaden durch Abschluß einer Versicherung gering zu halten, was dem Beklagten im übrigen schon deswegen nichts genützt hätte, weil dann die Ansprüche auf den Versicherer übergegangen wären (§ 67 WG) und von diesem geltend gemacht werden könnten.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">5.) Die Schadenshöhe spielt im gegenwärtigen Stand des Verfahrens</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">noch keine Rolle, so daß es auf sich beruhen kann, ob alle Ware zum Bruttowert hätte abgesetzt werden können. Für ein Grundurteil, wie das Landgericht es erlassen hat, reicht die Wahrscheinlichkeit eines Schadens aus. Selbst wenn nur, wovon nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als sicher ausgegangen werden kann, ein geringer Teil der Ware zum normalen Preis hätte verkauft werden können, wäre der Klägerin ein Schaden entstanden. Im übrigen ist ein Schaden in jedem Fall durch die Aufräum- und Renovierungsarbeiten verursacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten war aus den angeführten Gründen mit der Kostenfolge aus § 97 ZP: zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.</p>
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315,864 | lg-munster-1981-07-03-6-o-29081 | {
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} | 6 O 290/81 | 1981-07-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:04 | 2019-03-27T09:42:01 | Urteil | ECLI:DE:LGMS:1981:0703.6O290.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p><p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin n.</p><p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><p>Die Klägerin kann Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand :</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 27.6.78 ereignete .Bei diesem wurde der städtische Amtsrat X. durch ein Fahrzeug, das bei der Beklagten haftpflichtversichert war, schwer verletzt. Er war für die Zeit vom 27.6.78 bis zum 14.1.79 arbeitsunfähig. Da über den Grund der vollen Haftung der Beklagten kein Streit bestand, zahlte diese auf das Schreiben der Klägerin vom 3o.1.79, mit dem Anspruche nach § 99 LBG NW in Höhe von insgesamt 42.4o4,9o DM geltend gemacht wurden, 31.845,96 DM. Nicht ausgeglichen wurde der in der Berechnung ebenfalls enthaltene Versorgungsaufwand in Höhe von 1o.556,94 DM ( = 33,15 % der gesamten Personalkosten) , den die Klägerin nunmehr mit der vorliegenden Klage geltend macht.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, dass der Versorgungsaufwand, ebenso wie die vom Arbeitgeber geleisteten anteiligen Sozialversicherungsbeiträge, zu erstatten sei. Die Versorgungsleistungen, die an den Beamten X. nach Erreichen des Pensionsalters zu zahlen seien und die sich nach dessen aktiver Dienstzeit richteten, wobei die Unterbrechung durch Krankheit nicht in Abzug gebracht werde , spare sie zwar zur Zeit - etwa in Form einer Versorgungskasse - nicht an, aber sie investiere diese Mittel anderweitig. Das führe aber nicht zu einer anderen Beurteilung der grundsätzlichen Erstattungspflicht von Versorgungsaufwendungen.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><blockquote dir="ltr"><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte·zu verurteilen , an sie 1o.556,94 DM</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">nebst 4 % Zinsen seit dem 24.2.1979 zu zahlen .</p></blockquote><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><blockquote dir="ltr"><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p></blockquote><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hält sich mit näheren Ausführungen nicht zur Erstattung des geltend gemachten Versorgungsaufwandes verpflichtet und bestreitet im Übrigen dessen geltend gemachte Höhe.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteiverbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klage hat keinen Erfolg.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Versorgungsaufwand handelt es sich nicht um einen übergangsfähigen Schadensersatzanspruch des Beamten X. nach § 99 LBG NW. Nur ein solcher könnte aber von der Klägerin mit Erfolg geltend gemacht werden. Einige Ansprüche gegen die Beklagte stehen der Klägerin nicht zu . Solche ergeben sich auch nicht aus § 845 BGB. Das Beamtenverhältnis rechtfertigt - auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Ausgestaltung - nicht die Anwendung von Vorschriften, die für die Regelung von familienrechtlichen Verhältnissen gegenüber Dritten geschaffen worden sind. Ein Anspruch der Klägerin nach § 99 LBG NW ist nicht gegeben. Richtig ist zwar, dass nach der "modifizierten Nettomethode" des BGH (vgl. u. a. BGH Z 43,379 ) im Rahmen der Lohnfortzahlung bei der Feststellung des übergangsfähigen Schadens sowohl Lohn- und Kirchensteuer als auch der vom Arbeitgeber kraft Gesetzes zu zahlende hälftige Anteil zur Sozialversicherung in Ansatz zu bringen und vom Schädiger zu ersetzen sind. Zu begründen ist das damit, dass im Rahmen des normativen Schadens der gesamte Erwerb des geschädigten Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Zu diesem ist aber auch der Schutz durch die Sozialversicherung, der durch die geleistete Arbeit erworben wird, zu zählen. Dieser Schutz wird auch dadurch sichergestellt, dass der Arbeitgeber Anteile zur Sozialversicherung entrichten muss. Diese eigene Verpflichtung des Arbeitgebers ist ihm im Interesse des Arbeitnehmers auferlegt und kommt allein diesem zugute. Das rechtfertigt es, die Anteile des Arbeitgebers zur Sozialversicherung als eigenen übergangsfähigen Schadens des Arbeitnehmers zu bewerten. Von diesen Überlegungen ausgehend steht der Klägerin aber kein Anspruch auf Erstattung der Versorgungsaufwendungen zu, da deren Gleichstellung mit den Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitgebers wegen des Unterschiedes des Beamtenstatus zum Arbeitsverhältnis nicht möglich ist.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Für den Arbeitnehmer stellen sich die vom Arbeitgeber zu zahlenden Anteile zur Sozialversicherung als Teil seines Arbeitsentgeltes dar. Werden diese Anteile, auch nur zeitweilig, nicht für ihn eingezahlt, so verringert sich dadurch unmittelbar seine spätere Versorgung. Die Pension des Beamten steht diesem demgegenüber aber nicht aufgrund gezahlter Beiträge zu; vielmehr hat der Beamte diese Ansprüche aufgrund Gesetzes. Diese Ansprüche, die dem Beamten zustehen, weil er für einen bestimmten Zeitraum im Beamtenverhältnis gestanden hat, sind der Höhe nach unabhängig davon, ob der Beamte während der ganzen Zeit ununterbrochen gearbeitet hat oder zeitweilig wegen Verletzungen durch Dritte oder Krankheiten arbeitsunfähig war. Der während der Dienstzeit des Beamten bestehende Anspruch des Beamten auf Besoldung beinhaltet im Gegensatz zu dem des Arbeitsnehmers kein Recht auf Sicherung und entsprechende Rücklagen für seine spätere Pension. Die von der Klägerin hervorgehobene theoretische Möglichkeit, dass ein Beamter aus dem Dienst ausscheidet und dann die Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten sind, ändert an der grundsätzlichen rechtlichen Beurteilung der nach § 99 LBG NW übergangsfähigen Schadensersatzansprüche·des betreffenden Beamten nichts.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wenn die Klägerin darauf verweist, dass nach § 99 LBG NW Leistungen von Versorgungskassen zu erstatten sind, und ihr deshalb, auch wenn sie keine Zahlungen in eine Versorgungskasse erbringe, ebenfalls ein Anspruch zustehe, so ist das ohne Erfolg § 99 LBG NW meint mit den erstattungsfähigen Leistungen von Versorgungskassen solche, die erst durch die Verletzung des Beamten bedingt und erforderlich wurden .</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Um solche handelt es sich bei den von der Klägerin geltend gemachten Leistungen aber gerade nicht, da diese unabhängig von der zeitweiligen Arbeitsunfähigkeit zu erbringen waren, ebenso wie es die spätere Pension sein wird. Soweit die Klägerin nun in. diesem Zusammenhang meint, kleinere Gemeinden, die zur Sicherstellung späterer Pensionsansprüche Zahlungen in Versorgungsverbände vornähmen, hätten nach § 99 LBG NW erstattungsfähige Ansprüche, so ist das nicht richtig. Auch in diesem Fall besteht kein übergangsfähiger Schadensersatzanspruch. Diese Zahlungen dienen lediglich den Gemeinden zur Befreiung von der zukünftigen Pensionszahlung. Der Anspruch des Beamten auf Pension entsteht aber unabhängig davon und hängt insbesondere, auch der Höhe nach, keineswegs davon ab, ob die Gemeinde diese Zahlungen regelmäßig vornimmt oder aber möglicherweise ganz einstellt.</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.</p>
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} | 20 U 23/81 | 1981-07-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:05 | 2019-03-27T09:42:01 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0703.20U23.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen des am 3. November 1980 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Krankenhaustagegeldversicherung, nach der ihm für jeden Tag einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung ein Tagegeld von 295,- DM zusteht. Dem Versicherungsvertrage liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (AVB) zu Grunde, die mit Ausnahme des §18 (Änderung der AVB) den Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK) entsprechen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten ein Krankenhaustagegeld für die Zeit vom 2. Januar bis 2. Februar 1980 (32 Tage). In dieser Zeit wurde er in der Klinik ... am See wegen schwerer Gangstörungen des rechten Beines und Bewegungsstörungen des rechten Armes stationär behandelt. Mit Schreiben vom 14. Januar 1980 lehnte die Beklagte die Zahlung ab, weil es sich bei der Klinik ... um eine sog. gemischte Anstalt handle und der Kläger ihre schriftliche Zusage tariflicher Leistungen vor Beginn der Behandlung nicht eingeholt habe.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bei der Klinik ... handelt es sich um eine Fachklinik für Erkrankungen des Bewegungsapparates und des Herz-Kreislauf-Systems sowie für neurologische Krankheiten. Im Rahmen der therapeutischen Maßnahmen stehen die Methoden der physikalischen Medizin, insbesondere die krankengymnastisch geleitete Übungstherapie, im Vordergrund. Die Klinik ... bildet mit dem Kurzentrum ... einen einheitlichen, durch einen Verbindungsgang verbundenen Gebäudekomplex. Das Kurzentrum bietet Kurbehandlungen gegen Herz-/Kreislauferkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates an. Die Behandlung besteht im wesentlichen in physikalischen Maßnahmen (Krankengymnastik, Massage, medizinische Bäder). Räumlich, organisatorisch und wirtschaftlich sind die beiden Einrichtungen getrennt. Die Gesellschaften, die die beiden Einrichtungen betreiben, sind rechtlich selbständig. Die Gesellschafter sind jedoch zumindest teilweise identisch. Die Klinik und das Kurzentrum haben getrennte therapeutische Einrichtungen. Die Klinik gestattet jedoch den im Kurzentrum wohnenden "Erholung-suchenden", ihre umfangreichen diagnostischen und therapeutischen Einrichtungen in Anspruch zu nehmen. Umgekehrt ist es auch den Patienten gestattet, die Einrichtungen des Kurzentrums in Anspruch zu nehmen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen: Bei der Klinik ... handle es sich um keine gemischte Anstalt. Die Behandlung habe im übrigen zunächst in der ...-Klinik erfolgen sollen. Da dort aber nichts frei und die Behandlung dringlich gewesen sei, sei er in die Klinik ... eingeliefert worden. Seine Ehefrau habe einen Tag nach Behandlungsbeginn der Beklagten telefonisch mitgeteilt, daß er, weil die ...-Klinik besetzt gewesen sei, die Klinik ... habe aufsuchen müssen. Die Beklagte habe darauf entgegnet, nach Abschluß der Behandlung solle der ärztliche Bericht eingereicht werden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.440,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Januar 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen: Bei der Klinik ... handle es sich um eine gemischte Anstalt. Sie sei daher gemäß §4 Nr. 5 AVB leistungsfrei, da sie - unstreitig - ihre Leistung nicht schriftlich zugesagt habe. Im übrigen habe es sich auch im Falle des Klägers um eine Kurbehandlung und nicht um eine stationäre Heilbehandlung gehandelt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit seinem am 3. November 1980 verkündeten Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er trägt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens vor: Mit ihrer Erklärung, er - der Kläger - solle nach Abschluß der Behandlung den ärztlichen Bericht einreichen, habe die Beklagte darauf verzichtet, sich auf das Fehlen ihrer schriftlichen Zustimmung zu berufen. In der Klinik ... würden Heilbehandlungen und keine Kuren durchgeführt. Angesichts der juristischen, räumlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Trennung zwischen der Klinik und dem Kurzentrum könne auch nicht von einer einheitlichen Anstalt gesprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.440,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16. Januar 1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz. Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung des Klägers ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Krankenhaustagegeldes hat, weil er sich in einer Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt (sog. gemischte Anstalt), hat behandeln lassen, ohne zuvor eine schriftliche Leistungszusage der Beklagten einzuholen (§4 Nr. 5 AVB).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Bei der Klinik ... handelt es sich schon deshalb um eine gemischte Anstalt, weil sie mit dem Kurzentrum ..., in dem unstreitig keine medizinisch notwendigen Heilbehandlungen, sondern nur Kuren durchgeführt werden, eine einheitliche Anstalt bildet. Trotz der vorgenommenen juristischen, räumlichen, organisatorischen und wirtschaftlichen Trennung erscheinen die Klinik und das Kurzentrum einem Außenstehenden als Einheit. Das ergibt sich schon aus der räumlich komplexen Lage der beiden Einrichtungen, ihrer Verbindung durch einen besonderen Verbindungsgang, die wechselseitige Zurverfügungstellung der therapeutischen Einrichtungen und die zum Verwechseln ähnliche Firmierung (" ..."). Insgesamt ergibt sich das gleiche Bild wie bei einer in räumlich, organisatorisch und wirtschaftlich getrennte Abteilungen gegliederten Anstalt, die die Rechtsprechung stets als gemischte Anstalt angesehen hat, sofern in einer Abteilung auch Kuren durchgeführt wurden (vgl. BGH VersR 71, 949, 77, 1150). Es kommt hinzu, daß die beiden Einrichtungen sich auch in ihrer Aufgabenstellung und ihrem Therapieangebot sehr ähnlich sind. Sinn und Zweck des §4 Nr. 5 AVB erfordern die Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall. §4 Nr. 5 AVB will den Krankenversicherer vor ungerechtfertigten Inanspruchnahmen schützen. Der Aufenthalt in einer gemischten Anstalt ist für den Versicherer mit einem größeren Risiko verbunden; er erschwert die Feststellung, ob der Versicherungsnehmer sich einer Heil- oder einer Kurbehandlung unterzogen hat. Hier ist infolge der räumlichen Verbindung beider Einrichtungen, der ähnlichen Aufgabenstellung und der wechselseitigen Benutzbarkeit der Therapieeinrichtungen die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß der Versicherungsnehmer in der Klinik wohnt und im Kurzentrum kurt. Damit besteht die gleiche Lage wie in jeder beliebigen gemischten Anstalt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht beruft der Kläger sich gegenüber der Leistungsverweigerung der Beklagten auf §242 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ein Treuverstoß der Beklagten käme in Betracht, wenn ein akuter Notfall vorgelegen hätte. Dafür trägt der Kläger jedoch nicht genügend vor. Ein akuter Notfall könnte nur dann angenommen werden, wenn die Behandlung dringend gewesen wäre und wenn außer der belegten ...klinik kein anderes Krankenhaus die dringend notwendige stationäre Behandlung hätte vornehmen können. Zumindest die letztere Voraussetzung fehlt; die stationäre Heilbehandlung hätte auch in einem anderen Krankenhaus, z.B. einer Fachklinik für Orthopädie, durchgeführt werden können. Die Behandlung des Klägers bestand nämlich im wesentlichen aus Krankengymnastik, Bädern, Massagen und lokalen Wärmeanwendungen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte handelt mit ihrer Leistungsverweigerung auch dann nicht arglistig, wenn sie, wie der Kläger behauptet, seiner Ehefrau gegenüber erklärt haben sollte, er möge nach Abschluß der Behandlung den ärztlichen Bericht einreichen. Diese Erklärung konnte nicht dahin verstanden werden, daß die Beklagte im Falle einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung zahlen wolle. Die Beklagte hatte keine Veranlassung, kurzerhand auf den Risikoausschluß nach §4 Nr. 5 AVB zu verzichten, nachdem der Kläger bereits in der Klinik lag und nur noch eine Kulanzleistung in Betracht kam. Dabei hätte die Beklagte riskiert, später mit dem Kläger in einen notfalls gerichtlich auszutragenden Streit über das Vorliegen einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung zu geraten. Unter diesen Umständen ist die streitige Erklärung der Beklagten nur als Zusage einer späteren wohlwollenden Prüfung zu verstehen. Die Beklagte behielt damit die Möglichkeit, sich z.B. dann auf das Fehlen der vorherigen schriftlichen Leistungszusage zu berufen, wenn ihr - wie im vorliegenden Fall - die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung zweifelhaft erschien und sie einen Streit darüber vermeiden wollte.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §97 I ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht erforderlich, weil die Revisionssumme nach dein Ermessen des Senats unzweifelhaft nicht erreicht wird.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer des Klägers beträgt 9.440,- DM.</p>
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} | 16 Wx 57/81 | 1981-06-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:07 | 2019-03-27T09:42:01 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0629.16WX57.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 3) gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 12.Mai 1981 - 4 T 36/81 - wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist an sich statthaft sowie formgerecht eingelegt worden (§§ 49 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, 48 Abs. 1 PStG, §§ 27, 29 Abs. 1 und 4 FGG); sie ist somit zulässig. Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet. Denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne von § 27 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt die am 16. Februar 1979 vor dem Shia Shariat Priester vollzogene Trauung der Beteiligten zu 1) und 2) keine von der deutschen Rechtsordnung anzuerkennende Eheschließung dar. Hierfür ist nach § 15 a Abs. 1 EheG erforderlich, daß beide Verlobte einem ausländischen Staat angehören, daß die Ehe von einer ordnungsgemäß ermächtigten Person geschlossen wird und daß die Eheschließung in der vom Ermächtigungsland vorgeschriebenen Form erfolgt. Im vorliegenden Falle steht der Wirksamkeit der Eheschließung im deutschen Rechtsbereich entgegen, daß eine Ermächtigung des Shia Shariat Priesters zur Mitwirkung bei Eheschließungen im Ausland durch die indische oder die pakistanische Regierung nicht vorgelegen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Priester nach den Bestimmungen des Shia Shariat, das nach einer Bescheinigung der pakistanischen Botschaft in Bonn vom 22. Januar 1980 das geltende pakistanische Gesetz ist, zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig ist. Vielmehr wird den Erfordernissen des § 15 a Abs. 1 EheG nur dann genügt, wenn die indische oder die pakistanische Regierung der Bundesrepublik gegenüber diesem Priester als nach dem Rechte des Ermächtigungslandes zur Mitwirkung bei Eheschließungen im Ausland befugt benannt hat (BGHZ 43, 213, 224, 225; BayObLG FamRZ 1966, 144, 145; OLG Hamm NJW 1970, 1509, 1510; Hoffmann-Stephan Kommentar des Ehegesetzes, 2. Aufl. 1968, § 15 a Rdnr. 8). Denn nur durch eine solche Benennung bürgt die Regierung des betreffenden Staates dafür, daß durch die Mitwirkung des von ihr benannten Geistlichen die von diesem in Deutschland vollzogene Eheschließung im Sinne seiner Rechtsordnung eine wirksame Ehe begründet (BGHZ 43, 213, 225). Eine derartige, von § 15 a Abs. 1 EheG vorausgesetzte spezielle Ermächtigung des Shia Shariat Priesters T. G. I. hat nach eine bei den Akten befindlichen Auskunft des Bundesverwaltungsamtes in Köln vom 18. November 1980 nicht vorgelegen, so daß die am 16. Februar 1979 vollzogene Eheschließung in Deutschland keinen Rechtsbestand erlangen kann. In diesem Zusammenhang kommt es – wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat - nicht darauf an, nach welchem Ritus die Trauung vorgenommen wird. Maßgeblich ist allein das Vorliegen der speziellen staatlichen Ermächtigung für den einzelnen mitwirkenden Geistlichen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Daß die Beteiligten zu 1) und 2) eine Bescheinigung der pakistanischen Botschaft in Bonn vom 24. November 1980 vorgelegt haben, wonach die Eheschließung im dortigen Register eingetragen worden ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Denn die in § 15 a Abs. 2 EheG vorgesehene Eintragung in das Standesregister dient lediglich der Beurkundung und hat keine konstitutive Bedeutung (BGHZ 43, 213, 226; Hoffmann-Stephan, aaO, § 15 a Rdnr 12). Die Registrierung erbringt insofern vollen Beweis der Eheschließung, als sie den deutschen Standesbeamten der Pflicht enthebt, nachzuprüfen, ob die Ehe nach pakistanischem Recht wirksam ist. Sie vermag jedoch nicht das in § 15 a Abs. 1 EheG vorgesehene materielle Erfordernis der Trau-Ermächtigung zu ersetzen (vgl. OLG Hamm NJW 1970, 1509, 1510; BayObLG FamRZ 1966, 144, 145; Hoffmann-Stephan, aaO, § 15 a Rdnr. 14).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat das OLG Düsseldorf in dem Beschluß vom 27. November 1964 (FamRZ 1965, 144) die Ansicht vertreten, das deutsche Recht müsse die kirchliche Eheschließung von Spaniern in Deutschland dann anerkennen, wenn sie in das spanische Standesregister eingetragen sei; das Ermächtigungserfordernis des § 15 a Abs. 1 EheG habe neben der Registrierung keine selbständige Bedeutung. Dieser Auffassung, die der Eintragung in das Standesregister für den Fall, daß eine Trau-Ermächtigung nicht vorliegt, konstitutive Bedeutung beimißt, ist indes der Bundesgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 22. Januar 1965 (BGHZ 43, 213) entgegengetreten, so daß es einer Vorlage gemäß § 28 Abs. 2 FGG nicht bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde hat danach keinen Erfolg haben können.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung ergeht nach § 11 KostO gerichtskostenfrei.</p>
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} | 24 U 21/81 | 1981-06-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:08 | 2019-03-27T09:42:00 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0629.24U21.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 19. Dezember 1980 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 16 0 20/80 - teilweise dahingehend abgeändert, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt werden, über den dem Kläger durch das angefochtene Urteil zuerkannten Betrag nebst Zinsen hinaus weitere 100,39 DM ohne Zinsen an ihn zu zahlen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die keinen förmlichen Bedenken begegnende Berufung des Klägers ist nur hinsichtlich eines kleinen Teilbetrages begründet. Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, an den Kläger über den ihm vom Landgericht zuerkannten Betrag nebst Zinsen hinaus weitere 100,39 DM zu zahlen. Im übrigen hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zu Recht geht das Landgericht davon aus, daß die auf §§ 7, 18 StVO, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG beruhende gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten für den Unfallschaden des Klägers gemäß § 17 StVG dem Grunde nach auf 2/3 beschränkt ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Unstreitig ist der PKW des Klägers beim Betrieb des vom Beklagten zu 2) gesteuerten, bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten PKW W Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, dessen Halterin die Beklagte zu 1) ist, beschädigt worden. Die Beklagten haben nicht bewiesen, daß der Unfall für den Beklagten zu 2) unabwendbar im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG war. Vielmehr steht auf Grund der Beweisaufnahme fest, daß ihn ein Verschulden am Zustandekommen des Unfalls trifft.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) hat schuldhaft gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, beim Ausscheren hinter einem haltenden Fahrzeug nach links auf den nachfolgenden Verkehr zu achten und das Ausscheren anzukündigen. Diese Pflicht ergibt sich für denjenigen, der an einem haltenden Fahrzeug, einer Absperrung oder einem sonstigen Hindernis auf der Fahrbahn links vorbeifahren will, aus § 6 StVO, trifft aber entsprechend dem Gedanken dieser Vorschrift unter Anwendung von § 1 Abs. 2 StVO auch denjenigen Kraftfahrer, der - wie der Beklagte zu 2) - seinen Wagen hinter einem in einem Stau anhaltenden Fahrzeug nach links heraussteuert, um sich einen Überblick über die vor ihm befindliche Verkehrslage zu verschaffen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Zeugin R die nach ihrer Aussage unmittelbar hinter dem vom Beklagten zu 2) gesteuerten Fahrzeug fuhr, hat bekundet, dieses sei, ohne ein Blinkzeichen zu geben, hinter einem anhaltenden LKW nach links gelenkt worden und mit dem PKW des Klägers zusammengestoßen, der in diesem Augenblick beim Überholen der Fahrzeugkolonne von hinten herangekommen sei. Die Aussage der Zeugin R ist glaubhaft. Sie wird nicht durch die Bekundung des Zeugen E erschüttert, der Unfall sei dadurch zustandegekommen, daß sich der Kläger mit seinem Fahrzeug zwischen den vom Beklagten zu 2) gesteuerten Wagen und den vor ihm befindlichen LKW habe zwängen wollen. Ein derartiges Unfallgeschehen wird selbst von den Beklagten nicht behauptet, widerspricht im übrigen auch den Aussagen der Zeugen  F und O, die sich in dem vom Beklagten zu 2) gesteuerten Fahrzeug befanden und bekundet haben, der Beklagte zu 2) habe den Wagen nach links gezogen um den vor ihm befindlichen Verkehr überblicken zu können. Der Aussage des Zeugen F kann allerdings insoweit nicht gefolgt werden, als er bekundet hat, der vom Beklagten zu 2) nach links gezogene Wagen habe schon längere Zeit gestanden, als das Fahrzeug des Klägers auf ihn aufgefahren sei. Dem steht auch die Aussage des Zeugen O entgegen, nach der der Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Linksausscheren des vom Beklagten zu 2) gesteuerten Wagens stand.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte zu 2) habe an der Unfallstelle nicht damit rechnen müssen, daß ein Fahrzeug auf der linken Seite von hinten herannahte, weil seine Fahrbahn nach links hin durch eine durchgezogene weiße Linie begrenzt gewesen sei. Unabhängig von der Frage, ob ihn dieser Umstand von der erörterten Sorgfaltspflicht enthoben hätte, greift diese Einwendung deshalb nicht durch, weil aufgrund der überzeugenden Aussage des Zeugen A, der in seiner Funktion als Polizeibeamter am Unfallort Feststellungen über den Hergang des Unfalls getroffen hat, feststeht, daß die Fahrbahnen an der Unfallstelle nicht durch eine durchgezogene Linie voneinander getrennt waren.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 17 StVG ist zu berücksichtigen, daß auch der Kläger für sich den Unabwendbarkeitsbeweis gemäß § 7 Abs. 2 StVG nicht geführt hat, ihn vielmehr ebenfalls ein - wenn auch leichtes - Verschulden trifft.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger ist vorzuwerfen, daß er unter Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Satz 2 SNO seine Geschwindigkeit nicht den zur Unfallzeit im Bereich der Unfallstelle herrschenden Verkehrsverhältnissen angepaßt und entgegen § 5 Abs. 4 StVO beim Überholen keinen ausreichenden Seitenabstand zu der rechts neben ihm befindlichen Fahrzeugkolonne eingehalten hat.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Aus den Aussagen der Zeugen A und R ergibt sich, daß die Ä Kstraße im Bereich der Unfallstelle so verengt ist, daß ein Überholen bei Gegenverkehr wegen der geringen Straßenbreite mit Risiken verbunden ist. Die Zeugin R hat bekundet, daß die Straße an dieser Stelle Raum allenfalls für drei nebeneinander gestellte Fahrzeuge biete. Beide Zeugen haben ein Überholen bei Gegenverkehr nicht für ratsam erachtet. Nach der Aussage des Zeugen E, die insoweit mit seiner bald nach dem Vorkommnis erstellten Unfallskizze sowie seinen Angaben im Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren der Stadt K übereinstimmt, kam dem Kläger während des Überholvorganges ein PKW entgegen. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, daß er soweit an die rechts neben ihm befindliche Kolonne heranfahren mußte, daß er zu ihr keinen ausreichenden, auf Ausweichbewegungen und Fehlreaktionen des Kolonnenverkehrs ausgerichteten Seitenabstand einhalten konnte. Er hätte deshalb den Überholvorgang abbrechen und sein Fahrzeug anhalten müssen. Statt dessen ist er- wie er in Übereinstimmung mit der Aussage der Zeugin R selbst einräumt- mit einer Geschwindigkeit von 40- 50 km/h an der Kolonne vorbeigefahren. Das Fehlverhalten des Klägers war zumindest für den Umfang der Unfallfolgen mitursächlich. Es führte dazu, daß er nach dem Zusammenprall mit dem vom Beklagten zu 2) gesteuerten Fahrzeug mit erheblicher Wucht gegen den in der Kolonne befindlichen LKW fuhr.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Eine Abwägung nach § 17 StVG führt zu dem Ergebnis, daß selbst dann, wenn den Beklagten zu 2) im Hinblick auf seine grobe Unachtsamkeit ein größeres Verschulden trifft als den Kläger und man die Betriebsgefahr des von ihm gesteuerten Fahrzeugs höher ansetzt als diejenige des Wagens des Klägers, weil er es aus dem auf seiner Fahrbahn fast ruhenden Verkehr in dem fließenden Verkehr im linken Straßenbereich gesteuert hat, zugunsten des Klägers keine höhere Haftungsquote als 2/3 gerechtfertigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die vom Landgericht unter Berücksichtigung der Haftungsquote errechnete Anspruchshöhe ist nicht zu beanstanden. Über die von ihm angesetzten Einzelpositionen herrscht unter Berücksichtigung eines Schreibfehlers bezüglich der Sachverständigenkosten (565 DM statt richtige 265 DM),der sich jedoch in der Addition nicht niedergeschlagen hat, kein Streit. Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger keinen Anspruch auf Ersatz des von ihm in Höhe von 272,-- DM geltend gemachten Verdienstausfalls zuerkannt. Ein Anspruch auf Ersatz von Schäden aus unerlaubter Handlung bzw. Betriebsgefahr besteht lediglich für adäquate Sachfolgeschäden. Dazu gehört nicht der bei der Schadensabwicklung dem Geschädigten entstehende Zeitverlust, auch wenn er die entgangene Zeit ohne den Unfall gewinnbringend hätte einsetzen können.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ein solcher "Schadennliegt jenseits der Grenze, die dem ersatzfähigen Sachfolgeschaden gegenüber dem nichtersatzfähigen gesetzt ist. Die Abwicklung eines Schadens rechnet auch dann, wenn er durch einen Dritten verursacht worden ist, zum Pflichtenkreis des Geschädigten (BGH NJW 1969, 1109; Sanden, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 1971, Rdnr. 281 ff).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger erstmalig im Berufungsrechtszug in Höhe von 647,83 DM geltend gemachten Kreditzinsen können ihm nur teilweise zugebilligt werden. Hierbei handelt es sich um Zinsen, die ausweislich einer von ihm in Ablichtung überreichten Kontobelastungsmitteilung der Zweigstelle H der Dbank vom 16.7.1980 in dem Zeitraum vom 19.3.1979 bis 30.6.1980 für einen Kreditbetrag in Höhe von 5.514,95 DM angefallen sind. Mit dem Kredit in Höhe von 5.514,95 DM hat der Kläger die Reparatur-, Sachverständigen- und Abschleppkosten finanziert, die insgesamt diesen Betrag ausmachen. Zwar handelt es sich bei den Zinsen um einen unfallbedingten Schaden, der im Rahmen der Haftungsquote von den Beklagten zu ersetzen ist. Der Kläger übersieht jedoch, daß das Landgericht ihm auf seinen Antrag bereits für einen Betrag von 1.783,97 DM 8 % Zinsen seit dem 19.3.1979 zuerkannt hat. Im Rahmen seines Zinsantrages hat der Kläger seinen sich aus der Aufnahme des genannten Kredits ergebenden 8 %-igen Zinsschaden geltend gemacht. Demgemäß enthält der Betrag 647,83 DM Zinsen, die ihm bereits zugesprochen worden sind. Berücksichtigt man, daß von den Reparatur-, Sachverständigen-und Abschleppkosten wegen der Schadensquotierung nur ein Betrag von 3.676,63 DM zu ersetzen und dem Kläger bereits ein Kreditzinsschaden bezüglich eines Betrages von 1.783,97 DM zuerkannt worden ist, ergibt sich, daß er eine restliche Verzinsung nur noch von einem Betrag in Höhe von 1.892,66 DM verlangen kann. Bezüglich dieses Betrages stehen ihm Zinsen allerdings nicht für den gesamten geltend gemachten Zeitraum vom 19.3.1979 bis 30.6.1980 zu, da die Beklagte zu 3) bereits am 8.11.1979 2.500,-- DM gezahlt hat. Der Zeitraum, für den die Beklagten 8 % Zinsen von 1.892,66 DM zu zahlen haben, erstreckt sich vom 19.3.1979 bis zum 8.11.1979. Dies ergibt einen Zinsbetrag von 100,39 DM, der dem Kläger über den ihm vom Landgericht zugebilligten Schadensbetrag hinaus zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Eine Verzinsung der Kreditzinsen kommt gemäß §§ 289 Satz 1, 291 Satz 2 BGB nicht in Betracht. Daß er infolge verzögerter Zinszahlung einen Schaden erlitten hat (§ 289 Satz 2 BGB), hat der Kläger nicht dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt                                                          3.076,81 DM.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die sich aus diesem Urteil für den Kläger ergebende Beschwer beläuft sich auf              2.976,42 DM.</p>
|
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} | 7 U 45/81 | 1981-06-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:09 | 2019-03-27T09:42:00 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0625.7U45.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 14.1.1981 - 1 0 206/79 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 30.1.1979 gegen 9.30 Uhr kam der Kläger, damals als Automaten­aufsteller tätig, auf dem Parkplatz an der C. in T. zu Fall, nachdem er sein Fahrzeug dort geparkt hatte und zu der an der Einfahrt zur Parkfläche gelegenen Telefonzelle ging. Dabei zog der Kläger sich eine Innenknöchelfraktur mit Abriß eines Volkmann'schen Dreiecks links zu. Er war längere Zeit arbeitsun­fähig.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf dem etwa halbkreisförmigen Parkplatz mit einem Radius von rd. 15 m standen zur Unfallzeit mehrere geparkte Fahrzeuge. Die Fläche, die nicht frei von Schnee und Eis war, war von der Be­klagten im Rahmen des Streudienstes nicht abgestreut worden. Im näheren Bereich des Parkplatzes befinden sich überwiegend Wohn­häuser, eine Arztpraxis und im übrigen Büros.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, der Platz sei mit einer starken unebenen Eisschicht bedeckt gewesen; die gefährliche Glätte, die für den Unfall ursächlich gewesen sei, habe er nicht erkannt, weil die Fläche stumpf ausgesehen habe. Infolge der Unfallverletzung sei er bis zum 2.6.1979 arbeitsunfähig krank gewesen und habe zwei Werkverträge nicht ausführen können. Den unfallbedingten Schaden hat der Kläger mit insgesamt 59.245,-- DM beziffert und näher dar­gelegt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, 59.245,-- DM nebst 4 % Zinsen ab 30.1.1979 zu zahlen, festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen Schaden aus dem Un­fallereignis vom 30.1.1979 in T., D., zu ersetzen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">an den Kläger ein angemessenes Schmerzens­geld, mindestens 10.000,-- DM, nebst 4 % Zinsen ab dem 30.1.1979 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Ursächlichkeit der Glätte und die Schadenshöhe mit Nichtwissen bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Ortsbesichtigung, Auskunft des Deutschen Wetteramtes in Essen und Vernehmung von Zeugen die Klage durch Urteil vom 14.1.1981 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den In­halt der angefochtenen Entscheidung (B1. 96 - 100 d.A.) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses, dem Kläger am 20.1.1981 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 16.2.1981 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Kläger behauptet, entgegen den FEststellunjgen des Landgerichts handele es sich bei dem Parkplatz an der C. um einen belebten Parkplatz mit schnellem Fahrzeugwechsel, der tagsüber nicht in erster Linie von Anliegern benutzt werde. Die ständig hohe Auslastung beruhe auf dem schnell wechselnden Geschäftsverkehr (Beweis: Ortsbesichtigung, Sachverständigengutachten sowie Ver­nehmung der in Ziff. I Buchst. aa) bis ee) des Beweisbeschlusses vom 17.9.1980 - Bl. 48, 49 d.A. - aufgeführten Zeugen) und darauf, daß ein wesentlicher Anteil von Benutzern die stark frequentierte Arztpraxis Dr. L. besuchten. Der Kläger behauptet ferner, er habe eine Strecke von 40 bis 50 m - mindestens aber 12 - 16 m -über die vereiste Fläche gehen müssen, um zu der Telefonzelle zu gelangen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, ein Abstreuen der Fläche sei der Be­klagten auch zumutbar gewesen, da dies technisch und zeitlich leicht möglich gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach den in der ersten Instanz zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, bei dem Parkplatz an der C. handele es sich nicht um einen belebten Parkplatz; dieser sei ständig von Dauerparkern belegt und werde tagsüber überwiegend von Anliegern und Berufstätigen benutzt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Ent­scheidung, die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze und auf die von der Beklagten zu den Akten gereichten Lichtbilder und Skizze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht in An‑</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">wendung der vom Bundesgerichtshof zur Streupflicht auf Straßen und Plätzen aufgestellten Grundsätze (NJW 1966, 202 f.) einen Scha­densersatzanspruch des Klägers gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB i.V.m. § 9 a des Landesstraßengesetzes NW verneint. Wie der Bundesge­richtshof in dieser Entscheidung ausgeführt hat, besteht keine allgemeine Streupflicht für alle Straßen oder Plätze, da es ein­fach unmöglich ist, durch Bestreuen alle Flächen im Winter völlig gefahrlos zu gestalten und zu erhalten. Entstehung, Umfang und Maß einer Streupflicht richten sich danach, was zur gefahrlosen Sicherung des Verkehrs erforderlich ist, dem die jeweilige Verkehrs- einrichtung dient, und was dem Pflichtigen zumutbar ist. Art und Wichtigkeit der Verkehrseinrichtung sowie die Stärke des Verkehrs bestimmen also entscheidend den Umfang einer Streupflicht. Dabei ist davon auszugehen, daß diese als Teil der Verkehrssicherungs­pflicht nur wirkliche Gefahren beseitigen, nicht aber bloßen Un­bequemlichkeiten vorbeugen soll. Solche wirklichen Gefahren fehlen, wenn ein Kraftfahrer bei Winterglätte seinen Wagen auf einer Straße am Bürgersteig zum Parken abstellen und mit wenigen Schrittenden bestreuten Bürgersteig oder andere sichere Straßenteile erreichen kann. Dann besteht keine Streupflicht auf dem zum Parken benutzten Straßenraum. Anders liegt es nur, wenn der Parkplatz so angelegt ist, daß notwendigerweise die Fahrzeugbenutzer die von den Kraft­fahrzeugen befahrenen Flächen auf eine nicht nur unerhebliche Ent­fernung betreten müssen, um ihr Fahrzeug zu verlassen oder es wieder zu erreichen. Entsprechend müssen auf öffentlichen Park­plätzen die von den Kraftfahrzeugen befahrenen Teile zum Schutz der ausgestiegenen Fahrzeuginsassen bestreut werden, wenn die Wagenbenutzer diese Teile - nicht nur mit wenigen Schritten -betreten müssen <u>und </u>es sich um einen belebten Parkplatz handelt. Belebt ist ein Parkplatz auch dann, wenn es sich um einen kleine­ren Parkplatz mit einem schnellen Fahrzeugwechsel handelt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diese vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze hat das Landgericht beachtet. Zu Recht hat es ausgeführt, daß es sich um einen kleinen Parkplatz von geringer Verkehrsbedeutung handelt, bei dem der allenfalls 6 - 8 m entfernte Bürgersteig mit wenigen Schritten von allen abgestellten Fahrzeugen aus erreicht werden kann. Diese beidem Ortstermin getroffenen tatsächlichen Fest­stellungen, die durch die in zweiter Instanz vorgelegten Licht­bilder und Skizze anschaulich bestätigt werden, vermag der Kläger nicht mit der in der Berufungsbegründung aufgestellten und nicht näher erläuterten Behauptung zu widerlegen, er habe von seinem Fahrzeug zur Telefonzelle eine Strecke von 12 - 16 m oder gar 40 - 50 m zurücklegen <u>müssen.</u> Natürlich ist der Weg quer über den Parkplatz länger als der jeweilige Weg vom geparkten Fahrzeug zum sicheren Bürgersteig; darauf kommt es aber nicht an, denn ent­scheidend ist, daß der sichere Bürgersteig von allen geparkten Fahrzeugen mit wenigen Schritten hätte erreicht werden können.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bei der C. handelt es sich auch nicht um einen be­lerbten Parkplatz. Unstreitig befinden sich im näheren Bereich des Platzes überwiegend Wohnhäuser, eine Arztpraxis und im übrigen Büros. Dies zeigen auch deutlich die Lichtbilder, auf denen man - mit Ausnahme einer Gaststätte - kein Geschäft und keinen Gewerbebetrieb erkennen kann. Zu Recht hat deshalb das Landgericht angenommen, daß der Parkplatz auch tagsüber in erster Linie von den Anliegern - das sind auch Besucher und dort Berufstätige ‑ zum Abstellen ihrer Fahrzeuge benutzt wird und deshalb keinen schnellen Fahrzeugwechsel aufweist. Die gegenteilige Behauptung des Klägers ist nicht substantiiert. Entgegen seiner Auffassung gibt es keinen Erfahrungssatz, daß innerstädtische Parkplätze einen schnellen Fahrzeugwechsel aufweisen; das Gegenteil ist meist der Fall und nötigt die Stadtverwaltungen dazu, durch Begrenzung der Parkzeit überhaupt einen gewissen Fahrzeugwechsel zu erreichen, Auch das Vorbringen des Klägers, die ständig hohe Auslastung des Parkplatzes beruhe auf schnell wechselndem Geschäftsverkehr, ist nicht substantiiert, so daß die angebotenen Beweise nicht erhoben zu werden brauchten. Der Kläger sagt nämlich nicht, um welchen Geschäftsverkehr es sich handelt und wieso es auf einem Parkplatz in einem Wohngebiet mit einigen Büros zu einem schnellen Fahrzeug­wechsel infolge von Geschäftsverkehr kommen soll. Dazu genügt auch nicht der Hinweis auf die umfangreiche Praxis der Ärztin Dr.L., denn gerade Kranke, Alte und behinderte Patienten suchen den Arzt nur selten mit einem von ihnen selbst gesteuerten Kraftfahrzeug auf.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Bestand somit keine Streupflicht, so kommt es auch nicht darauf an, ob ein Abstreuen der Fläche räumlich und zeitlich leicht mög­lich gewesen wäre. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob ein Schadenersatzanspruch des Klägers schon deshalb scheitert, weil den Bediensteten der Beklagten kein Verschuldensvorwurf gemacht werden kann, nachdem ein Kollegialgericht ihr Verhalten als ob­jektiv rechtmäßig gebilligt hat. Da eine Pflichtverletzung der Beklagten verneint wurde, bedurften schließlich auch die Fragen keiner Entscheidung, ob Eisglätte für den Unfall ursächlich ge­worden ist und in welcher Höhe dem Kläger ein Schaden entstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach §§ 708 Ziff. 11, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert und Beschwer für den Kläger: 79.245,-- DM.</p>
|
315,869 | olgham-1981-06-24-20-u-30180 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 301/80 | 1981-06-24T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:11 | 2019-03-27T09:42:00 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0624.20U301.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen dis am 31. Oktober 1980 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Der Erwerb ihrer Mitgliedschaft ist nach ihrer Satzung beschränkt, und zwar unter anderem auf Beamte, Richter, Angestellte, Arbeiter sowie Soldaten - mit Ausnahme der Wehrpflichtigen -, die bei einer der in der Satzung näher bezeichneten juristischen Personen des öffentlichen Rechts in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen (§3 Abs. 2 Ziff. 1 der Satzung in der Fassung vom 29. Oktober 1977, genehmigt durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen mit Schreiben vom 18. November 1977 - V - 5375 - 10/77). Der Kläger leistete in der Zeit vom 15. Juli 1974 bis zum 21. Oktober 1975 seinen Grundwehrdienst; eine Verlängerung des Wehrdienstverhältnisses erfolgte nicht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Aufgrund eines Antrags vom 16. Oktober 1975 schloß die Beklagte mit ihm eine Haftpflicht- und Teilkaskoversicherung über seinen privaten Pkw ab. In diesem Antrag hatte er als seine Dienststelle "Bundeswehr" angegeben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Dezember 1977 erwarb der Kläger einen anderen Pkw, nämlich einen ..., amtliches Kennzeichen .... Er meldete seinen Altwagen bei der Beklagten ab und beantragte am 26. Januar 1978 zugleich, die Haftpflicht- und Teilkaskoversicherung auf das neu erworbene Fahrzeug umzustellen. In das Antragsformular setzte er bei der Frage nach seiner jetzigen Dienstbezeichnung die Angabe "Stabsunteroffizier" ein. In Wirklichkeit hatte er diesen Dienstgrad niemals erreicht; er war vielmehr als Gefreiter oder Obergefreiter ausgeschieden. Die Beklagte nahm auch diesen Änderungsantrag an. Sie verlangte indes von dem Kläger die Vorlage einer Bescheinigung über sein derzeitiges Dienstverhältnis bei der Bundeswehr; diese Bescheinigung hat der Kläger nicht eingereicht. Die Beklagte ging dieser Frage nicht weiter nach.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Beklagte auf Leistung aus der Kaskoversicherung in Anspruch genommen und dazu vorgetragen, das Fahrzeug sei ihm am 23. Dezember 1978 in Köln gestohlen und einige Tage später in Luxemburg, durch einen Schwelbrand schwer beschädigt, aufgefunden worden. Der Kläger hat von der Beklagten Ersatz für die Beschädigung des Fahrzeugs, einschließlich des Verlustes einer eingebauten Stereoanlage sowie Bergungs- und Unterstellkosten, verlangt und beantragt:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.503,69 DM nebst 4 v.H. Zinsen seit dem 1. September 1979 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat bestritten, daß der Kläger seinen Wagen an jenem Tage in Köln ordnungsgemäß verschlossen abgestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Im weiteren Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens holte die Beklagte eine Auskunft des Kreiswehrersatzamtes Siegen vom 30. November 1979 über die Bundeswehrzugehörigkeit des Klägers ein. Aufgrund dieser Auskunft focht sie mit Schreiben vom 4. Dezember 1979 den Versicherungsvertrag mit dem Kläger wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung an, der Kläger habe in dem Versicherungsantrag der Wahrheit zuwider als Dienstbezeichnung "Stabsunteroffizier" angegeben, obwohl sein Wehrdienstverhältnis schon zum 21. Oktober 1975, also vor Antragstellung, geendet habe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat demgegenüber behauptet, der Beklagten sei schon vor Eintritt des Versicherungsfalles bekannt gewesen, daß er nicht mehr im Dienst der Bundeswehr gestanden habe. Als die Beklagte ihn im Zusammenhang mit der Anmeldung seines Neufahrzeugs aufgefordert habe, eine Bescheinigung über seine Tätigkeit bei der Bundeswehr beizubringen, habe er sich telefonisch an die Geschäftsstelle der Beklagten in Gießen gewandt und darauf hingewiesen, daß er aus der Bundeswehr ausgeschieden sei. Er habe gebeten, den Versicherungsvertrag gleichwohl bis zum beabsichtigten Verkauf des Fahrzeugs weiterlaufen zu lassen. Daraufhin habe er mit der Sachbearbeiterin der Beklagten vereinbart, daß alles beim alten bleiben solle.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin ... und durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Sodann hat es durch das angefochtene Urteil, auf welches wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, insbesondere des Beweisergebnisses, Bezug genommen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe den Beweis nicht erbracht, daß er seinen Pkw ordnungsgemäß verschlossen abgestellt habe.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers. Der Kläger bleibt bei seiner Behauptung, das Fahrzeug ordnungsgemäß verschlossen zu haben, und trägt weiter vor, die Anfechtung scheitere schon daran, daß die Anfechtungsfrist des §124 EGB abgelaufen sei. Er habe die Beklagte nämlich bereits im Sommer 1978 telefonisch davon unterrichtet, daß er nicht mehr Bundeswehrangehöriger sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil nach seinem Klageantrag abzuändern.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze, die zu Protokoll gegebenen Erklärungen der Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Senat hit Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen .... Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist niedergelegt im Berichterstattervermerk vom 29. Mai 1981.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den geänderten Versicherungsvertrag dem Kläger durch ihr Schreiben vom 4. Dezember 1979 wirksam wegen arglistiger Täuschung (§123 BGB) angefochten; diese Anfechtung führt rückwirkend zur Nichtigkeit des Versicherungsvertrages (§142 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Unstreitig hat der Kläger in dem Veränderungsantrag vom 26. Januar 1978 der Wahrheit zuwider angegeben, er sei Stabsunteroffizier. Damit hat der Kläger eine arglistige Täuschung im Sinne des §123 BGB begangen. Seine wissentlich falsche Angabe diente nämlich dazu, der Beklagten vorzuspiegeln, er stehe noch im Dienst der Bundeswehr und erfülle noch die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft bei der Beklagten. Der Kläger war sich dessen bewußt, daß die Beklagte den Veränderungsantrag nicht hätte annehmen dürfen und auch tatsächlich nicht angenommen hätte, wenn er schon bei der Antragstellung die Wahrheit gesagt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat auch die Anfechtungsfrist von einem Jahr (§124 Abs. 1 BGB) gewahrt. Diese Frist begann mit dem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte die Täuschung entdeckte (§124 Abs. 2 BGB). Dies war hier der Zeitpunkt, als die Beklagte durch die Auskunft des Kreiswehrersatzamtes Siegen vom 30. November 1979 davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß der Kläger lediglich bis zum 21. Oktober 1975 Grundwehrdienst geleistet hatte; schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Beklagte die Täuschung schon zu einem früheren Zeitpunkt erkannt hatte. Der Senat unterstellt zugunsten des Klägers, daß seine Behauptung zutrifft, er habe die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten bereits im Sommer 1978 von seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr unterrichtet. Aus dieser telefonischen Erklärung ergab sich jedoch allenfalls, daß der Kläger im Zeitpunkt des Telefonates nicht mehr Bundeswehrangehöriger war. Hingegen war daraus nicht zu entnehmen, daß er bei der - damals schon Monate zurückliegenden - Antragstellung bewußt wahrheitswidrige Angaben, insbesondere über seinen Dienstgrad, gemacht hatte. Selbst wenn die Beklagte sich daraufhin bereit erklärt haben sollte, den Versicherungsvertrag bis zur beabsichtigten Veräußerung des Wagens weiterlaufen zu lassen, stellte dies keine Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäftes i.S. des §144 BGB dar. Es war der Beklagten daher nicht verwehrt, die Annahme des Veränderungsantrags anzufechten, als sie nachträglich erkannte, daß sie bereits bei der Antragstellung getäuscht worden war.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Anfechtungserklärung der Beklagten enthält auch keinen Verstoß gegen Treu und Glauben. Zwar hatte die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluß des Änderungsvertrages vom Kläger die Vorlage einer Bestätigung seiner Bundeswehrdienststelle verlangt, daß er noch Bundeswehrangehöriger sei. Diese Bestätigung hat der Kläger nicht eingereicht; die Beklagte ist daraufhin dieser Frage nicht weiter nachgegangen. Auf diese Weise hat die Beklagte selbst die von ihr zunächst in Aussicht genommene weitere Aufklärung unterlassen, ob der Kläger bei Abschluß des Änderungsvertrages vom Januar 1978 noch im öffentlichen Dienst stand. Gleichwohl handelte die Beklagte nicht treuwidrig, als sie sich nunmehr, nach Eintritt des Versicherungsfalls, darauf berief, dies sei nicht der Fall gewesen. Denn die unterlassene Aufklärung begründete gegen die Beklagte allenfalls einen Fahrlässigkeitsvorwurf; diese Fahrlässigkeit nahm der Beklagten nicht die Rechte, die ihr aufgrund der arglistigen Täuschung gegen den Kläger zustehen. Zumindest kann der Kläger als derjenige, der die Täuschung begangen hat, der Beklagten nicht anlasten, daß sie sich von ihm fahrlässig hat täuschen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>4.)</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der durch die Anfechtung bewirkten Nichtigkeit des Vertrages ist die Beklagte leistungsfrei geworden. §21 VVG, wonach bei Rücktritt des Versicherers seine Verpflichtung zur Leistung gleichwohl bestehen bleibt, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat, ist auf die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nicht entsprechend anwendbar (Prölss/Martin, VVG, 22. Aufl., München 1980, §21 Anm. 6).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>5.)</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auf die weiteren Fragen, ob der Versicherungsfall überhaupt eingetreten ist, und ob der Kläger den Versicherungsfall durch grobe Fahrlässigkeit selbst herbeigeführt hat, kommt es nach alledem nicht mehr an.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><b>6.)</b></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist daher im Ergebnis mit Recht abgewiesen worden; die Berufung des Klägers war mit der Kostenfolge aus §97 Abs. ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Durch dieses Urteil ist der Kläger mit 7.503,69 DM beschwert.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Da gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht stattfindet, erübrigt sich eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit.</p>
|
315,870 | olgk-1981-06-10-1-ss-7531 | {
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} | 1 Ss 75/31 | 1981-06-10T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:12 | 2019-03-27T09:42:00 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0610.1SS75.31.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision der Staatsanwaltschaft wird auf Kosten der Staatskasse verworfen, der auch die insoweit entstandenen Mehrauslagen des Angeklagten zur Last fallen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Strafrichter hat den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,-- DM verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen schloß sich der Angeklagte am 17. August 1980 den "Besetzern" des Hauses L.-F., M. Str. 2 d, an. Das seit acht Jahren leerstehende Wohnhaus war von der Stadt L. erworben und zum Abriß bestimmt worden. Als nachmittags Polizei und eine Abbruchfirma anrückten, versammelte sich der Angeklagte mit den übrien jungen Leuten auf dem Dach des Hauses. Aufforderungen der Polizei über Lautsprecher, das Haus zu räumen, ließen sie unbeachtet. Daraufhin wurde das Haus zwangsweise geräumt. Hierbei ließ sich der Angeklagte von der Polizei widerstands­los vom Dach holen und aus dem Haus führen. Eine Erlaubnis der Stadt L., das Haus zu betreten und sich dort aufzuhalten, hatte der Angeklagte nicht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er vor Eintritt in die Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht auf das Strafmaß beschränkt hat. Die Strafkammer hat den Angeklagten des Hausfriedensbruchs schuldig gesprochen, ihn verwarnt und seine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20,-- DM vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richten sich die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Während der Angeklagte mit einer Verfahrensrüge geltendgemacht, daß ein wirksamer Strafantrag fehle, rügt die Staatsanwaltschaft die Anwendung der Ver­warnung mit Strafvorbehalt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">A.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><u>Revision des Angeklagten</u></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">I.           </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Eine Oberprüfung des <u>Schuldspruchs</u> war dem Senat schon deshalb entzogen, weil der Angeklagte seine Berufung auf die Straffrage beschränkt hatte (BGHSt 24, 185,188; BGHSt 29, 359). Diese Beschränkung war wirksam, weil die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils insgesamt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erkennen lassen und eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Straffrage bilden. Der Senat hatte daher auf materiell-rechtliche Fragen zur Strafbarkeit von Hausbesetzungen als Hausfriedensbruch von vornherein nicht mehr einzugehen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">II.     </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten mußte erfolglos bleiben, weil der zur Ahndung der Tat als Hausfriedensbruch gemäß § 123 Abs. 2 StGB erforderliche <u>Strafantrag</u> vorliegend wirksam gestellt ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1. Verfahrenshindernisse sind von dem Revisionsgericht selbständig zu prüfen, und zwar nach den Grundsätzen des Freibeweises (BGHSt 16,164,166; 21,81; BGH bei Dallinger, NDR 1955, 143). Dabei wäre ein Fehlen eines Strafantrages trotz der Beschränkung der Berufung auf die Straffrage noch zu beachten gewesen (Paulus in KMR, 7.Aufl., § 318 StPO Rn. 20,22 m.weit.Nachw. ).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">2.     Wie der Senat bereits durch Urteil vom 22. Dezember 1981 - 1 Ss 739/81 - in anderer Sache (die aber den­selben Vorfall betraf) entschieden hat, ist der von der Stadt L. mit Schreiben vom 13. Oktober 1980 gestellte Strafantrag rechtswirksam. Dem am 23. Oktober 1980, also rechtzeitig, bei der Staatsanwaltschaft Köln eingegangenen Schreiben ist eine Namensliste beigefügt, unter deren Nummer 26 der Angeklagte aufgeführt ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.     Die Stadt L. war berechtigt, Strafantrag zu stellen. Sie war zur Tatzeit Eigentümerin des Grundstücks und damit Inhaberin des Hausrechts.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">4.     Der Strafantrag ist rechtswirksam gestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">a)  Juristische Personen üben ihr Antragsrecht durch ihre Organe aus, die ihren Willen innerhalb der ihnen zugewiesenen Aufgaben bilden (Mösl LK, 9.Aufl., § 61 Rn. 18; Stree in Schönke/Schröder, 20.Aufl., § 77 Rn. 14 m.weit.Nachw.). Verfassungsmäßig berufe­nes Organ zur Vertretung der Stadt L. nach außen in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten ist der Oberstadtdirektor. Dies folgt aus § 55 GemO NW, der die äußere Vertretungsmacht der Gemeinde regelt (vgl. VVO zu § 55 sowie Anm. 1 bei Rauball/Pappermann/Roters, 3.Aufl.; s.a. Kottenberg/Rehn, GO NW zu § 55 Anm. I; OLG Köln DVBl 1960, 816).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b)  Hatte der Oberstadtdirektor das Strafantragsrecht für die Stadt L. auszuüben, so brauchte er doch einen dahin­gehenden Antrag nicht persönlich zu unterzeichnen. Die Zu­lässigkeit einer Ausübung des Strafantragsrechts durch Be­dienstete folgt verwaltungsrechtlich aus dem in § 53 Abs. 1 Satz 1 GemO NW verankerten Organisationsrecht des Oberstadt­direktors und ist auch strafrechtlich stets zugelassen worden (RGSt 41, 195; 67, 47 49; RG GA 65, 116; OLG Karlsruhe OLGSt 1 zu § 303 StGB, S. 11; OLG Celle NStZ 1981,223;OLG Karlsruhe OLGSt § 303 StGB, Bl. 4).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">c)     Daß vorliegend der Sachbearbeiter X. beauftragt und ermächtigt war, für den Oberstadtdirektor den Strafan­trag der Behörde zu stellen, folgt für den Senat an sich schon aus den Schreiben des Oberstadtdirektors vom 8. und 22. Oktober 1981 (Bl. 116, 120 ff d.A.). In den persönlich unterzeichneten Schreiben erklärt der Oberstadtdirektor, daß jedenfalls nach langjähriger Verwaltungsübung "das Rechts­und Versicherungsamt verwaltungsintern beauftragt und damit auch nach außen berechtigt ist, Strafanzeigen zu erstatten und gegen Nichtbedienstete der Stadt L. Strafantrag zu stellen". Dementsprechend war vorliegend auch der Bearbeiter des Geschäftsvorfalles "Herr X. berechtigt, den Straf­antrag vom 13.10.1980 zu unterzeichnen". An der Wahrheit dieser dienstlichen Erklärungen bestehen keine Zweifel.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">d)  Die Richtigkeit der Erklärungen des Oberstadtdirektors wird zudem durch die bei den Akten befindlichen Zeichnungs­- und  Geschäftsverteilungspläne der Stadt L. bestätigt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Aus 4.5.3 Abs. 1 Satz 2 der Allgemeinen Dienst- und Geschäfts­anweisung der Stadt L. (AGA, -vgl. Bl. 135 d.A.) i.V.m. Nr. 4 der Zeichnungsregelung für das Rechts- und Versicherungs­amt vom 30.8.1979 (Bl. 138 ff d.A.) folgt, daß - sofern nicht höhere Zeichnungsregelungen eingreifen, was vorliegend nicht ersichtlich ist - der "Bearbeiter des Geschäftsvorfalls" nach außen unterschriftsberechtigt ist. Die Vertretungsbefugnis nach außen folgt damit der verwaltungsinternen Zuständigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Sachbearbeiter des Rechts- und Versicherungsamtes X. war aber auch innerdienstlich zuständig.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zunächst handelt es sich bei der Stellung eines Strafantrages für die Gemeinde um ein "einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung" i.S.v. § 28 Abs. 3 GemO NW, das im Verhältnis zwischen Rat und Gemeindedirektor als auf den Gemeindedirektor übertragen gilt, soweit nicht der Rat sich oder einem Ausschuß die Entscheidung vorbehalten hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vorliegend gehörte die Stellung des Strafantrages für die Stadt L. auch zu den "einfachen Geschäften der laufenden Verwaltung". Insoweit war allerdings mitzuberücksichtigen, daß sich der Strafantrag insgesamt gegen 59 meist jüngere Personen richtete und die Hausbesetzung vorliegend auch eine gewisse kommunalpolitische Bedeutung gehabt hat. Andererseits fiel ins Gewicht, daß es sich bei der Stadt L. um eine Groß­stadt mit hoher Einwohnerzahl, Finanzkraft und Bedeutung han­delt (vgl. zu diesen Kriterien BGH NJW 1980, 117 m.w.N.; Rauball/Pappermann/Roters aa0 § 28 Rn. 30). Für sie gehört die Stellung eines Strafantrages zur Sicherung ihrer Liegen­schaften zu den regelmäßig vorkommenden Verwaltungsgeschäften, deren Entscheidung keine größeren Schwierigkeiten bereitet und im Rahmen der kommunalen Verwaltungsübung erledigt wird (s.a. BayObLGSt 53, 185 zur Stellung des Strafantrages nach der BayGemO bei einer kleinen Gemeinde).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">e) Kommt es danach allein noch darauf an, ob innerhalb der Behörde des Oberstadtdirektors die Aufgabe der Stellung eines Strafantrages <em>gegen </em>Nichtbedienstete dem Rechtsamt übertragen war, so folgt dies aus Nr. 3.5.4.5. AGA.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Vorschrift ist das Rechtsamt für die Stadt L. zuständig für die Stellung von Strafanträgen. Zwar besagt Absatz 1 Satz 1 wörtlich nur, daß das Rechtsamt befugt sei, Strafanzeigen zu erstatten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Aus Absatz 1 Satz 2 folgt aber, daß das Rechtsamt grund­sätzlich die Dienststelle sein soll, der Anzeigesachen von anderen Dienststellen übersandt werden müssen. Dort sollen die Vorgänge ersichtlich tatsächlich und rechtlich geprüft und dann unter Federführung des Rechtsamtes von dort aus nach außen weitergeleitet werden. Schon diese Kompetenz schließt eine Zuständigkeit auch dafür ein, in diesen Sachen nach außen Erklärungen für die Stadt L. abzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ausgenommen sind allerdings die Fälle, in denen wegen Körper­verletzung oder Beleidigung eines Amtsträgers gemäß § 194 Abs. und § 232 Abs. 2 auch der Dienstvorgesetzte einen eigenen Strafantrag stellen kann. Hier sind die Vorgänge dem Personalamt vorzulegen, das dann (gleichfalls) nicht nur für eine Strafanzeige, sondern ausdrücklich auch für den Straf­antrag zuständig ist ("mit einem Strafantrag ... verbundenwerden können"). Die Kompetenzen sind danach zwischen Personal­amt und Rechtsamt aufgeteilt. Die Art der Aufteilung läßt den Rückschluß zu, daß sowohl das Personalamt als auch das Rechts­amt in den ihnen zugewiesenen Sachen zur Stellung von Straf­anzeigen und Strafanträgen zuständig sind.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dem steht die Regelung in Absatz 1 Satz 2 nicht entgegen. Hier kommen Taten in Betracht, in denen zugleich sowohl ein Bediensteter der Stadt L. als auch diese selbst unmittel­bar verletzt worden sind und daher beide ein Antragsrecht haben. Schließlich gibt die Vorschrift auch für die Fälle einen Sinn, in denen lediglich der Bedienstete ein Straf­antragsrecht hat, die Tat aber gleichwohl dienstliche Be­lange berüht und daher eine Strafanzeige durch die Stadt L. in Betracht kommt. Jedenfalls geht auch diese Vorschrift dahin, daß das Rechtsamt die Stelle ist, die innerhalb der Stadtverwaltung für die Anzeigensachen abschließend zuständig ist und unter deren Federführung Erklärungen nach außen abgegeben werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Letztlich besagt Absatz 2, daß das Rechtsamt zur Erklärungeiner Zurücknahme des Strafantrages zuständig ist. Zusammen mit den vorgenannten Regelungen läßt dies wie­derum erkennen, daß das Rechtsamt bei den ihm zugewiesenen Fällen die umfassende Zuständigkeit für die Bearbeitung von Strafanträgen nach außen hat, - eine Kompetenz, die nicht nur die Rücknahme, sondern erst recht schon die Stellung derartiger Strafanträge einschließt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Lediglich ein ergänzendes Indiz war danach, daß der Aufgaben-gliederungsplan der Stadtverwaltung nach der Tat für das Rechts- und Versicherungsamt in Nr. 14 "zur Klarstellung" dahin neugefaßt worden ist, daß jetzt die Erstattung von Strafanträgen dort auch wörtlich genannt ist.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">5. Im übrigen wird auf die zur Veröffentlichung bestimmte Senatsentscheidung vom 22. Dezember 1981 - 1 Ss 759/81 -Bezug genommen, die dem Verteidiger in vorliegender Sache bereits längere Zeit vor dem Verhandlungstermin übersandt worden war (Bl. 143, 144 d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">B.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><u>Revision der Staatsanwaltschaft </u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Auch die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß die Strafkammer den Angeklagten unter Strafvorbehalt verwarnt hat (§ 59 StGB).</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">1.  Die formellen Voraussetzungen des § 59 StGB hat die Strafkammer beachtet. Ohne Rechtsfehler hat sie ferner die begründete Erwar­tung erlangt, der Angeklagte werde künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.  Auch soweit die Strafkammer "besondere Umstände, die in der Tat und der Persönlichkeit des Täters liegen", (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) bejaht hat, ist sachliches Recht nicht ver­letzt.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Verwarnung mit Strafvorbehalt ist statthaft, wenn mildernde Umstände von besonderem Gewicht vorliegen, welche die Tat jedenfalls in einer Hinsicht aus dem Kreis vergleichbarer, ge­wöhnlich vorkommender Durchschnittsfälle so deutlich heraus­heben, daß Verschonung von Strafe angezeigt ist (BayObLG JR 1976,511 m.Anm.Zipf). Es handelt sich um eine Ausnahmevorschrift, die eng auszulegen ist, gewöhnliche Strafmilderungsgründe genügen insoweit nicht (s.a. BGH bei Dallinger,MDR 1976,14; OLG KoblenZ BA 1978,207; SenE OLGSt § 59 StGB, S.1 und 9; ebenso SenE vom 12.10.1976 - Ss 388/75-). Andererseits können an das Tatbe­standsmerkmal "besondere Umstände" in § 59 StGB nur geringere Anforderungen gestellt werden, als an das gleiche Merkmal in § 56 Abs. 2 StGB. Im Bereich des § 59 StGB geht es von vornherein nur um Straftaten von ver­hältnismäßig geringem Unrechts- und Schuldgehalt, wegen derer der Täter lediglich Geldstrafe bis zu 180 Tages­sätzen verwirkt haben kann (vgl. Dallinger a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.; Ruß LK,. 10.Aufl., § 59 Rn.5; Dreher/ Tröndle, 40.Aufl., § 59 StGB Rn. 5). Ebenso dürfen an § 59StGB nicht so hohe Anforderungen gestellt werden, daß eine Anwendung der Vorschrift praktisch nicht mehr in Betracht kommt und der gesetzgeberische Wille mißachtet würde (zur Kritik an einer zu restriktiven Auslegung vgl. Schöch, JR 1978, 74; Schreiber in Schaffstein-Festschrift, 290, Horn, NJW 1980, 106; Baumann, JW 1980, 464).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vorliegend genügen die Feststellungen den gesetzlichen Anforderungen. Der Staatsanwaltschaft ist zwar insoweit zuzustimmen, als das angefochtene Urteil teilweise allge­meine Ausführungen enthält, die für sich genommen eine Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht tragen würden. So könnten "besondere Umstände" nicht generell stets schon darin gefunden werden, daß Hausbesetzungen eine "Zeiterscheinung" sind und als Reaktion, der Jugend auf wohnungspolitische Mißstände oder kommunale Fehlplanungen zu verstehen seien. Hierzu läßt die Staatsanwaltschaft aber außer Betracht, daß dahingehende Formulierungen des Urteils nicht isoliert verstanden werden können. Es handelt sich vielmehr um Wertungen, welche die Strafkammer auf der Grundlage der Feststellungen zum konkreten Tatgeschehen angestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">So hat sich die Strafkammer hinsichtlich der festge­stellten Besonderheiten zur Persönlichkeit des Täters ersichtlich darauf gestützt, daß der Angeklagte ein zur Tatzeit erst 23jähriger Student war, der als Fakultätssprecher für die Medizinische Fakultät gesellschaftlichen Einsatz bewiesen hat und in keiner Hinsicht vorbestraft ist, Sein Motiv war uneigennützig und entsprang seiner Überzeugung, sich für die Schaffung und Erhaltung preisgünstigen Wohnraums einsetzen zu sollen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zur T a t liegen festgestellte Besonderheiten darin, daß sich der Angeklagte nur wenige Stunden in dem Gebäude aufgehalten hat, daß es sich um ein nicht mehr bewohntes Haus handelte, das seit acht Jahren leerstand und nunmehr abgerissen werden sollte. Zudem habe der Angeklagte ein Mißverständnis zwischen Polizei und Stadtverwaltung für möglich gehalten; bis zuletzt habe er gehofft, die Stadt L. hätte eine Genehmigung zur Renovierung des Hauses durch die Besetzer doch erteilt oder werde eine Nutzung des Hauses noch stillschweigend dulden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Danach wertet die Strafkammer die Tät zur Recht als an der unteren Grenze des in Fällen des Hausfriedensbruchs denkbaren Unrechts- und Schuldgehalts liegend. Im Vergleich mit anderen Störungen aus dem kriminologischen Erscheinungsbild des Hausfriedensbruchs - etwa dem Eindringen in bewohnte Häuser oder Wohnungen, dem unbefugten Verweilen in Geschäfts- oder Büroräumen, Bahnhöfen usw. - ist vorliegend die soziale Funktion des befriedeten Besitztums tatsächlich allenfalls noch minimal gestört worden. Dies gilt schon ohne Rücksicht auf unterschiedliche rechtliche Auffassungen hin­sichtlich des in § 123 StGB geschützten Rechtsguts (vgl.Schäfer LK, § 123 StGB Rn. 1 ff m.weit.Nachw.) oder neuen Tendenzen zu einer restriktiven Auslegung des Tatbestandsmerkmais "beriede­tes Besitztum" (hierzu Engels, DuR 1981,293 m.weit.Nachw.). Rein ordnungsbehördliche Gesichtspunkte der Tat hatten zur Frage des Schuldgehalts nach § 123 StGB ohnehin außer Betracht zu bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">3. Ohne Rechtsfehler ist die Kammer schließlich auch zu der Überzeugung gelangt, daß vorliegend die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zur Strafe nicht gebietet (§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Dies wäre nur anzunehmen gewesen, wenn eine bloße Verwarnung bei Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalles für das allgemeine Rechtsempfinden unverständlich erscheinen müßte und das Vertrauen der Bevölkerung in die Unver­brüchlichkeit des Rechts und in den Schutz der Rechts­ordnung erschüttert werden könnte (Ruß LK a.a.O., Rn. 7). Generalpräventive Erwägungen dürfen allerdings nicht dazu führen, bestimmte Tatbestandsgruppen schlechthin von der Möglichkeit einer Verwarnung mit Strafvorbehalt auszu­schließen (Dreher/Tröndle,40.Aufl, § 59 StGB Rn, 4; Ruß LK a.a.O. ; OLG Cello NsRpfl. 1977,90). Dies gilt auch hinsichtlich von Taten mit geringem Unrechts-und Schuld­gehalt, die von gesellschaftspolitisch motivierten Überzeugungstätern begangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Auch hier greifen Bedenken gegen die Urteilsgründe letztlich nicht durch. Insbesondere sieht der Senat keinen Rechtsfehler darin, daß die Strafkammer zu Beginn ihrer diesbezüglichen Ausführungen allgemein wiederholt hat, daß es bei der Tat "zu keinerlei Gewalttätigkeiten oder Beleidigungen gegenüber der Polizei gekommen ist". Die Staatsanwaltschaft weist zwar richtig darauf hin, daß in die Wertung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB nur fallbezogene Umstände einfließen dürfen. Die der beanstandeten Formulierung nachfolgenden Sätze machen aber deutlich, daß die Strafkammer lediglich den "Hinter­grund, vor dem die Tat des Angeklagten zu sehen ist" hervorgehoben hat (UA S. 5). Der negativ formulierte Eingang soll danach lediglich den geringen Unrechtsgehalt der Tat herausstellen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Insgesamt bringt die Strafkammer ihre auf der Grundlage der konkreten Feststellungen gewonnene Überzeugung zum Ausdruck, daß eine bloße Verwarnung mit Strafvorbehalt von einer über den Sachverhalt unterrichteten Bevölkerung verstanden würde. Einer solchen Wertung liegt letztlich eine tatsächlich Be­urteilung zugrunde, die vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren zu respektieren ist(Ruß LK a. O. 2n. 12;s.a. BGH bei Holtz, MDR 1979, 987; s.a. BGH NJ7 1976, 1413; BGH NJW 1977, 639; BGH NStZ 1981, 434; OLG Schleswig SchlHA. 1977, 178).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Diese Grenze ist vorliegend jedenfalls nicht überschritten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">C.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, 2, 3 StPO (vgl. Schäfer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., § 473 StPO Rn. 66).</p>
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315,871 | olgk-1981-06-04-23-wlw-1480 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 WLw 14/80 | 1981-06-04T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:13 | 2019-03-27T09:42:00 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0604.23WLW14.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluß des Amtsgerichts</p>
<p>- Landwirtschaftsgericht - Geldern vom 23. Juli 1980 - LwG 1/80 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 1) zu tragen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 2) bis 4) verkauften durch notariellenVertrag vom 19.3.1980 vor Notar H in E - URNr. xxx/80 an die Beteiligte zu 1) das 10.923 qm große landwirtschaftliche Grundstück Gemarkung J Flur 9 Nr. xx, eingetragen im Grundbuch von J (Amtsgericht Geldern) Blatt 0xxx, zum Preise von 109.230,-- DM. Mit Schreiben vom 26.3.1980 - eingegangen am 28.3.1980 ‑ suchte der beurkundende Notar bei dem Geschäftsführer der Kreisstelle L der Landwirtschaftskammer S um die Genehmigung der Veräußerung nach. Mit Bescheid vom 25.4.1980 versagte der Geschäftsführer der Kreisstelle die Genehmigung unter Berufung auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG: Die Beteiligte zu 1) betreibe nicht Landwirtschaft; hingegen sei ein hauptberuflicher Landwirt (Gartenbau) am Erwerb des Grundstücks zu den im Vertrag genannten Bedingungen interessiert.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen ihr am 28.4.1980 zugestellen Bescheid hat die Beteiligte zu 1) mit einem am 3.5.1980 beim Amtsgericht Geldern eingegangenen Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Amtsgericht hat nach Vernehmung des als Kaufinteressenten benannten Zeugen W sen. und Besichtigung von dessen Gartenbaubetrieb durch Beschluß vom 23.7.1980, auf den Bezug genommen wird, den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diesen ihr selbst am 2.8. und ihren Verfahrensbevollmächtigten am 4.8.1980 zugestellten Beschluß hat die Beteiligte zu 1) am 5.8.1980 sofortige Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">den Beschluß des Amtsgerichts Geldern vom 23.7.1980 aufzuheben und die Grundstücksverkehrsgenehmigung bezüglich des Vertrages vor Notar H, E, URNr. xxx/80, zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Vertreter der Genehmigungsbehörde und der Landwirtschaftskammer S haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen W jun., W sen. und G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 11.2. und 28.4.1981 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsmittel ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 22, 9 LwVG, 21, 22 Abs. 1 PGG), hat aber in der Sache selbst keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">1.) Die Grundstücksveräußerung ist genehmigungspflichtig; eine der in § 4 GrdstVG umschriebenen Ausnahmen hiervonliegt nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Genehmigung ist auch nicht nach § 6 Abs. 2 GrdstVG infolge Fristablaufs als erteilt anzusehen. Die Fiktion konnte nicht eintreten, weil der Versagungsbescheid innerhalb der gesetzlich bestimmten Monatsfrist (§ 6 Abs. 1GrdstVG) den Veräußerern zugestellt worden ist. Zwar liegt ein - auf den 26.4.1980 datierter - Zustellungsnachweis nur bezüglich der Beteiligten zu 2) vor. Das ist jedoch unschädlich, weil ohnehin an den Notar als Bevollmächtigten der Verkäufer zuzustellen war und fristgerecht zugestellt worden ist. Auf Zustellungen seitens der Landwirtschaftsbehörden in Nordrhein-Westfalen findet das Landeszustellungsgesetz (LZG) Anwendung (vgl. Pikalo-Bendel § 6 GrdstVG Anm. E V 1 b Seite 441), das seinerseits auf §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (VwZG) verweist. Nach § 8 Abs. 1 VwZG ist die Zustellung an den fürbestimmte Angelegenheiten bestellten Vertreter zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Diese Voraussetzung lag in Bezug auf den beurkundenden Notar vor. Gemäß § 6 des der Genehmigungsbehörde in beglaubigter Fotokopie vorgelegten Kaufvertrags war er beauftragt und damit auch bevollmächtigt, u.a. die zu dem Vertrag erforderliche Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz einzuholen. Mit dieser Regelung brachten die Vertragsschließenden zum Ausdruck, daß sie darauf verzichteten, das Genehmigungsverfahren selbst zu betreiben, dies vielmehr ohne Vorbehalt dem Notar überließen, was zur Folge hatte, daß auch nur an ihn die Zustellung des Bescheides zu bewirken war. Dabei kann nicht zweifelhaft sein, daß die Zustellungspflicht sich sowohl auf einen positiven als auch auf einen negativen, die Genehmigung versagenden Bescheid bezog (vgl. BGH RdL 63, 90, 92).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Allerdings läßt sich auch, soweit es den Notar betrifft, eine formgerechte Zustellung des Bescheids nicht nachweisen. Jedoch ist der Mangel gemäß § 9 Abs. 1 VwZG als geheilt anzusehen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 11.2.1981 erklärt, Notar H habe seiner Mandantin mit Schreiben vom 28.4.1980 die Versagung der Genehmigung mitgeteilt. Damit ist bewiesen, daß der Notar den Bescheid spätestens am 28.4.1980 erhalten hat. Die Heilung des Zustellungsmangels ist nicht durch § 9 Abs. 2 VwZG gehindert. Soweit allerdings die Frist für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 22 Abs. 1 GrdstVG) in Lauf gesetzt wurde, bleibt es nach dieser Vorschrift bei dem Erfordernis der formgerechten Zustellung. Das schließt jedoch die Heilung nicht aus, soweit dem gleichen Vorgang eine andere als in § 9 Abs. 2 VwZG beschriebene Wirkung - hier: die Verhinderung der Genehmigungsfiktion - zukommt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">2.) Da die Voraussetzungen für einen Genehmigungszwang gemäß § 8 GrdstVG nicht vorliegen, hängt die Entscheidung davon ab, ob einer der in § 9 Abs. 1 GrdstVG genannten Versagungsgründe gegeben ist. Das Amtsgericht hat die Genehmigung zu Recht mit der Begründung versagt, daß die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG). Die Beteiligte zu 1) betreibt keine Landwirtschaft. Das gleiche gilt für ihren Adoptivsohn, dem sie nach ihrem Vortrag das gekaufte Land zur Verfügung stellen will. Nach seinen Angaben vor dem Amtsgericht betreibt er hauptberuflich in E Imbißstuben und eine Getränkehalle. Er ist Eigentümer eines der gekauften Fläche benachbarten Grundstücks, auf dem er 2 Pferde, 2 Schweine, 50 - 100 Hühner, 20 Kaninchen, 2 Fasane und 2 Wachteln hält. Es bedarf keiner näheren Begründung, daß es sich dabei nicht um eine planmäßige landwirtschaftliche Erwerbstätigkeit handelt, selbst wenn, wie der Sohn angegeben hat, die Eier, die seine Hühner legen, in dem Gewerbebetrieb in E verkauft werden. Allerdings hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 4.6.1981 unter Vorlage eines Kaufvertrags und einer Bescheinigung des Abendgymnasiums der Stadt E erklärt, er habe seine hauptberufliche Tätigkeit aufgegeben, wolle das Abitur nachmachen und anschließend Landwirtschaft studieren. Der Erfolg dieses, hinsichtlich der genauen Zielsetzung auch völlig unklaren Unternehmens ist indessen ungewiß, so daß es bei der Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Verkaufs unberücksichtigt bleiben muß.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. NJW 75, 2192) ist der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung des Grund und Bodens beim Erwerb durch Nichtlandwirte stets dann gegeben, wenn erwerbsbedürftige, erwerbsbereite und erwerbsfähige hauptberufliche Landwirte vorhanden sind. Diese Voraussetzung liegt in der Person des Zeugen W sen. vor. Der Zeuge hat schon vor dem Amtsgericht und wiederholt vor dem beauftragten Richter des Senats glaubhaft bekundet, er sei bereit, das Grundstück zu den im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen, insbesondere zu dem vereinbarten Kaufpreis von 10,-- DM pro Quadratmeter zu erwerben. Nichts anderes ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen G, der als Makler zwischen den Beteiligten zu 2) bis 4) und dem Zeugen W tätig gewesen ist. Dabei fällt nicht entscheidend ins Gewicht, daß der letztgenannte Zeuge früher einmal in seinem Entschluß geschwankt, ein früheres Verkaufsangebot zu 15,-- DM pro qm abgelehnt und geäußert hat, auch ein Preis von 10,-- DM sei sehr hoch mit Rücksicht darauf, daß er in das Grundstück, dessen Mutterboden abgetragen worden ist, viel hineinstecken müsse. Für die Frage der Erwerbsbereitschaft kommt es auf die Sachlage im Zeitpunkt der (letzten) gerichtlichen Tatsachenentscheidung an. Ist - wie dargelegt - der Zeuge W jetzt ernsthaft zum Ankauf bereit, muß das bei Prüfung der Frage, welche Bodenverteilung die gesunde ist, Berücksichtigung finden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat auch die Überzeugung gewonnen, daß der Zeuge den vereinbarten Kaufpreis bezahlen kann. Der Vertreter der Kreisstelle L der Landwirtschaftskammer S hat in der mündlichen Verhandlung vom 4.6.1981 ausgeführt, er halte den Zeugen aufgrund der Entwicklung seines Betriebs und der Tatsache, daß er schon in der Vergangenheit einiges Land zugekauft habe, für durchaus finanzkräftig. Es besteht angesichts dessen kein Grund, daran zu zweifeln, daß er den Kaufpreis für das hier in Rede stehende Gelände aufbringen kann.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ist schließlich auch als hauptberuflicher LanWirt erwerbsbedürftig. Es kann unentschieden bleiben, ob der Betrieb in seiner bisherigen Struktur, die in der Form der Landschaftsgärtnerei und des Verkaufs anderweitig beschaffter Blumen und Pflanzen einen erheblichen gewerblichen Anteil aufweist, als landwirtschaftliches Unternehmen und deshalb z.B. die Betriebsfläche als Hof im Sinne der Höfeordnung anzusehen ist. Wie sich nämlich den übereinstimmenden glaubhaften Bekundungen der Zeugen W sen. und jun. entnehmen läßt, ist das Unternehmen per 1.1.1981 dergestalt aufgeteilt worden, daß der Sohn die Landschaftsgestaltung übernommen hat, während der Vater auf einem Teil der Betriebsgrundstücke sowie dem anderweitig zugekauften Land die Baumschule, also den rein landwirtschaftlichen ehemaligen Betriebszweig, betreibt. Daß dies, wie der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) ausgeführt hat, nur ein "Etikettenschwindel" sein sollte, ist eine bloße Vermutung, die sich durch konkrete Tatsachen nicht erhärten läßt. Fest steht andererseits nach den Ausführungen des Vertreters der Kreisstelle L, daß der Baumschulbetrieb schon bisher gut geführt und nach Aufstockung durch das auch rein räumlich zum bisherigen Betrieb günstig liegende Gelände weiter entwicklungsfähig ist. Damit steht die Voraussetzung der Erwerbsbedürftigkeit fest.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 LwVG.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß wird nicht zugelassen, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 24 Abs. 1 Satz 2 LwVG).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert:              109.230,-- DM.</p>
|
315,872 | olgham-1981-06-03-20-u-181 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 1/81 | 1981-06-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:15 | 2019-03-27T09:42:00 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0603.20U1.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. November 1980 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine Krankenhaustagegeldversicherung. Gegenstand des Versicherungsvertrages sind die Musterbedingungen 1976 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Anfang November 1979 stellte Dr. ... bei dem 5-jährigen Sohn ... der Klägerin ein überwiegend psychosomatisch bedingtes Asthmaleiden und bei der Klägerin selbst ausgeprägte psychosomatische Fehlregulationen fest. Er hielt deshalb eine gemeinsame Kur von Mutter und Kind in einem geeigneten Sanatorium für dringend erforderlich. Es stellte sich dann jedoch als sehr schwierig heraus, ein Sanatorium zu finden, das bereit war, Mutter und Kind gemeinsam aufzunehmen. Während die Bemühungen um ein geeignetes Sanatorium noch anhielten, begann die Klägerin Anfang Mai 1980 wechselnde rechtsseitige Oberbauchbeschwerden zu klagen. Der von ihr aufgesuchte Dr. ... deutete diese Beschwerden im Sinne einer abklingenden Hepatopathie. Er hielt zur weiteren Diagnostik und Therapie eine stationäre Behandlung für erforderlich, sah von der Einweisung in eine Klinik jedoch im Hinblick auf den ohnehin geplanten Sanatoriumsaufenthalt ab. Da die Bemühungen der Klägerin wegen eines geeigneten Sanatoriums weiterhin keinen Erfolg hatten, setzte sich Dr. ... mit der ihm bekannten Fachklinik ... in Verbindung. Diese erklärte sich daraufhin am 14. Mai 1980 bereit, die Klägerin am 21. Mai 1980 aufzunehmen. Die Klägerin wurde in dieser Klinik vom 21. Mai bis 1. August 1980 stationär behandelt. Nach dem Abschlußbericht der Klinik vom 4. September 1980 erfolgte die Behandlung wegen depressiver Verstimmung, Carcinophobie und neurotischer Fehlentwicklung. Irgendeine organische Ursache der Schmerzen im Oberbauch, insbesondere ein Leberleiden, wurde nicht festgestellt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Bei der internistisch-psychosomatischen Fachklinik ... handelt es sich um eine Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt (sog. gemischte Anstalt). Mit Scheiben vom 14. Mai 1980 bat die Klägerin die Beklagte um Mitteilung, ob sie wegen des am 21. Mai 1980 beginnenden sechswöchigen Sanatoriumsaufenthalts in der Fachklinik ... einen Anspruch auf Krankenhaustagegeld habe. Darauf antwortete die Beklagte unter dem 28. Mai 1980, daß für einen Sanatoriumsaufenthalt kein Krankenhaustagegeld gezahlt werde und daß ein freiwilliger Zuschuß schon deshalb nicht in Betracht komme, weil er nicht vor Behandlungsbeginn zugesagt worden sei. Mit Schreiben vom 13. Juni 1980 bat der Ehemann der Klägerin die Beklagte um Überprüfung ihres ablehnenden Standpunktes, da durch die kurzfristige Einweisung seiner Ehefrau in ein Sanatorium der sonst erforderliche Krankenhausaufenthalt wegen eines Leberleidens vermieden worden sei. Die Beklagte hielt jedoch an ihrer Ansicht fest, daß für einen Sanatoriumsaufenthalt kein Anspruch auf Krankenhaustagegeld bestehe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage verlangt die Klägerin ein Krankenhaustagegeld von täglich 60,- DM für 72 Tage (= 4.320,- DM). Die Beklagte verweigert die Zahlung, weil es sich um eine Kur- und Sanatoriumsbehandlung gehandelt habe und weil eine Zusage tariflicher Leistungen vor Beginn der Behandlung in der gemischten Anstalt fehle (§§5 Nr. 1 d, 4 Nr. 5 MB/KK).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat vorgetragen: Bei dem Aufenthalt in der Fachklinik Hochsauerland habe es sich um eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung und nicht um eine Kur gehandelt. Eine ambulante Behandlung der psychosomatischen Störung und der akuten Leberentzündung sei nicht möglich gewesen. Auf das Fehlen der Zusage nach §4 Nr. 5 MB/KK könne sich die Beklagte nach Treu und Glauben nicht berufen. Sie - die Klägerin - habe die Beklagte sofort, nämlich noch an demselben Tage, an dem die Fachklinik sich zu einer Behandlung bereit erklärt habe, von der beabsichtigten Behandlung informiert. Es sei ihr nicht zuzumuten gewesen, die Entscheidung der Beklagten abzuwarten, nachdem sie sich monatelang bei akuten, sich ständig verschlimmernden Beschwerden vergeblich um einen geeigneten Klinikplatz bemüht habe.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.320,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat vorgetragen: Bei dem Aufenthalt der Klägerin in der Fachklinik ... habe es sich um einen Sanatoriums aufenthalt gehandelt. Das ergebe sich schon allein aus dem Schreiben der Klägerin vom 14. Mai 1980 und dem ihres Ehemannes vom 13. Juni 1980, in denen jeweils ein Sanatoriumsaufenthalt angezeigt werde. Ein Leberleiden habe nicht vorgelegen, wie aus dem Abschlußbericht der Fachklinik zu entnehmen sei. Ihre - der Beklagten - Leistungspflicht werde auch durch §4 Nr. 5 MB/KK ausgeschlossen, denn sie habe vor Behandlungsbeginn keine Leistungen zugesagt. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, daß sie die Zusage nicht mehr rechtzeitig vor Behandlungsbeginn habe einholen können. Es habe nämlich die Möglichkeit bestanden, sie - die Beklagte - schon früher von der beabsichtigten Behandlung in einer gemischten Anstalt wenigstens allgemein ins Bild zu setzen, so daß ihr eine schnellere Entscheidung möglich gewesen wäre, als die in Betracht kommende Klinik festgestanden habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat in seinem am 5. November 1980 verkündeten Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen, weil die Klägerin eine gemischte Anstalt ohne die vorherige schriftliche Leistungszusage der Beklagten aufgesucht habe.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend vor: Die Leistungsverweigerung der Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben. Wegen der von Dr. ... festgestellten Leberentzündung sei damals eine sofortige stationäre Unterbringung in einer Klinik erforderlich gewesen. Ohne diese zusätzliche Erkrankung hätte sie - die Klägerin - eine stationäre Behandlung erst angetreten, wenn ein Platz für sie und ihren Sohn in einem geeigneten Sanatorium frei geworden sei. Da es ihr wegen der unvorhersehbaren kurzfristigen Einweisung gar nicht möglich gewesen sei, die Leistungszusage der Beklagten noch vor Behandlungsbeginn einzuholen, könne diese sich jetzt auf das Fehlen nicht berufen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.320,- DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und weist insbesondere darauf hin, daß eine Leberentzündung auch nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht vorgelegen habe.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Klägerin ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Klägerin hat wegen ihrer stationären Behandlung in der Fachklinik ... (21. Mai bis 1. August 1980) keinen Anspruch auf Zahlung eines Krankenhaustagegeldes gegen de Beklagte. Die Leistungspflicht der Beklagten wird durch §4 Nr. 5 MB/KK ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift werden die tariflichen Leistungen für eine medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführen, nur gewährt, wenn der Versicherer die Leistungen vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen, unter denen der Versicherer nach §4 Nr. 5 MB/KK leistungsfrei ist, liegen nach dem unstreitigen Parteivortrag an sich vor. Bei der Fachklinik ... handelt es sich um eine Krankenanstalt, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführt. Die Beklagte hat der Klägerin für eine Behandlung in dieser Klinik ihre tariflichen Leistungen (Krankenhaustagegeld) nie, insbesondere nicht vor Beginn der Behandlung, zugesagt. Für das Eingreifen des §4 Nr. 5 MB/KK kommt es nicht darauf an, ob den Versicherungsnehmer ein Verschulden trifft. Es ist somit grundsätzlich ohne Bedeutung, ob der Versicherungsnehmer das Erfordernis einer vorherigen Zusage, insbesondere also das Vorliegen einer gemischten Anstalt, gekannt hat und ob er in der Lage war, die Zusage des Versicherers noch vor Behandlungsbeginn einzuholen. Das findet seinen Grund darin, daß §4 Nr. 5 MB/KK keine (verhüllte) Obliegenheit des Inhalts, daß der Versicherungsnehmer sich in einer gemischten Anstalt nur mit Einwilligung des Versicherers stationär behandeln lassen darf, regelt, sondern vielmehr eine Risikobeschränkung (Prölss-Martin, 22. Aufl., §4 MB/KK Anm. 4; OLG Nürnberg VersR 76, 725; Senat VersR 77, 1150). Diese Risikobeschränkung hat zum Inhalt, daß die stationäre Behandlung in einer gemischten Anstalt ohne vorherige Leistungszusage vom Versicherungsschutz nicht umfaßt wird, ohne daß es grundsätzlich darauf ankäme, worauf das Fehlen der Leistungszusage im einzelnen Fall beruht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Unter diesen Umständen könnte sich, was die Klägerin auch gar nicht verkennt, eine Leistungspflicht der Beklagten nur aus Treu und Glauben (§242 BGB) ergeben. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer kann sich gegenüber §4 Nr. 5 MB/KK nicht darauf berufen, er habe die Kureinrichtungen der gemischten Anstalt nicht in Anspruch genommen, er habe sich vielmehr einer medizinisch notwendigen stationären Heilbehandlung unterzogen. Eine Zulassung dieses Einwandes würde dem Zweck des §4 Nr. 5 MB/KX zuwiderlaufen, der gerade darin besteht, den Versicherer vor einer nachträglichen, schwierigen und risikoreichen Prüfung zu bewahren, ob eine medizinisch notwendige Heilbehandlung oder eine Kurbehandlung stattgefunden hat (BGH VersR 71, 949). Unter diesen Umständen kann die Klägerin auch nicht geltend machen, durch den Aufenthalt in der Fachklinik sei die sonst wegen ihres Leberleidens erforderliche stationäre Behandlung in einem Krankenhaus vermieden worden. Der sich daraus ergebende Streit der Parteien ist nämlich mit der Streitfrage identisch, ob eine stationäre Heilbehandlung oder eine Kurbehandlung erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin will darauf hinaus, daß die Beklagte auch deshalb nach Treu und Glauben leistungspflichtig sei, weil sie - die Klägerin - einerseits den Platz in der Fachklinik so kurzfristig erhalten habe, daß eine rechtzeitige Einholung der Leistungszusage nicht mehr möglich gewesen sei, und weil sie andererseits den Beginn der Behandlung wegen des akuten Leberleidens auch nicht habe aufschieben können. Diese Argumentation geht fehl. Der Versicherer verstößt grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben, wenn er die Leistung gemäß §4 Nr. 5 MB/KK verweigert, obwohl der Versicherungsnehmer es schuldlos versäumt hat, vor der Behandlung eine Leistungszusage einzuholen. Die Versäumung einer vorherigen Klärung liegt im Risikobereich des Versicherungsnehmers (Senat VersR 77, 1150). Der Versicherer hat zur Vermeidung nachträglicher schwieriger Streitigkeiten ein anzuerkennendes Interesse daran, den jeweiligen Fall vor Verhandlungsbeginn prüfen und über eine eventuelle Leistung nach seinem Ermessen entscheiden zu können. Diese Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis kann dem Versicherer grundsätzlich nicht dadurch genommen werden, daß der Versicherungsnehmer es, wenn auch schuldlos, unterläßt, vor Behandlungsbeginn die Leistungszusage zu erbitten. Etwas anderes kann nur unter ganz besonderen, hier nicht vorliegenden Umständen gelten. Das ist angenommen worden, wenn der Versicherungsnehmer aus akutem Anlaß in die gemischte Anstalt eingeliefert worden ist (Prölss-Martin a.a.O.). Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn der Versicherungsnehmer wegen eines lebensbedrohenden Herzanfalls sofort stationär behandelt werden muß, das einzige in Betracht kommende Krankenhaus aber eine gemischte Anstalt ist. Unter solchen Umständen ist dem Versicherer ein Verzicht auf eine Klärung vor Behandlungsbeginn zuzumuten; einmal läßt sich ein Notfall im allgemeinen auch nachträglich noch recht einfach feststellen und zum anderen ist auch davon auszugehen, daß der Versicherer der Behandlung eines akuten Falles in der gemischten Anstalt bei vorheriger Benachrichtigung zugestimmt hätte. Ein mit dieser Situation vergleichbarer Fall liegt hier aber nicht vor. Es ist schon nicht dargetan, daß die Behandlung der diagnostizierten abklingenden Hepatopathie überhaupt besonders dringend war. Immerhin hat Dr. ... statt die Klägerin sofort in das nächste Krankenhaus einzuweisen, sich um eine Aufnahme der Klägerin in die Fachklinik ... bemüht. Unstreitig war die Fachklinik auch nicht das einzige für die Behandlung des Leberleidens in Betracht kommende Krankenhaus; die ... Krankenhäuser waren von ... aus sicherlich schneller und bequemer zu erreichen. Schließlich ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte, wäre sie rechtzeitig vor Behandlungsbeginn um eine Leistungszusage gebeten worden, diese auch gegeben hätte. Die Diagnose einer abklingenden Hepatopathie ... und psychosomatischer Fehlregulationen ... ließ es jedenfalls nicht als ausgeschlossen erscheinen, daß die Klägerin primär einen Kuraufenthalt beabsichtigte. Im übrigen ist noch zu berücksichtigen, daß dann, wenn die Leistungspflicht des Versicherers entgegen §4 Nr. 5 MB/KK wegen einer Einlieferung aus akuten Anlaß bejaht wird, eine alsbaldige nachträgliche Information des Versicherers zu verlangen ist (Prölss-Martin, a.a.O.). Auch daran fehlt es aber hier; die Klägerin und ihr Ehemann haben der Beklagten während der Behandlung in der Fachklinik nur eine Sanatoriumsbehandlung, nicht aber eine medizinisch notwendige Heilbehandlung angezeigt.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §97 I ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht erforderlich, da nach dem Ermessen des Senats die Revisionssumme unzweifelhaft nicht erreicht wird. Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 4.320,- DM.</p>
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315,873 | olgham-1981-06-03-5-uf-63979 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 639/79 | 1981-06-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:16 | 2019-03-27T09:42:00 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0603.5UF639.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragstellerin vom 20, Dezember 1979 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Iserlohn vom 30. Oktober 1979 wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin zu 2/3 und der Antragsgegner zu 1/3 zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird bis zum 3. Februar 1981 auf 2,207,20 DM sind ab 4. Februar 1981 auf 1.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien, die Antragstellerin am 17. Juli 1950 und der Antragsgegner am 17. November 1946 geboren, haben am 27. August 1971 die Ehe geschlossen, aus der ein Kind hervorgegangen ist (xxx, geboren am 30. August 1973).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf einen am 11. Oktober 1977 rechtshängig gewordenen Scheidungsantrag hat das Amtsgericht durch Urteil vom 20. Februar 1979 rechtskräftig seit dem 12. März 1979 die Ehe der Parteien geschieden und die elterliche Sorge geregelt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Versorgungsausgleich war abgetrennt (§ 628 ZPO) und ist durch den angefochtenen Beschluß vom 30. Oktober 1979, auf den im einzelnen verwiesen wird, dahin durchgeführt worden, daß von dem Rentenkonto des Antragsgegners bei der beteiligten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Anwartschaften in Höhe von monatlich 100,60 DM (bezogen auf den 30. September 1977) auf das Rentenkonto der Antragsteller in bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übertragen worden sind. Anwartschaften des Antragsgegners bei der Rheinischen Versorgungskasse beim Landschaftsverband Rheinland in auf eine Zusatzversorgung hat das Amtsgericht als noch nicht unverfallbar in die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nicht mit einbezogen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung vom 30. Oktober 1979 haben beide Parteien Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung über den Versorgungsausgleich geltend gemacht und beantragt, einen Versorgungsausgleich nicht stattfinden zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Er hat seine Beschwerde am 4. Februar 1981 zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin möchte die Zusatzversorgung des Antragsgegners bei der Rheinischen Versorgungskasse in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen haben. Sie beantragt außerdem, insoweit den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die beteiligte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte stellt keine Anträge.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Antragsgegner seine Beschwerde zurückgenommen hat, ist insoweit nur noch über die Kosten zu befinden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Über die Beschwerde der Antragstellerin ist sachlich zu entscheiden. Das Rechtsmittel ist zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin (mit Schriftsatz, vom 5. Februar 1981 in Verbindung mit dem Schreiben vom 27, Januar 1981) die Zusatzversorgung des Antragsgegners xxx bei der Rheinischen Versorgungskasse in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen wissen will, ist dem nicht zu folgen. Zu Recht hat das Amtsgericht diese Versorgungsanwartschaft insoweit nicht berücksichtigt weil, sie noch nicht unverfallbar ist (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der vom Senat eingeholten ergänzenden Auskunft der Rheinischen Zusatzversorgungskasse für Gemeinden und Gemeinde-Verbände - Sonderkasse der Rheinischen Versorgungskasse - vom 11, März 1981 steht auch heute fest, daß die vom Antragsgegner erworbene Anwartschaft noch nicht unverfallbar ist, weil die satzungsmäßige Wartezeit nicht erfüllt ist. Damit kommt aber eine Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Es finden vielmehr nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die Zusatzversorgung des Antragsgegners sei keine private Betriebsrente, sondern eine Pflichtzusatzversicherung im öffentlichen Dienst, trifft dies zwar zu. Gleichwohl ist diese Versorgung aber hier nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen. Die Begriffe öffentlicher Dienst und öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich decken sich nicht. Das eine ist vom anderen völlig unabhängig, etwas ganz anderes. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Auch Anwartschaften auf Leistungen aus einer zusätzlichen Versorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes, sind Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wie sich aus § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB klar ergibt. Wie im öffentlichen Dienst erworbene Versorgungsanwartschaften im Einzelfall - bei Vorliegen der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen - nicht in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen sind, so können andererseits auch private Versorgungsanwartschaften in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einfließen wie überhaupt regelmäßig der öffentlich-rechtliche Ausgleich stattfindet und nur ausnahmsweise der schuldrechtliche unabhängig davon, oh .einer der Ehegatten im "öffentlichen" Dienst tätig war.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Begehren der Antragstellerin auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs ist in der Beschwerdeinstanz unzulässig, wie der Senat bereits in der Armenrechtsentscheidung vom 15. Dezember 1980 (veröffentlicht in FamRZ 1981, 375) ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach § 621 a ZPO richtet sich das Verfahren über den Versorgungsausgleich nach den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind neue Anträge in der Beschwerdeinstanz, die die Angelegenheit zu einer anderen machen als derjenigen, welche Gegenstand der Entscheidung erster Instanz gewesen ist, nicht zulässig (Keidel/Kuntze/Winkler FGG 11. Aufl. § 23 Rn. 3; Jansen FGG 2. Aufl. § 23 Rn, 4). Ein neuer Antrag muß deshalb wieder beim Gericht erster Instanz gestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das beim Familiengericht im vorliegenden Rechtsstreit bislang betriebene Verfahren über den Versorgungsausgleich der Parteien betraf nur den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich der im Amtsverfahren durchzuführen ist (§ 623 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, um den es hier geht, ist dagegen nur auf Antrag durchzuführen (§ 1587 f BGB) und hätte nach § 623 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz in den Verbund einbezogen werden müssen. Das ist nicht geschehen. Ausweislich der Terminprotokolle des Amtsgerichts vom 13. Dezember 1977 und vom 14. Februar 1979 hat die Antragstellerin nur den Scheidungsantrag aus dem Schriftsatz vom 7. Oktober 1977 gestellt. Soweit in diesem Schriftsatz auf die Antragsschrift vom 14. Juli 1977 Bezug genommen worden ist, ändert das nichts. In der Antragsschrift heißt es (formularmäßig) nur: </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">"Der Versorgungsausgleich ist vorzunehmen. Angaben zum Versorgungsausgleich werden nachgereicht." </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Darin liegt kein Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs. Dies hätte vielmehr ausdrücklich beantragt werden müssen. Nachdem das Amtsgericht die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt hatte, hätte der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs jedenfalls auf das gerichtliche Schreiben vom 6. Oktober 1979 hin gestellt werden müssen, in dem das Amtsgericht mitgeteilt hatte, es beabsichtige nunmehr, über den Versorgungsausgleich zu entscheiden, und angefragt hatte, ob ohne erneute mündliche Verhandlung entschieden werden könne. Auch dann ist der Antrag nicht gestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Jetzt in der Beschwerdeinstanz kann der Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs nicht erstmals gestellt werden (ebenso: OLG Köln, FamRZ 1979, 1027; KG FamRZ 1981 60). Darüber hat vielmehr wiederum das Amtsgericht zu befinden, wobei hier nicht zu entscheiden ist, ob der schuldrechtliche Versorgungsausgleich, der der Antragstellerin kraft Gesetzes zusteht, (§ 1587 f Nr. 4, BGB), bereits jetzt von ihr verlangt werden kann (vgl. § 1587 g Abs. 2 Satz 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 FGG, die Wertfestsetzung auf § 17 a GKG, Der Antragstellerin ist ein höherer Kostenanteil aufzuerlegen als dem Antragsgegner, weil durch ihr Rechtsmittel höhere Kosten verursacht worden sind.</p>
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315,874 | lg-bonn-1981-05-05-4-t-24881 | {
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} | 4 T 248/81 | 1981-05-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:17 | 2019-03-27T09:41:59 | Beschluss | ECLI:DE:LGBN:1981:0505.4T248.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der <em>[Auslassung]</em> vom 10.02.1981 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 18.02.1981 die Zwangsverwaltung des oben näher bezeichneten Grundstücks angeordnet und den Beschwerdeführer zum Zwangsverwalter bestellt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer hat den Antrag gestellt, den Mietern des unter Zwangsverwaltung gestellten Objektes zu verbieten, an die <em>[Auslassung]</em> und der vorläufigen Vergleichsverwaltern zu zahlen und festzustellen, daß Mietzinsen und Nebenkosten nunmehr an ihn zu zahlen seien.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwar stünden die Mieter nicht mit dem Eigentümer in einem direkten Mietverhältnis, da die <em>[Auslassung]</em> mit den Mietern eigene Mietverträge habe, aber unabhängig davon, wer das Grundstuck vermietet habe, falle dieser Mietzinsanspruch in den Hypothekenverband. Da die unter Zwangsverwaltung gestellten Objekte noch nicht endgültig fertiggestellt seien, und über das Vermögen des Zwischenvermieters des Vergleichsverfahrens beantragt sei, sei der Mittelzufluss besonders wichtig.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen, weil ein Zahlungsverbot nur hinsichtlich solcher Forderungen ausgesprochen werden dürfe, die von der Beschlagnahme erfasst seien. Hierzu gehörten aber nur die Forderungen aus dem Mietvertrag zwischen der Grundstückseigentümerin und der <em>[Auslassung]</em> in Höhe von jährlich 265.000,-- DM, nicht hingegen die Mietzinsforderungen der zur Weitervermietung berechtigten gegen ihre einzelnen Mieter. Wegen der Begründung im einzelnen wird der Beschluss vom 12.03.1981 (Bl. ## f:f. d.A.) in Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner nach Nichtabhilfe durch Rechtspfleger und Richter beim Amtsgericht gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4, 5 RpflG nunmehr als sofortige, Beschwerde geltenden Erinnerung, die gemäß § 793 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig ist, gegen die Zurückweisung seines Antrags mit folgender Begründung: Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts sei der Vertrag zwischen der Grundstückseigentümerin und der tatsächlich zugunsten der Eigentümerin abgeschlossen worden. Die gewerbliche Zwischenvermietung sei erfolgt, um der Eigentümerin die Möglichkeit der Mehrwertsteueroption zu geben und zu einer Rückerstattung der Vorsteuer zu führen. Dies ergebe sich aus der Garantieurkunde vom 16.09.1977; UR-Nr. ####/## des Notars C in der sich die Zwischenvermieterin verpflichtet habe, die Differenz zwischen den Zinsen der Fremdfinanzierung und den laufenden Bewirtschaftungskosten der Wohnung einerseits und der garantierten Miete andererseits auszugleichen. Inzwischen seien auch die Anträge der auf Eröffnung eines Vergleichsverfahrens und auf Eröffnung des Konkursverfahrens vom Amtsgericht zurückgewiesen worden. Die befinde sich in Liquidation und habe die Anwaltssozietät Liquidationstreuhändern bestellt. Hieraus ergebe sich das dringende rechtliche und wirtschaftliche Bedürfnis auf Erlass des beantragten Zahlungsverbotes. Der gesetzlich festgelegte Hypothekenverband stehe nicht zur freien Disposition des Grundstückseigentümers. Eine Mietzinsforderung falle auch dann in den Hypothekenverband und werde somit von der Beschlagnahme durch die Anordnung der Zwangsverwaltung erfasst, wenn die Vermietung nicht durch den Eigentümer erfolge. So falle beispielsweise die Mietzinsforderung des Nießbrauchers in den Hypothekenverband, sofern der Nießbrauch nicht rangmäßig besser stehe als die Hypothek. Hätte also die Eigentümerin der <em>[Auslassung]</em> ein dingliches Nießbrauchrecht an dem mit Grundpfandrechten belasteten Objekt bestellt, so wären die Mietzinsansprüche der <em>[Auslassung]</em> gegen die Mieter in den Hypothekenverband gefallen. Die Zwischenschaltung der <em>[Auslassung]</em> sei im Vergleich zum Nießbrauch rechtlich und wirtschaftlich erheblich weniger stark. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb der <em>[Auslassung]</em> aus dieser schwächeren Position mehr Rechte gegenüber dem Grundpfandgläubiger zufließen sollten, als bei einem Nießbrauch. Wegen weiterer Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 06.04.1981 (BI. ## d.A.) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann ein Zahlungsverbot nach § 151 Abs. 3 ZVG nur gegen den Schuldner solcher Forderungen ausgesprochen werden, die unter die Beschlagnahme fallen. Gemäß § 148 ZVG i. V. m. § 21 ZVG werden Mietzinsforderungen bei der Anordnung der Zwangsverwaltung anders als bei der Zwangsversteigerung von der Beschlagnahme erfasst.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die unter die Beschlagnahme fallenden Mietzinsforderungen sind daher - vorliegend die der Grundstückseigentümerin aus dem Mietvertrag mit der B vom 22.8.1979 zustehenden jährlichen Mietzinsansprüche in Höhe von 265.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß sich die <em>[Auslassung]</em> (Drittschuldnerin) in Liquidation befindet, rechtfertigt nicht den Durchgriff des Zwangsverwalters auf die Forderungen der <em>[Auslassung]</em> aufgrund der Beschlagnahmewirkung des Zwangsverwaltungsverfahrens. Es bleibt dem Zwangsverwalter natürlich unbenommen, eventuelle Ansprüche gegen die <em>[Auslassung]</em> aus dem Mietvertrag gerichtlich geltend zu machen und deren Ansprüche gegen die Mieter im Wege der Zwangsvollstreckung zu pfänden und sich überweisen zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdeführer kann sich für die Begründung seiner Auffassung, die Beschlagnahme erfasse auch die Mietzinsforderungen, der <em>[Auslassung]</em> nicht darauf berufen, daß die Mietzinsforderungen dem Hypothekar nach § 1123 BGB anerkanntermaßen unabhängig davon haften, wer das Grundstück vermietet hat, sei es der Eigentümer, der Eigenbesitzer oder der Nießbraucher (sofern sein Recht dem des Hypothekars im Range nachsteht). Denn vorliegend hat die Eigentümerin des unter Zwangsverwaltung stehenden Objektes die Vermietung selbst vorgenommen und die sich aus dieser Vermietung ergebenden Mietzinsansprüche in Höhe von 265.000,-- DM jährlich sind selbstverständlich von der Beschlagnahme erfasst. Allerdings erfasst die Zwangsverwaltung nicht automatisch auch die Ansprüche des Mieters gegen dessen Untermieter; auch dann nicht, wenn der Mieter illiquide ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der von dem Beschwerdeführer herangezogene Vergleich der Position des gewerblichen Zwischenmieters mit der eines Nießbrauchers, der dem Grundpfandgläubiger im Range nachsteht, überzeugt nicht. Denn der Nießbraucher ist anstelle des Eigentümers dinglich zur Nutzung (Vermietung) des Objektes nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft berechtigt, d. h. der Eigentümer hat sich mit der Bestellung des Nießbrauchs der eigenen Nutzung des Objektes begeben. Es ist daher gerechtfertigt, dem Grundpfandgläubiger den Zugriff auf die Nutzungen des nachrangigen Nießrauchers zu gestatten, da andernfalls dem Grundpfandgläubiger die Nutzungen des Grundstücks vollständig entzogen wären. Demgegenüber fließen die Nutzungen des Grundstücks dem Grundpfandgläubiger im Falle der Vermietung durch den Eigentümer in Form des vertraglich vereinbarten Mietzinses zu. Es besteht daher ebensowenig Veranlassung, dem Grundpfandgläubiger im Falle der Weitervermietung durch den Hauptmieter den Zugriff auf dessen Ansprüche gegen die Untermieter zu gestatten wie im Falle der Weitervermietung des Objektes durch den Mieter eines Nießbrauchers. § 1123 BGB will lediglich sicherstellen, daß die Nutzungen die von dem Eigentümer oder einem an seiner Stelle stehenden Dritten aus dem Objekt gezogen werden, dem im Range vorgehenden Grundpfandgläubiger zufließen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann hier auch dahinstehen, ob überhaupt eine eventuelle Aushöhlung des Grundpfandrechtes des Gläubigers durch seinen Schuldner zu einer Erweiterung der Beschlagnahmewirkung der Anordnung der Zwangsverwaltung führen könnte, oder ob die Entscheidung dieser Frage vor dem Prozessgericht zu klären ist. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Schuldnerin mit dem Abschluss des Mietvertrages mit der <em>[Auslassung]</em> die Aushöhlung des Hypothekenverbandes beabsichtigte und daß eine solche Aushöhlung überhaupt vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es handelt sich entgegen der Auffassung der des Beschwerdeführers bei den Mietverträgen zwischen der <em>[Auslassung]</em> und ihren Mietern auch nicht um Verträge zugunsten der Grundstückseigentümerin in dem Sinne, daß der Grundstückseigentümerin ein eigenes Forderungsrecht gegen die Mieter gewährt werden sollte (§ 328 BGB). Der Mietvertrag der Schuldnerin mit der <em>[Auslassung]</em> mag zwar wegen der dadurch erzielten Steuervorteile für die Schuldnerin von Interesse gewesen sein, dadurch allein werden jedoch die auf der Grundlage dieses Mietvertrages mit Dritten abgeschlossenen Untermietverträge nicht schon echte Verträge zugunsten der Schuldnerin, die ihr gegen die Mieter ein eigenes Forderungsrecht gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wert des Beschwerdeverfahrens: 10.000,-- DM</p>
|
315,875 | olgham-1981-04-23-4-wf-49280 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 WF 492/80 | 1981-04-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:18 | 2019-03-27T09:41:59 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0423.4WF492.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 17. November 1980 wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.</p>
<p></p>
<p>Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 8 Abs. 1 GKG- nicht erhoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Während des Ehescheidungsverfahrens der Parteien war als Folgesache auch das Verfahren betr. Zuweisung der Ehewohnung ab Rechtskraft der Scheidung anhängig gemacht worden. Die beteiligte Vermieterin hatte sich - durch ihre nicht beim Landgericht Dortmund zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten - gegen eine Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin ausgesprochen, weil nichts dafür vorgetragen sei, ob und auf welche Weise die Zahlung des Mietzinses gewährleistet sei, wenn der Antragsgegner nicht mehr persönlich hafte. Durch seit dem 22.11.1980 rechtkräftiges Verbundurteil vom 7.8.1980 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und - neben der Regelung der elterlichen Sorge und des Versorgungsausgleichs - die eheliche Wohnung gemäß § 5 der HausrVO der Antragstellerin zugewiesen. Die auf § 93 a ZPO gestützte Kostenentscheidung des Verbundurteils lautet: "Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben." Mit Schriftsatz vom 14.10.1980 hat die beteiligte Vermieterin beantragt, das Urteil dahin zu ergänzen, daß klargestellt werde, welche der Parteien die ihr, der Vermieterin, entstandenen Kosten trage. Mit Verfügung vom 16.10.1980 hat das Amtsgericht die Vermieterin darauf hingewiesen, die ergangene: Kostenentscheidung gelte auch für die Kosten der Folgesache Ehewohnung, eine gesonderte Kostenentscheidung sei nicht erforderlich. Nachdem die Vermieterin daraufhin erneut um Klarstellung gebeten hatte, wer ihre Kosten trage, hat das Amtsgericht am 17.1.1980 beschlossen: </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">"In pp. tragen die der Verfahrensbeteiligten " xxx " entstandenen Kosten die Parteien je zur Hälfte." Der Beschluß enthält keine Begründung und ist auch nicht zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen ihm am 27-11.1980 formlos zugegangenen Beschluß vom 17.11.1980 hat der Antragsgegner mit am 3.12.1980 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und beantragt, das Verbundurteil dahin zu ergänzen oder zu berichtigen, daß die Vermieterin ihre eigenen Auslagen selbst zu tragen habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Er meint, die Vermieterin müsse ihre eigenen außergerichtlichen Kosten schon deshalb tragen, weil sie mit ihrem Antrag unterlegen sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die beteiligte Vermieterin beantragt (durch ihre nicht beim Landgericht Dortmund oder dem OLG zugelassenen Rechtsanwälte), die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Sie meint, der Beschluß vom 17.11.1980 diene lediglich der Klarstellung und entspreche im übrigen auch der Sach- und Rechtslage, da keine Veranlassung bestehe, ihr, der Vermieterin, irgendwelche Kosten anzulasten, wenn sich die Eheleute im Scheidungsverfahren über die Wohnung auseinandersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO, im übrigen aber auch deshalb zulässig, weil es für den angefochtenen Beschluß keine Rechtsgrundlage gibt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung des Verbundurteils vom 7.8.1980 entspricht der gesetzlichen Regelung des § 95 a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für eine über § 93 a ZPO hinausgehende Kostenentscheidung gibt es keine Rechtsgrundlage.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ob der Drittbeteiligte des Verbundverfahrens - hier: die Vermieterin - auf Grund einer Kostenentscheidung gemäß § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO seine außergerichtlichen Kosten von den Parteien des Scheidungsverfahrens erstattet bekommen kann, ist eine Rechtsfrage, die im Kostenfestsetzungsverfahren geklärt werden muß. Für ein Rechtsmittel im Kostenfestsetzungsverfahren wäre nicht der jetzt beschließende 4. Senat für Familiensachen, sondern der 6. Senat für Familiensachen des OLG Hamm (nach der Geschäftsverteilung) entscheidungszuständig.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Falls man die Erstattungspflicht der geschiedenen Ehegatten bei einer gemäß § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO ergangenen Kostenentscheidung verneint, würde der Beschluß vom 17.11.1980 eine neue Kostengrundentscheidung treffen. Das wollte das Amtsgericht mit diesem Beschluß aber gar nicht; insbesondere wollte es auch nicht den Kostenausspruch des Verbundurteils "ergänzen" und hat deshalb bisher auch nicht das Ergänzungsverfahren gemäß § 321 ZPO eingeleitet. Das war bereits aus der Verfügung vom 16.10.1980 ersichtlich und wird noch einmal durch die Übersendungsverfügung des Amtsgerichts vom 8.12.1980 bestätigt, in der es heißt:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">"Es besteht keinerlei Veranlassung, von der Kostenfolge des § 93 a ZPO abzuweichen. Der Beschluß vom 17.11.1980 (Bl. 139) hat m.E. nur deklaratorische Bedeutung, da eine gesonderte Kostenentscheidung nicht erforderlich ist (vgl. Ambrock, Ehe und Ehescheidung, § 20 HausratsVO)."</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Da die Beschwerde Erfolg hat, kommt entspr. § 93 a Abs. 1 S. 1 ZPO eine Erstattung außergerichtlicher Auslagen (der Beschwerdewert wäre wohl 218,32 DM) nicht in Betracht. Gerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 8 Abs. 1 GKG nicht erhoben, weil es für die - angeblich deklaratorische - Entscheidung des Amtsgerichts vom 17.11.1980 keine Rechtsgrundlage gibt.</p>
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315,876 | lg-dusseldorf-1981-04-14-25-t-19981 | {
"id": 808,
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} | 25 T 199/81 | 1981-04-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:19 | 2019-03-27T09:41:59 | Beschluss | ECLI:DE:LGD:1981:0414.25T199.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In dem Verfahren</p>
<p>betreffend den Nachlaß des</p>
<p>hat die 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Düsseldorf vom 3. März 1981 am 14. April 1981</p>
<p>beschlossen i</p>
<p>Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird das Amtsgericht Düsseldorf angewiesen, das Verfahren zur Feststellung des gesetzlichen Erbrechts des Fiskus durchzuführen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:6px">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:5px">Erben des Erblassers sind bisher nicht ermittelt. Die Antragstellerin berühmt sich eines Anspruchs gegen den Nachlaß auf Rückzahlung überzahlter Rente. Mit Schreiben vom 19. Februar 1981 hat sie beim Amtsgericht Düsseldorf beantragt, ein Verfahren zur Feststellung des Erbrechts des Fiskus durchzuführen. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat den Antrag durch Beschluß vom 3. März 1981 mit der Begründung; zurückgewiesen, die Voraussetzungen des Verfahrens seien nicht erfüllt, weil "kein Nachlaß vorhanden bzw. der Nachlaß überschuldet" sei. Gegen den Beschluß hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. März 1981 an das Amtsgericht "Beschwerde" eingelegt. Der Rechtspfleger hat dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen, der Amtsrichter hat die Akte dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:2px">Der Rechtsbehelf der Antragstellerin, der zunächst als Erinnerung gegen die Entscheidung des Rechtspflegers anzusehen war, § 11 Abs. 1 Satz 1 RpfIG, gilt nunmehr als Beschwerde, § 11 Abs. 2 Satz 4 und 5 RpflG. Sie ist zulässig (§§ 19, 20 Absatz 1, 21 FGG).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist als Nachlaßgläubigerin beschwerdebefugt. Gegen die Ablehnung der Feststellung, daß der Fiskus gesetzlicher Erbe ist, steht dem Nachlaßgläubiger die Beschwerde zu (vergl. Bay ObLG 1957, 360 = NJW 1958, 260).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Zwar ist die Ablehnung, das Staatserbrecht fest zustellen, zunächst nur geeignet, das Recht des Fiskus au beeinträchtigen. Die Entscheidung, die zunächst nur den Rechtskreis des Fiskus betrifft, greift aber unmittelbar auch in den Rechtskreis der Antragstellerin als Nachlaßgläubigerin ein. Denn sie will Ansprüche gegen den Fiskus als Erben geltend machen. Dies ist ihr gemäß § 1966 BGB aber erst nach Feststellung des Staatserbrechts möglich. Lehnt das Nachlaßgericht die Feststellung des Staatserbrechts ab, so ist der Antragstellerin die Rechtsverfolgung gegen den Fiskus abgeschnitten (vergl. BayObLG aaO </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">für die Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin war der Rechtspfleger des Amtsgerichts zuständig. Die Feststellung des Staatserbrechts gehört zu den ihm nach § 3 Nr. 2 a RpflG übertragenen Geschäften. In der Sache kann seine zurückweisende Entscheidung aber keinen Bestand haben. Der Antrag auf Durchführung des Feststellungsverfahrens ist nämlich begründet, ohne daß es darauf ankäme, ob Nachlaßwerte vorhanden sind und ob der Nachlaß überschuldet ist. Voraussetzung der Feststellung, daß der Fiskus gesetzlicher Erbe ist, ist nämlich nicht, das überhaupt ein Nachlaß vorhanden und daß er nicht überschuldet ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es nicht um Ermittlungen des Nachlaßgerichts von Amts wegen geht, sondern wenn ein Nachlaßgläubiger die Feststellung beantragt hat.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:1px">Die Frage ob bei Fehlen eines Nachlasses oder seiner Überschuldung das Feststellungsverfahren nach §§ 1964 ff BGB stattzufinden hat, ist umstritten. So vertreten in der älteren Literatur Dornburg (Bürgerliches Recht Band V, Seite 55) und Planck (BGB, § 1965, Anm. 2) die Auffassung, daß das Vorhandensein einer Nachlaßmasse Verfahrensvoraussetzung sei. Diese Auffassung wird von Firsching (Nachlaßrecht, 5. Auflage, Seite 154) geteilt, der sich auf § 47 Abs. 2 bayNachlO beruft. Demgegenüber sehen das Kammergericht (in OLG Z 9, 384, und die Kommentare von Staudinger-Lehmann (11. Auflage, § 1964, Randnummer 8) Sörgel- Schippel (10. Auflage, § 1964 Randnummer 1, Erman-Bartholomeyczik/Schlüter (6. Auflage, § 1964 Randnummer 2) sowie Lange/Kuchinke in ihrem Lehrbuch (Erbrecht, 2. Auflage, Seite 661) die Überschuldung nicht als Grund an, die Feststellung au unterlassen. Während das Kammergericht die Feststellung in diesen Fällen für geboten hält, räumt das Bayerische Oberste Landesgericht (aaO) dem Nachlaßgericht ein Ermessen ein, ob es trotz fehlenden oder Überschuldeten Nachlasses das Feststellungsverfahren durchführen will.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kammer folgt - jedenfalls für den Fall, daß ein Nachlaßgläubiger die Feststellung des Staatserbrechts beantragt - der Auffassung des Kammergerichts und der überwiegenden Meinung der Literatur, daß auch bei Fehlen oder Überschuldung des Nachlasses das Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Das Verfahren ist in diesen Fällen nämlich nicht überflüssig, es besteht durchaus ein Bedürfnis, das Staatserbrecht festzustellen. Denn nur durch die Feststellung des Staatserbrechtes wird - worauf das Bayerische Oberste Landesgericht (aaO) in seinen Ausführungen zur Beschwerdebefugnis des Nachlaßgläubigers hinweist - dem Nachlaßgläubiger ermöglicht, seine Ansprüche gegen den Fiskus als Erben geltend zu machen. Ob die Rechtsverfolgung des Nachlaßgläubigers gegen den Staat im Einzelfall als erfolgversprechend anzusehen ist, muß seiner Beurteilung überlassen bleiben. Es geht nicht an, daß das Nachlaßgericht ihm bereits die Möglichkeit der Rechtsverfolgung nimmt, indem es das Feststellungsverfahren unterläßt. Der Gesichtspunkt, der Nachlaß müsse wenigstens zur Deckung der Verfahrenskosten ausreichen, hat dem gegenüber zurückzutreten. Um unverhältnismäßige Kosten zu vermeiden, sieht das Gesetz in § 1965 Abs. 1 Satz 2 BGB die Möglichkeit vor, die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte zu unterlassen. Diese Vorschrift läßt zugleich erkennen, daß nach dem Villen des Gesetzes auch bei geringen Nachlässen das Feststellungsverfahren durchgeführt werden soll. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Durchführung des gebotenen Verfahrens zur Feststellung des 6taatserbrechts obliegt dem Amtsgericht. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Für eine Kostenentscheidung ist im vorliegenden Fall kein Raum.</p>
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315,877 | olgham-1981-04-01-19-u-19980 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 19 U 199/80 | 1981-04-01T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:20 | 2019-03-27T09:41:59 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0401.19U199.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Juli 1980 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte muß den Kaufpreis für die Fassadenelemente an den Kläger zurückzahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Rückzahlungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte und nicht gegen die Fa. xxx. Die Zahlung des Klägers erfolgte auf Grund der Rechnung der Beklagten vom 5.11.1979. An sich konnte der Kläger eine Rechnung der Fa. xxx GmbH erwarten, da er dieser den Auftrag zur Lieferung gegeben hatte. Die Rechnung zeigte dem Kläger deshalb an, daß die Belieferung und Abrechnung also die gesamte Vertragsabwicklung von der Beklagten übernommen werde. Die Beklagte nahm ja auch die Auslieferung vor. In den Augen des Klägers gab dieses Verhalten der Fa. durchaus einen Sinn, weil nämlich abweichend von sonstigen Aufträgen an die xxx GmbH hier eben keine Montage sondern eine Materiallieferung vereinbart war. Die xxx GmbH bezieht dabei ihre Materialien offensichtlich von der Beklagten. Trotzdem war der Kläger in der Folgezeit unsicher, wer sein Vertragspartner war, weshalb er das Rügeschreiben vom 12.11.1979 an die Beklagte <u>und</u> die Kunststoffmontagefirma richtete.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Darauf meldete sich allein die Beklagte und vereinbarte die Ersatzlieferung. Nunmehr war aber endgültig gegenüber dem Kläger klargestellt, daß sich die Beklagte als Vertragspartner fühlte. Offenbar bestand zwischen ihr und ihrer Schwesterfirma der xxx GmbH Einigkeit darüber, daß der Vertrag von der Beklagten abzuwickeln war. Mit diesem Vertragspartnerwechsel war auch der Kläger einverstanden, weil er sich in der Folgzeit auf Verhandlungen mit der Beklagten einließ und damit zu erkennen gab, daß die Beklagte ebenfalls als Vertragspartner ansah. Auf diese Weise liegen auch die Voraussetzungen eines Vertragsüberganges vor. Zumindest muß sich die Beklagte gemäß § 242 BGB im Verhältnis zu dem Kläger als Vertragspartner behandeln lassen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises ergibt sich aus den §§ 465, 467 in Verbindung mit § 346 BGB. Der Kläger hat die Wandlung des Kaufvertrages erklärt. Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß von ihr mangelfrei geliefert wurde.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dabei ist davon auszugehen, daß grundsätzlich die Beweislast für Mangelfreiheit beim Verkäufer liegt, solange er nicht die Sache übergeben hat. Erst dann greift § 363 BGB ein, wonach dann die Beweislast auf den Käufer übergeht (Palandt/Putzo BGB, § 459 Anm. 6; Staudinger-Honsel BGB, 12. Aufl. § 459 Rdn. 95). Diese Beweislastverteilung gilt ohne Rücksicht darauf, wann gezahlt wurde und wer deshalb der Kläger ist. Es wird zwar in den Kommentierungen (s.o.) immer wiederkehrend formuliert, daß die erwähnte Beweislastverteilung gilt, wenn der Verkäufer auf Zahlung des Kaufpreises klagt. Diese Formulierung hat aber nur "die normale Sachlage" im Auge, daß bei streitigen Mängeln üblicherweise der Käufer noch nicht gezahlt hat. Aus der Tatsache nämlich, daß vorausgezahlt wurde, läßt sich eine Beweislastveränderung nicht sinnvoll begründen. Diese Tatsache ist oft nichts anderes als die Folge rein zufälliger Handhabung. Demgegenüber beruht der allgemeine Grundsatz, daß die Erfüllung, also auch die richtige Erfüllung, von demjenigen zu beweisen ist, der sie behauptet, auf der einsichtigen Erwägung, daß wohl der Erfüllende sich die Bestätigung über die ordnungsgemäße Erfüllung auf einfache Weise verschaffen kann, nicht aber der, der die Leistung erhalten soll. Von dieser Regel macht nur § 363 BGB die wohl begründete Ausnahme der Beweislastumkehr bei Annahme als Erfüllung, weil einerseits die Annahme selbst einen Erklärungswert der Billigung hat und andererseits jetzt der Empfänger die Sachherrschaft hat und erleichtert selbst Beweis führen kann.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Diese skizzierten sinnvollen Regelungen hinsichtlich der Beweislast dürfen sinnvoller Weise nicht durch "Zufälligkeiten" wie etwa eine Vorausbezahlung oder dergleichen verändert werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beweislastregel, daß der Verkäufer vor Abnahme der Ware die Mängelfreiheit der Sache beweisen muß, wird im vorliegenden Fall nicht dadurch verschoben, daß unstreitig der Kläger die erste Lieferung als Erfüllung annahm. Richtig ist allein, daß, wäre nur diese Lieferung erfolgt, der Kläger die Mangelhaftigkeit der Fassadenelemente beweisen müßte. Dieser Effekt des Übergangs der Beweislast ist aber im vorliegenden Fall wieder aufgehoben werden, indem im November 1979, auf das Schreiben des Klägers vom 12.11.1979 hin, unstreitig die Parteien fernmündlich eine Ersatzlieferung vereinbarten. Die Beklagte ließ sich damit auf eine Ersatzlieferung im Sinne des § 480 Abs. 1 S. 1 BGB ein. Es ist dabei nicht von einer reinen Kulanzhandlung der Beklagten auszugehen, weil sie ohne Prüfung sich auf die Nachlieferung einließ, sondern auf eine echte Vereinbarung der Rechtsfolgen des § 480 BGB, weil auch der Kläger sich dadurch des wichtigen Rechtes der Wandlung, die nach seiner Ansicht begründet war, zunächst begab.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Danach gilt für den Ersatzlieferungsanspruch ebenfalls die oben angesprochene Beweislastregel, weil dieser Anspruch nichts anderes ist als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (Palandt-Putzo § 480 Anm. 2 f BGB 40. Aufl.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat nicht bewiesen, daß die Ersatzlieferung mangelfrei war. Dabei ist durchaus von Bedeutung, daß unstreitig die zweite Lieferung weiterverkauft wurde also nicht mehr zum Beweis zur Verfügung steht. Es entsteht dadurch eine Lücke in den Beweisführungsmöglichkeiten der Parteien, die durch die Beklagte verursacht ist. Deshalb müssen an den von der Beklagten zu führenden Beweis der Mangelfreiheit strenge Anforderungen gestellt werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">(Dabei ist es ohne Belang, ob der Beklagten die Platten als Beweismittel zunächst noch eine ganze Zeit zur Verfügung standen, wie sie in zweiter Instanz behauptet. Da es sich um das Beweismittel der Beklagten handelte, lag es in ihrem eigenen Interesse die Ware insoweit aufzubewahren. Der Kläger hatte keine Veranlassung irgendetwas hinsichtlich der Sicherstellung des Beweismittels zu unternehmen).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Diesen Anforderungen genügen die Aussagen der Zeugen xxx und xxx nicht. Der Zeuge xxx ist zwar für die Verpackung der Elemente als Werkmeister zuständig. Es ist aber kaum anzunehmen, daß er konkret die Sortierung und Verpackung der Platten der zweiten Lieferung wahrnahm. Demgemäß bekundete er auch nur, daß er die "Pakete" sich besonders angesehen habe und meine, daß die Platten in Ordnung gewesen seien. Das läßt aber Irrtümer und Ausnahmen zu.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nicht anders ist die Aussage des Zeugen xxx zu beurteilen. Dieser Zeuge hat konkret nur das eine Paket gesehen, das am Abend des 19.12.1979 vom Kläger mit in die Küche genommen worden war. Hier bemerkte er, daß eine Platte "nicht ganz astrein" gewesen war. Die anderen Platten aber seien in Ordnung gewesen. Abgesehen davon, daß gerade diese Aussage eher auf gewisse Mängel schon bei einer Stichprobe hinweist, betrifft sie nur ein Paket von insgesamt 40 gelieferten und läßt sich deshalb ohnehin nicht verallgemeinern. Den Aussagen steht aber außerdem noch die Aussage der Zeugin xxx entgegen, die Schäden schon durch die Verpackung sah, in der Weise, daß Platten an den Ecken beschädigt waren. In keinem Fall jedenfalls lassen die Aussagen die Feststellung zu, daß die zweite Lieferung einwandfrei gewesen war.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es ist auch nicht von größerer Bedeutung, daß die Platten der zweiten Lieferung später ohne Beanstandung verkauft und ausgeliefert wurden. Es ist durchaus denkbar, daß die zweite Lieferung zwar mangelhaft aber eher zur Grenze der Mängelfreiheit hin lag und deshalb nicht gerügt wurde, weil die Lieferung nur ein Teil einer viel größeren Gesamtlieferung war. Im übrigen bestehen aber durchaus auch Bedenken gegen die Aussage des Zeugen xxx, daß ohne Beanstandung verkauft wurde, weil der Zeuge auch über den Zeitpunkt des Verkaufs irrte. Die Beklagte trägt nämlich selbst vor, daß der Weiterverkauf nicht, wie der Zeuge xxx aussagte, sofort geschah, sondern erst geraume Zeit später. Wenn sich der Zeuge aber schon über den Verkaufszeitpunkt irrte, dann spricht auch viel dafür, daß er überhaupt nichts Näheres von diesem Verkauf weiß. Dies liegt deshalb auch nahe, weil der Käufer von der Beklagten nicht als Zeuge für die Mangelfreiheit der Platten eingeführt und benannt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 408 Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,878 | lg-bonn-1981-04-01-1-o-19279 | {
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"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 O 192/79 | 1981-04-01T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:23 | 2019-03-27T09:41:59 | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1981:0401.1O192.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>I. </p>
<p>1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 140.000,-- DM, abzüglich gezahlter 75.000,-- DM, nebst 4 % Zinsen aus 65.000,-- DM seit dem 11. April 1980 zu zahlen. </p>
<p></p>
<p>2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger </p>
<p></p>
<p>a) den Verdienstausfall ab 12.8.1977, soweit der Schadensersatzanspruch des Klägers nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist, </p>
<p></p>
<p>b) den zukünftigen materiellen Schaden, soweit er nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergeht, sowie den zukünftigen immateriellen Schaden aus dem Unfall vom 30.6.1977, der sich zwischen den Parteien auf der L ### n bei F- L etwa in Höhe von km-Stein ##,# ereignet hat, soweit diese Schäden nicht bereits durch den Ausspruch zu Ziffer 1) erfasst sind, zu ersetzen.</p>
<p></p>
<p>II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 74.500,-- DM vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand: </p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 30.6.1977 gegen 6.25 Uhr befuhren der Kläger mit seinem Pkw P M, amtliches Kennzeichen $$-&& ##. und der Beklagte mit seinem Pkw B ### &&, amtliches Kennzeichen $$-&& ###, die L ### in entgegengesetzter Richtung. Der Beklagte überholte ein vor ihm fahrendes Fahrzeug. Dabei prallte er auf der Fahrbahn des Klägers, der ordnungsgemäß rechts fuhr, frontal gegen dessen Fahrzeug. Der Kläger trug dabei u.a. schwerste Kopfverletzungen mit Hirnbeteiligung davon, die zu Dauerschäden führten. Diese hatten u.a. den dauernden Ausschluss seiner Arbeitsfähigkeit zur Folge. Wegen der Einzelheiten der erlittenen Verletzungen und davongetragenen Schäden wird Bezug genommen auf das Gutachten des Direktors der Vklinik und Qklinik D vom 4.11.1980, (Bl. 40 ff d.A.). </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben an den Kläger zum Ausgleich seiner Sachschäden einen Betrag von 5.516,-- DM und als Schmerzensgeld eine Summe von 75.000,-- DM gezahlt. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger vertritt die Auffassung, aufgrund der Schwere, der von ihm erlittenen Verletzungen stünde ihm ein weit höheres Schmerzensgeld als 75.000,-- DM zu. Er stellt dessen Höhe, die er auf 140.000,-- DM begrenzt, in das Ermessen des Gerichts. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat zunächst die Anträge angekündigt, </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a) 5.616,10 DM abzüglich gezahlter 5.516,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b) ein angemessenes Schmerzensgeld, das seiner Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, höchstens jedoch 140.000,-- DM, abzüglich gezahlter 75.000,-- DM, zu zahlen und zwar zu a) und b) zuzüglich 4% Zinsen seit 11.4.1980. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2. Festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">a) den Verdienstausfall ab 12.8.1977, soweit sein Schadensersatzanspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">b) den materiellen und immateriellen zukünftigen Schaden aus dem Unfall vom 30.6.1977, den der Beklagte zu 1) mit dem Pkw $$-&& ### bei F-L auf der L ### N etwa in Höhe von km-Stein ##,# in Fahrtrichtung T-I verursacht und verschuldet hat, zu ersetzen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung vom 11. März 1981 hat er die Klage bezüglich des Antrages zu Ziffer 1) a) zurückgenommen und beantragt nunmehr, </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, das seiner Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, höchstens jedoch.140.000,-- DM, abzüglich gezahlter 75.000,-- DM, zu zahlen, und zwar zuzüglich 4 % Zinsen seit 11.4.1980, </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2. Festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a) den Verdienstausfall ab 12.8.1977, soweit sein Schadensersatzanspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist, </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">b) den materiellen und immateriellen zukünftigen Schaden aus dem Unfall vom 30.6.1977. den der Beklagte zu 1) mit dem Pkw $$-&& ### bei F-L auf der L ### N etwa in Höhe von km-Stein ##,# in Fahrtrichtung T I verursacht und verschuldet hat, zu ersetzen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Sie stellen grundsätzlich ihre Mithaftung für die Unfallschäden nicht in Abrede, sind jedoch der Ansicht, daß den Kläger ein Mitverschulden treffe. Sie behaupten, der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt, einen Sicherheitsgurt nicht angelegt. Mit den bisherigen Zahlungen, so meinen sie, seien die berechtigten Forderungen des Klägers bezüglich des Schmerzensgeldes ausgeglichen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze und Urkunden, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Protokolls vom 11.3.1981 (Bl. 135 ff d.A.). </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach-dem der Kläger die Klage zu Ziffer 1) a) zurückgenommen hat, war nur noch über den Schmerzensgeldantrag und die Feststellungsanträge zu entscheiden. Der Kläger hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner gemäß den §§ 823, 847 BGB, § 3 Pflichtversicherungsgesetz einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 140.000,-- DM, abzüglich gezahlter 75.000,-- DM, sowie auf Feststellung, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, seinen Verdienstausfallsschaden, soweit er nicht auf einen Sozialversicherungsträger übergegangen ist, zu ersetzen und ihm die sonstigen zukünftigen Schäden aus dem Unfall zu erstatten. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Daß der Beklagte zu 1) durch fehlerhaftes überholen den Unfall verschuldet hat, steht unter den Parteien außer Streit.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme steht darüber hinaus fest, daß dem Kläger ein Mitverschulden bezüglich der Schwere seiner durch das Unfallereignis erlittenen Verletzungen, das darin bestehen könnte, daß er den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatte, nicht anzulasten ist. Nach Überzeugung des Gerichts ist bewiesen, daß der Kläger zum Unfallzeitpunkt angeschnallt war. Dies ergibt sich aus der klaren, überzeugenden und nachvollziehbaren Aussage des Zeugen C, eines Mitfahrers im klägerischen Fahrzeug. Dieser hat bestätigt, daß der Kläger den Gurt angelegt hatte. Die Kammer hegt keine Zweifel an der Erinnerungsfähigkeit des Zeugen, die etwa durch die von ihm selbst davongetragenen Unfallverletzungen hätte eingeschränkt sein können. Der Zeuge hat in seiner Bekundung jedoch glaubhaft geschildert, daß er sich noch an Einzelheiten des Gespräches kurz vor dem Unfall erinnert, so daß auch insoweit keine Bedenken an der Aussage des Zeugen bestehen. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aus der Art und Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen lässt sich für die Frage, ob der Kläger den Gurt getragen hat oder nicht, nichts herleiten, was die Aussage des Zeugen C <i>in </i>Zweifel ziehen könnte und zu weiteren Beweiserhebungen durch Einholung von Sachverständigengutachten führen müsste. Die Kammer weiß aus eigener Sachkunde, daß bei einem Unfall, wie der Kläger ihn erlitten hat, auch das Tragen des Gurtes schwere und schwerste Kopfverletzungen unter Umständen nicht zu verhindern vermag. Der Kammer ist insbesondere bekannt, daß solche Folgen bei einem Frontalzusammenprall zweier Fahrzeuge, wie er zwischen dem Kläger und dem Beklagten stattgefunden hat, eintreten können. Dafür, daß der Kläger angeschnallt war, spricht im Übrigen auch der Umstand. daß er bei dem Aufprall nicht aus dem Fahrzeug geschleudert worden ist. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist von einem Mitverschulden des Klägers nicht auszugehen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Schwere der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen und insbesondere der verbleibenden nicht mehr rückbildbaren Dauerschäden ist der Kläger gem. § 847 BGB berechtigt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes zu verlangen, dessen Festsetzung die Kammer in der Höhe auf 140.000,-- DM für angemessen hält. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ausgangspunkte für die Überlegungen der Kammer waren insoweit neben der Art und Schwere der erlittenen Verletzungen und deren Folgen zum einen, daß der Unfall durch alleiniges Verschulden des Beklagten zu 1) verursacht worden ist, und ein Mitverschulden des Klägers keine Rolle spielt und zum anderen, daß von einem überaus groben Verschulden des Beklagten zu 1) auszugehen ist. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Das Oberlandesgericht N - Aktenzeichen ## W ##/## - hat im Armenrechtsbeschwerdeverfahren - ebenfalls von den vorgenannten Voraussetzungen ausgehend - hierzu folgendes ausgeführt: </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Verletzungen, die der Antragsteller aus diesem Verkehrsunfall davongetragen hat, wiegen schwer, insbesondere im Hinblick auf die Änderung des seelischen Wesens, die weitestgehend nicht mehr rückbildungsfähig sind und ihn für die Zukunft als pflegebedürftig erscheinen lassen. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Eine Arbeitsfähigkeit des im Unfallzeitpunkt ##-jährigen Antragstellers erscheint ausgeschlossen. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten der erlittenen Verletzungen und der bestehenden neurologischen und psychiatrischen Beeinträchtigungen wird auf das Gutachten der Vklinik und Qklinik D vom 4.1.1980 (Bl. 40 ff d.A.) nebst Zusatzgutachten vom 31.10.1979 und 13.11.1979 (Bl. 61 - 66 d.A.) Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Weitere Einzelheiten sind aus dem "Attest zu einem Kfz- Haftpflichtschaden" (Bl. 12 f d.A.) und aus dem Bericht des O F vom 20.12.1978 (Bl. 17 f d.A.) ersichtlich. All dies macht deutlich. daß der Antragsteller sehr schwere Verletzungen und Beeinträchtigungen mit nicht mehr rückbildungsfähigen Dauerfolgen davongetragen hat. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Neben dem Ersatz seiner materiellen Schäden ist ihm deshalb ein hohes Schmerzensgeld zuzubilligen. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bei der Feststellung (§ 287 ZPO) eines der Höhe nach angemessenen Schmerzensgeldes als einer billigen Entschädigung hat das Gericht die Ausgleichungs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, wobei auch im vorliegenden Falle die Ausgleichsfunktion im Vordergrund zu stehen hat (BGHZ (GSZ) 18.149 f. = NJW 1955.1675). </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Wahrnehmungsfunktionen des Antragstellers hinsichtlich des Maßes der erlittenen Lebensbeeinträchtigung sind nämlich trotz der eingetretenen Wesensveränderung nicht erloschen oder im Wesentlichen herabgesetzt (vgl. dazu BGH NJW 1976. 1147); das kann jedenfalls dem Gutachten der Vklinik D nicht ohne weiteres entnommen werden. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Unter dem Gesichtspunkt der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes kann andererseits das Alter des Antragstellers dessen materielle Nachteile zudem finanziell abgesichert sind, nicht unberücksichtigt bleiben. Das Maß der erlittenen Lebensbeeinträchtigung wird von einem noch jungen Menschen nachhaltiger empfunden als von demjenigen, dessen persönliche, familiäre und berufliche Situation im Verlaufe vieler Lebensjahre bereits nachhaltig Erfüllung gefunden hat. Die Rechtsprechung hat ganz überwiegend zu Recht den Gesichtspunkt des Alters bei der Höhe des zugebilligten Schmerzensgeldes für wesentlich erachtet (vgl. die Bp. bei Hacks. Schmerzensgeldbeträge, 9. Aufl., 1978, ab Nr. 636 f,; ferner: OLG Celle VersR 1979,190; Hacks, a.a.O., S. 10). </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Unter dem Gesichtspunkt der Genugtuungsfunktion sind andererseits sowohl das erhebliche Verschulden des Beklagten zu 1) an dem Unfall zu berücksichtigen als auch die Tatsache, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers infolge des Bestehens von Versicherungsschutz ohne wesentliche Bedeutung sind (BGH NJW 1955, 1675, 1677; BGH DAR 1976, 244). </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">All diese Gesichtspunkte müssen, da es eine angemessene Entschädigung für nicht vermögensrechtliche Nachteile nicht gibt, weil solche in Geld nicht unmittelbar messbar sind (so: BGR DAR 1976,244 unter Bezugnahme auf die st. Rspr.), insgesamt gewürdigt und abgewogen werden, um einen gültigen Maßstab im Rahmen der Schätzung gem. § 287 ZPO zu gewinnen. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Dabei ist trotz der jeweiligen Einzelfallentscheidung eine Orientierung anhand veröffentlichter Tabellen zur Bemessung des Schmerzensgeldes ein weiteres Hilfsmittel (vgl. BGR DAR 1976, 244; VersR 1970, 134, 136). </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Verletzungen des Antragstellers, das Maß und die Dauer der erlittenen Lebensbeeinträchtigung, sein Alter, rechtfertigen auch unter dem weiteren Gesichtspunkt der ihm geschuldeten Genugtuung, ein Schmerzensgeldkapital bis zu einer Höhe von 140.000,-- DM mit hinreichender Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Dies hält die Kammer für zutreffend; sie ist der Auffassung, daß unter Abwägung aller Umstände die Zubilligung eines Schmerzensgeldes von 140.000,-- DM angemessen ist. </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagten auf die Schmerzensgeldforderung bereits 75.000,-- .DM gezahlt haben, war, wie im Tenor insoweit ausgesprochen, zu entscheiden; die Entscheidung über die Zinsforderung beruht auf §§ 284, 288 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Die Feststellungsanträge sind ebenfalls begründet. </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die endgültige Höhe des materiellen Schadens des Klägers ist noch nicht bezifferbar. Was seine zukünftigen immateriellen Schäden betrifft, so kann nicht ausgeschlossen werden, daß das jetzt vorhandene Krankheitsbild mit den nicht mehr rückbildungsfähigen Dauerfolgen durch weitere neue Umstände, die mit dem Verkehrsunfall vom 30.6.1977 in ursächlichem Zusammenhang stehen, eine so große Verschärfung erfährt, daß die Zubilligung weiterer Schmerzensgeldbeträge denkbar erscheint. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 ZPO. Die Klagerücknahme betrifft lediglich eine Summe von 100,10 DM. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Sie<i> </i>hat keine besonderen Kosten veranlasst. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit war nach § 710 ZPO zu treffen. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Streitwert: </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Für den Schmerzensgeldantrag: 140.000,-- DM. </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">für die Feststellungsanträge: 10.000,-- DM. </p>
|
315,879 | olgk-1981-03-26-21-uf-1381 | {
"id": 822,
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} | 21 UF 13/81 | 1981-03-26T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:25 | 2019-03-27T09:41:59 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0326.21UF13.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 2) wird das am 16. Dezember 1980 verkündete Urteil des Familiengerichts Köln - 307 (303) F 275/77 a - unter Aufrechterhaltung der Ziffern 1.) und 2.) seines Tenors (Scheidungsausspruch und Regelung der elterlichen Sorge) bezüglich der Ziffer 3.) seines Tenors (teilweise Durchführung des Versorgungsausgleichs) aufgehoben. Im Umfange der teilweisen Aufhebung wird das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen wird.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch das vorbezeichnete Urteil hat das Familiengericht im Wege sogenannter Verbundentscheidung die von den Parteien miteinander geschlossene Ehe geschieden, die elterliche Sorge über die beiden aus ihrer Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung der Antragstellerin übertragen und den Versorgungsausgleich teilweise durchgeführt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs noch nicht erfolgt ist, hat es dieses Verfahren gleichzeitig mit der Verkündung des Urteils abgetrennt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gegen die teilweise Durchführung des Versorgungsausgleichs richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 2), mit der sie die Unzulässigkeit dieser Verfahrensweise rügt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die vom Familiengericht im Rahmen des Versorgungsausgleichsverfahren durchgeführten Amtsermittlungen haben zu folgenden Feststellungen geführt:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Während der Ehezeit - 1.<b> </b>August 1960 bis 28. Februar 1977 - hat nur der Antragsgegner ausgleichspflichtige Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erworben, während die Antragstellerin sich die von ihr während des Zeitraums vom 1.<b> </b>April 1952 bis 31. Oktober 1961 in die gesetzliche Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten eingezahlten Beiträge mit der Folge</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">des Anspruchsverlusts hatte erstatten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gemäß der von der Verfahrensbeteiligten zu 1) am 10. Oktober 1980 erteilten Auskunft - BI. 25 ff VA - beläuft sich die Rentenanwartschaft des Antragsgegners unter Zugrundelegung aller im Zeitpunkt der Auskunftserteilung ermittelten, auch vorehelich erworbenen Werteinheiten am Ende der Ehezeit auf monatlich 549,80 DM. Der Ehezeitanteil beträgt insoweit 237,70 DM monatlich. Dieses Zahlenwerk ist indessen unvollständig, weil gemäß der Auskunft der Verfahrensbeteiligten zu 1) im Versicherungsverlauf des Antragsgegners zur Zeit noch ungeklärte Lücken bestehen, die unter anderem folgende Teilzeiträume betreffen:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">25.11.1951 bis 12. 3.1952</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">16. 5.1955 bis 16. 7.1955</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.11.1961 bis 2. 4.1962</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">17. 7.1962 bis 15.11.1962</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1. 1.1970 bis 31.12.1973.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Eine Klärung dieser Zeiten war bislang nicht möglich, weil der Antragsgegner die hierzu erforderlichen Angaben nicht gemacht hat. Abschließend hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) in ihrer Auskunft darauf hingewiesen, daß sie zur Durchführung weiterer Ermittlungen und zur Erteilung einer neuen Auskunft bereit sei, sofern ihr vom Antragsgegner entsprechende Auskünfte erteilt oder aber entsprechende Unterlagen vorgelegt würden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat den Versorgungsausgleich teilweise derart durchgeführt, daß es im Wege des Splitting-Verfahrens vom Rentenkonto des Antragsgegners bei der Verfahrensbeteiligten zu 1) auf das Rentenkonto der Antragstellerin bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) Rentenanwartschaften in monatlicher Höhe von 118,85 DM, bezogen auf den 28. Februar 1977, übertragen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, diese Teilentscheidung sei in entsprechender Anwendung des § 301 ZPO zulässig und nach Lage des Falles geboten. Der Antragsgegner habe in der Ehezeit jedenfalls eine - hälftig auszugleichende - Rentenanwartschaft in monatlicher Höhe von 237,70 DM erworben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sofern sich nach weiterer Klärung höhere Rentenanwartschaften ergäben, seien auch diese hälftig auszugleichen. Dies sei auf die getroffene Teilentscheidung ohne Einfluß, weil die Antragstellerin keine ausgleichspflichtigen Anwartschaften erworben habe. Infolge des passiven Verhaltens des Antragsgegners lasse sich die Möglichkeit nicht ausschließen, daß der Versicherungsfall schon vor dem Abschluß der weiteren, noch anzustellenden Ermittlungen eintreten werde. Deshalb gebiete das schutzwürdige Interesse der Antragstellerin es schon jetzt, den Versorgungsausgleich in seinem der Höhe nach feststehenden Teilumfange durchzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Verfahrensbeteiligte zu 2) hat gegen das ihr am 22. Dezember 1980 von Amts wegen zugestellte Urteil mit einer am 21. Januar 1981 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schrift Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zur Zeit lasse sich nicht ausschließen, daß sich die bislang ermittelte Rentenanwartschaft des Antragsgegners zufolge Anrechnung weiterer Zeiten verringern werde. Ebensowenig sei auszuschließen, daß zwar die Summe der gemäß § 1304 RVO zu berücksichtigenden Anwartschaften aufgrund weiterer Beitragszeiten eine Zunahme, der für die Rentenberechnung entscheidende monatliche und jährliche Schnitt der Anwartschaften indessen eine Verringerung erfahren werde. Aus diesen Gründen könne die angefochtene Teilentscheidung zur Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht bei Bestand bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Parteien und die Verfahrensbeteiligte zu 1) haben zu der Beschwerde nicht Stellung genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Senat konnte mit konkludent erklärter Zustimmung der Parteien und der weiteren Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Beschwerde entscheiden, nachdem seine Ankündigung, daß er vorbehaltlich gegenteiliger Erklärungen so verfahren werde, unwidersprochen geblieben ist.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig und begründet; aufgrund des von der Verfahrensbeteiligten zu 2) eingelegten Rechtsmittels mußte das Verfahren, soweit es die Durchführung des Versorgungsausgleichs betrifft, unter Aufhebung der hierüber ergangenen Teilentscheidung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ihre Statthaftigkeit ergibt sich gemäß den §§ 621 I Nr. 6, 621 e I,<b> </b>629 a 11 Satz 1 ZPO. Das Rechtsmittel ist frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden; §§ 629 a 11 Satz 1, 621 e 111, 516, 519 1 ZPO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterliegt die von der Verfahrensbeteiligten zu 2) als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung eingelegte Beschwerde nicht dem Anwaltszwang, obschon das Versorgungsausgleichsverfahren im vorliegenden Fall Scheidungsfolgesache i.S.d. §§ 78 I 2 Nr. 2, 623 I ZPO ist (vgl. BGH FamRZ 1978, 889; FamRZ 1980, 773; 990). Die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Beschwerdeberechtigung der Verfahrensbeteiligten zu 2) liegt vor. Diese Berechtigung ergibt sich allerdings nicht schon daraus, daß das Familiengericht die Beschwerdeführerin gemäß § 53 b 11 Satz 1 FGG am Versorgungsausgleichsverfahren zu beteiligen hatte. Gemäß § 20 I FGG ist vielmehr erforderlich, daß die Verfahrensbeteiligte zu 2) durch die von ihr angefochtene Entscheidung in ihren Rechten beeinträchtigt worden ist (BGHZ 41, 114, 116). So liegt es hier. Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wird durch den Versorgungsausgleich grundsätzlich dann in seinen Rechten betroffen, wenn dieser mit einem Eingriff in seine Rechtsstellung verbunden ist, sei es, daß bei ihm bestehende Anwartschaften auf ein Versicherungskonto des ausgleichsberechtigten Ehegatten bei einem anderen Sozialversicherungsträger oder bei ihm selbst übertragen werden, sei es, daß, wie es hier der Fall ist, bei ihm zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten ein Sozialversicherungsverhältnis begründet wird. In allen diesen Fällen ist er befugt, mit dem Gesetz nicht in Einklang stehende Eingriffe in seine Rechtsstellung abzuwehren, ohne daß es auf die Frage einer finanziellen Mehrbelastung ankommt; die ihm durch das Gesetz</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">gemäß § 53 b FGG zugewiesene Stellung gibt ihm die Befugnis an die Hand, durch Einlegung von Rechtsmitteln darauf anzutragen, daß gesetzeswidrige Entscheidungen über die Durchführung des Versorgungsausgleichs abgeändert oder aufgehoben werden (BGH FamRZ 1981, 132). Gemessen daran trägt die Verfahrensbeteiligte zu 2) ihre Beschwerdebefugnis im Sinne des § 20 I FGG schlüssig vor, indem sie rügt, daß das Familiengericht zufolge der Teilentscheidung sowohl in verfahrensrechtlicher Hinsicht als auch in der Sache selbst in unzulässiger Weise den Versorgungsausgleich durchgeführt und eben dadurch in ihre Rechtsstellung als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung eingegriffen habe.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das nach alledem zulässige Rechtsmittel hat auch in sachlicher Hinsicht Erfolg. Das angefochtene Urteil verkörpert bezüglich des hier allein maßgeblichen Entscheidungsteils über die - teilweise - Durchführung des Versorgungsausgleichs ein Teilurteil i.S.d. § 301 ZPO. Es kann nicht bei Bestand bleiben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen seines Erlasses fehlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Im Verfahren über die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist zwar die entsprechende, sinngemäße Anwendung des § 301 ZPO nicht schon von vorneherein und generell unzulässig. Zwar läßt sich nicht leugnen, daß dieses Verfahren sich gemäß</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">§ 621 a I ZPO auch dann grundsätzlich nach den Vorschriften des FGG richtet, wenn es wie hier Scheidungsfolgesache i.S.d. § 623 ZPO ist. Gleichwohl ist aber, wie der Senat bereits in seinem Beschluß vom 12. August 1980 - 21 UF 261/79 – im einzelnen dargelegt hat, auch in solchen Fällen § 301 ZPO aus Gründen eines praktischen Bedürfnisses entsprechend anwendbar. Hiergegen läßt sich auch nicht einwenden, System und Wirkungen des Versorgungsausgleichs seien mit dem Erlaß eines Teilurteils ausnahmslos unvereinbar (so OLG München FamRZ 1979, 1025). Richtig ist allerdings, daß zunächst die von jedem Ehegatten in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">getrennt ermittelt, jeweils separat bewertet und anschließend saldiert werden müssen. Nur so läßt sich feststellen, welchem von beiden Ehegatten der stets nur zugunsten eines von ihnen durchzuführende Versorgungsausgleich gebührt, dessen Vollzug also stets nur "in eine Richtung hin verläuft". Deshalb dürfen einzelne Versorgungsanwartschaften, die der eine oder andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, wie das OLG</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">München (a.a.O.) zutreffend ausführt, nie zum Gegenstand eines (Teil-) Ausgleichs gemacht werden, weil sie damit ihrer Funktion als nur unselbständi.ge Rechnungsposten im Rahmen der einheitlich durchzufül1I'enden Gesamtberechnung verlustig gingen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt aber nicht, daß eine Teilentscheidung über den Versorgungsausgleich generell unzulässig ist, sondern nur, daß eine solche Teilentscheidung erst zulässig ist, wenn die Ausgleichspflicht des einen oder anderen Ehegatten sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich eines <u>bestimmten</u> Teilbetrages in einer der in § 1587b BGB vorgesehenen Formen der Höhe nach feststeht (vgl. dazu Senat a.a.O. mit eingehender</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Begründung). Demgemäß hängt die Beantwortung der Frage, ob im vorliegenden Fall ein Teilurteil erlassen werden konnte, allein davon ab, ob der teilweise noch ungeklärte</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Verlauf des Versicherungsverhältnisses des Antragsgegners diese Teilentscheidung unter keinen Umständen zu beeinflussen vermag. In diesem Fall ist das Teilurteil unbedenklich zulässig, weil es sich dann über die Bescheidung eines gegenständlich beschränkten, quantitativ abgrenzbaren und eindeutig individualisierten Anspruchsteils verhält, der durch den weiteren Verlauf des Verfahrens und das Schlußurteil nicht</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">mehr verändert werden kann (vgl. dazu Senat a.a.O. mit zahlr. Nachweisen). Zu Recht weist aber die Beschwerdeführerin darauf hin, daß es sich im vorliegenden Fall umgekehrt verhält, und daß deshalb das Teilurteil nicht erlassen werden durfte. Gemäß § 1304 I, 11 RVO beruht die Ermittlung des versorgungsausgleichspflichtigen Ehezeitanteils der Rentenanwartschaft, die ein Ehegatte - hier: der Antragsgegner - in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, auf dem Vollzuge einer Verhältnisrechnung. In einem ersten Schritt ist die Höhe des monatlichen Altersruhegeldes festzustellen, das sich beim Eintritt eines Altersruhegeldfalles am letzten Tage des Monats ergäbe, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht (fiktive Rentenberechnung). Die solchermaßen, bezogen auf das Ende der Ehezeit ermittelte</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><u>gesamte</u> Rentenanwartschaft, die also auch sämtliche vorehelichen, berücksichtigungsfähigen Versicherungs- und Anrechnungszeiten erfaßt, ist sodann in einem zweiten Schritt in dem Verhältnis aufzuteilen, wie es sich aus § 1304 11 Satz 1 RVO ergibt:</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><u>Rentenhöhe nach § 1304 I RVO x Werteinheiten (Ehezeit)</u></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Werteinheiten (Gesamtzeit)</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">ergibt den monatlichen, durch Splitting hälftig auszugleichenden Betrag der Rentenanwartschaft in der Ehezeit.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Falls nun die weiteren, hier noch durchzuführenden Amtsermittlungen zu dem nach Lage des Falles gegenwärtig nicht ausschließbaren Ergebnis führen sollten, daß der Antragsgegner in den zur Zeit noch ungeklärten, teils vor der Ehezeit und teils in der Ehezeit liegenden Zeiten weitere Werteinheiten erworben hat, muß das zwangsläufig zu einem anderen Verhältniswert und damit zu einem entweder höheren oder aber auch</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">niedrigeren Ehezeitanteil als dem Ehezeitanteil führen, den das Familiengericht seiner Teilentscheidung zugrunde gelegt hat. Verringert sich aber der Wert des Ehezeitanteils, was sich nach Lage des Falles nicht ausschließen läßt, dann wirkt sich das unmittelbar auf den zugunsten der Antragstellerin durch das Teilurteil ausgewogenen Betrag aus: er müßte herabgesetzt werden. Daran zeigt sich, daß von einem quantitativ exakt abgegrenzten, genügend verselbständigten, durch das Schlußurteil nicht mehr beeinflußbaren Entscheidungsteil nicht ausgegangen werden kann, was die Unzulässigkeit des</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Teilurteils zur Folge hat. Nach alledem mußte das Urteil in diesem Teilumfang in sinngemäßer Anwendung des § 575 ZPO auf die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 2) aufgehoben und das Versorgungsausgleichsverfahren zur neuerlichen Verhandlung</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">und Entscheidung an das Familiengericht zurückverwiesen werden. Gleichzeitig war ihm auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Senat verkennt nicht, daß dieses aus Rechtsgründen unvermeidbare Ergebnis gemessen an den schutzwürdigen Interessen der Antragstellerin als des versorgungsausgleichsberechtigten Ehegatten wenig befriedigt. Um die noch erforderliche Sachverhaltsaufklärung nach Möglichkeit zu beschleunigen, regt der Senat an, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) von sich aus den Versuch unternimmt, entweder durch einen ihrer Mitarbeiter oder durch Einschaltung der für seinen Wohnsitz zuständigen Rentenberatungsstelle persönlichen Kontakt zu dem Antragsgegner aufzunehmen und auf diese Weise die erforderlichen Erkundigungen einzuziehen, zumal es nach Aktenlage den Anschein hat, daß die bislang aufgetretenen Verzögerungen nicht einem darauf angelegten, bewußten und gewollten Verhalten, sondern dem Unvermögen des Antragsgegners, von sich aus in der erforderlichen Weise zur Klärung des Versicherungsverlaufes beizutragen, zuzuschreiben sind.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Gegenstandswert: 1.000,-- DM.</p>
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315,880 | olgham-1981-03-25-7-vollz-ws-881 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 Vollz (Ws) 8/81 | 1981-03-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:26 | 2019-03-27T09:41:59 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0325.7VOLLZ.WS8.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 26. März 1980 wurde dem Betroffenen durch den Bediensteten ... der Justizvollzugsanstalt ... untersagt, ein Telefonat mit seinem Rechtsanwalt zu führen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen mit der Begründung, es liege, keine Maßnahme des Anstaltsleiters sondern lediglich eines "nachgeordneten" Bediensteten vor.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde. Er ist der Ansicht, der Hausinspektor ... sei durch den Leiter der Justizvollzugsanstalt ... ermächtigt, derartige Entscheidung zu treffen; desweiteren sei die Angelegenheit in einer Sprechstunde des Regierungsdirektors ... ohne Ergebnis erörtert worden. Weiter meint der Betroffene, den angefochtenen Beschluß habe ein nicht zuständiger Richter erlassen; er sei daher seinem gesetzlichen Richter entzogen worden. Hierzu trägt der Betroffene im einzelnen vor: Beim Landgericht ... sei die 6. Strafvollstreckungskammer für die Entscheidungen nach § 78 a Abs. 1 Nr. 2 GVG zuständig. Die "kleine" Strafvollstreckungskammer nach § 78 b Abs. 1 Nr. 2, 1. Halbsatz GVG, die gegenüber der "großen" Strafvollstreckungskammer ein selbständiger Spruchkörper sei, sei mit drei Richtern besetzt. Ihr gehörten der Vorsitzende Richter am Landgericht ... und die Richter am Landgericht ... und ... an. Damit sei der Spruchkörper "kleine" Strafvollstreckungskammer überbesetzt. Desweiteren sei die allein zulässige Art der Aufgabenverteilung entweder nach der Art der Aufgaben oder nach den Anfangsbuchstaben des Familiennamens eines Antragstellers nicht gewahrt; die Verteilung der Geschäfte erfolge nach der Reihenfolge des Eingangs.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Rechtsmittel bleibt jedoch im Ergebnis erfolglos.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beschwerdeführer die "Überbesetzung" der 6. "kleinen" Strafvollstreckungskammer mit drei Richtern beanstandet, geht die Rüge sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht von falschen Voraussetzungen aus.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts ... weist die Entscheidungen nach dem Strafvollzugsgesetz ausnahmslos der "6. (großen) Strafvollstreckungsklammer" zu, der fünf am Landgericht tätige Richter unter Einschluß des Vorsitzenden angehören. Für diesen Aufgabenbereich sind "kleine" Strafvollstreckungskammern nicht; eingerichtet. Demgemäß ist der in der vorliegenden Sache entscheidende Richter in seiner Eigenschaft als Kammermitglied und als zur Entscheidung berufener Einzelrichter tätig geworden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß der Geschäftsverteilungsplan neben der 6. (großen) Strafvollstreckungskammer eine "8. kleine Strafvollstreckungskammer" eingerichtet hat, die mit dem Direktor des Amtsgerichts ... besetzt ist, ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Diesem Spruchkörper obliegen, nach Ziffer IV, 9 des Geschäftsverteilungsplans zwar die Entscheidungen in allen "nach § 78 b GVG der eingliedrigen Vollstreckungskammer zugewiesenen Sachen". Eine Differenzierung nach § 78 b Abs. 1 Nr. 1 und 2 GVG ist nicht getroffen. Gleichwohl ist dieser Passus nach dem Gesamt Zusammenhang des Geschäftsverteilungsplans und der dem Senat bekannten Praxis am Landgericht ... so zu verstehen, daß mit der Ziffer IV, 9 lediglich die in § 78 a Abs. 1, <u>Nr. 1</u> GVG aufgeführten Entscheidungen nach §§ 462 a, 463 StPO gemeint sind, die gemäß § 78 b Abs. 1 Nr. 1 GVG bei Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren von der Strafvollstreckungskammer <u>zwingend</u> in der Besetzung mit einem Richter zu treffen sind. Damit nimmt der Geschäftsverteilungsplan aus dem Zuständigkeitsbereich der 6. Strafvollstreckungskammer einen genau umrissenen, vorliegend nicht berührten Teil des Gesamtaufgabenbereichs der Strafvollstreckungskammer heraus, läßt aber insbesondere die umfassende Zuständigkeit der 6. Strafvollstreckungskammer für Entscheidungen <u>nach dem Strafvollzugsgesetz</u> unberührt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die dargelegte Regelung des Geschäftsverteilungsplans des Landgerichts ... befindet sich in Einklang jedenfalls mit der Vorschrift des § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG. Das Gesetz hat für den Bereich der Entscheidungen nach dem Strafvollzugsgesetz nur einen einzigen, einheitlichen Spruchkörper vorgesehen. Der gegenteilige Standpunkt des Betroffenen, "kleine" und "große" Strafvollstreckungskammer seien bei Entscheidungen nach § 109 StVollzG selbständige Spruchkörper, trifft nicht zu. Die Rechtsbeschwerde kann also auch insoweit nicht durchgreifen, als sie in ihrer Rüge der Überbesetzung der "6. kleinen Straf vollstreckungskammer" logisch voraussetzt, der Geschäftsverteilungsplan müsse entsprechende Spruchkörper einrichten. Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, daß die Frage der Selbständigkeit der unterschiedlich besetzten Spruchkörper der Straf voll Streckungskammer umstritten ist (vgl. einerseits für Selbständigkeit der Spruchkörper OLG Koblenz, NJW 1975, 1795; OLG Bremen, NJV 1976, 79; KG. JR 1976, 472; Kleinknecht, StPO, 35. Aufl., § 78 b GVG Rdn. 1; ... Müller-Dietz, Strafvollzugsrecht, 2. Aufl., 1978, S. 222; für Einheitlichkeit des Spruchkörpers unabhängig von der Besetzung; OLG Hamm, GA 1978, 335; Peters GA 1977, 97 [102 f]; JR 1977, 397 [401]; Treptow, NJW 1977, 1037 [1038]; Löwe-Rosenberg-Schäfer, StPO, 23. Aufl., Rdn. 7 vor § 78 a GVG). Diese Streitfrage ist bereits mit der Einführung der Strafvollstreckungskammern durch § 78 b Abs. 1 i.d.F. des Art. 22 Nr. 6 EGStGB vom 02. März 1974 (BGBl. I S. 469) entstanden. Soweit sich die Kontroverse auf den Rechtszustand vor dem Inkrafttreten der jetzt geltenden Vorschrift des § 78 b i.d.F. des § 179 Nr. 3 StVollG vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581) bezieht, ist den für die gegenteiligen Standpunkte herangezogenen Argumenten durch die gesetzliche Neuregelung zumindest teilweise der Boden entzogen worden (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Es kann vorliegend jedoch offen bleiben, ob aus der Erweiterung des Aufgabenbereichs der Strafvollstreckungskammer um die Entscheidungen nach dem Strafvollzugsgesetz in § 78 a Abs. 1 Nr. 2 GVG und deren prozessuale Ausgestaltung in § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG nunmehr auch für den "alten" Aufgabenbereich der Strafvollstreckungskammer nach § 78 a Abs. 1 Nr. 1 GVG die Einheitlichkeit des Spruchkörpers unabhängig von der Besetzung herzuleiten ist (so OLG Hamm a.a.O.). Der Senat hält es nicht für ausgeschlossen, die Frage für die beiden Aufgabenbereiche der Strafvollstreckungskammer unterschiedlich zu beantworten (so wohl auch Treptow a.a.O., S. 1038). Für den Aufgabenbereich der Strafvollstreckungskammern nach dem Strafvollzugsgesetz jedenfalls geht das Gesetz, wie dargelegt, von nur einem einheitlichen Spruchkörper aus (ebenso OLG Karlsruhe, MDR 1979, 1045). Dies ergibt sich aus der Regelung der unterschiedlichen Besetzung selbst, die sich in folgendem von derjenigen des § 78 b Abs. 1 Nr. 1 GVG entscheidend abhebt. § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG sieht für Verfahren nach § 109 StVollzG grundsätzlich eine mit einem Richter besetzte Strafvollstreckungskammer vor. Nur bei Sachen mit besonderer Schwierigkeit rechtlicher Art oder bei grundsätzlicher Bedeutung ist der Einzelrichter befugt und gehalten, die Entscheidung an die Kammer in der Besetzung mit drei Richtern zu verweisen. Es ist schlechterdings nicht möglich, insoweit von zwei verschiedenen Spruchkörpern auszugehen. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des 5. Strafsenats des OLG Hamm (a.a.O., S. 337), insbesondere in der aus dem Zweck der Vorschrift hergeleiteten Argumentation. Die Auflassung von der Selbständigkeit der Spruchkörper würde es zulassen, daß der Einzelrichter dem mit drei Richtern besetzten Spruchkörper nicht anzugehören brauchte (vgl. hierzu Peters, GA 1977, 97 [103, Fußnote 17], der dies für beide Aufgabenbereiche der Strafvollstreckungskammer für unzulässig hält). Dies würde dem Einzelrichter die Möglichkeit eröffnen, durch Verweisung die Zuständigkeit eines Spruchkörpers zu begründen, dem er selbst nicht angehört. Es hinge damit von der Einschätzung des Schwierigkeitsgrades der Sache durch den Einzelrichter ab, ob er oder ein gänzlich anderer Spruchkörper zur Entscheidung berufen ist. Es liegt auf der Hand, daß der Gesetzgeber mit der Eröffnung der Verweisungsmöglichkeit in § 78 b Abs. 1 Nr. 2 GVG dies nicht gemeint haben kann. Die Vorschrift ist vielmehr dahin zu verstehen; daß der grundsätzlich in erster Linie zuständige Einzelrichter das ihm von daher zugeflossene umfassende Erfahrungswissen als Berichterstatter in die Kammer einbringen soll (vgl. insoweit auch OLG Hamm a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach alledem greifen die mit der "Überbesetzung" der 6. (kleinen) Strafvollstreckungskammer begründeten Angriffe der Rechtsbeschwerde nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Einer Vorlegung der Sache an den Bundesgerichtshof wegen der entgegenstehenden Auffassungen der Oberlandesgerichte Bremen und Koblenz sowie des Kammergerichts (a.a.O.) bedarf es nicht. Die angeführten Entscheidungen sind zum einen vor dem 1. Januar 1977 und damit vor dem Inkrafttreten des § 78 b Abs. 1 GVG in der Fassung des § 179 Abs. 3 StVollzG vom 16. März 1976 und im übrigen nicht im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 119 StVollzG, sondern im Beschwerdeverfahfen nach § 454 StPO ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die weitere Rüge des Betroffenen, der Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Arnsberg sei auch deshalb fehlerhaft, weil er "die Verteilung der einzelnen Sachen nach der Reihenfolge des Eingangs vorsieht", ist schon im Ansatz verfehlt. Der Geschäftsverteilungsplan hat - wie dargelegt - für den Bereich der Strafvollzugssachen rechtsfehlerfrei nur einen einheitlichen Spruchkörper vorgesehen. Er enthält daher konsequent Erweise keinerlei Bestimmungen über die Zuweisung der einzelnen Sachen an die Kammermitglieder.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Soweit der Betroffene die insoweit gemäß § 21 g GVG dem Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer obliegende interne Verteilung der Geschäfte (vgl. Treptow, a.a.O., Fußnote 5) beanstanden will, ist die Rüge unzulässig, da die getroffene Regelung nicht mitgeteilt wird.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Auch im übrigen hält der angefochtene Beschluß einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Strafvollstreckungskammer hat den Antrag des Betroffenen im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Da der Betroffene sich gegen die Ablehnung einer Maßnahme wendet, stellt sein Begehren einen Verpflichtungsantrag nach § 109 StVollzG dar, der bei Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nicht erledigt war. Das damit gemäß § 109 Abs. 3 StVollzG in Verbindung mit § 1 des Vorschaltverfahrensgesetzes NW erforderliche Widerspruchsverfahren hat der Betroffene nach seinem eigenen Vortrag nicht eingeleitet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>V.</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Da die Rechtsbeschwerde nach alledem erfolglos bleibt, waren die Kosten des Rechtsmittels gemäß §§ 121 Abs. 4 StVollzG, 473 Abs. 1 StPO dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.</p>
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315,881 | olgham-1981-03-23-1-ss-35981 | {
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} | 1 Ss 359/81 | 1981-03-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:28 | 2019-03-27T09:41:58 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0323.1SS359.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Anträge werden zurückgewiesen.</p>
<p>Die durch den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstandenen Kosten und die der Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Angeklagten zur Last.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht Dortmund hat die Angeklagte am 25. Oktober 1979 wegen gemeinschaftlichen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 25,- DM verurteilt. Die Berufung der Angeklagten hat die Strafkammer durch Urteil vom 27. Oktober 1980 mit der Maßgabe verworfen, daß sie wegen eines Betruges zu der selben Geldstrafe verurteilt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Angeklagte durch Schriftsatz ihres bevollmächtigten Verteidigers vom 29. Oktober 1980 rechtzeitig Revision eingelegt. Die Einlegungsschrift und der sie berichtigende Schriftsatz des Verteidigers vom 3. November 1980 enthalten keine Revisionsanträge und keine Ausführungen zur Begründung der Revision.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Berufungsurteil ist der Angeklagten persönlich und ihrem Verteidiger jeweils am 16. Dezember 1980 zugestellt worden. Innerhalb der Frist zur Revisionsbegründung (§ 345 Abs. 1 StPO) hat weder die Angeklagte Revisionsanträge bzw. eine Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Landgerichts erklärt noch ist ein Schriftsatz ihres Verteidigers oder eines anderen Rechtsanwalts mit entsprechenden Erklärungen zu den Akten gelangt. Durch Beschluß vom 22. Januar 1981 hat deshalb die Strafkammer die Revision gem. § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach Zustellung dieses Beschlusses an ihn am 3. Februar 1981 hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 3. Februar 1981, der am 9. Februar 1981 beim Landgericht eingegangen ist, beantragt, den Beschluß vom 22. Januar 1981 aufzuheben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe die Revisionsbegründung am 18. Dezember 1980 gefertigt und am selben Tage zur Post gegeben. Eine Durchschrift des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1980, die indessen keine Unterschrift aufweist, hat der Verteidiger seinem Schriftsatz vom 3. Februar 1981 beigefügt. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 5. März 1981 hat er ausdrücklich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision beantragt und anwaltlich versichert und Zeugenbeweis dafür angeboten, daß die Revisionsbegründung vom 18. Dezember 1980 am selben Tage zur Post gegeben worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Senat sieht den Schriftsatz des Verteidigers vom 3. Februar 1981 als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 StPO) gegen den Verwerfungsbeschluß der Strafkammer vom 22. Januar 1981 an. Der Antrag ist rechtzeitig gestellt, kann jedoch keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat beim Landgericht Dortmund Ermittlungen nach dem Verbleib des Schriftsatzes des Verteidigers vom 18. Dezember 1980 veranlaßt. Diese sind ohne Erfolg geblieben. Nach dem Vermerk des Geschäftsstellenbeamten vom 10. März 1981 ist eine Revisionsbegründung bis zum 20. Januar 1981, als der Beamte bereits einen entsprechenden Aktenvermerk gemacht hatte, nicht eingegangen. Ein weiterer Bediensteter hat am 17. März 1981 vermerkt, auch er habe "keine Begründungsschrift gesehen". Bei dieser Sachlage kann nicht festgestellt werden, daß der Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Dezember 1980 innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO beim Landgericht eingegangen ist. Darüber hinaus steht auch nicht fest, daß er überhaupt jemals an das Landgericht gelangt ist. Nach dem Vorbringen des Verteidigers, dessen Praxis sich nicht am Sitze des Landgerichts befindet, soll die Revisionsbegründung am 18. Dezember 1980 zur Post gegeben worden sein. Da sie bis heute über 3 Monate später - nicht zu den Akten des vorliegenden Verfahrens gelangt ist, besteht die Möglichkeit, daß sie bereits auf dem Wege zur Post, auf einem Postamt oder während der Postbeförderung verloren gegangen ist. Feststellbar ist das allerdings nicht. Auch die Möglichkeit, daß der Schriftsatz an das Landgericht gelangt und dort in Verlust geraten oder in eine falsche Akte eingeheftet worden ist, ist nicht auszuschließen. Weitere Nachforschungen nach dem Verbleib des Schriftsatzes versprechen keinen Erfolg. Für die Entscheidung des Senats muß deshalb nicht nur der <u>rechtzeitige</u> Eingang des Schriftsatzes beim Landgericht, sondern darüber hinaus auch offenbleiben, ob die Revisionsbegründung überhaupt beim Landgericht Dortmund eingegangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage kann der Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In Rechtsprechung und Rechtslehre ist umstritten, ob ein Rechtsmittel oder eine Revisionsbegründung, für das bzw. die sich unter Verwendung aller verfügbaren Erkenntnisquellen nicht feststellen läßt, ob es rechtzeitig eingelegt bzw. sie rechtzeitig angebracht ist, als rechtzeitig eingelegt behandelt werden muß oder nicht. Überwiegend wird angenommen, daß der Grundsatz "in dubio pro reo" insoweit nicht gilt, da die Frage, ob ein Rechtsmittel als rechtzeitig eingelegt anzusehen ist, für alle Verfahrensbeteiligten einheitlich behandelt werden müsse, also nicht etwa für ein Rechtsmittel des Angeklagten und ein zu Ungunsten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unterschiedlich beantwortet werden dürfe (so u.a. BGH NJW 1960, 2202, KG JZ 1954, 470; OLG Hamm, 2. Strafsenat GA 1957, 222; OLG Düsseldorf, 1. Strafsenat NJW 1964, 1684; OLG Celle NJW 1967, 640; a.A. OLG Hamburg JR 1976, 254; Schäfer in Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., Einl. Kap. 11 Rz. 44 ff und Meyer in Löwe-Rosenberg, a.a.O., § 341 Rz. 30).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In Entscheidungen, die jeweils lediglich die Frage des <u>rechtzeitigen</u> Eingangs der Rechtsmittelschrift bei Gericht betreffen - wobei der Beginn der Rechtsmittelfrist jeweils nicht zweifelhaft war - haben das Kammergericht und die Oberlandesgerichte Hamm, Düsseldorf (1. Strafsenat) und Celle (jeweils a.a.O.,) die Rechtsansicht vertreten, nicht behebbare Zweifel über die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels gingen zu Lasten des Rechtsmittelführers; das Rechtsmittel sei in einem solchen Fall als unzulässig anzusehen. Demgegenüber hat der BGH in seinem Beschluß vom 2. September 1960 (NJW 1960, 2202), der die Frage der Zulässigkeit einer Revision betraf, die am selben Tag wie ein Verzicht auf dieses Rechtsmittel bei Gericht eingegangen war, darauf hingewiesen, daß ein Rechtsmittel nur dann als wegen Verspätung unzulässig verworfen werden dürfe, wenn es tatsächlich verspätet eingelegt worden sei. Dieser Ansicht haben sich das BayObLG (NJW 1966, 947), der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (MDR 1969, 1031) und die Oberlandesgerichte Braunschweig (NJW 1973, 2119), Oldenburg (OLGSt § 314 S. 1) und Stuttgart (NJW 1981, 471 L.S.) in Entscheidungen zu unterschiedlich gelagerten Fällen angeschlossen, in denen jedoch jeweils nur die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels oder des Rechtsbehelfs zweifelhaft war, nicht jedoch dessen Eingang bei Gericht oder bei der zuständigen Behörde überhaupt ungeklärt blieb. Die Ansicht des BGH (NJW 1960, 2202) wird auch im Schrifttum überwiegend vertreten. Dem Urteil des 4. Strafsenats des BGH vom 26. Juni 1958 (BGHSt 11, 393, 395) legt dagegen wohl nicht diese Ansicht, sondern die aufgrund der besonderen Sachlage gewonnene Überzeugung zu Grunde, Revisionseinlegung und Rechtsmittelbegründung seien rechtzeitig erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Welcher der dargelegten Rechtsansichten zu folgen ist, wenn lediglich die Rechtzeitigkeit eines eingelegten Rechtsmittels oder einer angebrachten Revisionsbegründung ungeklärt bleibt, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn hier ist - anders als in allen in den angeführten Entscheidungen behandelten Fällen - ungeklärt geblieben, ob der Schriftsatz, mit dem der Verteidiger die Revision begründet hat, überhaupt an das Landgericht gelangt ist. Das Argument, der Angeklagte dürfe keinen Nachteil dadurch erleiden, daß Fehler der Strafverfolgungsbehörden die Feststellung unmöglich machten, ob ein zu seinen Gunsten eingelegtes Rechtsmittel bzw. eine Begründung der von ihm eingelegten Revision fristgerecht angebracht worden sei - so insbesondere Löwe-Rosenberg-Meyer, a.a.O., - trifft auf die hier gegebene Prozeßlage nicht zu. Die Ungewißheit über den Eingang der Rechtsmittelbegründung bei Gericht kann zwar auf einem Fehler von Gerichtsbediensteten beruhen, muß das aber nicht. Insbesondere im Hinblick darauf, daß seit der unter Beweis gestellten Absendung des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1980 bereits über 3 Monate vergangen sind, ohne daß der Schriftsatz inzwischen wieder aufgetaucht wäre, muß es der Senat als ebenso wahrscheinlich ansehen, daß ein Fehler anderer Personen auf dem Wege zur Post oder im Bereich der Post zum Verlust des Schriftsatzes geführt hat. Bei dieser Prozeßlage muß die Revision nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen werden. Denn hier handelt es sich nicht darum, daß die Revisionsanträge bzw. die Revisionsbegründung formgerecht angebracht worden sind und der Nachweis der Rechtzeitigkeit an einem Fehler der Strafverfolgungsbehörden scheitert. Ist nicht feststellbar, ob ein Rechtsmittel bzw. eine Revisionsbegründung des Angeklagten überhaupt an das Gericht gelangt ist, kann den berechtigten Belangen des Angeklagten dadurch ausreichend Rechnung getragen werden, daß ihm - falls die Voraussetzungen dafür vorliegen - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wird.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Einer Vorlage der Sache an den BGH nach § 121 Abs. 2 GVG bedarf es nicht. Diese Vorschrift gilt allerdings auch, falls ein Oberlandesgericht bei einer Entscheidung nach § 346 Abs. 2 StPO von der Entscheidung eines anderen Revisionsgerichts abweichen will (BGH NJW 1977, 964, 965). Die feststellbaren - oben angeführten - Entscheidungen anderer Revisionsgerichte - bei einem Teil der angeführten Entscheidungen handelt es sich zudem nicht um Revisionsentscheidungen; andere Entscheidungen beruhen nicht auf der mitgeteilten Rechtsansicht - betreffen nicht die hier gegebene Verfahrenslage, daß nicht lediglich die Rechtzeitigkeit des Eingangs der Revisionsbegründung bei Gericht, sondern darüberhinaus zweifelhaft geblieben ist, ob die Begründungsschrift überhaupt an das Gericht gelangt ist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig. Der Senat sieht ihn allerdings als bereits mit dem Schriftsatz vom 3. Februar 1981 und deshalb rechtzeitig erhoben an. Entgegen § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO ist jedoch die versäumte Handlung nicht nachgeholt worden. Die dem Schriftsatz vom 3. Februar 1981 beigefügte Ablichtung der Revisionsbegründungsschrift vom 18. Dezember 1980 genügt dazu nicht, weil sie nicht vom Verteidiger unterschrieben worden ist. Nach § 345 Abs. 2 StPO kann die Revisionsbegründung seitens des Angeklagten nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt <u>unterzeichneten</u> Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden. Die Bezugnahme auf ein als Anlage beigefügtes Schriftstück, das nicht selbst von einem Rechtsanwalt unterzeichnet ist, genügt für die Revisionsbegründung des Angeklagten nicht (vgl. Löwe-Rosenberg-Meyer, a.a.O., § 345 Rz. 21 mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Rechtslehre). Für die Nachholung der Revisionsbegründung gelten die für letztere bestehenden Formvorschriften naturgemäß ebenso.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Senat weist abschließend darauf hin, daß die Revision - allerdings vom Senat und nicht bereits vom Berufungsgericht - auch dann als unzulässig hätte verworfen werden müssen, wenn der rechtzeitige Eingang des Schriftsatzes vom 18. Dezember 1980 beim Landgericht hätte festgestellt werden können. Denn die Revisionsbegründung enthält lediglich eine Verfahrensrüge, auf die Revision nicht gestützt werden kann. Im Schriftsatz vom 18. Dezember 1980 hat der Verteidiger zur Begründung der Revision vorgetragen, während der Vernehmung des Angeklagten in der Berufungsverhandlung sei die Lautsprecheranlage des Sitzungssaals so eingeschaltet gewesen, daß die aus dem Gerichtssaal gesandten Zeugen der Vernehmung des Angeklagten hätten folgen können und demzufolge die Möglichkeit bestanden habe, "die Aussage zum Nachteil des Angeklagten zu machen".</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit diesem Vorbringen ist ein Verfahrensfehler, auf den die Revision gestützt werden kann, nicht dargetan. Nach § 243 Abs. 2 Satz 1 StPO haben die Zeugen den Sitzungssaal zu verlassen, bevor der Vorsitzende den Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse vernimmt. Erst nach der Vernehmung des Angeklagten - falls er zur Äußerung bereit ist - folgt die Beweisaufnahme einschließlich der Vernehmung der Zeugen (§§ 243 Abs. 4, 244 Abs. 1 StPO). Gegen diese Vorschriften hat das Berufungsgericht nach dem Vorbringen des Revisionsführers nicht verstoßen. Allerdings sollen die Zeugen nach der Präsenzfeststellung den Sitzungssaal verlassen und dürfen der Hauptverhandlung bis zu ihrer Vernehmung nicht beiwohnen, um ihre Unbefangenheit nicht durch Vorgänge in der Hauptverhandlung zu beeinflussen. Aus dem selben Grunde muß naturgemäß auch verhindert werden, daß die wartenden Zeugen der Vernehmung des Angeklagten über die Lautsprecheranlage folgen können. Indessen handelte es sich bei § 243 Abs. 2 Satz 1 StPO lediglich um eine Ordnungsvorschrift, auf die die Revision nicht gestützt werden kann. Das war bereits in der Rechtsprechung zum früheren Abs. 4 des § 243, dem Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift in der jetzt geltenden Verfassung entspricht, in der Rechtsprechung anerkannt (RGSt. 1, 366; BayObLGSt 1949 bis 1951, 49). Daran ist auch für § 243 Abs. 2 Satz 1 StPO in der jetzt geltenden Fassung festzuhalten (vgl. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, a.a.O., § 243 Rz. 27). Daß ein Zeuge während der Vernehmung des Angeklagten (und eventuell anderer Zeugen) im Zuhörerraum der Verhandlung beigewohnt hat, berechtigt das Gericht nicht einmal, einen Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen abzulehnen (RGSt 1, 366; KG VRS 38, 56; vgl. auch RGSt 54, 297). Daß die Zeugen nach dem Vorbringen des Revisionsführers während der Vernehmung des Angeklagten in der Berufungsverhandlung über die Lautsprecheranlage den Gang der Verhandlung haben verfolgen können, kann dem Angeklagten nicht eine formelle Revisionsrüge eröffnen, die ihm nicht zustehen würde, wenn später vernommene Zeugen während der Vernehmung des Angeklagten im Sitzungssaal anwesend gewesen wären. Auf die im Schriftsatz des Verteidigers vom 18. Dezember 1980 allein enthaltene formelle Rüge kann folglich die Revision nicht gestützt werden.</p>
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} | 7 WF 90/81 | 1981-03-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:30 | 2019-03-27T09:41:58 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0323.7WF90.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist die eheliche Tochter des Antragsgegners. Sie hat ihr Studium der Philologie im November 1980 mit der erfolgreichen Prüfung abgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin begehrt das Armenrecht für eine Klage auf rückständigen Unterhalt. Die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sind mit Wirkung von Oktober 1979 wegen Überschreitung der Regelstudienzeit entfallen. Für die Monate Oktober bis März 1930 hat der Antragsgegner jeweils 510,- DM gezahlt, für die nachfolgenden Monate April bis einschließlich November 1980 jeweils 380,- DM. Die Antragstellerin verlangt in Anlehnung an den BAföG-Satz jeweils 692,- DM und errechnet so einen Rückstand von 3.588,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat diesen Satz deshalb nicht in voller Höhe gezahlt, weil er der Auffassung ist, daß die Antragstellerin sich wegen eines Teiles ihres Unterhaltes an ihren Verlobten, einen Hauptschullehrer, halten müsse. Mit diesem lebt die Antragstellerin seit Oktober 1976 zusammen, die förmliche Verlobung erfolgte am 20.11.1976, seit dem 16.01.1981 läuft für die Antragstellerin die Mutterschutzfrist. Mit der weiteren Ermäßigung seiner Leistungen zum 01.04.1980 hat der Antragsgegner berücksichtigt, daß zu diesem Zeitpunkt die von ihm unterhaltene jüngste Tochter ein Studium aufgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Beschluß, auf den Bezug genommen wird, hat das Familiengericht das Armenrecht wegen mangelnder Erfolgsaussichten versagt. Hiergegen richtet sich die gem. § 127 ZPO statthafte Beschwerde, auf deren Begründungsschriftsätze Bezug genommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde muß ohne Erfolg bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bereits in seinem Armenrechtsverweigerungsbeschluß vom 23.10.1980 in dem von den Parteien geführten Verfügungsverfahren 5 b F 152/80 AG Soest = 7 UF 427/80 OLG Hamm ausgeführt, gem. § 1610 Abs. 2 BGB sei im Grundsatz davon auszugehen, daß der Unterhaltsverpflichtete die vollen Kosten einer angemessenen Ausbildung schulde. Der Begriff der angemessenen Ausbildung setze auf Seiten des Unterhaltsberechtigten im allgemeinen aber voraus, daß dieser sich um einen Abschluß in der kürzestmöglichen Frist bemühe. Wenn - wie hier - die Regelstudienzeit nicht unerheblich überschritten werde und deshalb die BAföG-Förderung entfalle, könne nicht grundsätzlich und uneingeschränkt auf die Eltern zurückgegriffen werden. Kinder müßten in einer solchen Lage soweit wie möglich um finanzielle Entlastung der Eltern bemüht sein.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">An diesen Grundsätzen ist festzuhalten. Danach ergibt sich, daß der Antragsgegner seine (etwaige) Unterhaltspflicht erfüllt hat. Die Antragstellerin hat in dem Verfügungsverfahren, in welchem die jetzigen Prozeßbevollmächtigten ebenfalls tätig gewesen sind, bei ihrer Anhörung vor dem Senat am 03.11.1980 u.a. erklärt, daß ihr im Jahre 1979 aus einem aufgelösten Sparvertrag ein Betrag von 6.000,- DM zugeflossen sei, wovon sie 3.000,- DM auf einen Bausparvertrag eingezahlt habe.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zu einer derartigen Vermögensbildung war die Antragstellerin im Verhältnis zum Antragsgegner nicht berechtigt, nachdem die Regelstudienzeit angelaufen war oder abzulaufen drohte. Die gesteigerte Pflicht zur Entlastung des unterhaltsverpflichteten Vaters gebot vielmehr, diesen Betrag zur Bestreitung des Studiums in Anspruch zu nehmen. Der von der Antragstellerin errechnete Rückstand von 3.588,- DM ermäßigt sich so auf 588,- DM. Dieser Betrag entspricht auf die im Streit befindlichen 13 Monate umgerechnet einem. Betrag von 45,- DM. Das Familiengericht hat zu Recht auf den Erfahrungssatz verwiesen, daß die Lebenshaltungskosten bei gemeinsamer Wirtschaftsführung sinken. Schon das trägt im Hinblick auf einen Betrag von monatlich 45,- DM die Versagung des Armenrechts. Die Versagung ist aber unabhängig hiervon auch deshalb gerechtfertigt, weil die Antragstellerin aus einer Tätigkeit bei der Volkshochschule Nebeneinkünfte hatte; so sind ihr im Juli 1980 1.400,- DM zugeflossen, für die Monate Oktober 1980 bis Februar 1981 erwartete die Klägerin nach ihren Angaben im Termin vom 03.11.1980 einen Betrag von 880,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage bedarf keiner abschließenden Erörterung, ob, wie für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 26.06.1980 vorgetragen worden ist, bei den hier maßgeblichen Umständen ein Unterhaltsanspruch in entsprechen der Anwendung der Rechtsgrundsätze aus §§ 1608 BGB, 122 BSHG entfallen muß. Nach § 1608 BGB ist der Ehegatte vor sonstigen Verwandten unterhaltspflichtig; nach § 122 BSHG sind Personen, die eheähnlich zusammenleben, wie Eheleute zu behandeln.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es sei aber angemerkt, daß sich auch unter diesem Gesichtspunkt ganz erhebliche Bedenken gegen die Begründetheit der Klage ergeben. Die Antragstellerin hat in ihren zu dem Vorverfahren überreichten handschriftlichen Notizen u.a. ausgeführt, daß sie sich für die Emanzipation der Frau einsetze und sich deshalb "nicht unterwerfen und in finanzieller Abhängigkeit" (von ihrem Verboten) begeben könne.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Eine solche (rechtlich natürlich zulässige) Einstellung darf aber nicht dazu führen, daß der Antragsgegner in einer den tatsächlichen Lebensverhältnissen nicht mehr entsprechenden "Unterhaltsschuldnerschaft" gehalten wird. (vgl. in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung zu der Frage, wann ein Unterhaltsanspruch nach §§ 67, 66 EheG a.F. verwirkt war, Hinweise bei BGH FamRZ 1930, 40). Die Rechtsordnung kann "Freiheiten auf Kosten Dritter" (vgl. Diederichsen NJW 1980, 1672) nicht sanktionieren.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die aufgezeigten Gesichtspunkte ergeben auch gewichtige Zweifel daran, ob im Hinblick auf § 114 ZPO davon ausgegangen werden könnte, daß die Antragstellerin die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann. Bei bestehender Ehe muß der Ehegatte gem. § 1360a Abs. 4 BGB die Kosten eines Unterhaltsprozesses aufbringen. Für den vorliegenden Sachverhalt ergeben sich insoweit ganz erhebliche Bedenken, weil es kaum angängig sein kann, die "Ehe ohne Trauschein" gegenüber der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Folge ... zu privilegieren, daß die Allgemeinheit Kosten tragen muß, welche bei bestehender Ehe die Eheleute selbst zu tragen haben. Das würde wiederum zu einem Privileg auf Kosten Dritter, hier der Steuerzahler, führen.</p>
|
315,883 | olgk-1981-03-23-21-uf-17980 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 21 UF 179/80 | 1981-03-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:31 | 2019-03-27T09:41:58 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0323.21UF179.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das am 28. Mai 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln - 315 (309/305) F 155/77 - unter Aufrechterhaltung im übrigen bezüglich Ziffer 2) seines Tenors geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Zu Lasten der für den Antragsteller bei der E. C. bestehenden Versorgungsan-wartschaften werden auf dem Konto Nr. xxxxxxxx T xxx bei der Bundesversiche-rungsanstalt für Angestellte in Berlin für die Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 136, -- DM, bezogen auf den 31. Januar 1977, begründet.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin und dem Antragsgegner je zur Hälfte auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Die den Parteien und den Verfahrensbeteiligten im Beschwerdeverfahren ent-standenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet. </p>
<p></p>
<p>Die weitere Beschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht Köln hat durch Verbundurteil vom 28.5.1980 - 315 (309/305)<i> </i>F 155/77 - die von dem Antragsteller und der Antragsgegnerin miteinander geschlossene Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Zu Lasten der für den</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Antragsteller bei der Verfahrensbeteiligten zu 2) bestehenden Versorgungsanwartschaften hat es für die Antragsgegnerin auf ihrem bei der Verfahrensbeteiligten zu 3) bestehenden Konto Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 107,02<i> </i>DM, bezogen</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">auf den 31.1.1977 - Datum des Endes der Ehezeit - begründet.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die von ihm eingeholten Auskünfte der Verfahrensbeteiligten zu 1) bis 3) hatten folgendes ergeben:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Beide Ehegatten haben in der Ehezeit Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten erworben: der Antragsteller solche in Höhe von monatlich 45,10<i> </i>DM und die Antragsgegnerin solche in Höhe von monatlich 342,90 DM. Werden zusätzlich die von beiden Ehegatten vorehelich erworbenen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt, dann beläuft sich jeweils am Ende</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">der Ehezeit die Anwartschaft des Antragstellers auf monatlich 313,80 DM und die der Antragsgegnerin auf monatlich 473, -- DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Ferner haben beide Ehegatten während der Ehezeit Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften (BeamtVG) erworben und zwar der Antragsteller solche in Höhe von monatlich 814,91 DM und die Antragsgegnerin solche in Höhe von monatlich 303,08 DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Daran anknüpfend hat das Familiengericht seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB sei der Antragsteller ausgleichspflichtig, weil während der Ehezeit er die insgesamt werthöheren Anwartschaften erworben habe. Die Hälfte des Wertunterschiedes sei gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB in Form des sogenannten Quasi-Splittings durch Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten der Antragsgegnerin auszugleichen. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die vom Antragsteller in der Ehezeit insgesamt erworbenen Anwartschaften beliefen sich auf 860,01 DM, denen solche der Antragsgegnerin in Höhe von 645,98 DM<i> </i>gegenüberstünden. Der Wertunterschied betrage 214,03 DM, was - gerundet – einen hälftigen Ausgleichsbetrag von 107,02 DM ergebe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Sie macht geltend, die Verfahrensbeteiligte zu 1) habe dem Familiengericht in Unkenntnis der Tatsache Auskunft erteilt, daß sie - die Antragsgegnerin - auch über eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung verfüge, die sich wertmindernd auf die Höhe ihrer Versorgungsanwartschaft auswirke. Diese notwendige Korrektur führe im Ergebnis dazu, daß der Ausgleichsbetrag, den der Antragsteller ihr verschulde, zu ihren Gunsten erhöht werden müsse.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter entsprechender Abänderung der Ziffer 2) des angefochtenen Urteils die angeordnete Begründung von Versorgungsanwartschaften von bisher 107,02 DM auf 157,02 DM zu erhöhen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Verfahrensbeteiligten haben zu der Beschwerde nicht Stellung genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Verfahrensbeteiligte zu 1) hat auf Veranlassung des Senats am 31.10.1980 eine neue Auskunft über die Höhe der von der Antragsgegnerin in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaft erteilt, wobei auf die zu ihren Gunsten in der gesetzlichen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Rentenversicherung erworbene Anwartschaft Bedacht genommen worden ist. Auf den Inhalt dieser Auskunft - BI. 79 bis 91 d.A. - wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Senat konnte mit konkludenter Zustimmung aller Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus den §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 ZPO. Frist und Form der Einlegung und Begründung der Beschwerde sind gewahrt; §§ 621 e Abs. 3, 516, 519 ZPO. Schließlich begegnet auch die gemäß § 20 Abs. 1 FGG für die Zulässigkeit des Rechtsmittels erforderliche Beschwer der Antragsgegnerin keinen Bedenken, denn sie macht schlüssig geltend, daß der zu ihren Gunsten durchzuführende Versorgungsausgleich höher als vorn Familiengericht angeordnet sei.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat jedoch in sachlicher Hinsicht nur· teilweise Erfolg, während sie im übrigen nicht gerechtfertigt ist. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Zu Recht macht die Antragsgegnerin geltend, daß die dem Familiengericht erteilte Auskunft der Verfahrensbeteiligten zu 1) zu ihren Gunsten korrigiert werden mußte. Das ist inzwischen gemäß der neuen Auskunft geschehen, die die Verfahrensbeteiligte zu 1) auf Anforderung des Senats erteilt hat und derzufolge die früher erteilte Auskunft ihre Gültigkeit verloren hat.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese neue Auskunft hat zu einem rechnerisch und sachlich richtigen Ergebnis geführt; hiernach hat die Antragsgegnerin in der Ehezeit eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von monatlich 264,40 DM erworben. Dazu nötigen im einzelnen folgende Erwägungen:</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gemäß der neuen Auskunft betrugen die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der Antragsgegnerin am letzten Tage der Ehezeit - 31.1.1977 - unter Beachtung des § 1587 a Abs. 8 BGB:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Grundgehalt A 7, Stufe 8 1.264,32 DM</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zulage 67,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ortszuschlag Stufe 1 <u> 418,37 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:319px">1.749,69 DM.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ebenfalls am Ende der Ehezeit betrug ihre ruhegehaltsfähige Dienstzeit 6 Jahre, 123 Tage, während die Gesamtzeit im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BGB, das ist die Erweiterung der vorgenannten Zeitspanne um die Zeit bis zur Altersgrenze -</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">30.11.1996 - 26 Jahre, 61 Tage ausmacht. Aus dieser Gesamtzeit ergibt sich gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein von der Verfahrensbeteiligten zu 1) zutreffend angegebener Ruhegehaltssatz von 66 v.H. (vgl. dazu auch den Tabellenabdruck in VoskuhI/Pappai/Niemeyer, Versorgungsausgleich in der Praxis, S. 154 unten), was ein Ruhegehalt (66 % von 1.749,69 DM) von 1.154-,80 DM ergibt. Unter Hinzunahme des anteiligen Betrages der jährlichen Sonderzuwendung (1/12 von 1.154,80 DM = 96,24 DM), die Versorgungsbestandteil im Sinne des § 1587 a, Abs. 2, Nr.1 Satz 1, Satz 3 BGB ist, beläuft sich gemäß den vorstehend wiedergegebenen Bemessungsgrundlagen der Betrag, der sich am Ende der Ehezeit als Versorgung ergeben hätte, unter Berücksichtigung des § 1587 a Abs. 7 und Abs. 8 BGB, jedoch <u>vor</u> Berücksichtigung von Ruhens- und Anrechnungsvorschriften (§ 1587 a Abs. 6 BGB) auf 1.251,04 DM. Demgemäß entfiele von diesem ungekürzten Betrag nach der sogenannten pro-rata-temporis-Berechnung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 BGB) auf die Ehezeit ein Anteil von</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">6.34 Jahre x 1.251,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">------------------------------------ = 303,08 DM.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">26.17 Jahre</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Im weiteren bestimmt, worauf die Verfahrensbeteiligte zu 1) vom Ansatz her zutreffend Bedacht genommen hat, § 1587 a Abs. 6 2. Halbsatz BGB für den hier vorliegenden Fall, in welchem der Antragsgegnerin sowohl eine Versorgungsanwartschaft als auch</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">eine gesetzliche Rentenanwartschaft zusteht, daß für die Wertberechnung von den sich <u>nach</u> Anwendung von Anrechnungsvorschriften - hier: § 55 BeamtVG, weil die Antragsgegnerin seit 1.12.1971 Beamtin auf Lebenszeit ist - ergebenden gesamten Versorgungsbezügen auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Insoweit ist die Verfahrensbeteiligte zu 1) ausweislich ihrer zuletzt erteilten (neuen) Auskunft wie folgt verfahren:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hatte gemäß der von der Verfahrensbeteiligten zu 3) unter dem 7.12.1979 gegenüber dem Familiengericht erteilten Auskunft - vgl. BI. 66 - 71 VA - am Ende der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Anwartschaft in Höhe von 473, <b>-- </b>DM monatlich erworben. Unter Einbeziehung dieses Betrages hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) die mit 1.251,04 DM ermittelte Versorgungsanwartschaft um 159,65 DM gekürzt. Diesen Kürzungsbetrag hat sie wie folgt errechnet:</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Berechnung der Höchstgrenze gemäß § 55 BeamtVG </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">ruhegehaltsfähige Dienstbezüge Grundgehalt A 7, </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Endstufe zuzüglich ruhegehaltsfähige</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zulagen und Erhöhungszuschlag 1.519,80 DM</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Ortszuschlag Stufe 1 <u> 418,37 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:319px">1.938,17 DM</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">ruhegehaltsfähige Dienstzeit (§ 55 Abs. 2</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nr. 1 b BeamtVG)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vollendung des 17. Lebensjahres bis zur Altersgrenze</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">(29.11.1948-30.11.1996) 48 Jahre, 2 Tg.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Ruhegehaltssatz demnach 75 v.H.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Ruhegehalt (75 % von 1.938,17 Dl\1) = Höchstgrenze 1.453,63 DM</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Verdoppelung der Höchstgrenze bezüglich der</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Sonderzuwendung im Monat Dezember gemäß § 9</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Satz 2 SZG 2.907,26 DM</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Ruhensberechnung</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ruhegehalt 1.154,80 DM</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">anzurechnende Rente <u> 473,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">1.627,80 DM</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Höchstgrenze 1.453,63 DM</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">ruhender Teil der Bezüge</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">(1.627,80 DM . /. 1.453, 63 DM) 174,17 DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Ruhensberechnung für den Monat Dezember</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">verdoppeltes Ruhegehalt (1.154,80 DM x 2) 2.309,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">anzurechnende Rente <u> 473,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">2.782,60 DM</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">doppelte Höchstgrenze 2.907,26 DM</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">ruhender Teil der Bezüge --,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">ruhender Teil der Bezüge (174,17 DM) . /.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">1/12 dieses Betrages (14,52 DM), weil im Dezember</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">die (verdoppelte) Höchstgrenze nicht</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">überschritten wird,</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">ergibt ruhenden Teil der Bezüge in Höhe von <u> 159,65 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">höchstzulässige, gekürzte Versorgungsanwartschaft</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">(1.251,04 DM <b>./. </b>159,65 DM) 1.091,39 DM.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:319px"><b>===========</b></p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Zu dieser Berechnung ist vorab anzumerken, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) für die Berechnung der Höchstgrenze zu Recht die Endstufe der Besoldungsgruppe angesetzt hat, aus der sich das Ruhegehalt berechnet. Denn gemäß § 55 Abs. 2 BeamtVG ist</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">allein diese Endstufe maßgeblich und es besteht für den Versorgungsausgleich kein durchgreifender Grund, diese Höchstgrenzenregelung des Beamtenrechtseinzuengen oder durch Zugrundelegung der am Ende der Ehezeit erreichten Dienstaltersstufe</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">eine eigene Berechnung einzuführen (vgl. OLG Bremen, FamRZ 1979, 829; OLG München, FamRZ 1980, 1026, 1027; OLG Koblenz, FamRZ 1980, 1028; Palandt-Diederichsen, BGB, 39. Auflage, § 1587 a, Anm. 6 c aa; Klinkhardt in: Bastian/RothStielow/Schmeiduch, 1. EheRG, § 1587 a Rz 227, 228; a.A.: OLG Karlsruhe FamRZ 1981, 284; Vogel, FamRZ 1980, 605).</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Keinen Bedenken begegnet es ferner, daß die Verfahrensbeteiligte zu 1) den mit 174,17 DM errechneten Kürzungsbetrag um 1/12 dieser Summe reduziert hat, denn zufolge der Tatsache, daß im Monat Dezember wegen der insoweit geltenden und nicht überschrittenen Verdoppelung der Höchstgrenze (§ 9 Satz 2 SZG) keine Kürzung erfolgt, muß der - restliche - Kürzungsbetrag, ermittelt für 1) Monate, im Ergebnis auf 12 Monate umgelegt werden (vgl. OLG Bremen a.a.O., 830; a.A. OLG Braunschweig,</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">FamRZ 1981, 175). </p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Sodann hat die Verfahrensbeteiligte zu 1) den aus ihrer vorstehend aufgeführten Berechnung ersichtlichen, gekürzten Betrag von 1.091,39 DM im Verhältnis des Ehezeitanteils der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten (6.34 Jahre) : Gesamtzeit (26.17 Jahre) entsprechend der pro-rata-temporis-Methode aufgeteilt. Das ergibt eine auf die Ehezeit entfallende Versorgungsanwartschaft in Höhe von 264,40 DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis ist im vorliegenden Fall richtig.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Stehen einem Ehegatten mehrere Versorgungsanwartschaften im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB zu, so ist für die Wertberechnung von den sich nach Anwendung von Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen und der gesamten in die Ehezeit fallenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit auszugehen; sinngemäß ist zu verfahren, wenn die Versorgung wegen einer Rente einer Ruhens- oder Anrechnungsvorschrift - hier: § 55 BeamtVG - unterliegen würde; § 1587 a Abs. 6 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Darüber, wie diese sinngemäße Anwendung derartiger Ruhens- oder Anrechnungsvorschriften bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs zu erfolgen hat, bestehen in Rechtsprechung und Schrifttum erhebliche Meinungsverschiedenheiten.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Das Prinzip, nach dem die Verfahrensbeteiligte zu 1) verfahren ist, entspricht abgesehen von Sonderfragen der Feststellung der Höchstgrenze und der Behandlung der jährlichen Sonderzuwendung (sogenannte Weihnachtsgratifikation) der Berechnungsweise,</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">wie sie von den Trägern der Versorgungslast üblicherweise ihren Auskünften zugrunde gelegt wird, und von der Rechtsprechung teilweise gebilligt worden ist (vgl. dazu Kemnade, FamRZ 1981, 176, 177 m. Nachw.); unter Beachtung des § 55 BeamtVG</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">wird der nicht ruhende Teil der Beamtenversorgung ermittelt und davon gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB der auf die Ehezeit entfallende Anteil errechnet.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Zu berücksichtigen ist jedoch stets, daß es um die Frage geht, wie ein etwaiger Kürzungsbetrag der Ruhensregelung (§§ 10, 55 BVG) bei Durchführung des Versorgungsausgleichs der Ehezeit zugeordnet wird (OLG Karlsruhe, FamRZ 1981, 283).</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Dem dazu vom OLG Braunschweig (FamRZ 1981, 172) beschrittenen Lösungsweg kann der Senat nicht folgen. Bei einer Kürzung der Versorgung nach den angeführten Vorschriften erscheint es ausgeschlossen, daß der nach Anwendung der Kürzungsvorschriften errechnete Ehezeitanteil größer sein kann als der ohne Kürzung</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">errechnete Anteil. Gerade das träfe aber ein, übertrüge man die Berechnungsweise des OLG Braunschweig auf den vorliegenden Fall. Richtiger erscheint es deshalb, ähnlich wie es das OLG München tut (FamRZ 1980, 1025), bei der Ruhensberechnung allein darauf zu achten, daß der Kürzungsbetrag nur den in der Ehezeit erworbenen Anteil der anzurechnenden anderweitigen Versorgung umfassen darf. Denn bei der Anwendung des § 1587 a Abs. 6 BGB geht es nur um den Ausgleich des in die Ehezeit fallenden Teils der konkurrierenden kürzungsursächlichen Versorgung (Palandt-Diederichsen, a.a.O., § 1587 a, Anm 6; ähnlich Rolland, 1. EheRG, § 1587 a Rz 48). Geht man hiervon aus, so ist die von der Verfahrensbeteiligten zu 1) angesetzte Kürzung in die Berechnung des Versorgungsausgleichs zu übernehmen, weil der Kürzungsbetrag den Ehezeitanteil der gesetzlichen Rentenversicherung hier nicht übersteigt. Weitergehende</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Kürzungen, insbesondere solche wegen einer außerhalb der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaft, wären dagegen nicht zu berücksichtigen (Senatsbeschluß vom 11.9.1980 - 21 UF 204/79)<i>. </i></p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Soweit nämlich die Kürzung bis zum Höchstbetrage des Ehezeitanteils anderweitiger, anrechnungspflichtiger Anwartschaften erfolgt, erleidet der andere Ehegatte .dadurch keinen Nachteil. Hierdurch geht ihm beim Versorgungsausgleich nichts verloren. An dem Ehezeitanteil kürzungsursächlicher Rentenanwartschaften aber ist er im Ergebnis immer zur Hälfte beteiligt, sei es, daß ihm der hälftige Wert dieses Anteils als Versorgungsausgleich zufließt, sei es, daß dieser Anteil als Wertposten in das Vorfeld der Saldoziehung, in die vergleichende Gegenüberstellung der beiderseitigen, in der Ehe</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">erworbenen Anwartschaften einbezogen wird. Eine Kürzung der Versorgungsanwartschaft , der voreheliche Zeiten des von der Kürzung unmittelbar betroffenen Ehegatten zugrunde liegen, würde ihn demgegenüber benachteiligen. Denn während dem von</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">der Kürzung unmittelbar betroffenen Ehegatten der der vorehelichen Zeit entsprechende Wertanteil der anrechnungspflichtigen Rentenanwartschaft bei dem Eintritt des Versorgungsfalles ungeschmälert zufließt, weil dieser Anteil ihm ungekürzt verbleibt,</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">müßte er beim Versorgungsausgleich, der stets nur die Ehezeit erfaßt, völlig außer Betracht bleiben. Alsdann wäre indessen auch das Feld verlassen, dessen Grenzen durch</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">§ 1587 a Abs. 6 BGB abgesteckt worden sind: die Kürzungsvorschriften - hier: § 55 BeamtVG - würden voll zu Lasten des anderen Ehegatten durchschlagen und ihm im Umfange der auf voreheliche Zeiten entfallenden Anwartschaften kein Äquivalent verschaffen, da der von der Kürzung unmittelbar betroffene Ehegatte den Wert der vorehelichen, nicht versorgungsausgleichspflichtigen Zeiten ungeschmälert behielte mit der Folge, daß von einer sinngemäßen, dem Wesen des Versorgungsausgleichs Rechnung tragenden Anwendung der Kürzungsvorschriften keine Rede mehr sein könnte. Fließen voreheliche Zeiten in die Kürzung ein, so muß das, wie ausgeführt wurde, zu einer Verfälschung des Grundgedankens des Versorgungsausgleichs führen, weil alsdann der voreheliche Wertanteil derartiger anrechnungspflichtiger Rentenanwartschaften einerseits die Kürzung der gesamten Versorgungsanwartschaften und ebenso ihres Eheanteils mitbestimmt, also entsprechend reduziert, andererseits aber dem unmittelbar betroffenen Ehegatten ohne jedwede Ausgleichspflicht ungeschmälert verbleiben würde. Im vorliegenden Fall beläuft sich der zu Lasten der Antragsgegnerin von der Verfahrensbeteiligten zu 1) errechnete Kürzungsbetrag der Versorgungsanwartschaft auf monatlich 159,65 DM. Dieser Betrag ist geringer als die von ihr in der Ehezeit erworbene Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich auf 342,90 DM beläuft. Folglich ist der Kürzungsanteil hinzunehmen, wodurch sich zunächst die gesamte</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Versorgungsanwartschaft der Antragsgegnerin nach Anwendung der Anrechnungsbestimmung des § 55 BeamtVG von 1.251,04DM auf 1.091,39 DM verringert, was einen Ehezeitanteil von </p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">1.091,39 DM x 6.34 Jahre</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">------------------------------------ = 264,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">26.17 Jahre </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">ergibt, wie er von der Verfahrensbeteiligten zu 1) zutreffend angegeben worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen wäre demnach der Versorgungsausgleich wie folgt durchzuführen:</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Gesamtwert der Anwartschaften des Antragstellers (45,10 DM</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">plus 814, 91 DM) = 860,01 DM</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Gesamtwert der Anwartschaften der Antragsgegnerin</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">(342,90 DN plus 264,40 DM) = 607,30 DM</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Mehrwert der Anwartschaften des Antragstellers 252,71 DM</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">hälftiger Ausgleich (gerundet) 126,36 DM.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Bei diesem Ergebnis kann es jedoch nicht bewenden. Denn die von der Verfahrensbeteiligten zu 2) erteilte Auskunft, die sich über die Höhe der vom Antragsteller während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften verhält, muß aus Rechtsgründen</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">korrigiert werden, was entsprechend der Natur des Versorgungsausgleichsverfahrens als eines vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) geprägten Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit von Amts wegen zu geschehen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Gemäß dieser insoweit sachlich und rechnerisch richtigen Auskunft würde dem Antragsteller <u>ohne</u> Berücksichtigung von Anrechnungszeiten eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 1.712,82 DM zustehen. Demgemäß entfiele von diesem ungekürzten Betrag auf die Ehezeit ein Anteil von</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">1.712,82 DM x 23.76 Jahre</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">-------------------------------------- = 856,77 DM.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">47.50 Jahre</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Ferner ist die Verfahrensbeteiligte zu 2) zutreffend davon ausgegangen, daß nach dem hier einschlägigen § 10 Abs. 2 BeamtVG von der gesetzlichen Rentenanwartschaft in Höhe von 313,80 DM der Teil auf die Versorgungsanwartschaft anzurechnen ist, der dem Verhältnis der nach § 10 Abs. 1 BeamtVG zu berücksichtigenden versicherungspflichtigen Jahre (8 volle Jahre) zu den für die Rente angerechneten Versicherungsjahren (15 volle Jahre) entspricht, somit ein Betrag von </p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">313,80 DM x 8</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">--------------------- = 83,68 DM.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">15 x 2 </p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Sodann hat die Verfahrensbeteiligte zu 2) diesen Betrag von der Versorgungsanwartschaft in Höhe von 1.712,82 DM abgezogen und den sich ergebenden Betrag von 1.629,14 DM im Verhältnis Ehezeit (23.46 Jahre) : Gesamtzeit (47.50 Jahre) gemäß der</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">pro-rata-temporis-Methode "aufgeteilt, was eine auf die Ehezeit entfallende Versorgungsanwartschaft in Höhe von 814,91 DM ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Stattdessen hätte aber, wie in anderweitigem Zusammenhang ausgeführt worden ist, der Kürzungsbetrag nur bis zur Höchstgrenze des Ehezeitanteils der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaft abzüglich berücksichtigt werden dürfen, so daß sich folgende Berechnung ergibt:</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">1 .712,82 DM abzüglich 45,10 DM = 1.667,72 DM</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Ehezeitanteil:</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">1 .667 t 72 DM x 23.76 Jahre</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">---------------------------------------- = 834,21 DM</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">47.50 Jahre </p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Die Rechtfertigung dieses Ergebnisses wird aber noch durch das bereits dargelegte Grundprinzip des Versorgungsausgleichs belegt, demzufolge auch § 10 BeamtVG lediglich sinngemäß (§ 1587 a Abs. 6 BGB), d.h. lediglich insoweit anzuwenden ist, wie es sich mit dem Wesen des Versorgungsausgleichs vereinbaren läßt. Bildet aber, wie ausgeführt wurde, unter Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Versorgungsausgleichs der Ehezeitanteil anrechnungspflichtiger Rentenanwartschaften die Höchstgrenze der Kürzung, dann ist nicht einzusehen, weshalb die letztlich ganz anderen Zwecken zu dienende Berechnungsformel des § 10 BeamtVG, die auf die beamtenrechtliche Versorgung zugeschnitten ist und für diesen Fall unter voller Belassung anrechnungspflichtiger Rentenbezüge die Berechnung der Höchstgrenze ermöglichen soll, die zudem dem Beamten weitaus günstiger als die des § 55 BeamtVG ist, weil § 10 BeamtVG nur echte Doppelversicherungszeiten und auch diese nur zur Hälfte für anrechnungspflichtig erklärt, auch der Ermittlung des Versorgungsausgleichs, gerichtet auf hälftige Teilung</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">aller in der Ehezeit einerseits oder beiderseits erworbenen Anwartschaften zugrunde gelegt werden soll.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Der Berechnungsweise des Oberlandesgerichts München (FamRZ 1980, 60) kann sich der Senat nicht anschließen. Diese Berechnungsweise würde den Kürzungsbetrag von 83,86 DM im Verhältnis der in der Ehezeit erworbenen Werteinheiten zu den gesamten Werteinheiten der gesetzlichen Rentenversicherung aufteilen und zu einem Kürzungsbetrag von 12,01 DM führen.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Berechnungsmethode würde der Antragsgegnerin aber mehr als der hälftige Wertausgleich zufließen, weil der Kürzungsbetrag von 12,01 DM hinter dem Ehezeitanteil, den der Antragsteller in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 45,10 DM erworben hat und an dem die Antragsgegnerin ohnehin hälftig partizipiert, zurückbleibt. Damit wird nach Ansicht des Senats der Grundgedanke des Versorgungsausgleichs, sämtliche in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften mit ihrem insoweit vollem Wert anzusetzen und alsdann hälftig auszugleichen, verlassen.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ist der Versorgungsausgleich in folgender Weise durchzuführen:</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Gesamtwert der Anwartschaften des Antragstellers</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">(45,10 DH plus 834,21 DN) = 879,31 DM</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Gesamtwert der Anwartschaften der Antragsgegnerin</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">(342,90 DH plus 264,40 m1) = 607,30 DM</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Mehrwert der Anwartschaften des Antragstellers 272,01 DM</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">hälftiger Ausgleichungsbetrag 136,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPo.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat gemäß den §§ 621 e Abs. 2 Satz 1, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO die weitere Beschwerde zugelassen, weil die Frage, wie der auf die Ehezeit entfallende Anrechnungsbetrag im Sinne der §§ 10, 55 BeamtVG zu bestimmen ist, von grundsätzlicher Bedeutung ist und der Klärung durch eine höchstrichterliche Entscheidung bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 1.000,-- DM (Mindestwert gemäß § 17 a GKG).</p>
|
315,884 | olgk-1981-02-20-ss-8081 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Ss 80/81 | 1981-02-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:32 | 2019-03-27T09:41:58 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0220.SS80.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Verfahren wird wegen Verfolgungsverjährung auf Kosten der Staatskasse eingestellt (§ 46 Abs. 1 OWiG i. V. mit § 206 a StPO und § 467 Abs. 1 StPO).</p><p>Eine Erstattung der den Betroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen findet nicht statt (§ 46 Abs. OWiG i. V. mit § 467 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 StPO).</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">GRÜNDE:</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit nach den §§ 12 Abs. 1 Nr. 6 a StVO zu einem Bußgeld von l0,-- DM verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Betroffene am 8.9.1979 um 12.37 Uhr in B auf der B2 in einer Halteverbotszone geparkt.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde führt ohne Zulassung (vgl. BGH St 23, 365) zur Einstellung des Verfahrens, da die Verfolgung der dem Betroffenen zur Last gelegten Ordnungswidrigkeit verjährt ist.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am Tattag, dem 8.9.1979, wurde an der Windschutzscheibe des geparkten PKW's eine schriftliche Verwarnung befestigt, die zugleich die Aufforderung enthielt, im Falle der Ablehnung einer Zahlung schriftlich zum Vorwurf des verbotswidrigen Parkens Stellung zu nehmen. Am 24.10.1979 wurde an den Betroffenen ein Anhörungsbogen <strong>versandt. Am</strong> 19.12.1979 erging gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid. Nach Einspruchseinlegung gingen die Akten am 20.3.1980 beim Amtsgericht ein, das daraufhin Termin bestimmte.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bei dieser Sachlage trat die Verfolgungsverjährung mit Ablauf des 18.3.1980 ein. Letztmals wurde durch den Bußgeldbescheid vom 19.12.1979 gemäß "§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG die Verjährungsfrist von 3 Monaten (§ 26 Abs. 3 StVG ) unterbrochen. Die nächste zur Unterbrechung geeignete Maßnahme wäre die Vorlage der Akten an den Richter (§ 33 Abs. 1 Nr. 10 i. V. mit § 69 Abs. 1 Satz 1 OWiG) gewesen. Insoweit kommt es auf den Zeitpunkt des Eingangs der Akten bei Gericht an (BGH St 26, 384). Dies war hier der 20.3.1980. Die Verfolgungsverjährung war jedoch schon mit Ablauf des 18.3.1980 eingetreten (zur Berechnung der Frist vgl. Göhler, OWiG, 6. Aufl., § 31 Rdn. 15).</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bußgeldbescheids war - entgegen der Ansicht des Betroffenen - eine Verfolgungsverjährung noch nicht eingetreten.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch die Versendung des Anhörungsbogens war am 24.10.1979 die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG unterbrochen worden (vgl. Göhler, OWiG, 6. Aufl., § 33 Rdn. 11 m.w.N.). Die Wirksamkeit dieser Unterbrechungshandlung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß am Tattag an der Windschutzscheibe des PKW´s des Betroffenen eine schriftliche Verwarnung befestigt worden war, die zugleich die Aufforderung, enthielt, im Falle der Ablehnung einer Zahlung schriftlich zum Vorwurf des verbotswidrigen Parkens Stellung zu nehmen. Läge darin die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder die Anordnung einer Vernehmung und damit eine Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, so wäre allerdings eine weitere Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht mehr möglich gewesen (vgl. Göhler, OWiG, 6. Aufl. § 33 Rdn. 6). Dies ist aber nicht der Fall.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Verwarnungs- und Ermittlungsverfahren schließen sich zwar nicht aus, so dass die Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Aufforderung zur Stellungnahme mit einer schriftlichen Verwarnung verbunden werden kann (BGH St 25, 344 = VRS 47, 29o; OLG Hamburg MDR 1979,1046). Soweit in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte eine andere Ansicht vertreten worden ist (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1975, 249; OLG Hamm NJW 1971, 818; VRS 44, 307 und JMB1NW 1973, 69; OLG Köln MDR 1973, 430 w. VRS 44, 450) liegen die entsprechenden Entscheidungen vor der zitierten - auf den Vorlegungsbeschluß des BayObLG (VRS 46, 376) ergangenen - Entscheidung des Bundesgerichtshofs.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Unterbrechung der Verfolgungsverjährung durch Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bzw. die Anordnung einer Vernehmung oder Anhörung setzt aber voraus, daß sich die Maßnahmen gegen eine nach den Aktenunterlagen individuell bestimmte Person richten (OLG Koblenz VRS 57, 129). Die Verwaltungsbehörde muß bereits eine bestimmte Person verdächtigen (BGHSt 24, 321, 325). Wird aber eine schriftliche Verwarnung an der Windschutzscheibe eines PKWs angebracht, so richtet sich weder die Verwarnung noch die Aufforderung zur Stellungnahme an eine individuell bestimmte Person (so auch OLG Braunschweig NDR 1975, 249). Sie richtet sich an denjenigen, der den Wagen dort abgestellt hat. Ob es sich dabei um den Halter des Wagens oder um eine andere Person handelt, ist der Verfolgungsbehörde unbekannt. Zu diesem Zeitpunkt will die Verfolgungsbehörde auch noch gar nicht bestimmen, gegen wen sie ein Ermittlungsverfahren durch-. führen will. Sie wird zwar — wenn das Verwarnungsgeld nicht gezahlt wird - gegen den Halter vorgehen. Zu einem solchen Verfahren wird es aber nicht kommen, wenn entweder das Verwarnungsgeld gezahlt wird oder der Verwaltungsbehörde rechtzeitig die Person des Fahrers bekannt wird.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Eine Überbürdung der dem Betroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen auf die Staatskasse ist nicht gerechtfertigt (§ 46 Abs. 1 OWiG i.V. mit § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO), da der Zulassungsantrag erfolglos geblieben wäre, wenn nicht nach Erlaß des Bußgeldbescheides Verfolgungsverjährung eingetreten wäre.</p>
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315,885 | olgk-1981-02-18-13-u-14980 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 13 U 149/80 | 1981-02-18T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:34 | 2019-03-27T09:41:58 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0218.13U149.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das Urteil des Landgerichts Aachen vom 26. März 1980 - 4 0 577/79 wird teilweise abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.</p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist auch insoweit nicht begründet, als das Landgericht ihr stattgegeben hat. Der mit der Anschlußberufung weiterverfolgte übrige Teil der Klage bleibt abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, daß der Wortlaut des § 4 der Bedingungen, die Inhalt des Gestattungsvertrages vom 9./12.0ktober 1956 geworden sind, auch solche Kostenaufwendungen erfaßt, die dadurch entstehen, daß bei Baumaßnahmen des Landschaftsverbandes auf die Rohrleitung des Vertragspartners mit zusätzlichem Aufwand Rücksicht genommen werden muß. Die Kosten, die durch diese Erschwernis der Bauarbeiten anfallen, lassen sich zwangslos und unmißverständlich als "Kosten" bezeichnen, "die infolge ... der Unterhaltung und des Betriebes der Gasleitung ... entstehen" (§ 4 Abs. 1 a.a.O.). Der Begriff der "Unterhaltung" umfaßt nicht lediglich Erhaltungsmaßnahmen, sondern auch das Bestehenlassen der Leitung zum Zwecke der Benutzung. Wer eine Leitung in fremden Boden bestehen läßt und benutzt, "unterhält" sie dort. Der Bauunternehmer muß auf die Leitung der Beklagten entsprechend deren Lage gerade deswegen Rücksicht nehmen, weil sie zum Transport von Gas benutzt wird. Die Erschwernis entsteht dann "infolge des Betriebs" der Leitung. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, spricht auch die mehrfache, zum Teil sich überdeckende Wortwahl ("Schäden, Nachteile, Kosten" und "Herstellung, Unterhaltung, Betrieb") dafür, daß der Kläger wegen ihm entstehender Kosten umfassend abgesichert werden sollte. Aus den übrigen Bestimmungen des Vertrages und insbesondere der einzelnen "Bedingungen" läßt sich für eine einschränkende Auslegung des § 4 nichts herleiten. Die Ansicht der Berufung, der Vertrag enthalte hinsichtlich der Erschwerniskosten eine Lücke und das Landgericht habe die Anspruchsgrundlage durch ergänzende Vertragsauslegung gefunden, ist mit dem vertraglichen Wortlaut nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hiernach kann nur noch fraglich sein, ob die Parteien beim Abschluß des Vertrages übereinstimmend etwas anderes gemeint hatten und eine derart weite Erstattungspflicht der Beklagten nicht begründen wollten. Ob hierfür die Fassung späterer Musterverträge genügende Anhaltspunkte bietet, erscheint zumindest zweifelhaft. Der Senat braucht dieses nicht abschließend zu erörtern. Der Kläger begehrt nämlich die Erstattung von Erschwerniskosten in der Form eines Pauschalbetrages. Er hat nicht dargelegt und berechnet, welche Kosten durch Rücksichtnahme auf die Gasleitung bei den Bauarbeiten tatsächlich angefallen sind, sondern hat seiner Forderung denjenigen Betrag zugrunde gelegt, den der Bauunternehmer bei der Ausschreibung in der dafür vorgesehenen Position pauschal angeboten hatte. Einen Anspruch auf Ersatz derart bestimmter Pauschalkosten gewährt der Vertrag aber nicht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach § 4 haftet der Unternehmer (die Beklagte) für alle Kosten, die "entstehen". Dieser Wortlaut bezeichnet Kosten, die tatsächlich anfallen und sich errechnen lassen. Der Unternehmer mag im Einzelfall nach Treu und Glauben eine gewisse Pauschalierung hinzunehmen, haben insoweit die genaue Erfassung der entstandenen Kosten mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre und deswegen im Geschäftsleben vernünftigerweise nicht verlangt wird, weil der Pauschalbetrag im Verhältnis zu den gesamten Kosten keine Rolle spielt. Diese Voraussetzungen liegen jedoch im Verhältnis der Parteien nicht vor. Hier handelt es sich nicht um die Pauschalierung einzelner unbedeutender Kostenansätze, vielmehr ist der gesamte Nettobetrag der Erschwerniskosten pauschaliert worden. Dieser Betrag kam dadurch zustande, daß der Kläger die Position 1007- Sichern der Gasleitung - pauschal ausschrieb, die Fa. L als Preis den Betrag von 2.545,-- DM anbot und den Zuschlag erhielt. Nach dem Vortrag des Klägers ließ sich vor Beginn der Bauarbeiten nicht ermitteln, wie hohe Erschwerniskosten entstehen würden. Zwar war wegen der Lage der Gaslabung mit Erschwernissen zu rechnen, aber deren Ausmaß ließ sich vorab nicht sicher einschätzen. Zu der Angabe der Beklagten über die Lage ihrer Leitung - ca. 1,20 m unter der Fahrbahnoberkante - war nach dem Vorbringen des Klägers eine Toleranz von 10% in Rechnung zu stellen. Es hing dann weiter von dem Bauunternehmer ab, wie er das Risiko von Erschwernissen beurteilte und kalkulierte, ob er zum Beispiel den Einsatz schwerer Geärte wagte oder vorsichtshalber von Hand arbeiten ließ. Nach dem Vortrag des Klägers ist davon auszugehen, daß das Angebot zur Position 1007 einmal einen Anteil von Kosten enthielt, mit denen bei der angegebenen Lage der Gasleitung erfahrungsgemäß zu rechnen war, zum anderen einen Risikozuschlag für Erschwernisse, die sich möglicherweise währendder Bauarbeiten an Ort und Stelle ergeben würden. Wie unsicher die Gesamtkalkulation für den Bieter war, zeigt die von dem Kläger vorgelegte Zusammenstellung der Angebote (Bl. 197 d. A.). Danach reichten die zur Position 1007 angebotenen Einheitspreise von 2.545,-- DM (Fa. L) bis 12.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache, daß die Fa. L auch in dieser Position den niedrigsten Preis angeboten hatte und dieser Preis beträchtlich unter dem nächst günstigen von 5.000,-- DM lag, bedeutet noch nicht, daß entsprechende Aufwendungen dann auch tatsächlich notwendig geworden sind. Es kann sein, daß Kosten in Höhe von 2.545,-- DM nicht angefallen sind. Ebenso ist möglich, daß die Fa. L in dieser Position mit Verlust gearbeitet hat. Ihr Angebot zeigt lediglich, daß sie ihr Risiko geringer einschätzte als die übrigen Bieter das jeweils eigene. Der Kläger könnte vom Standpunkt seiner Vertragsauslegung gemäß dem genannten § 4 auf den Vertragspartner diejenigen Kosten abwälzen, zu denen der erfolgreiche Bieter die Position "Sichern der Gasleitung" angeboten hatte, selbst wenn dieses Angebot nicht das günstigste unter allen Bietern gewesen war. Zu dieser Konsequenz hat sich offenbar auch der Kläger nicht verstehen wollen. Er hat in der Verhandlung vor dem Senat vorgetragen, daß er in diesem Falle mit dem Bieter, der den Zuschlag erhalten solle, in Verhandlungen über eine Herabsetzung des betreffenden Preises eingetreten wäre. Aber abgesehen von der Frage, was geschähe, wenn jener Bieter auf seiner Kalkulation beharrte, gewährleistete diese Verfahrensweise nicht grundsätzlich den Ansatz der wirklich angemessenen Kosten. Lägen zum Beispiel die Angebote aller Bieter in einer übereinstimmenden Größenordnung, die sich erst bei der Ausführung der Arbeiten als überhöht herausstellen könnte,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">so fehlte dem Kläger ein Vergleichsmaßstab, um vor dem Zuschlag einen niedrigeren Preis aushandeln zu können.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die auf die geschilderte Weise zustandegekommenen Erschwernis-kosten kann der Kläger nicht nach § 4 erstattet verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zwar sind die Kosten dem Kläger bzw. dem Straßeneigentümer entstanden, da er sie an die Fa. L bezahlt hat. Sie stehen auch in dem vorausgesetzten ursächlichen Zusammenhang mit der Unterhaltung der Gasleitung. Indessen bestimmt der § 4 die Haftung des Unternehmers, und zwar ohne irgendeine Anknüpfung an die Leistungen, die der Straßeneigentümer dem Bauunternehmer erbringt. Diese Haftung beschränkt sich mangels weitergehender Regelung auf alle Schäden, Nachteile und Kosten, die infolge der Herstellung, der Unterhaltung und des Betriebes der Gasleitung tatsächlich und unvermeidbar entstehen. Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen; ist Ersatz in Geld zu leisten, so kann der Gläubiger den dazu e r f o r d e r l i c h e n Betrag verlangen (§ 249 BGB). Entsprechendes gilt für den Ausgleich sonstiger Nachteile oder die Erstattung von Kosten. Soll das Recht vorbehalten werden, Schadensersatz oder Kosten pauschal zu berechnen, insbesondere ohne Nachweis der wirklichen Einbußen, so muß das vertraglich ausbedungen werden. Der § 4 ergibt in dieser Richtung nichts, enthält insoweit zumindest eine Unklarheit, die zu Lasten des Klägers als des Verwenders der Bedingungen geht. Das Problem, Erschwerniskosten vorausschauend zu erfassen, bestand 1956 ebenso wie heute. Wie der Kläger bei Baumaßnahmen eine entsprechende Position ausschrieb, fiel in seine Sphäre. Ohne eine Klarstellung brauchte die Beklagte bei Abschluß des Vertrages angesichts der Fassung des § 4 nach Treu und Glauben nicht zu erwarten, daß sie auch mit pauschalierten Kosten und nicht nachvollziehbar kalkulierten Risikozuschlägen belastet werden solle.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat sich außerstande erklärt, die Erschwernis-kosten im einzelnen darzulegen und konkret zu berechnen. Er hat lediglich unter Beweis gestellt, daß Erschwernisse entstanden und Kosten hierfür in dem Betrag 2.545,-- DM netto jedenfalls enthalten seien. Mit seinem Vorbringen hat der Kläger seiner Darlegungspflicht nicht genügt. Es enthält insbesondere keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine gerichtliche Schätzung im Sinne des § 287 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2. Mangels begründeter Forderung auf Erstattung von Erschwerniskosten kann der Kläger auch einen prozentualen Zuschlag für Verwaltungskosten nicht verlangen. Im übrigen gilt - insoweit in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil - auch hier, daß sich ein Anspruch auf Erstattung pauschal bestimmter Kosten aus dem Vertrag und insbesondere § 4 der Bedingungen nicht herleiten läßt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">3. Das Urteil des Landgerichts war daher teilweise abzuändern, der Berufung war stattzugeben und die Anschlußberufung zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen folgen aus den Vorschriften der §§ 91 und 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die in § 546 Satz 2 ZPO bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der Nr. 1 a.a.O. Das wäre der Fall, wenn das Interesse der Allgemeinheit an der Einheut und Fortbildung des Rechts einen Spruch des Bundesgerichtshofes forderte. Hier handelt es sich lediglich um die Auslegung bestimmter Bedingungen eines Vertrages, die zudem mit der hier maßgeblichen Fassung nicht mehr vereinbart werden. Der Umstand, daß der Kläger die Bedingungen auf Grund älterer Verträge weiterhin praktiziert und möglicherweise die Entscheidung dieses Rechtsstreits zum Maßstab der Behandlung dieser Verträge machen will, verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Von der Darstellung des Tatbestandes hat der Senat gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Streitwert und Beschwer des Klägers: 3.106,45 DM</p>
|
315,886 | olgk-1981-02-13-4-uf-2381 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 23/81 | 1981-02-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:35 | 2019-03-27T09:41:58 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0213.4UF23.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Mutter beschwert sich gegen eine von ihr behauptete "Anweisung" des Familienrichters an das Jugendamt der Stadt C., sich einen persönlichen Eindruck über das Verhältnis zwischen Vater und Kind zu machen. Eine anfechtbare "Verfügung " (§ 19 FGG) dieser Art des Familienrichters ist jedoch nicht ergangen, ein Rechtsmittel insoweit also gegenstandslos und mithin unzulässig. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Familienrichter mit Verfügung vom 11.12.80 (BI. 72 d.A.) die Jugendämter Bonn und Euskirchen durch Übermittlung von Fotokopien vom Verfahrens stand unterrichtet und zugleich um "Bericht" gebeten. Damit hat er jedoch nicht Rechte anderer Verfahrensbeteiligter tangiert, sondern lediglich die gesetzlich am Verfahren "beteiligten" Jugendämter instand gesetzt, die ihre unabhängig von einer richterlichen Anweisung, Bitte oder Zulassung zustehenden Rechte ausüben (vgl. § 48 a, 52 a JWG). Gemäß § 48 a Abs. I Nr. 6 JWG "hat" das Familiengericht (vgl.§ 52 a JWG) das Jugendamt vor Entscheidungen nach den §§ 1671, 1672 BGB "zu hören".</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Gesetz enthält im einzelnen keine Anordnungen, wie das Jugendamt sein Recht, wie auch seine Pflicht, sich zu äußern, wahrnimmt, insbesondere vorbereitet. Daß das Jugendamt sein rechtliches Gehör nur nach Kenntnisnahme von entscheidungserheblichen Tatsachen sinnvoll ausüben kann, versteht sich von selbst. Nach § 48 JWG ist das Jugendamt auch verpflichtet das Vormundschaftsgericht - und das gilt gemäß § 52 a JWG auch für das Familiengericht - "bei allen Maßnahmen zu unterstützen welche die Sorge für die Person Minderjährigen betreffen". Aus dieser Pflicht folgt die Befugnis, Hausbesuche zu machen und ausser den räumlichen Gegebenheiten auch persönliche, den Minderjährigen betreffende Umstände, etwa seinen körperlichen und seelischen Zustand, sein Verhältnis zu anderen Personen, insbesondere natürlicherweise zu nahen Bezugspersonen, seinen Eltern etwa, zu erkunden. Um solche Nachforschungen durchzuführen, bedarf es keiner richterlichen Anordnung oder Zulassung. Die Befugnis dazu folgt unmittelbar aus dem Gesetze </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die von der Mutter dazu vertretene gegenteilige Auffassung ist (offensichtlich) rechtsirrig. Angesichts der für jeden erkennbaren gesetzlichen Aufgäben von Jugendämtern</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">in Sorgerechtssachen , nach bestem Bemühen Sachverhalte aufzuklären, um dem Wohl des betroffenen Kindes zu dienen und durch solche Mitwirkung im richterlichen Verfahren eine möglichst sachgerechte Entscheidung fördern zu helfen, ist schwer verständlich, welcher verständige Anlaß von Elternseite aus bestehen kann, wenn ausschließlich das Wohl des Kindes Motiv allen Handelns ist oder jedenfalls sein sollte, von vornherein jedwede Mitwirkung bei der Bemühung von Beauftragten des Jugendamtes, auch persönliche Umstände in angemessener Form zu klären, zu verweigern oder</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">in Bezug auf Kontakte zum anderen Elternteil zu verhindern. Die Befähigung, das Sorgerecht allein auszuüben, wird u.U. auch daran zu messen sein, in welcher Art und Weise sich ein Elternteil bereit zeigt, bei gesetzlich erlaubter oder vorgeschriebener, dem Wohl des Kindes dienender staatlicher Aufklärung mitzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Familienrichter hat in einem Vermerk vom 26.1.1981 den Inhalt eines Telefongesprächs mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes Bonn festgehalten, wonach diese Mitarbeiterin um Hinweise über den "Umfang" ihres Auftrags gebeten hat, worauf der Familienrichter sie "ausdrücklich gebeten" hat, "auch auf Grund ihres persönlichen Eindrucks über das Verhältnis Vater-Kind zu berichten". Da die diesem Vermerk zugrunde liegende Anfrage des Jugendamts "aus gegebener Veranlassung" erfolgte, ist davon auszugehen, daß ihr das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter vom 19.1.1981 zugrunde lag, in dem dem Jugendamt schlechthin die Befugnis zu jedem Kontakt mit dem Kind abgesprochen wird. Die ohne weiteres erkennbare Unrichtigkeit dieser Auffassung ist nach den Vorschriften des JWG, die auch ständig praktiziert werden, eindeutig.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nur dem Anschein nach enthält der richterliche Vermerk vom 26.1.1981 eine richterliche Verfügung i.S. des § 19 FGG, wobei die Frage, ob eine der Aufklärung dienende konstitutive Anordnung überhaupt anfechtbar wäre, dahinstehen kann. Ihrem wahren Gehalt nach beinhaltet die richterliche (mündliche) "Bitte", einen "persönlichen Eindruck" von</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vater-Kind-Verhältnis zu gewinnen, nur einen Hinweis auf die dem Jugendamt - wie dargelegt - ohnehin zustehende gesetzliche Befugnis - und in 50rgerechtssachen vielfach auch Pflicht - , sich einen für die richterliche Entscheidung nützlichen eigenen Eindruck von den persönlichen Beziehungen des Kindes zu den Eltern - oder einem Elternteil - zu verschaffen. Die mündliche "Bitte" des Familienrichters vom 26.1.1981 an das Jugendamt Bonn um eine Aufklärung des Vater-Kind-Verhältnisses, enthält demnach keine anfechtbare richterliche Verfügung i.S. des § 19 FGG. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, daß der Familienrichter am 26.1.1981 eine beschwerdefähige "Verfügung" erlassen hätte, wäre die Beschwerde erfolglos, weil diese "Verfügung" nicht zu beanstanden wäre. Schon aus § 48 a JWG ergibt sich, daß der Familienrichter (§ 52 a JWG) das Jugendamt (mit dessen Einverständnis) mit lider Ausführung sonstiger Anordnung betrauen darf. Eine Bitte um Kontaktaufnahme mit Vater und Kind rechtfertigt sich insbesondere und in erster Linie aber aus § 48 JWG. Darin liegt auch keine Umgehung der Pflicht des Richters zur persönlichen Anhörung des</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Kindes im Rahmen des § 50 b FGG, die für unter 14 Jahre alte Kinder zudem nicht ausnahmslos zwingend ist (§ 50 b Abs.1 FGG).</p>
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315,887 | olgk-1981-02-13-4-wf-2381 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 4 WF 23/81 | 1981-02-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:36 | 2019-03-27T09:41:57 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0213.4WF23.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Mutter beschwert sich gegen eine von ihr behauptete "Anweisung" des Familienrichters an das Jugendamt der Stadt C., sich einen persönlichen Eindruck über das Verhältnis zwischen Vater und Kind zu machen. Eine anfechtbare "Verfügung " (§ 19 FGG) dieser Art des Familienrichters ist jedoch nicht ergangen, ein Rechtsmittel insoweit also gegenstandslos und mithin unzulässig. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Familienrichter mit Verfügung vom 11.12.80 (BI. 72 d.A.) die Jugendämter Bonn und Euskirchen durch Übermittlung von Fotokopien vom Verfahrens stand unterrichtet und zugleich um "Bericht" gebeten. Damit hat er jedoch nicht Rechte anderer Verfahrensbeteiligter tangiert, sondern lediglich die gesetzlich am Verfahren "beteiligten" Jugendämter instand gesetzt, die ihre unabhängig von einer richterlichen Anweisung, Bitte oder Zulassung zustehenden Rechte ausüben (vgl. § 48 a, 52 a JWG). Gemäß § 48 a Abs. I Nr. 6 JWG "hat" das Familiengericht (vgl.§ 52 a JWG) das Jugendamt vor Entscheidungen nach den §§ 1671, 1672 BGB "zu hören".</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Gesetz enthält im einzelnen keine Anordnungen, wie das Jugendamt sein Recht, wie auch seine Pflicht, sich zu äußern, wahrnimmt, insbesondere vorbereitet. Daß das Jugendamt sein rechtliches Gehör nur nach Kenntnisnahme von entscheidungserheblichen Tatsachen sinnvoll ausüben kann, versteht sich von selbst. Nach § 48 JWG ist das Jugendamt auch verpflichtet das Vormundschaftsgericht - und das gilt gemäß § 52 a JWG auch für das Familiengericht - "bei allen Maßnahmen zu unterstützen welche die Sorge für die Person Minderjährigen betreffen". Aus dieser Pflicht folgt die Befugnis, Hausbesuche zu machen und ausser den räumlichen Gegebenheiten auch persönliche, den Minderjährigen betreffende Umstände, etwa seinen körperlichen und seelischen Zustand, sein Verhältnis zu anderen Personen, insbesondere natürlicherweise zu nahen Bezugspersonen, seinen Eltern etwa, zu erkunden. Um solche Nachforschungen durchzuführen, bedarf es keiner richterlichen Anordnung oder Zulassung. Die Befugnis dazu folgt unmittelbar aus dem Gesetze </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die von der Mutter dazu vertretene gegenteilige Auffassung ist (offensichtlich) rechtsirrig. Angesichts der für jeden erkennbaren gesetzlichen Aufgäben von Jugendämtern</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">in Sorgerechtssachen , nach bestem Bemühen Sachverhalte aufzuklären, um dem Wohl des betroffenen Kindes zu dienen und durch solche Mitwirkung im richterlichen Verfahren eine möglichst sachgerechte Entscheidung fördern zu helfen, ist schwer verständlich, welcher verständige Anlaß von Elternseite aus bestehen kann, wenn ausschließlich das Wohl des Kindes Motiv allen Handelns ist oder jedenfalls sein sollte, von vornherein jedwede Mitwirkung bei der Bemühung von Beauftragten des Jugendamtes, auch persönliche Umstände in angemessener Form zu klären, zu verweigern oder</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">in Bezug auf Kontakte zum anderen Elternteil zu verhindern. Die Befähigung, das Sorgerecht allein auszuüben, wird u.U. auch daran zu messen sein, in welcher Art und Weise sich ein Elternteil bereit zeigt, bei gesetzlich erlaubter oder vorgeschriebener, dem Wohl des Kindes dienender staatlicher Aufklärung mitzuwirken.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Familienrichter hat in einem Vermerk vom 26.1.1981 den Inhalt eines Telefongesprächs mit einer Mitarbeiterin des Jugendamtes Bonn festgehalten, wonach diese Mitarbeiterin um Hinweise über den "Umfang" ihres Auftrags gebeten hat, worauf der Familienrichter sie "ausdrücklich gebeten" hat, "auch auf Grund ihres persönlichen Eindrucks über das Verhältnis Vater-Kind zu berichten". Da die diesem Vermerk zugrunde liegende Anfrage des Jugendamts "aus gegebener Veranlassung" erfolgte, ist davon auszugehen, daß ihr das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Mutter vom 19.1.1981 zugrunde lag, in dem dem Jugendamt schlechthin die Befugnis zu jedem Kontakt mit dem Kind abgesprochen wird. Die ohne weiteres erkennbare Unrichtigkeit dieser Auffassung ist nach den Vorschriften des JWG, die auch ständig praktiziert werden, eindeutig.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nur dem Anschein nach enthält der richterliche Vermerk vom 26.1.1981 eine richterliche Verfügung i.S. des § 19 FGG, wobei die Frage, ob eine der Aufklärung dienende konstitutive Anordnung überhaupt anfechtbar wäre, dahinstehen kann. Ihrem wahren Gehalt nach beinhaltet die richterliche (mündliche) "Bitte", einen "persönlichen Eindruck" von</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vater-Kind-Verhältnis zu gewinnen, nur einen Hinweis auf die dem Jugendamt - wie dargelegt - ohnehin zustehende gesetzliche Befugnis - und in 50rgerechtssachen vielfach auch Pflicht - , sich einen für die richterliche Entscheidung nützlichen eigenen Eindruck von den persönlichen Beziehungen des Kindes zu den Eltern - oder einem Elternteil - zu verschaffen. Die mündliche "Bitte" des Familienrichters vom 26.1.1981 an das Jugendamt Bonn um eine Aufklärung des Vater-Kind-Verhältnisses, enthält demnach keine anfechtbare richterliche Verfügung i.S. des § 19 FGG. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, daß der Familienrichter am 26.1.1981 eine beschwerdefähige "Verfügung" erlassen hätte, wäre die Beschwerde erfolglos, weil diese "Verfügung" nicht zu beanstanden wäre. Schon aus § 48 a JWG ergibt sich, daß der Familienrichter (§ 52 a JWG) das Jugendamt (mit dessen Einverständnis) mit lider Ausführung sonstiger Anordnung betrauen darf. Eine Bitte um Kontaktaufnahme mit Vater und Kind rechtfertigt sich insbesondere und in erster Linie aber aus § 48 JWG. Darin liegt auch keine Umgehung der Pflicht des Richters zur persönlichen Anhörung des</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Kindes im Rahmen des § 50 b FGG, die für unter 14 Jahre alte Kinder zudem nicht ausnahmslos zwingend ist (§ 50 b Abs.1 FGG).</p>
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315,888 | olgham-1981-02-12-1-wf-4381 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 WF 43/81 | 1981-02-12T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:38 | 2019-03-27T09:41:57 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0212.1WF43.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Ehe der Parteien ist durch Verbundurteil vom 14.12.1979 geschieden. Darin wurde der Kläger zugleich verurteilt, einen monatlichen Unterhalt von 205,- DM an das aus der Ehe hervorgegangene minderjährige Kind zu bezahlen. Das Urteil ist seit dem 22.1.1980 rechtskräftig. Der Kläger hat nunmehr Abänderungsklage nach § 323 ZPO gegen seine geschiedene Ehefrau erhoben, mit der er die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht begehrt. Das Amtsgericht hat die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem abzuändernden Urteil abgelehnt, weil die Klage gegen die falsche Partei gerichtet sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Klägers ist gemäß § 793 ZPO zulässig (vgl. Baumbach-Hartmann, ZPO, 39. Aufl., Anm. 3 D zu § 323 ZPO). Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, weil das Amtsgericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung mit zutreffender Begründung abgelehnt hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Abänderungsklage aus § 323 ZPO ist gegen den aus dem Titel Berechtigten zu richten. Dies ist nicht die beklagte Mutter, sondern das unterhaltsberechtigte Kind. Zwar ist das Unterhaltsurteil im Rahmen des Scheidungsverbundes zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits ergangen. Dies war jedoch gemäß § 1629 III BGB nicht anders möglich, weil während des Scheidungsrechtsstreits der Eltern Unterhaltsansprüche des Kindes von diesem nicht im eigenen Namen, sondern nur im Wege der Prozeßstandschaft von der Mutter geltend gemacht, werden konnten. § 1629 III, 2 BGB bestimmt deshalb ausdrücklich, daß das Unterhaltsurteil für und gegen das Kind wirkt. Diese Prozeßführungsbefugnis der Beklagten endete mit dem Scheidungsrechtsstreit. Dies folgt eindeutig aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung. Auch der Sinn derselben, das Kind nicht in den Ehescheidungsrechtsstreit seiner Eltern hineinzuziehen, gebietet nach Beendigung des Scheidungsverfahrens nicht mehr die Fortsetzung der Prozeßstandschaft der Beklagten (ebenso: OLG Frankfurt, FamRZ 1980, 1059; OLG Karlsruhe, FamRZ 1980, 1059; OLG Kamm, FamRZ 1980, 1060). Die Abänderungsklage ist daher ab Rechtskraft des Scheidungsurteils nur noch gegen das aus dem Urteil berechtigte Kind zu richten.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht der Umstand entgegen, daß die Beklagte Partei des Scheidungsrechtsstreits und damit auch des Unterhaltsverfahrens war, weil sie den Unterhaltsanspruch des Kindes im Wege der Prozeßstandschaft im eigenen Namen geltend gemacht hat. Zwar führt die Prozeßstandschaft zur Erstreckung der Rechtskraft des Urteils auch auf das Kind (Baumbach-Hartmann, a.a.O., § 325 Anm. 5 B a), doch ändert dies nichts an der Rechtskraftwirkung des Urteils auch gegen die Beklagte als Partei des damaligen Verfahrens. Sie kann deshalb insbesondere auch aus dem Urteil gegen den Kläger vollstrecken. Ist durch die Neufassung des § 1629 III BGB zwar jetzt sichergestellt, daß das Kind aus dem Urteil oder Vergleich zwischen seinen Eltern im Rahmen des Scheidungsverfahrens im Gegensatz zum früheren Recht nunmehr einen eigenen Anspruch erlangt und damit selbst Partei der Abänderungsklage sein kann, so könnten die genannten Erwägungen nicht von vornherein die Möglichkeit ausschließen, daß <u>daneben</u> auch der andere Ehegatte Partei dieser Klage sein kann. Die genannten Umstände nötigen jedoch nicht zu dieser Annahme. Streitgegenstand und damit prozessualer Anspruch des Vorprozesses war das Unterhaltsbegehren des Kindes. Dieses bildet auch den Gegenstand der Abänderungsklage. Die Neufestsetzung des Unterhaltsanspruchs des Kindes wäre im Rechtsstreit gegen die beklagte Mutter nicht mit Wirkung gegen das Kind möglich. Dieses könnte deshalb unabhängig vom Ausgang der Abänderungsklage nach wie vor aus dem alten Titel gegen den Kläger vollstrecken oder einen höheren Unterhalt im eigenen Namen fordern. Diese Zweispurigkeit des Verfahrens sollte gerade durch die Neufassung des § 1629 III BGB beseitigt werden. Da der Unterhaltsanspruch des Kindes Jetzt sowohl den Streitgegenstand des damaligen wie des vorliegenden Verfahrens bildet, rechtfertigt die formelle Parteistellung der Beklagten im früheren Rechtsstreit nicht die Zulässigkeit der Abänderungsklage auch gegen sie. Mangels jeglicher materiell-rechtlicher Wirkungen des abzuändernden Urteils für sie kann sie auch nicht im Wege der Klage aus § 323 ZPO auf Abänderung der Unterhaltspflicht in Anspruch genommen werden (vgl. BGH FamRZ 80, 342, 343). Die Rechtslage ist insoweit gerade anders als im Falle eines Vertrages zugunsten Dritter nach § 328 BGB. Dort hat die Abänderung nach überwiegender Ansicht im Verhältnis zwischen Versprechendem und Versprechensempfänger zu erfolgen, weil in diesem Verhältnis die Rechtsgrundlage des Anspruchs des begünstigten Dritten zu finden ist. Demzufolge ist z.B. bei Unterhaltsvergleichen nach altem Recht die Abänderungsklage nur zwischen den beteiligten Eltern möglich, weil ein derartiger Titel nicht den Unterhaltsanspruch des Kindes, sondern die Regelung der Unterhaltspflichten zwischen den beteiligten Eltern zum Gegenstand hat (BGH, FamRZ 1960, 110, 113).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat sich jedoch die Rechtslage seit Inkrafttreten des 1. EheRG geändert. Durch §§ 623, 621 I Ziff. 4 ZPO, § 1629 III BGB wird die Festsetzung des Kindesunterhalts mit Wirkung auch gegen das Kind im Scheidungsverfahren der Eltern ermöglicht. Die Zweispurigkeit der früheren Rechtslage ist damit beseitigt. Eine Auslegung des Urteils in dem früheren Sinne, daß nur die Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind im Verhältnis der Eltern zueinander geregelt werden sollen, ist nicht mehr möglich. Das Unterhaltsurteil legt vielmehr die Unterhaltspflicht des barunterhaltspflichtigen Elternteils gegenüber dem Kinde fest. Lediglich im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung verbleibt es kraft der ausdrücklichen Regelung des § 620 I Ziff. 4 ZPO dabei, daß der Titel auch heute nicht unmittelbar zugunsten des Kindes wirkt (vgl. Stein-Jonas, ZPO, 20. Aufl., § 620 Rdnr., 6; Thomas-Putzo, 10. Aufl., ZPO, § 620 Anm. 2a, dd).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 788 ZPO.</p>
|
315,889 | olgk-1981-02-12-21-uf-13780 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 137/80 | 1981-02-12T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:40 | 2019-03-27T09:41:57 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0212.21UF137.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 8. April 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln - 301 F 1245/79 - geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger z. Hd. seiner gesetzlichen Vertreterin für den Teilzeitraum vom 1. Januar 1980 bis zum 31. August 1980 über die durch das Teil-Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 - 145 C 1191/74 - mit monatlich jeweils 200,-- DM ausgeurteilten Unterhaltsrenten hinaus monatlich weitere 70,-- DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Dieser in Höhe von insgesamt 560,-- DM rückständige und fällige Betrag ist sofort</p>
<p>zahlbar.</p>
<p></p>
<p>Bezüglich des Teilzeitraums vom 1. September 1979 bis einschließlich 31. De-zember 1979 ist die Klage zurückgenommen worden.</p>
<p></p>
<p>Die Entscheidung über die Berufung des Klägers, soweit diese sich für die Zeit ab 1. September 1980 gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln vom 8. April 1980 - 301 F 1245/79 - richtet, sowie die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits bleiben dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der eheliche Sohn des Beklagten. Die Ehe seiner Eltern ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Köln vom 23.6.1971 geschieden worden. Die elterliche</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sorge über den Kläger ist durch Beschluß des Vormundschaftsgerichts Köln vom 25.10.1971 - 58 X 599/71 - seiner Mutter übertragen worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Eltern des Klägers hatten am 22.4.1971 einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen. Hierdurch hatte der Beklagte sich verpflichtet, für den Kläger ab 1.5.1971 monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von 200,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit hat der Kläger, gestützt auf diese Vereinbarung, den Beklagten auf Zahlung rückständigen Unterhalts in Höhe von 3.550,-- DM und ferner für die Zeit ab 1.4.1974 auf Zahlung laufender monatlicher Unterhaltsrenten in Höhe von 200,-- DM verklagt. Damals befand der Kläger sich als Schüler im erzbischöflichen Konvikt in C..</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte war als kaufmännischer Angestellter bei der Firma Einrichtungshaus Q. KG in L. beschäftigt, in deren Einkaufsabteilung ihm das Gebiet Terminüberwachung</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">und Wareneingangsrechnungen zur selbständigen Bearbeitung oblag. Zusätzlich arbeitete er aushilfsweise als Nachtportier. Die Mutter des Klägers war ganztägig als Verkäuferin in einem Lebensmittelgeschäft tätig. Jener Rechtsstreit ist wie folgt erledigt worden:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist gemäß Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 - 145 C 1191/74 – verurteilt worden, an den Kläger ab 9.5.1974 (Datum der Klageerhebung) monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von 200,-- DM zu zahlen. Ferner hat der Beklagte sich gemäß einem am 16.12.1975 von den Parteien geschlossenen Prozeßvergleich verpflichtet, zum Ausgleich aller rückständigen Unterhaltsforderungen aus der</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zeit vor dem 30.4.1974 an den Kläger 1.675,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat das Konvikt im April 1978 verlassen. Seitdem lebt er im Haushalt seiner Mutter. Gegenwärtig besucht er ein Gymnasium in L.-E..</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Rechtsstreit hat er mit der von ihm am 7.12.1979 erhobenen Abänderungsklage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 70,-- DM monatlich an ihn für die Zeit ab 1.9.1979 erstrebt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte seine Anstellung bei der Firma Q. KG aufgrund betrieblicher Rationalisierungsmaßnahmen zum 29.2.1976 verloren. In der Folgezeit fand er eine Anstellung zur Probe bei dem B. Dieses Probearbeitsverhältnis wurde ihm jedoch gekündigt. Seit längerer Zeit lebt er mit einer Frau D. zusammen, die eine Pizzeria betreibt. Hierbei wird</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">sie von ihm in zwischen den Parteien streitigem Umfange unterstützt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen, es handele sich um ein reguläres, volles Arbeitsverhältnis, aus dem der Beklagte monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von wenigstens 2.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">erziele. Sei das aber wider Erwarten nicht der Fall, so müsse er sich mangels ausreichender Bemühungen um Erlangung einer seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen entsprechenden Tätigkeit so behandeln lassen, als erziele er Einkünfte in derartiger Größenordnung. Folglich sei er in die dritte Einkommensgruppe der Düsseldorfer Unterhaltstabelle einzustufen und verschulde unter abzüglicher Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldes monatliche Unterhaltszahlungen von 270,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten unter Abänderung des Teil-Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 - 145 C 1191/74 - zu verurteilen, an den Kläger z. Hd. seiner gesetzlichen Vertreter in über die gemäß dem vorbezeichneten Urteil tenorierten 200,-DM monatlich hinaus weitere 70,-- DM monatlich, beginnend mit dem 1.9.1979, zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Er hat erwidert, nach seiner Entlassung bei der Firma Q. KG sei es ihm trotz vielfältiger Bemühungen nicht gelungen, eine neuerliche Anstellung als kaufmännischer Angestellter oder in einer hiermit vergleichbaren Position zu finden. Allein für im Kölner Stadt-Anzeiger aufgegebene Bewerbungsgesuche habe er einen Betrag von 800,-- DM aufgewendet. Außerdem sei er bei dem Arbeitsamt laufend als Arbeitssuchender</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">gemeldet gewesen. Zunächst habe er etliche Jahre im wesentlichen von Arbeitslosenunterstützung gelebt. Seit dem 1.1.1979 sei er als Aushilfskraft in der vom Kläger angegebenen Pizzeria beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit betrage 20 Stunden. Sein monatliches Bruttogehalt belaufe sich auf 600,-DM. Nach Abzug der Sozialversicherungs- und Krankenkassenbeiträge verblieben ihm 458,-- DM netto. Als Untermieter zahle er an Frau D. 50,-- DM Miete und 30,-- DM anteilige Stromkosten. Überdies sei er mit Kredittilgungspflichten in einer Größenordnung von rund 40.000,-- DM belastet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Monatlich müsse er Tilgungsleistung in Höhe von 100,-- DM erbringen, wovon je 50,-- DM für die X. und für die Y. bestimmt seien. Frau D. könne ihn nicht in größerem</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Umfange beschäftigen, weil sie selbst am Rande des Existenzminimums lebe. Im Jahre 1978 habe sie ausweislich des Steuerbescheides aus ihrem Gewerbebetrieb nur Verluste erwirtschaftet.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat durch Vernehmung des Zeugen T. Beweis darüber erhoben, seit wann und in welchem Umfange der Beklagte in der Pizzeria der Frau D. tätig ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 1.4.1980 - BI. 36 - verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Durch das am 8.4.1980 verkündete, hiermit in Bezug genommene Urteil hat das Familiengericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen dieses ihm am 14.4.1980 zugestellte Urteil mit einer am 14.5.1980 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt und das Rechtsmittel am 4.7.1980 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 12.6.1980 bis zum 16.7.1980 verlängert worden war.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung hat er zunächst sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfange weiter verfolgt, sodann aber am 20.1.1981 unmittelbar vor dem Eintritt in die mündliche</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Verhandlung die Klage bezüglich des Teilzeitraums vom 1.9. bis zum 31.12.1979 zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt vor, für die Zeit ab 1.1.1980 sei seine Klage sachlich gerechtfertigt. Bereits die vom Familiengericht durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, daß der</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Beklagte entgegen seiner unrichtigen Darstellung nicht nur vormittags, sondern ganztägig in der Pizzeria beschäftigt sei. So habe der Zeuge A. in den Nachmittagsstunden</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">des 5.6.1980 beobachtet, daß der Beklagte Gäste an ihre Tische geleitet, von der Theke aus dem Personal Anweisungen erteilt und Pizzen gebacken habe. Ebenso habe seine – des Klägers - Mutter in den späten Nachmittagsstunden des 18.6. und in den Abendstunden des 20.6.1980 gesehen, daß der Beklagte in der Pizzeria gewesen sei. Aufgrund einer im L. "F." aufgegebenen Annonce vom 21.5.1980 habe Frau D. "Zwei italienische Küchenhilfen dringendst gesucht", die der Zeuge A. bei seinen vorstehend geschilderten Beobachtungen ebenfalls in dem Lokal gesehen habe. Folglich müsse der Beklagte sich zumindest das reguläre monatliche Nettoeinkommen eines Kellners in einer Größenordnung von 1.400,-- DM zurechnen lassen. Hilfsweise bewende es dabei, daß er sich mangels ausreichender Bemühungen um Erlangung einer seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Arbeit so behandeln lassen müsse, als erziele er derartige Einkünfte. Seine Mutter erfülle ihre anteilige Unterhaltspflicht durch seine Versorgung und Betreuung. Sie sei seit August 1978 arbeitslos und habe erst ab Juli 1979, jedoch nur etwa ein Jahr lang, Arbeitslosenunterstützung in Höhe von monatlich ca. 750,-DM bezogen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils sowie unter Abänderung des TeilAnerkenntnisurteils des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 - 145 C 1191/74 - zu verurteilen, an den Kläger z. Hd. seiner gesetzlichen Vertreterin über die tenorierten 200,-- DM hinaus weitere 70,-- DM monatlich, beginnend</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">mit dem 1.1.1980, zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Er erwidert, Frau D. sei nach wie vor nicht in der Lage, ihn in größerem als dem von ihm zutreffend angegebenen Umfang zu beschäftigen. Sie habe das Ladenlokal im Oktober</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">1977 angepachtet und mit Kreditmitteln in Höhe von rd. 40.000,- DM als Pizzeria eingerichtet. Bislang habe sie nicht einmal diese Schulden abtragen können; die wirtschaftliche Lage ihres Geschäfts habe sich im Verhältnis zum Jahre 1978 noch nicht verbessert. Mit der vom Kläger angeführten Zeitungsannonce habe es folgende Bewandnis gehabt: Frau D. habe nur eine Ersatzkraft für ihre seinerzeit ausgeschiedene Nichte gesucht, den Text des Inserats aber aus dem Grunde so, wie vom Kläger vorgetragen, abgefaßt, um eine genügend große Anzahl von Bewerbern verfügbar zu haben. Es sei nur eine Küchenhilfe eingestellt worden, die freie Verpflegung erhalte und ein monatliches Nettogehalt von 600,-- DM beziehe. Sei er somit aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen leistungsunfähig, so sei bezüglich der Mutter des Klägers das Gegenteil der Fall; sie sei ganztägig als Verkäuferin beschäftigt und erziele ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien und die Mutter des Klägers angehört. Die Anhörung hat u.a. ergeben, daß der Kläger für die Zeit ab September 1980 einen Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög-) gestellt hat, über den bisher noch nicht entschieden worden ist. Ferner hat der Beklagte erklärt, er habe bei der Firma Pesch KG seinerzeit ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.400,-- DM erzielt. Im übrigen wird wegen des Ergebnisses der Anhörung auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 20.1.1981 - BI. 108 - verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Akten des Rechtsstreits 145 C 1191/74 AG Köln haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Kläger die Klage bezüglich des Teilzeitraums vom 1.9. bis 31.12.1979 wirksam zurückgenommen hat, ist nur noch die Folgezeit ab 1.1.1980 im Streit. In diesen Grenzen ist der Rechtsstreit bezüglich der Berufung des Klägers, soweit ihr der Zeitraum bis einschließlich 31.8.1980 zugrunde liegt, zur Endentscheidung durch Urteil</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">reif. </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Folgezeitraums ab 1.9.1980 erfordert die Entscheidung des Rechtsstreits eine weitere Klärung des Sachverhalts. Der Kläger hat für die Zeit ab September</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">1980 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Zuwendungen nach Maßgabe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes gestellt. Die bislang noch nicht erfolgte Entscheidung über diesen Antrag ist für den Ausgang des Rechtsstreits für die Zeit ab September 1980 von Bedeutung. Sollten dem Kläger auf seinen Antrag, was nach Lage des Falles, vornehmlich mit Blick auf die Einkommensverhältnisse seiner Eltern mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, sogenannte Bafög-Mittel in Form <u>endgültiger</u> Zuschüsse, die er folglich im Gegensatz zur darlehenshalber erfolgenden Gewährung derartiger Mittel nicht zurückzuzahlen braucht, gewährt werden, dann muß er sich jedenfalls diese Mittel auf seinen Bedarf als Unterhaltsgläubiger anrechnen lassen (vgl. Ziffer 13. der Leitlinien der Familiensenate des OLG Hamm zum Unterhaltsrecht nach dem Stande vom Januar 1980, FamRZ 1980, 21 ff., 25; Ziffer 8. 3. der Unterhaltsrichtlinien der Familiensenate des OLG Köln - Kölner Unterhaltsrichtlinien - vom 1.1.1980), was wiederum dazu führt, daß er insoweit den Beklagten nicht auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen kann. Da sich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht mit der für die Urteilsfindung erforderlichen, hinreichend verläßlichen Sicherheit feststellen läßt, wie die Entscheidung über den Antrag des Klägers ausfallen wird - dies gilt vornehmlich bezüglich der genauen Höhe der zu erwartenden Förderungsleistung - kann der Rechtsstreit hinsichtlich der Zeit ab September 1980 dann erst seinen Fortgang nehmen, sobald der Kläger dem Senat das Ergebnis der Bescheidung seines Antrages mitgeteilt haben wird. Demgegenüber kann sich der für die Zeit ab September 1980 gestellte Antrag für den vorhergehenden Teilzeitraum vom 1.1. bis 31.8.1980 nicht auswirken,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">so daß insoweit Entscheidungsreife des Rechtsstreits vorliegt und gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen war.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, an sich statthafte sowie frist- und formgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO) hat bezüglich dieses Teilzeitraums auch</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">in sachlicher Hinsicht Erfolg; für die Zeit vom 1.1. bis 31.8.1980 muß der Beklagte monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von insgesamt 270,-- DM an den Kläger zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Das Erhöhungsverlangen des Klägers beinhaltet eine gemäß § 323 ZPO zulässige und sachlich gerechtfertigte Abänderungsklage.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Da es um die Abänderung des Teilanerkenntnisurteils des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 geht, ist die Schranke des § 323 Abs. 3 ZPO zu beachten, wonach Urteile nur für die Zeit ab Erhebung der Abänderungsklage abgeändert werden dürfen. Die Abänderungsklage ist am 7.12.1979 erhoben worden und der Kläger verlangt jetzt nur noch für die Zeit ab 1.1.1980 erhöhten Unterhalt. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 323 Abs. 2 ZPO liegen ebenfalls vor. Der Kläger stützt seine Klage auf zwei Gründe, von denen jeder für sich ausreicht. Er macht geltend, daß sein Bedarf infolge seines inzwischen höheren Lebensalters gestiegen sei ,und daß der Beklagte inzwischen mehr verdiene, als es im Zeitpunkt der Urteilsfindung im Vorprozeß (Erlaß des Teilanerkenntnisurteils ) der Fall gewesen sei. Beide Umstände sind in Einklang mit § 323 Abs. 2 ZPO erst in der Zeit nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, aufgrund derer das Teilanerkenntnisurteil ergangen war, eingetreten.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Über das sachliche Schicksal der nach alledem zulässigen Abänderungsklage ist nach den Regeln zu entscheiden, wie sie im Falle der Erhebung einer sogenannten Erstklage, d.h. wie im Falle der erstmaligen klageweisen Beanspruchung von Unterhalt gelten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Grundsätzlich ermöglicht § 323 ZPO allerdings keine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts, sondern nur eine den vereinbarten Verhältnissen entsprechende Anpassung. Diese Vorschrift erweist sich als prozessualer Anwendungsfall der clausula rebus sic stantibus (vgl. BGHZ 34, 110, 115 ff.). Schon daraus ergibt sich die Folge, daß die Abänderung eines Urteils - hier: Teilanerkenntnisurteil vom 4.4.1975 - generell nicht weitergehen darf, als es aus Gründen der veränderten Verhältnisse notwendig ist. Weder soll § 323 ZPO eine Möglichkeit zur neuerlichen</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Wertung des alten Sachverhalts noch einen Weg eröffnen, diesen Sachverhalt anläßlich einer – gerechtfertigerweise erfolgenden <b>- </b>Abänderung abweichend zu beurteilen. Es sollen lediglich solche Veränderungen der für den Bestand, die Höhe oder die Dauer der Leistungen maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigt werden können,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">die bei der Schaffung des früheren Titels nicht berücksichtigt werden konnten, weil sie erst in der Zeit nach dem Erlaß des Titels als damals unvorhersehbare Ereignisse eingetreten sind. Nach alledem kommt es für den Umfang der Abänderung gemäß § 323 ZPO entscheidend darauf an, welche Umstände in dem abzuändernden Urteil für die Beurteilung des Unterhalts maßgeblich waren und welches Gewicht ihnen dabei zugekommen ist. Auf dieser, im Abänderungsprozeß zu ermittelnden Grundlage ist anschließend unter Berücksichtigung der gesamten neuen Verhältnisse festzustellen, welche</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Änderungen in jenen Verhältnissen eingetreten sind und welche Auswirkungen sich aus derartigen Änderungen für die Bemessung des Unterhalts ergeben (vgl. BGH MDR 1979, 829; BGH FamRZ 1980, 771; OLG München FamRZ 1979, 237; OLG Schleswig SchlHA 1978, 198).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Diese grundsätzlichen und generell geltenden Erwägungen können im vorliegenden Fall jedoch schon deshalb nicht durchgreifen, weil sich nicht einmal die für ihre Anwendung</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">unverzichtbare Feststellung treffen läßt, welche Erwägungen für die Höhe des Unterhalts maßgebend gewesen sind, wie er gemäß dem Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts Köln vom 4.4.1975 Vom Beklagten an den Kläger zu leisten war. In Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte muß davon ausgegangen werden, daß das jenem Titel zugrundeliegende Teilanerkenntnis des Beklagten durch die außergerichtliche Vereinbarung, die der Kläger als Klagegrund in den Vorprozeß eingeführt hatte und derzufolge der Beklagte sich gegenüber der Mutter des Klägers zur Zahlung monatlicher, für den Unterhalt des Klägers bestimmter Renten in Höhe von 200,-- DM verpflichtet hatte, entweder ausschließlich oder zumindest mitursächlich bestimmt worden ist. Von welchen, möglicherweise gemeinsamen, möglicherweise auch nur einseitig entwickelten und durch eine zunächst ohne gerichtliche Mitwirkung geschlossene Vereinbarung</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">zur vertraglichen Verpflichtung des Beklagten erstarkten Vorstellungen die Eltern des Klägers bei dem Abschluß jener Vereinbarung ausgegangen sind, ist überhaupt nicht ersichtlich und deshalb auch nicht nachvollziehbar. Ferner läßt sich auch den Akten des Vorprozesses nichts entnehmen, was - ggfs. gemäß § 323 zpo abzuändernde - Grundlage der gemäß dem Teilanerkenntnisurteil erfolgten Verurteilung des Beklagten gewesen sein könnte. Dem Erlaß dieses Urteils ist größtenteils streitiges und ungeklärt gebliebenes schriftsätzliches Vorbringen der Parteien vorausgegangen. In der damaligen Klageschrift ist nur die außergerichtliche Vereinbarung als Klagegrund angeführt worden. Die genaue Höhe der Bezüge des Balagten, der während der Rechtshängigkeit des Vorprozesses bei der Firma Q. KG angestellt war und nebenher aushilfsweise als Nachtportier arbeitete, ist nicht ermittelt worden und läßt sich den Akten nicht hinreichend verläßlich entnehmen. Legt man die Verdienstbescheinigung vom 20.5.1974 zugrunde, so hatte der Beklagte in den Monaten Januar bis Juni 1974 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von rd. 1620,-- DM erzielt. Eine weitere, für den Monat Februar 1975 erteilte Verdienstbescheinigung ergibt ein Nettoeinkommen von nur</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">1278,94 DM. Auf ihr befinden sich einige handschriftliche Eintragungen, die nicht näher erläutert sind und deren Bedeutung unklar ist. Darin erschöpfen sich die zu den Akten</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">des Vorprozesses überreichten urkundlichen Belege des damaligen Einkommens des Beklagten. Zudem war ungeklärt geblieben, was er aufgrund seiner Nebentätigkeit als Nachtportier verdient hatte. Ferner hatte er geltend gemacht, daß er mit monatlich wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen in einer Gesamtgrößenordnung von 1179,-- DM belastet sei, daß die Mutter des Klägers ganztägig arbeite und daß der Bedarf des Klägers größtenteils durch Zuschüsse der katholischen Kirche gedeckt sei. Das Urteil im Vorprozeß ist entsprechend seiner Natur als Teilanerkenntnisurteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe ergangen. Der gerichtlich protokollierte Vergleich vom 16.12.1975, inhalts dessen der Streit wegen der Unterhaltsrückstände aus der Zeit vor dem 30.4.1974 gütlich beigelegt worden ist, enthält keine Angaben darüber, von welcher Grundlage die Parteien ausgegangen sind. Schließlich haben die Parteien auch im vorliegenden Rechtsstreit nichts vorgetragen, was Aufschluß darüber geben könnte, welche tatsächlichen Verhältnisse im Vorprozeß für die Bemessung des dem Kläger vom Beklagten geschuldeten Unterhalts maßgeblich gewesen sind. In solchen Fällen bleibt nichts anderes übrig, als die Abänderungsklage so zu behandeln, wie eine Erstklage</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">(vgl. Senatsurteil vom 1.1.1979 - 21 UF 150/78 -). Dabei ist das Vorliegen wesentlicher Veränderung der Umstände i.S. des § 323 Abs. 1 ZPO jedenfalls schon deshalb zu bejahen, weil der Kläger inzwischen mit der Folge seines entsprechend gestiegenen Bedarfs etliche Jahre älter ist.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des entscheidungsreifen Teilzeitraums vom 1.1. bis zum 31.8.1980 ist die Klage sachlich gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist gemäß den §§ 1601, 1602, 1603, 1690 BGB zur Zahlung des verlangten Unterhalts verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist bedürftig. Er verfügt nicht über Vermögen, mit dessen Einkünften er seinen Unterhalt ganz oder teilweise bestreiten könnte. Als Schüler verfügt er ebensowenig</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">über Arbeitseinkünfte. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte den Einwand seines völligen Leistungsunvermögens daraus herzuleiten trachtet, daß es ihm trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei, eine erneute Anstellung in seinem früher ausgeübten Beruf als kaufmännischer Angestellter oder eine hiermit vergleichbare Position zu finden, und daß er aufgrund seiner Mitarbeit in der Pizzeria der Frau D. nicht einmal über die zur Deckung seines eigenen Existenzminimums (sogenannter notwendiger Selbstbehalt) erforderlichen finanziellen Mittel verfüge, kann ihm nicht gefolgt werden. Insbesondere bedurfte der Streit der Parteien über den Umfang der vom Beklagten in der Pizzeria ausgeübten Tätigkeit und über die Höhe des</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">danach zu bemessenden, angemessenen Entgelts keiner Klärung. Hierauf kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an, so daß sich auch die Erhebung der vom Kläger insoweit angebotenen Beweise erübrigten, die für den Kläger günstigstenfalls nur ergeben könnten, daß der Beklagte zufolge der Art und des Umfanges seiner Tätigkeit von Frau D. zu gering entlohnt wird und daß deshalb fiktiv ein höheres, angemessenes Einkommen anzusetzen sei. Denn die Klage ist bereits aus einem anderen, von derartigen tatsächlichen Feststellungen a unabhängigen Grunde, und zwar mit eben dem gleichen Ergebnis, sachlich gerechtfertigt. Jeder Unterhaltsschuldner muß seine Arbeitskraft bestmöglich verwerten. Seine finanzielle Leistungsfähigkeit im Sinne des § 1603 BGB bemißt sich nicht danach, was er aufgrund einer von ihm tatsächlich ausgeübten Erwerbstätigkeit verdient, sondern allein danach, was er bei angemessener und ihm zumutbarer Ausnutzung seiner Arbeitskraft verdienen könnte. Hieraus folgt: Unterläßt ein Unterhaltsschuldner es, eine ihm zumutbare, seinen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen entsprechende, ggfs. besser bezahlte Tätigkeit aufzunehmen, so ist für den Umfang seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht von seinen tatsächlichen, ggfs. niedrigeren Einkünften, sondern von den – fiktiven - Beträgen auszugehen, die er bei Erfüllung der vorstehend aufgezeigten, ihm zwingend obliegenden Verpflichtung</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">verdienen könnte (vgl. hierzu OLG Köln MDR 1972, 869; Senat in ständiger Rechtsprechung - Urteil vom 28.2.1978 - 21 UF 357/77 -, vom 26.10.1978 - 21 UF 270/77 -, vom 13.2.1979 - 21 UF 167/78 -, vom 3.5.1979 - 21 UF 245/78 -, vom 5.7.1979 - 21 UF 267/78 -: Palandt-Diederichsen, BGB, 39. AufI., § 1603 Anm. 2; Kalthoener-Haase-Becher-Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 2. AufI., Rz 302 mit</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">zahlreichen weiteren Nachweisen in Fußnote 34). Unter unabweisbar gebotener Anwendung dieser Grundsätze sind die vom Kläger verlangten Beträge auch gemessen an der für die Zuerkennung des Anspruchs erforderlichen Leistungsfähigkeit des Beklagten sachlich gerechtfertigt. Der Beklagte muß sich so behandeln lassen, als erziele er monatliche Nettoeinkünfte in einer Größenordnung von wenigstens 1.400,-- DM. Er ist gegenwärtig erst 40 Jahre alt. Seit dem – unverschuldeten - Verlust seiner Anstellung bei der Firma Q. KG sind bis zum Beginn des Klagezeitraums annähernd vier Jahre</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">vergangen. Mit Blick auf diese verhältnismäßig lange Zeitspanne spricht schon angesichts der allgemeinen Lebenserfahrung nahezu alles dafür, daß es ihm bei zu fordernden, intensiven und anhaltenden Bemühungen inzwischen gelungen sein müßte, wieder in seinen früher ausgeübten Beruf als kaufmännischer Angestellter zurückzukehren oder eine andere, hiermit vergleichbare Position zu finden. Dafür, daß es sich - wider Erwarten - nicht so verhalten hat, ist der Beklagte darlegungspflichtig. Sein dahingehendes Vorbringen ist mangels hinreichender Substantiierung unbeachtlich. Ob er bis zum Beginn seiner Tätigkeit in der Pizzeria der Frau D. bei dem Arbeitsamt Köln ständig als Arbeitssuchender gemeldet war, kann auf sich beruhen. Macht ein Unterhaltsschuldner</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">geltend, arbeitslos und aus diesem Grunde nicht leistungsfähig zu sein, so kann er mit diesem Einwand nur durchdringen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, daß er sich mit allem Nachdruck um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat. Hierfür reicht es nicht aus, daß er sich bei dem Arbeitsamt als arbeitslos meldet. Er hat sich darüber</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">hinaus persönlich dafür einzusetzen, daß er eine Arbeitsstelle findet. Hierzu gehört u.a., daß er eigene Stellenbewerbungen aufgibt und sich insbesondere auf Zeitungsannoncen bei inserierenden Firmen meldet (vgl. Senatsurteil vom 3.5.1979 - 21 UF 245/78 -). Der Beklagte hat im ersten Rechtszuge behauptet, allein bei dem L. Stadtanzeiger Inserate zum Gesamtpreis von 800,-- DM aufgegeben zu haben. Der Kläger hat das bestritten. Vorgelegt hat der Beklagte lediglich zwei Unterlagen, nämlich einen abschlägigen Bescheid des Landschaftverbandes Rheinland vom 28.11.1977, der die Besetzung</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">einer Registratorstelle betraf, wobei dem Beklagten klar sein mußte, daß Behörden in aller Regel internen Bewerbern den Vorzug zu geben pflegen, sowie ein Schreiben der Firma U. vom 6.3.1976, mit dem er zu einer persönlichen Vorsprache gebeten wurde, wobei der Inhalt dieses Schreibens den Anschein erweckt, daß es sich dabei um eine - im Vergleich zur bisherigen Tätigkeit des Beklagten als kaufmännischer Angestellter für ihn fremde - Tätigkeit als Handelsvertreter gehandelt hat. Der Senat hat den Beklagten in der terminsvorbereitenden, prozeßleitenden Verfügung vom 7.8.1980 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sein erstinstanzliches Vorbringen über die Entfaltung hinreichender, vor allem regelmäßiger Bemühungen um Erlangung einer angemessenen Tätigkeit nicht ausreichend sei. Daraufhin hat der Beklagte lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt. Da er somit sein angebliches Leistungsunvermögen nicht ausreichend dargelegt hat, muß es zu seinen Lasten bei der vorstehend aufgezeigten Rechtsfolge bewenden.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Das fiktive, für die Bemessung seiner Leistungsfahigkeit maßgebliche monatliche Nettoeinkommen ist mit wenigstens 1.400,-- DM anzusetzen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte erklärt, bei der Firma Q. KG, wo er bis zum 29.2.1976 beschäftigt war, habe er im Durchschnitt dieses Einkommen erzielt. Demnach muß davon ausgegangen werden, daß er auch in der Folge bei zu unterstellender Rückkehr in den bisher von ihm ausgeübten Beruf bzw. bei Ausübung einer damit vergleichbaren Tätigkeit wenigstens ebensoviel verdient haben würde, was ohnehin schon eine ihm günstige Unterstellung ist, weil die Einkommen im Vergleich zu den Einkommensverhältnissen der Jahre 1975/1976 aufgrund der allgemeinen Lohnerhöhungen inzwischen nahezu allenthalben gestiegen sind. </p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Dieses fiktive, mit monatlich 1.400,-- DM anzusetzende Einkommen ist nicht zu bereinigen. Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, daß er mit notwendigen und als solchen</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">abzugsfähigen Verbindlichkeiten belastet ist. Soweit er ausführt, seine Schulden beliefen sich auf ca. 40.000,-DM, ist nicht erkennbar, wann und weshalb sie entstanden sind und welche nähere Bewandtnis es hiermit im einzelnen hat. Ebensowenig läßt sich seinem Vorbringen entnehmen, was es mit den beiden monatlichen Ratenzahlungsverpflichtungen in Höhe von jeweils 50,-- DM, die gegenüber der X. und der Y. aufzubringen sein sollen, auf sich hat. Zudem hat der Beklagte bei seiner Anhörung vor dem</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Senat beiläufig erklärt, seine Kreditverpflichtungen rührten nicht als sogenannte gemeinsame Schulden aus seiner vormaligen Ehe mit der gesetzlichen Vertreterin des Klägers her. Für das Merkmal der Notwendigkeit jener Verbindlichkeiten ist nach alledem nichts erkennbar, wobei es überdies gemessen am sonstigen Vorbringen des Beklagten geradezu unwahrscheinlich ist, daß er auf derartige Verbindlichkeiten Tilgungsleistungen erbringt.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.400,-- DM fällt der Beklagte in die erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Unterhaltstabelle nach ihrem Stande vom 1.1.1980 (vgl. den Tabellenabdruck in FamRZ 1980, 20,), womit sich der von ihm dem Kläger geschuldete Satz auf monatlich 270,-- DM belaufen würde. Dabei kann es jedoch nicht verbleiben. Die Sätze der Düsseldorfer Tabelle sind auf den Fall zugeschnitten, daß Unterhalt gegenüber drei Personen - Ehegatte bzw. geschiedener Ehegatte und zwei minderjährige Kinder – geschuldet wird. Demgegenüber ist der Beklagte nur einer Person, dem Kläger, unterhaltspflichtig. In einem solchen Falle muß mindestens der Tabellensatz der nächsthöheren Einkommensgruppe zugrunde gelegt werden (vgl. Ziffer 1. der Anmerkungen zur Düsseldorfer Unterhaltstabelle; Ziffer 1.1. der Kölner Unterhaltsrichtlinien),so daß der Beklagte als Tabellensatz 295,-- DM schuldet, wovon nach Abzug des hälftigen Kindergeldes (25,-- DM) ein Betrag von 270,-- DM als von ihm zu zahlender Unterhalt verbleibt. Das entspricht genau den mit der Abänderungsklage verlangten Beträgen. Diese Unterhaltsverpflichtung des Beklagten verringert sich nicht um einen von der Mutter des Klägers zu leistenden Baranteil. Sie erfüllt die ihr gegenüber dem minderjährigen Kläger anteilig obliegende Unterhaltspflicht gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch seine Versorgung, Beaufsichtigung und Betreuung, die allein von ihr erbracht wird. </p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Zur zusätzlichen Entrichtung barer Unterhaltsleistungen wäre sie dann nur verpflichtet, wenn sie genügend leistungsfähig wäre <u>und</u> wenn dem Beklagten bei seiner vollen Inanspruchnahme nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen nicht mehr sein eigener angemessener Unterhalt verbliebe. Da aber dem Beklagten nach Abzug des dem Kläger geschuldeten Unterhalts sein eigener, mit monatlich 1.100,-- DM anzusetzender angemessener Unterhalt verbleibt (1.400,-DM abzüglich 275,--::;I)M 1.175,-- DM ) bewendet es bereits diesem Grunde bei seiner alleinigen Barleistungspflicht (vgl. Ziffer 24.0 der Kölner Unterhaltsrichtlinien). </p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung war dem Schlußurteil vorzubehalten.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die<i> </i>Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Vollstreckungsschutzanordnungen waren nicht von Amts wegen zu treffen, weil das Rechtsmittel der Revision gegen dieses Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommen; §§ 711, 713 ZPO.</p>
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} | 20 U 193/80 | 1981-01-28T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:41 | 2019-03-27T09:41:57 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0128.20U193.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. Mai 1980 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, soweit Schadensersatz wegen gestiegener Baukosten verlangt wird.</p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Entscheidung über die Kosten, auch über die des Berufungsverfahrens, bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p>Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 29.1.1976 erlitt der bei der Beklagten feuerversicherte Kläger einen Brandschaden. Die Beklagte hielt sich wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Brandes durch den Kläger für leistungsfrei. Sie wurde durch Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 20.1.1977 (4 O 326/76) antragsgemäß verurteilt, dem Kläger Deckungsschutz für den eingetretenen Brandschaden zu gewähren. Die Berufung der Klägerin wurde durch Urteil des Senats vom 28.9.1977 (20 U 74/77) zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten wurde vom BGH durch Beschluß vom 4.10.1978 nicht angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zahlte am 8.3. und 14.12.1979 die Entschädigungsleistung zuzüglich Zinsen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger verlangt Ersatz weiteren Schadens, der daraus entstanden sei, daß er den Wiederaufbau wegen der verspäteten Auszahlung durch die Beklagte erst 1980 habe fertigstellen können. Er habe deshalb ab Mitte 1977 sein Vieh anderweitig unterstellen müssen. Weiterhin verlangt er Ersatz eines Geldentwertungsschadens. Diesen leitet er daraus her, daß der Wiederaufbau sich wegen des Zeitablaufes verteuert habe. Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 25.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 11.1.1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie hat die behaupteten Schäden der Höhe nach bestritten. Weiterhin vertritt sie die Auffassung, die Ansprüche seien nach § 12 VVG verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage durch das angefochtene Urteil, auf das ergänzend verwiesen wird, dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Anspruch ergebe sich aus § 286 BGB und sei nicht verjährt. Ein Schadensersatzanspruch aus Verzug bestehe erst dann, wenn die Nichtzahlung einen Verschuldensvorwurf gegen die Beklagte begründe. Das könne erst seit dem 20.1.1977 angenommen werden. Bis dahin habe die Beklagte von grober Fahrlässigkeit des Klägers ausgehen können. Erst mit diesem Zeitpunkt beginne auch der Verlauf der Verjährungsfrist, der dann durch Eingang des Antrags auf Erlaß des Mahnbescheides am 28.12.1979 rechtzeitig unterbrochen worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hält den Anspruch weiterhin für verjährt. Insbesondere meint sie, sie habe sich nicht in einem unverschuldeten Rechtsirrtum befunden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">in Abänderung des angefochtenen Grundurteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Er meint, die Ansprüche seien auch dann nicht verjährt, wenn die Beklagte bereits 1976 in Verzug geraten sei. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verzuges falle der Beginn der Verjährung mit der Entstehung des Schadens zusammen. Da aber mit der Klage lediglich Schäden verlangt würden, die ab 1977 entstanden seien, komme eine Verjährung nicht in Betracht.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat zum großen Teil Erfolg. Der Klageanspruch aus §§ 286 BGB, 49 VVG ist weitgehend gemäß § 12 VVG verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Daß - unabhängig von der Frage des Verschuldens - jedenfalls ab Erlaß des ersten Urteils des Landgerichts Arnsberg (20.1.1977) ein Schadensersatzanspruch wegen Verzuges besteht, ist dem Grunde nach nicht mehr bestritten, nachdem die Parteien übereinstimmend von einem jedenfalls verbleibenden Schaden von wenigstens 1,- DM ausgehen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Dieser Schadensersatzanspruch ist jedoch weitgehend verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Auch Schadensersatzansprüche nach § 286 BGB verjähren entsprechend der Regelung des § 12 VVG. Obwohl sie nicht mehr Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sind, sondern eine Vertragsverletzung der Beklagten und damit nur mittelbar einen Versicherungsvertrag voraussetzen, ist die Anwendung des § 12 VVG auch auf diese Ansprüche nicht bestritten (RGZ 111, 102/104; BGH VersR 59, 700/701). Der Senat folgt dieser Auffassung.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Da der Anspruch auf Schadensersatz wegen Verzuges mit dem Hauptanspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen nicht identisch ist, brauche auch der Beginn der Verjährungsfrist nicht einheitlich zu sein. Die Verjährung beginnt mit dem Schluß des Jahres, in welchem der fragliche Anspruch erstmals geltend gemacht werden kann, d.h. frühestens mit der Entstehung der Schäden (BGH NJW 61, 2304/2305 und die zuvor zitierten Entscheidungen). Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit beginnt die Verjährung mit dem Ende des Jahres, in dem der Schaden erstmalig eintritt, und umfaßt auf später aktuell werdende Schäden, soweit sie voraussehbar waren (BGH VersR 59, 701). Verjährt sein können damit auch solche Schadensersatzansprüche, bei denen die Schäden erst in unverjährter Zeit eintreten. Entscheidend ist, ob der "Grundanspruch" auf Ersatz eines Verzugsschadens noch unverjährt besteht.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Im konkreten Fall verlangt der Kläger Ersatz der Schäden, die dadurch entstanden, daß er mit dem Neuaufbau des Stalles erst später beginnen konnte. Diese Schäden traten bereits ein, als die Beklagte nicht 1976 die Versicherungsleistung erbrachte und die Zahlungen herauszögerte, obwohl ihre Leistung gemäß § 17 AFB zwei Wochen nach Erstellung des Sachverständigengutachtens (17.3.1976) fällig geworden war. Damit entstand bereits 1976 ein Schaden, der auf der nicht rechtzeitigen Erfüllung vertraglicher Leistungen beruhte. Ob die Schäden, die dadurch entstanden, daß ein weiter entfernt liegender Ersatzstall angemietet werden mußte, bereits 1976 entstanden sind, mag offen bleiben. Erforderlich wäre dazu, daß die Wirtschaftsgebäude des Klägers bei rechtzeitiger Versicherungsleistung schon 1976 hätten fertiggestellt werden können. Darauf kommt es aber nicht an, da jedenfalls diese Schäden als Folgen der verspäteten Leistung, die damals schon feststand, voraussehbar waren. Es hätte die Möglichkeit bestanden, den Ablauf der Verjährungsfrist durch eine Feststellungsklage auf Ersatz dieses Verspätungsschadens zu unterbrechen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">3.)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist auch bereits 1976 in Verzug geraten. Da Mahnung und Fälligkeit unzweifelhaft vorliegen, könnte dies nur am fehlenden Verschulden (§ 285 BGB) scheitern. Dies ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nach der Ansicht des Senats nicht anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach § 285 BGB hätte die Beklagte als Schuldnerin Umstände zu beweisen und näher darzulegen aus denen sich ergebe, daß sie die Verzögerung ihrer Leistung nicht zu vertreten hat. Bei einem Rechtsirrtum der Beklagten kommt es auf dessen Entschuldbarkeit an, und daran sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH NJW 72, 1045). Es müßten im einzelnen die Erkundigungen und Überlegungen der Beklagten dargelegt werden. Das geschieht hier von keiner der Parteien. Die Leistungsverweigerung der Beklagten beruhte nicht auf Bedenken in tatsächlicher Hinsicht, sondern auf einer von den Gerichten später nicht anerkannten rechtlichen Wertung. Die rechtliche Würdigung ist grundsätzlich das Risiko des Schuldners. Die Entscheidung der Frage, ob einfache oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist oft schwierig, zumal auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen ist. Deshalb mußte auch die Beklagte mit einer abweichenden Würdigung seitens der Gerichte rechnen. Sie hat deshalb die Leistungsverzögerung zu vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">4.)</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Verjährung ist auch nicht durch die Erhebung der Klage am 1.9.1976 gemäß § 209 BGB unterbrochen. Die Klage im Vorprozeß auf Feststellung, daß Versicherungsleistung gewährt werden müsse, unterbricht die Verjährung nicht für den Schadensersatzanspruch aus Verzug. Dies ist für eine Leistungsklage anerkannt (BGH VersR 59, 701; Bruck-Möller § 12 Anm. 14). Für eine Feststellungsklage kann grundsätzlich nichts anderes gelten, als soweit es sich um die Schäden handele, die auf der anderweitigen Unterbringung des Viehs beruhen, ist daher der Verzugsschadenersatzanspruch verjährt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">5.)</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Schäden, die auf der tatsächlichen Erhöhung der Baukosten beruhen, hat jedoch die Feststellungsklage zu einer Unterbrechung der Verjährung geführt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Mit der Feststellungsklage wird der Anspruch auf vertragsgemäße Leistung geltend gemacht, d.h. der Anspruch auf Auszahlung des sich aus den Feststellungen der Sachverständigen ergebenden Betrages innerhalb von 2 Wochen nach Erstattung des Gutachtens einschließlich von 4 bis 6 % Zinsen, beginnend einen Monat nach der Schadensanzeige (§§ 15, 17 AFB). Mit diesen Beträgen soll nach dem Sinn und Zweck einer gleitenden Neuwertversicherung die Wiederherstellung des beschädigten oder zerstörten Gebäudes ermöglicht werden. Dabei wird bei der Festsetzung des Entschädigungsbetrages auf die Zeit des Eintritts des Schadensfalles (§ 3 AFB) abgestellt, während die Wiederaufbaukosten auch bei ordnungsgemäßem Verhalten des Versicherers zwangsläufig später anfallen. Das mag zur Zeit der Abfassung der AFB wegen der in § 17 normierten Zinspflicht nicht zu Lasten des Versicherungsnehmers gegangen sein. In einer Zeit überproportional steigender Baupreise wird jedoch der Zweck der Neuwertversicherung nur dann erreicht, wenn auch die Verzugsschäden ersetzt werden, die auf der Baukostenverteuerung beruhen. Eine Feststellungsklage, die auf Deckungsschutz gerichtet ist, umfaßt daher auch diesen Teil des Verzugsschadens mit und unterbricht insoweit den Ablauf der Verjährung ebenso, wie das für die zur Zeit unzureichenden Zinsen gilt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">5.)</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Soweit der Anspruch verjährt ist, verstößt die Berufung auf diese Einrede nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Daß die Beklagte den Eindruck erweckt hätte, sie werde sich auf diese Einrede nicht berufen, ist nicht dargetan. Der Kläger hätte im übrigen schon dadurch, daß sich die Beklagte im Vorprozeß auf den Ablauf der Klagefrist (§ 12 Abs. 3 VVG, 17 Abs. 4 AFB) berufen hatte, gewarnt sein müssen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Da die Höhe der Baukostensteigerung nicht feststeht, andererseits aber auch nach Abzug der gezahlten Zinsen ein Schadensbetrag von mindestens 1,- DM nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien verbleibt, konnte der Senat das Grundurteil des Landgerichts teilweise bestätigen. Zur Höhe ist vor dem Landgericht noch zu verhandeln und zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung bleibt dem landgerichtlichen Schlußurteil vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt für den Kläger 24.500,- DM und für die Beklagte 500,- DM.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat gemäß § 546 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO die Revision zugelassen, da es sich um eine Rechtssache von grundsätzlicher. Bedeutung handelt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 28. Januar 1981</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Graf, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
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} | 6 Ws 39/81 | 1981-01-28T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:43 | 2019-03-27T09:41:57 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0128.6WS39.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß sowie der Beschluß des Schöffengerichts Recklinghausen vom 8. Mai 1980 werden aufgehoben.</p>
<p>Die Sache ist der zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum zur Entscheidung vorzulegen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Gegen den Beschwerdeführer ist durch Urteil des Schöffengerichts Recklinghausen vom 29. September 1975 eine Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verhängt worden. Auf entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft, der am 24. Januar 1980 beim Amtsgericht Recklinghausen eingegangen ist, ist durch Beschluß des Schöffengerichts vom 8. Mai 1980 die Strafaussetzung widerrufen worden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten hat die Strafkammer durch den angefochtenen Beschluß verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde des Verurteilten ist hier entsprechend der wahren Rechtslage zulässig. Eine Entscheidung des Landgerichts "auf die Beschwerde hin", die gemäß § 310 Abs. 2 StPO nicht anfechtbar wäre, liegt nicht vor. Denn das Landgericht ist nur deswegen als Beschwerdegericht tätig geworden, weil das Amtsgericht - Schöffengericht - zu Unrecht seine Zuständigkeit angenommen hatte. In einem solchen Falle ist die Beschwerde gegen de Entscheidung des Landgerichts deshalb zulässig, weil sonst die vom Gesetz gewollte Entscheidung des dem Landgericht übergeordneten Gerichts im Beschwerdeverfahren nicht erreichbar wäre (vgl. hierzu z.B. Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., § 310, Rdn. 6, mit weiteren Nachweisen; Müller-Sax, StPO, 6. Aufl., § 310, Anm. 1. b); BayObLGSt 1955, 19; OLG Hamm, NJW 1968, 419; OLG Hamm, Beschluß vom 8.11.1976 -2 Ws 273/76-; auch OLG Bremen, NJW 1967, 1975).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für die erstinstanzliche Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung war im vorliegenden Fall gemäß §§ 462 a Abs. 1 und Abs. 4, 453 StPO die Straf. Vollstreckungskammer bei dem Landgericht Bochum zuständig weil der Verurteilte seit dem 8. März 1980 in anderer Sache Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbüßte. Zwar war der Verurteilte zu der Zeit, als das Schöffengericht mit dem Widerruf der Strafaussetzung befaßt wurde, noch in Freiheit. Gleichwohl ging am 8. März 1980 die Zuständigkeit auf die Strafvollstreckungskammer über, da das Schöffengericht zu diesem Zeitpunkt noch nicht über den Widerruf entschieden hatte. Dieser Zuständigkeit; Wechsel (Übergang vom Gericht des ersten Rechtszuges auf die Strafvollstreckungskammer) tritt auch dann ein, wenn - wie hier - bereits vor Beginn der Vollstreckung der Freiheitsstrafe in der anderen Sache das Gericht des ersten Rechtszuges mit dem Widerruf befaßt war und eine Entscheidung zu treffen hatte, dies aber im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckung noch nicht geschehen war (vgl. hierzu z.B. BGHSt 26, 187, <u>189</u> = NJW 1975, 2352 = MDR 1975, 1033).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach alledem waren der angefochtene Beschluß sowie der Beschluß des Schöffengerichts aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Senat konnte in der Sache selbst nicht entscheiden, weil eine Entscheidung der in erster Instanz allein zuständigen Strafvollstreckungskammer bisher noch nicht ergangen ist und somit den Beteiligten im Falle einer Sachentscheidung des Senats eine Instanz genommen würde.</p>
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<p>wird die Beschwerde des Klägers vom 15.1.1981 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Aachen vom 12.1.1981 (20 F 7/81) kostenpflichtig zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In der Ehesache der Parteien hat das Amtsgericht dem Kläger durch einstweilige Anordnung vom 3.12.1980 aufgegeben, an die Beklagte 600,-- DM Monatsunterhalt zu zahlen. Dem ist der Kläger entgegengetreten; er hat mündliche Verhandlung über die einstweilige Anordnung und Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt. Das Amtsgericht hat zunächst am 12.12.198O die Vollziehung seiner Anordnung ausgesetzt, soweit die Beklagte wegen höherer Monatsbeträge als 500,-- DM vollstreckt. Die aussetzende Entscheidung hat es mit Beschluß vom 19.1.1981 wieder aufgehoben, nachdem der Kläger eine Verdienstbescheinigung vorgelegt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der nunmehr im ordentlichen Verfahren erhobenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß er der Beklagten keinen Unterhalt schulde. Zugleich hat er beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der einsteiligen Anordnung vom 3.12.1980 vorläufig</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">einzustellen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diesen Antrag hat das Amtsgericht als unzulässig zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger mag darin beigetreten werden, daß der gegen eine einstweilige Anordnung gerichteten Feststellungsklage grundsätzlich nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. OLG Saarbrücken, FamRZ 1980, 277 m.w.H.). Es mag auch möglich sein, in einem solchen Feststellungsverfahren die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Anordnung in sinngemäßer Anwendung des § 769 ZPO vorläufig einzustellen (OLG Hamburg, FamRZ 1980, 904). Dem Schutzinteresse des Verpflichteten an einer Entscheidung</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">über die Vollstreckungseinstellung ist jedoch Genüge getan, wenn das Gericht in <u>einem </u>der anhängigen Verfahren (einstweilige Anordnung oder Feststellung) über seinen Einstellungsantrag befunden hat.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Genauso liegt es hier. Ziel des Klägers ist es, eine Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dar einstweiligen Anordnung vom 3.12.1980 zu erwirken. Darüber hat das Amtsgericht nach § 620 e ZPO durch die Beschlüsse vom 12.12.1980 und 19.1.1981 bereits</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">entschieden. An einem zusätzlichen Nebenverfahren im Rahmen des Feststellungsprozesses, das wiederum sein Einstellungsbegehren betrifft, hat der Kläger kein anerkennenswertes Bedürfnis.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hier und im Verfahren gemäß § 620 C ZPO können nach summarischer Prüfung nur Eilentscheidungen ergehen; Aufklärungsmöglichkeiten und Ergebnisse in beiden Verfahrensarten sind gleichwertig. Insbesondere kann der Kläger nicht, wie ihm offensichtlich vorschwebt, im Verfahren nach § 769 ZPO eine bessere Vorausprüfung der von ihm behaupteten Arbeitsfähigkeit der Beklagten erreichen. Diesen Punkt hat das Amtsgericht aufgrund seines gegenwärtigen Erkenntnisstandes schon im Parallelverfahren vorläufig</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">beurteilt. Eine doppelgleisige Behandlung des Einstellungsantrages ohne die Möglichkeit weiterer Tatsachenfeststellungen ist ihm nicht zuzumuten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Kosten: § 97 ZFO</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 1.800,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Köln, den 27.1.1981</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht, 10. Zivilsenat</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">- Familiensenat -</p>
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 21 UF 211/80 | 1981-01-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:45 | 2019-03-27T09:41:57 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0120.21UF211.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10. Juli 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln - 306 F 70/80 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt,</p>
<p></p>
<p>1) an den Kläger zu 1) über die freiwillig gezahlte monatliche Unterhaltsrente von 220,-- DM hinaus eine weitere monatliche Unterhaltsrente, und zwar</p>
<p>a) für die Zeit vorn 1. Februar 1980 bis 31. Januar 1981 in Höhe von 107,50 DM,</p>
<p>b) für die Zeit ab 1. Februar 1981 in Höhe von 102,50 DM,</p>
<p></p>
<p>2) an den Kläger zu 2) über die freiwillig gezahlte monatliche Unterhaltsrente von 220,-- DM hinaus eine weitere monatliche Unterhaltsrente, und zwar</p>
<p>a) für die Zeit vorn 1. Februar 1980 bis 10. Mai 1980 in Höhe von 42,50 DM,</p>
<p>b) für die Zeit vorn 11. Mai 1980 bis 31. Januar 1981 in Höhe von 107,50 DM,</p>
<p>c) für die Zeit ab 1. Februar 1981 in Höhe von 102,50 DM</p>
<p>zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung der Kläger werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger je 1/5 und der Beklagte 3/5.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind die Kinder des Beklagten aus dessen am 25. August 1967 geschlossener Ehe mit H. I. geborene T.. Seit Sommer 1979 leben der Beklagte und seine Ehefrau getrennt, nachdem diese damals die eheliche Wohnung verlassen hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kläger befinden sich in der Schulausbildung und leben seit der Trennung ihrer Eltern, zwischen denen inzwischen ein Scheidungsverfahren anhängig ist, im Haushalt ihrer Mutter, die das Kindergeld für die Kläger bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist bei der Firma Q. GmbH in L. erwerbstätig. Er erzielt ferner Einnahmen aus mehreren ihm gehörigen Hausgrundstücken und Eigentumswohnungen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Bisher zahlt der Beklagte als Unterhalt für die Kläger an deren Mutter einen monatlichen Betrag von je 220,-- DM, insgesamt also 440,-- DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden Klage wird der Beklagte auf zusätzliche Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit der Behauptung, der Beklagte verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von 3.500,-- DM, hat zunächst die Mutter der Kläger im eigenen Namen Klage erhoben mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an sie mit Wirkung von Januar 1980 als gesetzlichen Unterhalt für die Kläger über den freiwillig gezahlten Betrag von 2 x 220,-- DM = 440,-- DM weitere 225,-- DM monatlich, insgesamt also 665,-- DM monatlich, zu zahlen, und zwar die rückständigen Beträge sofort und die zukünftigen monatlich im voraus bis zum 3. eines jeden Monats.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat geltend gemacht, sein verfügbares monatliches Einkommen liege unter 2.000,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch das hiermit in Bezug genommene Urteil vom 10. Juli 1980 hat das Amtsgericht den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Mutter der Kläger folgende monatliche Unterhaltsrenten zu zahlen:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1) Für den Kläger zu 1) über den freiwillig gezahlten Betrag von 220,-- DM monatlich hinaus einen weiteren Betrag von 107,50 DM monatlich, insgesamt mithin 327,50 DM monatlich,und zwar ab 1. Februar 1980;</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2) für den Kläger zu 2) über den freiwillig gezahlten Betrag von 220,-- DM monatlich hinaus </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a) für die Zeit ab 1. Februar 1980 bis 10. Mai 1980 42,50 DM, insgesamt also 262,50 DM,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">b) für die Zeit ab 11. Mai 1980 107,50 DM, insgesamt also 327,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses - ihm am 14. Juli 1980 zugestellte - Urteil hat der Beklagte am 11. August 1980 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11. Oktober 1980 am 23. September 1980 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In der Berufungsinstanz sind die Kläger an Stelle ihrer Mutter, welche ihre Klage im Einverständnis mit dem Beklagten zurückgenommen hat, als klagende Parteien aufgetreten. Diesem Parteiwechsel hat der Beklagte zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte im wesentlichen vor, daß das Amtsgericht sein monatliches Nettoeinkommen viel zu hoch veranschlagt habe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils nach den Schluß anträgen des Beklagten in erster Instanz zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sie haben Anschlußberufung eingelegt mit dem Antrag, 1) an den Kläger zu 1) über den freiwillig gezahlten Betrag von 220,-- DM monatlich hinaus einen weiteren Betrag von</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">172,50 DM monatlich, insgesamt also 392,50 DM monatlich, seit dem 1. November 1980, rückständige Beträge sofort,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">2) an den Kläger zu 2) über den freiwillig gezahlten Betrag von 220,-- DM monatlich hinaus einen weiteren Betrag von 172,50 DM monatlich, insgesamt also 392,50 DM monatlich, seit dem 1. November 1980, rückständige Beträge sofort,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kläger machen geltend, der Beklagte verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 3.800,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt weiter,</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">die Anschlußberufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Urkunden verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Mutter der Kläger und den Beklagten angehört Hinsichtlich ihrer Erklärungen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. November 1980 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Beklagten sowie das als unselbständige Anschlußberufung zu wertende Rechtsmittel der Kläger sind an sich statthaft, auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst konnte nur die Berufung des Beklagten in Höhe eines geringen Teilbetrages Erfolg haben, während die Anschlußberufung der Kläger in vollem Umfang zurückgewiesen werden mußte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die nunmehr von den Klägern im eigenen Namen erhobene Klage ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht die Vorschrift in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB entgegen. Die dort einem Elternteil eingeräumte Prozeßführungsbefugnis gilt nur für den - hier nicht gegebenen - Fall, daß die Unterhaltsansprüche von Kindern als Folgesache einer Scheidungssache (§ 623 ZPO) geltend gemacht werden. Das folgt aus dem Zusammenhang der Vorschriften in § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB einerseits und in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB andererseits sowie aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften. Die Vorschrift in § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB regelt allein die gesetzliche Vertretungsmacht und berechtigt einen Elternteil lediglich dazu, Unterhaltsansprüche des Kindes in dessen Namen geltend zu machen. Das ergibt sich daraus, daß die Regelung in § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB inhaltlich mit der in § 1629 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB a.F. übereinstimmt, die anerkanntermaßen nur die Vertretungsbefugnis betraf (vgl. BGH</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">in NJW 1965/394). Die Regelung, daß das Kind bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gegenüber einem Elternteil von dem anderen Elternteil vertreten wird, entspricht dem Grundsatz, daß jeder seine Ansprüche im eigenen Namen geltend machen muß. Dieser Grundsatz wird durch die eng auszulegende Ausnahmevorschrift</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">in § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB nur für den Fall durchbrochen, daß die Unterhaltsansprüche des Kindes als Folgesache im Rahmen des Scheidungsverfahrens seiner Eltern geltend gemacht werden. Das folgt aus dem Zweck dieser Vorschrift, die lediglich</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">verhindern soll, daß das Kind sich als Partei am Scheidungsverfahren seiner Eltern beteiligen muß (vgl. BT-Drucksache 7/650 Seite 174 - 176 und BT-Drucksache 7/4361 Seite 51, inhaltlich wiedergegeben in Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch, 1.<b> </b>EheRG, bei</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">§ 1629). Werden die Unterhaltsansprüche von Kindern - wie hier - außerhalb des Scheidungsverfahrens ihrer Eltern geltend gemacht, so besteht kein Anlaß, dem vertretungsberechtigten Elternteil ein Prozeßführungsrecht zuzubilligen (vgl. den Beschluß des Senates vom 29. September 1980 - 21 WF 168/80; ebenso OLG Bamberg in FamRZ 1979/1059). Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage ergeben sich auch nicht daraus, daß die Kläger als solche erstmals im Berufungsverfahren aufgetreten sind, und zwar an Stelle ihrer bis dahin im eigenen Namen klagenden Mutter. In diesem Parteiwechsel liegt zwar eine Klageänderung, die jedoch zulässig ist, weil der Beklagte ihr ausdrücklich zugestimmt hat.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist die Klage begründet, im übrigen ist sie unbegründet und mußte abgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Beide Kläger können von dem Beklagten als ihrem Vater Unterhalt durch Zahlung einer Rente verlangen. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Das folgt dem Grunde nach aus den Vorschriften in §§ 1601 ff. BGB. Beide Kläger befinden sich noch in der Schulausbildung, verfügen unstreitig über keinerlei eigene Einkünfte und sind daher in vollem Umfang unterhaltsbedürftig. Gegen die dahingehenden</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Feststellungen in dem angefochtenen Urteil hat der Beklagte auch mit seiner Berufung keine Einwendungen erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Was die Höhe der hiernach bestehenden Unterhaltsansprüche der Kläger angeht, so richtet sich diese nach den Sätzen der sogenannten Düsseldorfer Tabelle nach dem Stande vom 1.<b> </b>Januar 1980 (abgedruckt in NJW 1980/107), die in Anlehnung an die mit Wirkung vom 1.<b> </b>Janauar 1980 erhöhten Sätze der Verordnung zur Berechnung des Regelunterhalts die seit dem 1. November 1976 eingetretene Steigerung der Lebenshaltungskosten angemessen berücksichtigt und von der der Senat nunmehr bei der Bemessung des Unterhalts minderjähriger ehelicher Kinder für die Zeit ab 1. Januar 1980 ausgeht.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Nach dieser Tabelle fällt der Beklagte in die 5. Einkommensgruppe, weil sein maßgebendes monatliches Nettoeinkommen zwischen 3.100,-- DM und 3.800,-- DM liegt. Für die hier interessierende Zeit ab 1.<b> </b>Februar 1980 stehen den Klägern daher unter Berücksichtigung ihres Alters und bei der gebotenen hälftigen Anrechnung des an ihre Mutter gezahlten Kindergeldes (vgl. BGH in FamRZ 1978/177; RdNr. 3.1 der Kölner Unterhaltsrichtlinien) sowie unter Abzug der freiwilligen Unterhalts zahlungen des Beklagten folgende Restbeträge zu:</p>
<br /><span class="absatzRechts">48</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top">Tabellensatz</td>
<td valign="top">½ Kindergeld</td>
<td valign="top">Rente</td>
<td valign="top">Zahlung Beklagter</td>
<td valign="top">Rest</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top"><u>Kläger zu 1)</u>
1.2.80-31.1.81
ab 1.2.1981</td>
<td valign="top">
365,--
365,--</td>
<td valign="top">
37,50
42,50</td>
<td valign="top">
327,50
322,50</td>
<td valign="top">
220,--
220,--</td>
<td valign="top">
107,50
102,50</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top"><u>Kläger zu 2)</u>
1.2.80-10.5.80
11.5.-31.1.1981
ab 1.2.1981</td>
<td valign="top">
300,--
365,--
365,--</td>
<td valign="top">
37,50
37,50
37,50</td>
<td valign="top">
262,50
327,50
327,50</td>
<td valign="top">
220,--
220,--
220,--</td>
<td valign="top">
42,50
107,50
102,50</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die jeweils anzurechnenden Kindergeldbeträge ergeben sich aus folgender Übersicht:</p>
<br /><span class="absatzRechts">50</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top"><u>bis 31.1.1981</u></td>
<td valign="top"><u>ab 1.2.1981</u></td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Kläger zu 1)
Kläger zu 2)
Anzurechnen je ¼)</td>
<td valign="top"> 50,--
<u>100,--</u>
<u>150,--</u>
<u> 37,50</u></td>
<td valign="top"> 50,--
<u>120,--</u>
<u>170,--</u>
<u> 42,50</u></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Das für die Bemessung der Unterhaltsansprüche der Kläger maßgebende monatliche Nettoeinkommen des Beklagten (unterhaltspflichtiges Monatseinkommen) hat der Senat wie dolgt ermittelt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">52</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top"><u>1980</u></td>
<td valign="top"><u>1981</u></td>
</tr>
<tr>
<td valign="top"> I) Arbeitslohn
II) Mehrwert der privaten Kfz-Nutzung
III) Einkommen aus Spesen
IV) Einkommen aus Vermietung
V) Einkommen aus Zigarettenautomat
Gesamt</td>
<td valign="top">2.502,--
62,--
80,--
655,--
<u> 15,--</u>
<u>3.314,--</u></td>
<td valign="top">2.580,--
62,--
80,--
655,--
<u> 15,--</u>
<u>3.392,--</u></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Zu I)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Der durchschnittliche monatliche Arbeitslohn des Beklagten errechnet sich aufgrund der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen im einzelnen wie folgt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">55</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top"><u>1980</u></td>
<td valign="top"><u>1981</u></td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">1) Jahresarbeitslohn, brutto
2) ./. Einkommensteuer
Kirchensteuer (9 %)
3) ./. AN-Anteile Sozialversicherungen:
Rentenversicherung
Arbeitslosenversicherung
4) ./. Krankenversicherung:
12 x 360,- DM Monatsbeitrag 4.320,-
./.12 x 180,- DM AG-Anteil <u>2.160,--</u>
Jahresarbeitslohn, netto
Monatsarbeitslohn, netto (: 12) rd.
. /. VL-Arbeitgeberanteil
</td>
<td valign="top">52.793,--
13.769,--
1.239,21
4.401,04
733,54
<u> 2.160,--</u>
<u>30.490,21</u>
2.541,--
<u> 39,--</u>
2.502,--
<b>========</b>
</td>
<td valign="top">53.198,80
13.090,--
1.178,10
4.592,09
744,71
<u> 2.160,--</u>
<u>31.433,90</u>
2.619,--
<u> 39,--</u>
2.580,--
<b>========</b>
</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">1) Der Jahresarbeitslohn (brutto) einschließlich der vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitsgebers (39,-- DM monatlich) und einschließlich des Sachbezuges der privaten Kfz-Nutzung (188,40 DM monatlich) errechnet sich wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><u>1980</u></p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">2 Monate x 3.888,40 7.776,--</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">10 Monate x 4.090,40 40.904,--</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Urlaubsgeld (wie 1979) 250,--</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Weihnachtsgeld (wie 1979: 13. Gehalt) <u> 3.793,--</u></p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><b> </b>52.793,--</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:283px"><b>=======</b></p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><u>1981</u></p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">12 Monate x 4.090,40 49.984,80</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Urlaubsgeld (wie 1980) 250,--</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Weihnachtsgeld (wie 1980) <u> 3.863,--</u></p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:283px">53.197,80</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:283px"><b>========</b></p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">2) Die auf dem Arbeitslohn lastende Einkommensteuer hat der Senat wie folgt ermittelt:</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks"><u> 1980 1981 </u></p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Jahresarbeitslohn, brutto 52.793,-- 53.199,--</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">./. Freibeträge gemäß</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">§ 19 Abs. 3 EStG 600,-- 600,--</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG ca. 1.240,-- 1.170,--</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">§ 33a Abs. 1a EStG <u>1.200,--</u> <u> 1.200,--</u></p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">steuerpflichtiger Jahresarbeitslohn <u>49.753,--</u> <u>50.229,--</u></p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Einkommensteuer gemäß Jahreslohn-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">steuertabelle, Steuerkl. I 13.769,-- 13.090,--</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px"><b>======= =======</b></p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">3) Die Arbeitsnehmer-Anteile zu den Sozialversicherungen ( 1980: RV = 9 %, A V = 1, 5 %,<i> </i>1981: RV = 9, 2 5 %, A V = 1, 5 %) errechnen sich aufgrund der monatlichen Bruttobezüge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenzen (1980: 4.200,-- DM; 1981: 4.400,-- DM) wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"><u>1980</u></p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:248px"><u>RV AV</u></p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">2 Monate zu 3.888,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">2 x 349,96 DM 699,92 699,92</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">2 x 58,33 DM 116,66 116,66</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">8 Monate zu 4.090,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">8 x 368,14 DM 2.945,12 2.954,12</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">8 x 61 ,36 DM 490,88 490,88</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">2 Monate zu mehr als 4.200,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">2 x 378,-- DM 756,-- 756,-- </p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">2 x 63,-- DM 126,-- <u> 126,--</u></p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px">4.401,04 733,54</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px"><b>======= ======</b></p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks"><u>1981</u></p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">10 Monate zu 4.090,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">10 x 378,36 DM 3.783,60 3.783,60</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">10 x 61 ,36 DM 613,60 613,60</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">1 Monat zu 4.340,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">1 x 401,49 DM 401,49 401,49 </p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">1 x 65,11 DM 65,11 65,11</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">1 Monat zu mehr als 4.400,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">1 x 407,-- DM 407,--</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">1 x 66,-- DM <u> 66,--</u></p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px">4.592,09 744,71</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px"><b>======== ======</b></p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">4) Daß der Beklagte einen monatlichen Krankenkassenbeitrag von 360,-- DM zu zahlen hat und dafür von seiner Arbeitgeber in deren Anteil von 180,-- DM monatlich ausgezahlt</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">erhält, ist unstreitig. </p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks"><u>Zu II)</u></p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Unstreitig wird dem Beklagten von seiner Arbeitgeberin ein PKW zur privaten Nutzung kostenlos zur Verfügung gestellt. Der darin liegende geldwerte Vorteil ist als zusätzliches unterhaltspflichtiges Einkommen des Beklagten anzusetzen, und zwar mit dem Betrag, den der Beklagte für die Haltung eines eigenen PKW's aufwenden müßte. Diesen Betrag schätzt der Senat auf 250,-- DM monatlich. Hiervon ist ein Teilbetrag von 188,40 DM monatlich rechnerisch bereits in dem Arbeitslohn des Beklagten enthalten,</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">so daß sich noch ein Mehrwert von rd. 62,-- DM monatlich ergibt. </p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><u>Zu III)</u></p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus dem Vorbringen des Beklagten und den von ihm hierzu vorgelegten Abrechnungen ergibt, bezieht der Beklagte nach wie vor Spesengelder, und zwar in Höhe von durchschnittlich rd. 160,-- DM monatlich. Die Hälfte hiervon ist als zusätzliches</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Einkommen anzusetzen, weil der Beklagte insoweit nicht nachgewiesen hat, daß diesen Spesengeldern tatsächlich Aufwendungen in gleicher Höhe gegenüberstehen (vgl. RdNr. 12.1 der Kölner Unterhaltsrichtlinien) .</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks"><u>Zu IV</u></p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Das unterhaltspflichtige Einkommen des Beklagten aus Vermietung hat der Senat anhand der hierzu vorgelegten Urkunden wie folgt ermittelt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">117</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="1">
<tr>
<td valign="top"></td>
<td valign="top">L. 90
C.</td>
<td valign="top">L. 80
S.</td>
<td valign="top">M.
W.</td>
</tr>
<tr>
<td valign="top">Mieteinnahmen
Nutzungswert der eigenen
Wohnung
. /. Ausgaben:
Zinsen
Instandhaltung u.ä.
Grundsteuer u.ä.
Hausbeleuchtung
Versicherungen
Wohngeld
= Überschuß
. /. Tilgungen
= verbleibender Überschuß
</td>
<td valign="top">13.428
3.000
3.336
2.000
988
38
245
9.821
3.278
6.543
</td>
<td valign="top">3.480
1.352
6
487
1.635
313
1.322
</td>
<td valign="top">4.620
2.114
562
1.944
2.215
0</td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Hieraus errechnet sich ein jährlicher Überschuß vom 7.865,-- DM (6.543,-- DM + 1.322,-- DM), was monatlich rd. 655,-- DM ausmacht. </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Erfolglos wendet sich der Beklagte gegen den Ansatz eines Nutzungswertes der von ihm selbst genutzten Wohnung im Hause L. , C.. Der Beklagte verkennt, daß das Wohnen im eigenen Hause einen geldwerten Vorteil darstellt, der nicht nur bei der Ermittlung des steuerspflichtigen Einkommens (§ 21 Abs. 2 EStG), sondern auch bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners (§ 1603 BGB) in Ansatz gebracht werden muß. Vermietet ein Unterhaltsschuldner eine Wohnung in seinem eigenen Hause und wohnt selbst zur Miete, so schuldet er Unterhalt auch nach Maßgabe seiner Mieteinnahmen, während er seine eigene Miete wie alle anderen Aufwendungen seiner Lebensführung dem Unterhaltsgläubiger nicht entgegenhalten kann, sondern aus seinem Selbstbehalt bestreiten muß. Nichts anderes kann gelten, wenn der Unterhaltsschuldner - wie hier der Beklagte - im eigenen Hause wohnt und so einerseits seine Mieteinnahmen verkürzt, andererseits aber die eigene Miete spart. Den Nutzungswert der von dem Beklagten selbst genutzten Wohnung schätzt der Senat im Blick auf die von anderen Mietern im Hause Bergerstraße gezahlten Mieten auf 250,-- DM monatlich. Dabei ist bereits angemessen berücksichtigt, daß sich die in Rede stehende Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">derzeit noch in einem teilweise mangelhaften Zustand befindet.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Die für das Haus C. im Jahresdurchschnitt anfallenden Aufwendungen für Instandhaltung u.ä. schätzt der Senat auf 2.000,-- DM. Grundlage für diese Schätzung ist der Umstand, daß im Jahre 1979 Instandhaltungsaufwendungen von 3.295,-- DM entstanden</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">sind, während im Jahre 1980 lediglich ein Fenster erneuert werden mußte und demnächst ein Anstrich aller Fenster ansteht. überhaupt müssen die mit 655,-- DM monatlich veranschlagten Einkünfte des Beklagten aus Vermietung als Durchschnittswert für mehrere Jahre verstanden werden. Weil das Einkommen eines Unterhaltsschuldners mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfahrungsgemäß nicht nur von Monat zu Monat, sondern auch von Jahr zu Jahr nicht unerheblich schwankt, muß die für die Bemessung von Unterhaltsansprüchen maßgebende Leistungsfähigkeit eines solchen Unterhaltsschuldners nach seinem über einen längeren Zeitraum im Durchschnitt nachhaltig erzielbaren Einkommen bestimmt werden. Daraus folgt im Interesse des Unterhaltsgläubigers an kontinuierlichen Unterhaltsleistungen zweierlei: Zum einen kann ein Unterhaltsschuldner mit schwankenden Einkünften in schlechten Zeiten nicht ohne weiteres eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtungen verlangen, vielmehr muß er sich darauf verweisen lassen, in guten Zeiten Rücklagen zu bilden; zum anderen kann der Unterhaltsgläubiger in Zeiten mit einem überdurchschnittlichen Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht ohne weiteres eine Erhöhung der Unterhaltsleistungen</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">verlangen, sondern muß dem Unterhaltsschuldner Gelegenheit zur Rücklagenbildung geben.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils mußten im ,übrigen die von dem Beklagten geltend gemachten Afa-Beträge außer Ansatz bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Andererseits sind die Tilgungen der Hypothekendarlehen teilweise einkommensmindernd zu berücksichtigen. Allerdings stellt die Tilgung von Schulden aus Einkommen eine Vermögensbildung dar, die ein Unterhaltsschuldner grundsätzlich nicht auf Kosten seiner Unterhaltsgläubiger betreiben darf. Der Grundsatz, daß Unterhaltsansprüche nicht dadurch beeinträchtigt werden dürfen, daß der Unterhaltsschuldner sein Einkommen für eine Vermögensbildung verwendet (vgl. OLG Koblenz in FamRZ 1977/68, 69), kann im vorliegenden Fall nicht durchgreifen. Hier hat der Beklagte unter Einsatz von Fremdkapital mehrere Mietobjekte erworben und sich auf diese Weise zuzätzliche Einkommensquellen überhaupt erst geschaffen. Angesichts dessen kann es dem Beklagten nicht verwehrt werden, das aufgenommene Fremdkapital insoweit auch zu Lasten der Kläger zu tilgen, als die Einkünfte aus den mit dem Fremdkapital geschaffenen zusätzlichen Einkommensquellen dazu ausreichen. Denn ohne die Aufnahme von Darlehen hätte der Beklagte die Mietobjekte nicht erwerben können, und ohne die Mietobjekte</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">hätte der Beklagte kein zusätzliches Einkommen, an dem die Kläger in Gestalt erhöhter Unterhaltsansprüche partizipieren könnten.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Was schließlich das Objekt U.-J. angeht, so kann der Beklagte die mit diesem - offenbar sanierungsbedürftigen - Objekt gegenwärtig verbundenen nachhaltigen Verluste nicht einkommensmindernd geltend machen, weil das wirtschaftlich auf ein Vermögensbildung zu Lasten der Kläger hinauslaufen würde. Daraus folgt andererseits, daß sich der Beklagte, soweit er das Objekt J. selbst nutzt, auch keinen Nutzungswert zurechnen</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">lassen muß. Das gilt übrigens auch für die Steuerersparnis des Beklagten, soweit sie darauf beruht, daß der Beklagte im Rahmen seiner Veranlagung zur Einkommensteuer negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann. Denn Steuervergünstigungen für den Unterhaltsschuldner aufgrund von Aufwendungen, die der Unterhaltsschuldner einerseits dem Unterhaltsgläubiger nicht entgegenhalten kann und die deshalb vom unterhaltspflichtigen Einkommen nicht in Abzug gebracht werden dürfen, können andererseits nicht zu einer Erhöhung des unterhaltspflichtigen Einkommens führen.</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks"><u>Zu V</u></p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Daß der Beklagte aus einem Zigarettenautomaten monatliche Einkünfte von 15,-- DM erwirtschaftet, ist unstreitig.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Nach all dem war in der Hauptsache wie geschehen zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Streitwert des Berufungsverfahrens: 2.070,-- DM (12 x 107,50 DM = 1.290,-- DM Berufung + 12 x 65,-- DM = 780,-- DM Anschlußberufung.</p>
|
315,894 | olgham-1981-01-16-2-wf-1481 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 WF 14/81 | 1981-01-16T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:46 | 2019-03-27T09:41:56 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0116.2WF14.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen.</p>
<p>Beschwerdewert: 5.818,- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind, durch Urteil des Senats vom 11.11.1977 (rechtskräftig) geschieden worden. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Klage auf Zahlung von Zugewinnausgleich in. Höhe von 62.459,75 DM erhoben. Durch den angefochtenen Beschluß, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht nach mündlicher Verhandlung im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 621 f ZPO dem Beklagten aufgegeben, an die Klägerin für dieses Verfahren einen Prozeßkostenvorschuß von 5.818,- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde des Beklagten hiergegen ist unzulässig, weil Entscheidungen der vorliegenden Art gemäß § 621 f II ZPO unanfechtbar sind. Ob in den Fällen etwas anderes gilt, in denen die beanstandete Entscheidung geglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt (vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, 39. Aufl., § 620 c Anm. 2 b; OLG Hamm, 6. FamS, FamRZ 1979, 316 = NJW 1979, 988), kann auf sich beruhen; denn das ist hier nicht der Fall. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch dem <u>geschiedenen</u> Ehegatten die Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses aufgegeben werden, vorausgesetzt, daß er - wie im vorliegenden Fall der Beklagte - gemäß §§ 1569 ff. BGB zum Unterhalt verpflichtet ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bereits in seinem Beschluß vom 09.02.1978 - 2 WF 204/77 (Leitsatz in FamRZ 1979, 43) - die Auffassung vertreten, daß der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß Teil des Unterhaltsanspruchs ist und als solcher auch für die Geltendmachung nachehelicher Unterhaltsansprüche zu bejahen ist. Er hat sich hierbei mit der entgegenstehenden Meinung auseinandergesetzt und dargelegt, daß aus § 1360 a IV BGB nicht der Umkehrschluß gezogen werden kann, daß der Gesetzgeber die Prozeßkostenvorschußpflicht nach der Auflösung der Ehe habe ausschließen wollen. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser seiner Rechtsprechung abzuweichen (ebenso 3. FamS, Beschluß vom 25.7.1978 in 3 WT 357/78; vgl. ferner Palandt-Diederichsen, BGB, 40. Aufl., § 1360 a Anm. 3 b aa, mit umfangreichen Nachweisen, auch über die Gegenansicht). Er ist der Ansicht, daß der Prozeßkostenvorschuß nicht nur für Unterhaltsprozesse verlangt werden kann, sondern auch für Zugewinnausgleichprozesse.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach § 1360 a IV BGB, der für die Prozeßkostenvorschußpflicht bei bestehender Ehe gilt, muß es sich um einen Rechtsstreit handeln, der eine "persönliche Angelegenheit" betrifft. Das Gleiche muß gelten, wenn der <u>geschiedene</u> Ehegatte auf einen Prozeßkostenvorschuß in Anspruch genommen wird. Geht man davon aus, daß die Prozeßkostenvorschußpflicht - und zwar auch bei bestehender Ehe - einen Teil der Unterhaltspflicht darstellt, so erscheint es sachgerecht, die in § 1360 a IV BGB zum Ausdruck gelangte Wertung auch bei der Prozeßkostenvorschußpflicht des geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Zu den "persönlichen Angelegenheiten" sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 31, 384 = FamRZ 1960, 130 = NJW 1960, 765) auf jeden Fall solche auf vermögenswerte Leistungen gerichtete Ansprüche zu zählen, die ihre Wurzel in der ehelichen Lebensgemeinschaft haben. Daß das für Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht zutrifft, die sogar im Verbund mit der Scheidungssache geltend gemacht werden können (§§ 621 I Nr. 8, 623 ZPO), bedarf keiner weiteren Darlegung. Die Vorschußpflicht gilt deshalb auch für Zugewinnausgleichsansprüche, zumindest für solche unter den Parteien (weitergehend OLG Düsseldorf, FamRZ 1975, 102, und Palandt-Diederichsen, § 1360 a Anm. 3 b dd, die auch eine Vorschußpflicht des zweiten Ehemannes für eine Ausgleichsklage der Frau gegen den ersten Ehemann bejahen; wie hier OLG Celle, FamRZ 1978, 783, und Münchener Kommentar/Wacke, § 1360 a Rz. 28, beide auch für Vorschußpflicht des geschiedenen Ehegatten; anders, zumindest zweifelnd Holland, 1. EheRG, § 1360 a BGB Rz. 38).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist deshalb zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
|
315,895 | lg-dortmund-1981-01-15-8-o-38277 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 382/77 | 1981-01-15T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:48 | 2019-03-27T09:41:56 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1981:0115.8O382.77.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>In Höhe von 2.450.—DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tat b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat mit der am 16.12.1977 eingegangenen und</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">am 4. Februar 1978 zugestellten Klage den Pflichtteilsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">gegen den Beklagten geltend gemacht. Der</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Beklagte ist der Sohn des Erblassers aus erster Ehe und von</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">diesem durch Testament zum alleinigen Erben eingesetzt. Die</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Klägerin ist die zweite Ehefrau des Erblassers.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Testament wurde am 06.10.1975 eröffnet. Die Klägerin hat</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">das ihr danach zustehende Vermächtnis ausgeschlagen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hatte bereits vor Erhebung der Klage der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">insgesamt 78.000,- DM auf den Pflichtteil gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 23.06.1980 ändert die Klägerin den Klagegrund</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">und stützt den Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zunächst hatten die Parteien über den Wert des Nachlasses gestritten,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">insbesondere über den Wert von Grundstücken. Seit der</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs durch die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">streiten die Parteien außerdem über das Anfangsvermögen</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">des Erblassers sowie darüber, mit welchen Mitteln Verbindlichkeiten</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">während der Dauer der Ehe getilgt worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die Schriftsätze</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">51.656,23 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.08.1977</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beruft sich darauf, daß der Anspruch der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">auf Zugewinnausgleich verjährt sei.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klage war abzuweisen, weil der Pflichtteilsanspruch der</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Klägerin erfüllt ist und der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht nach der Ausschlagung des Vermächtnisses als</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Pflichtteilsanspruch 1/8 vom Wert des Nachlasses zu. Dieser</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">beträgt nach ihrem eigenen Vortrag 553.566,95 DM, so daß nach</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">der Zahlung von 78.000,-- DM durch den Beklagten an die Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">der Pflichtteilsanspruch erfüllt ist.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Gegenüber dem mit der zulässigen Klageänderung geltend gemachten</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Zugewinnausgleichsanspruch hat sich der Beklagte mit Erfolg auf</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Verjährung berufen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Klägerin auf Zugewinnausgleich ist nach den</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">§§ 1378 Abs. 4 i.V.m. 2332 BGB 3 Jahre nach der Eröffnung des</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Testaments vom Oktober 1975 verjährt, d.h. im Oktober 1978.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs ist nicht nach</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">§ 209 BGB durch die Erhebung der Klage unterbrochen worden, weil</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">mit der Klage ein anderer Anspruch geltend gemacht worden ist,</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">nämlich der Anspruch auf Zahlung des Pflichtteils.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die klageweise Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">unterbricht nicht die Verjährung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich,</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">weil es sich um zwei verschiedenartige Ansprüche aus</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">unterschiedlichem Rechtsgrund handelt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Der Pflichtteilsanspruch ist ein erbrechtlicher Anspruch, während</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">der Zugewinnausgleichsanspruch aus dem Familienrecht stammt.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Zwar gibt es Berührungspunkte zwischen beiden Ansprüchen, wie</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">sich aus den §§ 1371 und 1378 Abs. 4 BGB ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Diese Berührungspunkte reichen jedoch nicht aus, um eine Unterbrechung</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">der Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs durch</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">die klageweise Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs anzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Bei der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs steht in der</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Regel der Streit um den Wert des Nachlasses im Mittelpunkt.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Bei einem Rechtsstreit um den Zugewinnausgleich geht es darüberhinaus</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">um das Anfangsvermögen des Erblassers sowie um die Frage,</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">ob der überlebende Ehegatte seinerseits einen Zugewinn hat.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Geltendmachung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich ist auch</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">unabhängig von der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs. Es</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">liegt deshalb keine Konstellation vor, die mit der Regelung in</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">den §§ 477 Abs. 3, 639 BGB vergleichbar wäre.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Zwar finden beide Ansprüche ihren Ausgang im Tod des Erblassers Ehegatten</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">und diesem Umstand hat § 1378 Abs. 4 BGB Rechnung getragen,</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">indem der Beginn der Verjährung beider Ansprüche aufeinander</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">abgestimmt wird. Im übrigen aber bleibt es dabei, daß es</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">sich um verschiedenartige Ansprüche aus unterschiedlichem Rechtsgrund</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">handelt, die unabhängig voneinander geltend zu machen sind.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Deshalb hat die Erhebung der Klage auf Zahlung des Pflichtteils</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruches nicht unterbrochen.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der Zugewinnausgleichsanspruch ist erstmals mit dem</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Schriftsatz der Klägerin vom 23.06.1980 geltend gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Zeitpunkt war die drei jährige Verjährungsfrist seit</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">der Eröffnung des Testaments im Oktober 1975 abgelaufen.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">auf den §§ 708 Ziff. 11, 709 ZPO.</p>
|
315,896 | olgk-1981-01-15-21-uf-22380 | {
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} | 21 UF 223/80 | 1981-01-15T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:49 | 2019-03-27T09:41:56 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1981:0115.21UF223.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufungen der Antragstellerin und des Antragsgegners wird unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im übrigen das am 18. Juni 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Köln - 305 ( 302) F 119/77 - teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Der Antragsgegner wird unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Antragstellerin folgende Unterhaltsrenten zu zahlen:</p>
<p></p>
<p>a) für die Zeit vom 15. bis 31. Januar 1981 einen Betrag von 432,--DM;</p>
<p></p>
<p>b) für die Zeit vom 1. Februar 1981 bis einschl. 28. Februar 1982 monatlich jeweils</p>
<p>788,--DM;</p>
<p></p>
<p>c) für die Zeit ab 1. März 1982 monatlich jeweils 853,--DM.</p>
<p></p>
<p>Der für die Zeit vom 15.1. bis zum 31.1.1981 fällige Betrag von 432,--DM ist sofort zahlbar; die ab Februar 1981 fällig werdenden Beträge sind zahlbar zum 1. eines jeden Monats im voraus.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden zu 1/8 der Antragstellerin und 7/8 dem Antragsgegner auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe stammt die am 30.9.1961 geborene Tochter B.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat im Jahre 1977 vor dem Landgericht Köln gegen den Antragsgegner Ehescheidungsklage erhoben. Der Rechtsstreit ist mit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">zur Reform des Ehe- und Familienrechts an das hierdurch zuständig gewordene Familiengericht Köln abgegeben worden. Teils im Wege des sogenannten Zwangsverbundes und teils aufgrund entsprechender Anträge der Antragstellerin wurden etliche Scheidungsfolgesachen anhängig. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. 9. 1979 hat das Familiengericht zwei dieser Folgesachen - Durchführung des Versorgungsausgleiches und das die nachehelichen Unterhaltsansprüche der Antragstellerin betreffende Verfahren - mit Zustimmung der</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Parteien abgetrennt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ferner haben die Parteien in diesem Termin für den Fall der Scheidung ihrer Ehe einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">"1. Der Antragsgegner zahlt ab 1.11.1979 an das Kind B. zu Händen der Antragstellerin Unterhalt nach der Kölner Tabelle bzw. einer an deren Stelle tretenden Tabelle, derzeit einen monatlichen Betrag von 404,--DM, wobei die Parteien einig sind, daß der Antragsgegner das Kindergeld weiterhin bezieht.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">2. Der Antragsgegner zahlt ab 1. 11. 1979 an die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens UE einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 925,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">3. ... ".</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat die Ehe der Parteien durch das am 26.9.1979 verkündete Urteil - 305 ( 302 ) F 119/77 - geschieden. Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem die Parteien im unmittelbaren Anschluß an seine Verkündung auf Rechtsmittel, Anschlußrechtsmittel und einen Antrag gemäß § 629 c ZPO verzichtet haben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit hat die Antragstellerin gegen den Antragsgegner auf Ausgleichung des Zugewinns geklagt. Dieser Rechtsstreit ist gütlich beigelegt worden. . Der Antragsgegner hat sich gemäß Prozeßvergleich vom 11.6.1980 - 305 F 14/80 AG Köln - verpflichtet, zum</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ausgleich des Zugewinns an die Antragstellerin 2.500,--DM in monatlichen Raten von 15o,--DM, beginnend mit dem 1.7.1980 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bilden die nachehelichen Unterhaltsansprüche der Antragstellerin, die sie in Übereinstimmung mit der gemäß Vergleich vom 26.9.1979 getroffenen Übergangsregelung nur noch für die Zeit ab rechtskräftiger Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits gegen den Antragsgegner geltend macht.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Im wesentlichen liegt folgender Sach- und Streitstand zugrunde:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die jetzt 48jährige Antragstellerin hatte ihren erlernten Beruf als Krankenschwester seit der Heirat der Parteien nicht mehr ausgeübt, zumal wenige Monate nach der Eheschließung die Tochter B. geboren wurde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In den Jahren 1971 bis 1976 war sie als Teilzeitkraft ( Kassiererin und Verkäuferin ) bei der Firma T. AG - Lebenmittelmärkte - beschäftigt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Ihre tägliche Arbeitszeit schwankte zwischen vier und sechs Stunden; ihr monatliche Nettoeinkommen belief sich im Schnitt auf 7oo,--DM bis 8oo,--DM. In der Folgezeit will sie diese Tätigkeiten nur noch gelegentlich, aushilfs- und stundenweise ausgeübt haben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie könne aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr berufstätig sein. Der Antragsgegner sei aufgrund seines Einkommens in der Lage und verpflichtet, an sie monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von 962,--DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">den Antragsgegner zu verurteilen, an sie monatliche Unterl1altsrenten in Höhe</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">von 962,--DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin sei infolge ihrer uneingeschränkten Erwerbsfähigkeit nicht bedürftig und bereits aus diesem Grunde nicht unterhaltsberechtigt. Überdies sei er wegen beträchtlicher Verbindlichkeiten, die er mit monatlich wiederkehrenden Raten tilgen müsse, nicht leistungsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat Beweis darüber erhoben, ob und gegebenenfalls inwieweit die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen eine reguläre Erwerbstätigkeit ausüben kann, durch Einholung eines schriftlichen fachwissenschaftlichen Sachverständigengutachtens, mit dessen Erstattung die Medizinische Universitäts- Poliklinik in L. beauftragt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Zur weiteren Abklärung der Beweisfrage sind mehrere fachwissenschaftliche Zusatzgutachten erstattet worden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Hauptgutachtens der Medizinischen Universitäts- Poliklinik in L. vom 9.4.1980 - BI. 58 bis 68 - , des lungenfunktionsanalytischen Zusatzgutachtens der Medizinischen Universitätsklinik L. vom 26.3.1979 – BI. 76 bis 78 - , des röntgenologischen Zusatzgutachtens des Radiologischen Instituts und der Radiologischen Poliklinik der Universität Köln vom 9. 4. 1979 - BI. 70 bis 73 - , des elektro enzephalographischen Nebengutachtens der Universitäts - Nervenklinik</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">in L. vom 30.1.1980 - BI. 90, 91 - sowie des neurologischen Gutachtens der Universitäts- Nervenklinik in L. vom 11.2.1980 - BI. 79 bis 89- verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Durch das am 18. Juni 1980 verkündete Urteil hat das Familiengericht den Antragsgegner unter Klageabweisung im übrigen verurteilt, an die Antragstellerin ab Rechtskraft dieses Verfahrens bis einschließlich Juli 1981 monatliche Unterhaltsrenten von 600,--DM, für den Monat August 1981 eine solche von 702,--DM für die Monate September und Oktober 1981</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">solche von jeweils 771,--DM, für den Monat November 1981 eine solche von 792,--DM und für die Zeit ab Dezember 1981 monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von 834,--DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Zuerkennung der im einzelnen ausgeurteilten Beträge sei gemäß den §§ 1572, 1573, 1577 BGB sachlich gerechtfertigt. Die</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Antragstellerin sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aus gesundheitlichen Gründen in der Lage und verpflichtet, zur teilweisen Deckung ihres Lebensbedarfes, wie schon in den vergangenen Jahren weiterhin eine Halbtagstätigkeit als Verkäuferin auszuüben. Hierdurch könne sie monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 750,--DM erzielen.. Da ihr voller Unterhalt vermöge jener Einkünfte nicht gedeckt sei, müsse der Antragsgegner sie im übrigen alimentieren. Sein monatliches Nettoeinkommen belaufe sich einschließlich anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes auf 3.100<i> </i>DM. Hiervon seien etliche Ratenzahlungen abzusetzen, die er gemäß seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen zur Tilgung verschiedener Verbindlichkeiten aufbringen müsse. Wegen im einzelnen unterschiedlich langer Tilgungszeiträume dieser Verbindlichkeiten sei von unterschiedlich hoher Leistungsfähigkeit des Antragsgegners in der Zeit ab Rechtskraft des Urteils auszugehen, was seinen Niederschlag in den im einzelnen zu Gunsten der Antragstellerin in unterschiedlicher Höhe tenorierten Unterhaltsrenten gefunden habe.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihnen jeweils am 29. Juli 1980 zugestellte Urteil, dessen weiterer Inhalt hiermit in Bezug genommen wird, haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Berufung des Antragsgegners ist am 21. August 1980 bei Gericht eingegangen und am 17. September 1980 begründet worden. Die Berufung der Antragstellerin ist am 28. August 1980 bei Gericht eingegangen und am 11. November 1980 begründet worden, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis eben zu diesem Tage verlängert worden war.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner trägt vor, er habe durch ein Telefonat mit der Firma T. in Erfahrung gebracht, daß die Antragstellerin seit dem Spätsommer 1980 dort wieder regelmäßig tätig sei. Somit sei nicht von ihren fiktiven, durch Schätzung ermittelten Einkünften, sondern von ihrem wirklichen Verdienst auszugehen. Hierbei müsse berücksichtigt werden, daß sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der Lage und verpflichtet sei, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Hierdurch könne sie ihren angemessenen Lebensbedarf sicherstellen. Müsse, folglich die Klage schon mangels Bedürftigkeit der Antragstellerin abgewiesen werden, so komme hinzu, daß er nicht leistungsfähig sei. Denn zufolge vielfältiger anderweitiger</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Verbindlichkeiten verbleibe ihm nicht einmal sein notwendiger Selbstbehalt, wie folgende Aufstellung seiner monatlich wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen verdeutliche:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Unterhalt für die Tochter B. 404,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Beiträge zum Beamtenbund und</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">zum Sozialwerk 11,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Krankenversicherungsbeitrag 92,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Tilgung des ihm vom Arbeitsgeber in Höhe von </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">5.000 DM zinslos gewährten Gehaltsvorschusses 250,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Zahlung an das BHW 235,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Tilgungsrate PKW – Kredit 470,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Rückzahlung durch einen Krankenhausaufenthalt der</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Antragstellerin verursachter Kosten 150,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">ratenweise Tilgung der Rechtsanwaltskosten</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">aus dem Ehescheidungsverfahren 300,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">ratenweise Tilgung des Zugewinnausgleichsanspruchs</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">der Antragstellerin 150,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Ferner habe das Finanzamt L.- Süd gegen ihn für das Jahr 1979 eine Einkommenssteuernachforderung in Höhe von 5.726,19 DM, fällig zum 10.9.1980, erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid habe er Einspruch eingelegt. Das Finanzamt habe dessen Vollziehung bis zur Dauer eines Monats nach dem Erlaß der Entscheidung über den Einspruch ausgesetzt. Wenn der Einspruch erfolglos bleibe, müsse er die Steuernachforderung mit monatlichen Raten in Höhe von 150,--DM begleichen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Antragstellerin zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Schlußanträgen zu erkennen und die Berufung des Antragsgegners zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht habe das Familiengericht zu ihren Lasten fiktive Nettoeinkünfte in monatlicher Größenordnung von 750,--DM angesetzt. Es sei zwar richtig, daß sie inzwischen bei der Firma T. AG wieder eine zeitlich begrenzte Tätigkeit ausübe. Hierauf brauche sie sich jedoch gemessen an § 1574 BGB nicht verweisen zu lassen, zumal sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, wie in früheren Jahren als Teilzeitverkäuferin zu arbeiten. Der Antragsgegner sei leistungsfähig; sein monatliches Nettoeinkommen belaufe sich gegenwärtig auf mindestens 3.350,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 4.12.1980 angehört. Hierbei hat die Antragstellerin erklärt, sie habe entgegen ihren schriftsätzlichen Darlegungen im zweiten Rechtszuge im Sommer 1980 nur gelegentlich - stundenweise - bei der Firma T. ausgeholfen und nur kleine Beträge auf die Hand bekommen. Ihr Arbeitgeber habe ihr erklärt, eine weitergehende Tätigkeit sei nicht möglich.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird wegen des Ergebnisses der Anhörung der Parteien auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 4. 12. 1980 - BI. 230<i> </i>bis 232 - verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die Akten des Ehescheidungsrechtsstreits der Parteien nebst Folgesachen und die Akten des Zugewinnausgleichsverfahrens haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen; auf ihren Inhalt wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen ergänzend Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h ei d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Die zulässigen, gemäß den §§ 511, 511 a ZPO an sich statthaften und gemäß den §§ 516, 518, 519 ZPO frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufungen der Parteien haben in sachlicher Hinsicht nur teilweise Erfolg, während sie im übrigen nicht gerechtfertigt sind.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Vorab muß der Klageantrag der Antragstellerin ausgelegt werden. Im Tatbestand ist er wörtlich so wiedergegeben worden, wie er sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt. Demgegenüber hatte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 11.6.1980, aufgrund derer das angefochtene Urteil ergangen ist, ausweislieh des Sitzungsprotokolls die Zuerkennung monatlicher Unterhaltsrenten für die Zeit ab rechtskräftiger Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits und zwar unter Anrechnung der aus dem Vergleich geschuldeten Beträge beantragt. Beide, vorstehend wiedergegebene Fassungen</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">des Klageantrages sind korrekturbedürftig. Der Antragsgegner hat sich aufgrund des Vergleichs vom 26.9.1979 dazu verpflichtet, an die Antragstellerin ab 1.11.1979 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits monatliche Unterhaltsrenten in Höhe von 925,--DM zu zahlen. Demgemäß kann das nunmehrige Ziel der Antragstellerin nur darauf gerichtet sein, die Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt für die Zeit ab Rechtskraft des vorliegenden Rechtsstreits zu erreichen, wie es sich aus ihrem in der mündlichen Verhandlung vom 11<b>. </b>6. 1980 protokollierten, im Tatbestand des angefochtenen Urteils indessen nur unvollständig wiedergegebenen Antrage ergibt. Andererseits können auf</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">dieses Klagebegehren vom Antragsgegner gemäß dem Vergleich geschuldete Unterhaltsbeträge nicht abzüglich angerechnet werden, weil die zeitliche Geltungsdauer der von ihm</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">gemäß dem Vergleich geschuldeten Unterhaltsrenten mit der rechtskräftigen Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits automatisch erlischt. Folglich muß das nunmehrige</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Begehren der Antragstellerin dahin interpretiert werden, daß sie ab Rechtskraft des vorliegenden Rechtsstreits die Zuerkennung monatlicher Unterhaltsrenten in Höhe von 962, --DM verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Während das Familiengericht den Eintritt der Rechtskraft seiner Entscheidung und damit den Anfangszeitpunkt der vom Antragsgegner nunmehr gegenüber der Antragstellerin geschuldeten monatlichen Unterhaltsrenten notwendigerweise nicht festlegen konnte, ist das jetzt anders. Das Berufungsurteil wird mit seiner Verkündung rechtskräftig, weil der Senat die Revision nicht zugelassen hat und kein Fall zulassungsfreier Revision vorliegt ( vgl. Zöller - Scherübl, ZPO, 12. Aufl; § 705 Anm. IV 1 c ; Schneider in DRiZ 1977, 114 ). Folglich ergibt das Datum der Verkündung des Berufungsurteils - 15.1<b>.</b>1981 - den maßgeblichen Anfangszeitpunkt, wobei wiederum der Klageantrag der Antragsstellerin so zu verstehen ist, daß die von ihr erstrebte Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung von Unterhalt mit diesem Datum einsetzen soll.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die von der Antragstellerin solchermaßen geltend gemachten Unterhaltsansprüche sind gemäß den §§ 1572 Nr. 1,1573 Abs. 2, 1577 Abs. 1, 1578 BGB nur teilweise sachlich gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin muß sich darauf verweisen lassen, ihren durch § 1578 BGB näher bestimmten, vollen Unterhalt teilweise mit den Mitteln einer von ihr auszuübenden, im Sinne des § 1574 BGB angemessenen Erwerbstätigkeit sicherzustellene Da die hierdurch</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">erzielbaren Einkünfte aber zur Deckung ihres vollen Unterhalts im Sinne des § 1578 BGB nicht ausreichen, ist der Antragsgegner verpflichtet, das Defizit mit seinen Unterhaltsleistungen zu decken.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1572 Nr. 1 BGB ist ein geschiedener Ehegatte in vollem Umfange unterhaltsberechtigt, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt der Scheidung an wegen Krankheit eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Folglich reicht Krankheit allein zur Unterhaltsberechtigung gemäß dieser Vorschrift nicht aus; kann der betreffende Ehegatte trotz seiner</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Krankheit eine angemessene, seinen vollen Unterhalt deckende Erwerbstätigkeit ausüben, so besteht der Anspruch nicht ( vgl. die vom Bundesminister der Justiz herausgegebene sog. Broschüre für Rechtsanwender, 1976, S. 160 ). Die Antragsstellerin ist gemäß § 1572 Nr. 1 BGB nur teilweise unterhaltsberechtigt. Sie ist, wie noch darzulegen sein wird, aus gesundheitlichen Gründen nur in beschränktem Maße arbeitsfähig, wobei die aus derartiger,</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">angemessener Erwerbstätigkeit erzielbaren Einkünfte zur vollen Deckung ihres Bedarfes nicht ausreichen. Folglich kann sie gemäß § 1572 Nr. 1 BGB den Antragsgegner nur wegen des hierdurch bedingten Fehlbetrages auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen. Andererseits reicht aber § 1572 Nr. 1 BGB für sich allein nur dann zur - teilweisen - sachlichen</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Rechtfertigung des Klagebegehrens aus, wenn sich die Feststellung treffen ließe, daß die Antragstellerin im gedachten Falle ihrer aus gesundheitlichen Gründen uneingeschränkten Erwerbstätigkeit mit den durch eine solche Tätigkeit erzielbaren Mitteln ihren vollen Unterhalt im Sinne des § 1578 BGB sicherzustellen vermöchte.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Ob es sich so verhalten würde, bedarf indessen keiner näheren Erörterung. Falls nämlich die Einkünfte aus gedachter, uneingeschränkt ausübbarer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung ihres vollen Unterhalts im Sinne des § 1578 BGB nicht ausreichen sollten, stünde ihr gegen</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">den Antragsgegner gemäß § 1573 Abs. 2 BGB der Anspruch auf Ausgleichung jenes Defizits - Leistung des sogenannten Aufstockungsbetrages - zu. Dies vorausgeschickt, gilt im einzelnen folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin ist in der Lage und verpflichtet, eine regelmäßige Tätigkeit auszuüben, die nach Art und Umfang der Tätigkeit entspricht oder mit ihr vergleichbar ist, wie sie in den Jahren 1971 bis 1976 unstreitig als Teilzeitkraft ( Kassiererin und Verkäuferin) bei der Firma T. AG ausgeübt hat. Die Antragstellerin ist jetzt 48 Jahre alt. Damit scheiden Altersgründe generell als Erwerbshindernis im Sinne des § 1571 BGB aus. Vergeblich wendet sie ferner ein, daß sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr berufstätig sein könne. Dieser Einwand ist, wie schon das Familiengericht zutreffend ausgeführt hat, durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt worden. Die eingehenden, fachärztlichen Untersuchungen der Antragstellerin haben zu folgenden Feststellungen geführt:</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin leidet an einem pasthrombotischen Syndrom des rechten Beines und an einer schweren Thrombophlebitis ( mit Thrombose verbundene Entzündung der Venenwand des rechten Beines), derzufolge die Innenseite des rechten Oberschenkels druckschmerzhaft</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">ist, sowie an Krampfadern an beiden Unterschenkeln. Das führt bei längerem Stehen zu druckschmerzhaftem Anschwellen und Schwächegefühl der Beine, so daß ihr eine vorwiegend im Stehen zu verrichtende Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden kann, während aktive Muskelarbeit der Beine, (Gehen) sich nicht schädlich auswirkt. Durch gelegentliches Hochlagern der Beine und durch das Tragen von Stützstrümpfen läßt sich ein günstiger Effekt erzielen. Ferner leidet sie seit Jahren an Schuppenflechte und hat im Jahre 1979 eine Hirnhautentzündung bei Zoster oticus durchgemacht. Aufgrund ihrer Erkrankung ist ihre Erwerbstätigkeit gemäß dem ausführlich begründeten und überzeugenden Sachverständigengutachten der Universität- Poliklinik L. vom 9.4.1980 um 25 % gemindert, wobei, wie bereits ausgeführt wurde, Tätigkeiten, die vorwiegend im Stehen zu verrichten sind, unzumutbar sind. Eine weitergehende Minderung der Erwerbsfähigkeit muß nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme verneint werden, zumal auch sämtliche Zusatzgutachten nichts Gegenteiliges ergeben haben. Der Befund aller im Röntgenbild erfaßten inneren Organe <b>- </b>u.<b> </b>a. Herz, Zwerchfell, Lungen und Nieren - ist unauffällig; gemäß dem elektroenzephalographischen Nebengutachten sind keine genügenden Hinweise auf das Vorliegen einer Hirnfunktionsstörung gefunden worden, und aus nervenfachärztlicher Sicht</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">besteht keine messbare Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Ausgehend von<i> </i>der Erwägung, daß die normale wöchentliche Arbeitszeit einer als Kassiererin und Verkäuferin in einem Lebensmittelmarkt bzw. in hiermit vergleichbarer Anstellung tätigen Kraft in der heutigen</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Zeit durchschnittlich 40 Stunden ( 5 Tage á 8 Stunden beträgt, ist der Antragstellerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme eine derartige, auf die Hälfte reduzierte Tätigkeit zumutbar. Das ergibt eine tägliche Arbeitszeit von 4 Stunden, die sie zur Überzeugung des Senats ohne nennenswerte Beeinträchtigungen und ohne ernstliches Risiko einer Verschlechterung ihres gegenwärtigen gesundheitlichen Befindens durchstehen kann. Die Tätigkeit als Kassiererin wird im Sitzen verrichtet. Erfahrungsgemäß werden Kassiererinnen, soweit sie in Lebensmittelmärkten, Warenhäusern etc. beschäftigt sind, gelegentlich aber auch zu anderen Arbeiten zugezogen. So beispielsweise zur Mithilfe bei der Ergänzung der Warenbestände, also beim Auspacken, Ein- und Umräumen von Waren. Auch diese, nur gelegentlich anfallenden Tätigkeiten sind aber der Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen zumutbar, weil sie nicht überwiegend längeres, mehr oder weniger bewegungsloses Stehen auf einer Stelle, sondern teilweise auch Gehen und damit aus ärztlicher Sicht unbedenkliche, aktive Muskelarbeit der Beine erfordern. Bei Ausübung einer solchen Teilzeitarbeit verbleibt der Antragstellerin genügend Zeit, um sich zur Erhaltung ihrer Gesundheit entsprechend schonen</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">zu können. Alsdann stehen ihr der Überwiegende Teil der Wochentage und die ganzen Wochenenden bzw. ein ganzer arbeitsfreier Wochentag, wenn Samstags gearbeitet wird, zur freien Verfügung und sie hat praktisch nur für sich selbst zu sorgen, weil das einzige Kind der Parteien bereits volljährig ist. Gründe des seelischen Wohlbefindens sprechen ebenfalls nicht gegen, sondern für die Durchführung einer solchen Teilzeitarbeit, weil die damit verbundene Eingliederung in das aktive Arbeitsleben erfahrungsgemäß einen wirksamen Schutz gegen</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">die Abkapselung von der Umwelt und die damit drohende Vereinsamung zu bieten vermag.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Mit den vorstehenden Ausführungen ist teilweise schon die gemäß § 1574 BGB erforderliche Angemessenheit einer solchen Tätigkeit belegt. Sie entspricht dem Lebensalter, dem gesundheitlichen Zustand und den derzeitigen Fähigkeiten der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat zwar vor der Heirat der Parteien den erlernten Beruf einer Krankenschwester ausgeübt, ist aber unstreitig seit annährernd 20 Jahren nicht mehr in diesem Beruf tätig gewesen. Deshalb vermöchte sie diesen von ihr erlernten Beruf, wenn überhaupt, nur nach intensiver Schulung und längerfristiger Eingewöhnung erneut erfolgreich ausüben. Hierauf braucht aber schon deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil sie keine dahingehenden Absichten und Wünsche geäußert hat. Demgegenüber hat sie eine Teilzeitbeschäftigung als Kassiererin und Verkäuferin in den Jahren 1971 bis 1976 regelmäßig und in der Folgezeit zumindest noch zeitweilig, gelegentlich und zwar zuletzt noch im Sommer 1980 ausgeübt, womit sie bewiesen hat, daß sie auch gegenwärtig gemessen an ihren Fähigkeiten eine solche Tätigkeit ausüben kann. Mit Blick auf diese, auf freier Wahl der Antragstellerin beruhende und während bestehender Ehe der Parteien jahrelang ausgeübte Tätigkeit entspricht deren Fortsetzung auch den ehelichen Verhältnissen der Parteien, so daß nach alledem das Merkmal der gemäß § 1574 BGB erforderlichen Angemessenheit zu bejahen ist.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Unter gebotener Einbeziehung des anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes veranschlagt der Senat das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen einer solchen Tätigkeit auf 700,--DM. Die Antragstellerin hat zwar unstreitig in den Jahren 1971 bis 1976 im monatlichen Durchschnitt bereits zwischen 700,--DM und 800,--DM netto verdient, so daß angesichts der allgemeinen Lohnsteigerungen auf entsprechend höhere, heute hierdurch erzielbare</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Einkünfte geschlossen werden könnte. Andererseits muß aber berücksichtigt werden, daß die Antragstellerin damals vier bis sechs Stunden täglich gearbeitet hatte, während nunmehr, wie ausgeführt, eine tägliche Arbeitszeit von 4 Stunden als Maximum anzusetzen ist. Gemessen</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">daran halten sich die seit dem Jahre 1976 erfolgten Einkommenssteigerungen einerseits und durch eine gewisse Verkürzung der damaligen Arbeitszeit bedingte Einkommenseinbußen andererseits in ihrem Verhältnis zueinander in etwa die Waage; hiernach erscheint der Ansatz eines durchschnittlichen monatlichen Einkommens von rund 700,--DM gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Dieses erzielbare Einkommen muß die Antragstellerin sich unabhängig davon anrechen lassen, ob sie gemäß ihrem schriftsätzlichen Vorbringen gegenwärtig noch als reguläre Teilzeitkraft bei der Firma T. AG beschäftigt ist, oder ob sie gemäß ihren Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dort nur noch gelegentlich, stundenweise zur Aushilfe arbeitet bzw. zuletzt gearbeitet hat. Letzterenfalls muß sie sich entgegen halten lassen, daß sie sich gemessen an ihrem Vorbringen nicht in der erforderlichen und ihr zumutbaren Weise </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">um die Beibehaltung ihrer Halbtagsbeschäftigung - vier Stunden täglich - bzw. um die Erlangung einer anderen, hiermit nach Art und Umfang vergleichbaren Tätigkeit bemüht hat. Ihre gelegentlichen Vorsprachen auf dem Arbeitsamt reichen hierfür nicht aus, zumal die hierbei von ihr geäußerten Vermittlungswünsche - Kinderbetreuung, Umschulung auf dem Gebiet der Sprachtherapeutik – die notwendige Bereitschaft zur Aufnahme der bisherigen, über Jahre hinweg ausgeübten, demnach hinreichend vertrauten und ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechenden Tätigkeit als Teilzeitverkäuferin pp.<i> </i>vermissen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">In Höhe des demnach mit monatlich 7oo,--DM zu Lasten der Antragstellerin unabhängig davon anzusetzenden Einkommens, ob sie es tatsächlich erzielt oder nicht, kann sie folglich den Antrags8egner gemäß § 1577 Abs. 1 BGB nicht auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch nehmen. Aus diesem Grunde bedurfte es auch nicht der Beweiserhebung - zeugenschaftliche Vernehmung des Filialleiters – über die Behauptung des Antragsgegners, wonach die Antragsstellerin auch heute noch bei der Firma T. AG als Teilzeitkraft beschäftigt ist, zumal er nichts vorgetragen hat, was den Schluß darauf zulassen könnte, daß die Antragstellerin hierdurch höhere als die vom Senat zu ihren Lasten veranschlagten Einkünfte erzielt.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 700,--DM wird aber der volle Unterhalt der Antragstellerin im Sinne des § 1578 BGB schon deshalb nicht sichergestellt, weil bereits der zur Sicherung des sogenannten Existenzminimums erforderliche Mindestunterhalt des unterhaltsberechtigten, geschiedenen Ehegatten mit monatlich 750,--DM anzusetzen ist ( vgl. Ziffer V a der Düsseldorfer Unterhaltstabelle nach ihrem Stande vom 1. 1<b>.</b>1980, FamRZ 1980, 77 ). Demgemäß ist der Antragsgegner verpflichtet, daß auf Seiten der Antragstellerin bestehende Defizit zwischen ihren realen bzw. fiktiv anzusetzenden Einkünften einerseits und ihrem vollem Unterhaltsbedarf andererseits durch seine Unterhaltsleistungen auszugleichen. Die Höhe des hiernach von ihm geschuldeten Unterhalts ist gemäß der vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Differenzmethode derart zu ermitteln, daß die Einkommen beider Parteien gegenüber zu stellen sind, sodann die Differenz ( Einkommen des Antragsgegners abzüglich Einkommen der Antragstellerin ) zu bilden und hiervon zu Gunsten der</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Antragstellerin eine Quote von 3/7 auszuwerfen ist ( vgl. zu dieser Quote: Ziffer 6. 2., 7. 2.,, der Kölner Unterhaltsrichtlinien vom 1. 1. 1980 ).</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen trotz des Hinweises in der terminsvorbereitenden, prozeßleitenden Verfügung des Senats vom 19. 9. 1980 nicht ausreichend dargelegt. Die von ihm in Erfüllung dieser Auflage zu den Akten überreichte Verdienstbescheinigung betrifft nur den Monat September 1980 und vermittelt deshalb, obwohl Verdienstbescheinigungen behördlicher Arbeitgeber über den durch sie</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">belegten Teilzeitraum - hier: September 1980 – hinaus gelten, sofern nicht in der Folgezeit eine Veränderung in den für die Gehaltsbemessung maßgeblichen Verhältnissen eintritt, keinen Aufschluß über das in die Einkommensmittlung einzubeziehende Urlaubs- und Weihnachtsgeld.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Das monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners beläuft sich gemäß den vorgelegten Bescheinigung - Bruttogrundgehalt, Ortszuschlag und steuerpflichtige Zulage abzüglich Lohn- und Kirchensteuer - auf 3.301,77 DM. Diesem Betrag sind das anteilige Urlaubsgeld ( jährlich 30o,--DM brutto und das anteilige Weihnachtsgeld sog. 13. Bruttomonatsgehalt) zuzusetzen, wobei die steuerlichen Abzüge, allerdings unter Bedachtnahme aus den aus der</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Gehaltsbescheinigung ersichtlichen, zu Gunsten des Antragsgegners in monatlicher Höhe von 780,--DM bestehenden steuerlichen Freibetrag zu berücksichtigen sind. Der Senat veranschlagt das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners mit Hilfe einer an diesen Kriterien ausgerichteten Schätzung auf 3.45o,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Dieses Einkommen muß durch Vorwegabzug anderweitiger, monatlich laufend wiederkehrender Zahlungsverpflichtungen des Antragsgegners bereinigt werden, soweit deren Notwendigkeit nach den im Unterhaltsrecht geltenden Grundsätzen zu bejahen ist.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Eine solche Verbindlichkeit ist der vom Antragsgegner gemäß dem von den Parteien geschlossenen Vergleich für die Tochter Andrea mit monatlich 404,--DM geschuldete Unterhalt. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen geblieben erklärt, daß B. entgegen den schriftsätzlichen Darlegungen des Antragsgegners inzwischen nicht in einem Arbeitsverhältnis steht, sondern auf einen Studienplatz wartet, womit sie weiterhin bedürftig ist.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Der Senat legt bei dieser Berechnung das Modell der Unterhaltsberechnung bei Vorhandensein von minderjährigen Kindern zugrunde: Vorwegabzug des Kindesunterhalts und Berechnung der Ehegattenquote von 3/7 des Differenzbetrages ( Zif. 6.1. der Kölner Unterhaltsrichtlinien ). Dieses Berechnungsmodell steht jedenfalls im vorliegenden Fall - nicht im Widerspruch mit Rangvorschrift des § 1609 Abs. 2 BGB, wonach der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten dem des volljährigen Kindes (B. ist 19 Jahre alt) vorgeht. Gehört ein Unterhaltsberechtigter einer nachrangigen Gruppe an, so hat er allerdings zurückzustehen,</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">wenn der vorangige in seiner Unterhaltsbedürftigkeit nicht voll befriedigt werden kann</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">(vgl. Münchener Kom.-Köhler, Anm.4 zu § 1609 BGB). Dies hat aber nicht zur Folge, daß der Kindesunterhalt eines volljährigen Kindes generell nicht mehr weder vorweg noch in gleicher Rangstufe – nach dem Düsseldorfer/Kölner Berechnungsmodell berücksichtigt</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">werden dürfte. Dies würde nämlich sonst zu einer unvertretbaren Kürzung der dem Unterhaltspflichtigen verbleibenden Quote führen: er müßte von dem ihm verbleibenden 4/7-Anteil nach dem Kindesunterhalt zahlen, so daß ihm letztlich - insbesondere bei höherem Kindesunterhalt oder bei Unterhaltsansprüchen mehrerer Kinder - erheblich weniger zum Leben zur Verfügung stünde als dem Ehegatten. Eine Korrektur dieses die Unterhaltsverteilung verfälschenden Ergebnisses dadurch, daß man dem volljährigen Kind einen quotenmäßigen Anspruch(3/7 gegen den unterhaltsberechtigten Elternteil) zubilligen würde, ist</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">rechtlich schon deshalb nicht haltbar, weil ein Unterhaltsberechtigter grundsätzlich nicht verpflichtet sein kann, von seinem ihm zustehenden Unterhalt einen anderen Unterhaltsbedürftigen aus derselben Familie mit zu alimentieren. Schon dies weist darauf hin, daß der Unterhaltsanspruch auch des volljährigen Kindes in die Gesamtabwägung grundsätzlich einbezogen werden muß. Seinen Rechtsgrund findet dies auch im Unterhaltsanspruch des</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">geschiedenen Ehegatten, der nur <u>angemessenen</u> Unterhalt <u>nach den ehelichen Verhältnissen</u> verlangen kann ( § 1577 BGB ). Die Angemessenheit der Leistung bestimmt sich gerade auch nach dem Vorhandensein von volljährigen unterhaltsbedürftigen Kindern. Der Gesamthaushalt der Familie würde sich nach den Bedürfnissen aller dieser Familienangehörigen gerichtet haben, solange die Scheidung noch nicht eingetreten war. Diese zur Zeit der Scheidung bestehenden Verhältnisse sind für den nachehelichen Unterhalt der geschiedenen Frau ebenfalls maßgebend (§ 1578 Abs.1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Durch diese Bewertung wird das Rangverhältnis des § 1609 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht aufgehoben oder beschränkt. Der Rangunterschied kann erst dann wirksam werden, wenn ein sog. Mangelfall auftritt; wenn der vorrangige Ehegatte nicht mehr das Angemessene erhalten würde. Davon kann hier überhaupt nicht gesprochen werden. Denn die Antragstellerin hat zu ihrer Verfügung: 700.-- DM Eigeneinkommen und 788,--DM bzw. 853,--DM an Unterhalt, also rd.1500,-- DM. Das Berechnungsmodell des Vorwegabzugs des Kindesunterhalts führt zu einer angemessenen Verteilung unter den Familienmitgliedern. Es ist ohnehin nur ein <u>Modell</u>, um zu einem angemessenen, für möglichst viele Fälle zutreffenden Ergebnis zu gelangen. Wie auch bei der Verteilung des Unterhalts zwischen minderjährigen Kindern und einem Ehegatten der gleiche Rang der Unterhaltsansprüche nur im Mangelfall (vgl. Ziffern 26-29 Kölner Unterhaltsrichtlinien) zu beachten ist, wirkt sich der Vorrang im Verhältnis volljähriges Kind und Ehegatte gleichfalls erst beim Zahlen angemessener Mittel aus. Das ist hier nicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Der Arbeitgeber hält Vom Nettoeinkommen des Antragsgegners monatlich 250,--DN ein. Hierbei handelt es sich um die bestimmungsgemäß seit September 1980 erfolgende, ratenweise Tilgung eines dem Antragsgegner in Höhe von 5.000 DM zinslos gewährten Gehaltsvorschusses. Mit diesem Gehaltsvorschuß hat der Antragsgegner von ihm zum Gesamtpreise</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">von 4.800,--DM gebraucht gekaufte Möbel und sonstige Einrichtungsgegenstände bezahlt. Den Abschluß des Kaufvertrages zu dem vorgenannten Gesamtpreis hat er urkundlich belegt. Ferner ergibt sich aus einer Mitteilung des Dienstherrn über die Gewährung des Gehaltsvorschusses, daß der Antragsgegner dessen zweckentsprechende Verwendung gegenüber seinem Arbeitgeber</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">bis zum 31. 10. 1980 durch Vorlage der entsprechenden Abrechnung nachzuweisen hatte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Einrichtung der ehelichen Wohnung nach der Scheidung bei der Antragstellerin verblieben ist. Demgemäß handelt es sich um Kosten der notwendigen Einrichtung des Antragsgegners nach der Scheidung; die entsprechenden Tilgungsraten sind somit abzugsfähig ( vgl. Ziffer 19.3. der Kölner Unterhaltsrichtlinien ). Abzuziehen sind weiter die Beträge, die der Antragsgegner als Beitrag zum Beamtenbund - monatlich 9,--DM - und zum Sozialwerk – monatlich 2,-- DM leistet ( vgl. Leitlinien der Familiensenate des OLG Hamm zum Unterhaltsrecht- Stand Januar 1980 <b>-, </b>B<b>., </b>Ziffer 6, FamRZ 1980, 25; Kalthoener – Haase Becher-Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, zweite Auflage, Rz 423, jeweils zum vergleichbaren Fall der Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen ) sowie der Krankenkassen-beitrag in monatlicher Höhe von 95,--DM ( vgl. Ziffer 17. 0 der Kölner Unterhaltsrichtlinien).</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß der Antragsgegner zufolge stationärer Krankenhausbehandlung der Antragstellerin mit anteiligen Kosten in Höhe von 2.ooo,--DM belastet worden ist, die ihm weder von der Krankenkasse noch von der Beihilfe erstattet werden.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Diese Schuld muß er, wie ebenfalls unstreitig ist, in monatlichen Raten von 150,-- DM abtragen, wobei gemäß seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat jetzt noch 4 Raten á 15o,--DM zu zahlen sind. Auch hierbei handelt es sich um eine notwendige, nicht dem laufenden Unterhalt zuzuordnende und allein der Antragstellerin zugute gekommene Verbindlichkeit, die folglich bis zur Tilgung - Januar bis einschließlich April 1981 – abzusetzen ist.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsanwaltskosten, mit denen der Antragsgegner aufgrund des Ehescheidungsrechtsstreits einschließlich der Folgesachen und zufolge des Zugewinnausgleichsverfahrens</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">der Parteien belastet ist, belaufen sich gemäß der schriftsätzlichen Auflistung seiner erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vom 12. 6.1980 - BI. 107 ff. - auf rund 3.000,--DM. Scheidungskosten gehören grundsätzlich zu den notwendigen, einkommensmindernden Verbindlichkeiten ( vgl. Ziffer 19. 2. der Kölner Unterhaltsrichtlinien ). Hierzu gehören, wiederum grundsätzlich, auch die Kosten sogenannter Scheidungsfolgesachen. Das gilt indessen nicht für diejenigen Rechtsanwaltskosten, die dem Antragsgegner aufgrund des Zugewinnausgleichsverfahrens der Parteien gemäß seinem Vorbringen in ungefährer Höhe von 900,--DM entstanden sind. Diese Kosten können nicht abzüglich berücksichtigt werden, weil das zu dem rechtlich nicht haltbaren Ergebnis führen würde, daß der zum Ausgleich des Zugewinns verpflichtete Antragsgegner die finanziellen Folgen der Erfüllung eben dieser Pflicht – u. a. Belastung mit entsprechenden Anwaltskosten - im Endeffekt auf die Antragstellerin als den ausgleichsberechtigten Ehegatten abwälzen könnte, da die abzugsfähige Berücksichtigung</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">jener Kosten ihren Unterhaltsanspruch entsprechend mindern würde. Bezüglich der übrigen Rechtsanwaltskosten ist anzumerken, daß Unterhaltsrichtlinien stets nur Hilfsmittel sein können, um in praktisch bedeutsamen Rechtsfragen eine möglichst einheitliche Rechtsprechung zu gewährleisten. Von ausschlaggebender Bedeutung sind aber stets die Umstände des jeweils zu entscheidenden Einzelfalles. So gesehen darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Antragsgegner gemäß seinem Vorbringen im Zugewinnausgleichsverfahren der Parteien</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">per 1.12.1977 über nicht unerhebliche Vermögenswerte verfügt hat, so z. B. über zwei bei dem C. geführte Bausparverträge in Höhe von insgesamt rund 13.000,--DM. Da sich aus der für den Monat September 1980 geltenden, zu den Akten überreichten Gehaltsbescheinigung ergibt, daß ihm monatlich 235,--DM von seinem Nettogehalt einbehalten und an das C. abgeführt werden, muß davon ausgegangen werden, daß jene Bausparverträge entweder auch heute noch mit entsprechendem Wertzuwachs in der Zeit seit 1.12.1977 bestehen, oder daß es sich bei den gegenwärtig an das C. abgeführten Beträgen um Tilgungsmittel bezüglich des mit den Bausparsummen vom Antragsgegner gebildeten Vermögens handelt. In jedem dieser beiden denkbaren Fälle geht es aber nicht an, die von dem Antragsgegner geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zu Lasten der Unterhaltsberechtigten Antra8stellerin in voller Höhe von seinen verfügbaren Nettoeinkünften abzusetzen. Vielmehr muß der Antragsgegner mit Blick auf den absoluten Vorrang ihrer von ihm kraft Gesetzes zu erfüllenden Unterhaltsansprüchen gegenüber allen sonstigen Verbindlichkeiten sein nicht unerhebliches Vermögen zumindest teilweise zur Tilgung jener Verbindlichkeit einsetzen. Hierbei ist es nach Ansicht des Senats gerechtfertigt, die insgesamt geltend gemachten Rechtsanwaltskosten nur hälftig ( rund 1500 DM ) Einkommensmindernd zu berücksichtigen, und bezüglich ihrer Tilgung 10 monatliche Raten von 150,--DM anzusetzen, die entsprechend dem unterhaltsrechtlichen Gebot rationeller, hier stufenweiser Tilgung mehrere Verbindlichkeiten unter besonderer Berücksichtigung</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">der Tatsache, daß die Rechtsanwaltskosten dem Antragsgegner gemäß seinem Vorbringen vorläufig gestundet sind, aber erst nach der Tilgung der restlichen Krankenhauskosten und damit erst ab Mai 1981 ( bis einschl. Februar 1982 = 10 Monate a 15o,--DM ) in das Gewicht fallen. </p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Hiermit ist der Kreis der abzugsfähigen Verbindlichkeiten abgesteckt; die vom Antragsgegner darüberhinaus geltend gemachten Verbindlichkeiten können keine Berücksichtigung finden. Ebensowenig, wie er die Rechtsanwaltskosten des Zugewinnausgleichsprozesses absetzen kann, ist das aus dem gleichen Grunde bezüglich der Raten - monatlich 15o,--DM - möglich, mit denen er den Zugewinnausgleichanspruch der Antragstellerin tilgt.</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Die in monatlicher Höhe von 235,--DH an das C. geleisteten Leistungen dienen der Vermögensbildung, gleichgültig, ob es sich hierbei um Einzahlungen auf noch nicht zuteilungsreife Bausparverträge oder um echte Tilgungsleistungen handelt; in jedem der beiden Fälle sind sie</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">nicht abzugsfähig.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Die monatliche Kreditrate in Höhe von 47o,--DM betrifft die Finanzierung eines vom Antragsgegner käuflich erworbenen PKW. Daß er aus beruflichen Gründen unerläßlich auf ein Fahrzeug angewiesen ist, was unter dem Aspekt beruflich notwendiger Aufwendungen allein die Abzugsfähigkeit dieser Verpflichtung begründen könnte ( vgl. Ziffer 18. o<b> </b> der Kölner Unterhaltsrichtlinien ) hat er nicht dargetan. Gemäß seinem Vorbringen kann weder davon ausgegangen werden, daß er seine Dienststelle nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, noch, daß er von seinem Dienstherrn zur dienstlichen Bereitstellung seines Fahrzeuges verpflichtet worden ist. Denn er benutzt sein Fahrzeug nur deshalb zu dienstlichen Zwecken, weil ein sogenannter Dienstwagen nicht greifbar ist. Davon aber, daß mit dieser rein tatsächlichen Übung eine entsprechende dienstliche Verpflichtung des Antragsgegners korrespondiert, kann in Ermangelung entsprechender Anhaltspunkte nicht ausgenommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Nicht abzugsfähig ist auch die von ihm angeführte Einkommenssteuernachforderung</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">des Finanzamts L.-Süd für das Jahr 1979. Denn er trägt selbst vor, daß die Vollziehung dieses Nachforderungsbescheides bis zur - bislang noch nicht ergangenen - Entscheidung über den</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">von ihm hiergegen eingelegten Einspruch ausgesetzt worden ist, so daß gegenwärtig ungewiß ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er tatsächlich steuern nachentrichten muß.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ergibt sich rechernisch folgendes Bild:</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Monatliche Nettoeinkommen des Antragsgegners: 3.450,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">abzüglich Unterhalt für die Tochter B. 404,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">abzüglich Tilgung des Gehaltsvorschusses 250,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">abzüglich Beitrag zum Beamtenbund und zum Sozialwerk(11,--DM ) 11,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">abzüglich Krankenkassenbeitrag 95,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">abzüglich Tilgung der Krankenhauskosten der Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">(Januar bis April 1981) <u> 150,-- DM,</u></p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">bereinigte monatliches Nettoeinkommen</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">des Antragsgegners 2.540,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">abzüglich anzurechendes Einkommen der</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Antragstellerin 700,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Differenz beider Einkommen 1.840,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">3/7 - Quote zu Gunsten der Antragsstellerin – rund 788,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">wobei auf den Teilzeitraum vom 15. bis 31. 1. 1981 ein</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Anteil von 788,--DM : 31 Tage x 17 Tage = rund 432,--DM</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">entfällt.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Für den Zeitraum Mai 1981 bis einschließlich Februar 1982 gilt genau das gleiche Rechenwerk; an die Stelle der mit Ablauf des Monats April 1981 getilgten Krankenhauskosten tritt lediglich die alsdann einsetzende, ebenfalls mit monatlich 150, --DM hälftig zu berücksichtigende Tilgung der Rechtsanwaltskosten.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Ab März 1982 erhöht sich das verfügbare Nettoeinkommen des Antragsgegners um diese 150,--DM, auf 2.69o,--DM, so daß nach Abzug des anzurechenden Einkommens der Antragsstellerin ( 700,--DM ) eine Differenz von 1.99o,--DM besteht. Hiervon 3/7 ergibt rund 853,--DM.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Demnach verbleiben dem Antragsgegner bis einschließlich Februar 1982 monatlich jeweils 2.540,--DM abzüglich 788,--DM = 1.752,--DM und ab März 1982 monatlich jeweils</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">2.540,--DM abzüglich 853,--DM = 1687,--DM, womit sein eigener angemessener Unterhalt auch unter Berücksichtigung seiner sonstigen, aus dem ihm verbleibenden Mitteln zu tilgenden Verpflichtungen nicht angetastet wird.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Vollstreckungsschutzanordnungen gemäß § 711 ZPO kamen nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen, unter denen das Rechtsmittel der Revision gegen dieses Urteil stattfinden würde, unzweifelhaft nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Zur Festsetzung des Streitwerts für die Berufungsinstanz gilt im einzelnen folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Grundlage der Streitwertberechnung bildet § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG, wonach bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht der Jahresbetrag der Leistungen maßgeblich ist. Beide Parteien haben gegen das erstinstanzliche Urteil mit unterschiedlichem Ziel Berufung eingelegt. Für die Streitwertberechnung der Berufung der Antragstellerin ist abzustellen, auf den Einjahreswert des Unterschiedbettrages zwischen den Unterhaltsrenten, die sie mit der Berufung verlangt, und den ihr durch das angefochtene Urteil zuerkannten</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Unterhaltsrenten, wobei jeweils der höchste Differenzwert in die Einjahresberechnung aufzunehmen ist. Den Beginn des für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Einjahreszeitraums konnte das Familiengericht in seinem Urteil notwendigerweise nicht datumsmäßig festlegen, weil im Zeitpunkt der Verkündung seines Urteils der Eintritt der Rechtskraft - Anfangsdatum</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">- ganz ungewiß war. Da Berufung eingelegt und durchgeführt worden ist, bleibt deshalb nichts anderes Übrig, als auf das Datum der Verkündung des Berufungsurteils - 15. 1<b>. </b>1981 - abzustellen; hiermit hat der Einjahreszeitraum im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz GKG zu laufen begonnen. Das Familiengericht hatte der Antragstellerin bis einschließlich Juli 1981 monatlich 600,--DM zuerkannt, während für die Folgezeit unterschiedlich gestaffelte, aber jeweils höhere Beträge als 600,--DM ausgeworfen worden sind. Demgemäß berechnet sich der Streitwertanteil der Berufung der Antragstellerin wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Zuerkannt wurden durch das angefochtene Urteil</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">a) 15.1<b>. </b>bis 31.7.1981 ( 6 1/2 Monate a 600 DM ) 3.900,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">b) August 1981 ( 1 Monat) 702,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">c) September und Oktober 1981 ( 2 x 771,--) 1.542,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">d) November 1981 ( 1 Monat) 792,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">e) Dezember 1981 ( 1 Monat ) 834,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">f) 1/2 Monat Januar 1982 ( 834,--DM ): 2 ) 417,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">insgesamt ( = Einjahreswert gemäß § 17 Abs.1 Satz 1 GKG ) 8.187,-- DM,</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Berufungsziel der Antragstellerin ( 12 x 962,--DM ) = </p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">11.544,--DM abzüglich vorstehend errechneter Betrag </p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">von 8.187,--DM) 3.357,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat mit seiner Berufung die Abweisung der Klage erstrebt. Die der Antragstellerin durch das erstinstanzliche Urteil zuerkannten, höchsten Unterhaltsrenten belaufen sich ab Dezember 1981 auf monatlich 834,--DM. Der Einjahreswert dieser Beträge ergibt den für die Berufung des Antragsgegners gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 GKG maßgeblichen Streitwert und demnach 10.008,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 17 Abs. 2 GKG sind die Gegenstandswerte der wechselseitig eingelegten</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Rechtsmittel zusammenzurechnen, so daß der Streitwert der Berufung 3.357,--DM</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">+ 10.oo8,--DM 13.365,--DM beträgt.</p>
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315,897 | lg-essen-1981-01-14-1-s-57080 | {
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} | 1 S 570/80 | 1981-01-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:50 | 2019-03-27T09:41:56 | Urteil | ECLI:DE:LGE:1981:0114.1S570.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vorn 14. Januar 1981 </p>
<p>durch die Richter am Landgericht Dr. O., E. und D.</p>
<p>für R e c h t erkannt</p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.11.1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts Essen - 16 0 284/80 - abgeändert:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 617,50 DM (i.W.: Sechshundertsiebzehn 50/100 Deutsche Mark) nebst </p>
<p>4 % Zinsen seit dem 21.01.1980 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte zu 2) bleibt verurteilt, weiterei 600,00 DM (i.W.: Sechshundert Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 21.01.1980 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 3/5 und der Beklagte zu 2) zu 2/5, davon gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) zu 1/5.</p>
<p></p>
<p>Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz werden getragen bezüglich der Beklagten zu 1) zu 4/5 von der Klägerin, bezüglich des Beklagten zu 2) zu 3/5 von der Klägerin und bezüglich der Klägerin zu 2/5 von dem Beklagten zu 2), davon zu 1/5 gesamtschuldnerisch mit der Beklagten </p>
<p>zu 1). Im übrigen tragen die Parteien ihre eigenen außergerichtlichtlichen Kosten selbst.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand und Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kammer sieht von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 ZPO ab.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Es konnte der Klägerin an Schmerzensgeld nicht mehr als 900,00 DM, wie vom Amtsgericht geschehen, zu erkannt werden,<b> </b>was nach Zahlung von 3oo,-- DM einen noch auszuurteilenden Betrag von 6oo,-- DM ergibt. Diesen Betrag hat das Amtsgericht unter hinlänglicher Berücksichtigung der Schwere der Verletzungen der Klägerin und der Dauer der erforderlichen Behandlung festgesetzt. Die Kammer sieht keine Veranlassung, über vorgenannten Betrag noch hinaus zu gehen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dagegen kann die Klägerin von den Beklagten die Kosten des von ihr beauftragten Sachverständigen W. in Höhe von 532,5o DM ersetzt verlangen. Der Klägerin als der Geschädigten muß nach Auffassung der Kammer unbenommen bleiben, selbst darüber zu entscheiden, ob und welchen Sachverständigen sie mit der Begutachtung eines Unfallschadens beauftragt, von Bagatellschäden einmal abgesehen. Dieses Recht wollen die Beklagten der Klägerin auch ernsthaft nicht beschneiden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes kann sich nach Auffassung der Kammer aber auch nicht daraus ergeben, daß die Klägerin den Sachverständigen W. beauftragt hat in Kenntnis dessen, daß die Beklagte zu 1) ihrerseits bereits den Sachverständigen I. beauftragt hat. Insoweit ist die Beklagte zu 1) hinsichtlich ihrer Behauptung beweisfällig geblieben, die Klägerin habe sich mit der Beauftragung des Sachverständigen I. durch sie einver-standen erklärt. Nach Auffassung der Kammer hat die Beweisaufnahme dies nicht ergeben; es ist selbst von dem Angestellten der Beklagten zu 1), dem Zeugen Rudolf T., nicht bestätigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 1) kann auch nichts daraus herleiten, daß die Klägerin, als ihr die Beauftragung des Sachverständigen I. durch die Beklagte zu 1) zur Kenntnis gebracht wurde, geschwiegen hat und dieser keine Mitteilung davon gemacht hat, daß sie mit diesem Sachverständigen nicht einverstanden sei. In einem solchen Schweigen kann entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zum Schweigen im Rechtsverkehr unter Zivilleuten keine Zustimmung der Klägerin erblickt werden. Es gibt auch keinen rechtlichen Gesichtspunkt, der die Klägerin verpflichtet haben würde, sich der Beklagten zu 1) gegenüber zur Sachverständigenfrage zu erklären. Insbesondere scheidet insoweit § 254 BGB aus, da dieser sich ausschließlich auf den eigenen Schaden der Klägerin bezieht, die Kosten des Sachverständigen I. aber kein Schaden der Klägerin sind und sie, wie oben ausgeführt, auf die Einschaltung eines von ihr selbst gewählten Sachverständigen einen Anspruch hatte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.</p>
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315,898 | olgham-1981-01-13-4-re-miet-580 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Re Miet 5/80 | 1981-01-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:52 | 2019-03-27T09:41:56 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1981:0113.4RE.MIET5.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Ist in einem Mietvertrag über eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus vereinbart, daß eine Tierhaltung des Mieters der schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedarf, und ergeben sich aus dem. Gesamtverhalten der Parteien vor, bei und nach Vertragsschluß keine Anhaltspunkte für einen anderweitigen Vertragswillen, unterliegt die Entscheidung, ob der Vermieter die Zustimmung zur Haltung eines Hundes in der Mietwohnung erteilen oder versagen will, seinem Ermessen schlechthin. Der Vermieter eines Mehrfamilienhauses kann in einem solchen Fall die Entfernung eines ohne seine Zustimmung gehaltenen Hundes aus dem Mietobjekt verlangen, sofern diesem Begehren nicht der Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegensteht.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.) Das Landgericht hat über die Klage der Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses gegen einige ihrer Mieter zu befinden. Die Beklagten bewohnen aufgrund schriftlichen Mietvertrages Wohnungen xxx; der Klägerin in einem 8-Familien-Haus, welches wiederum zur einem Wohnblock gehört, der insgesamt 47 Wohneinheiten umfaßt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">§ 9 Ziff. 4 des Mietvertrages lautet:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Für jede Tierhaltung, insbesondere der Hunde- und Katzenhaltung, jedoch mit Ausnahme von Ziervögeln und Zierfischen, bedarf es der schriftlichen Zustimmung des Vermieters. Dies gilt auch für die zeitweilige Verwahrung von Tieren. Die Zustimmung kann widerrufen werden, falls das Tier sich als unsauber erweisen oder sonst zu Belästigungen der Mitbewohner des Hauses Veranlassung geben sollte. Mit der Abschaffung oder dem Tode des Tieres erlischt die einmal erteilte Zustimmung und ist bei Neuanschaffung eines Tieres erneut einzuholen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben seit Juli 1979 einen Zwergdackel (Sache 4 Re Miet 5/80) bzw. seit September 1979 einen Schäferhund (Sache 4 Re Miet 6/80) ohne Zustimmung der Klägerin in ihre Wohnung aufgenommen. Mit ihrer Klage fordert die Klägerin von den Beklagten u.a., diese Hunde aus ihren Wohnungen zu entfernen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat dem Senat gem. Beschlüssen vom 21.10.1980 die folgenden Rechtsfragen gem. Art. III Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dez. 1967 in der Fassung vom 5. Juni 1980 (BGBl. I Seite 657) zur Entscheidung vorgelegt:</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a) Ist in einem Mietvertrag vereinbart, daß eine Tierhaltung des Mieters der schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedarf, kann dann der Vermieter eines Mehrfamilienhauses die Entfernung eines ohne seine Zustimmung gehaltenen Hundes verlangen, solange diesem Begehren nicht der Einwand der Rechtsmißbräuchlichkeit entgegensteht?</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">b) <u>Hilfsweise:</u></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Falls Frage a) zu verneinen ist und das Entfernungsverlangen auch in einem Mehrfamilienhaus ebenso wie die Versagung einer erbetenen Erlaubnis zur Tierhaltung die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens voraussetzt, genügt bei Fehlen besonderer für die Tierhaltung sprechender Gründe für deren Untersagung das durch die Eigenheiten eines Mehrfamilienhauses gekennzeichnete Interesse des Vermieters an möglichst weitgehender Einschränkung der Hundehaltung, wobei es nicht auf die Größe des Hundes ankommen kann (hier: Zwergdackel, Schäferhund )?</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">II.) Die Vorlage ist gem. den oben zu I genannten Vorschriften zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">III.) Das Landgericht will die Vorlagefrage zu a) in einem umfassenderen Sinne beantwortet wissen, als deren Formulierung es ausdrückt: Wertet man die Gründe des landgerichtlichen Vorlagebeschlusses und ferner den Inhalt der <u>hilfsweise</u> vorgelegten Frage zu b), geht es dem Landgericht zum einen darum, ob dem Vermieter bei der Erteilung oder Versagung der Zustimmung zur Haltung eines Hundes in einem Mehrfamilienhaus ein Ermessen schlechthin eingeräumt ist, oder ob er vielmehr in der Ausübung dieses Ermessens gebunden ist, diese Bindung grob abstrahierend etwa umschrieben als "pflichtgemäßes Ermessen" (diese Umschreibung wählt das Landgericht im Vorlagebeschluß zu b)). Ferner geht es im Anschluß daran dem Landgericht darum, in welcher Weise der Vermieter seine Rechte wahrnehmen darf, wenn der Mieter einen Hund ohne Zustimmung des" Vermieters in das Mietobjekt aufgenommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">IV.) Die so verstandene Vorlagefrage bescheidet der Senat wie aus der Beschlußformel ersichtlich aus den folgenden Gründen:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">1.) Die Rechtsprechung beantwortet die vom Landgericht vorgelegte Frage, ob dem Vermieter in Fällen wie dem vorliegenden bei der Versagung oder Erteilung der Zustimmung ein Ermessen schlechthin eingeräumt ist oder nicht, uneinheitlich: Während einige Gerichte die hier in Rede stehende Vertragsbestimmung eher i.S. eines Ermessens schlechthin auslegen (vgl. z.B. Landgericht Berlin, ZMH 75, 217; AG Köln, WH 78, 167; LG Hamburg, ZKR 5, 41), wird in Richtung auf ein gebundenes Ermessen andererseits vertreten, der Vermieter dürfte die Zustimmung <u>nur versagen</u>, sofern gewichtige Gründe einer Zustimmung entgegenstehen (vgl. AG Dortmund, WM 73, 67).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">2.1.) Bei der Auslegung von Vertragsbestimmungen wie der vorliegenden ist, wie regelmäßig, in erster Linie der Vertragswille der Parteien zu erforschen, wie er sich nach dem erkennbaren Gesamtverhalten der Parteien vor, bei und evtl. sogar nach Vertragsschluß darstellt, also unter Berücksichtigung auch aller im Einzelfall maßgebenden Umstände außerhalb der Vertragsurkunde. Die Vorlagefrage stellt sich so abstrakt, wie sie vom Landgericht formuliert und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt worden ist, also nur dann, wenn solche für den Einzelfall maßgebenden, außerhalb der Vertragsurkunde selbst angesiedelten umstände nicht vorgetragen noch sonstwie ersichtlich sind, die Auslegung sich vielmehr in erster Linie allein am Vertragswortlaut auszurichten hat.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2.2.) Wenn im Vertrage lediglich ausgesprochen worden ist, für .jede Tierhaltung bedürfe es der schriftlichen Zustimmung des Vermieters, wenn also nicht näher bestimmt ist, auf weichem Wege der Vermieter zu seiner Zustimmung zu gelangen habe oder unter welchen Umständen er sie versagen dürfe, spricht ein solcher Wortlaut des Vertrages für die Einräumung eines Ermessens des Vermieter; schlechthin: Sine solche Zustimmung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, welche die sonst (bei Nichtzustimmung) gegebene Vertragswidrigkeit der Tierhaltung aufhebt. Setzt ein Vertrag für eine solche Zustimmung keine Maßstäbe, so kann regelmäßig (wenn nicht andere umstände hinzukommen, siehe unten) als übereinstimmend Vertragswille der Partei nur angenommen werden, derjenige, der die Zustimmung durch Willenserklärung zu geben habe, solle diese Zustimmung gemäß seinem Willen geben oder versagen dürfen, er solle also in seinen Willen frei sein, das heißt die Abgabe der Erklärung solle seinem Ermessen schlechthin unterliegen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2.3.) In Fällen der vereinbarten Zustimmungsbedürftigkeit kann im Einzelfall dann etwas anderes in Betracht kommen, wenn angenommen werden muß, die Vertragsparteien hätten dem Vermieter in Wahrheit kein Ermessen schlechthin einräumen wollen, hätten ihn vielmehr in der Ausübung seines Ermessens binden wollen, und wenn insoweit bzgl. der dabei anzuwendenden Maßstäbe eine Vertragslücke vorliegt. Werden indes in Fällen wie dem vorliegenden in der Vertragsurkunde anzuwendende Maßstäbe für das Geben oder Versagen der Zustimmung nicht genannt, kann nicht ohne weiteres von einer durch ergänzende Auslegung zu schließenden Vertragslücke ausgegangen werden: Eine Vertragslücke liegt nur dann vor, wenn ein Vertrag innerhalb des tatsächlich gesteckten Rahmens oder innerhalb der wirklich gewollten Vereinbarungen der Parteien ergänzungsbedürftig ist. Die ergänzende Vertragsauslegung muß sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so daß ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages , tatsächlich Vereinbarten stehen würde (vgl. BGH NJW 63, 2071 (2075)). Für eine solche richterliche Auslegung fehlt in Fällen wie dem vorliegenden aber jede Stütze. Denn es wird eben nicht deutlich, daß die Parteien entgegen dem oben behandelten Wortlaut des Vertrages in Wahrheit gewollt hätten, der Vermieter solle in seinem Ermessen gebunden sein; mithin ist für eine ergänzende richterliche Auslegung in Richtung auf die Maßstäbe eines solchen gebundenen Ermessens kein Raum.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat im Rahmen dessen auch erwogen: Die hier in Rede stehende Vertragsbestimmung könnte evtl. dann i.S. eines gebundenen Ermessens auszulegen sein, wenn das Halten von Kunden in einem Mietobjekt für den Fall, daß eine ausdrückliche vertragliche Regelung fehlt, heute kraft auch durch die Praxis bestätigten Mietrechts zum selbstverständlichen Bestand der Rechte eines Mieters zählen würde, wenn ferner der Mieter aus diesem Grund in Fällen wie dem vorliegenden bei Vertragsschluß davon ausgehen konnte, der Vermieter werde, wenn er schon seine Zustimmung erteilen müsse, in seinem Ermessen doch gebunden sein. Das kann jedoch nicht angenommen werden: Zwar wird vertreten, bei Fehlen einer Absprache zähle die Hundehaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts. Wohl überwiegend wird jedoch wegen der bei Kunden nie ganz auszuschließenden Gefahr der Gefährdung oder auch nur Belästigung von Mitbewohnern eines Miethauses oder von Nachbarn abgenommen, daß eine Hundehaltung nicht mehr zum vertragsgemäßen Gebrauch zählt (vgl. Staudinger-Emmerich, 12. Aufl., §§ 535, 536 Rn. 76, mit zahlreichen Nachweisen zum Meinungsstand); dem schließt sich der Senat jedenfalls für den mit der Vorlagefrage' angesprochenen Fall einer Miete in einem Mehrfamilienobjekt an. Es ist nach alledem nicht gerechtfertigt, in Fällen wie dem vorliegenden anzunehmen, der Mieter habe als Reflex aus einer durch das Mietrecht vorgezeichneten Praxis bei Vertragsschluß davon ausgehen können, der Vermieter werde in seinem Ermessen gebunden sein.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2.4.) Eine Vertragsabrede der vorliegenden Art überschreitet nicht die Grenzen der Vertragsfreiheit und ist nicht grundgesetzwidrig. Sie dient erkennbar dem Ziel, einer bei Hunden - wie oben bereits erwähnt - nie ganz auszuschließenden Gefährdung und Belästigung von Nachbarn und Mitbewohnern von vornherein dadurch zu begegnen, daß sich der Vermieter die Entscheidung über das Recht des Mieters zur Aufnahme des Tieres in das Mietobjekt vorbehält; dieser Vorbehalt gewinnt - wie im vorliegenden Fall - zumal bei größeren Wohnungsobjekten mit zahlreichen Mietparteien -besonderes Gewicht. Schon angesichts der daraus abgeleiteten Interessenlage kann nicht festgestellt werden, der Vermieter überschreite die Grenzen der Vertragsfreiheit, indem er auf eine Abrede der vorliegenden Art dringt. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 des GG (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit) - das Landgericht hat erörtert, ob ein solcher Verstoß vorliegen könnte - ist mit einer solchen Abrede nicht verbunden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.5.) Außerhalb der eigentlichen Vorlagefrage sei bzgl. der hier zunächst behandelten Auslegungsfrage angefügt: Für eine Auslegung im obigen Sinne spricht in dem vom Landgericht zu entscheidenden Fall auch Satz 3 des oben zitierten § 9 Ziff. 4 des Mietvertrages: Denn während dem Vermieter für den Fall <u>des Widerrufs</u> der Zustimmung ausdrückliche Maßstäbe für einen solchen Widerruf an die Hand gegeben werden, sind diese für den Fall einer erbetene Zustimmung nicht genannt; auch das spricht für den Willen der Vertragspartner, dem Vermieter solle insoweit ein Ermessen schlechthin eingeräumt sein.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3.) Zum zweiten Teil der Vorlagefrage zu a), wie sie oben zu III erläutert worden ist: Nimmt ein Mieter in einem Falle wie den vorliegenden einen Hund ohne Zustimmung des Vermieters in seine Wohnung auf, so ist das vertragswidrig. Der Vermieter kann in diesem Fall die Entfernung des Hundes aus dem Mietobjekt verlangen; denn damit setzt er seinen Anspruch auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch. Ebenso wie im Falle einer erbetenen Zustimmung darf der Vermieter bei der Durchsetzung dieses seines Rechts allerdings nicht rechtsmißbräuchlich handeln; das folgt aus allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts. Wann ein solcher Rechtsmißbrauch vorliegt, ist nicht Gegenstand der Vorlagefrage-; eine solche Frage würde einer generalisierenden Betrachtung auch weitgehend unzugänglich sein.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">V.) Die Frage des Landgerichts zu b) ist dem Senat, das ergibt sich aus dem Inhalt der Frage selbst wie auch aus der ihr vom Landgericht beigegebenen Begründung, nur für den Fall vorgelegt worden, daß die Frage zu a) zu verneinen ist. Mithin hat der Senat; über diese Frage nichts zu befinden.</p>
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315,899 | olgk-1981-01-13-4-uf-19480 | {
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} | 4 UF 194/80 | 1981-01-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:53 | 2019-03-27T09:41:56 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1981:0113.4UF194.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Fa-miliengericht - Siegburg vom 22.8.1980 - 36 F 92/79 - wird auf Kosten der An-tragstellerin zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die weitere Beschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 22.8.1980 hat das Familiengericht den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien durchgeführt. Dabei ist zunächst ein Ausgleich gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB durchgeführt worden, der von den Beteiligten nicht angegriffen wird. Außerdem aber hat das Familiengericht den Antragsgegner verurteilt gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB zur Begründung von Anwartschaften in Höhe von monatlich 9,82 DM einen Betrag von 1.761,36 DM auf das Versicherungskonto der Antragstellerin zu zahlen. Dabei ist es</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">davon ausgegangen, daß von den durch den Antragsgegner bei der S. Zusatzversorgungskasse erworbenen Anwartschaften nur die der Höhe nach bereits unverfallbar gewordene während der Ehezeit erworbene Versicherungsrente von 155,-- DM, die nicht dynamisch ist, in den Versorgungsausgleich einbezogen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen am 29.9.1980 zugestellten Beschluß hat die Antragstellerin am 8.10.1980 befristete Beschwerde eingelegt, die sie am 5.11.1980 begründet hat. Sie ist der Ansicht, die von dem Antragsgegner während der Ehezeit erworbenen Anwartschaften</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">auf eine Versorgungsrente in Höhe von 196,30 DM, die dynamisch ist und sich etwa wie eine Beamtenpension erhöht, sei in den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, weil sie insgesamt unverfallbar sei. Der Antragsgegner habe daher Zahlungen zur Begründung von Anwartschaften in Höhe von insgesamt 98,15 DM monatlich, bezogen auf den 28. 2.1979, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in C. Berlin, Konto Nr. XX XXXXXX H XXX zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er ist der Ansicht, daß das Familiengericht zu Recht nur die Versicherungsrente zugrundegelegt habe. Beide Parteien bitten, die weitere Beschwerde zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 621 e, 516, 519 ZPO zulässig. In der Sache kann sie jedoch keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Da der Antragsgegner sich der Beschwerde der Antragstellerin nicht angeschlossen und auch kein eigenes Rechtsmittel eingelegt hat, ist die Entscheidung des Familiengerichts, soweit der Antragsgegner zur Zahlung von 1.761,36 DM zur Begründung von Anwartschaften zugunsten der Antragstellerin verurteilt worden ist, nicht zur Überprüfung durch den Senat gestellt worden. Zu der Frage, ob die Regelung des § 1587 b Abs. 3 BGB mit der Verfassung in Einklang steht, braucht der Senat in dem vorliegenden Fall deshalb nicht Stellung zu nehmen, weil die jetzige Entscheidung nicht zu einer weiteren Verurteilung des Antragsgegners führt. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats ist die angefochtene Entscheidung des Familiengerichts richtig. Das Familiengericht hat zu Recht bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 b Abs. 3 BGB die Anwartschaften des Antragsgegners bei der S.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Versorgungskasse nur in Höhe der unverfallbaren nicht dynamischen Versicherungsrente, nämlich mit 155,-- DM herangezogen. Die dynamischen Versorgungsanwartschaften in Höhe von 196,30 DM können nicht in den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">einbezogen werden, sondern sind dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Nach der Auskunft der Rheinischen Zusatzversorgungskasse vom 20. 6<b>.</b>1980 hat der Antragsgegner während der Ehezeit vom 1.5.1963 bis zum 28.2.1979 Anwartschaft auf eine Versorgungsrente in Höhe von 196,30 DM erworben. Der Wert dieser Anwartschaft</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">steigt in nahezu gleicher Weise wie der Wert der in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB genannten Anwartschaften. Die Frage, ob diese Versorgungsrente, die nur gezahlt wird, wenn der Versicherte im Versicherungsfall noch im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, als unverfallbar anzusehen und deshalb in den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen ist oder nicht, ist in der Rechtsprechung umstritten. Während das OLG Bamberg (FamRZ 80/161), das OLG Zweibrücken (FamRZ 80/804: und das OLG München (FamRZ 80/598J die Versorgungsrente voll einbeziehen, sobald die satzungsmäßige Wartezeit erfüllt ist, sind andere Oberlandesgerichte der Auffassung, daß die Versorgungsrente erst mit Eintritt des Versicherungsfalles unverfallbar wird und deshalb vorher nicht berücksichtigt werden kann, (s. OLG Celle, FamRZ 80/164; OLG Hamm FamRZ 80/1016; OLG Düsseldorf FamRZ 80/1018 und OLG Hamburg FamRZ 80/1133). Der Senat schließt sich der letztgenannten Meinung an, wie auch bereits</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">in dem Beschluß des Senats vom 9. 3. 1979 -4 UF 239/78- geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das OLG Bamberg und die erstgenannte Meinung vertreten die Auffassung, die Versorgungsrente sei schon dann als unverfallbar anzusehen, wenn die satzungsmäßig vorgesehene Wartezeit erfüllt und damit die Anwartschaft erworben sei. Der Begriff der "Unverfallbarkeit" in § 1587 a 11 Nr. 3 BGB beziehe sich nur auf die eigentliche betriebliche Altersversorgung und müsse im Bereich der beamtenähnlichen Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes großzügiger gehandhabt werden. Daß die Versorgungsrente dem Versicherten unter Umständen gar nicht gezahlt werde, weil er vor Erreichen der Altersgrenze aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden sei, sei unerheblich, zumal nach der Regelvorschrift des § 1587 a Abs. VII BGB die Nichterfüllung zeitlicher Voraussetzungen</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">für die Entstehung des Versorgungsausgleichsanspruchs außer Betracht zu bleiben habe. Diese Ansicht überzeugt nicht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Gesamt-Versorgungszusage erhält die volldynamische Versorgungsrente nur der Versicherte, der die Wartezeit erfüllt hat und bei Eintritt des Versicherungsfalles noch im öffentlichen Dienst tätig ist. Scheidet er nach Erfüllung der Wartezeit (hier 60 Monate) aber vor Eintritt des Versicherungsfalles aus dem öffentlichen Dienst aus, verbleibt ihm zwar eine Versorgungsanwartschaft, aber nur die Anwartschaft auf die nicht dynamische Versichertenrente (§ 44 VBL-Satzung) oder bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 BetrAVG ( 10 Jahre Betriebszugehörigkeit oder Alter von mindestens 35 Jahren) die sogenannte qualifizierte Versichertenrente (§ 44 a VBL-Satzung). Diese beiden Renten knüpfen, wie sich auch aus der Auskunft der Rheinischen Zusatzversorgungskasse ergibt, an die geleisteten Beiträge an und sind nicht dynamisch.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Fall hat der Antragsgegner die 10-jährige Wartezeit erfüllt und damit einen der Höhe nach unverfallbaren Anspruch auf eine nicht dynamische Versichertenrente in Höhe von 155,--<b> </b>DM während, der Ehezeit erworben. Diesen Anspruch hat</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">das Amtsgericht zu Recht in den Versorgungsausgleich einbezogen. Die Versorgungsrente kann nicht einbezogen werden, weil nicht sicher ist, ob der Antragsgegner diese Rente jemals beziehen wird da die Möglichkeit besteht, daß der Antragsgegner vorzeititg aus dem öffentlichen Dienst ausscheidet. Mit dem Begriff "Unverfallbarkeit" in § 1587 a 11 Nr.3 S. 3 BGB soll gerade gewährleistet werden, daß nur solche Versorgungsanwartschaften ausgeglichen werden, die in der Zukunft nicht mehr beeinträchtigt werden können, dem Arbeitnehmer also auch bei Wechsel des Arbeitsplatzes verbleiben. Die Versorgungsrente kann aber bei Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst noch wegfallen und durch die in der Regel niedrigere und nicht dynamische Versichertenrente ersetzt werden. Würde man dennoch (möglicherweise wegen der Seltenheit des Stellenwechsels im öffentlichen Dienst) die Versorgungsrente voll einbeziehen, würde der Antragsgegner zu erheblichen Zahlungen verpflichtet werden müssen, obwohl er möglicherweise gar nicht in den Genuß seiner Anwartschaften</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">käme. Wenn aber der künftige Bezug der Versorgungsrente nicht sicher gewährleistet ist, kann sie nicht als unverfallbar angesehen werden und deshalb nicht in den öffentlich rechtlichen Versorgungsausgleich einbezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Da die Rechtsfrage ·jedoch grundsätzliche Bedeutung hat und, soweit ersichtlich, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu dieser Frage noch nicht vorliegt, war die weitere Beschwerde zuzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 1. 095,96 DM</p>
|
315,900 | lg-wuppertal-1980-12-22-10-s-23981 | {
"id": 818,
"name": "Landgericht Wuppertal",
"slug": "lg-wuppertal",
"city": 509,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 10 S 239/81 | 1980-12-22T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:56 | 2019-03-27T09:41:55 | Anerkenntnisurteil | ECLI:DE:LGW:1980:1222.10S239.81.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 600,— DM nebst 10 % Zinsen von 300,— DM für die Zeit vom 3. Oktober bis zum 4. November 1980 und aus 600,— DM für die Zeit vom 5» November 1980 bis zum 30. April 1981 zu zahlen Zug um Zug gegen die Übergabe einer schriftlichen Abrechnung der in der Zeit vom 1. Mai bis zum 31- Oktober 1980 für das Haus I-Straße in P angefallenen Nebenkosten, aus der sich der Inhalt des Heizöltanks zum 1. Mai 1980 oder zum</p>
<ul class="ol"><li><p>1.      Oktober 1980 und der Tankinhalt zum 31. Oktober 1980 ergibt.</p>
</li>
</ul>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hatte in der Zeit vom 1.5« bis zum 31.10.1980 von dem Kläger eine Wohnung in dessen Hause I-Straße in P gemietet. Die Mietzinsraten für September und. Oktober in Höhe von insgesamt 600,— DM zahlte sie nicht. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Kläger könne dieses Geld allenfalls dann beanspruchen, wenn er zuvor eine ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung erteilt habe.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 600,— DM nebst 10 <em>%</em> Zinsen für die Zeit vom 3.10. bis zum 04.11.1980 aus 300,— DM sowie für die Zeit seit dem 05.11.1980 aus 600,— DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Beklagte durch das Urteil vom 26.5.1981, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, antragsgemäß verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie greift die Rechtsauffassung des Amtsgerichts an und trägt vor, mittlerweile habe der Kläger - insoweit unstreitig - eine Nebenkostenabrechnung erteilt, diese Abrechnung sei jedoch nicht ordnungs gemäß.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bittet darum,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der überreichten Unterlagen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe</span></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zulässig, führt jedoch nur teilweise zum Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Daß dem Kläger an sich ein Anspruch auf Zahlung der “beiden Mietzinsraten für September und Oktober 1980 in Höhe von insgesamt 600,— DM gegen die Beklagte zusteht, ist zwischen den Parteien außer Streit.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Diesem Anspruch steht jedoch seit dem 1.5.1981 ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten entgegen. Seit diesem Zeitpunkt hat die Beklagte nämlich einen Anspruch gegenüber dem Kläger auf Erteilung einer Nebenkostenabrechnung. Für den Zeitraum vor dem 1.5.1981 bestand ein solcher Anspruch nicht. Denn der Kläger konnte erst im April 1981 sämtliche Nebenkosten ermitteln. Bis April 1981 hat er nämlich nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag auf den Grundabgabenbe- scheid der Stadt P gewartet.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat den Anspruch der Beklagten auf Erteilung einer Nebenkostenabrechnung noch nicht erfüllt. Zwar hat er der Beklagten im Juni 1981 eine Nebenkostenabrechnung übersandt und die darin enthaltenen Angaben in einem weiteren Schreiben vom 1.9.1981 erläutert. Diese Nebenkostenabrechnung ist aber in einem Punkt nicht ordnungsgemäß. Der Kläger hat nämlich den Anfangs- und Endbestand des Heizöls lediglich für die Stichtage 1.1. und 31.12.1980 mitgeteilt; den auf die Beklagte entfallenden Anteil der Kosten für die Beschaffung des Heizöls hat er dann dadurch errechnet, daß er die Gesamtkosten auf die beiden Wohnungen des Hauses und auf den einen Monat der Heizperiode, der in die Mietzeit der Beklagten fiel, umgelegt hat. Dieses Verfahren erfüllt nicht die Anforderungen, die an eine Nebenkostenabrechnung zu stellen sind.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Vermieter ist verpflichtet, die Nebenkosten zu ermitteln, die auf die Wohnung und auf die Mietzeit des Mieters entfallen. Dies muß er in einer für den Mieter nachvollziehbaren und nachprüfbaren Weise tun. Zieht der Mieter während des Abrechnungsjahres ein bzw. aus, muß sich demnach aus der Nebenkostenabrechnung eindeutig ergeben, welcher Teil der Nebenkosten gerade auf den Teil des Abrechnungsjahres entfallen sind, in dem der Mieter die Wohnung bewohnt hat. Dazu ist es bezüglich der Kosten für die Beschaffung von Heizöl erforderlich, den beim Einzug des Mieters oder bei dem späteren Beginn der Heizperiode vorhandenen Inhalt des Heizöltanks festzustellen, die während der Mietzeit des Mieters gekauften Heizölmengen hinzuzuziehen und den Tankinhalt zum Zeitpunkt des Auszugs des Mieters wieder abzuziehen, dies alles unter Angabe der entsprechenden Preise. Nur wenn diese Angaben in der Nebenkostenabrechnung enthalten sind, kann der Mieter nachvollziehen, welche Nebenkosten auf seine Mietzeit entfallen sind. Legt man dagegen wie es der Kläger getan hat - den GesamtJahresverbrauch auf die einzelnen Monate der Heizperiode um, so besteht die Möglichkeit, daß der Mieter Heizöl mitbezahlen muß, das erst nach dem Ende seiner Mietzeit und zu höheren Preisen eingekauft worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Eine weitere Unrichtigkeit dieses Umlegungsmaßstabs ergibt sich daraus, daß während der einzelnen Monate der Heizperiode nicht jeweils gleichviel Heizöl verbraucht wird. So wird im Oktober regelmäßig mit geringerem Energieeinsatz geheizt als etwa im Dezember oder Januar.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Abgesehen von dieser fehlenden Angabe des auf die Mietzeit der Beklagten bezogenen Anfangs- und Endbestands des Heizöls ist die Nebenkostenabrechnung des Klägers ordnungsgemäß, weil nachprüfbar.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">In sachlicher Hinsicht wird der Kläger allerdings bei der Erteilung der neuen Nebenkostenabrechnung zu berücksichtigen haben, daß er den Anfangs- und Endbestand des Heizöls nicht - wie geschehen - zu einem Durchschnittspreis bewerten darf. Er muß vielmehr die Preise zugrunde legen, die für diejenigen Lieferungen gezahlt worden sind, aus denen sich der Anfangs- und Endbestand jeweils zusammensetzt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird der Kläger zu berücksichtigen haben, daß die Kosten für Immissionsmessung, Heizungswartung und Kaminkehren nicht auf die gesamten zwölf Monate des Jahres, sondern nur auf die sieben Monate der Heizperiode umgelegt werden dürfen. Denn auch dabei handelt es sich um Heizkosten.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten führt gemäß §§ 273, 274 BGB nicht zur Abweisung der Klage, sondern zu einer Verurteilung der Beklagten Zug um Zug gegen Erfüllung der Gegenleistung des Klägers.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die zuerkannten Zinsen stehen dem Kläger gemäß §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2 BGB zu. Für die Zeit seit dem 1.5.1981 kann er keine Zinsen verlangen, weil sein Anspruch ab diesem Zeitpunkt durch das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten gehemmt ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 600,— DM.</p>
|
315,901 | ovgnrw-1980-12-17-2-a-201880 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 2 A 2018/80 | 1980-12-17T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:58 | 2019-03-27T09:41:55 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1980:1217.2A2018.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wird das angefochtene
Urteil teilweise geändert.</p>
<p></p>
<p>Der Bescheid vom 21. Dezember 1978 und der Widerspruchsbescheid vom 12.
Februar 1979 werden nur hinsichtlich eines Betrages von 43,35 DM aufgehoben. Im
übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 5/6 und der
Beklagte zu 1/6.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 27. Dezember 1978 zog der Beklagte die Kläger zu
Straßenreinigungsgebühren für den B. Weg in Höhe von 260,08 DM für das Jahr 1979
heran. Dabei ging er von einer Frontlänge (des Hausgrundstücks B. Weg 13) von 45 m
und einen Gebührensatz von 5,78 DM je m bei einmaliger wöchentlicher Reinigung
aus. Grundlage der Heranziehung war die Satzung über die Straßenreinigung und die
Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. vom 31. Oktober 1978.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Den Widerspruch der Kläger wies der Beklagte durch Bescheid vom 12. Februar
1979 zurück.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Ihre am 14. März 1979 erhobene Klage haben die Kläger wie folgt begründet: Ihre
Heranziehung sei rechtswidrig, weil der Berchemer Weg zu Unrecht in das
Straßenreinigungsverzeichnis aufgenommen worden sei. Die Stadt hätte wie bei den
im einzelnen bezeichneten vergleichbaren Straßen im Ortsteil K. die Reinigung auch
weiter den Anliegern überlassen müssen; die gesetzlichen Voraussetzungen (§4 Abs.
1 Satz 2 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen (StrReinG NW) vom
18. Dezember 1975, GV NW S. 706) dafür lägen vor: die Straße diene ganz
überwiegend der Erschließung der Grundstücke, und die Reinigung durch die
Gemeinde erfordere einen unverhältnismäßig hohen technischen und finanziellen
Aufwand. In den ersten drei Monaten des Jahres 1979 sei nämlich die Stadt E. wegen
des strengen Winters ihrer Reinigungspflicht nicht nachgekommen, auch nicht durch
Leistungen der Winterwartung. Gebühren für nicht erbrachte Reinigungsleistungen
könne die Stadt außerdem nicht durch entsprechende Bestimmungen ihrer Satzung
sicherstellen. Solange die Eigentümer gereinigt hätten, seien die geschilderten
Störungen nicht eingetreten, ausgenommen in den Wintermonaten. Darüber hinaus sei
der Gebührensatz der Reinigungsleistung nicht äquivalent und demgemäß
unverhältnismäßig hoch; denn die Reinigung vor ihrem Grundstück nehme jeweils nur
eine Minute in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Bescheid über Grundbesitzabgaben des Beklagten vom 27. Dezember 1978
hinsichtlich der Straßenreinigungsgebühren und den Widerspruchsbescheid vom 12.
Februar 1979 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er hat die Auffassung vertreten, die Kläger seien zu Recht zu
Straßenreinigungsgebühren herangezogen worden. Insbesondere sei der B. Weg
zutreffend in das Straßenreinigungsverzeichnis aufgenommen worden. Die Reinigung
sei auch ordnungsgemäß erfolgt. Nur wegen der außerordentlichen
Witterungsverhältnisse sei es vorübergehend in den Monaten Januar und Februar
1979 zu Einschränkungen und Verspätungen gekommen. Daher sei der B. Weg bis
Anfang März 1979 nur punktmäßig von Unrat gesäubert worden. Der Winterwartung
werde in der Regel genügt, wenn die Hauptverkehrsstraßen befahrbar gehalten
würden. Eine Ermäßigung wegen vorübergehender Einschränkungen,
Unterbrechungen oder Verspätungen der Reinigung durch Witterungseinflüsse bestehe
satzungsgemäß nicht. Inzwischen sei der B. Weg in den Streuplan B aufgenommen
worden. Die Gebührensätze verstießen nicht gegen das Äquivalenzprinzip.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben
aus der Erwägung, die der Heranziehung zugrundeliegende Satzung - nunmehr in der
Fassung der Satzung zur Änderung der Satzung über die Straßenreinigung und die
Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. vom 30. Oktober 1979 - sei
nichtig, soweit in ihr der Frontmetermaßstab als Gebührenmaßstab festgesetzt
worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen diese ihm am 15. September 1980 zugestellte Entscheidung richtet der
Beklagte seine am 6. Oktober 1980 eingegangene, vom Verwaltungsgericht
zugelassene Berufung. Er tritt der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegen. Zu
Art und Umfang der Winterwartung trägt er vor: In der Stadt E. werde kein Schnee
geräumt, weil dies unmöglich sei. Die Straßen seien zu schmal, um den Schnee lagern
zu können. Außerdem nähmen die am Straßenrande geparkten Kraftwagen den
Lagerraum weg. Darüber hinaus beschädigte die maschinelle Schneeräumung mit
Schneeschiebern die Fahrbahn und die darauf befindlichen Verkehrseinrichtungen. Bei
einer maschinellen Räumung bleibe der Schnee auch noch in 5 cm Höhe liegen. Die
Beseitigung der Schneedecke mit der Hand habe schon vor etwa vier bis fünf Jahren,
als dies einmal versucht worden sei, täglich etwa 600.000,- DM gekostet, so daß man
wegen der hohen Aufwendungen davon wieder abgesehen habe. Wenn
ausnahmsweise Schnee geräumt werde, z.B. im räumlichen Bereich einer Ausstellung,
so würden die Kosten aus allgemeinen Finanzmitteln aufgebracht. Unter diesen
Umständen werde im Rahmen der Winterwartung nur Salz gestreut. Dafür bestünden
die Streupläne A 1 und A 2 sowie B. Während nach den Streuplänen A 1 und A 2 die
Hauptverkehrsstraßen gestreut würden, betreffe der Streuplan B die wichtigen
Zubringerstraßen zu den Hauptverkehrsstraßen. Der Streudienst laufe zeitlich so ab,
daß die Straßen auch innerhalb des Streuplanes B nach einigen Stunden gestreut
seien. Sobald außerhalb der von den Streuplänen erfaßten Straßen Schnee- oder
Eisglätte auftrete, würden die gefährlichen Stellen auch dort sofort gestreut. Sämtliche
Straßen zu streuen sei finanziell nicht tragbar, jedenfalls würden die Gebühren in die
Höhe getrieben. Auf den im Rahmen des Winterdienstes geräumten Straßen würden
die gewöhnlichen Straßenreinigungsfahrzeuge nicht eingesetzt, weil sie zum Streuen
gebraucht würden oder weil sie mit Wasser arbeiteten. Dagegen werde mit der Hand
eine "Punktreinigung" durchgeführt, und zwar im satzungsgemäß vorgeschriebenen
Turnus. Dabei werde der unmittelbar sichtbare Unrat beseitigt. Für die Punktreinigung
seien im Stadtteil K. "Standposten" aufgestellt worden. In Ausnahmesituationen wie im
Winter 1978/79 werde die Punktreinigung als der gewöhnlichen Straßenreinigung
gleichwertig angesehen. Wenn bei der gewöhnlichen Reinigung Maschinen ausfielen,
werde im Wege der Handreinigung meist ein Ausgleich geschaffen, wenn nicht bereits
nachts die Maschinenreinigung nachgeholt werde.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie beziehen sich auf das angefochtene Urteil und ihr bisheriges Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der
Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Die Akten sind Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die verfahrensrechtlich unbedenkliche Berufung führt entsprechend dem
Urteilsspruch zum größeren Teile zum Erfolge, weil die Kläger dem Grunde und im
wesentlichen auch der Höhe nach wegen der Straßenreinigung gebührenpflichtig sind;
zu einem geringeren Teil muß die Berufung dagegen wegen der im Januar und
Februar 1979 ausgefallenen Winterwartung zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die gemäß §3 Satz 1 des Gesetzes über die Reinigung öffentlicher Straßen
(StrReinG NW) vom 18. Dezember 1975 (GV NW S. 706), §2 Abs. 1 Satz 1 des
Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) erlassene und
nach diesen Vorschriften erforderliche Satzung entspricht in förmlicher und sachlicher
Hinsicht den in ihren Ermächtigungsgrundlagen gestellten Anforderungen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Zwar war zunächst die Festsetzung der Gebührensätze in §6 Abs. 4 der Satzung
über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren in der
Stadt E. vom 31. Oktober 1978 nichtig, weil sie §3 Satz 1 StrReinG NW widersprach.
Danach erheben die Gemeinden von den Eigentümern der durch die Straße
erschlossenen Grundstücke bis zu 75 v.H. der Reinigungskosten als
Benutzungsgebühren nach den Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes. Diese
Beschränkung des durch Gebühren zu deckenden Anteils der Straßenreinigungskosten
kommt indes jedem gebührenpflichtigen Grundstückseigentümer zugute,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"> so die ständige Rechtsprechung des Senats, insbesondere Urteil vom 29. Mai
1979 - II A 1072/78 -, Mitteilungen des Nordrhein-Westfälischen Städte- und
Gemeindebundes (MittNWStGB) 1979, 247 (248) = Der Gemeindehaushalt (Gemht)
1979, 211 = Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 1980, 44.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber war laut Gebührenbedarfsrechnung der auf der Grundlage von 75
v.H. der Reinigungskosten ermittelte Gebührensatz von 5,50 DM je Frontmeter für
Anliegerstraßen auf 5,78 DM erhöht worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Diesen sachlichen Fehler hat der Rat der Stadt F. jedoch in dem zum Erlaß der
Satzung zur Änderung der zunächst erlassenen Satzung vom 30. Oktober 1979
führenden Verfahren ausgemerzt. Denn aufgrund erneuter Gebührenbedarfsrechnung,
der nunmehr vor allem statt der Betriebsabrechnung für 1977 und der Nachkalkulation
für 1978 eine gesichertere Grundlage aufgrund der Betriebsabrechnung für 1978
zugrundegelegen hat, hat der Rat auf der Grundlage von 75 v.H. der Reinigungskosten
einen Gebührensatz von 5,79 DM je Frontmeter ermittelt. Daran anknüpfend sind,
übereinstimmend mit der bisherigen Festsetzung in §6 Abs. 4 der Satzung, die
Gebührensätze für Straßen, die überwiegend dem Anliegerverkehr dienen, auf 5,78
DM sowie - gemäß §3 Satz 2 StrReinG NW - für Straßen, die überwiegend dem
innerörtlichen bzw. dem überörtlichen Verkehr dienen, auf 5,20 bzw. 4,62 DM
festgesetzt worden. Damit war der zunächst bestehende Mangel behoben worden,
ohne daß es dazu noch des Erlasses einer Änderungssatzung bedurft hätte,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"> vgl. (nicht veröffentlichte) Urteile des Senats vom 21. August 1978 - II A 413/76
- und vom 12. Juni 1979 - II A 849/77 -;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">denn der Beschluß über die Neuaufstellung der Gebührenbedarfsrechnung
ergänzte seinem Gegenstande nach lediglich das sonst förmlich und sachlich
ordnungsgemäß durchgeführte Aufstellungsverfahren, das bereits zu veröffentlichtem
Satzungsrecht geführt hatte. Dementsprechend wiederholt §1 Ziff. 1 der Satzung vom
30. Oktober 1979 den §6 Abs. 4 der Satzung vom 31. Oktober 1978 lediglich in
seinem bisherigen Wortlaut, läßt also nicht erkennen, worin die in der Überschrift
angekündigte und gemäß §1 Ziff. 2 der Änderungssatzung mit Rückwirkung auf den 1.
Januar 1979 ausgestattete "Änderung" der Satzung zu erblicken sein soll.
Andererseits beeinträchtigt das somit entbehrliche Satzungsverfahren nicht die
wirksame Heilung des dem §6 Abs. 4 der Satzung vom 31. Oktober 1978 zunächst
anhaftenden Mangels.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Da die Gebührensätze aufgrund einer zutreffenden Bedarfsrechnung ermittelt
worden sind, sind sie entgegen der Auffassung der Kläger der Reinigungsleistung
äquivalent und nicht etwa zu hoch, mag auch die Reinigung vor dem Grundstück der
Kläger bei einer Frontlänge von 45 m nur etwa eine Minute dauern. Ob die
Einzelreinigung in anderen Straßen - mit stärkerer Bebauung und lebhafterem Verkehr
- trotz der durchweg maschinellen Reinigung einen längeren Zeitaufwand erfordern,
läßt sich kaum messen und muß schon deshalb außer Betracht bleiben; im übrigen
wird stärkeren Schmutzanfall durch mehrfache Reinigung in der Woche begegnet. Die
zutreffende Gebührenbedarfsrechnung bedarf auch nicht der von den Klägern
vorgeschlagenen Probe, indem ihr eine auf das frühere Kettwiger Stadtgebiet
beschränkte Gebührenbedarfsrechnung gegenübergestellt wird.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Gültigkeit der Satzung über die Straßenreinigung und über die Erhebung von
Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. erstreckt sich, entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts, auch auf die in §6 Abs. 1 der Satzung gemäß §2 Abs. 1 Satz 2
KAG vorgenommene Bestimmung (u.a.) des Frontmetermaßstabes als
Gebührenmaßstab. Dieser Maßstab ist zwar wegen der Unmöglichkeit, den Umfang
der Inanspruchnahme der Einrichtung "Straßenreinigung" durch die einzelnen
Grundstückseigentümer genau zu bemessen, kein Wirklichkeitsmaßstab (§6 Abs. 3
Satz 1 KAG), wohl aber ein gemäß §6 Abs. 3 Satz 2 a.a.O. zulässiger
Wahrscheinlichkeitsmaßstab, weil er nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zur
Inanspruchnahme steht. Davon ist der</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Senat in seinem Urteil vom 29. Mai 1979 (a.a.O.)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">ausgegangen; daran hat er seitdem gegenüber auftreten Bedenken stets
festgehalten,</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"> vgl. Urteile vom 11. September 1979 - II A 872/79, 655/79 -, 20. November
1979 - II A 1103/79, 1126/79 -, Städte- und Gemeinderat (StGR) 1960, 117 (118),
28. Mai 1980 - 2 A 1130/79, 1131/79, 1133/79 -.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auch die in dem angefochtenen Urteil angebrachte Kritik veranlaßt den Senat nicht
zu einer Änderung seiner Rechtsprechung.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Daß sich der Senat auch darauf berufen hat, der Frontmetermaßstab sei schon
unter der früheren Rechtslage als gültiger Maßstab anerkannt worden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"> vgl. das Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O. und den dort angeführten Beschluß des
Bundesverwaltungsgerichts vom 18. April 1974 - VII B 82.73 -, KStZ 1974, 172,</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">stellt keinen Vergleich mit Verhältnissen dar, die für die gegenwärtige Rechtslage
ohne Belang wären.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es ist zwar richtig, daß nach früherem Recht den Anliegern die Pflicht
abgenommen wurde, die Straße selbst zu reinigen. Es ist auch richtig, daß die den
Anliegern durch Ortstatut nach §5 des preußischen Gesetzes über die Reinigung
öffentlicher Wege vom 1. Juli 1912, prGS NW 36, (WRG) auferlegte Verpflichtung
immer darin bestand, den Straßenabschnitt vor ihren Grundstücken zu reinigen (wobei
dahingestellt bleiben mag, ob die Konkretisierung der Reinigungspflicht nach dem
Gesetz nicht auch in anderer Weise hätte vorgenommen werden können). Insofern
bestand die Leistung der gemeindlichen Straßenreinigung seinerzeit in der Abnahme
der Pflicht, den Straßenabschnitt vor dem eigenen Grundstück zu reinigen. Darin
erschöpfte sich aber nicht die Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Anderenfalls
wäre nach früherem Recht die volle Reinigungsgebühr für einen
Grundstückseigentümer auch dann entstanden, wenn die Gemeinde nur den
Straßenabschnitt vor der Grundstücksfront, die gesamte übrige Straße aber nicht
gereinigt hätte. Ein derartiges Ergebnis kann nicht richtig sein. Der Senat hat jedenfalls
seinem</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"> Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">ebenso wie seinem</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"> Urteil vom 18. Dezember 1979 - II A 339/78 - (n.v.).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">die Rechtsauffassung zugrundegelegt, daß auch nach früherem Recht
Gebührentatbestand die Reinigung der ganzen Straße war. Der Senat hat also
insoweit nicht - wie das Verwaltungsgericht annimmt - eine einschneidende Änderung
des straßenreinigungsrechtlichen Leistungsbegriffs übersehen. Er hat lediglich das
frühere Recht anders ausgelegt als das Verwaltungsgericht.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wenn der Senat in seinem</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"> Urteil vom 29. Mai 1979 a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">ausgeführt hat, an der tatsächlichen Ausgangslage habe sich nichts geändert, es
komme "nämlich nicht auf die räumliche Aufteilung des Reinigungsvorganges nach der
Frontlänge der Anliegergrundstücke, sondern auf eine Verteilungsmethode an, die
einen Bezug zur ersparten Reinigung durch die Anlieger selbst hat", dann hat er damit
folgendes sagen wollen: Für den Maßstab zur Bemessung der
Straßenreinigungsgebühren ist die Aufteilung des Reinigungsvorganges nach der
Grundstücksfrontlänge nicht - ebensowenig wie nach früherem Recht - rechtlich
geboten. Wohl aber ist es zulässig, die Inanspruchnahme der gemeindlichen
Einrichtung "Straßenreinigung" - ebenso wie nach früherem Recht - nach dem Umfang
der Reinigungsleistung zu bemessen, welche die Eigentümer der erschlossenen
(früher angrenzenden) Grundstücke anderenfalls selbst erbringen würden. Der Senat
hat also lediglich diesen Ansatzpunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit eines
Maßstabes zur Bemessung der Straßenreinigungsgebühren aus dem früheren Recht
übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Bemessung der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
"Straßenreinigung" nach dem Umfang der anderenfalls erbrachten Eigenleistungen ist
nach §6 Abs. 3 Satz 2 KAG zulässig, weil ein so gewonnener Maßstab nicht in einem
offensichtlichen Mißverhältnis zu der Inanspruchnahme der Einrichtung steht. Wie
sachgerecht diese Betrachtungsweise ist, kann man erkennen, wenn man sich
vorstellt, die öffentliche Einrichtung bestehe lediglich in Reinigungsgeräten
(Kehrmaschine, Besen usw.), die den zur Reinigung verpflichteten
Grundstückseigentümern nacheinander zur Reinigung einer bestimmten Strecke zur
Verfügung gestellt werden; die Grundstückseigentümer würden dann die Einrichtung
im Umfang der Erfüllung ihrer eigenen Reinigungspflicht benutzen. Eine derartige
Vorstellung ist um so mehr gerechtfertigt, als die Inanspruchnahme der
Straßenreinigung - wie auch das Verwaltungsgericht betont - nur fingiert wird.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht geht offenbar davon aus, daß eine bestimmte, räumlich
abgegrenzte Reinigungsleistung bestimmten Grundstückseigentümern zuzurechnen
sei. Dies ist nur bedingt richtig. Der Gebührentatbestand ist allerdings nur verwirklicht,
wenn die die Grundstücke unmittelbar erschließende Straße (ganz) gereinigt wird; die
öffentliche Einrichtung wird also immer nur hinsichtlich einer Straße in Anspruch
genommen. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die ganze Einrichtung in Anspruch
genommen wird. Daher muß die Aufteilung der Reinigungsleistung zum Zwecke der
Zuordnung zu einzelnen Grundstückseigentümern nicht unbedingt in denselben
räumlichen Grenzen erfolgen wie die Verwirklichung des Gebührentatbestandes. Es
kommt demnach nicht auf die unterschiedliche Länge der einzelnen Straßen an.
Vielmehr kann die Aufteilung der Reinigungsleistung zum Zwecke der Zuordnung an
gebührenpflichtige Grundstückseigentümer (die Festlegung der Maßstabseinheiten) in
größeren räumlichen Einheiten erfolgen, grundsätzlich unter Einbeziehung aller von der
Reinigung erfaßten Straßen der Gemeinde. Die Aufteilung der Reinigungsleistung muß
auch nicht unbedingt an die räumliche Ausdehnung der Reinigungsobjekte und der
konkreten Kehrstrecken anknüpfen. Es genügt, daß die Leistung nach
grundstücksbezogenen Gesichtspunkten quantitativ geteilt und auf diese Weise den
einzelnen Grundstückseigentümern zugerechnet werden kann. Daher sind auch andere
Maßstäbe - wie etwa die Grundstücksfläche oder die Grundstücksnutzung - zulässig.
Der Maßstab ist lediglich ein rechnerisches Hilfsmittel zur Bemessung der vom
einzelnen Straßenreinigung zu zahlenden Benutzungsgebühren, das an die gedachte
Aufteilung einer unterstellten eigenen Reinigung durch die Grundstückseigentümer
anknüpft, ohne damit aber eine bestimmte Kehrstrecke in der Örtlichkeit im Auge zu
haben.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der vom Verwaltungsgericht für zulässig gehaltene Straßenlängenmaßstab führt
jedenfalls im Ergebnis zu unterschiedlichen Gebührensätzen für unterschiedliche lange
Straßen. Ein solcher Maßstab wäre nach der Rechtsprechung des Senats nur dann
zulässig, wenn für jede Straße eine besondere Kostenermittlung stattfände, was aber
vom Verwaltungsgericht gerade nicht vorausgesetzt wird. Dieser Maßstab geht aber
vor allem zu Unrecht davon aus, daß die Reinigungsleistung innerhalb derselben
Straße von allen Eigentümern in gleichem Umfange in Anspruch genommen wird.
Dabei wird die Grundstücksbezogenheit des Maßstabs vernachlässigt, die sich aus
der in §3 StrReinG NW getroffenen Regelung des Gebührentatbestandes und des
Kreises der Abgabepflichtigen ergibt. Damit erweist sich der Straßenlängenmaßstab
als ein unzulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab, weil er in einem offensichtlichen
Mißverhältnis zur Inanspruchnahme der Reinigung steht.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der in §6 Abs. 1 der Satzung geregelte, mithin grundsätzlich zulässige
Frontmetermaßstab entspricht auch insoweit dem Gesetz, als in Satz 2 und 3 die
Hinterliegergrundstücke zutreffend erfaßt werden. Die genannten Bestimmungen
lauten:</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"> Grenzt ein durch die Straße erschlossenes Grundstück nicht oder nicht mit der
gesamten der Straße zugewandten Grundstücksseite an diese Straße, so wird an
Stelle der Frontlänge bzw. zusätzlich zur Frontlänge die der Straße zugewandte
Grundstücksseite zugrundegelegt.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Als der Straße zugewandt im Sinne des Satzes 2 gilt eine Grundstücksseite,
wenn sie parallel oder in einem Winkel von weniger als 45 Grad zur Straße
verläuft.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Damit hat die Stadt Essen in Übereinstimmung mit dem</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks"> Urteil des Senats vom 29. Mai 1979 - II A 1072/78 - (a.a.O.)</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">für die Hinterliegergrundstücke eine fiktive Frontlänge bestimmt, die eine
Gleichbehandlung mit den an die Straße grenzenden Grundstücken sicherstellt.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Satzung über die Straßenreinigung und über die Erhebung von
Straßenreinigungsgebühren in der Stadt E. begegnet ferner nicht den von den Klägern
geltend gemachten besonderen Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Nach dem der Satzung beigefügten Straßenreinigungsverzeichnis, das gemäß §2
Abs. 1 Satz 3 der Satzung deren Bestandteil ist wird die Fahrbahn des B. Weges von
der Stadt E. gereinigt; diese der Stadt E. gemäß §1 StrReinG NW obliegende Pflicht
ist also nicht gemäß §4 Abs. 1 Satz 2 a.a.O. den Eigentümern der an die Straße
grenzenden und durch sie erschlossenen Grundstücke übertragen worden. Dazu
bestand auch keine Verpflichtung. Selbst wenn nämlich der E. Weg, wie §4 Abs. 1
Satz 2 a.a.O. voraussetzt, ganz überwiegend der Erschließung der Grundstücke
dienen und überdies die Reinigung durch die Gemeinde - im Widerspruch zum ersten
Anschein - einen unverhältnismäßig hohen technischen oder finanziellen Aufwand
erfordern sollte, hätte die Stadt E. die Reinigung der Fahrbahn den Eigentümern zu
Recht nicht übertragen, weil dies nach dem Gesetz in ihrem Ermessen lag. Von ihrem
Ermessen hat die Stadt E. um so berechtigteren Gebrauch gemacht, als die
gesetzliche Ermächtigung die Gemeinden von deren Reinigungspflicht entlasten, nicht
aber den Grundstückseigentümern unter gewissen Voraussetzungen die Reinigung der
Fahrbahn vorbehalten will. Daran hat sich durch die Neufassung des §4 durch das
Gesetz zur Änderung des Straßenreinigungsgesetzes NW vom 11. Dezember 1979,
GV NW 914, im Grundsatz nichts geändert; die Übertragungsmöglichkeit (Abs. 1 Satz
2) ist lediglich zu Gunsten der Gemeinde erleichtert worden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Dagegen hat die Stadt E., wie sich aus §20 Abs. 1 Satz 1 (letzter Halbsatz) der
Satzung in Verbindung mit der Übersicht eingangs des
Straßenreinigungsverzeichnisses ergibt, gemäß §4 Abs. 1 Satz 1 StrReinG NW die
Winterwartung aller Gehwege den Eigentümern der an die Straße grenzenden und
durch sie erschlossenen Grundstücke auferlegt, die Gehwegreinigung außerhalb der
Winterwartung dagegen bei der städtischen Reinigung belassen. Auch in diesem
Umfange hat die Stadt ihr Ermessen sachgerecht ausgeübt.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Stimmt somit die Aufnahme des B. Weges in das Straßenreinigungsverzeichnis mit
dem Gesetz überein, ohne daß es noch eines Vergleiches mit den von den Klägern
bezeichneten anderen Straßen bedürfte, so sind die Kläger als Eigentümer ihres von
der Straße erschlossenen Grundstückes gemäß §5 Satz 1, §7 Abs. 1 der Satzung
gebührenpflichtig.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Ihre Heranziehung ist jedoch der Höhe nach nicht in vollem Umfange gerechtfertigt,
weil der Gebührentatbestand, nämlich die Reinigung des B. Weges (§5 der Satzung),
in den Monaten Januar und Februar 1979 ausweislich der überreichten
Reinigungsnachweise nicht erfüllt worden ist. Denn in dem bezeichneten Zeitraum ist
die wegen Schnees und Glätte allein in Betracht kommende Winterwartung, die Teil
der Reinigung ist (§1 Abs. 2 StrReinG NW), nicht durchgeführt worden, weil die Stadt
weder Schnee geräumt (§1 Abs. 2 Ziff. 1 a.a.O.) noch gestreut (§1 Abs. 2 Ziff. 2
a.a.O.) hat. Damit ist der im Sinne des Gebührenrechts geschuldete Vorteil in Gestalt
einer vollständig erbrachten Reinigungsleistung nicht eingetreten, so daß die
festgesetzten Gebühren als Gegenleistung für die Leistung der in Anspruch
genommenen öffentlichen Einrichtung (§4 Abs. 2 KAG) für Januar und Februar 1979
nicht geschuldet sind.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 1979 - II A 339/78 -, zitiert bei
Loberg, Zeitschrift für Kommunalfinanzen (ZKF) 1980, 142 (143) und Wachter,
Städte- und Gemeinderat (StGR) 1980, 104 (106).</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Winterwartung anderer Straßen, die das Grundstück der Kläger nicht
unmittelbar erschließen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. §3 StrReinG NW
sieht hinsichtlich der Winterwartung keinen anderen Gebührentatbestand vor als
hinsichtlich der normalen Straßenreinigung.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Zwar bleibt eine nur geringfügige Nichterfüllung des Gebührentatbestandes zu
Recht außer Betracht (vgl. §8 Abs. 5 der Satzung). Davon kann indes hinsichtlich der
Winterwartung allenfalls dann die Rede sein, wenn sie bis zu einem Monat ausfällt. Im
vorliegenden Falle hat aber nach dem Leistungsnachweis frühestens am 23. Februar
1979 eine Handreinigung wieder stattgefunden. Die Straßenreinigung in Gestalt der
Winterwartung ist also weit über einen Monat, nämlich rund zwei Monate lang, nicht
erfolgt. Ob die Winterwartung des B. Weges unter den seinerzeit gegebenen
Umständen nach schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkt hätte durchgeführt werden
müssen, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Gebührenrechtlich ist nur
entscheidend, daß die Leistung, deren Gegenleistung die Gebühr sein soll, nicht
erbracht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber fallen die nach den Leistungsnachweisen im Januar und Februar
durchgeführten Punkteinigungen nicht ins Gewicht. Sie spielen gegenüber der im
Vordergrunde stehenden Hauptleistung der Winterwartung keine ausschlaggebende
Rolle, weil sie keinen nennenswerten Einfluß auf die Benutzbarkeit einer Straße bei
Schnee- und Eisglätte haben.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Dagegen hat die Straßenreinigung in vollem Umfange ab März 1979 wieder
eingesetzt, wie die Leistungsnachweise ergeben. Der Behauptung der Kläger, auch im
März sei die Straße nicht gereinigt worden, kann daher nicht gefolgt werden.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Entsprechend dem Ausfall der Reinigungsleistung ist das angefochtene Urteil
hinsichtlich der auf die Monate Januar und Februar entfallenden Reinigungsgebühren
bestätigt, im übrigen aber die Klage abgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die Kostentscheidung beruht auf §155 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); dabei sind die Kläger gemäß §159 Satz 2
VwGO als Gesamtschuldner verurteilt worden.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil das Urteil unter bundes- oder
verwaltungsverfahrensrechtlichen Gesichtspunkten keine rechtsgrundsätzlichen
Bedeutung hat und auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
abweicht (§132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2, §137 Abs. 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,902 | olgham-1980-12-17-4-ss-141580 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Ss 1415/80 | 1980-12-17T00:00:00 | 2019-03-13T15:16:59 | 2019-03-27T09:41:55 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1217.4SS1415.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Revision des Angeklagten wird auf seine Kosten verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Schöffengericht hat den Angeklagten durch das angefochtene Urteil wegen Anstiftung zur falschen
uneidlichen Aussage zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 15,- DM verurteilt und hierzu folgendes
festgestellt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><i>"Am 3.12.1977 suchte der Angeklagte mit seiner Familie das Kepa-Kaufhaus in ... auf. Während
die Ehefrau sich in der Schuhabteilung aufhielt, ging er mit der damals 10-jährigen Tochter in die Musik-
und Spielwarenabteilung. Er steckte heimlich eine Tonbandkassette in seine Manteltasche. Seine Tochter nahm
eine Barbie-Puppe zum Preis von 19,90 DM und eine Blockflöte zum Preis von 18,50 DM aus den Auslagen und
gab sie dem Vater. Dieser steckte sie in eine mitgeführte geflochtene Einkaufstasche. Er war entschlossen,
die drei eingesteckten Gegenstände unbezahlt mitzunehmen und verließ die Spielwarenabteilung zwischen
zwei Kassen in Richtung Schuhwarenabteilung.</i></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><i>Er war indessen von dem Abteilungsleiter ... beobachtet worden und wurde zum Büro gebeten. Die
Puppe und die Blockflöte wurden in der Einkaufstasche gefunden, die Kassette entnahm der Angeklagte auf
Aufforderung der Manteltasche.</i></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>Jetzt wie in dem dieserhalb eingeleiteten Strafverfahren 4 Ds 32 Js 245/78 (97/78) StA Paderborn bestritt
der Angeklagte die Wegnahme der genannten Gegenstände. Er behauptete, auf der Suche nach seinem Sohn die
Tochter zeitweise verlassen zu haben. In dieser Zeit habe ... Puppe, Flöte und Kassette an sich genommen
und in die Tasche gesteckt. Als er das entdeckt habe, sei er bestrebt gewesen, die Sachen zurückzulegen.
Dazu sei er aus Nervosität nicht gekommen. Er habe seine Frau um Rat fragen wollen. Dabei er gestellt
worden. Es habe ihn ferngelegen, das Kaufhaus mit den entwendeten Sachen zu verlassen.</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><i>Am 29.3.1978 fand in dem genannten Strafverfahren wegen Diebstahls die Hauptverhandlung vor dem
Strafrichter in Höxter statt. In ihr beantragte der Angeklagte die Vernehmung seiner Tochter ... als
Zeugin, nachdem der Abteilungsleiter ... den festgestellten Hergang des Diebstahls unter Eid bekundet
hatte. Auf die Folgen einer Falschaussage der Tochter wurde der Angeklagte hingewiesen. Er bestand auf
deren Vernehmung. Vorher hatte er seine Tochter ... instruiert, sie solle seine Darstellung bestätigen,
sie allein habe in seiner Abwesenheit die Sachen eingesteckt. ... hielt sich an diese Instruktion und
bestätigte als Zeugin seine Version. Dennoch wurde der Angeklagte wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe
verurteilt. Er hat sie inzwischen bezahlt."</i></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Einlassung des Angeklagten, er habe keinen Diebstahl begangen, seine Tochter habe mithin keine von
ihm veranlaßte Falschaussage gemacht, hat das Schöffengericht für widerlegt erachtet. Dabei
hat es die Feststellung von der Ausführung des Diebstahls durch den Angeklagten auf die im einzelnen
gewürdigte Aussage des Zeugen ... gestützt. Zur Uberzeugungsbildung hinsichtlich der dem Angeklagten
zur Last gelegten Anstiftung seiner Tochter hat das Schöffengericht folgendes ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><i>"Auch die Anstiftung zur Falschaussage der Tochter ... ist sicher erwiesen. Zu deren Aussage ist
es zwar in der jetzigen Hauptverhandlung nicht gekommen. Der Angeklagte und der Zeuge ... haben aber den
Inhalt der damaligen Darstellung der Tochter hinreichend deutlich dargestellt. Danach steht zur Überzeugung
des Gerichts der Inhalt ihrer Aussage fest, nämlich die Bestätigung der Version des Angeklagten. Ebenso
überzeugt ist das Gericht, daß die damals 10-jährige Tochter nicht aus sich heraus agiert hat,
sondern den Instruktionen des Vaters gefolgt ist. Diese Instruierung ist Anstiftung zur Falschaussage."</i></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung formellen Rechts bei der Feststellung des Sachverhalts.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie ist zunächst der Ansicht, das Schöffengericht habe gegen ein aus §§ 52, 252 StPO
herzuleitendes Verwertungsverbot verstoßen, indem es die in dem Diebstahlsverfahren gemachte Aussage der
Tochter ... festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt habe. ... sei bei ihrer Vernehmung durch den
Strafrichter erst 10 Jahre alt gewesen. Ihre Vernehmung verletzte § 52 Abs. 2 StPO, da das Mädchen
keine genügende Vorstellung von der Bedeutung des ihm zustehenden Aussageverweigerungsrechts gehabt habe.
Die Vernehmung hätte nur mit Zustimmung eines nach § 1909 Abs. 1 BGB zu bestellenden Pflegers
durchgeführt werden dürfen. Nachdem in dem vorliegenden Verfahren die Zeugin diese erforderliche
Zustimmung zur Aussage von der nunmehr bestellten Ergänzungspflegerin nicht erhalten habe, dürfe
ihre in dem Diebstahlsverfahren gemachte Aussage nach § 252 StPO nicht verwertet werden. Es bedeute eine
Umgehung des § 252 StPO, wenn das angefochtene Urteil ausführe: "... hielt sich an diese
Instruktion und bestätigte als Zeugin seine (sic. des Vaters) Version" und "der Angeklagte und
der Zeuge ... haben aber den Inhalt der damaligen Darstellung der Tochter hinreichend deutlich dargestellt".
Sei aber die Aussage der Tochter nicht existent, so könne schon begrifflich dazu nicht angestiftet worden
sein. Der Angeklagte sei daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils freizusprechen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Angriff der Verteidigung gegen das angefochtene Urteil geht fehl. Er beruht auf einer Verkennung von
Umfang und Zweck der Vorschrift des § 252 StPO. Eine wie auch immer rechtlich zu beurteilende
<u>Verwertung</u> der in dem Diebstahlsverfahren 32 Js 245/78 StA Paderborn gemachten Aussage der Tochter ...
im Sinne des § 252 StPO durch das Schöffengericht liegt nicht vor. Zwar hat das Schöffengericht
die Aussage ... im Diebstahlsverfahren als einen in der Außenwelt stattgefundenen Vorgang und den Inhalt
dieser Aussage festgestellt und der angefochtenen Entscheidung zugrundegelegt. Diese Feststellung des Aussageinhalts
stellt auch notwendig die Grundlage für das strafbare Verhalten des Angeklagten dar. Sie bedeutet damit
jedoch nur die Feststellung der der Anstiftung des Angeklagten zuzuordnenden Haupttat. Es ist der Verteidigung
insoweit zuzugeben, daß hier zwischen der Haupttat und der Anstiftung zu ihr eine enge Verbindung besteht,
jedoch nicht in dem Sinne einer Verwertung der Aussage des Kindes <u>zum Zwecke</u> der Feststellung der dem
Angeklagten zur Last gelegten Anstiftung. Der Umstand, daß die Haupttat in einem Aussagedelikt besteht,
kann, nicht zur Folge haben, daß die Zulässigkeit ihrer Feststellung an den Kriterien des § 252
StPO zu messen wäre. Die in dieser Vorschrift gemeinte und bestimmten prozessualen Beschränkungen
unterworfene <u>Verwertung</u> einer Aussage liegt nur dann vor, wenn, die Aussage dazu benutzt wird, das in
ihr geschilderte, von der Aussage als solcher zu trennende Geschehen ganz oder auch nur teilweise festzustellen.
Eine derartige Verwertung der im Diebstahlsverfahren erstatteten Aussage ... wäre demgemäß nur
dann gegeben, wenn die Bekundungen des Mädchens dazu herangezogen worden wären, das Geschehen vom
3. Dezember 1977 im Kepa-Kaufhaus zu ... aufzuklären; weiter etwa auch dann, wenn sie zum Nachweis der
Anstiftungshandlung des Angeklagten benutzt worden wären. Dies ist jedoch, wie sich aus dem angefochtenen
Urteil eindeutig ergibt, gerade nicht geschehen. Das Schöffengericht hat seine Feststellungen hinsichtlich
der Diebstahlstat vielmehr ausschließlich auf die Aussage des Zeugen ... gestützt. Es finden sich
keinerlei Hinweise auf eine etwa die Richtigkeit der Aussage des Zeugen ... unterstützende Heranziehung
der Aussage des Mädchens, auch, nicht in Form der denkbaren Erwägung, die Aussage der Zeugin sei in
sich widersprüchlich, die Selbstbezichtigung des Kindes sei deshalb unglaubhaft. Der Umstand allein,
daß das Gericht aus dem hiernach anderweitig festgestellten Diebstahlsgeschehen und der damit als falsch
festgestellten Aussage des Kindes sodann auf eine dem Angeklagten anzulastende Anstiftungshandlung geschlossen
hat, ist auch nicht als mittelbare Verwertung der Aussage des Kindes zum Nachweis des Tatvorwurfs des
vorliegenden Verfahrens zu beurteilen, die die Anwendung des ohnehin als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden
§ 252 StPO rechtfertigen könnte.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es bleibt mithin festzustellen, daß das Beweisvorgehen des Schöffengerichts hinsichtlich der
Aussage ... im Diebstahlsverfahren sich darin erschöpft, die Existenz dieser Aussage und ihres Inhalts
als Geschehnis in der Außenwelt in das Verfahren einzuführen. Die in § 252 StPO vorausgesetzte
Sachgestaltung liegt somit entgegen der Ansicht der Verteidigung nicht vor. Es kommt mithin auch nicht darauf
an, ob die Vernehmung ... im Diebstahlsverfahren rechtlich als fehlerhaft, weil - wie die Verteidigung im
übrigen ohne nähere Begründung meint - unter Verletzung des § 52 Abs. 2 StPO erfolgt, zu
beurteilen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Soweit die Verteidigung hinsichtlich der vom Schöffengericht festgestellten Veranlassung der
Falschaussage ... durch den Angeklagten die Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht beanstandet,
ist die Rüge als Verfahrensrüge unzulässig, weil es schon an der Angabe eines bestimmten, vom
Gericht fehlerhaft nicht genutzten Beweismittels zur Klärung eines bestimmten Beweisthemas fehlt. Auch
als Sachrüge greift die Revision insoweit nicht durch. Entgegen der Ansicht der Verteidigung tragen die
Feststellungen des angefochtenen Urteils die Verurteilung des Angeklagten wegen Anstiftung zur falschen uneidlichen
Aussage. Das Schöffengericht hat - wie bereits dargelegt - aus seiner Überzeugung von der Täterschaft
des Angeklagten hinsichtlich des Diebstahls und der hieraus herzuleitenden inhaltlichen Unrichtigkeit der Aussage
... auf die Veranlassung dieser Falschaussage durch den Angeklagten geschlossen. Dies ist aus Rechtsgründen
nicht zu beanstanden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach alledem mußte die Revision des Angeklagten ohne Erfolg bleiben. Das Rechtsmittel war daher mit
der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.</p>
|
315,903 | olgham-1980-12-17-5-uf-34980 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 UF 349/80 | 1980-12-17T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:01 | 2019-03-27T09:41:55 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1217.5UF349.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das am 24. Juli 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts Wetter abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine im voraus zu entrichtende monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM für die Zeit vom 24. März 1980 bis zum 30. Juni 1980, von 461,03 DM vom 01. Juli 1980 bis zum 30. September 180, von 347,78 DM vom 01. Oktober 1980 bis zum 31. Dezember 1980 und von 409,73 DM ab 01. Januar 1981 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Darüber hinaus hat der Beklagte der Klägerin einen monatlichen Vorsorgeunterhalt von 75,-- DM für Oktober bis Dezember 1980 und von 88,-- DM ab Januar 1981 zu gewähren.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 1/5 und der Beklagte 4/5; von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 3/8 und der Beklagte 5/8.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 6.000,-- DM wegen der bis einschließlich Dezember 1980 fällig gewordenen Unterhaltsbeträge und der Kosten des Rechtsstreits und in Höhe weiterer 497,73 DM monatlich wegen der ab Januar 1981 fällig werdenden Beträge abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am 11. Juni 1965 geschlossene Ehe der jetzt 34-jährigen Klägerin und des jetzt 39jährigen Beklagten ist durch Urteil des Amtsgerichts Wetter vom 29. April 1980 (5 F 192/78) seit dem 17. Juni 1980 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die Kinder xxx, geb. am 03. April 1967, sowie die Zwillinge xxx und xxx, geb. am 23. Januar 1970, hervorgegangen. Die Kinder leben im Haushalt der Klägerin, der auch das Sorgerecht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat ferner im Wege des Versorgungsausgleichs Anwartschaften des Beklagten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 189,84 DM monatlich, bezogen auf den 30. November 1978, auf die Klägerin übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat den Beruf eines Elektroinstallateurs erlernt. Er betrieb während der Ehe der Parteien bis zum Jahre 1975 zusammen mit einem Geschäftspartner ein Elektroinstallationsgeschäft in Form einer GmbH. Die Klägerin wurde in diesem Geschäft als Angestellte geführt, war sozialversichert und arbeitete im Büro mit, so wie dort Arbeit für sie anfiel. Im übrigen versorgte sie den Haushalt und widmete sich der Erziehung der Kinder. Der Beklagte erzielte aus dem Betrieb, in dem er als Geschäftsführer tätig war, in den Jahren 1974 und 1975 monatliche Nettoeinnahmen von 2.500,-- DM - 3.000,-- DM. Im Jahre 1975 erlitt der Beklagte einen Unfall. Er ist seitdem erwerbsunfähig. Außer schweren Kopfverletzungen trug er eine weitgehende Versteifung des rechten Armes davon. Aus der Elektroinstallationsfirma ist er nach Eintritt der Erwerbsunfähigkeit ausgeschieden. Auch die Klägerin war seitdem dort nicht mehr beschäftigt. Der Beklagte erhält von der xxx eine Unfallrente von 1.468,80 DM monatlich und von der xxx und xxx eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 1.932,49 DM zuzüglich einer monatlichen Kinderzulage von 579,75 DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte lebt mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen, die ihm den Haushalt führt. Für seine drei Kinder zahlt er freiwillig monatlich 1.195,-- DM Unterhalt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Auch die Klägerin, hat sich einem neuen Lebensgefährten zugewandt, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt. Dieser hilft ihr im Haushalt und beaufsichtigt die Schulaufgaben der Kinder. Die Hauptlast der Haushaltsführung liegt jedoch bei der Klägerin. Die Klägerin hat im Jahre 1978 eine Berufstätigkeit aufgenommen und arbeitete zuletzt ganztägig. Bis Juni 1980 betrug ihr monatlicher Nettoverdienst 1.381,65 DM und von Juli bis September 1980 1.700,-- DM. Seit Oktober 1980 erhält sie Arbeitslosengeld in Höhe von 277,20 DM wöchentlich, nachdem das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber zum 30. September 1980 gekündigt worden war. Zum 01. Januar 1981 tritt die Klägerin eine Stellung als Stenotypistin und Sekretärin in einem in der Nähe ihrer Wohnung gelegenen Krankenhaus an. Sie wird dort wieder etwa 1.700,-- DM netto monatlich verdienen. Das Arbeitsverhältnis ist unter Vereinbarung einer 6 monatigen Probezeit geschlossen worden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit der am 14. März 1980 erhobenen und am 24. März 1980 zugestellten Klage hat die Klägerin Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 500,-- DM ab Januar 1980 begehrt, nachdem der Beklagte diesen Betrag bis September 1979 aufgrund einer einstweiligen Anordnung im Scheidungsverfahren und sodann bis Dezember 1979 freiwillig gezahlt hatte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, soweit die Klägerin ihren Unterhalt nicht aus eigener Erwerbstätigkeit bestreiten könne, stehe ihr ein Anspruch gegen ihren Lebensgefährten xxx zu, den sie versorge und der dafür zur Zahlung eines angemessenen Entgeltes von wenigstens 500,-- DM monatlich verpflichtet sei. Das Amtsgericht hat nach Vernehmung des Zeugen xxx unter Abweisung der Klage im übrigen den Beklagten zu Unterhaltszahlungen von monatlich 181,52 DM für die Zeit vom 24. März 1980 bis zum 31. Mai 1980 und von 113,29 DM monatlich ab Juni 1980 verurteilt. Es ist davon ausgegangen, daß die Klägerin 3/7 des Unterschiedsbetrages der anrechenbaren Einkommen beider Parteien beanspruchen könne, wobei das Einkommen der Klägerin wegen fehlender Arbeitsverpflichtung nur zur Hälfte zu berücksichtigen und von dem Einkommen des Beklagten vorab der Kindesunterhalt abzusetzen sei. Demgemäß hat es für die Zeit bis Ende Mai 1980 681,52 DM und ab 01. Juni 1980 613,29 DM zugunsten der Klägerin errechnet, von diesen Beträgen aber jeweils 500,-- DM abgesetzt, weil der Zeuge xxx verpflichtet sei, diese Summe der Klägerin für Unterkunft und Verpflegung zu zahlen. Die Unterhaltsrente hat das Amtsgericht erst ab Rechtshängigkeit der Klage zugesprochen, weil die Verzugsvoraussetzungen nicht dargetan seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Im einzelnen wird ergänzend auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt die Klägerin für die Zeit vom 01. Februar 1980 bis zum 30. September 1980 ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter und verlangt ab 01. Oktober 1980 eine monatliche Unterhaltsrente von 700,-- DM sowie einen Vorsorgeunterhalt von 100,-- DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen der Unterhaltsklage für Januar 1980 haben die Parteien die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Klägerin hält die Verzugsvoraussetzungen hinsichtlich der geltend gemachten Rückstände für gegeben. Sie meint, weil der Beklagte von Januar 1980 Unterhalt in Höhe von 500,-- DM zu festen Terminen regelmäßig gezahlt habe, sei davon auszugehen, daß eine Parteivereinbarung im Sinne von § 284 Abs. 2 BGB bestanden habe und eine Mahnung entbehrlich gewesen sei. Sie ist ferner der Auffassung, als anrechenbares Einkommen dürfe nicht die Hälfte ihrer tatsächlichen Einkünfte, sondern ein um denselben Betrag ermäßigtes Einkommen angenommen werden, den der Beklagte als Barunterhalt für die Kinder zahle. Denn ihr Betreuungsunterhalt sei dem Barunterhalt des Beklagten gleichwertig. Auf fiktive Zahlungen des Zeugen xxx dürfe sie nicht verwiesen werden, weil dieser ihr für Unterkunft und Haushaltsführung nichts zahle und wegen eigener Unterhaltsverpflichtungen auch nicht zahlen könne.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zu dem verlangten Vorsorgeunterhalt macht sie geltend, sie könne sich durch eigene Erwerbstätigkeit - auch unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs - nur eine geringere Altersversorgung schaffen, als sie der Beklagte habe und es auch den Lebensverhältnissen der Parteien während der Ehe entsprochen habe. Es sei deshalb angemessen, wenn der Beklagte über die verlangte Unterhaltsrente hinaus die Prämien für eine abzuschließende, der zusätzlichen Altersversorgung dienende Lebensversicherung mit 100,-- DM monatlich zahle.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an sie einen monatlichen Unterhalt von 500,-- DM ab 01. Februar 1980 und von 700,-- DM ab 01. Oktober 1980 sowie darüberhinaus ab 01. Oktober 1980 einen monatlichen Vorsorgeunterhalt von 100,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er hält das angefochtene Urteil, insbesondere die Zurechnung eines Betrages von 500,-- DM zum Einkommen der Klägerin wegen der Versorgung des Zeugen xxx für zutreffend. Darüber hinaus ist er der Ansicht, daß für die Ermittlung seines anrechenbaren Einkommens außer dem geleisteten Kindesunterhalt weitere Beträge abzusetzen seien. Er zahle monatliche Prämien von 190,30 DM für mehrere Lebensversicherungen. Außerdem seien die Prämien von 122,40 DM für eine Zusatzkrankenversicherung vorab vom Einkommen abzuziehen. Diese Prämien beziehen sich, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, in Höhe von 60,40 DM monatlich auf eine Krankenhaustagegeldversicherung und im übrigen auf eine Krankenhauszusatzversicherung für die erste Pflegeklasse.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen seiner unfallbedingten Behinderungen macht der Beklagte abzusetzende Unkosten von 200,-- DM monatlich für die Haushaltsführung geltend. Schließlich meint er, er müsse damit rechnen, daß ihm von seiner xxx-Rente demnächst der im Wege des Versorgungsausgleichs zugunsten der Klägerin abgesplittete Betrag abgezogen werde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Verlangen auf Zahlung eines Vorsorgeunterhalts hält er in Anbetracht der eigenen Erwerbstätigkeit der Klägerin und des durchgeführten Versorgungsausgleichs für unbillig.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die zulässige, insbesondere rechtzeitig eingelegte Berufung ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann von dem Beklagten in dem sich aus dem Urteilstenor ergebenden Umfang Unterhalt verlangen. Der zuerkannte Unterhalt steht der Klägerin für die Zeit bis Juni 1980 einschließlich nach § 1361 BGB und ab Juli 1980 nach §§ 1570, 1577 Abs. 2, 1578 Abs. 1, 1581 BGB zu. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch auf Vorsorgeunterhalt ergibt sich ab 01.10.1980 aus § 1578 Abs. 3 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">1) Für die Zeit des Getrenntlebens kann die Klägerin den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Parteien angemessenen Unterhalt verlangen (§ 1361 Abs. 1 S. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Obwohl die Klägerin während der gesamten Zeit des Getrenntlebens von Januar bis Juni 1980, für die Unterhalt verlangt wird, erwerbstätig war und 1.381,65 DM netto monatlich verdient hat, war sie unterhaltsbedürftig. Denn durch ihr Arbeitseinkommen wurde ihr nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessener Unterhalt nicht gedeckt. Der Beklagte bezog in dieser Zeit erheblich höhere Renteneinkünfte, die den Lebensstandard der Parteien wesentlich mitbestimmten. An diesen Einkünften ist die Klägerin in angemessener Weise zu beteiligen. Da der Beklagte wegen seiner unfallbedingten Schädigungen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, erscheint es sachgerecht, der Klägerin 45% des Unterschiedsbetrages der <u>anrechenbaren </u>Einkommen der Parteien zuzuerkennen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung der Familiensenate des Oberlandesgerichts Hamm in gleichgelagerten Fällen (Leitlinien zum Unterhalt Nr. 30 - FamRZ 1980, 21/26).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">a) Das anrechenbare Einkommen der Klägerin bemißt der Senat auf die Hälfte ihrer tatsächlich erzielten Arbeitseinkünfte zuzüglich eines ihr zuzurechnenden monatlichen Betrages von 300,-- DM als erzielbares Einkommen aus der Versorgung ihres Lebensgefährten xxx.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Erwerbstätigkeit war der Klägerin wegen der Betreuung der drei gemeinschaftlichen Kinder der Parteien nicht zuzumuten. Das gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Klägerin während der Ehe bis zum Jahre 1975 als Angestellte im Betrieb des Beklagten geführt wurde und dort im Büro mitgearbeitet hat. Eine solche Mitarbeit im eigenen Betrieb des Ehemannes, die von der Klägerin umfang- und zeitmäßig selbst gestaltet und mit ihren Pflichten als Hausfrau und Mutter abgestimmt werden konnte, ist mit einer Berufstätigkeit an einem fremden Arbeitsplatz nicht vergleichbar.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Daß der Klägerin eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten war, führt jedoch nicht ohne weiteres dazu, das von ihr dennoch erzielte Einkommen bei der Bemessung ihres Unterhaltsanspruchs völlig unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr ist die Frage der Anrechenbarkeit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BGH, FamRZ 1979, 210; 1980, 771).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß die Klägerin eine volle Berufstätigkeit neben der Betreuung und Versorgung ihrer 3 Kinder nur durch eine über das zumutbare Maß erheblich hinausgehende Arbeitsleistung zu bewältigen vermochte, die an ihre körperliche und nervliche Leistungskraft außergewöhnliche Anforderungen stellte. Es erscheint deshalb angemessen, ihr nur den halben Arbeitsverdienst als anrechenbares Einkommen zuzurechnen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Eine Anrechnung des Arbeitseinkommens nur in Höhe eines um den vom Beklagten für die Kinder geleisteten Barunterhalt ermäßigten Betrages kommt dagegen nicht in Betracht. Zwar sind Barunterhalt und Betreuungsunterhalt grundsätzlich gleichwertig. Der Beklagte leistet aber einen Barunterhalt, der höher ist als die Hälfte des Arbeitseinkommens der Klägerin. Wenn der Klägerin die Hälfte ihrer tatsächlichen Arbeitseinkünfte anrechnungsfrei verbleibt, ist damit ihrer Doppelbelastung in Beruf und Haushalt hinreichend Rechnung getragen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus muß sich die Klägerin den Geldwert der Versorgung ihres Lebensgefährten xxx als erzielbares Einkommen zurechnen lassen. Wie zwischen den Parteien im Senatstermin vom 21. November 1980 unstreitig geworden ist, lebt der Zeuge xxx mit im Haushalt der Klägerin, ohne einen Mietanteil oder ein Entgelt für die Haushaltsführung der Klägerin zu zahlen. Auch wenn er gelegentlich der Klägerin im Haushalt hilft und die Schulaufgaben der Kinder beaufsichtigt, liegt doch das Schwergewicht der Haushaltsführung bei der Klägerin. Wenn die Klägerin diese Dienstleistungen unentgeltlich erbringt, darf das nicht zum Nachteil des ihr unterhaltspflichtigen Beklagten gehen. Im Verhältnis zum Beklagten muß sie sich das als Einkommen zurechnen lassen, was diese ihre Dienste in Geld wert sind. Denn ein unterhaltsbedürftiger Ehegatte darf nicht auf Kosten des unterhaltsverpflichteten, getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten einem Dritten unentgeltlich oder gegen ein unverhältnismäßig geringes Entgelt Dienste leisten (BGH FamRZ 1980, 40, 42; 665/666; 880).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Den Geldwert der von der Klägerin für den Zeugen xxx erbrachten Leistungen schätzt der Senat unter Berücksichtigung der vorerwähnten Art der Aufgabenverteilung zwischen dem Zeugen und der Klägerin auf 300,-- DM monatlich. Einen solchen Betrag kann der Zeuge xxx der Klägerin auch in Anbetracht seiner eigenen Unterhaltsverpflichtungen zahlen, da ihm jedenfalls sein Selbstbehalt verbleibt, der gerade seiner persönlichen Versorgung dienen soll.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die 300,-- DM monatlich gehören voll zum anrechenbaren Einkommen der Klägerin. Ihre Dienste erbringt die Klägerin ausschließlich im eigenen Interesse bzw. zum Vorteil ihres neuen Lebensgefährten. Im Verhältnis zu dem ihr als ihrem geschiedenen Ehemann unterhaltspflichtigen Beklagten erscheint es nicht gerechtfertigt, diese ihr zurechenbaren Einkünfte wie echtes Arbeitseinkommen nur teilweise anzurechnen, zumal insoweit auch kein Anreiz für die Klägerin geschaffen werden muß, um durch eigene Erwerbstätigkeit die Unterhaltspflicht des Beklagten möglichst gering zu halten. Allerdings sind diese mit 300,-- DM zu bemessenden fiktiven Einkünfte der Klägerin als Teil ihres anrechenbaren Einkommens in die<b> </b>Vergleichsberechnung mit dem anrechenbaren Einkommen des Beklagten einzubeziehen und nicht, wie das Amtsgericht es getan hat, nach Durchführung dieser Vergleichsberechnung von dem sich sodann ergebenden Unterhaltsanspruch der Klägerin abzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Es ergibt sich demnach bis Juni 1980 folgendes anrechenbare monatliche Einkommen der Klägerin:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">690,83 DM (1.381,65 DM : 2) </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">+ <u>300,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">990,83 DM.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">b) Die monatlichen Einkünfte des Beklagten betragen:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">1.468,80 DM xxx-Rente </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">+ 1.932,49 DM Unfallrente</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><u>+ 579,75 DM</u> Kinderzulage </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">3.981,04 DM.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Abzusetzen ist an sich vorab von der Kinderzulage ein Betrag in Höhe des gesetzlichen Kindergeldes von 350,--DM. Denn die Zahlung des staatlichen Kindergeldes entfällt gemäß § 8 BKGG wegen der Leistung dieser Zulage zur Rente. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, die Kinderzulage in Höhe des staatlichen Kindergeldes wie Kindergeld zu behandeln. Kindergeld hat aber grundsätzlich bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens unberücksichtigt zu bleiben. Es steht beiden Elternteilen je zur Hälfte zu, wenn diese - wie hier - durch die Betreuung der Kinder bzw. durch Zahlung einer Unterhaltsrente gleichwertige Unterhaltsbeiträge leisten (vgl. BGH , FamRZ 1978, 177 = NJW 1978, 753). Dabei hat der Ausgleich der Kindergeldanteile zwischen den Eltern über den Kinderunterhalt zu erfolgen. Im vorliegenden Fall hat also der Beklagte über den Tabellenunterhalt für seine 3 Kinder hinaus weitere 175,-- DM für die Klägerin zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Das ist in der Vergangenheit nicht geschehen. Der Beklagte hat unstreitig seit Januar 1980 monatlich 1.195,-- DM an Kinderunterhalt gezahlt. Der Tabellenunterhalt für die Kinder betrug unter Zugrundelegung der Einkommensstufe 5 für den Beklagten bis März 1980 monatlich 1.095,-- DM (alle 3 Kinder in Altersstufe 2) und ab April 1980 monatlich 1.160,-- DM (xxx in Altersstufe 3). Der Beklagte hat also von den der Klägerin zustehenden 175,-- DM Kindergeldanteil bis März 1980 nur 100,-- DM und von April 1980 an lediglich 35,-- DM ausgekehrt. Es erscheint deshalb gerechtfertigt, für die Vergangenheit auch nur diese Beträge neben dem auf den Beklagten entfallenden Anteil von 175,-- DM vom Einkommen des Beklagten abzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Außer den Kindergeldanteilen in der genannten Höhe ist vorab der von dem Beklagten für seine 3 Kinder zu zahlende Tabellenunterhalt vom Einkommen des Beklagten abzusetzen (1.060,-- DM bis März 1980 und 1.095,-- DM ab April 1980). Ferner mindert sich das anrechenbare Einkommen des Beklagten um den Anteil des geleisteten Krankenkassenbeitrages, der sich auf die Krankenhauszusatzversicherung für die erste Pflegeklasse bezieht. Das sind unstreitig 62,-- DM monatlich (122,40 DM Gesamtbeitrag ./. 60,40 DM Anteil für Krankenhaustagegeldversicherung). Insoweit handelt es sich für den infolge des erlittenen Unfalls gesundheitlich erheblich geschädigten Beklagten um eine notwendige Versicherung. Etwas anderes gilt für die Krankenhaustagegeldversicherung. Der Beklagte hat durch die Renten, die ihm auch während eines Krankenhausaufenthaltes voll weitergezahlt werden, ein angemessenes Einkommen, so daß die Tagegeldversicherung nicht als erforderlich angesehen werden kann und die dafür gezahlten Prämien nicht besonders berücksichtigt werden dürfen. Wegen der ausreichenden Versorgung, die der Beklagte durch die ihm gezahlten Renten hat, können sich auch die Prämien für die Lebensversicherungen nicht einkommensmindernd auswirken. Diese Versicherungen dienen der Vermögensbildung, wie der Beklagte selbst einräumt. Vermögensbildung darf ein Unterhaltspflichtiger aber nicht auf Kosten des Unterhaltsberechtigten betreiben.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens abzusetzen war von den Einkünften des Beklagten dagegen ein Betrag von 200,-- DM monatlich wegen der unfallbedingten Behinderung des Beklagten. Dieser kann seinen rechten Arm nur noch leicht anheben. Er hat ferner, worauf die Klägerin im Senatstermin selbst hingewiesen hat, infolge der erlittenen Kopfverletzungen eine Wesensveränderung erfahren, die nach der übereinstimmenden Ansicht der Parteien zum Scheitern der Ehe zumindest beigetragen hat. Wegen seiner Behinderungen ist er bei seiner persönlichen Versorgung, insbesondere auch bei der Haushaltsführung, auf fremde Hilfe angewiesen. Darauf, daß seine neue Lebensgefährtin ihm diese Hilfe unentgeltlich zuteil werden läßt, hat er keinen Anspruch. Er unterhält im übrigen seine Lebensgefährtin jedenfalls teilweise von seinem Einkommen. Es erscheint deshalb angemessen, dem Beklagten wegen seiner Hilfsbedürftigkeit im persönlichen Bereich entsprechend seinem Antrag vorab 200,-- DM gutzubringen.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Das anrechenbare Einkommen des Beklagten beträgt demnach:</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">bis März 1980 3.981,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">./. 275,-- DM (175,-- DM + 100,-- DM)</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">./. 1.095,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">./. 62,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><u> ./. 200,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">2.349,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">von April bis Juni 1980 3.981,04 DM</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">./. 210,-- DM (175,-- DM + 35,-- DM)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">./. 1.160,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">./. 62,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks"><u> ./. 200,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">also ebenfalls 2.349,04 DM.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Da der Klägerin 45% des Unterschiedsbetrages der beiderseitigen anrechenbaren Einkommen gemäß § 1361 BGB zustehen, kann sie an sich 611,19 DM monatlich beanspruchen (2.349,04 DM ./. 990,83 DM x 45%). Verlangt werden jedoch nur 500,-- DM monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Allerdings steht der Klägerin ein Anspruch erst ab Rechtshängigkeit (24.03.1980) zu. Sie hat nicht dargetan, daß wegen der ab Januar 1980 verlangten Rückstände Verzug eingetreten ist. Nach ihrem eigenen Vortrag war eine Mahnung wegen vereinbarter fester Zahlungstermine nicht entbehrlich (§ 284 Abs. 2 BGB). Denn der Beklagte zahlte unstreitig bis September 1979 einschließlich auf Grund einer im Scheidungsverfahren ergangenen einstweiligen Anordnung monatlich 500,-- DM und setzte diese Zahlungen freiwillig lediglich bis Ende des Jahres 1979 zu Anfang eines jeden Monats fort. Unter diesen Umständen kann nicht von einer Bestimmung fester Zahlungstermine ausgegangen werden, zumal es an einer Parteivereinbarung über die Zahlung von Unterhalt überhaupt fehlte.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Für den Monat Juni 1980 kann die Klägerin insgesamt Unterhalt nach § 1361 BGB beanspruchen. Zwar hat das Scheidungsurteil am 17.06.1980 Rechtskraft erlangt. Zu diesem Zeitpunkt war der gesamte Unterhaltsbetrag für Juni 1980 aber bereits fällig, und der Anspruch ist auch nicht für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung nachträglich erloschen (Analogie zu §§ 1586 Abs. 2 S. 2, 1615 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit vom 24.03.1980 bis zum 30.06.1980 steht der Klägerin deshalb eine monatliche Unterhaltsrente von 500,-- DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">2) Ab 01.07.1980 hat die Klägerin Anspruch auf Scheidungsunterhalt nach §§ 1570 ff BGB. Dabei bestimmt sich gemäß § 1578 Abs. 1 BGB das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen und umfaßt den gesamten Lebensbedarf. Der Beklagte hat der Klägerin demnach den vollen Unterhalt entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe zu zahlen, soweit von der Klägerin eine Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung der gemeinschaftlichen Kinder der Parteien nicht zu erwarten ist.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien wurden - soweit ersichtlich - durch die beiderseitigen Einkommen bestimmt, die für die Lebensführung zur Verfügung standen und im wesentlichen verbraucht wurden. Im Zeitpunkt der Scheidung und auch bereits längere Zeit zuvor verfügten die Parteien über ein tatsächliches bzw. erzielbares Gesamteinkommen von 5.662,69 DM netto im Monat (Klägerin: 1.381,65 DM + 300,-- DM; Beklagter: 1.468,80 DM + 1.932,49 DM + 579,75 DM). Dieses Einkommen stand für die gesamte fünfköpfige Familie bereit. Da § 1578 Abs. 1 BGB von dem vollen Unterhalt ausgeht, erscheint es angemessen, den drei Kindern vorab 1.550,-- DM monatlich als Unterhalt zuzubilligen, und zwar 550,-- DM für den damals 13-Jährigen xxx und je 500,-- DM für die damals 10-Jährigen Zwillinge xxx und xxx.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Den Parteien verblieben dann 4.112,69 DM für ihren vollen Unterhalt. Berücksichtigt man, daß die Klägerin durch eigene Arbeit zu dem Gesamteinkommen beigetragen hat, während der Beklagte wegen seiner Erwerbsunfähigkeit Renten bezog, er aber auf der anderen Seite den größeren Teil zu den Gesamteinkünften beisteuerte, so erscheint es angemessen der Klägerin als vollen Unterhalt 2.000,-- DM zuzubilligen und dem Beklagten den Rest von 2.112,69 DM zu belassen, zumal er wegen seiner unfallbedingten Behinderung im Rahmen seiner persönlichen Versorgung erhöhten Aufwand hat.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin den vollen Unterhalt nur insoweit verlangen kann, als wegen der Betreuung der Kinder von ihr eine Erwerbstätigkeit nicht zu erwarten ist, ermäßigt sich ihr Anspruch um den ihr für die Versorgung ihres Lebensgefährten xxx zuzurechnenden Betrag. Dessen Versorgung ist für die Klägerin durchaus mit der Kinderbetreuung in Einklang zu bringen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Den nach Absetzung von 300,-- DM für die Versorgung des Zeugen xxx verbleibenden Unterhalt von 1.700,-- DM kann der Beklagte aber ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts nicht decken. Hierzu kann auf die Ausführungen zum anrechenbaren Einkommen des Beklagten während des Getrenntlebens der Parteien sowie darauf verwiesen werden, daß das Einkommen des Beklagten während des gesamten im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilenden Zeitraumes gleichgeblieben ist und eine Erhöhung jedenfalls nicht früher als im Jahre 1981 eintreten wird.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 1581 BGB ist der Beklagte unter diesen Voraussetzungen nur insoweit zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der Parteien der Billigkeit entspricht. In Anbetracht der Tatsache, daß der Beklagte nicht mehr erwerbstätig ist, erscheint es billig, daß er der Klägerin 45% des Unterschiedes der beiderseitigen anrechenbaren Einkommen als Unterhalt leistet. Insoweit gelten im wesentlichen die gleichen Gründe wie bei der Verteilung der beiderseitigen Einkommen während des Getrenntlebens der Parteien. Bei der auf diese Weise vorzunehmenden Berechnung des Billigkeitsanspruchs der Klägerin nach § 1581 BGB sind jedoch gemäß § 1577 Abs. 2 BGB Einkünfte der Klägerin unberücksichtigt zu lassen, soweit der Beklagte nicht den vollen Unterhalt leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind nur in dem Umfang anzurechnen, als das unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht. Dabei gelten als Einkünfte im Sinne von § 1577 Abs. 2 BGB nur Einnahmen aus einer Erwerbstätigkeit, die von der Klägerin wegen der Kinderbetreuung nicht zu erwarten ist (dazu: Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch, 1. EheRG, zu § 1577 BGB Rdn. 9).</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Demnach sind die von der Klägerin tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte nach § 1577 Abs. 2 BGB zu behandeln. Das Arbeitslosengeld ist dagegen voll in die Vergleichsberechnung mit dem anrechenbaren Einkommen des Beklagten einzubeziehen, weil ihm keine Arbeitsleistung der Klägerin gegenübersteht. Dasselbe gilt für das erzielbare Einkommen aus der Versorgung des Lebensgefährten xxx. Denn es beruht auf keiner von der Klägerin wegen der Kinderbetreuung nicht zu erwartenden Tätigkeit.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruches der Klägerin nach § 1581 BGB stehen sich daher folgende in die Vergleichsberechnung einzubeziehende Einkommen gegenüber:</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Auf Seiten der Klägerin für die Zeit von Juli bis September 1980 monatlich 300,-- DM für die Versorgung xxx, von Oktober bis Dezember 1980 monatlich 1.501,20 DM (300,-- DM Versorgung xxx und 1.201,20 DM Arbeitslosengeld) und ab Januar 1981 monatlich 300,-- DM (Versorgung xxx).</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber beträgt das anrechenbare Einkommen des Beklagten von Juli bis September 1980 monatlich 2.349,04 DM. Insoweit hat sich gegenüber der Zeit von April bis Juni 1980 keine Veränderung ergeben. Auf die hierzu im Rahmen des Anspruchs nach § 1361 BGB gemachten Ausführungen kann verwiesen werden. Von Oktober bis Dezember 1980 ermäßigt sich das monatliche anrechenbare Einkommen des Beklagten um weitere 75,-- DM, da der Beklagte in dieser Höhe gemäß § 1578 Abs. 3 BGB Vorsorgeunterhalt an die Klägerin zu zahlen hat, wie noch darzulegen sein wird. Das Einkommen beträgt dann 2.274,04 DM monatlich. Von Januar 1981 beläuft sich das monatliche zurechenbare Einkommen des Beklagten auf 2.121,04 DM. Es ist ein Vorsorgeunterhalt von nunmehr 88,-- DM zu leisten. Ferner ist jetzt von der Kinderzulage zur Rente ein Betrag in voller Höhe des staatlichen Kindergeldes von 350,-- DM statt vorher 210,-- DM monatlich abzuziehen, weil die Klägerin für die Zukunft diese Beträge über den Kinderunterhalt - notfalls mit gerichtlicher Hilfe -ausgekehrt verlangen kann. Hierzu wird ergänzend auf die Ausführungen zu 1) b) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus; kommen Absetzungen nicht in Betracht. Das gilt insbesondere auch für die Versorgungsanwartschaften, die von der xxx-Rente des Beklagten zugunsten der Klägerin im Wege des Versorgungsausgleichs abgesplittet worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Da der Beklagte die Rente bereits erhält, erfolgt eine Minderung seiner Rentenbezüge gemäß § 1304 a Abs. 3 RVO erst, wenn bei ihm ein späterer Versicherungsfall eintritt oder auch die Klägerin eine Rente bezieht (dazu: Bastian-Roth-Stielow-Schmeiduch, 1. EheRG, zu § 1304 a RVO, Rdn. 22). Im übrigen hat auch der Beklagte im Senatstermin erklärt, daß bisher noch keine Rentenkürzung eingetreten sei und die xxx<i> </i>ihm eine Kürzung wegen des durchgeführten Versorgungsausgleichs lediglich für die Zukunft allgemein angekündigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der sich auf 45% des Unterschiedsbetrages der beiderseitigen Einkommen belaufende Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1581 BGB errechnet sich demnach wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Juli bis September 1980</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">monatlich <u>922,07 DM </u></p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">(2.349,04 DM ./. 300,-- DM x 45%)</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Oktober bis Dezember 1980</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">monatlich <u>347,78 DM </u></p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">(2.274,04 DM ./. 1.501,20 DM x 45%)</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">ab Januar 1981</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">monatlich <u>819,47 DM </u></p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">(2.121,04 DM ./. 300,-- DM x 45%).</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin in der Zeit von Juli, bis September 1980 ein Einkommen von 1.700,-- DM monatlich aus nicht von ihr zu erwartender Erwerbstätigkeit hatte, kann sie damit ihren Billigkeitsanspruch von 922,07 DM bis zur Grenze des vollen Unterhalts von 2.000,-- DM anrechnungsfrei auffüllen, allerdings unter Anrechnung der 300,-- DM für die Betreuung xxx. (922,07 DM + 300,-- DM ergeben 1.222,07 DM. Zum vollen Unterhalt fehlen also noch 777,93 DM, die die Klägerin aus ihrem Arbeitseinkommen anrechnungsfrei entsprechend einsetzen darf. Lediglich der verbleibende Rest ihres Einkommens von 922,07 DM ist nach Billigkeitsgrundsätzen auf die Unterhaltsschuld des Beklagten zu verrechnen und im übrigen der Klägerin zu belassen. Dem Senat erscheint eine Verrechnung der Hälfte dieses Betrages auf die Unterhaltsschuld des Beklagten angemessen (so auch: OLG Düsseldorf, FamRZ 1978, 854/856 für vergleichbare Fälle). Dabei ist berücksichtigt worden, daß die Klägerin die ganztägige Erwerbstätigkeit neben der Betreuung der drei Kinder nur durch eine weit über das zumutbare Maß hinausgehende Arbeitsleistung zu bewältigen vermag, andererseits der Beklagte zwar Rentner ist, wegen seiner Verletzungen aber einen erhöhten Bedarf im persönlichen Bereich hat, für den ihm aber vorab von seinem Einkommen 200,-- DM monatlich anrechnungsfrei belassen worden sind. Die Unterhaltsschuld des Beklagten für Juli bis September 1980 ermäßigt sich daher von 922,07 DM um 461,04 DM auf 461,03 DM.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit von Oktober bis Dezember 1980 verbleibt es bei den gemäß § 1581 BGB ermittelten <u>347,78 DM</u>, weil die Klägerin hier über keine zusätzlichen nicht zu erwartenden Einkünfte verfügt.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Ab Januar 1981 hat die Klägerin wiederum ein monatliches Nettoeinkommen aus nicht zu erwartender Erwerbstätigkeit von 1.700,-- DM. Bis zur Höhe des seitens des Beklagten nach § 1578 Abs. 1 BGB geschuldeten vollen Unterhalts (2.000,-- DM - 300- DM) kann die Klägerin ihren Billigkeitsanspruch von 819,47 DM für diese Zeit mit 880,53 DM anrechnungsfrei auffüllen. Es verbleiben je zur Hälfte der Klägerin zu belassende und auf die Unterhaltsschuld des Beklagten zu verrechnende 819,47 DM. Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ermäßigt sich deshalb um 409,74 DM von 819,47 DM auf <u>409,73 DM</u> monatlich.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">3) Über diese Unterhaltsrenten hinaus kann die Klägerin ab Oktober 1980 gemäß § 1578 Abs. 3 BGB auch Vorsorgeunterhalt beanspruchen, der sich bis Dezember 1980 auf <u>75,-- DM</u> monatlich und ab Januar 1981 auf <u>88,-- DM</u> monatlich bemißt. </p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat für die Zeit, für die sie Vorsorgeunterhalt begehrt, einen Unterhaltsanspruch nach §§ 1570 - 1573 BGB. Zu ihrem Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Dabei bestimmt sich der Umfang dieses Anspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Wie bereits dargelegt, belief sich das monatliche Familieneinkommen der Parteien im Zeitpunkt der Scheidung auf über 5.000,-- DM. Bereits in den Jahren 1974/75 hatte der Beklagte als selbständiger Unternehmer monatliche Nettoeinnahmen von bis zu 3.000,-- DM. Entsprechend diesen für den ganz überwiegenden Teil der Ehezeit geltenden guten wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Beklagte für sich eine Alters- bzw. Invaliditätsvorsorge getroffen, wie sich aus der Höhe der jetzt von ihm bezogenen Renten ergibt. Darüber hinaus baute sich die Klägerin, die zunächst im Betrieb des Beklagten als Angestellte geführt wurde und später ganztägig berufstätig war, eine zusätzliche Altersversorgung auf. Nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien hätte die Klägerin, bezogen auf die gesamte Familie, eine höhere Altersversorgung zu erwarten gehabt, als sie sich jetzt bei einem eigenen zusätzlichen Nettoverdienst von 1.700,-- DM aufzubauen vermag. Das gilt auch unter Berücksichtigung des durchgeführten Versorgungsausgleichs. Denn dieser bezieht sich nur auf die Ehezeit vom 01. Juni 1965 bis zum 30. November 1978.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen des der Klägerin gegen den Beklagten zustehenden Unterhaltsanspruches ist deshalb auch ein Anspruch auf die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Bei der Bemessung des Vorsorgeunterhalts, über dessen Höhe der Gesetzgeber keine näheren Vorstellungen entwickelt hat (vgl. dazu Hampel, FamRZ 1979, 249; OLG Karlsruhe, FamRZ 1978, 501; OLG Bremen, FamRZ 1979, 121; OLG Stuttgart, FamRZ 1979, 588; OLG Celle, FamRZ 1980, 896), geht der Senat in Übereinstimmung mit dem OLG Bremen und dem OLG Celle (FamRZ 1979 bzw. 1980 aaO) von dem allgemeinen Unterhaltsbetrag aus, den der Beklagte der Klägerin zu zahlen hat, d. h. von monatlich 347,78 DM von Oktober bis Dezember 1980 und von 409,73 DM monatlich ab Januar 1981. Bildet man daraus, weil diese Bezüge "netto" gezahlt werden, fiktive Bruttobeträge durch einen Zuschlag von ca. 20% und setzt man alsdann davon entsprechend der Beitragshöhe in der gesetzlichen Rentenversicherung 18% ab, ergeben sich die zuerkannten Beträge von 75,-- DM monatlich für Oktober bis Dezember 1980 und von 88,-- DM monatlich ab Januar 1981, die von der Klägerin als Prämien für eine abzuschließende Lebensversicherung zu verwenden sind.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">4) Die Parteien verfügen dann über folgende monatliche Einkommen:</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks"><u>24.03. bis 30.06.1980</u></p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Klägerin: 2.181,65 DM (1.381,65 DM Arbeitsverdienst, 300,-- DM Versorgung xxx, 500,-- DM Unterhalt vom Beklagten) </p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Beklagter: 1.849,04 DM (2.349,04 DM anrechenbares Einkommen ./. 500,-- DM Unterhalt für Klägerin);</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks"><u>01.07. bis 30.09.1980</u></p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Klägerin: 2.461,03 DM (1.700,-- DM Arbeitsverdienst, 300,-- DM Versorgung xxx, 461,03 DM Unterhalt vom Beklagten)</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Beklagter: 1.888,01 DM (2.349,04 DM anrechenbares Einkommen ./. 461,03 DM Unterhalt für Klägerin);</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks"><u>01.10. bis 31:12.1980</u></p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Klägerin: 1.923,98 DM (1.201,20 DM Arbeitslosengeld, 300,-- DM Versorgung xxx, 347,78 DM Unterhalt vom Beklagten zuzüglich 75,-- DM Vorsorgeunterhalt) </p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Beklagter: 1.926,26 DM (2.274,04 DM anrechenbares Einkommen unter Berücksichtigung des Vorsorgeunterhalts ./. 347,78 DM Unterhalt für Klägerin);</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks"><u>ab 01.01.1981</u></p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Klägerin: 2.497,73 DM (1.700,-- DM Arbeitsverdienst, 300,-- DM Versorgung xxx, 409,73 DM Unterhalt vom Beklagten zuzüglich 88,-- DM Vorsorgeunterhalt) </p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Beklagter: 1.711,31 DM (2.121,04 DM anrechenbares Einkommen unter Berücksichtigung des Vorsorgeunterhalts ./. 409,73 DM Unterhalt für die Klägerin).</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Diese Einkommensverteilung erscheint dem Senat angemessen, zumal in den Beträgen auf Seiten der Klägerin 300,-- DM fiktives Einkommen für die Versorgung ihres Lebensgefährten enthalten und bei dem Beklagten ein Mehrbetrag von 200,-- DM wegen seiner unfallbedingten Behinderung vorab abgesetzt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Daß die Klägerin in den Zeiten, in denen sie eine für sie unzumutbare bzw. nicht von ihr zu erwartende Erwerbstätigkeit ausübt, ein nicht unerheblich höheres Einkommen als der Beklagte zur Verfügung hat, entspricht der gesetzlichen Regelung des § 1577 Abs. 2 BGB und wird der Tatsache gerecht, daß die Klägerin diesen Verdienst nur durch eine über das zumutbare Maß weit hinausgehende Arbeitsleistung zu erzielen vermag, während der Beklagte nicht mehr erwerbstätig ist.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Im übrigen waren die Klage abzuweisen, soweit das nicht bereits durch das angefochtene Urteil geschehen ist, und die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a, 92, 97 Abs. 1 ZPO. Da die Verzugsvoraussetzungen auch für Januar 1980 nicht gegeben waren, der Klägerin also auch wegen des Rückstandes für diesen Monat kein Anspruch zusteht, fallen ihr auch insoweit die Kosten zur Last.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat gemäß § 621 d Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 546 Abs. 1 S. 2 ZPO die Revision zugelassen, weil den Fragen, wie der Scheidungsunterhalt und der Vorsorgeunterhalt zu berechnen sind, grundsätzliche Bedeutung zukommt.</p>
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315,904 | olgham-1980-12-16-2-uf-30780 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"city": null,
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 UF 307/80 | 1980-12-16T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:03 | 2019-03-27T09:41:55 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1216.2UF307.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Juli 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Essen (109 F 25/80) wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die 32-jährige Klägerin und der 34 Jahre alte Beklagte haben im Jahre 1969 geheiratet. Aus der Ehe sind
keine Kinder hervorgegangen. Die Parteien leben seit April 1978 voneinander getrennt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie sind seit dem 26.11.1980 rechtskräftig geschieden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Trennungsunterhalt für die Zeit ab September 1978 bis zur Rechtskraft
des Ehescheidungsurteils am 26.11.1980 in Anspruch. Mit der dem Beklagten am 27.2.1980 zugestellten Klage verlangt sie
Unterhaltsrückstände in Höhe von 6.781,50 DM sowie ab Januar 1980 eine monatliche Unterhaltsrente von
587,- DM. Eine darüber hinaus geltend gemachte Geldforderung in Höhe von 700,- DM wegen anteiliger
Steuererstattung hat der Beklagte anerkannt. Insoweit ist am 16.4.1980 ein Teilanerkenntnisurteil ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, die in den letzten Jahren nicht mehr berufstätig war, ist seit dem 14.8.1978 wieder in ihrem
Beruf als Kosmetikerin bei der Fa. ... tätig. Sie bewohnt seit der Trennung die Eigentumswohnung der Parteien und
trägt die Belastungen hierfür.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist als Reisender für die Firma ... tätig. Er hat ein am 12.7.1980 geborenes nichteheliches
Kind, dessen Vaterschaft er anerkannt hat. Er hat sich in der Anerkennungsurkunde vom 20.8.1980 zu einer monatlichen
Unterhaltszahlung für das Kind in Höhe von 238,- DM verpflichtet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt - auch wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes - Bezug
genommen wird, hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">einen Unterhaltsrückstand in Höhe von 6.781,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27. Februar 1980 sowie</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">ab 1. Januar 1980 eine bis zum 3. eines jeden Kalendermonats im voraus fällige monatliche Unterhaltsrente
in Höhe von 507,- DM zu zahlen, und zwar mit der Maßgabe, daß nur Trennungsunterhalt bis zum 26.11.1980
verlangt werde.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Für die weitergehende Zeit hat sie den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Hilfsweise bittet die Klägerin um Zulassung der Revision.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung angeschlossen und beantragt im übrigen,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien wiederholen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die auf § 1361 BGB gestützte Unterhaltsklage
der Klägerin abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gem. § 1361 BGB kann im Falle der Trennung ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen
und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen. Im vorliegenden
Fall läßt sich nicht feststellen, daß der angemessene Unterhalt der Klägerin nicht bereits hinreichend
durch ihr eigenes Einkommen bestritten werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Senat geht davon aus, daß die Lebensverhältnisse nach denen sich der Unterhalt im Fall der Trennung
bestimmt, in aller Hegel nach den Verhältnissen zur Zeit des Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft bestimmt.
Jeder Ehegatte kann grundsätzlich die Beibehaltung des vor der Trennung erreichten Lebensstandards verlangen (vgl.
BGH FamRZ 1980, 876 = NJW 1980, 2349; Münchener Kommentar-Wacke, § 1361 Rdz. 5; Rolland, 1. EheRG, §
1361 Rdz. 19). Andererseits besteht in aller Regel kein Anlaß, den getrenntlebenden Ehegatten besser zu stellen
als den in der Gemeinschaft lebenden (vgl. insbesondere Palandt-Diederichsen, BGB, 39. Aufl., § 1361 Anm. 2; auch
Roth-Stielow, in Bastian/Roth-Stielow/Schmeiduch, 1. EheRG, § 1361 BGB Rdz. 6). Das gilt jedenfalls dann, wenn
die Lebensgemeinschaft längere Zeit bestanden hat und während dieser Zeit der Unterhalt unter
Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten angemessen gedeckt worden ist
(§§ 1360, 1360 a BGB).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall stand den Parteien während der letzten Zeit des ehelichen Zusammenlebens nach Abzug der
Krankenversicherung unstreitig ein Betrag von monatlich rd. 3.200,- DM zur Verfügung.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts läßt sich der Unterhalt nach den "Lebensverhältnissen"
während bestehender Ehegemeinschaft nicht schon in der Weise nach oben begrenzen, daß das Einkommen von
3.200,- DM halbiert wird - mit der Folge, daß der Klägerin bereits deshalb kein Unterhalt mehr zugebilligt
werden kann, weil ihr jetziges eigenes Einkommen den Betrag von 1.600,- DM (3.200,- DM: 2) übersteigt. Das Amtsgericht
geht bei dieser Begrenzung zwar von der zutreffenden Vorstellung aus, daß die "Lebensverhältnisse"
im wesentlichen von den Einkommensverhältnissen bestimmt werden. Es differenziert aber nicht gehörig zwischen
den Einkommensverhältnissen einerseits und dem Lebensstandard andererseits, der durch die jeweiligen
Einkommensverhältnisse ermöglicht wird. Die Lebensverhältnisse, nach diesen sich der Unterhalt bestimmt,
werden geprägt durch den Lebensstandard und nur sekundär durch das Einkommen. Es liegt auf der Hand, daß
ein bestimmtes Einkommen bei bestehender Lebensgemeinschaft dem Ehegatten in aller Regel einen höheren Lebensstandard
ermöglicht als im Falle der Trennung. Insbesondere die getrennte Haushaltsführung erfordert zusätzliche
Kosten; die sogenannten fixen Kosten verdoppeln sich vielfach. Hieraus ergibt sich andererseits, daß die Ehegatten -
jeder für sich - den bisherigen Lebensstandard im Falle der Trennung in aller Hegel nur dann aufrechterhalten
können, wenn zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Während in vielen Fällen selbst dann der frühere eheliche Lebensstandard noch nicht wieder erreicht
werden kann, wenn derjenige Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt geführt hatte, nach der Trennung eine
Erwerbstätigkeit aufnimmt, spricht im vorliegenden Fall viel dafür, daß der Klägerin dieser Standard
auch ohne Unterhaltsleistung durch den Beklagten möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Lebenszuschnitt der Parteien während des Bestehens der Lebensgemeinschaft wurde nicht nur bestimmt durch
das monatliche Einkommen des Beklagten von 3.200,- DM, sondern außerdem durch die Eigentumswohnung, in der die
Parteien wohnten. Hierfür waren an Zins- und Tilgungsbeträgen etwa 350,- DM monatlich aufzubringen. Hinzu
kamen Kosten für die Hausverwaltung etc. Der zur Verfügung stehende Betrag von monatlich 3.200,- DM wurde
nicht in vollem Umfang zur Unterhaltsdeckung (einschließlich der Belastungen für die Wohnung) verbraucht,
vielmehr floß ein weiterer Teil auf Sparkonten. Nach Angaben des Beklagten belief sich dieser Teil der
Vermögensbildung auf ca. 1.000,- DM monatlich. Nach Angaben der Klägerin waren es wesentlich weniger, in
manchen Monaten 500 bis 1.000 DM, in manchen Monaten überhaupt nichts. Selbst wenn man die Angaben der Klägerin
zugrundelegt, kann davon ausgegangen werden, daß von den Parteien für den Unterhalt (einschließlich
Belastungen für die Wohnung) ein Betrag aufgewendet worden ist, der im Schnitt nicht unerheblich unter 3.000,- DM
lag.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das monatliche Durchschnittseinkommen, das die Klägerin heute erzielt, beläuft sich auf ca. 1.720,- DM.
Hinzu kommen wöchentlich 85,50 DM, d.h. rund 370,- DM im Monat. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß
die Klägerin die Eigentumswohnung inne hat und nunmehr allein bewohnt. Auch wenn sie die Belastungen hierfür
nunmehr allein trägt, wohnt sie doch immer noch relativ günstig.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Unter Berücksichtigung all dieser Umstände vermag der Senat nicht festzustellen, daß die Klägerin
jetzt nicht mehr den Lebenszuschnitt aufrecht erhalten kann wie während der Zeit des ehelichen Zusammenlebens.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist deshalb zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. §§ 621 d, 546 I ZPO sind nach der Auffassung
des Senats nicht gegeben.</p>
|
315,906 | olgk-1980-12-16-4-uf-9880 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 98/80 | 1980-12-16T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:06 | 2019-03-27T09:41:55 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:1216.4UF98.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung und die Anschlußberufung wird das Urteil</p>
<p>des Amtsgerichts -Familiengericht- Euskirchen vom 14.3.1980</p>
<p>-14 F 263/79- teilweise abgeändert und wie folgt neu</p>
<p>gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen wird der Beklagte in</p>
<p>Abänderung des Vergleichs vom 20. 3. 1978 - 14 F 31/77 AG</p>
<p>Euskirchen - verurteilt, an die Klägerin folgende Unterhaltsbeträge</p>
<p>zu zahlen:</p>
<p>a. für die Zeit vom 1. 1. bis 29. 2. 1980</p>
<p>monatlich 1.150,-- DM;</p>
<p>b. für die Zeit vom 1. 3. bis 30. 9. 1980</p>
<p>monatlich 1.220,-- DM;</p>
<p>c. für die Zeit vom 1. 10. bis 31. 12. 1980</p>
<p>monatlich 1.323,-- DM;</p>
<p>d. ab 1. 1. 1981 monatlich 900,-- DM.</p>
<p></p>
<p>Die Beträge sind. fällig jeweils bis zum dritten Werktag</p>
<p>eines jeden Monats im voraus.</p>
<p></p>
<p>Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung der Klägerin und die weitergehende</p>
<p>Anschlußberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 1/3,</p>
<p>der Beklagte 2/3; von den Kosten der Berufungsinstanz tragen</p>
<p>die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind seit dem 20. 3. 1978 geschiedene Eheleute. Die</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Klägerin hat bis zu ihrer Eheschließung als Stenokontoristin</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">gearbeitet. Während der Ehe hat sie 1971/1972 einen Sekretärinnenkursus</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">absolviert, war aber danach nur einige Monate berufstätig.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Am 20. 3. 1978 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">wonach der Beklagte an die Klägerin ab 1. 4. 1978</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">einen monatlichen Unterhalt von 900,-- DM zahlen sollte. Man</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">ging bei dieser Vereinbarung "von einem Nettogehalt des Antragstellers</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">von rund 2.000,-- DM aus". Im Falle der Wiederverheiratung</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">des Antragstellers, beziehungsweise spätestens ab 1.1.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1980 sollte der Unterhalt unter Berücksichtigung der dann</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">bestehenden Einkommensverhältnisse neu geregelt werden. Der</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">am 4. 1. 1976 geborene Sohn der Parteien lebte damals und lebt</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">heute beim Vater und wird von diesem versorgt. Der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">war bei Vergleichsabschluß Major der Bundeswehr und ist ab</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1. 10. 1980 zum Oberstleutnant befördert worden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat in Abänderung des Vergleichs: ab 1. 6. 1979</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">einen monatlichen Unterhalt von 1.500,-- DM verlangt. Der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">hat Widerklage erhoben mit dem Antrag, seine Unterhaltsverpflichtung</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">ab 1. 12. 1979 aufzuheben, weil die Klägerin sich</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">selbst unterhalten könne.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">wird, hat das Amtsgericht die Widerklage abgewiesen und den</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Beklagten unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Klägerin für die Zeit vom 1. 7. bis 31. 12. 1979 monatlich</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1. 166, -- DM und ab 1. 1. 1980 monatlich 1.050,-- DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses der Klägerin am 24. 3. und dem Beklagten am 25. 3.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">1 980 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. 4. 1980 Berufung</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung am</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">27. 6. 1980 begründet hat. Der Beklagte hat am 29. 4. 1980</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Anschlußberufung eingelegt, die er am 23. 5. 1980 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe sie 1978 über sein</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">wirkliches Gehalt getäuscht, so daß der geschlossene Vergleich</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">unwirksam sei und sie auch für die Vergangenheit einen höheren</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Unterhalt verlangen könne. Zur Ausübung einer eigenen Erwerbstätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">sei sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Beklagten zu verurteilen, an sie zu zahlen</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">a. für die Zeit vom 1.4.1978 bis 31. 5. 1979 monatlich</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">je1 0, -- DM über die Vergleichsbeträge hinaus (= 140, --DM)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">b. für die Zeit vom 1. 6. 1979 bis 31. 12. 1979 über die</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">in dem angefochtenen Urteil zugesprochenen monatlich</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">1.166,-- DM hinaus monatlich weitere 20,-- DM (=140,--)</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">c. ab 1. 1. 1.980 über den durch das angefochtene Urteil</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">zugesprochenen Betrag von monatlich 1..050,-- DM hinaus</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">monatlich weitere 200,-- DM und</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">d. für die Zeit vom 1. 10. 1980 bis 31. 1. 2. 1980 weitere</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">monatlich 100,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">und die Anschlußberufung des Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Klägerin zurückzuweisen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">und auf seine Anschlußberufung unter teilweiser Abänderung</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen und</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. 1. 1.980 aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Er ist der Ansicht, durch den Vergleich seien die Unterhaltsverpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">bis zum 31. 12. 1979 abschließend geregelt gewesen,</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">und trägt vor, sein Gehalt sei 1978 allen Beteiligten</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">bekannt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wiederholen beide Parteien ihr Vorbringen aus der</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">ersten Instanz und ergänzen es nach dem Inhalt der in der Berufungsinstanz</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">gewechselten Schriftsätze, auf deren vorgetragenen</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Inhalt Bezug genommen wird. Der Senat hat Beweis erhoben</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">über die Arbeitsfähigkeit der Klägerin durch Einholung eines</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">wird auf das Gutachten des Prof.Dr. M. vom 10.9.80</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Bezug genommen. Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">wird auf die vorgelegten Unterlagen und auf den Inhalt der</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Akten 14 F 31/77 und 14 F 31/77 EA UE AG Euskirchen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c he i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung und die</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Anschlußberufung sind zulässig. In der Sache können beide</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">jedoch nur teilweise Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin über den abgeschlossenen Vergleich hinaus</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Unterhaltsbeträge für die Zeit vom 1. 4. 1978 bis zum 31. 12.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">1979 verlangt, sind Klage und Berufung unbegründet. Für diese</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Zeit kann die Klägerin keine höheren Unterhaltsbeträge verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vergleich war der Unterhaltsbetrag von 900,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">monatlich bis zum 31. 12. 1979 festgeschrieben, nur der Beklagte</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">sollte im Falle seiner Wiederverheiratung ein Recht auf eine</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">frühere Abänderung der Summe haben. Das ergibt sich klar aus</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">der Formulierung "Im Falle der Wiederverheiratung des Antragstellers</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">bezw. spätestens ab 1. 1. 1980". Diese Vereinbarung</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">war auch nicht ungewöhnlich, da durch sie nur eine Festlegung</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">der Unterhaltsbeträge auf die Dauer von 1 3/4 Jahren erreicht</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">wurde, während in aller Regel die Voraussetzungen für eine</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Abänderungsklage nur alle 2 Jahre erfüllt sind.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der abgeschlossene Vergleich</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">auch wirksam. Es kann nicht davon ausgegangen werden,</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">daß in dem Ehescheidungsverfahren die Klägerin von dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">über sein wirkliches Gehalt getäuscht worden und dadurch</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">zum Abschluß des Vergleichs bewogen worden ist. Zwar ist nach</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">der Formulierung des Vergleichs bei dessen Abschluß ein Nettoeinkommen</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">von 2.000,-- DM zugrundegelegt worden, während das</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">wirkliche Einkommen des Beklagten höher lag. Der Klägerin war</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">jedoch diese Tatsache bekannt. Bereits in dem einstweiligen</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Anordnungsverfahren 14 F 31/77 EA UE hatte der Beklagte nämlich</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">mit Schriftsatz vom 9. 7. 1977 eine Gehaltsmitteilung vorgelegt,</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">aus der sich bereits für März 1977 ein Nettogehalt in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">2.519,42 DM ergab. Da die Klägerin in dem Termin vom 28. 2. 1977</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">persönlich anwesend war, ist anzunehmen, daß sie von der Höhe</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">des Gehalts Kenntnis erhalten hat, zumal nach dem Terminsprotokoll</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">die Frage des Unterhalts für die Zeit der Trennung ausführlich</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">erörtert worden ist. Wenn aber der Beklagte bereits</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">1977 Nettobezüge von über 2.500,-- DM hatte, ist offensichtlich,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">daß man bei der Annahme von 2.000,-- DM. im Vergleich nur von</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">dem damals anrechenbaren Einkommen des Beklagten ausgegangen</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">ist, der ja bereits im Zeitpunkt des Vergleichs den gemeinsamen</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Sohn versorgte Und unterhielt. Eine Täuschung der Klägerin mit</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">der Möglichkeit der Anfechtung des Vergleichs und der Nachfor-</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">derung von Unterhaltsbeträgen ist jedenfalls nicht feststellbar.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Für die Zeit ab 1. 1. 1980 kann die Klägerin von dem Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">einen höheren Unterhalt als 900,-- DM monatlich verlangen. Der</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">abgeschlossene Vergleich enthält die Möglichkeit der Abänderung</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">ab diesem Zeitpunkt. Da eine genaue Bezugsgröße für die UnterhaIts-</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">bemessung nicht feststellbar ist -angenommenes Einkommen</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">2.000,-- DM, einzelnes Gehalt 1.977 2.519,-- DM/Durchschnittseinkommen</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">bis März 1978 noch höher- andererseits nach dem</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Vergleich "der Unterhalt unter Berücksichtigung der dann bestehenden</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Einkommensverhältnisse neu geregelt werden" soll, ist in</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">dem vorliegenden Fall eine Hochrechnung auf der Grundlage des</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">damaligen Vergleichs nicht möglich, vielmehr muß der der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">zustehende Unterhalt neu berechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat auch für die Zeit nach dem 1. 1. 1980 gegen</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">den Beklagten einen Unterhaltsanspruch gemäß §§ 1572, 1573 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Zwar ist nach dem Gutachten von Professor Dr. Laube davon auszugehen,</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">daß d.ie Klägerin grundsätzlich arbeitsfähig ist, weil</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">aus internistischer Sicht keine Bedenken bestehen und nach einer</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">kurzfristigen Behandlung des HWS-Syndroms sogar eine ganztägige</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Büroarbeit möglich ist. Der Senat sieht auch keine Veranlassung,</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">zusätzlich ein psychiatrisches Gutachten oder ein Obergutachten</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">einzuholen. Die von dem Gutachter festgestellte "depressive</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Verstimmung" , die wohl noch aus der Zeit des. Scheidungsverfahrens</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">mit ihren heftigen Auseinandersetzungen zwischen</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">den Parteien herrührt, kann nicht als eine die Aufnahme einer</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Erwerbstätigkeit hindernde Krankheit im Sinne des § 1572 BGB</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">angesehen werden. Im übrigen ist der Gutachter auf sämtliche</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Beschwerden der Klägerin eingegangen und hat sie gründlich durch</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">die jeweiligen Fachärzte untersuchen lassen, im Gegensatz zu den</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">bisherigen Gutachtern, die nur pauschale Erklärungen abgegeben</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">haben. Bessere Erkenntnisse sind daher durch ein Obergutachten</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">nicht zu erwarten. Das Gutachten stammt jedoch erst vom 10. 9.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">1980, so daß die Klägerin sich erst von diesem Zeitpunkt als</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">arbeitsfähig betrachten muß. Bis dahin hatten nämlich die befragten</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Gutachter -zuletzt die Amtsärztin Dr. Schuster vom Landkreis H. allerdings ohne eigene gründliche Untersuchungen</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">am 6. 12. 1979- die Klägerin für arbeitsunfähig erklärt, so daß</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">die Klägerin sich zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für verpflichtet halten konnte. Da nach dem Gutachten von Professor Dr. Laube vor</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Aufnahme einer Erwerbstätigkeiteine kurzfristige Behandlung</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">nötig ist, hat die Klägerin jedenfalls für das Jahr 1980 noch</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">einen vollen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat in den Monaten Januar und Februar 1.980 ausweislich der vorliegenden Gehaltsmitteilungen monatlich netto</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">3.569, 24 DM verdient (3.413,19 Grundgehalt + 772,58 Ortszuschlag</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">+ 100,-- steuerpflichtige Stellenzulage - 661,50 Lohnsteuer -</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">55,03 DM Kirchensteuer). Da er ein zusätzliches Gehalt als</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Weihnachtsgeld und außerdem 150,-- DM netto an Urlaubsgeld erhält, ergibt sich abzüglich 3,50DM Sozialwerksbeitrag ein durchschnittliches Nettoeinkommen von</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">3.875,68 DM. Davon sind abzusetzen 37,50 DM Krankenkassenbeitrag</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">und 141,-- DM Fahrtkosten. Die tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">sind nicht abzugsfähig, weil ein Kraftfahrzeug bei dem Einkommen</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">des Beklagten zum normalen Lebensbedarf gehört und üblich ist.</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Absetzbar sind nur die Kosten für die Dienstfahrten, die gemäß</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">§ 9 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Sachverständigen berechnet werden müssen. Bei 22 km Strecke und</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">0,32 DM pro Kilometer ergeben sich dann dienstliche Kraftfahrzeugkosten</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">in Höhe von 141, <b>-- </b>DM.. Darlehnskosten für die während</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">der Ehe aufgenommenen Darlehen kann der Beklagte nicht absetzen,</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">weil die Darlehen für Auto und Wohnwagen aufgenommen worden sind,</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">der Beklagte diese Dinge behalten hat und er sich auch in dem</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Vergleich vom 20. 3. 1978 verpflichtet hat, die Darlehen allein</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">abzutragen. Soweit nach der Scheidung weitere Darlehen aufgenommen worden sind, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">diese bei der Berechnung des Unterhaltsanspruches der Klägerin</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">absetzbar sein sollen. Nicht absetzbar ist auch die Prämienzahlung</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">für die Lebensversicherung, weil der Beklagte als Beamter</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">ohnehin eine volle Altersversorgung hat, auf den Abschluß einer</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Lebensversicherung demnach nicht angewiesen ist. Nicht absetzbar</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">sind auch Kleiderkosten, da der Beklagte Zivilkleidung einspart</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">und außerdem monatlich 30,-- DM Kleidergeld erhält.</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Von dem dann verbleibenden Gehalt von 3.697,18 DM ist jedoch</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">ein Kinderunterhaltsbetrag in Höhe von 1.020,-- DM abzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Bei dem Gehalt des Beklagten würde der Tabellenunterhalt für</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Raymond monatlich 51.0,-- DM betragen, da der Beklagte wegen seiner</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Unterhaltsverpflichtung gegenüber nur zwei Personen in Gruppe</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">6 der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Der Ansicht des Beklagten, ihm sei wegen der Betreuung des Sohnes nur eine Halbtagsarbeit zumutbar und demgemäß nur die Hälfte seines Einkommens</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">für den UnterhaItsanspruch der Klägerin voll heranzuziehen kann der Senat im konkreten Fall nicht folgen. Zwar ist grundsätzlich der betreuende Vater ebenso zu behandeln wie die betreuende Mutter, so daß auch den Vater eine nur halbtätige Erwerbspflicht treffen kann. Entscheidend sind hier jedoch die Verhältnisse jeden Einzelfalles. Im vorliegenden Fall ist dem Beklagten im Verhältnis der Parteien zueinander eine Ganztagstätigkeit zumutbar. Der Beklagte war als Berufsoffizier während und nach der Ehe immer voll berufstätig. Auch bei Abschluß des Vergleichs sind die Parteien, obwohl der Beklagte schon damals den Sohn betreute, von einer weiteren vollen Berufsarbeit des Beklagten ausgegangen. Dementsprechend ist auch der Unterhalt der Klägerin gemessen worden. Diese tatsächliche Grundlage des Vergleichs – Ganztagsarbeit des Beklagten – hat in Bezug auf ihre Voraussetzungen keine nachträglichen Änderungen erfahren, die insoweit eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten. Jedenfalls mit Rücksicht auf diese Parteivereinbarung geht es hier nicht an, nunmehr nur ein fiktiv reduziertes Einkommen des Beklagten der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen. Auf der anderen Seite kann dem Vergleich nicht entnommen werden, daß die Tatsache der Betreuung des Sohnes durch den Vater im Verhältnis zur Klägerin bei der Bemessung deren Unterhalts künftig unbeachtet bleiben soll. Eine Beachtung kann hierin der Weise stattfinden, daß vorab der tatsächliche Betreuungsaufwand ermittelt würde oder aber pauschal der Wert der Betreuungsleistung in Ansatz gebracht wird.</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Diese letztgenannte Berechnung kann dort erforderlich sein, wo der tatsächliche Betreuungsaufwand kostenmäßig unter der pauschalen Belastung der Betreuungsleistung liegt. Das ist nach dem Vortrag des Beklagten hier der Fall. Es kann also bei einem pauschalen Wertansatz bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Der Wert der tatsächlichen Kinderbetreuung ist zum Zwecke der rechnerischen Fixierung unterhaltsrechtlich dem dem Kind jeweils geschuldeten Barunterhalt für den Normallfall gleichzusetzen (vgl. dazu Münchener Kommentar III zu § 1606 BGB; Kalthoener-Büttner-Haase-Becher Rspr. z. Höhe d. Unterhalts, 2. Aufl. Rn 407 – 410). Ob bei außergewöhnlich hohen Barunterhalt oder Kindern nahe der Volljährigkeitsgrenze etwas anderes gelten kann oder muß, bedarf hier keiner Entscheidung. Bei der Betreuung eines 13 – 14 Jahre alten Jungen und Tabellenunterhalt für ihn nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle besteht unterhaltsrechtlich jedenfalls noch Gleichwertigkeit (vgl. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB: gilt und allg. Beitrag auch zugunsten des betreuenden Vaters) zwischen Barunterhalt und tatsächlicher Betreuung. S., den der Vater betreut, wird im Januar 1981 14 Jahre alt.</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Für Barunterhalt und Betreuung des Sohnes sind demnach vom Einkommen des Beklagten 1.020,-- DM (2 x 510,-- DM) vorab abzusetzen. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß der Aufwand für eine Fremdbetreuung des Sohnes im Zweifel deutlich über den hier für die Betreuung in Ansatz gebrachten 510,-- DM monatlich liegen würde. Daß ein ganztägig beruftstätiger Vater an sich das Recht hätte, sich bei der Betreuung seines Kindes einer ggf. auch kostenaufwendigen Fremdhilfe zu bedienen, ist zumindest für den Fall selbstverständlich, daß er außer dem Kind nur, wie hier , einer alleinstehenden, arbeitsfähigen geschienenen Ehefrau unterhaltspflichtig (Differenzunterhalt) ist. Inwieweit mit zunehmenden Alter des Kindes die unterhaltsrechtliche Absetzbarkeit einer Grundhilfe für die Kindesbetreuung in Frage gestellt ist, bedarf hier keiner Darlegung, da die Fremdhilfekosten hier nur zur vergleichenden Demonstration der Angemessenheit der pauschalen Betreuung der Eigenbetreuung des Kindes Erwähnung finden.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Für die Bemessung des Unterhaltsanspruches der Klägerin bleibt dann ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 2.677,18 DM, von denen der Klägerin 3/7, das sind rund 1.150,-- DM monatlich zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">Ab März 1980 hat sich das Nettoeinkommen des Beklagten um nett 1.54,25 DM erhöht, so daß nunmehr von 3.723,49 DM auszugehen</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">ist. Bei gleicher Berechnung wie für die Monate Januar und Februar ergibt sich für die Zeit von März bis September 1980 ein durchschnittliches Einkommen von 3.864,28 DM, von denen nach Abzug des Kinderbetrages 2.844,28 DM verbleiben. Für diese Monate</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">hat die Klägerin daher einen Anspruch auf monatlich 1.220,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Ab Oktober 1980 ist der Beklagte zum Oberstleutnant mit der Gehaltsgruppe A 14 befördert worden. Sein Nettogehalt erhöht sich dadurch um weitere 230,-- DM monatlich netto, so daß von 3.953,49 DM auszugehen ist. Für die Klägerin bleibt dann nach der obigen Berechnung ein anrechenbares Einkommen von monatlich 3.093, 45 DM, von denen ihr für die Zeit bis Dezember 1980 3/7, das sind monatlich 1.325,-- DM zustehen.</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">Ab Januar 1981 ist die Klägerin zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Ihr Vortrag, Halbtagsstellen seien kaum zu erhalten, ist unbeachtlich, weil die Klägerin nach dem Gutachten zu einer vollen Erwerbstätigkeit in der Lage ist. Zwar wird die Klägerin mit ihren fast 48 Jahren und ihrer mangelnden Praxis als Sekretärin nur schwer eine Stelle finden können. Es ist jedoch davon auszugehen, daß sie in einer Universitätsstadt wie H. bei entsprechend eifriger Bemühung eine Stelle aIs Kontoristin oder</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">Schreibkraft bekommen kann. Eine solche Stelle ist ihr auch zumutbar, da sie bis zur Eheschließung ebenfalls als Kontoristin gearbeitet hat und eine solche Stelle auch im Rahmen der früheren ehelichen Lebensverhältnisse angemessen erscheint, (§ 1574 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">Da die Klägerin jedoch in einer solchen Erwerbstätigkeit voraussichtlich nicht mehr als monatlich 1 .000,-- DM wird verdienen können, wird sie ihren nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Unterhalt, auf den sie nach § 1578 BGB Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">hat, nicht voll decken können. Geht man davon aus, daß der Beklagte nach wie vor ein anrechenbares Einkommen von 3.093,45 DM hat, der Klägerin 1 .000,-- DM zuzurechnen sind, so hat die Klägerin für die Zeit ab 1. 1. 1981 nur noch einen Anspruch auf</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">3/7 der Differenz, das sind monatlich 900,-- DM. Mit dem Betrag von 1.900,-- DM ist dann der angemessene Unterhalt der Klägerin zu decken, zumal ihr dann fast 50 % des gemeinsamen Einkommens zur Verfügung stehen.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin höhere Beträge verlangt, ist ihre Berufung unbegründet. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich gleichzeitig, daß die Widerklage des Beklagten dahin, daß er zu Unterhaltszahlungen ab 1. 1. 1980 nicht mehr verpflichtet sei, ebenfalls</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">unbegründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">Streitwert : Berufung: 2.980,-- , Anschlußberufung: 14.462,--DM</p>
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315,907 | olgham-1980-12-11-15-w-17580 | {
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} | 15 W 175/80 | 1980-12-11T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:07 | 2019-03-27T09:41:55 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1211.15W175.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 5.000,- DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 2) als deutsche Staatsangehörige und der Beteiligte zu 3), welcher libanesischer Staatsangehöriger drusischer Konfession ist, haben am 31. März 1980 vor dem Standesbeamten des Standesamts ... die Ehe geschlossen. In der Beurkundung der Eheschließung im Heiratsbuch Eintrag Nr. ... vermerkt: Die Ehegatten führen den Namen ... Der Beteiligte zu 3) war nur zur Eheschließung nach Deutschland gekommen und ist anschließend sofort nach ... zurückgekehrt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 14. April 1980 hat der Beteiligte zu 1) beim Amtsgericht Bielefeld beantragt, die Berichtigung des Heiratseintrages dahin anzuordnen, daß in der Ehe der Mann den Familiennamen ... die Frau den Familiennamen ... führe. Zur Begründung hat er vorgebracht, eine Wahlmöglichkeit nach § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB entfalle, weil die Ehegatten bei Eheschließung keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hätten. Weil diese Wahlmöglichkeit nicht bestanden habe, könne auch die subsidiäre Regelung des § 1355 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht eingreifen, wonach der Geburtsname des Mannes zum Ehenamen werde, wenn die Ehegatten von ihrer Wahlmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hätten. Selbst wenn § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB für die Ehefrau anzuwenden sei, könne dies nur zu einem Eintrag im Heiratsbuch führen, wonach der Ehemann den Namen ... und die Frau den Ehenamen ... führe. Damit sei erkennbar, daß der Name der Ehegatten mangels einer Wahlmöglichkeit kein gemeinsamer Ehename sei, sondern aus der Anwendung der verschiedenen Heimatrechte der Ehegatten resultiere.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 10. Juni 1980 hat das Amtsgericht den Berichtigungsantrag zurückgewiesen und hierzu im wesentlichen ausgeführt, daß es der Ehefrau nach ihrem Heimatrecht freistehen müsse, sich für den Namen des Mannes zu entscheiden. Sie sei vorliegend zu dem Antrag gehört worden und habe erklärt, auf jeden Fall den Namen des Mannes annehmen zu wollen, wie sie auch bereits bei der Eheschließung klar geäußert habe. Gegen diesen Beschluß hat der Beteiligte zu 1) Beschwerde eingelegt und hierbei insbesondere auf einen Runderlaß des Innenministers für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1980 - 1 W 3/14 - 5533 - MBl. NW 1980 S. 718 hingewiesen. Das Landgericht hat die Beschwerde durch Beschluß vom 21. August 1980 zurückgewiesen und dazu ausgeführt, daß der Ehemann sich jedenfalls durch seine Einreise in die Bundesrepublik zum Zwecke der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen weitgehend der Rechtsordnung der Bundesrepublik unterworfen und die Anwendung des formellen deutschen Rechts der Eheschließung akzeptiert habe. Da die Eheschließenden von der Wahlmöglichkeit nach § 1355 Abs. 1 Satz 1 BGB keinen Gebrauch gemacht hätten, sei nach § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB der Geburtsname des Ehemannes zum Ehenamen geworden. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) weitere Beschwerde eingelegt, mit welcher er eine obergerichtliche Entscheidung über die anstehende namensrechtliche Frage erstrebt. Die Beteiligten zu 2) und 3) haben sich zu der weiteren Beschwerde nicht erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist statthaft und in der rechten Form eingelegt (§§ 49 und 48 PStG, §§ 27 und 29 FGG). Die Beschwerdebefugnis der unteren Aufsichtsbehörde folgt hinsichtlich der weiteren Beschwerde schon aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde (Keidel/Kuntze/Winkler (künftig: KKW), Freiwillige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl., § 27 Rdn, 10). Der Sache nach ist das Rechtsmittel unbegründet, da die angefochtene Entscheidung sich jedenfalls im Ergebnis als richtig erweist, § 27 FGG i.V. mit § 561 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht lag eine zulässige Erstbeschwerde vor, wobei das Beschwerderecht der unteren Aufsichtsbehörde ohne Rücksicht auf ihre formelle Beschwer besteht (BGHZ 38, 380, 381; 43, 213, 217; OLG Celle, StAZ 1969, 220; BayObLG, StAZ 1978, 100, 101).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Weitere Voraussetzung für eine Sachentscheidung war sodann das Vorliegen der erstinstanzlichen Verfahrensvoraussetzungen, die in der Beschwerdeentscheidung nicht ausdrücklich erörtert sind, jedoch gegeben waren.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da die hier zu beurteilende Angelegenheit wegen der libanesischen Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 3) Auslandsberührung aufweist, war neben der örtlichen und sachlichen auch die Internationale Zuständigkeit des deutschen Gerichts, d.h. dessen Befugnis, sich überhaupt mit der Sache zu befassen, zu prüfen. Diese internationale Zuständigkeit wird durch die im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene Mitwirkung der örtlichen Gerichte bei der Führung der Personenstandsbücher begründet, falls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer gerichtlichen Tätigkeit, wie sie sich aus dem Personenstandsgesetz ergeben, vorliegen (Senatsbeschluß vom 3. November 1977 - 15 W 321/77 = OLGZ 1978, 129 = StAZ 1978, 65; BayObLG, FamRZ 1972, 262; StAZ 78, 41, 42; KKW, a.a.O., § 69 FGG a.F., Rdn. 8 a). Die am vorliegenden Verfahren gemäß § 48 Abs. 2 PStG beteiligten Eheleute (Massfeller/Hoffmann, PStG § 47 Rdn. 39; BayObLGZ 1972, 50, 52; KG, JFG 23, 243) haben vor dem Standesamt ... die Ehe geschlossen. Zur Beurkundung dieser Eheschließung war der Standesbeamte in Bielefeld zuständig. Der Heiratsbucheintrag ist abgeschlossen. In Bezug auf den gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 PStG anzugebenden Ehenamen hat der Beteiligte zu 1) die gerichtliche Berichtigung des bezeichneten Eintrags gemäß § 47 Abs. 2 FStG beantragt. Sachlich und örtlich zuständiges Amtsgericht dafür war gemäß § 50 PStG das Amtsgericht Bielefeld. Damit ist die internationale Zuständigkeit des angegangenen Gerichts zu bejahen, welche von Amts wegen zu beachten war (Senatsbeschluß a.a.O.; BayObLGZ, StAZ 1977, 187, 189 m.w.N.; StAZ 1978, 41, 42).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst hat das Landgericht mit Recht den Berichtigungsantrag für unbegründet erachtet, weil der in Rede stehende Heiratseintrag der Sach- und Rechtslage entspricht. Hierfür bedarf es allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Erörterung, ob und inwieweit sich der Beteiligte zu 3) durch seine Einreise zum Zwecke der Eheschließung vor einem deutschen Standesamt und durch die Eheschließung selbst deutschem Recht unterworfen hat. Vielmehr ergibt sich bereits aus § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB, daß die Beteiligten zu 2) und 3) den Ehenamen ... führen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Auszugehen ist von der Entscheidung des Bundesgerichtshofes über den Ehenamen der Frau vom 12. Mai 1971 (BGHZ 56, 193 = NJW 1971, 1516). Hiernach bestimmt sich der Name in einer Ehe, in der ein Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, grundsätzlich vorrangig nach dem Heimatrecht der Ehegatten (Personalstatut). Daran ist, wie der Bundesgerichtshof in der in StAZ 1979, 63 f. = BGHZ 72, 163 abgedruckten Entscheidung nochmals bestätigt hat, festzuhalten. Die Neufassung der deutschen Sachnorm des § 1355 BGB gibt keinen Anlaß, für die Bestimmung des Ehenamens von der grundsätzlichen Geltung des Personalstatuts der Namensträger abzuweichen und das Aufenthaltsrecht anzuwenden. Hierbei ist die deutsche Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 2) im Zeitpunkt der Eheschließung zugrundezulegen (BGHZ 72, 163, 165; Senatsbeschluß vom 24. November 1977 - 15 W 159/77 - StAZ 1979, 1478).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Für die Frage des Ehenamens ist auf Seiten der deutschen Ehefrau mithin § 1355 BGB anzuwenden, wonach gemäß Absatz 1 die Ehegatten einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) führen. Zwar muß dies bei staatsbürgerlichen Mischehen nicht zwingend der Fall sein (BGHZ 56, 193, 200/201 m.w.N.). Immerhin entspricht die Führung des gemeinsamen Familiennamens in der Ehe deutschem Recht und deutscher Sitte (BGH a.a.O. S. 200 m.w.N.): hieran hat sich durch das am 1. Juli 1976 in Kraft gesetzte, neue Ehenamensrecht (Art. 12 Nr. 13 b i.V.m. Art. 1 Nr. 2 des 1. EheRG) nichts geändert (BGHZ 72, 163 ff). Durch diese Rechtsänderung ist jedoch den Ehegatten ein Wahlrecht dergestalt eingeräumt worden, daß sie als Ehenamen den Geburtsnamen des Mannes oder der Frau bestimmen können; der Mannesname gilt nur noch subsidiär, wenn die Ehegatten keine Namensbestimmung treffen (§ 1355 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB). Wie der BGH (a.a.O.) ausgeführt hat, gilt dieses Namenswahlrecht auch für Ehen, in denen nur ein Ehegatte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, soweit deutsche Sachnormen zur Anwendung kommen, und zwar sowohl dann, wenn deutsches Recht deshalb anzuwenden ist, weil das Personalstatut der deutschen Frau auf dieses Recht verweist, als auch dann, wenn die Frau eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, die Ehegatten aber ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und die Frau von ihrem ihr nach BGHZ 56, 193 zustehenden Wahlrecht zugunsten des Rechts des Aufenthaltsstaates Gebrauch macht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der BGH hat nun in der genannten Entscheidung (BGHZ 72, 163, 167) ausgesprochen, daß die subsidiäre Regelung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB in solchen Fällen nicht ohne weiteres gelte, wenn das Heimatrecht des Ehemannes für ihn eine derartige Namensbestimmung nicht vorsehe. Vielmehr komme es für die Anwendung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB auch bei sog. Ausländerehen auf die Möglichkeit einer Namenswahl durch die Ehegatten an. Andernfalls würde für Ausländerehen die Regelung der alten Fassung des § 1355 Satz 1 BGB wirksam, wonach der Name des Mannes, ohne daß die Ehegatten eine Wahlmöglichkeit hätten, zum Ehe- und Familiennamen werde. Diese Regelung habe der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 1355 BGB aber gerade zwecks Gewährung einer Wahlmöglichkeit aufgehoben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Da die Eheleute vorliegend keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, kam ein Wahlrecht nach § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB hinsichtlich des gemeinsamen Ehenamens nicht in Betracht (BGHZ 72, 163 ff; Palandt/Heldrich, 40. Aufl., EGBGB Art. 14 Anm. 4 c; Böhmer, Festschrift für Ferid, 1978, S. 103).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl konnte im vorliegenden Fall die subsidiäre Vorschrift des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB Platz greifen. Danach ist, wenn die Eheleute keine Bestimmung im Sinne des § 1355 Abs. 1 BGB über den gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) treffen, Ehename der Geburtsname des Mannes. Soweit der BGH (BGHZ 72, 163, 167) ausgesprochen hat, die Anwendung der Vorschrift des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB n.F. habe auch für Ausländerehen zur Voraussetzung, daß die Eheleute rechtlich in der Lage seien, eine Namensbestimmung zu treffen, vermag sich der Senat dieser Auffassung nicht anzuschließen, falls sie - wofür die Erläuterung von Buchholz beim Abdruck der Entscheidung im BGH LM Art. 7 EGBGB Nr. 45 spricht - tatsächlich besagen soll, daß in Fällen der vorliegenden Art jeder Ehegatte seinen bis dahin geführten Namen in der Ehe weiter behält. Auch in diesem Fall bedürfte es keiner Vorlage nach § 28 FGG an den Bundesgerichtshof, weil die Entscheidung, von welcher der Senat dann abweichen würde, nicht auf der abweichenden Beurteilung der aufgezeigten Rechtsfrage beruht (K/K/W, a.a.O., § 28 Rn. 14 m.w.N.). In jenem fall war nämlich ein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Eheleute im Inland gegeben und das Wahlrecht gem. § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB ausgeübt worden, so daß die Entscheidung des BGH nicht von der hier zu beurteilenden Frage abhing, ob - wenn das Wahlrecht mangels gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht ausgeübt werden kann - gleichwohl die Anwendung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In der Beurteilung dieser Frage wird im Schrifttum ganz einhellig die Auffassung vertreten, daß § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB in derartigen Fällen anwendbar sei (Böhmer, a.a.O., 106 ff.; Palandt/Heldrich, a.a.O., EGBGB Art. 14 Anm. 4 c; Drewello, StAZ 1980, 208). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, welche auch in der Entscheidung des Kammergerichts (StAZ 1979, 145, 146) anklingt, ohne allerdings dort entscheidungserheblich zu sein. Wie insbesondere Böhmer (a.a.O.) und Palandt/Heldrich (a.a.O.) ausführen, ist vom Wortlaut des § 1355 Abs. 2 S. 2 BGB und vom Zusammenhang der gesamten, das Ehenamensrecht regelnden Bestimmung des § 1355 BGB her eine andere Beurteilung nicht geboten. Der Satz "Treffen sie (die Eheleute) keine Bestimmung, so ist der Ehename der Geburtsname des Mannes", ist ohne weiteres dahin zu verstehen, daß er sowohl für die Fälle gilt, in denen die Eheleute eine solche Bestimmung nicht treffen wollen, als auch für diejenigen, in denen sie das - mangels gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts im Inland - nicht können. Wollte man die Geltung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB in den Fällen ausschließen, in welchen keine rechtliche Wahlmöglichkeit besteht, so würde ohne zwingendes Erfordernis vom Grundsatz des einheitlichen Familiennamens der Eheleute nach § 1355 Abs. 1 BGB abgegangen, was auch zu Schwierigkeiten bei der Einbenennung des nichtehelichen Kindes nach § 1618 BGB mit dem Ehenamen führen müßte. Daneben würde der deutschen Ehefrau die Weiterführung ihres Geburtsnamens aufgezwungen, obwohl das für sie materiell maßgebliche deutsche Familienrecht das gerade ausschließt (Palandt/Heldrich, a.a.O.). Die vom BGH beabsichtigte konsequente Anwendung der beiden Personalstatute würde dazu führen, daß hinsichtlich der Namensführung der deutschen Ehefrau keine der Grundregeln des § 1355 BGB angewendet wird; weder Abs. 1 (gemeinsamer Familienname) noch Abs. 2 Satz 1 (Wahlrecht, auch nicht modifiziert als einseitige Erklärung der Ehefrau), noch Abs. 2 Satz 2. Sogar Abs. 3 würde nicht zur Anwendung gelangen, da die Frau ohnehin ihren Geburtsnamen führen würde. Dies kann kaum als Ergebnis der Anwendung des deutschen Heimatrechts bezeichnet werden, würde aber jedenfalls das deutsche Namensrecht ohne Not als in einem wichtigen Punkt lückenhaft erscheinen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die vom BGH (BGHZ 72, 163 ff.) geäußerten Bedenken, daß durch die hier vertretene Auffassung, die der vom BGH (a.a.O.) kritisierten Ansicht Böhmers (a.a.O.) entspricht, die vom Gesetzgeber durch die Neuregelung des Namensrechts gewährte Wahlmöglichkeit unterlaufen werde, erweisen sich dann nicht als durchgreifend, wenn eine solche Wahlmöglichkeit aus rechtlichen Gründen gar nicht besteht. Dann erscheint es vielmehr geboten, der deutschen Ehefrau einen ihrem Heimatrecht entsprechenden gemeinsamen Familiennamen zur Verfügung zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit dieser Auffassung weicht der Senat auch nicht von den Entscheidungen des OLG Frankfurt vom 10. Juli 1980 - 20 W 329/80 - und des OLG Köln (StAZ 1980, 92) ab, welche sich wie der BGH (BGHZ 72, 163 ff.) mit Fallgestaltungen befassen, bei denen die Wahlmöglichkeit nach § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB bestand, die Geltung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB bei Nichtbestehen der Wahlmöglichkeit mithin nicht entscheidungserheblich war. Auch insoweit ist deshalb keine Vorlage an den BGH nach § 28 FGG geboten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Soweit in den Rundschreiben des Bundesministers des Inneren vom 26. September 1979 und 12. Mai 1980 (Gesch.Z. V II 3-133 211/21), in dem Runderlaß des Innenministers für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 1980 (MBl. NW S. 718) und den Ministerialerlassen anderer Bundesländer unter Hinweis auf BGHZ 12, 163 ff. die Auffassung vertreten wird, § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB komme bei sog. Ausländerehen nur zur Anwendung, wenn die Eheleute rechtlich zur Namensbestimmung nach § 1355 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Lage gewesen seien, kann sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bedurfte es mithin keiner Erklärung der Ehegatten bei der Eheschließung darüber, daß der Geburtsname des Mannes Ehename sein solle, so entfallen auch die Bedenken des Beteiligten zu 1) im Hinblick auf § 190 Abs. 2 und 3 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden, zumal diese Dienstanweisung für die rechtliche Beurteilung des Falles ohnehin nicht bindend wäre. Dem Beteiligten zu 1) ist auch nicht darin zuzustimmen, daß bei Anwendung des § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB der Vermerk im Heiratsbuch lauten müsse "Der Ehemann führt den Namen Farhat und die Ehefrau führt den Namen ...". Wenn der Beteiligte zu 1) diese Formulierung daraus herleiten will, daß die Eheleute diesen Namen aufgrund verschiedener Heimatrechte führen, so verkennt er die Wirkung der Kollisionsnormen des internationalen Privatrechts, welche vorliegend dann führen daß der Ehemann der Beteiligter, zu 2) und 3) ... lautet. Daß sich das aus dem jeweiligen Heimatrecht ergibt, ist für die Richtigkeit des eingetragenen Vermerks ohne Bedeutung.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die weitere Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht veranlaßt, weil die Beteiligten zu 2) und 3) nicht anwaltlich vertreten sind und auch sonst nicht ersichtlich ist, daß ihnen außergerichtliche Kosten entstanden sind.</p>
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315,908 | olgk-1980-12-09-1-ss-92680 | {
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} | 1 Ss 926/80 | 1980-12-09T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:09 | 2019-03-27T09:41:54 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:1209.1SS926.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung (§§ 185, 241, 52 StGB) zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen von je 35,- DM verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Berufung des Angeklagten wegen Ausbleibens ohne genügende Entschuldigung und ohne zulässige Vertretung (§ 329 StPO) verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO <u>in Verbdg. mit § 411 Abs. 2 StPO</u> ist nicht in zulässiger Weise erhoben. Hat das Verfahren mit einem Strafbefehl begonnen - wie hier -, so kann sich der Angeklagte nach § 411 Abs. 2 StPO auch in der Berufungsverhandlung durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen (OLG Celle NJW 1970, 906; Schäfer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., Rdn. 12 zu § 411 StPO; Kleinknecht, 34. Aufl., Rdn. 11 zu § 329 StPO, Rdn. 5 zu § 411 StPO). Mit der formellen Rüge der Verletzung der §§ 329 Abs. 1, 411 Abs. 2 StPO macht der Angeklagte geltend, er sei in der Berufungsverhandlung durch seinen Verteidiger vertreten gewesen. Dies reicht nicht aus. Bei der Rüge der Verletzung von Verfahrensrecht müssen in der Revisionsbegründung nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO die den angeblichen Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen, daß das Revisionsgericht allein auf Grund der Revisionsbegründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen werden (Meyer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., Rdn. 75 zu § 344 StPO m.Nachw.). Bezugnahmen auf Urkunden, Protokolle oder Schriftstücke sind unzulässig (Meyer a.a.O. m.Nachw.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Die Revisionsbegründungsschrift teilt weder den Wortlaut noch den Inhalt der dem Verteidiger erteilten Vollmacht mit. Ob der Angeklagte in der Berufungsverhandlung zulässig vertreten war, hängt davon ab, welchen Inhalt die dem Verteidiger erteilte Vollmacht hat. Handelt es sich um eine allgemeine Verteidigervollmacht, war der Verteidiger nicht bevollmächtigt, den Angeklagten gemäß § 411 Abs. 2 StPO in der Berufungsverhandlung zu "vertreten". Hat der Angeklagte seinen Verteidiger dagegen "<u>Vertretung</u>svollmacht" erteilt, liegt ein Fall zulässiger Vertretung i.S. der §§ 329 Abs. 1, 411 Abs. 2 StPO vor. Dem Senat ist es mithin allein anhand der Revisionsbegründungsschrift nicht möglich nachzuprüfen, ob die Strafkammer den behaupteten Verfahrensfehler begangen hat (vgl. BGHSt 9, 356 ff. = NJW 1956, 1727; OLG Düsseldorf JMBlNW 1979, 246 = OLGSt. § 337 StPO S. 13).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Rüge der Verletzung des § 329 Abs. 1 StPO wegen rechtsfehlerhafter Verneinung einer genügenden Entschuldigung des Angeklagten für seine Abwesenheit in der Berufungsverhandlung ist diese Verfahrensbeschwerde zwar nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO noch zulässig ausgeführt, kann aber ebenfalls nicht durchdringen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß die unsubstantiierte Rüge, das Fehlen habe nicht als unentschuldigt angesehen werden dürfen, als ausreichender Vortrag i.S. von § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügt (OLG Bremen NJW 1962, 881; OLG Hamm NJW 1963, 65; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, 23. Rdn. 98 zu § 329 StPO). Diese Rüge ermöglicht die Überprüfung der Urteilsgründe dahin, ob rechtsfehlerhafte Erwägungen zur Frage der genügenden Entschuldigung vorliegen, insbesondere, ob die bekannten oder erkennbaren Entschuldigungsgründe rechtsfehlerfrei gewürdigt sind, ob das Berufungsgericht den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt oder an ihn zu strenge Anforderungen gestellt hat (BGH NJW 1979, 2319). Genügend entschuldigt ist das Fernbleiben des Angeklagten dann, wenn ihm billigerweise aus dem Fernbleiben kein Vorwurf gemacht werden kann (OLG Düsseldorf NJW 1973, 109; Senatsentscheidung 1 Ss 55/80 v. 10.6.1980; Gollwitzer a.a.O. Rdn. 33, 35 zu § 329 StPO). Der Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung ist dabei nicht zu eng auszulegen (BGHSt 17, 391, 396; Gollwitzer a.a.O. Rdn. 34). Während die Frage der genügenden Entschuldigung als eines Rechtsbegriffs der uneingeschränkten Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt (BGH NJW 1979, 2319; Gollwitzer a.a.O. Rdn. 101 u. Meyer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., Rdn. 92 zu § 337 StPO), gilt dies nicht für die Feststellung des Berufungsgerichts, eine vorgebrachte Entschuldigung sei nicht als genügend anzusehen (BGH NJW 1979, 3219). Liegt eine Entschuldigung vor, so kann nur der Tatrichter darüber befinden, ob sie als genügend anzusehen ist. Daß dies nicht geschehen kann, ohne daß dem Tatrichter ein gewisser Beurteilungsspielraum zur Verfügung steht, liegt in der Natur der Sache. Die Bindung an die Feststellungen des Tatgerichts hindert das Revisionsgericht dann allerdings nicht, auf Grund einer zulässigen Verfahrensbeschwerde zu prüfen, ob dem Tatgericht bei der Beurteilung der tatsächlichen Umstände Rechtsfehler unterlaufen sind (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Diese Grundsätze hat die Strafkammer nicht verkannt. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich. Die Kammer hat eine genügende Entschuldigung verneint, weil die nach Erhalt der Ladung am 17.5. 1980 erfolgte Übersiedlung des Angeklagten nach ... nicht ausreiche. Ohne sein persönliches Erscheinen und eine Gegenüberstellung mit dem (einzigen) Zeugen erscheine eine Sachaufklärung nicht möglich. Der Angeklagte beabsichtige ersichtlich, auch zu einem späteren Termin nicht zu erscheinen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte hatte sein Nichterscheinen zum Berufungsverhandlungstermin vom 24.6.1980 angekündigt mit der Begründung, er habe während seines Heimaturlaubs im Mai 1980 das Angebot erhalten, in seinem Heimatland ... eine Arbeitsstelle zum 1.6.1980 anzutreten. Dieses. Angebot sei eine nicht so schnell wiederkehrende Chance gewesen. Deshalb habe er es angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Abwägung der Strafkammer hierzu hält sich innerhalb des ihr stehenden Beurteilungsspielraums, ohne daß ihr Rechtsfehler unter laufen sind. Grundsätzlich geht die Pflicht des Angeklagten zum scheinen vor Gericht auf entsprechende Ladung als öffentlich-rechtliche Pflicht der Regelung familiärer und geschäftlicher Angelegenheiten sowie der Erfüllung beruflicher Obliegenheiten vor (OLG Hamm JMBlNW 1962, 40 u. VRS 42, 208). Bei der Entscheidung, ob gleichwohl ausnahmsweise eine Entschuldigung genügt, ist im Einzelfall jeweils die Bedeutung der zu erledigenden Geschäfte nach Wichtigkeit, Dringlichkeit, Unaufschiebbarkeit einerseits und die öffentlich-rechtliche Pflicht zum Erscheinen andererseits abzuwägen (OLG Köln Ss 1014/78 v. 12.12.1978, Ss 354/79 v. 24.7.1979; 3 Ss 243/80 v. 31.3.1980 u.a.). Dabei darf die Bedeutung der jeweiligen Strafsache nicht außer Acht gelassen werden (OLG Düsseldorf NJW 1973, 109). Diese Voraussetzungen hat die Strafkammer beachtet. Sie hat weder den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung verkannt noch einen zu strengen Maßstab angelegt. Der Angeklagte hat lediglich seine Übersiedlung nach ... als Hinderungsgrund geltend gemacht, sich aber nicht darauf berufen, er könne aus beruflichen Gründen nicht kurzzeitig nach ... zur Berufungsverhandlung kommen. Die Kammer hat auf Grund der Umstände die Überzeugung gewonnen, daß der Angeklagte auch zu einem späteren Hauptverhandlungstermin nicht zu erscheinen beabsichtige. Dies ist nicht zu beanstanden, zumal die Revision selbst in Kenntnis der Urteilsgründe nicht vorgetragen hat, der Angeklagte hätte zu einem späteren Termin erscheinen wollen, lediglich den Termin vom 24.6.1980 habe er aus dringenden beruflichen Gründen unaufschiebbarer Natur nicht wahrnehmen können. Weiterhin hat es die Kammer wesentlich darauf abgestellt, daß ohne Gegenüberstellung mit dem einzigen Zeugen eine Sachaufklärung nicht möglich sei. Ist aber eine Sachaufklärung anders nicht zu erreichen, weil ein ersuchter Richter die Sache nicht klären kann, muß der Angeklagte grundsätzlich auch eine weite Anreise in Kauf nehmen und vor dem erkennenden Gericht erscheinen. Erwägungen über die Zumutbarkeit treten kann zurück (vgl. OLG Stuttgart VRS 59, 360). Ob der Grundsatz der Verhältnismässigkeit unter solchen Umständen nicht entscheidend ins Gewicht fällt (OLG Stuttgart a.a.O.), kann vorliegend dahinstehen, weil bei der erstinstanzlichen Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung (§§ 185, 241, 52 StGB) zu 20 Tagessätzen die Bedeutung der Sache nicht außer Verhältnis steht.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO zu verwerfen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung entspricht dem Antrag des Sitzungsvertreters der Generalstaatsanwaltschaft.</p>
|
315,909 | lg-essen-1980-12-05-3-o-14579 | {
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"name": "Landgericht Essen",
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"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 O 145/79 | 1980-12-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:10 | 2019-03-27T09:41:54 | Urteil | ECLI:DE:LGE:1980:1205.3O145.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die vom Amtsgericht Essen - 34 K 126/78 - auf Antrag des Beklagten mit Beschluß vom 20. Dezember 1978 angeordnete Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an den Wohnungs-Erbbau-Grundbuch von ... Blatt ... Amtsgericht Essen-Borbeck eingetragenen Erbbaurechtes, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Hause ... , Erdgeschoß links, Nr. ...des Aufteilungsplans wird für unzulässig erklärt. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 6.700,-- DM vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin und der Beklagte sind je zu 1/2 Inhaber eines Erbbaurechts am Wohnungs-Erbbau-Grundbuch von ... Blatt ... Amtsgericht Essen-Borbeck. Ihre Ehe wurde am 30.08.1978 vom Familiengericht - Amtsgericht Essen - geschieden. In diesem Verfahren ist der Klägerin das Wohnrecht zugesprochen worden. Der Beklagte hat daraufhin am 27.11.1978 die Teilungsversteigerung beantragt, um die Gemeinschaft am Erbbaurecht aufzuheben. Dieses Erbbaurecht ist der einzige Vermögensgegenstand der Klägerin. Es war von dieser zusammen mit dem Beklagten 1966 erworben worden. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf den Anteil des Beklagten lasten wegen Unterhaltsschulden erhebliche Sicherungshypotheken zugunsten der Klägerin und eine Sicherungshypothek von z. Zt. 10.000,-- DM zugunsten der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin. Beide Gläubiger betreiben zur Zeit die Zwangsversteigerung. Aus Titeln in Höhe von ca. 10.000,-- DM hat die Klägerin ebenfalls die Zwangsversteigerung in den halben Anteil des Beklagten beantragt bzw. wird sie wegen des zuletzt ergangenen Titels noch beantragen. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, beim Kauf des Erbbaurechts sei stillschweigend eine Zweckvereinbarung dahin getroffen worden, eine gesicherte Wohnung bis zum Lebensende der Ehegatten schaffen zu wollen. Darin sei der Ausschluß eines Aufhebungsanspruches gemäß § 749 II BGB zu sehen. Zumindest ergebe sich die Rechtsmißbräuchlichkeit aus § 242 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist im übrigen der Ansicht, eine Zwangsversteigerung durch den Beklagten stelle sich auch nach der Scheidung als rechtsmißbräuchlich dar, da das Erbbaurecht Grundlage ihrer Lebensführung sei und die Klägerin daher ein außerordentliches Interesse an dessen Erhalt habe.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Zwangsvollstreckung sei desweiteren zum einen auch schon deswegen unzulässig, weil das Familiengericht der Klägerin die Wohnung zugewiesen habe. Für den Beklagten bestehe daher die Verpflichtung, seinen Wohnungsanteil auf die Klägerin zu übertragen. Zwar habe die Klägerin einen entsprechenden Kauf zum Preise von 20.000,-- DM angeboten, doch sei der Beklagte von einem überhöhten Gesamtwert des Erbbaurechts von 120.000,-- DM ausgegangen und habe deswegen abgelehnt. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zum anderen ergebe sich die Unzulässigkeit der Zwangsversteigerung auch darauf, daß der Beklagte keinen Vorteil erlangen könne. Die U- AG habe erklärt, von ihrem Heimfallrecht im Falle einer Zwangsversteigerung durch den Beklagten Gebrauch zu machen, wobei sie dann von einem Wert von 80.000,-- bis 90.000,-- DM ausgehen werde. Der Grund dafür sei, daß der Beklagte nicht mehr bei der I-AG sondern bei der S beschäftigt sei. Der Klägerin hingegen wollten sie, was unwidersprochen ist, das Erbbaurecht belassen, da es sich um einen Sozialfall handele. Durch eine Zwangsversteigerung wurde der Klägerin also das Wohnrecht entzogen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">An einem schutzwürdigen Interesse des Beklagten fehle es auch deshalb, da er im Wege einer Zwangsversteigerung nur Geld erhalte, was die Klägerin zu zahlen auch bereit und in der Lage sei. Einen entsprechenden Betrag von 20.000,-- DM würden, was unwidersprochen ist, ihre Töchter ihr auch zur Verfügung stellen. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Ginge man von einem Gesamtwert des Erbbaurechts von 90.000,-- DM und von einer Belastung in Höhe von insgesamt 34.000,-- DM aus, so ergebe sich bei einem Gesamtverkauf ein Erlös von 56.000,-- DM, also 28.000,-- DM je Hälfte. Bringe man noch die von der Klägerin selbst zu vollstreckenden 10.000,-- DM in Anrechnung, so ergebe sich die Möglichkeit eines freihändigen Erwerbs durch die Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">wie zugesprochen zu erkennen, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin seinen halben Anteil an dem Wohnungseigentum, ... Erdgeschoß links, eingetragen im Grundbuch des AG Essen-Borbeck von ..., Blatt ..., gegen Zahlung eines angemessenen, durch einen neutralen Sachverständigen festzusetzenden Entgeltes zu übereignen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfs-hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin seinen Anteil für DM 20.000,-- unter Befreiung von Zwangsvollstreckungen anzubieten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin behauptete stillschweigende Zweckvereinbarung sei beim Erwerb des Erbbaurechts nicht erfolgt. Man habe nur einen Vermögenswert schaffen wollen, wobei die Wohnung ein Nebenprodukt dieser Anschaffung gewesen sei. An eine bis zum Lebensende gesicherte Wohnung sei jedoch nicht gedacht worden. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unerheblich sei, daß der Klägerin die Wohnung durch das Familiengericht zugewiesen worden </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">sei. In diesem Verfahren wurde nur über das Wohnrecht als solches, nicht aber über das Eigentumsrecht entschieden. Eine Verpflichtung, seinen Anteil auf die Klägerin zu übertragen, ergebe sich jedenfalls nicht daraus. Einer solchen Verpflichtung stehe auch entgegen, daß gerade die Zwangsversteigerung als gesetzliches Mittel zur Aufhebung einer solchen Gemeinschaft vorgesehen sei. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Durch die Zwangsversteigerung werde das Wohnrecht der Klägerin auch nicht beeinträchtigt. Die Erklärung der U- AG, von ihrem Heimfallrecht im Falle der Teilungsversteigerung durch den Beklagten Gebrauch machen zu wollen, müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Da also auch im Falle einer Zwangsversteigerung das Erbbaurecht der Klägerin bestehen bleiben könne und diese überdies auch die Möglichkeit habe, den Anteil des Beklagten selbst zu ersteigern, liege ein Rechtsmißbrauch nicht vor. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der nur in der Zwangsversteigerung zu erzielende Preis in Höhe von 120.000,-- DM ergebe sich daraus, daß für entsprechende Wohnungen in dieser Wohngegend durchaus höhere Preise gezahlt würden. Dieser Preis sei auch nur durch eine Zwangsversteigerung zu erzielen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Interesse des Beklagten an einem angemessenen Erlös sei ebenso hoch zu bewerten, wie das Interesse der Klägerin an dem Erhalt des Erbbaurechts. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist begründet. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Klägerin ist nach § 771 ZPO gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Zwar handelt es sich bei der Teilungsversteigerung gern. §§ 753 BGB, 180 ZVG nicht um eine Vollstreckung im Sinne dieser Vorschrift und die Klägerin ist auch nicht Dritte, doch ist diese Vorschrift auf die Teilungsversteigerung unmittelbar anwendbar, da eine speziellere Regelung fehlt (vgl. SeIler Kommentar § 180 ZVG Anmerkung 22). </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Einem die Veräußerung hinderndem Recht entspricht der Anspruch der Klägerin auf Erhalt ihres hälftigen Bruchteils am Wohnungserbbaurecht in Verbindung mit dem Sondereigentumsanteil an der Wohnung. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Ein Recht des Beklagten, die Teilungsversteigerung gegen den Willen der Klägerin durchzuführen, besteht nicht. Dieses Recht ist zwar weder durch Gesetz noch durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien ausgeschlossen, wohl aber gemäß § 242 BGB aus Treu und Glauben, da das Betreiben der Teilungsversteigerung sich als rechtsmißbräuchlich darstellt. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Rechtsrnißbrauch ist allerdings nur bei einer Unzumutbarkeit der Teilungsversteigerung für den Antragsgegner und bei Eingreifen des Schikaneverbotes anzunehmen. Diese Grenze ergibt sich darauf, daß die Teilungsversteigerung zwar gesetzlich zur Auflösung einer Gemeinschaft vorgesehen ist, ein rechtliches Interesse für diesen Aufhebungsanspruch jedoch nicht gefordert wird. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte handelt rechtsmißbräuchlich, da er der Klägerin durch die Teilungsversteigerung bewußt Nachteile zufügt, ohne selbst einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Vorteil durch diese Rechtsausübung zu erlangen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Durch die Teilungsversteigerung wird der Klägerin ihr eigener Wohnungserbbaurechtsanteil und auch das Nutzungsrecht entzogen. Nach dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 05.04.1979 will die U-AG für diesen Fall gemäß § 3 Erbbau v i.V.m. dem Erbvertrag von ihrem Heimfallrecht Gebrauch machen. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Aufgrund dieses Heimfallrechtes, das vorrangig vor der Teilungsversteigerung zu berücksichtigen ist, besteht für die Klägerin nicht die Möglichkeit, den Anteil des Beklagten selbst zu ersteigern. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte nunmehr in seinem neuerlichen Schriftsatz vom 1.12.1980 bestreitet, daß die U-AG überhaupt von ihrem Heimfallrecht Gebrauch machen werde, ist dieses Vorbringen verspätet (§ 296 I ZPO). Dem Beklagten war eine Erklärungsfrist zur Klageerwiderung bis zum 18.7.1979 gesetzt worden. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber erlangt der Beklagte durch die Teilungsversteigerung keinen Vorteil. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Möglichkeit des Beklagten, das Wohnungserbbaurecht selbst zu ersteigern, ist aufgrund des vorrangigen Heimfallrechts der U-AG ebenfalls ausgeschlossen. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ein Vorteil ergibt sich auch nicht darauf, daß der Beklagte seinen Anteil durch die Teilungsversteigerung zu verfügbarem Vermögen machen kann. Einerseits betreibt die Klägerin die Zwangsvollstreckung in den Anteil des Beklagten, so daß sich dieser ohnehin mit seinem Anteil aus der Gemeinschaft lösen kann und dafür Bargeld erhält. Andererseits entsteht ein Nachteil des Beklagten schon deswegen nicht, da die Klägerin angeboten hat, diesen Anteil freihändig zu einem angemessenen Betrag zu erwerben. Zwar braucht sich der Beklagte grundsätzlich nicht mit einer solchen Ausgleichszahlung zufrieden zu geben, da durch die Teilungsversteigerung ein höherer als der angemessene Betrag zu erzielen sein könnte. Jedoch will die U- AG nach dem maßgeblichen Vortrag der Klägerin das Heimfallrecht nur bis zu einem Betrag von 90.000,-- DM geltend machen. Da dieses Recht der Teilungsversteigerung vorgeht, kann der Beklagte keinesfalls einen höheren Gewinn erzielen, als die Klägerin zu zahlen bereit ist. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsmißbrauch ergibt sich auch daraus, daß der Beklagte ein Recht geltend macht, das ihm in Kürze gegen die Klägerin nicht mehr zustehen wird. Durch die von der Klägerin betriebene Vollstreckungsversteigerung verliert der Beklagte seinen Bruchteil am Wohnungserbbaurecht. Dadurch wird die Teilungsversteigerung gegenstandslos. In diesem Fall ist die Vollstreckungsversteigerung zuerst vorzunehmen, ein Recht zur Teilungsversteigerung besteht dann nicht mehr.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat ihrerseits nicht rechtsmißbräuchlich gehandelt, indem sie die Zwangsvollstreckung in den Anteil des Beklagten beantragt hat. Durch diese von ihr betriebene Zwangsvollstreckung wird die Aufhebung des Wohnungserbbaurechts nicht zwingend herbeigeführt. Dieses ergibt sich daraus, daß die U-AG zugunsten der Klägerin unstreitig von ihrem Heimfallrecht absehen will und die Klägerin durch das ihr von den Töchtern zugesagte Darlehen in der Lage ist, den Anteil des Beklagten selbst zu erwerben. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung erfolgte gemäß § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Sicherheitsleistung beruht auf § 709 ZPO. Das Interesse des Beklagten an der Durchführung der Teilungsversteigerung ist gemäß § 3 ZPO auf 5.000, -- DM festgesetzt worden. </p>
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315,910 | olgham-1980-12-05-11-u-11980 | {
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} | 11 U 119/80 | 1980-12-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:12 | 2019-03-27T09:41:54 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1205.11U119.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 18. März 1980 abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt mit Ausnahme der Kosten des Schriftsachverständigen, die der Beklagte zu tragen hat.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehns samt Nebenkosten in Anspruch.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Sie hat vor dem Landgericht zunächst Ablichtungen eines Kreditantrages, ausgefüllt mit unzutreffendem Wohnort ... und erfundenem Arbeitgeber, mit Unterschriftsort "..." und Personalausweis-Prüfungsvermerk des Filialleiters, sowie einer ... Kassenquittung über 15.000,- DM vorgelegt, die beide den Namenszug des Beklagten als Unterschrift tragen, und hat behauptet, das Darlehn an den Beklagten ausgezahlt zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat hierauf zunächst geltend gemacht, er wisse von einem Darlehn nichts und habe kein Geld erhalten, er vermute eine Fälschungshandlung seines Bruders, welcher sich einmal unter einem Vorwand seinen Personalausweis beschafft habe.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat daraufhin zusätzlich eine mit dem Namenszug des Beklagten unterschriebene Empfangsvollmacht zugunsten des Untervermittlers ... vorgelegt, auf welche verwiesen wird (Bl. 22), hat eingeräumt, daß der Beklagte nicht in ... war, und hat behauptet, das Kapital über ihren ... Hauptvermittler an ... ausgezahlt zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ein Schriftgutachten eingeholt. Es hat weiterhin den Vermittler ... und den Prokuristen der Klägerin ... als Zeugen vernommen, ... hat ausgesagt, er habe die 1.500,- DM dem Bruder des Beklagten zukommen lassen, dieser habe ihm auch einige Rückzahlungsraten zur Weiterleitung gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Beklagte eingeräumt, über seinen Bruder ... mit der Beschaffung eines Darlehns von 5.000,- DM beauftragt zu haben und einmal blanko etwas unterschrieben zu haben; später hätten ihm beide erklärt, sein Antrag sei von der Bank nicht angenommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, weil der Darlehnsantrag und die Auszahlungsermächtigung als echt erwiesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf welches im einzelnen verwiesen wird, wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er hält nicht für bewiesen, daß die Darlehnsunterschrift mit der von ihm eingeräumten identisch sei. Hilfsweise beruft er sich auf Nichtigkeit gemäß §§ 134 BGB, 56 Abs. 1 Nr. 6 Gewerbeordnung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">abändernd die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie hält das Darlehn für wirksam gewährt und die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Nr. 6 Gewerbeordnung für nicht gegeben. Sie räumt ein, ihren Kreditvermittlern Kassenquittungsformulare ausgehändigt zu haben, welche diese schon vorher unterschreiben lassen sollten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat den Beklagten persönlich angehört. Dieser hat erklärt, er habe ... gekannt und vertraut und die Empfangsvollmacht unterschrieben, weil ... ihn dazu mit der Erklärung gedrängt habe, daß er - der Beklagte - das Geld dann schneller bekomme.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es kann offenbleiben, wie die zahlreichen zweifelhaften Umstände des Falls zu bewerten sind. Der Klageanspruch scheitert jedenfalls daran, daß die Klägerin dem Beklagten das Darlehn nicht wirksam gewährt hat, so daß die Rückzahlungsvoraussetzungen des § 607 BGB nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Eine Auszahlung an den Beklagten selbst kann nicht festgestellt werden. Die vorgelegte Kassenquittung ist, wie die Klägerin einräumt, inhaltlich unzutreffend. Durch die Zahlung an den Untervermittler ... ist die Pflicht der Klägerin zur Darlehnsgewährung jedoch noch nicht erfüllt worden. Hunecke kann weder als Empfangsvertreter noch als "Dritter" im Sinne von § 362 BGB angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">In Lehre und Rechtsprechung ist umstritten, ob und wann eine Anweisung, Ermächtigung oder Vollmacht, das Darlehn an den Vermittler auszuzahlen, das Weiterleitungsrisiko von der Bank auf den Kunden verlagert (vgl. H.P. Westermann in Münch. Kom., § 607 Rz. 6 m.w.Zit.). Der BGH behandelt das Problem unter der Fragestellung, ob die Valuta in irgendeiner Form dem Vermögen des Darlehnsnehmers "zufließt". In Urteil von 8.4.1965 (WM 65, 496) hat er die Frage im Ergebnis zum Nachteil der Bank entschieden; er hat einen wesentlichen Unterschied zu einem vom Reichsgericht entschiedenen Fall in dem "entscheidenden Punkt" gesehen, daß die Parteien im RG-Fall einig gewesen seien, die Auszahlung an den Notar sei Auszahlung an die Darlehnsnehmer; es wäre "ungerechtfertigt und durchaus unerwünscht", das Risiko der Tätigkeit des Vermittlers "dem einzelnen Kunden zu überbürden, der im Gegensatz zum Kreditinstitut schwerlich die Möglichkeit hat, sich gegen Unregelmäßigkeiten zu sichern". Im Urteil vom 13.4.1978 (NJW 78, 2294) hat er die Frage im Ergebnis zum Nachteil der Kundin entschieden; "regelmäßig" komme in einer Ermächtigung zum Ausdruck, daß der Darlehnsgeber nichts mehr zu veranlassen brauche, um dem Kunden selbst die Valuta zu verschaffen. Besondere Umstände für einen abweichenden Parteiwillen habe das Berufungsgericht nicht festgestellt; vielmehr habe die Kundin "unbeeinflußt von der Beklagten" sich dazu entschlossen, die Valuta der Vermittlerin übermitteln zu lassen. - Nach beiden Entscheidungen kommt es auf die Umstände des einzelnen Falles an.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle bedarf es der Auslegung der vom Vermittler mit der Schreibmaschine auf einem besonderen Blatt vorgeschriebenen Erklärung des Beklagten, er "bevollmächtige" ihn, "den Betrag aus der von mir beantragten Finanzierung für mich in Empfang zu nehmen". Bei der Auslegung ist gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Es kommt nach Auffassung des Senats darauf an, ob der Darlehnsnehmer sich des Risikos der abredewidrigen Verwendung des Geldes durch den Vermittler bewußt ist und er dieses Risiko übernehmen will, oder ob er mit seiner Erklärung nur den Weg des Geldlaufs festlegen will, ohne dabei den Zufluß beim Vermittler schon als Zufluß im eigenen Vermögen anzusehen. Hier hat der Beklagte die Erklärung in der Vorstellung unterschrieben, daß <u>er selbst</u> auf diese Weise am schnellsten zu dem Gelde komme. Diese Vorstellung hat der Vermittler in ihm erweckt. Der wirkliche Wille ging mithin nur dahin, den Geldweg bis zu ihm, dem Erklärenden, festzulegen, nicht aber dahin, irgendein in der Person des Vermittlers liegendes Risiko zu übernehmen. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, diesen Willen hätte sie der Erklärung nicht entnehmen können. Allerdings sind Willenserklärungen gewöhnlich von Standpunkt dessen aufzulegen, für den sie bestimmt sind.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin muß sich hier jedoch die Kenntnis dieser Umstände seitens des Vermittlers zurechnen lassen. Die hier tätig gewordenen Vermittler können nicht als neutrale Kreditmakler angesehen werden, sondern sind nach den obwaltenden Umständen Anbahnungsgehilfen der Klägerin. Diese hatte ihre Formulare ihrem Hauptvermittler überlassen mit der Befugnis, Untervermittler einzuschalten. In einer solchen Kette muß sich jeder das Verhalten und die Kenntnis seines Untermannes zurechnen lassen, so daß es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob eine oder mehrere Zwischenpersonen eingeschaltet sind. Hunecke wußte, daß der Beklagte mit der Abgabe seiner Erklärung kein zusätzliches Risiko übernehmen wollte. Dieses Wissen geht zu Lasten der Klägerin (arg. §§ 166, 278 BGB). Aber auch die Klägerin selbst, genauer: für sie ihr Filialleiter in ..., mußte sich vor Augen halten, daß hier keine Anhaltspunkte dafür gegeben waren, nach denen es irgendwie im Interesse des Darlehnsnehmers gelegen haben könnte, das Geld nicht selbst zu erhalten. Einen solchen persönlichen Geldempfang sollte die Kassenquittung gerade vortäuschen. Da hiernach der Klägerin selbst die Willensrichtung beim Beklagten zumindest zweifelhaft sein mußte, hätte sie sich bei ihm notfalls vergewissern müssen, ob er das Risiko einer zweckwidrigen Verwendung durch den oder die Vermittler übernehmen wolle. Eine solche Frage hätte der Beklagte nach der Überzeugung des Senats verneint.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach allem hat die Klägerin durch die Zahlung an ... dem Beklagten gegenüber ihre Pflicht zur Darlehnsgewährung noch nicht erfüllt im Sinne von § 362 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Weiterhin hat der Beklagte auch nicht das Risiko eines Fehlverhaltens seines Bruders übernommen ... war weder nach dem äußeren Wortlaut der Erklärung noch nach ihren wirklichen Sinn befugt, das Geld an den Bruder weiterzuleiten; auch hierdurch ist die Pflicht zur Verschaffung der Darlehnsvaluta nicht erfüllt worden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 96, 708 Nr. 10 ZPO. Die Beschwer beträgt 16.622,27 DM; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 546 ZPO) liegen nicht vor, da die Entscheidung auf der Auslegung einer Individualurkunde beruht.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Verkündet am 5. Dezember 1980</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Köhne, Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts</p>
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} | 2 Ws 271/80 | 1980-12-04T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:14 | 2019-03-27T09:41:54 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1204.2WS271.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die angefochtene Kostenentscheidung wird aufgehoben. Eine Gebühr für die Berufungsinstanz wird nicht erhoben. Die in der Berufungsinstanz entstandenen gerichtlichen Auslagen werden je zur Hälfte dem Angeklagten und dem Privatkläger auferlegt. Die in der Berufungsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Privatklägers und des Angeklagten werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>Die Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Soweit im Beschwerdeverfahren dem Angeklagten und dem Privatkläger notwendige Auslagen erwachsen sind, werden diese ebenfalls gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte ist vom Amtsgericht wegen einer gegenüber dem Privatkläger begangenen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt worden. Er hat hiergegen Berufung eingelegt, die er von vornherein auf die Höhe des Tagessatzes beschränkt hat. Die Strafkammer hat im Berufungsurteil die Höhe des Tagessatzes entsprechend dem Antrag des Angeklagten auf 15,- DM herabgesetzt. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten in der Berufungsinstanz entstandenen notwendigen Auslagen sind dem Privatkläger auferlegt worden. Gegen diese Kostenentscheidung wendet sich der Privatkläger mit der Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach § 464 Abs. 3 StPO zulässig. Sie hat einen Teilerfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Privatklägers können die Kosten der Berufungsinstanz nicht der Staatskasse auferlegt werden. Dies folgt daraus, daß die Staatsanwaltschaft im Privatklageverfahren nicht Verfahrensbeteiligte ist. Demgemäß ist, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Schrifttum unumstritten, daß § 473 Abs. 3 StPO im Privatklageverfahren nicht unmittelbar anwendbar ist (Löwe-Rosenberg, Rz. 72; Kleinknecht, Rz. 10, jeweils zu § 471 StPO; OLG Hamburg, NJW 1970, S. 1467, 1469; OLG Karlsruhe, Anw. Bl. 1975, S. 100).</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 473 Abs. 3 StPO auf das Privatklageverfahren würde bedeuten, daß bei vollem Erfolg eines beschränkten Rechtsmittels des Angeklagten der Privatkläger stets sämtliche Kosten und Auslagen zu tragen hätte. Eine solche Regelung würde dem Unterschied zwischen dem Amtsverfahren und dem Privatklageverfahren nicht gerecht. Dies wird insbesondere deutlich, wenn das Rechtsmittel auf den Strafausspruch beschränkt worden ist, der Privatkläger in erster Instanz auf die Höhe der Strafe keinen bestimmenden Einfluß genommen und damit zu erkennen gegeben hat, daß es ihm auf eine bestimmte Strafhöhe nicht ankommt. Der Senat ist deshalb in Übereinstimmung mit der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung der Ansicht, daß bei einem auf den Strafausspruch beschränkten erfolgreichen Rechtsmittel des Angeklagten im Privatklageverfahren die gegenüber § 473 Abs. 3 StPO flexiblere Vorschrift des § 471 Abs. 3 StPO entsprechend anzuwenden ist (BGH, Bd. 17 S. 376 = NJW 1962, S. 1926; OLG Hamburg, OLG Karlsruhe, Löwe-Rosenberg, Kleinknecht a.a.O.). Danach kann das Gericht die Kosten des Verfahrens angemessen verteilen oder nach pflichtgemäßem Ermessen einem der Beteiligten auferlegen. Wesentlich für die Kostenentscheidung erscheint hiernach bei einem rechtskräftigen Schuldspruch zunächst, daß der Angeklagte durch eine schuldhaft rechtswidrige Tat das Verfahren und damit auch dessen Kosten verursacht hat. Diese Erwägung kann dazu führen, daß der Angeklagte allein auch das Risiko trägt, daß die gerechte Strafe nicht schon in der ersten sondern erst in der Rechtsmittelinstanz gefunden wird (vgl. BGH a.a.O.). Im vorliegenden Fall hat der Privatkläger in erster Instanz zur Höhe des Tagessatzes keinen bestimmten Antrag gestellt. Er hat lediglich eine "empfindliche" Bestrafung beantragt. Von daher könnte es unbillig erscheinen, ihn an den Kosten der Rechtsmittelinstanz zu beteiligen. In der Berufungsverhandlung hat sich der Privatkläger dann jedoch nicht darauf beschränkt, die Höhe des Tagessatzes in das Ermessen des Gerichts zu stellen. Er hat beantragt, die Berufung zu verwerfen. Im Hinblick hierauf ist es angemessen, daß die außergerichtlichen Auslagen des Privatklägers und des Angeklagten gegeneinander aufgehoben werden, d.h. daß jeder seine eigenen außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieselben Erwägungen lassen es angemessen erscheinen, daß die gerichtlichen Auslagen, die in der Berufungsinstanz entstanden sind, vom Privatkläger und vom Angeklagten je zur Hälfte getragen werden. Daß die Belastung der Staatskasse mit den Auslagen nach § 473 StPO nicht in Betracht kommt, ist bereits dargelegt. Die Kosten können aber auch nicht nach § 8 GKG niedergeschlagen werden. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 8 GKG ist nur anzunehmen, wenn das Gericht gegen eindeutige gesetzliche Normen verstoßen hat und dieser Verstoß offen zu Tage tritt oder wenn ein offensichtliches Versehen vorliegt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Das folgt hier ohne weiteres daraus, daß dem Tatrichter bei der Bestimmung der Höhe des Tagessatzes und insoweit auch für die Frage, ob und wie weit Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind, ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Wenn nach den obigen Ausführungen der Staatskasse zwar keine Kosten auferlegt werden können, so war es jedoch möglich und angebracht, von der Erhebung der Gebühr für die Berufungsinstanz abzusehen. § 473 Abs. 4 StPO sieht für das Amtsverfahren bei einem Teilerfolg eines Rechtsmittels grundsätzlich eine Ermäßigung der Gebühr vor. Jedenfalls die Möglichkeit einer Ermäßigung der Gebühr auch im Privatklageverfahren ist nunmehr durch das Gerichtskostengesetz gegeben. Sie ist ausdrücklich angeführt in KV 1641, 1645 der Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG (anders für den früheren Rechtszustand BGH, a.a.O.). Da für die Ermäßigung keine untere Grenze angegeben ist, hält der Senat es auch für zulässig, im Einzelfall ausnahmsweise zu bestimmen, daß eine Gebühr nicht erhoben wird (ebenso Kleinknecht, Rz. 24 zu § 473 StPO; anderer Ansicht Löwe-Rosenberg, Rz. 54 zu § 473 StPO). Hier erschien eine solche Entscheidung angemessen, weil der Angeklagte mit seinem beschränkten Rechtsmittel vollen Erfolg gehabt hat und sich die tatsächlichen Voraussetzungen, die für die Höhe der Strafe bestimmend waren, zwischen dem ersten und dem zweiten Urteil nicht geändert haben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung für die Beschwerdeinstanz berücksichtigt einerseits, daß der Privatkläger keinen vollen Erfolg gehabt hat, andererseits, daß der Angeklagte die Auffassung vertreten hat, die Kosten müßten, wenn sie nicht von der Staatskasse zu tragen seien, in voller Höhe dem Privatkläger auferlegt bleiben.</p>
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} | 22 U 73/80 | 1980-12-01T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:15 | 2019-03-27T09:41:54 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:1201.22U73.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p><strong>Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Dezember 1979 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln</strong> - <strong>5 0 378/77 - wird zurückgewiesen.</strong></p><p><strong>Die Kosten der Berufungsinstanz werden der Klägerin auferlegt.</strong></p><p><strong>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.</strong></p><p><strong>Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,-- DM abzuwenden, es sei denn, daß die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</strong></p><p><strong>Diese Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaften einer Bank oder öffentlichen Sparkasse in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden.</strong></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand:</strong></p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>Mit Auftragsschreiben vom 3. Mai 1974 wurde die Klägerin beauftragt, aufgrund ihres Angebotes vom 17. April 1974 für den II. Bauab</strong>s<strong>chnitt des Bauvorhabens der Beklagten B Unterkunft in S die erweiterten Rohbauarbeiten zum Angebotspreis von 5.102.460,59 DM auszuführen. Für die Durchführung der Arbeiten war die Zeit vom 2. Mai bis 25. November 1974 angegeben. Die Einzelfristen sollten sich nach dem Netzplan der von der Beklagten mit der gesamten Bauleitung betrauten Ingenieurgesellschaft D richten. In den zusätzlichen Vertragsbedingungen wurde die Geltung der VOB/B - Fassung Oktober 1973 - vereinbart.</strong></p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Arbeiten der Klägerin wurden nicht im November 1974, sondern wesentlich später abgeschlossen.</strong></p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Klägerin hat Schadensersatz in Höhe Von 499.700,-- DM begehrt. Zur Begründung hat sie im wesentlichen vorgetragen: Eine Verlängerung der Bauzeit um 192 Tage sei ausschließlich darauf zurückzuführen, daß sie die für die Ausführung ihrer Arbeiten erforderlichen Pläne von der Firma D nicht rechtzeitig, insbesondere nicht zu den im Schreiben der D vom 10. Mai 1974 angegebenen Terminen erhalten habe. Diese Behinderungen seien offenkundig gewesen.</strong></p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><strong>Auch habe sie der Firma D diese Behinderungen schriftlich angezeigt, und zwar wiederholt vor allem in der Zeit vom 12. Juni bis 27. August 1974. Die für das Bauvorhaben zuständigen Bediensteten der Beklagten hätten jedenfalls von dem Inhalt ihrer Schreiben vom 12., 19. und 28. Juni 1974 Kenntnis erhalten; auch hätten sie sich aufgrund der ihnen in Durchschrift zugegangenen Antwortschreiben der Firma D über den genauen Inhalt der Behinderungsanzeigen informieren können und müssen. Im Monat September 1974 sei zuständigen Bediensteten der Beklagten, nämlich den Zeugen K, F und <em>N</em> zudem wiederholt mündlich diese Behinderung angezeigt worden. Unter Berücksichtigung geänderter Massen und Aufwände, die zu einer Verlängerung der Bauzeit um 19 Arbeitstage geführt hätten, ergebe die Gegenüberstellung störungsmodifizierter Soll- und Ist-Termine zwangsläufig eine Verzögerung von 192 Arbeitstagen, die nur auf verspätete Planlieferungen zurückzuführen sei. Insoweit sei ihr aufgrund sog. Leerkosten sowie Gemein- und Gerätekosten ein Schaden in Höhe von insgesamt 499.70O,-- DM entstanden.</strong></p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Beklagte und die Firmen Ingenieurgesellschaft D und De die sich in erster Instanz an dem Rechtsstreit auf der Seite der Klägerin aufgrund deren Streitverkündung beteiligt hatten, haben demgegenüber vorgetragen: Die im Schreiben vom 10. Mai 1974 angegebenen Daten für die Planlieferung seien keine End-, sondern Anfangstermine gewesen. Die entsprechend dem Baufortschritt erforderlichen Pläne seien der Klägerin stets rechtzeitig übergeben worden. Verzögerungen wegen des Fehlens von Plänen habe es nicht gegeben. Die von der Klägerin angeführten Zeitpunkte beträfen zum Teil auch Nach- und Zweitlieferungen von Plänen. Die Klägerin habe überdies keine Behinderungen <em>wegen</em> angeblich fehlender Pläne angezeigt; auch in deren Schreiben sei keine Rede von konkreten Behinderungen gewesen. Die Verzögerung der Bauzeit sei allein auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen. So sei sie schon zu Beginn der Erdarbeiten in Rückstand geraten. Auch habe sie nicht dafür Sorge getragen, die von ihr zu beschaffenden Fertigteile ordnungsgemäß und rechtzeitig zu erhalten. Die Klägerin habe häufig <em>viel</em> mehr Zeit für die Ausführung einzelner Arbeiten</strong> gebraucht, als vorgesehen gewesen sei. Verschiedene Ausführungsmängel hätten ebenfalls zu Verzögerungen geführt. Die Darlegungen der Klägerin seien überdies nicht geeignet, den geltend gemachten Schaden auf die angeblichen Verzögerungen bei der Lieferung der Pläne zurückzuführen. Auch könne der Schadensberechnung der Klägerin nicht gefolgt werden, weil sie einen Schaden nicht konkret dargelegt und unter Beweis gestellt, sondern lediglich theoretisch berechnet habe. Die Beklagte hat weiterhin die Auffassung vertreten, Behinderungen wegen nicht vorhandener Pläne hätten wirksam nur ihr gegenüber angezeigt werden können.</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen durch Urteil vom 11. Dezember 1979 die Klage abgewiesen. Auf den vorgetragenen Inhalt dieses Urteils samt seinen Verweisungen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie der Begründung der Entscheidung Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen das ihr am 27. Dezember 1979 zugestellte Urteil Berufung eingelegt, die am 28. Januar 1980, einem Montag, bei Gericht eingegangen ist. Nach entsprechender Fristverlängerung hat sie die Berufung am 27. Mai 1980 begründet, und zwar mit Schriftsatz vom, 21. April 1980.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin wiederholt, vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen wie folgt: Die Firma D sei währendder gesamten Zeit der Verzögerungen wegen fehlender Pläne jedenfalls auch richtiger Adressat von wirksamen Behinderungs- anzeigen gewesen. Die Beklagte habe nämlich ihre gesamten Bauherrenfunktionen an diese Firma mit ihren weitgehend organisatorisch verselbständigten Büros der Oberbauleitung und Planung delegiert; die Beklagte habe selbst lediglich eine "Objektbegleitung" wahrgenommen. Sie habe gar nicht die Möglichkeit gehabt, Arbeitsabläufe zu verändern und damit Hindernisse bei der Firma D zu beseitigen. Die Beklagte habe außerdem jedenfalls aufgrund der Antwortschreiben der Firma D vom 18. Juni und 3. Juli 1974 von ihren Behinderungsanzeigen und den Problemen um Lieferungen der Pläne gewußt, so daß sie sich so behandeln lassen müsse, als wären ihr die Schreiben vom 12. und 28. Juni 1974 direkt zugegangen. Wirksame mündliche Behinderungsanzeigen seien im September 1974 gegenüber den Bediensteten der Beklagten erfolgt; diesen Anzeigen könne entgegen der Annahme des Landgerichts eine Bedeutung für die Zukunft nicht abgesprochen werden. Der auf die am 26. September 1974 mündlichh angezeigte Behinderung zurückgehende Schaden betrage 294.400,-- DM. Durch die Nichteinhaltung der im Schreiben vom l0. Mai 1974 angegebene Planlieferungstermine und die darauf zurückzuführenden Behinderungen, die offenkundig gewesen seien, sei bereits ein Schaden von 63.900,-- DM eingetreten. Die Nichteinhaltung der im Schreiben vom 10. Mai 1974 genannten Daten habe zwangsläufig zur Verlängerung der Bauzeit führen müssen.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 499.700,-- DM nebst l0 % Zinsen seit dem 1. Janaur 1977 zu zahlen.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien bitten außerdem, ihnen zu gestatten, Sicherheitsleistungen auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong>Die Beklagte tritt mit näheren Darlegungen den Ausführungen der Klägerin entgegen.</strong></p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Senat hat durch Vernehmung des Zeugen K Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 27. Oktober 1980 verwiesen. Ferner wird wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der Berufungsinstanz auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</strong></p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><strong>Die in formeller Hinsicht nicht zu beantandende Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.</strong></p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klageabgewiesen. Die Voraussetzungen eines allein in Betracht kommenden Schadensersatzanspruches</strong> gem. <strong>§ 6 Nr. 6 VOB/B sind nicht festzustellen. Die von der Klägerin geltend gemachten Behinderungen können nach § 6</strong> Nr. 1 <strong>VOB/B nicht berücksichtigt werden; denn dem Aufgraggeber sind Behinderungen weder wirk-sam angezeigt worden noch waren die Tatsachen offenkundig und deren hindernde Wirkung bekannt (I). Die Klägerin hat außerdem keinen Schaden substantiiert dargelegt, der auf die von ihr behaupteten Verzögerungen bei der Übergabe der Ausführungspläne zurückzuführen ist (II).</strong></p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">I.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat entgegen ihrer Auffassung Behinderungen nach § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B nicht angezeigt. Nach dieser Bestimmung wirksame Anzeigen konnten nur gegenüber der Beklagten selbst als Auftraggeberin erfolgen. Mit gutem Grund sind nach dem Wortlaut dieser Bestimmung Behinderungen dem "Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen». Der Auftraggeber nämlich soll im Verhältnis zum anzeigenden Auftragnehmer die weitreichenden Folgen angezeigter Behinderungen tragen; das Zahlungsbegehren der Klägerin macht deutlich, welche finanziellen Auswirkungen Behinderungen haben können. Damit der Auftraggeber in der Lage ist, sich letztlich vor solchen Folgen zu schützen, muß ihn der Auftragnehmer ent-sprechend der Regelung des § 6 Nr. 1 VOB/B auf die Tatsachen, die der Auftragnehmer als Behinderungen ansieht, klar und unmißverständlich hinweisen, wenn nicht die Tatsache offenkundig und deren hindernde Wirkung dem Auftraggeber bekannt ist. Der bauleitende Architekt kann als Vertreter des Auftraggebers zwar auch richtiger Adressat von Behinderungsanzeigen sein, nämlich dann, wenn der Auftragnehmer davon ausgehen kann, daß der bauleitende Architekt auch insoweit die wichtigen Interessen des Bauherren wahrnehmen kann und wahrnimmt. Sofern auch nur der geringste Zweifel daran bestehen muß, daß der bauleitende Architekt dafür Sorge trägt, daß alles unternommen wird, um den Auftraggeber selbst vor Nachteilen zu schützen, kann eine allein ihm gegenüber ah-gegebene Behinderungsanzeige die Wirkungen des § 6 VOB/B nicht auslösen. Die Regelung in § 6 Nr. 1 VOB/B dient der Wahrung des auch aus der Sicht des Auftragnehmers verständlichen Interesses des Auftraggebers daran, Folgen von Behinderungen nur tragen zu müssen, wenn er in der Lage war, Nötiges oder Mögliches zur Abwendung der Folgen zu veranlassen. Hierzu kann auch gehören, die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch gegenüber anderen an dem Bauvorhaben beteiligten Auftragnehmern zu schaffen. Geht es um Behinderungen, die - wie hier - nicht nur verhältnismäßig geringe Verzögerungen, sondern einen erheblichen Zahlungsanspruch auslösen können oder sollen, so muß der Auftragnehmer besonders sorgfältig prüfen, ob die berechtigten Interessen des Auftraggebers gewahrt werden, wenn er eine Behinderungsanzeige lediglich an den bauleitenden Architekten richtet. Gehen die Umstände, die der Auftragnehmer als Behinderungen ansieht, von dem bauleitenden Architekten aus und kann oder will dieser sie nicht sofort beheben, <strong>so</strong> muß sich der Auftragnehmer unverzüglich an den Auftraggeber selbst wenden, um seiner Pflicht aus § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B zu genügen (vgl. auch BGH BauR 1973, 190; Ingenstau/Korbion, VOB, 8. Aufl., § 6 Rdnr. 8 a i.V.m. Rdnr. 305 zu § 4; Korbion/ Hochstein, VOB-Vertrag, 2. Aufl., S. 89 m.w.N.).</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Firma D konnte zu keinem Zeitpunkt allein richtiger Adressat von Anzeigen einer Behinderung wegen fehlender Pläne sein. Nach dem Vorbringen der Klägerin nämlich hat sie die Pläne, die von ihr zu liefern waren, nicht termingerecht oder auch nur auf Nachfrage sofort zur Verfügung gestellt. Die Klägerin hatte deshalb zu keinem Zeitpunkt Anlaß zu der Annahme, die Firma D nehme die Interessen der Beklagten auch insoweit so sorgfältig und umfassend wahr, wie es nötig ist, um die Beklagte vor Nachteilen zu bewahren. Die von ihr als nachhaltig empfundene Störung ging von der Firma D aus. Es handelte sich nicht um eine einmalige unbedeutende Überschreitung der aus ihrer Sicht maßgebenden Termine für die Lieferung der Pläne. Dem eindeutigen und erkennbaren Zweck der Regelung in § 6 Nr.1 VOB/B konnte auch aus der Sicht der Klägerin deshalb nur eine Anzeige an die Beklagte als Auftraggeberin gerecht werden.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten allein konnte und mußte überlassen bleiben, ob und wie sie aufgrund von Behinderungsanzeigen auf die Firma D einwirken wollte und konnte. Die Auffassung der Klägerin, die Beklagte hätte keine Möglichkeiten gehabt, auf die Firma D einzuwirken und sich damit vor den von der Klägerin jetzt geltend gemachten Nachteilen zu schützen, kann nicht geteilt werden. Es sind schon keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß es ausgeschlossen gewesen wäre, durch nachdrückliche Ermahnungen die Firma D KG zu einem verstärkten Einsatz von Kräften für die Fertigstellung der Pläne zu veranlassen. Weiterhin kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte eine Handhabe gehabt hätte, um einen von der Klägerin zu Recht geforderten Schadenseratz wegen verspäteter Lieferung von Plänen ganz oder wenigstens zum Teil auf die Firma D abzuwälzen.</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Größe und Organisation der Firma D sowie der Umfang der ihr übertragenen Aufgaben ist für die Beurteilung der Frage, wer richtiger Adressat für die Anzeige von Behinderungen war, ohne Bedeutung. Gegenüber der Klägerin konnte und sollte allein die Beklagte als Auftraggeberin die Folgen der angeblichen Behinderungen tragen. Sie war und blieb Bauherrin und Vertragspartnerin der Klägerin. Es ging um die Interessen der Beklagten: die Fertigstellung der Arbeiten der Klägerin sollte sich verzögern, und es sollte eine Voraussetzung für einen zusätzlichen Zahlungsanspruch geschaffen werden. Dem letzteren ist besondere Bedeutung beizumessen, weil gerade die öffentliche Hand auch bei Bauvorhaben an den Umfang der haushaltsmäßig zur Verfügung stehenden Mittel gebunden ist. Diese allgemein bekannte Tatsache steht der Annahme der Klägerin entgegen, wenn die öffentliche Hand Auftraggeberin ist und sich zur Durchführung eines großen Bauvorhabens eines Wirtschaftsunternehmens zur Bauführung bedient, seien etwas andere Maßstäbe bei Anwendung des § 6 Nr. 1 VOB/B anzulegen. Der Senat neigt im Gegenteil dazu, in diesen Fällen Behinderungsanzeigen lediglich an den Architekten in engeren Grenzen die Wirkung des § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B beizumessen; einer abschließenden Entscheidung zu dieser Frage bedarf es jedoch nicht, weil ohne Rücksicht darauf die Klägerin sich, wie bereits dargelegt, nicht mit Behinderungsanzeigen wirksam an die Firma D als bauleitenden Architekten wenden konnte.</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Firma D hat im übrigen schon auf die erste schriftliche Mitteilung der Klägerin vom 12. Juni 1974, einige Pläne seien unvollständig und es sei angesichts der Kürze der Ausführungsfristen unerläßlich, alle Pläne zu den von der Firma D angegebenen Planlieferdaten zu erhalten, unter dem 18. Juni 1974 geantwortet, Behinderungen lägen nicht vor, im Gegenteil sei zum Teil ein Vorlauf in der Planlieferung vorhanden. Die Firma D hat damit gegenüber der Klägerin klar zum Ausdruck gebracht, keine Behinderungen wegen fehlender Pläne und vor allem keinen Anlaß zu sehen, die Pläne entsprechend den Vorstellungen der Klägerin zu liefern. Für die Zeit nach dem 18. Juni 1974 konnte die Klägerin daher auch deshalb ihre Verpflichtung, Umstände, die sie als Behinderung ansah, dem Auftraggeber gem. § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B anzuzeigen, nicht dadurch erfüllen, daß sie sich an die Firma D wandte. Nur der Vollständigkeit halber sei auch darauf hingewiesen, daß die Firma D KG mit Schreiben vom 2. und 3. Juli 1974 der Klägerin angelastet hat, in Terminrückstand geraten zu sein bezw. zu kommen, was zu deren Lasten gehen müsse.</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Entgegen_der Annahme der Klägerin ist deren Schreiben vom 12. Juni 1974 auch nicht als eine Behinderungsanzeige nach § 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B zu werten. Die Klägerin hat nämlich neben der Mitteilung, einzelne überreichte Unterlagen seien unvollständig gewesen, lediglich ausgeführt, es sei angesichts der Kürze der Ausführungsfristen unerläßlich, daß sie alle Pläne vollständig und in ausreichender Anzahl zu den von der Firma D angegebenen Planlieferungsdaten erhalte, weil die Fertigsteilungstermine sonst nicht eingehalten werden könnten. Damit hat sie aber nicht zum Ausdruck gebracht, sie sei an der Ausführung bestimmter Arbeiten gehindert oder habe Anlaß zu der Gewißheit oder wenigstens der begründeten Vermutung, der Leistungsablauf sei gehemmt oder werde sich verzögern, weil ihr einzelne Pläne fehlten oder zu bestimmten Zeiten fehlen könnten. Mit ihrem Schreiben hat sie daher nicht zum Ausdruck gebracht, sich an der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung behindert zu glauben, was für eine wirksame Behinderungsanzeige jedoch Voraussetzung ist (vgl. Ingenstau/Korbion, a.a.O., Rdnrn. 2 und 7 zu § 6).</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bedienstete der Beklagten haben von den Ausführungen der Klägerin in den Schreiben ab 12. Juni 1974 an die Firma D, die sich mit Fragen der Planlieferungen und Ausführungsfristen befassen, keine genaue Kenntnis erlangt; insbesondere haben sie hiervon keine Durchschriften oder Ablichtungen erhalten. Für das gegenteilige vorbringen hat die Klägerin keinen Nachweis erbracht. Die Firma D KG hat als Streithelferin der Beklagten in erster Instanz in Abrede gestellt, der Beklagten Abschriften zugeleitet zu haben. Und die Zeugen K, F und N haben nicht bekundet, Abschriften erhalten oder wenigstens von dem Inhalt dieser Schreiben Kenntnis erlangt zu haben. Die ihnen zugegangenen Ablichtungen der Antwortschreiben der Firma D vom 18. Juni und 3. Juli 1974 konnten ihnen diese Kenntnis vom genauen Inhalt der Schreiben nicht vermitteln. Sie konnten aus den Antworten nicht entnehmen, die Klägerin wolle nach § 6 Nr. 1 VOB/B geltend machen, sich an der ordnungsgemäßen Ausführung ihrer Leistungen gehindert zu glauben. Daß sie diese Schreiben zum Anlaß hätten nehmen können, um sich zu informieren und der Frage nachzugehen, ob der Klägerin die zur termingerechten Ausführung der Leistungen erforderlichen Pläne fehlen könnten, reicht nicht aus, um die Beklagte entsprechend der Auffassung der Klägerin so zu behandeln, als ob die Klägerin der Beklagten angezeigt hätte, sie glaube sich i.S.d. § 6 Nr. 1. VOB/B behindert.</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine solche Annahme könnte nur unter den Voraussetzungen des § 242 BGB gerechtfertigt sein. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ist es jedoch nicht geboten, die Klägerin insoweit von ihrer Pflicht, für eine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige zu sorgen, zu befreien und dem Auftraggeber eine über die Regelung in § 6 Nr. 1 VOB/B hinausgehende Pflicht aufzuerlegen. Dies gilt umso mehr, als nach Satz 2 dieser Bestimmung Behinderungen auch ohne Anzeige berücksichtigungsfähig sind, wenn die entsprechenden Tatsachen offenkundig sind und deren hindernde Wirkung bekannt ist; dem Grundsatz von Treu und Glauben ist damit hinreichend Rechnung getragen.</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Es kann ferner nicht festgestellt werden, daß die Klägerin entsprechend ihrer Behauptung im September 1974 Bediensteten der Beklagten mündlich angezeigt hat, sich wegen fehlender Pläne an der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung gehindert zu sehen. Nach zutreffender allgemeiner Auffassung können Behinderungsanzeigen auch mündlich wirksam erfolgen. Sie müssen dann aber ebenso eindeutig und nachdrücklich sein, wie es eine schriftliche Anzeige, von der die VOB ausgeht, ist (vgl. BGH BauR 78, 54, 142; 75, 278; Korbion/Hochstein, a.a.O., Rdnr. 1o1). Auch kann eine Anzeige, die zunächst unterblieben ist, mit Wirkungen für die Zukunft "nachgeholt" werden, nämlich jedenfalls immer dann, wenn Behinderungen fortwirken und es möglich ist, diese Fortwirkung zu beseitigen. Mit den Grundsätzen von Treu und Glauben und dem Zweck der Regelung in § 6 Nr.1 VOB/B ist es nicht zu vereinbaren, daß der Auftraggeber nach "verspäteter" Behinderungsanzeige untätig bleiben und alle Folgen, für die er eigentlich einzustehen hat, auf den Auftragnehmer auf diese Weise abwälzen darf. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann jedoch keine Behinderungsanzeige festgestellt werden. Keiner der Zeugen hat nämlich bekundet, den zuständigen Bediensteten der Beklagten sei mündlich mitgeteilt worden, die Klägerin könne ihre Arbeiten nicht ordnungsgemäß ausführen, weil ihr hierzu die erforderlichen Pläne fehlten. Der Zeuge K, der als Bauleiter der Klägerin bei dem Bauvorhaben der Beklagten eingesetzt war, hat im Gegenteil ausdrücklich erklärt, im Jahre 1974 mit Herren der Beklagten nicht darüber gesprochen zu haben, daß bestimmte Pläne nicht vorhanden seien; er hat nach seiner Bekundung vielmehr lediglich im Januar 1975 dem Zeugen K gesagt, Schäden seien durch verzögerte Planlieferungen entstanden. Der Zeuge H, der ebenfalls als Bauführer <strong>für die</strong> Klägerin tätig war, hat gleichfalls bekundet, gegenüber dem Finanzbauamt D das Fehlen von Plänen nicht gerügt zu haben. Und aus der Bekundung des vor dem Senat vernommenen Zeugen K, der als Leiter der Abrechnungsabteilung bei der Klägerin tätig ist, ist nur zu entnehmen, daß bei einem Gespräch mit Bediensteten der Beklagten im September 1974 in der Hauptsache Fragen einer korrekten Abrechnung erörtert worden sind, wenn man nicht frühzeitig weiß, wie die Ausführung auf der Baustelle am Ende sein werde; nach der _Bekundung des Zeugen benötigte die Klägerin für den von ihr gewünschten Vorlauf der Abrechnungsarbeiten für die von der Beklagten geforderten Teilrechnungen mit genauen Massenangaben rechtzeitig Zeichnungen. Soweit er auch bekundet hat, es sei allgemein zum Ausdruck gebracht worden, daß man auf der Baustelle nicht zügig arbeiten könne, wenn die Zeichnungen nicht vollständig vorhanden seien, kann diese allgemeine Erklärung von Vertretern der Klägerin nicht als eine Behinderungsanzeige i.S.d. § 6 Nr. 1 VOB/B gewertet werden. Damit wurde nicht, wie es gerade für eine mündliche Anzeige erforderlich ist, klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, die Klägerin sehe sich wegen noch immer fehlender Pläne an der termingerechten Fortführung der Arbeiten gehindert und es sei Sache der Beklagten, für Abhilfe zu sorgen. Die Klägerin hatte zunächst selbst auch nur vorgetragen, es sei in dem Gespräch im September 1974 um die Mitteilung gegangen, daß Massenermittlungen nicht erstellt werden könnten, weil keine endgültigen Pläne vorhanden seien. Erst in der Berufungsinstanz hat sie in diesem Zusammenhang vorgetragen, die Vertreter der Beklagten seien auf erhebliche Behinderungen und dadurch entstehende Mehrkosten hingewiesen worden. Der Zeuge K hat dies so aber eben nicht bestätigt. Aus den Bekundungen der Zeugen K, F und N kann ebenfalls nicht entnommen werden, daß die Klägerin ihnen gegenüber Behinderungen wegen fehlender Pläne angezeigt hat. Dies gilt insbesondere für die Bekundung des Zeugen F. Soweit er angegeben hat, von der Klägerin gelegentlich wegen der Pläne angesprochen worden zu sein, reicht diese Erklärung bei weitem nicht aus, um eine klare und unmißverständliche Behinderungsanzeige daraus abzuleiten. Bei dem Gespräch im September 1974 ist es auch nach der Bekundung dieses Zeugen um Fragen einer Abschlagszahlung und von Rechnungsunterlagen gegangen.</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, daß die von der Klägerin geltend gemachten Tatsachen offenkundig und deren hindernde Wirkung bekannt (§ 6 Nr. 1 Satz 2 VOB/B) waren. Dies gilt sowohl für die Beklagte als auch für die Firma D. Die bloße Tatsache nämlich, daß einzelne Pläne nicht zu den von der Bauleitungsangegebenen Terminen übergeben werden, zwingt nicht zu dem Schluß, damit sei der Bauunternehmer eines so großen Bauvorhabens, wie es Gegenstand des Vertrages der Parteien war, gehindert, seine Leistungen ordnungsgemäß und termingerecht zu erbringen. Unwesentliche Verzögerungen insoweit müssen nicht zwangsläufig auch Auswirkungen auf den Arbeitsablauf haben. Es kann durchaus sein, daß Arbeiten, die einen oder einige Tage später erst begonnen werden, gleichwohl termingerecht und ohne zusätzliche Kosten zu verursachen fertig werden können. Auch kann es ohne weiteres so sein, daß andere Arbeiten vorhanden sind und anstelle der von der Verzögerung betroffenen ausgeführt werden können. Die Klägerin hat den entsprechenden Ausführungen der Beklagten und deren Streithelferinnen in erster Instanz auch nichts substantiiert entgegengehalten. Insbesondere hat sie nicht vorgetragen, zu irgendeinem Zeitpunkt sei es deutlich erkennbar nicht möglich gewesen, die von ihr eingesetzten Arbeiter und Geräte tätig sein zu lassen. Von einer Offenkundigkeit von behindernden Tatsachen kann deshalb keine Rede sein.</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">II.</p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dem Schadensersatzbegehren der Klägerin steht weiter entgegen, daß sie keinen Schaden substantiiert dargelegt hat, der auf fehlende Pläne zurückgeführt werden kann. Nach dem Vorbringen der Klägerin ist nämlich nicht festzustellen, daß eine Verzögerung der Bauzeit deshalb eingetreten ist, weil der Klägerin zu bestimmten Zeitpunkten für den fristgerechten Ablauf der gesamten vertragsgemäßen Bauarbeiten erforderliche Pläne gefehlt haben. Entgegen der Annahme der Klägerin spricht nichts für eine automatische Verlängerung der Bauzeit, wenn einzelne Pläne nicht zu bestimmten vorgesehenen Zeitpunkten vorliegen.</p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Es kann, wie bereits ausgeführt, durchaus möglich sein, bestimmte Arbeiten schneller durchzuführen, wenn andere Arbeiten noch nicht begonnen werden können. Auch kann in Betracht kommen, Rückstände, die aus anderen Gründen eingetreten sind, aufzuholen. Nicht eingeplante Arbeiten, insbesondere zur Beseitigung von Mängeln, können angestanden haben und ausgeführt worden sein. Die Beklagte und deren Streithelferinnen in erster Instanz haben sehr eingehend dargelegt, daß solche Gründe, die mit dem Fehlen von vollständigen und endgültigen Plänen zu bestimmten Zeitpunkten nichts zu tun haben, zu der Verlängerung der Bauzeit geführt haben. Die Klägerin hat dem substantiiert nichts entgegengesetzt. Sie hat insbesondere nicht vorgetragen, daß und in welchem Umfange gegebenenfalls an bestimmten Tagen die von ihr eingesetzten oder vorgesehen gewesenen Arbeiter und Geräte nicht tätig sein konnten. Ihre auf die gutachtliche Stellungnahme der Professoren B und S gestützten Ausführungen beruhen ausschließlich auf theoretischen Überlegungen. Diese jedoch sind für die Praxis nicht zwingend, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen. Der tatsächliche Arbeitsablauf auf der Baustelle hat offenbar keine, jedenfalls keine gravierenden Behinderungen wegen fehlender Pläne erfahren. Die Klägerin hat nämlich solche Behinderungen, die sicher aufgezeichnet worden wären, nicht vorgetragen. Auch die Bekundungen der Zeugen R und H die für die Klägerin als Bauleiter und Bauführer tätig waren, lassen nicht den Schluß zu, es sei wegen des Fehlens von Plänen zu besonderen Schwierigkeiten gekommen.</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Im Gegenteil spricht die Bekundung des Zeugen R dafür, daß keine nennenswerten Behinderungen vorgelegen haben. Nach seiner Bekundung nämlich ist nach Vorabzügen gebaut worden und hat es zu den endgültigen Plänen dann keine gravierenden Unterschiede gegeben. Nur verschiedentlich mußte hiernach vor dem Betonieren auf Anordnung des Prüfingenieurs an der Bewehrung etwas geändert werden. Auch spricht er nur von einigen Fällen, in denen das Betonieren verschoben werden mußte, weil der geprüfte Bewehrungsplan noch nicht vorlag. Davon aber, daß es dadurch zu einem Leerlauf auf der Baustelle gekommen war, hat der Zeuge nichts bekundet.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Vorbringens der Klägerin kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, daß die von ihr behaupteten Behinderungen zu einer Verzögerung der Bauzeit und damit zu einem Schaden geführt haben.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das Schadensersatzbegehren der Klägerin ist nach alledem nicht gerechtfertigt. Ihrer Berufung muß daher der Erfolg versagt bleiben.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus § 97, 708 Ziffer l0, 711, 108 ZPO.</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Streitwert und Wert der Beschwer der Klägerin:              499.700,-- DM</p>
|
315,913 | olgk-1980-11-18-1-ss-95780-457- | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss 957/80 - 457 - | 1980-11-18T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:17 | 2019-03-27T09:41:53 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:1118.1SS957.80.457.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>G r ü n d e</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Das Amtsgericht hat den Angeklagten
wegen fortgesetzten Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in
einem be-sonders schweren Fall in Tateinheit mit
Steuerhinterzie-hung und Steuerhehlerei sowie wegen fortgesetzten
Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem
Jahr und sechs Monaten verurteilt. Das Gericht hat die erkannte
Strafe zur Bewährung ausgesetzt und sicher-gestellte Gegenstände
eingezogen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Nach den Feststellungen des
Amtsgerichts erwarb der Angeklagte zunächst Haschisch und später
Heroin zum Ei-genkonsum. Um diesen zu finanzieren, begann er zu
dealen. Seit Ende 1978 arbeitete er nicht mehr, so daß er seinen
Lebensunterhalt auf diese Art bestreiten mußte. Zweimal fuhr er mit
der Zeugin P. nach Frankfurt. Dort erwarben sie jeweils 3 g Heroin,
die sie teilten. Mehrfach führte der Angeklagte ein Kraftfahrzeug,
ohne eine Fahrerlaubnis zu besitzen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Gegen dieses Urteil hat die
Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die sie in zulässiger Weise
auf die Straffrage beschränkt hat.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Das Landgericht hat die Verfolgung der
Steuerdelikte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 154a
StPO ausge-schieden, für die Erteilung einer Fahrerlaubnis an den
Angeklagten eine Sperrfrist von einem Jahr festgesetzt und die
Berufung im übrigen verworfen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Hiergegen richtet sich das erneute
Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft. Ihre Revision rügt die
Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts zur Straffrage,
ins-besondere die Zubilligung verminderter Schuldfähigkeit (§ 21
StGB).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">A.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die zu Ungunsten des Angeklagten
eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hatte Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">I.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die Aufklärungsrüge der
Staatsanwaltschaft war allerdings unzulässig, weil verspätet (§ 345
Abs. 1 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">II.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die schon mit der Einlegung allgemein
begründete Sachrüge der Staatsanwaltschaft greift jedoch durch. Das
angefoch-tene Urteil ist sachlich-rechtlich unvollständig, soweit
die Strafkammer eine Minderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten
nicht hat ausschließen können.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">1.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Ausgegangen ist die Strafkammer
zutreffend davon, daß langjähriger Drogenmißbrauch, insbesondere
Heroinsucht, im Zusammenhang mit schweren Auffälligkeiten in der
Per-sönlichkeit Anlaß bietet, die Schuldfähigkeit des Ange-klagten
zu prüfen (BGH bei Holtz, MDR 1977, 982 und 1978, 109; BGH bei
Schmidt, MDR 1978, 7; SenE MDR 1976, 684; ZBl.JR 1978, 467; OLGSt
zu § 17ob StGB, S. 61).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">2.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Nicht jedem Drogenabhängigen sind
jedoch die Vorausset-zungen des § 21 StGB zuzubilligen. Insofern
bedarf es der Feststellung einer krankhaften seelischen Störung,
tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder einer schweren seelischen
Abartigkeit aufgrund derer die Fähigkeit des Täters, das Unrecht
der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, bei
Begehung der Tat jedenfalls erheblich vermindert war. Ob ein
Drogenabhängiger infolge langjährigen Rauschmittelmißbrauchs und
schwerer Persön-lichkeitsveränderungen vermindert schuldfähig war,
beur-teilt sich nach fachmedizinisch/psychiatrischen Methoden,
Erkenntnissen und Erfahrungen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">3.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Derartige Kenntnisse und Erfahrungen
können in der Regel noch im Rahmen der richterlichen Sachkunde
liegen, soweit es um die Feststellung geht, daß hinreichende
tatsäch-liche Anzeichen für eine erhebliche Verminderung der
Einsichts- oder Handlungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB bei einem
Drogenabhängigen n i c h t bestehen. So ist die bloße
Drogenabhängigkeit ohne weitere Auffälligkeiten oder sonstige
besondere Umstände noch kein Anlaß, einen Sachverständigen
heranzuziehen (vgl. BGH bei Holtz, MDR 1977, 106; BGH bei Spiegel,
DAR 1977, 175; BGH v. 9.1.1979 bei Dreher/Tröndle, 39. Aufl., § 21
Rdn. 4).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">4.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Will das Tatgericht jedoch das
Vorliegen einer drogenbedingten krankhaften seelischen Störung oder
schweren seelischen Abartigkeit (hierzu Schmitt, ZStW 1980, 346;
Mrozynski, Jugendhilfe und Jugend-strafrecht, München 1980, S. 303)
im Einzelfall posi-tiv f e s t s t e l l e n , so reicht die
insoweit erforderliche Beurteilung regelmäßig über die
richterli-che Fachkunde und allgemeine Lebenserfahrung hinaus. Es
bedarf insoweit in aller Regel eines weiterreichenden
medizinisch/psychiatrischen Spezialwissens, zu dem mög-licherweise
selbst die gewöhnliche ärztliche Sachkunde schon nicht mehr
ausreicht. Das Gericht bedarf in diesen Fällen weitgehend der
Unterstützung durch die Fachkunde eines in Drogensachen erfahrenen
ärztlichen Sachverstän-digen (vgl. SenE NJW 1976, 1801 m.w.Nachw.;
ZBl.JR 1978, 487; MDR 1980, 161, 162; s.a. BGH NJW 1958, 1956;
BayObLG OLGSt zu § 51 a.F., S. 11; SenE MDR 1980, 245; zu § 244
StPO ferner: BGHSt 3, 27, 28; BGH bei Holtz, MDR 1980, 982;
Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, 23. Aufl. § 244 StPO, Rdn. 55;
Alsberg-Nüse, 2. Aufl., S. 254). Sollte das Ge-richt ausnahmsweise
die erforderliche besondere Sachkunde auch ohne Hinzuziehung eines
Sachverständigen für sich in Anspruch nehmen, so hat sie das
insoweit erforderliche Fachwissen in den Urteilsgründen
auszuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Der Senat läßt insoweit nicht außer
Betracht, daß Gründe der Verfahrensbeschleunigung dafür sprechen
können, auch ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen schon nach
dem Ergebnis der Hauptverhandlung und gemäß den Erfahrungen des
Tatgerichts die Voraussetzungen des § 21 StGB als nicht
ausschließbar zu erachten. Ein Rechtsfehler hierbei wirkt sich in
aller Regel nur zu Gunsten des Angeklagten aus. Eine Revision des
Angeklagten wird daher in derarti-gen Fällen den Bestand des
Urteils kaum gefährden. Eine Revision der Staatsanwaltschaft zu
Ungunsten des Ange-klagten, mit der eine härtere Bestrafung
angestrebt wird, kann dann jedoch zur Aufhebung des Urteils
führen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">5.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Vorliegend läßt sich dem angefochtenen
Urteil nicht hinreichend entnehmen, daß das Tatgericht die
erforderli-che besondere medizinisch/psychiatrische Sachkunde
gehabt hätte. Zwar ist gerichtsbekannt, daß die erkennende
Strafkammer wegen ihrer Spezialzuständigkeit für Dro-gensachen
insoweit besondere Kenntnisse und Erfahrungen besitzt; daß dies
jedoch auch für die Beurteilung rein medizinisch/psychiatrischer
Fachfragen auf einem schwie-rigen Teilgebiet gelten würde, kann der
Senat weder von vornherein unterstellen noch den Gründen des
angefochte-nen Urteils hinreichend entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Im Urteil hat die Strafkammer ihre
Überzeugung allein darauf gestützt, daß der Angeklagte in den
Jahren 1974 bis 1978 sporadischer Heroinkonsument und Anfang 1979
für wenige Monate täglicher Heroinkonsument in sich immer
steigernden Maße gewesen sei. Diese Hinweise reichen für eine
abschließende Beurteilung und Annahme einer krankhaften seelischen
Störung oder schweren seelischen Abartigkeit, aufgrund derer die
Einsichts- oder Hand-lungsfähigkeit erheblich vermindert gewesen
wäre, nicht aus. Hierzu hätte sich die Prüfung aufgedrängt, ob es
infolge chronischen Rauschmittelmißbrauchs zu einer Drepravation
der Persönlichkeit des Täters, zu einer toxischen Verwahrlosung
oder zu cerebralen Funktionsstö-rungen mit Leistungsausfällen nach
Entgiftungen oder nach deutlichen Entzugserscheinungen gekommen ist
(hierzu vgl. Gerchow, BA 1979, 97, 101f; Täschner/Wanke, MSchrKrim
1974, 151; Korinner, ZBl.JR 1980, 415 ff; Mrozynski, a.a.O., S. 301
ff; Schmitt, ZStW 1980, 346; Arbab-Zadeh, NJW 1978, 2326 gegen
Kreuzer, NJW 1979, 1241; Kleiner, NJW 1979, 1243; s.a. SenE OLGSt
zu § 17ob StGB, S. 61).</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Auch der Inbegriff der Urteilsgründe
läßt sich mit der Annahme einer krankhaften seelischen Störung oder
toxischen Verwahrlosung des Angeklagten nur schwerlich vereinen.
Danach hat der Angeklagte bis auf wenige Monate zum Ende der
Tatzeit in geordneten Familienverhältnissen gelebt und in seinem
Beruf als Gerüstbauer kontinuierlich gearbeitet. Daß er bedeutsame
Entzugserscheinungen unter-legen habe, ist jedenfalls nicht
festgestellt. Anderer-seits scheint es ihm nach nur kurzer
Untersuchungshaft rasch gelungen zu sein, seine Heroinsucht zu
überwinden und zu einem geordneten und geregelten Familien- und
Be-rufsleben ohne sonstige Auffälligkeiten zurückzufinden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">B.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Da bereits die zu Ungunsten des
Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg hat,
kann dahin-stehen, ob die Revision auch insoweit Erfolg hätte haben
müssen, als sie sich nach § 301 StPO zu Gunsten des Ange-klagten
auswirken kann. Dies folgt schon daraus, daß der Erfolg der zu
Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revi-sion weiterreichende
Auswirkungen für die erneute Straf-zumessung hat, insbesondere eine
Verschärfung der Strafe ermöglicht.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">In der neuen Hauptverhandlung wird
allerdings zu beachten sein, daß die Entscheidung, ob eine Tat als
"besonders schwerer Fall" anzusehen ist, zur Straffrage gehört;
auch im Falle einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf die
Straffrage bedarf es insoweit eigenständiger Feststellungen durch
das Berufungsgericht (BGHSt 23, 254, 256; 26, 104f; Gollwitzer in
Löwe-Rosenberg, 23. Aufl., § 318 Rdn. 68).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Dagegen wird in der erneuten
Hauptverhandlung dahinstehen können, ob und inwieweit in derartigen
Fällen eine weitergehende Beschränkung - die vorliegend nicht
erklärt ist - möglich ist (vgl. OLG Schleswig NJW 1979, 2057;
SchlHA 1980, 20) oder inwieweit in derartigen Fällen eine Bindung
des Berufungsgerichts an tatsächliche Feststel-lungen der ersten
Instanz auch bezüglich der Straffrage eintreten kann (vgl. OLG
Frankfurt NJW 1980, 654; BayObLG Vorlegungsbeschluß vom 28.3.1980 -
1 St 87/80 -). Vorlie-gend fehlt es in dem erstinstanzlichen Urteil
jedenfalls schon an einer hinreichend klaren Feststellung zu der
"nicht geringen Menge" reinen Heroins (vgl. OLG Frankfurt NJW 1977,
1113; OLG Zweibrücken OLGSt zu § 11 Abs. 4 Nr. 5 BtMG, S. 7), die
der Angeklagte zu einem bestimmten Zeitpunkt selbst mindestens
besessen habe (hierzu BGH bei Schmidt, MDR 1978, 6 Fußn. 14).
Soweit das Amtsgericht einen Regelfall nach § 11 Abs. 4 Nr. 4 BtMG
angenommen hat, weil der Angeklagte "gewerbsmäßig" gehandelt habe,
konnte eine Bindungswirkung ohnehin nicht eintreten. Die knappen
Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils zur "Gewerbsmäßigkeit"
sind von den Feststellungen, die den Schuldspruch nach § 11 Abs. 1
BtMG tragen, ohne weiteres trennbar. Eine ansonsten denkbare
Doppelrelevanz einzelner Feststellungen scheidet hier von
vornherein aus (vgl. BayObLG, Vorlegungsbeschluß vom 28.3.1980 - 1
St 87/80 -).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">C.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">Die Aufhebung und Zurückverweisung der
Sache ergreift auch den Strafausspruch wegen fortgesetzten Fahrens
ohne Fahrerlaubnis sowie die Nebenentscheidungen. Die insoweit
zugrundeliegenden Feststellungen und Erwägungen sind von denen,
welche die Strafzumessung wegen des Betäubungsmit-telvergehens
betreffen, nicht hinreichend zu trennen.</p>
|
315,914 | olgham-1980-11-14-5-ssowi-196780 | {
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 SsOWi 1967/80 | 1980-11-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:18 | 2019-03-27T09:41:53 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1114.5SSOWI1967.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Münster zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsamt ... hatte durch Bußgeldbescheid vom 25. September 1979 gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 10.000,- DM wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 19 Abs. 1 Satz 4, 229 Abs. 1 Nr. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit Art. 1 § 16 Abs. 1 Nr. 2 Ärbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) festgesetzt. Dem Betroffenen wurde zur Last gelegt, er habe als geschäftsführender Gesellschafter der der Firma ... auf verschiedenen Baustellen seiner Gesellschaft in den Jahren 1975 bis 1977 31 nichtdeutsche Leiharbeitnehmer, die ihm von der Firma ... überlassen worden waren und nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis gewesen seien, beschäftigt. Da die Firma ... als Verleiherin nicht die gemäß Art. 1 § 1 AÜG erforderliche behördliche Erlaubnis gehabt habe und daher der Vertrag über die Stellung von Leiharbeitnehmern zwischen der Firma ... und der Firma ... unwirksam gewesen sei (Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG), sei die Firma ... kraft gesetzlicher Fiktion Arbeitgeberin der ausländischen Leiharbeitnehmer gewesen (Art. 1 § 10 AÜG) und habe im Hinblick auf die fehlende Arbeitserlaubnis diese Arbeitnehmer nicht beschäftigen dürfen (§ 19 Abs. 1 Satz 4 AFG).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Auf seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist der Betroffene vom Amtsgericht freigesprochen worden. Das Amtsgericht hat festgestellt, daß in den Jahren 1975 bis 1977 insgesamt 26 jugoslawische Leiharbeitnehmer der Firma ... ohne Arbeitserlaubnis auf den Baustellen der Firma ... eingesetzt gewesen seien. Zahlreiche dieser Leiharbeitnehmer seien zusammen mit Arbeitnehmern der Firma ... beschäftigt worden. Zwar sei nach Art. 1 § 9 AÜG der Vertrag zwischen der Firma ... und der Firma ... unwirksam, weil diese die ausländischen Arbeitnehmer "ohne Arbeitserlaubnis" beschäftigt habe (insoweit dürfte dem Amtsgericht ein Formulierungsversehen unterlaufen sein; denn die Bezugnahme auf Art. 1 § 9 AÜG zeigt deutlich, daß nach Auffassung des Amtsgerichts der Vertrag wegen Fehlens der nach Art. 1 § 1 AÜG erforderlichen Verleih-Erlaubnis unwirksam gewesen ist). Damit gelte nach Art. 1 § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen der Firma ... und den einzelnen ausländischen Arbeitnehmer als zustande gekommen. Da diese Fiktion aber ausschließlich zum Schütze der Arbeitnehmer gesacht sei, erscheine es unzulässig, aufgrund dieser Fiktion die Firma ... als Arbeitgeberin im Sinne der Bußgeldvorschrift des § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Feststellung, daß in zahlreichen Fällen Arbeitnehmer der Firma ... zusammen mit Arbeitnehmern der Firma ... beschäftigt worden sind, ohne daß die Arbeitnehmer der Firma ... eine bestimmte, abgrenzbare Werkleistung zu erbringen hatten, ist das Amtsgericht mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß eine Arbeitnehmerüberlassung seitens der Firma ... an die Firma ... vorlag und nicht ein Subunternehmervertrag, der die Anwendung der §§ 19 Abs. 1 Satz 4, 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG ausschließen würde. Beizutreten ist dem Amtsgericht auch darin, daß der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Firma ... als Verleiherin und der Firma ... als Entleiherin sowie die Verträge der Firma ... mit ihren einzelnen Leiharbeitnehmern nach Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam sind, weil die Firma ... nicht die nach Art. 1 § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hatte. Diese Rechtsfolge tritt unabhängig davon ein, ob die Firma ... als Entleiherin Kenntnis von dem Fehlen der behördlichen Erlaubnis hatte (vgl. Becker, AÜG, Art. 1 § 9 Rz. 16). Die Unwirksamkeit dieser Verträge hat aber, auch das hat das Amtsgericht richtig erkannt, zur Folge, daß nach Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen der Firma ... und den einzelnen Leiharbeitnehmern als zustande gekommen gilt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unzutreffend ist jedoch die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, daß die Firma ... trotz des gesetzlich fingierten Arbeitsverhältnisses nicht als Arbeitgeberin im Sinne der Bußgeldvorschrift des § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG anzusehen sei. Infolge der Fiktion des Art. 1 § 10 AÜG entsteht über das faktische Verhältnis hinaus ein <u>vollwertiges</u> Arbeitsverhältnis (vgl. Sandmann-Märschall, AÜG, Art. 1 § 10 Anm. 13; Becker a.a.O., Art. 1 § 10 Rz. 32; OVG Münster, Urteil vom 8. 3. 1978 - IV A 1898/76 -). Das gilt für das gesamte Arbeitsrecht, darüber hinaus aber auch für das Verwaltungs- und Sozialversicherungsrecht (vgl. Sandmann-Marschall a.a.O.). Daraus folgt, daß dem Entleiher im Rahmen eines fingierten Arbeitsverhältnisses sämtliche Arbeitgeberpflichten im Bereich des Arbeitsrechts treffen (vgl. Becker a.a.O., Art. 1 § 10 Rz. 17). Zu den arbeitsrechtlichen Pflichten eines Arbeitgebers gehört aber zweifellos auch, das (bußgeldbewehrte) Gebot des § 19 Abs. 1 Satz 4 AFG zu beachten, nichtdeutsche Arbeitnehmer nur zu beschäftigen, wenn diese die nach Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung erforderliche Erlaubnis besitzen. Daher handelt auch der Entleiher ordnungswidrig im Sinne des § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG, der aufgrund des durch Art. 1 § 10 AÜG fingierten Arbeitsverhältnisses die Rechtsstellung eines Arbeitgebers (vgl. dazu Schübel-Engelbrecht, AÜG, Art. 1 § 16 Rz. 6) erlangt (vgl. Sandmann-Marschall a.a.O., Art. 1 § 16 Anm. 29; Franßen-Haesen, AüG, Art. 1 § 16 Hz. 8).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Verhängung einer Geldbuße nach dieser Vorschrift gegen den als Arbeitgeber geltenden Entleiher bedeutet keine rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechende "Überraschungsentscheidung"1. Denn eine Verurteilung kommt nur bei einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Zuwiderhandlung in Betracht. Als Geschäftsführer eines Gewerbeunternehmens, in welchem ausländische Leiharbeitnehmer beschäftigt werden, war der Betroffene verpflichtet, sich nach den deren Beschäftigung regelnden einschlägigen Rechtsvorschriften zuverlässig zu erkundigen (vgl. Gemeinschaftskommenjtar zum AFG, § 19 Anm. 5 mit weiteren Nachweisen; Hennig-Kühl-Heuer, AFG, Vorbem., 8. Abschn. vor § 225; auch Göhler, OWiG, 6. Aufl., § 11 Rz. 25 f). Zu den einschlägigen Rechtsvorschriften zählt auch Art. 1 § 1 AÜG, der für die gewerbsmäßige Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte zur Arbeitsleistung eine behördliche Erlaubnis vorschroibt. Hier mußten sich für den Betroffenen schon aus der Firmierung der Firma ... als Handwerksbetrieb ("Gas- und Wasserinstallateur- und Heizungsbauerbetrieb") Zweifel daran ergeben, ob die Firma ... überhaupt diese Erlaubnis besaß.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Verhängung einer Geldbuße gegen den Betroffenen gemäß § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG ist auch nicht, wie das Amtsgericht meint, deswegen ausgeschlossen, weil die gesetzliche Fiktion des Art. 1 § 10 AÜG ausschließlich dem Schütze des Arbeitnehmers diene. Zwar hat der Bundesgerichtshof (NJW 1980, 452, 453) die Auffassung vertreten, daß die Fiktion des Arbeitsverhältnisses zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer nach Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG "allein im Interesa des Leiharbeitnehmers" geschaffen worden sei. Gegenstand jenes Rechtsstreits war der Vergütungsanspruch des Verleihers gegen den Entleiher wegen der Überlassung von Arbeitskräften, die ihren Lohn vom Verleiher erhalten hatten. <u>In diesemZusammenhang</u> hat der BGH unter Hinweis auf Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG bereicherungsrechtliche Rückerstattungsansprüche des Verleihers gegen den Leiharbeitnehmer wegen der auf der Grundlage eines gemäß Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG unwirksamer Vertragsverhältnisses gezahlter Löhne mit der Begründung abgelehnt, daß der Leiharbeitnehmer durch Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG einen stärkeren Schutz erhalten sollte und (beiläufig) hinzugefügt, daß diese Bestimmung allein im Interesse des Leiharbeitnehmers geschaffen worden sei. Damit sei es aber nicht vereinbar, den Leiharbeitnehmer in einem solchen Falle bereicherungsrechtlichen Ansprüchen des Verleihers auf Rückerstattung gezahlter Löhne auszusetzen, da jener dann schlechter stehen würde als ohne das fingierte Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher. Denn ohne die Fiktion wären die Beziehungen zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach den Grundsätzen des sogenannten faktischen Arbeitsverhältnisses zu behandeln, die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung wegen gezahlten Lohnes ausschließen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der <u>in diesem Zusammenhang</u> vom BGH herausgestellte Schutzzweck des Art. 1 § 10 Abs. 1 AÜG stellt aber nicht die einzige Aufgabe dieser Bestimmung dar. Mittelbar erfüllt diese auch eine Überwachungs- und Kontrollfunktion insoweit, als der Entleiher wegen der Gefahr einer Übernahme der vollen Arbeitgeberpflichten in der Segel sorgfältig prüfen wird, ob der Verleiher im Besitz der gemäß Art. 1 § 1 AÜG erforderlichen Erlaubnis ist (vgl. Becker a.a.O., Art. 1 § 10 Rz. 3). Damit bewirkt diese Bestimmung über den Schutz des einzelnen Leiharbeitnehmers hinaus einen neben die staatliche Überwachung durch die Erlaubnisbehörde tretenden, mit privatrechtlichen Mitteln funktionierenden Kontrollmechanismus.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung des Amtsgerichts, daß die Vorschrift des Art. 1 § 10 AÜG ausschließlich zum Schutz der Leiharbeitnehmer gedacht sei, erscheint daher zu eng. Das Amtsgericht übersieht aber auch, daß es keineswegs den - schutzwürdigen - Interessen des Leiharbeitnehmers widerspricht, daß der Entleiher, sofern er nach der Fiktion dieser Bestimmung zugleich Arbeitgeber ist, die Verpflichtung hat, darauf zu achten, daß der ausländische Arbeitnehmer im Besitz der erforderlichen Arbeitserlaubnis ist. Denn dieses Gebot, das die illegale Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verhindern soll, schützt mittelbar auch diese vor - erfahrungsgemäß häufig vorkommender - Ausbeutung durch unseriöse Arbeitgeber. Welche Bedeutung der Gesetzgeber gerade der Überprüfung der Arbeitserlaubnis beimißt, geht daraus hervor, daß sie nicht nur der Arbeitgeber (§§ 19 Abs. 1 Satz 4, 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG) und der Verleiher (Art. 1 § 15 AÜG), sondern auch der Entleiher vornehmen muß. Da dieser in einem intakten Leiharbeitsverhältnis selbst nicht Arbeitgeber ist und mithin die Bußgeldvorschrift des § 229 Abs. 1 Nr. 2 AFG auf ihn nicht anwendbar ist, hat der Gesetzgeber diese Lücke durch Art. 1 § 16 Nr. 2 AÜG geschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es wäre nun in der Tat ein nicht vertretbares Ergebnis, daß der Entleiher, der aufgrund eines intakten Vertragsverhältnisses mit dem Verleiher ausländische Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt, nach Art. 1 § 16 Nr. 2 AÜG ordnungswidrig handelt, während der Entleiher bei Unwirksamkeit des Vertrages mit dem Verleiher durch die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis keine Ordnungswidrigkeit begehen würde, obwohl er sogar (fingierter) Arbeitgeber ist und ihn deshalb - im Gegensatz zum Entleiher - alle Pflichten aus dem Arbeitsrecht treffen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das hat das Amtsgericht verkannt. Da das Urteil auch auf diesem Rechtsfehler beruht, unterliegt es der Aufhebung und der Zurückverweisung an das Amtsgericht.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sofern das Amtsgericht aufgrund der neuen Hauptverhandlung Feststellungen trifft, die den Vorwurf fahrlässiger Verstöße gegen § 19 Abs. 1 Satz 4 AFG begründen, ist nicht auszuschließen, daß diese zum Teil verjährt sind. Nach § 229 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 AFG wird ein solcher Verstoß mit einer Geldbuße bis zu 50.000,- DM geahndet. Bei einer fahrlässigen Zuwiderhandlung ist die Geldbuße gemäß § 17 Abs. 2 OWiG jedoch auf die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages, hier also 25.000,- DM, begrenzt. Die Verfolgung einer fahrlässigen Zuwiderhandlung verjährt daher gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG in zwei Jahren. Ob die Verjährung durch Maßnahmen, die zeitlich vor der Bekanntgabe der Ermittlungen durch Schriftsatz des Arbeitsamts ... vom 2. Januar 1979 (vgl. Bl. 21 d.A.) liegen, unterbrochen worden ist, laßt sich den Akten nicht sicher entnehmen (vgl. den Bericht der Kripo ... vom 7. Juni 1978 - Bl. 8, <u>11</u> d.A.). Möglicherweise gibt darüber das Ermittlungsverfahren 33 Js 72741/77 StA Offenbach (vgl. Bl. 19 d.A.) Aufschluß.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.</p>
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315,915 | olgham-1980-10-27-8-uf-49780 | {
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} | 8 UF 497/80 | 1980-10-27T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:19 | 2019-03-27T09:41:53 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1027.8UF497.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das am 2. Mai 1980 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelsenkirchen zu den Ziffern 5) und 6) der Urteilsformel (Zuweisung der Ehewohnung) wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Antragstellerin wird eine Räumungsfrist bis zum 30. April 1980 bewilligt.</p>
<p>Die Kosten der Beschwerde werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Gründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 26. Juni 1962 geheiratet. Aus der Ehe sind zwei 1967 und 1968 geborene Kinder hervorgegangen. Die Antragstellerin ist 38 Jahre alt, der Antragsgegner 41 Jahre alt. Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil die Ehe der Parteien geschieden, die elterliche Sorge über die beiden Kinder der Antragstellerin übertragen, den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich durchgeführt und den Versorgungsausgleich abgetrennt, soweit es die Betriebsrente des Antragsgegners angeht. Es hat schließlich die bisherige Ehewohnung dem Antragsgegner zur alleinigen Benutzung zugewiesen, den Wohnungszuweisungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen und sie zur Räumung verurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Beschwerde greift die Antragstellerin das Urteil nur im Ausspruch über die Zuweisung der Ehewohnung an.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die aus 3 Zimmern, Küche und Bad bestehende Wohnung ist von der Bergwerksgesellschaft xxx im Rahmen des Bergarbeiterwohnungsbaus ebenso wie alle anderen Wohnungen im Hause xxx, geschaffen worden. Der Bergwerksgesellschaft steht gemäß Vereinbarung mit dem Eigentümer für die Dauer von 50 Jahren das ausschließliche Belegungsrecht zu. Dieses Recht ist entsprechend § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaus im Kohlenbergbau in der Fassung vom 4.5.1957 (BGBl. I 418) durch beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten der Landesbank xxx und der Bergwerksgesellschaft xxx gesichert, eingetragen in Abt. II Nr. 2 und 3 des Grundbuchs xxx. Danach dürfen die Wohnungen nur von Berechtigten i.S. dieses Gesetzes, und zwar nur von den bei der Bergwerksgesellschaft xxx Beschäftigten, bewohnt werden. Die Wohnung ist dem Antragsgegner im Jahre 1965 nur deshalb vermietet worden, weil er seit 1955 Arbeitnehmer der Bergwerksgesellschaft xxx war. Seit diese Gesellschaft ihren Bergwerksbetrieb im März 1966 im Rahmen der Zechenstillegung eingestellt hat, wird das Belegungsrecht von der xxx wahrgenommen. Der Antragsgegner hat infolge der Zechenstillegung seinen Arbeitsplatz im Bergbau verloren. Er arbeitete danach 2 Jahre lang in einer Ziegelei und ist seit 1968 bei der Firma xxx beschäftig.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sowohl der Vermieter als auch die xxx widersprechen einer Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin unter Hinweis auf ihre Bindung im Rahmen des Bergarbeiterwohnungsbaus. Dem hat sich das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung, auf die gem. § 543 ZPO Bezug genommen wird, im wesentlichen angeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin begründet ihre Beschwerde damit, daß die Firma xxx nicht Vermieterin sei, während mit dem Vermieter ein Arbeitsverhältnis nicht bestanden habe. Zumindest sei der innere Zusammenhang zwischen dem Beschäftigungsverhältnis und der Vermietung durch das Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Bergbau beendet worden. Außerdem weist die Antragstellerin darauf hin, daß sie wegen der 2 minderjährigen Kinder und wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht mit den Unannehmlichkeiten eines Umzuges belastet werden könne.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu den Ziffern 5) und 6) abzuändern und</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1. den Wohnungszuweisungsantrag des Antragsgegners abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2. den Antragsgegner zu verurteilen, die Ehewohnung in xxx, xxx (Vermieter: xxx) zu räumen; </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">3. dem Wohnungszuweisungsantrag der Antragstellerin stattzugeben und zu ihren Gunsten ein Mietverhältnis an der im Antrag zu Ziffer 2) bezeichneten Wohnung zu begründen, in welchem bestimmt wird, daß die Antragstellerin anstelle des Antragsgegners in das Mietverhältnis eintritt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin bittet vorsorglich um eine längere Räumungsfrist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er tritt dem angefochtenen Urteil bei und macht geltend, die Antragstellerin habe angemessene Ersatzwohnungen grundlos abgelehnt. Er erhebt gegen die Bewilligung einer Räumungsfrist bis zu 6 Monaten keine Einwendungen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat schriftliche Auskünfte des Vermieters, der Firma xxx und der Firma xxx eingeholt, die am Verfahren beteiligt worden sind. Wegen des Inhalts der Auskünfte wird auf die Mitteilung des Vermieters vom 15.9.1980 (Bl. 152 bis 153) und der Firma xxx vom 22.9.1980 (Bl. 157 bis 163), wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die gem. den §§ 621 e Abs. 1 und 3, 519 Abs. 2 ZPO frist- und formgerecht eingelegte und begründete Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gem. § 4 HausratsVO soll eine Wohnung, die die Ehegatten aufgrund eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses innehaben, welches zwischen einem von ihnen und einen Dritten besteht, dem außerhalb dieses Arbeitsverhältnisses stehenden Ehegatten nur zugewiesen werden, wenn der Dritte damit einverstanden ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Wohnung ist dem Antragsgegner ausweislich der Auskünfte der Firma xxx und des Vermieters nur mit Rücksicht darauf überlassen worden, daß er bei Abschluß des Mietvertrages Arbeitnehmer der Bergwerksgesellschaft xxx gewesen ist. Dieses Arbeitsverhältnis ist zwar inzwischen beendet worden, weil die Bergwerksgesellschaft zwischenzeitlich ihren Betrieb eingestellt hat. Seither ist der Antragsgegner nach einer vorübergehenden Tätigkeit bei einer Ziegelei bei der Firma xxx beschäftigt, der ein Belegungsrecht an der Wohnung nicht zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zwar setzt § 4 HausratsVO im Regelfall voraus, daß das Arbeitsverhältnis auch noch zur Zeit der Entscheidung über die Zuweisung der Ehewohnung besteht (OLG Schleswig SchlHA 55, 281). Für Wohnungen, die der besonderen Zweckbindung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaus im Kohlenbergbau (im folgenden: Gesetz) unterliegen, gelten jedoch Sondervorschriften, die der Regelung des § 4 HausratsVO vorgehen. Gem. § 4 Abs. 1 d des Gesetzes sind (und bleiben) in den dieser Zweckbindung unterliegenden Wohnungen auch diejenigen ehemaligen sozialversicherten Arbeitnehmer des Kohlenbergbaus wohnberechtigt, die - wie der Antragsgegner - ihre Beschäftigung im Kohlenbergbau im Rahmen einer Zechenstillegung verloren haben. Wohnberechtigt sind nach der genannten Vorschrift auch die Witwen solcher Arbeitnehmer, nicht aber die geschiedenen Ehegatten eines Wohnberechtigten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Daraus folgt, daß der Antragsgegner auch heute noch die persönlichen Voraussetzungen für die Wohnberechtigung erfüllt, daß er die Wohnung mithin auch heute noch aufgrund des - früheren - Arbeitsverhältnisses innehat. Er hätte gemäß der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 31.8.1966 (BGBl. I 549) seine Wohnberechtigung nur dann verloren, wenn er eine ihm angebotene Weiterbeschäftigung im Kohlenbergbau zu zumutbaren Bedingungen grundlos ausgeschlagen hätte. Das behauptet die Antragstellerin indessen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Daher kommt es für die Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin gem. § 4 HausratsVO auf die Zustimmung des Dritten an. Diese Zustimmung hat die Firma xxx versagt, während die Firma xxx dazu nicht Stellung genommen hat.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Senat mit der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum der Auffassung, daß generell aus der Formulierung "soll.... nur" in § 4 HausratsVO nicht geschlossen werden kann, bei fehlender Zustimmung des Arbeitgebers sei die Überlassung an den anderen Ehegatten schlechthin unzulässig (so aber Scheffle in RGRK, 10. und 11. Aufl., 1968, § 4 HausratsVO Anm. 6; Palandt Diederichsen, BGB, 38. Aufl. 1979 § 4 HausratsVO Anm. 1). Vielmehr ist unter besonderen Voraussetzungen, etwa bei zeitlich begrenzter Zuweisung, so daß der Charakter als Werks- oder Dienstwohnung wenigstens langfristig erhalten bleibt (BayObLGZ 59, 403 (407); 1971, 377 (381); 1972, 216 (213 f); NJW 70, 329 f; Hoffmann-Stephan, HausratsVO, 2. Aufl. 1965 § 4 Anm. 2, Erman-Ronke, BGB, 6. Aufl., 1975, § 4 HausratsVO Rz 1; Soergel-Donau, BGB, 10. Aufl., 1971, § 4 HausratsVO Rz 3; Müller-Gindullis in Münch.Komm. § 4 HausratsVO Rz 3), bei Teilbarkeit der Wohnung in der Form, daß eine Benutzung durch beide Ehegatten möglich ist (OLG Hamm Rechtspfleger 51, 640) oder sogar dann, wenn dem räumenden Arbeitnehmer in zumutbarer Nähe vom Arbeitsplatz eine andere Werkswohnung zur Verfügung gestellt werden kann, auch eine Zuweisung an den anderen Ehegatten, der nicht Arbeitnehmer ist, möglich.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Allen diesen Entscheidungen liegen jedoch Sachverhalte zugrunde, in denen dem Arbeitgeber entweder kraft Vertrages mit dem Vermieter ein meist auf finanziellen Zuwendungen beruhendes Belegungsrecht zustand, oder in denen der Arbeitgeber zugleich Vermieter war, aber in denen der Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeber/Vermieter jeweils in seinen Entscheidungen, ob er die nach § 4 HausratsVO erforderliche Zustimmung zur Wohnungszuweisung an den nicht bei ihm tätigen Ehegatten erteilen wollte, in der Form frei war, daß es allein seinem Ermessen oblag, ob die Zustimmung erteilt oder verweigert wurde. Das gilt auch bei einschränkenden Zweckbindungen anderer Art, wie etwa im sozialen Wohnungsbau für Landesbedienstete (Beispielsfall: BayOblGZ 1972, 216 ff), sofern der nicht im Landesdienst beschäftigte Ehegatte für sich selbst zumindest die Voraussetzungen für die Zuweisung einer im sozialen Wohnungsbau geförderten Wohnung erfüllt.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle hatte der Dritte aber keinen solchen Ermessensspielraum für seine Entscheidung, ob er der Zuweisung der Ehewohnung an die Antragstellerin zustimmen wollte oder nicht. Denn zu der im Grundbuch eingetragenen beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Firma xxx, die die zweckentsprechende Verwendung der aus der Kohlenabgabe i.S. des § 1 des Gesetzes stammenden Treuhandmittel, die hier für die Errichtung von Mietwohnungen für den wohnberechtigten Personenkreis i.S. des § 4 des Gesetzes eingesetzt worden sind, und deren fortdauernden zweckentsprechenden Einsatz gem. § 5 des Gesetzes sichert, ist eine weitere Sicherung hinzugekommen: Der durch Änderungsgesetz vom 24.08.1965 (BGBl. I 909) zusammen mit § 4 Abs. 1 d eingeführte § 6 Abs. 1 des Gesetzes untersagt dem Eigentümer und dem Verfügungsberechtigten die Überlassung einer solchen Wohnung an nicht wohnberechtigte Personen. Die Ausnahmevoraussetzungen nach § 6 Abs. 2 und 3 des Gesetzes liegen nicht vor. Mit dieser gesetzlichen Regelung ist im Unterschied zu den genannten Fällen dem Arbeitgeber wie dem Vermieter lediglich noch eine Ermessensentscheidung bei der Wohnungsbesetzung zwischen verschiedenen Berechtigten, nicht aber zwischen einem Berechtigten und einem Nichtberechtigten möglich. Vielmehr ist kraft Gesetzes eine Überlassung an Nichtberechtigte verboten. Diese übergeordnete öffentlich-rechtliche Bindung führt im Rahmen des § 4 HausratsVO dazu, daß in Fällen der vorliegenden Art, in denen den Verfügungsberechtigten die Zustimmung zur Zuweisung der Wohnung an den Nichtwohnberechtigten kraft Gesetzes verboten ist, das Verbot auch im Verhältnis zwischen den Ehegatten beachtet werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Darf aber der Antragstellerin kraft Gesetzes die Wohnung von den Verfügungsberechtigten nicht überlassen werden, so kann ihr auch entgegen den sonst von der Rechtsprechung behandelten Fällen diese Wohnung nicht unter Außerachtlassung einer fehlenden Zustimmung des Verfügungsberechtigten zugewiesen werden. Auf die von ihr vorgetragenen sozialen Gesichtspunkte kann nicht eingegangen werden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Billigung der Räumungsfrist beruht auf § 721 ZPO, die Kostenentscheidung auf § 93 a ZPO.</p>
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"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 O 148/80 | 1980-10-24T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:21 | 2019-03-27T09:41:53 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1980:1024.1O148.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p> </p>
<p>Die Klägerin zu 1) trägt 2/3, der Kläger zu 2) 1/3 der Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p> </p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p> </p>
<p>Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 800,00 DM (Klägerin zu 1) bzw. 400,00 DM (Kläger zu 2) abzuwenden, wenn nicht die Beklagte in derselben Höhe vor der Vollstreckung Sicherheiten leistet.</p>
<p>Die Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bankbürgschaften erbracht werden.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>T a t b e s t a n d :</strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In ordentlicher Hauptversammlung vom 4. Oktober 1978 beschloss die Firma (A) ihr Grundkapital von 25 Mio. zur Deckung von Verlusten um nominell 128.000,00 DM herabzusetzen und gleichzeitig um nominell 62.500.000,00 DM auf nominell 87.372.000,00 DM, mit Wirkung zurück auf den 31.12.1977 zu erhöhen. Die Kapitalerhöhung erfolgte durch Ausgabe a) von 37.500.000,00 DM neuer, auf den Inhaber lautender Stammaktien ­ Wertpapier-Kenn-Nr.: B - mit einem Ausgabepreis von 60,00 DM je Stammaktie im Nennbetrag zu je 50,00 DM, b) von 25.000.000,00 DM neuer, auf den Inhaber lautender Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ­ Wertpapier-Kenn-Nr.: C - zum Ausgabepreis von 87,50 DM je Vorzugsaktie im Nennbetrag zu je 50,00 DM. Der Gesamtnennbetrag von nominell 62.500.000,00 DM neuen Aktien wurde unter Ausschluss des gesetzlichen Bezugsrechts der Aktie von einem unter Führung der Beklagten stehenden Bankenkonsortium gezeichnet. Die neuen Aktien wurden aufgrund eines im Oktober 1978 erstellten Prospekts, der u. a. von der Beklagten - an erster Stelle - unterzeichnet wurde, zum Handel und zur amtlichen Notierung an den Wertpapierbörsen Düsseldorf, Berlin und Hamburg angelassen. Der Prospekt erschien in der Öffentlichkeit am 7. November 1978. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unstreitig hat die Klägerin zu 1) am 18.1.1979 neue A-Vorzugsaktien mit der Wertpapier-Kenn-Nr.: C zu einem Gesamtpreis von 4.716,77 DM über die D in Berlin erworben, deren Inhaberin sie auch noch ist. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zu 2) ist Inhaber von nominell 1.500,00 DM Vorzugsaktien mit der Wertpapier-Kenn-Nr.: C mit einem Kurswert per 30.12.1978 von 2.400,00 DM. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger zu 2) behauptet, den Kauf dieser neuen Aktien am 7. November 1978 nach Erscheinen des Prospekts bei der D in Nürnberg geordert zu haben und bezieht sich hierzu auf eine Bescheinigung der D vom 6. Juni 1980, nach der die Aktien am 7. November 1978 in das Depot des Klägers zu 2) eingebucht, der Kaufpreis für die Aktien mit Wortstellung 3. November 1978 belastet worden sei. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Über das Vermögen der A wurde am 2. April 1979 das Konkursverfahren eröffnet. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger verlangen von der Beklagten für die nunmehr wertlosen neuen Aktien Schadensersatz in Höhe des von ihnen entrichteten Kaufpreises. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie behaupten, der u.a. von der Beklagten herausgegebene Prospekt sei in wesentlichen Punkten unrichtig bzw. unvollständig. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten insbesondere, die in dem Prospekt mitgeteilte Bilanz der A zum 31.12.1977 und Gewinn-und Verlustrechnung für das Geschäftsjahr 1977 sei in wesentlichen Punkten unrichtig, da hierbei Werte entgegen anerkannter Bilanzierungsvorschriften angesetzt worden seien. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Forderung der A gegenüber ihrer Tochtergesellschaft E habe einzelwert berichtigt werden müssen, es habe nicht - wie es im Prospekt es heißt - "mit einer kurzfristigen Abzinsung des Anspruchs an diese Tochtergesellschaft der schleppenden Zahlungsweise Rechnung getragen " werden können. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Bilanzierung unfertiger Objekte, insbesondere die Aktivierung von Verwaltungsgemeinkosten für diese Objekte, sei unzulässig, der Prospekt gebe daher ein unrichtiges Bild der Aktiva der A wieder. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Unrichtig sei auch insbesondere der letzte Absatz des Prospekts, nach dem "die Finanzierungssituation des Unternehmens betreffenden Maßnahmen - zu denen neben der Kapitalerhöhung auch die Gewährung eines langfristigen Darlehns von 100 Mio. mit 70%-iger Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen sowie eines mittelfristigen Betriebsmittelkredits in Höhe von 50 Mio. DM mit 100%-iger Bundesbürgschaft gehören - zunehmend wirksam werden", da das im Februar 1978 gewährte durch das Land verbürgte Darlehen bereits im April 78 "verbraucht" gewesen sei. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Auch sei unrichtig, dass die Mittel aus der Kapitalerhöhung zur kurz- und langfristigen Konsolidierung des Finanzhaushaltes einen Beitrag hätten leisten können (Bl. 3 letzter Absatz des Prospektes), da die Mittel der Kapitalerhöhung zur Deckung des Finanzbedarfs des konkursreifen Unternehmens nicht ausreichend gewesen seien. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In folgenden Punkten sei der Prospekt unvollständig: Wegen der Konkursreife A' s hätte keine Bilanz nach dem "going concern princip, sondern eine Überschuldensbilanz aufgestellt werden müssen, aus der sich der Liquidationsstatus des Unternehmens ergeben hätte. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es fehlten Hinweise auf die Liquiditätsverhältnisse der Gesellschaft sowie die Finanzplanung des Unternehmens. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Auch sei unterlassen, im Prospekt mitzuteilen, dass die Beklagte der A Ende 1977 eine Liquidität von 107 Mio. DM entzogen habe, für 1978 zunächst eine Erhöhung der Kreditlinien von 20 Mio. DM zugesagt habe, dann jedoch diesen zugesagten Betrag wieder von dem durch Landesbürgschaft gesicherten Darlehen einbehalten habe. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Schließlich fehle es an einem Hinweis auf Prozessrisiken, nämlich den Rechtsstreit mit der F. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Schließlich werde die erhebliche wirtschaftliche Tatsache verschwiegen, dass der Großaktionär der AA eine Liquiditätsgarantie verweigert habe. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Hinter den Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten des Prospektes stehe ein Tatplan der Beklagten, die sich aus ihrem Engagement bei der A auf Kosten anderer Kreditgeber und der neuen Aktionäre habe lösen wollen. Die Beklagte habe es auch nicht mit dem Testat der Bilanz durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bewenden </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">lassen dürfen. Auf Grund der Umstände, dass ein Vorstandsmitglied der Beklagten langjährig im Aufsichtsrat, vom 26.8.1977 bis 3.5.1978 sogar als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, vertreten gewesen sei, dass die Beklagte Hauptkreditgeberin der A gewesen sei, sie außerdem Mitglied des Landesbürgschaftsausschusses NW gewesen sei, der am 9.2.1978 der Firma A eine Landesbürgschaft über 100 Mio. abzüglich einer Risikobeteiligung der Banken von 30 % erteilt habe und sie auch federführend im Bankenkonsortium bezüglich der Kapitalerhöhung gewesen sei, habe die Beklagte über die Kenntnisse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hinaus Erkenntnisse über den wirtschaftlichen Zustand der A erhalten. Eine überobligationsmäßige Sorgfaltspflicht der Beklagten habe sich auch aus bestimmten Frühwarnsignalen ergeben, dass nämlich schon in den Vorjahren bei der A Unregelmäßigkeiten vorgekommen seien. Es handele sich hierbei um sog. Forfaitierungen oder Sylvestergeschäfte, nämlich scheinbaren Forderungskäufen durch die Beklagte zur Umgehung der vereinbarten Kreditlinie. Wie unstreitig habe die Beklagte im Jahre 1977 von A Forderungen mit der Abrede angekauft, dass das wirtschaftliche Risiko bei der Firm A bleibe und diese verpflichtet sei, die nicht getilgten Forderungen nach einer gewissen Zeit zurückzukaufen. Zu den Unregelmäßigkeiten gehöre auch ein von A an E vorgenommener Verkauf von Baumaschinen im Jahre1977 im Werte von ca. 5 Mio., der auf den Bilanzstichtag 31. 12.1976 zurückdatiert worden sei, wobei den Beteiligten klargewesen sei, dass die Firma E nicht in der Lage war, den Kaufpreis an A zu bezahlen. Auch habe die Firma A ihren Bilanzgewinn für 1976 dadurch verbessert, dass sie mit Subunternehmern Rechnungen ausgetauscht habe, denen keine tatsächlichen Leistungen zugrunde lagen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen, </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">1.     die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) 4.716,00 DM zuzüglich 8 %Zinsen seit dem 18.1.1979 Zug um Zug gegen Aushändigung der 50 Stück junge A-Vorzugsaktien mit der Nummer C zu zahlen, </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2.               die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 1) 2.400,00 DM sowie 8 % Zinsen</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">seit dem 30.12.1978 Zug um Zug gegen Aushändigung der 30 Stück neue A-Vorzugsaktien mit der Wert­Papier-Kenn-Nr. C zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet Unrichtigkeit und Unvollständigkeit des Prospekts. Ihrer Auffassung nach treffe sie jedenfalls kein Verschulden an etwaigen Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten. Sie habe sich auf die Prüfungsberichte der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verlassen dürfen, insbesondere habe sie darauf vertrauen können, dass eine Abwertung der Forderung der A gegen E den schleppenden Zahlungseingang ausreichend berücksichtige. Jedenfalls habe sie insoweit keine besseren Erkenntnismöglichkeiten als der Sachverständige H, gehabt, der in ihrem Auftrag die Baustellen an Ort und Stelle auf ihre Rentabilität untersucht habe und zu diesem Ergebnis gelangt sei. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Kammer lagen vor der Prospekt für die Zulassung zum Börsenhandel der 37 ,5 Mio. DM auf den Inhaber lautenden neuen Stammaktien und der 25 Mio. DM auf den Inhaber lautenden Vorzugsaktien vom Oktober 1978, der Bericht des 4. Senats des Landesrechnungshofes Nordrhein-Westfalen vom 20. September 1979 an den Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen – I -, der Ergänzungsbericht des Landesrechnungshofes vom 9.1.1980 sowie der Prüfungsbericht des Bundesrechnungshofes vom 4. März 1988- J -. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wegen deren Inhalts und der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><strong>E n t s c h e i d u n q s g r ü n d e :</strong></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist den Klägern nicht unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung nach §§ 45, 46 BörsG. schadenersatzpflichtig. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Voraussetzung für die Haftung der Beklagten wäre, dass sie einen Prospekt erlassen hätte, aufgrund dessen Wertpapiere zum Börsenhandel zugelassen sind, der unrichtige Angaben enthielte oder in dem wesentliche Tatsachen fehlten. Die unrichtigen oder fehlenden Angaben müssten dafür ursächlich sein, dass die Kläger die Wertpapiere erworben haben. An diese sogenannte haftungsbegründende Kausalität wird zwar nach herrschender Meinung nicht die Anforderung gestellt, dass der Käufer Kenntnis von dem Prospekt hatte, es reicht vielmehr die Möglichkeit aus, dass die Wertpapiere aufgrund der durch die Angaben des Prospekts beim Publikum erzeugten Anlagestimmung erworben worden sind (vgl. Schwark, BörsG., Anm. 9 zu §§ 45, 46) . Dies setzt allerdings voraus, dass der Käufer, der den Prospekterlasser schadensersatzpflichtig machen will, die Wertpapiere <u>nach</u> Erscheinen des Prospekts erworben hat, da ansonsten jegliche Ursächlichkeit falscher Angaben im Prospekt für den Kaufentschluss des Erwerbers ausgeschlossen ist. </p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des Klägers zu 2) könnte bereits zweifelhaft sein, ob dieser schlüssig vorgetragen hat, die neuen Aktien aus der Kapitalerhöhung der A nach Erscheinen des Prospekts am 7. November 1978 gekauft zu haben. Der Kläger zu 2) bezieht sich nämlich hinsichtlich seines diesbezüglichen Vortrags auf eine Bescheinigung seiner Depotbank, nach der die von ihm erworbenen neuen Aktien der A am 7. November in sein Depot "eingebucht" worden seien. Selbst wenn dem Kläger zu 2) durch Vernehmung des von ihm benannten Zeugen der Nachweis gelingen sollte, dass die </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">"Einbuchung" der neuen Aktien nach Erscheinen des Prospekts am selben Sage geschah, könnte gegen einen <u>Kauf</u> des Klägers zu 2) auch an diesem Tage sprechen, dass dem Kläger zu 2) nach der von ihn vorgelegten Bescheinigung der Kaufpreis mit Werterstellung 3. November 1978 belastet wurde, dies also der Zeitpunkt der Kauforder sein dürfte, der Kaufentschluss also nicht durch den Prospekt beeinflusst sein könnte. Letztlich kann dies offen bleiben und braucht auch nicht entschieden zu werden, ob dem Beweisantrag des Klägers zu 2) durch Vernehmung des die Kauforder bearbeitenden Bankangestellten zu folgen ist, da - wie unten darzulegen ist - auch bei einer möglichen Ursächlichkeit des Prospekts für den Kaufentschluss des Klägers zu 2) eine Haftung der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 45, 46 BörsG. nicht gegeben ist. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der u.a. von der Beklagten erlassene Prospekt, aufgrund dessen die hier in Rede stehenden neuen Aktien der A zugelassen worden sind, enthält weder unrichtige Angaben, die für die Beurteilung des Wertes der Aktien erheblich sind, noch sind wesentliche Tatsachen weggelassen. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Als unrichtige Angaben kommen nach herrschender Meinung nur Angaben tatsächlicher Art, keine Werturteile oder Prognosen in Betracht. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Der gegenteilige Schluss lässt sich nicht aus dem unterschiedlichen Wortlaut des Satz 1 und des Satz 2 des § 45 Abs. 1 BörsG. ziehen, wonach zwischen unrichtigen "Angaben"  und der Fortlassung wesentlicher "Tatsachen" unterschieden wird. Denn der Begriff "Angaben" in Satz 1 des § 45 Abs. 1 BörsG. wird dadurch eingeschränkt, dass er sich nur auf Angaben bezieht, welche für die Beurteilung des Wertes der Aktien erheblich sind, so dass also zwischen der Urteilsgrundlage, den Tatsachen, und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen, der Beurteilung durch den Prospektlasser zu unterscheiden ist (vgl. auch RGZ 46, 87, Schwark aaO Rdn. 5). Mithin können Prognosen, auch wenn sie sich bei nachträglicher Betrachtungsweise als unrichtig herausstellen, nicht zu einer Haftung des Prospekterlassers führen, wenn die Tatsachen, aus denen der Prospekterlasser seine Schlussfolgerungen zieht, nicht falsch sind. Dies gilt hinsichtlich der Prognose der Ergebnisverbesserung der A im Jahre 1978 gegenüber dem Vorjahr ebenso wie der Prognose einer kurzfristigen Normalisierung der Ergebnislage bei der E. Auch soweit im Prospekt die Rede davon ist, dass "angemessene" Einzelwertberichtigungen vorgenommen wurden (Forderungen an Arbeitsgemeinschaften, Bl. 12 des Prospektes) handelt es sich um Werturteile, nicht Tatsachenbehauptungen. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Schließlich handelt es sich bei den Fragen, ob Forderungen der A in der Bilanz zutreffend angesetzt worden sind, im vorliegenden Fall ebenfalls durchweg um Bewertungsfragen. Die Kläger behaupten ja nicht, dass in der Bilanz irgendwelche nichtexistenten Forderungen der A eingestellt worden sind, sondern dass deren Werthaltigkeit teilweise nicht gegeben ist, da wegen der besonderen Umstände ein in der Bilanz nicht berücksichtigter Abschreibungsbedarf gegeben sei. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Es lässt sich allerdings die Auffassung vertreten, dass jedes in dem Prospekt mitgeteilte Werturteil, also auch die Wertansätze in der Bilanz, die Behauptung mit beinhaltet, dass diese Urteile unter Berücksichtigung der gesetzlichen und handelsüblichen Bilanzierungsvorschriften zustande gekommen ist. Hiernach wäre also die Plausibilität der entsprechenden Wertansätze zu prüfen. Eine solche Prüfung - jedenfalls aus der notwendigen exakten Betrachtung - ergibt jedoch, dass die im Prospekt mitgeteilte Bilanz per 31. Dezember 1977 Wertansätze im gesetzlich zulässigen und handelsüblichen Rahmen enthält. Im Einzelnen gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben keine Tatsachen dargetan, die den Schluss rechtfertigen, dass mit der in der Bilanz vorgenommenen Abzinsung der Ansprüche der A gegen E der schleppenden Zahlungsweise der nigerianischen Auftraggeber nicht in vertretbarer Weise Rechnung getragen wäre. Der Vortrag der Kläger, die nigerianischen Auftraggeber hätten keinerlei Bonität besessen, ist allenfalls aus der ex post Betrachtung gerechtfertigt, wenn man unterstellt, dass die vom Wirtschaftsprüfer der A für die Bilanz 1978 verlangte völlige Abschreibung der Forderung der A gegenüber E notwendig war, wobei letztlich die Einbringlichkeit der Forderung zu einem späteren Zeitpunkt offenbleiben mag. Aus der Betrachtungsweise zum maßgeblichen Zeitpunkt der Herausgabe des Prospekts war ein solcher Schluss nicht zwingend. Zutreffend hebt die Beklagte hervor, dass es sich bei den Auftraggebern der E um öffentliche Auftraggeber handelte, nämlich die nigerianischen Provinzialregierungen, es sich bei dem Staat Nigeria auch um ein Land handelt, das aufgrund seiner Rohstoffvorkommen (Öl) als im Grundsatz zahlungsfähig angesehen werden muss und im übrigen auch mit den nigerianischen Auftraggebern in großem Umfang weitere laufende Geschäfte getätigt wurden, woraus sich ergab, dass die nigerianischen Auftraggeber nicht illiquide waren. Auch aus dem Umstand, dass die E für 1977 einen Verlust von ca. 25 Mio. erwirtschaftet hatte und für 1978/79 - wie die Kläger vortragen - ein Verlust von ca. 44 Mio. DM prognostiziert wurde, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass die Forderungen der A gegen die E dauernd uneinbringlich waren. Dies gilt jedenfalls im Hinblick auf das Gutachten des H vom März 1978, der aus der Baustellentätigkeit der E für 1978 einen Gewinn vor Steuern ohne Berücksichtigung der Finanzierungskosten für die Verschuldung von E gegenüber A und Banken von 33,7 Mio. DM prognostizierte, so dass die Ertragslage der E die Erfüllung der Forderungen A' s nicht beeinträchtigte. Auch soweit Mängel in der Buchführung E`s vorlagen - wie die Kläger vortragen - spielte das für den Forderungsbestand A's gegen E keine Rolle. Auch soweit im Prospekt (Bl. 11) ausgesagt ist, dass Vorfinanzierungskosten sowie der Kursverfall des Naira das Ergebnis der E in starkem Maße beeinträchtigt hätten, im Hinblick auf die positive gutachterliche Beurteilung des Auftragsbestandes jedoch kurzfristig wieder mit einer Normalisierung der Ergebnislage gerechnet werde, handelt es sich zum einen um eine Prognose (Werturteil), zum anderen liegen dieser Prognose auch keine falschen Tatsachen zugrunde, da - wie unstreitig - E mit hohen Finanzierungskosten belastet war und der Naira erheblich im Wert gesunken war, aus den laufenden Geschäften jedoch überdurchschnittliche Gewinne erzielt wurden, so dass es jedenfalls vertretbar erscheint, das "mit einer Normalisierung der Ergebnislage gerechnet" wurde, d.h. einem Abbau der vorausgegangenen Verluste. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers stellt auch die Aktivierung teilfertiger Objekte, insbesondere auch unter Einschluss der Verwaltungsgemeinkosten, in der Bilanz 1977 keine "Bilanzfälschung" dar. Nicht abgerechnete, unfertige Bauten gehören zu den Gegenständen des Umlaufvermögens, für ihre Bilanzierung gilt daher das Anschaffungs-oder Herstellungsprinzip (§ 155 Abs. 1 AktG). Fraglich kann hier nur sein, inwieweit die Verwaltungsgemeinkosten aktiviert werden dürfen. Nach herrschender Meinung besteht für die Einbeziehung von Gemeinkosten ein Ermessensspielraum, dessen obere Grenzen durch § 153 Abs. 2 AktG. bestimmt werden (vql. Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff, AktG., § 155 Rdn. 14 - 21). Anteilige Verwaltungsgemeinkosten durften daher auf der Aktivseite der Bilanz berücksichtigt werden. Die Kläger haben nicht vorgetragen, dass der berücksichtigte Anteil nicht im Verhältnis der Gemeinkosten insgesamt zu den auf die nicht abgerechneten Bauten entfallenden Anteilen der Gemeinkosten stand. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Fraglich könnte allerdings sein, ob die in die Bilanz eingestellte Teilgewinnrealisierung aus einer nicht abgerechneten Bauleistung zulässig ist. Eine Teilgewinnrealisierung ist nach herrschender Meinung nur bei langfristigen Vorhaben zuzulassen, wenn endgültige Teilabrechnungen vorliegen und Teilabnahmen erfolgt sind (vgl. Gessler-Hefermehl-Eckardt-Kropff, aaO, § 149 Rdn. 89). Nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten bezieht sich eine Teilgewinnrealisierung jedoch lediglich auf eine Baustelle in der DDR mit einem Volumen von ca. 1,2 Mio. DM. Angesichts des Gesamtbilanzvolumens 1977 von mehr als 842 Mio. DM kann diese mögliche Unrichtigkeit des Prospekts allerdings nicht als erheblich für die Beurteilung des Werts der neuen Aktien angesehen werden. Soweit nach Teilabrechnung und Teilabnahme bereits Teilgewinnrealisierungen erfolgt sind, bestehen hiergegen auch nach der herrschenden Meinung (vql. aaO) keine Bedenken, jedenfalls dann wenn es sich um langfristige Vorhaben handelt, wie dies auch bei den anderen Baustellen in der DDR der Fall war. Dies gilt, auch soweit an einzelnen Baustellen Restarbeiten zu leisten waren, Abnahmeerklärungen der Bauherren jedoch vorlagen und die Restarbeiten von der Auftragssumme abgerechnet wurden. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch die auf Blatt 15 letzter Absatz des Prospekts angeführten Bewertungsänderungen, wodurch das Ergebnis des Geschäftsjahres 1977 "wiederum verbessert" worden sei, wonach sich der nach § 165 Abs. 2 AktG. zu nennende Unterschiedsbetrag auf 7,1 Mio DM beliefe, führt nicht zu einer Unrichtigkeit der tatsächlichen Grundlagen des Prospekts, wie dies für eine Prospekthaftung erforderlich wäre. Sie Vorschriften der §§ 153 Abs. 3 – 5, 155 Abs. 3 und 4 Akt G. lassen in begrenztem Umfang die Wahl verschiedener Bewertungsmethoden zu. Dies ergibt sich insbesondere aus § 160 Abs. 2 AktG., der lediglich die Publizität der Änderung der Bewertungs- und Abschreibungsmethoden vorsieht. Auf die Änderung der Bewertungsmethoden ist jedoch im Prospekt ausdrücklich hingewiesen (Bl. 15 letzter Absatz des Prospekts).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Auch die lineare Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter im Einzelwert unter 800,00 DM bzw. 100,00 DM über 5 bzw. 2 Jahre lässt keinen Verstoß gegen bilanzrechtliche Vorschriften erkennen. Die steuerrechtlichen Vorschriften lassen lediglich eine sofortige Abschreibung im Jahre der Anschaffung zu, schreiben diese jedoch nicht vor. Im Übrigen gilt hier § 154 Abs. 1 AktG. wonach diese Gegenstände entsprechend ihrer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer abzuschreiben sind. </p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Eine Unrichtigkeit des Prospekts ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass in dessen letzten Absatz auf Seite 19 das von Land Nordrhein-Westfalen verbürgte Darlehen von 100 Mio. DM als langfristig gekennzeichnet ist, obwohl A diesen Kreditrahmen bereits im April 1978 in vollem Umfang in Anspruch genommen hatte. </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">"Langfristig" bezieht sich erkennbar nicht auf den Zeitraum, in dem das Darlehen abgerufen wurde, sondern darauf, wann das Darlehen wieder zurückzuführen ist. Dass insofern die Angabe "langfristig" falsch ist, haben die Kläger nicht vorgetragen. Auch kann nicht daraus, dass der landesverbürgte Kredit im April 1978 in vollem Umfang ausgeschöpft war, der Schluss gezogen werden, dass die Angabe des Prospekts falsch ist, dass u.a. durch die Gewährung dieses Darlehens eine Ergebnisverbesserung im Jahre 1978 gegenüber 1977 eintreten wird. Durch den verbürgten Kredit sollte der Betriebsmittelbedarf der Firma A mit finanziert werden. Dies ist auch geschehen. Dass dieser Betriebsmittelkredit für sich allein nicht ausreichte, A zu sanieren, ergab sich allein schon aus der im Prospekt mitgeteilten Tatsache, dass A einen weiteren Betriebsmittelkredit, verbürgt durch den Bund, in Höhe von 50 Mio. DM in Anspruch nehmen musste und weiterhin die hier in Rede stehende Kapitalerhöhung im Werte von ca. 89 Mio. DM erforderlich war. Dass 1978 eine Ergebnisverbesserung, d.h. ein nicht so hoher Verlust wie im Vorjahr, eingetreten ist, hat die Beklagte substantiiert dargelegt und ist von den Klägern auch nicht bestritten worden. </p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der im Prospekt mitgeteilten Ergebnisprognose fehlt es daher nicht an Plausibilität, sie geht jedenfalls von tatsächlich zutreffenden Grundlagen aus, so dass sie nicht als falsch im Sinne der §§ 45, 46 BörsG. bezeichnet werden kann. Diese Prognose beinhaltet auch nicht die falsche tatsächliche Behauptung, dass A nicht sanierungsfähig gewesen sei. Die Kläger stützen ihre Auffassung, A sei konkursreif gewesen, auf den Prüfbericht der H für 1977, wonach im Hinblick auf die Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft deren Fortführung nicht gewährleistet sei. Die K sah aber gerade in der Verstärkung der Eigenkapitalbasis des Unternehmens eine Bedingung dafür, dass das Unternehmen fortgeführt werden könne, wodurch auch allein die Anwendung des going-conzern-princips bei der Bewertung im Jahresabschluss gerechtfertigt sei. Da die von den Wirtschaftsprüfern verlangte Kapitalzufuhr gerade durch die im Prospekt bekanntgemachte Kapitalerhöhung herbeigeführt wurde, entfällt die Bedingung, unter denen die Wirtschaftsprüfer die Fortführung des Unternehmens nicht mehr gewährleistet sahen. Hierauf kann also nicht die Auffassung gestützt werden, die Kapitalerhöhung habe wegen Konkursreife A's nicht durchgeführt werden dürfen. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Zusammenfassend lässt sich daher als Zwischenergebnis festhalten, dass nach dem Vortrag der Kläger und dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten erhebliche Unrichtigkeiten des Prospekts im Sinne der §§ 45, 46 BörsG. nicht schlüssig dargelegt sind.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Prospekt ist auch nicht in dem Sinne gemäß §§ 45, 46 BörsG. unrichtig, dass er infolge der Fortlassung wesentlicher Tatsachen unvollständig ist. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Unvollständig ist der Prospekt dann, wenn wesentliche Tatsachen, die für die Beurteilung der zuzulassenden Wertpapiere durch das Publikum notwendig sind, fehlen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nach §§ 36 Abs. 3 a BörsG. in Verbindung mit 5 Abs. 3 Zulassungsbekanntmachung der Prospekt im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Zulassungsverfahrens von der Börsenzulassungsstelle darauf hin geprüft wird, ob er den nach § 6 ff. Zulassungsbekanntmachung erforderlichen Inhalt hat. Wesentlicher Teil des Prospektes ist danach die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung des letzten Geschäftsjahres (§ 8, Nr. 10 ZulBekanntmg), wie sie auch in dem hier in Rede stehenden Prospekt veröffentlicht worden sind. Darüber hinaus ergibt sich aus den in §§ 36 Abs. 3 b, c BörsG., 14 Nr. 1 und 2 Zulassungsbekanntmachung genannten Prüfungskriterien, dass die Zulassungsstelle über die stets erforderlichen Einzelangaben hinaus im Interesse des Publikums die Veröffentlichung aller zur sachgerechten Information notwendigen tatsächlichen und rechtlichen Angaben verlangen kann. Hierbei wird die Zulassungsstelle zwar in der Regel nicht die Richtigkeit der Angabe des vorgelegten Prospekts nachprüfen können, sie ist jedoch gehalten, die Vollständigkeit des Prospekts auf Grund ihrer Erfahrung und spezifischen Branchenkenntnisse zu prüfen. Auf Grund der Prüfung durch die Zulassungsstelle dürfte daher eine tatsächliche Vermutung der Vollständigkeit des Prospekts bestehen, wenn in rechtlicher Hinsicht auch zwischen der öffentlich-rechtlichen Zulassungsprüfung und der zivilrechtlichen Prospekthaftung unterschieden werden muss. </p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Allerdings rügen die Kläger gerade auch Unvollständigkeiten des Prospektes, die der Zulassungsstelle allein auf Grund der Prüfung des Prospektes auf Übereinstimmung mit dem von der Zulassungsbekanntmachung geforderten Inhalt nicht erkennbar sein konnte: </p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Kläger vermissen in dem Prospekt einen Hinweis darauf, dass A zum Ende des Jahres 1977 Überziehungskredite und sogenannte Forfaitierungsforderungen in Höhe von insgesamt 107 Mio. DM zurückführen müssen, wobei A dies nur durch einen sogenannten Zahlungsstau – nämlich der Nichtbegleichung fälliger Rechnungen von Lieferantenseite - und den Haushaltsauskehreffekt - dem forcierten Eingang öffentlicher Gelder zum Jahresende - habe bewirken können. Zutreffend hebt die Beklagte jedoch hervor, dass durch die Nichterwähnung dieser Umstände kein falsches Bild der Gesellschaft gezeichnet worden sei. Bei den Überziehungskrediten und den sogenannten Forfaitierungsgeschäften handelte es sich um jederzeit zurückzuführende Forderungen der Beklagten an A. Mit deren jederzeitigen Rückforderung musste A erfahrungsgemäß rechnen, solange sie insoweit der Beklagten keine Sicherungsmöglichkeiten verschaffen konnte. Gerade mit der Gewährung einer 70%-igen Landesbürgschaft für ein Darlehen in Höhe von 100 Mio. DM ist dieser entsprechende Betrag - wie zutreffend in dem Prospekt vermerkt ist - langfristig konsolidiert worden. Auch ein Hinweis auf den Entzug der Liquidität in Höhe von 107 Mio. DM durch die Beklagte hätte dem Anleger nur einen Hinweis darauf geben können, dass ein entsprechender Finanzierungsbedarf bei A noch vorhanden war. Dies ergibt sich jedoch unmittelbar aus dem Umstand, dass A einen Kredit in Höhe von 100 Mio. DM langfristig nur durch Absicherung mit einer Landesbürgschaft erhalten konnte, weitere Sicherheiten der A also nicht zur Verfügung standen. Im Übrigen kann es nicht Aufgabe des Prospektes sein, die Liquiditätsverhältnisse und Finanzplanung des Unternehmens im Einzelnen zu offenbaren. Dies ergibt sich zum einen als Umkehrschluss daraus, dass in dem Prospekt die Bilanz und die Gewinn-und Verlustrechnung des vorausgegangenen Geschäftsjahres samt den dazugehörenden Erläuterungen zu veröffentlichen sind, nicht aber von weiteren darüber hinausgehenden zu veröffentlichenden Einzelheiten in der Zulassungsbekanntmachung die Rede ist, zum anderen daraus, dass es sich bei diesen Einzelheiten wie den Liquiditätsverhältnissen und der Finanzplanung um nicht offenbarungspf1ichtige Geschäftsgeheimnisse handelt. Weiterhin trifft es nicht zu, dass deshalb in dem Prospekt eine wesentliche Tatsache fehlte, weil nicht erwähnt ist, dass von dem Darlehen über 100 Mio. DM nach Gewährung der Landesbürgschaft lediglich noch 78 Mio. DM A valutiert wurden. Die Beklagte hat substantiiert dargelegt, dass diese 22 Mio. DM, die sie von dem verbürgten Darlehen "einbehalten" hat, von ihr im Vorgriff auf die Bürgschaftszusage außerhalb der vereinbarten Kreditlinien A zur Verfügung gestellt worden waren. Mit der "Einbehaltung" von 22 Mio. DM aus dem Kredit von 100 Mio. DM war daher keine Kürzung anderer Kreditlinien verbunden, so dass dies auch nicht - sofern man das ansonsten für notwendig hielte - im Prospekt zu offenbaren war. </p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen ergab sich auch keine Verpflichtung der Beklagten, Mitteilungen im Prospekt zu machen, die auf die Bilanz 1977 keine Auswirkung hatten, da nach der Zulassungsbekanntmachung nur die Veröffentlichung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung des vorausgegangenen Geschäftsjahres vorgeschrieben ist. Außer auf die Forfaitierungsgeschäfte, die nach nicht bestrittenem Vortrag der Beklagten nach dem 31.12.1977 nicht mehr stattgefunden haben, bezieht sich dies auch auf den im Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) erwähnten sog. Rechnungsaustausch, zwischen A und Subunternehmern, wodurch lediglich das Ergebnis für 1976 beeinflusst bzw. eine Gewinnrealisierung zu Lasten 1978 (Bericht des LRH BI. 18) vorgenommen wurde. Auch der rückdatierte Verkauf von Baugeräten durch A an E hatte für die Bilanz 1977 keine Bedeutung, jedenfalls nicht im Sinne einer Verbesserung, da die Forderung aus dem Verkauf in die Bilanz 1976 eingestellt wurde. </p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger rügen, dass sich im Prospekt kein Hinweis auf das Prozessrisiko aus dem Rechtsstreit mit der F befindet, gilt hierzu dasselbe wie oben zu der Teilgewinnrealisierung aus einer nicht abgerechneten Baumaßnahme. Angesichts des unstreitig auf 1,8 Mio. DM bewerteten Prozessrisikos handelte es sich jedenfalls im Verhältnis zu der Gesamtbilanzsumme von 842 Mio. DM um keine für die Beurteilung des Wertes der neuen Aktien erhebliche Tatsache. </p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kläger im Anschluss an BI. 13 des Berichts des LRH die Auffassung vertreten, die zur Erlangung von Aufträgen in Saudi-Arabien gezahlten sog. Provisionen (Bestechungsgelder) seien, war in vertretbarer Weise aktiviert worden, sie seien auch richtiger Weise bei der nach § 151 AktG vorgeschriebenen Gliederung unter "Umlaufvermögen" erschienen, dort seien sie jedoch fälschlich den "Vorräten" statt - wie es allenfalls in Frage gekommen wäre - den "anderen Gegenständen des Umlaufvermögens" zugezählt worden, deshalb diese Bilanzposition erläutert werden müssen, so handelt es sich hierbei um eine bilanztechnische Frage, die auf die Ergebnislage von A keinen Einfluss hatte. </p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Es bedurfte in dem Prospekt keines Hinweises darauf, dass die für 1974 - 1976 ausgewiesenen Dividenden trotz eines negativen betriebswirtschaftlichen Ergebnisses von A ausgeschüttet wurden. Hieraus ergab sich nicht der zwingende Schluss, dass entsprechend den ausgeschütteten Dividenden auch ein positives Betriebsergebnis erzielt wurde. Zutreffend hebt die Beklagte hervor, dass hieraus nur entnommen werden konnte, dass ein entsprechender Bilanzgewinn erzielt wurde, dieser Bilanzgewinn aber auch aus der Auflösung von Reserven - wie in vorliegendem Fall - resultieren konnte. Im Übrigen ergab sich aus dem Prospekt in eindeutiger Weise, dass 1977 wegen eines Bilanzfehlbetrages von nahezu 23 Mio. DM keine Dividende ausgeschüttet werden konnte und dieser Fehlbetrag sich - wie aus der für 1977 mitgeteilten Bilanz folgte - trotz der Auflösung nahezu aller Reserven und Ausnutzung aller Bilanzierungsmöglichkeiten ergab. Für einen Kapitalanleger war aber nicht entscheidend, wie sich die wirtschaftliche Situation A' s in der Vergangenheit, sondern wie sie sich zum Anlagezeitpunkt darstellte, wobei er aus den mitgeteilten Tatsachen ggf. selber seine Schlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu ziehen hatte. </p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Prospekt enthält auch entgegen der Auffassung der Kläger eine zeitnahe Darstellung der wirtschaftlichen Lage von A, die nicht als unvollständig zu bezeichnen ist (Bl. 19 des Projekts). Hierzu bedarf es nach herrschender Meinung keiner Fortschreibung der letzten Bilanz, hier der vom 31. Dezember 1977, es reicht vielmehr aus, dass gegenwartsnahe maßgebliche Unternehmens zahlen mitgeteilt werden. In dem Prospektabschnitt "Geschäftsentwicklung des Unternehmens im ersten Halbjahr 1978" werden von A Zahlen über Bauleistung, Auftragseingänge, den Auftragsbestand und die Investitionen 1978 genannt. Hierbei handelt es sich um die maßgeblichen Indikatoren für die Entwicklung eines Bauunternehmens. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Börsenzulassungsstelle diese Form der Darstellung nicht beanstandet hat. Im Übrigen würde eine Fortschreibung der Bilanz, da Bauleistungen vielfach zum Ende des Jahres abgerechnet werden, ein mit dem letzten Bilanzstichtag nicht vergleichbares Bild entwerfen. </p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Weiterhin trifft es auch nicht zu, dass in dem Prospekt keine notwendigen Hinweise auf Änderungen in den Bilanzierungsmethoden enthalten sind. Nach § 160 Abs. 2 Satz 4 AktG. sind im Geschäftsbericht Abweichungen des Jahresabschlusses vom letzten Abschluss dann anzugeben, wenn sie die Vergleichbarkeit mit dem letzten Jahresabschluss beeinträchtigen. Dies ist jedoch bei den Gewinnrealisierungen, bei denen eine solche Erläuterung verlangt werden könnte, nicht der Fall. Nach dem Bericht der Wirtschaftsprüfer für 1976 sind bereits im Jahre 1976 Teilgewinnrealisierungen aus langfristigen Baustellen vorgenommen worden, wie die Beklagte von den Klägern unbestritten vorträgt. Die Vergleichbarkeit der Bilanzen 1976 und 1977 ist damit gewährleistet. Im Übrigen befinden sich im Prospekt durchaus Hinweise auf Änderungen der Bilanzierungsmethoden, wie z.B. der erstmaligen Aktivierung von Grund-und Schlussreparaturen (Bl. 11 letzter Absatz des Prospekts). Eine Unvollständigkeit des Prospektes ist insoweit also auch. nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Es ist auch nicht ersichtlich, dass die von den Klägern für notwendig gehaltene Mitteilung der Verweigerung einer Liquiditätsgarantie des Großaktionärs AA der A zur kritischen Zeit im Sommer 1978 zu einer anderen Anlageentscheidung von Prospektlesern hätte führen können. Abgesehen davon, dass aus Presseveröffentlichungen bekannt war, dass sich AA nicht weiter bei A engagieren wollte, sollte diese Liquiditätsgarantie nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht zusätzlich zu den verbürgten Darlehen und der Kapitalerhöhung, sondern an deren Stelle treten. Den Anlegern konnte es jedoch gleichgültig sein, von wem A die benötigten Mittel erhielt, jedenfalls wenn es um die Frage ging, ob die Liquidität durch den Bund oder den Großaktionär verbürgt wurde. </p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Aus der Inanspruchnahme von staatlich verbürgtem Darlehen durch A musste der Anleger den Schluss ziehen, dass sich A auf andere Weise - also auch nicht von seinem Großaktionär AA-Liquidität verschaffen konnte. </p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Letztlich ist auch entgegen der Auffassung der Kläger zu verneinen, dass der Prospekt aufgrund der Mitteilung einer Vielzahl von positiven Gesichtspunkten in der Entwicklung von A insgesamt von diesem Unternehmen ein Bild entwirft, das der Wirklichkeit nicht entspricht, weil andere negative Umstände nicht mitgeteilt sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich der Prospekt an den kundigen Leser richtet. Dies ergibt sich daraus, dass nach der Zulassungsbekanntmachung die Mitteilung der Bilanz und der Gewinn­ und Verlustrechnung vorgeschrieben ist, die nur ein mit wirtschaftlichen Gegebenheiten Vertrauter zu analysieren vermag. Umgekehrt lässt deshalb die Rechtsprechung den Herausgeber eines Prospektes haften, ohne dass eine unmittelbare Ursächlichkeit zwischen dem Lesen des Prospektes durch den Anleger und dessen Anlagegeschäft besteht. Insoweit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das geschäftlich unerfahrene Publikum sich durch Sachkundige bei der Anlage beraten lässt und auch von entsprechenden Presseorganen die von dem Durchschnittsleser nicht ohne weiteres zu verstehenden Angaben ausgewertet werden. Insoweit ergibt sich die schlechte wirtschaftliche Lage der Gesellschaft unmittelbar aus der Bilanz insbesondere, dass nach Auflösung der bisherigen offenen Rücklagen keine auflösungsfähigen stillen Rücklagen mehr zur Verfügung standen, die Pensionsrückstellungen im Jahre 1977 nicht dotiert worden sind, dass auch geringwertige Wirtschaftsgüter aktiviert worden sind, dass erstmals Aufwendungen für Grund-und Schlussreparaturen in Saudi-Arabien aktiviert wurden und Änderungen der Bewertungsmethoden zu einer Ergebnisverbesserung von 7,1 Mio. DM führten. Hieraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass zum Ausgleich der Bilanz nahezu alle .noch zulässigen Methoden ausgeschöpft werden mussten. Auch daraus, dass A Landes-und Bundesbürgschaften benötigte, kann entnommen werden, dass auch die Kapitalerhöhung nur ein Versuch zur Herstellung der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit von A sein konnte. Aus alledem konnte der kundige Leser des Prospekts oder der sachverständig beratene Anleger den Schluss ziehen, dass er risikobehaftete Papiere mit spekulativem Charakter erwarb. </p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der Prospekt nicht unvollständig ist. </p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dass der Prospekt unrichtig oder unvollständig im Sinne des § 45 BörsG. ist, hätten die Kläger die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Prospekthaftung nicht schlüssig dargelegt. </p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Aus dem unstreitigen Sachverhalt und den von den Klägern behaupteten Tatsachen lässt sich nicht der Schluss ziehen, wie die Kläger meinen, es habe ein Tatplan der Beklagten bestanden, potentielle Leser des Prospekts und Wertpapierkäufer zu schädigen. Ein solcher Tatplan der Beklagten setzte zunächst voraus, dass diese Kenntnis von den behaupteten Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten des Prospektes hatten oder zumindestens mit Unrichtigkeiten und Unvollständigkeiten in dem Sinne rechnete, dass sie sie billigend in Kauf nahm, damit sie sich auf Kosten der Prospektleser und potentiellen Kapitalanleger aus dem Engagement bei der A lösen könnte. Dieses. setzte wiederum voraus, dass die Beklagte auf Grund umfassender Kenntnis der wirtschaftlichen Lage der A Kenntnis hatte, dass das Unternehmen nicht mehr sanierungsfähig war. Die Beklagte hatte zwar als Hauptkreditgeberin von A nach ihrem eigenen Zugeständnis seit Oktober 1977 Kenntnis von deren Finanz-und Ergebnisplanung, auch befand sich ein Vorstandsmitglied der Beklagten im Aufsichtsrat von A, wobei allerdings zweifelhaft erscheint, inwieweit dieser in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied gegenüber dem Unternehmen zur Verschwiegenheit verpflichtet war, so dass dessen Kenntnisse möglicherweise nicht der Beklagten zuzurechnen wären. Hiervon unabhängig lässt sich hieraus jedoch nicht der Schluss ziehen, dass die Beklagte aufgrund ihrer Kenntnisse zwingend zu dem Ergebnis kommen musste, dass </p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">das Unternehmen nicht mehr sanierungsfähig sei. </p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Es könnte allerdings offen bleiben, ob von einem Tatplan der Beklagten in dem von den Klägern dargestellten Sinne auszugehen ist, wenn der Beklagten bezüglich etwaiger Unrichtigkeiten des Prospekts wenigstens grobe Fahrlässigkeit und wegen fehlender tatsächlicher Angaben bösliches Verschweigen vorzuwerfen wäre. </p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit bedeutete das, dass die Beklagte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße verletzt haben müsste, in dem sie einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hätte. Hierbei wäre insbesondere die Frage zu prüfen, inwieweit die Beklagte bei der Prüfung des ihr von A vorgelegten Prospektentwurfs versagt hat. Denn, da der Prospektentwurf von Emittenten erstellt wird, kann es auf der einen Seite nicht ausreichen, dass die Emissionsbank lediglich die Garantie dafür übernimmt, dass die Angaben des Prospektes vom Emittenten herrühren, andererseits kann sie aber auch nicht die Garantie dafür übernehmen, dass sämtliche aus der Sphäre des Emittenten herrührenden Angaben richtig und vollständig sind. Nach Einführung der Pflichtprüfung der Aktiengesellschaften durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer im Jahre 1937 ist davon auszugehen, dass grundsätzlich der Wirtschaftsprüfer als gesetzlich bestelltes, eigenverantwortliches Prüfungsorgan das Rechnungswesen des Unternehmens zu durchleuchten hat und von seiner Ausbildung her auch dazu am besten geeignet erscheint, so dass sich die Bank 'auf dessen Prüfungsergebnis grundsätzlich verlassen kann und insbesondere nicht verpflichtet ist, die von dem Wirtschaftsprüfer für zulässig erachteten Bilanzansätze in Zweifel zu ziehen oder zu korrigieren, Die Kläger haben in dieser Beziehung nicht schlüssig dargelegt, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Beklagte eine bessere Einsicht in das Rechnungswesen der A als deren langjährige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft besaß. Soweit die Kläger Angriffe gegen das Wirtschaftsprüferunternehmen. richten, da dieses auch Firmen geprüft habe, die späterhin in Konkurs gegangen seien, lässt sich hieraus nicht der Schluss auf eine Unzuverlässigkeit des Wirtschaftsprüferunternehmens ziehen. Denn der Wirtschaftsprüfer hat grundsätzlich keinen Einfluss darauf, wie die Geschäfte der geprüften Gesellschaft geführt werden und ob diese gegebenenfalls unter bestimmten Umständen dazu gezwungen, ist, Konkurs anzumelden oder nicht. Angriffe der Kläger in dieser Richtung gegen die Wirtschaftsprüfer von A sind daher unsubstantiiert. Mögliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft lassen sich auch nicht daraus herleiten, wie die Kläger meinen, dass die Wirtschaftsprüfer in den vorangegangenen Jahren sog. Forfaitierungsgeschäfte von A mit der Beklagten und einen im Jahre 1977 vorgenommenen auf den 31 .12.1976 zurückbezogenen Verkauf von Geräten von A's an E gebilligt haben. Bei den sogenannten Forfaitierungen handelte es sich um Forderungsverkäufe der A an die Beklagte mit der Abrede, dass das wirtschaftliche Risiko der Tilgung der Forderungen bei A verblieb. Hierbei handelt es sich nicht um verbotene Geschäfte, die auch ordnungsgemäß bilanziert worden sind. Zwar wurden im wirtschaftlichen Ergebnis hierdurch Kreditlinien A' s erhöht, ohne dass dies ausdrücklich so nach außen hin als Kredit ausgewiesen wurde. Maßgeblich ist aber allein, dass diese Geschäfte wirklich gewollt waren, es sich um keine Scheingeschäfte handelte. Unabhängig von der internen Abrede des Rückkaufs der Forderung für den Fall der Nichteinlösung durch A hatten diese Geschäfte Gültigkeit mit der Folge der Risikoverteilung nach außen hin so, dass A zunächst über den Kaufpreis für die Forderung verfügen konnte und die Beklagte - dies hätte insbesondere bei einem zwischenzeitlichen Konkurs A's gegolten - das wirtschaftliche Risiko des Einzugs der Forderungen trug. Auch soweit man darin einen Verstoß gegen das Stichtagsprinzip sehen wollte, dass rückwirkend in die Bilanz 1976 Forderungen aus dem Verkauf von Geräten der A an E eingestellt worden sind, würde dies allein nicht rechtfertigen, eine derartige Unzuverlässigkeit der Wirtschaftsprüfer anzunehmen, dass hieraus folgte, dass die Beklagte sämtliche von den Wirtschaftsprüfern testierten Ansätze der Bilanz selbständig nachprüfen oder nachprüfen lassen musste, zumal sich entsprechende Erläuterungen in dem Wirtschaftsprüferbericht befanden. </p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagte aufgrund ihrer Kenntnisse Zweifel an der Werthaltigkeit der Forderungen von A, insbesondere bezüglich der AuslandsbausteIlen hatte, ist sie ihrer Prüfungsverpflichtung dadurch nachgekommen, dass sie das Gutachten H vom März 1978 in Auftrag gegeben hat. Die Beklagte konnte nicht mehr tun, als mögliche zweifelhaften Forderungen auf ihre Werthaltigkeit hin an Ort und Stelle durch einen unabhängigen Gutachter prüfen zu lassen. Wenn der Gutachter zu dem Ergebnis kam, dass eine völlige Abschreibung von Forderungen der A gegen E nicht notwendig war, sondern der verzögerlichen Zahlungsweise der Auftraggeber durch eine Abzinsung der Forderung Rechnung getragen werden könne, durfte die Beklagte dem Sachverständigen folgen, ohne dass ihr zumindest der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen ist. Dies gilt erst recht, weil auch die Wirtschaftsprüfer keinen Anlass sahen, an dem Gutachten des Sachverständigen H zu zweifeln. </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Soweit man entsprechend dem Vortrag der Kläger unterstellen wollte, dass der Prospekt unvollständig ist, d.h. wesentliche Tatsachen fehlen, könnte der Beklagten hierfür auch nicht der Vorwurf des "böslichen Verschweigens" gemacht werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit bei dem Haftungsmaßstabs "böslichen Verschweigens" weitergehende Anforderungen zu stellen sind als an den Verschuldensmaßstab "grobe Fahrlässigkeit. An etwaigen Unvollständigkeiten träfe die Beklagte noch nicht einmal grobe Fahrlässigkeit. Soweit Unvollständigkeiten aus fehlenden Angaben zur Erläuterung der Bilanz hergeleitet werden sollen, gilt hierfür das oben Gesagte, dass die Beklagte nämlich ohne grobe Fahrlässigkeit von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Bilanz einschließlich der Erläuterungen ausgehen durfte, da sie insoweit dem Testat der Wirtschaftsprüfer folgte. Soweit die Kläger meinen, der Prospekt sei deshalb unvollständig, weil kein Hinweis darauf enthalten war, dass das Unternehmen A überhaupt nicht mit den eingeleiteten Maßnahmen sanierungsfähig gewesen sei, so ist hierzu festzustellen, dass die Beklagte ohne grobe Fahrlässigkeit von der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens ausgegangen ist unabhängig von der Frage, ob A tatsächlich sanierungsfähig war. Die Beklagte konnte zum Zeitpunkt der Einleitung der Sanierungsmaßnahmen nicht wissen, dass die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen erfolglos blieben, insbesondere weil sie nicht voraussehen konnte, dass vom Wirtschaftsprüfer 1978 noch für realisierungsfähig gehaltene Forderungen 1979 in vollem Umfang abgewertet werden mussten, wodurch - wie von den Klägern substantiiert nicht bestritten - schließlich der Konkurs der A wegen Überschuldung ausgelöst wurde. Schließlich spricht auch das Engagement der Beklagten bei A, das nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten per 31.3.1979 Aktien im Nennwert von 8,904 Mio. DM (10,19 % des Grundkapitals) betrug, dagegen, dass die Beklagte bei Kapitalerhöhung grob fahrlässig davon ausging, dass A nicht sanierungsfähig sei. Auch war die Beklagte mit dem landesverbürgten Darlehen in erheblichem Umfang bei A engagiert, da die Bürgschaft nur eine Quote von 70 %des Darlehens betraf. Wenn die Beklagte von vornherein davon überzeugt gewesen wäre, dass A konkursreif sei, hätte es für die Beklagte auch näher gelegen, nachdem A 107 Mio. DM an sie zurückgeführt hatte, keine weiteren Kreditengagements bei A einzugehen, wenn sie mit deren Verlust aufgrund Konkurses des Unternehmens gerechnet hätte. Als weiteres Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass letztlich eine Haftung der Beklagten aus §§ 45, 46 BörsG. auch deshalb ausgeschlossen ist, weil die Beklagte - unterstellt der Prospekt enthielte Unrichtigkeiten oder es fehlten wesentliche Tatsachen ­ hieran kein Verschulden im Sinne grober Fahrlässigkeit bzw. böswilligen Verschweigens trifft. </p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte haftet den Klägern auch nicht aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen auf Schadensersatz. Fraglich ist bereits inwieweit andere konkurrierenden Ansprüche zu §§ 45, 46 BörsG wegen der Spezialität der Vorschriften des Börsengesetzes ausgeschlossen werden (vgl. Schwark aaO Rdn. 21, Urt. des LG Düsseldorf vom 13.2.1980 – L -). Auch wenn man jedenfalls einen Anspruch nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung dann neben §§b 45, 46 BörsG. für anwendbar hielte, indem der Anspruch darauf gestützt wird, wie dies die Kläger tun, dass durch den Schädiger die Stellung des Konkursantrags verschleppt worden ist, um die Kapitalgeber zu schädigen, würden auch hierfür die obigen Ausführungen gelten, nach denen die Beklagte jedenfalls zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung aus ihrer Sicht nicht davon ausgehen konnte, dass der Konkurs von A nicht zu verhindern war. </p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Da weitere Anspruchsgrundlagen neben der Prospekthaftung gemäß §§ 45, 46 BörsG. ersichtlich nicht anwendbar sind, war die Klage unter allen rechtlichen Gesichtspunkten abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO. </p>
|
315,917 | olgham-1980-10-23-15-w-980 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 9/80 | 1980-10-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:23 | 2019-03-27T09:41:53 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1023.15W9.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Gegenstandswert des dritten Rechtszuges beträgt 5.000 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>A.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der am 4. Oktober 1961 nichtehelich geborene Beteiligte zu 2) kam gleich nach der Geburt auf Wunsch
seiner Mutter in ein Säuglingsheim in Bünde, von wo aus er in die Familie der Beteiligten zu 1)
zum Zwecke der Adoption vermittelt wurde. Die Eheleute ... hatten bereits drei eheliche, in den Jahren
1956, 1957 und 1958 geborene Kinder, und zwar zwei Töchter und einen Sohn. Sie nahmen ... den
Beteiligten zu 2), durch notariellen Vertrag vom 19. März 1966 gemeinschaftlich an Kindes statt
an. Der Vertrag wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Lübbecke vom 1. Juli 1966 (5 VII W 462)
unter anderem vormundschaftsgerichtlich genehmigt und gerichtlich bestätigt; es handelte sich um
eine sogenannte Inkognito-Adoption.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Erziehung ... verlief nicht problemlos. Er soll aggressiv gewesen sein. Deshalb ist die
Erziehungsberatungsstelle des Kreises ... eingeschaltet worden. Im Alter von 9 Jahren hat er von
Nachbarskindern erfahren, daß er nicht das leibliche Kind der Eheleute ... ist. Auf seinen Wunsch
wurde er daraufhin in die Familie der leiblichen Mutter - Frau aus ... - gegeben, die zwischenzeitlich
geheiratet und drei weitere Kinder geboren hatte. Als sich bei einem Besuch herausstellte, daß er
dort als Außenseiter und Störenfried angesehen wurde, nahmen ihn die Eheleute ... wieder bei
sich auf. Auch in der Folgezeit gab es Spannungen, insbesondere zu Frau Im Jahre 1977 fühlten sich
die Adoptiveltern der Erziehung des Sohnes ... nicht mehr gewachsen. Sie beantragten die freiwillige
Erziehungshilfe und gaben ihn in ein Erziehungsheim in ..., nachdem er den Hauptschulabschluß erreicht
und eine Bäckerlehre aufgenommen hatte, kam ... wieder in den Haushalt seiner (Adoptiv-) Eltern. In
der Folgezeit kam es jedoch zu verstärkten Spannungen und Streitigkeiten. Dies führte
schließlich dazu, daß das Amtsgericht Bünde durch Beschluß vom 12. April 1979
(4 X M 326/79, später 4 VII M 1159) den Eheleuten ... die elterliche Gewalt über ... entzog
und das Kreisjugendamt zum Vormunde bestellte. ... kam dann in ein Wohnheim (...) in ... und wohnt
gegenwärtig im ... in ...</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Verfahren haben die Eheleute ... mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten
vom 18. Juni 1979, also noch während der Minderjährigkeit des Sohnes, beim Amtsgericht
- Vormundschaftsgericht - Bünde beantragt, das Annahmeverhältnis zu ihrem Sohn ... gemäß
§ 1763 BGB aufzuheben. Sie haben zur Begründung vorgetragen: Zwischen ihnen bestehe keine
seelische Bindung mehr. Ihr Verhältnis sei zerrüttet. Es habe sich eine wechselseitige Empfindsamkeit
und Abneigung entwickelt, die sich zu Lasten des Sohnes auswirke. Aus wichtigem Grund sei deshalb die
Aufhebung des Annahmeverhältnisses erforderlich. Das Kreisjugendamt Herford, vom Amtsgericht zu
dem Antrage gehört, hat einer Aufhebung des Annahmeverhältnisses nicht zugestimmt. Es hat
ausgeführt, daß nach seinem Eindruck ... trotz allem noch sehr an dem Elternhaus, den
Adoptiveltern und Adoptivgeschwistern, hänge. Das Kreisjugendamt hat berichtet, leibliche Mutter,
Frau ..., die heute mit ihrem Ehemanne und 6 Kindern in relativ engen Wohnverhältnissen lebe sei
nicht bereit und auch nicht geeignet, die elterliche Gewalt über den Sohn wieder zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat außerdem im Termin vom 18. September 1979 den Beteiligten zu 2) und einen
Vertreter des Kreisjugendamts ... als Vormund ... mündlich angehört. Sodann hat es durch
Beschluß vom 2. Oktober 1979 den Antrag auf Aufhebung des Annahmeverhältnisses zurückgewiesen.
Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, nach den getroffenen tatsächlichen
Feststellungen sei eine Aufhebung des Annahmeverhältnisses nicht nur zum Wohle ... nicht erforderlich,
sondern sogar gegen sein wohlverstandenes Interesse gerichtet. Außerdem lägen die Voraussetzungen
des § 1763 Abs. 3 Buchstabe a oder b BGB nicht vor; denn beide Annehmenden wollten das
Annahmeverhältnis gelöst wissen, ein leiblicher Elternteil sei nicht bereit und nicht geeignet,
die Pflege und Erziehung wieder zu übernehmen, und die beantragte Aufhebung bezwecke auch nicht, eine
erneute anderweitige Annahme des Kindes zu ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung haben die Eltern Beschwerde eingelegt. Sie haben dabei der Tatsache Rechnung
getragen, daß ... nunmehr - am 4.10.1979 - volljährig geworden ist und ihr Begehren deshalb
nunmehr auf § 1771 Satz 1 BGB gestützt. Unter Hinweis auf den Aufsatz von Bosch "Die
gescheiterte Adoption" (FamRZ 1978, 656 ff) halten sie diese Vorschrift für analog anwendbar.
Außerdem vertreten sie die Auffassung, daß es für die Aufhebung des Annahmeverhältnisses
genügen müsse, wenn die Annehmenden den Aufhebungsantrag stellten. Sie meinen, ein wichtiger Grund
für die Aufhebung des Annahmeverhältnisses liege vor.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 12. November 1979 hat das Landgericht die Beschwerde als unbegründet
zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Eheleute ... mit ihrer weiteren Beschwerde vom 18. Dezember
1979. Der Beteiligte zu 2) hat sich zu dem Rechtsmittel nicht geäußert.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>B.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde ergibt sich aus §§ 27, 29 FGG. Ein Beschwerderecht
steht den Beschwerdeführern schon deswegen zu, weil ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg; denn die angefochtene Entscheidung beruht
nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, § 27 FGG. Das Landgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen,
daß das Begehren der Eheleute ... nach Aufhebung der Adoption im Gesetz keine Stütze findet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">(1.)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer nach §§ 19, 20, 57
Abs. 1 Nr. 9 FGG zulässigen, unbefristeten Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen (vgl. dazu
Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl. - künftig: KKW - § 56 FGG, Rdn. 23;
Bumiller Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 3. Aufl., § 56 Bem. 7 b; BayObLG FamRZ 1980, 498, 499
unter B 2).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">(2.)</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sachlich hatte es zu prüfen, ob das Aufhebungsbegehren der Eheleute ... nach dem Gesetz begründet
ist oder nicht. Insoweit liegt zwar eine Veränderung der tatsächlichen Umstände deswegen vor,
weil nach Erlaß der erstinstanzlichen Entscheidung und vor Einlegung der Erstbeschwerde die
Volljährigkeit erreicht hat. Darin ist aber keine im Beschwerdeverfahren unzulässige Änderung
des Verfahrensgegenstandes zu sehen; denn das Begehren der Beteiligten zu 1) blieb nach wie vor auf die
Aufhebung des Annahmeverhältnisses gerichtet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">(3.)</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Soweit es sich um das erstinstanzliche, vom Beschwerdegericht zu prüfende Verfahren handelt, ist das
Amtsgericht den ihm nach § 56 f FGG obliegenden Verpflichtungen teilweise nicht gerecht geworden: es hat
die Eheleute ... in die mündliche Erörterung der Sache nicht einbezogen und auch keinen Verfahrenspfleger
nach Abs. 2 der genannten Vorschrift für den damals noch minderjährigen ... bestellt. Wenn die
landgerichtliche Beschwerdeentscheidung auf diese Verfahrensmängel nicht eingeht, so begegnet das keinen
rechtlichen Bedenken; maßgebend ist allein, daß das Landgericht als letzte Tatsacheninstanz auf Grund
einer nicht zu beanstandenden verfahrensmäßigen Sachbehandlung zu einer rechtlich bedenkenfreien
Sachentscheidung gelangt ist, wie noch ausgeführt werden wird.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">(4. a)</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Bedenkenfrei ist das Landgericht - ohne dies ausdrücklich zu erörtern - davon ausgegangen, daß
sich die Aufhebbarkeit des zwischen den Eheleuten ... und ... seinerzeit durch Vertrag geschlossenen
Kindesannahmeverhältnisses nunmehr nach dem am 1. Januar 1977 in Kraft getretenen neuen Adoptionsrecht,
nämlich nach dem Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften, vom
2. Juli 1976 (BGBl. I S. 1749, künftig: AdoptG) bestimmt. Das folgt aus den Übergangsvorschriften
des Gesetzes. Nach Art. 12 § 2 Abs. 1 waren auf das Annahmeverhältnis, sofern der nach den bisher
geltenden Vorschriften an Kindes Statt Angenommene im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes minderjährig
war, bis zum 31. Dezember 1977 die bisher geltenden Vorschriften über die Annahme an Kindes Statt
anzuwenden. Nach Ablauf dieser Frist werden, wie Abs. 2 der Vorschrift bestimmt, auf das Annahmeverhältnis
die Vorschriften dieses Gesetzes über die Annahme Minderjähriger angewandt. Das gilt nicht, wenn ein
Annehmender, das Kind, ein leiblicher Elternteil eines ehelichen Kindes oder die Mutter eines nichtehelichen
Kindes erklärt, daß die Vorschriften dieses Gesetzes über die Annahme Minderjähriger nicht
angewandt werden sollen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle ist der Angenommene, ..., erst nach dem 31.12.1977, also nach Ablauf der
Übergangsfrist, - am 4. Oktober 1979 - volljährig geworden. Eine Erklärung gemäß Art.
12 § 2 Abs. 2 Satz 2 AdoptG, welche die Anwendbarkeit der Vorschriften des neuen Rechts über die
Adoption Minderjähriger (sogenannte "Volladoption") ausschließen sollte, ist nicht
abgegeben worden. Diese Tatsache kann, auch wenn das Landgericht sie nicht ausdrücklich festgestellt
hat, vom Senat zugrundegelegt werden. Dafür spricht in hohem Maße schon, daß die anwaltlich
vertretenen Eheleute ... die Abgabe der besagten Erklärung selbst nicht vorgetragen haben, obwohl das
für ihr Begehren günstig gewesen wäre und ihnen - abgesehen von ihrer eigenen Erklärungsbefugnis -
auch eine von einem sonstigen Berechtigten abgegebene Erklärung von dem zur Entgegennahme zuständigen
Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg gemäß Art. 12 § 2 Abs. 4 AdoptG
bekanntgegeben worden wäre. Im übrigen hat aber das Amtsgericht Schöneberg dem Senat
auf Anfrage auch ausdrücklich bestätigt, daß - innerhalb der längst verstrichenen
Frist - keine Erklärung nach Art. 12 § 2 Abs. 2 S. 2 AdoptG abgegeben worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Sind somit auf das Annahmeverhältnis seit dem 1. Januar 1978 die Vorschriften des neuen Adoptionsrechts
anzuwenden, so folgt daraus zunächst, daß eine Aufhebung nur noch durch gerichtliche Entscheidung,
nicht mehr durch Vertrag, wie nach früherem Recht, vorgenommenen werden kann. Davon sind die
Antragsteller und die Vorinstanzen auch zutreffend ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In der weiteren Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht die grundsätzlich unterschiedliche
Neuregelung der Annahme Minderjähriger einerseits und Volljähriger andererseits, sowohl
nach Voraussetzungen und Wirkungen als auch hinsichtlich der Aufhebungsmöglichkeiten, dargestellt.
Sodann ist ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><i>Keine besondere Regelung habe das Gesetz vorgesehen für die zu einem Minderjährigen
begründete Annahme, wenn die Aufhebung des Annahmeverhältnisses begehrt werde, nachdem der
Angenommene volljährig geworden sei. Sicherlich nicht mehr anwendbar sei in diesem Fall die Vorschrift
des § 1763 BGB. Sie sei eine Ausnahmevorschrift, die lediglich im Interesse eines Minderjährigen
bis zur Erreichung der Volljährigkeit angewendet werden dürfe, wenn Maßnahmen nach §
1666 BGB etwa nicht mehr ausreichen sollten. § 1760 könne - in Verbindung mit § 1771 S. 2
BGB - hier außer Betracht bleiben, weil die Voraussetzungen bereits in tatsächlicher Hinsicht
nicht vorlägen. Denkbar erscheine im vorliegenden Falle allein die Anwendbarkeit des § 1771
Satz 1 BGB - Aufhebung auf Antrag aus wichtigem Grund. Es sei allerdings nur an eine analoge Anwendung
zu denken, weil die Eltern den Sohn nicht als Volljährigen, sondern als Minderjährigen angenommen
hätten. Das setze aber voraus, daß eine regelungsfähige und regelungsbedürftige
Lücke im Gesetz bestehe, der Gesetzgeber also nicht bewußt die Aufhebbarkeit eines zu einem
Minderjährigen begründeten Annahmeverhältnisses nach Eintritt der Volljährigkeit
habe ausschließen wollen. Diese Möglichkeit ananloger Anwendung des § 1771 BGB werde hier
von den Antragstellern unter Berufung auf den Aufsatz von Bosch "Die gescheiterte Adoption"
(FamRZ 1978, 656 ff) geltend gemacht. Dem könne die Kammer jedoch nicht folgen, weil Wortlaut und
Systematik des Gesetzes diese Analogie ausschlössen. Nach dem Regierungsentwurf vom 07.01.1975
- Bundestagsdrucksache 7-3061 - habe durch die Änderung der Adoptionsvorschriften die Annahme
von Minderjährigen gegenüber dem früheren Rechtszustand mit stärkeren Wirkungen
ausgestattet werden sollen. Nach den Grundsätzen der Volladoption sollte nicht nur ein dem Eltern-
und Kindesverhältnis "entsprechendes" Familienband, sondern ohne Einschränkungen ein
Eltern-Kind-Verhältnis hergestellt werden. Das durch die Annahme begründete Eltern-Kind-Verhältnis
habe dem auf Geburt beruhenden gleichgestellt werden sollen. Dieser Gedanke habe seinen Niederschlag in
der gesetzlichen Neuregelung des Adoptionsrechtes gefunden. Nach § 1741 Abs. 1 BGB sei bei
Minderjährigen die Annahme als Kind nur zulässig, wenn sie dem Wohle des Kindes diene und zu
erwarten sei, daß zwischen dem Annahmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehe.
Die §§ 1754 bis 1758 regelten die rechtlichen Wirkungen der Annahme dahingehend, daß kein
Unterschied zwischen dem angenommenen und dem leiblichen Kind bestehe. Das Kind erhalte mit dem Ausspruch
der Adoption kraft Gesetzes die Stellung als eheliches Kind des Annehmenden. Damit werde ein umfassendes
gesetzliches Verwandschaftsverhältnis zu dem Annehmenden selbst und zu diesen Verwandten hergestellt.
Das Kind werde in der neuen Familie unterhaltsberechtigt und - verpflichtet. Es beerbe seine neuen Eltern
und deren Verwandte nach den allgemeinen Regeln und werde nach den gleichen Regeln von ihnen beerbt. Das
Kind erhalte als Geburtsnamen den Familiennamen der Eltern und deren Staatsangehörigkeit. Auf der
anderen Seite bringe die Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge
zu den bisherigen Verwandten und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten zum Erlöschen.
Das Kind werde nach der gesetzlichen Neuregelung also völlig aus seinen alten Familienbanden
gelöst und in die neue Familie eingebettet. Es sei folgerichtig, wenn der Gesetzgeber bei dieser
Sachlage die Aufhebung des neubegründeten Familienverbandes - abgesehen von dem Fall fehlender
Willenserklärungen - nur gemäß § 1763 Abs. 1 BGB und nur zum Schutz des Minderjährigen
zulasse und dies auch nur dann, wenn nach § 1763 Abs. 3 die Versorgung und die Vertretung des Kindes durch
den Ehegatten des Annehmenden, einen leiblichen Elternteil oder durch einen neuen Annehmenden gesichert sei,
das Kind also nicht entwurzelt werden könne. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes bestehe diese
Aufhebungsmöglichkeit als Ausnahme nur während der Minderjährigkeit des Kindes zu seinem
Schütze, danach nicht mehr, weil ein Volljähriger dieses Schutzes nicht mehr bedürfe. Nach
Eintritt der Volljährigkeit könne das zu einem Minderjährigen begründete
Annahmeverhältnis nicht mehr aufgehoben werden. Das sei auch folgerichtig, wenn das angenommene Kind
dem eheliche Kind gleichgestellt sein solle. Auf § 1771 S. 1 BGB dürfe deshalb weder in direkter
noch in analoger Anwendung zurückgegriffen werden. Wie bereits erwähnt, biete diese Vorschrift
die Möglichkeit, das zu einem Volljährigen begründete Annahmeverhältnis aufzuheben. Wenn
das Gesetz hier eine erleichterte Aufhebung vorsähe, so sei dies ebenfalls konsequent. Denn das zu
einem Volljährigen begründete Annahmeverhältnis habe nicht die gleichen starken Wirkungen
wie die Minderjährigenannahme. Nach § 1770 BGB seien die Wirkungen der Volljährigennahme
auf die unmittelbar Betroffenen beschränkt. Insbesondere erstrecke sich die Annahme nicht auf die
Verwandten des Annehmenden. Würden mehrere Volljährige von derselben Person angenommen, so seien
sie auch nicht miteinander verwandt. Der Angenommene werde nicht verwandt und nicht verschwägert mit
den Verwandten und Verschwägerten der Adoptiveltern. Es trete auch keine Schwägerschaft ein zwischen
dem Ehegatten des Adoptierten und den Adoptiveltern. Die aus der Abstammung herrührenden
Verwandschaftsverhältnisse des Angenommenen würden durch die Annahme grundsätzlich nicht
berührt. Desgleichen blieben grundsätzlich die gegenseitigen Unterhaltspflichten insoweit bestehen.
Dies zeige, daß die Minderjährigen- und die Volljährigenannahme in Voraussetzungen und
Auswirkungen verschieden seien. Deshalb könne auf § 1771 S. 1 BGB auch in analoger Anwendung kein
Aufhebungsbegehren gestützt werden, wenn ein minderjährig Angenommener volljährig geworden
sei. Dies ergeb sich im übrigen auch eindeutig aus dem Gesetz: Wenn - beim Vorliegen besonderer
Voraussetzungen - nach § 1772 BGB bestimmt werde, daß die Volljährigenannahme die Wirkungen
der Minderjährigenannahme haben solle, so sei nach § 1772 S. 2 BGB die Aufhebungsmöglichkeit
des § 1771 S. 1 BGB nicht gegeben. Auch hier werde das Bestreben des Gesetzgebers deutlich, die durch
die Annahme begründeten starken Familienbande in ihrem Bestände zu sichern und zu erhalten.
Nach Auffassung der Kammer könne deshalb § 1771 S. 1 BGB das Begehren der Eheleute ... aus
Rechtsgründen nicht rechtfertigen. Der von Bosch in seinem erwähnten Aufsatz (a.a.O.) vertretenen
Meinung, die Unauflöslichkeit der Minderjährigenannahme nach Eintritt der Volljährigkeit
des Angenommenen sei eine kaum vorstellbare Lösung des Rechtsproblems, habe die Kammer nicht folgen
können. Wie dargelegt, bestünden dafür vielmehr beachtliche Gründe. Die von Bosch
allgemein zu § 1771 Satz 1 BGB vorgetragenen Überlegungen rechtfertigten bei der
Minderjährigenadoption kein anderes Ergebnis. Die Kammer sei nicht der Auffassung, der Gesetzgeber
habe nicht berücksichtigt, daß die Annahme eines Minderjährigen eines Tages notwendigerweise
zu einem Adoptionsverhältnis zwischen Volljährigen führen werde. Vielmehr ergebe sich
aus dem Regierungsentwurf ..., dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik das Gegenteil. Liege
demnach keine auslegungsfähige Lücke vor, so sei auch kein Platz für eine analoge Anwendung
des § 1771 S. 1 BGB. Es möge zwar überdenkenswert sein, bei vollständig gescheiterten
Adoptionen jedenfalls auf übereinstimmenden Antrag aller volljährigen Beteiligten eines
zu einem Minderjährigen begründeten Annahmeverhältnisses die Aufhebung aus wichtigem
Grunde zuzulassen. Dies sei jedoch ein rechtspolitisches, auf Gesetzesänderung abzielendes Problem.
Die Kammer sei an das derzeit gültige Recht gebunden und habe dieses Recht anzuwenden.</i></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">d)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Diese Erwägungen des Landgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen; der Senat stimmt ihnen in vollem
Umfange zu.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">aa)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Richtig ist zunächst die Auffassung, daß § 1763 BGB nach seinem eindeutigen Wortlaut und Sinn
nicht mehr zur Anwendung kommen kann, wenn der Angenommene - wie hier - die Volljährigkeit erreicht hat.
Diese Ansicht wird auch, soweit ersichtlich, einhellig vertreten (vgl. z.B. Palandt/Diederichsen ..., BGB, 39.
Aufl., § 1763 Anm. 1; MünchKomm-Lüderitz, § 1763, Rdn. 11; Bosch, a.a.O., S. 663; Roth-Stielow,
Adoptionsgesetz und Adoptionsvermittlungsgesetz, § 1763 BGB Anm. 1). Das gilt auch dann, wenn der Angenommene
bei Abschluß der ersten Instanz im Aufhebungsverfahren noch minderjährig, war danach aber volljährig
geworden ist; denn die Rechtsanwendung beurteilt sich nach der Sachlage bei Erlaß der letzten
Tatsachenentscheidung (vgl. MünchKomm-Lüderitz a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">bb)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Unangefochten und ohne Rechtsfehler hat das Landgericht weiterhin festgestellt, daß die Voraussetzungen
einer Aufhebung des Annahmeverhältnisses nach § 1760 BGB (grobe Verfahrens- oder Willensmängel
beim Zustandekommen der Annahme) i.V.m. § 1771 S. 2 BGB in tatsächlicher Hinsicht hier nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">cc)</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Senat teilt darüber hinaus die Auffassung des Beschwerdegerichts, daß das neue Adoptionsrecht
keine regelungsbedürftige Lücke aufweist, die eine entsprechende Anwendung des § 1771 S. 1 BGB
zu rechtfertigen vermöchte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Allerdings gehen die neuen Vorschriften auf den Fall, daß ein im Minderjährigenalter Angenommener
volljährig geworden ist, im Hinblick auf Aufhebungsmöglichkeiten überhaupt nicht ein. Daraus
läßt sich aber noch keine Regelungslücke entnehmen. Vielmehr zeigt die Entstehungsgeschichte
des Adoptionsgesetzes vom 2.7.1976 mit genügender Deutlichkeit, daß in der bezeichneten
Fallgestaltung ein wichtiger Grund in Verbindung mit den übereinstimmenden Anträgen des
Annehmenden und des Angenommenen (§ 1771 S. 1 BGB) zur Aufhebung des Annahmeverhältnisses
gerade nicht ausreichend sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">So heißt es in der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 7/3061) im
Anschluß an die Abschnitte "Neuregelung der Aufhebung", "Aufhebung wegen Mängeln
fiel der Begründung" und "Aufhebung zum Wohl des Kindes" unter der Überschrift
"Keine Aufhebung im Interesse der Annehmenden" u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><i>"Die Entscheidung der Eltern für ein grundsätzlich unauflösliches Eltern-Kind-Verhältnis
soll vom Ernst und Verantwortungsgefühl bei der Annahme eines Kindes bestimmt sein. Jeder Überlegung,
das angenommene Kind sei nicht das eigene Kind, soll der Boden entzogen werden. Diese Meinung hat die
Bundesregierung schon für die nur mit beschränkten Wirkungen ausgestattete Annahme an Kindes
Statt des geltenden Rechts vertreten (BT-Drucksache III/530, S. 23). Sie ist für ein Annahmeverhältnis,
in dem das Kind dem leiblichen ehelichen Kind gleichgestellt wird, noch mehr begründet."</i></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Entwurf fährt sodann mit dem Abschnitt "Keine erleichterte Aufhebung nach Volljährigkeit
des Kindes" fort:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><i>"Die Annahme als Kind dient nicht nur der Erziehung und Betreuung des Minderjährigen. Vielmehr
soll das angenommene Kind auf Dauer, also auch nachdem es volljährig geworden ist, der neuen Familie
zugeordnet bleiben. Der Zweck der Annahme ist also nicht dann erfüllt, wenn das Kind nicht mehr
erziehungsbedürftig ist. Die Familienbindung und die Zugehörigkeit zu einem Familienverband hat
auch für den Erwachsenen eine erhebliche Bedeutung. Das geltende Recht kennt auch bei einem auf Geburt
beruhenden Eltern-Kind-Verhältnis keine Einschränkung, nachdem das Kind volljährig geworden
ist. Der Entwurf sieht deshalb keine vertragliche oder sonst erleichterte Möglichkeit der Aufhebung des
Annahmeverhältnisses vor, wenn der Angenommene volljährig geworden ist."</i></p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Schließlich hat der Rechtsausschuß des Bundestages in seiner Stellungnahme (BT-Drucksache 7/5087,
Seite 21 ff) zu der empfohlenen Fassung des neuen § 1772 BGB u.a. ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><i>"Für die Aufhebung von Annahmeverhältnissen Volljähriger mit den Wirkungen der
Volladoption soll dagegen ebenso wie bei angenommenen Minderjährigen nach Erreichen der Volljährigkeit
nur noch eine Aufhebung wegen Willensmängeln bei Begründung des Annahmeverhältnissen in Betracht
kommen. Dem dienen die angefügten Sätze 2 und 3, die inhaltlich und in der Formulierung § 1771
Satz 2 und 3 entsprechen. Eine Aufhebung auf gemeinsamen Antrag des Annehmenden und des Angenommenen wie nach
§ 1771 Satz 1 erscheint bei Gleichstellung der Wirkungen der Annahme mit denen der Annahme eines
Minderjährigen nicht gerechtfertigt. Würde diese Möglichkeit der Aufhebung für die
Fälle eröffnet, in denen ein Volljähriger mit den Wirkungen der Volladoption angenommen wird,
so müßte sie auch dann zugelassen werden, wenn ein als Minderjähriger Angenommener volljährig
geworden ist. Dies ist jedoch mit den Grundsätzen der Volladoption nicht zu vereinbaren."</i></p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Diese Gesetzesmaterialien zeigen nach Auffassung des Senats unmißverständlich, daß der
Gesetzgeber eine Aufhebung des Annahmeverhältnissen nach den Regeln des § 1771 Satz 1 BGB (aus
wichtigem Grunde bei beiderseits gestellten Anträgen) als mit den Grundsätzen einer Volladoption
unvereinbar angesehen hat, einerlei, ob es sich um die Annahme eines Minderjährigen (nach neuen Recht)
oder am die mit den gleichen Wirkungen ausgestattete Annahme eines Volljährigen (§ 1772 Satz 1 BGB)
handelt; diese beiden Fällen sind insoweit einander völlig gleichgestellt worden, was insbesondere
aus der oben zuletzt wiedergegebenen Stellungnahme des Rechtsausschusses (Bericht und Entwurf vom 27.4.1976)
hervorgeht. Es erscheint deshalb auch nicht zutreffend, wenn die mit den Wirkungen der Volladoption ausgestattete
Volljährigenadoption im Schrifttum teilweise als "Super-Adoption" (so Bosch, a.a.O. Seite 660
oben) oder als "das Maximum an Stabilität im Gesamtvergleich aller Annahmeverhältnisse"
(so Gernhuber, Familienrecht, 3. Aufl., § 63 III 3) charakterisiert wird. Richtig ist zwar, daß der
Gesetzgeber den Ausschluß der Aufhebungsmöglichkeit aus § 1771 Satz 1 BGB nur im Rahmen der
Volljährigenadoption durch Satz 2 der genannten Bestimmung <u>ausdrücklich</u> normiert hat. Aber
die gewollte Gleichstellung dieses Falles mit demjenigen, daß ein als Minderjähriger Angenommener
inzwischen die Volljährigkeit erreicht hat, findet auch im Gesetz ihren erkennbaren Niederschlag. Sie
ergibt sich aus dem Zusammenhang der verschiedenen Aufhebungsvorschriften und vor allem daraus, daß §
1771 Satz 1 BGB ausdrücklich auf das zu einem Volljährigen "begründete" - nicht etwa
"bestehende" - Annahmeverhältnis abstellt. Dementsprechend bezeichnet auch Lüderitz (in
MünchKomm § 1772 BGB, Rdn. 7) die Regelung des § 1772 Satz 2 BGB als "folgerichtig, da eine
Minderjährigenadoption auch nur während der Minderjährigkeit nach § 1763 aufgehoben werden
kann" ansonsten eben nur nach § 1760, der nach § 1771 Satz 2 BGB in gleicher Weise,
sinngemäß, für die Volljährigenadoption gilt. Soweit Lüderitz für den Fall der
Geschwisteradoption nach § 1772 Satz 1 Buchstabe a bei nachträglicher Aufhebung des Annahmeverhältnisses
zu den noch <u>minderjährigen</u> Geschwistern auch die Auflösbarkeit der Volljährigenadoption
als notwendig und zulässig ansieht, bedarf es zu dieser Rechtsansicht hier keiner Stellungnahme, weil
keine Geschwisteradoption vorliegt. Auch wenn man der genannten Meinung folgt, sind die Besonderheiten eines
solchen Ausnahmefalles nicht geeignet, die Bewertung der grundsätzlichen gesetzlichen Regelung in Frage
zu stellen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Darüber, ob diese gesetzliche Regelung <u>rechtspolitisch</u> zu begrüßen oder abzulehnen
ist, gehen allerdings die Meinungen auseinander. Eine Reihe von Autoren vertreten den Standpunkt, das zu einem
Volljährigen <u>bestehende</u> Annahmeverhältnis müsse - unabhängig vom Zeitpunkt seiner
Begründung - stets aus wichtigem Grunde aufhebbar sein. Zur Begründung wird vor allem angeführt:
Bei einer "katastrophal fehlgeschlagenen" Adoption erscheine ein "Notventil unumgänglich",
eine Härteklausel erforderlich, die in extremen Situationen eine Aufhebung auch im Interesse der
Adoptiveltern erlaube; außerdem entspreche es einem Grundprinzip unserer Rechtsordnung, daß
juristisch geschaffene Dauerrechtsverhältnisse nicht nur im Einverständnis aller Hauptbeteiligten,
sondern aus wichtigem Grunde - wenngleich oft höchst ausnahmsweise - vorzeitig müßten beendet
werden können, und schließlich sei die rigorose Beschränkung der Aufhebungsmöglichkeiten
geeignet, viele Adoptionswillige von ihrem "gefährlichen Vorhaben" abzuschrecken und damit ein
bewährtes Rechtsinstitut "in Verruf zu bringen" (in diesem Sinne insbesondere, in zeitlicher
Folge: Heinisch, Zur Beendigung und Nichtigkeit von Adoptionen im künftigen Recht, FamRZ 1959, 135;
Stöcker, Bemerkungen zu drei Streitpunkten der Reform des Adoptionsrechts, FamRZ 1974, 568 ff.; Engler,
Der Entwurf eines Gesetzes über die Annahme als Kind, FamRZ 1975, 125 ff., <u>137</u> unter C III 3
- andeutungsweise -; Behn, Die Aufhebung des Adoptionsverhältnisses nach dem neuen Recht: zugleich zu
den Übergangsvorschriften des neuen Adoptionsgesetzes, ZblJugR 1977, 463 ff., <u>484</u> zu Fall (4);
Bosch, a.a.O., S. 663 u. 665).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber machen andere geltend: Da die Volladoption ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis
darstelle, dürfe sie prinzipiell überhaupt nicht aufhebbar sein. Die Dauerhaftigkeit sei insbesondere
deshalb notwendig, weil den leiblichen Verwandten, zu denen die Rechtsbeziehungen durch die Volladoption
zerschnitten wurden, nicht nach Jahren oder gar Jahrzehnten eine Verwandtschaftsbeziehung wieder aufgedrängt
werden könne. Es gehe auch nicht an, daß jemand durch den Wegfall jeglichen Eltern-Kind-Verhältnisses
zum "Niemandskind" werde. Wolle man die "Vollwertigkeit" der durch die Annahme hergestellten
Eltern-Kind-Beziehung nicht beseitigen, so könne man den Adoptiveltern das Schicksal schwerer körperlicher
oder geistiger Erkrankungen oder auch krimineller, gegen die Eltern gerichteter Verfehlungen des Kindes ebensowenig
abnehmen, wie dies bei leiblichen Eltern möglich sei. Dem Einwand, bei solcher Rigorosität einer
gesetzlichen Regelung werde sich mancher Annahmewillige nicht zur Adoption entschließen, müsse
gegebenenfalls dadurch begegnet werden, daß den Adoptiveltern in Notsituationen <u>erst recht</u>
öffentliche Hilfe zuteil werde (in diesem Sinne insbesondere: Stellungnahme der Evangelischen Akademikerschaft
in Deutschland und des Katholischen Akademikerverbandes zur Neuordnung des Adoptionsrechts, FamRZ 1974, 170 ff.;
teilweise auch Lüderitz in MünchKom, § 1759 BGB, Rdn. 5; Gernhuber, a.a.O., § 62 XI 3 am Ende
und XII 5; weitere Nachweise bei Stöcker, a.a.O., S. 569 m. Fußnote 10).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Diese rechtspolitische Problematik der Aufhebungsmöglichkeiten für eine Volladoption war bei den
Gesetzgebungsarbeiten zum neuen Adoptionsgesetz bekannt. In der erwähnten, im November 1974 erschienenen
Abhandlung Stöckers heißt es (a.a.O., S. 569) u.a.: "Es gibt starke Strömungen, die unter
dem Eindruck der Volladoptionsmystik dahin tendieren, jede Aufhebung des Adoptionsverhältnisses de lege
ferenda möglichst ganz auszuschließen, weil es bei leiblichen Kindern auch keine Möglichkeit
gibt, die bestehenden verwandtschaftlichen Beziehungen durch Gerichtsakt zur Auflösung zu bringen ..."
Von diesen Strömungen, nicht von der Gegenansicht, hat sich der Gesetzgeber offenbar im wesentlichen
leiten lassen, wie die oben auszugsweise wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zeigen. Er hat dabei auch nicht -
wie Bosch (a.a.O., S. 663) meint - unberücksichtigt gelassen, daß die "Annahme
Minderjähriger" eines Tages naturnotwendig in ein Adoptionsverhältnis zwischen Volljährigen
übergehen wird, nämlich sobald der Angenommene 18 Jahre alt geworden ist. Diesem Umstand vielmehr
kommt auf dem Boden des neuen Adoptionsrechts überhaupt keine rechtliche Bedeutung zu, weil allein die
Qualifikation des Annahmeverhältnisses durch starke oder schwache Wirkungen - unabhängig vom Alter
des Angenommenen im Zeitpunkt der Annahme - entscheidend sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Bei allem rechtspolitischen Meinungsstreit kann für die gerichtliche Fallentscheidung, wie auch das
Landgericht im angefochtenen Beschluß zutreffend ausgesprochen hat, nur die bestehende gegenwärtige
Rechtslage maßgebend sein. Danach ermöglicht § 1771 S. 1 BGB die Aufhebung des zu einem
Minderjährigen begründeten Annahmeverhältnisses, das nach neuem Recht als Volladoption mit
starken Wirkungen zu behandeln ist, nach Eintritt der Volljährigkeit des Angenommenen grundsätzlich
nicht.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Ansicht, daß diese Vorschrift, weil sie sich als zu wenig durchdacht und korrekturbedürftig
erweise, vom Richter einer sinnvollen Deutung selbst unter Korrektur ihres Wortlauts im Sinne einer "ratio
legis perfectae" zu unterziehen sei (so Bosch, a.a.O. S. 665, namentlich in der Hinsicht, daß eine
Aufhebung der Adoption aus wichtigem Grunde nach § 1771 S. 1 BGB entgegen dem Gesetzeswortlaut und einer
daran orientierten Entscheidung des Bay ObLG - FamRZ 1978, 736 (ebenso neuerdings OLG Köln, NJW 1980, 63)
- auch auf einseitigen Antrag der Annehmenden, ohne Antrag des Angenommenen, zulässig sein müsse)
vermag sich der Senat ebenfalls nicht anzuschließen. Denn in der hier entscheidenden Rechtsfrage sprechen
gewichtige, oben wiedergegebene Gründe für die neue gesetzliche Regelung, so daß diese keineswegs
als sinnwidrig und dringend korrekturbedürftig angesehen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">e)</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Im Gegensatz zum Rechtsstandpunkt des Senats hat allerdings das Bayerische Oberste Landesgericht in einer
Entscheidung (FamRZ 1978, 944 = Bay ObLGZ 1978, 258) - ohne nähere Begründung - die Ansicht vertreten,
§ 1771 S. 1 BGB sei auch dann anzuwenden, wenn der Angenommene bei der Vornahme der Adoption minderjährig
war, inzwischen aber volljährig geworden ist. Daß dies allgemein, nicht nur für die besondere
Gestaltung des entschiedenen Falles, ausgesprochen werden sollte, scheint aus dem ersten Leitsatz und den
Gründen der Entscheidung zu II 3 hervorzugehen, die insoweit keine Einschränkung enthalten.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Falls diese Annahme zutrifft, ist der beschließende Senat gleichwohl nicht wegen seiner abweichenden
Ansicht zur Vorlage dieser Sache an den Bundesgerichtshof nach § 28 Abs. 2 FGG genötigt. Denn die
Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts beruht nicht auf seiner erwähnten Rechtsauffassung.
Zur Entscheidung stand dort, wie aus der Wiedergabe des Sachverhalts eindeutig hervorgeht, allein die Frage,
ob ein am 2. November 1977 geschlossener <u>Vertrag</u> über die Aufhebung der Adoption des am 29.
März 1977 volljährig gewordenen Adoptivsohnes noch in Anwendung alten Rechts gerichtlich bestätigt
werden konnte; der Angenommene war im Zeitpunkt der Adoption nach altem Recht minderjährig gewesen, und
seine Adoptiveltern hatten am 23./26. März 1977 form- und fristgerecht eine Erklärung nach Artikel
12 § 2 Abs. 2 u. 3 AdoptG abgegeben, daß die Vorschriften dieses Gesetzes über die Annahme
Minderjähriger nicht angewandt werden sollten. Bei dieser Sachlage hat das Bayerische Oberste Landesgericht
- in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen - den gestellten Bestätigungsantrag mit Recht als
unzulässig angesehen. Das ergab sich schon daraus, daß die Voraussetzungen der in Artikel 12 §
5 S. 1 AdoptG normierten Regelung über die Bestätigung eines nach altem Recht abgeschlossenen Vertrages
nicht erfüllt waren. Ob es daneben einer Heranziehung des § 1771 S. 1 BGB überhaupt bedurft
hätte - allenfalls etwa, um die Ablösung der vertraglichen Aufhebungsmöglichkeit durch das
Dekretsystem darzutun -, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die Anwendbarkeit des § 1771 S. 1 BGB
für den entschiedenen konkreten Fall deswegen - nach Auffassung des hier beschließenden Senats <u>nur</u>
deswegen - zutreffend bejaht worden, weil gemäß Artikel 12 § 3 Abs. 1 AdoptG wegen der besagten
Erklärung der Adoptiveltern auf das Annahmeverhältnis ab 1.1.1978 die Vorschriften des neuen Rechts
über die Annahme Volljähriger Anwendung zu finden hatten. Es liegt auf der Hand, daß für
diejenigen Übergangsfälle, die das Adoptionsgesetz dem neuen Recht über die Annahme Volljähriger
unterstellt, bei Anwendung des § 1771 S. 1 BGB nicht auf die "Begründung" sondern auf das
"Bestehen" des Annahmeverhältnisses abgestellt werden muß. Denn während nach neuem
Recht das besonders ausgestaltete Annahmeverhältnis zu einem Volljährigen eben nur mit einem bereits
Volljährigen <u>begründet</u> werden kann, ist das gleiche in den hier erörterten Ubergangsfallen
naturnotwendig ausgeschlossen. Deshalb läßt sich übrigens aus derartigen Ubergangsfallen auch
nichts für die vom Senat abweichende Gegenansicht der erwähnten Autoren herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung des BayObLG (a.a.O.) enthält somit keine Aussage über die im vorliegenden
Falle zu beurteilende Rechtsfrage, ob eine Aufhebung des zu einem Minderjährigen begründeten
Annahmeverhältnisses nach § 1771 S. 1 BGB möglich ist, wenn der Angenommene nach dem 31.12.1977
volljährig geworden, keine Erklärung nach Artikel 12 § 2 Abs. 2 S. 2 u. Abs. 3 AdoptG abgegeben
worden ist und das Annahmeverhältnis deshalb gemäß Abs. 2 S. 1 der genannten Bestimmung den
neuen Vorschriften über die Annahme Minderjähriger untersteht. Soweit in dem dort entschiedenen Falle
die Beteiligten in der Urkunde über den Aufhebungsvertrag vorsorglich für den Fall, daß eine
gerichtliche Bestätigung des Vertrages nicht möglich sei ..., erklärt hatten, ihr Begehren
möge in einen Antrag auf Aufhebung des Annahmeverhältnisses aus wichtigem Grunde nach § 1771 BGB
n.F. umgedeutet werden, ist dieser Hilfsantrag weder im Rechtsbeschwerdeverfahren, noch in den Vorinstanzen
Gegenstand der Entscheidung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">f)</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Zur Prüfung der Frage, ob unter bestimmten Umständen ausnahmsweise doch die Aufhebung eines dem
Recht der Volladoption unterstehenden Annahmeverhältnisses nach Eintritt der Volljährigkeit des
Angenommenen in (entsprechender) Anwendung des § 1771 S. 1 BGB zugelassen werden kann (vgl. dazu etwa
das von Lüderitz angeführte, oben erwähnte Beispiel nach § 1772 S. 1 Buchstabe a BGB vgl.
ferner den vom OLG Köln, a.a.O., entschiedenen Fall), gibt der vorliegende Sachverhalt keine Veranlassung.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach alledem ohne Rechtsfehler angenommen, daß dem Aufhebungsbegehren der Eheleute
Minning schon aus Rechtsgründen, wie ausgeführt, nicht stattgegeben werden konnte. Deshalb stellt
es auch keinen Verfahrensmangel dar, wenn die Beschwerdekammer von einer Erörterung der Sache mit den
Beteiligten gemäß § 56 f FGG abgesehen hat.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">g)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht brauchte schließlich bei dieser Sach- und Rechtslage auch nicht darauf einzugehen,
daß im vorliegenden Falle nur die Eheleute M. als die Annehmenden die Aufhebung des Annahmeverhältnisses
beantragt haben, während nach § 1771 S. 1 BGB daneben ein Antrag des Angenommenen unerläßlich
ist (so mit Recht Bay ObLG, FamRZ 1978, 736 und OLG Köln, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Da die angefochtene Beschwerdeentscheidung auch sonst nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht,
mußte die weitere Beschwerde zurückgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">h)</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Zu einer Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG bestand aus tatsächlichen Gründen
keine Veranlassung.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 131 Abs. 2 i.V.m. § 30 KostO.</p>
|
315,918 | lg-dortmund-1980-10-23-17-s-16380 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 17 S 163/80 | 1980-10-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:24 | 2019-03-27T09:41:53 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1980:1023.17S163.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Kläger gegen das Urteil</p>
<p>des Amtsgerichts Dortmund vom 28. April 1980</p>
<p>wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind Grundstücksnachbarn.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In Jahre 1971 setzte der Kläger auf seinem Grundstück eine</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">ca. 13 m lange, 2 m hohe Mauer entlang der Grundstücks-</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">grenze zum Beklagten in einem Abstand von einigen Zentimetern</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">zur Grenze. Auf den Lageplan (Bl. 4 der Akten) wird Bezug</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">genommen,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien herrscht seit Jahren Streit</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">um nachbarliche Rechte und Pflichten, insbesondere wegen</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">dieser Mauer. In dem Verfahren 7 O 80/74 verlange der </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Kläger unter anderem vom Beklagten, zu dulden, daß das</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Grundstück des Beklagten zum Zwecke der Durchführung von</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Putzarbeiten an der Mauer von dem Kläger betreten werde.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Parteien schlossen in diesen Verfahren am 17.2.1977</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">folgenden Vergleich bezüglich der Mauer:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">"Der Beklagte ist damit einverstanden, daß der</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Kläger durch eine solvente Anstreicherfirma die </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">zum Grundstück des Beklagten gelegene Wand der</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Grenzmauer im hinteren Teil des Grundstücks mit</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">einer nicht pflanzenschädIichen Wetterschutzfarbe</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">in weiß anstreichen läßt."</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nahm seine Rechte aus diesem Vergleich nicht</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">wahr, so daß die Wand, die aus grauen Hohlblocksteinen </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">errichtet wurde, zum Grundstück des Beklagten hin noch</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">nicht gestrichen worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 5.2.1980 wies der Beklagte den KIäger</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">auf diesen Sachverhalt hin und erklärte:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">"Bis heute haben Sie in dieser Richtung nichts</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">getan. Damit ich nicht unendlich auf Ihre häßliche</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wand sehen muß, gebe ich Ihnen nunmehr acht Wochen</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zeit, diese , ach, so notwendigen Arbeiten zu er-</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">ledigen. Wenn bis dahin Ihre Mauer nicht entsprechend</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">bearbeitet worden ist, setze ich eine Verblendung von</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">wenigen Zentimetern davor."</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Kläger Unterlassungsklage erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Im Termin vom 28 .4.1980 hat der Beklagte erklärt, er</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">wolle zur Verblendung der Mauer einen Holzflechtzaun </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">errichten, in einem solchen Abstand von der Mauer,</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">daß Laub usw. durch den Zwischenraum entfernt werden</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">könne und die Mauer ausreichend belüftet werde.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Auffassung, die Verblendung der</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Mauer sei rechtswidrig. Der Beklagte müsse einen größeren</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Abstand wahren, damit das Hammerschlag-und Leiterrecht</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">des Klägers nicht erschwert und verteuert werde.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Er ist weiter der Auffassung, es handele sich bei der</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Mauer um eine Grenzwand im Sinne von § 19 Nachbarrechts-</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">gesetz NRW. Der Beklagte sei daher verpflichtet, den Zwischen-</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">raum so zu schließen, daß Schäden im Bereich des Zwischenraums </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">vermieden würden.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">die östliche Seite der auf dem Grundstück der Kläger</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">von Norden nach Süden verlaufenden Grenzwert zwischen</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">den Grundstücken der Parteien mit einer Verblendung</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">zu versehen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">2. Den Beklagten zu verurteilen, für den Fall der</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Anbringung einer Zierverblendung auf seinem eigenen</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Grundstück in einem geringen Abstand vor der vorhan-</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">denen Mauer auf dem Grundstück der Kläger den ent-</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">standenen Zwischenraum so zu schließen, daß Schäden</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">im Bereich des Zwischenraumes insbesondere durch Ge-</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">bäudebewegungen und Witterungseinflüsse an der zuerst</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">errichteten baulichen Anlage der Kläger vermieden werde .</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Er vertritt die Auffassung, die Mauer sei nicht eine</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Grenzwand sondern eine Einfriedungsmauer.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">hat es ausgeführt,, ein Unterlassungsanspruch gemäß</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">§ 104 Abs. 1 Satz 2 BGB hinsichtlich des Klageantrags zu</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">1. stehe dem Kläger nicht zu. Der Klageantrag zu 2. sei</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">nicht begründet, weil die Mauer keine Grenzwand im Sinne</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">des § 19 Nachbarrechtsgesetz NRW sei.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">trägt der Kläger zum Antrag zu 1. erneut vor, sein</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Hammerschlag und Leiterrecht werde durch die Verblendung</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">beeinträchtigt. Bezüglich des Antrages zu 2. wiederholt</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">er seine Auffassung, es handele sich bei der Mauer um</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">eine Grenzwand.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach den</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">gestellten Anträgen zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet,</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage bezüglich des</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Antrages zu 1. abgewiesen, denn dem Kläger steht ein Unter-</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">lassungsanspruch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der vorbeugenden Unterlassungsklage</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind nicht gegeben. Durch</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">die bevorstehende Errichtung eines Flechtzaunes wird ein</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Recht des Klägers nicht verletzt. Das Eigentum des Klägers</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">an der Mauer wird nicht unmittelbar beeinträchtigt, denn</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">der Beklagte wird die Verblendung nicht an der Mauer selbst</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">anbringen.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann den Unterlassungsanspruch auch nicht aus</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">einem etwa bestehenden Hammerschlag- und Leiterrecht gemäß</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">§24 Nachbarrechtsgesetz von Nordrhein-Westfalen herleiten.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">§24 gibt die Befugnis, das Grundstück des Nachbarn zu be-</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">treten, um an der eigenen baulichen Anlaqe Bau-, Instand-</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">setzungs- und Verschönerungsarbeiten vorzunehmen bzw. vor-</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">nehmen zu lassen sowie die Befugnis, auf den Nachbargrund-</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">stück Leitern und Gerüste aufzustellen und Materialien zu</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">lagern. Das Hammerschlag- und Leiterrecht besteht jedoch</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">nur, soweit die tatsächlichen Verhältnisse seine Ausübung</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">zulassen. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch darauf, daß</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">der Beklagte eine Möglichkeit, das besagte Recht auszuüben,</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">nicht durch die Anbringung eines Flechtzaunes beeinträchtigt</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">oder vereitelt. (vgl. Schäfer Kommentar zum Nachbarrechts-</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">gesetz von Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage, 1978, Seite 91 ).</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat der Kläger schon nicht substantiiert vor-</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">getragen, daß die Mauer irgendeiner Pflege bedarf, für die</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">er sich auf das Hammerschlag- und Leiterrecht berufen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Vielmehr trägt er selbst vor, daß die Mauer im Rohzustand</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">praktisch und rentabel sei.</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch auch nicht wegen</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">einer bevorstehenden Verletzung nachbarrechtlicher Vor-</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">schriften über die Einhaltung von Grenzabständen zu.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Der Flechtzaun ist eine Anlage, die nicht fest mit dem</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Grundstück verbunden und nicht über 2 m hoch ist.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">(vql. Schäfer, a.a.O., Seite 109: Gerüst als "Anlage" ;</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Zimmermann-Steinke, Kommentar zum Nachbarrechtsgesetz</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">von Nordrhein-Westfalen, 1969,, Seite 132: Holzgerüst</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">als "Anlage") . Ihr Abstand zum Nachbargrundstück richtet</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">sich nach § 31 Nachbarrechtsgesetz von Nordrhein-Westfalen.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Zwar ist gemäß § 31 Abs. 1 ein Mindestabstand von</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">0,50 m einzuhalten. In vorliegenden Fall gilt jedoch die</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Ausnahmevorschrift des § 31 Abs. 2 b aa, denn der Flecht-</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">zaun wird die Mauer nicht überragen. Die Einhaltung eines</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Abstandes ist hier nicht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war insoweit unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Schließung des</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Zwischenraumes nicht zu, denn die Mauer ist- wie das</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat- keine Grenz-</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">wand im Sinne des § 19 Nachbarrechtsgesetz von Nordrhein-</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Westfalen, so daß die Voraussetzungen für einen Anspruch</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">nach § 22 fehlen.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Die Grenzwand dient, ebenso wie die Nachbarwand, dem</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Abschluß einer baulichen Anlage. Das ergibt sich bereits</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">aus dem Wortlaut. Die Verbindung zur baulichen Anlage</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">wird sowohl in der Definition der Nachbarwand in § 7</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">als auch in § 20 bezüglich der Grenzwand hergestellt.</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Das die Grenzwand sich lediglich dadurch von der Nach-</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">barwand unterscheidet, daß sie ganz auf dem Grundstück</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">des Erbauers unmittelbar an der Nachbargrenze errichtet</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">wird, ist im Schrifttum anerkannt (vgl. Schäfer, a.a.0. Seite 77) . </p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Da die Mauer entlang der Grundstücksgrenze des Klägers nicht </p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">dem Abschluß einer baulichen Anlage dient, sind die Vorschriften </p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">über die Grenzwand nicht anwendbar.</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO</p>
|
315,919 | olgham-1980-10-15-15-w-13180 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 131/80 | 1980-10-15T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:25 | 2019-03-27T09:41:52 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1015.15W131.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Gegenstandswert des 3. Rechtszuges beträgt 20.000,-- DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In dem eingangs bezeichneten Verein - im folgenden "der Verein" genannt - haben sich Masseure, Gymnasten und Inhaber von Badebetrieben zusammengeschlossen. Die §§ 1 Abs. 2 und 8 der Satzung des Vereins bestimmen mit folgendem Wortlaut den Vereinszweck:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">" § 1</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">...</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Er (der Verein) besteht in rechtsfähiger Form und hat den Zweck, die Abrechnungen der ihm angehörenden Mitglieder mit den Sozialversicherungsträgern durchzuführen. Der Zweck des Vereins ist nicht auf Gewinnerzielung gerichtet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">§ 8</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Verein übernimmt die Abrechnung seiner Mitglieder mit Krankenkassen und führt den sich daraus ergebenden Schriftverkehr. Die Kosten des Vereins werden durch Beiträge aufgebracht. Der Beitrag errechnet sich nach einem von-Hundert-Satz vom monatlichen Umsatz für die einzelnen Mitglieder. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">..."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mittlerweile hat der Verein bei der Kreissparkasse einen Kredit aufgenommen, mit welchem die von den Mitgliedern zwecks Abrechnung mit den Sozialversicherungsträgern eingereichten Rechnungen 100 %-ig bevorschußt werden. Der Verein erhebt von seinen Mitgliedern Beiträge, welche er mit 0,65 % vom jeweiligen Rechnungsbetrag angibt und welche nach seinem Vorbringen ausgesetzt werden, soweit sie zur Kostendeckung nicht mehr erforderlich sind. Daneben wird ein weiterer Betrag von 0,7 % bis zur Höhe eines Betrages erhoben, der dem durchschnittlichen Monatsbetrag des vergangenen Abrechnungszeitraums entspricht. Diese Beträge werden nach dem Vorbringen des Vereins zur Vorfinanzierung der Rechnungen angespart.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Registergericht (Rechtspfleger) hat die Auffassung vertreten, der Zweck des Vereins sei auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, weil er wirtschaftliche Funktionen seiner Mitglieder im Rechtsverkehr mit Dritten wahrnehme; es hat daher durch Verfügung vom 10. Januar 1980 die Löschung der Eintragung des Vereins im Vereinsregister gemäß §§ 159, 142 Abs. 2 FGG angekündigt. Der Verein hat hiergegen mit der Begründung Widerspruch eingelegt, er sei nicht nach Außen im Rechtsverkehr tätig, sondern führe lediglich im Interesse der Krankenkassen und seiner Mitglieder die Abrechnung der Forderungen seiner Mitglieder gegenüber den Krankenkassen durch, ohne daß diese hierfür eine Gegenleistung erbrächten. Aufwendungen des Vereins würden lediglich durch die Beitragszahlungen der Mitglieder gedeckt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht - Rechtspfleger - hat mit Beschluß vom 8. Februar 1980 den Widerspruch zurückgewiesen. Gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 10. Februar 1980 zugestellten Beschluß hat der Verein mit am 12. Februar 1980 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag sofortige Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht - Richter - hat dieser nicht abgeholfen und sie gemäß § 11 Abs. 2 RPflG dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Landgericht hat über das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde entschieden und diese durch den angefochtenen Beschluß vom 8. Februar 1980 zurückgewiesen. Gegen diesen, den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten am 27. Juni 1980 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte mit Schriftsatz vom 4. Juli 1980, bei Gericht eingegangen am 7. Juli 1980, sofortige weitere Beschwerde eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft; insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt, §§ 27, 29 i.V.m. 159, 141 Abs. 3, 142 Abs. 2 u. 3 FGG. Die Beschwerdebefugnis des Vereins folgt bereits aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde (Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwilige Gerichtsbarkeit, 11. Aufl., FGG § 27 Rdnr. 10).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In der Sache erweist sich das zulässige Rechtsmittel als unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 27 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht lag eine zulässige sofortige Erstbeschwerde vor, §§ 159, 141 Abs. 3, 142 Abs. 2 u. 3 FGG. Hierüber hat es in der Sache zutreffend entschieden, wobei durchgreifende Verfahrensfehler in beiden Vorinstanzen nicht ersichtlich sind.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht vertritt in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht - Registergericht - die Auffassung, daß der Verein durch die Abrechnung der Honorarforderungen seiner Mitglieder gegenüber den Krankenkassen unmittelbar wirtschaftliche Zwecke seiner Mitglieder verfolge. Diese Auffassung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Nach allgemeiner Auffassung verfolgt ein Verein in der Regel dann wirtschaftliche Zwecke im Sinne des § 22 BGB, welche seine Eintragung in das Vereinsregister nach § 21 BGB ausschließen, wenn er nach der Art eines Unternehmers planmäßig eine auf den Abschluß von Umsatzgeschäften gerichtete, insbesondere anbietende Tätigkeit am Markt ausüben will, und zwar mit der Absicht der unmittelbaren Erzielung vermögenswerter Vorteile für sich oder für seine Mitglieder (KG, OLGZ 1979, 279, 280; Sauter/Schweyer, Vereinsrecht, 10. Aufl., S.29; Münchener Kommentar (Reuter), BGB, §§ 21, 22, Rdnr. 17). Wie insbesondere das Kammergericht in der genannten Entscheidung eingehend dargelegt hat, ist indessen die Erzielung von Gewinn oder Entgelt nicht erforderlich, wenn es der Zweck des Vereins ist, mit einem kaufmännisch organisierten Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmungen der Mitglieder auszuführen. In einem solchen Fall kommt es nur darauf an, ob die Unternehmungen der Mitglieder unter Einbeziehung von Hilfsgeschäften, also insgesamt auf die Erzielung von wirtschaftlichen Vorteilen ausgerichtet sind. Während das Reichsgericht verlangt hatte, daß die Tätigkeit des Vereins entgeltlich sein müsse (RGZ 83, 231 ff; 154, 343, 354) ist der BGH in der in BGHZ 45, 395 ff abgedruckten Entscheidung von diesem Merkmal ausdrücklich abgerückt und zu ausgeführt, daß der Leistungsaustausch, also die Entgeltlichkeit der abzuschließenden Rechtsgeschäfte, kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal sei, wenn der Verein nur einen besonders organisierten Teilbetrieb der gewerblichen Betriebe der Mitglieder bilde. Wenn nämlich ein solcher Verein für Leistungen, die er Dritten erbringe, selbst keine Gegenleistung verlange, könne als selbstverständlich angenommen werden, daß sich die unkostenverursachenden, geldwerten Leistungen des Nebenbetriebs als Berechnungsfaktor in den Preisen niederschlügen, die die gewerblichen Unternehmer, die den Verein trügen, für ihre eigenen Leistungen verlangten. Deshalb könne es für die Eintragungsfähigkeit auch nicht entscheidend sein, ob sich die Teilnahme des Vereins am Rechtsverkehr in dieser Weise oder durch echten Leistungsaustausch vollziehe. Das Interesse des Rechtsverkehrs verlange in beiden Fällen in gleicher Weise den Gläubigerschutz, der durch eine einfache Eintragung gemäß § 21 BGB nicht gesichert sei. Bei einem Verein, der mit einem kaufmännischen Betrieb Hilfsgeschäfte für die gewerblichen Unternehmen der Mitglieder ausführe, müsse es deshalb genügen, daß der Verein überhaupt mit der Ausführung der Hilfsgeschäfte dauernd und planmäßig in rechtsgeschäftlich-verbindlicher Weise zu Dritten in Rechtsbeziehungen trete. Sei das der Fall, dann sei ein "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" im Sinne der §§ 21, 22 BGB auch dann anzunehmen, wenn es sich um keine entgeltlichen Rechtsgeschäfte handele (BGHZ 45, 395, 398).</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In Anlehnung an diese Grundsätze hat das Kammergericht (a.a.O.) ausgeführt, der dort zu beurteilende Verein - ebenfalls eine "Abrechnungsstelle für xxx e.V." – sei zwar nicht der ausgegliederte Teil eines als Erwerbsunternehmen anzusehenden kaufmännischen Unternehmens, da seine Mitglieder weder ein Gewerbe im Sinne des Gewerberechts ausübten noch ihre Tätigkeit insgesamt mit der eines kaufmännischen Unternehmens vergleichbar sei. Hierauf komme es jedoch, nicht an, da auch die Ausübung der Heilfürsorge mit gewissen kaufmännischen Tätigkeiten verbunden sei, soweit es um die Einziehung und Beitreibung der Honoraransprüche gehe. Diese Tätigkeiten würden aus der Berufstätigkeit ausgegliedert mit der Folge, daß der sie ausübende Verein in Wahrnehmung der Rechte aller Mitglieder in erheblichem Umfang auf kaufmännische: Gebiet tätig werde. Allein hierauf komme es an. Der Unterschied zu dem vom BGH (a.a.O.) entschiedenen Fall bestehe lediglich darin, daß dort der Verein die eigentliche Erwerbstätigkeit vorbereitende Hilfsgeschäfte ausübe, während es hier um die Sicherstellung der Ergebnisse einer ausgeübten Berufstätigkeit gehe. Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an. Ein wesentlicher Unterschied zu den privatärztlichen Verrechnungsstellen, welche jedenfalls nach neuerer Auffassung ebenfalls wirtschaftliche Zwecke verfolgen (LG Hagen Rechtspfleger 1959, 34; Reichert/Dannecker/Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 2. Aufl., Rdnr. 75; Stöber, Vereinsrecht, 3. Aufl., § 3 Rdnr. 28 S. 33; Soergel/Schultze-v. Lasaulx, BGB, 11. Aufl., § 21, Rdnr. 17, 20), ist nicht ersichtlich. Die sofortige weitere Beschwerde sucht einen solchen Unterschied daraus herzuleiten, daß der Verein sich - von der Abrechnung mit den Sozialversicherungsträgern abgesehen - nicht mit der Einziehung von Forderungen befasse. Dies begründet jedoch gegenüber den privatärztlichen Verrechnungsstellen keinen rechtserheblichen Unterschied weil auch die Krankenkassen "Dritter" im Sinne der obigen Darlegungen sind. Mit Recht ist deshalb das Kammergericht, dem ebenfalls eine Satzung vorlag, wonach nur mit den Krankenkassen abzurechnen war, auf diese Unterscheidung nicht eingegangen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Während bei dem vom Kammergericht (a.a.O.) entschiedenen Fall nach der Satzung immerhin noch andere - möglicherweise nicht wirtschaftliche - Zwecke verfolgt werden konnten, ist nach der vorliegend zu beurteilenden Satzung die Abrechnung mit den Krankenkassen alleiniger Zweck des Vereins. Die Frage der Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit des Vereins (dazu Soergel/Schultze-v. Lasaulx, a.a.O., Rdnr. 17, 20) stellt sich deshalb nicht. Mit Recht hat das Landgericht den Vereinszweck dahin beurteilt, daß es sich der Sache nach um die Auslagerung der auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit der Vereinsmitglieder auf einen Hilfsbetrieb handele. Hieraus ergibt sich der wirtschaftliche Zweck des Vereins (BGH a.a.O.; KG a.a.O.; Soergel/Schultze-v. Lasaulx, a.a.O. Rdnr. 31; Reichert/Dannecker/Kühr, a.a.O., Rdnr. 70; kritisch Münchener Kommentar (Reuter), a.a.O., Rdnr. 18).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht erkannt, daß das Registergericht in Ansehung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs des Vereins nicht verpflichtet gewesen wäre, nach §§ 159, 142 FGG ein Verfahren zur Löschung des Vereins im Vereinsregister einzuleiten. Durch das Wort "kann" in § 142 Abs. 1 FGG wird dem Registergericht nämlich keine unbedingte Pflicht auferlegt, sondern nur eine Befugnis eingeräumt, von der es nach seinem pflichtgemäßen Ermessen Gebrauch zu machen hat (Senatsbeschluß vom 25. September 1978, 15 W 297/78; BayObLG, Rpfleger 1978, 249, 250; Jansen, FGG, 2. Aufl., RdNr. 10 zu § 142 FGG; Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., Rz. 19 zu § 142 FGG). Die Löschung ist daher regelmäßig nur veranlaßt, wenn das Fortbestehen der Eintragung Schädigungen Berechtigter zur Folge hätte oder dem öffentlichen Interesse an der Vollständigkeit und der Richtigkeit des Vereinsregisters widerspräche. Dieser Rechtslage ist sich das Landgericht bewußt gewesen. Es hat ausgeführt, die Löschung des Vereins im Vereinsregister sei angezeigt, weil durch dessen wirtschaftliche Betätigung, deren Umfang weder in seiner jetzigen Form und noch weniger in seiner möglichen künftigen Ausweitung übersehen werden könne, eine Gefährdung Dritter nicht auszuschließen sei. Zu berücksichtigen sei ferner, daß die in der Form eines rechtsfähigen Vereins betriebenen Abrechnungsstellen der vorliegenden Art, die häufig vorkämen, im Interesse der Rechtssicherheit und gleichmäßigen rechtlichen Behandlung regelmäßig nur in der Form eines handelsrechtlichen Vereins, etwa einer Genossenschaft, Rechtsfähigkeit erlangen sollten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese Erwägungen zeigen, daß das Landgericht von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und dies auch nicht in rechtlich fehlerhafter, Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufender Weise getan hat. Ebensowenig zeigt die sofortige weitere Beschwerde auf, daß es bei der Ermessensausübung von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustandekommenden Feststellungen ausgegangen sei oder wesentliche Umstände unerörtert gelassen habe (Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., FGG § 27 Rdnr. 27)., Dem Senat ist eine Nachprüfung der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit der Entscheidung verwehrt; er kann auch nicht die eigene Ermessensausübung anstelle der Ermessensausübung durch das Landgericht setzen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach alldem war die sofortige weitere Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein Ausspruch über die Erstattung außergerichtlicher Kosten war nicht geboten, da dem Verein kein anderer erstattungsberechtigter Beteiligter gegenübersteht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.</p>
|
315,920 | olgham-1980-10-02-15-w-11780 | {
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 117/80 | 1980-10-02T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:27 | 2019-03-27T09:41:52 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:1002.15W117.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf DM 25.000,- festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) ist eingetragene Eigentümerin eines 69,81/1000 Miteigentumsanteil an dem eingangs bezeichneten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. ... des Aufteilungsplans. Am gleichen Grundstück gehört ihr ferner ein 3,46/1000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an der Garage Nr. ... des Aufteilungsplanes.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit notariellem Vertrag vom 22. August 1978 vor dem Notar ... - Nr. ... der Urkundenrolle für 1978 - verkaufte die Beteiligte zu 1) ihre oben genannten Miteigentumsanteile an die Beteiligten zu 2) und 3), wobei das Eigentum auf diese zu je 1/2 übergehen sollte. Bei Vertragsschluß trat die Beteiligte zu 2) als Geschäftsführerin für die Beteiligte zu 1) (Verkäuferin) auf, während sie als Erwerberin durch ihren Ehemann, den Beteiligten zu 3) vertreten wurde. Diese hatte ihm in der gleichen notariellen Urkunde Vollmacht zum Vertragsschluß erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) hat ausweislich der Handelsregisterakten HR B. AG Bielefeld mehrere Gesellschafter, darunter die Beteiligte zu 2). Sie wird derzeit durch die Beteiligte zu 2) als alleinige Geschäftsführerin vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 24. Januar 1980 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten u.a., den Eigentumswechsel in das Grundbuch einzutragen. Durch Zwischenverfügung vom 14. Januar 1980 erhob der Rechtspfleger Bedenken, da nicht festgestellt werden könne, daß die Veräußerin berechtigt sei, zugleich auf der Erwerberseite aufzutreten; es werde daher gebeten, binnen eines Monats die Genehmigung der übrigen Mitgesellschafter der Beteiligten zu 1) einzureichen. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 3) Erinnerung eingelegt, welcher Rechtspfleger und Richter nicht abgeholfen haben. Das Landgericht hat über die Erinnerung als Beschwerde entschieden und diese mit Beschluß vom 16. April 1980 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 19. Juni 1980, mit welcher sie beantragt, die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, von seinen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrages abzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die statthafte und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist auch im übrigen zulässig (§§ 78, 80 GBO). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) bis 3) ergibt sich schon daraus, daß ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 11. Aufl., § 27 PGG Rdn. 10).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) gegen die Verfügung des Grundbuchrechtspflegers vom 14. Januar 1980 für zulässig erachtet. Diese Verfügung stellt sich als Zwischenverfügung nach § 18 GBO dar. Sie ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, weil sie die drei wesentlichen Erfordernisse einer Zwischenverfügung enthält, nämlich Angabe des der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses, Bezeichnung eines Mittels zur Beseitigung des Hindernisses sowie Setzung einer Frist hierzu (vgl. Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, 2. Aufl., GBO § 18 Rdn. 53 bis 55).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch inhaltlich erweist sich die Zwischenverfügung als gerechtfertigt. Wie das Landgericht zutreffend darlegt, kann die beantragte Eintragung gemäß § 20 GBO nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung erklärt und nachgewiesen ist. Vorliegend fehlt es indessen am Nachweis einer wirksamen Auflassung. Die in dem notariellen Vertrag enthaltene Auflassung ist nämlich unter Verstoß gegen § 181 BGB erklärt und deshalb bis zur Genehmigung durch die vertretenen Gesellschafter der Beteiligten zu 1) schwebend unwirksam. Wie sich aus den beigezogenen Handelsregisterakten ergibt und von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt wird, ist der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB nicht erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob ein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegt, ist vom Landgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend bejaht worden. Daß diese Vorschrift auf den Geschäftsführer der GmbH zumindest entsprechend anwendbar ist, ist unzweifelhaft (BGHZ 33, 189; 56, 97, 101; BGH, WM 1967, 1164; für unmittelbare Anwendung Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 181 Rdn. 19). Ob insoweit unmittelbare oder entsprechende Anwendung geboten ist, ist ohne Bedeutung; auch die nur entsprechende Anwendung würde jedenfalls zur vollen Anwendung der Grundsätze des § 181 BGB führen, falls die Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zweifelhaft ist indessen, ob die hier zu beurteilende Rechtslage der des § 181 BGB entspricht, so daß diese Bestimmung insoweit unmittelbar anzuwenden ist, oder ob auch insoweit nur eine entsprechende Anwendung geboten ist. Das Landgericht will in erster Linie § 181 BGB unmittelbar anwenden und erwägt hierzu, daß aufgrund der Wirkung des, § 164 Abs. 1 BGB, wonach die Wirkung des Rechtsgeschäfts in der Person des Vertretenen eintritt, der - seinerseits vertretene - Vertreter (Beteiligte zu 2)) ersichtlich am Geschäft beteiligt bleibe und deshalb ein direkter Fall des § 181 BGB vorliege; der Vertreter schließe nämlich entgegen dieser Bestimmung mit sich in eigenem Namen ab.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Diese Betrachtungsweise hebt auf die materiellen Wirkungen des Rechtsgeschäfts ab, während vielfach die Auffassung vertreten wird, daß § 181 BGB an die Art des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts anknüpfe, seine Rechtsfolgen also nur einträten, wenn Identität betreffend der die Vertragserklärungen abgebenden Personen bestehe (dazu Münchner Kommentar (Thiele), BGB § 181 Rdn. 23, 24; Soergel/Leptien, BGB, 11. Aufl., Rdn. 20; Harder, AcP 170, 295, 296). Solche Identität besteht nun vorliegend weder bei den Personen, für welche das Rechtsgeschäft materielle Wirksamkeit erlangt, nämlich der Beteiligten zu 1) einerseits und den Beteiligten zu 2) und 3) andererseits; sie besteht auch nicht in der nach der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts (hierzu kritisch BGHZ 64, 72, 76) für maßgeblich erachteten formellen Hinsicht, nämlich in Bezug auf die Personen, welche als Vertreter Erklärungen abgegeben haben, nämlich der Beteiligten zu 2) (für die Beteiligte zu 1)) und dem Beteiligten zu 3) (für die Beteiligte zu 2)). Obwohl also weder in materieller noch in formeller Hinsicht Identität besteht, ist dem Landgericht zuzugeben, daß hier insoweit ein Fall des § 181 BGB vorliegt, als ein Vertreter (Beteiligte zu 2)) mit sich ein Rechtsgeschäft abschließt, wobei er sich zwar vertreten läßt, die Wirkungen jedoch in seinem eigenen Namen eintreten. Spricht hiernach viel für eine unmittelbare Anwendung des § 181 BGB (hierfür Soergel/Leptien a.a.O. Rdn. 29; BGB-RGRK (Steffen) 12. Aufl., § 181 Rdn. 12; i.E. wohl auch Flume, BGB, AT II, Seite 817), so ist hier jedenfalls die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift geboten (hierfür Münchner Kommentar (Thiele), a.a.O. Rdn. 10; Harder, a.a.O., 302). Wie insbesondere Flume a.a.O. (818/819) darlegt, darf § 181 BGB nicht nur auf die Art des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts bezogen werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, für wen das Rechtsgeschäft Wirkung entfaltet. Diese Betrachtungsweise entspricht dem Zweck des § 181 BGB, wie ihn der BGH in der in BGHZ 64, 72, 76 f. abgedruckten Entscheidung näher erläutert hat. Ob eine entsprechende Anwendung des § 181 BGB auch dann geboten wäre, wenn die Beteiligte zu 2) als Vertreterin der Beteiligten zu 1) auf dieser Seite des Geschäfts einen Untervertreter bestellt hätte und dieser mit ihr als Erwerberin abgeschlossen hätte, bedarf hier keiner Entscheidung (abgelehnt in RGZ 108, 405; 157, 24, 31; dazu kritisch BGH a.a.O.; abl. Münchner Kommentar a.a.O., Rdn. 10; Soergel/Leptien, a.a.O., Rdn. 28; Flume a.a.O. Seite 818; Harder, a.a.O. Seite 302, welche auch für diesen Fall analoge Anwendung des § 181 BGB verlangen; dies nur bei Umgehungsabsicht: BGB-RGRK (Steffen), 12. Aufl., Rdn. 12). Jedenfalls für den vorliegenden, von der Rechtsprechung noch nicht entschiedenen Fall nimmt das Schrifttum zumindest mittelbare Anwendung der Grundsätze des § 181 BGB an, soweit nicht, sogar eine unmittelbare Anwendung bejaht wird. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal sie in Einklang mit den vom BGH (BGHZ 64, 42, 76 f.) aufgezeigten Grundsätzen zur zweckbezogenen Auslegung des § 181 BGB steht. In diesem Zusammenhang ist auch auf die typische Weisungsabhängigkeit des (Vertreter)-Vertreters (Beteiligter zu 3)) hinzuweisen, welche die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des auf der anderen Seite vertretenen Geschäftsherrn (Beteiligte zu 1)) mit sich bringen kann (BGH a.a.O.; BGHZ 56, 97, 101).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Folglich bleibt es bei der Beurteilung, daß die unter Verstoß gegen § 181 BGB erklärte Auflassung bis, zur Genehmigung durch die übrigen Gesellschafter schwebend unwirksam ist, so daß die angefochtene Zwischenverfügung zu Recht ergangen und die weitere Beschwerde mithin als unbegründet zurückzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht geboten, da den unterlegenen Beteiligten zu 1) bis 3) kein weiterer Beteiligter gegenübersteht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 131, 30 KostO.</p>
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<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf DM 25.000,- festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) ist eingetragene Eigentümerin eines 69,81/1000 Miteigentumsanteil an dem eingangs bezeichneten Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. ... des Aufteilungsplans. Am gleichen Grundstück gehört ihr ferner ein 3,46/1000 Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an der Garage Nr. ... des Aufteilungsplanes.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit notariellem Vertrag vom 22. August 1978 vor dem Notar ... - Nr. ... der Urkundenrolle für 1978 - verkaufte die Beteiligte zu 1) ihre oben genannten Miteigentumsanteile an die Beteiligten zu 2) und 3), wobei das Eigentum auf diese zu je 1/2 übergehen sollte. Bei Vertragsschluß trat die Beteiligte zu 2) als Geschäftsführerin für die Beteiligte zu 1) (Verkäuferin) auf, während sie als Erwerberin durch ihren Ehemann, den Beteiligten zu 3) vertreten wurde. Diese hatte ihm in der gleichen notariellen Urkunde Vollmacht zum Vertragsschluß erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1) hat ausweislich der Handelsregisterakten HR B. AG Bielefeld mehrere Gesellschafter, darunter die Beteiligte zu 2). Sie wird derzeit durch die Beteiligte zu 2) als alleinige Geschäftsführerin vertreten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 24. Januar 1980 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten u.a., den Eigentumswechsel in das Grundbuch einzutragen. Durch Zwischenverfügung vom 14. Januar 1980 erhob der Rechtspfleger Bedenken, da nicht festgestellt werden könne, daß die Veräußerin berechtigt sei, zugleich auf der Erwerberseite aufzutreten; es werde daher gebeten, binnen eines Monats die Genehmigung der übrigen Mitgesellschafter der Beteiligten zu 1) einzureichen. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) bis 3) Erinnerung eingelegt, welcher Rechtspfleger und Richter nicht abgeholfen haben. Das Landgericht hat über die Erinnerung als Beschwerde entschieden und diese mit Beschluß vom 16. April 1980 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 19. Juni 1980, mit welcher sie beantragt, die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben und das Amtsgericht anzuweisen, von seinen Bedenken gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrages abzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die statthafte und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist auch im übrigen zulässig (§§ 78, 80 GBO). Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) bis 3) ergibt sich schon daraus, daß ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist (Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 11. Aufl., § 27 PGG Rdn. 10).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet, da die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zutreffend hat das Landgericht die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) gegen die Verfügung des Grundbuchrechtspflegers vom 14. Januar 1980 für zulässig erachtet. Diese Verfügung stellt sich als Zwischenverfügung nach § 18 GBO dar. Sie ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, weil sie die drei wesentlichen Erfordernisse einer Zwischenverfügung enthält, nämlich Angabe des der Eintragung entgegenstehenden Hindernisses, Bezeichnung eines Mittels zur Beseitigung des Hindernisses sowie Setzung einer Frist hierzu (vgl. Kuntze/Ertl/Hermann/Eickmann, Grundbuchrecht, 2. Aufl., GBO § 18 Rdn. 53 bis 55).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Auch inhaltlich erweist sich die Zwischenverfügung als gerechtfertigt. Wie das Landgericht zutreffend darlegt, kann die beantragte Eintragung gemäß § 20 GBO nur erfolgen, wenn die erforderliche Einigung erklärt und nachgewiesen ist. Vorliegend fehlt es indessen am Nachweis einer wirksamen Auflassung. Die in dem notariellen Vertrag enthaltene Auflassung ist nämlich unter Verstoß gegen § 181 BGB erklärt und deshalb bis zur Genehmigung durch die vertretenen Gesellschafter der Beteiligten zu 1) schwebend unwirksam. Wie sich aus den beigezogenen Handelsregisterakten ergibt und von den Beteiligten auch nicht in Abrede gestellt wird, ist der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) eine Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB nicht erteilt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob ein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegt, ist vom Landgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend bejaht worden. Daß diese Vorschrift auf den Geschäftsführer der GmbH zumindest entsprechend anwendbar ist, ist unzweifelhaft (BGHZ 33, 189; 56, 97, 101; BGH, WM 1967, 1164; für unmittelbare Anwendung Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 181 Rdn. 19). Ob insoweit unmittelbare oder entsprechende Anwendung geboten ist, ist ohne Bedeutung; auch die nur entsprechende Anwendung würde jedenfalls zur vollen Anwendung der Grundsätze des § 181 BGB führen, falls die Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zweifelhaft ist indessen, ob die hier zu beurteilende Rechtslage der des § 181 BGB entspricht, so daß diese Bestimmung insoweit unmittelbar anzuwenden ist, oder ob auch insoweit nur eine entsprechende Anwendung geboten ist. Das Landgericht will in erster Linie § 181 BGB unmittelbar anwenden und erwägt hierzu, daß aufgrund der Wirkung des, § 164 Abs. 1 BGB, wonach die Wirkung des Rechtsgeschäfts in der Person des Vertretenen eintritt, der - seinerseits vertretene - Vertreter (Beteiligte zu 2)) ersichtlich am Geschäft beteiligt bleibe und deshalb ein direkter Fall des § 181 BGB vorliege; der Vertreter schließe nämlich entgegen dieser Bestimmung mit sich in eigenem Namen ab.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Diese Betrachtungsweise hebt auf die materiellen Wirkungen des Rechtsgeschäfts ab, während vielfach die Auffassung vertreten wird, daß § 181 BGB an die Art des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts anknüpfe, seine Rechtsfolgen also nur einträten, wenn Identität betreffend der die Vertragserklärungen abgebenden Personen bestehe (dazu Münchner Kommentar (Thiele), BGB § 181 Rdn. 23, 24; Soergel/Leptien, BGB, 11. Aufl., Rdn. 20; Harder, AcP 170, 295, 296). Solche Identität besteht nun vorliegend weder bei den Personen, für welche das Rechtsgeschäft materielle Wirksamkeit erlangt, nämlich der Beteiligten zu 1) einerseits und den Beteiligten zu 2) und 3) andererseits; sie besteht auch nicht in der nach der älteren Rechtsprechung des Reichsgerichts (hierzu kritisch BGHZ 64, 72, 76) für maßgeblich erachteten formellen Hinsicht, nämlich in Bezug auf die Personen, welche als Vertreter Erklärungen abgegeben haben, nämlich der Beteiligten zu 2) (für die Beteiligte zu 1)) und dem Beteiligten zu 3) (für die Beteiligte zu 2)). Obwohl also weder in materieller noch in formeller Hinsicht Identität besteht, ist dem Landgericht zuzugeben, daß hier insoweit ein Fall des § 181 BGB vorliegt, als ein Vertreter (Beteiligte zu 2)) mit sich ein Rechtsgeschäft abschließt, wobei er sich zwar vertreten läßt, die Wirkungen jedoch in seinem eigenen Namen eintreten. Spricht hiernach viel für eine unmittelbare Anwendung des § 181 BGB (hierfür Soergel/Leptien a.a.O. Rdn. 29; BGB-RGRK (Steffen) 12. Aufl., § 181 Rdn. 12; i.E. wohl auch Flume, BGB, AT II, Seite 817), so ist hier jedenfalls die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift geboten (hierfür Münchner Kommentar (Thiele), a.a.O. Rdn. 10; Harder, a.a.O., 302). Wie insbesondere Flume a.a.O. (818/819) darlegt, darf § 181 BGB nicht nur auf die Art des Zustandekommens des Rechtsgeschäfts bezogen werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, für wen das Rechtsgeschäft Wirkung entfaltet. Diese Betrachtungsweise entspricht dem Zweck des § 181 BGB, wie ihn der BGH in der in BGHZ 64, 72, 76 f. abgedruckten Entscheidung näher erläutert hat. Ob eine entsprechende Anwendung des § 181 BGB auch dann geboten wäre, wenn die Beteiligte zu 2) als Vertreterin der Beteiligten zu 1) auf dieser Seite des Geschäfts einen Untervertreter bestellt hätte und dieser mit ihr als Erwerberin abgeschlossen hätte, bedarf hier keiner Entscheidung (abgelehnt in RGZ 108, 405; 157, 24, 31; dazu kritisch BGH a.a.O.; abl. Münchner Kommentar a.a.O., Rdn. 10; Soergel/Leptien, a.a.O., Rdn. 28; Flume a.a.O. Seite 818; Harder, a.a.O. Seite 302, welche auch für diesen Fall analoge Anwendung des § 181 BGB verlangen; dies nur bei Umgehungsabsicht: BGB-RGRK (Steffen), 12. Aufl., Rdn. 12). Jedenfalls für den vorliegenden, von der Rechtsprechung noch nicht entschiedenen Fall nimmt das Schrifttum zumindest mittelbare Anwendung der Grundsätze des § 181 BGB an, soweit nicht, sogar eine unmittelbare Anwendung bejaht wird. Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, zumal sie in Einklang mit den vom BGH (BGHZ 64, 42, 76 f.) aufgezeigten Grundsätzen zur zweckbezogenen Auslegung des § 181 BGB steht. In diesem Zusammenhang ist auch auf die typische Weisungsabhängigkeit des (Vertreter)-Vertreters (Beteiligter zu 3)) hinzuweisen, welche die Gefahr eines Interessenkonflikts und damit einer Schädigung des auf der anderen Seite vertretenen Geschäftsherrn (Beteiligte zu 1)) mit sich bringen kann (BGH a.a.O.; BGHZ 56, 97, 101).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Folglich bleibt es bei der Beurteilung, daß die unter Verstoß gegen § 181 BGB erklärte Auflassung bis, zur Genehmigung durch die übrigen Gesellschafter schwebend unwirksam ist, so daß die angefochtene Zwischenverfügung zu Recht ergangen und die weitere Beschwerde mithin als unbegründet zurückzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG war nicht geboten, da den unterlegenen Beteiligten zu 1) bis 3) kein weiterer Beteiligter gegenübersteht.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 131, 30 KostO.</p>
|
315,922 | olgham-1980-10-02-15-w-3179 | {
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<p>Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben, soweit das Landgericht den Standesbeamten zur Eintragung eines bestimmten Berichtigungsvermerks angewiesen hat.</p>
<p>Insoweit wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>A.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das an diesem Verfahren beteiligte Kind wurde am 21. April 1975 als eheliches Kind der Beteiligten zu 2)
und 3) in Bielefeld geboren. Sein Vater ist bulgarischer Staatsangehöriger, seine Mutter Deutsche. Das
Geburtenbuch des Standesamts ... ... enthält unter der ... u.a. folgende Eintragung über das Kind:
"Es führt den Familiennamen: ...". Da bei der Anmeldung noch kein Vorname bestimmt war, ist
als Randvermerk eingetragen: "Das Kind hat die Vornamen ... erhalten. Eingetragen auf Anzeige der Eltern
..."</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Verfahren hat der Beteiligte zu 4) als Standesamtsaufsichtsbehörde - in Abänderung
seines ursprünglichen Antrages vom 4. Juli 1978 - unter dem 9. August 1978 beim Amtsgericht Bielefeld
beantragt anzuordnen, daß der bezeichnete Geburtseintrag durch Eintragung folgenden Randvermerks
berichtigt werde:</p>
<br /><span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Das Kind hat die Vornamen ... erhalten und führt den Zwischennamen ... und den
Familiennamen ..."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Beschluß vom 13. September 1978 hat das Amtsgericht den Berichtigungsantrag zurückgewiesen.
Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Hinsichtlich des Vornamens sei der Antrag
unbegründet, weil dieser bereits in Form eines Randvermerks eingetragen sei. Eine Berichtigung des
Familiennamens scheide aus, da die vorgenommene Eintragung richtig sei. Das Kind führe nach dem hier
maßgeblichen bulgarischen Recht den Zwischennamen ..., der auch in die deutschen Personenstandsregister
eingetragen werden müsse. Dieser dem deutschen Recht fremde Zwischenname stehe jedoch dem Familiennamen
näher als dem Vornamen; in diesem Sinne habe sich auch der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen
Falle ausgesprochen (BGH NJW 1971, 1521). Da die deutschen Personenstandsregister keinen gesonderten Raum
für die Eintragung eines Zwischennamens böten, sei dieser Name in der Rubrik des Familiennamens
einzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 4) vom 17. Oktober 1978 hat das Landgericht Bielefeld durch
Beschluß vom 3. Januar 1979 die Entscheidung des Amtsgerichts aufgehoben und den Standesbeamten
angewiesen, im Geburtenbuch des Standesamts Bielefeld-Senne den Geburtseintrag Nr. 259/1975 durch
Eintragung eines Randvermerks wie folgt zu berichtigen:</p>
<br /><span class="absatzRechts">8</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Das Kind führt aufgrund Anweisung des LG Bielefeld durch Beschluß vom 5. Januar
1979 (3 T 617/78) zum Vornamen ... und Vornamensbestandteil den Zwischennamen ... und als Familiennamen
den Namen ..."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beteiligte zu 4) mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde vom 26.
Januar 1979. Er erstrebt eine höchstrichterliche Entscheidung über die anstehende namensrechtliche
Problematik. In der Begründung des Rechtsmittels gelangt er zu dem Ergebnis, die Aufnahme der Bezeichnung
"Zwischenname" oder "Vatersname" in die Personenstandsbücher sei gerechtfertigt, obwohl
§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG derartige Begriffe nicht vorsehe. Abschließend heißt es: "Empfehlenswert
wäre ggf. zu beurkunden: "... hat die Vornamen ... und den Zwischennamen ... erhalten und führt
...", wobei tunlichst auf die ergänzenden Worte "als weiterer Vornamensstandteil" verzichtet
werden sollte. Dürer, die Zusammenfassung "die Vornamen ... und der Zwischennamen ... erhalten"
dürfte eine Zuordnung des Zwischennamens zum Vornamen erkennbar sein."</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Beteiligten haben sich zu der weiteren Beschwerde nicht erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><b>B.</b></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 49 und
48 PStG, 27 und 29 FGG). Der Aufsichtsbehörde steht nach § 49 Abs. 2 PStG ein Beschwerderecht in
jedem Falle zu, unabhängig von einer Beschwer durch die angegriffene Entscheidung (vgl. OLG Celle, StAZ
1969, 220 m.w.N.). Sachlich führt das Rechtsmittel teilweise, wie aus dem Tenor ersichtlich, zur Aufhebung
der Beschwerdeentscheidung. Diese ist rechtlich nicht zu beanstanden, soweit das Landgericht die erstinstanzliche
Entscheidung aufgehoben und die Eintragung eines Berichtigungsvermerks als erforderlich angesehen hat. Sie beruht
dagegen auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 FGG), soweit es sich um den Inhalt des vom Landgericht
angeordneten Berichtigungsvermerks handelt. Da sich der Inhalt des Vermerks erst, wie noch ausgeführt
werden wird, nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts bestimmen läßt, mußte die Sache
zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b>I)</b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 4) ist das Landgericht zutreffend ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>II</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Weitere Voraussetzung für eine Sachentscheidung war sodann das Vorliegen der erstinstanzlichen
Verfahrensvoraussetzungen, die in der Beschwerdeentscheidung allerdings nicht ausdrücklich erörtert
sind. Diese Voraussetzungen waren jedoch gleichfalls gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da die hier zu beurteilende Angelegenheit wegen der bulgarischen Staatsangehörigkeit des Beteiligten
zu 2) Auslandsberührung aufweist, war neben der Örtlichen und sachlichen auch die internationale
Zuständigkeit des deutschen Gerichts, d.h. dessen Befugnis, sich überhaupt mit der Sache zu befassen,
zu prüfen. Diese internationale Zuständigkeit wird durch die im deutschen Verfahrensrecht vorgesehene
Mitwirkung der örtlichen Gerichte bei der Führung der Personenstandsbücher begründet, falls
die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen einer gerichtlichen Tätigkeit, wie sie sich aus dem
Personenstandsgesetz ergeben, vorliegen (BayObLG, FamRZ 1972, 262; Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige
Gerichtsbarkeit, 11. Aufl., - künftig: KKW -, § 69 FGG a.F., Rdnr. 8 a). Das ist hier der Fall:
Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 PStG kann ein abgeschlossener Eintrag nur auf Anordnung des Gerichts
berichtigt werden, wenn - wie hier - keine Befugnis des Standesbeamten zur selbständigen Berichtigung nach
den §§ 46, 46 a und 46 b PStG gegeben ist. Berichtigung ist die nachträgliche Änderung des
Wortlauts einer - durch die Unterschrift des Standesbeamten (§ 46 Abs. 1 PStG) - abgeschlossenen Eintragung
durch Richtigstellung einer von Anfang bestehenden Unrichtigkeit (BayObLG, a.a.O.; Jansen, FGG, 2. Aufl., §
69 a.F., Rdnr. 19; Maßfeller/Hoffmann, PStG, Loseblattkommentar, Vorbemerkungen vor §§ 45 bis 50
PStG, 11. Lieferung, Rdnr. 2 und 3). Eine derartige Berichtigung hat der Beteiligte zu 4) im vorliegenden Falle
befugtermaßen (§ 47 Abs. 2 PStG) beim Amtsgericht Bielefeld beantragt. Dieses Gericht war nach §
50 PStG für die Entscheidung örtlich und sachlich zuständig.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst hat das Landgericht mit Recht eine Unrichtigkeit des in Rede stehenden Geburtseintrags im
Sinne des § 47 PStG in Bezug auf den Namensbestandteil ... bejaht und deshalb die - eine Berichtigung
ablehnende - amtsgerichtliche Entscheidung vom 13.9.1978 aufgehoben. Es hat dabei, im Einklang mit den Entscheidungen
des Bundesgerichtshofs vom 26.5.1971 (NJW 1971, 1521) und des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 4.2.1976 (OLGZ 1976,
286) den Namenserwerb des Kindes bei der Geburt nach dem durch Art. 19 EGBGB berufenen Heimatrecht des Vaters, hier
also nach bulgarischem Recht beurteilt. Diese Beurteilung entspricht aber nicht mehr der in neuerer Zeit zunehmend
vertretenen Auffassung von der kollisionsrechtlichen Einordnung des Namensrechts. Auch der BGH hat die Rechtsansicht,
der Namenserwerb des ehelichen Kindes bei der Geburt richte sich stets und ausschließlich nach dem Heimatrecht
des Vaters, nicht aufrechterhalten; er hat in seiner Entscheidung vom 2.3.1979 (NJW 1979, 1775, ergangen auf Vorlage
des Senats) - die dem Landgericht bei Erlaß der Beschwerdeentscheidung noch nicht bekannt sein konnte -
ausgesprochen, der Familienname des aus der Ehe eines Ausländers mit einer Deutschen stammenden Kindes,
das die deutsche Staatsangehörigkeit besitze und von Geburt an mit seinen Eltern den gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland habe, bestimme sich jedenfalls dann nach <u>deutschem</u> Recht,
wenn die Eltern einen gemeinsamen Ehenamen nach deutschem Recht führten. Zur Begründung dieser Entscheidung
ist im wesentlichen ausgeführt: Die in der Rechtspraxis bis in die neuere Zeit vertretene Auffassung, der
Namenserwerb eines ehelichen Kindes bei der Geburt sei dem Rechtsverhältnis zwischen dem ehelichen Kind und
seinen Eltern zuzurechnen und deshalb der Kollisionsnorm des Art. 19 EGBGB zu unterstellen, könne sich daran
berufen, daß das Gesetz den Erwerb des Familiennamens durch Geburt ausdrücklich als Teil des
Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kind geregelt habe (§§ 1616, 1617 BGB). Dabei handele es
sich nicht um eine formale Einreihung; der Namenserwerb durch Geburt habe auch einen sachlichen Bezug zum
Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kind. Diese durch das inländische Recht vorgenommene Qualifikation
des Namenserwerbs sei grundsätzlich auch für den Anwendungsbereich der einschlägigen Kollisionsnorm
von Bedeutung. Gleichwohl müsse der sachliche Bezug, den der Erwerb des Familiennamens durch das eheliche Kind
zum Rechtsverhältnis zwischen Eltern und ehelichem Kinde habe, nicht zwingend zur Folge haben, daß
Fälle mit Auslandsberührung allein oder vorrangig nach den Kollisionsregeln zu beurteilen seien, die
für das Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kind allgemein gelten. Es sei für das deutsche
internationale Privatrecht - das keine ausdrückliche Kollisionsnorm für das Namensrecht enthalte
- im Grundsatz anerkannt, daß sich das Namensrecht als eigenes und selbständiges Persönlichkeitsrecht
nach dem Recht des Staates bestimme, dem der Namensträger angehöre (BGH NJW 1971, 1516 und NJW 1972, 2177).
Wenn ein Namenserwerb oder -wechsel auf familienrechtlichen Vorgängen oder Beziehungen beruhe, könne in
Durchbrechung dieses Grundsatzes allerdings auch das für die familienrechtlichen Verhältnisse geltende
Statut in Betracht kommen. Die Frage, welchem Statut beim Auftreten einer solchen Doppelqualifikation der Vorrang
gebühre, sei aufgrund einer Prüfung und Abwägung der rechtlichen Belange und Interessen der Beteiligten
zu entscheiden. Die Fälle, in denen die Rechtsprechung bisher bei der Beurteilung des Namens auf das Personalstatut
des Namensträgers abgestellt habe, beträfen zwar durchweg Änderungen eines bereits erworbenen Namens,
während es sich nunmehr um einen Fall des Ersterwerbs des Familiennamens handele. Aber die Gesichtspunkte, die
für die Anknüpfung an das Personalstatut sprächen, müßten hier in gleicher Weise Geltung
finden Nicht nur der Schutz des bereits erworbenen Namens, sondern auch die Frage, welchen Namen eine Person
erwerben könne, habe einen persönlichkeitsrechtlichen Bezug. Der einem Menschen zugeteilte Name habe
nicht nur eine äußerliche Ordnungsfunktion in dem Sinne daß er die Identifizierung und Benennung
des Menschen erleichtere Vielmehr weise der aus familienrechtlichen Verhältnissen abgeleitete Namen auch
auf die persönlichen und familiären Beziehungen hinein in denen der Namensträger zu den Personen
stehe, von denen der Name hergeleitet sei (BGH, NJW 1957, 1473); so weise insbesondere der vom Ehenamen der Eltern
abgeleitete Familienname des ehelichen Kindes dessen Familienzugehörigkeit aus (BGH NJW 1953, 577). Davon
abgesehen sprächen gegen eine Aufspaltung des namensrechtlichen Kollisionsrechts nach Ersterwerb des Namens
und Namensänderung auch Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität. Habe das Kind eine doppelte
Staatsangehörigkeit nach beiden Elternteilen, so sei jedenfalls dann an die deutsche Staatsangehörigkeit
anzuknüpfen, wenn das Kind - wie im entschiedenen Falle - mit seinen Eltern seinen gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland habe (BGH NJW 1978, 1107, und ständige Rechtsprechung) Die Abwägung der
rechtlichen Belange und der Interessen der Beteiligten führe - jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung
- dazu, dem deutschen Recht als Personalstatut für den Namenserwerb des Kindes den Vorrang vor dem spanischen
Recht einzuräumen, auf das Art. 19 EGBGB verweise. Ins Gewicht falle zunächst die schon früher
(BGH NJW 1971, 1516) zum Ehenamen im einzelnen dargelegte allgemeine Erwägung, daß die Anwendung des
Personalstatuts jedenfalls im Grundsatz den international-rechtlichen Einklang der Namensführung erleichtere.
Dazu komme im vorliegenden Falle, daß das Kind von Geburt an mit seinen Eltern in seinem Heimatstaat den
gewöhnlichen Aufenthalt habe und die Eltern darüber hinaus in zulässiger Weise (BGH NJW 1971, 1516
und 1979, 489) einen gemeinsamen Familiennamen nach deutschem Recht führten. Der Gesichtspunkt der
Umweltbezogenheit des Namens, der bei Auslandsaufenthalt unter Umständen die Anwendbarkeit des Personalstatuts
modifizieren könne dränge daher ebenfalls zur Anwendung des deutschen Rechts. Es würde geradezu
widersinnig erscheinen, den Eltern, von denen ein Teil die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, die Führung
eines gemeinsamen Ehenamens nach deutschem Recht zu ermöglichen, ihrem in Deutschland lebenden Kind, das (auch)
die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, aber diesen Namen zu verweigern.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Senat schließt sich diesen Erwägungen an, die weitgehend auch schon seinem erwähnten
Vorlagebeschluß zugrunde gelegen haben. Ihr Anwendung auf den vorliegenden Fall ergibt:</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Besitzt das beteiligte Kind die deutsche Staatsangehörigkeit (was vermutlich nach § 4 Abs. 1 Nr. 1
des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 22.7.1913 in der mit Wirkung vom 1. 1975 geänderten
Fassung - BGBl 1974 I 3714 - zutrifft), hat es von Geburt an mit seinen Eltern, den Beteiligten zu 2) und 3),
seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt und führen die Eltern einen
gemeinsamer. Ehenamen nach deutschem Recht, dann ist für seinen Namenserwerb das deutsche Recht maßgebend.
Danach besteht der volle bürgerliche Name einer Person lediglich aus dem Familiennamen und dem oder den Vornamen;
einen Zwischennamen gleich welcher Art kennt das deutsche Recht nicht. In diesem Falle ist der Geburtseintrag zu Nr.
259/1975 schon deswegen unrichtig, weil der Zwischenname ... ganz unabhängig von seiner Zuordnung zum Vor- oder
Familiennamen, überhaupt keinen Bestandteil des vollen bürgerlichen Namens des beteiligten Kindes darstellt.
Der vom Landgericht anzuordnende Berichtigungsvermerk könnte dann im Kern etwa aussprechen: "Das Kind führt
den Namen ... nicht."</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ob die vorstehend bezeichneten tatsächlichen Voraussetzungen hier gegeben sind, ist bisher nicht festgestellt
worden. Für eine Bejahung der Frage mag sprechen, daß die Kindeseltern - die sich im Zuge des Verfahrens
selbst nicht erklärt haben - nach dem Vorbringen des Beteiligten zu 4) in der Bundesrepublik Deutschland, und
zwar in ... wohnhaft sind und dort auch schon bei der Geburt des Kindes, am ... wohnhaft waren, wie im Geburtseintrag
vermerkt ist. Darin allein kann aber noch keine ausreichende Entscheidungsgrundlage gesehen werden, zumal der
Akteninhalt keine weiteren Anhaltspunkte dafür gibt, wann und zu welchem Zweck der Beteiligte zu 2) in die
Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, welche berufliche Tätigkeit er ausübt, wann und wo er die Ehe
mit der Beteiligten zu 3) geschlossen hat, ob die Kindeseltern seit der Heirat ihren gewöhnlichen Aufenthalt
ständig in der Bundesrepublik gehabt haben und ob der Beteiligte zu 2) dauernd hier leben will. Die Beweiskraft
und die Bedeutung der Personenstandsbücher gebieten es unabweisbar, daß den Eintragungen nur zuverlässig
gesicherte Tatsachen zugrundegelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht wird deshalb im weiteren Verfahren den oben aufgeworfenen Fragen zumindest durch Anhörung der
Beteiligten zu 2) und 3) nachzugehen und ferner auch zu klären haben, wie es zur Bestimmung des von beiden
Eheleuten gleichermaßen geführten Ehenamens ... gekommen ist; diese Namensführung läßt sich
nämlich nicht allein aus dem deutschen, sondern auch aus dem bulgarischen Recht ableiten, das den Eheleuten
insoweit eine Wahlmöglichkeit einräumt (vgl. dazu Mergenthaler/Reichard, Standesamt und Ausländer,
8. Lieferung März 1979, Stichwort "Bulgarien", Ziff. 10, S. 3).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Richtet sich der Namenserwerb im vorliegenden Falle nach deutschen Recht, dann erweist sich damit der Geburtseintrag
Nr. 259/75 auch in einer anderen, bisher von den Beteiligten und den Vorinstanzen nicht erörterten Hinsicht als
unrichtig, nämlich in Bezug auf den mit ... eingetragenen Familiennamen des Kindes. Die weibliche Endsilbe ...
ist eine Eigenheit des bulgarischen Rechts. Im deutschen Recht findet sie keine Grundlage; vielmehr führt das
Kind gemäß § 1616 BGB den Ehenamen seiner Eltern - hier also ... - in unveränderter Form.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht wäre jedoch nicht ohne weiteres befugt, die Berichtigung auch insoweit anzuordnen. Denn
jede Berichtigung setzt gemäß § 47 Abs. 2 PStG einen Antrag voraus. Der Antrag kann jede einzelne
Angabe für sich betreffen; über den gestellten Antrag darf das Gericht nicht hinausgehen. Die Berichtigung
eines Eintrags ist auch nicht in dem Sinne unteilbar, daß sie nur den Gesamteintrag mit allen seinen Einzelvermerken
umfassen oder überhaupt nicht erfolgen könnte (vgl. Pfeiffer/Strickert, PStG, § 47 Rdnr. 14 m.w.N.).
Ein Berichtigungsantrag in Bezug auf den Familiennamen ... ist im vorliegenden Verfahren bisher nicht gestellt worden.
Sollte er nachgeholt werden, wird das Landgericht zu prüfen haben, ob dies erstmalig in der Beschwerdeinstanz
zulässig ist, oder ob es sich um eine unzulässige Änderung des Verfahrensgegenstandes handeln würde.
Für die Zulassung eines ergänzenden Antrages könnte sprechen, daß Gegenstand der Berichtigung
immerhin ein einziger, bestimmter Geburtseintrag sein soll und daß die Zusammenfassung mehrerer notwendiger
Berichtigungen in einem einzigen Randvermerk der Übersichtlichkeit des Geburtseintrags dienlicher wäre
als eine Vielzahl von Randvermerken.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der bezeichnete Geburtseintrag muß aber auch dann durch einen Randvermerk berichtigt werden, wenn nach
den Ergebnissen der weiteren Tatsachenfeststellung die Anwendung des bulgarischen Namensrechts gerechtfertigt sein
sollte. Den diesbezüglichen Ausführungen in der jetzt angefochtenen Beschwerdeentscheidung ist weitgehend
zuzustimmen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Maßgebend wäre in diesem Falle, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, Art. 6 (Erl.
11.2.1953) des bulgarischen Gesetzes über die Personen und die Familie vom 23. Juli 1949 (abgedruckt bei
Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stichwort "Bulgarien", S. 24), der folgendes
bestimmt:</p>
<br /><span class="absatzRechts">31</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Jede Person führt einen Vor-, Vaters- und Familiennamen. Alle drei Namensbestandteile sind
in der Geburtsurkunde zu bezeichnen.</i>
<i>Der Vorname ist derjenige Name, der einer Person bei der Geburt verliehen wird, der Vatersname ist der
Vorname des Vaters, während der Familienname entweder derjenige des Großvaters oder des Geschlechts
des Vaters ist, unter dem dieser in der Gesellschaft bekannt ist ..."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Namensführung geschieht bei ehelichen Töchtern in der Weise, daß der Vatersname und der
Familienname jeweils in der weiblichen Form gebraucht, d.h. die Endsilbe ... oder ... angefügt wird (vgl.
Runderlaß des Innenministers NRW vom 21.4.1972 - I B 3/14 - 66.26 - Ergänzung der Dienstanweisung für
die Standesbeamten -, ergangen aufgrund der Feststellungen der zuständig deutschen Auslandsvertretungen).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des bulgarischen Rechts würde das beteiligte Kind demnach, wie das Landgericht zutreffend
ausgeführt hat, zu den Vornamen ... und dem Familiennamen ... den Zwischennamen (Vatersnamen) ... führen.
Da dieser Namensbestandteil nach bulgarischem Recht zum vollen bürgerlichen Namen gehören würde,
müßte er auch im deutschen Geburtenbuch verzeichne werden, wie der Bundesgerichtshof anlässlich
eines vergleichbaren Falles nach marokkanischem Recht (NJW 1971, 1521) im Gegensatz zur Auffassung des Kammergerichts
(StAZ 1968, 351) mit überzeugender Begründung entschieden hat.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der bulgarische Vatersname ist aber weder dem Vor- noch dem Familiennamen zuzurechnen; er stellt vielmehr einen
besonderen, dritten Namens estandteil dar. Das geht aus Art. 6 Abs. 1 des erwähnten bulgarischen Gesetzes
unmißverständlich hervor und ist auch vom Kammergericht (a.a.O.) zutreffend hervorgehoben worden; der
BGH (a.a.O.) hat das gleiche für den dort entschiedenen Fall nach marokkanischem Recht angenommen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde verbietet es sich, den nach einer ausländischen Rechtsordnung bestehenden Zwischennamen -
hier den sog. Vatersnamen nach bulgarischem Recht - ohne jeden klarstellenden Hinweis im deutschen Geburtenbuch
einfach zusammen mit dem Vornamen oder mit dem Familiennamen an der für diese vorgesehenen Stelle einzutragen.
Eine solche Eintragung läßt nämlich ohne Kenntnis des deutschen internationalen Privatrechts und des
jeweiligen ausländischen Rechts die Besonderheit des dritten Namensbestandteils nicht erkennen und kann deshalb
Veranlassung für Fehlbeurteilungen geben. Deshalb muß im vorliegenden Falle, in dem der Vatersname ... ohne
klärenden Hinweis schlicht als Familienname des Kindes neben dem Namen ... verzeichnet ist, ein berichtigender
Randvermerk eingetragen werden, der die Besonderheit dieses Zwischennamens offenlegt. Dazu ist ein Vermerk des Inhalts,
daß das Kind den Namen ... als Vatersnamen nach bulgarischem Recht führe, erforderlich und zugleich
ausreichend.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Darüber, ob dieser Vatersname im Hinblick auf die deutsche Rechtsordnung dem Vornamen oder dem Familiennamen
nähersteht, gehen die Meinungen in Literatur und Rechtsprechung auseinander (für eine Zurechnung zum
Familiennamen: BGH, NJW 1971, 1521; teilweise auch Will, StAZ 1974, 291 ff, 256; für Zuordnung zum Vornamen
Senatsbeschluß in StAZ 1978, 65 = OLGZ 1978, 129 und OLG Köln, StAZ 1980, 92). Einer Entscheidung dieser
Frage bedarf es aber im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, sondern erst bei späteren Standesfällen,
etwa bei einer Eheschließung im Hinblick auf die Führung des Ehenamens. Für das <u>Geburtenbuch</u>
genügt es, den vollen bürgerlichen Namen des Kindes einzutragen (vgl. BGH NJW 1971, 1521, <u>1522</u>).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Aus dem Gesagten geht bereits hervor, welchen Inhalt der Berichtigungsvermerk haben müßte, falls
für die Namensführung des Kindes das bulgarische Recht maßgebend sein sollte. Die Erwähnung
der Vornamen und des Familiennamens des Kindes in dem Randvermerk wie ihn das Landgericht angeordnet hat, wäre
überflüssig, da diese Namensbestandteile ohnehin ordnungsmäßig im Geburtseintrag verzeichnet
sind.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Im übrigen scheint das Landgericht zwar zutreffend davon ausgegangen zu sein, daß eine gerichtliche
Entscheidung nach § 47 PStG wörtlich anzugeben hat, wie der einzutragende Randvermerk lauten soll, und
daß diese Entscheidung in dem Randvermerk auch als dessen Rechtsgrundlage bezeichnet sein muß. Das
hätte aber zu einer anderen als der tatsächlich im Tenor der Beschwerdeentscheidung angeordneten Fassung
des Randvermerks führen müssen. Nicht die Namensführung des Kindes, sondern die Beschreibung des
berichtigenden Randvermerks gründet sich - beim Vorliegen der eingangs erörterten Voraussetzungen - auf
die genau zu bezeichnende gerichtliche Entscheidung. Durch diese Entscheidung wird zwar der Standesbeamte letzten
Endes auch zur Vornahme einer Amtshandlung im Sinne des § 45 PStG angehalten (angewiesen). Gleichwohl empfiehlt
es sich aber im Interesse einer klaren Abgrenzung des Berichtigungstatbestandes nach § 47 PStG, den darin
verwendeten Begriff der "Anordnung" im Text des beizuschreibenden Randvermerk zu gebrauchen. Der Randvermerk
hätte deshalb, falls das bulgarische Recht maßgebend ist, etwa wie folgt zu lauten:</p>
<br /><span class="absatzRechts">39</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Auf Anordnung des Landgerichts Bielefeld vom .... (3 T 617/78) wird berichtigend vermerkt,
daß das Kind den Namen ... als Vatersnamen nach bulgarischem Recht führt."</i></td>
</tr>
</table><br />
|
315,923 | olgham-1980-09-24-20-u-12080 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 120/80 | 1980-09-24T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:32 | 2019-03-27T09:41:52 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0924.20U120.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 14. Februar 1980 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bochum abgeändert.</p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Streithelferin Trosbach werden der Klägerin auferlegt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am 30. Dezember 1978 verstorbene Bruder der Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Lebensversicherung, die zum 1. Oktober 1978 mit einer Versicherungssumme von 13.420,00 DM beitragsfrei gestellt wurde. Als Bezugsberechtigte bezeichnete der Versicherungsnehmer im Antrage seine Ehefrau " ... geb. ...". Die Ehe wurde im Jahre 1973 geschieden. In einer Vereinbarung vom 10. Januar/2. März 1973 verzichteten die Eheleute gegenseitig auf Unterhaltsansprüche. Außerdem einigten sie sich über die Verteilung des Hausrats usw. Dabei wurden die Lebensversicherung sowie die Bezugsberechtigung nicht erwähnt. Abschließend heißt es in der Vereinbarung, damit seien sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche erledigt, auf weitergehende Ansprüche werde gegenseitig verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer ist von seinen Eltern beerbt worden. Diese haben ihre Ansprüche aus der bei der Beklagten bestehenden Lebensversicherung am 29. März 1979 an die Klägerin abgetreten. Mit Schreiben vom 11. Juni 1979 widerriefen die Eltern des Versicherungsnehmers gegenüber dessen geschiedener Ehefrau die Bezugsberechtigung. Mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tage setzten sie die Beklagte von dem Widerruf sowie der Scheidungsvereinbarung in Kenntnis und verlangten die Auszahlung der Versicherungssumme. Die Beklagte zahlte jedoch die Versicherungssumme von 13.420,- DM an die geschiedene Ehefrau ihres Versicherungsnehmers aus. Die Klägerin will diese Zahlung nicht gegen sich gelten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.420,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Juni 1979 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit seinem am 14. Februar 1980 verbündeten Urteil, auf das ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 13.420,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17. August 1979 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hiergegen hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die geschiedene Ehefrau des Versicherungsnehmers, die inzwischen wiedergeheiratet hat und nunmehr ... heißt, ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und behauptet ergänzend: Der Versicherungsnehmer habe im Jahre 1972 der Beklagten schriftlich mitgeteilt, daß die Bezugsberechtigung auf seinen Vater übergehen solle. Dieses Schreiben habe der Versicherungsvertreter ... dem Versicherungsnehmer aufgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Auf die Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen .... Dieser hat ausgesagt: Ich bin bei der Beklagten im Fachbereich Lebensversicherung tätig. Ich habe die den Versicherungsnehmer ... betreffenden Akten vor der Fahrt zum heutigen Termin im einzelnen durchgesehen. Einen Brief, in dem Herr ... die Bezugsberechtigung auf seinen Vater übertragen hat, habe ich nicht gefunden. Es liegt nur ein Schreiben aus dem Jahre 1971 vor, in dem der Verlust der Police angezeigt wird. Die nächste Korrespondenz hat erst wieder 1978 stattgefunden. Es handelt sich um den Antrag des Versicherungsnehmers, in dem die Umwandlung der Versicherung in eine beitragsfreie beantragt wird. Die Beklagte bestätigt jede Änderung der Bezugsberechtigung. Im vorliegenden Fall hätte der Versicherungsnehmer einen förmlichen Nachtrag zum Versicherungsschein erhalten, weil die Versicherungssumme höher als 10.000,- DM war. Das wird von der Beklagten schon solange so gehandhabt, wie ich bei ihr tätig bin. Ich habe im Jahre 1947 bei der Beklagten angefangen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist auch sachlich gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht kein Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung aus dem Lebensversicherungsvertrage ihres verstorbenen Bruders zu. Inhaber dieses Anspruchs waren nämlich nicht die Erben des Versicherungsnehmers, sondern seine geschiedene Ehefrau.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die geschiedene Ehefrau des Versicherungsnehmers hat mit Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die Versicherungsleistung erworben, weil sie in dem Versicherungsantrage als Bezugsberechtigte bezeichnet war (§§331 BGB, 166 VVG, 15 Nr. 1 ALB).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Einsetzung der Ehefrau als Bezugsberechtigte ist nicht ohne weiteres auflösend bedingt durch die Scheidung der Ehe vor Eintritt des Versicherungsfalles. Zu diesem Ergebnis gelangt die herrschende Meinung (BGH VersR 75, 1020; Senat VersR 76, 142) mit überzeugenden Gründen heute sogar dann, wenn der Versicherungsnehmer als Bezugsberechtigte lediglich die "Ehefrau" ohne namentliche Nennung angegeben hat. Erst recht ist diese Lösung daher zutreffend, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - seine Ehefrau ausdrücklich mit ihrem Namen bezeichnet hat.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Es gibt auch keine gesetzliche Auslegungsregel dahin, daß das Bezugsrecht nur für die Dauer der Ehe gelten solle. §2077 BGB enthält zwar die Auslegungsregel, daß eine letztwillige Zuwendung an den Ehegatten grundsätzlich - vorbehaltlich des Gegenbeweises nach §2077 III BGB - mit Auflösung der Ehe unwirksam wird. Die Vorschrift läßt sich aber, wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 29. Januar 1975 (VersR 76, 142; zustimmend BGH VersR 75, 1020) eingehend dargelegt hat, weder unmittelbar noch dem Rechtsgedanken nach auf Fälle der vorliegenden Art anwenden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">c)</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Versicherungsnehmer hat die im Versicherungsantrage ausgesprochene Bezeichnung seiner damaligen Ehefrau als Bezugsberechtigte niemals wirksam widerrufen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beweisaufnahme hat nicht ergeben, daß das angebliche Schreiben, mit dem der Versicherungsnehmer schon im Jahre 1972 die Bezugsberechtigung geändert haben soll, der Beklagten zugegangen ist. Der Zeuge ..., den die Klägerin für ihre diesbezügliche Aussage benannt hatte, konnte nur angeben, daß sich ein solches Schreiben nicht bei den Akten der Beklagten befinde. Der Widerruf ist aber eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Prölss-Martin, 22. Aufl., §15 ALB Anm. 2 Aa m.W.Nachw.), die erst mit ihrem Zugang (§130 I BGB) bei der Beklagten selbst (§14 III AVB) wirksam wird.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Ob schon in der Scheidungsvereinbarung ein Widerruf liegt, wie die Klägerin meint, kann dahinstehen. Dieser Widerruf ist nämlich nicht wirksam geworden, weil er der Beklagten erst nach dem Tode des Versicherungsnehmers zugegangen ist. §130 II BGB, nach dem es auf die Wirksamkeit einer Willenserklärung ohne Einfluß ist, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt, ist hier nicht anwendbar, denn diese Vorschrift setzt voraus, daß die Erben des Erklärenden in dem Zeitpunkt noch verfügungsbefugt sind, in dem die Erklärung wirksam wird (vgl. Palandt-Heinrichs, 39. Aufl., §130 Anm. 4). Diese Voraussetzung ist aber hier nicht gegeben, weil die Rechte aus dem Versicherungsvertrage seit dem Tode des Versicherungsnehmers allein dessen geschiedener Ehefrau zustehen (so - jedenfalls im Ergebnis - auch Prölss-Martin a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Mit der Auszahlung der Versicherungsleistung an die frühere Ehefrau ihres Versicherungsnehmers hat die Beklagte an die Anspruchsinhaberin geleistet. Sie ist daher frei geworden. Eine ganz andere und im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu entscheidende Frage ist, ob die geschiedene Ehefrau die Versicherungsleistung im Verhältnis zur Klägerin behalten darf. Die Beantwortung dieser Frage hängt von den Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherungsnehmer und seiner früheren Ehefrau (sog. Valutaverhältnis) ab. Ist dieses Rechtsverhältnis fehlerhaft, etwa weil die beabsichtigte Schenkung nicht zustandegekommen oder wirksam widerrufen ist, so können sich Bereicherungsansprüche der Erben des Versicherungsnehmers oder der Klägerin als deren Rechtsnachfolger ergeben (vgl. BGH NJW 75, 382).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§91, 101 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht erforderlich, da nach dem Ermessen des Senats die Revisionssumme unzweifelhaft nicht erreicht wird. Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 13.420,- DM.</p>
|
315,924 | olgk-1980-09-18-7-u-2178 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 21/78 | 1980-09-18T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:34 | 2019-03-27T09:41:52 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:0918.7U21.78.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1. Das am 20. Dezember 1977 verkündete Teilurteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 0 65/77 - wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO dahingehend berichtigt, daß der frühere Beklagte, Notar Dr. L in L1, zur Zahlung von 36.500,-- DM (statt 42.500,-- DM) an die Klägerin verurteilt wird.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil wirkt gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des inzwischen ver­storbenen Notars Dr.L.</p>
<p></p>
<p>2. Die Berufung gegen das genannte Urteil in seiner gemäß Ziffer 1) berichtigten Fassung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidungskompetenz des Senats beschränkt sich auf die Prüfung, ob das Landgericht der Klägerin zu Recht 36.500,-- DM zuerkannt hat. Die im angefochtenen Urteil genannte Summe von 42.500,-- DM beruht ausweislich der Schadensberechnung Seite 9 des Urteils auf einem Rechenfehler und ist deshalb gemäß</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">§ 319 ZPO zu berichtigen. Das Landgericht hat einander gegenübergestellt:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td>
<p>1. Aufwendungen der Klägerin, nämlich</p>
<p>a) Zahlung an den Zeugen S gemäß dem notariellen Kaufvertrag vom 4. März 1974</p>
<p>b) Zahlung an L2</p>
</td>
<td>
<p>98.000,-- DM</p><p>44.000,-- DM</p>
</td>
</tr>
</tbody></table>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">c) Erforderliche Aufwendungen für die Fertigstellung des Hauses nach Arbeitseinstellung L2                         102.500,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Summe:              244.500,--- DM</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">(und nicht wie im angefochtenen Urteil angegeben 254.500,-- DM)</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">2. "Vereinbarter Kaufpreis", womit offenbar die Summe der von der Klägerin nach den Verträgen vom 28. Januar 1974 Baubetreuungsvereinbarung mit L2) und 4. März 1974 (Kaufvertrag mit S) zu zahlenden Beträge gemeint ist, nämlich 208.000,-- DM (98.000,-- DM an S, 104.000,-- DM + 6.000,-- DM an L2).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Differenz zwischen 244.500,-- DM und 208.000,-- DM macht 36.500,-- DM aus.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die danach gebotene Berichtigung kann der Senat als das mit der Sache befaßte Rechtsmittelgericht selbst vornehmen (vgl. BGH NJW 1964, 1858; BAG <em>NJW </em>1964, 1874; OLG Frankfurt JurBüro 1976, 953, 958; OLG Bremen VersR 1973, 226, 228; Vollkommer in Zöller, ZPO 12. Aufl. § 319 Anm. IV 3).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Berufung bleibt erfolglos, weil Notar Dr. L die sich aus § 17 Abs. 1 BeurkG ergebende Belehrungspflicht verletzt hat, die ihm gegenüber der Klägerin als Amtspflicht oblag, und weil davon auszugehen ist, daß die Klägerin bei ordnungsgemäßer Belehrung den Kaufvertrag mit S vom 4. März 1974 nicht abgeschlossen hätte. Gemäß § 19 BNotO war der Notar deshalb zum Ersatz des der Klägerin entstandenen Schadens verpflichtet. Diese Verpflichtung ist auf die Beklagte als seine Erbin übergegangen. Im einzelnen gilt folgendes:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1. Der Notar war verpflichtet, die Klägerin auf das sich aus dem Abschluß zweier Verträge Kaufvertrag einerseits, Baubetreuungsvereinbarung andererseits - ergebende Risiko hinzu­weisen. Wie er unschwer erkennen konnte, ging es der Klägerin nicht um den isolierten Erwerb eines Grundstücks, auf dem sie dann gewissermaßen in eigener Regie, wenn auch unter Zuhilfe­nahme eines Bauunternehmers, ein Haus errichten wollte, vielmehr war der Grundstücks-Kaufvertrag ein unselbständiger Teil des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts: Erwerb eines Einfamilien­hauses. Dies zeigt die Verknüpfung von Kauf und Übernahme der Rechte und Pflichten aus der mit L2 geschlossenen Baubetreuungsvereinbarung in der Urkunde vom 4. März 1974, darüber hinaus aber auch die Gesamtanlage des Geschäfts seitens des S. Dieser hatte aufgrund des von Notar Dr. L am 5. Juli 1973 beurkundeten Kaufvertrages mit der Erbengemein­schaft Haus (Bl. 88 - 96 GA) die Grundstücke M und M1 in einer Gesamtgröße von 1.263 qm zum Zwecke der Bebauung erworben, den erworbenen Grundbesitz parzellieren lassen, so daß mehrere jeweils ca. 162 qm große Baugrundstücke entstanden, hierfür Baugenehmigungen erwirkt und - noch vor Erteilung der Baugenehmigungen - die Baubetreuungsvereinbarung mit L2 vom 28. Januar 1974 geschlossen, in der er sich das Recht vorbehielt, ohne Zustimmung L2 die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag vom 28. Januar 1974 auf einen Dritten zu über­tragen. Der im Vertrag vom 4. März 1974 vereinbarte Kaufpreis von 98.000,-- DM umfaßte dementsprechend außer den Grundstücks­kosten einschließlich bisheriger Erschließung "das Architekten­honorar bis einschließlich der Baugenehmigung und alle bisher ange­fallenen Gebühren" (II 1 des Vertrages). Unter diesen Umständen war offensichtlich, daß der Grundstückserwerb seitens der Klägerin nur ein Teil im Rahmen eines auf den Erwerb eines Einfamilienhauses abzielenden Gesamtplans war. Auch dem Notar konnte das nicht verborgen bleiben. Auf die Behauptung Seite 3 der Klageerwiderung vom 6. Juni 1977 (Bl. 34 GA), er habe erst im Juni 1976 vom Inhalt der Baubetreuungsvereinbarung und der zugehörigen Baubeschreibung im einzelnen Kenntnis genommen, kommt es nicht an. Abgesehen davon, daß sich die für die Ein­heitlichkeit sprechenden Umstände bereits hinreichend aus den Verträgen vom 5. Juli 1973 und 4. März 1974 ergaben, hätte er die Baubetreuungsvereinbarung bei der Beurkundung vom 4. März 1974 zur Kenntnis nehmen müssen, weil die Übernahme der daraus resultierenden Rechte und Pflichten einen wesentlichen Bestand­teil des Vertrages vom 4. März 1974 bildete, er deshalb seiner Belehrungspflicht nur genügen konnte, wenn er auch diesen Bestandteil zur Kenntnis nahm. Die Prüfungs- und Belehrungspflicht des Notars erstreckt sich auch auf den Inhalt in Bezug genommener öffentlicher Urkunden (Volhard NJW 1979, 1488; Palandt-Heinrichs, BGB 39. Aufl. Anm. 3 c zu § 9 BeurkG). Notar Dr. L hätte deshalb bei der Beurkundungsverhandlung vom 4. März 1974 darauf hinweisen müssen, daß die Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts in einen Grundstückskauf und eine "Baubetreuungsvereinbarung" (richtig: Werkvertrag mit einem Bauunternehmer) nicht nur formaler Natur war, sondern dazu führte, daß die Klägerin 2 verschiedene Vertragspartner hatte, die jeweils nur für den sie betreffenden Teil verantwortlich waren, nämlich S für die Veräußerung des Grundstücks, L2 für die Errichtung des Hauses, mit der Folge, daß es in den Risikobereich der Klägerin fiel, wenn L2 das Haus zu dem vereinbarten Preis nicht errichten konnte. Eine solche Belehrung hat der Notar unstreitig nicht erteilt. Sein vom Zeugen S bekundeter Hinweis, es handle sich um 2 getrennte Verträge - dies mag als richtig unterstellt werden -, war unzureichend, weil er der rechtsunkundigen Klägerin nicht genügend klar vor Augen führte, daß die Errichtung des Hauses allein den Verantwortungsbereich L2, nicht S fiel, daß sie also voll das Risiko der Leistungsunfähigkeit L2 trug. Zu einem entsprechenden Hinweis hatte der Notar umso mehr Veranlassung, als er aufgrund seiner Kenntnis des von S an <strong>die </strong>Erbengemeinschaft Haus gezahlten Kaufpreises (200.000,-- DM für 1.263 qm - ca. 158,35 DM/qm; für 162 qm, die die Klägerin erworben hat, ergäbe das rund 25.650,-- DM) erhebliche Bedenken gegen die Angemessenheit des Kaufpreises von 98.000,-- DM haben mußte, denn auch unter Berücksichtigung der inzwischen erfolgten Parzellierung, der Baugenehmigung und der dafür aufgewandten Kosten war es ganz unwahrscheinlich, daß das Grundstück innerhalb von nicht einmal einem Jahr eine Wertsteigerung von fast 400 % erfahren hatte. Es lag vielmehr der Verdacht außerordentlich nahe, daß es S darum ging, mit Hilfe eines völlig übersetzten Kaufpreises einen möglichst hohen Gewinn zu erzielen, ohne das Risiko der Verwirklichung eines viel zu niedrig kalkulierten Bauvorhabens zu tragen, während die Klägerin in Unkenntnis der Bedeutung der Aufspaltung in 2 Verträge der Diskrepanz zwischen Kaufpreis und Werklohn angesichts des durchaus akzeptabel er­scheinenden Gesamtpreises von 208.000,-- DM keine Beachtung schenkte.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ansatz verfehlt ist die Ansicht der Beklagten, der Notar sei nicht zur Belehrung verpflichtet gewesen, weil es sich um rein wirtschaftliche Gesichtspunkte gehandelt habe, nämlich zum einen um die Angemessenheit des Kaufpreises, zum anderen um die Bonität des L2. Sie verkennt hierbei, daß entscheidender Ansatzpunkt für die Belehrungspflicht die rechtliche Anlage des Geschäfts, nämlich die Aufspaltung in 2 Verträge, ist. Hatte die Klägerin deren Bedeutung nicht erkannt, so war für sie weder die Angemessenheit des Kaufpreises noch die Bonität L2 von entscheidender Bedeutung, weil es aus ihrer Sicht auf den Gesamt­preis von 208.000,-- DM und die Zuverlässigkeit des S als ihrem vermeintlichen Vertragspartner auch in Bezug auf die Errichtung des Hauses ankam. Die Beklagte beruft sich deshalb vergeblich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Notar grundsätzlich weder über die Zuverlässigkeit des gewählten Vertragspartners noch über das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung aufzuklären hat (BGH NJW 1967, 931 ff.). Beruht wie hier das wirtschaftliche Risiko auf der rechtlichen Anlage des Geschäfts und besteht Anlaß zu der Ver­mutung, einem Beteiligten drohe ein Schaden und dieser Beteiligte sei sich - vor allem wegen mangelnder Kenntnis der Rechtslage - der Gefahr nicht oder nicht voll bewußt, so muß der Notar ihn aufgrund seiner "allgemeinen Betreuungspflicht" belehren (st.Rspr. des BGH; vgl. BGH NJW 1972, 1422, 1424; 1978, 219, 220; VersR 1967, 187 ff. und 1976, 730, 731. Vgl. ferner Arndt NJW 1972, 1980 f.). Unrichtig ist ferner die Ansicht der Beklagten, der Notar habe einer etwaigen Belehrungspflicht nicht nachkommen können, weil er zur Verschwiegenheit über den seinerzeit von S gezahlten Kaufpreis verpflichtet gewesen sei. Die vom Senat für erforderlich gehaltene Belehrung nötigte ihn keineswegs zur Offenbarung des Preises. Das Mißverhältnis zwischen den beiden Kaufpreisen ließ die Gefahr, die die Klägerin lief, nur besonders deutlich werden und war deshalb ein zusätzlicher Anlaß, auf das mit der Auf­spaltung in 2 Verträge verbundene Risiko klar und unmißver­ständlich hinzuweisen, statt sich mit der für einen Rechtsunkundigen wenig aufschlußreichen Erklärung zu begnügen, es handle sich um 2 getrennte Verträge. Davon abgesehen gilt das Gebot der Verschwiegenheit nicht ausnahmslos und ohne Rücksicht auf die betroffenen Interessen; ihm werden u.a. durch die Belehrungspflicht Grenzen gesetzt (BGH DNotZ 1973, 494, 496; Arndt BNotO § 18 Anm. II 5; Palandt-Thomas a.a.O. § 839 BGB Anm. 15 Stichwort "Notar" unter c aa).</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Schließlich war Notar Dr. L der Notwendigkeit, die Klägerin entsprechend zu belehren, nicht deshalb enthoben, weil er davon ausgehen durfte, diese habe das Risiko ohnehin erkannt. Hierfür hatte er nämlich keine Anhaltspunkte und tatsächlich spricht auch nichts dafür, daß sie die eigentliche Bedeutung der Vertragsaufspaltung erkannt hatte und deshalb die damit verbundene Gefahr bewußt in Kauf nahm. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, daß die Klägerin vor der Beurkundung vom 4. März 1974 ein Exemplar des Kauf­vertrages und der Baubetreuungsvereinbarung in Händen hatte, besagt das nicht, daß sie die Bedeutung der Vertragsaufspaltung erkannt hat. Daß sie vor der Beurkundung juristischen Rat eingeholt hat, behauptet die Beklagte selbst nicht. Der Ehemann der Klägerin hat zwar bei seiner Vernehmung durch den Senat am 31. Januar 1980 bekundet, ihm und seiner Ehefrau sei klar gewesen, daß der "derzeitige Stand des Grundstücks" mit 98.000,-- DM überbezahlt gewesen sei (Seite 5 des Sitzungs­protokolls oben, Bl. 301 GA), das besagt aber gerade nicht, daß er bzw. die Klägerin das Risiko der Aufspaltung erkannt hat, spricht vielmehr für das Gegenteil, denn es wäre in hohem Maße unvernünftig, geradezu töricht gewesen, an S einen übersetzten Grundstücks-Kaufpreis zu zahlen in Kenntnis des Umstands, daß S für die Errichtung des Hauses nicht einzustehen hatte. Daß hierzu keine Bereitschaft bestand, hat der Zeuge im Folgenden (Seite 6 oben des Sitzungsprotokolls, Bl. 302 GA)nachdrücklich und glaubhaft erklärt. Die Klägerin hat also nur das Risiko einer teilweise ungesicherten Vor­leistung an S bewußt übernommen, nicht jedoch das sich aus der Vertragsaufspaltung ergebende.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Da Notar Dr. L mithin die gebotene Belehrung unterlassen hat, kommt es nicht darauf an, ob er darüber hinaus, wie die Klägerin behauptet und das Landgericht als bewiesen angesehen hat, die Erklärung abgegeben hat, die Vertragsaufspaltung sei nur eine Formsache, die Angelegenheit gehe in Ordnung, er kenne S und C. schon länger.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2. Es ist davon auszugehen, daß die Klägerin, hätte Notar Dr. L sie ordnungsgemäß belehrt, der Vertrag vom 4. März 1974 nicht abgeschlossen hätte. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß derjenige, der Erklärungen von einem Notar beurkunden lassen will, eine Warnung des Notars be­achtet; unterläßt der Notar eine gebotene Warnung, so ist deshalb nach dem Beweis des ersten Anscheins von der Kausalität dieser Unterlassung auszugehen; es ist Sache des Notars, diesen Anscheinsbeweis zu erschüttern, d.h. Umstände dafür darzulegen und zu beweisen, daß der Geschädigte die Warnung nicht beachtet hätte (BGH DNotZ 1961, 162, 163; BGH LM Nr. 27 zu § 282 ZPO - Beweislast -; Arndt, BNotO § 19 II 2.7 am Ende; Seybold-Hornig, BNotO 5. Aufl. § 19 Rn. 106, 108). Derartige Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. Daß die Klägerin möglicherweise schon vor der Beurkundungsverhandlung vom 4. März 1974 Exemplare der Baubetreuungsvereinbarung und des vorgesehenen Kaufvertrags besaß, wie die Beklagte durch die Zeugen S und C unter Beweis gestellt hat, reicht ebensowenig aus wie die Kenntnis der Klägerin davon, daß das Grundstück weniger als 98.000,-- DM wert war. Weder bieten die genannten Umstände hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, die Klägerin habe das sich aus der Vertragsaufspaltung ergebende Risiko erkannt - insoweit wird auf die obigen Ausführungen zu 1) verwiesen -, noch sind sie geeignet, ernsthaft in Frage zu stellen, daß die Klägerin einen Hinweis des Notars beherzigt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Kein Anscheinsbeweis gilt allerdings hinsichtlich der Frage, zu weichen konkreten Maßnahmen ein Hinweis des Notars Anlaß gegeben hätte. Neben dem Scheitern der Vertragsverhandlungen - diese Version vertritt die Klägerin - ist theoretisch denkbar, daß sich S zu einer Abänderung bereitge­funden hätte, sei es, daß er die Garantie für die Errichtung des Hauses zum vorgesehenen Preis übernommen hätte, sei es, daß der sofort zahlbare Kaufpreis dem realen Grundstückswert ange­paßt worden und der Rest nach Baufortschritt zu zahlen gewesen wäre. Diese Möglichkeiten sind hier jedoch ausgeschlossen, weil der Zeuge S glaubhaft bekundet hat, er hätte sich auf eine solche Vertragsgestaltung nicht eingelassen. Der Senat verkennt nicht, daß gegen die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen erhebliche Bedenken bestehen, denn er war -vermutlich zusammen mit C – der Initiator des gesamten Geschäfts, das ersichtlich darauf angelegt war, ohne Rücksicht auf die Realisierbarkeit des Bauvorhabens den Käufern alsbald möglichst viel Geld in Gestalt eines übersetzten Grundstückskaufpreises zu entlocken. S ist denn auch durch - nicht rechtskräftiges - Urteil des Amtsgerichts Köln vom 7. Januar 1980 wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden. Gerade diese Un­lautere Absicht spricht aber dafür, daß der Zeuge sich auf eine angemessene Vertragsgestaltung, weil ihm ungünstig, nicht eingelassen hätte. Der Reiz des Geschäfts lag für ihn darin, alsbald einen möglichst hohen Kaufpreis in die Hand zu bekommen, ohne eine Haftung für das Bauvorhaben selbst zu übernehmen. Solange er hinreichende Aussicht hatte, genügend Interessenten zu finden, die seine Absicht nicht durchschauten, hatte er keine Veran­lassung, die Zahlung des Kaufpreises zu strecken oder gar eine Haftung zu übernehmen. Daß der Zeuge in anderen Fällen eine Aufteilung des Kaufpreises in einen Betrag für Grund und Boden einerseits, für schon erbrachte Bau- und Baunebenleistungen andererseits akzeptierte, besagt in diesem Zusammenhang nichts, weil das seinen Gewinn nicht schmälerte - ihm floß alsbald die volle Summe zu. Im Fall Q war zwar nur ein Betrag von 70.000,-- DM sofort fällig, der Rest von 28.000,-- DM, sobald Kellerboden und Schwimmbad einschließlich der anfallenden technischen Einrichtungen betoniert waren, diese Änderung beeinträchtigte die Interessen des Zeugen aber nur geringfügig, denn wenn L2 wenigstens diese am Anfang des Bauvorhabens liegenden Arbeiten schaffte, erhielt S - nicht etwa L2 - den Rest von 28.000,-- DM. Tatsächlich hat er denn auch von Q die vollen 98.000,-- DM erhalten. Zudem hat der Zeuge S bekundet, es habe sich bei Q um einen Einzelfall gehandelt; eine entsprechende (zum Schutz der Käufer immer noch völlig unzureichende) Vertragsgestaltung sei ihm generell nicht möglich gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Da unter diesen Umständen davon auszugehen ist, daß S zu einer die Interessen der Klägerin angemessen berücksichtigenden Regelung nicht bereit gewesen wäre, andererseits die Klägerin den gebotenen Hinweis des Notars nicht in den Wind geschlagen hätte, hätte ein solcher Hinweis den Vertrag vom 4. März 1974 zum Scheitern gebracht. Der Vernehmung des von der Beklagten benannten Zeugen C bedarf es insoweit nicht. Dieser soll nach der Behauptung Seite 9 der Berufungsbegründung (BI. 149 GA) bekunden, daß auch bei einem einheitlichen Vertragswerk über Kauf und Bebauung die Klägerin eine 1. Abschlagszahlung von 98.000,-- DM hätte entrichten müssen. Darauf kommt es nicht mehr an, nachdem der Vertragspartner der Klägerin, der Zeuge S, bekundet hat, er hätte sich auf ein solches einheitliches Vertragswerk nicht eingelassen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">3. Die Klägerin vermag nicht auf andere Weise Ersatz für den erlittenen Schaden zu erlangen (§ 19 Abs. 1, S. 2 BNote),S und L2 sind unstreitig finanziell nicht leistungsfähig. Auch C ist nach seinen Bekundungen vor dem Senat (Seite 2 des Sitzungsprotokolls vom 25. September 1978, Bl. 201 GA) zur Erfüllung der geltend gemachten Schadens­ersatzforderungen nicht in der Lage. Darüber hinaus ist dieser Zeuge inzwischen nach J ausgewandert. Die Klägerin hat deshalb keine reale Aussicht, von ihm Ersatz zu verlangen, selbst wenn es ihr gelingen sollte; die Voraussetzungen des § 826 BGB nachzuweisen; eine andere Anspruchsgrundlage ist gegenüber C, der nicht Vertragspartner der Klägerin geworden ist, nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">4. Die Klägerin trifft kein Mitverschulden (§ 254 DGB). Wie das von ihr vorgelegte Zeitungsinserat der Firma T GmbH (hinter der S und wohl auch C standen) zeigt, ist ihr ein komplettes "Komfort-Einfamilienhaus" zum "notariell gesicherten Festpreis 208.000,-- DM" angeboten worden. Auch wenn sie, wie zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden mag, nicht erst im Notartermin damit überrascht wurde, daß ein Grundstückskauf nebst Übernahme der Rechte und Pflichten aus der Baubetreuungsvereinbarung vom 28. Januar 1974 beurkundet werden sollte, sondern sie schon vorher Exemplare beider Verträge hatte, brauchte sie als juristischer Laie daraus nicht den Schluß zu ziehen, es handle sich um 2 voneinander letztlich völlig unabhängige Verträge mit dem für sie damit verbundenen, oben aufgezeigten und später verwirklichten Risiko. Vielmehr durfte sie darauf vertrauen, daß der Notar sie über etwaige Risiken aus dieser Vertragsauf­spaltung belehren würde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">5. Der Schaden der Klägerin beläuft sich auf mehr als 36.5oo,-- DM, weshalb das angefochtene Teilurteil in vollem Umfang aufrecht­zuerhalten ist (in seiner berichtigten Fassung).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Allerdings ist die Schadensberechnung des Landgerichts fehlerhaft. Die Klägerin kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als ob das Haus wie vorgesehen zum Gesamtpreis von 208.000,-- DM er­stellt worden wäre - dies entspräche dem positiven Interesse, das bei einer Haftung nach § 19 BNotO grundsätzlich nicht zu er­setzen ist. Die Klägerin ist vielmehr so zu stellen, wie sie im Falle der unterbliebenen Beurkundung des Vertrages vom 4. März 1974 gestanden hätte. Ob, wie die Beklagte meint, dieser Schaden sich beschränkt auf die Differenz zwischen den von der Klägerin aufgrund des Vertrages vom 4. März 1974 bis zur Ar­beitseinstellung L2 erbrachten Leistungen und dem bis dahin geschaffenen objektiven Wert von Grund und Boden sowie Bauleistungen, erscheint durchaus zweifelhaft. Adäquate Schadensfolge ist es nämlich auch, wenn zur Zeit der Arbeits­einstellung L2 die Arbeiten so weit fortgeschritten waren, daß bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Klägerin zur Fortsetzung der Arbeiten mit Hilfe anderer Unternehmer genötigt war, weil der Schaden durch den Verkauf einer "Bauruine" nur noch vergrößert worden wäre. Das kann hier jedoch letztlich offen bleiben, denn selbst unter Zugrundelegung des von der Beklagten für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkts und ihrer Wertangaben ergibt sich ein höherer Schaden als 36.500,-- DM. Die Klägerin hat bis zur Einstellung der Arbeiten L2 142.000,-- DM gezahlt, nämlich 98.000,-- DM an S, 44,000,-- DM an L2. Die letzteren Zahlungen sind durch die in Kopie vorgelegten Urkunden Bl. 311 - 315 GA, 318 - 326 GA in Verbindung mit der Bekundung des Zeugen F vorn 22. Mai 1980 (Bl. 328 - 330 GA) und der Vereinbarung der "Bauherren­gemeinschaft H" mit L2 vom 10. November 1974 (BI. 41, 42 des Sonderhefts 2 im Ordner BMO IV zur Strafakte 110 Js 582/74 StA Köln) bewiesen. Insbesondere besteht kein Zweifel daran, daß die auf das Konto der Bauherrengemeinschaft geflossenen Gelder für den Bau verwendet worden sind. L2 hat laut Bl. 62 der genannten Strafakte am 17. April 1975 vor der Polizei ausgesagt, 5 der Bauherren - darunter die Klägerin -hätten vor Bildung der Gemeinschaft jeweils 28.000,-- DM an ihn gezahlt; danach hätten sie das erforderliche Geld auf ein Konto der Gemeinschaft eingezahlt und von dem seien die an­fallenden Rechnungen bezahlt worden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><img src="7_U_21_78_Urteil_19800918_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." width="9" height="5" />Diesen Aufwendungen in Höhe von 142,000,-- DM stehen unter Zu­grundelegung des eigenen Zahlenwerks der Beklagten nur 97.525,-- DM an objektivem Wert gegenüber, nämlich:</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Grundstück 200,-- DM/qm; bei 162 qm:              32.400,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Bauneben- und Ausschachtungskosten              l0.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">35 % des laut dem Gutachten des Sachverständigen C1, auf das sich die Beklagte insoweit stützt, mit 157.500,-- DM für 1974 zu veranschlagenden</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Bauvorhabens =              55.125,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Summe:                         97.525,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist deshalb in vollem Umfang zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen. Streitwert 2. Instanz und Wert der Beschwer: 36.500,-- DM</p>
|
315,925 | lg-duisburg-1980-09-18-2-s-12280 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 2 S 122/80 | 1980-09-18T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:35 | 2019-03-27T09:41:52 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1980:0918.2S122.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Wesel vom 22. Februar 1980 abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und musste Erfolg haben. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Dem Amtsgericht ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils dahin beizupflichten, dass auch der vom Kläger in Höhe von 815,60 DM geltend gemachte Rabattverlust wegen Rückstufung in der Kasko-Versicherung zu den Schäden gehört, für die die Beklagten dem Grunde nach aus dem Verkehrsunfall vom 22. Oktober 1978 uneingeschränkt haften. Zuzustimmen ist dem Amtsgericht auch darin, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers dann durch § 254 BGB eingeschränkt wird, wenn bei der Entstehung oder der Entwicklung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt hat. Ob dies der Fall ist, hängt aber entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht davon ab, ob durch die Inanspruchnahme der Vollkasko-Versicherung durch den Geschädigten ein Nachteil für den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer entstehen. Denn der Schadensumfang richtet sich ausschließlich danach, inwieweit Rechtsgüter des Geschädigten beeinträchtigt sind. Auf den Ausgleich zwischen den Versicherern (d.h. der Kasko-Versicherung des Klägers und der Beklagten zu 2) als der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1) kommt es dagegen in diesem Zusammenhang nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Da der Kläger sich den mit dem Rabatt-Verlust verbundenen Vermögensnachteil au Grund eigener Entschließung zugefügt hat, war zu prüfen, ob die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung eine Verletzung der Schadensminderungspflicht darstellt (vgl. LG Gießen DAR 75, 268). Dies ist, wie das Landgericht Gießen (a.a.O.) überzeugend dargelegt hat, regelmäßig dann nicht der Fall, wenn dem Beschädigten ein weiteres Zuwarten auf die Schadensregulierung durch den Schädiger und seinen Haftpflichtversicherer unzumutbar ist. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass im Falle einer längeren Dauer der Schadensabwicklung durch Aufnahme eines Bankkredites, Inanspruchnahme eines Mietwagens etc. in der Regel ein vergleichsweise höherer Schaden entstehen wird, als der mit der Abwicklung durch die Kasko-Versicherung verbundene Vermögensnachteil.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach den unstreitigen Umständen ist dem Kläger hier ein Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB vorzuwerfen, so dass der hierdurch entstandene Schaden nicht ersetzt zu werden braucht. Nach den unstreitigen Umständen ist nämlich ein Fall des unzumutbaren Zuwartens auf die Schadensregulierung durch den Schädiger und seine Haftpflichtversicherung nicht gegeben. Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden zunächst über seine Kasko-Versicherung abgewickelt und sich erst mit Schreiben vom 24. Oktober 1979 – also ein Jahr nach dem Unfall – an die Beklagte zu 2) als die zur Regulierung des Schadens in Betracht kommende Haftpflichtversicherung des Schädigers gewandt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. </p>
|
315,926 | olgk-1980-09-15-10-wf-10180 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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} | 10 WF 101/80 | 1980-09-15T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:37 | 2019-03-27T09:41:51 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0915.10WF101.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p></p>
<p>wird die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Aa-chen vom 7.8.1980 kostenpflichtig als unzulässig verworfen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß ist dem Antragsgegner für das Verfahren der einstweiligen Anordnung bezüglich des Unterhaltes das Armenrecht verweigert worden. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist gem. § 620 c S. 2 ZPO unzulässig. Denn diese Vorschrift geht als spezielle Bestimmung dem § 127 S.2 ZPO vor und umfaßt daher auch das verweigerte Armenrecht; andernfalls müßte bei der Beschwerde entgegen dem Sinn und Zweck des § 620 c S. 2 ZPO über die Berechtigung der einstweiligen Anordnung mitentschieden werden.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert: 100,-- DM bis 200,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Köln, den 15. September 1980</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Oberlandesgericht, 10.Zivilsenat</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">- Familiensenat -</p>
|
315,927 | olgham-1980-09-11-4-uf-14280 | {
"id": 821,
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<p>Auf die Berufung des Antragstellers werden die Unterhaltsregelung und die Kostenentscheidung des am 27. Februar 1980 verkündeten Verbundurtreils des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund abgeändert.</p>
<p>Der Unterhaltsantrag der Antragsgegnerin wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges und die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben am 21. Mai 1955 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder ..., geboren am 28.9.1955, und ..., geboren am 21. November 1960, hervorgegangen. Der Sohn ... ist am 24.12.1963 verstorben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Seit September 1978 leben die Parteien getrennt. Beide begehren die Scheidung der Ehe. Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil die Scheidung ausgesprochen, den Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsgegnerin nach § 1573 BGB 335,- DM monatlichen Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung zugesprochen. Gegen diese Unterhaltsentscheidung, wegen deren Begründung auf das amtsgerichtliche Urteil Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Antragstellers, der den Antrag verfolgt,</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Unterhaltsantrag der Antragsgegnerin abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller vertritt die Auffassung, daß die Antragsgegnerin ihren Unterhalt selbst verdienen könne und müsse, daß jedenfalls aber ihre Unterhaltsforderung wegen grober Unbilligkeit nicht gerechtfertigt sei. Dazu ist unstreitig, daß die Antragsgegnerin im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung Beziehungen zu dem ebenfalls verheirateten Zeugen ... aufgenommen hat, mit diesem im September 1978 ohne Wissen des Antragstellers einen gemeinsamen Urlaub verbracht hat und seither mit ihm eine gemeinsame Wohnung hat. Der Antragsteller sieht darin ein Fehl verhalten, das seine Inanspruchnahme auf Unterhalt ausschließt. Dieser Auffassung tritt die Antragsgegnerin mit Rechtsausführungen entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Parteien in der mündlichen Verhandlung angehört. Sie haben sich wie folgt erklärt:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie habe in den letzten 3 bis 4 Jahren vor der Trennung als Teilzeitverkäuferin in der Textilbranche gearbeitet, wie es auch seit der Trennung bis heute der Fall sei. In dem der Trennung vorausgehenden Urlaub sei sie zunächst zu ihren Eltern nach in ... gefahren. Den weiteren Urlaub habe sie mit dem Zeugen an einem anderen Ort verbracht. Sie hätten jeder ein Einzelzimmer gehabt. Die Ehefrau des Zeugen ..., der Taxifahrer sei, betreibe eine Gaststätte. Dort seien sie und der Antragsteller mit den Eheleuten ... bekannt geworden. Der Antragsteller sei etwa 10 Jahre lang Dauergast in der Gastwirtschaft ... gewesen. Frau und der Antragsteller hätten von ihrer gemeinsamen Urlaubsreise mit dem Zeugen ... nichts gewußt. Ausschlaggebend für ihren Entschluß, mit ... zusammen Urlaub zu machen, sei die Tatsache gewesen, daß der Antragsteller jeden Abend außer Hauses dem Alkohol zugesprochen habe. Er sei nie von der Arbeit unmittelbar nach Hause gekommen. Er habe sich nicht eigentlich betrunken, aber immer Alkohol zu sich genommen. Sie habe ihn in den letzten Jahren fast jeden Abend in der Gaststätte ... abgeholt. Es habe deswegen viel Streit zwischen ihnen gegeben. Er habe über diesen Punkt aber nicht mit sich reden lassen. Daß er einmal zum Abendessen nach Hause gekommen sei, sei so gut wie nie vorgekommen. Es sei immer ca. 22.00 Uhr geworden, ehe er gekommen sei. Im Jahre 1977 sei der Antragsteller allein in Urlaub gefahren. Sie habe nicht mitfahren können, weil sie, da sie von seinen Urlaubsplänen erst zu spät erfahren habe, habe arbeiten müssen. Weil er dennoch gefahren sei, habe sie ihm angedroht, sie nehme das nicht mehr hin, sie lasse sich dann auch etwas einfallen. Nach dem im September 1978 mit dem Zeugen verbrachten Urlaub sei sie nicht mehr in die Ehewohnung zurückgekehrt. Sie habe zunächst bei einer Freundin gewohnt. Auch der Zeuge habe dort Aufnahme gefunden. Es sei eine 1 1/2-Zimmer-Wohnung gewesen. ... habe in der Küche geschlafen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Zeuge ... sei als Taxifahrer bei seiner Ehefrau angestellt gewesen. Seit ca. 8 Wochen sei er als Taxifahrer selbständig. Er habe auch Eheprobleme gehabt. Sie selbst sei schon vor Jahren soweit gewesen, daß sie mit dem Antragsteller habe Schluß machen wollen. Als sie darüber mit dem Zeugen ... gesprochen habe, habe dieser zu ihr gesagt, sie solle sich, wenn sie in Schwierigkeiten sei, an ihn wenden, er werde ihr jederzeit weiterhelfen. Seit Februar 1979 lebe sie mit dem Zeugen ... zusammen in einer eigenen Wohnung. Sie habe den Zeugen mit in die Wohnung genommen, weil sie allein die Miete nicht habe aufbringen können. Es ergebe sich von Fall zu Fall, wer gerade den Haushalt versorge. Der Zeuge sei in der Regel den ganzen Tag unterwegs und beköstige sich dann selbst. In der Wohnung habe er ein eigenes Zimmer, das er sich selbst eingerichtet habe. Es bestehe nur eine Wohngemeinschaft. Geschlechtliche Beziehungen gebe es zwischen ihnen nicht. Das habe es auch in dem gemeinsamen Urlaub 1978 nicht gegeben. Wenn sie daran interessiert wäre, würde sie sich ihren Partner schon selbst aussuchen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie habe sich intensiv um eine Arbeitsstelle mit Vollzeitbeschäftigung bemüht, bisher aber vergeblich. Sie müsse am Verhandlungstage noch zum Arzt. Wahrscheinlich müsse sie noch einmal operiert werden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Er arbeite als Baggerführer bei einer Tiefbaufirma. Der Sohn ... sei gelernter Reisekaufmann. Zur Zeit sei er bei der Bundeswehr. Im September 1978 habe er den Verdacht gehabt, daß die Antragsgegnerin nicht allein in Urlaub gefahren sei. Er sei zu ihren Eltern gefahren, die aber angeblich von nichts gewußt hätten. In seiner Erregung habe er dort gesagt, er werde die beiden umlegen, wenn sie zurückkämen. Es sei richtig, daß er sich jeden Abend in der Gastwirtschaft ... aufgehalten habe. Es sei auch richtig, daß die Antragsgegnerin ihm deshalb häufig Vorhaltungen gemacht habe. Schon etwa ein Jahr vor der Trennung habe er den Verdacht gehabt, daß sie engeren Kontakt zu dem Zeugen ... aufgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Antragstellers erwies sich als begründet. Die Antragsgegnerin hat keinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, weil die Verpflichtung des Antragstellers zu Unterhaltsleistungen grob unbillig wäre i.S. von § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB. Die angefochtene Entscheidung war demzufolge abzuändern und der auf Unterhalt gerichtete Antrag der Antragsgegnerin abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit dem Bundesgerichtshof (FamRZ 1979, 569 und 571; 1980, 665ff.) geht der Senat davon aus, daß der Wegfall des Verschuldensprinzips im Scheidungsrecht es nicht ausschließt, im Rahmen der Billigkeitsregelung des § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Unterhalt beanspruchenden Ehegatten zu berücksichtigen. Ein solches Fehlverhalten, das in seiner Gewichtigkeit den in § 1579 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB angeführten Tatbeständen gleichzusetzen ist, muß hier darin gesehen werden, daß die Antragsgegnerin unmittelbar vor der Trennung von dem Antragsteller einen gemeinsamen Urlaub mit dem Zeugen ... verlebt hat und seit der sich an den Urlaub anschließenden Trennung mit dem Zeugen ... in Wohngemeinschaft zusammenlebt. Unter diesen Umständen kann es dem Antragsteller nicht zugemutet werden, seinerseits für den Unterhalt der Antragsgegnerin aufzukommen, also insoweit noch seinen auf der Ehe mit der Antragsgegnerin beruhenden Pflichten nachzukommen, während diese selbst sich absolut von der Ehe abgekehrt hat und mit einem anderen Manne zusammenlebt (BGH FamRZ 80, 666f.). Die Feststellung, daß die Inanspruchnahme des Antragstellers grob unbillig wäre, wird von dem vom Senat als wahr unterstellten Vorbringen der Antragsgegnerin, daß zwischen ihr und dem Zeugen ... geschlechtliche Beziehungen weder bestanden haben noch bestehen, nicht berührt. Denn daß zwischen der Antragsgegnerin und dem Zeugen ... ein enges persönliches Verhältnis besteht, das nach seiner Entstehung dem langfristigen Fortbestand und der Art seiner tatsächlichen Vollziehung grob ehewidrig ist, auch wenn - aus welchen Gründen immer - eine Geschlechtsgemeinschaft nicht besteht, kann nicht zweifelhaft sein. Auch wenn die Abkehr von der Ehe und gleichzeitige Zuwendung zu einem anderen Partner geschlechtliche Kontakte nicht beinhaltet, die neue Verbindung aber ansonsten ganz das Bild eines wie Eheleute zusammenlebenden Paares bietet, wie es hier der Fall ist, bleibt die Unterhaltsforderung des sich so verhaltenden Ehegatten zur Überzeugung des Senats im Verhältnis zu dem anderen Ehegatten grob unbillig i.S. der genannten Vorschrift, so daß es bei der Verurteilung des Antragstellers zu Unterhaltsleistungen nicht verbleiben konnte. Auf die Frage der der Trennung vorausgehenden Zerrüttung der Ehe und ihrer Verursachung kam es dabei nicht mehr an (BGH a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Beiläufig sei vermerkt, daß die Antragsgegnerin, auch wenn ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach bejaht werden könnte, schwerlich als bedürftig angesehen werden könnte. Sie dürfte sich nämlich entgegenhalten lassen müssen, daß sie neben ihrem unstreitigen monatlichen Arbeitsverdienst von 628,85 DM netto durch die hausfrauliche Betreuung des Zeugen ... weiteres Einkommen hat oder zumindest haben könnte. Veranschlagt man die Betreuungsleistungen nach den ebenfalls in dem zitierten BGH-Urteil (FamRZ 80, 665ff.) niedergelegten Maßstäben in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 850h Abs. 2 ZPO mit monatlich 500,- DM, stünden ihr für ihren eigenen Unterhalt bereits 1.128,85 DM (628,85 DM zuzüglich 500,- DM) zur Verfügung. Andererseits hätte sie, wenn man die vom Amtsgericht ermittelten beiderseitigen Einkommen auch als Maßstab für die die Höhe des Unterhalts mitbestimmenden ehelichen Verhältnisse nimmt, einen Aufstockungsunterhaltsanspruch nur in Höhe von monatlich rd. 465,- DM, so daß sie mit ihrem eigenen Arbeitsverdienst von 628,85 DM nur auf 1.093,85 DM monatlich kommen könnte. Dabei errechnet sich der Betrag, von 465,- DM als 3/7-Anteil (Ziff. 30 der von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts Hamm regelmäßig angewandten Leitlinien; FamRZ 1980, 21ff.) er Differenz von 1.083,15 DM zwischen dem monatlichen Arbeitsnettoeinkommen des Antragstellers (1.712,- DM) und dem entsprechenden Einkommen der Antragsgegnerin (628,85 DM) Ihre gegenwärtige Unterhaltssituation wäre also besser, als der Antragsteller sie zu schaffen als verpflichtet angesehen werden konnte.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 93a ZPO, die Entscheidung über die Zulassung der Revision auf § 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.</p>
|
315,928 | olgk-1980-08-22-4-uf-7980 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 79/80 | 1980-08-22T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:40 | 2019-03-27T09:41:51 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:0822.4UF79.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts -Familiengericht- Bonn vom 22.2.1980 - 25 F 108/79 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Das Urteil des Amtsgerichts Recklinghausen vom 26.11.1964 - 15 C 41/64 - in der Fassung des Urteils des Landgerichts Bochum vom 24.6.1965 - 8 S 12/65 - wird dahin abgeändert, das der Kläger ab 3.6.1979 nicht mehr verpflichtet ist, den in diesen Urteilen titulierten Unterhalt von monatlich 150,-- DM an die Beklagte zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 1/10, die Beklagte 9/10; die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Durch die oben bezeichneten Urteile war der Kläger zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages von 150,-- DM an die Beklagte verurteilt worden. In dem vorliegenden Verfahren hat der Kläger zunächst Abänderung dieser</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Urteile dahin verlangt, daß er ab 1.2.1979 zu Unterhaltszahlungen nicht mehr verpflichtet sei. Nachdem ihm das Armenrecht soweit bewilligt worden war, als er Abänderung ab 2.6.1979 beantrage, hat er nur noch in dem Umfang die Abänderung beantragt, als ihm das Armenrecht bewilligt worden war.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben, soweit Abänderung ab 1.2.1980 verlangt wurde r nachdem die Beklagte diesen Anspruch anerkannt hatte. Im übrigen hat das Amtsgericht die</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Klage abgewiesen, weil die Klage erst am 1.2.1980 ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Gegen dieses am 19.3.1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.3.1980 Berufung eingelegt, die er nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 30.5.1980 begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter teilwei.ser Abänderung des angefochtenen Urteils nach den letzten Anträgen der ersten Instanz zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Parteien wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es nach dem Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, auf deren vorgetragenen Inhalt Bezug genommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e</u></p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie muß auch in der Sache Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Daß die Urteile des Amtsgerichts Recklinghausen und des Landgerichts Bochum grundsätzlich dahin abzuändern sind, daß der Kläger der Beklagten zu Unterhaltsleistungen nicht mehr verpflichtet ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist lediglich, ab wann eine Abänderung der Urteile gemäß § 323 ZPO möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach dem Wortlaut des § 323 Abs. 3 ZPO darf ein Urteil nur für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden. Vorher soll die Rechtskraft der alten Entscheidung unangetastet bleiben. Wie der Senat bereits mehrfach (s. Entscheidung in NJW 79/1661)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">ausgeführt hat, folgt er nicht der Meinung, daß die Abänderung eines Titels bereits von dem Zeitpunkt an möglich ist, zu dem ein Armenrechtsgesuch dem Gegner zugeht, (so OLG FamRZ 79/294, OLG Frankfurt in FamRZ 79/963). Diese Meinung wird im wesentlichen damit begründet, daß der Arme benachteiligt wird, wenn für die Abänderung des Titels die Zustellung der Klage verlangt wird, weil ohne Zahlung eines Vorschusses oder Bewilligung des Armenrechts eine Zustellung nicht erfolge. Eine Benachteiligung der armen Partei muß jedoch nicht eintreten. Sie kann nämlich die Klage zusammen mit dem Armenrechtsgesuch einreichen und schon durch Vorlage der Armenrechtsunterlagen gemäß § 65 Abs. 7 Ziff. 3 GKG glaubhaft machen, daß sie nicht in der</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Lage ist, den Vorschuß zu zahlen. Dann wird die Klage auch ohne Vorschuß direkt zugestellt, so daß die Voraussetzungen des § 323 Abs. 3 ZPO erfüllt sind (so auch 21. Senat des OLG Köln in FamRZ 79/331).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">In dem vorliegenden Fall ist die Zustellung der Klage am 2.6.1979 erfolgt. Zwar hat das Amtsgericht die Klage nach einer Verfügung nur "im Armenrechtsprüfungsverfahren" zugestellt. Jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall genügt diese Zustellung jedoch zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 323 Abs. 3 ZPO. Aus den Umständen ist nämlich zu ersehen, daß der Kläger nicht nur einen Klageentwurf eingereicht hat, der nur bei Bewilligung des Armenrechts als Klage behandelt werden sollte.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Zustellung eines solchen Entwurfs würde den Anforderungen nicht genügen. Hier aber hat der Kläger eine uneingeschränkte Klage eingereicht. Das ergibt sich einmal aus der Tatsache, daß die Klage nicht als Entwurf bezeichnet und auch in dem Armenrechtsgesuch keine Einschränkung erklärt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zum anderen hat der Kläger schon in der Klageschrift die Einstellung der Zwangsvollstreckung beantragt. Aus diesen Tatsachen kann die unbedingte Klageeinreichung geschlossen werden(s. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, § 118 Anm. 1). Dann aber reicht die Zustellung vom 2.6.1979 aus, weil mit gleichzeitiger Einreichung von Klage und Armenrechtsgesuch auch der Rechtsstreit als solcher in Gang gesetzt</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">worden ist, (BGHZ 4/333). Die Berufung, mit der der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht ab 3. 6. 1.979 begehrt, ist damit begründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1.200,-- DM</p>
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 U 98/80 | 1980-08-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:42 | 2019-03-27T09:41:51 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0820.4U98.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 6. Februar 1980 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung werden der Antragstellerin auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Rohrschellen für den industriellen Rohrleitungsbau. Für diese bestand früher ein inzwischen abgelaufener Gebrauchsmusterschutz. Seit März 1979 wirbt die Antragstellerin mit einer 7-seitigen Preisliste, die Abbildungen der Produkte sowie Tabellen mit deren näherer Bezeichnung und Nummerierung sowie Preisangaben enthält. Die Abbildungen sind verkleinerte Wiedergaben von Zeichnungen der Antragstellerin, die als Druckvorlage dienten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin vertreibt - wie seit Jahren auch andere Wettbewerber - Konkurrenzprodukte. Seit Herbst 1979 bedient sie sich einer 10-seitigen Preisliste "Nr. 561-PL September 1979" und eines 20-seitigen Kataloges "Nr. 561. 2-79", in denen ebenfalls Abbildungen und Tabellen mit näheren Angaben enthalten sind. Die Vertriebsprogramme der Parteien stimmen nach Bauart, Zubehör, Abmessungen und Preisen weitgehend überein. Einige Abbildungen, die die Antragsgegnerin - wie inzwischen unstreitig geworden ist - aus der Preisliste der Antragstellerin "abgekupfert" hat, sind identisch. Die Antragsgegnerin lieferte Katalog und Preisliste unter anderem an die Firma ...</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin wendet sich hier - wegen der übereinstimmenden Abbildungen - gegen den Vertrieb von Katalog und Preisliste, nicht jedoch gegen Herstellung und Vertrieb der (vielfach identischen) Schellen selbst.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, in den letzten Jahren neue Schellentypen entwickelt und dadurch eine führende Marktstellung gewonnen zu haben. Die Antragsgegnerin beabsichtige, ebenfalls derartige Schellen herzustellen. Diese habe - was aus der völligen Übereinstimmung der betreffenden Abbildungen zu schließen sei - offensichtlich die Preisliste der Antragstellerin unmittelbar zur Herstellung der Druckvorlage benutzt. Sie selbst habe für die Herstellung ihres Prospektes einen Betrag von 9.773,61 DM aufgewendet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Sie hat gemeint, die Antragsgegnerin verstoße durch Herstellung und Verbreitung von Preisliste und Katalog gegen ihr insoweit, insbesondere an den Abbildungen bestehendes Urheberrecht und handele damit außerdem sittenwidrig gemäß § 1 UWG. Es handele sich um eine unmittelbare Leistungsübernahme mit dem Zweck, sich den guten Ruf der Erzeugnisse der. Antragstellerin zunutze zu machen mit der Folge, daß ihre Bemühungen als Erstwerbende um eine persönliche Ausgestaltung ihrer Werbemittel sinnlos würden.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung bei Vermeidung von Ordnungsmitteln für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, ihren Katalog EO-Rohrschellen Nr. 561. 2-79 und ihre Preisliste Nr. 561-PL September 1979 zu vertreiben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat gemeint, die Übereinstimmung der Abbildungen sei nicht zu vermeiden, weil es sich bei den Rohrschellen um Normteile handele, die auf Grund der DIN-Normen vorgegeben seien und notwendigerweise dieselben technischen Abmessungen hätten und diese Artikel sich daher symbolisch nicht anders darstellen ließen. Die Abbildungen seien daher weder urheberrechtsschutzfähig noch wettbewerbsrechtlich geschützt, weil sie keine neuen und eigenartigen Gedanken aufwiesen und somit nicht über das Maß des Hergebrachten und üblichen hinaus eine besondere wettbewerbsrechtliche Wirkung hätten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem müsse bei einem Vergleich der Katalog insgesamt zugrunde gelegt werden. Ihr eigener Katalog unterscheide sich jedoch durch die optische und systematische Darstellung, die Symbolik, die Bestellzeichen und die textlichen Erläuterungen so stark von dem Katalog der Antragstellerin, daß eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen sei.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch das am 6. Februar 1980 verkündete Urteil, auf das wegen der Einzelheiten, auch des erstinstanzlichen Vertrags der Parteien, Bezug genommen wird, den Verfügungsantrag zurückgewiesen, da die Abbildungen weder urheberrechtsschutzfähig noch wettbewerbsrechtlich (§ 1 UWG) geschützt seien. Einmal handele es sich nur um die perspektivische Darstellung von genormten Einzelteilen und damit nicht um ein Erzeugnis eigenpersönlicher Geistestätigkeit gemäß § 2 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz. Zum anderen sei trotz maßstäblich genauer Übernahme der Abbildungen und dadurch möglicherweise gegebener Kostenersparnis eine sklavische Nachbildung gemäß § 1 UWG nicht gegeben, da die Abbildungen in dem Katalog der Antragstellerin als solche keine Verkehrsgeltung besäßen, die den Schluß auf die Herkunft von der Antragstellerin zulasse.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 7. März 1980 zugestellte Urteil hat die Antragstellerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese rechtzeitig begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Sie greift das Urteil an und behauptet - unter Vorlage verschiedener eidesstattlicher Versicherungen - ergänzend, sie habe vor mehr als 10 Jahren eine Kunststoffschelle entwickelt und mit großem Erfolg weltweit auf den Markt gebracht. Vor etwa 4 bis 5 Jahren habe die Antragsgegnerin diesen inzwischen als "...-Schelle" bekannt gewordenen Artikel in ihr Vertriebsprogramm aufgenommen und in dieser Zeit von ihr, der Antragstellerin, alle Klischees und Prospektunterlagen ausgehändigt erhalten. Wegen des großen Erfolges habe die Antragsgegnerin dann - allerdings erfolglos - versucht, eine eigene Schelle mit vergleichbarer Funktion, jedoch anderer äußerer Gestaltung zu vertreiben. Nach Beendigung des Vertriebs dieses Artikels vor etwa 1 bis 2 Jahren habe sie begonnen, durch exakte Nachahmung der "...-Schelle" und - wie sich bei fachlicher Untersuchung durch 300 % ige Vergrößerung in einer Reproduktionsanstalt herausgestellt habe - genaue "Abkupferung", d.h. fotomechanische bzw. fotoelektrische Entnahme der Abbildungen aus dem Katalog der Antragstellerin eine "eigene" Schelle auf den Markt zu bringen, und zwar seit Ende 1979 unter Verwendung des betreffenden Kataloges mit zugehöriger Preisliste. Die betreffenden Kunden gelangten auf Grund der identischen Abbildungen zu der Überzeugung, die Antragsgegnerin vertreibe nunmehr wieder die Schellen der Antragstellerin.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">In diesem Verhalten, so meint die Antragstellerin, liege einmal ein Verstoß gegen ihr auf Grund künstlerischer Schöpfung gegebenes Urheberrecht gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 7 UrhG und zum anderen - wegen Irreführung der Kundschaft - um einen Verstoß gegen § 3 UWG. Jedenfalls handele es sich aber um die Ausbeutung eines fremden, schutzwürdigen Leistungsergebnisses durch unmittelbare Aneignung gemäß § 1 UWG. Die insoweit erforderliche wettbewerbliche Eigenart ergebe sich aus der Gestaltungsform der einzelnen Gegenstände und darüberhinaus aus der Art ihrer Darstellung in der Preisliste. Die Erzeugnisse seien geeignet, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft und die Besonderheit des Erzeugnisses hinzuweisen. Die Unlauterkeit des Verhaltens der Antragsgegnerin liege in der Ausbeutung dieses fremden Arbeitsergebnisses ohne eigene zusätzliche Leistung mit der Folge, daß sie, die Antragstellerin, als Erbringerin der Erstleistung um die verdienten Früchte ihrer Arbeit gebracht werde.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Antragstellerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils dem Verfügungsantrag stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie trägt zur Verteidigung des landgerichtlichen Urteils ergänzend vor, angesichts der Tatsache, daß die - allerdings vor geraumer Zeit von der Antragstellerin entwickelte - "...-Schelle" nach Ablauf der Schutzfristen auch von anderen Wettbewerbern hergestellt und vertrieben werde und es sich hierbei um auf Grund von DIN-Normen vorgegebene Normteile mit identischen technischen Abmessungen handele, genössen die Abbildungen der Antragstellerin weder urheberrechtlichen noch wettbewerbsrechtlichen Schutz. Einmal seien Abbildungen einfacher technischer Elemente wie beispielsweise Schrauben, Anschweißplatten, Klemm-Muttern, Befestigungswinkel, Deckplatten und Schellen keine persönlich-geistigen Schöpfungen gemäß § 2 Abs. 2 UrhG, da es sich nur um die schlichte und nüchterne Wiedergabe von Armaturen und nicht etwa um etwas aus der Masse des alltäglichen Herausragendes handele. Zum anderen scheide schon angesichts der anderweitigen Bezeichnungen in Katalog und Preisliste der Antragsgegnerin eine Irreführung der Kunden dahin, daß die von der Antragsgegnerin vertriebenen Schellen für Erzeugnisse der Antragstellerin gehalten würden, aus.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Schließlich liege in der übernähme einiger Abbildungen und dem Vertrieb ihres Kataloges nebst Preisliste auch kein Verstoß gegen § 1 UWG. Die Preislisten der Parteien seien unterschiedlich aufgemacht, insbesondere hinsichtlich der Art der Anordnung der einzelnen Abbildungen sowie bezüglich des Winkels z.B. der abgebildeten Anschweißplatten und Tragschienen. Darüberhinaus seien z.B. bei den Schrauben Farbgebung und Druckart anders. Bei der übernähme einiger der schablonenhaften Darstellungen der Antragstellerin habe sie nicht etwa ein fremdes, den Einsatz beträchtlicher Arbeit und Kosten voraussetzendes Leistungsergebnis ausgenutzt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Insbesondere könne es ihr nicht untersagt werden, für diese Schellen, die sie nachbilden und verkaufen dürfe, mit entsprechenden Abbildungen zu werben. Jedenfalls bedürfe der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung der zeitlichen Beschränkung, da er sonst die Hauptsache vorwegnehme. Schließlich könne ihr allenfalls die Abbildung bestimmter Artikel, nicht jedoch der Vertrieb des gesamten Kataloges nebst Preisliste untersagt werden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf deren Schriftsätze und überreichte Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat den Verfügungsantrag zu Recht zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Zwar liegen die formalen Voraussetzungen für den auf Unterlassung gerichteten Verfügungsantrag vor. Einmal ist die Antragstellerin als verletzte Mitbewerberin bzw. Inhaberin des in Betracht kommenden Urheberrechtes klagebefugt (§ 13 UWG bzw. § 97 UrhG). Zum anderen liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Soweit es sich um wettbewerbsrechtliche Ansprüche handelt, braucht dieser entgegen den Vorschriften der §§ 935, 940 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht zu werden, § 25 UWG. Vielmehr wird die Dringlichkeit vermutet. Sie ergibt sich - wie hier - aus dem jeweiligen Sachvortrag. Bei Unterlassungsansprüchen reicht die Darlegung einer Wiederholungsgefahr. Diese wird ebenfalls vermutet, da die Wettbewerbsabsicht des betreffenden Gewerbetreibenden darauf schließen läßt, daß er sein Verhalten auch in Zukunft fortsetzen wird (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, GR 1955, 345; BGH, GR 1959, 547). Soweit es sich um den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch handelt, ist zwar § 25 UWG mit den erleichterten Voraussetzungen nicht anwendbar (vgl. Baumbach-Hefermehl, § 25 UWG, Rdn. 2), so daß sich die Eilbedürftigkeit insoweit nach §§ 935, 940 ZPO bestimmt. Diese ist jedoch angesichts der dargelegten Wiederholungsgefahr zu bejahen. Für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr besteht auch hier eine Vermutung. Der Grund für die Annahme dieser Vermutung im Bereich wettbewerbsrechtlicher Ansprache liegt darin, daß der Betreffende in Wettbewerbsabsicht und damit im Bereich einer auf Dauer angelegten Tätigkeit handelt (so der BGH in den beiden zitierten Entscheidungen). Diese Wettbewerbsabsicht besteht jedoch im Bereich der Verletzungen von Urheberrechten ebenfalls, und zwar unabhängig davon, ob das Verhalten der rechtlichen Beurteilung in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht oder im Hinblick auf das Urheberrechtsgesetz in Verbindung mit den Vorschriften der Zivilprozeßordnung unterliegt (so ausdrücklich für Urheberrechtsverletzungen von Gamm, UrhG, § 97, Rdn. 25; BGH, GR 1965, 202 für Geschmacksmusterverletzungen).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Verfügungsanspruch ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich weder aus §§ 2, 31 UrhG noch aus § 3 UWG oder § 1 UWG:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch scheitert daran, daß die betreffenden Abbildungen der Rohrschellen in der Preisliste der Antragstellerin keine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des Urheberrechts darstellen (§ 2 Abs. 1 Ziffer 7 und Abs. 2 UrhG). Zwar kennen auch - die hier allein interessierenden - technische Abbildungen schutzfähig sein, wenn sie in der Darstellungsform eine persönliche geistige Leistung in diesem Sinne aufweisen. Das ist bei persönlich geschaffenen Werken mit einem geistig-ästhetischen behalt und einem schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad der Fall (vgl. von Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 2, Rdn. 12 bis 15). Diese Voraussetzungen sind bei Gegenständen der Ziffer 7 des § 2 Abs. 1 UrhG besonders schwer zu ermitteln, da die gängigen Mittel der technischen Darstellung nichts Eigenpersönliches zum Ausdruck bringen und bei rein technischen Zeichnungen (Konstruktionszeichnungen) kaum Raum zur Entfaltung der Individualität bleibt, so daß sich eine eigenpersönliche Note in der Regel höchstens im Gesamtbild der Darstellung finden läßt (Möhring-Nicolini, Urheberrechtsgesetz, § 2, Bem. 9 c; ähnlich von Gamm, § 2, Rdn. 24 c, wonach die Werke nach Ziffer 7 "an der unteren Grenze der Urheberrechtsschutzfähigkeit" liegen). Zur Feststellung, ob eine solche persönliche geistige Leistung vorliegt oder nicht, ist nicht auf den sachlichen Inhalt des jeweiligen Werkes abzustellen, d.h. beispielsweise nicht auf dessen wissenschaftliches und/oder technisches Gedankengut, sondern vielmehr auf die Darstellungsweise dieses Werkes als solche. Entscheidend ist die Form der Darstellung. Die persönliche geistige Schöpfung des Urhebers muß somit im ästhetischen Bereich, also in der Formgestaltung liegen, was sich z.B. durch das Mittel der Sprache oder durch die bildliche Darstellung äußern kann. Das wissenschaftliche und technische Gedankengut des Werkes selbst ist nämlich nicht Gegenstand des Urheberrechtsschutzes und kann daher auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit von Skizzen oder Abbildungen, die diese technische Lehre wiedergeben, herangezogen werden. Die Urheberrechtsschutzfähigkeit solcher Skizzen oder Abbildungen kann ihre Grundlage allein in der - notwendigerweise schöpferischen - Form der Darstellung finden. Ob der abgebildete Gegenstand selbst "neu und eigenartig" ist, spielt keine Rolle (so BGH, NJW 1979, 1548 "Flughafenpläne"; BGH, GR 1959, 251; BGH, GR 1956, 284; BGHZ 18/319; OLG Hamburg, GR 1972, 431; der erkennende Senat mit Urteil vom 6. Dezember 1979, Aktenzeichen 4 U 228/79).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Diese Anforderungen sind hier, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, nicht erfüllt. Es handelt sich bei den Abbildungen um schablonenmäßige, perspektivische Darstellungen von genormten Einzelteilen. Die zeichnerische Darstellung ist, schon bedingt durch die Einfachheit der Objekte, derartig einfach, daß von einer eigenpersönlichen, schöpferischen Darstellung keine Rede sein kann. Das einzige "Merkmal" der Darstellung liegt darin, daß weder eine Seitenansicht noch eine Sicht von oben oder unten dargestellt ist, sondern eine "perspektivische" Ansicht, die drei Seiten der - überwiegend - sechsseitigen Gegenstände erfaßt. In dieser Darstellungsweise kann man jedoch keine herausragende, schutzwürdige Idee sehen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Unerheblich ist auch, daß einzelne Gegenstände in einigen Abbildungen einander zugeordnet sind. Auch diese "Zuordnung" hat die Antragsgegnerin allerdings teilweise übernommen. Sie ergibt sich jedoch aus der Funktion der betreffenden Einzelteile und soll darstellen, wie diese zusammengebaut werden müssen. Auch in einer derartigen, von der Zweckmäßigkeit her vorgegebenen Zuordnung liegt keine eigenschöpferische Idee.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Daß die Abbildungen der Antragstellerin sich möglicherweise durch größtmögliche Sorgfalt und Genauigkeit auszeichnen, ist insoweit ebenfalls ohne Bedeutung. Diese Merkmale sind nämlich für jede technische Konstruktionszeichnung zu fordern und können daher in aller Regel für sich allein noch nicht als Ausdruck schöpferischer Leistung gewertet werden (so BGH, GR 1956, 286; OLG Hamburg, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Schließlich kann auch nicht etwa die Größe der einzelnen abgebildeten Gegenstände als eigentümliches Darstellungsmerkmal angesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Insgesamt stellen die Abbildungen der Antragstellerin somit keine urheberrechtsschutzfähigen Darstellungen dar.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Übernahme dieser Darstellungen durch die Antragsgegnerin stellt auch keine Irreführung gemäß § 3 UWG dar. Bei dieser Vorschrift steht der Schutz der Allgemeininteressen im Vordergrund. Solche Interessen könnten z.B. verletzt sein, wenn durch die beanstandeten Abbildungen in den Prospekten der Antragsgegnerin im Publikum besondere Qualitätserwartungen erweckt würden, die die Antragsgegnerin mit ihren eigenen Mitteln und Fähigkeiten nicht erfüllen könnte (so der Senat mit Urteil vom 22. März 1979, Aktenzeichen 4 U 5/79; vgl. auch Baumbach-Hefermehl, § 3 UWG, Rdn. 257 und 259, wonach erst die irreführende Verwendung einer <u>qualifizierten</u> betrieblichen Herkunftsangabe den Tatbestand des § 3 UWG erfüllen kann). Daß die Antragsgegnerin eventuell geweckte Qualitätserwartungen nicht erfüllen könne, trägt die Antragstellerin selbst nicht vor. Vielmehr wendet sie sich insoweit dagegen, daß die durch ihre eigene Leistung im Publikum hervorgerufenen Gütevorstellungen von der Antragsgegnerin zur besseren Verwertung von deren eigener Leistung ausgebeutet würden. Ein solches Verhalten der Antragsgegnerin unterliegt aber der rechtlichen Beurteilung - insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung des Rufs einer fremden Leistung - (nur) im Rahmen des § 1 UWG.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><b>3.)</b></p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ein Verstoß gegen § 1 UWG liegt indessen ebenfalls nicht vor. Das Ausnutzen einer fremden Leistung, für die - wie hier - kein Sonderschutz (mehr) besteht, ist regelmäßig nur dann wettbewerbswidrig gemäß § 1 UWG, wenn zu der (an sich freien) Nachahmung als solche unlautere Begleitumstände hinzutreten. Dabei ist eine etwaige Verwechselungsgefahr, für sich allein betrachtet, in Kauf zu nehmen, wenn keine weiteren, eine Wettbewerbswidrigkeit begründenden Merkmale hinzutreten (so BGH, GR 1980, 237 mit weiteren Nachweisen aus der BGH-Rechtsprechung). Hinsichtlich dieser zusätzlichen Merkmale ist zunächst von Bedeutung, ob Leistungsschutz gegen eine <u>unmittelbare</u> oder gegen eine <u>nachschaffende</u> Übernahme einer Leistung beansprucht wird (BGH, WRP 1976, 370 "Oval-Puderdose"; der Senat in WRP 1980, 282 und mit Urteil vom 6. Dezember 1979, Aktenzeichen 4 U 228/79). Bei einer unmittelbaren Leistungsübernahme wird eine fremde Leistung direkt und unmittelbar ohne Abänderungen übernommen. Ein solches Verhalten wird grundsätzlich eher gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstoßen - möglicherweise sogar im Regelfall, wobei der übernehmende das Vorliegen eines zulässigen Ausnahmetatbestandes darzulegen hätte - als die nachschaffende Leistungsübernahme (vgl. BGH, WRP 1976, 370 "Oval-Puderdose" und die Entscheidung des Senats in WRP 1980, 282). Bei solcher Nachahmung dagegen tritt jedenfalls noch eine gewisse eigene Leistung (des Nachschaffens) hinzu (vgl. OLG Hamburg, GR 1972, 431), wenn nicht sogar die fremde Leistung nur als Vorlage für die - insgesamt neu vorgenommene - Nachahmung diente (vgl. von Gamm, Die sklavische Nachahmung, GR 1978, 453).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Nach dem inzwischen unstreitigen Vortrag der Antragstellerin handelt es sich hier allerdings um eine unmittelbare übernähme, nämlich eine fotomechanische Abkupferung, die selbst bei einer dreihundertfachen Vergrößerung vollständige Identität bezüglich der Größe, der - inneren - Winkel und der Perspektive aufweist. Allenfalls bei vereinzelten Abbildungen in den Prospekten der Antragsgegnerin mag eine nachschaffende Übernahme bejaht werden können; so weist die Antragsgegnerin beispielsweise zutreffend darauf hin, daß diese Abbildungen in einem anderen <u>äußeren</u> Winkel vorgenommen sind - z.B. bei den Anschweißplatten und den Trageschienen - und außerdem - bei den Schrauben - eine andere Farbgebung und andere Druckart vorliegt. Im Kern ändert sich hierdurch jedoch nichts an der Annahme einer unmittelbaren Übernahme einer Leistung der Antragstellerin.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch die unmittelbare Ausnutzung eines fremden Arbeitsergebnisses ist jedoch nur dann wettbewerbswidrig, wenn einmal die übernommene Leistung schutzwürdig ist und zum anderen besondere Umstände vorliegen, die die Unlauterkeit der Leistungsübernahme begründen (so BGH, GR 1969, 186 "Reprint"; BGH, GR 1969, 618 "Kunststoffzähne"; BGH, GR 1972, 127 "Formulare"; der Senat in WRP 1980, 282 und in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 1979, Aktenzeichen 4 U 228/79). An das Vorliegen weiterer besonderer Umstände können jedoch bei der unmittelbaren Leistungsübernahme geringere Anforderungen als bei der nachschaffenden übernähme gestellt werden (so BGH in GR 1969, 618; der Senat in WRP 1980, 282).</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Eine <u>Schutzwürdigkeit</u> in diesem Sinne setzte das Vorliegen einer Eigenart voraus, deren Merkmale geeignet sind, Güte- und Herkunftsvorstellungen im Verkehr hervorzurufen, so daß z.B. die Nachahmung eines alltäglichen, zum Stand der Technik gehörenden Allerwelterzeugnisses, eines üblichen Durchschnittserzeugnisses auch nicht durch das Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig werden kann (vgl. z.B. die Entscheidung des Senats vom 22. März 1979, Aktenzeichen 4 U 5/79; von Gamm, a.a.O., Seite 456). Dabei sind bei technischen Gegenständen hinsichtlich der Eigenart strengere Anforderungen zu stellen (so BGH in WRP 1976, 370; der Senat in letzterer Entscheidung). Im übrigen ist von Bedeutung, ob es sich bei der übernommenen Leistung um eine ästhetische Gestaltung handelt, bei der eher die Möglichkeit zu Abweichungen und damit zur Einhaltung eines Abstandes besteht als bei technischen Erzeugnissen mit nicht auswechselbaren Merkmalen (vgl. die beiden zuletzt zitierten Entscheidungen).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Insgesamt kommt es darauf an, ob die Aneignung eines fremden Arbeitsergebnisses zum Schaden dessen geschieht, dem billigerweise dessen Früchte zukommen müßten (so BGH, GR 1969, 186; der Senat in der zuletzt zitierten Entscheidung). Damit wird, soweit es sich um die Nachahmung industrieller Erzeugnisse handelt, darauf abgestellt, ob der übernehmende sich durch die unmittelbare Leistungsübernahme einen ungehörigen Wettbewerbsvorsprung verschafft (so der Senat a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Hier könnte somit eine wettbewerbswidrige Handlung vorliegen, wenn die Antragsgegnerin eine fremde Leistung (hier: der Antragstellerin), mit der der Verkehr bestimmte Herkunfts- und Gütevorstellungen verbindet, als eigene Leistung verwendet bzw. ausgibt ohne Hinweis darauf, daß es sich um eine fremde Leistung handelt, d.h. ohne sich um die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung des Verkehrs zu kümmern (vgl. zu diesen Merkmalen die Entscheidungen des Senats vom 22. März 1979, Akz.: 4 U 5/79 und vom 13. Dezember 1979, Akz.: 4 U 234/79). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Wie die Antragstellerin im Senatstermin ausdrücklich klargestellt hat, geht es insoweit nicht um die Rohrschellen als solche, die inzwischen allgemein gebaut werden, sondern um deren darstellerische Abbildung in Katalogen. Die Antragstellerin wendet sich - wie sie auch insoweit audrücklich klargestellt hat - nicht gegen den Nachbau bzw. den Vertrieb identischer Schellen durch die Antragsgegnerin, sondern nur gegen die Verwertung identischer Abbildungen in Katalogen und Preislisten. Diese Differenzierung hat auch das Landgericht vorgenommen. Entscheidend für die Wettbewerbliche Eigenart ist daher nicht die Rohrschelle als solche, sondern deren Abbildung in den Prospekten der Antragstellerin. Diese weist jedoch nach Ansicht des Senats keine derartige Eigenart auf. Es handelt sich um eine einfache, durch die DIN-Normen vorgegebene, perspektivische Darstellung. Es ist nicht ersichtlich, daß der Verkehr etwa mit diesen Abbildungen, die die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag erstmals nur etwa ein halbes Jahr vor der Antragsgegnerin verwendet hat, bestimmte Gütevorstellungen verbindet. In dem betreffenden Zeitraum von März bis Herbst 1979 können sich derartige feste Vorstellungen kaum gebildet haben. Jedenfalls fehlt es insoweit an jeglicher Glaubhaftmachung. Letztlich ist daher insoweit der Argumentation des Landgerichts zu folgen, wonach die Antragstellerin selbst nicht behauptet hat, daß die Abbildungen als solche eine gewisse Verkehrsgeltung besäßen, ihre Gestaltung m.a.W. Merkmale aufwiesen, die den Schluß auf die Herkunft von der Antragstellerin zuließen. Wenn es der Antragsgegnerin nicht verwehrt werden kann und soll, derartige Schellen nachzubauen bzw. zu vertreiben, kann ihr vielmehr schlechterdings auch eine Werbung mit diesen Schellen und damit die einfache Abbildung der einzelnen Artikel in ihren Werbeunterlagen nicht untersagt werden, auch wenn diese Abbildungen mit denen der Antragstellerin übereinstimmen.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Darüberhinaus hat die Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht, daß der Verkehr mit den Abbildungen bestimmte Herkunftsvorstellungen verbände. Zwar will sie durch die überreichten eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft machen, daß durch die Werbeunterlagen der Antragsgegnerin die Vorstellung erweckt werde, die betreffenden abgebildeten Schellen stammten von der Antragstellerin. Zwar haben die Unterzeichner der - offensichtlich von der Antragstellerin verfaßten, nämlich in Wortlaut weitgehend übereinstimmenden - eidesstattlichen Versicherungen bestätigt, den Eindruck gewonnen zu haben, die von der Antragsgegnerin angebotenen Schellen stammten von der Antragstellerin. Dieser angebliche Irrtum kann jedoch nicht der Antragsgegnerin angelastet werden. Da die Schellen inzwischen von verschiedenen Konkurrenzunternehmen identisch nachgebaut und vertrieben werden, ist nicht einzusehen, daß die bloße Einzelabbildung der Artikel bei vernünftiger Würdigung ohne weiteres zu dem Schluß führen müßte oder auch nur könnte, der abgebildete Gegenstand stamme von der Antragstellerin. Vielmehr kommt als Hersteller jedes betreffende Konkurrenzunternehmen in Betracht. Wenn tatsächlich jemand zu dem Schluß kommt, die bei der Antragsgegnerin abgebildete Schelle stamme von der Antragstellerin, handelt es sich insoweit um eine rein persönliche Fehleinschätzung, die z.B. auf einer Unkenntnis der Marktsituation beruht, und nicht um einen Irrtum, der auf "irreführenden Angaben" der Antragsgegnerin beruht. Es liegt somit jedenfalls keine objektiv bestehende Verwechselungsgefahr vor, sondern allenfalls eine subjektive Verwechselungsneigung (vgl. zu diesem Unterschied auch von Gamm, a.a.O., S. 455). Das gilt umso mehr, als sich Katalog und Preisliste der Antragsgegnerin in ihrer Gesamtaufmachung, nämlich bezüglich optischer und systematischer Darstellung, Symbolik, Bestellzeichen und textlicher Erläuterungen deutlich von dem Katalog der Antragstellerin unterscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Auch unter dem weiterhin in Betracht kommenden Gesichtspunkt der Preisunterbietung hinsichtlich der betreffenden Produkte infolge der Ersparnis eigener Entwicklungskosten für den Katalog (vgl. zu diesem Gesichtspunkt die Entscheidung des Senats in WRP 1980, 282) liegt keine Wettbewerbs-Widrigkeit vor. Zwar könnte die Antragsgegnerin durch die Abkupferung verschiedener Abbildungen der Antragstellerin eigene Kosten erspart haben und dadurch möglicherweise imstande sein, ihre Rohrschellen billiger zu verkaufen. Für die Beurteilung dieser Frage ist der Zeitfaktor entscheidend. Der durch die unmittelbare Leistungsübernahme errungene Wettbewerbsvorsprung ist nämlich an dem Ablauf der Zeit zu orientieren, auf die der Ersthersteller die Amortisation seiner Investitionen vernünftigerweise kalkuliert hat (so der Senat a.a.O.). Zu dieser Frage fehlt es an einem ausreichenden Vortrag der Antragstellerin. Zwar hat diese ihre Abbildungen selbst erst etwa ein halbes Jahr benutzt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, für welchen Zeitraum sie die entsprechenden Kosten kalkuliert hat. Der von ihr angegebene Betrag von 9.773,61 DM bezieht sich im Zweifel auf den gesamten Katalog und nicht nur auf die Anfertigung der Abbildungen. Auf der anderen Seite ist dementsprechend zu berücksichtigen, daß die Antragsgegnerin nur einige Abbildungen übernommen, im übrigen jedoch ihren Katalog eigenständig und im Ergebnis völlig anders gestaltet hat. Das gilt für die Gruppierung der einzelnen Abbildungen - Einzelzuordnung statt Gruppendarstellung wie bei der Antragstellerin -, den äußeren Winkel der Abbildungen, die Einteilung in Serien, die erklärenden Ausführungen zu Beginn und am Ende des Katalogs und die zusätzlichen Detailzeichnungen (vgl. z.B. Bl. 14 f des Kataloges). Von einer nennenswerten Kostenersparnis, die die Antragsgegnerin in die Lage versetzen könnte, die Produkte billiger zu veräußern, kann im Zweifel keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Insgesame ist somit das Verhalten der Antragsgegnerin weder unter urheberrechtlichen noch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden, so daß die Berufung zurückzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10 ZPO.</p>
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315,930 | lg-duisburg-1980-08-20-6-o-35180 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 6 O 351/80 | 1980-08-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:45 | 2019-03-27T09:41:51 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1980:0820.6O351.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p> Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.404,16 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Juli 1980 abzüglich am 19. Juni 1980 gezahlter 4.159,76 DM zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Erstbeklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 500,-- DM Schmerzensgeld zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 8/9, die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/9.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 800,-- DM (Kläger) und 400,-- DM (Beklagte) abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.</p>
<p></p>
<p>Die Sicherheiten können auch durch Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>T a t b e s t a n d :</p>
<p></p>
<p>Der Kläger erlitt am als Fahrer eines Motorrades einen Verkehrsunfall. Die Parteien streiten nicht über die Haftung der Beklagten für die Unfallfolgen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger zog sich bei dem Unfall eine Ellenbogengelenkluxation zu. Er wurde vom 11. bis 14. Mai 1980 stationär behandelt und war bis zum 27. Mai 1980 arbeitsunfähig. Die ein Jahr vor dem Unfallereignis angeschaffte Lederhose des Klägers wurde an der Gesäßnaht und am Knie beim Unfall beschädigt.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger hat mit Anwaltsschreiben vom 28. Mai 1980, das am 30. Mai 1980 bei der Drittbeklagten einging, seinen Schaden spezifiziert (u.a. fordert er 200,-- DM Zeitwert für die beschädigte Lederhose) und eine Zahlungsfrist zum 9. Juni 1980 gesetzt.</p>
<p></p>
<p>Am 19. Juni 1980 ging die Klageschrift bei Gericht und ein Geldbetrag von 4.159,76 DM beim Kläger ein.</p>
<p></p>
<p>Beide Parteien haben in Höhe von 4.159,76 DM den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger beantragt,</p>
<p></p>
<p>die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.554,16 DM abzüglich am 19. Juni 1980 gezahlter 4.159,76 DM nebst 10,5 % Zin-sen seit dem 10. Juni 1980 zu zahlen,</p>
<p></p>
<p>die Beklagte zu 1) ferner zu verurteilen, an den Kläger ein angemesse-nes – der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes - Schmerzensgeld zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten erkennen in Höhe von 194,40 DM über den gezahlten Betrag hinaus die Klageforderung unter Protest gegen die Kostenlast an und beantragen im übri-gen,</p>
<p></p>
<p>die Klage abzuweisen.</p>
<p></p>
<p>Sie halten die Klageerhebung für verfrüht, einen Anspruch auf Schmerzensgeld für nicht ausreichend substantiiert dargelegt und die Schadenersatzforderung wegen der beschädigten Lederhose für übersetzt.</p>
<p></p>
<p>Wegen des Parteivortrags im einzelnen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</p>
<p></p>
<p>Die Klage ist im wesentlichen begründet. Über die gezahlten 4.159,76 DM hinaus stehen dem Kläger weitere 194,40 DM Schadenersatz gegen die Beklagten auf Grund deren Anerkenntnisses zu, § 307 Abs. 1 ZPO.</p>
<p></p>
<p>Schmerzensgeld kann der Kläger von der Erstbeklagten in Höhe von 500,-- DM for-dern, §§ 823, 847 Abs. 1 BGB.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger erlitt bei dem Unfall, den die Erstbeklagte allein verursacht und verschul-det hat, nicht unerhebliche Verletzungen am Ellenbogen. Er mußte einige Tage stationär behandelt werden, trug den Arm in Gips und war 2 ½ Wochen arbeitsunfä-hig. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,-- DM angemessen.</p>
<p></p>
<p>Der Kläger kann jedoch nicht den verlangten Zeitwert von 200,--. DM für die beschädigte Lederhose verlangen, sondern nur 50,-- DM Wertminderung. Die Hose ist nur gering beschädigt worden und reparierbar. Das Gericht schätzt den Minderwert auf 50,-- DM (§ 287 ZPO). Wegen der weitergehenden Forderung war die Klage abzuweisen.</p>
<p></p>
<p>Zinsen kann der Kläger nur in Höhe von 4 % seit Klagezustellung (8. Juli 1980) ver-langen, §§ 288, 286, 284 BGB. Er hat weder zu der von ihm begehrten Zinshöhe (10,5 %) etwas vorgetragen, noch die Voraussetzungen einer früheren Mahnung der Beklagten dargelegt.</p>
<p></p>
<p>Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 93, 100, 709 ZPO. Den Kläger trifft insoweit die Pflicht zur überwiegenden Kostentragung. Er hat zu früh Klage erhoben und den Beklagten nicht ausreichend Zeit gegeben, die Ansprüche zu prüfen (vgl. auch § 11 Abs. 1, Abs. 2 VVG). Wie diesem Gesetz zu entnehmen ist, hat der Anspruchsteller eine angemessene Frist zur Schadensprüfung einzuräumen. In einem Falle wie dem vorliegenden, in dem mehrere Schadenspositionen überprüft werden müssen, ist die vom Kläger gewährte Frist unangemessen kurz und unwirksam gewesen. Die Beklagten haben keinen Anlaß zur Klageerhebung gegeben (§ 93 ZPO). In Höhe der von ihnen gezahlten und von ihnen anerkannten Beträge trifft den Kläger die Kostentragungspflicht, im übrigen trifft sie die Beklagten, so daß sich die im Urteilstenor festgelegten Quoten ergeben.</p>
<p></p>
<p>Streitwert für den Schmerzensgeldantrag: 500,-- DM.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)</p>
|
315,931 | lg-dortmund-1980-07-09-10-o-980 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"city": 407,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 10 O 9/80 | 1980-07-09T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:48 | 2019-03-27T09:41:51 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1980:0709.10O9.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die einstweilige Verfügung der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom</p>
<p>17. Januar 1980 (10 O 9/80) wird aufrechterhalten.</p>
<p></p>
<p> Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Verfügungsbeklagten auferlegt.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><u>T a t b e s t a n d :</u></strong></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Durch Vertrag vom 29. April 1975 verpflichtete sich</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">die Verfügungsklägerin, an die Kaiserlich-Iranische-Regierung-</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hafen- und Schiffahrtsorganisation (= Ports</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">and Shipping Organisation = PSO) 7 Dieselmotor-Seitenstapler</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">für 822.963, -- DM zu liefern. Der Vertrag umfaßte</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Herstellung, die Lieferung, den Transport und die</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Auslieferung der Ersatzteile nach den Häfen Khorramshahr</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">bzw. nach Bandar Shahpour. Gemäß den Ausschreibungsbedingungen</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">fungierte für die Verfügungsklägerin als</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">im Lande ansässiger Partner, also als "Register-Office",</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Firma H.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin verpflichtete sich ferner, eine</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">zunächst bis zum 31. Dezember 1975 befristete Leistungs - und</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Lieferungsgarantie (= performance garantee) in Höhe von 10% des Auftragwertes</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">zu stellen. Mit Erstellung dieser Garantie zugunsten der PSO beauftragte die</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte. Diese beauftragte durch Schreiben vom</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">11. September 1975 unter Übernahme einer entsprechenden Rückgarantie die</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Bank Melli Iran in Teheran, eine entsprechende Garantie gegenüber dem Besteller,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">nämlich der PSO, zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Bank Melli Iran schrieb daraufhin am 13. September 1975 an die PSO u.a.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">wie folgt: "Bezüglich des Vertrages… zwischen H…. und der Kaiserlich-Iranischen-Marine, Teheran,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">übernimmt die Bank die Garantie für die ordnungsgemäße</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Erfüllung der Verpflichtungen, und wird, falls diese</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">nach Meinung und Urteil der Kaiserlich-Iranischen-Marine,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Teheran, den Verpflichtungen aus dem obigen Vertrag nicht</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">nachkommen, an die Kaiserlich-Iranische-Marine, Teheran,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">jeden Betrag bis zu 82.297,- Rs (DM 82.297,-- in Rs), der</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">von der Kaiserlich-Iranischen-Marine, Teheran, aus irgendwelchem</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Grund verlangt wird, sofort bei erster schriftlicher</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Anforderung zahlen, ohne daß irgendein Verschulden oder</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">eine Verletzung nachgewiesen werden muß und ohne daß eine</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">förmliche Zustellung oder gerichtliche Maßnahme oder die</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Angabe irgend-eines Grundes notwendig sind. Diese Bankgarantie</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">ist gültig bis zum Ende der Geschäftszeit am</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">31 .12.1975 und kann auf Anforderung der Kaiserlich-iranischen</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Marine, Teheran, um jeden beliebigen Zeitraum verlängert</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">werden ".</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Nach Lieferung der Gabel-Stapler wurden diese am 19. Mai</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">1976  "als ordnungsgemäß" abgenommen. Es wurden lediglich</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">geringfügige Transportschäden und das Fehlen kleinerer</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Teile - durch Diebstahl - festgestellt, die in dem AbnahmeProtokoll</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">vom 19. Mai 1976 als Transport-Versicherungsfall</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">aufgeführt wurden. Für derartige Schäden war von der</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">PSO bei der Firma Iranian F Company eine Transportversicherung</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">abgeschlossen worden, der die Schäden auch</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">gemeldet wurden. Auf die Bitte der Firma H vom 2. November</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">1976 unterbreitete die Verfügungsklägerin im Hinblick</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">auf diese Schäden durch Schreiben vom 1. Dezember 1976 ein</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Angebot im Wert von ca. 650, -- DM, damit eine entsprechende</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Summe gegenüber der Transportversicherung geltend gemacht</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">werden konnte. Eine weitere Rüge irgendwelcher Mängel bzw.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">eine Aufforderung, solche abzustellen, erfolgte nicht.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Kurz vor Ablauf der seit dem 19. Mai 1976 laufenden Garantiezeit</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">von 12 Monaten zahlte die PSO am 10. Mai 1977 den</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">restlichen Kaufpreis für die Gabel-Stapler in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">10 % der Kaufsumme.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit wurde die Leistungsgarantie mehrfach auf</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">die Dauer von 6 Monaten, zuletzt am 15. September 1979</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">bis zum 20. März 1980 verlängert. Mehrfache Versuche der</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Firma H in Teheran auf Rückgabe der Leistungsgarantie</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">blieben ohne Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Durch Fernschreiben vom 14. Januar 1980 nahm die Bank</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Melli Iran die Verfügungsbeklagte aus der Leistungsgarantie</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">wegen "Nichterfüllung der vereinbarten Verpflichtungen"</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">in Anspruch. Die Verfügungsbeklagte teilte der Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">mit, daß sie dieser Zahlungsanforderung nachkommen</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">werde, sofern ihr das nicht durch eine einstweilige Verfügung</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">untersagt werde. </p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin ist der Auffassung, daß die Inanspruchnahme</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">der Leistungsgarantie rechtsmißbräuchlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Weder die Bank Melli Iran noch die Verfügungsbeklagte</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">könnten aus derselben in Anspruch genommen werden. Deshalb</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">verstoße eine Überweisung der Garantiesumme in diesem</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">extrem rechtsmißbräuchlichen Einzelfall trotz des Wortlautes</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">der Leistungsgarantie gegen eine dem Geschäftsbesorgungsvertrag</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">zwischen den Parteien innewohnende Nebenpflicht.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Sie habe deshalb einen Anspruch auf Unterlassung der</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Überweisung der Garantiesumme gegen die Verfügungsbeklagte.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Eine Überweisung der Garantiesumme würde auch angesichts</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">der gegenwärtigen Verhältnisse im Iran zu einem irreparablen</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Schaden führen. Dazu trägt die Verfügungsklägerin im</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">einzelnen vor:</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Die Verlängerungen der Leistungsgarantie, die Formularmäßig</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">wie AGB vereinbart worden sei, seien jeweils erzwungen</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">worden. Andernfalls wäre die Inanspruchnahme der Garantie</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">schon früher erfolgt. Die Verfügungsbeklagte wisse seit</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Ende des Geschäftsjahres 1978/79, daß sie ihren vertraglichen</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen sei. Zur Vermeidung</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">einer Inanspruchnahme habe die Verfügungsbeklagte selbst</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">zu den Verlängerungen der Leistungsgarantie geraten. Im</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">übrigen habe die PSO nach dem Vertrag die Möglichkeit gehabt,</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">eventuelle Mängel für ihre Rechnung durch Dritte beseitigen</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">zu lassen und diesen Betrag in Rechnung zu stellen. Das</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">sei nicht geschehen. Bei dem Transportschaden pp. den sie</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">nicht zu vertreten habe, und der wertmäßig nur bei ca.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">650,-- DM liege, sei die Inanspruchnahme der Garantie von</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">über 80.000,-- DM auch aus diesem Grunde rechtsmißbräuchlich.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Eine Leistungsgarantie soll im übrigen lediglich bezwecken,</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">den Verpflichteten zu einer fristgerechten Lieferung zu</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">veranlassen. Wegen irgendwelcher Mängel stehe dem Besteller</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">dagegen das Recht zu, den Kaufpreis zu mindern.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Ihr Unterlassungsanspruch sei ein Individualanspruch auf</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">eine gegenständliche Leistung aus, einem bestehenden Rechtsverhältnis,</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">so daß die Voraussetzungen für den Erlaß einer</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">einstweiligen Verfügung gem. § 935 ZPO zur Sicherung ihres</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Unterlassungsanspruches vorlägen. Ihr sei es auch nicht</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">zuzumuten, den Ausgang eines normalen Prozesses über das</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Bestehen eines Unterlassungsanspruches abzuwarten. Nach</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">der Einlösung der Rückgarantie würde dieser jedenfalls ins</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Leere gehen. Das Prozeßrisiko reiche im übrigen für die</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Bejahung eines Vermögensschadens aus.</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Obwohl nach dem Wortlaut der Garantien, sowohl Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">der Verfügungsbeklagten als auch der Bank Melli Iran beständen,</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">entfalle ein Anspruch, weil niemand verpflichtet</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">sei, arglistiges Verhalten eines Dritten zu unterstützen.</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Das ergebe sich sowohl nach dem Deutschen Recht wie auch</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">aus verschiedenen internationalen Rechtsvorschriften. Das </p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">müsse auch für das islamische Recht gelten, dem die</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Beziehungen der Bank Melli Iran zu dem Begünstigten unterlägen.</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Sollte das nicht der Fall sein, käme jedenfalls</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Artikel 30 EGBGB zur Anwendung, wonach die Anwendung</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">eines ausländischen Gesetzes ausgeschlossen ist, wenn</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Ein</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Exporteur sei insbesondere im außereuropäischen Raum auf</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">die besondere Hilfe des Garantiegebers angewiesen. Dieses</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">besondere Vertrauensverhältnis verlange, daß der Garantiegeber</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">einer rechtsmißbräuchlichen Anspruchnahme der</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Garantie nicht entsprechen dürfe, da der Exporteur in einem</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">solchen Fall nicht auf das Grundverhältnis und einen</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">langwierigen Regreßprozeß verwiesen werden dürfe, in dem</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">ihn noch die Beweislast treffe. Ein solches Verhalten der</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Banken in derartigen extremen Einzelfällen berühre auch</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">deren Reputation nicht. Im übrigen müsse die Sicherheit der</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">ausländischen Kundschaft der Exportwirtschaft auch eine</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Grenze an den Grundsätzen von Treu und Glauben haben, die den</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten im übrigen nicht ent-</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">gegen ständen.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Verfügungsklägerin ist der Verfügungsbeklagten</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">durch einstweilige Verfügung der I. Kammer für Handelssachen</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">des Landgerichts Dortmund vom 17. Januar 1980 kostenpflichtiguntersagt</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">worden, an die Bank Melli Iran oder an</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">deren Niederlassung aus der Garantie Nr. #-### ### Westdeutsche</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Landesbank und Garantie-Nr. ## ### D (Bank Melli</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Iran) DM 82.297,--DM oder irgendwelche Teilbeträge darauf</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich der Widerspruch der Verfügungsbeklagten.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">die einstweilige Verfügung vom 17. Januar 1980 aufrechtzuerhalten.</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsbeklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">die einstweilige Verfügung vom 17. Januar 1980 aufzuheben</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">und den Antrag auf Erlaß der einstweiligen</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">Verfügung zurückzuweisen, hilfsweise Vollstreckungsnachlaß.</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsbeklagte trägt vor;</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien bestehe kein streitiges Rechtsverhältnis.</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei daher</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">nicht zulässig. Die Leistungsgarantie der Bank Melli lran </p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">wie auch ihre Rückgarantie seien abstrakt und von dem</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">Grundvertrag strikt zu trennen. Ihre rechtlichen Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">ergäben sich unmittelbar aus den abstrakten</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">Garantie-Erklärungen. Einwände aus dem Grundgeschäft seien</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">dadurch abgeschnitten. Das gelte auch, wenn der Begünstigte</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">die garantierende Bank ohne Rechtsgrund in Anspruch nehme.</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Sie als Bank solle nämlich aus den Streitigkeiten des</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Liefervertrages herausgehalten werden. Sie könne und wolle</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">kein Urteil über die Berechtigung oder Nichtberechtigung</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">des Begehrens des Begünstigten abgeben. Sie sei auch</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">prinzipiell außer Stande, irgendwelche Absprachen aus dem</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">Grundgeschäft zu übersehen. Ob andere Maßstäbe in äußerst</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">seltenen Ausnahmefällen, in denen eine rechtsmißbräuchliche</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Inanspruchnahme offen zutage liege, zu gelten hätten, könne</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">dahinstehen. Derartige Voraussetzungen lägen in diesem</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Fall nicht vor. Die Bank Melli Iran habe in dem Telex vom</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">14. Januar 1980 die Berechtigung der Inanspruchnahme bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Die wiederholte Verlängerung der Garantie auf Wunsch der</p>
<span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Verfügungsklägerin deute darauf hin, daß zwischen den</p>
<span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Parteien des Liefervertrages noch nicht alles endgültig</p>
<span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">geregelt gewesen sei, so daß ein Zahlungsanspruch des</p>
<span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks">Begünstigten ohne weiteres angenommen werden könne. Obwohl</p>
<span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">der Vertrag schon am 19. Mai 1976 erfüllt gewesen sein</p>
<span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">solle, habe die Verfügungsklägerin die Garantie nicht zurückgefordert</p>
<span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">und Avalprovision gezahlt. Die Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">habe auch geringfügige Transportschäden und das</p>
<span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks">Fehlen von Teilen anerkannt und sich bereit erklärt, Ersatzteile</p>
<span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">zu liefern. Hilfsweise müsse daher bestritten werden,</p>
<span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">daß die Verfügungsklägerin ihren Vertrag gegenüber ihrem</p>
<span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Vertragspartner erfüllt habe.</p>
<span class="absatzRechts">189</span><p class="absatzLinks">Selbst im Falle einer offensichtlich rechtsmißbräuchlichen</p>
<span class="absatzRechts">190</span><p class="absatzLinks">oder treuwidrigen Inanspruchnahme durch den iranischen</p>
<span class="absatzRechts">191</span><p class="absatzLinks">Besteller könne das gleichwohl nicht zu einer Verneinung</p>
<span class="absatzRechts">192</span><p class="absatzLinks">ihrer Zahlungspflicht führen. Im Falle der Verweigerung der</p>
<span class="absatzRechts">193</span><p class="absatzLinks">Zahlung bestehe nämlich die Gefahr, daß die Bank Melli Iran</p>
<span class="absatzRechts">194</span><p class="absatzLinks">in ihrem oder einem dritten Land entsprechende Schritte</p>
<span class="absatzRechts">195</span><p class="absatzLinks">gegen sie unternehme, zumal sie als international operieren-</p>
<span class="absatzRechts">196</span><p class="absatzLinks">des Institut über Vermögenswerte in den in Betracht kommenden</p>
<span class="absatzRechts">197</span><p class="absatzLinks">Ländern verfüge. Das sei ihr ebenso wie eine eventuelle Einleitung gerichtlicher Maßnahmen, insbesondere im Iran,nicht zumutbar.</p>
<span class="absatzRechts">198</span><p class="absatzLinks">Durch eine einstweilige Verfügung werde in das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Bank Melli Iran eingegriffen, also in Rechte Dritter. Dafür ergäben die §§ 935, 940 ZPO keine Rechtsgrundlage. Eine einstweilige Verfügung dürfe niemals Dritte entrechten.</p>
<span class="absatzRechts">199</span><p class="absatzLinks">Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">200</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">201</span><p class="absatzLinks">Die einstweilige Verfügung vom 17. Januar 1980 hat sich auch</p>
<span class="absatzRechts">202</span><p class="absatzLinks">nach mündlicher Verhandlung als gerechtfertigt erwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">203</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat aufgrund des von ihr glaubhaft</p>
<span class="absatzRechts">204</span><p class="absatzLinks">gemachten Sachverhaltes gegen die Verfügungsbeklagte einen</p>
<span class="absatzRechts">205</span><p class="absatzLinks">Anspruch, daß diese aufgrund  der Leistungsgarantie keine </p>
<span class="absatzRechts">206</span><p class="absatzLinks">Zahlungen an die Bank Melli Iran leistet.</p>
<span class="absatzRechts">207</span><p class="absatzLinks">Durch den von der Verfügungsbeklagten angenommenen Auftrag</p>
<span class="absatzRechts">208</span><p class="absatzLinks">der Verfügungsklägerin, die in dem Lieferungsvertrag vom</p>
<span class="absatzRechts">209</span><p class="absatzLinks">29. April 1975 geforderte Leistungsgarantie zu stellen, ist</p>
<span class="absatzRechts">210</span><p class="absatzLinks">zwischen den Parteien ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach</p>
<span class="absatzRechts">211</span><p class="absatzLinks">§§ 631, 675 BGB zustande gekommen. Aufgrund dieses Vertrages</p>
<span class="absatzRechts">212</span><p class="absatzLinks">hat sich die Verfügungsbeklagte in ihrer bedingungslosen</p>
<span class="absatzRechts">213</span><p class="absatzLinks">Rückgarantie vom 11. September 1975 gegenüber der Melli</p>
<span class="absatzRechts">214</span><p class="absatzLinks">Bank Iran verpflichtet, auf erstes Anfordern die Garantiesumme</p>
<span class="absatzRechts">215</span><p class="absatzLinks">von 82.297,-- DM zu zahlen. Trotz dieser bedingungslosen</p>
<span class="absatzRechts">216</span><p class="absatzLinks">Garantie ist die Verfügungsbeklagte als Garant im</p>
<span class="absatzRechts">217</span><p class="absatzLinks">Verhältnis zur Verfügungsklägerin als Garantieauftraggeber</p>
<span class="absatzRechts">218</span><p class="absatzLinks">nicht berechtigt, an dieBank Melli Iran als den Garantie -</p>
<span class="absatzRechts">219</span><p class="absatzLinks">begünstigten zuzahlen, wenn sich die Inanspruchnahme der</p>
<span class="absatzRechts">220</span><p class="absatzLinks">Garantie für sie als Garanten als rechtsmißbräuchlich darstellt. </p>
<span class="absatzRechts">221</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich aus einer dem Geschäftsbesorgungsvertrag</p>
<span class="absatzRechts">222</span><p class="absatzLinks">innewohnende Nebenpflicht. Es ist in der Literatur</p>
<span class="absatzRechts">223</span><p class="absatzLinks">unbestritten, daß der Garant dem Begünstigten gegenüber die</p>
<span class="absatzRechts">224</span><p class="absatzLinks">Einrede der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB erheben</p>
<span class="absatzRechts">225</span><p class="absatzLinks">kann, wenn die Inanspruchnahme der Garantie offensichtlich</p>
<span class="absatzRechts">226</span><p class="absatzLinks">unbegründet ist (Liesecke, Rechtsfragen der</p>
<span class="absatzRechts">227</span><p class="absatzLinks">Bankgarantie, Wertpapier-Mitteilungen IV., 1968, Seite 27).</p>
<span class="absatzRechts">228</span><p class="absatzLinks">Das hat der BGH für die ähnlich gelagerten Fälle der</p>
<span class="absatzRechts">229</span><p class="absatzLinks">Akkreditive mehrfach entschieden (BGH in BB 1955, 463; BB 1958,</p>
<span class="absatzRechts">230</span><p class="absatzLinks">541; JZ 1959, 361). Aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages</p>
<span class="absatzRechts">231</span><p class="absatzLinks">zwischen Garant und Garantieauftraggeber ist der</p>
<span class="absatzRechts">232</span><p class="absatzLinks">Garant im Falle einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme</p>
<span class="absatzRechts">233</span><p class="absatzLinks">der Garantie durch den Garantiebegünstigten sogar verpflichtet,</p>
<span class="absatzRechts">234</span><p class="absatzLinks">diesen Einwand zu erheben und die Leistung zu verweigern</p>
<span class="absatzRechts">235</span><p class="absatzLinks">(vgl. Pleyer, Die Bankgarantie im zwischenstaatlichen Handel,</p>
<span class="absatzRechts">236</span><p class="absatzLinks">in Sonderbeilage Nr. 2/1973 zu Wertpapier- Mitteilungen,</p>
<span class="absatzRechts">237</span><p class="absatzLinks">Teil IV Nr. 27- Fußnote 2- Seite 18, 19; Finger, Formen</p>
<span class="absatzRechts">238</span><p class="absatzLinks">und Rechtsnatur der Bankgarantie, BB 1969, 206-208-; OLG</p>
<span class="absatzRechts">239</span><p class="absatzLinks">Hamburg in RIW/AWD 1978/615 ff).</p>
<span class="absatzRechts">240</span><p class="absatzLinks">Im Falle der rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme einer</p>
<span class="absatzRechts">241</span><p class="absatzLinks">Garantie hat der Garantieauftraggeber darüber hinaus gegen</p>
<span class="absatzRechts">242</span><p class="absatzLinks">den Garanten einen Unterlassungsanspruch, aus der Garantie</p>
<span class="absatzRechts">243</span><p class="absatzLinks">nichts zu zahlen. Dieser Anspruch ergibt sich aus einer</p>
<span class="absatzRechts">244</span><p class="absatzLinks">Schutz- oder Treuepflicht, die sich als Nebenverpflichtung</p>
<span class="absatzRechts">245</span><p class="absatzLinks">auch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ergibt (vgl. Urteil</p>
<span class="absatzRechts">246</span><p class="absatzLinks">des Landgerichts Frankfurt vom 14. Dezember 1979 -3/10 0</p>
<span class="absatzRechts">247</span><p class="absatzLinks">123/79; Pleyer, a.a.O. Seite 25). Wie bereits das Land-</p>
<span class="absatzRechts">248</span><p class="absatzLinks">gericht Frankfurt zutreffend ausgeführt hat, entspringt</p>
<span class="absatzRechts">249</span><p class="absatzLinks">eine solche Schutzpflicht zunächst dem Grundatz, daß</p>
<span class="absatzRechts">250</span><p class="absatzLinks">niemand berechtigt und verpflichtet ist, arglistiges Verhalten</p>
<span class="absatzRechts">251</span><p class="absatzLinks">Dritter zu unterstützen. Jede Partei hat auch</p>
<span class="absatzRechts">252</span><p class="absatzLinks">alles zu unterlassen, was mit der Verpflichtung aus einem</p>
<span class="absatzRechts">253</span><p class="absatzLinks">Vertrag zu einer positiven Leistung nicht vereinbart ist.</p>
<span class="absatzRechts">254</span><p class="absatzLinks">Nach § 242 BGB hat sich vielmehr jeder Vertragspartner so</p>
<span class="absatzRechts">255</span><p class="absatzLinks">zu verhalten, daß er unter Beachtung der gebotenen Sorgfaltspflicht</p>
<span class="absatzRechts">256</span><p class="absatzLinks">nicht wesentliche schutzwürdige materielle und</p>
<span class="absatzRechts">257</span><p class="absatzLinks">immaterielle Schutzgüter des anderen verletzt. Auch aufgrund</p>
<span class="absatzRechts">258</span><p class="absatzLinks">des besonderen Vertrauensverhältnisses, das sich aus den</p>
<span class="absatzRechts">259</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbesorgungsverträgen dieser Art ergibt, kann es</p>
<span class="absatzRechts">260</span><p class="absatzLinks">nicht im Belieben der Bank stehen, ob die Summe aufgrund</p>
<span class="absatzRechts">261</span><p class="absatzLinks">des Wortlautes der Garantie ausgezahlt wird und es dem</p>
<span class="absatzRechts">262</span><p class="absatzLinks">Exporteur überlassen bleibt, zunächst einen Erstattungsprozeß</p>
<span class="absatzRechts">263</span><p class="absatzLinks">gegen die Bank führen zu müssen und im Unterliegensfalle</p>
<span class="absatzRechts">264</span><p class="absatzLinks">oder sofort zu versuchen, sein Geld über einen oft</p>
<span class="absatzRechts">265</span><p class="absatzLinks">aussichtslosen und kostspieligen Regreßprozeß zurückzuholen,</p>
<span class="absatzRechts">266</span><p class="absatzLinks">der meistens im Ausland zu führen ist. Daß im Einzelfall ,</p>
<span class="absatzRechts">267</span><p class="absatzLinks">auch berechtigte Interessen der Bank zur Vermeidung von</p>
<span class="absatzRechts">268</span><p class="absatzLinks">Schäden bei einer Verweigerung der Zahlung aus einer bedingungslosen</p>
<span class="absatzRechts">269</span><p class="absatzLinks">Garantie zu berücksichtigen sind, kann nicht</p>
<span class="absatzRechts">270</span><p class="absatzLinks">Zur Verneinung eines Unterlassungsanspruches schlechthin</p>
<span class="absatzRechts">271</span><p class="absatzLinks">bei einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme führen.</p>
<span class="absatzRechts">272</span><p class="absatzLinks">Derartige Gesichtspunkte können gegebenenfalls nur zur</p>
<span class="absatzRechts">273</span><p class="absatzLinks">Verneinung der Unterlassungspflicht im Einzelfall führen.</p>
<span class="absatzRechts">274</span><p class="absatzLinks">Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">275</span><p class="absatzLinks">beklagten zur Bank Melli Iran. Nach dem Schreiben vom</p>
<span class="absatzRechts">276</span><p class="absatzLinks">11. September 1975,aufgrund dessen die Bank Melli Iran</p>
<span class="absatzRechts">277</span><p class="absatzLinks">widerspruchslos die Garantie gegeben hat, sollte die</p>
<span class="absatzRechts">278</span><p class="absatzLinks">Garantie in Übereinstimmung mit den in der Bundesrepublik</p>
<span class="absatzRechts">279</span><p class="absatzLinks">Deutschland geltenden Gesetzen erteilt werden. Auch nach</p>
<span class="absatzRechts">280</span><p class="absatzLinks">dem hypothetischen Parteiwillen und der gegenseitigen</p>
<span class="absatzRechts">281</span><p class="absatzLinks">Interessenabwägung findet unter Berücksichtigung aller</p>
<span class="absatzRechts">282</span><p class="absatzLinks">Umstände deutsches Recht Anwendung. Falls zwischen der</p>
<span class="absatzRechts">283</span><p class="absatzLinks">Bank Melli Iran und dem persischen Garantiebegünstigten</p>
<span class="absatzRechts">284</span><p class="absatzLinks">ein wirksamer Garantievertrag abgeschlossen sein sollte,</p>
<span class="absatzRechts">285</span><p class="absatzLinks">würde dieser zwar dem persischen Recht unterliegen, da beide</p>
<span class="absatzRechts">286</span><p class="absatzLinks">Parteien ihren Sitz im Iran haben. Aber auch nach dem</p>
<span class="absatzRechts">287</span><p class="absatzLinks">islamischen Recht ist ein eventueller Mißbrauch -wie</p>
<span class="absatzRechts">288</span><p class="absatzLinks">in verschiedenen anderen Rechtsordnungen- zu berücksichtigen</p>
<span class="absatzRechts">289</span><p class="absatzLinks">(vgl. Saudingers Kommentar zum BGB, 11. Auflage, 1961,§ 242</p>
<span class="absatzRechts">290</span><p class="absatzLinks">Rand-Nr. D 769). Sollten sich aus dem persischen Recht</p>
<span class="absatzRechts">291</span><p class="absatzLinks">andere Grundsätze ergeben, wären diese unbeachtlich. Nach</p>
<span class="absatzRechts">292</span><p class="absatzLinks">Artikel 30 EGBGB ist die Anwendung eines ausländischen</p>
<span class="absatzRechts">293</span><p class="absatzLinks">Gesetzes nämlich ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen</p>
<span class="absatzRechts">294</span><p class="absatzLinks">die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes</p>
<span class="absatzRechts">295</span><p class="absatzLinks">verstoßen würde. Diese Voraussetzung liegt im Fall der</p>
<span class="absatzRechts">296</span><p class="absatzLinks">Rechtsmißbräuchlichkeit vor.</p>
<span class="absatzRechts">297</span><p class="absatzLinks">Nach dem unstreitigen und von der Verfügungsklägerin glaubhaft</p>
<span class="absatzRechts">298</span><p class="absatzLinks">gemachten Sachverhalt ist die Inanspruchnahme der Leistungs-</p>
<span class="absatzRechts">299</span><p class="absatzLinks">garantie durch die Bank Melli Iran rechtsmißbräuchlich.</p>
<span class="absatzRechts">300</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat sich schon nicht davon überzeugen können,</p>
<span class="absatzRechts">301</span><p class="absatzLinks">l daß die Bank Melli Iran auf den Auftrag der Verfügungsbeklagten</p>
<span class="absatzRechts">302</span><p class="absatzLinks">vom 11. September 1975 hin eine auftragsgemäße</p>
<span class="absatzRechts">303</span><p class="absatzLinks">Garantie an den iranischen Garantiebegünstigten gegeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">304</span><p class="absatzLinks">Nach dem Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 11. September</p>
<span class="absatzRechts">305</span><p class="absatzLinks">1975 sollte die Bank Melli Iran eine Garantie in Höhe von</p>
<span class="absatzRechts">306</span><p class="absatzLinks">82.297,-- DM "zugunsten von Ports and Shipping Organization,</p>
<span class="absatzRechts">307</span><p class="absatzLinks">Shah Reza Ave., Teheran" erstellen. Das Schreiben der</p>
<span class="absatzRechts">308</span><p class="absatzLinks">Bank Melli Iran vom 13. September 1975, mit dem diese</p>
<span class="absatzRechts">309</span><p class="absatzLinks">Garantie übernommen werden sollte, ist zwar an die Ports</p>
<span class="absatzRechts">310</span><p class="absatzLinks">and  Shipping Organization gerichtet. In dem Text heißt es</p>
<span class="absatzRechts">311</span><p class="absatzLinks">aber, daß bezüglich des Vertrages zwischen der Firma</p>
<span class="absatzRechts">312</span><p class="absatzLinks">H und der Kaiserlich-Iranischen-Marine die</p>
<span class="absatzRechts">313</span><p class="absatzLinks">Garantie übernommen werde und daß nach Meinung und Urteil</p>
<span class="absatzRechts">314</span><p class="absatzLinks">der Kaiserlich-Iranischen-Marine gegebenenfalls gezahlt</p>
<span class="absatzRechts">315</span><p class="absatzLinks">werde. Der erwähnte Vertrag bezieht sich zwar auch auf</p>
<span class="absatzRechts">316</span><p class="absatzLinks">7 Dieselmotor-Seitenstapler. Die Kaiserlich-Iranische-Marine</p>
<span class="absatzRechts">317</span><p class="absatzLinks">war aber nicht Vertragspartner. Nach dem Schreiben der</p>
<span class="absatzRechts">318</span><p class="absatzLinks">Verfügungsbeklagten sollte dieser gegenüber auch nicht</p>
<span class="absatzRechts">319</span><p class="absatzLinks">die Garantie abgegeben werden bzw. sollte es nicht von</p>
<span class="absatzRechts">320</span><p class="absatzLinks">dieser abhängen, ob die Garantie in Anspruch genommen werden</p>
<span class="absatzRechts">321</span><p class="absatzLinks">sollte. Vertragspartner der Verfügungsklägerin bzw. der</p>
<span class="absatzRechts">322</span><p class="absatzLinks">Firma H war die Ports and Shipping Organization zu</p>
<span class="absatzRechts">323</span><p class="absatzLinks">deren Gunsten die Garantie mit entsprechender Rückgarantie</p>
<span class="absatzRechts">324</span><p class="absatzLinks">der Verfügungsbeklagten abgegeben werden sollte. Bei der</p>
<span class="absatzRechts">325</span><p class="absatzLinks">eingehenden Erörterung dieser Frage in der mündlichen Verhandlung</p>
<span class="absatzRechts">326</span><p class="absatzLinks">konnte die Verfügungsbeklagte keine Erklärung</p>
<span class="absatzRechts">327</span><p class="absatzLinks">darüber abgeben bzw. glaubhaft machen, ob es sich eventuell</p>
<span class="absatzRechts">328</span><p class="absatzLinks">nur um die verschiedene Bezeichnung ein- und desselben</p>
<span class="absatzRechts">329</span><p class="absatzLinks">Rechtsträgers handelt. Auch in ihrer ergänzenden und</p>
<span class="absatzRechts">330</span><p class="absatzLinks">abschließenden Stellungnahme nach dem Scheitern der Bemühungen</p>
<span class="absatzRechts">331</span><p class="absatzLinks">zu einer außergerichtlichen Übereinkunft unter</p>
<span class="absatzRechts">332</span><p class="absatzLinks">Einschluß der Bank Melli Iran hat die Verfügungsbeklagte</p>
<span class="absatzRechts">333</span><p class="absatzLinks">dazu keine Stellung genommen. Die gegebenen Anhaltspunkte</p>
<span class="absatzRechts">334</span><p class="absatzLinks">reichen nicht aus, eine ordnungsgemäße Inanspruchnahme der</p>
<span class="absatzRechts">335</span><p class="absatzLinks">Verfügungsbeklagten aus einer Garantie mit hinreichender</p>
<span class="absatzRechts">336</span><p class="absatzLinks">Sicherheit festzustellen, die diese aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages</p>
<span class="absatzRechts">337</span><p class="absatzLinks">mit der Verfügungsklägerin erteilt hat.</p>
<span class="absatzRechts">338</span><p class="absatzLinks">Aber selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, liegt eine</p>
<span class="absatzRechts">339</span><p class="absatzLinks">rechtsmißbräuchliche Inanspruchnahme der Garantie seitens</p>
<span class="absatzRechts">340</span><p class="absatzLinks">der Bank Melli Iran bzw. des Bestellers vor, so daß der</p>
<span class="absatzRechts">341</span><p class="absatzLinks">Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die</p>
<span class="absatzRechts">342</span><p class="absatzLinks">Verfügungsbeklagte im Hinblick auf die Zahlung der Garantiesumme</p>
<span class="absatzRechts">343</span><p class="absatzLinks">auch in diesem Fall glaubhaft gemacht ist.</p>
<span class="absatzRechts">344</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, daß die</p>
<span class="absatzRechts">345</span><p class="absatzLinks">Seitenstapler "als ordnungsgemäß" abgenommen worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">346</span><p class="absatzLinks">Das ergibt sich vor allem aus dem Abnahmeprotokoll vom</p>
<span class="absatzRechts">347</span><p class="absatzLinks">19. Mai 1976, das sich auf die Abnahme im Iran bezieht und</p>
<span class="absatzRechts">348</span><p class="absatzLinks">neben dem Abnahmeprotokoll vom 24. Februar 1976 über die</p>
<span class="absatzRechts">349</span><p class="absatzLinks">Abnahme in Deutschland vorgelegt worden ist. Nach dem</p>
<span class="absatzRechts">350</span><p class="absatzLinks">Abnahmeprotokoll vom 19. Mai 1976 war der Test mit den</p>
<span class="absatzRechts">351</span><p class="absatzLinks">Gabelstaplern zufriedenstellend. Das vorgelegte Exemplar</p>
<span class="absatzRechts">352</span><p class="absatzLinks">des Protokolls ist zwar nicht beglaubigt, und trägt keine</p>
<span class="absatzRechts">353</span><p class="absatzLinks">Unterschriften. Nach der Darlegung der Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">354</span><p class="absatzLinks">handelt es sich auch nur um die englische Übersetzung des</p>
<span class="absatzRechts">355</span><p class="absatzLinks">in persischer Sprache abgefaßten Protokolls. Die Kammer hat</p>
<span class="absatzRechts">356</span><p class="absatzLinks">aufgrund weiterer Anhaltspunkte jedoch keine Bedenken, daß</p>
<span class="absatzRechts">357</span><p class="absatzLinks">dieses Schriftstück den Inhalt des Abnahmeprotokolls zutreffend</p>
<span class="absatzRechts">358</span><p class="absatzLinks">wiedergibt. In diesem Schreiben des Repräsentanten der</p>
<span class="absatzRechts">359</span><p class="absatzLinks">Firma H vom 3. April 1980, L, der nunmehr in London residiert, ist dargelegt, daß auch nach Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">360</span><p class="absatzLinks">der Firma H die Lieferung ordnungsgemäß erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">361</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin hat durch eidesstattliche Versicherung</p>
<span class="absatzRechts">362</span><p class="absatzLinks">ihres Geschäftsführers T ferner glaubhaft gemacht,</p>
<span class="absatzRechts">363</span><p class="absatzLinks">daß keinerlei Mängel seitens des Bestellers gerügt worden</p>
<span class="absatzRechts">364</span><p class="absatzLinks">sind. Es ist auch keine Aufforderung zur Nachbesserung</p>
<span class="absatzRechts">365</span><p class="absatzLinks">irgendwelcher Fehler oder zur Durchführung irgendwelcher</p>
<span class="absatzRechts">366</span><p class="absatzLinks">Reparaturen erfolgt. Mit der Abnahme am 19. Mai 1976 begann</p>
<span class="absatzRechts">367</span><p class="absatzLinks">die einjährige Garantiezeit, die auf Seite 13 Artikel XII</p>
<span class="absatzRechts">368</span><p class="absatzLinks">Ziffer 3 des Vertrages festgelegt worden war. Das ergibt</p>
<span class="absatzRechts">369</span><p class="absatzLinks">sich nicht zuletzt daraus, daß die PSO kurz vor Ablauf dieser</p>
<span class="absatzRechts">370</span><p class="absatzLinks">einjährigen Frist am 10. Mai 1977 die restlichen 10 % des</p>
<span class="absatzRechts">371</span><p class="absatzLinks">Kaufpreises an die Verfügungsklägerin gezahlt hat. Auch</p>
<span class="absatzRechts">372</span><p class="absatzLinks">das ist von der Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht worden.</p>
<span class="absatzRechts">373</span><p class="absatzLinks">Trotz des insoweit unsubstantiierten Bestreitens der</p>
<span class="absatzRechts">374</span><p class="absatzLinks">Verfügungsbeklagten hat die Kammer an der Richtigkeit der</p>
<span class="absatzRechts">375</span><p class="absatzLinks">Restzahlung keinen Zweifel. Daß diese erfolgt ist, ergibt</p>
<span class="absatzRechts">376</span><p class="absatzLinks">sich nämlich ebenfalls aus dem Schreiben der Firma H</p>
<span class="absatzRechts">377</span><p class="absatzLinks">vom 3. April 1980. In diesem Zusammenhang wird von der</p>
<span class="absatzRechts">378</span><p class="absatzLinks">Firma H aufgrund ihrer Kenntnisse im Iran darauf hingewiesen,</p>
<span class="absatzRechts">379</span><p class="absatzLinks">daß die Zahlung des Restkaufpreises seitens des</p>
<span class="absatzRechts">380</span><p class="absatzLinks">Bestellers nicht erfolgt wäre, wenn die Lieferung nicht</p>
<span class="absatzRechts">381</span><p class="absatzLinks">ordnungsgemäß erfolgt wäre. Ferner konnte angesichts der</p>
<span class="absatzRechts">382</span><p class="absatzLinks">Tatsache, daß nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt</p>
<span class="absatzRechts">383</span><p class="absatzLinks">keine Mängelrüge erfolgt ist, Seite 14 Artikel XIV Ziffer</p>
<span class="absatzRechts">384</span><p class="absatzLinks">2 des Liefervertrags nicht unbeachtet bleiben. Danach wird</p>
<span class="absatzRechts">385</span><p class="absatzLinks">der Verkäufer am Ende der Garantieperiode von seinen Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">386</span><p class="absatzLinks">frei, falls keine schriftliche Nachricht von</p>
<span class="absatzRechts">387</span><p class="absatzLinks">irgendwelchen Mängeln vom Käufer oder deren Vertretern in</p>
<span class="absatzRechts">388</span><p class="absatzLinks">dieser Zeit gegeben worden ist. Da das nicht geschehen ist,</p>
<span class="absatzRechts">389</span><p class="absatzLinks">lassen die Gegebenheiten nur den Schluß zu, daß die</p>
<span class="absatzRechts">390</span><p class="absatzLinks">Verfügungsklägerin im Mai 1977 von ihren Verpflichtungen</p>
<span class="absatzRechts">391</span><p class="absatzLinks">frei geworden ist. Im übrigen hätte der Besteller nach</p>
<span class="absatzRechts">392</span><p class="absatzLinks">Seite 15 Artikel XIV § 4 des Liefervertrages die Möglichkeit</p>
<span class="absatzRechts">393</span><p class="absatzLinks">gehabt, eventuelle Reparaturen im Namen und für Rechnung</p>
<span class="absatzRechts">394</span><p class="absatzLinks">der Verfügungsklägerin von anderen Unternehmen durchführen</p>
<span class="absatzRechts">395</span><p class="absatzLinks">zu lassen und die hieraus entstandenen Kosten "abzuziehen</p>
<span class="absatzRechts">396</span><p class="absatzLinks">und einzukassieren von der Liefergarantie des Verkäufers".</p>
<span class="absatzRechts">397</span><p class="absatzLinks">Auch in dieser Richtung ist nichts geschehen. Vielmehr</p>
<span class="absatzRechts">398</span><p class="absatzLinks">hat der Besteller nach Ablauf der Garantiezeit den vollen</p>
<span class="absatzRechts">399</span><p class="absatzLinks">Restkaufpreis bezahlt, und zwar nicht etwa im Wege eines</p>
<span class="absatzRechts">400</span><p class="absatzLinks">bestehenden Akkreditivs. Die Zahlung ist im übrigen auch</p>
<span class="absatzRechts">401</span><p class="absatzLinks">geschehen, obwohl schon spätestens seit dem Abnahmeprotokoll</p>
<span class="absatzRechts">402</span><p class="absatzLinks">vom 19. Mai 1976 die Transport- und Diebstahlsschäden bekannt</p>
<span class="absatzRechts">403</span><p class="absatzLinks">waren. Das Protokoll enthält aber auch den Hinweis, daß</p>
<span class="absatzRechts">404</span><p class="absatzLinks">diese der Versicherungsgesellschaft gemeldet worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">405</span><p class="absatzLinks">Der glaubhaft gemachte Vortrag der Verfügungsklägerin insoweit</p>
<span class="absatzRechts">406</span><p class="absatzLinks">für die Schäden nicht verantwortlich zu sein, wird dadurch </p>
<span class="absatzRechts">407</span><p class="absatzLinks">ebenfalls bestätigt. Das ergibt sich auch aus dem Schreiben</p>
<span class="absatzRechts">408</span><p class="absatzLinks">vom 2. November 1976 der Firma H, in dem um ein Angebot,</p>
<span class="absatzRechts">409</span><p class="absatzLinks">im Hinblick auf diese Schäden durch die Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">410</span><p class="absatzLinks">gebeten wird, um die Schäden auch der Höhe nach gegenüber</p>
<span class="absatzRechts">411</span><p class="absatzLinks">der Transportversicherung, nämlich der Iranian F</p>
<span class="absatzRechts">412</span><p class="absatzLinks">Company, deren Policen-Nr. ebenfalls benannt worden ist,</p>
<span class="absatzRechts">413</span><p class="absatzLinks">beziffern zu können. Selbst wenn die Inanspruchnahme der</p>
<span class="absatzRechts">414</span><p class="absatzLinks">Bankgarantie mit diesen Schäden im Zusammenhang stehen sollte</p>
<span class="absatzRechts">415</span><p class="absatzLinks">besteht zwischen der Höhe derselben von ca. 650,-- DM und</p>
<span class="absatzRechts">416</span><p class="absatzLinks">der Höhe der in Anspruch genommenen Garantie von über</p>
<span class="absatzRechts">417</span><p class="absatzLinks">82.000,-- DM ein ekIatantes Mißverhältnis, was jedenfalls</p>
<span class="absatzRechts">418</span><p class="absatzLinks">die Inanspruchnahme der Garantie schlechthin nicht rechtfertigen</p>
<span class="absatzRechts">419</span><p class="absatzLinks">würde. Dazu sind seit der Abnahme und der Restzahlung</p>
<span class="absatzRechts">420</span><p class="absatzLinks">4 bzw. 3 Jahre vergangen.</p>
<span class="absatzRechts">421</span><p class="absatzLinks">Der Besteller hat trotz der mehrfachen Versuche der Firma</p>
<span class="absatzRechts">422</span><p class="absatzLinks">H, die Garantie nach Mai 1975 zurückzuerhalten,</p>
<span class="absatzRechts">423</span><p class="absatzLinks">keinerlei Gründe für die Nichtherausgabe genannt. Insoweit</p>
<span class="absatzRechts">424</span><p class="absatzLinks">wird auch auf das Schreiben vom 3. April 1980 verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">425</span><p class="absatzLinks">Auch das Begehren, die Garantie jeweils zu verlängern, ist ebenfalls</p>
<span class="absatzRechts">426</span><p class="absatzLinks">nicht spezifiziert begründet worden. Auch die Verfügungsbeklagte</p>
<span class="absatzRechts">427</span><p class="absatzLinks">war nicht in der Lage, dazu nähere Angaben zu machen,</p>
<span class="absatzRechts">428</span><p class="absatzLinks">obwohl sie nach Beginn dieses Verfahrens auch mit der Bank</p>
<span class="absatzRechts">429</span><p class="absatzLinks">Melli Iran intensive Verhandlungen über die Berechtigung</p>
<span class="absatzRechts">430</span><p class="absatzLinks">der Inanspruchnahme der Garantie geführt hat, die die Bank</p>
<span class="absatzRechts">431</span><p class="absatzLinks">Melli Iran mit der "Nichterfüllung der vereinbarten Verpflichtungen"</p>
<span class="absatzRechts">432</span><p class="absatzLinks">begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">433</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände</p>
<span class="absatzRechts">434</span><p class="absatzLinks">ist nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorhanden, daß</p>
<span class="absatzRechts">435</span><p class="absatzLinks">die Inanspruchnahme der Garantie auch im Hinblick auf die</p>
<span class="absatzRechts">436</span><p class="absatzLinks">zugrundeliegenden Rechtsgeschäfte berechtigt sein könnte.</p>
<span class="absatzRechts">437</span><p class="absatzLinks">Weder die an sich formelle Berechtigung aus der bedingungslosen</p>
<span class="absatzRechts">438</span><p class="absatzLinks">Garantie noch die von der Verfügungsbeklagten befürchteten</p>
<span class="absatzRechts">439</span><p class="absatzLinks">Folgen für die Abwicklung von Exportgeschäften</p>
<span class="absatzRechts">440</span><p class="absatzLinks">schlechthin und ihre eigene Reputation gerechtfertigen im</p>
<span class="absatzRechts">441</span><p class="absatzLinks">übrigen bei einem derart eklatant rechtsmißbräuchlichen</p>
<span class="absatzRechts">442</span><p class="absatzLinks">Verhalten der Garantiebegünstigten bzw. des Bestellers</p>
<span class="absatzRechts">443</span><p class="absatzLinks">die Verneinung der Rechtsmißbräuchlichkeit im Verhältnis</p>
<span class="absatzRechts">444</span><p class="absatzLinks">der Parteien zueinander. Nach unbestrittener Auffassung</p>
<span class="absatzRechts">445</span><p class="absatzLinks">in der Literatur sind die sich aus dem Grundgeschäft ergebenden</p>
<span class="absatzRechts">446</span><p class="absatzLinks">Gesichtspunkte auch für eine bedingungslose Garantie</p>
<span class="absatzRechts">447</span><p class="absatzLinks">bezüglich der Geltendmachung von Einwendungen nicht unbeachtlich.</p>
<span class="absatzRechts">448</span><p class="absatzLinks">Auf der anderen Seite ist die Verfügungsklägerin</p>
<span class="absatzRechts">449</span><p class="absatzLinks">als Garantieauftraggeber ebenso Geschäftspartner der</p>
<span class="absatzRechts">450</span><p class="absatzLinks">Verfügungsbeklagten wie die Bank Melli Iran. Es ist kein</p>
<span class="absatzRechts">451</span><p class="absatzLinks">Grund dafür ersichtlich, daß die Verfügungsbeklagte</p>
<span class="absatzRechts">452</span><p class="absatzLinks">solchen Sachverhalt die berechtigten Interessen der</p>
<span class="absatzRechts">453</span><p class="absatzLinks">Verfügungsklägerin weniger zu beachten hat als die</p>
<span class="absatzRechts">454</span><p class="absatzLinks">der Bank Melli Iran, wenn sich daraus für sie auch</p>
<span class="absatzRechts">455</span><p class="absatzLinks">nachteiligere Folgen ergeben können. Die Verweigerung</p>
<span class="absatzRechts">456</span><p class="absatzLinks">der Zahlung aus der Bankgarantie ist bei einem derart</p>
<span class="absatzRechts">457</span><p class="absatzLinks">rechtsmißbräuchlichen Verhalten auch weder geeignet,</p>
<span class="absatzRechts">458</span><p class="absatzLinks">die Reputation der Verfügungsbeklagten zu beeinträchtigen</p>
<span class="absatzRechts">459</span><p class="absatzLinks">noch irgendeinen negativen Einfluß auf das System der</p>
<span class="absatzRechts">460</span><p class="absatzLinks">Abwicklung von derartigen Exportgeschäften auszuüben.</p>
<span class="absatzRechts">461</span><p class="absatzLinks">Die Kammer verkennt nicht, daß die Bank Melli Iran möglicherweise</p>
<span class="absatzRechts">462</span><p class="absatzLinks">die Vermögenswerte der Verfügungsbeklagten im Iran</p>
<span class="absatzRechts">463</span><p class="absatzLinks">wegen der Nichtzahlung aus der Garantie durch Aufrechnung</p>
<span class="absatzRechts">464</span><p class="absatzLinks">in Anspruch nehmen kann und daß sich dadurch für die Verfügungsbeklagte,</p>
<span class="absatzRechts">465</span><p class="absatzLinks">die Notwendigkeit ergeben könnte, gegen</p>
<span class="absatzRechts">466</span><p class="absatzLinks">die Bank Melli Iran, eventuell sogar im Iran, gerichtlich</p>
<span class="absatzRechts">467</span><p class="absatzLinks">vorzugehen. Wie sich aufgrund der mündlichen Verhandlung</p>
<span class="absatzRechts">468</span><p class="absatzLinks">durch entsprechende Erklärung der Verfügungsbeklagten er-</p>
<span class="absatzRechts">469</span><p class="absatzLinks">geben hat, besteht diese Gefahr der einseitigen Inanspruchnahme</p>
<span class="absatzRechts">470</span><p class="absatzLinks">durch Aufrechnung deswegen, weil die Bank Melli Iran</p>
<span class="absatzRechts">471</span><p class="absatzLinks">ihrerseits derzeit keine Guthaben mehr bei der Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">472</span><p class="absatzLinks">beklagten unterhält. Diese Konstellation beruht auf einer</p>
<span class="absatzRechts">473</span><p class="absatzLinks">Ausnahmesituation und kann daher bei der Beurteilung des</p>
<span class="absatzRechts">474</span><p class="absatzLinks">vorliegenden Einzelfalles, der möglicherweise in derselben</p>
<span class="absatzRechts">475</span><p class="absatzLinks">Ausnahmesituation seine Ursache hat, allein kein anderes</p>
<span class="absatzRechts">476</span><p class="absatzLinks">Ergebnis rechtfertigen. Dafür ist die glaubhaft gemachte</p>
<span class="absatzRechts">477</span><p class="absatzLinks">Rechtsmißbräuchlichkeit bei der Inanspruchnahme der Garantie</p>
<span class="absatzRechts">478</span><p class="absatzLinks">zu schwerwiegend.</p>
<span class="absatzRechts">479</span><p class="absatzLinks">Die Verfügungsklägerin ist auch berechtigt, ihren Unterlassungsanspruch</p>
<span class="absatzRechts">480</span><p class="absatzLinks">gegen die Verfügungsbeklagte im Wege der</p>
<span class="absatzRechts">481</span><p class="absatzLinks">einstweiligen Verfügung durchzusetzen (§§ 935, 940 ZPO). Es</p>
<span class="absatzRechts">482</span><p class="absatzLinks">handelt sich bei ihrem Unterlassungsanspruch um einen</p>
<span class="absatzRechts">483</span><p class="absatzLinks">Individualanspruch aus dem zwischen den Parteien bestehenden</p>
<span class="absatzRechts">484</span><p class="absatzLinks">Geschäftsbesorgungsvertrag (vgl. LG Frankfurt a.a.O., Pleyer,</p>
<span class="absatzRechts">485</span><p class="absatzLinks">a.a.O. Seite 25; Finger, a.a.O.). Zwar stellt sich ein</p>
<span class="absatzRechts">486</span><p class="absatzLinks">solcher Unterlassungsanspruch auch als ein Eingriff in die</p>
<span class="absatzRechts">487</span><p class="absatzLinks">Rechte des Begünstigten dar. Andererseits können auch Veräußerungsverbote</p>
<span class="absatzRechts">488</span><p class="absatzLinks">Gegenstand einer einstweiligen Verfügung</p>
<span class="absatzRechts">489</span><p class="absatzLinks">sein, obwohl sie unter Umständen das obligatorische Recht</p>
<span class="absatzRechts">490</span><p class="absatzLinks">eines Dritten auf Erwerb beeinträchtigen (Pleyer, a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">491</span><p class="absatzLinks">Ein Auszahlungsverbot ist deshalb nicht schlechthin ausgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">492</span><p class="absatzLinks">Dieses ist jedenfalls bei glaubhaft gemachter</p>
<span class="absatzRechts">493</span><p class="absatzLinks">offensichtlicher Unbegründetheit und bei Rechtsmißbrauch</p>
<span class="absatzRechts">494</span><p class="absatzLinks">zu bejahen. (vgl. auch Liesecke, a.a.O.). Daß ein</p>
<span class="absatzRechts">495</span><p class="absatzLinks">solcher Ausnahmefall vorliegt, ist bereits dargelegt worden.</p>
<span class="absatzRechts">496</span><p class="absatzLinks">Es liegt aber auch ein entsprechender Verfügungsgrund vor.</p>
<span class="absatzRechts">497</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Verfügungs-</p>
<span class="absatzRechts">498</span><p class="absatzLinks">beklagte gewillt ist, aufgrund der Inanspruchnahme der</p>
<span class="absatzRechts">499</span><p class="absatzLinks">Bankgarantie durch die Bank Melli Iran bei Nichtbestehen</p>
<span class="absatzRechts">500</span><p class="absatzLinks">eines gerichtlichen Verbotes zu zahlen. Im Falle einer</p>
<span class="absatzRechts">501</span><p class="absatzLinks">Zahlung ist aber eine Erfüllung des Unterlassungsanspruches</p>
<span class="absatzRechts">502</span><p class="absatzLinks">nicht mehr möglich. Ein mögliches Obsiegen bei einer späteren</p>
<span class="absatzRechts">503</span><p class="absatzLinks">Feststellung des Unterlassungsanspruches würde dann ins Leere</p>
<span class="absatzRechts">504</span><p class="absatzLinks">gehen (vgl. auch LG Frankfurt, a.a.O.). Ferner besteht</p>
<span class="absatzRechts">505</span><p class="absatzLinks">die Gefahr, daß die Verfügungsklägerin im Falle, der Zahlung</p>
<span class="absatzRechts">506</span><p class="absatzLinks">in einen langwierigen Regreßprozeß verwickelt würde. Das</p>
<span class="absatzRechts">507</span><p class="absatzLinks">ist ihr unter Abwägung der gegenseitigen Interessen bei</p>
<span class="absatzRechts">508</span><p class="absatzLinks">der gegebenen Sachlage und dem glaubhaft gemachten Grad</p>
<span class="absatzRechts">509</span><p class="absatzLinks">der Rechtsmißbräuchlichkeit nicht zuzumuten. Darüber hinaus</p>
<span class="absatzRechts">510</span><p class="absatzLinks">kann auch nicht ausgeschlossen werden, daß ein eventueller</p>
<span class="absatzRechts">511</span><p class="absatzLinks">Rückforderungsanspruch unter den gegebenen Umständen gefährdet</p>
<span class="absatzRechts">512</span><p class="absatzLinks">ist . Das gilt insbesondere deshalb, weil es sich</p>
<span class="absatzRechts">513</span><p class="absatzLinks">bei dem Begünstigten der Garantie um eine ausländische,</p>
<span class="absatzRechts">514</span><p class="absatzLinks">und zwar iranische staatliche Stelle mit dem Sitz im Iran handelt.</p>
<span class="absatzRechts">515</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
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315,932 | lg-bonn-1980-07-04-7-o-18680 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": 394,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 7 O 186/80 | 1980-07-04T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:51 | 2019-03-27T09:41:51 | Schlussurteil | ECLI:DE:LGBN:1980:0704.7O186.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.662,88 DM nebst 4 % Zinsen aus 3.662,88 DM seit dem 15. Februar 1980 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der durch das Teilanerkenntnisurteil vom 27.5.1980 entstandenen Kosten, trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 4.000,--DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">T a t b e s t a n d:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Fahrzeug des Beklagten, ein PKW Q mit dem amtlichen Kennzeichen ## -# ***, ist bei dem Kläger haftpflichtversichert. Der Beklagte verursachte in der Nacht vom 3. Dezember auf den 4. Dezember 1978 gegen 0.10 Uhr auf der B ## in der Nähe von I in alkoholbedingt fahruntauglichen Zustand (1,36%o) einen Unfall und entfernte sich anschließend von der UnfallsteIle. Zuvor war er ausgestiegen und hatte sich zurück zu dem beschädigten schweizerischen Fahrzeug begeben, um die Beifahrertür seines Autos aufzuheben und in seinen Wagen zurückzutragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In der am 29. Dezember 1978 bei dem Kläger eingegangenen KFZ -Haftpflichtschadenanzeige (BI. 14, 15 d.A.) teilte der Beklagte wahrheitswidrig mit, daß er den festgestellten Alkohol erst nach dem Unfall zu sich genommen habe; ebenso wahrheitswidrig verneinte er die in dem Formular gestellte Frage nach der Aufnahme eines polizeilichen Protokolls und einer polizeilichen Vernehmung. Den Schadenshergang skizzierte er so, als ob das gegnerische Fahrzeug unmittelbar in einem sich verjüngenden Abschnitt seiner Fahrbahn unbeleuchtet gestanden hätte, was ebenfalls nicht der Wahrheit entsprach.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der aus diesem Unfall herrührende Schaden des Unfallgegners belief sich auf 3.662,88 DM; diesen hat der Kläger reguliert.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Ansicht, das Verhalten des Beklagten während und nach dem Unfall, insbesondere bei Abfassung der Schadensanzeige, stelle einen besonders schweren Fall der Aufklärungspflichtverletzung im Sinne von § 7 Abs. V AKB dar. Er meint deshalb, bis zur Höhe von 5.000,--DM von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Beklagten frei zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Demgemäß hat der Kläger zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.662,88 DM nebst 4% Zinsen seit Zustellung des Mahnbescheids (15. Februar 1980) zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Anspruch teilweise in Höhe von 1.000,--DM anerkannt, worauf gegen ihn in dieser Höhe Teilanerkenntnisurteil ergangen ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen des Restbetrages beantragt der Kläger nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Betrag von 2.662,88 DM nebst 4% Zinsen aus dem Gesamtbetrag seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Er räumt ein, mit seiner Schadensanzeige eine Obliegenheitspflichtverletzung gegenüber dem Kläger begangen zu haben. Er ist jedoch der Meinung, daß es sich : um eine einfache Pflichtverletzung im Sinne von § 7 Abs. V Ziffer 2 Satz 1 AKB handele und deshalb Leistungsfreiheit allenfalls in Höhe von 1.000,-- DM bestehe. Im übrigen .komme eine weitergehende Leistungsfreiheit der Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil er, der Beklagte, nicht ausdrücklich über die. Rechtsfolgen einer falschen Angabe des. Unfallherganges belehrt worden sei. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch hinsichtlich des vom Beklagten nicht -anerkannten Betrages in Höhe von 2.662,88 DM begründet. Der Kläger ist nämlich für das Unfallereignis vom 4. Dezember 1978<i> </i>gemäß § 7 Abs. V AKB in Höhe von 5.000,-- DM von seiner Eintrittspflicht gegenüber dem Beklagten befreit, weil dieser seine Aufklärungspflicht über den Hergang des Unfalls in besonders schwerwiegender Weise vorsätzlich verletzt hat. Er muß deshalb dem Kläger den von diesem an den Geschädigten geleisteten</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Betrag von 3.662,88 DM voll zurückzahlen (§ 812 BGB i.V.m. § 3 Ziffer 9 Pflichtversicherungsgesetz).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AKB war der Beklagte als Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Unfallherganges und der Unfallursache dienlich sein kann. Dieser Pflicht genügte der Beklagte, wie er im Rahmen seines Anerkenntnisses auch eingeräumt hat, nicht. Entgegen seiner Ansicht ist die Kammer aber der Auffassung, daß ein besonders schwerwiegender Fall der Pflichtverletzung im Sinne von § 7 Abs. V Ziffer 2 Satz 2 AKB vorliegt. Der Beklagte machte in seiner am 29. Dezember 1978 bei dem Kläger eingegangenen Schadensanzeige (Bl. 14, 15, 35 und 36 d.A.)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">- wie er in der mündlichen Verhandlung persönlich einräumte - ganz bewußt falsche Angaben hinsichtlich seines dem Unfall vorangegangenen Alkoholgenusses. Dies gilt auch bezüglich der Unfallschilderung im übrigen : Während der Beklagte die Örtlichkeiten so darstellte, als ob der Unfallgegner sein Fahrzeug auf der rechten Seite einer sich verjüngenden Fahrbahn völlig unbeleuchtet abgestellt hätte, stand das gegnerische, Fahrzeug in Wirklichkeit in voller Breite ordnungsgemäß auf dem Gehweg, und die Unfallursache lag, wie heute zwischen den Parteien nicht mehr streitig ist, alleine darin, daß der Beklagte infolge alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit von seiner. Fahrbahn abkam. Der Beklagte gab durch seine Darstellung das Unfallgeschehen nicht nur in nuancenhafter Abänderung wieder, sondern stellte einen ganz <u>anderen </u>Unfallverlauf dar, der die eigentliche Ursache, nämlich seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit, vollkommen ausschloß. Das Ziel dieser Falschunterrichtung war es, seine Fahruntüchtigkeit gegenüber dem Kläger zu vertuschen und seine in der Unfallanzeige vorgetragene Behauptung zu stützen, die Unfallursache liege im wesentlichen darin begründet, daß das gegnerische Fahrzeug verbotswidrig auf der Fahrbahn und dazu noch völlig unbeleuchtet abgestellt gewesen sei. In Anbetracht des Bemühens seitens des Gesetzgebers und der Rechtsprechung, die Teilnahme am Straßenverkehr im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit und deren oftmals tragische Folgen durch harte Sanktionen zu verhindern, hält es die Kammer nicht für vertretbar, den durch vollkommen andere Sachdarstellung unternommenen Versuch des Beklagten, von seiner alkoholbedingten Fahruntüchtigkeit und deren Ursache für<i> </i>den Unfall gezielt abzulenken, noch als eine "einfache" Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 7 Abs. V Ziffer 2, Satz 1 AKB anzusehen. Es handelt sich vielmehr um eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung. Das gilt auch für den Fall, daß der Beklagte die unwahren Angaben nur im Hinblick auf das gegen ihn gerichtete Strafverfahren gemacht haben will. Denn erstens darf seine Strafverteidigung - im Rahmen des Versicherungsverhältnisses gesehen - nicht auf dem Rücken der eigenen Versicherungsgemeinschaft oder der des Unfallgegners aufgebaut werden, und zweitens wird einer solchen möglichen Interessenkollision des Versicherungsnehmers dadurch Rechnung getragen, daß der Versicherer die ihm gemachten Angaben nicht an die Strafverfolgungsbehörde weitergeben darf (vergl. BGH Versicherungsrecht 66, S 383). Schließlich ist auch das Vorbringen des Beklagten unerheblich, er sei während des Unfalls infolge seelischer Störung vermindert zurechnungsfähig gewesen. Denn hier geht es um eine Obliegenheitsverletzung, die erst rund 3 Wochen nach dem Unfall bei der Erstellung der Schadenanzeige begangen wurde.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die besonders schwerwiegende Obliegenheitsverletzung durch den Beklagten beeinträchtigte auch die Belange des Klägers in nennenswerter Weise (sogenannte Relevanz). Dies. ist nämlich dann der Fall, wenn die Pflichtverletzung generell geeignet ist; die berechtigten Interessen des Versicherers an einer sachgerechten Aufklärung und Schadensregulierung ernsthaft zu gefährden (vergl. BGH VersR 72, s. 342; OLG Köln VersR 73. S. 958). Die wahrheitswidrigen Angaben des Beklagten waren (ihrer Zielsetzung entsprechend) objektiv geeignet, die Schadensregulierung zu erschweren, weil nach deren Inhalt ein alleiniges Unfallverschulden des Beklagten nicht ohne weiteres angenommen werden konnte, und die Klägerin sich hätte genötigt sehen können, dem Unfallgegner nur einen Teil seines Schadens zu ersetzen. Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers ist es nicht, daß diese Gefahr sich auch tatsächlich verwirklicht hat (BGH VersR 76, S. 383). Deshalb kann es auch nicht darauf ankommen. daß der Kläger dem Unfallgegner den Schaden trotz der falschen Angaben des Beklagten voll erstattete, möglicherweise deshalb. weil der Kläger den wahren Unfallhergang durch die polizeiliche Unfallskizze oder den Unfallgegner erfahren hat. So kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, der Kläger hätte bei Angabe des wahren Unfallherganges erst recht voll :für den Schaden des Gegners einstehen müssen (vergl. OLG Bamberg VersR 71. S. 1163).</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Leistungsfreiheit des Klägers scheidet auch nicht an einer fehlenden ausdrücklichen Belehrung des Beklagten Über die Rechtsfolgen einer wahrheitswidrigen Angabe. Die Kammer vertritt mit einer vordringenden Meinung in der Literatur die Ansicht, daß zumindest bei einer schwerwiegenden Verletzung der Aufklärungspflicht die vom BGH verlangten strengen Anforderungen an die Belehrungspflicht des Versicherers (konkrete Benennung der drohenden Leistungsfreiheit) nicht zu stellen sind. Die bisherige Rechtsprechung des BGH zur<u> Belehrungspflicht</u> erging unter der Geltung von § 7 AKB alter Fassung. die bis zum 31.12.1974 wirksam war, wonach dem Versicherer bei vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers <u>unbeschränkte </u>Leistungsfreiheit zustand. Die Rechtsprechung des BGH wurde im wesentlichen damit begründet, der Versicherer müsse aus dem besonderen Vertrauensverhältnis der Vertragspartner heraus aufgrund seiner in der Regel größeren geschäftlichen und versicherungstechnischen Erfahrung auch dazu bei tragen, daß der Versicherungsnehmer sich nicht durch falsche Angaben dem Versicherungsschutz in vollem Umfang entziehe und sich auf diese Weise nicht selten in eine existenzbedrohende Lage manövriere</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">(vergl. BGH VersR 67, 441 BGHZ Band 48, S. 7, 10). Die "Belehrungsrechtsprechung" fand ihre Rechtfertigung in der Notwendigkeit einer nach Treu und. Glauben vorzunehmenden Korrektur des "alles-oder-nichts-Prinzips" des § 7 Abs. V Satz 1 AKB a.F. (Stiefel/Hofmann AKB Randnummer 141). Die durchaus billigenswerte Folge war. daß die Obliegenheitsverletzung bei unterbliebener Belehrung nur zur Rechtsfolge grobfahrlässigen Verhaltens führte und. somit der Versicherer nur in Höhe eines durch die Pflichtverletzung konkret entstandenen Schadens von seiner Leistungspflicht frei wurde.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Diese tragenden Gründe der "Belehrungsrechtsprechung" sind nach Ansicht der Kammer durch die Neufassung von § 7 AKB mit der Folge einer Höchstgrenze der Leistungsfreiheit von 1.000,-- DM bzw. 5.000,-- DM zumindest bei schwerwiegender Obliegenheitsverletzung hinfällig geworden (so auch Stiefel/Hofmann AKB, § 7, Randnummer 141 a.E. m.w.N. der Literatur). Das Aufbringen solcher Beträge ist heute normalerweise nicht mehr existenzbedrohend, sodaß es in schwerwiegenden Fällen der Pflichtverletzung nicht gegen Treu und glauben verstößt, wenn der Versicherer sich trotz unterbliebener Rechtsfolgenbelehrung auf seine Leistungsfreiheit wegen falscher Angaben des Versicherungsnehmers diesem gegenüber beruft. Diese Ansicht der Kammer findet eine Stütze auch in den zahlreichen Entscheidungen des BGH, in denen bei verschiedenen Fällen besonders schwerwiegenden Verschuldens des Versicherungsnehmers diesem die Berufung auf eine fehlende Belehrung untersagt wurde (vergl. BGH VersR 71, s.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">405; 73, S 217; 76, S. 383).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der mit der Klage geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 791 BGB i.V.m. § 700 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.</p>
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315,933 | olgham-1980-06-25-20-u-7678 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 76/78 | 1980-06-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:53 | 2019-03-27T09:41:50 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0625.20U76.78.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Januar 1978 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p>Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 26.000,-- DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> <b>T a t b e s t a n d</b></u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Vater des Klägers unterhielt bei der Beklagten eine Privathaftpflichtversicherung, deren Deckungssumme seit 01. April 1972 für Personenschäden 1.000.000,-- DM und für Sachschäden 300.000,-- DM betrugen. Mitversichert war die gleichartige Haftpflicht seiner in häuslicher Gemeinschaft bei ihm lebenden minderjährigen Kinder.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Sommer 1973 steckte der damals 11 Jahre alte Kläger (geboren am 20. Juli 1962) in seinem Heimatort I mehrere Scheunen an, und zwar am 21. August 1973 eine Feldscheune des Landwirts F, in der Stroh und Heu lagerten und landwirtschaftliche Geräte abgestellt waren, am 10. September 1973 eine Scheune mit Stallungen des Arbeiters L, in der Stroh und Heu gelagert waren, und am 17. September 1973 eine Hofscheune des Landwirts Q, in der Vorräte lagerten und landwirtschaftliche Maschinen abgestellt waren. Die 3 Scheunen brannten jeweils bis auf die Grundmauern nieder. Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger (45 Js 1264/73 StA Münster) wurde am 16. Oktober 1973 wegen Strafunmündigkeit eingestellt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Vater des Klägers meldete die Vorfälle alsbald, nachdem sein Sohn als Täter entdeckt worden war, der Beklagten. Am 21. September 1973 füllte er ein Formular "Haftpflicht-Schaden-Anzeige" (Bl. 66 f bis 66 h d.A.) und am 18. Oktober 1973 ein Formular "Fragebogen bei Schäden durch minderjährige Kinder" (Bl. 66 c, 66 e d.A.) aus. Die Beklagte hatte ihm diese Formulare mit einem vorgedruckten Anschreiben übersandt, bei der auch die folgende Spalte angekreuzt war (Bl. 66 d d.A.):</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">"Wir müssen die Frage des Versicherungsschutzes und der Haftung noch klären."</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im März 1974 erhob der Landwirt Q Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von zunächst 101.082,-- DM nebst Zinsen gegen den Kläger (11 O 111/74 LG Münster). Die Beklagte beauftragte Rechtsanwälte mit der Vertretung des Klägers und ließ vortragen, dieser habe zur Zeit der Brandstiftung nicht die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt (§ 828 Abs. 2 BGB); außerdem ließ sie die Schadenshöhe teilweise bestreiten. Nach Beweisaufnahme wurde der Kläger durch Urteil des Landgerichts Münster vom 14. Oktober 1975 verurteilt, an den Landwirt Q 101.082,-- DM nebst Zinsen zu zahlen. Gegen dieses Urteil ließ die Beklagte Berufung einlegen;Q legte Anschlußberufung ein und erhöhte die Klage. Durch Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Oktober 1976 wurde nach weiterer Beweisaufnahme die Berufung des Klägers zurückgewiesen; auf die Anschlußberufung wurde der Kläger verurteilt, insgesamt 109.638,-- DM zu zahlen (13 U 43/76 OLG Hamm). Gegen dieses Urteil ließ die Beklagte Revision einlegen, die mit Schriftsatz vom 20. Mai 1977 begründet wurde (VI ZR 22/77 BGH). – Im November/Dezember 1976 erhob der Landwirt F Klage gegen den Kläger auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 77.459,-- DM nebst Zinsen. Die Beklagte beauftragte auch in dieser Sache Rechtsanwälte für den Kläger und ließ u.a. vortragen, dem Kläger habe die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gefehlt (11 O  426/76 LG Münster).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 23. Juni 1977 an den Vater des Klägers lehnte die Beklagte den Deckungsschutz unter Berufung auf § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens ab (Bl. 55 bis 58 d.A.). Sie führte aus, daß es in dem Rechtsstreit 11 O 111/74 in zwei Instanzen nicht gelungen sei, den Beweis des Ausschlusses der Verantwortlichkeit nach §§ 827, 828 Abs. 2 BGB zu führen, die Revision habe keine Aussicht auf Erfolg. Damit entfiele zwangsläufig der Versicherungsschutz nach § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB. Sie (die Beklagte) übernehme die Verfahrenskosten in beiden Prozessen bis zum Zugang der Deckungsablehnung, werde diese Prozesse aber nicht fortführen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Revision in der Sache Q wurde im November 1977 zurückgenommen. In der Sache F erging am 31. Oktober 1977 Versäumnisurteil auf Zahlung von 77.459, DM nebst Zinsen. – Im Juni 1977 hatte die C Klage gegen den Kläger auf Zahlung von 34.246,80 DM nebst Zinsen erhoben (11 O 236/77 LG Münster). Sie machte einen nach § 67 VVG auf sie übergegangenen Schadensersatzanspruch des Geschädigten L geltend. Am 19. September 1977 erging Versäumnisurteil gegen den Kläger. Nach Einspruch, mit dem lediglich Verjährung geltend gemacht wurde, entschied das Landgericht durch Urteil vom 07. November 1977, daß das Versämnisurteil aufrecht erhalten bleibe. Der Kläger hatte der Beklagten im Oktober 1977 den Streit verkündet, diese war aber nicht beigetreten.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Bei der Beklagten waren noch weitere Schadensersatzansprüche gegen den Kläger angemeldet worden, nämlich von der X, die an Q, F und einem weiteren Geschädigten insgesamt 149.726,70 DM an Entschädigungen gezahlt hatte, von dem Geschädigten L u.a. etwa 18.300,-- DM und von der Feuerwehr I 3.564,-- DM. Die Beklagte hatte mit den meisten dieser Anspruchsteller verhandelt und ihnen gegenüber für bestimmte Zeit auf die Einrede der Verjährung verzichtet. </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit der vorliegenden, Ende September/Anfang Oktober 1977 erhobenen Klage macht der Kläger seinen Deckungsanspruch geltend. Er hat vorgetragen: In dem Rechtsstreit 11 O 111/74 (Q) habe sich herausgestellt, daß weder seine (des Klägers) Unzurechnungsfähigkeit nach § 828 Abs. 2 BGB zu beweisen sei noch seine Zurechnungsfähigkeit. Während das offene Beweisergebnis in den Haftpflichtprozessen zu seinen Lasten gegangen sei, gehe es im Deckungsprozeß zu Lasten der Beklagten, die nicht den ihr nach § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB obliegenden Beweis führen könne, daß er (der Kläger) den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe. Im übrigen verstoße die Beklagte auch gegen Treu und Glauben, wenn sie seine (des Klägers) Zurechnungsfähigkeit behaupte, nachdem sie diese in den Haftpflichtprozessen durch die von ihr beauftragten Rechtsanwälte gerade habe in Abrede stellen lassen. Schließlich habe die Beklagte ihre Deckungspflicht dadurch anerkannt, daß sie ihm (dem Kläger) mehr als 3 Jahre lang vorbehaltlos Rechtsschutz gewährt habe.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat ausgeführt: Der Kläger habe die Brandstiftungen vorsätzlich begangen. Für das Vorliegen von Unzurechnungsfähigkeit (§ 828 Abs. 2 BGB) sei er beweispflichtig. Diesen Beweis könne er nicht führen. Dem Entlastungsbeweis stehe auch die Bindungswirkung der Entscheidungen in den Haftpflichtprozessen entgegen. Die Berufung auf § 4 Abs. 2 Ziff 1 AHB verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Erst nach dem Urteil des OLG Hamm vom 29. Oktober 1976 in dem Haftpflichtprozeß 11 O 111/74 LG Münster (Q) habe sie gewusst, daß der der Kläger den Entlastungsbeweis nach § 828 Abs. 2 BGB nicht führen könne; erst von diesem Zeitpunkt an habe sie ihre Deckungspflicht verweigern können. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie Rechtsschutz gewähren müssen. Hierin könne kein Anerkenntnis der Deckungspflicht gesehen werden.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 18. Januar 1978 hat das Landgericht festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger für die 3 Brandschäden Versicherungsschutz zu gewähren. Außerdem hat es die Beklagte verurteilt, dem Kläger von Schadensersatzansprüchen freizustellen, die aus Anlaß dieser Brände von dem Geschädigten F, L, U und Q sowie der X und der C gegen ihn geltend gemacht werden. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Beklagte habe ihre Deckungspflicht dadurch stillschweigend anerkannt, daß sie dem Kläger Rechtsschutz gewährt habe. Eine Haftung des Klägers und damit auch der Beklagten sei von vornherein nur dann in Betracht gekommen, wenn der Kläger den Geschädigten gegenüber seine Unzurechnungsfähigkeit nicht habe beweisen können. Gelang dieser Beweis, so bestand kein Haftpflichtanspruch, für den die Beklagte eintreten mußte. Gelang der Beweis nicht, so war die Beklagte dem Kläger gegenüber leistungsfrei. Die Beklagte hätte also in keinem Fall eintreten müssen. Unter diesen Umständen bedeute die Gewährung von Rechtsschutz, daß die Beklagte ihre Deckungspflicht anerkannt habe. Im übrigen wird auf das Urteil (Bl. 78 bis 85) Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz und führt weiter aus: Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, sie (die Beklagte) habe ihre Leistungspflicht anerkannt. Zu Beginn der Haftpflichtprozesse habe sie (die Beklagte) noch nicht wissen können, ob der Nachweis der Unzurechnungsfähigkeit des Klägers gelinge. Sie habe nach den eingeholten Gutachten annehmen können, daß der Entlastungsbeweis möglicherweise geführt werden könne. Daher habe sie den Deckungsschutz nicht von vornherein ablehnen können. Vielmehr habe sie dem Kläger Rechtsschutz für die Abwehr der – bei Gelingen des Entlastungsbeweises – unbegründeten Haftpflichtansprüche gewähren müssen. Daß kein Deckungsschutz bestand, habe sie erst mit einiger Sicherheit erkennen können, als der Entlastungsbeweis im ersten Haftpflichtprozeß durch zwei Instanzen mißlungen sei und der von ihr beauftragte Rechtsanwalt beim BGH die Aussichten der Revision negativ beurteilt habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">ihr zu gestatten, jede Zwangsvollstreckungsmaßnahme durch Sicherheitsleistung, die auch durch die Stellung der selbstschuldnerischen Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Großbank erbracht werden kann, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:50px">ihm zu gestatten, Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt sein Vorbringen erster Instanz.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen vorgetragenen Schriftsätze und der Akten 45 Js 1264/73 StA Münster, 11 O 111/74 LG Münster, 11 O 426/76 LG Münster und 11 O 236/77 LG Münster, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig (Klageantrag zu Ziff. 1). Dem Antrag auf Verurteilung zur Freistellung von unbezifferten Schadensersatzansprüchen (Klageantrag zu Ziff. 2) kommt neben dem umfassenderen Antrag auf Feststellung, daß die Beklagte zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet sei, keine selbständige Bedeutung zu. Dem Festellungsinteresse (§ 256 ZPO) steht nicht entgegen, daß gegen den Kläger rechtskräftige Haftpflichturteile auf Zahlung von Schadensersatz vorliegen. In der Haftpflichtversicherung besteht für dem Versicherungsnehmer gegen den Versicherer zunächst kein Zahlungsanspruch, sondern ein Anspruch auf Freistellung von begründeten und Abwehr von unbegründeten Haftpflichtansprüchen (§§ 149, 150 VVG; § 3 Abs. II Ziff. 1 AHB). Dieser Anspruch wandelt sich in einen Zahlungsanspruch um, wenn und sobald der Haftpflichtanspruch befriedigt oder durch Anerkenntnis, Vergleich oder rechtskräftiges Urteil festgestellt wird (§§ 154 Abs. 1, 156 Abs. 2 VVG). Diese Umwandlung ist hier erfolgt, soweit Haftplichturteile gegen den Kläger rechtskräftig geworden sind. Vom Zeitpunkt der Umwandlungen an hätte der Kläger von der Feststellungsklage zur Zahlungsklage übergehen und Zahlung der gegen ihn rechtskräftig titulierten Beträge an die Gläubiger verlangen können. Die Umwandlungen sind aber erst nach Klageerhebung erfolgt. Die vorliegende Klage ist Anfang Oktober 1977 zugestellt worden; das Urteil in Sachen Q ist im November 1977 rechtskräftig geworden, das Urteil in Sachen F frühestens Mitte November 1977 und das Urteil in Sachen C frühestens im Dezember 1977. Die (teilweise) Umwandlung des Versicherungsanspruchs auf Freistellung und Rechtsschutz in Zahlungsansprüche hat die schon vorher erhobene Feststellungsklage nicht unzulässig gemacht; der Kläger konnte insoweit zur Zahlungsklage übergehen, brauchte es aber nicht (erkennender Senat in VersR 72/967 = 75/173). Im übrigen hätte der Kläger, auch wenn er wegen der gegen ihn festgestellten Haftpflichtansprüche zur Zahlungsklage übergegangen wäre, die Feststellungsklage wegen der darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche (L und U , X, Feuerwehr) weiterführen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">II. Die Klage ist jedoch nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">1) Versicherungsnehmer des Haftpflichtversicherungsvertrages war der Vater des Klägers. Der in häuslicher Gemeinschaft mit seinem Vater lebende minderjährige Kläger war mitversichert (§ 74 VVG). Nach § 7 Ziff. 1 Satz 2 AHB steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag ausschließlich dem Versicherungsnehmer zu. Danach könnte nur der Vater des Klägers dessen Deckungsanspruch geltend machen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts genügen Besitz des Versicherungsscheins und Einverständnis des Versicherungsnehmers nicht, um den Mitversicherten selbst zur Geltendmachung seines Versicherungsanspruch zu berechtigen: § 75 Abs. 2 VVG wird insoweit durch § 7 Ziff. 1 Satz 2 AHB abgeändert. Der Mitversicherte kann seinen Anspruch nur dann ausnahmsweise selbst geltend machen, wenn der Versicherungsnehmer es ablehnt, den Anspruch weiterzuverfolgen (Prölß-Martin, 21. Aufl., Anm. 3 c zu § 75 VVG und Anm. 1 zu § 7 AHB). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor; das ergibt sich schon daraus, daß der Vater des Klägers als dessen gesetzlicher Vertreter die Erhebung der vorliegenden Klage veranlaßt hat. Gleichwohl besteht im vorliegenden Fall keine Bedenken gegen die Klageberechtigung des Klägers. Die Beklagte hat sich weder in erster noch in zweiter Instanz auf § 7 Ziff. 1 Satz 2 AHB berufen, obwohl das Landgericht in seinem Urteil zu dieser Frage Stellung genommen hat. Der Kläger ist im Rechtsstreit von der Klageerhebung bis zur letzten mündlichen Verhandlung von seinem Vater als gesetzlicher Vertreter vertreten worden. Hieraus muß der Schluß gezogen werden, daß sich alle Beteiligten darüber einig waren und sind, daß der Kläger seinen Anspruch abweichend von § 7 Ziff. 1 Satz 2 AHB selbst geltend macht. Eine solche Vereinbarung ist zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Deckungsansprüche des Klägers wegen der Brände vom 21. August, 10. September und 17. September 1973 sind nach § 4 Abs. 2 Ziff. 1 Satz 1 AHB (§ 152 VVG) in Verbindung mit § 7 Ziff. 1 Satz 1 AHB (§ 79 Abs. 1 VVG) von der Versicherung ausgeschlossen. Denn der Kläger hat die Schäden vorsätzlich herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">a) </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Soweit es um die Deckung der Beklagten für die bereits rechtskräftig festgestellten Haftpflichtansprüche geht, ist der Senat im Deckungsprozeß an die in den Haftpflichtprozessen getroffene Feststellung gebunden, daß der Kläger vorsätzlich gehandelt habe. Aus dem Wesen der Haftpflichtversicherung und dem Prinzip der Trennung zwischen Haftpflicht- und Deckungsprozeß ergibt sich, daß Feststellungen des vorangegangenen Haftpflichtprozesses, die den Deckungsschutz begründende Elemente betreffen, für den nachfolgenden Deckungsprozeß bindend sind (siehe dazu Bruck-Möller, 8. Aufl., Bd. IV, Anm. B 61 – 63; Prölß-Martin, 21. Aufl. Anm. 5 C zu § 149 VVG). So ist allgemein anerkannt, daß die Feststellung im Haftpflichtprozeß, daß der Versicherte vorsätzlich gehandelt habe, für den Deckungsprozeß bindend ist (Bruck-Möller a.a.O., Anm. B 63; Wussow, 8. Aufl., Anm. 79 a a.E. zu § 4 AHB; beiläufig zu § 152 VVG: BGHZ 38/83). Im vorliegenden Fall ist in den Haftpflichtprozessen und auch im Deckungsprozeß nicht streitig gewesen, daß der Kläger die 3 Brände nicht etwa nur fahrlässig, sondern mit Wissen und Willen, also mit natürlichem Vorsatz gelegt hat. Streit war und ist eine Verantwortlichkeit nach § 828 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift wird bei Minderjährigen im Alter von über 7 Jahren die Verantwortlichkeit widerlegbar vermutet. In den Haftpflichtprozessen ist nun allerdings nicht positiv festgestellt worden, daß der Kläger zur Tatzeit die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt habe. Vielmehr ist im Rechtsstreit 11 O 111/74 (Q) lediglich festgestellt worden, daß der Kläger den ihm obliegenden Entlastungsbeweis nach § 828 Abs. 2 BGB nicht erbracht habe. Das ändert aber nichts daran, daß der Kläger im Haftpflichtprozeß wegen vorsätzlicher unerlauberter Handlung nach § 823 BGB verurteilt worden ist, also Vorsatz mangels Entlastung festgestellt worden ist. Darauf, welche Beweisregeln im Haftpflichtprozeß zu der Verurteilung geführt haben, kommt es nicht an (BGH in VersR 70/1097). Auch im Haftpflichtprozeß 11 O 426/76 (F) ist durch das Versäumnisurteil vom 31. Oktober 1977 der vom dortigen Kläger behauptete Vorsatz festgestellt worden (§ 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO), ebenso in dem Haftpflichtprozeß 11 O 236/77 (C), in dem der dortige Beklagte (jetzige Kläger) fehlende Verantwortlichkeit nicht einmal behauptet hatte.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Nun ist allerdings zu beachten, daß die Bindungswirkung nur so weit gehen kann, wie sich die Vorsatzbegriffe im Haftpflicht- und im Deckungsprozeß decken. Bei § 823 BGB braucht sich der Vorsatz nur auf die Verletzung des geschützten Rechtsgutes (hier: des Eigentums), nicht aber auf den Schaden zu beziehen (Palandt-Heinrichs, 38. Aufl., Anm. 3 a zu § 276 BGB), während er sich § 4 Abs. 2 Ziff 1 AHB auch auf den Schaden erstrecken muß. Bindend ist im vorliegenden Fall also nur die Feststellung, daß der Kläger mit Wissen und Willen gehandelt hat und für seine unerlaubten Handlungen verantwortlich war. Im vorliegenden Deckungsprozeß ist zu entscheiden, ob der Vorsatz sich auf die Schadensfolgen (siehe BGH in VersR 71/807) erstreckt hat. Dabei ist nicht erforderlich, daß der Versicherte den genauen Umfang der Wirkung seines Handelns erfaßt (BGH in VersR 58/469; erkennender Senat in VersR 73/1133). Er muß nur erkennen, daß er Schaden anrichtet. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß der Kläger damals wußte, daß durch die von ihm gelegten Brände dem Eigentümern durch das Abbrennen ihrer Scheunen Vermögenseinbußen entstanden; ein 11-jähriger Junge weiß natürlich schon, daß eine Scheune – insbesondere mit Inventar – einen Wert hat.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Für die in den Haftpflichtprozessen nicht rechtskräftig festgestellten Ansprüche muß im vorliegenden Rechtsstreit darüber entschieden werden, ob der Kläger die Schäden vorsätzlich herbeigeführt hat. Zwar ist der Versicherer für das Vorliegen der Voraussetzungen des Risikoausschlusses nach § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB beweispflichtig (Prölß-Martin, 21. Aufl., Anm. 6 zu § 61 VVG). Entgegen der Ansicht des Klägers braucht er (der Versicherer) aber nur zu beweisen, daß der Versicherte mit Wissen und Willen, also mit natürlichem Vorsatz – auch im Hinblick auf den Schaden – gehandelt hat. Das ist im vorliegenden Fall nicht streitig. Es geht vielmehr allein um die Frage, ob der Kläger die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hatte. Insoweit gilt aber auch im Rahmen von § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB die allgemeine Vorschrift des § 828 Abs. 2 BGB, wonach bei Minderjährigen von 7 Jahren an von Verantwortlichkeit auszugehen ist und derjenige, der sich auf Unverantwortlichkeit beruft, für diesen Ausnahmetatbestand beweispflichtig ist (siehe z.B. die Regelungen in § 10 ALB, § 169 VVG). Der Kläger ist also dafür beweispflichtig, daß er für seine Brandstiftungen im August und September 1973 nicht verantwortlich war. Hierzu hat er Beweis nicht angetreten, obwohl er durch Verfügung vom 29. Februar 1980 (Bl. 139 R d.A.) auf seine Beweislast hingewiesen und gefragt worden war, ob er Beweis antreten wolle. Im Senatstermin am 25. Juni 1980 ist diese Frage mit den Beteiligten erörtert worden. Der Kläger hat erklären lassen, er trete keinen Beweis an. Hiernach ist auch für die nicht rechtskräftig festgestellten Haftpflichtansprüche festzustellen, daß der Kläger die Schäden vorsätzlich herbeigeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Beklagte die Berufung auf den Leistungsausschluß des § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB mit der Begründung versagt, sie habe ihre Deckungspflicht dadurch anerkannt, daß sie dem Kläger Rechtsschutz gewährt habe. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Es ist allerdings richtig, daß dann, wenn ein Versicherer vorbehaltlos Rechtsschutz gewährt, obwohl er von einem Deckungsschutzausschluß – oder Leistungsverweigerungstatbestand Kenntnis hat, unter Umständen ein dekloratorisches Anerkenntnis der Deckungspflicht angenommen werden muß (BGH in VersR 53/316 (318)). Im vorliegenden Fall war es aber nicht so, daß die Beklagte während der Zeit, in der sie dem Kläger Rechtsschutz gewährt hat, vom Vorliegen der Voraussetzungen des Risikoausschlusses des § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB ausgehen konnte. Hierüber war gerade in den Haftpflichtprozessen, für die sie Rechtsschutz gewährt, zu entscheiden. Die Beklagte hat dem Kläger Rechtsschutz in der Form gewährt, daß sie kraft ihrer Vollmacht (§ 3 Abs. 2 Ziff. 3 und § 5 Ziff. 4 Satz 1 AHB) für ihn in den Haftpflichtprozessen hat geltend machen lassen, daß er (der Kläger) zur Tatzeit nicht die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt habe (§ 828 Abs. 2 BGB). Natürlich war ihr bewußt, daß der Kläger hierfür beweispflichtig war. Bis zu Entscheidung des Rechtsstreits 11 O 111/74 (Q) in der Berufungsinstanz war aber offen, ob dieser Beweis gelingen würde oder nicht. So lange konnte die Beklagte noch nicht davon ausgehen, daß die Voraussetzungen für den Risikoausschluß des § 4 Abs. 2 Ziff 1 AHB vorlagen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die Beklagte, falls der Entlastungsbeweis nach § 828 Abs. 2 BGB gelang, auch nicht einzutreten brauchte, weil dann keine deckungspflichtigen Haftpflichtansprüche bestanden. In diesem Fall war die Beklagte dem Kläger jedenfalls zur Abwehr unbegründeter Ansprüche, also zu Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet. Im übrigen bestand durchaus die Möglichkeit, daß selbst dann, wenn der Entlastungsbeweis nach § 828 Abs. 2 BGB gelang, dem Haftpflichtklagen nach § 829 BGB aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise stattgegeben wurde. In diesem Fall hätte die Beklagte eintreten müssen, ohne sich auf § 4 Abs. 2 Ziff. 1 AHB berufen zu können. Tatsächlich hat die Beklagte in dem Haftpflichtprozessen 11 O 111/74 (Q) und 11 O 426/76 (F) für den Kläger auch zu einer Billigkeitshaftung nach § 829 BGB Stellung nehmen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">III.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Falls eine Partei Sicherheit durch Bankbürgschaft leisten will, mag sie einen entsprechenden Antrag nach § 108 ZPO unter Angabe der Bank oder Sparkasse stellen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beschwer für den Kläger beträgt 320.000,- DM.</p>
|
315,934 | olgham-1980-06-21-1-ss-owi-141480 | {
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} | 1 Ss OWi 1414/80 | 1980-06-21T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:54 | 2019-03-27T09:41:50 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0621.1SS.OWI1414.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.</p>
<p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die Gefahrgutverordnung eine Geldbuße von 100,- DM festgesetzt. Mit seiner Rechtsbeschwerde, deren Zulassung er beantragt, beanstandet der Betroffene ausschließlich das Verfahren. Er hält wegen Zurückweisung des Verteidigers seinen Anspruch auf rechtliches Gehör für verletzt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Zunächst ließ er sich durch ... Rechtsanwälte verteidigen. Nach seiner kommissarischen Vernehmung durch einen Amtsrichter in Köln und Anberaumung der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Castrop-Rauxel für den 11.2.1980, zu der das persönliche Erscheinen des Betroffenen nicht angeordnet wurde, zeigten die ... Verteidiger die Niederlegung des Mandats an und teilten ferner mit, daß der Betroffene nunmehr von den Rechtsanwalten ... in ... vertreten werde. Letztere meldeten sich mit Schriftsatz vom 31.1.1980 kraft nachzureichender Vollmacht als Verteidiger des Betroffenen. Zur Hauptverhandlung, die um 11.50 Uhr begann und an der der Betroffene nicht teilnahm, erschien um 12.10 Uhr Rechtsanwalt ... von der Anwaltsgemeinschaft .... Da er keine schriftliche Vollmacht nachweisen konnte, wurde ihm vom amtierenden Amtsrichter erklärt, daß er nicht "auftreten" könne. Rechtsanwalt verließ daraufhin den Sitzungssaal. Um 12.15 Uhr wurde die Hauptverhandlung, in der u.a. die Niederschrift über die kommissarische Vernehmung des Betroffenen sowie ein Gutachten verlesen und drei Zeugen vernommen worden waren, mit der Verkündung des angefochtenen Urteils abgeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde trägt diesen Sachverhalt vor und macht geltend, der Betroffene habe von seinem Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Gebrauch machen können, da er selbst nicht anwesend gewesen und sein Verteidiger infolge Anwaltsverschuldens nicht zugelassen worden sei. Dem Zulassungsantrag vom 12.2.1980 ist eine auf die Rechtsanwälte ... lautende Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht des Betroffenen vom 8.2.1980 beigefügt. Zur Begründung des Anwaltsverschuldens wird ausgeführt, diese Vollmachtsurkunde sei zwar am Vormittag des 11.2.1980 im Büro der Rechtsanwaltsgemeinschaft eingegangen, jedoch habe Rechtsanwalt ... wegen anderer Termine nicht darauf warten können. Der Antrag des Betroffenen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Hauptverhandlung ist durch Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Dortmund rechtskräftig zurückgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den zulässigen Antrag des Betroffenen als unbegründet zu verwerfen, da weder eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs noch eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Amtsgerichts vorliege, zumal der erst gegen Ende der Hauptverhandlung erschienene Verteidiger ohnehin keine Gelegenheit mehr gehabt hätte, den abgelaufenen Teil der Hauptverhandlung für den Betroffenen zu würdigen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 80 Abs. 1 OWiG zugelassen, weil die Frage, ob der nicht durch eine schriftliche Vertretungsvollmacht legitimierte Verteidiger, der auch eine Verteidigervollmacht in der Hauptverhandlung nicht in schriftlicher Form nachweisen kann, allein deswegen auch von einer Verteidigung des in der Hauptverhandlung nicht erschienenen Betroffenen, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet worden ist, ausgeschlossen werden darf, soweit ersichtlich in der obergerichtlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die damit zulässige Rechtsbeschwerde muß Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der zum persönlichen Erscheinen nicht verpflichtete Betroffene kann sich zwar nach § 73 Abs. 4 OWiG nur durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten lassen. Diese Vorschrift regelt jedoch ebenso wie § 234 StPO (vgl. dazu Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, StPO, 23. Aufl., Rz 1 zu § 234) nur die Vertretung und nicht die jederzeit mögliche bloße Verteidigung (zum Unterschied zwischen Vertretung und Verteidigung vgl. insbesondere Gollwitzer, a.a.O. Rz 1 u. 3 zu § 234). Demgemäß besteht Einigkeit darüber, daß der bevollmächtigte Verteidiger, der sich nicht durch eine schriftliche Vertretungsvollmacht ausweisen kann, den nicht erschienenen Angeklagten bzw. Betroffenen zwar verteidigen, jedoch nicht vertreten kann, soweit es auf eine Vertretung in der Erklärung und im Willen ankommt (Gollwitzer, a.a.O., Rz. 7 und 12 zu § 234; Kleinknecht, StPO, 34. Aufl., Rz 2 und 3 zu § 234; 33. Aufl., Rz. 5 zu § 73 OWiG, Göhler OWiG 6. Aufl. Rz 29 zu § 73).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Von einer Mitwirkung an der bei seinem verspäteten Erscheinen noch andauernden Hauptverhandlung hätte der Verteidiger auch nicht allein deswegen ausgeschlossen werden dürfen, weil er eine schriftliche Verteidigervollmacht ebenfalls nicht nachweisen konnte. Eine besondere Form, in welcher der Verteidiger das Vollmachtsverhältnis nachzuweisen hat, ist in der StPO nicht vorgeschrieben (RGSt 25, 152; 41, 14; Dünnebier in Löwe-Rosenberg, a.a.O. Rz. 30; KMR, 7. Aufl., Rz 19; Kleinknecht, a.a.O., Rz. 11 jeweils zu § 138 StPO, Göhler, a.a.O., Rz 13 zu § 60 OWiG). Insbesondere ist im Gegensatz zur Vertretungsvollmacht die Vorlage einer schriftlichen Verteidigervollmacht nicht erforderlich. Den Ausführungen von Kleinknecht, a.a.O., Rz 14 zu § 138, in der Hauptverhandlung habe der für den nicht anwesenden Angeklagten (§§ 234, 350, 387, 411 Abs. 2 StPO) auftretende Verteidiger eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, vermag der Senat nicht zu folgen, sofern sich diese Ausführungen, worauf die anschließende Bemerkung unter Rz. 15 hindeutet, auch auf die mit der Vertretungsvollmacht nicht identische Verteidigervollmacht beziehen. Richtig ist zwar, daß der für den nicht anwesenden Angeklagten oder Betroffenen auftretenden Rechtsanwalt die Befugnisse eines Verteidigers nur dann auszuüben berechtigt ist, wenn er dazu vorher bevollmächtigt worden ist. Daraus folgt auch weiter, daß das Gericht die Zulassung des Verteidigers zur Mitwirkung an der Hauptverhandlung von dem Nachweis der Verteidigervollmacht abhängig machen kann und gegebenenfalls abhängig machen muß, sofern Zweifel an einer solchen Bevollmächtigung oder Zweifel im Hinblick auf die Vorschrift des § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO bestehen. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß das Gericht die Zulassung des Verteidigers von der Vorlage einer schriftlichen Vollmacht abhängig machen muß, wovon das Amtsgericht ersichtlich ausgegangen ist und worauf die Kommentierung von Kleinknecht a.a.O. in der Tat hindeutet. Vielmehr kann das Gericht sich mit der Versicherung des Verteidigers, ihm sei Verteidigervollmacht erteilt worden, begnügen, da die Vermutung für eine vorhandene Verteidigervollmacht spricht, wenn sich ein Rechtsanwalt als Verteidiger bezeichnet (zur Vermutung dieser Art vgl. RGSt 41, 14; Dünnebier a.a.O. Rz 31; KMR a.a.O. Rz 19 und Kleinknecht a.a.O. Rz 12 jeweils zu § 138 StPO; Göhler, a.a.O. Rz 13 zu § 60 OWiG). Sofern es für die Wirksamkeit von bestimmten Verteidigungshandlungen, etwa darauf, ob ein vom Verteidiger gestellter Beweisantrag rechtswirksam ist, auf den Nachweis der Vollmacht ankommt, kann dieser Nachweis wie die bei der Nachprüfung der von der Vollmacht abhängigen Wirksamkeit eines vom Verteidiger eingelegten Rechtsmittels (vgl. dazu RGSt 46, 372) nachgeholt werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach allem durfte Rechtsanwalt ... nicht allein deswegen, weil er die erst mit dem Zulassungsantrag zu den Akten gereichte Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht vom 8.2.1980 in der Hauptverhandlung nicht nachweisen konnte, auch als Verteidiger des Betroffenen ausgeschlossen werden, zumal die ... Verteidiger die Beauftragung der Rechtsanwälte ... mit der Anzeige der Niederlegung ihres Mandats angekündigt und letztere die Übernahme des Mandats durch Schriftsatz vom 31.1.1980 angezeigt hatten. Dabei kann ferner dahingestellt bleiben, ob dem Schriftsatz der ... Verteidiger die Mitteilung zu entnehmen ist, daß diese, um nicht von ... aus nach ... anreisen zu müssen, im Auftrag und in Vollmacht des Betroffenen, wie es in der Praxis häufig geschieht, die Rechtsanwälte ... bereits als Verteidiger beauftragt hatten und darin eine zum Nachweis der Verteidigungsvollmacht ausreichende Anzeige (vgl. OLG Hamburg, NJW 1968, 1687, 1688; Göhler wie zuvor) der Wahl der Rechtsanwälte Weigel & Partner erblickt werden könnte. Ob im Hinblick darauf, daß die Anwaltsgemeinschaft ... aus weit mehr als drei Rechtsanwälten besteht, der Amtsrichter wegen in der Hauptverhandlung nicht behebbarer Bedenken aus § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO Rechtsanwalt ... von einer Mitwirkung als Verteidiger hätte ausschließen können, bedarf keiner Entscheidung, da die Zurückweisung von Rechtsanwalt ... nicht aus diesem Grund erfolgt ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Da der Hinweis des Amtsrichters, Rechtsanwalt ... könne mangels schriftlicher Vollmacht nicht für den Betroffenen auftreten, als ein konkludenter Gerichtsbeschluß im Sinne des § 338 Nr. 8 StPO aufzufassen ist (vgl. dazu OLG Hamm, JMBl. NW 1980, 83 m.w.N.), durch den die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt unzulässig beschränkt worden ist, liegt der absolute Rechtsbeschwerdegrund des § 338 Nr. 8 StPO i.V. mit § 79 Abs. 3 OWiG vor. Dieser unterscheidet sich zwar von den übrigen absoluten Revisionsgründen des § 338 StPO dadurch, daß die unwiderlegliche Vermutung, das angefochtene Urteil beruhe auf der unzulässigen Beschränkung der Verteidigung, nur für den Fall gilt, daß die Beschränkung einen für die Verteidigung wesentlichen Punkt betrifft. Durch die Zurückweisung von Rechtsanwalt ... ist jedoch die Verteidigung nicht nur in einem wesentlichen Punkt, sondern insgesamt beschränkt worden (vgl. OLG Hamm JMBl. NW 1980, 83). Dem steht nicht entgegen, daß wegen des verspäteten Erscheinens von Rechtsanwalt ... die Beweisaufnahme weitgehend oder möglicherweise vollständig abgeschlossen war. Für die weitere Hauptverhandlung, die noch andauerte, durfte Rechtsanwalt ... mit der vom Amtsgericht gegebenen Begründung von einer Mitwirkung in seiner Funktion als Verteidiger jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Für eine Nachprüfung der Frage, ob und gegebenenfalls welche Verteidigungshandlungen Rechtsanwalt ... ohne Kenntnis der abgelaufenen Beweisaufnahme hätte durchführen und insbesondere durch einen Schlußvortrag die Entscheidung zugunsten des Betroffenen hätte beeinflussen können, ist deswegen kein Raum. Es kann aus diesem Grund auch dahingestellt bleiben, ob die von der Rechtsprechung zur Wartepflicht des Gerichts von etwa 15 Minuten entwickelten Grundsätze (OLG Hamm JMBl. NW 1980, 72 m.w.N.) hier deswegen nicht galten, weil die angekündigte schriftliche Vollmacht noch nicht zu den Akten gereicht worden war.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach allem war das angefochtene Urteil wegen des von der Rechtsbeschwerde im Ergebnis zu Recht gerügten Verfahrensverstoßes aufzuheben und die Sache gemäß § 79 Abs. 6 OWiG zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.</p>
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315,935 | olgham-1980-06-03-2-uf-780 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 UF 7/80 | 1980-06-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:56 | 2019-03-27T09:41:50 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0603.2UF7.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 29. November 1979 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Essen (107 F 10/79) wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt .</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren vom 21.7.1972 bis 25.4.1975 verheiratet. Die Ehe ist aus Verschulden des Klägers geschieden worden. Beide Parteien waren vorher bereits anderweitig verheiratet. Der Kläger hat aus der früheren Ehe zwei Töchter im Alter von jetzt 16 und 12 Jahren, die Beklagte einen Sohn im Alter von jetzt 16 Jahren (geb. am 13.3.1964). Aus der Ehe der Parteien sind keine Kinder hervorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist in leitender Position bei der xxx, Filiale xxx, beschäftigt, seit dem 1.7.1979 als Vice-President. Die Beklagte ist als Sekretärin tätig, seit 1976 im Ingenieurbüro xxx, und zwar zunächst für fünf Stunden täglich, ab 1.4.1979 nur noch für zwei Stunden, bei entsprechendem Arbeitsanfall auch länger.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Zwischen den Parteien hat ein Vorprozeß stattgefunden (11 C 223/76 AG Essen = 1 S 335/77 LG Essen), in dem der Kläger durch (Berufungs-) Urteil des Landgerichts Essen vom 31.8.1977 verurteilt worden ist, an die Beklagte ab 1.5.1976 eine monatliche Unterhaltsrente von 1.000,-- DM zu zahlen. Auf den Inhalt dieses Urteils, dem das Landgericht seine damalige allgemein geübte Rechtsprechung in Unterhaltssachen zugrunde gelegt hat, wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit seiner vorliegenden Abänderungsklage erstrebt der Kläger den Wegfall seiner im Vorprozeß festgestellten Unterhaltspflicht. Er hat behauptet: Er habe am 21.5.1978 wiedergeheiratet; seine jetzige Frau habe kein Einkommen. Obwohl sein Einkommen in etwa gleich geblieben sei, zahle er jetzt an seine beiden Töchter einen höheren Unterhalt, und zwar 1.000,-- DM monatlich (gegenüber 750,-- DM im Vorverfahren). Der Sohn der Beklagten sei am 13.3.1979 15 Jahre alt geworden; deshalb könne die Beklagte jetzt voll arbeiten. Außerdem müsse die Beklagte zusätzliche Einnahmen aus ihrem Grundstück haben, da sie dafür erhebliche Aufwendungen zu erbringen habe. Schließlich unterhalte die Beklagte ein eheähnliches Verhältnis zu dem Zeugen xxx, von dem sie erhebliche Zuwendungen erhalte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist dem entgegengetreten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat Beweis erhoben und sodann durch das angefochtene Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Es ist unter Berücksichtigung der Hammer Leitlinien zu dem Ergebnis gelangt, daß sich für die Beklagte ein Unterhaltsbetrag von 1.010,-- DM errechnet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Berufungsurteil des Landgerichts Essen vom 31.8.1977 (1 S 335/77) dahin abzuändern, daß seine Unterhaltsverpflichtung mit Wirkung ab 13.3.1979 entfällt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Beide Parteien wiederholen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Abänderung des früheren Urteils (§ 323 ZPO) liegen nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Urteil des Landgerichts Essen vom 31.8.1977 im Vorprozeß geht im wesentlichen von folgenden Grundlagen aus:</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Einkommen des Klägers (und damaligen Beklagten) einschließlich Gratifikation und Weihnachtsgeld belief sich seinerzeit auf 4.950,-- DM. Nach Abzug des Unterhalts für die beiden Töchter aus erster Ehe von 750.-- DM verblieben 4.200,-- DM. Von dem monatlichen Einkommen der Beklagten (und damaligen Klägerin), das ausweislich einer Verdienstbescheinigung xxx ca. 1.200,-- DM netto betrug einschließlich des Arbeitgeberanteils für Krankenversicherung (und von dem noch die Krankenversicherung abzuführen war), hat das Landgericht 600,-- DM angerechnet und hierzu ausgeführt: Mit Rücksicht auf die Kürze der Ehe und das Alter des nicht aus der Ehe stammenden Sohnes (damals 13 Jahre alt) sei der Beklagten eine Arbeitsaufnahme zumutbar; aber wegen der erhöhten Belastung durch Berufsarbeit und Kindesversorgung müsse ein Teil des Einkommens anrechnungsfrei bleiben. Weitere Einnahmen der Beklagten durch Untervermietung seien nicht erwiesen, ein Verkauf des Grundstücks sei ihr nicht zuzumuten. Das Landgericht hat sodann die anrechenbaren Einkommen beider Parteien addiert und ist zu einem Gesamteinkommen von 4.800,-- DM gelangt (4.200,-- DM + 600,-- DM). Den Unterhaltsbedarf der Beklagten hat es mit 1.600,-- DM angenommen, was der damals üblichen Praxis des Landgerichts Essen entsprach, nach der die Ehefrau 1/3 des Einkommens beanspruchen konnte. Von diesen 1.600,- DM ist das eigene anrechenbare Einkommen der Beklagten von 600,-- DM abgezogen worden, so daß 1.000,-- DM als Unterhaltsanspruch verblieben.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">An diese Grundlagen des früheren Urteils ist der Senat gebunden, soweit sich keine Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse ergeben haben. Nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1979, 694 = NJW 1979, 1656) ermöglicht § 323 ZPO keine freie, von der bisherigen Höhe unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts, sondern nur eine den Verhältnissen entsprechende Anpassung des Unterhaltstitels. Damit scheidet auch eine Bemessung des Unterhalts nach den Hammer Leitlinien aus, soweit diese nicht im Einklang mit den Berechnungsgrundlagen des früheren Urteils stehen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht ist in dem angefochtenen Urteil von einem monatlichen Nettoeinkommen des Klägers von 5.800,-- DM ausgegangen. Diesen Betrag, in dem die mit der Ernennung zum Vize-Präsidenten verbundene Gehaltserhöhung ab August 1979 noch nicht mit enthalten ist, hat der Kläger nicht beanstandet. Auch der Senat geht deshalb von einem monatlichen Nettoeinkommen in dieser Größenordnung aus. Nach Abzug der Unterhaltsverbindlichkeiten gegenüber den beiden Töchtern in Höhe von 1.000,-- DM verbleiben damit 4.800,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Was das anrechenbare Einkommen der Beklagten anlangt, so hat sich gegenüber den Verhältnissen des früheren Urteils insofern eine Veränderung ergeben, als der Sohn der Beklagten am 13.3.1979 15 Jahre alt geworden ist. Dieser Umstand läßt es gerechtfertigt erscheinen - und zwar vor allem auch aus der Sicht des früheren Urteils - , nunmehr das <u>gesamte</u> Arbeitseinkommen des Beklagten aus ihrer Teilzeitbeschäftigung anzurechnen. Immerhin ist das 15. Lebensjahr des Kindes zur Zeit des Erlasses des früheren Urteils von einer verbreiteten Rechtsprechung als eine Grenze angesehen worden, von der ab einem Elternteil ganz allgemein eine Teilzeitbeschäftigung zuzumuten ist (vgl. etwa die frühere Düsseldorfer Tabelle, zuletzt Stand 1.1.1977, DAVorm 1977, 28 ff., 34; NJW 1977, 289 f; JMBlNW 1976, 283). Dagegen kann von der Beklagten noch keine Ganztagsarbeit verlangt werden. Eine derart weitgehende Verpflichtung wäre mit dem früheren Urteil offenbar nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das durchschnittliche Nettoeinkommen des Beklagten liegt - wie sich aus der im Senatstermin überreichten Gehaltsbescheinigung xxx vom 30.5.1980 entnehmen läßt - in der Größenordnung um 900,-- DM (nach Abzug der Krankenversicherung). Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte bei einem anderen Arbeitgeber eine besser bezahlte Teilzeitbeschäftigung finden könnte, sind nicht gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte könne einen Teil ihres Grundstücks verkaufen und auf Mieteinnahmen hinwirken, so hat das frühere Urteil bereits ausgeführt, eine Vermietung sei nicht nachweisbar und ein Grundstücksverkauf sei nicht zumutbar. Dafür, daß sich insoweit eine wesentliche Veränderung ergeben hat, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Was den xxx des Klägers zur eheähnlichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Zeugen xxx anlangt, so käme nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1980, 40 ff. = NJW 1980, 124 ff.) eine Berücksichtigung nur dann in Betracht, wenn sich feststellen ließe, daß die Beklagte Zuwendungen von dem Zeugen erhält, die über die durch die Versorgung des Partners verursachten Mehrausgaben hinausgehen. Dahingehende Feststellungen lassen sich nicht treffen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Folgt man der Berechnungsweise des früheren Urteils, so ist auszugehen von dem Gesamteinkommen beider Parteien, das sich (nach Abzug des Unterhalts für die beiden Töchter des Klägers) auf 5.700,-- DM beläuft (4.800,-- DM + 900,-- DM). Hiervon 1/3 sind 1.900,-- DM. Nach Abzug des Einkommens der Beklagten von 900,-- DM verbleiben 1.000,-- DM. Im Ergebnis ergibt sich damit keine Änderung gegenüber dem früheren Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat bei der vorstehenden Berechnung den Umstand, daß der Kläger am 21.5.1978 wieder geheiratet hat, nicht besonders berücksichtigt. Ganz abgesehen davon, daß sich der Kläger selbst in der Berufungsinstanz hierauf nicht mehr berufen hat, besteht nach der Auffassung des Senats zu einer solchen Berücksichtigung kein Anlaß, weil die Beklagte nach der vom Senat übernommenen Berechnungsweise des früheren Urteils ohnehin nur 1/3 erhält, und zwar eines Gesamteinkommens, in dem ihr eigenes Einkommen enthalten ist. Zudem hat der Senat die Gehaltserhöhung von 700,-- DM brutto, die der Kläger seit August 1979 erhält, in die Berechnung nicht mit einbezogen. Dem Kläger stehen damit hinreichend Mittel zur Verfügung, auch einen etwaigen Unterhaltsanspruch seiner zweiten Ehefrau zu erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist somit zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
|
315,936 | olgham-1980-05-28-20-u-32279 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 20 U 322/79 | 1980-05-28T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:57 | 2019-03-27T09:41:50 | Teilurteil | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0528.20U322.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung des Klägers wird das am 25. September 1979 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.</p>
<p>Es wird festgestellt, daß ein Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien entsprechend dem Versicherungsschein Nr. 559 752/1-17 vom 25.7.1978 besteht.</p>
<p>Der Hilfswiderklageantrag zu Ziffer 2) wird abgewiesen.</p>
<p>Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war in den Jahren 1962 bis 72 wegen Lungentuberkulose mehrfach in ärztlicher Behandlung.
Wegen dieser Vorerkrankungen lehnte die DKV den Abschluß einer Krankenversicherung ab. Daraufhin wandte sich
der Kläger an die Agentur Barbara Stockebrandt. Dort verhandelte er Ende Juni/Anfang Juli 1978 mit deren
Ehemann und Angestellten, dem Zeugen Franz Stockebrandt. Bei der Beklagten ging anschließend ein
Versicherungsantrag für den Kläger ein, den der Zeuge ... von der Bezirksdirektion Essen der Beklagten
ausgefüllt hatte. Diese Angaben enthalten keine Angaben über Vorerkrankungen. Der Antrag ist mit dem
Namen des Klägers unterschrieben. Bei dieser Unterschrift handelt es sich um eine Pausfälschung, wie
nach der Beweisaufnahme in zweiter Instanz unstreitig geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 15.11.1978 begab sich der Kläger erneut wegen Lungen-TBC in stationäre Krankenhausbehandlung.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 8.1.1979 erklärte die Beklagte ihren Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäß
§§ 16 ff VVG. Gleichzeitig kündigte sie vorsorglich gemäß § 41 Abs. 2 VVG. Während
der Berufungsinstanz erklärte die Beklagte vorsorglich die Anfechtung gemäß §§ 119, 123 BGB
mit Schreiben vom 1.2.1980. Gleichzeitig sprach sie vorsorglich die ordentliche Kündigung nach dem Inhalt des
Vertrages zum 31.7.1980 aus.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, er habe nur einen Antrag unterschrieben, den der Zeuge ... unter Angabe der
Vorerkrankungen ausgefüllt habe. Die Agentur ... habe diesen Antrag an die Beklagte weitergeleitet, und er
sei auch in den Bereich der Beklagt gelangt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß das Versicherungsverhältnis der Parteien zu Versicherungsschein-Nr.
559 752/1-17 noch fortbesteht und weder durch Rücktritt gemäß § 16 ff VVG noch
durch Kündigung gemäß § 41 Abs. 2 VVG beendet worden ist,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, aus diesem Versicherungsverhältnis
dem Kläger die vertragliche Leistungen zu erbringen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet, der ihr vorgelegte Antrag sei von dem Zeugen ... nach den Angaben des Zeugen ...
ausgefüllt worden. Dieser ihr zugeleitete Antrag sei dann später von dem Kläger persönlich
oder mit dessen Vollmacht unterschrieben worden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf das angefochtene
Urteil verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten
Berufung.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt sein Vorbringen erster Instanz und weist darauf hin, daß nach der Beweisaufnahme erwiesen sei,
daß er einen ordnungsgemäßen Antrag mit Angaben über seine Vorerkrankungen bei der Agentur
Stockebrandt abgegeben und unterschrieben habe. Dieser ordnungsgemäße Antrag sei dann von dem Zeugen ...
an den Zeugen ... weitergeleitet worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen, erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie erhebt weiterhin hilfsweise Widerklage mit dem Antrag,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">hilfsweise festzustellen,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">daß dem Kläger für sein Krankenhausaufenthalt vom 15.11.1978 bis 5.1.1979 wegen
seiner rechtsseitigen kabernösen Lungen-TBC im St. Hedwig-Hospital in Gelsenkirchen-Resse ein
Krankenhaustagegeld nicht zusteht;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">daß das Versicherungsverhältnis wirksam gekündigt ist zum Ende des ersten
Versicherungsjahres zum 31.7.1979;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">weiter hilfsweise, daß das Versicherungsverhältnis wirksam gekündigt ist
zum Ende des zweiten Versicherungsjahres per 31.7.1980.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Auch die Beklagte wiederholt ihr bisheriges Vorbringen. Sie hält die Ausführungen des
angefochtenen Urteils für zutreffend. Sie behauptet, der Kläger habe lediglich den Antrag ohne
Angabe der Vorerkrankungen einreichen wollen. Außerdem seien nur dieser maßgeblich, da nur dieser
ihrer Geschäftsstelle zugegangen sei.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Widerklage zu 2) abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Im übrigen läßt er sich auf die Hilfswiderklage nicht ein und stellt keinen Antrag.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat Beweis erhoben durch mündliches Gutachten der Sachverständigen Zimmermann. Diese gab an,
die Unterschrift unter dem Antrag, bei dem keine Vorerkrankungen angegeben seien, sei eindeutig gefälscht. Es
sei eine echte Unterschrift des Klägers auf diesen Antrag durchgepaust worden.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und
beigefügten Anlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist begründet. Zwischen den Parteien ist ein Versicherungsvertrag nach Maßgabe des
Versicherungsscheines abgeschlossen worden, der auch zur Zeit noch Bestand hat.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat einen von ihm unterschriebenen Antrag auf Abschluß einer Krankenversicherung an die
Beklagte bei der Agentur ... eingereicht. Bei diesem Antrag handelt es sich nicht um den Antrag, in dem die Frage
nach Vorerkrankungen verneint wurde und das bei der Beklagten nach deren Vorbringen allein eingegangen sein soll.
Bei diesem Antrag ist nämlich die Unterschrift des Beklagten, die nach der Beweisaufnahme in zweiter Instanz
unstreitig geworden ist, gefälscht worden. Hinzu kommt noch, daß dieser Antrag unstreitig von dem Zeugen ...
ausgefüllt wurde. Damit kann es sich nicht um den Antrag handeln, den der Zeuge Stockebrandt nach seiner Aussage
entgegengenommen hat und der nach dessen Angaben von dem Zeugen richtig ausgefüllt und vom Kläger selbst
unterschrieben wurde. Das hier diese beiden untersuhiedlichen Anträge nebeneinander existierten, folgt einmal
aus der Aussage des Zeugen S. und zum anderen aus dem schriftlichen Vermerk des Zeugen ... vom 1.3.1979 (Bl. 15, 30
d.A.). Der Zeuge ... hat in diesem Vermerk ebenfalls ausgeführt, daß der Antrag des Klägers "neu
gefertigt" wurde, also schon vorhanden war, und dann zur Unterschrift durch den Kläger an den Zeugen ...
zusammen mit dem früheren Antrag zurückgegeben wurde.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dieser vom Kläger unterschriebene Antrag ist auch der Beklagten zugegangen, als ihn der Zeuge ... an sich
nahm. Dieser Zeuge ist nämlich als Angestellter der Agentin der Beklagten nach § 43 Ziff. 1 VVG zum Empfang
für die Beklagte berechtigt. Diese Ermächtigung wird zwar durch § 6 AVB eingeschränkt. Jedoch
braucht sich der Kläger diese Besuuhränkung nur bei Kenntnis oder grober Fahrlässigkeit zurechnen zu
lassen (§ 47 VVG). Kenntnis des Klägers ist von der Beklagten nicht einmal behauptet. Auch eine grobe
Fahrlässigkeit kann bei nicht besonders hervorgehobenen Regeln der AVB nicht angenommen werden (OLG Hamm, Vers.
72, 248; zustimmend Prölls/Martin § 47 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Den Antrag des Klägers hat die Beklagte mit Schreiben, vom 7.8.1978, dem der Versicherungsschein beigefügt
war, angenommen. Dadurch ist zwischen den Parteien ein Versicherungsverhältnis mit dem aus dem Versicherungsschein
ersichtlichen Inhalt zustandegekommen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Dies ist für den Fall, daß der Antrag, der vom Kläger unterzeichnet wurde und seine Vorerkrankungen
richtig angab, bei der Beklagten einging und von ihr auch angenommen werden sollte, eindeutig. Aber auch dann, wenn
nur der gefälschte und sachlich unrichtige Antrag bei der Beklagten einging, besteht das
Versicherungsvertragsverhältnis zwischen den Parteien. Das Schreiben der Beklagten vom 7.8.1978 ist aus der
Sicht des Klägers als Annahme seines Antrages zu werten, da ihm von dem zweiten, unrichtigen Antrag mit der
gefälschten Unterschrift nichts bekannt war. Die Beklagte hat für eine Kenntnis des Klägers nichts
dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Der zwischen den Parteien damit geschlossene Versicherungsvertrag hat auch noch Bestand.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat kein Rücktrittsrecht nach §§ 16, 17, 41 Abs. 2 VVG. Es ist hier nicht festzustellen,
daß der Kläger unrichtige Angaben über seine Vorerkrankungen gemacht hat. Der inhaltich falsche Antrag
stammt nicht vom Kläger. Deshalb entfällt auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Eine
Verfälschung des Antrags durch zwischengeschaltete Agenten der Beklagten wäre eine Täuschung durch
Dritte, die der Kläger nicht kannte oder kennen mußte (§ 123 Abs. 2 Satz 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte kann auch nicht nach §§ 119, 120 BGB wirksam anfechten Nach ihrer Darstellung - von der
hier ausgegangen werden mag - hat sie zwar einen Antrag angenommen, der so nicht vom Kläger gestellt war. Dies
ist auf eine unrichtige Übermittlung der Erklärung des Klägers durch einen Empfangsboten des Beklagten
zurückzuführen. Dies geht zu Lasten des Erklärungsempfängers, der auf einen solchen Vorgang keine
Anfechtung stützen kann (Palandt-Heinrichs, § 120, Anm. 1; § 130 Anm. 2 a, aa; Erman/H. Westermann,
§ 120 Anm. 4), auch wenn von einer vorsätzlich falschen Übermittlung, ausgegangen werden muß.
In jedem Fall hat die Beklagte das Risiko für die in ihrem Machtbereich erfolgte Entstellung und Änderung
des Versicherungsantrages zu tragen. Sie kann sich dem nicht durch eine Anfechtung entziehen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Eine an sich möglich vertragsgemäße Kündigung nach § 2 Abs. 2 Ziff. c 1 AVB ist erst mit
Schreiben vom 1.2.1980 (Bl, 104 d.A.) zum 31.7.1980, nicht aber schon zum 31.7.1979 ausgesprochen worden. Entgegen
der Ansicht der Beklagten ist ihr Schreiben vom 8.1.1979 (Bl. 9 d.A.) nicht als eine solche Kündigung aufzufassen,
da dort auf das Kündigungsrecht nach § 2 AVB nicht hingewiesen worden ist und sich aus dem Schreiben auch
nicht ausdrücklich ergibt, daß eine solche fristgemäße Kündigung angesprochen sein sollte.
Das Schreiben vom 8.1.1979, das zunächst nur eine fristlose Kündigung nach § 41 Abs. 2 VVG enthält,
kann auch nicht in eine fristgemäße Kündigung umgedeutet werden (§ 140 BGB). Ob dies generell
möglich wäre, mag hier offen bleiben. Es kann jedenfalls nicht ohne weiteres unterstellt werden, daß
die Beklagte auf jeden Fall ihre Beziehung zu dem Kläger enden lassen wollte. Die Hinweise in dem Schreiben
auf §§ 16 ff, 41 Abs. 2 VVG machen deutlich, daß die Beklagte aus falschen Angaben des Klägers,
seien diese verschuldet oder unverschuldet, Folgerungen herleiten wollte. Daraus läßt sich nicht entnehmen,
daß die Klägerin auf jeden Fall, auch wenn der Kläger zutreffende und richtige Angaben gemacht haben
sollte, unbedingt das Vertragsverhältnis baldmöglichst beenden wollte.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Danach ist der Klageantrag zu 1), mit dem die Feststellung des Bestehens eines Versicherungsvertragsverhältnisses
verlangt wird, begründet. Der Klageantrag zu 2) ist nur eine Schlußfolgerung aus dem ersten Antrag und hat
keine selbständige Bedeutung. Er braucht ohne Kostenfolge nicht beschieden zu werden. Daraus, daß dem
Klageantrag zu 1) entsprochen wird, folgt gleichzeitig auch, daß die Hilfswiderklage zu 2) als unbegründet
abzuweisen ist.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der weiteren Anträge der Hilfswiderklage hat sich der Kläger im Senatstermin nicht eingelassen.
Insoweit ist durch Versäumnisurteil vom heutigen Tage entschieden worden. Diesem blieb auch die Kostenentscheidung
vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Wert der Beschwer beträgt 3.000 DM.</p>
|
315,937 | olgk-1980-05-25-23-wlw-2679 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 WLw 26/79 | 1980-05-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:17:59 | 2019-03-27T09:41:50 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0525.23WLW26.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1) Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts - Iandwirtschafts­gerichts- Euskirchen vom 6. Novem­ber 1979 - 3 LwG 5/79 - aufgeho­ben.</p>
<p></p>
<p>2) Zu dem von Notarin G. in A. am 23. März 1979 unter UR-Nr. xxx/1979 beurkundeten Grund­stückskaufvertrag wird die Genehmi­gung nach dem Grundstücksverkehrsge­setz versagt.</p>
<p></p>
<p>3) Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Käuferin zu tragen. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Eine Er­stattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.</p>
<p></p>
<p>4) Die Rechtsbeschwerde wird zugelas­sen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Vertrag vor Notarin G. in A. vom 23. März 1979 (UR-Nr. xxx/1979) verkaufte die Beteiligte zu 3) die im Grund­buch des Amtsgerichts Euskirchen von G1, zum Kaufpreis von 32.500,-- DM an die Beteiligte <em>zu </em>2). Die zu dem Kaufvertrag er­betene Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz wurde vom Geschäftsführer der Kreisstelle F. der Landwirtschafts­kammer S. durch Bescheid vom 8. Mai 1979 mit der Begrün­dung versagt, daß die Käuferin als Kommanditgesellschaft nicht einem hauptberuflichen Landwirt gleichgestellt werden könne. Der persönlich haftende Gesellschafter gehe im Hauptberuf einer nicht landwirtschaftlichen Tätigkeit als Kaufmann nach. Die Teilnehmer­gemeinschaft der Flurbereinigung A. sei auf den Erwerb der Grundstücke dringend angewiesen. Außerdem sei auch ein hauptbe­ruflicher Landwirt in G1 am Ankauf der Grundstücke inter­essiert.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 2) hat gegen den ihr am 10. Mai 1979 zugestell­ten Bescheid am 15. Mai 1979 beim Landwirtschaftsgericht Euskir­chen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Sie ist der Meinung, ihre Eigenschaft als hauptberuflicher Landwirt könne nicht zweifelhaft sein, weil ihr Zweck allein in der Führung eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebes bestehe. Wenn ihr natür­liche Personen als hauptberufliche Landwirte vorgezogen würden, laufe dies auf eine positive Lenkung des Grundstücksverkehrs hin­aus. Im übrigen werde sie im Flurbereinigungsverfahren auch selbst einen erheblichen Landverlust erleiden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Iandwirtschaftegericht hat den Geschäfteführer der Kreisstelle als Antragsgegner des landwirtschaftsgerichtlichen Verfahrens be­trachtet. In der mündlichen Verhandlung vom 6. November 1979 hat dieser nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt, daß es</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">sich bei der Person <em>des </em>persönlich haftenden Gesellschafters der Käuferin wohl doch um einen hauptberuflichen Landwirt handele. Demgemäß hat er seinen Bescheid vom 8. Mai 1979 für aufgehoben und den Kaufvertrag vom 23. März 1979 als nach dem Grundstücksverkehrs­gesetz genehmigt erklärt. Die Beteiligte zu 2) hat darauf erklärt, daß ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache er­ledigt sei. Ein Kostenerstattungsanspruch werde von ihr nicht gel­tend gemacht. Das Landwirtschaftsgericht hat einen Beschluß ver­kündet, wonach das Verfahren als in der Hauptsache erledigt er­klärt und von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen wird.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen nicht zugestellten Beschluß hat der Beteiligte zu 1) am 22. November 1979 im eigenen Namen und im Namen des Geschäftsführers der Kreisstelle Beschwerde, hilfsweise sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, daß die Geneneigungsbehörde nach dem Zugang des ablehnenden Bescheides und der Stellung des An­trags auf gerichtliche Entscheidung nicht mehr befugt gewesen sei, ihre Entscheidung zu ändern, die sich vorliegend übrigens als sach­lich zutreffend erweise. In der mündlichen Verhandlung des Senats hat der Beteiligte zu 1) klargestellt, daß das eingelegte Rechtsmittel nur im eigenen Namen durchgeführt wird.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Er beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Iandwirtschafts­gericht zurückzuverweisen, hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Genehmigung zu dem Grundstückskaufvertrag zu versagen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 2) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, zu dem Grundstückskauf­vertrag die Genehmigung nach <strong>dem </strong>Grundstücksverkehrsgesetz zu erteilen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Ansicht, die Genehmigungsbehörde sei auch nach der An­rufung des Gerichts in der <em>Lage </em>gewesen, den ablehnenden Bescheid zu ihren Gunsten zu ändern. Allein diese Entscheidung sei in der Sache gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage den persönlich haftenden Gesellschafter der Beteiligten zu 2) und später auch den leitenden Regierungsdirektor C. vom Amt für Agrarordnung in F. angehört.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Persönlich haftende Gesellschafter der Beteiligten zu 2) hat erklärt, Gegenstand der Kommanditgesellschaft sei allein die Verwaltung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens im Raume A. mit der Hofstelle in K.. Der landwirtschaftliche Betrieb K. sei von ihr in Eigenbewirtschaftung genommen worden, Die</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">landwirtschaftliche Nutzfläche betrage 120 ha. Davon seien etwa 30 ha rübenfähig. Im übrigen werde Getreide angebaut, aber kein Vieh gehalten. Die Kommanditgesellschaft sei an einer Aufstockung durch den Erwerb rübenfähiger Böden interessiert. Die forstwirtschaftliche Nutzfläche, bei der es sich zum größeren Teil um rekultivierte Flächen handele, betrage 140 ha. Die unternehmeri­schen Entscheidungen im land- und fortwirtschaftlichen Bereich werden von ihm getroffen. Außerdem seien ein Verwalter angestellt und eine weitere Arbeitskraft beschäftigt. Den größeren Teil sei­nes Einkommens beziehe er aus seiner außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit. Er sei Mitgesellschafter einer L. Brauerei. Der Anteil der Landwirtschaft an der von ihm aufgewendeten Arbeitszeit sei schwankend. Er liege etwa zwischen 40 und 70 %. Bei den Kommanditisten handele es sich um seine Kinder, drei Söhne im Alter von 17, 15 und 13 Jahren sowie eine Tochter im Alter von 6 Jahren. Sie besuchten sämtlich noch die Schule.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des Amtes für Agrarordnung in F. hat er­klärt, bei der Flurbereinigung in A. handele es sich um ein großes Verfahren, bei dem etwa 100 ha landwirtschaftlicher Nutz­fläche für Straßen und öffentliche Anlagen verloren gingen. Im westlichen Teil des Flurbereinigungsgebietes nach G1 hin befänden sich vorwiegend kleinere laldwirtschaftliche Betriebe, die arrondiert werden müßten. Insgesamt benötige die Flurbereinigung A. sehr viel Verfahrenemasse. Ihre zügige Durchführung hänge davon ab, daß reichlich Verfahrensmasse vorhanden sei. Die Beteiligte zu 2) sei selbst Teilnehmerin des Flurbereinigungsver­fahrens und müsse wohl auch Land für öffentliche Zwecke abgeben. Die Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung A. sei an dem Erwerb der Grundstücke zu den angegebenen Bedingungen sehr interessiert.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluß des Landwirtschaftsgerichts durch den das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt werden ist, stellt sich als Hauptsacheentscheidung im Sinne des § 22 Abs.1 LwVG dar. Gegen ihn findet demnach das Rechtsmittel der soforti­gen Beschwerde statt, die von dem Beteiligten zu 1) form- und fristge­recht eingelegt worden ist (§§ 9 LwVG, 21, 22 Abs. 1 FGG), Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) ergibt sich aus § 32 Abs. 2 LwVG. Die sofortige Beschwerde mußte auch in der Sache Er­folg haben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">1)               Dadurch, daß der Geschäftsführer der Kreisstelle in der</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">mündlichen Verhandlung des Landwirtschaftsgerichts vom 6. November 1979 seinen ablehnenden Bescheid vom 8. Mai 1979 für aufgehoben und den Kaufvertrag vom 23. März 1979 als nach dem Grundstücksverkehrsgesetz genehmigt erklärt hat, ist keine Er­ledigung der Hauptsache eingetreten. Die Genehmigungsbehörde war zu einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung ihres Beschei­des nicht befugt, insbesondere nicht, nachdem die Beteiligte zu 2) gegen diesen Bescheid Antrag auf gerichtliche Entscheidung ge­stellt hatte (vgl. OGH in RdL 1949, 205; OLG München in RdL 1963, 243 u. DNotZ 1965, 415; Pikalo Bendel, § 22 GrdstVG, Anm. E III 2; Lange, 2. Aufl., § 20 GrdstVG, Anm. 16). Das folgt, wie vom Obersten Gerichtshof in seinem vorgenannten Urteil heraus­gestellt worden ist, schon aus dem Grundsatz der unbedingten An­fallswirkung bei fristgebundenen Rechtsmitteln, der in §§ 18 Abs. 2 FGG u. 577 Abs.3 ZPO seinen Niederschlag gefunden hat. Danach kann eine Aufhebung oder Abänderung von Entscheidungen, die einem befristeten Rechtsmittel unterliegen, überhaupt nur durch die im Instanzenzug übergeordnete Stelle erfolgen. Entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) besteht zwischen der Genehmigungsbehörde und dem Landwirtschaftsgericht ein derartiges Verhältnis der Uhnter- und Überordnung. Dies ergibt sich aus § 22 Abs. 3 GrdstVG, wonach das Landwirtschaftsgericht die gleichen Entscheidungen wie die Genehmigungsbehörde treffen kann. Es wird damit nicht etwa <em>in </em>das Ermessen des Landwirtschaftsgerichts gestellt, die Entscheidungen zu treffen, die auch die Genehmigungsbehörde treffen, kann. Vielmehr wird ein Rechtsmittelverfahren eigenen Zu­schnitts geschaffen, das keinen Verwaltungsprozeß darstellt, son­dern die Fortführung des Genehmigungsverfahrens vor dem Landwirtschaftsgericht als übergeordneter Instanz bedeutet (vgl. OLG Köln in AgrarR 1980, 50). Ein Vergleich mit den Genehmigungsverfahren nach §§ 19 und 51 Abs.1 Nr. 1 BBauG vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Die Anrufung des Gerichts führt in diesen Fällen regelmässig nur zu einer Überprüfung des angefochtenen Ver­waltungsaktes, während eine Sachentscheidung durch das Gericht die Ausnahme bildet.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">2)              Die Unwirksamkeit der vom Geschäfteführer der Kreissteile</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">am 6. November 1979 abgegebenen Genehmigungserklärung und die daraus folgende Unrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nötig­ten den Senat nicht, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Landwirtschaftsgericht zurückzuverweisen. Da</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die sachlichen Gesichtspunkte bereits in der mündlichen Verhandlung des Landwirtschaftsgerichts erörtert worden sind und nach dem Er­gebnis der in der Beschwerdeinstanz durchgeführten mündlichen Verhandlung keine , weitere Aufklärung erforderlich ist, konnte der <em>Senat </em>selbst in der Sache entscheiden. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Beteiligten zu 3) war nicht zu besorgen, weil diese über das Beschwerdeverfahren und den Termin unterrichtet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Veräußerung der im Vertrag vom 23. März 1979 aufgeführten Grundstücke an die Beteiligte zu 2) wurde eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten, was zur Folge hat, daß die Genehemigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdstVG zu versagen ist. Der Begriff der ungesunden Verteilung des Grund und Bodens stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der der Ausfüllung entspre­chend dem Zweck des Gesetzes bedarf. Der Gesetzeszweck ergibt sich aus dem vollständigen Titel des Gesetzes, in dem nebeneinander die Ver­besserung der Agrarstruktur und die Sicherung der landwirtschaftlichen Betriebe erwähnt sind. Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, daß die Ge­nehmigung zur Veräußerung an einen nicht hauptberuflichen Landwirt versagt werden kann, wenn erwerbsbedürftige, erwerbsbereite und erwerbsfähige hauptberufliche Landwirte vorhanden sind (vgl. BGR in AgrarR 1975, 310). Die Beteiligte zu 2) besitzt entgegen ihrer Meinung nicht die Eigenschaft eines hauptberuflichen Landwirts.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Sie ist eine handelsrechtliche Personengesellschaft, die in bestimmtem Umfange als solche am Rechtsverkehr teilnehmen und bei­spielsweise Grundstücke erwerben kann (§§ 161, 124 HGB).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Daß ihr Zweck allein in der Führung des landwirtschaftlichen Voll­erwerbsbetriebes K. besteht, macht sie jedoch nicht zum hauptberuflichen Landwirt. Soweit es im Rahmen des § 9 Abs.1 Nr. 1 und Abs. 2 GrdetVG auf <em>das </em>Merkmal der Berufsausübung an­kommt, setzt diese nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine auf Erwerb gerichtete menschliche Tätigkeit voraus (vgl.BGH in AgrarR 1979, 314). Eine solche kann aber nicht von der Gesell­schaft, sondern nur von den Gesellschaftern ausgeübt werden. Eine andere Beurteilung folgt <strong>nicht </strong><em>aus </em>der Neuregelung, die durch das Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten ein­geführt worden ist (§ 3 Abs. 2 n, F. HGB). Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, den landwirtschaftlichen Un­ternehmen zur Förderung und Erleichterung der Kooperation in der Landwirtschaft den Zugang zur Rechtsform der Personenhandelsgesell­schaft zu eröffnen (vgl. Drucksache Nr. 7 / 3918 des Deutschen Bundestages). Durch die Eintragung ins Handelsregister wird das in Form einer Personengesellschaft betriebene landwirtschaftliche Unternehmen zwar Vollkaufmann, aber nicht hauptberuflicher Landwirt. Der auf dem Betrieb eines landwirtschaftlichen Unternehmens gerich­tete Gesellschaftszweck schließt nicht aus, daß an der Gesellschaft auch Nichtlandwirte oder nebenberufliche Landwirte beteiligt sind. Beim Erwerb landwirtschaftlicher Grundstücke genießt die Agrargesellschaft keine Verzugsstellung, sondern muß sich im Genehmigungsverfahren die Überprüfung des Erwerbs im Einblick auf die Person ihrer Gesellschafter gefallen lassen (vgl. Storm, Reform des Agrargesellschaftsrechts, zum Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten in AgrarR 1976, 188 unter II mit Fußnote 31 unter Bezugnahme auf Pikalo-Bendel, § 2 GrdstVG, Anm. F III 12 b cc). Da vorliegend die Kommanditisten keine auf Erwerb gerichtete Tätig­keit ausüben, kommt es allein auf den persönlich haftenden Gesell­schafter an. Dieser kann aber nur als Landwirt im Nebenberuf angesehen werden, weil er den größeren Teil seines Einkommens aus einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit bezieht, für die er etwa die Hälfte seiner. Arbeitszeit aufwenden muß. Das Erwerbsinteresse der Beteiligten zu 2) hat daher gegenüber dem Erwerbsinteresse hauptberuflicher Landwirte zurückzutreten, denen die Teilnehmergemeinschaft einer Flurbereinigung grundsätzlich gleichsteht (vgl. OLG Karlsruhe in AgrarR 1974, 324). An der Erwerbsbereitschaft und der Erwerbs­fähigkeit der hier als Kaufinteressentin infrage kommenden Teil­nehmergemeinschaft der Flurbereinigung A. kann nach den Er­klärungen des Vertreters des Amtes für Agrarordnung in F. kein Zweifel bestehen. Der Grundstücksbedarf der Teilnehmerge­meinschaft ist beträchtlich, weil etwa 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche für Straßen und öffentliche Anlagen verloren gehen. In der Gemarkung G1, in der die durch den Vertrag vom 23. März 1979 verkauften Grundstücke liegen, ist der Bedarf besonders groß, weil hier zur Arrondierung und wirtschaftlichen Stärkung der vorhandenen kleineren Betriebe viel Verfahrensmasse benötigt wird. Wie der Vertreter des Amtes für Agrarordnung in F. dargelegt hat, hängt die zügige Durchführung des Flur­bereinigungeverfahrens davon ab, daß reichlich Verfahrensmasse vorhanden ist. Der Erwerb zum Verkauf gelangender Grundstücke durch nicht hauptberufliche Landwirte widerspricht daher der Ziel­setzung des Flurbereinigungsverfahrens, das seinerseits eine Maß­nahme zur Verbesserung der Agrarstruktur im Sinne des § 9 Abs.2 GrdstVG darstellt. Dieser Beurteilung steht im Falle der Beteiligten zu 2) nicht entgegen, daß sie selbst Teilnehmerin des Flurbe­reinigungsverfahrens ist und Land für öffentliche Zwecke abgeben muß. Gerade das Flurbereinigungsverfahren bietet die Möglichkeit, den entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigen­tümern zu verteilen (vgl. § 87 Abs. 1 FlurbG), was umso leichter geschehen kann, je mehr. Verfahrensmasse der Teilnehmergemeinschaft zur Verfügung steht.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 44 Abs. 1 LwVG i. V. mit der Kostenrege­lung im Vertrag vom 23. März 1979. Von der Erhebung von Gerichts­kosten für das Beschwerdeverfahren hat der Senat im Hinblick auf den Verfahrensverlauf in Anwendung des § 42 Abs.1 LwVG abgesehen. Eine Anordnung zur Kostenerstattung nach § 45 Abs.1 Satz 1 LwVG war nicht veranlaßt.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entschiedenen Fragen des formellen und materiellen Rechts hat der Senat gemäß § 24 Abs.1 Satz 2 LwVG die Rechtsbeschwerde zugelassen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td>
<p>Beschwerdewert: 32.500,-- DM. ‑</p>
</td>
<td>
</td>
<td>
</td>
</tr>
</tbody></table>
|
315,938 | olgk-1980-05-20-4-uf-24479 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 244/79 | 1980-05-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:00 | 2019-03-27T09:41:50 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:0520.4UF244.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Antragsgegnerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="h2 absatzLinks">E n t s c he i d u n g s g r ü n d e :</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>==========================</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die statthafte und in zulässiger Form und Frist eingelegte Berufung hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">De Antragsgegnerin muß im Sinne von § 1569 BGB selbst für ihren Unterhalt sorgen, ihr steht gemäß §§ 1572, 1578, 1581BGB und Gemäß § 1576 BGB ein Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller nicht zu.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat nicht gemäß § 1576 BGB mit Rücksicht darauf einen Unterhaltsanspruch gegen den Antragsteller, daß sie ihreerwachsene, 100% erwerbsunfähige Tochter N. versorgt. Es handelt sich dabei nicht um schwerwiegende Gründe, die es nach dem Gerechtigkeitsempfinden gebieten, daß der Antragsgegner seiner geschiedenen Ehefrau Unterhalt zahlt, um ihr die Versorgung der Tochter zu ermöglichen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entscheidend für diese Wertung ist es, daß die Antragsgegnerin die Tochter auch schon während der Ehe mit dem Antragsteller nicht persönlich betreut hat und die Tochter sogar aus Anlaß der Eheschließung in ein Heim gegeben hat, weil der Antragsteller die Tochter nicht in seinem Haushalt haben wollte. Damit hatte die</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Antragsgegnerin sich seinerzeit abgefunden. Sie war damit auch Während der Ehe ohne Bindung an die Versorgung der Tochter dazu in der Lage, den Haushalt zu führen und sogar noch selbst mitzuverdienen, wie sie selbst vorgetragen hat, Es würde daher in keiner Weise der Billigkeit entsprechen, wenn die Antragsgegnerin nunmehr nach Beendigung der Ehe gerade deshalb Unterhalt verlangen könnte, weil sie nunmehr die Tochter betreut und deswegen an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Es kommt bei dieser Sachlageauch gar nicht darauf an, aus welchem Grunde die Antragsgegnerin seinerzeit die Trennung von dem Antragsteller vollzogen hat.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin kann ihren UnterhaIt durch eigene Erwerbstätigkeit</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">verdienen, weil sie bei ihrem Alter von 54 Jahren dazu noch in der Lage ist (§ 1571 BGB) und auch nicht infolge Krankheit voll oder teilweise erwerbsunfähig ist (§ 1572 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin steht zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Erwerbsunfähigkeit wurde schon von dem Hausarzt der Antragsgegnerin in seinen Attesten vom 31. März 1978 und 6. Dezember 1979 nicht dargelegt, Dort wird vielmehr nur ausgeführt, daß sie durch die Versorgung des Haushalts und der schwer kranken Tochter ausgelastet sei und ihr Gesundheitszustand nicht gut sei. Da die Versorgung der Tochter aber von der Antragsgegnerin - wie ausgeführt - dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden kann, hat der Senat zur Frage einer objektiven Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin ein Sachverständigengutachten des Amtsarztes eingeholt. Nach den gründlichen und überzeugenden Ausführungen dieses Sachverständigen ist die Antragsgegnerin zur Ausübung einer vollschichtigen</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Erwerbstätigkeit in der Lage. Wenn der Gutachter der Antragsgegnerin auch nur leichte körperliche Arbeiten, vorwiegend im Sitzen mit Heben und Tragen bis zu 5 kg zumuten will, so gibt es genügend Arbeitsgebiete, die dafür in Frage kommen - gerade für jemand, der ungelernt ist. Der Antragsgegnerin sind nach ihren Lebensverhältnissen auch ungelernte Arbeiten zuzumuten im Sinne des 1574BGB. Sie war vor ihrer Ehe zeitweilig als Serviererin tätig und hat auch während der Ehe mitverdient; so hat sie Näharbeiten und zeitweilige Putzarbeiten verrichtet.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Bei der Vielzahl der in Frage kommenden Arbeiten und der Tatsache, daß die Antragsgegnerin keineswegs völlig arbeitsunerfahren geworden ist, da sie ja auch während der Ehe immer mitverdient hat, wäre es ihre Aufgabe gewesen, für einen vorübergehenden Unterhaltsanspruch aus § 1573 BGB konkrete Tatsachen vorzutragen. Das hat sie aber nicht getan. Sie hat vielmehr vortragen lassen, sie wisse nicht einmal, ob in ihrer Umgebung Arbeitsmöglichkeiten als Näherin vorhanden sind; sie habe sich darum nicht bemüht. Der Senat folgt daher den Ausführungen des mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Richters der ersten Instanz, nach dessen</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Erfahrung der örtliche Arbeitsmarkt Arbeitsmöglichkeiten der Art bietet, die für die Antragsgegnerin in Frage kommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Es mag zwar denkb.ar sein, daß die Antragsgegnerin durch eine Eigene Erwerbstätigkeit zwar ihren eigenen Lebensbedarf decken kann, sie aber doch nicht so viel verdienen kann, daß damit der sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmende angemessene Lebensbedarf im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB gedeckt</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">ist, so daß bei entsprechender Leistungsfähigkeit des Antragstellers ein sogenannter Anspruch auf Leistung des Differenzunterhalts bestehen könnte. Das scheitert hier aber gemäß § 1581 BGB an der fehlenden Leistungsfähigkeit des Antragstellers.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Dieser hat zwar mit 1950,-- DM eine nicht geringe Rente. Dabei ist jedoch vorab sein Sonderbedarf zu berücksichtigen, der darin besteht, daß er sich zur Betreuung seines Haushalts und zu seiner Versorgung (Kochen, Wäschepflege) einer täglichen Haushaltshilfe für 3 bis 4 Stunden bedienen kann, wofür nach Erfahrung des Senats mindestens 950,-- DM monatlich aufzuwenden sind. Dies Mindert auch die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Als 80-jährigem ist es ihm nicht zuzumuten, seinen Haushalt allein zu versorgen, allein zu kochen und seine Wäsche zu pflegen. Jedenfalls in den letzten 18 Ehejahren mußte er derartige Arbeiten nicht verrichten. Eine Umstellung auf eigenes Wirtschaften im hohen Alter würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung seiner bisherigen Lebensverhältnisse führen, auf deren Achtung aber gerade auch im Unterhaltsrechtsverhältnis Rücksicht zu nehmen ist und auf dessen Bewahrung alte Menschen ein besonderes Anrecht haben.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Eine Nichtberücksichtigung der für eine Haushaltshilfe erforderlichen Kosten wäre auch unwirtschaftlich, weil dies den Unterhaltsverpflichteten nur dazu veranlassen würde, dann in ein Altersheim zu gehen, wodurch noch viel mehr Kosten entständen, die seine Leistungsfähigkeit ebenfalls ausschlössen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Zieht man aber vom Einkommen des Antragstellers monatlich 900,-- DM ab, so bleiben ihm noch ca. 1.050,-- DM. Damit bleibt ihm gerade der angemessene eigene Lebensbedarf.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn die Antragsgegnerin durch die ihr zuzumutende eigene vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht auch ca. 1.000,-- DM verdienen könnte, braucht der Antragsteller dennoch gemäß § 1581 BGB keinen Differenzunterhalt zu zahlen, weil es</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Parteien nicht der Billigkeit entspricht, dem Antragsteller zur Aufstockung des Unterhaltsanspruchs der Frau, deren notwendiger Lebensbedarf durch eigene Erwerbstätigkeit gedeckt werden kann, den angemessenen Lebensbedarf zu beschränken.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Dafür ist entscheidend, daß beiden Lebensverhältnissen der Parteien eher der 26 Jahre jüngeren Antragsgegnerin ein Abstrich am bisherigen Lebensstandard zumutbar ist als dem 80-jährigen Antragsteller. Dieser ist die Ehe im Alter von fast 62 Jahren eingegangen, zu einer Zeit, zu der er bereits nahezu seine gesamte derzeitige Rente verdient hatte, so daß es auch nicht etwa unter dem Gesichtspunkt der Partizipation an der gemeinsam erarbeiteten Rente angemessen erscheint, die Parteien hinsichtlich der DecKung ihres jeweiligen Lebensbedarfsqleich zu behandeln.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10,, 713 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Wert der Beschwer: 10.800, – DM.</p>
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315,939 | olgk-1980-05-14-4-uf-9380 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 UF 93/80 | 1980-05-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:01 | 2019-03-27T09:41:49 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0514.4UF93.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Bonn - Familiengerichts - vom 16. April 1980 ( 24 F 82/80 ) wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Bonn zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und der ihm zugrundeliegenden Feststellungen, weil das Verfahren der 1. Instanz an wesentlichen Mängeln leidet. Das Familiengericht hat die Endentscheidung nach § 1672 BGB getroffen, ohne weitere sich als erforderlich aufdrängende Amtsermittlungen nach §§ 621 a ZPO, 12 FGG anzustellen, ohne sich den hier gemäß § 50 b Abs. 1 FGG erforderlichen persönlichen Eindruck von den betroffenen Kindern zu verschaffen und das gemäß § 48 a JWG zu beteiligende Jugendamt N. zu hören.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Eine Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter bedeutet für die beiden Kleinkinder den Wechsel in eine völlig neue personale und räumliche Umgebung. Für Kinder dieses Alters sind Beständigkeit und Kontinuität die notwendigen Lebensbedingungen. Ein Wechsel der Kinder zur Mutter, würde für die Kinder, die zu beiden Elternteile gleich gute Bindungen zu haben scheinen, einen deutlichen Bruch in ihrem bisherigen Leben und Erleben darstellen und diese sehr viel mehr verwirren als ein Weiterleben mit dem Vater und den anderen ihnen vertrauten Personen in der alten</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Umgebung - wenn auch dann der Verlust der Mutter schmerzlich sein mag.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein derartiger Einschnitt in den Lebensablauf der Kinder kann diesen nur dann zugemutet werden, wenn damit die Gewähr gegeben ist, daß diese Maßnahme in der Zukunft dem Wohle der Kinder besser dient, als ihr Verbleiben beim Vater. Eine solche Prognose ist aber nur nach sorgfältigen, gründlichen Ermittlungen gemäß §§ 12,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">50 b FGG, 48 a JWG möglich.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Feststellung, ob eine Erziehung durch die Mutter in N. den Kindern für die Zukunft Kontinuität, Geborgenheit und Liebe geben kann, ist nicht so entscheidend abhängig von den äußeren Lebensbedingungen, die die Kinder dort vorfinden werden und die erst jetzt in der Beschwerdeinstanz als unstreitig gut anzusehen sind, sondern sie wird hauptsächlich getragen von der Erziehungseignung der Mutter und ihres jetzigen Lebensgefährten. Zum letztem Gesichtspunkt fehlen jegliche Feststellungen; die Ausführungen des Familiengerichts zur Erziehungseignung der Mutter können ohne weitere Ausführungen über die Grundlagen, auf denen diese sich stützen, nicht überzeugen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Erziehungseignung eines Elternteils wird ganz entscheidend geprägt dadurch, in welchem Umfang ein Elternteil seine eigenen Interessen denen der Kinder unordnen kann, um den Kindern Liebe und Geborgenheit zu geben. In dieser Hinsicht gibt das Verhalten der Mutter zu Zweifeln Anlaß. Die Mutter der Kinder hat ihren Plan, nach N. zu ziehen, auch verwirklicht, als entgegen ihren ursprünglichen Vorstellungen das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Kinder nicht geklärt war. Es ist nach den bisherigen Feststellungen nicht einsehbar, warum sie nicht solange bei den Kindern geblieben ist, bis sie diese mitnehmen konnten. Die Einrichtung eines Hauses durch sie persönlich dürfte weniger vordringlich als die persönliche Betreuung der Kleinkinder</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">gewesen sein, zumal nach ihrer Vorstellung dafür bei dem Vater keine guten Voraussetzungen gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht hat auch zu Unrecht mit der Überlegung daß die Kinder keinen "Ersatzvater" brauchten, Ermittlungen zur Person des erst in der Beschwerdeinstanz überhaupt dem Namen nach bekannten neuen Lebensgefährten unterlassen. Das Familiengericht hat damit die reale Situation nicht bedacht, die aus der gemeinsamen Haushaltsführung der Mutter mit ihrem Lebensgefährten herrührt, und die von<i> </i>diesem ein nicht geringes Maß an Verständnis, Geduld und Nachsicht erfordert, damit sich die Kinder in der neuen Familie entfalten können und wohl fühlen. In dieser Hinsicht sind hier besonders sorgfältige Ermittlungen geboten, weil es nicht der Lebenserfahrung entspricht, daß ein Mann im Alter von<i> </i>über 60 Jahren, der zudem beruflich noch sehr stark in Anspruch genommen ist, diese Fähigkeiten kleinen Kindern gegenüber ohne weiteres noch aufbringt. Es mag hier nur daran gedacht werden, daß die Kinder sehr bald das Alter erreichen, in dem sie nicht allein im Haus und Garten spielen wollen - was schon Lärm genug machen kann - sondern jeder auch Freunde mitbringen will. In vielen Situationen ist bei eigenen Plänen der Erwachsenen Rücksicht auf die Kinder zu nehmen, nicht selten sogar auf die Verwirklichung eigener Interessen zu verzichten. Mit zunehmenden Alter fällt dies einem Menschen oft schwerer. Gleiches gilt für Wochenend- und Ferienunternehmungen, bei denen die Vorstellungen älterer Menschen und ihre Interessen und Bedürfnisse von denen der Kleinkinder weit entfernt sein können. Schließlich muß auch bei gesellschaftlichen Verpflichtungen auf die Belange kleiner Kinder Rücksicht genommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vor einer Entscheidung über die Übertragung der elterlichen Sorge werden daher eingehende Ermittlungen über die Einstellung des neuen Lebensgefährten der Mutter Kindern gegenüber anzustellen sein. Es wird dazu auch kaum die hier in jedem Fall erforderliche persönliche Anhörung des Herrn I. ausreichen, sondern möglicherweise werden auch dessen Familienangehörige über sein Verhalten zu den Kindern seiner Familie. Daß Herr I. in einer neuen vorgelegten Erklärung eine "starke Affinität"</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">zu Kindern vorträgt, wird eigene Ermittlungen des Familiengerichts nicht erübrigen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang kommt auch der - noch nachzuholenden - Anhörung des Jugendamtes N. Bedeutung zu. Selbst wenn nunmehr die äußeren Verhältnisse in N. unstreitig sind, sollte daher nicht von dieser Anhörung abgesehen werden; diese erfordert selbstverständlich auch keine Anwesenheit der Kinder in München - wie die Mutter anläßlich ihrer Anhörung durch den Senat meinte.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Es bestand in diesem Falle auch keinerlei Anlaß dazu, gemäß § 50 b FGG mit den Kindern nicht persönlich Fühlung zu nehmen. Wenn die Kinder auch ihren Wunsch und ihre Vorstellungen kaum artikulieren können, so erscheint es doch denkbar, daß der persönliche Eindruck von ihnen - evtl. auch in ihrem Zusammensein mit den Eltern - Aufschlüsse über die besonderen Bedürfnisse und Empfindungen dieser Kinder gibt. Weil der Richter einen solchen Eindruck nicht gehabt hat, lassen sich z.B. auch nicht die Feststellungen des angefochtenen Beschlusses nachvollziehen, daß es dem Vater an der inneren Ruhe, Ausgeglichenheit und Aufmerksamkeit den Kindern gegenüber fehle, wenn er sich mit ihnen beschäftige.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Daß die Kinder zur Mutter nach eigener Erklärung des Vaters ein enges Verhältnis haben und deren Abwesenheit empfinden, wird in die Wertung ebenso mit einzubeziehen sind wie die bereits erwähnte Tatsache, daß die Mutter die noch sehr kleinen</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Kinder im Bewußtsein des damit den Kindern zugefügten Verlustes, zunächst einfach verlassen hat.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Familiengericht wird nach alledem erneut zur Sache zu entscheiden haben; ihm wird auch die Entscheidung über die Erstattung der Kosten der Beschwerdeinstanz übertragen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert:</u> 5.000,-- DM.</p>
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315,940 | olgk-1980-05-12-12-u-8779 | {
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"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 12 U 87/79 | 1980-05-12T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:02 | 2019-03-27T09:41:49 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1980:0512.12U87.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. April 1979 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 0 281/78 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 16.779,95 DM nebst 4 % Zinsen von 1.100,-- DM seit dem 29.5.1978 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit über sie nicht durch Ergänzungsurteil vom 2.7.1979 entschieden worden ist.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 7/12 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 5/12.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von 22.000,-- DM abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung gegen ihn durch Sicherheitsleistung von 4.200,--- DM abwenden, sofern die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch in Form einer selbst­schuldnerischen Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Zeugen G. und K. I. waren die alleinigen Komplementäre der Tiefbauunternehmung "M. I. & Söhne KG", die sich im Jahre 196o durch den Tod des einzigen Kommanditisten M. I. in eine oHG umgewandelt hatte. Im Sommer 1975 beabsichtigten die Zeugen I., ihre Gesellschaftsanteile zu veräußern. Am 18.7.1975 beauftragten sie den Kläger, ihnen dabei beratend zu helfen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Zeugen I. den Kläger im eigenen Namen oder im Namen der Gesellschaft beauftragten.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Über seine Leistungen, deren Umfang im einzelnen zwischen den Parteien streitig ist, erteilte der Kläger unter dem 20., 21., 26.11. und 10.121975 der Gesellschaft insgesamt sechs Rechnungen über zusammen 46.103,01 DM, von denen nach Abzug einer Akontozahlung von l0.000,- DM noch 36.103,01 DM offenstehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungs­durchschriften Bl. 45 - 51 GA verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1977 wurde die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Firma M. I. & Söhne KG abgelehnt. Die inzwischen in die Gesellschaft eingetretene Komplementär wurde am 2.3.1978 im Handelsregister gelöscht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger klagte den Restbetrag seiner Rechnung von 36.101,01 DM zunächst in dem Verfahren 72 0 27/78 LG Köln gegen die Zeugen I. ein. Diese bestritten die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Liquidationen und hielten sie teil­weise für übersetzt. Am 27.4.1978 schlossen sie mit dem Kläger einen gerichtlichen Vergleich, durch den sie sich verpflichteten, an den Kläger die Klagesumme nebst 8 % Zinsen seit dem 1.1.1976 zu zahlen. Zugleich traten sie in diesem Vergleich ihre gegenüber den Beklagten bestehenden "Frei­stellungsansprüche aus der Bürgschaft vom 18.10.1975 un­widerruflich" an den Kläger ab und ermächtigten diesen, diese Freistellungsansprüche im eigenen Namen gegen die Beklagten geltend zu machen. Mit dieser von den Beklagten abgegebenen Bürgschaft hat es folgende Bewandtnis:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Durch Vertrag vor Notar S. in L. vom 18.10.1975 -UR-Nr. 1573/1975 - nahmen die Zeugen I. zunächst die Firma B. GmbH als Kommanditistin in ihre Gesellschaft auf und bildeten mit sofortiger Wirkung eine neue Komman­ditgesellschaft. Gleichzeitig übertrugen sie ihre Mitgliedschaftsrechte als persönlich haftende Gesellschafter in der genannten Kommanditgesellschaft auf die Firma P. Chem. Reinigung, die später in die "P.-Beteiligungs GmbH" unfirmiert wurde. Die Firma P. verpflichtete sich in dem notariellen Kaufvertrag, sämtliche in der Firma M. I. & Söhne KG begründeten Verbindlichkeiten unter Freistellung der Zeugen I. zu übernehmen und zu tilgen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">In Abschnitt II. 5) des Vertrages ist folgendes vereinbart worden:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">"Die ... (Zeugen I.) ... haben ... (den Kläger ... mit im einzelnen bekannten Beratungs- und Buch­führungsaufgaben beauftragt. Die Kosten, die ... (der Kläger) ... hierfür berechnet, trägt die Gesellschaft, mit Ausnahme eventueller Kosten, die die private steuerliche Beratung der ... (Zeugen I.) be­treffen. ... (der Kläger) soll einen unmittelbaren Anspruch gegenüber der Gesellschaft haben."</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Mit Vertrag vom 18.10.1975 übernahmen die Beklagten, die die neue Komplementär-GmbH beherrschten, die Bürgschaft für die Freistellungsverpflichtung der Firma M. I. <em>& </em>Söhne KG (fortan: Kommanditgesellschaft) sowie "deren Gesellschafter". Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Bürgschaftsurkunde vom 18.10.1975 (B1. 9,65 GA) verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Vergleichssumme von 36.10l,01 DM nebst Zinsen und die zunächst mit 3.620,60 DM bezifferten Kosten des Vorprozesses 72 0 27/78 LG Köln, zusammen 39.723,61 DM, gegen die Beklagten eingeklagt. Den Kostenerstattungsanspruch hat er später um 1.070,60 DM ermäßigt und insoweit die Klage zurückgenommen. Er hat behauptet, Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Zeugen I. seien völlig aussichtslos. Diese bezögen eine unpfändbare Sozialversicherungsrente.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Weiter hat der Kläger behauptet, er habe die in seinenLiquidationen im einzelnen aufgeführten Beratungs- und Buchführungsarbeiten tatsächlich ausgeführt, und zwar auf­grund von Aufträgen seitens der Kommanditgesellschaft.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn 38.653,01 DM nebst 8% Zinsen von 36.103,01 DM seit dem 1.1.1976 und 4 % Zinsen von 2.550,-- DM dem 27.5.1978 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch in einer Bankbürgschaft bestehen kann, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie haben die Einrede der Vorausklage erhoben und bestritten, daß dem Kläger ein Auftrag erteilt worden sei und er über­haupt Leistungen erbracht habe.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 19.4.1979 und das Ergänzungsurteil vom 2.7.1979 verwiesen. Gegen das Urteil vom 19.4.1979 haben die Beklagten recht­zeitig Berufung eingelegt und begründet.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie sind der Ansicht, die Firma P.-Beteili­gungs- GmbH habe durch den Vertrag vom 18.10.1975 lediglich diejenigen Gesellschaftsschulden übernommen, die zum damalig Zeitpunkte bereits bestanden hätten. Infolgedessen erfasse ihre - der Beklagten - Bürgschaftsverpflichtung lediglich Gesellschaftsschulden, die die Zeugen I. als Komplementäre und nicht als Privatpersonen begründet haben. Die Zeugen I. hätten aber, so behaupten die Be­klagten, den Kläger als Privatpersonen und nicht als bis­herige Komplementäre der Kommanditgesellschaft beauftragt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><img src="12_U_87_79_Urteil_19800512_0.png" alt="Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." height="5" width="5" />
</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten behaupten, die Zeugen I. hätten sich ihnen gegenüber geäußert, die Leistungen des Klägers seien allenfalls 2.000 bis 3.000,-- DM wert gewesen. Von einem Honoraranspruch des Klägers in dieser Größenordnung seien auch die Zeugen I. und der Zeuge N., der damalige Geschäftsführer der Firma P.-Beteiligungs GmbH, bei Abschluß des notariellen Vertrages vom 18.10.1975 ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihnen zu gestatten, die Zwangsvoll­streckung durch Sicherheitsleistung auch in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffent­lichen Sparkasse abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen und ihm zu gestatten, Sicherheit auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 20.12.1979 hat der Kläger zwei Anlagen­hefter überreicht. Sie enthalten u.a. eine "Liquidation I. KG nach AllGO" und erläuternde Berichte des Klägers über seine Leistungen und Liquidationen. Die Be­klagten haben daraufhin die Liquidationen des Klägers größtenteils beanstandet. Sie sind der Auffassung, die Tätigkeit des Klägers habe zum Teil gegen das Rechtsbe­ratungsgesetz verstoßen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 31.1.1980 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat aufgrund der Beschlüsse vom 22.11.1979 und 6.3.1980 Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweis­aufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom selben Tage, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die im Berufungsrechtszuge gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie auf den Inhalt der vom Kläger überreichten Unterlagen und der Beiakte 72 0 27/78 LG Köln verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">I. Das Landgericht hat zu Recht dem Grunde nach eine gesamt­schuldnerische Haftung der Beklagten aus dem Bürgschafts­vertrag vom 18.10.1975 gemäß §§ 765 Abs. 1, 398, 421 BGB bejaht.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">1. Entgegen der Ansicht der Beklagten erfaßt ihre Bürgschaftsverpflichtung auch die Vergütungsansprüche des Klägers aus dessen Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer für die Zeugen I. bzw. die Kommanditgesellschaft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Zeugen I. den Kläger "als Privatpersonen" oder in ihrer damaligen Eigenschaft als Komplementäre der Kommanditgesellschaft beauftragten. Die Beklagten haben in § 2 des Bürgschaftsver­trages vom 18.1o.1975 insoweit die Bürgschaft übernommen, als die Kommanditgesellschaft "sowie deren Gesellschafter" auf­grund des notariellen Kaufvertrages vor Notar S. -UR-Nr 1573/1975 - verpflichtet sind, die Zeugen I. von deren Verpflichtungen freizustellen. Zu diesen Verpflichtungen der Kommanditgesellschaft gehören auch die eingeklagten Forderungen, wie aus Abschnitt II. 5) des Vertrages hervor­geht. Dort ist nämlich ausdrücklich geregelt, daß die durch die Tätigkeit des Klägers "einen unmittelbaren Anspruch gegenüber der Gesellschaft haben" soll. Selbst wenn also die Zeugen I. den Kläger im eigenen Namen und nicht im Namen der Gesellschaft beauftragt haben sollten, ist durch diese Vereinbarung in der Form einer kumulativen Schuld­übernahme der Vergütungsanspruch des Klägers zumindest auch eine Gesellschaftsschuld geworden mit der Abrede, daß im Verhältnis der Zeugen I. zur Kommanditgesellschaft letztere die genannte Forderung des Klägers begleichen sollte. Hierauf erstreckt sich auch die Bürgschaftsver­pflichtung der Beklagten, die erkennbar den Zweck hatte, die Zeugen I. von sämtlichen Zahlungsverpflichtungen einschließlich der Forderung des Klägers freizustellen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Dies ergibt sich eindeutig aus § 1 S. 1 des Bürgschafts­vertrages, wo "von den im vorgenannten Vertrag aufge­führten Verbindlichkeiten" die Rede ist, ohne daß letztere auf diejenigen Verbindlichkeiten beschränkt werden, für die die Zeugen I. schon vorher nach § 128 HGB hafte wie die Beklagten meinen. In diesem Sinne hat auch der Zeuge G. I. glaubhaft bekundet, "bei den Verhandlungen mit den Beklagten ... (sei) klar (gewesen), daß sie alle Verpflichtungen übernehmen sollten".</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Haben die Zeugen I. dagegen in Namen der Gesellschaft den Kläger beauftragt, dann handelte es sich von vornherein um eine Gesellschaftsschuld, die die neue Komplementärin, die Firma P.-Beteiligungs GmbH, in Abschnitt II. a) des notariellen Kaufvertrages ausdrücklich unter Freistellung der Zeugen I. übernommen hat. Auch insoweit haften die Beklagten als Bürgen. Denn § 2 des Bürgschaftsvertrages erwähnt ausdrücklich auch die Freistellungsverpflichtung der "Gesellschafter". Im übrigen erfaßt die Bürgschaftsver­pflichtung ohnehin frühere Gesellschaftsschulden.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">2. Die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten entfällt nicht etwa nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäfts­grundlage jedenfalls teilweise deshalb, weil, wie die Be­klagten behaupten, die Vertragsbeteiligten des Kaufvertrages bei Abschluß desselben davon ausgegangen sind, die aus­stehende Honorarforderung des Klägers belaufe sich allenfalls auf 2.000 bis 3.000,-- DM. Die insoweit beweispflichtigen Beklagten sind mit diesem Vorbringen nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme beweisfällig geblieben. Während sich die Zeugen G. I. und N. bei ihrer Vernehmung überhaupt nicht mehr daran erinnern konnten, ob damals über die Höhe der Vergütung des Klägers gesprochen wurde, hat der Zeuge K. I. glaubhaft ausgesagt, die Höhe des Honorars des Klägers sei nicht eingegrenzt worden, man habe über die Höhe der Ver­gütung des Klägers überhaupt nicht gesprochen. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht der Umstand, daß weder der Bürgschaftsvertrag noch der Kaufvertrag die Vergütung des Klägers zur Höhe beschränken. Dies wäre sicherlich geschehen, wenn damals tatsächlich hierüber Einigkeit bestanden hätte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">3.    Durch den gerichtlichen Vergleich vom 27.4.1978 haben die Zeugen I. ihre Ansprüche aus dem Bürgschaftsver­trag vom 18.10.1975 wirksam an den Kläger abgetreten (§ 398 BGB). Die Bestimmung des § 399 BGB steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">4.    Die von den Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr er­hobene Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) hat das Landge­richt zu Recht für unbegründet erachtet. Hinsichtlich der Hauptschuldnerin, der Kommanditgesellschaft bzw. der Firma P.-Beteiligungs GmbH, liegen die Voraussetzungen des § 773 Abs. 1 Nr. 4 BGB vor, der die Einrede der Vorausklage ausschließte.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">II. Die eingeklagte Vergütung nebst Kostenerstattungsanspruch stehen dem Kläger allerdings nur in Höhe von 15.915,15 DM zu.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat zu Unrecht die Höhe der Klageforderung aufgrund des zwischen dem Kläger und den Zeugen I. am 27.4.1978 abgeschlossenen Vergleiches als bewiesen ange­sehen. Die Beklagten sind als Bürgen gemäß § 768 Abs. 1 S. 1 BGB berechtigt, die der Hauptschuldnerin, der Kommanditge­sellschaft bzw. der P.-Beteiligungs GmbH, zustehenden Einreden geltend zu machen. Daran hindert sie nicht der Abschluß des Vergleiches vom 27.4.1978. Denn der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet (§ 768 Abs. 2 BGB). Das gilt selbst dann, wenn im Verhältnis Gläubiger/Hauptschuldern durch rechts­kräftiges Urteil solche Einreden nicht anerkannt worden sind. Denn ein Urteil zwischen Gläubiger und Hauptschüldner hat nur Wirkung zugunsten, nicht aber zu ungunsten des Bürgen (Mormann in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 768 Rdn. 3 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Das muß ebenso für einen zwischen dem Gläubiger und dem Hauptschuldner/geschlossenen gerichtlichen Vergleich gelten, der der Rechtskraft nicht fähig ist. Die Zeugen I. haben zwar als Schuldner der Geldforderung, auf die sich die Preistellungsverpflichtung und letztlich die Bürgschaft bezieht, mit dem Kläger als Gläubiger der Geldforderung den Vergleich geschlossen, jedoch muß in diesen Fällen § 768 Abs. 2 BGB nach Ansicht des Senates erst Recht zur Anwendung gelangen, um die schutzwürdigen Interessen des Bürgen zu wahren. Die Beklagten dürfen deshalb trotz des Vergleiches vom 27.4.1978 die vom Kläger behaupteten Leistungen und die Höhe der geltend gemachten Vergütung bestreiten.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagten jetzt allerdings behaupten, der Kläger habe die eingeschränkte Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.1973, die Inventuren zum 30.6. und 30.8.1975, die Nachholung der Buchhaltung für die Monate Januar bis März 1979 die Einrichtung einer Buchführung und schließlich die Steuer­erklärungen zum 1.1.1974 und für 1974 nicht für die Zeugen I., sondern in seinem eigenen Interesse und für sich erstellt, weil er selbst beabsichtigt habe, die Kommanditge­sellschaft mit zu erwerben, wird dieser Sachvortrag wider­legt durch die Regelung in Abschnitt II. 5) des Kaufvertrages vom 18.1o.1975. Dort heißt es ausdrücklich, daß die Zeugen I. den Kläger "mit im einzelnen bekannten Beratungs­- und Buchführungsaufgaben beauftragt" haben, womit nur die­jenigen Leistungen gemeint sein können, die der Kläger seinen Liquidationen zugrunde gelegt hat. Die Beklagten haben nicht dargetan, daß der Kläger - außer den angeblichen Leistungen für eigene Zwecke - noch ander "Buchführungsauf­gaben" erfüllt hat, die unter Abschnitt II. 5) des Vertrages vom 18.1o.1975 hätten fallen können. Im übrigen ergibt sich die Auftragserteilung an den Kläger auch aus der glaubhaften Aussage des Zeugen X.. Dieser hat be­kundet, daß im Juli 1975 der Auftrag erteilt wurde, das Unternehmen der Zeugen I. zu überprüfen und die Verkaufsverhandlungen zu führen. Die Richtigkeit dieser Aussage wird bestätigt durch den vom Kläger vorgelegten Schriftverkehr, insbesondere durch sein Schreiben an die Firma I. vom 31.7.1975, das eine Art Zwischenbericht darstellt, sein Schreiben an die Zeugen I. vom 11.10.1975 sowie durch die mit dem Vertreter der Beklagten, Herrn Dr. Q., geführte Korrespondenz, so z.B. die Schreiben des Klägers vom 12., 20.9. und l0.l0.1975.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat in der Berufungsinstanz seine der Klage zugrunde liegenden Rechnungen nach der "Allgemeinen Gebührenordnung für die wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuer­beratenden Berufe" (A11GO) ergänzt und eine "Liquidation I. KG nach A11GO" erstellt (vgl. Bl. 131 ff Anlagenhefter I). Soweit die Abrechnung auf der Grundlage der AllGO höhere Honorare ausweist, macht der Kläger sie lediglich in Höhe der ursprünglichen Rechnungsbeträge mit der Klage geltend. Die Beklagten haben sich mit der Abrechnung auf der Basis der A11GO im Prinzip einverstanden erklärt. Nach dem Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz ist des­halb davon auszugehen, daß die AllGO die üblichen Vergütung i.S.v. § 612 Abs. 2 BGB regelt, die der Kläger für seine Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer grund­sätzlich gemäß §§ 611, 675 BGB beanspruchen kann.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Das Honorar gemäß den vorliegenden sechs Rechnungen steht dem Kläger aber nicht in vollem Umfange zu:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">1. Rechnung vom 20.11.1975 über 22.153,95 DM</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Diese Rechnung enthält Liquidationen für verschiedene Leistungen:</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">a) Für die "eingeschränkte Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.1973" und für "Schriftverkehr und Besprechungen mit dem Finanzamt bezüglich dieser Bilanzberichtigung" hat der Kläger ein Honorar von 1.870,-- DM netto in Ansatz gebracht. In seiner "Liquidation I. KG nach A11GO" der Kläger eine 10/10 Wertgebühr nach § 35 Nr. 2 A11GO von netto 1.830,-- DM und eine "Zeitgebühr für Schriftverkehr" von 210,-- DM berechnet. Die Beklagten beanstanden nicht den Ansatz der Wertgebühr von 1.830,-- DM. Sie bestreiten lediglich, daß der Jahresabschluß zum 31.12.1973 wegen materieller Mängel in der Bewertung der unfertigen Arbeiten überhaupt berichtigt werden mußte und daß der Zeuge X. und ein weiterer Angestellter des Klägers, Herr J., die Neube­wertung der unfertigen Arbeiten per 31.12.1973 tatsächlich vorgenommen haben bzw. vornehmen konnten. Ferner bestreiten sie einen Schriftverkehr mit dem Finanzamt.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Aus dem vom Kläger in Kopie vorgelegten Schreiben des Finanzamtes L.-Nord vom 25.9.1975 (Bl. 112 Anlagenhefter I) und aus dem Antwortschreiben des Klägers vom 1.1o.1975 (B1. 110 Anlagenhefter I) ergibt sich, daß der Kläger tatsächlich über den berichtigten Jahresabschluß per 31.12.1973, den er, wie von den Beklagten auch eingeräumt, nebst einer Gewinn- und Verlustrechnung für 1973 erstellt hat (vgl. Bl. 113 f. Anlagenhefter I), mit dem Finanzamt zumindest korrespondiert hat. Ob die Angestellten des Klägers die Bewertung der halbfertigen Arbeiten vorgenommen haben bzw. sie danzu imstande gewesen sind, kann dahingestellt bleiben. Denn in Anbetracht dessen, daß der Kläger die Mindestgebühr des § 35 Nr. 2 A11GO liquidiert, ist diese in jedem Falle berechtigt.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kläger in seiner "Liquidation I. KG nach A11GO" zusätzlich eine Zeitgebühr von 210,-- DM berechnet, weisen die Beklagten zu Recht darauf hin, daß der Kläger den von den Beklagten bestrittenen Stundenaufwand durch Vorlage entsprechender Arbeitslisten nachweisen muß. Dazu ist der Kläger offensichtlich außerstande. Sein jetziger Sozius, der Zeuge X., hat bekundet, er könne "im einzelnen nicht mehr sagen, wie sich die in Rechnung gestellten Beträge zusammensetzen". Er wisse auch nicht, ob die Zusammenstellungen über die in den Rechnungen des Klägers angegebenen Stundenzahlen noch vorhanden sind. Da der Kläger solche Zusammenstellungen bzw. Arbeitsnachweise auch in der Folgezeit nicht vorgelegt hat, ist davon auszugehen, daß er keine mehr besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Wenn der Kläger somit mangels Nachweises des Stundenaufwandes eine Zeitgebühr nach § 9 AllGO nicht verlangen kann, so be­deutet das nach Ansicht des Senates aber nicht, daß dem Kläger überhaupt kein Honorar für die hier fragliche Leistung zusteht. Es ist ihm vielmehr die ortsübliche Ver­gütung für einen wirtschaftlich vertretbaren Aufwand an Arbeitszeit zuzusprechen. Auf die vergleichbare Regelung in § 15 Nr. 5 VOB/B bei der Vereinbarung von Stundenlohn-arbeiten in der Baubranche wird verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Da der Betrag der Rechnung vom 20.11.1978 die Gebühr nach § 35 Nr. 2 AllGO lediglich um 1.870,-- DM - 1.830,-- DM 40,-- DM übersteigt, entfällt auf den Schriftverkehr mit dem Finanzamt mithin dieser Restbetrag. Der Senat ist der Auffassung, daß für den nachgewiesenen Schriftverkehr mit dem Finanzamt eine Vergütung von 40,-- DM in jedem Falle gerechtfertigt ist (§ 287 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">b) Für einen inventurmäßig erstellten "Status mit Erläuter­ungen zum 30.8.1975" hat der Kläger ein Honorar von 6.660,-- DM berechnet, das er in seiner "Liquidation I. KG nach C." in drei Gebührensätze von zusammen 6.492,-- DM aufge­teilt hat. Die Beklagten beanstanden den Ansatz der Höchstgebühr nach § 35 Nr. 5 AllGO für die Erstellung des Status und sind der Auffassung, die vom Kläger angeführten Schwierigkeiten (Fehlen jeglicher Buchhaltung) hätten der Erstellung eines Status überhaupt entgegengestanden, da ein Rechenwerk ohne Grundlage untauglich sei. Ferner haben die Beklagten den Stundenaufwand von 42 Stunden bestritten und die mangelnde Spezifizierung der Zeitgebühr beanstandet Vorsorglich behaupten sie, anstelle der geltend gemachten 70,-- DM sei im Jahre 1975 allenfalls ein Stundensatz von 50,-- DM angemessen gewesen. Darüber hinaus behaupten die Beklagten, der Erläuterungsbericht fehle. Schließlich meinen sie, der Auftrag zur Erstellung des Status zum 30.8.1975 sei gemäß §§ 139, 134 BGB, Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG nichtig, weil der Status "als Grundlage bei den Verkaufsverhandlungen" ge­dient habe und die Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit den Verkaufsverhandlungen gegen das Rechtsberatungsge­setz verstoßen habe.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">aa) Der Ansatz der Höchtsgebühr des § 35 Nr. 5 A11GO von 1.830,-- DM netto für die Fertigung des Status per 30.8.197 ist gerechtfertigt. Die vom Kläger vorgelegten Unterlagen (vgl. Bl. 13 a ff. Anlagenhefter <strong>I), </strong>insbesondere die dem Vertreter der Beklagten, Herrn Dr. Q., mit Schreiben des Klägers vom 2o.9.1975 übersandte "Spezifikation der im Status angesetzten Positionen" (B1. 21 ff. Anlagenhefter I) lassen eindeutig einen erheblichen Aufwand des Klägers er­kennen, der die Höchstgebühr rechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagten meinen, das Fehlen jeglicher Buch­haltung hätte überhaupt der Erstellung des Status entgegen­gestanden, ist dieser Sachvortrag unsubstandiiert. Der Kläger hat dargetan, daß er sich die für den Status erforderlichen Daten beschafft hat. Es ist zudem nicht ersichtlich, daß der Vertreter der Beklagten, Herr Dr. Q., dem der Kläger auch mit Schreiben vom 12. und 20.9.1975 den Status nebst Anlagen übersandte, den vom Kläger gefertigten Status aus den von den Beklagten gerügten Gründen zurückgewiesen oder sich etwa später herausgestellt hat, daß deshalb der Status unbrauchbar sei. Die Beklagten haben auch keinen Beweis angetreten.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Ob die - noch zu erörternde - Tätigkeit des Klägers, die Gegenstand seiner Rechnung vom 20.11.1975 über 12.417,35 DM ist, gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt, kann hier dahingestellt bleiben. Denn der Senat folgt nicht der Ansicht der Beklagten, daß über § 139 BGB auch der hier fragliche Auftrag nichtig ist. Bei Kenntnis der - unterstellten -Nichtigkeit des Auftrages im Zusammenhang mit dem Entwurf und dem Abschluß diverser Verträge hätten die Zeugen I. gleichwohl den Kläger mit der Erstellung des für die Vertragsverhandlungen notwendigen Status per 30.8.19 beauftragt. Im übrigen müßte selbst bei Nichtigkeit auch dieses Auftrages die vom Kläger verlangte Vergütung unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen (§ 812 Abs. 1 BGB ersetzt werden.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">bb) Der Kläger ist nicht berechtigt, eine "Zeitgebühr für Erschwernis" in Höhe von 42 Std. à 70,-- DM = 2.940,-- DM netto zu berechnen. Eine Erhöhung der Wertgebühr (hier § 35 Nr. 5 C.) bei besonderen Schwierigkeiten ist in der AllGO ausdrücklich in § 12 Abs. 1 geregelt. Danach kann bei "be­sonderen Schwierigkeiten" eine Erhöhung der Wertgebühr bis zu 100 % verlangt werden. Darin ist eine abschließende Re­gelung zu sehen. An Stelle der Erhöhung der Wertgebühr kann deshalb - ohne entsprechende Vereinbarung - keine Zeitgebühr beansprucht werden.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Eine Erhöhung der Wertgebühr des § 35 Nr. 5 AllGO um l00 % nach § 12 Abs. 1 AllGO erscheint nach Auffassung des Senats gerechtfertigt. Angesichts des nicht substantiiert bestritten Vorbringens des Klägers, wonach für 1975 für keinen Monat eine Buchführung vorlag - was der Zeuge X. auch glaubhaft bestätigt hat und sich im übrigen aus dem Zwischenbericht des Klägers an die Firma I. KG vom 31.7.1975 (Bl. 7 ff. Anlagenhefter I) ergibt - und sich die Unterlagen in einen katastrophalem Zustande befanden, so daß sich die Ermittlung der Basiszahlen nach Belegen äußerst schwierig gestaltete, bestehen gegen eine Erhöhung von l00 % keine durchgreifenden Bedenken. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der be­hauptete Stundenaufwand zutrifft und der Stundensatz von 70,-- DM angemessen ist.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">cc) Eine 10/10 Gebühr nach § 35 Nr. 6 AllGO von 1.776,--DM für die Anfertigung eines Erläuterungsberichtes steht dem Kläger nicht im vollen Umfange zu. Nicht richtig ist allerdings die Behauptung der Beklagten, es fehle jeglicher Erläuterungsbericht. Der Kläger hat das - bereits erwähnte - Schreiben an den Vertreter der Beklagten vom 12.9.1975 vorgelegt, das Erläuterungen zu dem gleichzeitig überreichten Status per 30.8.1975 enthält. In diesem Sinne ist auch die Aussage des Zeugen X. zu verstehen, der bekundet hat, die vorgelegt Unterlagen enthielten auch die Erläuterungen zu dem Status vom 30.8.1975.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Der Höhe nach kann der Kläger allerdings keine volle Gebühr für den Erläuterungsbericht beanspruchen. Nach § 35 Nr. 6 AllGO kann für einen schriftlichen Bericht "zu Arbeiten nach Ziffern 1-5" eine Gebühr von 5/10 bis 10/10 verlangt werden. Der Kläger hat nicht für sämtliche Ziffern, sondern lediglich für die Leistung nach Ziffer 5 (hier: Status per 30.5.1975) einen Bericht gefertigt. Im übrigen ist der vorgelegte Bericht nicht sehr ausführlich. Zwar heißt es am Ende des Schreibens des Klägers an Herrn Dr. Q. vom 12.9.1975, "Nähere Er­läuterungen zu diesen Statuszahlen kann ich erforderlichen­falls noch nachreichen", jedoch hat der Kläger keinen ent­sprechenden "schriftlichen Bericht" vorgelegt, wie es § 35 Nr. 6 AllGO voraussetzt. Unter diesen Umständen erscheint nach Auffassung des Senates allenfalls die Mindestgebührvon 5/10 = 888,-- DM gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">dd) Für den Status per 30.8.1975 ergibt sich somit folgende angemessene Vergütung:</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Gebühr gem. § 35 Nr. 5 AllGO - vgl. oben Ziffer aa)-</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">1.830,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">62</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0">
<tbody><tr>
<td>
<p>Erhöhung gem. § 12 Abs. 1 AllGO - vgl. Ziffer bb) ‑</p>
<p>Gebühr gem. § 35 Nr. 6 AllGO - vgl. Ziffer cc)</p>
</td>
<td colspan="3">
<p>1.83o,-- DM</p>
<p>888 -- DM 4.548,-- DM</p>
</td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td colspan="2" rowspan="2"> </td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td> </td>
<td> </td>
<td> </td>
</tr></tbody></table>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">c) Für den inventurmäßig aufgestellten Status zum 30.6.1975 hat der Kläger ein Honorar von 2.500,--DM liquidiert, das er in seiner "Liquidation I. KG nach C." in eine 1o/10 Gebühr nach § 35 Nr. 5 A11GO von 1.665,--DM und einen Zuschlag nach § 12 A11GO von 5o % = 835,-- DM aufgeteilt hat. Die Beklagten bestreiten mit Nichtwissen, daß die Aufstellung des Status mit besonderen Schwierigkeiten verbunden gewesen sei. Sie sind der Auffassung, daß der Ansatz einer weiteren Erschwernisgebühr nach § 12 A11GO keinesfalls gerechtfertigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Eine volle Gebühr nach § 35 Nr. 5 AllGO steht dem Kläger nie zu. Er hat in seiner "Liquidation I. KG nach C." u.a. erläuternd angegeben, es habe sich um eine "oberfläch­lichere Ermittlung" gehandelt. Entsprechend hat er in seiner schriftlichen Erläuterung zu den Rechnungen (Bl. 67 Anlagen­hefter I) ausgeführt, "die Aufstellung des Status vom 30.6. 1975 mit Gewinn- und Verlustrechnung konnte natürlich nicht mit einer solchen Sorgfalt erarbeitet werden, wie er für Verkaufsverhandlungen notwendig war". Infolgedessen ist nach Ansicht des Senates allenfalls eine mittlere Gebühr von 1.249,-- DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Ein Zuschlag von 50 % nach § 12 Abs. 1 AllGO erscheint aber mit Rücksicht darauf, daß, wie bereits erwähnt, die Buch­haltung nicht auf dem Laufenden war und sich die Ablage der Unterlagen in einem katastrophalen Zustande befand, durchaus gerechtfertigt. Für die Aufstellung des Status per 30.6.1975 ist deshalb eine Gesamtgebühr von 1.249,-- DM 624,50 DM = 1.873,50 DM zugunsten des Klägers zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">d) Der Kläger hat in seiner Rechnung vom 2o.11.1975 ferner für "Schriftverkehr und Besprechungen" mit der Stadtspar­kasse L., dem Finanzamt L.-Nord, der Stadt L., der Bauberufsgenossenschaft, der Innungskrankenkasse, der Zusatzversorgungskasse und mit der Geschäftsleitung und den leitenden Angestellten der Kommanditgesellschaft eine Gesamthonorar von 8.060,-- DM in Ansatz gebracht. In seiner "Liquidation I. KG nach C." hat der Kläger dieser als Zeitgebühr mit 115 Std. à 70,-- DM = 8.050,-- DM aufge­schlüsselt und dazu alternativ eine Wertgebühr von insgesamt 9.048,-- DM berechnet (B1. 133 Anlagenhefter I). Die Beklagten bestreiten, daß der Kläger persönlich Verhandlungen geführt habe. Sie beanstanden den fehlenden Nachweis der Zeitgebühr und bestreiten die Höhe des Stundensatzes.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Den Stundenaufwand von 115 Std. hat der Kläger nicht nachgewiesen. Er hat entsprechende Arbeitsnachweise nicht vorgelegt, ob es überhaupt zulässig ist, in Fällen, in denen der Stundennachweis nicht durch Vorlage geeigneter Arbeitsnachweise erbracht werden kann, die behauptete Stundenzahl nachträglich durch einen gerichtlichen Sachverständigen ermitteln zu lassen, kann dahingestellt bleiben. Denn im vorliegenden Falle wäre ein Sachverstndiger außerstande, den vom Kläger behaupteten Stundenaufwand von 115 Std. festzustellen. Soweit der Kläger in seinem seine Rechnungen erläuternden Bericht (B1. 70/71 Anlagenhefter Nr. I) angegeben hat, das hier fragliche Honorar werde für Leistungen in der Zeit vom 18.7.1975 bis 18.10.1975 berechnet, reicht das - auch in Verbindung mit den vorgelegten Unterlagen - als Grundlage für die Ermittlung des behaupteten Stundenaufwandes nicht aus. Ein Sachverständiger wäre nicht in der Lage, den be­haupteten Stundenaufwand exakt zu ermitteln, zumal sich weder an Hand der vorgelegten Unterlagen noch aufgrund des Sachvortrages des Klägers feststellen läßt, inwieweit die hier fragliche Tätigkeit des Klägers und seiner Mitarbeiter identisch bzw. abzugrenzen ist mit bzw. von derjenigen, für die der Kläger gemäß den übrigen Positionen dieser und anderer der Klage zugrunde liegenden Rechnungen zusätzlich eine Vergütung beansprucht.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Auch wenn der Kläger den Stundenaufwand für die geltend ge­machte Zeitgebühr nicht nachzuweisen vermag, kann er aber, wie oben bereits dargelegt, die ortsübliche Vergütung für eine wirtschaftlich vertretbare Arbeitszeit verlangen. Er hat durch Vorlage der entsprechenden Korrespondenz nachgewiesen, daß er mit der Bauberufsgenossenschaft Y., mit der Innungskrankenkasse L. und mit der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes in Z. für die Kommanditgesellschaft Schriftverkehr gehabt hat. Soweit er darüber hinaus Korrespondenz mit dem Finanzamt L.-Nord vorgelegt hat, betrifft diese den berichtigten Jahresabschluß zum 31.12.1973, für den der Kläger gesondert eine Vergütung beansprucht, die bereits oben unter Ziffer 1.a) behandelt worden ist. Insoweit kann der Kläger nicht doppelt liquidieren.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Nicht dargetan bzw. nachgewiesen hat der Kläger im einzelnen die in der Rechnung vom 20.11.1975 unter Buchstabe d) er­wähnten Besprechungen "mit der Geschäftsleitung und mit leitenden Angestellten" der Kommanditgesellschaft, insbe­sondere den Umfang solcher internen Besprechungen. Soweit der Kläger in seinem schriftlichen "Überblick über die Lage der Firma M. I. u. Söhne KG" angegeben hat, er selbst habe in der Zeit von Mitte Juli bis Mitte Oktober 1975 zu 90 % ausschließlich für die Kommanditgesellschaft gearbeitet, der Zeuge X. habe die Bilanzangelegenheiten erledigt und sei in der Zeit vom 15.7.bis zum September 1975 "überwiegend" mit Angelegenheiten der Kommanditgesellschaft beschäftigt gewesen, ferner sei der Mitarbeiter J. in den drei Monaten zu 1/3 seiner Arbeitszeit mit Angelegenheiten der Kommanditgesellschaft beschäftigt gewesen und schließlich habe Herr Assessor O. A. "die rechtlichen und vertraglichen Unterlagen miterarbeitet" und sei zur Hälfte seiner Tätigkeit mit der Kommanditgesellschaft beschäftigt gewesen, sind diese Angaben zu unbestimmt, um im einzelnen den jeweiligen Arbeitsaufwand für die ver­schiedenen, vom Kläger in Rechnung gestellten Leistungen ermitteln zu können. Dazu vermag auch ein Sachverständiger keine genauen Feststellungen zu treffen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger kann deshalb lediglich insoweit eine Vergütung zugesprochen werden, als die zugrunde liegende Leistung durch den vorgelegten Schriftverkehr belegt ist. Der Senat schätzt die Vergütung für den entsprechenden Zeitaufwand des <em>Klägers </em>und seiner Mitarbeiter gemäß § 287 ZPO auf insgesamt 3.900,-- DM. Bei dieser Schätzung geht der Senat davon aus, daß der Kläger auf der Grundlage der von ihm in der "Liquidation I. KG nach AllGO" alter­nativ berechneten Wertgebühr folgende Gebühren in etwa beanspruchen könnte:</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Baubeaufsgenossenschaft, 3/10 Gebühr gem. § 55 Nr. 4 C., Wert 60.000,-- DM              219,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Innungskrankenkasse, 3/10 Gebühr gem. § 55 Nr. 4 C., Wert 178.000,-- DM                   411,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Zusatzversorgungskasse, 3/10 Gebühr gem. § 55 Nr. 4 C., Wert 60.000,-- DM                 219,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Stadtsprakasse, 6/10 Gebühr gem. § 55 Nr. 3, 4 C., Wert 1,3 Mio DM                         <u>3.090,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">                                                                                                                              3.939,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Es konnten hierbei lediglich die Mindesgebühren des § 55 AllGO berücksichtigt werden. Die vorliegende Korrespondenz und der daraus ersichtliche Umfang der Tätigkeit des Klägers recht­fertigen keine höheren Wertgebühren.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Da die zuerkannte Vergütung im wesentlichen der Wertgebühr entspricht, kann die weitere Frage dahingestellt bleiben, ob der Kläger nach seinem Belieben eine Zeitgebühr oder eine Wertge­bühr berechnen kann. Nach den "Bemerkungen" zu § 55 AllGO ist nämlich die Zeitgebühr nur dann anzuwenden, wenn "ein Wert nicht festgestellt oder geschätzt werden" kann.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt diese Tätig­keit nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Die hier frag­liche, mit dem Beruf eines Wirtschaftsprüfers vereinbare Tätigkeit (vgl. § 4-3 Abs. 4 Nr. 1 Wirtschaftsprüferordnung - WPO-) stellt nach Ansicht des Senates keine "Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten" i.S.v. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG dar. Es kann deshalb offen bleiben, ob diese Tätigkeit dem Kläger nach Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG ohnehin erlaubt wäre.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">e) Aus seiner Rechnung vom 2o.11.1975 (B1. 45 f GA) steht dem Kläger zusammenfassend folgende Vergütung zu:</p><span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Eingeschränkte Prüfung Jahresabschluß zum 31.12.1973 - oben unter Ziffer 1.a)‑    1.870,-- DM</p><span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Status mit Erläuterungen zum 30.08.1975 - oben unter Ziffer a. b) -                         4.548,-- DM</p><span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Status zum 30.06.1975 - Ziffer a.c) -                                                                    1.873,50 DM</p><span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Schriftverkehr u. Besprechungen - Ziffer a. d) -                                                       <u>3.900,-- DM</u></p><span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">                                                                                                                     12.191,50 DM</p><span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">zuzüglich Auslagenpauschale gem. § 28 AllGO                                                   1.219,15 DM</p><span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">                                                                                                                     13.410,65 DM</p><span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">zuzüglich 5,5 % Mehrwertsteuer                                                                       <u>    737,59 DM</u></p><span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">                                                                                                                     14.148,24 DM</p><span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">abzüglich Akontozahlung                                                                                  <u>10.000,-- DM</u></p><span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">                                                                                                                        4.148,24 DM </p> <span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"><u>2. Rechnung vom 20.11.1975 über 12.417,35 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Für die "Verhandlungen mit diversen Interessenten über den Verkauf des Unternehmens, die Prüfung und Überarbeitung von Vertragsentwürfen und die Beratung bei der Abfassung des endgültigen Veräußerungsvertrages" hat der Kläger ein Honorar von netto 11.770,-- DM berechnet. In seiner "Liquidation I. KG nach AllGO" hat der Kläger für die "Führung von Verkaufsverhandlungen" eine l0/10 Gebühr nach § 55 Nr. 3 AllGO und für die "Prüfung und Überarbeitung der Kauf- und Bürgschaftsverträge" nach § 56 AllGO eine 5/10 Gebühr in Ansatz gebracht zuzüglich Auslagenpauschale. Der Kläger hat zum Nachweis seiner Leistungen drei Vertragsentwürfe I, II und III überreicht, die er, wie er in der Berufungsverhandlung eingeräumt hat, nicht nur "überprüft und überarbeitet", sondern selbst entworfen hat bzw. durch den bei ihm tätigen Assessor A. "erarbeiten" ließ, wie es in dem "Überblick über die Lage der Firma M. I. u. Söhne KG" des Klägers heißt. In seinem Schreiben an die Zeugen I. vom 11.10.1975 erwähnt der Kläger auch ausdrücklich, daß er ""entsprechend der bereits früher getroffenen Absprache" "mit Herrn Dr. Q. Kaufverträge vorbereitet habe".</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Für diese Tätigkeit steht dem Kläger eine Vergütung nach §§ 6 11 Abs. 1, 675 BGB nicht zu. Soweit er Vertragsverhandlungen über den Verkauf der Geschäftsanteile der Zeugen I. geführt und in diesem Zusammenhange verschiedene Verträge entworfen bzw. miterarbeitet hat, hat er Rechtsbesorgung i.S.v. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG ausgeübt, die ihm mangels Erlaubnis nicht gestattet war. Der zugrunde liegende Geschäftsbesorgungsvertrag ist deshalb wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig (BGH BGHZ 37, 258).</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die vom Kläger vorgenommene Rechtsbesorgung ist nicht nach Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG erlaubnisfrei gewesen. Denn sie steht nicht im "unmittelbaren Zusammenhang" mit den "Aufgaben des Wirt­schaftsprüfers". Zu den Aufgaben des Wirtschaftsprüfers i.S.d. Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG gehört nach Ansicht des Senates lediglich die "berufliche Aufgabe" des Wirtschaftsprüfers, wie sie in § 2 Abs. 1 WPO umschrieben ist, also die eingentliche Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers, die seinem Berufs­bild entspricht. Nicht dagegen fällt unter die "Aufgaben des Wirtschaftsprüfers" i.S.v. Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG auch die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers, die "die Beratung und Wahrung fremder Interessen in wirtschaftlichen Angelegenheiten zum Gegenstand" hat, die in § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO "mit dem Beruf des Wirtschaftsprüfers" für "vereinbar" erklärt worden ist (so auch Altenhoff-Busch-Kampmann, Rechtsberatungsgesetz, 5. Aufl., Rdn. 105; Brangsch, AnwBl. 1961, 242, 245; ders. BB 1962, 1359 gegen Girgensohn, BB 1962, 13o8 ff.; lig. Itzehoe, AnwBl. 1962, 285; offen gelassen vom BGH in BGHZ 48, 12, 21 ff. = NJW 1967, 1558). Der Begriff "Aufgabe" in Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG ist eng auszulegen, weil es sich bei dieser Be­stimmung um eine Ausnahmeregelung handelt (Brangsch BB 1962, 1359). Daraus folgt, daß nur diejenige Tätigkeit des Wirt­schaftsprüfers unter den Begriff "Aufgabe" i.S.v. Art. 1 5 Hr. 2 RBerG subsumiert werden kann, die in der Wirtschaftsprüferordnung auch als solche bezeichnet worden ist. Das ist aber gerade nur für die in § 2 Abs. 1 WPO genannte Prüfungstätigkeit und nicht bezüglich der in § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO geregelten wirtschaftlichen Beratung und Interessen­wahrnehmung des Wirtschaftsprüfers der Fall. Dem widerspricht nicht, daß die Wirtschaftsprüferordnung erst viel später als das Rechtsberatungsgesetz erlassen worden ist. Denn die in der Ausnahmereglung des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG ent­haltene Verweisung auf die beruflichen "Aufgaben des Wirt­schaftsprüfers" bezieht sich auch auf solche Tätigkeiten, die erst in später erlassenen Gesetzen als zum Beruf des Wir­tschaftsprüfers rechnend anerkannt bzw. nicht anerkannt worden sind (vgl. BGH BGHZ 48, 12,21).</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof hat allerdings in seiner Entscheidung vom 9.5.1967 (BGHZ 48, 12, 22) ausgeführt, zwar habe die federführende Unterkommission "Berufsordnungsgesetze" des Wirtschaftsausschusses des Bundestages den im Hinblick auf Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG erhobenen Bedenken eines Anwaltsvereins Rechnung getragen und die jetzt in § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO geregelte Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers, die im Gesetzesentwurf in § 2 vorgesehen war, aus § 2 wieder gestrichen und in § 55 des Entwurfs (= § 43 des Gesetzes) übernommen, es könne aber nicht angenommen werden, daß das Plenum des Bundestages sich der Bedeutung der fraglichen Teilung der beruflichen Tätig­keitsbereiche gerade in Bezug auf die Befugnis zur Rechtsbesorgung bewußt geworden sei, so daß nicht angenommen werden könne, daß der Streit über die Zuordnung der beratenden Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers entschieden worden sei. In Anbetracht dessen, daß inzwischen die Wirtschaftsprüfer­ordnung am 5.11.1975 neu gefaßt worden ist, und die wirt­schaftliche Beratungstätigkeit nach wie vor nicht zu den "beruflichen Aufgaben" des Wirtschaftsprüfers i.S.v. § 2 Abs. 1 WPO zählt, sondern sie weiterhin lediglich in § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO mit seinem Beruf für "verinbar" erklärt worden ist, muß jetzt mit Rücksicht auf den Umstand, daß bei der Neufassung der WPO im Jahre 1975 die Problematik nunmehr bekannt war, davon ausgegangen werden, daß die Beratung und Wahrung fremder Interessen in wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht zum Berufsbild des Wirtschaftsprüfers und damit nicht Zu seinen beruflichen "Aufgaben" i.S.v. Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG gehört, und zwar unabhängig davon, ob der Wirtschaftsprüfer überwiegend Prüfungstätigkeiten i.S.v. § 2 Abs. 1 WPO oder die wirtschaftliche Beratung und/oder Interessenvertretung i.S.v. § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO ausübt.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG scheitert aber auch daran, daß die vom Kläger vorgenommene Rechtsbesorgung nicht "in unmittelbarem Zusammenhang" steht mit seiner wirt­schaftlichen Beratungstätigkeit i.S.v. § 43 Abs. 4 Nr. 1 WPO. Zwar ist davon auszugehen, daß ein Zusammenhang gegeben ist zwischen der Führung der Verhandlungen und dem Entwurf der verschiedenen Verträge einerseits und der wirtschaftlichen Beratungstätigkeit des Klägers in Bezug auf die Veräußerung der Geschäftsanteile der Zeugen I. andererseits. Dieser Zusammenhang entspricht aber nicht den Anforderungen des Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG. Ein unmittelbarer Zusammenhang i.S. dieser Bestimmung ist nur dann zu bejahen, wenn die Ausübung der Berufstätigkeit des Wirtschaftsprüfers ohne die Zulassung der Rechtsbesorgung unangemessen erschwert würde. Läßt sich aber die Rechtsbesorgung von der eigentlichen Be­rufstätigkeit des Wirtschaftsprüfers ohne weiteres trennen, ohne daß letztere unangemessen erschwert wird, fehlt es am unmittelbaren Zusammenhang (BGH in BGHZ 48, 12, 23 f.). Das ist hier der Fall. Soweit der Kläger die Zeugen I. im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der Gesellschafts­anteile als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in zulässiger Weise beraten hat, konnte er diese Tätigkeit sinnvollerweise auch ohne die Rechtsbesorgung ausüben. Dies geht schon daraus hervor, daß er, wie er in der Berufungsverhandlung selbst eingeräumt hat und wie sich auch aus seinem schrift­lichen "Überblick über die Lage der Firma M. I. u. Söhne KG" ergibt, einen für ihn tätigen Juristen, nämlich Assessor A., mit der Bearbeitung der "rechtlichen u vertraglichen Unterlagen" beauftragt hatte. Daß der Kläger ohne die Mitwirkung eines Juristen seine Tätigkeit i.S.v. Abs. 4 Nr. 1 WPO nicht sinnvoll hätte ausüben können, ist unter diesen Umständen nicht ersichtlich. Es ist denn auch anerkannt, daß der Entwurf von Verträgen durch den Wirtschaftsprüfer grundsätzlich nicht im unmittelbaren Zusammen­hang mit seiner berufstypischen Tätigkeit als Wirtschafts­prüfer i.S. v. Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG steht (vgl. OLG Koblenz, AnwBl. 1976, 48; OLG Hamburg, AnwBl. 1963, 87; LG Hamburg, AnwB1. 1962, 264; LG Tübingen, MDR 1978, 668; AG Mönchengladbach, AnwBl. 1974, 326; Altenhoff-Busch-Kampmann, a.a.O., Rd. 108). Dabei spielt es im vorliegenden Falle keine Rolle, daß der Kläger hinsichtlich der Rechtsfragen und der Ver­tragsgestaltung die Hilfe eines Assessors in Anspruch <em>ge­nommen </em>hat. Dieser Gesichtspunkt ist für die Beurteilung der Unzulässigkeit der Rechtsbesorgung schon deshalb unbe­achtlich, da der Kläger insoweit selbst die Verantwortung gegenüber den Zeugen I. als seinen Auftraggebern trug und er auch bezüglich der Rechtsbesorgung abgerechnet hat <em>(vgl. </em>OLG Hamburg, AnwBl. 1963, 87 f.).</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Hat der Kläger somit wegen Nichtigkeit des zugrunde liegende Vertrages keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, so kann die weitere Frage dahingestellt bleiben, ob der Kläger u.a. berechtigt gewesen wäre, für die Verhandlung mit den verschiedenen Kaufinteressenten eine Gebühr nach § 5 Nr. 3 AllG0 zu liquidieren, obwohl in § 56 Nr. 1 AllGO aus­drücklich der Gebührentatbestand der "Vorbesprechungen und Verhandlungen" in Bezug auf den Abschluß von Verträgen geregelt ist.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Desweiteren kann die Frage ohne Entscheidung bleiben, ob in den Fällen der Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages nach § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG der Wirt­schaftprüfer für seine Tätigkeit jedenfalls nach Bereicher­ungsgrundsätzen (§ 812 Abs. 1 BGB) unter dem Gesichtspunkt ersparter Aufwendungen einen Anspruch hat und ob § 817 S. 2 BGB nicht entgegensteht. Denn es ist unstreitig, daß die Zeugen I. zum Schluß der Vertragsverhandlungen noch Rechtsanwalt R. hinzugezogen haben, der für seine Tätigkeit eine Vergütung von 30.000,-- DM bekommen hat. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, daß die Zeugen I. bzw. die Kommanditgesellschaft Aufwendungen dadurch erspart haben, daß sie den Kläger mit der Führung der Kaufverhandlungen und den Entwurf von Verträgen be­auftragten. Soweit evtl. mit dem in Rechnung gestellten Honorar von l0.700,-- DM bzw. 11.770,-- DM auch die wirtschaftliche und/oder steuerliche Beratung der Zeugen I. im Rahmen der Kaufverhandlungen und dem Vertragsschluß abgegolten werden sollte, hat der Kläger weder den Umfang einer solchen Tätigkeit noch die Höhe der hierauf entfallenden Vergütung bzw. der ersparten Aufwendungen hinreichend darge­tan.</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">3. <u>Rechnung vom 21.11.1975 über 223,16 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die Rechnung betrifft die Lieferung von "Organisationsmitteln, die zur ordnungsgemäßen Durchführung und zur Abgabe ... (der) Buchhaltung 1975 erforderlich waren". Die Beklagten haben zwar die Lieferung des Buchführungsmaterials bestritten, jede hält der Senat die Lieferung aufgrund der aus dem Anlagen­hefter II ersichtlichen Buchungsunterlagen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Buchführung für die Monate Januar bis März 1975 benutzt hat, für bewiesen. Der Kläger kann deshalb Ersatz der der Höhe nach nicht bestrittenen Kosten als Aufwendungsersatz (vgl. § 29 AllGO) beanspruchen.</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">4. <u>Rechnung - vom 21.11.1975 über 3.481,50 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Für die "Besorgung ... (der) Buchhaltung für die Monate Januar bis März 1975" hat der Kläger eine Pauschale von 3.000,-- DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer berechnet. In seiner "Liquidation I. KG nach AllGO" hat er nach § 31 Nr. 1 A11G0 eine monatliche Gebühr von 1.920,-- DM, zusammen 5.760,--DM, zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht. Die Beklagten bestreiten die Buchführungsarbeiten sowie die Behauptung des Klägers, es sei eine Monatspauschale von 1.000,-- DM vereinbart worden.</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Aufgrund des Ergebnisses der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme hält der Senat die Behauptung des Klägers für bewiesen, daß er für den hier fraglichen Zeitraum die Buchführung tatsächlich erstellt hat. Der vom Senat vernommene Zeuge X. hat dies ausdrücklich bestätigt. Der Senat hat keine Zweifel, dieser Aussage zu folgen, auch wenn der Zeuge damals Angestellter des Klägers war und heute sein Sozius ist, er also am Ausgang des Rechtsstreits nicht uninteressiert ist. Denn die Richtigkeit seiner Aussage wird bekräftigt durch die vom Kläger mit dem Anlagenhefter II vorgelegten ent­sprechenden Unterlagen. Entgegen der Behauptung der Beklagten lassen die vorgelegten Belege auch erkennen, daß sie den hier fraglichen Zeitraum betreffen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich mit den Zeugen I. ein Pauschalhonorar von monatlich 1.000,-- DM vereinbart hat. Ebenso bedarf es keiner Ent­scheidung, ob der Kläger berechtigt ist, die Höchstgebühr des § 31 Nr. 1 A11GO von monatlich 1.920,-- DM zu liquidieren. Er verlangt nämlich mit der Klage lediglich den Betrag gemäß seiner Rechnung vom 21.11.1975, also pro Monat 1.000,-- DM. In Höhe dieses Betrages ist die Gebühr des § 31 Nr. 1 AllGO in jedem Falle als angemessene Vergütung i.S.v. § 612 Abs. 2 BGB anzusehen. Auch die Beklagten haben nicht dargetan, daß eine Vergütung von 1.000,-- DM pro Monat übersetzt ist.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Der Ansatz der Auslagen ist nach § 28 A11GO gerechtfertigt, so daß dem Kläger einschließlich Mehrwertsteuer der einge­klagte Rechnungsbetrag zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">5. Rechnung vom 26.11.1975  über 1.148,90 DM</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Für die "Einrichtung der Buchführung" hat der Kläger netto 1.089,-- DM in Rechnung gestellt. In seiner schriftlichen Erläuterung dieser Rechnung hat er angegeben, die Gebühr nach Zeitaufwand ermittelt zu haben, die sich mit der Wert­gebühr nach A11GO decke. Letztere hat er in seiner "Liquida­tion I. KG nach A11GO" nach § 50 Nr. 3 AllGO auf 1.098,-- DM zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer berechnet.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beanstanden den fehlenden Nachweis des Stundenaufwandes. Sie sind der Meinung, die Umstellung der Berechnung auf die AllGO mit dem Hinweis auf § 5o Nr. 3 AllGO und eine 6/10 Gebühr nach Tabelle B sei im Prinzip nicht zu beanstanden. Sie bestreiten aber, daß der Kläger diese Arbeiten tatsächlich ausgeführt habe.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist als bewiesen anzu­sehen, daß der Kläger auch diese Arbeiten verrichtet hat. Der Zeuge X. hat bei seiner Vernehmung vor dem Senat glaub­haft bekundet, daß diese Leistungen erbracht wurden. Die Aussage wird bestätigt durch die mit dem Anlagenhefter II überreichten entsprechenden Unterlagen.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beklagten hier - wie auch zu anderen Leistungen des Klägers - geltend machen, die vom Kläger angeblich er­stellten Unterlagen befänden sich nicht bei denjenigen, die Übernahme der Kommanditgesellschaft vorgefunden worden seien, steht dies der Richtigkeit des Vortrages des Klägers nicht entgegen. Denn es ist durchaus möglich und auch naheliegend, daß die vom Kläger erstellten Unterlagen eisächließlich Status pp. von den Zeugen I. nicht zurückgelassen wurden, als sie die Firma an die Käufer übergaben.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Da das vom Kläger tatsächlich verlangte Honorar die Gebühr des § 3o Nr. 3 AllGO unterschreitet, die die Beklagten "im Prinzip" anerkennen, ist der Rechnungsbetrag unter Berück­sichtigung der Auslagenpauschale (§ 28 AllGO) und der dem Kläger zustehenden Mehrwertsteuer angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">6. Rechnung vom 10.12.1975 über 6.678,15 DM</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Diese Rechnung betrifft den im August 1975 von den Zeugen I. in Auftrag gegebenen Jahresabschluß zum 1.1.1974 und die Steuererklärungen für 1974. Die Einlassung der Beklagten dazu ist unerheblich. Sie haben die vom Kläger hinreichend dargelegte Auftragserteilung durch die Zeugen I. und die Kündigung durch den Vertreter der Be­klagten, Herrn Dr. Q., im November 1975 nicht sub­stantiiert bestritten. Vielmehr haben sie sich darauf be­schränkt, die Leistungen des Klägers zu bestreiten. Dieses Bestreiten ist aber unbeachtlich. Der Kläger hat nämlich im Falle vorzeitiger Kündigung des Auftrages einen Anspruch auf die volle Vergütung (§ 17 Abs. 1 AllGO). Ob der Kläger sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen muß, kann dahin­gestellt bleiben. Denn die insoweit darlegungspflichtigen Beklagten haben dafür nichts hinreichend vorgetragen. Der der Höhe nach im übrigen von den Beklagten nicht beanstandete Rechnungsbetrag steht deshalb dem Kläger als angemessene Vergütung zu.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">7. Es ist abschließend folgende Gesamtabrechnung vorzunehmen</p><span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom 20.11.1975 (oben Ziffer 1.),  Rest              4.148,24 DM </p><span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom 20.11.1975 (oben Ziffer 2.),                       -.-</p><span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom 21.11.1975 (Ziffer 3.)                                  223,16 DM</p><span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom 21.11.1975 (Ziffer 4.)                               3.481,50 DM</p><span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom 26.11.1975 (Ziffer 5.)                               1.148,90 DM </p><span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">Rechnung vom l0.12.1975 (Ziffer 6.)                                6.678.15 DM</p><span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Soweit das Landgericht dem Kläger weitergehende Vergütungs­ansprüche zugesprochen hat, ist die Berufung der Beklagten begründet.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">8. Die ihm durch den Vorprozeß gegen die Zeugen I. entstandenen Kosten in Höhe von 2.550,-- DM kann der Kläger gemäß § 767 Abs. 2 BGB lediglich im Verhältnis der von ihm geltend gemachten Hauptschuld einerseits und der ihm jetzt als berechtigt zuerkannten Hauptforderung andererseits ersetzt verlangen. Das entspricht einem Kostenanteil von 1.100,-- DM. Dazu kommen die festgesetzten Zinsen von 4 % seit dem 29.5.1978. Insoweit ist die Berufung der Beklagten unbegründet, während sie wegen der weiteren Kostenforderung begründet ist.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">Da das angefochtene Urteil dem Kläger Zinsen auf die Urteilssumme von 38.653,01 DM - 2.550,-- DM = 36.103,01 DM nicht zugebilligt, sonder hierüber erst in dem Ergänzungsurteil vom 2.7.1979 entschieden hat, ist im Rahmen dieses Berufungs­verfahrens nicht über einen Zinsanspruch in Bezug auf die berechtigte Hauptsumme von 15.679,95 DM zu befinden. Denn die Berufung gegen das Urteil vom 19.4.1979 erfaßt nicht das Ergänzungsurteil vom 2.7.1979 (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, l0. Aufl. 321 Anm. 3; Zöller-Vollkommer, ZPO, 12. Aufl., § 321 Anm. Der Senat geht allerdings davon aus, daß der Kläger aus dem Ergänzungsurteil lediglich Zinsansprüche hinsichtlich einer Hauptsumme von 15.679,95 DM geltend machen wird.</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob die Tätigkeit des Klägers gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt oder nicht, wird die Revision zugelassen (§ 546 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Beschwer für beide Parteien: unter 40.000,-- DM.</p>
|
315,941 | lagk-1980-05-08-25-13-tabv-5878 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
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} | 25 (13) TaBV 58/78 | 1980-05-08T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:04 | 2019-03-27T09:41:49 | Beschluss | ECLI:DE:LAGK:1980:0508.25.13TABV58.78.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Köln vom 3.11.1978</p>
<p>- 14 BV 84/78 - abgeändert:</p>
<p>Der Antrag wird abgewiesen. Der Beteiligte zu 3) ist leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG 1972.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) ist bei der Beteiligten zu 2), einem Unternehmen der Zivilluftfahrt, als Angestellter beschäf­tigt.Der Beteiligte zu 1) ist der Betriebsrat des Flughafens der D AG.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Frage, ob der Beteiligte zu 3) leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Unternehmen der Beteiligten zu 2) ist organisatorisch wie folgt gegliedert: Dem Vorstand sind 9 verschiedene Direktionen unterstellt; hierunter befindet sich die Di­rektion Außenorganisation. Dieser Direktion unterstehen die 6 Bezirksdirektionen D, E, N-A, N-Am, S-Am, F sowie der Flughafenbetrieb F. Die Bezirksdirektion ist wiederum in die Abteilungen : Verkaufsleitung, Werbeab­teilung, kaufmännische Abteilung, Verkehrsleitung sowie die Abteilungen Public Relations und Interline - Beziehun­gen aufgegliedert. Der Abteilung Verkehrsleitung unter­stehen 9 Stationsleitungen in 9 Städten der Bundesrepublik</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">darunter auch die Stationsleitung K.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3)ist Leiter dieser Station. Er ist für eine funktionierende Abwicklung des Flugbetriebes der Beteiligten zu 2) im örtlichen Flughafen zuständig. Seine Aufgabe ist es u.a. für optimale Meldeschlußzeiten, Mindestbodenzeiten und Transfer-Zeiten zu sorgen. Er ist ferner dafür verantwortlich, daß der Sach- und Personal­aufwand so gestaltet wird, daß die hierfür notwendigen betrieblichen Voraussetzungen geschaffen sind. Die dem Beteiligten zu 3) obliegenden Aufgaben ergeben sich darü­ber hinaus aus dem für das Unternehmen der Beteiligten zu 2) herausgegebenen Handbuch für allgemeine Vorschrif­ten, insbesondere aus den Ziffern 2o ff, in denen die Be­fugnisse des Dienststellenleiters im einzelnen geregelt sind. Danach hat er u.a. alle mit dem Arbeitsverhältnis der ihm unterstellten Mitarbeiter im Zusammenhang stehen­den personellen Maßnahmen durch entsprechende Beantragung einer Einstellung, Versetzung und Kündigung, Umgruppierung bzw. Vergütungsveränderung, einer Trennungsentschädigung und von Unterstützungsmaßnahmen vorzubereiten und die Zah­lung von Gehaltsvorschüssen, Familienheimfahrten mit Reise­beihilfen und Passageanweisungen eigenständig zu genehmi­gen. Auf fachlichem Sektor hat der Dienststellenleiter</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die aus seiner Aufgabenstellung abgeleiteten fachlichen Befugnisse wahrzunehmen, die Arbeitsverteilung in seiner Dienststelle durch Arbeitsplatzbeschreibung vorzunehmen und den Arbeitseinsatz zu regeln, Arbeitsanweisungen zu erlassen und die Zuweisung,Höherbewertung oder Streichung einer Planstelle zu beantragen. Durch eine Arbeitsanwei­sung Nr. 1 vom 15.1 o.1979 ist dem Beteiligten zu 3) ferner die Aufgabe und Befugnis übertragen worden insbesondere folgende personelle Maßnahmen ohne Beteiligung des Per­sonaldienstes in Frankfurt durchzuführen: Einstellungen bis Vergütungsgruppe 5, Umgruppierungen bis Vergütungs­gruppe 6, Probezeitverlängerungen und Probezeitkündigun­gen. Ausnahmen, bei denen es bei der gemeinsamen Entschei­dung des Beteiligten zu 3) und dem Personaldienst im Rahmen einer Einstellung bleibt, bilden gemäß Ziffer 3. 1 der Arbeitsanweisung folgende Fälle:</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vom Tarifvertrag abweichende arbeitsvertrag­liche Zusagen, z.B. Ausgleichszulagen, höhere Eingangsstufe als 1(infolge Anrechnung).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Ablehnendes Votum des psychologischen Dienstes ("mit stärkeren Einschränkungen" bzw. "nicht in ausreichendem Maß geeignet").</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wiedereinstellung ehemaliger Mitarbeiter;die Bestimmungen der DV PER Kap. 3.3.5. bleiben unberührt (Entscheidung des zuständigen Per­sonaldienstes) .</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Endgültige Verweigerung der Zustimmung durch den zuständigen örtlichen Betriebsrat.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Bei Probezeitkündigungen von Schwerbehinderten, werdenden Müttern und Wehrpflichtigen bleibt die Zuständigkeit des Personaldienstes gemäß Ziffer 3.4 der Arbeitsanweisung unberührt. Im übrigen wird auf den Inhalt der Arbeits­anweisung Bezug genommen (Bl. 321 ff.d.A.).</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">75 <em>% </em>der Gesamttätigkeit des Beteiligten zu 3) beinhaltet die Wahrnehmung von Personalführungsaufgaben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In der Station Köln sind I4o Mitarbeiter beschäftigt, die dem Beteiligten zu 3) unterstellet sind.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zusätzlich hat der Beteiligte zu 3) die Stellung und die Aufgaben eines Flughafens-Koordinators für den gesamten Flughafenbereich, wodurch gewisse Aufgaben in Bezug auf andere Betriebsbereiche wie die örtliche Werft und den Frachtverkauf anfallen, in dem weitere etwa 115 Personen beschäftigt sind.Die Einzelheiten ergeben sich ebenfalls aus dem Handbuch für allgemeine Vorschriften Ziffern 22 ff.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) hat die Ansicht vertreten, der Be­teiligte zu 3) sei nicht leitender Angestellter.Es be-</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">stünden bereits Zweifel daran, ob der Beteiligte zu 3) überhaupt unter den vorgegebenen Begriff des leitenden Angestellten falle . Sein Entscheidungsspielraum sei äußerst eng, er sei weitestgehend durch detaillierte Dienstvorschriften in seiner Entschlußfreiheit gebun­den. Im übrigen sei er nicht in einem erheblichen Teil­bereich unternehmerisch tätig. Gegen die Eigenverant­wortlichkeit seiner Tätigkeit spreche bereits seine Ansiedlung auf der 5. Unternehmensebene. Auf den wei­tergehenden Entscheidungsspielraum in bestimmten Aus­nahmesituationen könne es nicht ankommen. Schließlich fehle der natürliche Gegnerbezug zur Gesamtbelegschaft, vertreten durch den Betriebsrat. Der Beteiligte zu 3) sei lediglich Vorgesetzter der ihm unterstellten Mit­arbeiter.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1 ) hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">festzustellen, dass der Beteiligte zu 3) W K als Stationsleiter des Flughafens K der Antragsgegnerin - C - nicht leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt, diesen Antrag zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Sie haben die Ansicht vertreten, daß der Beteiligte zu 3) leitender Angestellter im Sinne des Betriebsverfassungs­gesetzes sei. Aus seiner Stellung auf der 5. Unternehmens­ebene könne in diesem Fall nichts hergeleitet werden. Wegen der Besonderheiten der Beteiligten zu 2) als Luft­verkehrsunternehmen müßten die Bereiche Verkauf und Ver­kehr weitgehend dezentralisiert werden. Der Beteiligte zu 3) sei Leiter eines ausgelagerten Betriebsteils. Diesen Teilbereich leite er in eigener Verantwortung.Ein Inter­essenkonflikt zur Belegschaft ergebe sich daraus,daß der Beteiligte zu 3) als Stationsleiter Dienstvorgesetzter des gesamten zum Teilbetrieb gehörenden Personals sei und zwar mit allen entsprechenden personellen Befugnissen. Zudem sei der Beteiligte zu 3), da für diesen Teilbereich ein eigener Betriebsrat bestehe, auch dessen Mitgliedern gegenüber Vorgesetzter. Der Beteiligte zu 3) habe auch nicht lediglich ein qualifiziertes Vorschlagsrecht hin­sichtlich von Personalentscheidungen. Er stehe vielmehr</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">gleichberechtigt neben dem Leiter der gleichfalls zustän­digen Personalabteilung. Dieser könne an seinem Votum als Leiter der Fachdienststelle nicht vorübergehen. Die Tä­tigkeit des Beteiligten zu 3) betreffe im übrigen einen beachtlichen Teilbereich der Unternehmenstätigkeit der Beteiligten zu 2).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des Vertrages der Beteiligten im übrigen wird auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Durch einen am 3.11.1978 verkündeten Beschluß, auf des­sen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 46 ff d.A.), hat das Arbeitsgericht festgestellt, daß der Beteiligte zu 3) als Stationsleiter des Flughafens K nicht leiten­der Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gegen den der Beteiligten zu 2) am 12.12.1978 zugestell­ten Beschluß hat diese mit einem am 21.12.1978 beim Lan­desarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">-Sie macht zunächst geltend, die Entscheidung des Arbeits­gerichts beruhe auf unzutreffender Rechtsanwendung,da das Gericht zu Unrecht davon ausgehe, daß § 5 Abs. 3 BetrVG mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. Das Lan­desarbeitsgericht Düsseldorf habe in einer Entscheidung vom 9.11.1978 - 22 TaBV 23/78 - überzeugend ausgeführt, daß § 5 Abs. 3 BetrVG verfassungswidrig sei.Sie rege des­halb an, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesver­fassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 5 Abs. 3 BetrVG verfassungswidrig sei. Selbst wenn man aber von einer Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift ausgehe, könne die Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht überzeugen, da der Beteiligte zu 3) leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG sei. Dies ergebe sich bereits daraus, daß dem Beteiligten zu 3) die Verantwortung für eine zweckmäßige und Jederzeit einen ordnungsgemäßen Flugbe­trieb gewährleistende Organisation obliege.Durch das Handbuch für allgemeine Vorschriften werde die unter­nehmerische Entscheidungsbefugnis des Beteiligten nicht eingeschränkt, da die entsprechenden Regeln von ihm und seinen Stationsleiter - Kollegen selbst erarbeitet worden seien.Im Rahmen von Stellenbesetzungen mit exter­nen Bewerbern obliege es dem Beteiligten zu 3) als Dienst-</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Stellenleiter den Bedarf festzustellen und entsprechende Initiativen zu ergreifen, wie z.B. eine Anwerbung vor­zunehmen. Er habe die Bewerbungsunterlagen durchzusehen, Gespräche mit den Bewerbern zu führen und eine Voraus­wahl darüber zu treffen, wer z.B. an einem Test teilneh­men solle. Nach dem Testergebnis habe er die endgültige Auswahl zu treffen. Von ihm werde auch die Vergütung,d.h. die Eingangsstufe abgesprochen und festgesetzter lege die Bewerbungsunterlagen dem örtlichen Betriebsrat, also dem Beteiligten zu 1) mit der Bitte um Zustimmung vor. Der Arbeitsvertrag werde vom Beteiligten zu 3) unterzeich­net. Wenn Arbeitsplätze lediglich intern ausgeschrieben würden, so erfolge auch dies in Verantwortung des Dienst­stellenleiters, also des Beteiligten zu 3) bis zur Vergü­tungsgruppe 9 . Die Festlegung der Anforderungen sowie die Auswahl unter den Bewerbern obliege dem Beteiligten zu 3), wobei dieser dem Personaldienst in entsprechenden Fällen mitteilen würde, daß er sich entschieden habe, den Bewerber X zu übernehmen. Der Beteiligte zu 3) sei auch zuständig für Beurteilungen und Abmahnungen der ihm unter­gebenen Mitarbeiter. Darüber hinaus seien die Befugnisse des Beteiligten zu 3) durch die Arbeitsanweisung Nr. 1 vom 15.1o.1979 noch erweitert worden. Dem Beteiligten zu 3) obliege ferner die Festlegung der Lage der Arbeitszeit.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dazu gehöre bei der Station die Aufstellung von Schicht­plänen jeweils mit Festlegung des Beginns und des Endes der Schicht sowie des Schichtrhythmusses. Aufgrund dieser inhaltlichen Festlegung komme es zum Abschluß einer Be­triebsvereinbarung, die in der Regel vom Beteiligten zu 3), einem Vertreter des Personaldienstes und dem Beteiligten zu 1) unterzeichnet werde. Auch das Verfahren hinsichtlich der Abstimmung der Schichtpläne mit dem Beteiligten zu 1) sei in einer Besprechung zwischen dem Beteiligten zu 3) und dem Vorsitzenden des Beteiligten zu 1) vom 9.1 o.1978 festgelegt worden, was sich aus einem entsprechenden Ak­tenvermerk ergebe. Der Beteiligte zu 3) führe auch regel­mäßig Besprechungen mit dem Beteiligten zu 1) und nehme an den vierteljährlich stattfindenden Betriebsversammlun­gen als ihr Vertreter teil. Themen derartiger Besprechun­gen seien z.B. : Arbeitsplätze, Sozialräume, Dienstzeit­verlegungen, Umgruppierungen,Versetzungen, Abmahnungen, Freistellung für Betriebsratstätigkeiten, Essensmarken, Beschwerden der Mitarbeiter. Unschädlich sei, daß an den turnusmäßigen Besprechungen etwa zweimal jährlich Vertre­ter des Personaldienstes teilnähmen. Dies geschehe, weil</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">aus</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">der Beteiligte zu 3) diese von sich/einlade oder weil dies vom Beteiligten zu 1) gewünscht werde. Ansonsten</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">führe der Beteiligte zu 3) diese Besprechungen allein durch. Auch an Gerichtsverhandlungen und Einigungsstellenverfahren nehme der Beteiligte zu 3) als ihr Ver­treter teil. Die Beteiligte zu 2) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 3.11.1978 - 14 BV 84/78 - den Antrag, daß der Beteiligte W K als Stationsleiter des Flughafens K der Antragsgegnerin nicht lei­tender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG ist, zurückzuwei­sen und festzustellen, daß er leiten­der Angestellter ist.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 1) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Er vertritt weiterhin die Ansicht, daß der Beteiligte zu 3) kein leitender Angestellter sei, da er in un­ternehmerischer insbesondere in personeller Hinsicht maßgebliche Entscheidungen nicht selber treffen kön­ne, sondern an die Entscheidung der übergeordneten</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Verwaltung und des Personaldienstes in F gebunden sei. Maßgebliche Personalentscheidungen würden vom Beteilig­ten zu 3) nicht getroffen. Auch bei Einstellungsentschei­dungen im Bereich der unteren Gehaltsgruppen trete der Be­teiligte zu 3) nicht selbständig in Erscheinung, sondern die Entscheidung werde von der Personalabteilung in F gefällt. Dies betreffe insbesondere die Stellungnahme des psychologischen Dienstes,dessen ablehnendes Votum die Entscheidung des Beteiligten zu 3) hinfällig werden lasse. Auch bei Versetzungen auf interne Stellenausschreibungen werde die eigentliche Entscheidung vom Personaldienst ge­troffen, was sich aus zwei Formularen vom 17.8.1979 und 27.9.1979 ergebe. Einschränkungen der Entscheidungsbefug­nis des Beteiligten zu 3) ergäben sich auch aus dem Hand­buch für das Personalwesen, insbesondere Kapitel 3 und dem Handbuch für allgemeine Vorschriften insbesondere Kapitel 3,7,20,22 und 23.  Soweit die Beteiligte zu 2) sich nun­mehr darauf berufe, daß der Beteiligte zu 3) inzwischen durch die Arbeitsanweisung Nr. 1 zusätzliche Kompetenzen habe, sei nichts genaues bekannt und unklar, ob sich eine eventuelle Neuregelung bereits verfestigt habe.Im Rahmen einer Stellenbesetzung mit externen Bewerbern könne der Beteiligte zu 3) zwar einen Vorschlag für die Planerstel-</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">lung auf Grund seiner Bedarfsanalyse unterbreiten; ob diesem jedoch gefolgt werde, werde allein von der Haupt­verwaltung entschieden. Der Hinweis der Beteiligten zu 2) darauf, daß der Beteiligte zu 3) auch die Vergütung ab­spreche, sei nicht geeignet, seine leitende Tätigkeit dar­zutun; Eingangs stufe und zutreffende Vergütung ergäben sich aus dem Tarifvertrag, ohne daß dem Beteiligten zu 3) Abweichungen hiervon möglich seien. Soweit es von dem Tarifvertrag abweichende arbeitsvertragliche Zusagen, wie Ausgleichszulagen, höhere Eingangsstufe beträfen, könne der Beteiligte zu 3) auch nach der geplanten Neuregelung nicht entscheiden. Hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit sei ebenfalls eine maßgebliche Eigenentscheidungskompetenz des Beteiligten zu 3) nicht gegeben, da sich die Lage der Arbeitszeit für die Station auf dem Flughafen K ausschließlich aus dem Flugplan ergebe. Gleiches treffe auch für den aufzustellenden Schichtplan zu, der auf den Flugplan abgestellt sein müsse. Auch an den Verhandlungen und dem Abschluß der Betriebsvereinbarung über die Dienst­regelung Weihnachten - Sylvester 1979/8o sei der Beteilig­te zu 3) nicht beteiligt gewesen. Zutreffend sei, daß Be­sprechungen zwischen ihm und dem Beteiligten zu 3) statt-</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">fänden. Hier beschränke sich jedoch die Funktion des Be­teiligten zu 3) lediglich darauf, Informationen weiterzu­geben und Forderungen des Betriebsrates entgegenzunehmen, Eigene Entscheidungen könne der Beteiligte zu 3) nicht treffen.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Ver­nehmung der Zeugen Dr. W und <em>B. </em>Wegen des Er­gebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 8.5.198o Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vertrags der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nach § 87 ArbGG an sich statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und be­gründet worden, also zulässig. Sie führte zur Abände­rung der angefochtenen Entscheidung und Antragsabwei­sung verbunden mit der klarstellenden Feststellung,daß der Beteiligte K leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG 1972 ist.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">§ 5 Abs. 3 BetrVG ist nicht verfassungswidrig. Er ver­stößt weder gegen das verfassungsrechtliche Erfordernis hinreichender Bestimmtheit des Gesetzes, noch gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die erkennende Kam­mer folgt der Auffassung der 22. Kammer des Landesar­beitsgerichts Düsseldorf ( in EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 3o) nicht, sondern schließt sich der Auffassung der 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf an, das seine An­sicht in den Entscheidungen vom 13.3.1979 (EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 31), vom 1o.4.1979 - 8 TaBV 5o/78 - und 9.5.1979 - 8 TaBV 33/76 - überzeugend begründet hat, so daß sich weitere Ausführungen erübrigen.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Bei der Prüfung der Frage, ob der Beteiligte zu 3) als leitender Angestellter anzusehen ist, hat die Recht­sprechung des Bundesarbeitsgerichts entscheidend darauf abgestellt, inwieweit dem Angestellten die Wahrnehmung von unternehmerischen ( Teil-)-Aufgaben übertragen worden ist ( vgl. BAG EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 7-9; 14,26 und 27). Dabei geht die Rechtsprechung für § 5 BetrVG 1972 von einem vorgegebenen Begriff des leitenden Angestell­ten aus, den der Angestellte, dessen Status streitig ist, durch seine Tätigkeit auszufüllen hat; zusätzlich wird verlangt, daß eine der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Ziff. 1 - 3 vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die Tätigkeit des Angestellten muß sich auf die Leitung des Unternehmens beziehen, sie darf sich nicht auf reine Aufsichtsfunktionen beschränken. Dabei ist aber nicht er­forderlich, daß sich die unternehmerische Tätigkeit auf den Bereich des gesamten Unternehmens erstreckt. Auch die Arbeitgebertätigkeit in einem einzelnen Betrieb kann Teiltätigkeit des Unternehmens sein. ( vgl. BAG EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 26 unter 5 II a der Gründe). Unter­nehmerische (Teil-)Tätigkeit liegt stets dann vor, wenn der Angestellte kraft seiner leitenden Funktion maßgeblichen Einfluß auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische,personelle oder wissen­schaftliche Führung des Unternehmens (Betriebs) ausübt. Dies kann durch eigene Entscheidungen erfolgen oder durch die Schaffung von Voraussetzungen, an denen die Unter­nehmensleitung nicht vorbeigehen kann.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der leitende Angestellte muß einen eigenen erheblichen Entscheidungsspielraum haben und es muß ein Interessen­gegensatz zu der vom Betriebsrat vertretenen Arbeit­nehmerschaft vorliegen. Der Interessengegensatz kann je nach der Stellung auch nur ein mittelbarer sein.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Ist die Anwendung dieses allgemeinen Begriffs des leiten­den Angestellten gerechtfertigt, so bedarf es weiter noch der Feststelllang einer der Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Ziffer 1- 3 BetrVG 1972.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist eine Gesamtwürdigung der Tätigkeiten des Angestellten vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Prüft man die Tätigkeit des Beteiligten zu 3) nach den vorstehenden Grundsätzen, so führt dies zur Feststellung, daß er leitender Angestellter ist. Seine Tätigkeit ist eine unternehmerische (Teil-)-Tätigkeit.Von ihr wird sie geprägt.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Tätigkeit des Beteiligten zu 3) erfüllt zunächst die Merkmale des allgemeinen in § 5 Abs. 3 BetrVG vorgegebenen Begriffs des leitenden Angestellten. Seine Tä­tigkeit ist auf die Leitung des Unternehmens der Betei­ligten zu 2) bezogen. Daß sie sich allein in der Sta­tionsleitung des Flughafens K vollzieht und auf diese bezieht, steht dem nicht  entgegen.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Das Bundesarbeitsgericht hat mit Recht darauf hingewie-</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">sen ( EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 14), daß für die Abgrenzung</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">des Begriffs des leitenden Angestellten jeweils die Ver­hältnisse des konkreten Unternehmens maßgebend sind, in dem der Angestellte beschäftigt ist und die Anwendung der Abgrenzungsmerkmale auf den einzelnen Angestellten und deren Gesamtwürdigung daher je nach Wirtschaftszweig und Unternehmen unter Umständen zu unterschiedlichen Er­gebnissen führen kann. Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das Landesarbeitsgericht Hamm in seinen Entscheidun­gen vom 16.12.1977 und 19.5.1978 ( EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 28 und 29) ergänzend ausgeführt, daß gerade in Groß­unternehmen unternehmerisches Handeln nicht nur in der Füh­rungsspitze oder in den Zentralbereichen geschieht, son­dern auch in den einzelnen Unternehmens- und Geschäfts­bereichen mit ihren weiteren Untergliederungen erfolgen kann und erwartet wird und es deshalb nicht ausgeschlos­sen ist, daß unternehmerisches Tätigwerden je nach der . Organisationsstruktur noch auf der Ebene der einzelnen Werke und Betriebe angetroffen wird. Es hat auf die Vor­schriften des Mitbestimmungsgesetzes hingewiesen, aus dem sich ergebe? daß auch der Gesetzgeber davon ausgehe,daß auch und gerade in Großunternehmen leitende Angestellte noch auf der Ebene des Betriebes zu finden seien.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Bei der Abgrenzung des Kreises der leitenden Angestellten und der Beurteilung der Frage, ob der einzelne Angestellte noch eigenverantwortlich unternehmerische Teilaufgaben von Bedeutung für die Entwicklung und den Bestand des Un­ternehmens wahrnimmt, kann deshalb das Vorliegen unter­nehmerischer Teilaufgaben nicht schon deshalb von vorn­herein ausgeschlossen werden, weil der Abstand zwischen der Führungsebene, auf der der betreffende Angestellte angesiedelt ist, zu groß erscheint oder auch die Tätig­keit und Entwicklung des einzelnen Betriebes sowohl vom Umsatz als auch von der Beschäftigtenzahl her nur einen Bruchteil der gesamten unternehmerischen Betätigung dar­stellt.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der Beteiligten zu 2) um ein Unternehmen handelt, dessen Produkt Dienstleistungen in Form von Flugpassagen und Flugfrachtleistungen sind, deren ordnungsgemäße Er­füllung zwangsläufig eine gewisse Dezentralisierung ge­wisser Bereiche insbesondere auf den Gebieten Verkauf und Verkehr notwendig macht . Außerhalb des Hauptbetrie­bes setzt dies eine starke regionale Untergliederung voraus, die organisatorisch eine größere Tiefenstaffelung erfor-</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">derlich macht, als dies bei anderen Betriebsbereichen not­wendig ist. Dem hat die Beteiligte zu 2) dadurch Rechnung getragen, daß sie ihr Unternehmen nicht nur in 9 Unter­nehmensbereiche, sondern darüber hinaus in eine Vielzahl von Geschäftsbereichen und Dienststellen gegliedert hat. Dabei ergibt sich im Bereich Außenorganisation noch eine zusätzliche eigenständige Organisationsform durch die Ein­richtung von Bezirksdirektionen, denen die Dienststelle des Beteiligten zu 3) nachgeordnet ist. In Anbetracht die­ser tatsächlichen Verhältnisse ist es nicht ausgeschlossen, daß unternehmerisches Tätigwerden noch auf der Ebene der einzelnen Stationsleitungen angetroffen wird. Es ist des­halb nicht von entscheidender Bedeutung, daß der Beteilig­te zu 3) als Stationsleiter auf der 5. Ebene der Hierarchie der Beteiligten zu 2) angesiedelt ist, daß es noch 8 ande­re Stationsleitungen in verschiedenen Städten der Bundes­republik gibt, daß dem Beteiligten zu 3) in der Station des Flughafens K unter 2oo Mitarbeiter unter­stellt sind und der Anteil dieser Dienststelle am gesamten Verkehrsaufkommen der Beteiligten zu 2) relativ gering zu be messen ist. Diese Umstände haben jedenfalls nicht zur Fol­ge, daß der Beteiligte zu 3) von vornherein aus dem Kreis der leitenden Angestellten auszuscheiden hätte.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Da 75 <em>% </em>der Gesamttätigkeit des Beteiligten zu 3) un­streitig in der Wahrnehmung von Personalführungsaufgaben besteht, ist für die Beurteilung von dieser als Schwer­punkt zu bewertenden Tätigkeit des Beteiligten zu 3) aus­zugehen. Insoweit trifft der Beteiligte zu 3) an Stelle des Unternehmens auf sozialem und personellem Gebiet maßgebliche Entscheidungen, an denen der Betriebsrat zu beteiligen ist.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) hat nicht nur die fachliche und disziplinarische Aufsicht über die auf der Station tä­tigen 14o Mitarbeiter und ein Weisungsrecht gegenüber weiteren Arbeitnehmern im Rahmen seiner Aufgaben als Flughafen-Koordinator, sondern seine Aufgaben auf sozia­lem und personellem Gebiet gehen deutlich darüber hinaus. Er hat als Dienststellenleiter den Personalbedarf fest­zustellen und Initiativen für die Stellenbesetzung zu ergreifen. Werden Arbeitsplätze intern ausgeschrieben, so erfolgt dies bis zur Vergütungsgruppe 9 in Verant­wortung der vom Beteiligten zu 3) geleiteten Dienststel­le. Der Beteiligte zu 3) hat die Gespräche mit den Bewer­bern zu führen und eine Personalauswahl zu treffen z.B. darüber, ob der Betreffende  an einem Test teilnehmen</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">soll. Nach dem Testergebnis obliegt ihm die endgültige Auswahl dahingehend, ob die Person X oder Y eingestellt wird. Die Vergütung hat er im Rahmen des Vergütungs­tarifvertrages abzusprechen und festzusetzen. Nach den in der Arbeitsanweisung Nr. 1 getroffenen Bestimmungen entscheidet er ferner alleinverantwortlich über eine Einstellung in den Vergütungsgruppen 1-5 und die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen. Er hat die Zustimmung des örtlichen Betriebsrates,also des Betei­ligten zu 1) zu der beabsichtigten Einstellung einzuho­len. Den Arbeitsvertrag kann er ohne Beteiligung des Personaldienstes abschließen und zusammen mit einem seiner Vertreter unterzeichnen.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) kann ferner eigenverantwortlich Umgruppierungen bis Vergütungsgruppe 6 vornehmen. In gleicher Weise werden Entscheidungen darüber, ob eine Probezeit verlängert oder das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Probezeit beendet werden soll, selbständig und eigenverantwortlich vom Beteiligten zu 3) getroffen,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte ist als Dienststellenleiter auch für Ent­lassungen zuständig. Ordentliche Kündigungen im Rahmen</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">der Probezeit kann er eigenverantwortlich ohne Einschal­tung des Personaldienstes vornehmen. Werden darüber hinaus Kündigungen notwendig, hat er entsprechend den allgemei­nen Vorschriften des Handbuches Personalwesen die notwendi­ge Initiative zu ergreifen, um die Beendigung eines Ar­beitsverhältnisses herbeizuführen, in dem er sich selbstän­dig für den Ausspruch einer ordentlichen oder außeror­dentlichen Kündigung entscheidet und entsprechend die Durchführung einer Kündigung beim zuständigen Personal­dienst veranlaßt. Er hat die Kündigungsgründe zu schil­dern, ohne daß - wie der Zeuge Dr.W  bekundet hat -eine eigene Nachprüfung durch die Personaldienststelle erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte ist auch zuständig für Beurteilungen und Abmahnungen der ihm unterstellten Mitarbeiter. Er ist für diese der Disziplinarvorgesetzte und für ihre berufliche und personelle Förderung verantwortlich.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) hat ferner maßgebliche Entscheidungs­befugnisse hinsichtlich der Festlegung der Lage der Ar­beitszeit. Dazu gehört bei der Station vor allem die Aufstellung von Schichtplänen, die vom Beteiligten zu 3) eigenverantwortlich zu entwickeln und inhaltlich festzule-</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">gen sind, wobei der Beteiligte letztendlich auch darüber zu entscheiden hat, wieviel Personen in dem betreffenden Schichten in den einzelnen Arbeitsgruppen beschäftigt werden. Auf Grund dieser inhaltlichen Festlegung kommt es zum Abschluß von Vereinbarungen, die vom Vorsitzenden des Beteiligten zu 1), dem Beteiligten zu 3) und einem Vertreter des Personaldienstes in F unterzeichnet werden. Auch das Verfahren hinsichtlich der Abstimmung der Schichtpläne mit dem Betriebsrat wird - wie sich beispiel­haft aus dem vorgelegten Vermerk vom 11.1o.1978 ergibt -zwischen dem Beteiligten zu 3) als dem zuständigen Ar­beitgebervertreter und dem Beteiligten zu 1) unmittelbar ausgehandelt.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Dem Beteiligten obliegen ferner auch alle sonstigen Befugnisse im sozialen und personellen Bereich, die ihm entsprechend dem von der Beteiligten zu 2) herausgegebe­nen Handbuch für allgemeine Vorschriften unstreitig über­tragen sind. Dazu gehören außer den oben geschilderten Aufgaben unter anderem die mit dem Arbeitsverhältnis der ihm unterstellten Mitarbeiter in Zusammenhang ste­henden personellen Maßnahmen, wie Beantragung von Um­gruppierungen bzw. Vergütungsänderungen, soweit er nicht schon nach der Arbeitsanweisung Nr. l allein ent-</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">scheiden kann, Beantragung von Trennungsentschädigun­gen und Unterstützungsmaßnahmen und die eigenständige Genehmigung der Zahlung von Gehaltsvorschüssen, Fami­lienheimfahrten mit Reisebeihilfen und Passageanwei­sungen. Auf fachlichem Sektor hat er als Dienststel­lenleiter die aus seiner Aufgabenstellung abgeleiteten fachlichen Befugnisse wahrzunehmen, die Arbeitsvertei­lung in seiner Dienststelle durch Arbeitsplatzbeschrei­bung vorzunehmen und den Arbeitseinsatz zu regeln, Arbeitsanweisungen zu erlassen und die Zuweisung, Höher­bewertung oder Streichung einer Planstelle zu bean­tragen, wobei - wie sich aus der Bekundung des Zeu­gen B^D ergibt - die Streichung einer vakanten Planstelle gegen den Willen des Beteiligten zu 3) nicht erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Bei diesen gesamten Maßnahmen handelt es sich um Ent­scheidungen auf sozialem und personellem Gebiet, die über die aus einer bloßen Vorgesetztenstellung flie­ßenden Befugnisse hinausgehen und sich daher als unter­nehmerische Teilaufgabe darstellen, durch die das dem Beteiligten zu 3) übertragene Aufgabengebiet wesent­lich geprägt ist. Zur Unternehmensfunktion gehört auch</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">die Tätigkeit als Arbeitgeber <em>und </em>Vorgesetzter ( so BAG in EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 27 <em>und </em>BAG in AP Nr. 12 zu § 5 BetrVG 1972).</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) hat bei Wahrnehmung dieser Auf­gaben auch einen eigenen erheblichen Entscheidungs­spielraum. Im Falle von Einstellungen führt er die entscheidenden Gespräche und trifft die Auswahl unter den Bewerbern. Einstellungen bis Vergütungsgruppe 5 kann er ohne Einschaltung des Personaldienstes allein­verantwortlich vornehmen. Da nach der Bekundung des Zeugen Dr. W wegen der Art der Arbeitsanforderun­gen bei der Beteiligten zu 2) und dem Fehlen eines entsprechenden Arbeitsmarktes 99 <em>% </em>aller Einstellungen im Rahmen der Vergütungsgruppen 1-5 erfolgen, han­delt es sich um eine umfassende Befugnis.Erheblich ist auch sein Entscheidungsspielraum bei Entlassungen. Ordentliche Kündigungen in der Probezeit kann er al­lein ohne Einschaltung des Personaldienstes vornehmen. Daß bei Kündigungen, die darüber hinaus ausgesprochen werden, ein Zusammenwirken des Beteiligten zu 3) mit dem Personaldienst stattfindet, hindert nicht die An­nahme eines erheblichen Entscheidungsspielraums. Ent­scheidend ist, daß der Beteiligte zu 3) auch insoweit</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">die Initiative ergreift, und ihm die fachliche Entschei­dung obliegt, ohne daß - wie sich aus der Aussage des Zeugen Dr. W ergibt - eine Überprüfung der vom Beteiligten zu 3) insoweit abgegebenen Beurteilung</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">durch den Personaldienst vorgenommen wird. Auch bei</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">en</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Umgruppierung/, die in der Dienststelle des Beteilig­ten zu 3) vorzunehmen sind, hat der Beteiligte zu 3) maßgebliche Entscheidungsbefugnisse. Umgruppierungen bis zur Vergütungsgruppe 6 kann der Beteiligte zu 3) entsprechend der DP-Arbeitsanweisung Nr. 1 selbstän­dig und eigenverantwortlich vornehmen; er hat die er­forderlichen Gespräche mit dem Beteiligten zu 1) zu führen. Umgruppierungen ab Vergütungsgruppe 7 erfol­gen zwar gemeinsam mit der Personaldienststelle in F. Auch in diesem Bereich steht dem Beteilig­ten zu 3) aber eine nicht unwesentliche Mitentscheidungsbefugnis z. Aus der Bekundung des Zeugen Dr. W ergibt sich nämlich, daß das Votum des Be­teiligten zu 3) praktisch entscheidend ist; lehnt der Beteiligte zu 3) eine Umgruppierung ab, so ist die betreffende Angelegenheit erledigt und dem Be­troffenen steht nur? noch ein Beschwerderecht bei der</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">nächsthöheren Instanz zu. Das gleiche gilt im Rahmen von Stellenbesetzungen. Aus der Vernehmung des Zeugen Dr. W folgt, daß dem Beteiligten zu 3) auch hier ein maßgeblicher Entscheidungsspielraum zukommt, weil die Besetzung einer Stelle mit einem Mitarbeiter , der nicht den Vorstellungen des Beteiligten zu 3) ent­spricht, in der Praxis nicht erfolgt. Die Personal­dienststelle handelt somit nicht gegen die Entschei­dung des Beteiligten zu 3), auch wenn dies theoretisch über den Stichentscheid möglich wäre.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Auch der Entscheidungsspielraum des Beteiligten zu 3) auf dem Gebiet der Festlegung der Arbeitszeit ist, wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt, erheblich. Daß der Beteiligte sich im Rahmen der von ihm zu tref­fenden Entscheidungen an den Flugplan, an Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu halten hat, ist selbstverständlich undhindert nicht die Annahme eines erheblichen Entscheidungsspielraums. Der Flug­plan mag zwar bestimmte Entscheidungen bei der Auf­stellung der Schichtpläne nahelegen. Andererseits sind diese jedoch kein sich aus den Flugplänen automatisch</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">ergebendes Nebenprodukt, sondern erfordern, wie sich offensichtlich aus der Besprechungsnotiz vom 9.1o.1978 und nicht zuletzt aus zahlreichen Streitigkeiten über die Vereinbarung von Schichtplänen zwischen dem Be­teiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 3) in der Ver­gangenheit ergibt, zahlreiche Verhandlungen, in deren Rahmen dem Beteiligten zu 3) ein erheblicher Entschei­dungsspielraum bleibt. Daran ändert auch nichts, daß die entsprechenden Vereinbarungen über die Schichtpläne nicht nur vom Beteiligten zu 3), sondern auch von einem Vertreter des Personaldienstes in F mitunterzeichnet werden. Diese Stelle hat, wie sich aus der Be­kundung des Zeugen Dr. W ergibt, nur die Aufgabe zu prüfen, ob die Grundvoraussetzungen für den Abschluß dieser Vereinbarungen entsprechend den Vorschriften des Tarifvertrages und der Arbeitszeitordnung oder der sonstigen Vorschriften vorliegen. Diese juristische Überprüfung ändert nichts daran, daß der Beteiligte zu 3) zunächst alleinverantwortlich und selbständig die Schichtpläne zu entwickeln, aufzustellen, über sie mit dem Betriebsrat, also dem Beteiligten zu 1) zu verhan­deln und sie dann als mitverantwortlicher Arbeitgeber-</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Vertreter zu unterzeichnen hat.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Auch die Tatsache, daß der Beteiligte zu 3) in Sonder­fällen, die in der Arbeitsanweisung Nr. 1 aufgeführt sind, mit dem Personaldienst gemeinsam zu entscheiden hat, schränkt seinen Entscheidungsspielraum nicht erheblich ein. Die in Ziffer 3.1 aufgeführte Ausnahme, nämlich die Zahlung von Ausgleichszulagen, hat - wie sich aus der Bekundung des Zeugen Dr. W ergibt - in der Praxis eine geringe Bedeutung. Das gleiche gilt hinsichtlich von Einstellungen entgegen dem ablehnen­den Votum des psychologischen Dienstes, bei Wieder­einstellung ehemaliger Mitarbeiter und in Fällen von Zustimmungsverweigerungen durch den jeweiligen Be­triebsrat. Auch diese Ausnahmen fallen zahlenmäßig nicht besonders stark ins Gewicht.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Zwischen dem Beteiligten zu 3) und der durch den Be­teiligten zu 1) vertretenen Arbeitnehmerschaft be­steht auch ein maßgeblicher Interessengegensatz. Der Beteiligte zu 3) nimmt an den vierteljährlich statt­findenden Betriebsversammlungen als der Vertreter der Beteiligten zu 2) teil. Er führt darüber hinaus regel-</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">mäßig Besprechungen mit dem Beteiligten zu 1) und ver­handelt mit diesem in der Regel allein auf zahlreichen Gebieten. Dabei werden, wie sich u.a. aus dem von der Beteiligten zu 2) vorgelegten Protokoll einer Betriebs­ratssitzung vom 17.5.1979 ergibt,  außer den in der Arbeitsanweisung Nr. 1 besonders aufgeführten Fällen, wie die Einholung der Zustimmung zur Einstellung, Unter­richtung über Probezeitverlängerungen, Anhörung vor Aus­spruch einer Kündigung, zahlreiche weitere Themen wie : Arbeitsplätze, Sozialräume, Dienstzeitverlegung, Umgrup­pierungen, Versetzungen, Abmahnungen, Freistellung für Betriebsratstätigkeit, Essensmarken, Beschwerden der Mit­arbeiter zwischen dem Beteiligten zu 3) und dem Beteilig­ten zu 1) verhandelt und besprochen. Aus der Bekundung des Zeugen Dr. W folgt, daß diese Verhandlungen so­gar wegen einer Reihe strittiger Themen zwischen dem Beteiligten zu 1) und dem Beteiligten zu 3) als beson­ders intensiv zu bezeichnen sind. Die Tätigkeit des Be­teiligten zu 3) ist deshalb, wie der Beteiligte zu 1) vorträgt, nicht nur darauf beschränkt, bei diesen Be­sprechungen und Verhandlungen Informationen weiterzuge­ben und Forderungen des Beteiligten zu 1) entgegenzuneh­men, sondern er ist - wie sich aus den Bekundungen der</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Zeugen Dr. W <em>und </em>B ergibt - der zuständige Ver­handlungspartner für den Beteiligten zu 1) und der Ver­treter des Arbeitgebers vor Ort, wenn es darum geht, die täglich anfallenden Personalprobleme mit dem Be­teiligten zu 1) zu besprechen und zu verhandeln. Anders als der bloße Vorgesetzte, der eine Weisung auf perso­nellem Gebiet zur Ausführung bringt und damit naturgemäß auch in einem momentanen Interessengegensatz zum be­troffenen Arbeitnehmer gerät, führt die Verantwortlich­keit des Beteiligten zu 3) für die von ihm zu treffen­den Maßnahmen und Entscheidungen dazu, daß dieser auf Dauer und kraft seiner Aufgabenstellung Vertreter von Interessen ist, die den Interessen der vom Beteiligten zu 1) vertretenen Arbeitnehmerschaft zuwiderlaufen.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) erfüllt auch die besonderen Merk­male einzelner Fallgruppen des § 5 Abs. 3 BetrVG.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Er ist zunächst zur selbständigen Einstellung und Ent­lassung von Arbeitnehmern befugt. Diese Befugnis erstreckt sich nach der Arbeitsanweisung Nr. 1 zwar nur auf Einstellungen bis Vergütungsgruppe 5 und auf Probezeitkündigungen. Diese in der Arbeitsanweisung</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">enthaltene Beschränkung ist im Hinblick auf die Ein­stellungsbefugnis jedoch nicht von erheblicher Bedeu­tung, da , wie dargelegt, 99 <em>% </em>der Einstellungen im Bereich der Station des Flughafens K den Be­reich der Vergütungsgruppen 1-5 betreffen und des­halb von einer umfassenden Einstellungsbefugnis aus­gegangen werden kann. Hinsichtlich der Entlassungs­befugnis, die zusätzlich vorliegen muß, könnten zwar gewisse Bedenken bestehen, ob diese die Anforderun­gen erfüllt, die das Gesetz in § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG voraussetzt. Diese Vorschrift normiert zwar keinen quantitativen Umfang der hier angesprochenen Personalbefugnis. Es ist demnach nicht erforderlich, daß der betreffende Angestellte zur Einstellung und Entlas­sung aller Arbeitnehmer des Betriebs oder der Be­triebsabteilung befugt ist (vgl. auch Dietz-Richardi BetrVG 5.Aufl. Randnr. 111). Andererseits darf sich seine Befugnis aber jedenfalls nicht auf einen ganz geringen Personenkreis erstrecken (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 5 BetrVG 1972; BAG AP Nr. 1 zu § 1 KSchG Per­sonenbedingte Kündigung). Ob die dem Beteiligten Kaufmann eingeräumte Entlassungsbefugnis diese Grenze übersteigt und in welchem zahlenmäßigen oder sonst</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">abgrenzbaren Umfang dem Angestellten diese Befugnis zustehen muß, kann im vorliegenden Fall aber letzt­lich dahinstehen. Der Aufgabenbereich des Beteiligten <em>zu </em>erfüllt nämlich jedenfalls die Voraussetzungen des § <em>5 </em>Abs. 3 <em>Ziffer </em>3 BetrVG. Der Beteiligte nimmt - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt -einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Aufgaben wahr. Seine Tätigkeit verrichtet er auch eigenverantwortlich. Das folgt aus dem ihm gegebenen Entscheidungsspielraum. Die Aufgaben nimmt er nach Dienststellung und Dienstvertrag wahr. Der Beteilig­te zu 3) ist nach seiner Stellung und seinem Vertrag Stationsleiter des Flughafens K. In dieser Position hat er die dargestellten Aufgaben, die ihn nach seiner Gesamtwürdigung als leitenden Angestell­ten nach § 5 Abs. 3 BetrVG charakterisieren.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Auf die Beschwerde mußte daher der Beschluß des Ar­beitsgerichts abgeändert und der Antrag des Beteilig­ten zu 1) abgewiesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen worden, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung stellt eine Anwendung der Recht­sprechung auf den Einzelfall dar.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks"><u>Rechtsmittelbelehrung;</u> Gegen diesen Beschluß findet die Rechtsbeschwerde nur statt, nachdem sie durch das BAG zugelassen worden ist. Wegen der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von dem Beteiligten zu 1) Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht, Graf-Bernadotte-Platz 3, 35oo Kassel-Wilhelmshöhe, eingelegt werden; für die weiteren Beteiligten ist kein Rechtsmittel gegeben«, Die Beschwerde muß inner­halb einer Notfrist *) von einem Monat nach der Zu­stellung dieses Beschlusses schriftlich eingelegt werden. Die Beschwerde ist gleichzeitig oder inner­halb einer Notfrist *) von zwei Monaten nach der Zu­stellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Beschwer­deschrift und die Beschwerdebegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann nur auf bestimmte Gründe nach näherer Maßgabe der §§ 92 a, 72a ArbGG gestützt werden.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Wenn das BAG auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin die Rechtsbeschwerde nachträglich zuläßt, beginnt die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde mit der Zustel­lung des Beschlusses des BAG. Wegen Frist, Form und Be­gründung der Rechtsbeschwerde wird auf §§ 92,72,73, 74 ArbGG hingewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks"><u>Hinweis der Geschäftsstelle;</u> Das BAG bittet, sämtliche Schriftsätze in sechsfacher Ausfertigung beim BAG einzu­reichen.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">*) Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht ver­längert werden.</p>
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315,942 | olgk-1980-05-05-4-wf-6480 | {
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} | 4 WF 64/80 | 1980-05-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:05 | 2019-03-27T09:41:49 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0505.4WF64.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß wird abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>I. Dem Kläger wird das Armenrecht für seine am 11.1.1980 erhobene Klage gewährt.</p>
<p>Die Beiordnung eines Anwalts bleibt dem Familiengericht vorbehalten.</p>
<p></p>
<p>II. Die Zwangsvollstreckung aus dem Prozeßvergleich vom 14.7.1978 in dem Verfahren 25 F 140/78 AG Bonn wird gegen Sicherheitsleistung von 9.000,-- DM einstweilen eingestellt.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen insoweit den Beklagten zur Last.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>G r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die gemäß § 127 ZPO zulässige Beschwerde gegen die Versagung der Bewilligung des Armenrechts ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Familiengerichts ist der Senat der Auffassung, daß dem Kläger das Armenrecht gemäß § 114 ZPO zu bewilligen ist, weil seine Klage unter Berücksichtigung seiner Beweisantritte nicht ohne hinreichende Erfolgsaussicht ist, und er auch ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts zur Tragung der Prozeßkosten außer Stande ist. Die derzeitige Arbeitslosigkeit des Klägers ist unstreitig. Selbst wenn er im Dezember 1979 noch Provisionszahlungen erhalten hat, kann unter Berücksichtigung seiner Unterhalts- und sonstigen Schulden (Hauslasten) davon ausgegangen werden, daß daraus keine Mittel zur Führung des Prozesses zur Verfügung stehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat schlüssig Tatsachen dafür vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß die Geschäftsgrundlage des Vergleichs vom 14. Juli 1978 verändert ist, und daher die in dem Vergleich zugunsten der Beklagten festgelegten Unterhaltsforderungen an die jetzigen, veränderten Verhältnisse anzupassen sind.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit der Arbeitslosigkeit des Klägers ist dessen Leistungsfähigkeit i.S. der §§ 1581, 1603 BGB beeinträchtigt worden. Das kann selbst dann, wenn dieser Arbeitslosengeld bezüge, zu einem Verlust des Barunterhaltsanspruchs der Beklagten zu 4) und der Beklagten zu 1) (seitdem sie volljährig ist) führen und - mit Rücksicht auf den Schutz des Selbstbehalts - eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten zu 2) und 3) zur Folge haben kann.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach dem Vorbringen des Klägers ist auch nicht ein Sachverhalt gegeben, der es rechtfertigen könnte, seine Arbeitslosigkeit unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen und ihn so zu behandeln, als erziele er noch sein früheres Provisionseinkommen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Arbeitslosigkeit des Klägers ist nach seinem Vorbringen nicht allein dadurch veranlaßt worden, daß die Beklagten wegen der im Vergleich festgelegten Unterhaltsansprüche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in seine Provisionsforderungen unternommen</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">haben, sondern insbesondere dadurch, daß die Staatsanwaltschaft aufgrund der Strafanzeige der Beklagten zu 4) vom 4.10.1979 wegen Unterhaltspflichtverletzung (rückständig war von dem Barunterhalt lediglich der bis zum 3.10.1979 zu zahlende Unterhaltsbetrag von 1.000,-- DM) die Arbeitgeber des Klägers schriftlich um Auskunft ersucht hat. Diese Darstellung wird bestätigt durch das mit Schriftsatz des Klägers vom 11.1.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1980 zu den Akten gereichte Schreiben der C. KG an die Staatsanwaltschaft Bonn vom 20.11.1979.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">War aber die Kündigung des Handelsvertretervertrages durch die von der Beklagten zu 4) erstattete Strafanzeige mit veranlaßt, so ist sie dem Kläger nicht in einer Weise zuzurechnen, die seine Berufung darauf gegenüber dem Unterhaltsanspruch der Beklagten als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen läßt. Mit einer Strafanzeige brauchte der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht zu rechnen. Mit der Barunterhaltspflicht war er seinerzeit erst zwei Tage in Verzug. Die Hauslasten hatte der zwar längere Zeit nicht gezahlt. Insoweit dürfte aber, obwohl er in dem Vergleich vom 14.7.1978 die alleinige Tilgung der Hauslasten versprochen hatte, der Tatbestand des § 170 b StGB nicht erfüllt sein.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Es erscheint zwar zweifelhaft, ob der für die Kündigung nach dem Vorbringen des Klägers von dessen Vertragspartner zum Anlaß genommene Sachverhalt eine fristlose Kündigung rechtfertigte und der Kläger diese hätte hinnehmen müssen. Zumindest</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">wäre dann aber eine fristgerechte Kündigung möglich gewesen, deren Fristen inzwischen auch abgelaufen wären. Diese Frage dürfte daher nur für den Zeitpunkt von Bedeutung sein, von dem an eine Abänderung des Vergleichs erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn es sich aber erweisen sollte, daß dem Kläger <u>nur </u>gekündigt wurde, weil von den Beklagten gegen ihn die Zwangsvollstreckung betrieben wurde, so würde auch dies bei den Besonderheiten dieses Falles es nicht rechtfertigen, unterhaltsrechtlich das Fortbestehen des Handelsvertretervertrages zu fingieren unter Hinweis auf ein Verschulden des Klägers am Verlust seiner Erwerbsquelle.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Senats (FamRZ 80, 362) rechtfertigt dies - jedenfalls im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten - im Regelfall nur dann die fiktive Annahme eines Einkommens, wenn die Kündigung zumindest mit bedingtem Vorsatz vom Unterhaltsschuldner verursacht wurde. Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Der Senat hält allerdings - wie bereits in der zitierten Entscheidung ausgeführt - eine fiktive</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Anrechnung auch bei grober Fahrlässigkeit für möglich, wenn Treu und Glauben dies erfordern. Das kann in den Fällen denkbar sein, in denen die verschuldete Verursachung des Einkommens-Verlustes ihren Bezug hat in der Unterhaltspflicht des Schuldners. Das trifft hier zwar durchaus zu. Wenn der Kläger seine in dem Vergleich übernommenen Unterhaltspflichten erfüllt hätte, wäre gegen ihn keine Zwangsvollstreckung</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">betrieben worden. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, daß der Kläger in der Regel für längere Zeit immer nur mit der Tilgung der Hauslasten und - teilweise – mit der Barunterhaltsschuld gegenüber der Beklagten zu 4) in Verzug war. Er vertrat dazu - wie sich insbesondere aus den Ermittlungsakten 11 Js 203/80 StA Bonn ergibt - die Auffassung,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">das inzwischen von der Beklagten zu 4) erzielte Erwerbseinkommen lasse seine Unterhaltspflicht dieser gegenüber entfallen. Entsprechende Klagen bzw. Armenrechtsanträge auf Abänderung des Vergleichs waren seit Oktober 1978 anhängig. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In einem solchen Abänderungsverfahren hätte auch mit Wirkung für die Vergangenheit dieser Vergleich als Titel geändert werden können - wobei dann nachträglich die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sich als materiell ungerechtfertigt verwiesen</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">hätten. In einem solchen Fall, in dem der Titel, aus dem der Unterhaltsgläubiger vollstreckt, in seinem dauernden Bestand zur Zeit der Vollstreckung nicht gesichert ist, ist das Verschulden des Unterhaltsschuldners, der das formale Gebot des Titels mißachtet und ohne zumindest die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung abzuwarten, nicht freiwillig auf ihn leistet, sondern es zur Vollstreckung kommen läßt, nicht so schwerwiegend, daß es gegen Treu und Glauben verstoßen würde, wenn er aus dieser Zwangsvollstreckung, die dazu noch zum Arbeitsplatzverlust geführt hat, die Befreiung seiner Unterhaltspflicht geltend macht. Ein Schuldner, der bereits gegen einen solchen Titel die zulässigen Rechtsbehelfe eingelegt hat, tut dies im Regelfall nicht ohne jede eigene Überzeugung von seiner eigenen Rechtsansicht.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch im vorliegenden Fall besteht bei einem eigenen Einkommen der Beklagten zu 4) von ca. 1.000,-- DM, das sie unstreitig in der Zeit von September bis Januar 1980 hatte (für die Zeit ab Januar 1980 hat die Beklagte zu 4) bisher noch nicht nachvollziehbar</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">vorgetragen, warum sie danach ohne Einkommen ist. Es ist nicht einsehbar, daß sie keinen Anspruch auf Zahlung von Konkursausfallgeld und danach auf Kranken- oder Arbeitslosengeld hatte), durchaus Anlaß zu der Annahme, daß dies von Einfluß auf den im Vergleich festgelegten Barunterhaltsanspruch von 400,-- DM und den Anspruch auf Befreiung von der Tilgung der Hauslasten ist. Zur Zeit des Vergleichsabschlusses verdiente die Beklagte zu 4) nichts - jedenfalls ging man davon bei Vergleichsabschluß aus. Dann standen der Beklagten zu 4) nach der seinerzeitigen Rechtsauffassung von dem nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Beklagten zu 1) bis 3) verbleibenden</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Nettoeinkommen des Klägers 2/5 zu. Das ändert sich aber mit eigenem Erwerbseinkommen der Beklagten zu 4). Dieses ist ihr auch in vollem Umfang anzurechnen, weil es nicht aus unzumutbarer Arbeit erzielt ist. Bei dem Alter der Beklagten zu 1) - 3) ist ihr eine Berufstätigkeit in dem ausgeübten Umfang bei den Lebensverhältnissen der Parteien zumutbar. Das gilt besonders auch darum, weil seinerzeit das 14 Jahre altejüngste Kind, die Beklagte zu 3), nachmittags in Gesellschaft der drei und zwei Jahre älteren Geschwister sein konnte, die Ende 1979 schon 17 und 16 Jahre alt waren. Der Beklagten zu 4) stand dann allenfalls noch der sogenannte Differenzunterhalt von (seit Januar 1980) 3/7 des Unterschiedsbetrages beider Einkommen der geschiedenen Ehegatten zu. Allein bei der in dem Vergleich festgelegten BarunterhaItslast des Klägers gegenüber der Beklagten zu 4) von 400,-- DM (wobei also die Zahlung der Hauslasten noch unberücksichtigt ist) hätte der Kläger dann aber ein Nettoeinkommen von über 2.500,-- DM erzielen müssen, um der Beklagten zu 4) nach Abzug des Kindesunterhalts von der Differenz von ca. 900,-- DM 400,-- DM Unterhalt zu schulden. Ein so hohes Einkommen des Klägers war aber - soweit ersichtlich - auch von der Beklagten zu 4) nie behauptet worden. Der Kläger hätte es mit Sicherheit auch nicht verdient, wenn er e in seinem erlernten Beruf als Sozialarbeiter gearbeitet hätte.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Damit gibt auch dieser Gesichtspunkt keine Veranlassung anzunehmen, daß die Klage des Klägers ohne jede Erfolgsaussicht ist. Im übrigen erscheint es ohne weitere Ermittlungen nicht möglich, bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Klägers zumindest davon auszugehen, daß er in seinem Beruf als Sozialarbeiter eine Anstellung finden konnte, wenn er sich darum mit der ihm allerdings zuzumutenden besonderen Energie</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">bemüht hätte. Der Kläger hat Beweis angeboten durch Einholung einer Auskunft bei dem Arbeitsamt D., daß er in seinem Beruf als Sozialarbeiter nicht zu vermitteln ist. Diesem Beweisangebot wird nachzugehen sein. Der Kläger hat allerdings bisher noch immer versäumt - obwohl er spätestens nach dem angefochtenen Beschluß dazu Veranlassung gehabt hätte – <u>konkret </u>seine <u>eigenen</u> Bemühungen um die Anstellung als Sozialarbeiter vorzutragen. Der Senat häIt es andererseits mit Rücksicht auf die große Anzahl der Bewerber auf solche Stellen und die persönlichen Erwartungen, die der Arbeitgeber in sie zu stellen pflegt, für durchaus wahrscheinlich, daß der Kläger große Schwierigkeiten bei der ihm allerdings immer wieder neu und intensiv zuzumutenden Stellensuche haben wird, wenn er seine private Situation darstellen muß, die gekennzeichnet ist durch eine langwierige, mit großer persönlicher Feindschaft, die von keiner der Parteien zurückhaltend geäußert wird, betriebenen Auseinandersetzung der Scheidungsfolgen. Besonders nachteilig wird sich hier auch die Reihe von Ermittlungsverfahren auswirken, die beide Parteien gegeneinander anhängig gemacht haben. Eine Zurückhaltung erscheint hier im Interesse beider Parteien geboten, um dem Kläger den Wiedereintritt in das Erwerbsleben zu ermöglichen. Er ist mit 38 Jahren zu jung, um auf Dauer mit Erfolg im Unterhaltsprozeß einwenden zu können, er finde in seinem gelernten Beruf keine Anstellung. Man wird in Zukunft auch eine Pflicht zu einem nochmaligen Berufswechsel erwägen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die gegen die Beklagte zu 4) anhängigen Ermittlungsverfahren bieten - soweit sie dem Senat bekannt sind (11 Js 51/80; 11 Js 380/80) auch keinen Anlaß zu der Annahme, daß damit der Tatbestand einer Unterhaltsverwirkung nach § 1579 Nr. 2 BGB</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">erfüllt sein könnte, der nur eingreift bei einem schweren vorsätzlichen Vergehen. Für eine Anwendung des § 1579 Nr. 4 BGB liegen bisher keinerlei Anhaltspunkte vor. Der Fall, daß der Unterhaltsberechtigte strafbare Handlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner begeht, ist ausschließlich in § 1579 Nr. 2 geregelt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde gegen die Versagung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung ist gemäß §§ 323, 769 analog, 793 ZPO statthaft. Sie hat unter Bezugnahme auf die vorstehenden Ausführungen Erfolg mit der Maßgabe, daß die einstweilige Einstellung gegen Sicherheitsleistung anzuordnen ist. Von dem Erfordernis einer Sicherheitsleistung kann hier mit Rücksicht auf die Interessen der Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">nicht abgesehen werden. Es ist auch nicht erkennbar, daß der Kläger nicht zu einer Sicherheitsleistung in der Lage sein sollte; er mag z.B. seinen Hausanteil belasten oder</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">zur Sicherheit verwenden.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung insoweit beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Beschwerdewert bezüglich der sofortigen Beschwerde: 9.000,-- DM.</p>
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} | 4 U 234/76 | 1980-04-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:09 | 2019-03-27T09:41:49 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0425.4U234.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Nachdem der Beklagte die mit Schriftsatz vom 21. Mai 1979 erhobene Widerklage mit Schriftsatz vom 4. September 1979 zurückgenommen hatte, wird er verurteilt, die Kosten der Widerklage zu tragen (§ 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).</p>
<p>Der im Urteil des Senats vom 15. Januar 1980 festgesetzte Streitwert wird gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 GKG wie folgt abgeändert:</p>
<p>Für den Zeitraum vom 22. Mai - 4. September 1979 wird - neben dem Streitwert für die Klage - der Streitwert für die Widerklage auf 598.673,70 DM festgesetzt.</p>
<p>Gemäß § 319 ZPO wird das am 15. Januar 1980 verkündete Urteil des Senats hinsichtlich der Kostenverurteilung (Abs. 2 des Urteilstenors) dahin berichtigt, daß die Klägerin verurteilt wird, die Kosten des Rechtsstreits im 1. Rechtszug zu tragen. Von den Kosten des Rechtsstreits im 2. Rechtszug trägen die Klägerin 1/10 und die Beklagte 9/10.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">GRUNDE:Die Abänderung des Kostenausspruchs in dem am 15. Januar 1980 verkündeten Urteilen des Senats erfolgt in Form. einer Berichtigung gemäß § 319 ZPO. Diese ist deshalb erforderlich geworden, weil die Klägerin nachträglich - nämlich nach Erlaß des vorgenannten Urteils durch den Senat - einen Antrag nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO gestellt hat. Dadurch wird die Kostenentscheidung in dem Senatsurteil, in der die Kosten für die Widerklage noch nicht berücksichtigt werden konnten, nachträglich falsch, allerdings ohne daß eine Unrichtigkeit a priori vorgelegen hätte.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In einer solchen Fallgestaltung findet § 319 ZPO Anwendung, obwohl die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nicht unmittelbar anwendbar ist, da im Zeitpunkt der Abfassung des Urteils noch keine Unrichtigkeit vorlag, die zu berichtigen gewesen wäre. Erst nach der Stellung des Antrages gemäß § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO bedingt die darauf beruhende Beschlußfassung eine andere als die im Urteil erfolgte Kostenentscheidung, deren einseitige Belastung der Kläger mit dem Kosten des Rechtsstreits nunmehr falsch geworden ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Weder § 321 ZPO, noch § 319 ZPO treffen ihrem Gesetzeswortlaut nach den vorliegenden Fall exakt. Beide Vorschriften gehen davon aus, daß das Urteil wegen Tatsachen, die im Zeitpunkt der Urteilsfindung bereits gegeben und zu berücksichtigen waren, entweder offensichtlich unrichtig (§ 319 ZPO) oder aber wegen wesentlicher Außerachtlassungen (§ 321 ZPO) zu ergänzen ist. Auf den vorliegenden Fall sind beide Vorschriften unmittelbar nicht anwendbar; denn es tritt erst nachträglich die Notwendigkeit einer Änderung der Kostenentscheidung ein. Es besteht jedoch ein Bedürfnis die nunmehr falsche Kostenentscheidung den veränderten Gegebenheiten anzupassen, zumal eine Rechtsmitteleinlegung gegen die Kostenentscheidung allein gemäß § 99 Abs. 1 ZPO nicht möglich ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Würde man nun eine Berichtigung der offensichtlich falschen Kostenentscheidung nach § 319 ZPO ablehnen, könnte die Klägerin folglich trotz des erlassenen Kostenbeschlusses nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, der der Beklagten die Kosten der Widerklage auferlegt, keine Änderung des Kostenausspruchs im Urteil erreichen. Für die Änderung der Streitwertfestsetzung, die als nachträgliche Entscheidung des Gerichts ebenfalls in den meisten Fällen eine Unrichtigkeit des ergangenen Kostenausspruchs bedingt, ist die Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der Kostenentscheidung heftig umstritten. Aber ebenso wie eine nachträgliche Streitwertänderung, bedingt auch der nachträglich erlassene Kostenbeschluß nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO die Unrichtigkeit der bereits ergangenen Kostenentscheidung. Der Meinungsstreit um die Auswirkungen der Streitwertänderungen auf die Kostenentscheidung kann daher auch für die Auswirkungen eines nachträglichen Kostenbeschlusses herangezogen werden; denn beide bedingen eine nachträgliche Unrichtigkeit der im Urteils ausgesprochenen Kostenentscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Berücksichtigung der Widerklage verursacht auch im vorliegenden Fall eine Änderung des Streitwerts für die Dauer ihrer Anhängigkeit und nimmt dadurch ebenfalls Einfluß auf die Richtigkeit der Kostenentscheidung, denn die Belastung der Klägerin mit den aufgrund der erfolgten Streitwerterhöhung gestiegenen Gebühren wäre unbillig. Beide Beschlußaussprüche - die Kostenverurteilung nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO und die Streitwerterhöhung - nehmen daher Einfluß auf das Ergebnis der Kostenentscheidung.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Von einem Teil der Judikatur und Literatur wird in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Berichtigung der Kostenentscheidung völlig abgelehnt. Zur Begründung wird ausgeführt, da1 ein Fehler in der Sachentscheidung der richtigerweise im Rechtsmittelverfahren korrigiert werden müßte, infolge mangelnder Zulässigkeit eines Rechtsmittels aber nett korrigiert werden könne, sich nicht dadurch beheben lasse, daß man nun § 319 ZPO fehlerhaft anwendet (so Egon Schneider in NJW 1969, 1237). Zum Teil wird aus diesem Grund die Vornahme einer derartigen Änderung, die dann eine Unrichtigkeit des Kostenausspruchs bedingt, ganz abgelehnt (OLG Stuttgart in Rechtspfleger 1964, 131; OLG Celle in NJW 1969, 279; OLG Nürnberg in MDR 1969, 853; Schmidt in JurBüro 1965, 173), zum Teil wird die Ansicht vertreten, daß eine solche Änderung trotz ihrer Vornahme auf die einmal ergangene Kostenentscheidung keinen Einfluß mehr nehmen dürfe (so jedenfalls Schneider a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dem ist entgegenzuhalten, daß das Gesetz in § 25 GKG ausdrücklich die Möglichkeit einer Änderung der Streitwertfestsetzung vorsieht, ebenso wie es auch die Stellung eines Antrages nach § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO jederzeit zuläßt. Wollte man die Möglichkeit einer Änderung der Kostenentscheidung verneinen, so bedeutet dies einen Verstoß gegen das Gebot der Gerechtigkeit; denn eine vom Gericht nachträglich getroffene Entscheidung könnte auf den damit im Kostenausspruch offensichtlich unrichtigen Urteilstenor keinen Einfluß mehr nehmen. Die nachträglichen Entscheidungen des Gerichts hätten daher möglicherweise ganz erhebliche Kostennachteile für eine der Parteien zur Folge. Eine gerechte Regelung läßt sich daher nur erzielen, wenn eine nachträgliche Veränderung unter gleichzeitiger Anpassung der Kostenentscheidung an diese nachträglichen Feststellungen erfolgen kann. Daher wird eine Anpassung der Kostenentscheidung im Rahmen einer weitherzigen Auslegung von § 319 ZPO überwiegend für zulässig erachtet (cf. Baumbach-Lauten. Bach, Anm. 1) zu § 319 ZPO m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, Anm. 3) C. zu § 25 GKG m.w.N.; Lappe in MDR 1959, 355 (356); Markl GKG, § 23 A.15 5,237; OLG Frankfurt in NJW 1970, 436).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber steht in aller Regel eine Anwendung von § 321 ZPO die im Rahmen dieser Vorschrift zwingend vorgeschriebene kurze Antragsfrist entgegen. Ein Kostenbeschluß gemäss § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO kann ebenso wie eine Streitwertänderung gemäß § 25 GKG noch lange nach Erlaß des Urteils herbeigeführt werden. Regelmäßig würde die dann gegebene Versäumnis der Antragsfrist in § 321 ZPO durch die Parteien zu unbilligen Ergebnissen führen. Eine Anwendung von § 321 ZPO würde daher praktisch regelmässig gar nichts nützen (so Speckmann in NJW 1972, 235).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Deshalb ist eine Anwendung von § 319 ZPO vorzuziehen, indem man diese Vorschrift auch in Fällen nachträglich notwendig werdender Berichtigungen großzügig anwendet. Durch die Anwendung von § 319 ZPO wird die im Vorstehenden aufgezeigte, Schwierigkeit behoben und eine der wahren Rechtslage entsprechenden Regelung herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ist keine eigenständige Entscheidung, sie wird vielmehr von der Entscheidung in der Sache bedingt, zu der auch die Streitwertfestsetzung und ein etwa ergehender Beschluß nach § 269<sup>.</sup> Abs. 3 Satz 3 ZPO hinzuzurechnen sind. Bei einer solchen bedingten Entscheidung muß es aber für eine Berichtigung nach § 319 ZPO genügen, daß die offenbare Unrichtigkeit nicht schon von Anfang an vorliegt, sondern erst eintritt, nachdem die bedingende Entscheidung geändert worden ist. Jedenfalls muß gelten, daß es für eine Berichtigung nach § 319 ZPO ausreichen muß, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit der Kostenentscheidung durch eine nachträgliche Entscheidung des Gerichts bedingt wird (so im Ergebnis auch: Speckmann in NJW a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat daher auf den Antrag der Klägerin vom 26.2.1980 hin u. a. auch eine Änderung des Senatsurteils vom 15.1.1980 in der Kostenentscheidung beschlossen.</p>
|
315,944 | ovgnrw-1980-04-23-2-a-218679 | {
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<p>Der angefochtene Gerichtsbescheid wird aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Berufungsverfahrens, an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger sind zusammen mit ihrem Vater A. in ungeteilter Erbengemeinschaft zu
1/2 Bruchteil Eigentümer des Grundstücks Gemarkung K. Flur 63 Flurstück 151 (F.
...15). Der Vater der Kläger ist darüber hinaus allein zu 1/2 Bruchteil Eigentümer des
Grundstückes, das er mit seinen Kindern und seiner Ehefrau in häuslicher
Gemeinschaft bewohnt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Zusammenhang mit der Umstellung der Abfallbeseitigung in der Stadt K. auf
Müllgroßbehälter verweigerte der Vater der Kläger die Annahme eines 220 l-Gefäßes
und beantragte unter dem 16. Dezember 1976 die Befreiung vom Anschluß- und
Benutzungszwang an die städtische Abfallbeseitigung. Durch Beschluß des
Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. Juli 1977 - 5 L 289/77 - wurden der Antrag
des Vaters der Kläger auf einstweilige Verpflichtung des Beklagten zur Befreiung vom
Anschluß- und Benutzungszwang an die städtische Abfallbeseitigung und seine
Aussetzungsanträge gegen die Verfügungen des Beklagten vom 2. Februar 1977 und
offenbar auch vom 8. Juni 1977 zurückgewiesen, mit diesen Verfügungen hatte der
Beklagte den Vater der Kläger unter Androhung bzw. Festsetzung von Zwangsgeldern
zur Annahme eines Müllgefäßes und zum Anschluß des Grundstückes an die
städtische Abfallbeseitigung aufgefordert. Daraufhin nahm der Vater der Kläger am
14. September 1977 das Müllgefäß entgegen. Seine Klage auf Befreiung vom
Anschluß- und Benutzungszwang an die städtische Abfallbeseitigung ist durch
rechtskräftiges Urseil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 9. Februar 1978 - 5 K
996/77 - abgewiesen worden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 2. Februar 1979, gerichtet an "Herrn G. P. u. ME" unter der
Anschrift F. ...15, zog der Beklagte die Kläger für das Rechnungsjahr 1979 u.a. zu
einer Abfallbeseitigungsgebühr in Höhe von 199,80 DM heran. Den hiergegen von den
Klägern erhobenen Widerspruch wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom
8. Mai 1979, der wiederum an Herrn P. G. u. Miteigentümer gerichtet war, als
unbegründet zurück.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben am 15. Mai 1979 Klage erhoben und zur Begründung
vorgetragen:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In ihrem Haushalt falle kein Müll an. Der Stadt K. entstünden daher für das
Grundstück keine Kosten, weil diese dort keinen Müll abfahren lasse. Sie könne dann
aber auch keine Abfallbeseitigungsgebühren von ihnen verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben sinngemäß beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Beklagten über Grundbesitzabgaben und andere Abgaben des
Haushaltsjahres 1979 vom 2. Februar 1979 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 1979 insoweit aufzuheben, als
Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von 199,80 DM verlangt werden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte, der die angefochtene Heranziehung für rechtmäßig hält, hat
beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht die Klage
im wesentlichen mit der folgenden Begründung abgewiesen: Der Anschluß- und
Benutzungszwang für das Grundstück der Kläger sei durch das Urteil vom 9. Februar
1978 - 5 K 996/77 - rechtskräftig bejaht worden. Das erkennende Gericht habe schon
die Klage 3 K 488/78 (Gebührenzeitraum 1973) in erster Linie als unzulässig
abgewiesen. Darüber hinaus jedoch im Hinblick auf das Urteil vom 9. Februar 1978 - 5
K 996/77 - auch als unbegründet. Gegen die Höhe der geforderten
Abfallbeseitigungsgebühren bestünden - wie in den vorherigen Verfahren entschieden -
keine Bedenken.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Gegen den am 24. August 1979 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger
am 30. August 1979 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen
Vorbringens tragen sie weiter vor:</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Ein leeres Müllgefäß könne bei der wöchentlich durchgeführten Abfallbeseitigung
nicht geleert werden. Dies sei dem ausführenden Müllunternehmen auch bekannt, so
daß ihr Grundstück von dem Unternehmen Überhaupt nicht angefahren werde.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Kläger beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">unter Änderung des angefochtenen Gerichtsbescheides</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"> den Bescheid des Beklagten über Grundbesitzabgaben und andere Abgaben des
Haushaltsjahres 1979 vom 2. Februar 1979 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 1979 insoweit aufzuheben, als
Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von 199,80 DM verlangt werden,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"> 2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 199,80 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung führt er aus:</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Heranziehung zur Zahlung von Abfallbeseitigungsgebühren sei zu Recht erfolgt.
Das Grundstück der Kläger unterliege dem Anschluß- und Benutzungszwang an die
städtische Abfallbeseitigung. Ein Müllbehalter sei ausgeliefert worden und daß Gefäß
werde bei der wöchentlich durchgeführten Abfallbeseitigung entleert. Die von den
Klägern ständig wiederholten Beteuerungen, daß auf ihrem Grundstück Müll nicht
anfalle und deshalb von der Stadt K. keine Leistung erbracht werde, seien
unzutreffend.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Parteien wird auf die Gerichtsakte 2 A 231/79, 2 A 257/79, 2 A 2586/79) sowie 5 K
996/77 und 5 L 289/77 (beide VO Arnsberg) und auf die in diesen Verfahren
vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen
Gerichtsbescheides und Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Zurückverweisung erfolgt gemäß §130 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, weil das
Verwaltungsgericht bisher in der Sache selbst noch nicht entschieden hat. Ein solcher
Fall liegt u.a. dann vor, wenn das Verwaltungsgericht der Klage aus einem materiell-
rechtlichen Grund stattgegeben oder sie abgewiesen hatte, der nach der
Rechtsauffassung des Berufungsgerichts unzutreffend ist, und wenn deshalb die
Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts, der unter Beachtung dieser
Rechtsauffassung für die Beurteilung wesentlich ist, unterblieben sind.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG Münster, Urteil vom 9. August 1961 - III A 1458/58 -, OVGE 17, 48 f
und Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Mai 1971 - VI C 39.68 -, BVerwGE
38, 139 (145).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">So liegt der Fall hier. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im wesentlichen mit
der Begründung abgewiesen, daß die Heranziehung der Kläger zu
Abfallbeseitigungsgebühren für das Rechnungsjahr 1979 aufgrund des durch Urteil
vom 9. Februar 1978 - 5 K 996/77 - rechtskräftig bejahten Anschluß- und
Benutzungszwanges für das Grundstück der Kläger gerechtfertigt sei.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Diese Rechtsauffassung ist unzutreffend. Sie entspricht nicht dem Begriff der
Benutzungsgebühr im Sinne von §4 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes
(KAG).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach §4 Abs. 2 KAG sind Benutzungsgebühren Geldleistungen, die als
Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen
erhoben werden. Eine Benutzungsgebühr kann daher (von der Frage der formellen und
materiellen Gültigkeit der nach §2 Abs. 1 Satz 1 KAG notwendigen Gebührensatzung
abgesehen) nur erhoben werden, wenn eine Gemeinde eine öffentliche Einrichtung
oder Anlage bereitstellt und diese von dem jeweils in Betracht kommenden
Gebührenschuldner benutzt wird. Nur die Tatsache, nicht die bloße Möglichkeit der
Benutzung der gemeindlichen Einrichtung oder Anlage berechtigt somit zur
Gebührenerhebung.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bauernfeind/Zimmermann, KAG, 2. Aufl., §6 RdNr. 5,
Dahmen/Driehaus/Küffmann/Wiese, KAG, 2, Aufl., §4 RdNr. 23; zum preußischen
KAG, preußisches OVG, Urteil vom 3. März 1939 - II C 98/38 -, RVBl 60, 435, und
OVG Lüneburg, Urteil vom 11. September 1952 - I A 157/52 -, KStZ 1953, 33 f.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auch in den Fällen des Anschluß- und Benutzungszwanges ist Voraussetzung für
die Gebührenerhebung, daß tatsächlich eine Benutzung stattgefunden hat; die
Anordnung des Anschluß- und Benutzungszwanges allein genügt für die
Gebührenerhebung nicht.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bauernfeind/Zimmermann, a.a.O., OVG Nordrhein-Westfalen (NW),
Urteile vom 28. Februar 1972 - II A 1195/69 -, (nicht veröffentlicht) und vom 9. Mai
1951 - III A 549/50 -, KStZ 1952, 64 - DÖV 1952, 186 und OVG Lüneburg, Urteil vom
11. September 1952 - I A 157/52 -, a.a.O..</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Einwand des Beklagten, diese Rechtsauffassung könne auf dem Gebiete der
Abfallbeseitigung aus Gründen der Praktikabilität nicht aufrechterhalten werden, kann
schon deshalb nicht durchgreifen, weil die gesetzliche Regelung der Benutzungsgebühr
eine andere Auslegung nicht zuläßt. Den Gesichtspunkten der Praktikabilität hat der
Gesetzgeber im übrigen auf andere Weise Rechnung getragen: Die Gemeinden
können bei Bestehen des Anschluß- und Benutzungswanges die
Grundstückseigentümer nicht nur im Wege der Verwaltungsvollstreckung zur
Benutzung der gemeindlichen Einrichtung anhalten. Sie können auch aufgrund einer
gemäß §4 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) in der Satzung zu treffenden
Regelung bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen das Gebot der
Benutzung der Einrichtung "Abfallbeseitigung" Bußgelder festsetzen.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Beklagten, der
Benutzungsgehührentatbestand sei schon mit dem Bestehen des Anschluß- und
Benutzungszwanges verwirklicht, kann daher nicht gefolgt werden. Diese Auffassung
hat im übrigen auch dazu geführt, daß sich die Kläger im Berufungsverfahren gegen
die Heranziehung zu Abfallbeseitigungsgebühren mit der Begründung gewandt haben,
sie unterlägen nicht dem Anschluß- und Benutzungszwang an die städtische
Abfallbeseitigung. Ihr Begehren auf Befreiung vom Abschluß- und Benutzungszwang ist
daher nicht als selbständiger Klageantrag zu werten. Es stellt vielmehr nur eine
zusätzliche Begründung ihres bisherigen Klageantrages auf der Grundlage der vom
Verwaltungsgericht gebilligten Rechtsauffassung des Beklagten dar.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Wann eine Benutzung der gemeindlichen Einrichtung "Abfallbeseitigung"
(begrifflich) vorliegt, ergibt sich nicht aus dem Kommunalabgabenrecht sondern aus
den das Rechtsverhältnis zwischen Benutzer und Anstaltsträger regelnden
Rechtssätzen des Anstaltsrechts.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 24. November 1975 - II A 1309/73 -, KStZ 1976,
112.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dem Kommunalabgabenrecht ist zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen
die Benutzung eine Gebührenpflicht auslöst.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Aufgabe der gemeindlichen Einrichtung "Abfallbeseitigung" ist insbesondere das
Einsammeln der angefallenen Abfälle (§1 Abs. 2 Abfallbeseitigungsgesetz - AbfG - in
Verbindung mit §1 Abs. 2 des Landesabfallgesetzes - LAbfG -). Zum Einsammeln der
Abfälle werden Müllgefäße benötigt, die aus technischen Gründen genormt sein
müssen und schon deshalb zur gemeindlichen Einrichtung gehören können, was hier
der Fall ist (§11 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Satzung über die Abfallbeseitigung in der
Stadt K.). Die von der gemeindlichen Einrichtung zur Erfüllung ihrer Aufgabe
durchzuführenden Tätigkeiten sind demnach u.a.: Bereitstellen der Müllgefäße,
Anfahren der Grundstücke und Leeren der Müllgefäße, wenn sich in diesen Abfall
befindet. Dabei stellen diese Tätigkeiten - jeweils für sich gesehen - individuelle
Leistungen der gemeindlichen Einrichtung gegenüber den Grundstückseigentümern
dar, die von diesen in Anspruch genommen werden können. Dies bedeutet wiederum,
daß eine Inanspruchnahme (Benutzung; der gemeindlichen Einrichtung
"Abfallbeseitigung" durch den Grundstückseigentümer bereits vorliegt, wenn dieser -
sei es auch nur aufgrund des Anschluß- und Benutzungszwanges - willentlich (wenn
auch nicht freiwillig) ein Müllgefäß der Gemeinde entgegennimmt und es ermöglicht,
daß Bedienstete der Müllabfuhr feststellen, ob im Müllgefäß (bzw. in den
Müllgefäßen) Abfall vorhanden ist. Zwar nimmt der Grundstückseigentümer in diesem
Falle, wenn sich kein Abfall in dem Müllgefäß befindet, die von der gemeindlichen
Einrichtung zu erbringenden Leistungen nicht in vollem Umfange in Anspruch. Er
benennt aber dann eine sogenannte Vorhalteleistung der Gemeinde in Anspruch, die
die Erhebung einer Benutzungsgebühr i.S. des §4 Abs. 2 KAG auslösen kann. Dabei
bietet sich an, diese Benutzungsgebühr in der Form der Grundgebühr (§6 Abs. 3 Satz
3 KAG; zu erheben. §6 Abs. 3 Satz 3 eröffnet nämlich den Gemeinden die
Möglichkeit, in der Gebührensatzung das Entgelt für die Benutzung der öffentlichen
Einrichtung oder Anlage in eine feste Gebühr für die Vorhalteleistung und eine variable
Gebühr für die sonstige Leistung aufzuteilen. Nimmt der Grundstückseigentümer nur
die Vorhalteleistung in Anspruch, dann fällt nur die Grundgebühr an, die dann nach
Auffassung von</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"> Bauernfeind/Zimmermann a.a.O., §6 RdNr. 48</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">zugleich Mindestgebühr ist. Die Erhebung der Grundgebühr ist nicht davon
abhängig, daß im Einzelfall auch die variable Gebühr entstanden ist. Die
entgegenstehende Auffassung des</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"> Verwaltungsgerichts Düsseldorf, Urteil vom 25. Juni 1975 - 5 K 251/75 -, KStZ
1976,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">findet weder im Wortlaut noch in der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift
einen Anhalt. Sie wird auch von der Kommentierung nicht geteilt.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bauernfeind/Zimmermann a.a.O., §6 RdNr. 46 bis 48;
Dahmen/Driehaus/Küffmann a.a.O. §6 RdNr. 158 bis 162.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung, ob und in welchem Umfange bereits die Inanspruchnahme der
Vorbehaltsleistungen der Gemeinde durch den Grundstückseigentümer die Erhebung
einer Benutzungsgebühr auslöst, ist dem Ortsgesetzgeber vorbehalten. Es obliegt
seinem Ermessen, durch Normierung entsprechender Tatbestände von
Vorbehaltsleistungen der Gemeinde für gebührenpflichtig zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die der Heranziehung der Kläger gelegte Gebührensatzung zur Satzung über die
Abfallbeseitigung in der Stadt K. vom 22. Dezember 1976 in der Fassung der
Änderungssatzung vom 13. Dezember 1977 (Gebührensatzung) normiert in ihrem §1
den Gebührentatbestand dahingehend, daß für die Beseitigung von Hausabfällen und
hausabfallähnlichen Gewerbe- und Industrieabfällen zur Deckung der Kosten
Abfallbeseitigungsgebühren erhoben werden. Dem Wortlaut dieser Vorschrift ist zu
entnehmen, daß der Ortsgesetzgeber die Benutzung der städtischen Abfallbeseitigung
erst dann als Gebührentatbestand ansieht, wenn auf den Grundstücken im Gebiet der
Stadt K. Abfall anfällt und dieser auch tatsächlich von dem durch die Stadt
beauftragten Unternehmer nach Leerung der Müllgefäße beseitigt, d.h. zumindest
eingesammelt (§1 Abs. 2 AbfG) wird. Für diesen Willen des Ortsgesetzgebers spricht
auch, daß in der Gebührensatzung nicht die Erhebung einer Grundgebühr für
Vorhalteleistungen der Stadt K. normiert ist.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Der Regelung des §6 der Gebührensatzung, wonach für jedes an die
Abfallbeseitigung angeschlossene Grundstück bei Verwendung des Umleersystems
als Mindestgebühr die Gebühr für 3 Personen bzw. Einwohnergleichwerte erhoben
wird, läßt sich etwas anderes nicht entnehmen. Die Erhebung der Mindestgebühr -
wobei die Gültigkeit der hier getroffenen Regelung offenbleiben kann - setzt nämlich
die Verwirklichung des Gebührentatbestandes im Sinne des §1 der Gebührensatzung
voraus, der - wie bereits ausgeführt - die Gebührenpflicht erst an die "Beseitigung"
(das Einsammeln) von Abfällen knüpft.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Des weiteren normiert §3 Abs. 1 lit. a der Gebührensatzung nur den zeitlichen
Beginn der Gebührenpflicht. Darüber hinaus ist diese Regelung, wonach die
Gebührenpflicht für die Abfallbeseitigung in Müllgroßbehältern (MGB 220, 1,1, 2,5 und
5,0) nach dem Umleersystem mit dem ersten Tage des Kalendervierteljahres beginnt,
in dem der Anschluß- und Benutzungszwang gemäß §5 der Satzung über die
Abfallbeseitigung in der Stadt K. eintritt, ungültig, Denn - wie zuvor dargelegt - ist die
Verwirklichung des Gebührentatbestandes unabhängig von dem Bestehen des
Anschluß- und Benutzungszwanges.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"> Vgl. zur Ungültigkeit einer derartigen Satzungsregelung OVG Lüneburg, Urteil
vom 11. September 1952 - I A 157/52 -, a.a.O.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Da, wie noch dazulegen sein wird, andere Gründe der Heranziehung der Kläger zu
Abfallbeseitigungsgebühren für das Rechnungsjahr 1979 nicht entgegenstehen, ist im
vorliegenden Fall entscheidungserheblich, ob im entsprechenden Zeitraum durch das
von der Stadt K beauftragte Müllabfuhrunternehmen auf dem Grundstück der Kläger
angefallener Abfall tatsächlich beseitigt worden ist. Dies wäre schon dann nicht der
fall, wenn das auf dem Grundstück der Kläger aufgestellte Müllgefäß nicht mit Abfall
gefüllt worden und daher eine Beseitigung des Abfalles nicht möglich gewesen wäre.
Zwischen den Parteien ist diese Tatsache jedoch streitig und bedarf, da bisher durch
das Verwaltungsgericht nicht festgestellt, noch der Aufklärung. Wegen der größeren
Ortsnähe des Verwaltungsgerichts und auch, um den Klägern nicht eine Instanz zu
nehmen, erscheint es unangebracht, diese Aufklärung in dem vorliegenden
Berufungsverfahren vorzunehmen. Der Senat hebt deshalb gemäß §130 Abs. 1 Nr. 1
VwGO den angefochtenen Gerichtsbescheid auf und verweist die Sache insoweit an
das Verwaltungsgericht zurück.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Bei der erneuten Prüfung der Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Bescheide wird
das Verwaltungsgericht noch die folgende Auffassung des Senats zu beachten
haben:</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Der rechtlichen Wirksamkeit der Heranziehung der Kläger steht nicht entgegen,
daß in dem Bescheid vom 2. Februar 1979 als Adressanten "Herrn G., P. u. ME"
bezeichnet worden sind.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Gemäß §12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG in Verbindung mit §155 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO 1977) kann ein zusammengefaßter Abgabenbescheid ergehen,
wenn mehrere Abgabenpflichtige eine Abgabe als Gesamtschuldner schulden. In dem
hiernach zulässig zusammengefaßten Abgabenbescheid sind zwar alle
Abgabenpflichtige, die der Abgabengläubiger heranziehen will, aufzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Kühn-Kutter, Abgabenordnung (AO 1977), 12. Aufl., §155 AO Anm. 5.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hätte demnach alle Miteigentümer, gegen die der Bescheid ergehen
sollte, namentlich aufführen müssen. Der vorliegende Mangel ist aber geheilt worden.
Die Klägerinnen zu 1. und 2. haben durch den Kläger zu 3. - wie der vorgelegten
Prozeßbevollmacht zu entnehmen ist - gleichzeitig mit diesem die Heranziehung zu
Müllabfuhrgebühren für das Rechnungsjahr 1979 angefochten und damit zum
Ausdruck gebracht, daß sie siech mit dem in der Anschrift des Bescheides vom 2.
Februar 1979 mit den Worten "und Miteigentümern" gekennzeichneten Personenkreis
identifizieren. Aus einer (zunächst) unbestimmten Personenmehrheit ist damit eine Zahl
bestimmter Einzelpersonen geworden, an die der Heranziehungsbescheid gerichtet
ist.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks"> Vgl. OVG NW, Urteil vom 26. April 1972 - III A 34/71 -, OVGE 27, 309.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Weiterhin ist es unschädlich, daß der angefochtene Bescheid nur in einer
Ausfertigung den Klägern übersandt worden ist. Ein hierin evtl. liegender
Bekanntmachungsmangel wäre dadurch geheilt, daß die in häuslicher Gemeinschaft
lebenden und miteinander eng verwandten Miteigentümer gemeinsam
Verfügungsgewalt erlangt haben.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 30. Juni 1975 - II A 1105/73 - (insoweit nicht
veröffentlicht) sowie Urteile des III. Senats vom 28. November 1978 - III A 519/77 -
und vom 26. August 1975 - III A 1119/72 - (beide nicht veröffentlicht) Tipke-Kruse,
Abgabenordnung, 9. Aufl., §155 Tz. 9.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Schließlich ist die der Heranziehung der Kläger zugrunde gelegte
Gebührensatzung - soweit für die Veranlagung der Kläger von Bedeutung - formell und
materiell gültiges Ortsrecht. Insbesondere ist der in ihrem §4 normierte
Gebührenmaßstab rechtmäßig. Der für die Erhebung der Gebühr für die
Abfallbeseitigung nach dem Umleersystem auf die Zahl der auf den Grundstücken
wohnenden Personen (bzw. Einwohnergleichwerten) abstellende Maßstab stellt einen
Wahrscheinlichkeitsmaßstab dar, der nicht in einem offensichtlichen Mißverhältnis zu
der Inanspruchnahme der Abfallbeseitigung steht und deshalb gemäß §6 Abs. 3 Satz
2 KAG zulässig ist.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Urteil des Senats vom 20. November 1978 - II A 694/76 - (nicht
veröffentlicht).</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Auf die Frage der Gültigkeit des §6 der Gebührensatzung kommt es hier nicht an,
weil auf dem Grundstück der Kläger mehr als 3 Personen wohnen.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Die - zuvor dargelegte - Unwirksamkeit der in §3 der Gebührensatzung
enthaltenen Regelung über den Beginn der Gebührenpflicht führt nicht zur Nichtigkeit
der Gebührensatzung im Ganzen. Denn die Regelung des Zeitpunktes der erstmaligen
Erstehung der Gebührenpflicht ist kein notwendiger Bestandteil der Gebührensatzung
gemäß §2 Abs. 1 Satz 2 KAG. Die Nichtigkeit einer Teilregelung führt nach dem aus
§139 des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu entnehmenden und auch auf
kommunale Satzungen anzuwendenden Rechtsgrundsatz nicht zur Nichtigkeit der
übrigen Teilregelungen, wenn diese für sich sinnvoll bleiben und anzunehmen ist, daß
der Grundgesetzgeber die übrigen Teilregelungen bei Kennsatz der Nichtigkeit
aufrechterhalten hätte. Die bezüglich der Gebührenerhebung in der Gebührensatzung
getroffenen Regelungen bleiben trotz eines Fehlens einer Regelung über den Zeitpunkt
der erstmaligen Entstehung der Gebührenpflicht sinnvoll und insbesondere anwendbar.
Für die erstmalige Entstehung der Gebührenpflicht ist nämlich - unabhängig von einer
Satzungsregelung - auf die tatsächliche Benutzung der städtischen Abfallbeseitigung
im Sinne der Tatbestandsregelung, also hier auf die erstmalige Beseitigung des
Abfalls im Einzelfall abzustellen. Es ist auch anzunehmenden, daß der Rat der Stadt K.
bei Kenntnis einer evtl. gegebenen Nichtigkeit dieser Einzelregelung die übrigen
Regelungen der Satzung aufrechterhalten hätte; denn nach §6 Abs. 1 Satz 1 KAG ist
die Stadt zur Erhebung von Benutzungsgebühren verpflichtet, wenn - wie im
vorliegenden Fall - ein Einrichtung überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder
Personengruppen dient.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Der erst im Berufungsverfahren gestellte Antrag auf Verurteilung des Beklagten
zur Rückzahlung der Abfallbeseitigungsgebühren in Höhe von 199,80 DM ist nach
§113 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Auf das
Vorliegen der Voraussetzungen einer zulässigen Klageänderung kommt es nicht
an.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10. November 1965 - V C 100.64 -,
BVerwGE 22, 314 und Bay. VGH, Urteil vom 19. Mai 1976 - Nr. 156 VI 72 -, Bay.
VBl 1976, 565 f.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Es bedarf auch nicht einer Änderung des Rubrums auf der Beklagtenseite. Der
Erstattungsanspruch richtet sich zwar gegen die Stadt K.. Der beklagte Stadtdirektor
ist jedoch als Partei mit der Stadt identisch.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks"> Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 6. Dezember 1967 - IV C 66.65 -,
(nicht veröffentlicht; sowie die Entscheidungen des Senats vom 11. Dezember 1968
- II A 1280/66 -, (nicht veröffentlicht; und vom 28. Februar 1975 - II B 87/75 -, NJW
1975, 2086 = JMBl NW 1975, 227.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Da der geltend gemachte Erstattungsanspruch (§12 Abs. 1 Nr. 2 lit. b KAG in
Verbindung mit §37 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -) vom Erfolg der
Anfechtungsklage abhängig ist, wird der Rechtsstreit auch insoweit an das
Verwaltungsgericht zurückverwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung bleibt der erneuten Entscheidung des
Verwaltungsgerichts vorbehalten.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache unter bundesrechtlichen
oder verwaltungsverfahrensrechtlichen Gesichtspunkten keine grundsätzliche
Bedeutung hat und das Urteil auch nicht von einer Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts abweicht (§§132 Abs. 2, 137 Abs. 1 VwGO).</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
315,945 | lg-essen-1980-04-18-9-o-13880 | {
"id": 809,
"name": "Landgericht Essen",
"slug": "lg-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 9 O 138/80 | 1980-04-18T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:12 | 2019-03-27T09:41:48 | Teilurteil | ECLI:DE:LGE:1980:0418.9O138.80.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Widerklage wird abgewiesen. </p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p>Die weiteren Entscheidungen bleiben dem Schlußurteil vorbehalten. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Parteien waren verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil des Familiengerichts Essen (vom 19.10.1979 (Aktz.: 109 F 94/79) geschieden. Anläßlich des Teilungsverfahrens haben sie sich außergerichtlich über die Verteilung von Hausratsgegenständen geeinigt; einen Teil der Gegenstände, die der Beklagte im Keller eingelagert hatte, hat die Klägerin zwischenzeitlich an sich gebracht und den Rechtsstreit in der Hauptsache deswegen teilweise für erledigt erklärt. Im Übrigen verlangt sie nunmehr Schadensersatz und trägt vor, einen Teil ihrer persönlichen Gegenstände (Hosenanzug, Jeans, zwei Gabardinehosen, eine Rotfuchsjacke, zwei Paar Stiefel und eine elektrische Nähmaschine) mit einem Wert von insgesamt 1.290,-- DM hätte sie nicht mehr in der Wohnung bzw. im Keller vorgefunden. Für die restlichen Hausratsgegenstände (Besteck, Topf, Bettbezug u.a., Handtücher u.a., Bild mit Rahmen, Windlicht u.a., Lexika, Saftservice, Kaffeeservice und Eßservice) veranschlagt sie einen Zeitwert von 1.520,-- DM. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">den Beklagten zu verurteilen, </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">an sie 1.290,-- DM und 1.520,-- DM </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">nebst jeweils 4% Zinsen seit dem 18.4.1980 </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">widerklagend, </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klägerin zu verurteilen, auf ihn ihren </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hälftigen Anteil an dem Sparkonto der D-Bank </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">(Filiale ...) und dem D-Bank- </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">Sparbrief (Konto ...) mit einem Nennwert von </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">85.000,-- DM, fällig am 25.10.1980, zu übertragen. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte behauptet, die persönlichen Gegenstände (Kleidungsstücke) der Klägerin hätten sich im Keller befunden und jederzeit dort abgeholt werden können. Von den Hausratsgegenständen sei im Hausratsverteilungsverfahren nur das ursprünglich 30-teilige Besteck von der Klägerin herausverlangt worden. Über die von ihr aufgelisteten Gegenstände habe man sich geeinigt; alle übrigen Teile habe er, der Beklagte, behalten sollen. Im übrigen habe er einen Teil der Gegenstände (Stilleben mit Feuer und Bilderrahmen, Lexika) an seine Mutter verschenkt; die Zinngegenstände und das Saftservice seien Geschenke an ihn gewesen und gehörten ihm deswegen allein. Außerdem habe die Klägerin unberechtigt eine Wurstmaschine, Wandteller, Keramikvase, Blumenkranz und Tischdecke an sich genommen, weswegen er ein Zurückbehaltungsrecht geltend mache. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Widerklage stützt der Beklagte darauf, daß die Sparbriefe im wesentlichen aus Mitteln seiner Eltern erworben worden seien, die sie allein ihm schenkweise zur Verfügung gestellt hätten. Auf Anraten seiner Mutter habe er die Sparbriefkonten auf den Namen beider Ehegatten angelegt, da sie der Auffassung gewesen sei, die Schenkung solle eine finanzielle Grundlage für die Ehe sein und weil sie selbstverständlich von der Dauerhaftigkeit der Ehe ausgegangen sei. Deswegen sei die Anfechtung der Schenkung und deren Widerruf mit Schreiben vom 11.1.1980 auch begründet. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Widerklage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin behauptet, die beiden Sparbriefe seien nicht aus Mitteln des Beklagten bzw. dessen Eltern gekauft worden; vielmehr habe sie selbst ca. 15.000,-- DM beigesteuert, während der Rest aus der eigenen Erwerbstätigkeit beider Parteien stamme; Zuwendungen der Eltern des Beklagten seien zum Kauf von Mobiliar verwandt worden. Es habe sich nicht um eine Schenkung seitens des Beklagten gehandelt, sondern um einen Ausgleich für ihre Mitarbeit im Geschäft. Im übrigen bestehe für einen Widerruf oder eine Anfechtung kein Grund, da die Ehe aus objektiven Gründen gescheitert sei. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Da die Widerklage im Sinne einer Abweisung entscheidungsreif ist, war über sie durch Teilurteil zu befinden. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Rückgewähr steht dem Beklagten auf der Grundlage seines eigenen Vorbringens nicht zu. Der Beklagte trägt nämlich selbst vor, daß er und nicht etwa seine Eltern die Klägerin an dem Sparbrief und dem Sparkonto schenkungsweise beteiligt hat. Der Widerruf einer Schenkung zwischen Ehegatten wegen groben Undanks (§ 530 Abs. 1 BGB) ist aber allenfalls dann möglich, wenn sich der beschenkte Ehegatte eines exzessiven Fehlverhaltens schuldig gemacht hat, wobei zur Beurteilung dieses Tatbestandes die Grundgedanken des neuen Eherechts maßgebend sind. Das ergibt sich auch daraus, daß das spezielle Widerrufsrecht des § 73 EheG a.F. entfallen ist. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Im übrigen ist sowohl die einjährige Widerrufsfrist des § 532 BGB als auch die Anfechtungsfrist des § 121 BGB verstrichen. Die Parteien leben seit dem 26.5.1978 getrennt. Nach dem Vorbringen des Beklagten hat die Klägerin ihn verlassen, so daß ab diesem Zeitpunkt die Widerrufsmöglichkeit bestand. Der Beklagte hat indes den Widerruf und die Anfechtung erst mit Schreiben vom 11.1.1980 erklärt. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage kommen nicht zur Anwendung. Der Beklagte hat zum einen nicht dargelegt, daß er sich bei Hingabe der Schenkung konkrete Vorstellungen über den Bestand der Ehe und ihre Dauer gemacht und diese auch zum Ausdruck gebracht hat, daß diese Vorstellungen somit zur Geschäftsgrundlage erhoben worden sind. Zum anderen haben Schenkungen unter Ehegatten in die gesetzliche Regelung des ehelichen Güterrechts Eingang gefunden (vgl. §§ 1380, 1374 BGB), so daß für ihre Abwicklung im Rahmen der Generalklausel des § 242 BGB im Fall der Scheidung kein Raum ist. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die weiteren Entscheidungen über die Kosten werden sich aus dem Schlußurteil ergeben. </p>
|
315,946 | olgham-1980-04-14-15-w-5279 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 52/79 | 1980-04-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:14 | 2019-03-27T09:41:48 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1980:0414.15W52.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p>Der Beteiligte zu 1) hat dem Beteiligten zu 2) die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.</p>
<p>Der Gegenstandswert wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf DM 100.000 festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 2) ist Prüfungsverband im Sinne des §54 GenG und gemäß §63 b GenG
eingetragener Verein im Sinne des §21 BGB. Er ist im Juni 1971 durch Verschmelzung des mit dem ... entstanden.
Der Beteiligte zu 1) stand seit 1956 in den Diensten des ... und wurde im Jahr 1967 zum Verbandsdirektor gewählt.
Am 20. März 1969 schloß er mit diesem Verband einen Dienstvertrag, durch den er bis zur Vollendung seines
65. Lebensjahres als Verbandsdirektor angestellt wurde. Nach der Fusion der beiden Verbände und Gründung
des Beteiligten zu 2) wurde der Beteiligte zu 1) in der Sitzung des Verbandsausschusses vom 9. Juni 1971 in seinem
Amt als Verbandsdirektor und hauptamtlich geschäftsführendes Vorstandsmitglied bestätigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach §10 Abs. 1 der Satzung besteht der Verbandsvorstand aus 5 Mitgliedern, und zwar aus zwei hauptamtlich
geschäftsführenden Verbandsdirektoren und drei ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Abs. 2 lautet:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><i>Die hauptamtlich geschäftsführenden Verbandsdirektoren werden vom Verbandsausschuß bestellt, der
auch die Anstellungsbedingungen regelt. ... Mit dem Ausscheiden aus den Diensten des Verbandes endet das
Organverhältnis der hauptamtlich geschäftsführenden Verbandsdirektoren.</i></p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">§11 Abs. 2 der Satzung lautet:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><i>Den hauptamtlich geschäftsführenden Verbandsdirektoren obliegt die Erledigung der laufenden
Geschäfte des Verbandes. ...</i></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In Abs. 3 heißt es:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><i>Die hauptamtlich geschäftsführenden Verbandsdirektoren vertreten gemeinschaftlich, im Verhinderungsfalle
jedoch einzeln, den Verband gerichtlich und außergerichtlich. Sie sind die gesetzlichen Vertreter des Verbandes im
Sinne des §26 BGB. ...</i></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Wahl und Abberufung der Vorstandsmitglieder ist nach §17 Abs. 1 b Aufgabe des Verbandsausschusses, dessen
Zusammensetzung sich aus §13 der Satzung ergibt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nachdem es zu Streitigkeiten über die Geschäftsführung des Beteiligten zu 1) gekommen war, beschloß
der Verbandsausschuß in einer außerordentlichen Sitzung vom 12. Mai 1975 dessen fristlose Entlassung. An seiner
Stelle wurde durch Beschluß des Verbandsausschusses vom 2. Juni 1972 ... zum Verbandsdirektor und
geschäftsführenden Vorstandsmitglied bestellt. Daneben war und ist bis heute ... als geschäftsführendes
Vorstandsmitglied ins Vereinsregister eingetragen. Dieser meldete zusammen mit ... das Ausscheiden des Beteiligten zu 1)
und die Neubestellung des ... zur Eintragung ins Vereinsregister an. Hierauf wurde der Beteiligte zu 1) am 23. Juni 1972
im Vereinsregister gelöscht. Kündigung und Abberufung als Vorstandsmitglied wurden seitens des Beteiligten zu 2)
noch mehrfach wiederholt.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">In der Folgezeit war der Beteiligte zu 1) beim Beteiligten zu 2) nicht mehr beschäftigt, stellte jedoch seine
Dienste zur Verfügung. Er führte gegen den Beteiligten zu 2) mehrere Zivilprozesse mit dem Ziel, die Unwirksamkeit
der Kündigung festzustellen und die Weiterbezahlung seiner Bezüge zu erreichen. Nachdem durch rechtskräftiges
Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 31. März 1976 (25 U 17/75) festgestellt worden war, daß die Kündigung
unwirksam sei und das Dienstverhältnis fortbestehe, meldete der Beteiligte zu 1) unter Beifügung dieses Urteils
mit notariell beurkundeter Erklärung vom 15. April 1977 zur Eintragung in das Vereinsregister des Amtsgerichts
Münster an, daß er geschäftsführendes Vorstandsmitglied sei. Zu diesem Zeitpunkt waren im
Vereinsregister als geschäftsührende Vorstandsmitglieder ... und ... eingetragen. Hierauf ordnete das
Amtsgericht - Rechtspfleger - am 2. Mai 1977 die Eintragung des Beteiligten zu 1) als geschäftsührendes
Vorstandsmitglied an und gab diese Vefügung den Beteiligten bekannt, ohne sie bisher zu vollziehen. Auf den Widerspruch
des Beteiligten zu 2) legte der Rechtspfleger die Sache dem Richter vor, der nicht abhalf und dem Landgericht zur
Entscheidung vorlegte. Dieses behandelte das Rechtsmittel als Beschwerde und hob mit dem angefochtenen Beschluß
vom 6. Februar 1979 die Eintragungsverfügung auf und wies die Anmeldung zur Eintragung zurück. Hiergegen hat
der Beteiligte zu 2) weitere Beschwerde eingelegt, mit welcher er weiterhin seine Eintragung ins Vereinsregister erstrebt.
Der Beteiligte zu 2) hat um Zurückweisung des Rechtsmittels gebeten.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde ist statthaft und in der rechten Form eingelegt, §§27, 29 FGG. Der Beteiligte zu 1)
ist auch beschwerdebefugt, da ihn der angefochtene Beschluß in der von ihm beanspruchten Rechtsstellung als Organ
des Beteiligten zu 2) beeinträchtigt. Seine Beschwerdebefugnis wird auch nicht etwa dadurch ausgeschlossen, daß
diese Rechtsstellung bereits durch rechtskräftiges Urteil aberkannt wäre (vgl. OLG Stuttgart, Rpfleger 1970,
283 = OLGZ 1970, 419). Das ist nämlich nicht der Fall. Das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Hamm
vom 8. März 1978 - 8 U 264/77 - geht zwar in den Gründen davon aus, daß die Organstellung des Beteiligten
zu 1) beendet sei, entfaltet jedoch insoweit keine Rechtskraft, da Streitgegenstand lediglich die - vom Oberlandesgericht
bejahte - Zahlungsverpflichtung des Beteiligten zu 2) aus dem Dienstverhältnis war. Vielmehr ist die Feststellung
der Fortdauer der Organstellung des Beteiligten zu 1) (u.a.) Gegenstand des Verfahrens 4 U 270/77 vor dem Landgericht
Münster; dieser Teil des Verfahrens ist aber mit Rücksicht auf das hier vorliegende Beschwerdeverfahren
ausgesetzt worden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Hierbei kann dahinstehen, ob die Erwägungen des
Landgerichts über die Beendigung der Organstellung des Beteiligten zu 1), mit welchen es seine Entscheidung
begründet hat, zutreffen; denn die Entscheidung erweist sich schon aus anderen Gründen, die einer
materiell-rechtlichen Prüfung der Beendigung der Organstellung vorhergehen, als im Ergebnis richtig, §27
Abs. 2 FGG i.V.m. 563 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dem Landgericht lag eine zulässige Erstbeschwerde des Beteiligten zu 2) vor. Zwar ist die Eintragungsverfügung
an sich nicht beschwerdefähig, wie das Landgericht auch nicht verkennt, da es sich lediglich um einen gerichtsinternen
Vorgang handelt. Anderes gilt aber, wenn sie - wie hier - einem Beteiligten bekannt gemacht und noch nicht vollzogen ist
(OLG Stuttgart, a.a.O.; Keidel/Kuntze/Winkler, FG, 11. Aufl., FGG §19 Rdn. 11 Fußn. 3; offengelassen im
Senatsbeschluß vom 6. Oktober 1953, 15 W 310/53, DnotZ 1954, 92; a.A. wohl Jansen, FGG, 2. Aufl., §19 Rdn.
15). Dies entspricht einem praktischen Bedürfnis, vor zweifelhaften Eintragungen eine beschwerdefähige
gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Der Beteiligte zu 2) war auch beschwerdebefugt, weil es ich um die
Zusammensetzung seines Vorstands handelte.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">In der Sache hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend die Eintragungsverfügung als zu Unrecht ergangen aufgehoben
und die Anmeldung zur Eintragung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, daß der Beteiligte zu 1)
unbeschadet der Fortdauer des Dienstverhältnisses - infolge wirksamer Abberufung durch den Verbandsausschuß nicht
mehr geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Beeteiligten zu 2) sei.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ob diese Beurteilung der materiellen Rechtslage zutrifft, kann hier dahinstehen. Jedenfalls bildete die Anmeldung des
Beteiligten zu 1) vom 15. April 1977 keine geeignete Grundlage für die vom Amtsgericht verfügte Eintragung, da
sie schon aus formellen Gründen hätte zurückgewiesen werden müssen. Die Anmeldung allein durch den
Beteiligten zu 1) entspricht nämlich nicht dem Erfordernis des §67 BGB, wonach die Anmeldung einer
Vorstandsänderung zum Vereinsregister durch den Vorstand - und zwar den neuen Vorstand (KGJ 18, 33;
Soergel/Siebert/Schultze-v. Lasaulx, BGB, 11. Aufl., §67 Rdn. 3) zu erfolgen hat. Hierbei ergibt sich der Begriff
des Vorstandes aus §26 BGB. Da nach der Satzung des Beteiligten zu 2) der Vorstand im Sinne des §26 BGB aus
den beiden Verbandsdirektoren als den geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern besteht, sind Änderungen
des Vorstands von diesen Vorstandsmitgliedern anzumelden (OLG Karlsruhe, Justiz 1978, 140). Dabei ist es ohne Belang,
ob es sich aus der Sicht des Beteiligten zu 1) lediglich um eine "Wiedereintragung" anstelle des seiner Meinung
nach zu Unrecht derzeit im Vereinsregister eingetragenen ... handelt. Aus registerrechtlicher Sicht liegt schon deshalb
eine Änderung im Sinne des §67 BGB vor, weil die Eintragung eines anderen als des derzeit eingetragenen
Vorstandes angemeldet worden ist. Hierbei wie auch bei den folgenden Erörterungen kann die Rechtsgrundlage für
die vom Beteiligten zu 1) angemeldete Vorstandsänderung dahinstehen. Anzumerken ist allerdings, daß die
Anmeldung auch deshalb problematisch erscheint, weil nicht zugleich das Ausscheiden eines der beiden eingetragenen
Vorstandsmitglieder angemeldet worden ist und folglich bei Vollzug der angefochtenen Verfügung entgegen der Satzung
drei geschäftsführende Vorstandsmitglieder eingetragen wären. Der Beteiligte zu 1) hat im übrigen
erst im Laufe des Verfahrens zu erkennen gegeben, daß er anstelle von eingetragen werden wolle, ohne dessen
Ausscheiden anzumelden.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Festzuhalten bleibt, daß es - unbeschadet der materiell-rechtlichen Befugnis des Beteiligten zu 1) zur Anmeldung -
jedenfalls insoweit an der nach §67 BGB erforderlichen Anmeldung durch den Vorstand fehlt, als nicht noch ein weiteres
geschäftsführendes Vorstandsmitglied ebenfalls die Eintragung angemeldet hat, so daß zumindest in formeller
Hinsicht eine ordnungsgemäße Anmeldung durch den Vorstand im Sinne des §26 BGB (d.h. hier durch zwei
geschäftsführende Vorstandsmitglieder) vorläge. Hierbei führt es zu keiner anderen Beurteilung,
daß die Satzung in §11 Abs. 2 Einzelvertretungsbefugnis für den Verhinderungsfall vorsieht. Daß
die Anmeldung von Vorstandsänderungen durch alle Vorstandsmitglieder, hier durch die geschäftsführenden
Vorstandsmitglieder, die nach der Satzung den Vorstand im Sinne des §26 BGB bilden, zu bewirken ist, entspricht
einer weit verbreiteten Auffassung. (KGJ 41 A 152; KG DR 1942, 725; LG Düsseldorf, NJW 1949, 787; LG Wuppertal,
MDR 1951, 735; LG Stade, MDR 1962, 50; LG Lüneburg, DnotZ 1964, 491; BGB-RGRK (Steffen), 12. Aufl., §67 Rdn. 2,
§71 Rdn. 3; Ermann/Westermann, BGB, 6. Aufl., §67 Rdn. 1; Palandt/Heinrichs, BGB 39. Aufl., §67 Anm. 1;
§59 Anm. 1; Münchner Kommentar (Reuter), BGB, §71 Rdn. 3; Märkle, Der Verein, 3 Aufl., S. 22, 30;
Bassenge, FGG, 2 Aufl., §159 Anm. 2 a; Jansen, a.a.O., §159 Rdn. 13; Michaelis, Registerwesen (1930), Seite 223;
Richert, SchlHA 1956, 309 und NJW 1956, 365; Reichert/Dannecker/Kühr, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 2.
Aufl., Rdn. 86). Der entgegengesetzten Meinung Stöbers (Vereinsrecht 2. Aufl., Rdn. 298 und Rpfleger 1967, 342),
daß die Anmeldung durch den Vorstand in satzungsgemäß vertretungsberechtigter Zahl oder durch ein
alleinvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied erfolgen könne, hat sich ein Teil von Rechtsprechung und Schrifttum
mit der Maßgabe angeschlossen, daß zwischen der Erstanmeldung des Vereins und späteren Anmeldungen zu
unterscheiden sei. Während die Erstanmeldung von allen Vorstandsmitgliedern vorzunehmen sei, könnten spätere
Anmeldungen durch die satzungsgemäß vertretungsberechtigten Mitglieder in der erforderlichen Zahl, gegebenenfalls
durch ein zur Einzelvertretung berechtigtes Vorstandsmitglied allein erfolgen (LG Hof, MittBayNot 1973, 342; AG Mannheim,
Rpfleger 1979, 196; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 10. Aufl., Seite 204; Soergel/Siebert/Schultze-v. Lasaulx,
a.a.O., §67 Anm. 3 (anders noch die 10. Aufl.); Staudinger/Coing, BGB, 10./11. Aufl., §59 Rdn. 4;
Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., §159 Rdn. 21; offengelassen in BayObLGZ 1972, 29, 36). Zur Begründung dieser
Differenzierung wird angegeben, daß bei der Erstanmeldung die Vertretungsverhältnisse noch nicht aus der
Satzung ersichtlich seien, während dies bei späteren Anmeldungen der Fall sei (so Sauter/Schweyer a.a.O.).
Dies ist sicher richtig, für die zu beurteilende Frage indessen nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Zum einen
muß die Differenzierung zwischen Erstanmeldung und späteren Anmeldungen problematisch erscheinen, da sie
sich nicht aus dem Gesetz ergibt, und zum anderen entbehrt sie, da nichts auf einen entsprechenden Willen des
Gesetzgebers schließen läßt, der inneren Rechtfertigung. Das BGB kennt in den maßgeblichen
Vorschriften über die registermäßige Behandlung eingetragener Vereine (§§55 ff) nur einen
Begriff des Vorstandes, nämlich denjenigen, der sich aus §26 BGB ergibt. Diesem Vorstand obliegen die Pflichten,
die sich aus den betreffenden Bestimmungen ergeben, und die sich zugleich für ihn als Rechte darstellen. Eine
Differenzierung der genannten Art muß daher als willkürlich erscheinen, zumal sie von der Sache her nicht
geboten ist. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Die Anmeldung von Vorstandsänderungen (das gleiche dürfte
für Satzungsänderungen nach §71 BGB gelten) ist stets von allen Vorstandsmitgliedern im Sinne des §26
BGB zu bewirken, weil es sich bei der Anmeldung um eine den Vorstandsmitgliedern obliegende persönliche Verpflichtung
handelt, die sich nicht aus ihrer rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis, sondern aus ihrer Stellung als
gesetzlicher Vorstand ergibt. Diese Bewertung ergibt sich aus der im Gesetzeswortlaut ("der Vorstand") klar
zum Ausdruck gekommenen Entscheidung des Gesetzgebers für die Anmeldung beim eingetragenen Verein, so daß
der Vergleich mit der Rechtslage bei Gesellschaften (so Stöber, Rpfleger 1967, 342 f) keine abweichende Beurteilung
zu rechtfertigen vermag. Gegenüber dieser persönlichen Verpflichtung - das Kammergericht bezeichnet sie in der
in DR 1942, 725 f. abgedruckten Entscheidung sogar als öffentlich-rechtliche Pflicht der Vorstandsmitglieder
gegenüber dem Registergericht - sind die Regelungen der Satzung über die Vertretungsbefugnis ohne Bedeutung,
da sie nur die rechtsgeschäftliche Vertretung des Vereins zum Gegenstand haben, während es vorliegend eben
nicht um die Vertretung des Vereins, sondern um eine den Vorstandsmitgliedern in dieser Eigenschaft vom Gesetz auferlegte
persönliche Verpflichtung geht. Die satzungsgemäße Regelung der rechtsgeschäftlichen Vertretungsbefugnis
kann deshalb nicht dazu führen, bei einzelnen, nicht für die rechtsgeschäftliche Vertretung des Vorstands
erforderlichen Vorstandsmitgliedern die Pflicht - und das Recht - zur Anmeldung auszuschließen. Wie mißlich
eine solche Beschränkung der Rechtsstellung der übrigen Vorstandsmitglieder in Bezug auf die Anmeldung des
Vorstands wäre, zeigt recht deutlich der vorliegende Fall: eine nicht im Vereinsregister eingetragene Person meldet
sich zum Vereinsregister als neuer Vorstand an, wobei das Registergericht die Verhinderung anderer Vorstandsmitglieder
nicht nachzuprüfen braucht, und setzt sich bei Einzelvertretungsbefugnis so an die Stelle des im Vereinsregister
eingetragenen Vorstandes. Inwieweit durch die Prüfungspflicht des Registerrichters ein solches Ergebnis vermieden
werden könnte, braucht hier nicht entschieden zu werden. Die vorliegende Fallgestaltung zeigt aber, daß es
sich bei der Anmeldung zum Vereinsregister nicht nur um eine Pflicht, sondern um ein Recht des Vorstandes handelt, das
durch die Erstreckung der rechtsgeschäftlichen Alleinvertretungsbefugnis auch auf diesen Tatbestand in bedenklicher
Weise beschnitten würde. Nur ergänzend sei noch bemerkt, daß die Anmeldung zum Vorstand durch eine nicht
im Vereinsregister eingetragene Person jedenfalls dann an der Prüfungspflicht des Registerrichters scheitern
dürfte, wenn an der Anmeldungspflicht nicht noch andere im Vereinsregister eingetragene Personen mitwirken.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war die weitere Beschwerde zurückzuweisen, ohne daß es darauf ankommt, ob der Beteiligte zu 1)
tatsächlich noch geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Beteiligten zu 2) ist. Die Klärung dieser
Frage muß dem bereits anhängigen Zivilprozeß vorbehalten bleiben.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung erbibt sich aus §13 a Abs. 1 S. 2 FGG.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Wertfestsetzung beruht auf §§131 Abs. 2, 28, 30 Abs. 2 KostO.</p>
|
315,947 | olgk-1980-03-27-23-wlw-3279 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 23 WLw 32/79 | 1980-03-27T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:16 | 2019-03-27T09:41:48 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1980:0327.23WLW32.79.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Geldern vom 2. November 1979 - LwS 1/79 - abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>1. Die Einwendungen der Beteiligten zu 1) gegen das Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 5) zu dem Kaufvertrag vom 29. Mai 1979 vor Notar L in L3 - UR Nr. #####/#### - werden für begründet erklärt; der Beteiligten zu 5) steht ein Vorkaufsrecht nicht zu.</p>
<p></p>
<p>2. Der Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu dem Kaufvertrag vom 29. Mai 1979 vor Notar L in L3 - UR Nr. #####/####- wird, soweit durch diesen Vertrag die landwirtschaftlich genutzte Fläche des Grundstücks G1 verkauft wird, zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>3. Die Gerichtskosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Beteiligten zu 1) als Gesamtschuldner.</p>
<p></p>
<p>Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen findet nicht statt.</p>
<p></p>
<p>Geschäftswert: Für beide Instanzen 243.000,-- DM.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Gründe:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) haben durch den vor Notar L in L3 am 29. Mai 1979 unter UR Nr. #####/#### geschlossenen Kaufvertrag von den Beteiligten zu Nr. 2-4 zu je 1/2 Anteil ein Teilstück aus dem im Grundbuch des Amtsgerichts Geldern verzeichneten Grundbesitz G1, Hof- und Gebäudefläche, groß 980 qm, Grünland, groß 30488 qm, Wald (Holzung) groß 4131 qm gekauft. Das Teilstück hat eine Größe von 31.568 qm. Es besteht aus Grünland mit einem aufstehenden Gebäude, das im Jahr 1965 aus einer Scheune zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Auf dem nicht verkauften Restteil der Parzelle steht das Wohngebäude eines früheren landwirtschaftlichen Betriebes, der vor ca. 20 Jahren eingestellt wurde.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben den Gesamtkaufpreis von 243.000,-- DM aufgeschlüsselt in einen Teilbetrag von 150.000,-- DM für das aufstehende Gebäude und einen Teilbetrag von 93.000,-- DM für den verkauften Grund und Boden.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der antragstellende Ehemann ist Inhaber eines Konstruktionsbüros in L2; die antragstellende Ehefrau ist Hausfrau. Die Antragsteller besitzen 8 Pferde und wollen nach ihrem Bekunden auf dem gekauften Grundstück eine Pferdezucht betreiben, die der Ehefrau als selbständige Erwerbsquelle dienen soll.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Grundstückskaufvertrag wurde vom beurkundenden Notar am 1. Juni 1979 der Genehmigungsbehörde zur Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz vorgelegt. Die Genehmigungsbehörde verlängerte durch Zwischenbescheid vom 27. Juni 1979 - den Beteiligten zu 1-4) zugestellt am 28. Juni 1979 - die Frist zur Entscheidung auf 3 Monate mit der Begründung, daß der Vertrag gem. § 12 Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) der Siedlungsbehörde zur Herbeiführung einer Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vorzulegen sei. Die Beteiligte zu 5) als zuständiges Siedlungsunternehmen übte durch Erklärung vom 5. Juli 1979 das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) aus. Mit Bescheid vom 10. Juli 1979 - zugestellt am 11. Juli 1979 - teilte die Genehmigungsbehörde den Beteiligten zu 1-4) die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 5) mit.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid haben die Beteiligten zu 1) am 23. Juli 1979 beim Amtsgericht Geldern Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligten zu 5) gegenüber haben sich der Landwirt K. M. F. aus G1 und dessen Ehefrau notariell verpflichtet, in den Grundstückskaufvertrag vom 29. Mai 1979 einzutreten. Der Landwirt F ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, der etwa 2 km von dem verkauften Grundstück entfernt liegt. Er betreibt Rindviehzucht und Sauenhaltung; zur Zeit der mündlichen Verhandlung I. Instanz hielt er 27 Milchkühe und 30 Sauen auf einer Betriebsfläche von 12 1/2 ha Eigenland und 10 ha zugepachteter Fläche. Von dem Eigenland liegen 2 1/2 ha etwa 25 km weit vom Hof entfernt in der Ortschaft T.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Betriebsgebäude sind zu einer weiteren Aufstockung des Viehbestandes geeignet.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Seit 1973/74 hat der Landwirt F den Betrieb an seinen Sohn, den Landwirt K1. F., verpachtet und sich selbst auf das Altenteil zurückgezogen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) haben beantragt,</p>
<blockquote><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">den Bescheid des Geschäftsführers der Kreisstelle Kleve der Landwirtschaftskammer Rheinland vom 10. Juli 1979 aufzuheben und den Kaufvertrag zu genehmigen.</p></blockquote>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 5) hat beantragt,</p>
<blockquote><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückzuweisen.</p></blockquote>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Geldern hat mit Beschluß vom 2. November 1979 den Antrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und ihre Einwendungen gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde vom 10. Juli 1979 über die Ausübung des Vorkaufsrechts für unbegründet erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen ihnen am 28. November 1979 zugestellten Beschluß haben die Beteiligten zu 1) mit einem am 10. Dezember 1979 beim Amtsgericht Geldern eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, daß ein Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 5) nicht begründet sei, weil die verkaufte Teilparzelle nicht allein landwirtschaftlich genutzt werde. Das frühere Scheunengebäude sei spätestens seit dem Umbau zu Wohnzwecken im Jahre 1965 endgültig der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen worden. Die Mitteilung der Landwirtschaftsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts seitens der Beteiligten zu 5) sei deshalb ohne Rechtswirkung. Da im übrigen in dem Bescheid eine Versagung der beantragten Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht ausgesprochen worden sei, gelte der Vertrag nach § 6 Abs. 2 GrdstVG als genehmigt. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 1) beantragen,</p>
<blockquote><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung ihre Einwendungen gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts für gerechtfertigt zu erklären,</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">hilfsweise, dem Kaufvertrag, soweit erforderlich, die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu erteilen.</p></blockquote>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 5) beantragt, </p>
<blockquote><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p></blockquote>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten zu 2-4) unterstützen den Antrag der Beteiligten zu 1). Die Vertreter der Genehmigungsbehörde und der Landwirtschaftskammer Rheinland hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist ansich statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 9, 22 Abs. 1 LwVG, 21, 22 Abs. 1 FGG). In der Sache führt sie zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses, weil die Einwendungen der Beteiligten zu 1) gegen das Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 5) begründet sind; denn ein Vorkaufsrecht der Beteiligten zu 5) nach dem Reichssiedlungsgesetz besteht nicht. Dem weitergehenden Antrag der Beteiligten zu 1) auf Erteilung der landwirtschaftsgerichtlichen Genehmigung des Grundstückskaufvertrages konnte dagegen nicht entsprochen werden.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Ein Vorkaufsrecht des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens besteht nach § 4 Abs. 1 des RSG nur an landwirtschaftlichen Grundstücken und an Moor- oder Ödland, das in landwirtschaftliche Kultur gebracht werden kann. Das von den Beteiligten zu 1) erworbene Teilstück von 3,15.68 ha aus der einheitlichen Parzelle G1 wird zwar flächenmäßig fast ausschließlich, jedenfalls in einer für das Vorkaufsrecht nach § 4 Abs. 1 RSG maßgebenden Größe von mehr als 2 ha landwirtschaftlich und zwar als Grünland genutzt. Es befindet sich aber auf dem verkauften Teilstück auch ein nicht landwirtschaftlich genutztes Wohngebäude. Das Wohngebäude, das nach endgültiger Auflösung des früher auf dem Grundstück befindlichen landwirtschaftlichen Betriebes aus einer Scheune umgebaut wurde, wird nur zu privaten Wohnzwecken genutzt und steht in keiner wirtschaftlichen Beziehung mehr zu der landwirtschaftlichen Nutzung des Restteils der Parzelle oder der früheren Hofstelle. Es wird auch steuerlich als (nicht landwirtschaftlich genutztes) Einfamilienhaus gewertet (vgl. Einheitswertbescheid des Finanzamtes Geldern vom 28.2.1978).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auf dieses Einfamilienhaus kann sich das Vorkaufsrecht des Reichssiedlungsgesetzes sowohl nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 RSG ("landwirtschafliches Grundstück") als auch nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung nicht erstrecken; denn das Vorkaufsrecht soll zum Schutze der Landwirtschaft dem gemeinnützigen Siedlungsunternehmen nur dann eine Erwerbsmöglichkeit sichern, wenn ein nach § 9 GrdstVG genehmigungspflichtiger aber nicht genehmigungsfähiger Verkauf landwirtschaftlich genutzter Grundstücke erfolgt. Auf Grundstücke, die weder selbst landwirtschaftlich genutzt werden, noch mit einer landwirtschaftlichen Nutzung anderer Grundstücke in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, kann deshalb das Reichssiedlungsgesetz keine Anwendung finden, auch wenn solche Grundstücke zugleich mit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken verkauft werden. Diese einschränkende Auslegung des § 4 RSG gebietet auch der Grundsatz, daß ein Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Eigentum - und als solches stellt sich das Vorkaufsrecht des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens dar - nur in den im Gesetz aufgezeigten und an seinem Sinngehalt orientierten engen Grenzen zulässig ist. Deshalb kann, wenn landwirtschaftlich genutzte und nicht landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in einem Vertrag verkauft werden, ohne daß sich aus den Umständen und den Interessen der Vertragsparteien die Möglichkeit der Teilung des Vertrages und des Genehmigungsantrages ergibt, für den gesamten Vertrag ein Vorkaufsrecht nicht begründet sein (vgl. BGH in RdL 1974, 135, 136 für den Fall des gleichzeitigen Verkaufs mehrerer zum Teil landwirtschaftlich und zum Teil forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke).</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das muß auch dann gelten, wenn Gegenstand des Vertrages nicht mehrere selbständige Grundstücke mit verschiedenartiger Nutzung sind, sondern auch wenn ein einheitliches Grundstück verkauft wird, das jedoch wie im vorliegen zu entscheidenden Fall in seiner tatsächlichen Nutzung in einen landwirtschaftlich genutzten und einen nicht landwirtschaftlich genutzten Teil aufgegliedert ist. Wollte man in diesem Fall das Vorkaufsrecht für den ganzen Vertrag annehmen, würde auch hier entgegen dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des Reichssiedlungsgesetzes nicht landwirtschaftlich genutzter Grund und Boden der freien Bestimmung des Eigentümers entzogen und mit einem Vorkaufsrecht des Siedlungsunternehmen belastet. Ob dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn der nicht landwirtschaftlich genutzten Teil des Grundstücks mit dem landwirtschaftlich genutztem, weitaus größeren Teil des Grundstücks eine wirtschaftliche Einheit bildet, wie in dem vom OLG Köln im Beschluß vom 6. November 1963 (RdL 1965, 201, 202) entschiedenen Fall, kann hier dahingestellt bleiben, weil das auf dem kleineren Teil des Grundstücks aufstehende Wohnhaus in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der landwirtschaftlich genutzten Restfläche oder einem anderen landwirtschaftlich genutzten Grundstücks steht. Eine Aufteilung des Vertrages in einen Kaufvertrag über den landwirtschaftlichen Teil des Grundstückes einerseits und über das Wohnhaus andererseits ist nicht möglich, da das den Interessen der Vertragsparteien nicht entsprechen würde. Die Vertragsparteien waren nach den vom Senat getroffenen Feststellung heitlichen Veräußerung der gesamten im Vertrag genannten Grundstücksfläche interessiert. Da auch Anhaltspunkte für den Versuch einer Umgehung des Vorkaufsrechts des Siedlungsunternehmens nicht zu erkennen sind, war ein Vorkaufsrecht der Beklagten zu 5) nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Grundstückskaufvertrag bedurfte aber, soweit er die landwirtschaftlich genutzte Teilfläche des Grundstückes einschließt, der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Auch wenn nur ein Teil der zu verkaufenden Parzelle landwirtschaftlich genutzt wird, bedarf der Vertrag insoweit der Genehmigung nach dem Grundstücksvergesetz, da nach § 1 Abs. 3 GrdstVG auch ein Teil eines Grundstücks als Grundstück im Sinne des Grundstücksverkehrsgesetzes anzusehen ist und sonst durch den gleichzeitigen Verkauf einer landwirtschaftlich und einer nicht landwirtschaftlich genutzten Teilparzelle die Genehmigungspflicht bezgl. des landwirtschaftlich genutzten Teils umgangen werden könnte (vgl. Ehrenforth RSG und GrdstVG, 1965, S. 344; Wöhrmann, GrdstVG, 1963, S. 35; Pikalo-Bendel, GrdstVG, 1963, S. 211; Schulte in RdL 1965, 305, 307; BGH RdL 1957, 211).</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Daß danach einerseits eine Genehmigungspflicht nach dem Grundstücksverkehrgesetz angenommen, andererseits aber ein Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz abgelehnt wird, bedeutet keinen Widerspruch. Mit der Ablehnung des Vorkaufsrechts soll lediglich verhindert werden, daß sich das Vorkaufsrecht auf einen Grundstücksteil erstreckt, der der Reglementierung durch das Grundstücksverkehrsgesetz nicht unterliegt und über den der Eigentümer uneingeschränkt verfügen darf. Mit der Annahme der Genehmigungspflicht für den landwirtschaftlich genutzten Teil des Grundstücks wird aber gewährleistet, daß einerseits über diesen Teil des Grundstücks nur im Rahmen der durch das Grundstücksverkehrsgesetz gezogenen Grenzen verfügt werden kann und andererseits in die Verfügung über den nicht landwirtschaftlich genutzten Teil nicht eingegriffen wird. Wie die Parteien im Falle der Versagung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz den von der Genehmigungspflicht nicht erfaßten Teil des Vertrages behandeln, haben sie im Rahmen ihrer freien Vertragsgestaltungsmöglichkeit nach § 139 BGB zu beurteilen (vgl. Ehrenforth a.a.O., S. 344; Schulte a.a.O. S. 307). Auch in der praktischen Auswirkung führt diese unterschiedliche Behandlung zu brauchbaren Ergebnissen; der Eigentümer braucht lediglich bei der Veräußerung des Grundstücks die sich aus der bereits bestehenden wirtschaftlich unterschiedlichen Nutzung der beiden Grundstücksteile ergebende unterschiedliche rechtliche Folge zu ziehen; so kann er über den landwirtschaflich genutzten Teil nur in den Grenzen des GrdstVG, über den anderen Teil dagegen frei verfügen. Ware bei der Verfügung über den landwirtschaftl. genutzten Teil die Genehmigung zu versagen, würde dann wiederum das Vorkaufsrecht der Siedlungsbehörde, jedoch allein bezogen auf diesen Grundstücksteil, eingreifen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die für den landwirtschaftlich genutzten Teil des Grundstücks erforderliche Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz war zu versagen, da der Verkauf an die Beteiligten zu 1) eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeuten würde (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG). Das Landwirtschaftsgericht hat im angefochtenen Beschluß zutreffend festgestellt, daß die Veräußerung an die Beteiligten zu 1) als Nichtlandwirte eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet, weil der Zeuge F als hauptberuflicher Landwirt die landwirtschaftlich genutzten Flächen dringend zur Aufstockung seines Betriebes benötigt und zum Ankauf auch bereit und in der Lage ist. Die insoweit vom Landwirtschaftsgericht getroffene Feststellung sind bei der Anhörung der Beteiligten zu 1) und des Zeugen F in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt worden. Der Senat nimmt deshalb, da diese Feststellung auch in der Beschwerde nicht angegriffen werden, auf die Ausführungen im angefochten Beschluß Bezug. Die mit der Beschwerde allein in Frage gestellte Verkaufsbereitschaft des Landwirts F hat dieser bei seiner Anhörung vor dem Senat glaubhaft bestätigt. Die landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung für den Verkauf des landwirtschlich genutzten Teils der Grundstücksfläche war deshalb zu versagen. Von der Genehmigungspflicht frei ist der Grundstücksteil, auf dem sich das Wohnhaus befindet, einschließlich des üblichen Umlandes.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) war die Genehmigung nicht wegen Fristablauf als erteilt anzusehen (§ 6 Abs. 2 GrdstVG). Die Genehmigungsbehörde hat innerhalb der mit Zwischenbescheid vom 27. Juni 1979 wirksam auf 2 Monate verlängerter Frist (§ 6 Abs. 1 GrdstVG) den Versagungsbescheid zugestellt - Antragseingang 1.6.79, Zustellung des Versagungsbescheides 11.7.1979. Daß im Zwischenbescheid die Frist unter Berufung auf das vermeintliche Vorkaufsrecht der Siedlungsbehörde nach § 12 RSG irrtümlich auf 3 Monate verlängert wurde, macht die Fristverlängerung nicht unwirksam, sondern hat die Wirkung einer unabhängig vom Vorkaufsrecht zulässigen Fristverlängerung auf 2 Monate (vgl. BGH in RdL 1974, 135, 136); denn eine Fristverlängerung auf 2 Monate ist ohne Vorliegen besonderer Gründe zulässig. Innerhalb dieser 2-Monatsfrist, nämlich am 11. Juli 1979, wurde der Versagungsbescheid zugestellt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Daß im Tenor des Bescheides lediglich die Ausübung des in Wirklichkeit nicht bestehenden Vorkaufsrecht durch die Beteiligte zu 5) mitgeteilt wurde, steht der Auslegung des Bescheides als Zurückweisung des Genehmigungsantrages nicht entgegen. Da das Vorkaufsrecht des Siedlungsunternehmens nach § 4 RSG voraussetzt, daß die Genehmigung des vorgelegten Grundstückskaufvertrages nach § 9 GrdstVG nach Auffassung der Genehmigungsbehörde zu versagen wäre, und dieser Versagungsgrund auch in der Begründung des den Beteiligten zugestellten Bescheides mitgeteilt wurde, ist in dem Bescheid der Genehmigungsbehörde ein rechtswirksamer Versagungsbescheid zu sehen. Die Beteiligten konnten dem Bescheid für den Fall, daß das Vorkaufsrecht nicht bestehen würde, bei verständiger Würdigung keine andere Bedeutung beimessen, als daß die beantragte Genehmigung nicht erteilt würde.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die von den Beteiligten zu 1) begehrte Feststellung, daß die beantragte Genehmigung als erteilt anzusehen sei (§§ 22 Abs. 1, 6 Abs. 3 GrdstVG) ist deshalb nicht begründet. Vielmehr war aus den oben dargelegten Gründen die beantragte landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung zu versagen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Gerichtskosten beider Instanzen waren nach § 44 Abs. 1 LwVG den Beteiligten zu 1) als Gesamtschuldnern aufzuerlegen, da sie als Antragsteller und Beschwerdeführer mit ihrem Antrag auf landwirtschaftsgerichtliche Genehmigung nicht durchgedrungen sind. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten zwischen den Beteiligten war nicht anzuordnen (§, 45 Abs. 1 LwVG); dabei hat der Senat neben den vorgenannten Gründen berücksichtigt, daß die Beteiligte zu 5) mit ihrem Begehren auf Feststellung eines Vorkaufsrechts nicht erfolgreich war.</p>
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} | 6 A 2777/78 | 1980-03-11T00:00:00 | 2019-03-13T15:18:18 | 2019-03-27T09:41:48 | Beschluss | ECLI:DE:OVGNRW:1980:0311.6A2777.78.00 | <h2>Tenor</h2>
<blockquote dir="ltr"><p>Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
</blockquote><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;">Tatbestand.:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der am xx.xx.xx geborene Kläger trat am 1. April 19   in den mittleren schutzpolizeilichen Dienst des beklagten Landes. Mit Wirkung vom 1. April      wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister ernannt. Anfang 19  wurde er als Bewerber für den Kriminaldienst zugelassen und bestand am 21. März 19 die I. Fachprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Note "befriedigend"; zugleich beschloß die Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule Nordrhein-Westfalen,  den Vermerk "Zur Ausbildung als Kommissar-Bewerber-Eignung nicht erkennbar" zu erteilen. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit bestandskräftigem Bescheid des Regierungspräsidenten     vom 19. März 19      zurückgewiesen wurde mit der. Begründung, es sei bei der Erteilung des Eignungsvermerkes lediglich darum gegangen, daß Art und Umfang der Eignung des Klägers "bei der Erstellung des Zeugnisses nicht klar genug erkennbar" gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach Bestehen der I. Fachprüfung wurde der Kläger am 22. März 19 zum Kriminalhauptwachtmeister ernannt; zuletzt befördert wurde er mit Wirkung vom 22. März 19 zum Kriminalobermeister. Am 13. April 19   wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Die über den Kläger am 16. März 19 und 21. März 19   erstellten Beurteilungen schließen mit dem Gesamturteil "Leistungen insgesamt über dem Durchschnitt" bzw. "insgesamt überdurchschnittliche Leistungen".</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Seit November 19 beantragte der Kläger wiederholt erfolglos seine Zulassung als Kommissar-Bewerber. Sein Antrag vom 2. Mai 19 wurde durch Erlaß des Innenministers vom 20. November 19   bis 1. Februar 19    zurückgestellt. Nachdem er wie die vorangegangenen von seinem Dienstvorgesetzten nochmals im November 19   befürwortet worden war, wurde er durch Erlaß des Beklagten vom 29. Juni 19     dem Kläger bekanntgegeben durch Schreiben des Polizeidirektors   vom 14. Juli 19 , abgelehnt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 30. November 19 zurück mit der Begründung, dem begrenzten Bedarf an Nachwuchsbeamten für den gehobenen Dienst stehe eine so große Zahl von Bewerbern gegenüber, daß eine strenge Auswahl erforderlich sei. Da "fast alle" Zulassungsanträge von den jeweiligen Dienstvorgesetzten befürwortet würden, habe er den Eignugsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule als zusätzliche Entscheidungsgrundlage heranziehen müssen; alle mit dem Kläger vergleichbaren Beamten hätten deshalb nicht zugelassen werden können.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit.seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, der Eignungsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule bedeute nur, daß ihm eine Zeit der Bewährung auferlegt worden sei. Im übrigen seien inzwischen andere ebenso graduierte Beamte als Kommissar-Bewerber zugelassen worden.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">                den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">                des Polizeidirektors           - vom 14. Juli 19'</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">                (Ablehnung gemäß Erlaß des Innenministers vom 29. Juni 19 )</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">                und des Widerspruchsbescheides des Innenministers vom 30. November 19.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">                zu verpflichten, den Kläger zur Ausbildung als, Kriminalkommissar-Bewerber zuzulassen,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">                seinen Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichte zu bescheiden.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">                die Klage. abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">und hat ergänzend vorgetragen, die Zahl der besetzbaren Planstellen im gehobenen kriminalpolizeilichen Dienst sei nicht so ausreichend, daß entgegen den Erwartungen im Jahr 19 , als der Zulassungsantrag des Klägers zurückgestellt worden sei, seine Zulassung auch 19   nicht in Betracht käme. Im übrigen handele es sich bei der Eignungsgraduierung durch die Lehrerkonferenz um ein geeignetes Auslesekriterium.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat durch das angefochtene Urteil den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Zulassung zur Ausbildung als Kriminalkommissarbewerber unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe vorliegend gegen den - auch bei Zulassung zur Ausbildung beachtlichen - Grundsatz, die Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, verstoßen, indem er entscheidend auf den Eignungsvermerk der Lehrerkonferenz der Landeskriminalschule abgestellt habe. Dieser habe gegenüber der inzwischen gezeigten tatsächlichen Dienstleistung eine immer mehr abnehmende Aussagekraft. Der Beklagte habe sich ermessenswidrig nicht darum bemüht, den Grad der Eignung des Klägers im. Gesamtvergleich seiner Mitbewerber zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung festzustellen. Das sei bei der Neubescheidung nachzuholen. Wegen dieser noch offenen, mit der vergleichenden Bewertung der Bewerber allein dem Beklagten zustehenden Entscheidung sei die Klage auf Zulassung zur Ausbildun abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Mit seiner Berufung weist der Beklagte darauf hin, daß eine Zulassungsentscheidung allein auf der Grundlage der Eignungsberichte nicht praktikabel und vertretbar gewesen wäre, da praktisch alle Bewerbungen von den Dienstvorgesetzten befürwortet worden seien. Als zusätzliche Entscheidungsgrundlage sei deshalb auch die Eignungsgraduierung der Lehrerkonferenz der ausbildenden Polizeischule herangezogen worden. Das sei im Grundsatz sachgerecht. Im vorliegenden Falle habe diese Bewertung auch noch hinreichend Aussagekraft, da die Graduierung Ende März 19 erfolgt sei und bis zur Entscheidung über den Zulassungsantrag nur ein Zeitraum von etwa vier Jahren liege.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">                  das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach Neufassung der Ausbildungsordnung der Polizei vom 7. März 19   ist dem Kläger Gelegenheit zur Qualifikation für den Aufstieg in den gehobenen Dienst geboten worden. Mit Erlaß des Innenministers vom 24. Oktober 19   wurde er zur Ausbildung als Kommissarbewerber zugelassen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Er beantragt nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">                  unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, daß die Ablehnung deiner Zulassung zur Ausbildung als </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">                  Kriminalkommissar-Bewerber in dem Bescheid des Polizeidirektors vorn 14. Juli 19   (Ablehnung gemäß Erlaß des Innenministers</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">                  vom 29. Juni 19  ) und im Widerspruchsbescheid des Innenministers vom 30. November 19  rechtswidrig gewesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er verweist hierzu auf sein bisheriges Vorbringen und auf Feststellungen des angefochtenen Urteils und führt weiter aus sein Rechtsschutzbedürfnis an der Feststellung liege darin, daß er wegen der verspäteten Zulassung zur Kommissarausbildung einen Schadensersatzprozeß hinsichtlich des Vermögensschadens in Höhe der Besoldungsdifferenz für die Dauer der Verspätung vor den ordentlichen Gerichten zu führen beabsichtige.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat durch Teilurteil vom 12. März 1979 die Berufung insoweit zurückgewiesen,. als sie die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostentscheidung des angefochtenen Urteils betraf.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Wegen des Sach-<sub>.</sub> und Streitstandes wird auf den weiteren  Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten (12 Hefte) ergänzend  Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Senat kann gemäß §.5.,125 Abs.1, 101 .Abs. 2 VwGO über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten auf sie wirksam verzichtet haben.      </p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig und begründet. Die vom Kläger aufrechterhaltene Feststellungsklage hat keinen Erfolg. Sie setzt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung voraus. Ein solches ist anerkannt, wenn bei den Zivilgerichten eine Schadensersatzklage gemäß § 839 BGB iVm Art. 34 GG anhängig oder mit Sicherheit zu erwarten ist.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl, OVG NW, Urteil ve '25. September 1974 - 1 A 1344/74 -, Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1976, 433; Urteil Vom 260 Januar 1979 - VI A 2163/77 --(n.v.)</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ob die Ankündigung des Klägers  in seinem Schriftsatz vom 30. November 19 , er beabsichtigte einen Schadensersatzanspruch im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, zum Nachweisdes berechtigten Interesses unter den gegebenenen Umständen ausreicht, kann dahinstehen. Jedenfalls scheitert die Annahme eines berechtigten Interesses i.S. von § 113 Abs. 1 So 4 VwGO auch daran, daß das Verfahren auf Geltendmachung von Schadensersatz offensichtlich aussichtslos ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht,.Urteil vom<sup>.</sup>15. Dezember 1972 - IV C 18.71 -Deutsches  Verwaltungsblatt (DVBl) 1973, 365 (mit weiteren Nachweisen); Beschluß<sub>.</sub> vom 12. September 1978 - 4 B 102.78 - NJW 1980, 197.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Der Kläger wird nämlich nicht nachweisen können, daß er - wäre er antragsgemäß zur Ausbildung zum Kommissarbewerber zugelassen worden.- diese Ausbildung damals auch erfolgreich abgeschlossen hätte und mit Sicherheit zu einem früheren Zeitpunkt zum  Kommissar ernannt worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Auch im übrigen kann der Feststellungsantrag keinen Erfolg haben. Der Senat hat in mehreren Urteilen entschieden, daß die Eignungsgraduierung durch die Lehrerkonferenz ein geeignetes zusätzliches Auslesekriterium bei der Auslese der Bewerber für den gehobenen Dienst darstellen kann.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Vgl. Urteile vom 18. November 1974 - VI A 1276 und VI A 1287/72 - und vom 30. September 1975 - VI A 809/73 -.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die zur Berücksichtigung dieses Eignungsvermerks notwendige Bekanntgabe</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">vgl. Urteile des Senats vom 24. November 1978 - VI A 2154/77 - .und vom 12. März 1979 - VI A 1542/77 -</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">ist im vorliegenden Falle erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Zwar ist einzuräumen, daß das mit dem Eignungsvermerk verbundene prognostische Urteil nach längerer praktischer Tätigkeit des Beamten an Aussagekraft hinter deren Bewertung verlieren muss. Bei dem im vorliegenden Fall verstrichenen Zeitraum von etwas über vier Jahren zwischen Erteilung des Eignungsvermerks und Ablehnung des Antrags auf Zulassung zur Ausbildung als Kommissarbewerber ist der Eignungsvermerk aber als <span style="text-decoration: underline;">zusätzliches,</span> neben die Beurteilung der in der Praxis gezeigten Fähigkeiten und Leistungen tretendes Auslesekriterium durchaus noch unbedenklich. Die sich hierauf in den angefochtenen Bescheiden stützende Ablehnung der Zulassung des Klägers war demgemäß rechtmäßig.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf g 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO, Die Revision wird nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen von § 132 Abs. 2 VwGO noch die von § 127 Beamtenrechtsrahmengesetz gegeben sind.</p>
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