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316,051 | olgham-1976-12-14-9-u-21676 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 9 U 216/76 | 1976-12-14T00:00:00 | 2019-03-13T15:21:46 | 2019-03-27T09:41:33 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1214.9U216.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 25. Juni 1976 wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt die am 20. März 1962 geborene Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 1542
RVO) auf Ersatz von Leistungen in Anspruch, welche sie als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung an
ihr Mitglied ... aufgrund eines Unfalls vom 5. Juni 1975 erbracht hat, bei dem ... von dem Balkon der
Obergeschosswohnung des Wohnhauses ... stürzte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist seit dem 15. Februar 1974 Eigentümerin dieses Hauses; bezüglich des hier streitigen
Schadensrisikos ist sie nicht haftpflichtversichert. Vorher war von 1968 an ihr Vater Eigentümer. Sie selbst
wohnt mit ihren Eltern nicht in diesem Hause. Die Erdgeschosswohnung war an ... und die Obergeschosswohnung an ein
Fräulein ... vermietet, mit der ... seit längerem eng befreundet war und mit der er in der Obergeschosswohnung
zusammenlebte.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet: Der Unfall habe sich dadurch ereignet, daß sich ... leicht an die
Balkonbrüstung des zur Wohnung ... gehörigen Balkons gelehnt habe. Dadurch sei ein Teil der
Balkonbrüstung abgebrochen. ... sei dabei aus einer Höhe von ca. 3,50 m abgestürzt, da er sich
nirgends habe festhalten können. Der Brüstung sei vorher nicht anzusehen gewesen, daß sie nicht
mehr sicher gewesen sei. Sie habe nur deshalb abbrechen können, weil die Beklagte es unterlassen habe, in
gehöriger Weise für die Unterhaltung auch dieses Gebäudeteiles zu sorgen. ... habe bei dem Unfall
eine Brustkorbprellung, eine Beckenprellung sowie einen Bruch des rechten Handgelenks und eines Fingers der rechten
Hand erlitten. Sie, die Klägerin, habe für ihn an Heilungskosten insgesamt 3.971,90 DM aufgewandt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte hafte gemäß §§ 836, 829 BGB auf Ersatz der
Heilungskosten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.971,90 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 11. August 1975 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet: Der Unfall habe sich ereignet, als ... Möbel oder Verpackungsmaterial über den Balkon
transportiert habe, ohne sich vorher zu vergewissern, ob die dabei offensichtlich übermäßig beanspruchte
Balkonbrüstung dies aushalten werde. Bei dem Möbeltransport sei die Balkonbrüstung beschädigt und
dadurch der Unfall herbeigeführt worden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im übrigen hat die Beklagte geltend gemacht: Sie sei gemäß § 828 Abs. 2 BGB für den
Schaden nicht verantwortlich, da sie zur Unfallzeit nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche
Reife gehabt habe. Eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen nach § 829 BGB sei schon deshalb nicht gegeben,
weil die Klägerin im Verhältnis zu ihr sehr vermögend sei. Ihr, der Beklagten, Vater habe den Balkon
gemäß Rechnung vom 8.5.1973 durch zuverlässige Handwerker instandsetzen lassen. Weder ... noch
Fräulein ... hätten als Mieter irgendwelche Schäden an dem Hause angezeigt, obwohl sie hierzu nach
dem Mietvertrag verpflichtet gewesen wären; im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer Hausrenovierung hätten
sie vielmehr auf Befragen ausdrücklich erklärt, am Balkon seien keine Instandsetzungsarbeiten erforderlich.
Schließlich hat die Beklagte die Schadenshöhe als unsubstantiiert bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt:
Eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 836, 823 BGB entfalle gemäß § 828 Abs. 2 BGB.
Auch eine Billigkeitshaftung gemäß § 829 BGB komme nicht in Betracht. Der Klägerin stehe auch kein
auf sie übergegangener Schadensersatzanspruch des ... aus dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkungen
zugunsten Dritter zu. Es sei schon zweifelhaft, ob der Verletzte ... überhaupt in den Schutzbereich des
Mietvertrages zwischen der Beklagten und der Mieterin ... einbezogen gewesen sei. Auf jeden Fall lasse sich allein
aus der Tatsache, daß die Balkonbrüstung abgebrochen sei, keine Vertragsverletzung der Beklagten herleiten,
zumal die Klägerin selbst vortrage, daß man der Balkonbrüstung die mangelnde Sicherheit nicht habe
ansehen können.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin,
mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Sie meint, ... habe in Bezug auf die mietvertraglichen Schutzpflichten
der Beklagten die gleiche Stellung eingenommen, als wenn Angehörige der Mieterin ... bei dieser gewohnt
hätten. Die bloße Tatsache, daß ... und Fräulein ... nicht verheiratet gewesen seien, sei
unerheblich. Beide hätten sich tagsüber meistens in der Wohnung ... und nachts in der Wohnung ...
aufgehalten und einen gemeinsamen Haushalt geführt. Im übrigen spreche eine tatsächliche Vermutung
dafür, daß die mangelnde Standsicherheit der Balkonbrüstung von der Beklagten bzw. ihren Eltern zu
vertreten sei.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.971,90 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 11. August 1975 zu zahlen,
hilfsweise, ihr für den Fall einer revisionsfähigen Entscheidung nachzulassen, jede Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung, auch in Form selbstschuldnerischer Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen
Sparkasse, oder durch Hinterlegung abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">ihr bei einer revisionsfähigen Entscheidung nachzulassen, jede Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung abzuwenden,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">3)</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">falls der Klägerin Vollstreckungsnachlaß gewährt werde, gemäß § 713 Abs. 2 2.
Halbsatz ZPO auszusprechen, daß das Urteil auch bei Sicherheitsleistung durch die Klägerin für
die Beklagte vorläufig vollstreckbar ist, sofern diese ihrerseits Sicherheit leiste, welche hiermit angeboten
werde.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie tritt der Rechtsansicht der Klägerin entgegen und macht noch geltend: Die von der Klägerin behauptete
Art der gemeinsamen Wohnungsbenutzung durch ... und Fräulein ... sei der Beklagten und ihren Eltern nicht bekannt;
diese hätten nur allgemein gewußt, daß beide ein enges Verhältnis miteinander unterhalten hätten,
so daß sich daraus die naheliegende Schlußfolgerung ergebe, daß sich beide häufig gegenseitig in ihren
Wohnungen besuchten. Mehr sei ihnen, die in einem anderen Stadtteil wohnten, nicht bekannt gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wiederholen und ergänzen die Parteien ihr bisheriges Vorbringen, wegen dessen näherer
Einzelheiten auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen wird.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat den Eheleuten ..., den Streit verkündet.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin stehen weder auf sie übergegangene Ansprüche des
... gemäß §§ 836, 823, 828 Abs. 2, 829 BGB noch vertragliche Schadensersatzansprüche aus
dem zwischen der Beklagten und Fräulein ... geschlossenen Mietvertrag zu.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><b>1)</b></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Bezüglich eines etwaigen Anspruchs aus unerlaubter Handlung (§§ 836, 823 BGB) hat das Landgericht
zutreffend ausgeführt, daß die Beklagte nicht die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche
Einsicht gehabt hat, § 828 Abs. 2 BGB; für ihre gesetzlichen Vertreter haftet die Beklagte weder aus
§§ 823, 831 BGB, weil die gesetzlichen Vertreter nicht zu einer Verrichtung bestellt sind (RGZ 159, 283,
292; Erman/Drees, 6. Aufl., § 831 BGB Rz. 14, 22), noch aus § 836 BGB (RG JW 1915, 580; LZ 1915, 1004;
Geigel, Haftpflichtprozeß, 16. Aufl., Seite 586 Rz. 11). Das wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel
gezogen, die insoweit lediglich meint, es entspreche der Billigkeit, daß die Beklagte wenigstens einen Teil des
Schadens trage.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht indes die Voraussetzungen einer etwaigen Ersatzpflicht der Beklagten aus § 829
BGB verneint. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der in einem der in den §§ 823 bis 826 BGB bezeichneten
Fälle für einen von ihm verursachten Schaden aufgrund des § 828 BGB nicht verantwortlich ist, gleichwohl
- sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann - den Schaden insoweit
zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, eine
Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalte sowie zur
Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Diese Bestimmung ist entsprechend auf die Fälle
des § 836 BGB anzuwenden, da es sich hier um einen gleichwertigen Tatbestand - nämlich eine unerlaubte
Handlung im Sinne des § 823 BGB - handelt und lediglich eine abweichende Regelung der Beweislast getroffen ist
(Erman/Drees, a.a.O., §§ 829 und 836 BGB, jeweils Rz. 1; Palandt/Thomas, 35. Aufl., § 829 BGB Anm. 4
und § 836 BGB Anm. 1; Medicus, Studienkommentar zum BGB, § 829 Anm. 3).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Es kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt im übrigen die Voraussetzungen des § 836 BGB oder des
§ 823 BGB vorliegen, ob sich der Unfall in der von der Klägerin behaupteten Weise ereignet hat und ob, falls
die Beklagte als erwachsener normaler Mensch für ihr Tun voll verantwortlich sein würde, sowohl der objektive
als auch der subjektive Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklicht wäre oder ob bewiesen werden könnte,
daß die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet worden ist (§ 829 BGB
ist nämlich auch dann nicht anzuwenden, wenn die Schuld des Täters aus anderen als den in §§ 827,
828 BGB bezeichneten Gründen nicht gegeben ist, BGH NJW 1958, 1630, NJW 1962, 2201 und NJW 1963, 1609). Immerhin
war nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin der Balkonbrüstung eine mangelnde Sicherheit nicht anzusehen.
Schließlich kann es auch offen bleiben, ob nicht eine Schadensersatzpflicht eines aufsichtspflichtigen Dritten
in Betracht kommt. Denn auf jeden Fall wäre eine Ersatzpflicht der Beklagten gemäß § 829 BGB
deswegen zu verneinen, weil die Billigkeit eine solche nicht erfordert.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzes, daß schuldunfähige Personen nicht ersatzpflichtig sind,
darf nicht schon durch das Billigkeitsurteil des § 829 BGB korrigiert werden, wenn die Billigkeit, etwa im Hinblick
auf die beiderseitigen Vermögensverhältnisse, dieses <u>erlaubt</u>. Vielmehr muß die Billigkeit diese
Korrektur (ganz oder teilweise) <u>erfordern</u>, wie schon der Wortlaut des Gesetzes und die Einschränkung zeigt,
daß der Geschädigte nicht Ersatz bei einem Aufsichtspflichtigen darf erlangen können (BGH NJW 1969, 1762
und NJW 1973, 1795). Seine "Bedürftigkeit" ist daher mindestens ebenso Voraussetzung einer Haftung aus
829 BGB wie die "Leistungsfähigkeit" des Schädigers. Um das Billigkeitsurteil zutreffend fällen
zu können, bedarf es der Würdigung der gesamten Umstände des Haftpflichtfalles, wobei die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten als einer der Beurteilungsfaktoren zu berücksichtigen sind,
daneben aber, auch die Besonderheiten der den Schaden auslösenden Handlung (BGH NJW 1957, 674 - VersR 1957, 218
und NJW 1969, 1762).</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Über die Vermögensverhältnisse ihres Mitglieds ... hat die Klägerin gar nichts dargelegt,
nicht einmal seine berufliche Tätigkeit. Bezüglich der Beklagten hat sie nur vorgebracht, daß diese
Grundstückeigentümerin sei. Letzteres ist aber für sich allein nichtssagend, da weder der Gebäudewert
noch die Mieteinnahmen bekannt sind. Nach dem Inhalt der Grundakten ist bei der notariellen Übertragung des
Hausgrundstücks auf die Beklagte der Verkehrswert mit 50.000,- DM angegeben worden; für die Eltern der
Beklagten ist ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingetragen, beginnend mit der Vollendung des 18.
Lebensjahres der Beklagten, also am 20.3.1980. Der Senat sah keine Veranlassung, der Klägerin gemäß
§ 139 ZPO eine Ergänzung ihres Vorbringens anheimzustellen, da bereits in dem angefochtenen Urteil
ausgeführt ist, es sei nicht hinreichend dargetan, wieso hier eine Haftung der Beklagten der Billigkeit
entsprechen solle. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, daß die wirtschaftlichen
Verhältnisse des ... und der Beklagten eine Billigkeitshaftung der Beklagten erfordern würden.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wäre bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse aber auch zu berücksichtigen,
daß die Beklagte gegen das hier streitige Schadensrisiko nicht haftpflichtversichert ist, während der
hier streitige Schaden des Geschädigten ... von einem Sozialversicherungsträger getragen worden ist,
der zudem nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin keinen Bankkredit in Anspruch nimmt, seine überschüssigen
Gelder vielmehr zinsbringend (angeblich im Schnitt zu 8 %) anlegt. Werden aber die Schäden des Geschädigten von
einem Sozialversicherungsträger getragen, während der schuldunfähige Schädiger nicht
haftpflichtversichert ist, so kann die Billigkeitsregelung des § 829 BGB nur sehr begrenzt herangezogen werden.
Auch dieser Gesichtspunkt spricht vorliegend gegen eine Billigkeitshaftung der Beklagten.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Schließlich zeigt aber auch die Besonderheit der den Schaden nach der Behauptung der Klägerin
auslösenden Handlung keinen so schweren Verantwortungsbeitrag der Beklagten, daß er eine Billigkeitshaftung
nach § 829 BGB erfordern würde. Unstreitig war der Balkonbrüstung die mangelnde Festigkeit nicht
anzusehen und ist sie auch von Schäpermeier nicht erkannt worden, obwohl er nach dem Vorbringen der
Klägerin tagsüber dauernd mit Fräulein ... in deren Obergeschosswohnung zusammenlebt und daher
jedenfalls im allgemeinen die örtlichen Verhältnisse genau kannte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Nach alledem würden schon die Gesamtumstände nicht zu einer Billigkeitshaftung der Beklagten
gemäß § 829 BGB führen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks"><b>2)</b></p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Da dem Mitglied ... der Klägerin kein vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustand,
konnte ein solcher auch nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergehen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Allerdings hätte die Mieterin ..., falls sie selbst durch eine Mangelhaftigkeit der Balkonbrüstung
geschädigt worden wäre, bei Verschulden der Beklagten, die im Rahmen des Mietvertrages gemäß
§ 278 BGB für ihre gesetzlichen Vertreter einzustehen hätte, nach § 538 BGB einen
Schadensersatzanspruch, falls dieser nicht gemäß § 539 BGB wegen Kenntnis oder grob fahrlässiger
Unkenntnis des Mangels ausgeschlossen wäre. In der Rechtsprechung ist es anerkannt, daß auch dritte, an
einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können.
Ihnen gegenüber ist dann der Schuldner zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadensersatz
verpflichtet. Zu den Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gehört insbesondere auch der Mietvertrag
(BGH NJW 1964, 33; NJW 1965, 1757; Betrieb 1968, 349; JZ 1968, 304; NJW 1968, 694 und 885, 887; NJW 1973, 2059, 2061).
Die Einbeziehung Dritter in die Schutzwirkung eines Vertrages beruht darauf, daß - dem Schuldner erkennbar - mit
seiner Leistung ein Dritter in Berührung kommt, dem gegenüber der Gläubiger in dem Bereich, in den das
Schuldverhältnis hineinragt, seinerseits fürsorge- und obhutspflichtig ist. Dann nämlich entspricht es
Sinn und Zweck des Vertrages sowie Treu und Glauben, daß dem Dritten der Schutz des Vertrages in gleicher Weise
zugute kommt wie dem Gläubiger selbst. Steht diesem aber - wie z.B. einem Mieter - ein Schadensersatzanspruch
bei eigener Schädigung zu, so kann für den Dritten nichts anderes gelten. Das bedeutet keine nicht zu
rechtfertigende Ausdehnung der Garantiehaftung des Vermieters auf eine unübersehbare Zahl von Personen, vielmehr
kann der Schutzbereich nur auf diejenigen Personen ausgedehnt werden, von denen bei Vertragsschluß angenommen
werden muß, daß der Mieter ihnen den selben Schutz zukommen lassen will, wie er ihm selbst im Rahmen des
Vertrages zusteht (BGH NJW 1968, 887).</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Bundesgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, daß der Kreis derjenigen Personen, die in den
Schutzbereich eines Vertrages einbezogen können, eng zu begrenzen ist (vgl. die oben angeführten
Entscheidungen). Ein derartiges Fürsorgeverhältnis des Mieters zu Dritten ist bei dem Vater gegenüber
den Familienangehörigen (NJW 1964, 34) und bei dem Mieter gegenüber Hausangestellten oder sonstigen
Hilfspersonen, die nach dem Inhalt des Mietvertrages bestimmungsgemäß an dem Gebrauch der Mietsache
teilhaben oder ihn gar anstelle des Mieters für sich ausüben (BGH NJW 1973, 2059, 2061), bejaht worden.
Dabei ist allgemein darauf abzustellen, daß der Mieter für das "Wohl und Wehe" des Dritten
mitverantwortlich sein und Anlaß haben muß, auf dessen Sicherheit ebenso bedacht zu sein wie auf seine
eigene (BGH NJW 1964, 35). Nach der Literatur fallen nicht unter die Schutzwirkung eines Mietvertrages Besucher
oder zufällige Kontaktpersonen des Mieters (Erman/Westermann, a.a.O., § 328 BGB Rz. 12) bzw. Lieferanten
oder Gäste (Palandt-Heinrichs a.a.O., § 328 BGB Anm. 3, a, ii).</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Mitglied ... der Klägerin fiel aus mehreren Gesichtspunkten nicht unter den Schutzbereich, des zwischen
der Beklagten und der Mieterin ... bestehenden Mietvertrages:</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen bestand durchweg eine Fürsorgepflicht des Mieters
gegenüber dem Geschädigten Dritten, sei es aufgrund der familienrechtlichen Vorschriften oder im Hinblick
auf § 618 BGB. Dieser Fürsorgepflicht entsprechen Treuepflichten des anderen Teils, die bei den
familienrechtlichen Verhältnissen in den §§ 1353 ff, 1601 ff, 1626 ff BGB gesetzlich normiert und in
einem Arbeitsverhältnis (vgl. hierzu Erman/Sirp, a.a.O., § 242 BGB Rz. 61 ff; Palandt/Putzo, a.a.O., §
611 BGB Anm. 8) aufgrund des § 242 BGB besonders ausgeprägt sind. Demgegenüber war aber das bloße
Zusammenleben des Mitglieds ... der Klägerin mit Fräulein ... durch eine beiderseitige völlige
Bindungslosigkeit gekennzeichnet, die noch dadurch offenbarer wird, daß nicht einmal eine vertragliche Beziehung
in Form eines Verlöbnisses behauptet wird. Dieses bloße Zusammenleben begründete kein gesetzliches
Treue- und Fürsorgeverhältnis, keine gegenseitige Unterhalts- oder Beistandspflicht in Notfällen und
konnte jederzeit ohne Angabe von Gründen einseitig aufgelöst werden, ohne daß einer auf den anderen
dahin Rücksicht zu nehmen hatte, ob dieser hierdurch wirtschaftlich oder sonstwie hart getroffen wurde. Wenn beide
aber durch bloßes Zusammenleben eine Beziehung eingehen, die von der Rechtsordnung nicht besonders vorgesehen und
geschützt, sondern allenfalls in gewissem Umfange toleriert wird, so haben sie damit selbst Verhältnisse
geschaffen, die außerhalb des besonderen Schutzbereiches stehen, auf die sich noch der Mietvertrag erstreckt.
Deshalb war ... nicht in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Im übrigen fiel ... auch deshalb nicht unter den durch den Mietvertrag geschützten Personenkreis,
weil ein Vermieter es nicht generell zu dulden braucht, daß eine Mieterin einen Partner aufnimmt, mit dem sie
ehelos zusammenlebt. Zwar ist ein Mieter berechtigt, nahe Familienangehörige in die Wohnung aufzunehmen (BGH
WarnRspr. 1970 Nr. 66); jedoch ist die eigenmächtige Aufnahme eines Partners zum Zwecke des bindungslosen
Zusammenlebens ein vertragwidriger Gebrauch im Sinne des § 353 BGB. Zu Unrecht hat das Landgericht Bonn gemeint
(NJW 1975, 1690), die Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters könne im Einzelfall dazu
führen, daß das Interesse des Mieters an der Fortführung der eheähnlichen Beziehungen in der
Mietwohnung das Interesse des Vermieters an der Durchsetzung seiner Moralauffassung überwiege. Wenn Schickedanz
gar meint (NJW 1975, 1891), aus Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unter dem Gesichtspunkt der
Eheschließungsfreiheit auch die "vorehelichen Aktivitäten des Suchens und gemeinsamen Versuchens"
als verfassungsrechtlich geschützt anzusehen, so ist das schlechthin abwegig und pervertiert den grundgesetzlichen
Schutz von Ehe und Familie. Im übrigen wäre es dem Vermieter auch weder möglich noch zumutbar, Erhebungen
darüber anzustellen, ob es sich bei dem Dritten um den Verlobten oder den "ernsthaften Partner vorehelicher
Aktivitäten" oder um einen bindungslosen Geschlechtspartner handelt.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Allerdings bedeutet, wie Gernhuber (Familienrecht, 2. Aufl., § 5 I, 1) zutreffend ausführt, der Schutz
der Ehe noch kein verfassungsrechtliches Verbot der "freien Lebensgemeinschaft". Mögen auch manche
Vermieter gegen die Vermietung an ein unverheiratetes Paar oder gegen die Aufnahme eines "freien Partners"
keine Bedenken haben und mag ein derartiges Zusammenleben auch teilweise praktiziert werden, so ändert das doch
nichts an der Tatsache, daß auch heute noch ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung daran Anstoß
nimmt. Auch der Vermieter hat Anspruch auf Gewissensfreiheit und freie Entfaltung <u>seiner</u> Persönlichkeit.
Demjenigen, der das Zusammenleben eines unverheirateten Paares als sittlich nicht zu rechtfertigen erachtet, muß
es frei stehen, sich eines Mieters zu entledigen, der sich über diese auf beachtenswerte Grundwerte
zurückzuführende Haltung einseitig hinwegsetzen will. Zur Entfaltung der freien Persönlichkeit des
Vermieters gehört es, daß er seine Auffassung darüber, was in seinem Hause geschieht, frei vertreten
und durchsetzen kann (so zutreffend Händel NJW 1975, 521). Wenn tatsächlich - wie von der Gegenmeinung
behauptet wird - die Zahl derer wächst, die bei sozialethischer Betrachtung einem ehelosen Zusammenleben positive
Aspekte abgewinnt, so ist es einem Mieter umso eher zumutbar, sich eventuell eine andere Wohnung bei einem
"toleranten" Vermieter zu suchen, als seinerseits Toleranz einseitig zu postulieren und dem Vermieter
die Duldung eines Konkubinates aufzuzwingen.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">War demnach die Beklagte als Vermieterin nicht von vornherein verpflichtet, die Aufnahme des ... durch
Fräulein ... zu dulden, so unterfiel ... auch nicht zu Lasten der Beklagten den Schutzwirkungen des mit
Fräulein ... geschlossenen Mietvertrages.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Unerheblich ist es insoweit, ob die Beklagte bzw. ihre Eltern entsprechend ihrer Behauptung von dem Zusammenleben
keine Kenntnis gehabt haben. Denn selbst wenn sie dieses Zusammenleben geduldet haben sollten, führte das nicht
zu einer Einbeziehung des Schäpermeier in den Schutzbereich des Mietvertrages.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Demgemäß war die Berufung zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97,
708 Nr. 7 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlaß, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 546 Abs. 1
ZPO nicht vorliegen. Zum einen weicht die vorliegende Entscheidung des Senats nicht von einer Entscheidung des
Bundesgerichtshofes ab. Zum anderen hat die Rechtssache aber auch keine grundsätzliche Bedeutung. Die
Zulassungsvoraussetzung der "grundsätzlichen Bedeutung" ist bereits durch die Rechtsprechung zu
der früheren Fassung des § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO und den entsprechenden Bestimmungen anderer
Verfahrensordnung weithin ausgefüllt. Sie fand mit der Verordnung vom 15.1.1924 zum Zwecke der Beschränkung
der Revision in Ehesachen erstmals, wenn auch nur vorübergehend, Eingang in den Zivilprozeß und ist seit
Inkrafttreten des Arbeitsgerichtsgesetzes 1926 Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Revisionsrechts. Die Auslegung
des unbestimmten Rechtsbegriffes "grundsätzliche Bedeutung" hat sich im wesentlichen an den Hauptaufgaben
des Revisionsgerichts, nämlich die Wahrung der Rechtseinheit und die Fortbildung des Rechts, zu orientieren.
Erforderlich ist daher das Vorliegen einer klärungsbedürftigen Frage von grundsätzlicher und damit
allgemeiner Bedeutung (BGH NJW 1951, 762; BVerwG NJW 1962, 218). Unter "allgemeiner Bedeutung" ist dabei
zu verstehen, daß sich die Auswirkungen der Entscheidung in quantitativer Hinsicht nicht in einer Regelung der
Beziehungen der Parteien oder in einer von vornherein überschaubaren Anzahl gleich gelagerter Angelegenheiten
erschöpfen dürfen, sondern eine unbestimmte Vielzahl von Fällen betreffen müssen (BFH 89, 117,
119). In qualitativer Hinsicht dürfen die Auswirkungen der Entscheidung nicht nur auf tatsächlichem Gebiet
liegen. Immer muß es sich um das abstrakte Interesse der Gesamtheit, der Einheit und Entwicklung des Rechts
handeln und nicht um das Interesse eines Einzelnen oder um einen sogenannten Musterprozeß zur höchstrichterlichen
Entscheidung zu bringen (BAG 2, 26; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 34. Aufl., § 546 ZPO Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grundsätzen kann keine Zulassung der Revision erfolgen. Die Auffassung des Senats zu §
829 BGB entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, ebenso die Rechtsauffassung, daß der Kreis
derjenigen Personen, die in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können, eng zu begrenzen
ist. Die Rechtsfrage, daß ein in bindungsloser Gemeinschaft aufgenommener Partner nicht zu diesem Kreis
gehört, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die weiteren Ausführungen, daß ein Vermieter es
nicht generell zu dulden braucht, daß eine Mieterin einen Partner aufnimmt, mit dem sie ehelos zusammenlebt,
ist nur eine zusätzliche Begründung für die Rechtsauffassung des Senats, auf die sich die vorliegende
Entscheidung also nicht allein stützt.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Mangels Zulassung der Revision entfiel auch die Anordnung von Vollstreckungsnachlaß (§ 713 a ZPO).</p>
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} | 6 U 74/76 | 1976-12-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:21:48 | 2019-03-27T09:41:33 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1203.6U74.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Beklagten zu 3.) wird das am 20. Februar 1976 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert.</p>
<p>Die Klage gegen die Beklagte zu 3.) wird abgewiesen.</p>
<p>Den Beklagten zu 1.) und 2.) fallen als Gesamtschuldern von den Kosten der ersten Instanz die Hälfte der Gerichtskosten und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Last. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten haben die Beklagten zu 1.) und 2.) selbst zu tragen.</p>
<p>Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin die Hälfte der Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3.) und die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.</p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p>Die Beschwer für die Klägerin beträgt 32.170,88 DM.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Die Beklagte zu 1) war eine Kommanditgesellschaft. Der Beklagte
zu 2) war ihr persönlich haftender Gesellschafter. Kommanditistin war die Ehefrau des Beklagten zu 2). Die
Beklagte zu 3) ist eine Bauträgergesellschaft, die in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter
Haftung betrieben wird. Gesellschafter waren der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau. Beide waren gleichzeitig auch
zur alleinigen Geschäftsführung berechtigte Geschäftsführer der Beklagten zu 3). Durch
notariellen Vertrag vom 14.5.1974 übertrug der Beklagte zu 2) seinen Gesellschafteranteil an der Beklagten
zu 3) auf seine Ehefrau und seine Tochter. Seit dem 1.7.1976 ist er auch nicht mehr Geschäftsführer.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) war Eigentümer des Grundstücks .... Die Beklagte zu 1) beabsichtigte, auf diesem
Grundstück ein Wohnhaus mit 5 Eigentumswohnungen, errichten zu lassen. Am 19.10.1973 beauftragte sie die
Klägerin mit den Entwässerungs-, Maurer- und Betonarbeiten für das Bauvorhaben. Die Klägerin
führte die Arbeiten aus. Mit der vorliegenden Klage hat sie gegen die Beklagten zu 1) und 2) ihre Restforderung
aus dem Bauauftrag in Höhe von 32.170,88 DM geltend gemacht.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nach dem Verkauf von drei der Eigentumswohnungen veräußerte der Beklagte zu 2) mit notariellem Vertrag
vom 4.12.1974 - Urkundenrolle ... des Notars ... die ihm verbliebenen zwei Eigentumswohnung A und C an die Beklagte
zu 3) zu einem Kaufpreis von 125.000,- DM. Beide Eigentumswohnungen waren im Zeitpunkt des Verkaufs noch im
Rohbauzustand. Die größere Eigentumswohnung A hat eine Flache von 108 qm, die Wohnung C ist 41,13 qm
groß.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ordnete das Amtsgericht ... durch Urteil vom
3.4.1975 auf Antrag der Klägerin an, daß zur Sicherung des Werklohnanspruchs der Klägerin an der
Eigentumswohnung A eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek über eine Forderung von 7.548,12 DM
und an der Eigentumswohnung C eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek über einen Betrag von
2.874,57 DM einzutragen seien. Die Berufung der Beklagten zu 3) gegen dieses Urteil wurde durch Urteil des
Landgerichts ... vom 30.7.1975 zurückgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit notariellem Kaufvertrag vom 8.12.1975 - Urkundenrolle Nr. ... des Notars ... in ... - verkaufte die Beklagte
zu 3) die Eigentumswohnung A zu einem Kaufpreis von 168.000,- DM an die Eheleute .... Da in dem Kaufvertrag die
lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums vereinbart worden war, löste die Beklagte zu 3) die für
das Wohnungseigentum A eingetragene Vormerkung auf Eintragung einer Sicherungshypothek durch Zahlung des Betrages
von 7.548,12 DM ab. Die Eheleute ... sind inzwischen als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie DM 32.170,88 DM zu zahlen sowie 10 % Zinsen
daraus seit dem 1.3.1975.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Da die Beklagten zu 1) und 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.12.1975 nicht ordnungsgemäß
durch einen beim Landgericht ... zugelassenen Rechtsanwalt vertreten waren, hat das Landgericht ... am 19.12.1975
auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisteilurteil entsprechend dem Klageantrag gegen die Beklagten zu 1)
und 2) erlassen. In dem Versäumnisurteil ist die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten worden.
Das Versäumnisurteil ist inzwischen rechtskräftig geworden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach Erlaß des Versäumnisurteils wurde über das Vermögen des Beklagten zu 2) das Konkursverfahren
eröffnet. Die Firma der Beklagten zu 1) wurde am 3.4.1976 als erloschen im Handelsregister A 4660 des Amtsgerichts
... eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet: Den Kaufpreis von 125.000,- DM für den Kauf der Eigentumswohnungen A und
C habe die Beklagte zu 3) nicht an den Käufer, den Beklagten zu 2) gezahlt. Die beiden Eigentumswohnungen
seien das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Die Veräußerung sei in der Absicht vorgenommen
worden, die Gläubiger der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) zu benachteiligen. Das ergebe sich daraus,
daß die Beklagte zu 3) in dem Kaufvertrag nicht die Schulden der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2)
gegenüber den Bauhandwerkern übernommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat die Ansicht vertreten: Die Beklagte zu 3) sei verpflichtet, in die Eintragung einer
Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß § 648 BGB in die Grundbücher der Eigentumswohnungen A
und C einzuwilligen. Denn die vom Gesetz geforderte Identität zwischen Besteller des Bauwerks und
Grundstückseigentümer sei nicht formal juristisch, sondern wirtschaftlich zu beurteilen. Da die
Beklagte zu 3) als Bauträgerin auftrete und die Beklagte zu 1) als Bestellerin, bestehe zwischen den
Beklagten eine wirtschaftliche Verflechtung mit der Folge, daß sie wirtschaftlich gesehen als identisch
anzusehen seien.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu 3) zu verurteilen, die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von DM
33.170,88 sowie 10 % Zinsen daraus seit dem 1.3.1975 zu bewilligen, und zwar zu Lasten der Eigentumswohnung
gemäß Buchstabe A des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ... sowie
zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe C des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch
von ... Blatt ...;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, die Eintragung von Bauhandwerkersicherungshypoteken zu bewilligen, und
zwar wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">a)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe A des Aufteilungsplanes, eingetragen im
Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ..., in Höhe von DM 7.548,12 DM</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">b)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe C des Aufteilungsplanes, eingetragen im
Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ... in Höhe von DM 2.874,57.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie hat behauptet: Der Erwerb der beiden Eigentumswohnungen sei nicht von vornherein beabsichtigt gewesen.
Erst als die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) nicht mehr in der Lage gewesen seien, die notwendigen Darlehen
zur Finanzierung der Fertigstellung der Wohnungen zu beschaffen, habe sie die Eigentumswohnungen gekauft. Denn
ihr sei es möglich gewesen, die notwendigen Gelder zu beschaffen. Da sich beide Eigentumswohnungen noch im
Rohbauzustand befunden hätten, sei der Kaufpreis von 125.000,- DM für beide Wohnungen angemessen gewesen.
Der Kaufpreis sei auch an den Beklagten zu 2) gezahlt worden. Zwischen ihr und der Beklagten zu 1) bestehe keine
wirtschaftliche Identität. Das ergebe sich aus ihrer wirtschaftlichen Entflechtung. Der Beklagte zu 2) habe
sich nie als ihr Geschäftsführer betätigt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 20.2.1976 hat die erste Zivilkammer des Landgerichts ... die Beklagte zu 3) verurteilt, die
Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von 32.170,88 DM sowie 10 % Zinsen daraus seit dem
1.3.1975 zu Lasten der Eigentumswohnungen A des Aufteilungsplans und der Eigentumswohnung C des Aufteilungsplanes
zu bewilligen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In dem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, begründet das Landgericht zunächst
in längeren Ausführungen, daß die in § 648 BGB geforderte Identität zwischen Besteller und
Grundstückseigentümer nicht gegeben sei. Es kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß es mit dem Grundsatz
von Treu und Glauben nicht vereinbar sei, wenn sich die Beklagte zu 3) auf ihre förmliche Selbständigkeit
berufe. Der Beklagte zu 2) habe die Eigentumswohnungen in der erkennbaren Absicht, seine und die Gläubiger der
Beklagten zu 1) zu benachteiligen, auf die Beklagte zu 3) übertragen. Außerdem sei der Kammer aus einer
Vielzahl von Prozessen bekannt, daß die beiden Eigentumswohnungen das einzige Vermögen des Beklagten zu
2) gebildet hätten. Nach dem Gedanken der Durchgriffshaftung sei es der Beklagten zu 3) deshalb verwehrt, sich
auf ihre förmliche Selbständigkeit zu berufen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Gegen das nicht zugestellte Urteil hat die Beklagte zu 3) am 15.3.1976 Berufung eingelegt und die Berufung nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.5.1976 am 17.5.1976 begründet.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aus dem Umstand, daß die Beklagte zu 1) und sie einen gemeinsamen Geschäftssitz gehabt hätten und
die Gesellschafter identisch gewesen seien, ergebe sich noch keine wirtschaftliche Identität. Beide
Gesellschaften hätten eigene Vermögen gehabt, die auch völlig getrennt gehalten worden seien.
Tatsächlich sei die wirtschaftliche Verflechtung so gering, daß sie von dem Konkurs der Beklagten zu
1) und 2) nicht berührt worden sei. Mit dem Verkauf der Eigentumswohnungen sei nicht beabsichtigt gewesen,
die Gläubiger der Beklagten ihren Gläubiger ... befriedigt, und zwar durch Ablösung der für
ihn eingeräumten Hypotheken. Außerdem habe die Beklagte zu 1) an das Finanzamt eine Steuerschuld von
29.843,54 DM bezahlt. Der verbleibende Restbetrag sei an andere Gläubiger ausgezahlt worden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Eigentumswohnungen seien auch nicht das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Der Beklagte zu 2)
sei an einer Grundstücksgemeinschaft ... beteiligt gewesen, die sich mit der Erstellung von Eigentumswohnungen
in... befaßt habe. Für das Ausscheiden des Beklagten zu 2) habe die Beklagten zu 1) und 2) gegen 5 Schuldner
noch Forderungen in einer Gesamthöhe von ca. 28.000,- DM gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte zu 3) beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu 3) zu verurteilen, die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von
24.622,76 DM nebst 10 % Zinsen von 32,170,88 DM für die Zeit vom 1.3.1975 bis zum 12.3.1976 und von
24.622,76 DM seit dem 13.3.1976 zu bewilligen, und zwar zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe
C des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ...;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">2.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zu 3) zurückzuweisen;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">3.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">hilfsweise im Falle einer der Revision unterliegenden Entscheidung ihr nachzulassen, jegliche
Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer
deutschen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts erbracht werden kann, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin trägt vor:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte zu 2) habe die Eigentumswohnungen A und C an die Beklagte zu 3) verkauft, um seine Gläubiger
und die Gläubiger der Beklagten zu 1) zu benachteiligen. Denn beide Wohnungen seien mit einer Gesamtgrundschuld
von 124.000,- DM belastet gewesen. Um diese Grundschuld ablösen zu können, sei der Kaufpreis auf 125.000,- DM
festgesetzt worden. Lediglich der Restbetrag von 1.000,- DM sei für die Bezahlung von Baurechnungen vorgesehen
gewesen. Es müsse mit Nichtwissen bestritten werden, daß die Firma ... etwas von dem "Erlös"
erhalten habe. Da die Beklagten zu 1) und 2) keine Finanzierungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten, sei der
Beklagten zu 3) durch den Kauf der Eigentumswohnungen Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet worden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Eigentumswohnungen seien praktisch das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Sein Grundstück,
in ... sei mit verschiedenen Zwangshypotheken weit über seinen Wert hinaus belastet gewesen. Die der
Grundstücksgesellschaft ... gehörenden Grundstücke seien zugunsten der ... in ... mit Grundschulden
von 110.000,- DM und 160.000,- DM belastet gewesen. Bei der Auseinandersetzung der Gesellschaft sei an die Konkursmasse
keine Abstandssumme von 12.000,- DM gezahlt worden. Die angeblichen Forderungen in Höhe von ca. 28.000,- DM habe
sie pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Keiner der Schuldner sei jedoch zur Zahlung bereit
gewesen, da die erhebliche Gegenforderungen an die Beklagte zu 1) geltend gemacht hätten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten zu 3) ist zulässig und auch begründet. Sie führt zur Abänderung
des Urteils und Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3).</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 3) keinen Anspruch gemäß § 648 BGB auf Eintragung
einer Sicherungshypothek. § 648 BGB gibt dem Bauunternehmer das Recht zu verlangen, daß der Besteller an
seinem Baugrundstück zur Sicherung der Werklohnforderung aus dem Bauvertrag eine Sicherungshypothek eintragen
läßt. Die Voraussetzungen des § 648 BGB sind nicht gegeben. Die Beklagte zu 3) ist zwar Eigentümerin
des Baugrundstücks. Baugrundstück ist in diesem Fall die Eigentumswohnung C, die nach dem Verkauf und die
Übereignung der Eigentumswohnung A an die Eheleute ... noch im Eigentum der Beklagten zu 3) steht. Die Beklagte
zu 3) ist jedoch nicht Bestellerin des Bauwerkes. Bestellerin war die inzwischen nicht mehr existente Beklagte zu 1).</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Die in § 648 BGB vorausgesetzte Identität zwischen Besteller des Bauwerks und Grundstückseigentümer
läßt sich nicht durch eine wirtschaftliche Beurteilung feststellen (für eine wirtschaftliche Beurteilung
der Identität Palandt, 36. Aufl., § 648, Anmerkung 2 b; OLG München NJW 1975, 220; LG Köln, BB 1973,
1375). Die Frage nach der wirtschaftlichen Identität stellt sich nur, wenn auf der Seite
Besteller/Grundstückseigentümer eine Personalgesellschaft oder eine juristische Person als Bestellerin oder
Grundstückseigentümerin beteiligt ist. Die Anwendbarkeit des § 648 BGB ist unproblematisch, wenn
beispielsweise Bestellerin des Bauwerks eine offene Handelsgesellschaft und Grundstückseigentümer einer
der Gesellschafter ist. Denn als Gesellschafter haftet der Grundstückseigentümer persönlich für
die Schuld der oHG aus dem Bauvertrag. Will man jedoch die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Identität mit
den Gesellschafter auch dann bejahen, wenn eine juristische Person als Bestellerin oder Grundstückseigentümerin
beteiligt ist, führt das dazu, daß die vom Gesetz gewollte Eigenständigkeit der juristischen Person
aufgelöst wird. Denn die juristische Person wird so behandelt, als sei sie ohne eigene Rechtspersönlichkeit,
da sie je nach Fallgestaltung als identisch mit dem Besteller oder dem Grundstückseigentümer angesehen wird.
Es gilt jedoch der Grundsatz, daß "über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und
schrankenlos hinweggegangen werden" darf (BGH NJW 1974, 1372). Auch wenn Ausnahmefälle möglich sein
können, besteht doch kein allgemeines Bedürfnis, im Rahmen der Regelung des § 648 BGB von der
Eigenständigkeit der juristischen Person abzuweichen und bei enger wirtschaftlicher Verflechtung Identität
zwischen Besteller und Grundstückseigentümer anzunehmen, handelt es sich bei Besteller und
Grundstückseigentümer um zwei verschiedene natürliche Personen, muß es der Bauunternehmer nach
§ 648 BGB in Kauf nehmen, daß seine Werklohnforderung nicht durch Eintragung einer Sicherungshypothek am
Baugrundstück abgesichert werden kann. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Bauunternehmer besser gestellt werden
soll, wenn es sich bei Besteller und Grundstückseigentümer nicht um zwei natürliche Personen handelt,
sondern wenn eine juristische Person beteiligt ist. (Ablehnend auch OLG Braunschweig BB 1974, 624 und OLG Bremen NJW
1976, 1321).</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Außerdem fehlt ein einleuchtendes Kriterium dafür, wann wirtschaftliche Identität vorliegen soll.
Das Oberlandesgericht München (NJW 1975, 220) stellt darauf ab, ob der Besteller oder Grundstückseigentümer
die Beteiligte juristische Person "ausschlaggebend beeinflußt, steuert und bestimmt". Dem Begriff nach
bedeutet Identität Wesensgleichheit und völlige Übereinstimmung. Die Beherrschung eines Unternehmens
durch eine natürliche Person oder einer juristischen Person bedeutet jedoch nicht, daß zwischen beiden
wirtschaftlich gesehen eine völlige Übereinstimmung und damit Identität besteht. So war im vorliegenden
Fall der Beklagte zu 2) Komplementär der Beklagten zu 1), der Bestellerin des Bauwerks, und gleichzeitig neben
seiner Ehefrau alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten zu 3). Selbst wenn die Beklagte
zu 1) durch die Person des Beklagten zu 2) die Beklagte zu 3) wirtschaftlich beherrschte, werden beide damit noch
nicht wirtschaftlich wesensgleich. Hätte eine wirtschaftliche Identität zwischen ihnen bestanden, hätte
die Beklagte zu 3) das Schicksal der Beklagten zu 1) teilen müssen. Zusammen mit dem Beklagten zu 2) geriet die
Beklagte zu 1) in Vermögensverfall und mußte schließlich als Firma gelöscht werden. Dagegen übt
die Beklagte zu 3) nach wie vor ihre geschäftliche Tätigkeit aus.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Versuch, die Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer wirtschaftlich zu
begründen, ist im Grunde nur eine Verallgemeinerung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze
zur Durchgriffshaftung. Nach diesen Grundsätzen ist "der Durchgriff auf die von der juristischen Person
verdeckten Kräfte und Verhältnisse" dann zugelassen, wenn entweder "die Rechtsform der juristischen
Person absichtlich mißbraucht wird" oder "ihre Verwendung nicht dem Zweck der Rechtsordnung
entspricht" (BGH NJW 1974, 1372). Auch unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung kann die Klägerin
nicht von der Beklagten zu 3) die Bewilligung der Eintragung einer Sicherungshypothek für ihre Werklohnforderung
verlangen. Denn einmal bestehen erhebliche Bedenken, ob die Grundsätze der Durchgriffshaftung im vorliegenden
Fall angewandt werden können. Das Institut der Durchgriffshaftung ist geschaffen, um unbillige mit der Rechtsordnung
nicht zu vereinbarende Ergebnisse zu vermeiden, die dadurch entstehen können, daß die eigentlich Verantwortlichen
durch die Haftungsbeschränkung einer juristischen Person geschützt werden. Der "Schutz" der
juristischen Person soll durchbrochen werden. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht darum, die Haftungsbeschränkung
der Beklagten zu 3.) als Folge ihrer Rechtsform als GmbH aufzuheben und den Durchgriff auf die hinter ihr stehenden
Kräfte freizugeben. Vielmehr will die Klägerin genau das Gegenjuristischer Person.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Zum anderen spricht ein weiterer Grund gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze der Durchgriffshaftung: Die
Durchgriffshaftung trägt subsidiären Charakter. Die Aufhebung der Eigenständigkeit der juristischen
Person ist eine Ausnahme. Sie ist nur zulässig, wenn auf andere Art und Weise ein nach der Rechtsordnung
mißbilligte Ergebnis nicht vermieden werden kann. Die Klägerin hatte jedoch die Möglichkeit, auf
einem anderen Wege ihr Ziel zu erreichen. Nach ihrer Meinung und nach der Ansicht des Landgerichts kommen die
Grundsätze der Durchgriffshaftung deshalb den Eigentumswohnungen A und C in der Absicht gehandelt hat, die
Gläubiger der Beklagten zu 1) und 2) zu benachteiligen. Mit dieser Begründung konnte sie den Verkauf der
beiden Eigentumswohnungen durch den Beklagten zu 2) nach § 3 Anfechtungsgesetz anfechten. Denn gem. § 3
Abs. 1 Ziff. 1 Anfechtungsgesetz sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner, in diesem Fall der
Beklagte zu 2), in der dem anderen Teil, in diesem Fall der Beklagten zu 3), bekannten Absicht, seine Gläubiger
zu benachteiligen, vorgenommen hat. Durch die Anfechtung konnte die Klägerin ebenso wie durch die Eintragung
einer Sicherungshypothek ihr Sicherungsbedürfnis befriedigen. Denn gem. § 7 Anfechtungsgesetz hätte
die Beklagte zu 3) bei wirksamer Anfechtung die beiden Eigentumswohnungen der Klägerin zur Zwangsvollstreckung
wegen ihrer Restwerklohnforderung zur Verfügung stellen müssen. Wenn es die Klägerin versäumt hat,
von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die ihr das Anfechtungsgesetz bot, ist es nicht möglich, das
Anfechtungsgesetz durch die Anwendung der Grundsätze der Durchgriffshaftung zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Eintragung einer Sicherungshypotek auch nicht daraus herleiten, daß
die Beklagte zu 3) mit den beiden Eigentumswohnungen das gesamte Vermögen der Beklagten zu 1) und 2) übernommen
hat und damit gemäß § 419 BGB in deren Verpflichtung gegenüber der Klägerin eingetreten ist.
Denn die Voraussetzungen für eine Vermögensübernahme nach § 419 BGB sind nicht schlüssig
dargetan. Der Vortrag der Klägerin bezieht sich auf die Vermögenssituation der Beklagten zu 1) und 2) im
Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Beklagten zu 2) und auf Versuche,
in den Jahren 1975, 1976 Forderungen der Beklagten zu 1) und 2) gegen Dritte pfänden und sich zur Einziehung
überweisen zu lassen. Über die Vermögenslage der Beklagten zu 1) und 2) im Zeitpunkt des Verkaufs der
beiden Eigentumswohnungen am 4.12.1974 ist nichts vorgebracht. Die Klägerin hat auch nicht zu dem unstreitigen
Umstand Stellung genommen, daß das Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 2) eröffnet
worden ist. Dieser Umstand spricht dafür, daß der Beklagte zu 2) nicht ganz vermögenslos war. Denn es
kann angenommen werden, daß bei Vermögenslosigkeit des Beklagten zu 2.) die Eröffnung des Konkursverfahrens
mangels Masse abgelehnt worden wäre. Wenn keine Konkursmasse vorhanden war, ist es wenig wahrscheinlich, daß
ein Gläubiger einen Kostenvorschuß gemäß § 107 Abs. 1, Satz 2 KO geleistet hat, um die
Eröffnung des Konkursverfahrens zu erreichen.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 7 ZPO. Die
Festsetzung der Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO.</p>
|
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"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 14 C 577/76 | 1976-11-26T00:00:00 | 2019-03-13T15:21:49 | 2019-03-27T09:41:32 | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1976:1126.14C577.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen. </p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. </p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Aus einem Verkehrsunfall vom 15.05.1976, an dem der beim Beklagten versicherte Pkw #0000-# sowie der Pkw #000-## des Klägers beteiligt waren, ist der Beklagte unstreitig zum vollen Schadensersatz verpflichtet. Bis auf mit der Klage geltend gemachte 62,25 DM Kreditkosten hat der Beklagte alle Ansprüche erfüllt. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bringt vor:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Kreditinanspruchnahme habe er die Entstehung eines weit höheren Schadens, nämlich Mietwagenkosten, vermieden. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte darauf, er habe den mit Schreiben vom 22.6.1976 angeforderten Schadensbetrag von 4.561,- DM – worin unstreitig keine Kreditkosten genannt sind- bereits am 06.07.1976 bezahlt. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:57px">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 62,25 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1976 zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er bringt vor:</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Mit Schreiben vom 21.06.1976 hätten die Bevollmächtigten des Klägers den Schaden dem Grunde nach angemeldet und um Anerkennung bis zum 10.07.1976 gebeten. In dieser Zeit sei keine Rede davon gewesen, daß er nicht in der Lage sei, die Reparaturkosten vorzulegen. Bereits mit Schreiben vom 01.07.1976 sei dem Kläger mitgeteilt worden, daß der gesamte angeforderte Betrag (einschließlich Anwaltskosten) gezahlt sei. Der Kläger habe nicht darauf hingewiesen, daß er eine Kreditaufnahme beabsichtige.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht gerechtfertigt. Mit dem Beklagten ist das Gericht der Auffassung, daß der Kläger seine Obliegenheit, den ihm entstandenen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 15.05.1976 zu mindern, nicht erfüllt hat, so daß 62,25 DM Kreditkosten unnötig erfallen sind. Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, daß er versucht habe, seine Ersatzforderung gegen den Beklagten an die Firma T GmbH & Co KG, ; die seinen durch den Unfall beschädigten Wagen repariert hat, abzutreten, um auf diese Weise eine Stundung der Reparaturkostenrechnung zu erreichen. Hierdurch hätte er möglicherweise ein Zahlungsziel von 1 Monat bekommen, währenddessen der Beklagte den Schaden reguliert hätte. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger fällt auch zur Last, daß er sich unstreitig erstmalig mit Anwaltsschreiben vom 21.06.1976 an den Beklagten wandte, obwohl der Unfall bereits am 15.05. geschehen war. Zudem hat er den beschädigten Wagen ausweislich der in Kopie vorliegenden Rechnung der Firma T vom 02.06.1976 erst am Mittwoch, den 19.05.1976, d. h. 4 Tage nach dem Unfall in Reparatur gegeben. Dies spricht gegen seine Behauptung, er habe nur die Wahl zwischen Inanspruchnahme eines Mietwagens oder eines Kredits gehabt. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Er hätte sonst den Wagen sofort am Montag nach dem Unfall in Reparatur gegeben. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach alledem wäre es unbillig, dem Beklagten, der den mit Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 22.06.1976 geltend gemachten Schaden unstreitig außerordentlich rasch reguliert hat, weitere Kosten aufzubürden. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Nr. 4 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hoch</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Richter </p>
|
316,054 | olgham-1976-10-29-1-ss-owi-143576 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss OWi 1435/76 | 1976-10-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:21:51 | 2019-03-27T09:41:32 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1029.1SS.OWI1435.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1) Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.</p>
<p>2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p>3) Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 41 StVO, 24
StVG zu einer Geldbuße von 60,- DM verurteilt. Das Amtsgericht hat im wesentlichen folgendes festgestellt:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks"><i>"Am 11. März 1976, gegen 16.45 Uhr, befuhr die Betroffene mit einem Pkw in ... die B 54
in südlicher Richtung. In Höhe des Autobahnkreuzes Dortmund-Süd überquert diese
Straße die Autobahn. Von der Einmündung der Autobahnausfahrt an ist ein Überholverbot
durch amtliche Kennzeichen angeordnet, worauf zusätzlich durch Hinweisschilder vorher noch hingewiesen
wird. Innerhalb dieser Überholverbotszone überholte die Betroffene einen anderen Pkw."</i></p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Wie das Amtsgericht weiterhin ausgeführt hat, stellt die Betroffene nicht in Abrede, zu jenem
Zeitpunkt die B 54 wie angegeben befahren zu haben. Sie bestreitet jedoch, innerhalb der Überholverbotszone
ein anderes Kraftfahrzeug überholt zu haben. Sie schildert, sie sei in Höhe der
Autobahneinmündung auf die linke Fahrspur der B 54 übergewechselt, um einem einbiegenden
Pkw Raum zu geben. Dieses Fahrverhalten könne von den Polizeibeamten, die sie beobachtet haben,
irrigerweise als Überholmanöver angesehen worden sein.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Wie das Amtsgericht weiter ausführt, hat es die Betroffene der vorgeworfenen Tat auf Grund der
Bekundungen des Polizeibeamten ... für überführt angesehen. Dieser hatte, wie das Urteil
darlegt, zwar an den Verkehrsvorgang keine Erinnerung mehr, er hat sich aber insoweit auf den Text der
Anzeige bezogen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen das Urteil hat die Betroffene rechtzeitig Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Nachdem das
Urteil am 12. August 1976 zugestellt worden war, hat sie mit Schriftsatz vom 11. September, eingegangen
beim Amtsgericht am 13. September 1976, beantragt, das Urteil aufzuheben und hat diesen Antrag begründet.
Sie rügt, mit näherer Darlegung, Verletzung formellen und materiellen Rechts.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen,
weil nach seiner Ansicht die Rechtsbeschwerde nicht fristgerecht begründet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß hat die Betroffene fristgerecht auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts
angetragen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auf diesen gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2, 346 Abs. 2 StPO zulässigen Antrag war
der angefochtene Beschluß aufzuheben. Der Rechtsbeschwerdeantrag und die Begründung sind fristgerecht
angebracht worden. Die durch Zustellung des Urteils am 12. August 1976 in Lauf gesetzte Frist zur Stellung des
Rechtsbeschwerdeantrages und zur Begründung (§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2 OWiG, 345 Abs. 1 StPO)
lief nicht, wie das Amtsgericht meint, mit dem 12., sondern erst mit dem 13. September 1976 ab. Denn der
12. September war ein Sonntag, was zur Folge hatte, daß die Frist erst mit Ablauf des nächsten
Werktages endete (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 43 Abs. 2 StPO).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und
zur Fortbildung des Rechts stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde ist begründet.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat fehlerhaft gehandelt, indem es seine Feststellungen auf die Aussage des
Polizeibeamten ... stützte.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Da die Betroffene bestreitet, innerhalb jener Überholverbotsstrecke ein anderes Kraftfahrzeug
überholt zu haben und nur ein Verkehrsgeschehen schildert, von dem offen bleibt, ob es überhaupt
dasjenige war, bei dem der Überholvorgang geschehen sein soll, mußte das Amtsgericht bei seinen
Feststellungen auf die schriftliche Anzeige selbst zurückgreifen. Daß es dieses getan hat, ergibt
sich auch daraus, daß nach den Urteilsgründen der Zeuge sich auf die Anzeige bezogen hat.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das warhier indessen rechtlich unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwar darf nach § 250 StPO die Vernehmung eines Wahrnehmungszeugen nicht dadurch ersetzt werden,
daß eine Urkunde, in der seine Wahrnehmungen niedergelegt sind, verlesen wird. Wenn jedoch ein Zeuge
sich an das von ihm früher Wahrgenommene nicht mehr erinnert, wie es bei Polizeibeamten, die zuvor
eine Verkehrsanzeige erstattet hatten häufig vorkommt, kann der Inhalt der schriftlichen Erklärung
ergänzend verwertet werden, wenn zugleich der Urheber der Urkunde als Zeuge vernommen wird und die
Verantwortung für den Inhalt der Urkunde übernimmt (so BGHSt 20, 160 = NJW 65, 874). Auf diese
Weise kann das Gericht den Inhalt der Urkunde, jedoch noch nicht die Richtigkeit der Schilderung feststellen
(OLG Hamm, JMBl. NRW 68, 45). In dieser, insbesondere vom BGH in seiner Entscheidung vom 4.6.1970 (NJW 70,
1458, 1459) für zulässig erachteten Weise ist das Amtsgericht jedoch nicht verfahren. Es hat den
Inhalt der Anzeige nicht durch Vernehmung des Anzeigeverfassers, sondern durch Vernehmung des Zeugen ...
festgestellt, der in der Anzeige, die ein anderer Polizeibeamter erstellt hatte, nur als Zeuge aufgeführt
ist. Durch Vernehmung des Zeugen ... konnte der Inhalt der Anzeige daher nicht in zulässiger Weise
ergänzend verwertet werden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Urteil war somit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht
zurückzuverweisen.</p>
|
316,115 | lg-dortmund-1976-07-23-15-o-10276 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": 407,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 15 O 102/76 | 1976-07-23T00:00:00 | 2019-03-13T16:54:53 | 2019-03-27T09:41:25 | Beschluss | ECLI:DE:LGDO:1976:0723.15O102.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Antragstellerin wird das unter dem 28 .April 1976</p>
<p>beantragte Armenrecht verweigert.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aus-</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">sicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es ist nicht ersichtlich, daß der Antragsgegner der Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">zu Unrecht den Versicherungsschutz gem. § 2 Abs.2 c AKB entzogen</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">hat. Unstreitig hatte der Fahrer des von der Antragstellerin ge-</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">haltenen Fahrzeugs bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht die</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">vorgeschriebene Fahrerlaubnis. Zwar handelte es sich um einen be-</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">rechtigten Fahrer, die Antragstellerin durfte jedoch nicht ohne</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Verschulden das Vorliegen der Fahrerlaubnis annehmen. Diese .An-</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">nahme ist nur dann entschuldbar, wenn sie aus einer sicheren Er-</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">kenntnisquelle gewonnen ist. In aller Regel ist die Vorlage des</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Führerscheins erforderlich (ganz herrschende Rechtsprechung). Da</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">der Antragstellerin bekannt war, daß dem Fahrer die Fahrerlaubnis</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">entzogen worden war, hatte sie umso mehr Grund, sich den Führer-</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">schein tatsächlich vorlegen zu lassen. Die bloße Versicherung des</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Fahrers, er habe seine Fahrerlaubnis wiedererhalten, entschuldigt</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die dadurch hervorgerufene Annahme der Antragstellerin</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">gem. § 2 Abs.2 c AKB nicht.</p>
|
316,055 | vg-munster-1976-06-25-1-k-138375 | {
"id": 846,
"name": "Verwaltungsgericht Münster",
"slug": "vg-munster",
"city": 471,
"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 1 K 1383/75 | 1976-06-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:16 | 2019-03-27T09:41:32 | Urteil | ECLI:DE:VGMS:1976:0625.1K1383.75.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Bescheide
vom 30. Januar 1975 und 27. März 1975 und des
Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Ausbil-
dungsförderung Nordrhein-Westfalen in Aachen vom
15. Oktober 1975 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit
ab 1. Oktober 1974 Ausbildungsförderung als Zuschuß
zu bewilligen.</p>
<p></p>
<p>Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.</p>
<p></p>
<p>Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Der Kläger nahm zum Wintersemester 1971/72 an der X. X.-Universität in N. das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Ziel auf, die Diplomkaufmannsprüfung abzulegen. Als Nebenfächer wählte er ab dem 2. Semester Sport und Pädagogik. Der Beklagte förderte das Studium des Klägers ab dem Wintersemester 1972/73 nach den Regeln des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - BAföG -.</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 28. September 1974 teilte der Kläger dem Beklagten mit, daß er sich "aufgrund der derzeit ungünstigen Arbeitsmarktlage für Betriebswirte" entschlossen habe, vom Studium der Betriebswirtschaftslehre umzuwechseln auf das Studium der Wirtschaftswissenschaften für das Lehramt an Gymnasien. Dieser Wechsel brächte keinen Zeitverlust mit sich, da ihm u.a. die 6 Semester Betriebswirtschaftslehre voll angerechnet würden. Zugleich bat der Kläger um Weiterförderung. Der dazu angehörte Förderungsausschuß sah in den vom Kläger vorgetragenen Umständen keinen wichtigen Grund für einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG. Dementsprechend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 1975 den Antrag des Klägers auf Weiterförderung ab. Dagegen legte der Kläger am 20. Februar 1975 Widerspruch ein.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 27. März 1975 bewilligte der Beklagte ihm für den Zeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975, beschränkt auf 4 Monate, je 72,- DM als unverzinsliches Darlehen; diesen Bescheid focht der Kläger nicht an.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1975 - dem Kläger zugestellt am 20. Oktober 1975 - wies das Landesamt für Ausbildungsförderung Nordrhein-Westfalen den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30. Januar 1975 zurück.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung seiner dagegen am 20. November 1975 erhobenen Klage macht der Kläger im wesentlichen geltend:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vor der Änderung seines Berufszieles habe er wegen der Weiterförderung ein Telefonat mit der Sachbearbeiterin des Beklagten geführt. Diese habe ihm gesagt, dass der Wechsel unproblematisch sei, und er in seinem Antrag lediglich einen Grund dafür angeben müsse. Diese Auskunft habe er dahin gedeutet, dass es sich bei der Angabe des Grundes lediglich um eine Formsache handele. Dementsprechend habe er als naheliegendes Motiv die schlechten Berufsaussichten für Betriebswirte genannt. Entscheidend sei aber folgendes für die Änderung seines Berufszieles gewesen: Im Laufe seines Studiums sei er immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Beruf des Diplomkaufmannes seinem Charakter und seinen Fähigkeiten nicht entspreche. Während zweier Praktika habe er festgestellt, dass ihm die für einen Diplomkaufmann wesentliche Eigenschaft fehle, sich ständig und mit Eifer für die Umsatz- und Gewinnsteigerung des jeweiligen Unternehmers einzusetzen. Auch habe sich gezeigt, dass er den Anforderungen eines vollen betriebswirtschaftlichen Studiums nicht gewachsen gewesen sein; so habe er zwei Semester lang vergeblich versucht, zwei notwendige Scheine zu erwerben. Demgegenüber habe er während seiner Tätigkeit als Gruppenleiter bei der Deutschen Jugendkraft in sich pädagogische Fähigkeiten entdeckt, die er bis dahin nicht für möglich gehalten habe; es habe ihm Freude bereitet, mit jungen Menschen zu arbeiten.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Im übrigen liege gar kein Fachrichtungswechsel vor, weil er ja weiterhin Wirtschaftswissenschaften studiere und sich seine Studiendauer nicht bzw. nur unwesentlich verlängere.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom
30. Januar 1975 sowie des Bescheides vom 27. März 1975
und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für
Ausbildungsförderung Nordrhein-Westfalen in B.
vom 15. Oktober 1975 zu verpflichten, dem Kläger für die
Zeit ab 1. Oktober 1974 Ausbildungsförderung als Zuschuß
zu bewilligen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dazu trägt er u.a. vor:</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Änderung des Berufszieles des Klägers stelle sich als Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG dar. Insoweit sei eine Förderung nur dann möglich, wenn für den Fachrichtungswechsel ein wichtiger Grund vorliege, was bei dem Kläger jedoch nicht der Fall sei.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im einzelnen wird auf die Streitakte sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">
Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist - als Verpflichtungsklage - in vollem Umfang zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zwar hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 27. März 1975 weder Widerspruch eingelegt noch Klage erhoben; auch war dieser Bescheid nicht ausdrücklich Gegenstand des Widerspruchsbescheides. Gleichwohl muß der Bescheid vom 27. März 1975 in dem durch den Klageantrag gekennzeichneten Umfange als mit angefochten gelten. Dieser Bescheid ist ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung ergangen, "weil einzelne zur Entscheidung über den Antrag erforderliche Feststellungen nicht rechtzeitig getroffen werden konnten (Par. 51 Abs. 2 BAföG)." Somit handelte es sich nur um eine vorläufige Bewilligung, die jederzeit, namentlich bei Abschluß der notwendigen Feststellungen, einer Neuregelung zugänglich sein sollte. Verständlicherweise mußte angesichts dessen dem Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1975, der seinem Wesen nach eine umfassende und abschließende Entscheidung im Verwaltungsverfahren traf, der Erklärungswert beigemessen werden, dass er auch insoweit die zu erwartende Neuregelung enthielt. Mit der "endgültigen" Versagung einer Weiterförderung der Ausbildung des Klägers dem Grunde nach für den Bewilligungszeitraum ab Oktober 1974 wurde in ihm zugleich schlüssig die für einen Teil dieses Zeitraumes ausgesprochene Bewilligung von Vorausleistungen im Sinne von § 51 Abs. 2 BAföG aufgehoben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die somit insgesamt zulässige Klage ist auch sachlich gerechtfertigt. Das Klagebegehren ist auf Bewilligung von Ausbildungsförderung als Zuschuß für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975 dem Grunde nach gerichtet. Es findet seine Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 und 2 BAföG in der hier maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 31. Juli 1974 (BGBl I 1649).</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Nach § 7 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine erste Ausbildung, die nach dem BAföG gefördert werden kann, bis zu deren berufsqualifizierendem Abschluß geleistet. Bei dem vom Kläger ab dem Wintersemester 1974/75 betriebenen Studium, für welches er die streitige Förderung begehrt, handelte es sich nach wie vor um die erste Ausbildung und nicht - wie der Beklagte meint - um eine andere im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG; der Kläger hat nämlich weder die Ausbildung abgebrochen noch die Fachrichtung gewechselt. Nach § 15 a Abs. 4 BAföG in der o.g. Fassung, welcher eine gesetzliche Definition für den Abbruch der Ausbildung enthält, ist ein solcher dann gegeben, wenn der Auszubildende das Ziel eines förderungsfähigen Ausbildungsabschnittes endgültig nicht mehr anstrebt und nicht in derselben Fachrichtung die Ausbildung an einer Ausbildungsstätte anderer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 (BAföG) weiterführt. Letztes trifft jedenfalls auf den Kläger nicht zu. Er führt nämlich die Ausbildung in derselben Fachrichtung (vergl. dazu unten) weiter. Zwar geschieht dies nicht an einer Ausbildungsstätte anderer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 BAföG, sondern an der von ihm von Anfang an besuchten. Dies ist jedoch nach Auffassung der Kammer unerheblich; wenn schon die Fortsetzung der Ausbildung in derselben Fachrichtung an einer Ausbildungsstätte anderer Art nicht als Abbruch der Ausbildung zu werten ist, so muß dies erst recht gelten, wenn der Auszubildende an der von ihm besuchten Ausbildungsstätte verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Umstand, daß der Kläger nunmehr Wirtschaftswissenschaften (als Hauptfach) mit dem Berufsziel des Lehramtes an Gymnasien studiert, hat auch nicht einen Fachrichtungswechsel bewirkt. Außer in § 7 Abs. 2 und 3 findet sich der Begriff Fachrichtung noch in § 15 a Abs. 4 BAföG. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber diesem Begriff eine einheitliche Bedeutung zugemessen hat, zumal die genannten Vorschriften miteinander korrespondieren. § 15 a Abs. 4 BAföG ist jedoch zu entnehmen, daß bei der Bestimmung des Inhalts des Begriffes Fachrichtung nicht auf das Berufsziel abzustellen ist. Bei Anwendung dieser Vorschrift ist nämlich der Abbruch einer Ausbildung offensichtlich dann zu verneinen, wenn beispielsweise ein Auszubildender den Abschluß eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an einer Hochschule mit der Diplomkaufmannsprüfung nicht mehr anstrebt und statt dessen das Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Fachhochschule (vergl. § 2 Abs. 1 BAföG) mit dem Studienziel eines graduierten Betriebswirtes fortsetzt. Im Hinblick darauf kann daher nicht zweifelhaft sein, daß der Begriff Fachrichtung unabhängig von dem jeweiligen Berufsziel zu sehen ist. Diese Folgerung steht im übrigen auch im Einklang mit der Rechtsprechung der Kammer, die bereits hinsichtlich von Ausbildungen, die auf die Befähigung zu einem Lehramt abzielen, zur Bestimmung des Begriffes Fachrichtung nicht auf das Berufsziel abgestellt hat.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"> Vergl. z.B. Urteil der Kammer vom 15. August 1975,
Az.: 1 L 219/75.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">
Umstände, die einen Wechsel der Fachrichtung bewirken könnten, sind im Falle des Klägers jedoch nicht ersichtlich. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Daß der Kläger nicht mehr Betriebswirtschaftslehre, sondern Wirtschaftswissenschaften studiert, erscheint unerheblich. Bei dem Studium der Betriebswirtschaftslehre handelt es sich um eine besondere Ausprägung des Studiums der Wirtschaftswissenschaften, bei der andere Bereiche, wie z.B. Volkswirtschaftslehre, durchaus Berücksichtigung finden. Im übrigen spricht insoweit vorliegend gegen einen Wechsel der Fachrichtung, daß dem Kläger das Studium der Betriebswirtschaftslehre voll auf das Studium der Wirtschaftswissenschaften angerechnet worden ist, d.h. der Kläger so gestellt worden ist, als hätte er von Anfang an dieses Studium betrieben.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Ohne Einfluß auf die Fachrichtung ist es schließlich auch, daß die vom Kläger bereits seit seinem zweiten Semester betriebenen Nebenfächer Sport und Pädagogik im Rahmen des nunmehr angestrebten Studienabschlusses einen anderen, d.h. prüfungsrelevanten Stellenwert erfahren haben. Dies führt nach Auffassung der Kammer allein zu einer Ergänzung der durch das Hauptfach Wirtschaftswissenschaften maßgeblich bestimmten Fachrichtung.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Da sich nach Berechnung der Kammer der dem Kläger für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975 zustehende monatliche Förderungsbetrag auf - überschlägig - 120,- DM beläuft, steht dem Kläger die begehrte Ausbildungsförderung grundsätzlich auch als Zuschuß zu (§ 17 Abs. 1 BAföG).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach allem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 BAföG stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
316,056 | olgham-1976-03-24-15-w-9976 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15 W 99/76 | 1976-03-24T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:19 | 2019-03-27T09:41:32 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1976:0324.15W99.76.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Der Beschwerdewert wird auf 3.000 DM festgesetzt.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das im Grundbuch von ... Blatt ... eingetragene Grundstück steht im Eigentum des Beschwerdeführers, der wegen Geistesschwäche entmündigt worden und dessen Vormünderin seine Ehefrau ist (VII L 68 AG ...). Es ist in Abt. III unter Nr. 1 u. 2 mit Hypotheken belastet. Bei der Hypothek Nr. 1 ist eine Löschungsvormerkung nach §§ 1179, 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB für den jeweiligen Gläubiger der Post Abt. III Nr. 2 eingetragen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kreissparkasse ... hat als Gläubigerin der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Tilgungshypothek von 39.000 DM unter dem 13. Oktober 1975 die Löschung dieser Hypothek bewilligt und dem Eigentümer gleichzeitig den Hypothekenbrief übergeben. Unter dem 23. Oktober 1975 hat die Vormünderin auf demselben Vordruck namens des Grundstückseigentümers "die Löschung der oben bezeichneten Grundschuld Beantragt". Dar Notar ..., von dem die Unterschrift der Vormünderin beglaubigt worden ist, hat die Löschungsbewilligung nebst Lösenungsantrag und den Hypothekenbrief mit Schreiben vom 24. Oktober 1975 beim Grundbuchamt eingereicht und dabei erklärt, daß er die Anträge unter Bezugnahme auf § 15 GBO stelle.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Daraufhin hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts am 29. Oktober 1975 im Wege der Zwischenverfügung gem. § 18 GBO mit Bestimmung einer Erledigungsfrist von einem Monat beanstandet: es fehle eine Genehmigung (Zustimmung) des Vormundschaftsgerichts zur beantragten Löschung, da - soweit bekannt - ein Gegenvormund nicht vorhanden und die zu löschende Hypothek auch nicht letztrangig eingetragen sei. Gegen diese Zwischenverfügung hat der Notar schließlich Erinnerung eingelegt, der der Rechtspfleger und der Grundbuchrichter nicht abgeholfen haben, weil es sich vorliegend am die Löschung der entstandenen Eigentümergrundschuld handele und dafür gem. § 1812 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sei. Die mit der Vorlage als Beschwerde geltende Erinnerung ist vom Landgericht, das sich dieser Begründung angeschlossen hat, durch Beschluß vom 10. Februar 1976 zurückgewiesen worden, Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 5. März 1976.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das nach §§ 78, 80 GBO zulässige Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde mit Recht zurückgewiesen; denn die vom Grundbuchamt erlassene Zwischenverfügung war sachlich gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ist eine Eintragungsbewilligung oder eine sonstige, zu einer Eintragung erforderliche Erklärung (§ 29 GBO) von einem Vormunde namens des Mündels abgegeben worden, so muß das Grundbuchamt prüfen, ob der Vormund dabei innerhalb der Grenzen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht gehandelt hat. Diese ist in bestimmten Fällen - insbesondere gem. §§ 1812, 1821 u. 1822 BGB - beschränkt und an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder eines etwa vorhandenen Gegenvormundes gebunden. Ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, daß eine genehmigungspflichtige Erklärung abgegeben wurde, so stellt der fehlende Nachweis der vorgeschriebenen Genehmigung ein Eintragungshindernis i.S. von § 18 GBO dar.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Daneben sind Fälle denkbar, in denen der Tatbestand eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts zwar nicht offen zutage liegt, nach konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten aber möglicherweise gegeben sein kann. Die hierdurch begründeten Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen sind ebenfalls als ein Hindernis i.S. des § 18 GBO anzusehen (Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann - künftig: KEHE -, Grundbuchrecht, § 18 GBO Rdn. 10 u. 12 m.w.Nachw.). Denn da es im öffentlichen Interesse liegt, die materielle Wahrheit des Grundbuchs nach Möglichkeit zu erhalten, darf das Grundbuchamt keine Eintragung vornehmen, die das Grundbuch unrichtig machen oder auch nur seine Richtigkeit beeinträchtigen könnte (BayObLG in NJW 1960, 821 m.w.Nachw.). Deshalb ist in derartigen Zweifelsfällen durch Erlaß einer Zwischenverfügung darauf hinzuwirken, daß entweder die erforderliche Genehmigung beigebracht oder der Nachweis fehlender Genehmigungsbedürftigkeit erbracht wird (BayObLG und Herrmann, jeweils a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Im vorliegenden Falle war die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 29.10.1975 im Hinblick auf das Genehmigungserfordernis nach § 1812 BGB sachlich gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Allerdings haben das Amts- und Landgericht die Notwendigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung aus dem Gesichtspunkt einer Verfügung der Vormünderin über eine für den Mündel nach §§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 BGB entstandene Eigentümergrundschuld hergeleitet, obwohl die vorgelegten Eintragungsunterlagen keinen grundbuchlichen Nachweis für die Entstehung eines solchen Rechts ergeben; denn die von der Gläubigerin erklärte reine (abstrakte) Löschungsbewilligung enthält - im Gegensatz zu einer gehörigen löschungsfähigen Quittung - keinerlei Angaben über die Tilgung der Hypothekenforderung und die Person des Zahlenden und erlaubt daher keine Rückschlüsse auf das materiell-rechtliche Schicksal der Hypothek. Das ist aber deswegen nicht entscheidend, weil jedenfalls genügende konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Entstehung einer Eigentümergrundschuld gegeben sind und weil auch die daneben noch in Betracht zu ziehenden möglichen Fallgestaltungen unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt die Genehmigung nach § 1812 BGB erforderlich machen würden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1.)</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach § 1812 BGB bedarf der Vormund zur Verfügung über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, falls - wie hier - kein Gegenvormund vorhanden ist und die Vormundschaft auch nicht von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. Zu den Rechten, kraft deren eine Leistung verlangt werden kann, zählen nach einhelliger Ansicht u.a. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, die von der Regelung des § 1822 Abs. I Ziff. 1 nach Abs. 2 derselben Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind (vgl. z.B. Staudinger-Engler, BGB, 10./11. Aufl., § 1812 Rdn. 6 m.w.Nachw.; Palandt-Diederichsen, BGB, 35. Aufl., § 1812 Anm. 2 b). Auch derjenigen Grundschuld, die beim Erlöschen einer Hypothekenforderung gem. § 1163 Abs. 1 Satz 2 oder beim Verzicht des Gläubigers auf die Hypothek gem. § 1163 Abs. sog, Eigentümergrundschuld (§ 1177 Abs. 1 BGB) entsteht, kann der Charakter einer echten Grundschuld i.S. des 1191 nicht abgesprochen werden. Sie weist allerdings die Besonderheit auf, daß die Realisierungsmöglichkeiten in der Person des Eigentümers ruhen (§ 1197 Abs. 1). So, kann der Anspruch des Grundschuldgläubigers auf die Leistung - nämlich die Zahlung einer Geldsumme aus dem Grundstück - für die Dauer der Vereinigung des Gläubigerrechts und des Grundstückseigentums in einer Person nicht ohne weiteres betätigt werden. Aus diesem Grunde ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Einreihung der Eigentümergrundschuld in die Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann (§ 1812), in Zweifel gezogen worden (KG in JFG 13, 393 = JW 1936, 2745; Meikel-Imhof-Riedel, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 18 GBO Anh. Rdn. 122, Güthe-Triebel, GB0, 6, Aufl., Band 2 S. 2066/2067).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Anspruch des Gläubigers aus der Eigentümergrundschuld nicht untergegangen, sondern nur vorübergehend gehemmt ist, wodurch die Grundschuld ihr Wesen und ihren Charakter nicht eingebüßt hat (§ 889 BGB). Das zeigt sich insbesondere darin, daß dem Eigentümer die Grundschuld bei einer Veräußerung des Grundstücks als Fremdgrundschuld verbleibt, ebenso bei einer Zwangsversteigerung, wenn sie im geringsten Gebot steht oder ein etwaiger Erlös dem Eigentümer zufällt. Außerdem ist hinzuweisen auf die Möglichkeiten der Übertragung auf einen Dritten, der Belastung mit dem Recht eines Dritten, der Pfändung, auf die Berücksichtigung im Zwangsversteigerungsverfahren und die Verzinsung während der Zwangsverwaltung, § 1197 Abs. 2. Aus diesen Gründen ist die Eigentümergrundschuld als ein Recht i.S. des § 1812, kraft dessen eine Leistung verlangt werden kann, anzusehen (ebenso: Doerr, Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung, Band 71, S. 376 ff. LG Würzburg, Mitt.BayNot 1972, 239). Daraus folgt,; daß eine Verfügung des Vormunds über dieses Recht grundsätzlich der vorgeschriebenen Genehmigung bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Ob bei einer rangletzten Eigentümergrundschuld ausnahmsweise deswegen etwas anderes zu gelten hat, weil es sich dann lediglich um eine bloß formelle Rechtsstellung handeln soll (so die fast einhellige Rechtsauffassung: vgl. die Nachweise in der Entscheidung des LG Würzburg a.a.O.), steht hier nicht zur Entscheidung. Denn im vorliegenden Falle folgt der etwa entstandenen Eigentümergrundschuld noch eine weitere Hypothek im Range nach, die bei Löschung der Hypothek Nr. 1 im Range aufrückt und eine Anderweitige Ausnutzung dieser Rangstelle durch den Eigentümer verhindert.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Somit fällt jedenfalls eine Verfügung des Vormunds über eine nicht rangletzte Eigentümergrundschuld des Mündels unter das Genehmigungserfordernis nach § 1812 BGB (h.M., vgl. die vom LG Würzburg a.a.O., angeführten Nachweise). Verfügung in diesem Sinne ist jedes Rechtsgeschäft, durch das ein bestehendes Recht unmittelbar übertragen, belastet, aufgehoben oder inhaltlich geändert wird (BGHZ 1, 304). Dazu gehört insbesondere die Aufhebung der Eigentümergrundschuld nach § 875 BGB.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Eine derartige materiell-rechtliche Aufhebungserklärung kann in ... vorliegenden Löschungsantrage der Vormünder in vom 23.10.1975 gesehen werden, falls eine Eigentümergrundschuld entstanden ist. Zwar ist die materiell-rechtliche Erklärung grundsätzlich von den verfahrensrechtlichen Grundbucherklärungen zu unterscheiden. Regelmäßig kann aber, wenn der Eigentümer in der Form des § 29 GBO die Löschung einer Eigentümergrundschuld beantragt oder bewilligt, darin zugleich die materiell-rechtliche Aufhebungserklärung sem. § 875 BGB erblickt werden (Palandt-Bassenge, § 875 BGB Anm. 3 a). Die gleiche Bedeutung ist dem hier von der Vormünderin in beglaubigter Urkunde (§ 29 GBO) erklärten Löschungsantrage - der sich auf die "Grundschuld" bezieht - beizumessen, einerlei, ob damit die (zuvor vom Gläubiger zur Löschung bewilligte) Hypothek gemeint oder die Entstehung einer Eigentümergrundschuld gem. §§§§ 163 Abs. 1 Satz 2, 1177 BGB angesprochen sein soll. Der Löschungsantrag ist nämlich - wenn er der Form des § 29 GBO genügt - in der Regel zugleich als die nach § 27 GBO notwendige, keinen bestimmten Wortlaut erfordernde Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek zu werten (Ertl in KEHE, § 27 GBO Rdn. 9). Geht man von der Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus, so ist für die Annahme, daß in der Zustimmung des Eigentümers nach § 27 GBO regelmäßig zugleich diejenige des materiellen Rechts nach § 1183 BGB zu sehen sei (Ertl in KEHE, § 27 Rdn. 7), kein Raum; vielmehr kann dann der Erklärung des Eigentümers - wenn keine entgegenstehende Anhaltspunkte vorliegen - zugleich die Aufhebungserklärung nach § 875 BGB entnommen werden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">2.)</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Konkrete Anhaltspunkte für die Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus der zu löschenden Hypothek ergeben sich im vorliegenden Falle aus folgenden Erwägungen: Der nächstliegende Grund für die beantragte Löschung ist auch bei der - wie hier - von einem Kreditinstitut abgegebenen abstrakten Löschungsbewilligung im allgemeinen darin zu suchen, daß die der Hypothek zugrunde liegende persönliche Schuld zurückgezahlt worden ist. Das gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um eine ausgesprochene Tilgungshypothek handelt. Hinzu kommt noch, daß vom Beschwerdeführer im Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde die Entstehung einer Eigentümergrundschuld nicht etwa geleugnet, sondern sogar ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Auf diese Rechtslage deutet zudem bereits der Text des Löschungsantrages der Vormünderin vom 23.10.1975 hin, in dem von den vorgedruckten Worten "Hypothek/Grundschuld" das erstere durchgestrichen worden ist, obwohl in der Löschungsbewilligung der Gläubigerin eindeutig von ihrer "Hypothek" die Rede ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3.)</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers entfällt die Notwendigkeit einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hier auch nicht deswegen, weil bei der zu löschenden Hypothek eine Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB zugunsten des jeweiligen Gläubigers der Hypothek Abt. 3 Nr. 2 eingetragen, der Eigentümer danach also zur Löschung der Hypothek Abt. III Nr. 1 rechtlich verpflichtet ist. Die Vorschrift des § 1812 BGB macht insoweit Keine Einschränkungen und nimmt den Fall, daß der Mündel zu der Verfügung verpflichtet ist, nicht aus. Insoweit besteht die gleiche Rechtslage wie bei § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Für den Bereich dieser Vorschrift hat das Kammergericht wiederholt ausgesprochen, es komme nicht darauf an, ob eine Verbindlichkeit zur Vornahme der - genehmigungsbedürftigen - Verfügung bestehe oder nicht (KG in OLG 33, 363 sowie KGJ 38 A 219 ff., <u>223</u>). Bei den Gesetzgebungsarbeiten ist von einer Ausnahmebestimmung für den bezeichneten Fall bewußt in der Erwägung abgesehen worden, daß die Legitimation (des Vormundes) zur Vornahme von Rechtshandlungen, die sich auf das Grundbuch beziehen, eine unbedingte und für den Grundbuchrichter sicher erkennbare sein müsse. Die Prüfung der Frage, ob die Verpflichtung zur Verfügung über das Grundstück bestehe, sollte nicht dem Grundbuchamt sondern dem Vormundschaftsgericht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens obliegen. (ebenso: Palandt-Diederichsen, § 1821 Anm. 1 b).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Aber auch dann, wenn im vorliegenden Falle eine Eigentümergrundschuld trotz der dafür sprechenden Anhaltspunkte nicht entstanden sein sollte, würde nach den sonst noch in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen eine gem. § 1812 BGB genehmigungspflichtige Verfügung der Vormünderin in ihrem Löschungsantrage vom 23.10.1975 zu sehen sein.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sollte die Löschungsbewilligung der Gläubigerin ihren Grund nicht in einer Befriedigung der persönlichen Forderung sondern etwa in einer Aufhebung des Hypothekenrechts gem. § 875 BGB haben, so könnte in der - im Löschungsantrage konkludent enthaltenen - Zustimmungserklärung des Eigentümers nach § 27 GBO zugleich die materiell-rechtliche Zustimmung nach § 1183 BGB gesehen werden. Das gleiche wäre anzunehmen, wenn ein Dritter die Gläubigerin befriedigt hätte und die Hypothek dadurch außerhalb des Grundbuchs auf ihn - z.B. einen Ablösungsberechtigten nach § 268 BGB oder auf den gesamtschuldnerisch für die Forderung mithaftenden Ehegatten des Grundstückseigentümers - übergegangen wäre. Der Senat teilt die Auffassung von Hurst (Fälle vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung in der notariellen Praxis, Mitt.Rhein.Not 1966, 383 ff., <u>413</u>), daß in allen diesen Fällen die vom Vormunde gem. § 1183 BGB erteilte Zustimmung des Eigentümers zur Löschung einer Hypothek im Hinblick auf § 1812 BGB einer Verfügung über eine Eigentümergrundschuld gleichzustellen ist. Durch die letztgenannte Vorschrift soll nämlich dem Eigentümer die Möglichkeit (Anwartschaft) erhalten bleiben, die Hypothek (sei es als solche oder als forderungsentkleidete Eigentümergrundschuld) selbst zu erwerben, um sie sich mit ihrer Rangstelle erneut nutzbar machen zu können. Mit einer Zustimmung zur Hypothokenlöschung nach § 1183 BGB wird die Anwartschaft auf die Erlangung einer Eigentümergrundschuld endgültig aus der Hand gegeben. Mit Blickrichtung auf den Schutz des Mündels bedeutet es keinen Unterschied, ob der Vormund das Eigentümerrecht selbst zur Löschung bewilligt (gem. § 875 BGB bei Aufgabe einer bereits entstandenen Eigentümergrundschuld) oder ob er es durch Zustimmung zur Löschung (gem. § 1183) zum Untergehen bringt; in beiden Fällen entzieht der Vormund dem Mündel eine vermögenswerte Rechtsposition (ebenso wohl auch Doerr S. 378).</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Allerdings hat das Grundbuchamt im Eintragungsverfahren über einen Löschungsantrag beim Vorliegen einer reinen (abstrakten) Löschungsbewilligung grundsätzlich nicht zu prüfen, welcher materiell-rechtliche Vorgang zu der Löschungsbewilligung geführt hat. Das formelle Konsensprinzip endet erst dort, wo das Grundbuchamt auf Grund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere der Verfügungsberechtigung des Gläubigers oder des Eigentümers, hat. Zu solchen Zweifeln reicht die bloße Tatsache, daß eine Tilgungshypothek gelöscht werden soll, nicht aus, wie auch keine Vermutung dafür besteht, daß Zahlungen auf die Hypothek (bzw. die ihr zugrunde liegende Forderung) durch den <u>Grundstückseigentümer</u> geleistet worden sind (Horber, GBO, 13. Aufl., § 19 Anm. 2 a; Senat in DNotZ 1958, 547; Haegele in Rpfleger 1964, 150; Wäntig in MDR 1949, 683).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Diese Rechtsgrundsätze werden aber von en oben unter I. u. II. angestellten Erwägungen nicht berührt. Denn hier geht es nicht darum, wie das Grundbuchamt über den Löschungsantrag bei einem voll geschäftsfähigen Grundstückseigentümer zu befinden hätte, sondern um die andersartige Frage, ob hinreichende, die Zwischenverfügung vom 29.10.1975 rechtfertigende Anhaltspunkte für das tatsächliche Vorliegen einer nach § 1812 BGB genehmigungsbedürftigen Verfügung der Vormünderin gegeben sind.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><b>IV.</b></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zu den Erfordernissen einer Zwischenverfügung gehört die Bezeichnung der Mittel und Wege für die Beseitigung des Eintragungshindernisses. Das Grundbuchamt hat im vorliegenden Falle die Beibringung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung "zur beantragten Löschung" gefordert. Diese Ausdrucksweise ist zwar insofern ungenau, als nicht die Löschung als solche, sondern die darauf gerichtete, eine Verfügung i.S. des § 1812 BGB enthaltende Erklärung der Vormünderin der Genehmigungbedarf, also der Löschungsantrag vom 23.10.1975, in dem - wie oben ausgeführt - zugleich die Zustimmung nach § 27 GBO und außerdem aller Wahrscheinlichkeit nach entweder eine materiell-rechtliche Aufgabeerklärung nach § 875 BGB oder eine Zustimmung nach § 1183 BGB zu sehen ist. Trotzdem bringt die Zwischenverfügung aber den Gegenstand der erforderten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hinreichend deutlich zum Ausdruck, zumal das Grundbuchamt im Schriftwechsel mit dem Notar ausdrücklich auf § 1812 BGB hingewiesen hat.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Eine <u>nachträglich</u> erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Eintragungsantrages vom 23.10.1975 wäre allerdings kein taugliches Mittel zur Behebung des vorliegenden Hindernisses, wenn - was die Vorinstanzen nicht erörtert haben - die Voraussetzungen des § 1831 BGB vorlägen. Nach dieser Vorschrift ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, unwirksam. Die Bestimmung ist aber anerkanntermaßen nicht anzuwenden auf einseitige, dem Grundbuchamt gegenüber zwecks Vornahme einer Eintragung abzugebende Erklärungen; denn ihr gesetzgeberischer Grund - diejenigen Personen, deren Rechtsverhältnisse durch ein einseitiges Rechtsgeschäft berührt werden, nicht für unbestimmte Zeit über die Wirksamkeit des Geschäfts im Ungewissen zu lassen - entfällt u.a. auch dann, wenn das Grundbuchamt dieser Ungewissheit durch eine befristete Zwischenverfügung ein Ziel setzen kann (vgl. dazu insbesondere KG JW 1936, 2746; Erman-Heformehl, BGB, 6. Aufl., § 1831 Rdn. 3; Palandt-Diederichsen, § 1831 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">So liegt der Fall auch hier. Der Löschungsantrag vom 23.10.1975 Ist ersichtlich dem Grundbuchamt, nicht etwa der Hypothekengläubigerin gegenüber erklärt worden, zumal er offensichtlich zugleich die nach § 27 GBO erforderliche, dem Grundbuchamt gegenüber abzugebende Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek enthalten soll. Auch die gem. § 875 oder § 1183 BGB materiell-rechtlich erforderlichen Erklärungen des Eigentümers, von denen hier nach Lage der Sache die eine oder andere Im Hinblick auf § 1812 BGB angenommen werden kann, können dem Grundbuchamt gegenüber abgegeben werden.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die weitere Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Zu einer Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG bestand keine Veranlassung.</p>
|
316,057 | lg-bonn-1976-03-23-4-o-13175 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 4 O 131/75 | 1976-03-23T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:21 | 2019-03-27T09:41:32 | Urteil | ECLI:DE:LGBN:1976:0323.4O131.75.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird abgewiesen, soweit ihr nicht bereits durch das Teilanerkenntnisurteil vom 21.November 1975 entsprochen worden ist bzw. die Parteien den Rechtsstreit - wegen eines Betrages von 1.728, 95 DM - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.-- DM vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin nimmt den Beklagten als Haftpflichtversicherer des Herrn Q in Anspruch, der am 3.3.1973 einen Verkehrsunfall verschuldete, bei dem das Mitglied der Klägerin Herr S erhebliche Verletzungen erlitt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beklagte 60 % des Schadens zu decken hat. Sie streiten um die Höhe des Schadensersatzes, der der Klägerin wegen Aufwendungen für</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1) Krankengeld;</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">2) Krankenhauskosten;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">3) ambulante Pflegekosten; zusteht.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">1 .) Krankengeld</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat an Herrn S für die Zeit vom 14.4.1973 bis 30.8.1974 = 504 Tage insgesamt 17.841,60 DM Krankengeld gezahlt (in der Zeit <i>vom </i>Unfalltag, 3.3. 1973 bis 13.4.1973 erhielt Herr S seinen Lohn <i>v</i>on seinem Arbeitgeber fortgezahlt).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Unter Bezugnahme auf eine <i>von </i>ihr eingeholte Arbeitgeberbescheinigung <i>vom </i>3.8.1973 / 3.5.1974 (BI. 43,44 d. A.) trägt sie vor, Herr S habe monatlich 1.371,73 DM brutto = 991,31 DM netto verdient, was einem kalendertäglichen Ausfall von 35,40 DM entspreche. Dem sei der Rentenversicherungsbeitrag von kalendertäglich 8,34 DM hinzuzurechnen, womit sich ein Tages-Lohnausfall von 43,74 DM ergebe. Der Verdienstausfallschaden für die Zeit vom 14.4.1973 bis 30.8.1974. belaufe sich dementsprechend auf 22.044,95 DM (504 x 43,74), der Ersatzanspruch gegen den Beklagten auf 60 % hiervon = 13.225,98 DM. Dieser Anspruch sei unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Quotenvorrechts in vollem Umfang auf sie als den Sozialversicherer übergegangen, da ihre Aufwendungen die Höhe der Ersatzforderung überstiegen. Gezahlt habe der Beklagte auf diese Position aber lediglich vorprozessual 8.534,23 DM und nach Rechtshängigkeit 1.728,95 DM - insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit inzwischen in der Hauptsache für erledigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber trägt der Beklagte gestützt auf eine von ihm eingeholte Arbeitgeberbescheinigung <i>vom </i>26.5.1975 (BI. 29 d. A.) vor, das Kassenmitglied S habe im fraglichen Zeitraum (14.4.1973 - 30.8.1974) einen Nettoverdienstausfall von nur 20.555,29 DM erlitten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Den sich daraus ergebenden Ersatzanspruch in Höhe von 12.333,17 DM (60 % von 20.555,29) habe er voll befriedigt. Der Rentenversicherungsbeitrag, dessen Höhe er bestreite, könne nicht zu Gunsten der Klägerin in Ansatz gebracht werden. Insoweit könne dem Mitglied der Klägerin nur dann ein Schaden entstanden sein, wenn die zeitweilige Nicht-Zahlung des Beitrags eine Minderung des künftigen Rentenanspruchs zur Folge habe, was jedoch nicht dargelegt sei. Zum anderen sei ein etwaiger Ersatzanspruch bezüglich des Rentenversicherungsbeitrags nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergegangen, da diese ihrem Mitglied keine dem Rentenversicherungsbeitrag kongruente Leistung erbracht habe. Das Krankengeld diene nur der Deckung des reinen Nettolohnausfalls und stehe in keinem Zusammenhang mit einem durch zeitweilige Nichtzahlung des Beitrags etwa erwachsenden Renten-Ausfallschaden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">2.) Krankenhauskosten</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat für ihr Mitglied S anlässlich des genannten Unfalls insgesamt 14.507,-- DM an Krankenhauskosten aufgewendet. Der Beklagte hat hiervon für 137 Tage jeweils 6,-- DM wegen häuslicher Eigenersparnis in Abzug gebracht, den er irrtümlich mit 828,-- DM statt 822,-- DM errechnet hat. Demzufolge beziffert er den diesbezüglichen Schaden mit 13.679,-- DM (14.507,- 828,--) den Ersatzanspruch mit 60 % hiervon = 8.207, 40 DM. Diesen Betrag hat der Beklagte an die Klägerin gezahlt (auf Grund eines offenbaren Versehens geht diese von 8.204,40 DM statt 8.207,40 DM aus).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber macht die Klägerin geltend, ihr gegenüber könne eine häusliche Eigenersparnis nicht in Abzug gebracht werden, sie könne demnach 60 % von 14.507,-- DM = 8.704,20 DM beanspruchen. Tatsächlich bringe ein Krankenhausaufenthalt erfahrungsgemäß keine Ersparnis. Zwar entfalle <i>für </i>den Patienten die häusliche Verpflegung, dies werde aber durch zusätzliche Aufwendungen des Verletzten im Krankenhaus zumindest aufgewogen. Davon abgesehen könne eine etwaige Ersparnis wegen Wegfalls der häuslichen Verpflegung während der Dauer der Krankenhausbehandlung nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn - anders als hier - kein Anspruch auf Ersatz von Verdienstschaden gegen den Schädiger erwachsen sei, denn diese häusliche Verpflegung werde üblicherweise aus dem Erwerbseinkommen bestritten. Da der Sozialversicherer mit der Gewährung der Krankenhauspflege, soweit sie die Verpflegung betreffe, dem Kassenmitglied gewissermaßen Unterhalt gewähre, gehe deshalb zu diesem Teil nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens nach § 1542 RVO auf den Sozialversicherer über.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Vorsorglich macht die Klägerin insoweit geltend:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Ihr Mitglied Herr S habe erhebliche Mehraufwendungen gehabt. Mindestens 20 x sei er von seinen Familienangehörigen, insbesondere seiner Ehefrau besucht worden, wobei pro Besuch ca. 50.-- DM an Fahrt- und Aufenthaltskosten angefallen seien und die Besucher Geschenke im Wert von insgesamt rund 200.-- DM mitgebracht hätten. Hierbei handele es sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen um Heilbehandlungskosten im weiteren Sinne; diese seien nach § 1542 RVO übergangsfähig. Darüber hinaus habe Herr S während der Dauer seiner stationären Behandlung täglich 5,-- DM für Stärkungsmittel, Obst und Getränke aufgewendet.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">3.) Ambulante Pflegekosten</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Während die Klägerin die Krankenhauskosten nach der Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen abrechnet, pauschaliert sie die ambulanten Pflegekosten unter Bezugnahme auf §§ 1524 Abs. 1 S. 2, 1542 Abs. 2 RVO. Mit dem Beklagten ist sie sich allerdings darüber einig, dass die Geltendmachung des vollen Pauschsatzes nach den genannten Bestimmungen außer Verhältnis stünde zu den Kosten, die bei privatärztlicher Behandlung des Verletzten angefallen wären. Sie legt deshalb ihrer Schadensberechnung lediglich einen Betrag von 1.960,05 DM als "Teilbetrag der Pauschale" zugrunde und trägt vor, diese Summe stehe in keinem unangemessenen Verhältnis zu den Privatarztkosten, die sie unter Zugrundelegung von 215,20 DM für Medikamente - dieser Betrag ist unstreitig - und des 4-fachen Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit 1.291,20 DM beziffert. Demgemäß berechnet die Klägerin den ihr angeblich zustehenden Ersatzanspruch mit 1.176,03 DM (60 % von 1.960,05). Gezahlt hat der Beklagte auf diese Schadensposition unstreitig 438,-- DM (BI. 77,78 d. A. : 60 % von 730.-- DM).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hält die Berechnungsweise der Klägerin für unzulässig und meint, diese könne deshalb nur nach der Höhe ihrer tatsächlichen, bislang jedoch nicht dargelegten Aufwendungen abrechnen, nicht aber einen "Teilbetrag einer unzulässigen Pauschale" oder die fiktiven Privatarztkosten verlangen. Letztere seien im übrigen von der Klägerin übersetzt angegeben. Unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse könne nur der 2-fache Satz der GOÄ zugrunde gelegt werden.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach Hinweis durch das Gericht haben sich die Parteien damit einverstanden erklärt, dass der 3-fache Gebührensatz nach GOÄ zugrunde gelegt wird, falls sonst eine Beweisaufnahme über die Angemessenheit des Gebührensatzes erforderlich würde.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nachdem die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage durch Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 21.11.1975 (BI. 58 d. A.) ihre Erledigung gefunden hat und die Parteien den Rechtsstreit wegen eines Betrages von 1.728,95 DM in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin nunmehr,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.127,58 DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit (20.6.1975) abzüglich am 23.6.1975 gezahlter 1.728,95 DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Für den Fall, dass trotz seiner oben wiedergegebenen Einwendungen ein Rest-Anspruch der Klägerin verbleibt, erklärt er vorsorglich die Aufrechnung mit einer ihm angeblich zustehenden Gegenforderung in Höhe von 1.228,92 DM.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Hierzu trägt er unwidersprochen vor, die Klägerin habe ihre Aufwendungen für Krankengeld hinsichtlich des Zeitraums vom 1.3.1974 bis 30.8.1974 nicht nur ihm gegenüber, sondern auch gegenüber der Landesversicherungsanstalt T geltend gemacht. Diese habe Ende 1974 / Anfang 1975 2.048,20 DM an die Klägerin gezahlt und nehme nunmehr ihrerseits bei ihm, dem Beklagten, Regreß. Die Klägerin sei demzufolge um einen Betrag von 1.228,92 DM = 60 % von 2.048,20 DM ungerechtfertigt bereichert.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat über die Höhe der vom Beklagten an die Klägerin geleisteten Zahlungen Beweis erhoben. Es wird hierzu verwiesen auf die amtliche Auskunft des Postscheckamtes L (BI. 81-85 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. Zwar steht der Klägerin nach Abrechnung des Krankengeldes, der Krankenhauskosten und der ambulanten Pflegekosten noch ein Restbetrag von 255,78 DM zu, diese Forderung ist aber durch die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Gegenanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) in Höhe von 1.228,92 DM erloschen (§§ 387,389 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">1 .) Krankengeld</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat der Beklagte die Forderung der Klägerin voll ausgeglichen, sogar um 100,74 DM überzahlt. Grundlage des diesbezüglichen Anspruchs ist der Verdienstausfallschaden, den der Verletzte erlitten hat, denn nur in diesem Umfang kann nach § 1542 RVO ein Anspruch auf die Klägerin übergegangen sein. Die Höhe des gezahlten bzw. zu zahlenden Krankengeldes ist nur insoweit von Bedeutung, als damit der Betrag bestimmt wird, bis zu dem der Anspruch des Verletzten wegen Verdienstausfalls im Höchstfall auf die Krankenkasse übergegangen sein kann. Bleibt wie hier der ersatzfähige Verdienstausfallschaden hinter dem gezahlten Krankengeldbetrag zurück, so ist letzterer irrelevant.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Nettolohn des Verletzten ist nach der vom Beklagten eingeholten Arbeitgeberbescheinigung vom 26.5.1975 (BI. 29 d. A.) zu berechnen. Der Streit der Parteien darüber, ob die von der Klägerin eingeholten Arbeitgeberbescheinigungen vom 3.8.1973 bzw. 3.5.1974 (BI. 43, 44 d. A.) maßgebend sind oder die vom Beklagten eingeholte der Abrechnung zugrunde zu legen ist, ist unverständlich. Die Bescheinigung vom 26.5.1975 weist nämlich einen höheren Brutto- und Nettolohn aus als die vom 3.8.1973 / 3.5.1974, ist also für die Klägerin günstiger. Aus ihr ergibt sich entsprechend der Berechnung des Beklagten auf Blatt 4 des Schriftsatzes vom 24.7.1975 (BI. 22 d. A.) für die Zeit ab 14.4.1973 (Ende der Lohnfortzahlung) bis Ende August 1974 (Ende der Krankengeldzahlung) ein Nettoverdienst des Verletzten von 20.555,29 DM. Auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen vom 3.8.1973 / 3.5.1974 ergibt sich dagegen ein kalendertäglicher Nettolohnausfall von 991,31 DM : 28 (die Bescheinigungen beziehen sich auf den Monat Februar) ::: 35,40 DM. Daraus folgt für den Zeitraum 14.4.1973 - 30.8.1974 = 504 Tage ein Netto-Verdienstausfall von nur 17.841,60 DM, also exakt der Betrag, den die Klägerin als Krankengeld an den Verletzten gezahlt hat. Dass die Klägerin letztlich auf einen höheren Verdienstausfallschaden als der Beklagte kommt, nämlich auf 22.044,96 DM (504 x 43,74 DM), beruht einzig darauf, dass sie dem kalendertäglichen Netto-Lohnausfall von - nach ihrer Auffassung - 35,40 DM den Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von angeblich 8,34 DM täglich zuschlägt. Die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieses Zuschlags ist jedoch keine Frage, die mit der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der einen oder anderen Arbeitgeberbescheinigung zusammenhängt; es handelt sich um ein reines Rechtsproblem, das im Folgenden noch zu erörtern sein wird.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Da das Vorbringen des Beklagten, soweit er sich auf die von ihm eingeholte Arbeitgeberbescheinigung vom 26.5.1975 stützt, der Klägerin mithin günstig ist, kann als selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass sie dieses ihr günstige Vorbringen sich zu eigen macht. Der Nettolohnausfall des Verletzten ist dementsprechend für den fraglichen Zeitraum auf 20.555,29 DM anzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Diesem Betrag kann entgegen der Auffassung der Klägerin der Rentenversicherungsbeitrag nicht hinzugerechnet werden. Dabei kann dahinstehen, ob dem Verletzten insoweit ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Auch wenn dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, kann sie nach Ansicht der Kammer diesen Beitrag nicht in ihre Abrechnung mit dem Beklagten einbeziehen, weil ein etwaiger diesbezüglicher Ersatzanspruch des Verletzten nicht gemäß § 1542 RVO auf sie übergegangen sein kann. Es entspricht einhelliger Meinung, dass ein Forderungsübergang nach § 1542 RVO nur insoweit stattfindet, als der Sozialversicherungsträger dem Verletzten eine kongruente Leistung erbringt bzw. zu erbringen hat. An dieser Kongruenz fehlt es im Verhältnis zwischen Krankengeld und Rentenversicherungsbeitrag. Ersteres ist nach § 182 Abs. 4 RVO begrenzt durch die Höhe des regelmäßigen Nettoarbeitsentgeltes, zu dem unzweifelhaft der Rentenversicherungsbeitrag nicht gehört. In dieser Vorschrift kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das Krankengeld zur Deckung des Bedarfs, der sonst durch den Nettolohn gedeckt wird, bestimmt ist; seine Zweckbestimmung liegt aber nicht, auch nicht teilweise, im Ausgleich eines etwaigen Renten-Ausfallschadens, wie er eventuell durch die zeitweilige Nicht-Zahlung des Rentenversicherungsbeitrags herbeigeführt werden könnte. Falls insoweit ein Schadensersatzanspruch der Verletzten gegen den Schädiger entstanden ist, verbleibt er trotz Zahlung von Krankengeld dem Verletzten und geht nicht gemäß § 1542 RVO auf die Krankenkasse über. Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht der Billigkeit, denn das der Höhe nach durch den Nettolohn begrenzte Krankengeld ermöglicht dem Verletzten eben nur die Deckung der Bedürfnisse, die er ansonsten aus dem Nettolohn zu bestreiten pflegt, gibt ihm jedoch keinen Ausgleich für einen eventuellen Renten - Ausfallschaden. Zudem ist der Sozialversicherte ohnehin durch das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers (vgl. BGH in NJW 1969, S. 98 ff.) benachteiligt. Es besteht kein Grund, den Sozialversicherungsträger zu Lasten des Versicherten noch weitergehend zu begünstigen dadurch, dass ein Forderungsübergang nach § 1542 RVO auch insoweit angenommen wird, als der Versicherungsträger Leistungen mit anderer Zweckbestimmung, als sie der betreffenden Schadensersatzforderung zugrunde liegt, erbringt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Ob der Netto-Verdienstentgang und Rentenausfallschaden gleichermaßen unter den Begriff des "Erwerbsschadens" zu fassen ist, ist nach Auffassung der Kammer für die Beurteilung des vorliegenden Falls belanglos. Allerdings wird von Wussow die Auffassung vertreten, die denkbaren Schäden seien in 5 verschiedene Schadensgruppen einzuteilen, und zwar:</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">a) Heilungskosten;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">b) vermehrte Bedürfnisse;</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">c) Erwerbsschaden;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">d) Schmerzensgeld;</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">e) Sachschaden.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die einzelnen Schadensgruppen zerfielen zwar wieder in zahlreiche Einzelpositionen; es sei aber im Sinne der zu § 1542 RVO entwickelten Kongruenzlehre unzulässig, eine Aufspaltung der einzelnen Schadensgruppen vorzunehmen, es komme also nicht darauf an, ob die betreffende einzelne Schadensposition von dem Sozialversicherer seinerseits dem Versicherten erstattet werde (Unfallhaftpflichtrecht 12.Auflage Rn. 1485, 1486 und in NJW-Schriftenreihe, Ersatzansprüche bei Personenschäden Rn. 224). Diese generalisierende Betrachtungsweise mag die oft schwierige Frage der Kongruenz wesentlich vereinfachen, trägt indes der gerade im Interesse des Versicherten und aus Gründen der Gerechtigkeit gebotenen Einzel-Beurteilung der Zweckbestimmung von Leistung des Sozialversicherungsträgers einerseits und Schadensersatzanspruch andererseits nicht genügend Rechnung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese von Wussow vertretene Differenzierung bisher in der Rechtsprechung Anklang gefunden hat. Der Forderungsübergang nach § 1542 RVO bezweckt in erster Linie, eine ungerechtfertigte Entlastung des Haftpflichtigen und eine doppelte Entschädigung des Verletzten zu vermeiden (BGHZ Bd. 54 S.<b> </b>377,382). Von einer "doppelten Entschädigung" des Verletzten kann jedoch keine Rede sein, wenn ihm ein etwaiger Ersatzanspruch wegen eines Renten-Ausfallschadens trotz Bezuges von Krankengeld verbleibt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Da der Rentenversicherungsbeitrag mithin dem Nettolohn-Ausfall von 20.555,29 DM nicht hinzu zurechnen ist und die Parteien sich über die Quotierung im Verhältnis 60 : 40 einig sind, ergibt sich unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Sozialversicherungsträgers ein auf die Klägerin nach § 1542 RVO übergegangener Anspruch wegen Verdienst-Ausfallschadens von 12.333,17 DM für den hier fraglichen Zeitraum vom 14. 4.1973 bis Ende August 1974.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Diese Forderung hat der Beklagte erfüllt. Er hat - außer der unstreitigen Zahlung von 1.728,95 DM, wegen derer die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben - folgende Leistungen an die Klägerin erbracht:</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">1.) am 17.5. 1974: 5.637,83 DM;</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">2) am 4.7. 1974: 10.378,13 DM;</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">3.) am 17.7. 1974: 1.591,14 DM;</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">4.) am 15.11.1974: 2.519,58 DM.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Dies ergibt sich aus den vom Postscheckamt L im Wege der amtlichen Auskunft vorgelegten Belegen (BI.82- 85 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">In Verbindung mit den vom Beklagten eingereichten Abrechnungsunterlagen (BI. 70-78 d. A.) ergeben sich folgende Zahlungen wegen des Krankengeldes:</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">1.) Rechnung vom 19.11.1973 (BI.70 d. A.)</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">60 % von 6.244,56 DM = 3.746,74 DM;</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">2.) Rechnung vom 11.2.1974 (BI.71 d. A.)</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">60 % von 2.279,76 DM = 1.367,85 DM;</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">3.) Rechnung vom 13.5.1974 (BI.73 d. A.)</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">60 % von 3.617,88 DM = 2.170,73 DM;</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">4.) Rechnung vom 19.6.1974 (BI.76 d. A.)</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">60 % von 2.230,20 DM = 1.338,12 DM;</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">5.) Rechnung vom 30.10.1974 (BI.77 d. A.)</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">60 % von 3.469,20 DM = 2.081,52 DM;</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">6.) unstreitig gezahlte <u>1.728,95 DM;</u></p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Summe 12.433,91 DM.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Es liegt mithin eine Überzahlung in Höhe von 12.433,91 DM - 12.333,17 DM = 100,74 DM vor.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">2.) Krankenhauskosten</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Insoweit stehen der Klägerin noch 170,40 DM zu. Die durch den Unfall verursachte stationäre Behandlung des Verletzten hat unstreitig Kosten in Höhe von <i>14.507,-- </i>DM verursacht. Von diesem Betrag ist entgegen der Ansicht der Klägerin die Ersparnis abzuziehen, die der Verletzte dadurch erzielt hat, dass während der Dauer seines Krankenhausaufenthalts die häusliche Verpflegung entfallen ist. Ob dieser Abzug unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung gerechtfertigt ist (so BGR in NJW 1966 S. 2356) oder ob dem Verletzten insoweit von vornherein kein Schaden entstanden ist (so Wussow, Unfallhaftpflichtrecht Rn. 1481), ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits belanglos.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Dass die im Krankenhaus üblicherweise anfallenden Mehraufwendungen - z.B. für Säfte, Stärkungsmittel etc. - die Ersparnis der häuslichen Verpflegung mindestens ausgleichen, wie die Klägerin unter Berufung auf die Ausführungen von Stamm (VersR 1975 S. 690 ff.) darzulegen versucht, ist nach Auffassung der Kammer unzutreffend. Richtig ist lediglich, dass erfahrungsgemäß derartige Mehraufwendungen anfallen und dass deshalb die "häusliche Ersparnis" nicht entsprechend dem vollen Betrag anzusetzen ist, den der Verletzte zu Hause für seine Verpflegung auszugeben pflegt. Es kann indes keine Rede davon sein, dass die betreffenden Mehraufwendungen, soweit sie sich in einem angemessenen und deshalb der Schadensberechnung zugrunde zu legenden Rahmen bewegen, die häusliche Eigenersparnis vollständig oder nahezu vollständig aufwiegen. Die Kammer schätzt die Ersparnis unter Berücksichtigung von Mehraufwendungen der genannten Art in angemessenem Umfang auf täglich 4;-- DM. Daraus ergibt sich für die Zeit ab Ende der Lohnfortzahlung, 14.4.1973, für die der Beklagte sich auf häusliche Ersparnis beruft, ein Abzug von 4,-- DM für 136 Tage = 544,-- DM (die in der diesbezüglichen Rechnung vom 13.5.1974, BI. 73 d. A., enthaltene Aufstellung ergibt ab 14.4.1973 136 Tage und nicht, wovon der Beklagte ausgeht, 137 Tage). Diesen Abzug muss sich auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Verletzten entgegenhalten lassen. Grundsätzlich können auf sie nicht mehr Rechte nach § 1542 RVO übergehen, als dem Verletzten als ihrem Rechtsvorgänger erwachsen sind. unerheblich ist, dass ein solcher Abzug nicht in Betracht käme, wenn die Klägerin nach § 1542 Abs. 2 in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 RVO pauschal abgerechnet hätte. Wählt der Sozialversicherungsträger wie hier die Abrechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen, so muss diese konkrete Schadensberechnung in allen Punkten konsequent durchgeführt werden, der Sozialversicherungsträger kann sich also nicht auf Vorteile berufen, die sich für ihn aus der von ihm gerade nicht gewählten Pauschalierung ergeben würden (vgl. BGH in NJW 1966 S.2356).</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Irrelevant ist im vorliegenden Fall ferner, dass die Klägerin in Höhe der auf die Krankenhausverpflegung entfallenden Beträge dem Verletzten gewissermaßen Unterhalt gewährt, also Kosten bestritten hat, die dieser ansonsten aus seinem Netto-Einkommen hätte aufbringen müssen. Allerdings leitet die herrschende Meinung hieraus ab, dass die Aufwendungen der Krankenkasse für die Verpflegung des Verletzten im Krankenhaus dessen Ersatzanspruch wegen Verdienstausfallschadens kongruent im Sinne des § 1542 RVO sind, dass also insoweit der Anspruch des Verletzten auf Ersatz seines Erwerbsschadens auf den Sozialversicherungsträger übergeht (vgl. hierzu BGH aaO und in NJW 1971 S. 240,24.1; Wussow aaO Rn. 1481). Hier hat der Beklagte aber, wie sich aus den. zu 1) gemachten Ausführungen ergibt, bereits den dem Verletzten entstandenen Nettolohn-Ausfallschaden in Höhe der von ihm zu tragenden Quote von 60 % vollständig ersetzt. Schon das von der Klägerin gezahlte Krankengeld übersteigt den Schadensersatzanspruch wegen Verdienstentgangs, so dass ein weitergehender Forderungsübergang nach § 1542 RVO wegen des von der Klägerin gewährten "Naturalunterhalts" in Form der Krankenhauspflege nicht möglich ist. Die diesbezüglichen Kosten erhöhen den Umfang der Aufwendungen der Klägerin, nicht den des Ersatzanspruchs wegen Verdienstausfalls. Wie die Rechtslage für die Zeit der Lohnfortzahlung, also bis einschließlich 13.4.1973, zu; beurteilen wäre (vgl. BGH in NJW 1971 S. 240, 241; Wussow aaO Rn. 1014 d), kann dahingestellt bleiben, denn wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 28.6.1974 (BI. 74 d. A.) in Verbindung mit der von der Klägerin unter dem 13.5.1974 erteilten Rechnung (BI. 73 d. A.) ergibt, hat der Beklagte lediglich für die Zeit ab 14. 4.1973 einen Abzug vorgenommen, im übrigen aber die entsprechende Forderung der Klägerin vollständig anerkannt und bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin sich hilfsweise auf Mehraufwendungen beruft, die durch Besuche des Verletzten seitens seiner Angehörigen angefallen sein sollen (Seite 5 des Schriftsatzes vom 12.9.1975, BI. 40 d. A.), fehlt es an einer gleichartigen Leistung der Klägerin gegenüber dem Verletzten, so dass ein etwaiger Ersatzanspruch wegen dieser Kosten schon mangels Kongruenz nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergegangen sein kann. Die erforderlichen Mehraufwendungen für Stärkungsmittel pp. sind bereits im Rahmen der Schätzung der häuslichen Ersparnis auf 4,-- DM pro Tag berücksichtigt worden.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der dem Verletzten entstandene Schaden ist mithin auf 14.507,-- DM - 544,-- DM = 13.963,-- DM anzusetzen.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Der auf die Klägerin nach § 1542 RVO übergegangene Schadensersatzanspruch beläuft sich auf 60 % hiervon = 8.377,80 DM. Gezahlt hat der Beklagte, wie sich aus der Rechnung vom 13.5.1974 (Bl.73 d. A.), seinem Schreiben vom 28.6.1974 (Bl.74 d. A.) und dem Post-Überweisungsbeleg vom 4.7.1974 (Bl.83 d. A.) ergibt, 60 % von 13.679,-- DM = 8.207,40 DM. Es verbleibt damit eine Differenz von 170,40 DM zu Gunsten der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">3.) Ambulante Pflegekosten</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Der Klägerin steht für ambulante Pflege-(Arzt- und Arznei-)kosten noch ein Restbetrag von 186,12 DM zu. Grundlage der Abrechnung sind die fiktiven Privatarztkosten, d.h. diejenigen Kosten, die angefallen wären, wenn der Verletzte sich privatärztlich hätte behandeln lassen.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht legt die Klägerin der Abrechnung 1.960,05 DM als Teilbetrag der sich aus § 1542 Abs. 2 in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 Satz 2 RVO ergebenden Schadenspauschale zugrunde. Allerdings steht der Pauschalierung der ambulanten Pflegekosten nicht entgegen, dass die Klägerin die Krankenhauskosten (oben zu 2) konkret abgerechnet hat. Nach völlig herrschender Meinung kann die Krankenkasse das ihr nach § 1542 Abs.2 RVO zustehende Wahlrecht nämlich getrennt nach den verschiedenen Schadensarten ausüben, die Wahl der konkreten Abrechnung für die Krankenhauskosten bindet also nicht bezüglich der ambulanten Pflegekosten (vgl. BGH in NJW 1965 S.2013; Wussow aaO Rn.1475 und in NJW-Schriftenreihe, Ersatzansprüche bei Personenschäden Rn.220; Geigel, Haftpflichtprozeß 15.Aufl. 30.Kapitel Rn.115 Seite 1112).</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Andererseits kann der Gesamtbetrag der sich aus §§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 S. 2 RVO ergebenden Pauschale nicht gefordert werden, weil dieser in einem unangemessenen Verhältnis stände zu den Kosten, die angefallen wären, wenn der verletzte Sozialversicherte sich als Privatpatient hätte behandeln lassen; die Forderung der gesamten Pauschalsumme wäre deshalb rechtsmißbräuchlich (vgl. hierzu <i>BGHZ </i>Bd. 12 s. 154 ff; BGH in VersR1956 S.178,179; <i>BGH </i>in NJW'1965 S.2013; Wussow, Unfallhaftfpflichtrecht Rn.1475; Geigel aaO Rn.113 Seite 1111). Hierin stimmen beide Parteien überein.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der sich daraus ergebenden Konsequenz, dass eine Pauschalierung entsprechend den genannten Vorschriften unzulässig ist, kann die Klägerin nicht dadurch ausweichen, dass sie statt der vollen Pauschale nur einen Teilbetrag verlangt, der sich nach ihrer Auffassung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den fiktiven Privatarztkosten bewegt, weil er diese um lediglich ca. 50 % übersteigt. Dies läuft auf eine der RVO fremde und deshalb unzulässige Pauschalierung hinaus (anderer Meinung offenbar Wussow aaO Rn.1478). Die Krankenkasse hat nach § 1542 Abs. 2 RVO die Wahl zwischen der Pauschalierung gemäß der genannten Bestimmung in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 RVO und der Schadensabrechnung auf der Grundlage ihrer tatsächlichen höheren Aufwendungen. Steht die Pauschale auf Grund der Umstände des Einzelfalls in einem unangemessenen Verhältnis zu den fiktiven Privatarztkosten und ist die Geltendmachung der Pauschalsumme deshalb rechtsmißbräuchlich, so ist die Krankenkasse zwar nicht gezwungen, die eventuell hinter den fiktiven Privatarztkosten zurückbleibenden tatsächlichen Aufwendungen in Ansatz zu bringen, vielmehr stehen ihr - an Stelle der unzulässigen Pauschale - die fiktiven Privatarztkosten zu.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Sie kann aber nicht dadurch zu einem für sie günstigeren Ergebnis gelangen, dass sie anders als in §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO vorgesehen pauschaliert, etwa indem sie auf die fiktiven Privatarztkosten einen Zuschlag erhebt (vgl. BGR in VersR 1956 S.178,179). Letztlich nichts anderes ist es, wenn die Krankenkasse wie hier die Klägerin statt eines solchen Zuschlags einen Teilbetrag der - unzulässigen, weil rechtsmißbräuchlichen - Pauschale geltend macht. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Es kann auch nicht ernsthaft von einem Teilbetrag im eigentlichen Sinne die Rede sein, denn dies würde voraussetzen, dass an sich auch der Gesamtbetrag, hier also die sich aus §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO ergebende Pauschale geltend gemacht werden könnte, was jedoch gerade nicht der Fall ist. Schließlich wäre es nach Ansicht der Kammer auch ein wenig sachgerechtes Ergebnis, wenn die Krankenkasse durch das Verlangen eines solchen vermeintlichen: "Teilbetrages" immer die Summe vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer erlangen könnte, die sich soeben unter der Grenze des Rechtsmißbräuchlichen hält.</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">I</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Statt der Pauschale aus §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO stehen der Klägerin die fiktiven Privatarztkosten zu. :Der hiergegen vom Beklagten erhobene Einwand, diese Kosten könnten nur dann verlangt werden, wenn die Klägerin zunächst eine Pauschalierung entsprechend den genannten Bestimmungen vorgenommen habe, was hier nicht geschehen sei, ist unzutreffend. Stellt sich die Geltendmachung des pauschalierten Betrages als rechtsmißbräuchlich heraus, so kann die Krankenkasse stattdessen die Kosten einer privaten Behandlung ersetzt verlangen (BGR in VersR 1956 8.178,179). Letzteres hängt nicht davon ab, dass die Krankenkasse zunächst die unzulässige Pauschale fordert, andernfalls käme man zu dem abseitigen Ergebnis, dass die Geltendmachung eines übersetzten Betrages, also die Forderung einer dem Gläubiger nicht zustehenden Summe Voraussetzung dafür wäre, um ihm die fiktiven Privatarztkosten statt der möglicherweise niedrigeren tatsächlichen Aufwendungen zusprechen zu können. Ein solch geradezu absurdes Ergebnis kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben, insbesondere kann es nicht aus dem Wahlrecht des § 1542 Abs. 2 RVO hergeleitet werden, denn dieses bezieht sich auf die Pauschale einerseits, die tatsächlichen <u>höheren </u>Aufwendungen andererseits. Es besteht schließlich kein sachlicher Grund, den Sozialversicherungsträger auf seine gegenüber den fiktiven Privatarztkosten meist niedrigeren tatsächlichen Aufwendungen zu verweisen, denn es ist nicht das Verdienst des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherers, dass es den Sozialversicherungsträgern gelungen ist, durch Vereinbarungen mit ärztlichen Standesorganisationen etc. die tatsächlichen Kosten niedrig zu halten; es entspricht der Billigkeit, diesen Vorteil den Sozialversicherungsträgern zugute kommen zu lassen und nicht dem Schädiger.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Bei der Berechnung der fiktiven Privatarztkosten ist vom 3-fachen Satz der Gebührenordnung für Ärzte auszugehen, womit sich die Parteien auf Vorschlag der Kammer zwecks Vermeidung einer ansonsten notwendigen Beweisaufnahme einverstanden erklärt haben. Die einzelnen ärztlichen Leistungen ergeben sich aus der vom Beklagten nicht angegriffenen Aufstellung der Klägerin auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 12.9.1975 (Bl.41 d. A.).<b> </b>Der 3-fache Gebührensatz beträgt demnach 825,--DM. Dem sind die Kosten für Medikamente in Höhe von unstreitig 215,20 DM hinzuzurechnen, woraus sich ein Ersatzanspruch von 624,12 DM ergibt (60 % von 1.040,20 DM). Gezahlt hat der Beklagte gemäß seinem Schreiben vom 12.11.1974 (Bl.78 d. A.) in Verbindung mit dem Post - Überweisungsbeleg vom 15.11.1974 (Bl.85 d. A.) 60 % von" 730.-- DM = 438,-- DM. Es verbleibt mithin eine Differenz von 186,12 DM zu Gunsten der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Die Restforderung der Klägerin errechnet sich also wie! folgt:</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">a) Krankenhauskosten 170,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">b) Ambulante Pflegekosten <u>186,12 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Summe 356,52 DN</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Abzüglich zu viel gezahlt für Krankengeld <u>100,74 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">255,78 DM.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Der zu viel gezahlte Betrag von 100,74 DM (oben zu 1) ist vom Rest-Anspruch der Klägerin in Abzug zu bringen, auch wenn der Beklagte insoweit nicht die Aufrechnung erklärt hat. Es ist davon auszugehen, dass bei der sich aus verschiedenen Positionen zusammensetzenden Schadensberechnung der auf die eine Position - Krankengeld - gezahlte Betrag, soweit er versehentlich über die nach der eigenen Darstellung des Beklagten geschuldete Summe hinausgeht, mit der Maßgabe geleistet ist, dass der Überschuss zur Deckung anderer, noch offenstehender Positionen bestimmt ist.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">4.) Die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung von 1.228,92 DM.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Die vorgenannte Restforderung der Klägerin von 255,78 DM ist gemäß §§ 387, 389 BGB durch die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem ihm zustehenden Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) in Höhe von 1.228,92 DM erloschen.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage des Schreibens der Landesversicherungsanstalt T vom 22.1.1976 (BI. 92 d. A.), der dieser gegenüber erteilten Abrechnung der Klägerin vom 23.12.1974 (BI.93 d. A.) und des Rentenbescheides an den Verletzten vom 13.1.1975 (BI.94 d. A.) belegt hat, hat die Klägerin das für die Zeit vom 1.3.1974 bis 30.8.1974 gezahlte Krankengeld nicht nur gegenüber dem Beklagten, sondern auch gegenüber der Landesversicherungsanstalt T in Ansatz gebracht hat; von dieser hat sie für den genannten Zeitraum gemäß § 183 Abs. 3 RVO Ende 1974 oder Anfang 1975 2.048,20 DM erhalten. In Höhe dieses Betrages war die Klägerin demnach befriedigt und ist sie durch die Entgegennahme der späteren Zahlung von 1.728,95 DM seitens des Beklagten rechtsgrundlos bereichert in Höhe des auf die Haftungsquote des Beklagten entfallenden Anteils von 1.228,92 DM (60 % von 2.048,20 DM).</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Dem steht nicht entgegen, dass der Betrag von 2.048,20 DM, den die Klägerin gemäß § 183 Abs. 3 RVO von der Landesversicherungsanstalt T erhalten hat, insgesamt weniger als 4.0 % des für den Zeitraum 1.3.1974 - 30.8.1974 gezahlten Krankengeldes ausmacht, die Klägerin also nicht etwa mehr als 100 % des von ihr verauslagten Krankengeldes erstattet erhalten hat. Der Betrag von 2.048,20 DM ist nämlich nicht primär auf den ungedeckten Anteil von 40 %, sondern gleichermaßen auf den durch den Haftpflichtversicherer gedeckten und den ungedeckten Teil anzurechnen. Eine andere Beurteilung würde zu einer durch nichts gerechtfertigten Benachteiligung des Rentenversicherungsträgers gegenüber der Krankenkasse führen; denn da der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nicht über die auf ihn entfallende Quote hinaus zum Ersatz herangezogen werden kann, verbliebe für den Rentenversicherungsträger kein nach § 1542 RVO übergangsfähiger Anspruch, wenn die Krankenkasse neben dem auf sie nach § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO übergegangenen Rentenanspruch des Verletzten den gesamten der Quote des Schädigers entsprechenden und an sie von dessen Haftpflichtversicherer gezahlten Betrag behalten könnte. Eine solche Bevorzugung der Krankenkasse ist der das Verhältnis von Rente und Krankengeld regelnden Bestimmung des § 183 Abs. 3 RVO nicht zu entnehmen.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">5.) Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klage abgewiesen ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 91 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Auch im übrigen - bezüglich des vom Beklagten anerkannten Feststellungsantrags und des übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Zahlungsantrags (1.728,95 DM) - sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Hinsichtlich des Anerkenntnisses folgt dies aus § 93 ZPO, denn der Beklagte hatte seine Haftung zu 60 % nie in Abrede gestellt und die Klägerin behauptet selbst nicht, der Beklagte habe sich auf entsprechende Aufforderung geweigert, seine Ersatzpflicht in dem bezeichneten Umfang auch für Zukunftsschäden anzuerkennen. Die Ausführungen der Klägerin über die Möglichkeit von Zukunftsschäden sind lediglich für die Frage des Feststellungsinteresses im Sinne des § 256 ZPO relevant, berühren aber nicht die für § 93 ZPO entscheidende Frage, ob der Beklagte den Anspruch sofort anerkannt und keine Veranlassung zur Klage gegeben hat.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf den erledigten Teil sind die Kosten gemäß § 91 a ZPO von der Klägerin zu tragen. Dies entspricht der Billigkeit, denn der Beklagte hatte zunächst exakt den Betrag an die Klägerin gezahlt, der auf der Grundlage des von der Klägerin errechneten Nettolohns (17.841,60 DM) bei zutreffender rechtlicher Beurteilung - ohne Berücksichtigung des oben zu 1) erörterten Rentenversicherungsbeitrags - als Verdienstausfallschaden zu ersetzen war (10.704.,96 DM = 60 % von 17.841,60 DM). Als sich durch die von ihm selbst eingeholte Arbeitgeberbescheinigung ergab, dass der Nettolohn - Ausfall in Wahrheit höher war, hat er die Differenz unverzüglich nachgezahlt. Da die Berechnung des Nettolohns Sache der Klägerin als Gläubigerin war, entspricht es der Billigkeit, sie mit den Kosten gemäß § 91 a ZPO zu belasten, denn es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass der Beklagte bei zutreffender Berechnung des Nettolohns durch die Klägerin schon vorprozessual den sich daraus ergebenden Schadensbetrag vollständig gezahlt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 710 ZPO.</p>
|
316,058 | olgd-1975-11-20-18-u-4475 | {
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<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 5. Februar 1975 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen.</p>
<p>Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d :</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin betriebt ein Speditionsunternehmen, die Beklagte unterhält als Reederei Linienschiffahrt für den Rhein-See-Verkehr mit Küstenmotorschiffen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 11. Januar 1972 schloß die Klägerin mit der Beklagten über deren Zweigniederlassung in Duisburg einen Rahmenfrachtvertrag über die Verfrachtung von insgesamt 4000 bis 5000 t Marmor und Schiefer aus Portugal und Spanien ab. Die Beklagte verpflichtete sich, dieses Frachtgut zu fest vereinbarten Frachtraten nach Düsseldorf oder, bei Niedrigwasser, nach Rotterdam zu transportieren. Die Klägerin sollte jeweils sofort nach Eintreffen des Schiffes in Düsseldorf die Fracht bezahlen. Unter dem 7. Februar 1972 bestätigte die Beklagte die mündlichen Vereinbarungen. Bis Ende Mai 1972 beförderte die Beklagte gemäß dem Vertrag insgesamt 2.348 t.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Anfang Mai 1972 gab die Klägerin der Zweigniederlassung der Beklagten in Duisburg die Verschiffung einer Partie von 200 t Marmor ab Lissabon und einer weiteren von insgesamt 400 t Granit und Schiefer ab Vigo in Spanien auf. Für den Transport war das Schiff "N....." vorgesehen. Kurz vor Abfahrt des Schiffes teilte die Beklagte der Klägerin fernschriftlich mit, daß das Schiff "N....." bereits ausgebucht sei. Sie erkläre sich gefälligkeitshalber bereit, der Klägerin bei der Beschaffung anderen Schiffsraums behilflich zu sein, der 20 DM pro Tonne koste, während die Parteien eine Fracht von 18 DM pro Tonne vereinbart hatten. Eine Einigung zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin, der sich in Portugal aufhielt, und der Beklagten kam nicht zustande. Die Klägerin, die die Ware nur beschränkte Zeit am Kai liegen lassen durfte, ließ die Partie von 157.330 kg für 21 DM pro Tonne ab Lissabon und die Partie von 320.280 kg ab Vigo für 25 DM pro Tonne wegen des Niedrigwassers nach Rotterdam transportieren. Die Mehrfracht von 2.714 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verlangte sie anschließend von der Beklagten ersetzt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Am Pfingstsonntag, dem 21. Mai 1972, trag das Schiff "S....." mit 29.290 kg Ladung für die Klägerin in Düsseldorf ein. Am Löschtage konnte die Klägerin dafür keinen Transportraum beschaffen. Die Partie mußte auf Lager genommen werden, wodurch Lagerkosten in Höhe von 146,45 DM zuzüglich Mehrwertsteuer entstanden sind, die die Klägerin ebenfalls von der Beklagten ersetzt verlangte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Ende Mai 1972 weigerte sich die Beklagte, weitere Transporte für die Klägerin durchzuführen. Bis dahin war die Klägerin mit Frachtlohnforderungen von rund 20.000 DM in Rückstand geraten. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ließ die Beklagte durch Schreiben ihrer Anwälte vom 31. Mai 1972 die Klägerin zur Zahlung auffordern. Die Klägerin bat postwendend um eine Klarlegung; die Beklagte schickte ihr einen Kontoauszug vom 6. Juni 1972 zu, dessen Saldo die Klägerin am 7. Juni bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Unter dem 5. Juni 1972 stellte die Klägerin der Beklagten die Mehrfracht und die Lagerkosten von insgesamt 3.175,10 DM einschließlich Mehrwertsteuer sowie wegen der im Jahre 1972 nicht beförderten Menge von 1.652 t 3 DM Mehrfracht pro Tonne, also 5.501,16 DM einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung.
Mit der am 25. Oktober 1973 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Ersatz dieses Schadens von insgesamt 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 in Anspruch genommen, nachdem sie die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 1972 unter Fristsetzung bis zum 1. August 1972 vergeblich zur Zahlung aufgefordert hatte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat behauptet, der bei der Zweigstelle der Beklagten angestellte Zeuge K..... habe am 4. Mai 1972 ihrem Geschäftsführer fernmündlich die Ladebereitschaft des Schiffes "N....." am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo gemeldet. Auch die Firma N....., die als Agent für die Beklagte in Lissabon tätig sei, habe ihrem Geschäftsführer die Ladebereitschaft des Schiffes "N....." bestätigt. Das Fernschreiben der Beklagten habe ihr Geschäftsführer erst am Abend des 9. Mai 1972 in Lissabon erhalten; die Beklagte habe verlangt, er solle sich noch an demselben Tage zu ihrem - für ihn unverständlichen - Vorschlag äußern.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich der nach Pfingsten in Düsseldorf entstandenen Lagerkosten hat die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sie nicht rechtzeitig vorher von der Ankunft des Schiffes "S....." verständigt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Unwidersprochen hat die Klägerin weiter vorgetragen, für die von der Beklagten vertragswidrig im Jahre 1972 nicht beförderten 1.652 t habe sie bei anderen Reedereien eine höhere Frachtrate von 3 DM pro Tonne bezahlen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Bei dem Zahlungsrückstand von rund 20.000 DM habe es sich um Frachtlohnkosten gehandelt, die mit den eingeklagten Ansprüchen nicht in Verbindung gestanden hätten.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie hat auf die in § 25 ihres Konnossements enthaltene Bedingung verwiesen, nach der Antwerpen als das Gericht ihres Wohnsitzes für Streitigkeiten aus dem Frachtvertrag zuständig sei. Diese Konnossementsbedingungen seien Gegenstand des Vertrages mit der Klägerin geworden, da die Klägerin - unwidersprochen - zugleich Absenderin und Empfängerin der beförderten Ware gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie hat bestritten, der Klägerin die Ladebereitschaft des Schiffes "N....." angezeigt zu haben. Der Klägerin sei bekannt gewesen, daß die Dispositionen über die Schiffe von ihrem Stammhaus in Antwerpen ausgegangen seien. Das Schiff "N....." sei bereits am 2. Mai 1972 ausgebucht gewesen. Aus Gefälligkeit habe sie der Klägerin bei der Beschaffung von anderem Schiffsraum behilflich sein wollen, solchen aber nur zum Preise von 20 DM pro Tonne erhalten können. Dieses Angebot habe sie der Klägerin so rechtzeitig unterbreitet, daß die Ware ohne weiteres hätte abgefahren werden können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Zu den Lagerkosten hat die Beklagte ausgeführt, sie habe das am Pfingstsonntag einlaufende Schiff am Freitag vorher nach 16.30 Uhr angemeldet, als die Büros der Klägerin bereits geschlossen gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Weitere Beförderungen habe sie Ende Mai 1972 verweigert, da die Klägerin zu jener Zeit die rückständigen Seefrachten von 20.000 DM trotz Mahnung nicht gezahlt habe.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage bis auf die geltend gemachten Lagerkosten nach Vernehmung des Zeugen K..... abgewiesen, da die Vernehmung des Zeugen K..... nicht ergeben habe, daß die Beklagte die Ladebereitschaft des Schiffes "N....." am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo bestätigt habe. Wegen ihres Zahlungsrückstandes habe sich die Klägerin im übrigen nicht vertragsgetreu verhalten.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wendet sich die Klägerin, soweit es ihre Klage abgewiesen hat, mit der Berufung. Sie wiederholt und ergänzt ihren Vortrag und spricht sich insbesondere gegen die Beweiswürdigung des Urteils aus. Der Zeuge K..... sei nicht bei ihr, sondern bei der Beklagten angestellt. Sie wiederholt ihren Antrag, ihren Geschäftsführer F..... gemäß § 448 ZPO als Partei zu vernehmen. Ferner beantragt sie, den Zeugen K..... erneut und den Agenten der Beklagten in Lissabon zusätzlich darüber zu vernehmen, daß die Beklagte die Ladebereitschaft des Schiffes "N....." am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo bestätigt habe.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.513,70 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">h i l f s w e i s e</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">ihr für den Fall des Unterliegens nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (auch durch Bankbürgschaft) abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten erster Instanz im Verhandlungstermin am 6. November 1975 nicht vertreten gewesen. Die Klägerin hat beantragt, gegen die Beklagte durch Versäumnisurteil zu entscheiden.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</u></p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht Düsseldorf hat seine Zuständigkeit für die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung eines Frachtvertrages im Ergebnis zu Recht bejaht. Da die Beklagte ihren Sitz in Antwerpen hat und die Zuständigkeit der dortigen Gerichte geltend gemacht hat, handelt es sich nicht um die Frage der örtlichen Zuständigkeit, sondern um die der internationalen Zuständigkeit, d. h. der Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte. § 512 a ZPO gilt dafür nicht (BGHZ 44, 46). Vielmehr ist die internationale Zuständigkeit von Amts wegen auch in der Berufungsinstanz zu prüfen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Auf die Klage, die am 25. Oktober 1973 der Beklagten zugestellt worden ist, ist das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGÜbk) anzuwenden, da Stichtag der 1. Februar 1973 war (Art. 54 Abs. 1 EuGÜbk; BGBl. II 1973, 60).</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus Art. 5 dieses Übereinkommens. Wenn danach ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Zur Bestimmung des Erfüllungsortes ist hier das deutsche Recht sowohl als das Recht des Erfüllungsortes wie auch als das von den Parteien vereinbarte heranzuziehen. Mangels einer ausdrücklichen Absprache ergibt dies die Auslegung des Vertrages vom 7. Februar 1972, der seinen Schwerpunkt in Deutschland hat. Er ist in Deutschland von der deutschen Klägerin mit der deutschen Zweigniederlassung der Beklagten in deutscher Sprache abgefaßt worden. Die Klägerin sollte die grundsätzlich in Düsseldorf zu löschende Fracht in deutschem Geld bezahlten. Erfüllungsort beim Frachtvertrag ist danach der in erster Linie bestimmte Ablieferungsort, also Düsseldorf.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht der Beklagten haben die Parteien sich auch nicht gemäß den §§ 1, 25 der Konnossementsbedingungen der Beklagten auf die Zuständigkeit der belgischen Gerichte geeinigt. Dabei kann dahinstehen, ob die Konnossementsbedingungen der Beklagten Gegenstand des Frachtvertrages geworden sind. Denn die Vereinbarung wäre jedenfalls nicht in der von Art. 17 Abs. 1
EuGÜbk zwingend vorgeschriebenen Schriftform erfolgt. Da die Konnossementsbedingungen keinerlei Erklärungen der Klägerin enthalten und die Klägerin sich auch sonst nicht schriftlich zu den Konnossementsbedingungen geäußert hat, mangelt es an einer formgerechten Erklärung der Klägerin. Auch eine mündliche Vereinbarung, die schriftlich bestätigt sein müßte, ist nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin mit der Berufung weiter geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Frachtvertrages sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Wie bereits dargelegt, kommt das deutsche Recht zur Anwendung, bei Verzug im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages also die Vorschrift in § 326 Abs. 1 BGB. Ist danach bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Teil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Teil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Abnahme der Leitung nach dem Ablauf der Frist ablehne, und kann nach Ablauf der Frist Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die Beklagte ist mit ihrer Verpflichtung in Verzug geraten, am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo Frachtraum für die von der Klägerin für diese Tage angezeigten Frachtpartien zu stellen. Unstreitig sollte die Klägerin im Rahmen des Vertrages vom 7. Februar 1972 der Beklagten jeweils die zu transportierenden Partien aufgeben. Die Beklagte hatte sodann den Termin ihrer Ladebereitschaft mitzuteilen. Erkennbar war die Einhaltung der Termine für beide Seiten von so erheblicher Bedeutung, daß es einer besonderen Mahnung nicht mehr bedurfte, um die Beklagte in Verzug zu setzen; denn danach war für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt. Die Beklagte hat den Frachtraum nicht zur Verfügung gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 542 Abs. 2 ZPO ist im Rahmen des Versäumnisverfahrens auch davon auszugehen, daß die Beklagte die Ladebereitschaft für die angegebenen Zeiten bestätigt hat. Die Klägerin hat dies bereits in erster Instanz durch Vernehmung des Zeugen K..... und durch Vernehmung ihres Geschäftsführers unter Beweis gestellt. Die Bekundungen des Zeugen K..... haben nach Meinung des Senats entgegen dem angefochtenen Urteil zumindest auch einigen Beweis für die Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts ergeben. Der Senat ist auch befugt, die Bekundungen des Zeugen ohne seine erneute Vernehmung abweichend zu beurteilen. Einmal behauptet die Klägerin in der Berufungsinstanz, dieser Zeuge sei Angesellter der Beklagten. Die entgegenstehende Erklärung ihres Prozeßbevollmächtigten erster Instanz im Verhandlungstermin am 8. Januar 1975 beruhe auf einem Irrtum. Für einen Irrtum spricht, daß der Zeugen den Rahmenfrachtvertrag für die Beklagte unterschrieben hat. Auch ist der Zeuge K..... durch den ersuchten Richter vernommen worden, so daß die Würdigung seiner Aussage nicht auf einem persönlichen Eindruck des Gerichts erster Instanz beruht. Schließlich hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die erneute Vernehmung des Zeugen K..... und die Vernehmung des Agenten der Beklagten in Lissabon beantragt. Es ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO anzunehmen, daß die beantragte Beweisaufnahme das in Aussicht gestellte Ergebnis gehabt habe, der Zeuge K..... und der Agent der Beklagten in Lissabon die Ladebereitschaft also bestätigt hätten.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hätte es gemäß §§ 285, 278 BGB zu vertreten, wenn der Zeuge K..... die Bestätigung entgegen ihren Anweisungen aus dem Stammhause erklärt hätte.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Einer Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß § 326 Abs. 1, Satz 1 BGB bedurfte es nicht, da die Beklagte mit ihrem Fernschreiben eine Verfrachtung auf dem Schiff "N....." ernsthaft und endgültig verweigerte.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den der Klägerin an Mehrfracht entstandenen Schaden von 2.242 DM und 472 DM jeweils zuzüglich 11 % Mehrwertsteuer zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Daß die Klägerin bei der Entstehung des Schadens schuldhaft mitgewirkt oder es unterlassen habe, den Schaden zu mindern (§ 254 BGB), ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils und dem als ugestanden zu erachtenden tatsächlichen Vorbringen der Klägerin nicht anzunehmen. Danach hat deren Geschäftsführer das Fernschreiben der Beklagten, das zudem für ihn einen unverständlichen Vorschlag enthalten habe, erst am Abend des 9. Mai 1972 in Lissabon erhalten. Entgegen dem Verlangen der Beklagten habe der Geschäftsführer der Klägerin sich dazu nicht noch an demselben Tage äußern können.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte muß der Klägerin weiter den Schaden ersetzen, der der Klägerin an Mehrfracht dadurch entstanden ist, daß die Beklagte sich weigerte, im Jahre 1972 weitere Partien für die Klägerin zu befördern. Auch dabei handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch wegen Verzuges der Beklagten (§ 326 Abs. 1 BGB). Einem Verzug der Beklagten steht nicht entgegen, daß die Klägerin erst am 7. Juni 1972 einen Frachtrückstand von 20.000 DM an die Beklagte gezahlt hat. Handelte es sich entsprechend dem Vortrag der Klägerin um Frachtrückstand aus anderen Verträgen, könnte der Rahmenfrachtvertrag vom 7. Februar 1972 davon nicht berührt worden sein. Rührte der Rückstand aus dem genannten Rahmenfrachtvertrag her, so ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte daraufhin den Rahmenfrachtvertrag beendet hat.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Solange die Klägerin den Rückstand nicht zahlte, stand der Beklagten zwar nach § 320 BGB - wenn es sich um Rückstand aus dem Rahmenfrachtvertrag vom 7. Februar 1972 - und nach § 273 Abs. 1 BGB - wenn der Rückstand aus anderen Verträgen herrührte - das Recht zu, weitere Verfrachtungen bis zur Zahlung des Rückstandes zu verweigern. Ihr Leistungsverweigerungsrecht entfiel jedoch mit der Zahlung am 7. Juni 1972. Die Klägerin hatte nach ihrem Vortrag auch zu erkennen gegeben, daß sie an dem Rahmenfrachtvertrag festhalten wolle. Sie hat danach auf das Mahnschreiben vom 31. Mai 1972 umgehend um Klarstellung gebeten, die am 6. Juni 1972 erfolgt ist. Da der Klägerin auf Grund der Vorfälle am 9. Mai 1972 und Pfingsten 1972 Schadensersatzansprüche zustanden, konnte sie insoweit auch auf eine Klärung ihrer Zahlungsverpflichtung drängen. Sie gab dadurch zugleich zu erkennen, daß sie grundsätzlich zur Zahlung bereit sei. Indem die Beklagte dennoch endgültig weitere Beförderungslistungen für die Klägerin ernsthaft und endgültig ablehnte, geriet sie spätestens bei Eingang der Zahlungen in Verzug. Einer Mahnung, Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß §§ 284 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB bedurfte es infolgedessen nicht.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Höhe des dadurch der Klägerin an Mehrfracht entstandenen Schadens von 5.501,16 DM einschließlich Mehrwertsteuer hat die Klägern im einzelnen dargelegt und die Beklagte nicht bestritten.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">9 % Zinsen hat die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzuges seit dem 1. August 1972 zu zahlen (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB).</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 3 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 8.513,70 DM.</p>
|
316,059 | olgk-1975-09-03-17-w-21675 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 17 W 216/75 | 1975-09-03T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:24 | 2019-03-27T09:41:32 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1975:0903.17W216.75.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 8.4.1975 - 2 O 121/71 - wie folgt abgeändert und neu gefaßt:</p>
<p></p>
<p>Die nach dem Urteil des Landgerichts Köln vom 20.2.1975 weiterhin von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 468,95 DM (in Worten: vierhundertachtundsechzig 95/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 20.3.1975 festgesetzt.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte allein.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u> <b> Gründe</b></u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Mit der vom 2.2.1971 datierenden Klage hat der in Bremen wohnhafte Kläger die Beklagte, deren Hauptverwaltung sich in Köln befindet, vor dem Landgericht Köln auf Gewährung des Versicherungsschutzes aufgrund eines im Jahre 1970 geschlossenen Krankenversicherungsvertrages in Anspruch genommen. Die Beklagte hatte ihre Eintrittspflicht u.a. deshalb verweigert, weil die Hirnvenenthrombose des Klägers, für die nach ihren Versicherungsbedingungen unstreitig eine Wartezeit von 6 Monaten besteht, die erst am 30.6.1970 abgelaufen war, nach ihrer vom Kläger bestrittenen Behauptung bereits am 29.6.1970 aufgetreten war. Unstreitig wurde der Kläger am 1.7.1970 von dem Facharzt Dr. Axxx in stationäre Behandlung eingewiesen. Durch Urteil vom 20.2.1975 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln die Beklagte verurteilt, 7.107,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.5.1971 an den Kläger zu zahlen und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat sich zur Durchführung des Rechtsstreits der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx in Bremen als Verkehrsanwälte bedient, welche ihn auch in drei am 17.12.1971, 20.12.1972 und 14.3.1973 im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht Bremen durchgeführten Beweisaufnahmen als Unterbevollmächtigte vertreten haben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.3.1975 hat der Rechtspfleger die aufgrund des Urteils vom 20.2.1975 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.393,31 DM festgesetzt. Durch einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 hat er darüber hinaus noch 618,23 DM gegen die Beklagte festgesetzt. Dabei handelt es sich um folgende Kosten der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx in Bremen:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Wert: DM 7.107,60</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1) Korrespondenzgebühr § 52 BRAGO DM 283,--</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">2) Beweisgebühr § 31 I BRAGO DM 283,--</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">3) Auslagenpauschale § 26 BRAGO DM 20,--</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">4) 5,5 % Mehrwertsteuer <u>DM 32,23</u></p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">DM 618,23</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beschluß wurde ausweislich der Kanzleivermerke am 14.4.1975 ausgefertigt und am 17.4.1975 durch den Gerichtswachtmeister zur Zustellung gegeben. Das Datum auf dem Empfangsbekenntnis der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist nicht eindeutig zu erkennen, es kann sowohl als "14.4.1975" wie auch als "17.4.1975 " gelesen werden.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen den Beschluß vom 8.4.1975 richtet sich die Erinnerung der Beklagten vom 29.4.1975, bei Gericht eingegangen am 30.4.1975. Sie meint, die Kosten der Bremer Rechtsanwälte des Klägers seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen, weil es dem Kläger sowohl nach § 48 VVG als auch nach ihren Versicherungsbedingungen freigestanden hätte, den Rechtsstreit vor dem Landgericht Bremen zu führen. In diesem Falle hätte es der Einschaltung eines auswärtigen Anwalts als Verkehrsanwalts und zur Wahrnehmung der Beweisaufnahme nicht bedurft. Besondere Gründe, welche die Wahl des Gerichtsstandes Köln rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Rechtspfleger und die Kammer haben der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt, da sie übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß die Zustellung bereits am 14.4.1975 erfolgt und die Notfrist von 2 Wochen daher nicht eingehalten worden sei. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten haben demgegenüber mit Schriftsatz vom 11.8.1975 erklärt, ausweislich einer entsprechenden Notiz ihres Bürovorstehers Exxx sei der Kostenfestsetzungsbeschluß erst am 17.4.1975 zugestellt und Fristablauf auf den 2.5.1975 notiert worden.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Erinnerung war zulässig, insbesondere ist die in § 104 Abs. II Satz 2 ZPO für ihre Einlegung vorgeschriebene Notfrist von zwei Wochen gewahrt. Der Senat ist entgegen der Annahme des Rechtspflegers und der Kammer nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 nicht schon am 14.4.1975, sondern erst am 17.4.1975 zugestellt worden ist. Zwar ist das handschriftliche Datum auf dem Empfangsbekenntnis nicht zweifelsfrei zu entziffern, die Erklärung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 11.8.1975, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß ihnen erst am 17.4.1975 zugestellt worden sei, wird jedoch durch zwei wesentliche Umstände erhärtet:</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dabei handelt es sich einmal um den Kanzleivermerk vom 14.4.1975, wonach der Beschluß an diesem Tage ausgefertigt worden ist. Das allein spricht nach der Lebenserfahrung bereits dagegen, daß er noch am selben Tage zugestellt worden ist, wenn gleich dies nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Hinzu kommt jedoch, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß ausweislich des weiteren Kanzleivermerks erst am 17.4.1975 zur Zustellung durch den Gerichtswachtmeister gegeben worden ist. Wenn das richtig ist, und es besteht kein Anlaß hieran zu zweifeln, so ist ausgeschlossen, daß die Zustellung bereits vor diesem Tage erfolgt sein könnte.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In der Sache selbst hat die nach § 11 Abs. 1, 2 RpflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beklagten jedoch nur teilweise Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ihr Einwand, der Kläger sei bei der Auswahl zwischen mehreren ihm vom Gesetz eröffneten Gerichtsständen in analoger Anwendung des Rechtsgedankens der Schadensminderung aus Gründen der Kostenersparnis gehalten, grundsätzlich denjenigen Gerichtsstand zu wählen, in dem der Rechtsstreit mit dem geringsten Kostenaufwand durchgeführt werden könne, greift nicht durch.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Wenn der Gesetzgeber dem Kläger die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen eröffnet, so steht es ihm grundsätzlich frei, die Klage vor demjenigen Gericht zu erheben, das er - aus welchen Gründen auch immer - von seinem Standpunkt aus für am besten geeignet hält, sein Ziel zu erreichen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Es ist weder vom Gesetzgeber beabsichtigt noch erscheint es aus sachlichen Erwägungen gerechtfertigt, die Möglichkeit der Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen durch kostenrechtliche Erwägungen einzuschränken. Dies gilt umso mehr, als das Kostenrisiko im Zeitpunkt der Ausübung der Wahl zwischen mehreren Gerichtständen durch den Kläger in aller Regel für beide Parteien gleich hoch zu veranschlagen sein wird, da der Ausgang des Rechtsstreits und damit die Frage, welche Partei letztlich die Kostenlast zu tragen hat, zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht zu übersehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Aus diesen Erwägungen heraus teilt der Senat die bereits in dem einen in tatsächlicher Hinsicht gleich gelagerten Fall betreffenden Beschluß des 8. Zivilsenats vom 6.4.1966 - 8 W 4/66 - vertretene Auffassung, daß die Zweckmäßigkeit der vom Kläger getroffenen Wahl zwischen mehreren vom Gesetz eröffneten Gerichtsständen der Nachprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich entzogen ist. Diese hat sich vielmehr auf die Notwendigkeit der in dem Prozeß, so wie er geführt worden ist, tatsächlich entstandenen Kosten zu beschränken. Ob dieser Grundsatz dann eine Einschränkung erfährt, wenn die vom Kläger getroffene Wahl zwischen mehreren vom Gesetz zugelassenen Gerichtsständen als Rechtsmißbrauch anzusehen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich sind.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach den vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätzen über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verkehrsanwaltes und der Beauftragung eines auswärtigen Anwalts mit der Wahrnehmung einer im Wege der Rechtshilfe durchgeführten Beweisaufnahme begegnet die Einschaltung der Bremer Anwälte keinen Bedenken. Der Rechtsstreit war in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierig gelagert. Das ergibt sich einmal aus der Dauer von mehr als 3 Jahren (die Klageschrift datiert vom 2.2.1971, das Urteil vom 20.2.1975), zum anderen aus der Tatsache, daß 4 Beweisbeschlüsse und 1 Hinweisbeschluß ergangen sind, und zwar am 15.4.1971, 23.6.1971, 17.2.1972, 27.3.1973 und 21.12.1973. In Ausführung dieser Beschlüsse haben drei Beweisaufnahmen vor dem Amtsgericht Bremen im Wege der Rechtshilfe stattgefunden, nämlich am 17.12.1971, 20.12.1972 und 14.3.1973. Außerdem sind mehrere medizinische Gutachten eingeholt worden. Hinzu kommt, daß der Rechtsstreit für den Kläger nicht gut stand. Das ergibt sich aus dem Hinweisbeschluß vom 23.6.1971, mit dem die Kammer dem Kläger die Rücknahme der Klage nahegelegt hat, sowie aus dem in dem Beweisbeschluß vom 17.2.1972 enthaltenen Vergleichsvorschlag, die Klageforderung zu teilen und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Unter diesen Umständen wären dem Kläger, hätte er sich nicht der Bremer Anwälte als Verkehrsanwälte bedient, mindestens drei Reisen zur Information seines Prozeßbevollmächtigten in Köln zuzubilligen, nämlich die erste zur Erteilung des Mandats, die zweite zur Besprechung der durch den Hinweisbeschluß vom 23.6.1971 gestellten Frage einer Klagerücknahme und die dritte zur Besprechung des Vergleichsvorschlages vom 17.2.1972.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat jede Partei einen Anspruch darauf, sich bei der Beweisaufnahme durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Die Wahrnehmung der drei Beweisaufnahmen vor dem ersuchten Richter in Bremen durch die bereits als Verkehrsanwälte mit der Sache befaßten Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx war auch sachgerecht. Die im Falle der Wahrnehmung dieser Termine durch seine Kölner Prozeßbevollmächtigten entstandenen Fahrtkosten zuzüglich Tage- und Abwesenheitsgeld hätten nämlich mit Sicherheit die Beweisgebühr des in Untervollmacht handelnden Bremer Anwalts überstiegen. Unter diesen Umständen besteht kein Zweifel, daß die Aufwendung der Verkehrs- und Beweisgebühr der Bremer Anwälte nebst Unkostenpauschale und Mehrwertsteuer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Klägers notwendig war, weil durch sie Reisekosten des Klägers und seiner Kölner Prozeßbevollmächtigten in mindestens derselben Höhe erspart worden sind, ohne daß es einer genauen Ausrechnung dieser Kosten bedarf.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Indessen stand den Rechtsanwälten Dxxx und Bxxx für diese Tätigkeit gemäß § 54 S. 1 BRAGebO nur eine 5/10 Beweisgebühr zu. Die in dieser Vorschrift außerdem vorgesehene 5/10 Prozeßgebühr können sie dagegen nicht beanspruchen, weil sich ihre Tätigkeit nicht auf die Vertretung in der Beweisaufnahme beschränkte, da sie außerdem als Verkehrsanwälte tätig waren. Deshalb ist die 5/10 Prozeßgebühr nach § 13 Abs. 2 BRAGebO auf die 10/10 Verkehrsgebühr, die ihnen nach § 52 BRAGebO zusteht, anzurechnen (vgl. Lauterbach-Hartmann, Kostengesetze, 17. Auflage 1973, Anm. 2 A zu § 52 BRAGebO und Anm. 3 zu § 54 BRAGebO).</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kosten der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx sind daher nur in folgendem Umfang erstattungsfähig:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Verkehrsgebühr § 52 BRAGebO 283,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">5/10 Beweisgebühr § 54 BRAGebO 141,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Auslagenpauschale § 26 BRAGebO <u>20,-- DM</u></p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:212px">444,50 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">5,5 % Mehrwertsteuer <u>24,45 DM</u></p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">468,95 DM</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Aus diesem Grunde war der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 abzuändern wie geschehen. Die weitergehende Beschwerde war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Soweit die Beschwerde Erfolg hatte, ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei, § 46 Abs. 2 GKG. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 91, 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><u>Beschwerdewert</u>: für die außergerichtlichen Kosten 618,23 DM</p>
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316,060 | olgham-1975-06-10-9-u-5575 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 9 U 55/75 | 1975-06-10T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:25 | 2019-03-27T09:41:31 | Urteil | ECLI:DE:OLGHAM:1975:0610.9U55.75.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 15. Oktober 1974 wird als unzulässig verworfen.</p>
<p></p>
<p>Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat nach einem Verkehrsunfall, den er mit seinem Pkw erlitten hat, zunächst von dem Fahrer des unfallbeteiligten Postfahrzeugs als Beklagtem zu 1) und der Beklagten - zu 2) - als Halterin vollen Ersatz seines Schadens verlangt. Die Klage gegen, den Beklagten zu 1), den späteren Zeugen ..., hat der Kläger im ersten Rechtszuge vor Verlesung der Anträge zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger befuhr am 10. April 1974 gegen 15,30 Uhr mit seinem Pkw in ... die Hauptstraße. Dabei stieß er mit dem im Fernmeldebaudienst eingesetzten VW-Bus der Beklagten zusammen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat vorgetragen: Die Beklagte müsse voll für seinen Schaden einstehen. Der Zeuge ... sei aus einer Einfahrt rückwärts auf die Fahrbahn gerollt und habe mit der Rückfront des Postfahrzeugs seinen, des Klägers, Pkw an dessen rechter Seitenwand gerammt. Sein Schaden betrage insgesamt 644,30 DM.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach Zurücknahme der Klage gegen ... hat der Kläger beantragt</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 644,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie hat vorgetragen: Der Kläger könne keinen Ersatz seines Schaden verlangen. Er habe den Unfall allein selbst verschuldet, da er unaufmerksam gegen das Heck des schon etwa 2 Minuten stillstehenden und nur etwa 0,50m mit dem Heck in die Fahrbahn hineinragenden VW-Bus gefahren sei. Die Höhe des vom Kläger verlangten Schadensersatzes sei überdies nicht gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Vernehmung des Zeugen Brakhage Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 545 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte unter Klageabweisung im übrigem verurteilt, an den Kläger 483,22 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juni 1974 zu zahlen. Dazu ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Die Beklagte müsse gemäß §§ 7, 17 StVG, 839, 264 BGH Art. 34 GG für den Schaden des Klägers zu drei Vierteln einstehen. Danach habe die Beklagte dem Kläger 483,22 DM nebst Zinsen zu ersetzen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung, soweit sie zur Zahlung von mehr als 214,77 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Beklagte wendet sich gegen die vom Landgericht vorgenommene Schadensteilung und meint, bei richtiger Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge brauche sie nur für ein Drittel des Schadens des Klägers einzustehen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in Höhe weiterer 268,46 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juni 1974 abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihm Vollstreckungsnachlaß zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Er vertritt in erster Linie die Auffassung, die Berufung sei unzulässig, jedenfalls aber, meint er, sei sie unbegründet. Dazu trägt er vor: Die Beklagte habe nach Ankündigung durch Schreiben vom 31. Januar 1975 am 6. Februar 1975 die Urteilssumme mit Zinsen in Gesamthöhe von 496,14 DM bezahlt. Die Berufung sei von der Beklagten erst danach, am 25. Februar 1975, eingelegt worden. Deshalb sei die Berufung unzulässig, weil die Beklagte durch das vorgenannte Schreiben zuvor auf Rechtsmittel verzichtet habe. Die Zahlung der Beklagten sei nicht etwa zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, weil er noch nicht einmal die Sicherheit geleistet gehabt habe, von der die Zwangsvollstreckung für ihn abhängig ... gewesen sei.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Im übrigen treffe das Urteil entgegen der Auffassung der Beklagten zu .... Selbst wenn man von dem festgestellten Verschulden des Postfahrers Brakhage absehe, ergebe allein schon die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge eine Schadensersatzquote zu seinen Gunsten von mehr als 1: 1, weil sich das Fahrzeug der Beklagten auf der Fahrbahn quer zur Fahrbahnrichtung bewegt habe. Zur Höhe der Reparaturkosten und des Nutzungsausfalls beziehe er sich auf die von ihm bereits benannten zeugen. Der Kläger legt das Schreiben der Oberpostdirektion Münster vom 31. Januar 1975 (Blatt 70 der Akten) an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vor.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet die Zahlung nicht. Sie tritt der Auffassung des Klägers entgegen, die Berufung sei unzulässig, und überreicht dazu ein Schreiben der ... vom 21. Januar 1975 an ihre erstinstanzlichen Anwälte (Blatt 72 der Akten) und ein weiteres vom 13. Februar 1975 an ihre derzeitigen Prozeßbevollmächtigten (Blatt 71 der Akten).</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die vorbezeichneten von den Parteien überreichten Schriftstücke Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Aus den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich, daß die Beklagte nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils, aber noch vor Einlegung der Berufung die Urteilssumme einschließlich der Zinsen bezahlt hat. Damit ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden und die Beschwer der Beklagten vor Einlegung des Rechtsmittels fortgefallen. Die Beklagte hat nämlich das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis durch Erfüllung zum Erlöschen gebrach indem sie nicht ausdrücklich - auch nicht einmal erkennbar - zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat. Aus den Umständen ergibt sich vielmehr, daß die Beklagte sich mit ihrer Zahlung der Entscheidung des Landgerichts gebeugt hat. Diese Einstellung der Beklagten ist zwar, wie aus den von den Parteien dem Senat überreichten Schreiben ersichtlich ist, auf die rechtsirrtümliche Annähme zurückzuführen, das Gesetz zur Entlastung der Landgerichte vom 20. Dezember 1974 finde schon auf diesen Rechtsstreit Anwendung, während es in Wirklichkeit nach seinem Art. 8 Abs. 2 zur Zulässigkeit von Rechtsmitteln nur anzuwenden ist, wenn die anzufechtende Entscheidung nach dem Inkrafttreten - also gemäß Art. 10 nach dem 1. Januar 1975 - verkündet worden ist. Ein solcher Rechtsirrtum, der Beklagten hindert aber die Erfüllung und damit das Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Grunsky vertritt in seiner Anmerkung zu dem in NJW 1975, 935 - VersR 1975, 525 veröffentlichten, einen ähnlichen Fall betreffenden Urteil des Senats vom 26.11.1974 - 9 U 66/74 - u.a. die Ansicht, die bloße Zahlung des Urteilsbetrages führe nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Dem ist nicht beizutreten. Wird nicht <u>ausdrücklich</u> zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt, so erlischt das Schuldverhältnis (BGH Urt. v. 24.6.1953 - II ZR 200/52 LM § 91a ZPO Nr. 4) und die Hauptsache ist erledigt. Erfolgt die Zahlung wie hier vor Einlegung des Rechtsmittels, so entfällt die Beschwer das Rechtsmittel ist unzulässig und zu verwerfen (BGH a.a.O.). Er folgt die Zahlung nach Rechtsmitteleinlegung, so wird das Rechtsmittel unzulässig, wenn die spätere Verminderung des Beschwerdegegenstandes auf willkürlicher Beschränkung des Rechtsmittels durch den Rechtsmittelkläger beruht (BGH Urt. 19.12.50 - I ZR 7/50 - NJW 51, 19b und BGH 16.01.50 - I ZR 1/50 - NJW 51, 274).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Durch Erledigung der Hauptsache dieses Rechtsstreits ist die Beschwer der Beklagten fortgefallen und die spätere Einlegung der Berufung unzulässig geworden, denn der mit der Berufung gegen die Schadensersatzquote gerichtete Angriff ist durch die Erledigung der Hauptsache gegenstandslos geworden. Eine Anfechtung der nicht miterledigten Kostenentscheidung, die die Beklagte in den erwähnten Schreiben bereits vor Erledigung der Hauptsache mißbilligt hatte, ist für sich allein nach § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig. § 91a ZPO kann auf die Kostenentscheidung nicht angewendet werden weil eine Entscheidung nach § 91a ZPO voraussetzt, daß, das Rechts mittel zulässig eingelegt worden ist (vgl. BGH a.a.O.). Der Senat kann die nicht miterledigte Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges auch nicht von Amts wegen nachprüfen, weil er nach Feststellung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels in diese materielle Prüfung nicht mehr eintreten kann.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 7 ZPO. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Vollstreckungsnachlaß ist gegenstandslos.</p>
|
316,061 | olgk-1975-04-29-3-u-16874 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 3 U 168/74 | 1975-04-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:42 | 2019-03-27T09:41:31 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1975:0429.3U168.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. September 1974 verkündete Urteil des Schiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort - 5 C 116/72 BSch wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer des 388 t großen MS "P".</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Erstbeklagten gehört das TMS "R 201", das zur Zeit des nachstehend beschriebenen Unfalls von dem Zweitbeklagten verantwortlich geführt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 7. August 1972 hatte der Kläger sein Schiff im Hafen D/R vorgelegt, um eine für Frankreich bestimmtePartie von ca. 246 t Gußeisenabfällen einzuladen. Die Beladung war am Nachmittag des 8. August 1972 gegen 16.00 Uhr beendet. Der Kläger konnte jedoch die Fahrt nicht aufnehmen, weil der Zweitbeklagte am Morgen desselben Tages mit 'MS "R. 201" gegen die Schiebetorbrücke und das Untertor der dem Hafen vorgelagerten Schleuse gestoßen war und die Schleusenanlage erheblich beschädigt hatte. Die Instandsetzung der Schleuse dauerte bis zum Abend des 22. August 1972. Erst danach konnte der Kläger die geplante Reise durchführen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Erstbeklagte hat das TMS "R 201" in Kenntnis des Unfalls und seiner Folgen zu neuen Reisen ausgesandt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz des Nutzungsausfalls für die 14-tägige Wartezeit mit täglich 324,-- DM, insgesamt also 4.536,-- DM in Anspruch. Er hat behauptet, der Zweitbeklagte sei unsachgemäß und unvorsichtig in die Schleusenkammer eingefahren, wodurch es dann zu dem Unfall gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm 4.536,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Oktober 1972 (Klagezustellung) zu zahlen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Erstbeklagte außer dinglich mit dem TMS "R 201" im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes auch persönlich haftet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">hilfsweise,</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">ihnen die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung nachzulassen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe schon deshalb ein Schadensersatzanspruch nicht zu, weil die zeitweilige Nichtbenutzbarkeit seines Fahrzeugs weder eine Eigentumsverletzung noch einen entschädigungspflichtigen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstelle. Ferner haben sie ein Verschulden bei der Wartung und der nautischen Führung von TNS "R 201" bestritten. Der Unfall sei auf ein plötzliches und unerwartetes Versagen der Umsteuervorrichtung zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Schiffahrtsgericht hat eine Ortsbesichtigung im Hafengebiet von M<sup>.</sup> /R durchgeführt, deren Ergebnis in der Niederschrift vom 6. 4. 1973 (El. 28 f. d.A.) festgehalten ist. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 13. September 1974, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Schiffahrtsgericht die Klage dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1, 3, 4, 114 BSchG für gerechtfertigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 19. September 1974 zugestellte Urteil des Schiffahrtsgerichts richtet sich die am 14. Oktober 1974 eingegangene Berufung der Beklagten, die durch einen am 13. November 1974 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr früheres Vorbringen. Sie meinen insbesondere, das Schiffahrtsgericht habe den Eigentumsbegriff zu extensiv ausgelegt, indem es eine öffentliche Verkehrsanlage, nämlich die ; Schleuse, in ihrer Funktion für den öffentlichen Verkehr zugunsten des Klägers dem Rechtsgut "Eigentum" zugerechnet habe. In Wirklichkeit sei nur der Gemeingebrauch an der 'Schleuse beeinträchtigt worden, der jedoch nicht zu den in § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgütern gehöre. Zudem habe das Schiff des Klägers während der unfallbedingten Sperrung der Schleuse nicht jede Bewegungsmöglichkeit eingebüßt. Vielmehr habe, von der beschädigten Schleuse RE aus gesehen, noch eine schiffbare Ruhrstrecke von etwa 10 km zur Verfügung gestanden, auf welcher der Kläger mit seinem Fahrzeug Transporte hätte ausführen können.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger tritt dem Berufungsvorbringen mit Rechtsausführungen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Streitverhältnisses wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die Akten 6 Cs 458/73 BSch AG Duisburg-Ruhrort verwiesen, deren Inhalt zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration: underline;">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Schiffahrtsgerichts ist statthaft und auch sonst in verfahrenrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Mit Recht hat das Schiffahrtsgericht den mit der Klage verfolgten Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gegen beide Beklagte für gerechtfertigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Haftung des Zweitbeklagten ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB, denn er hat das Eigentum des Klägers an dem MS "P widerrechtlich verletzt. Das Schiff als solches ist zwar nicht beschädigt worden. Es ist jedoch anerkannten Rechts, daß die Verletzung des Eigentums an einer Sache nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen kann (vgl. Soergel- Zeuner, BGB, 10. Aufl., § 823 Rdnr. 24; BGB-RGRK, 11. Aufl.,823 Anm. 15; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts II Bd.,9. Aufl., 5. 407). So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. 12. 1970 - II ZR 133/68 - (ZfB 1/72 = NJW 1971, 886) eine Eigentumsverletzung darin erblickt, daß ein Schiff infolge eines von dem Unterhaltspflichtigen des schiffbaren Gewässers verursachten Hindernisses für längere Zeit in einem Teil des Gewässers eingeschlossen und damit "als Transportmittel praktisch ausgeschaltet" war. Eine entsprechende Sachlage ist hier gegeben. Der Zweitbeklagte hat durch das Rammen des Schleusentores ein Hindernis verursacht, das es dem Kläger für die Dauer von zwei Wochen unmöglich machte, mit seinem MS "P " den Hafen zu verlassen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Für die Frage der Eigentumsverletzung ist es ohne Belang, daß nicht - wie in dem vom BGH konkret entschiedenen Fall der Träger der Unterhaltspflicht an dem schiffbaren Gewässer, sondern ein Hafenbenutzer das Hindernis herbeigeführt hat. Eine Eigentumsverletzung durch Herbeiführen eines Hindernisses, das einem Schiff für längere Zeit die Möglichkeit der Weiterfahrt nimmt, kann selbstverständlich nicht nur von dem Unterhaltspflichtigen des jeweiligen Gewässers, sondern auch von einem Dritten, insbesondere von einem Teilnehmer am Schiffsverkehr, begangen werden. Die Eigentumsverletzung ist immer dem zuzurechnen, der das Hindernis verursacht hat. Das ist hier der Zweitbeklagte.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht meinen die Beklagten, der Kläger sei nur in der Ausübung des jedem Schiffahrttreibenden zustehenden, aber nicht als "sonstiges Recht" im Sinne des, § 823 Abs. 1 BGB anerkannten Gemeingebrauchs an der Wasserstraße beeinträchtigt worden. Dieser Geisichtpunkt trifft bei der Sperrung einer Schleuse für die Schiffe zu, die sich <span style="text-decoration: underline;">außerhalb</span> des Schleusenbereichs befinden und nun wegen der Sperrung die Schleuse nicht anfahren können und daher eine andere Route wählen müssen (vgl. BGH a.a.O.). Der Kläger aber befand sich mit seinem Schiff in dem der Schleuse vorgelagerten Hafen, den er wegen der unfallbedingten Sperrung der Schleuse nicht mehr verlassen konnte. Er war also nicht bloß an der Ausübung des gemeingebrauchs an dem schiffbaren Gewässer, sondern am Verlassen des Hafens und damit an der wirtschaftlichen Nutzung seines Fahrzeugs gehindert. Darin liegt jedoch nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, eine Verletzung des Eigentums, zu dessen wichtigsten Funktionen die wirtschaftliche Sachnutzung gehört.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten können dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß der Kläger nach der Sperrung der Schleuse noch eine schiffbare Strecke von etwa 10 km zur Verfügung gehabt habe. Die Nutzbarkeit eines Frachtschiffs beurteilt sich nicht nach theoretisch-physikalischen, sondern nach praktisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wenn in der erwähnten Entscheidung des BGH von dem Verlust "jeder Bewegungsmöglichkeit" die Rede ist, so darf das nicht buchstäblich verstanden werden. Es kann nicht darauf ankommen, ob das eingesperrte Schiff sich innerhalb der Einsperrung noch ein paar Meter, ein paar hundert Meter oder gar ein paar Kilometer bewegen kann. Entscheidend ist vielmehr, ob eine sinnvolle wirtschaftliche Verwendung des Schiffs möglich bleibt oder ob es "als Transportmittel praktisch ausgeschaltet", also "seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen" wird (BGH a.a.O.). im vorliegenden Fall hat die unfallbedingte Sperrung der Schleuse zum Ausschluß jeder wirtschaftlich sinnvollen Verwendung des vor der Schleuse verbliebenen Schiffs des Klägers geführt.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Schon allgemein kann gesagt werden, daß sich auf einer schiffbaren Strecke von nur 10 km für ein Frachtschiff kaum eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendungsmöglichkeit bietet. Der Massengüterverkehr, dem die Frachtschiffahrt dient, findet nicht auf derart kurze Entfernungen statt. Das Schiffahrtsgericht hat sich mit dieser Erfahrungstatsache nicht begnügt, sondern konkret ermittelt, welche Betriebe in dem Hafengebiet ansässig sind, in dessen Bereich der Kläger sich nach der Sperrung der Schleuse mit seinem Fahrzeug noch bewegen konnte. Es hat sich nichts dafür ergeben, daß zwischen einzelnen dieser Firmen Handelsbeziehungen bestehen, die innerhalb des Hafens auf dem Wasserwege abgewickelt werden. Sollte eine der Firmen die andere beliefern, so kann nur angenommen werden, daß dies auf dem Landwege durch Lastkraftwagen oder über die vorhandenen Gleisanschlüsse durch die Hafenbahn geschieht. Dagegen ist schon wegen der Kosten und der technischen Schwierigkeit des Beladens und Entladens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, daß jemand Güter innerhalb des Hafenbereichs für nur wenige Kilometer zu Schiff befördern läßt. Die Beklagten haben nichts vorgetragen, um ihre Behauptung, der Kläger hätte das Schiff innerhalb der 10 km-Strecke wirtschaftlich sinnvoll nutzen können, näher zu substantiieren. Sie haben insbesondere kein Unternehmen benannt, das innerhalb dieses Bereichs regelmäßig Schiffstransporte ausführen läßt und das bereit gewesen wäre, dem Kläger während der zweiwöchigen Sperrung der Schleuse einen oder mehrere Frachtaufträge zu erteilen. Eine solche Sub-stantiierung muß aber verlangt werden, wenn die Beklagten sich auf die außerhalb jeder wirtschaftlichen Erfahrung liegende Möglichkeit berufen, während der Sperrung der Schleuse auf der dahinter gelegenen 10 km langen schiffbaren Strecke gewinnbringende Frachtaufträge abzuwickeln.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die in der "Einsperrung" des Schiffs zu erblickende Beeinträchtigung der Eigentümerbefugnisse des Klägers geht angesichts ihrer Dauer wesentlich über das Maß derjenigen Beeinträchtigungen hinaus, die ein Schiffahrttreibender unter den heutigen Verhältnissen gewissermaßen als "verkehrsadäquat" in Kauf nehmen muß. Es wäre unbillig, die wirtschaftlichen Folgen eines mehrwöchigen Nutzungsausfalls nicht dem Verursacher, sondern dem betroffenen Schiffseigner aufzubürden.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Zweitbeklagte hat die schädigende Einwirkung auf das Eigentum des Klägers zu vertreten (§§ 276 BGB, 7 Abs. 1 BSchG). Er hat - selbst wenn man ein plötzliches Versagen der Umsteueranlage unterstellt - fahrlässig die in § 6.288 BSchSO normierte Pflicht verletzt, bei der Einfahrt in die Schleusenkammer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug auch ohne Maschinenkraft rechtzeitig angehalten werden konnte. In der Berufungsverhandlung haben die Beklagten ein entsprechendes Verschulden des Zweitbeklagten nicht mehr in Abrede gestellt, so daß dieser Punkt als unstreitig angesehen werden kann.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 3 BSchG ist die Erstbeklagte als Eignerin des TMS "R 201" für den von dem Zweitbeklagten als ihrem Schiffsführer schuldhaft verursachten Schaden mithaftbar. Im Unterschied zu dem Zweitbeklagten haftet sie außer dinglich mit dem TMS "R 201" nur in den Grenzen des Binnenschiffahrtsgesetzes persönlich (§§ 4, 114 BSchG).</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO haben die Beklagten die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zur Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 2 ZPO) bestand kein Anlaß, da die Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht und der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist.</p>
|
316,062 | ag-gummersbach-1975-04-25-1-c-83674 | {
"id": 668,
"name": "Amtsgericht Gummersbach",
"slug": "ag-gummersbach",
"city": 428,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 1 C 836/74 | 1975-04-25T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:43 | 2019-03-27T09:41:31 | Urteil | ECLI:DE:AGGM1:1975:0425.1C836.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als </p>
<p> Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 68,50 DM nebst 4 % </p>
<p> Zinsen seit dem 19. 12. 1974 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 4/5 und die</p>
<p> Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/5.</p>
<p></p>
<p> Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 5. 9. 1973 kam es gegen 17.00 Uhr auf der C-Straße in H in Höhe des Hauses Nr. 25 zu einem Verkehrsunfall, indem der zweijährige Sohn der Beklagten plötzlich auf die Fahrbahn lief und vor das Kleinkraftrad des Klägers geriet. Der Kläger kam hierbei zu Fall. Sein Kleinkraftrad wurde beschädigt. Die Reparatur kostete 342,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Bei der C-Straße, auf der sich der Unfall ereignete, handelt es sich praktisch um eine Art Spielstraße, die zwar nicht als solche gekennzeichnet ist, von der aber den wenigen Verkehrsteilnehmern, auch dem Kläger, die diese Straße regelmäßig befahren, bekannt ist, daß dort oft Kinder spielen. Der Kläger hatte auch am Unfalltag vor dem Unfall beobachtet, daß wieder Kinder auf der C-Straße spielten. Nachdem er an einer Gruppe von spielenden Kindern vorbeigefahren war, sah er am rechten Straßenrand noch zwei weitere Kinder, nämlich den zweijährigen Sohn der Beklagten sowie dessen 10 Jahre alte Schwester. Der zweijährige Sohn der Beklagten lief plötzlich vor dem Kläger auf die Fahrbahn. Der Kläger versuchte noch, durch Bremsen einen Unfall zu vermeiden, was ihm jedoch nicht gelang. Die beklagte Ehefrau hatte die Stelle, an der ihre Kinder spielten, auch zum Unfallzeitpunkt, ständig vor Augen, da sich der Unfall praktisch vor der Haustür der Beklagten ereignete, und sie hatte auch immer wieder zu den Kindern hingesehen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trägt vor, der zweijährige Sohn der Beklagten, der ihm vor sein Kleinkraftrad gelaufen sei, sei ohne jede Aufsicht gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">342,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. 2. 1974 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie meinen, sie seien ihrer Aufsichtspflicht genügend nachgekommen, und der Unfall sei ausschließlich auf das Fehlverhalten des Klägers zurückzuführen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><u> Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nur begründet in Höhe von 68,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. 12. 1974; im übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der zweijährige Sohn der Beklagten hat dem Kläger unstreitig widerrechtlichen Schaden zugefügt, indem er diesem plötzlich und unvorhersehbar vor dessen Kleinkraftrad auf die Fahrbahn lief. Da der zweijährige Sohn der Beklagten der Aufsicht der Beklagten unterstand, diese nach dem unstreitigen Sachverhalt ihrer Aufsichtspflicht aber nicht genügend nachgekommen sind, sind sie dem Kläger gemäß § 832 zum Schadensersatz verpflichtet. Da der Kläger den Unfall jedoch durch ein Kraftfahrzeug verursacht hat, dessen Betriebsgefahr er sich anrechnen lassen muß, und ihn nach dem unstreitigen Sachverhalt ein ganz erhebliches Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft, sind die Beklagten gemäß § 254 BGB nur verpflichtet, dem Kläger 20 % des ihm unstreitig entstandenen Schadens in Höhe von 342,50 DM zu ersetzen, das sind 68,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrem zweijährigen Sohn verletzt, indem sie diesen auf einer öffentlichen Straße spielen ließen, ohne dafür Sorge zu tragen, daß ein mögliches verkehrswidriges Verhalten ihres zweijährigen Sohnes rechtzeitig verhindert wurde. Es reichte nicht aus, daß die beklagte Ehefrau ihren zweijährigen auf der Straße spielenden Sohn aus der Wohnung heraus beobachtete; sie konnte nämlich von dort aus keinesfalls ein verkehrswidriges Verhalten ihres Sohnes verhindern, wie das Zustandekommen des Unfalls beweist. Auch daß der zweijährige Sohn der Beklagten von seiner zehnjährigen Schwester begleitet war, war nicht ausreichend, da ein zehnjähriges, selbst noch nicht hinreichend im Straßenverkehr erfahrenes Mädchen </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">nicht befähigt ist, einen zwei Jahre alten Jungen genügend zu beaufsichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Verschulden der Beklagten wiegt jedoch nicht allzu schwer, da sie ihren zweijährigen Sohn auf einer unstreitig nur wenig befahrenen öffentlichen Straße spielen ließen, von der allgemein den diese Straße befahrenden Verkehrsteilnehmern bekannt ist, daß dort Kinder spielen, auf die Rücksicht genommen wird.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann von den Beklagten nur 20 % des ihm entstandenen Schadens ersetzt verlangen, weil der Unfall, von ihm in ganz erheblichem Umfang mit verursacht worden ist. So muß sich der Kläger zunächst die von seinem Kleinkraftrad ausgehende Betriebsgefahr als Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB anrechnen lassen. Außerdem hat sich der Kläger aber auch ganz erheblich verkehrswidrig verhalten und dadurch den Unfall mitverursacht. Er hat nämlich, obwohl er den zweijährigen Sohn der Beklagten und dessen zehnjährige Schwester am Straßenrand spielen sah, seine Geschwindigkeit nicht so herabgesetzt, daß er bei einem plötzlichen verkehrswidrigen Verhalten der Kinder, mit dem er rechnen mußte, anhalten und einen Unfall vermeiden konnte; denn er hat unstreitig trotz Bremsens den Unfall nicht vermeiden können.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch des Klägers ist begründet in Höhe von 4 % seit dem 19. 12. 1974, das heißt seit dem Tage der Zustellung der Klage an die Beklagten, gemäß §§ 291, 288 BGB; der weitergehende Zinsanspruch des Klägers war als unbegründet zurückzuweisen, weil er in keiner Weise substantiiert ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 und 709 Ziffer 4 ZPO.</p>
|
316,063 | ag-essen-1974-11-21-10-c-59174 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": 417,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | 10 C 591/74 | 1974-11-21T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:45 | 2019-03-27T09:41:31 | Urteil | ECLI:DE:AGE1:1974:1121.10C591.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Vollstreckungsbefehl des Amtsgerichts Essen vom 24. Juli/ 12. August 1974 - #### - wird aufgehoben. </p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten verursachten, die der Beklagte trägt, werden der Klägerin auferlegt. </p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist rechtskräftig und vollstreckbar. </p>
<p> </p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Tatbestand: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 15.März 1974 entwendete der Beklagte in einem Kaufhaus der Klägerin Waren zu einem Gesamtkaufpreis von 33,40 DM. Bei dem Diebstahl wurde er von der Verkäuferin E beobachtet und anschließend durch einen von ihr herbeigerufenen Hausdetektiv überführt. Die Klägerin erhielt die gestohlenen Waren zurück. Der Beklagte gab den Diebstahl zu und bestätigte das auch schriftlich. Ferner unterzeichnete er ein "Schuldanerkenntnis" (in dem es heißt: "Ich bekenne, der Firma L AG DM 50,-- zu schulden, die ich bis zum 22.3.1974 bezahlen werde. Mir ist eröffnet worden, daß die Firma L AG.- trotz ... meines Zahlungsversprechens strafrechtliche Schritte gegen mich unternehmen wird."</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat sich ihren Angestellten gegenüber arbeitsvertraglich verpflichtet, dem Angestellten, der einen Ladendiebstahl aufdeckt, eine Prämie von 50,--DM zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dem entsprechend ist dieser Betrag auch hier an die Angestellte E gezahlt worden. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Ersatz des ihr durch diese Zahlung entstandenen Schadens in Anspruch. Sie meint, dieser Schaden sei eine adäquat kausale Folge des Diebstahls und der Eigentumsverletzung durch den Beklagten. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat zunächst beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an sie 50, -- DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist durch vollstreckbaren Zahlungsbefehl vom 24.7./12.8. 1974 entsprechend verurteilt worden. Nachdem der Beklagte hiergegen rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, beantragt die Klägerin nunmehr, </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Vollstreckungsbefehl aufrechtzuerhalten. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">den Vollstreckungsbefehl aufzuheben und die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Er meint, die Zahlung der vorher versprochenen Fangprämie sei kein adäquat kausal verursachter Schaden des Diebstahls. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Außerdem sei er bereits hinreichend durch die Geldstrafe von 300, -- DM bestraft worden, zu der er im Strafverfahren wegen des Diebstahls verurteilt worden ist.. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe: </u></b></p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin aus §§ 781, 241, 305,823 Abs. 1 und § 249 BGB in Verbindung mit § 242 StGB nicht begründet und der Vollstreckungsbefehl daher aufzuheben. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das vom Beklagten unterzeichnete "Schuldanerkenntnis" stellt </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">kein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB dar. Es sollte hierin kein neuer abstrakter Schuldgrund geschaffen werden. Vielmehr sollte der Beklagte die yon der Klägerin wegen Diebstahls und Eigentumsverletzung geltend gemachte Schadensersatzforderung anerkennen. Diese Erklärung des Beklagten ist im Zusammenhang mit dem gleichzeitig unterschriebenen Geständnis des Diebstahls zu sehen. Ferner ist in der Erklärung auch selbst durch den Hinweis auf eine Strafverfolgung auf den Diebstahl Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Es liegt nur ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Durch dieses wird hier der Einwand des Beklagten, er sei aus rechtlichen Gründen zur Zahlung des "anerkannten" Betrages nicht verpflichtet, nicht ausgeschlossen. Denn im Hinblick auf die weitreichende Bedeutung eines Anerkenntnisses werden nur die tatsächlichen und rechtlichen Einwendungen ausgeschlossen, die der Anerkennende bei Abgabe des Anerkenntnisses auch genau gekannt hat (vgl. BGH MDR 1968, 485 f). Diese erforderliche Kenntnis, daß er zur Zahlung der geforderten Fangprämie nicht verpflichtet war, hatte der Beklagte nicht, als er das "Schuldanerkenntnis" unterschrieb. Das ergibt sich einmal aus der konkreten Situation, in der sich der Beklagte als soeben gestellter Dieb befand, und zum anderen daraus, daß die Frage eines derartigen Schadensersatzanspruchs in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet wird. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der rechtskundige Beklagte konnte in der geschilderten Situation in keiner Weise ermessen, ob der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zusteht. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 242 StGB ist nicht begründet, weil der Schaden, den die Klägerin durch Zahlung .einer Fangprämie in Höhe von 50,-- DM an ihre Angestellte erlitten hat, keine durch den Diebstahl oder die Eigentumsverletzung adäquat kausal verursachte Folge ist. Zwar ist einfache Kausalität gegeben, da der Diebstahl eine nicht hinweg zudenkende Bedingung für die Zahlung der Fangprämie und den der Klägerin hieraus entstandenen Schaden ist; doch fehlt es an der Adäquanz. Auf den ersten Blick scheinen zwar auch deren Voraussetzungen gegeben zu sein, wie in der Rechtsprechung und Literatur vertreten wird (vgl. Amtsgericht München NJW 1973, 1044 ff; Amtsgericht Mainz MDR 1974, 506; Il/ Müller, NJW 1973, 358; Creutzig, NJW 1973, 1593 f). Denn es ist nicht besonders eigenartig, nicht ganz unwahrscheinlich und nicht nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassen, daß sich die Klägerin gegenüber ihren Angestellten arbeitsvertraglich verpflichtet hat, für das Stellen eines Diebes eine Fangprämie zu zahlen, und daß sie daher im Falle eines Diebstahls durch die Zahlung der Prämie entsprechend ihrer Verpflichtung einen Schaden erleidet. Vielmehr entspricht das sogar der Lebenserfahrung, da immer mehr Kaufleute sich ihren Angestellten gegenüber zur Zahlung derartiger Fangprämien verpflichtet haben. Doch wird diese formale Betrachtung, die lediglich rein logisch abstrakt auf das Zahlenverhältnis der Häufigkeit des Eintritts eines derartigen Erfolges abstellt und beim Vorliegen eines entsprechenden Zahlenverhältnisses allein auf Grund dessen die Adäquanz bejaht, der Bedeutung der Adäquanz nicht gerecht. Denn das Zahlenverhältnis allein ist nicht maßgebend; vielmehr müssen mit einer <u>wertenden</u> Beurteilung aus der Vielzahl der Bedingungen im naturwissenschaftlich philosophischen Sinne diejenigen ausgeschieden werden, die bei vernünftiger Beurteilung der Dinge nicht mehr als haftungsbegründende und haftungsausfüllende Umstände betrachtet werden können. Mit einer wertenden Beurteilung muß die Grenze gefunden werden, "bis zu der dem Urheber einer Bedingung eine Haftung für ihre Folgen billigerweise zugemutet werden kann" (vgl. BGHZ 3, 267; 18, 288; Erman-Sip, BGB, 5. Autl., § 249 Randnummern 16, 18). Diese wertende Beurteilung führt hier dazu, daß dem Beklagten, der durch den Diebstahl eine Bedingung für den der Klägerin durch Auszahlung der Fangprämie entstandenen Schaden gesetzt hat, eine Haftung für diese Folgen der Bedingung billigerweise nicht zugemutet werden kann. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Neben dem Diebstahl liegt eine weitere Bedingung für den Schaden der Klägerin darin, daß sie sich gegenüber ihren Angestellten arbeitsvertraglich verpflichtet hat, für die Ergreifung eines Diebes eine Fangprämie von 50,-- DM zu zahlen. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Ihr Schaden ist also auch durch ihren eigenen freiwilligen Entschluß verursacht worden. Sofern der Schaden auch auf einem freien Willensentschluß des Geschädigten beruht, so ist anerkannt, daß eine Zurechnung der Schadensfolge dann nicht gerechtfertigt ist, wenn der Entschluß des Verletzten, der eine neue Schadensgefahr schafft, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht herausgefordert ist, das Verhalten des die Erstursache Setzenden vielmehr lediglich den äußeren Anlaß und nur die Gelegenheit für den Verletzten darstellt, zusätzlich ein der Verletzung fremdes Schadensrisiko einzugehen (BGHZ 57, 29 ff). Eine derartige Herausforderung ist hier nicht gegeben. Sie wird bereits dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin den Entschluß zur Aussetzung der Fangprämie bereits lange Zeit vor Begehung des Diebstahls durch den Beklagten gefaßt hat. Aber auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer Verletzung .im Falle ihres späteren Eintritts mit einer bereits eingetretenen Verletzung gleichgestellt, so fordert es allein die abstrakte Möglichkeit in Verbindung mit der Tatsache, daß dieser Diebstahl dann später tatsächlich stattfand, nicht heraus, bereits vor Begehung oder Bekanntwerden der Planung eines Diebstahls für die Aufdeckung eines solchen potentiellen Falles vertraglich eine Fangprämie zu versprechen. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin konnte auch ohne, die Zusage einer solchen Belohnung erwarten, daß ihre Angestellten auf mögliche Diebstähle achteten und bei der Aufdeckung mitwirkten (vgl. Amtsgericht München NJW 1972,2038). Denn hierzu sind sie auf Grund des Arbeitsvertrages verpflichtet. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese vertragliche Verpflichtung allein bei den Angestellten tatsächlich kaum eine Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Aufdeckung von Diebstählen hervorruft (so Amtsgericht München NJW 1973, 1044 ff.) und diese lieber ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzen und sich darüber hinaus unter Umständen sogar strafbar machen, als daß sie wegen des damit verbundenen Ärgers und der Mühen ihren Verpflichtungen nachkommen. Auch wenn das richtig ist und die Angestellten nur im Falle einer zuvor ausgesetzten Belohnung bei der Aufdeckung von Diebstählen bereit sind mitzuwirken, so kann das nicht dem Beklagten angelastet werden. Wenn die Klägerin Arbeitskräfte beschäftigt, die ihren genannten vertraglichen Verpflichtungen zuwider/handeln, und wenn sie deshalb eine Fangprämie aussetzt, um sie hierdurch zu einer Mitwirkung zu veranlassen, so fällt das in ihren Risikobereich und kann nicht dem Beklagten zugerechnet werden. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Er kann billigerweise nicht für Pflichtverletzungen herangezogen werden, die die Angestellten der Klägerin möglicherweise begehen, für die sie das kaufmännische Risiko trägt und auf die er keinen Einfluß hat. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bei der gebotenen wertenden Beurteilung der beiden Schadensursachen, der arbeitsvertraglichen Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Fangprämie und des Diebstahls, zeigt sich, daß das Schwergewicht hier auf der erstgenannten Bedingung ruht. Ohne daß die Klägerin hätte wissen können, ob und wann es zu dem vorliegenden Diebstahl kommen würde, hat sie freiwillig den Entschluß gefaßt, ihren Angestellten die Zahlung einer Fangprämie arbeitsvertraglich zuzusagen. Damit hat die Klägerin den Rechtsgrund für diese Zahlung freiwillig und bereits lange vor der schädigenden Handlung gesetzt. Die schädigende Handlung durch den Beklagten löste lediglich die Konkretisierung und Individualisierung der Zahlungspflicht aus (vgl. Wälde, NJW 1972, 2294 f). Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährung der Belohnung und der durch die Schädigung geschaffenen Gefahrenlage ist durch die freiwillige Entschließung der Klägerin zur Zahlung der Belohnung weitgehend durchbrochen (Amtsgericht München NJW 1972,2038). Durch das Aussetzen der Belohnung soll verhindert werden, daß ein Dieb mit der gestohlenen Ware entkommt. Sie dient damit der Verhinderung des Schadenseintritts, ist aber nicht Schadensfolge (Amtsgericht München a.a.O.). </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">In den modernen Kaufhäusern und Geschäften, so auch in denen der Klägerin, wird das Warenangebot heute bewußt in einer wissenschaftlich ergründeten Art und Weise präsentiert, die den Kunden besonders zum Kauf anregen soll. </p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Diese Form der Warenpräsentation wirkt aber gleichzeitig auch besonders diebstahlstimulierend. Ebenso wie der Kaufmann die Vorteile aus dieser Art des Warenangebots durch erhöhten Umsatz genießt, hat er billigerweise auch das Risiko, das in der von ihm selbst geschaffenen besonderen Diebstahlsgefahr liegt, zu tragen. Das heißt, die Aufwendungen für die Minderung dieser Gefahr fallen in seinen Risikobereich und ihm daher zur Last. </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Eine Verpflichtung zur Erstattung einer Fangprämie, zu deren Zahlung sich ein Kaufmann gegenüber seinen Angestellten vertraglich verpflichtet hat, um sie sich später vom Dieb zurückzuholen, hätte in Wahrheit den Charakter einer Privatstrafe. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">(Wälde a.a.O.). So wird sie auch im allgemeinen und auch hier vom Beklagten empfunden. Dem Beklagten kann billigerweise eine Haftung für den Ersatz der Fangprämie, für deren Zahlung der Diebstahl eine Ursache ist, die die Klägerin aber freiwillig auf Grund eigenen Entschlusses ausgesetzt hat und deren Aussetzung im Rahmen ihres Risikobereiches lag, nicht zugemutet werden. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 700, 344 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Rechtskraft und Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 510 c, 704 ZPO. </p>
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316,064 | olgham-1974-06-10-4-ws-12474 | {
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} | 4 Ws 124/74 | 1974-06-10T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:46 | 2019-03-27T09:41:31 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0610.4WS124.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Sache wird an das Landgericht Siegen zurückgegeben.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat gegen den Angeklagten am 20. November 1973 Haftbefehl erlassen unter dem dringenden Tatverdacht des Diebstahls und mit dem Haftgrund der Fluchtgefahr. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Bad Berleburg hat mit Urteil vom 5. April 1974 gegen den Angeklagten wegen Diebstahls in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis - §§ 242, 243, 17 StGB, § 21 StVG - auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr drei Monaten erkannt und mit dem danach verkündeten Beschluß auf Haftfortdauer "aus den Gründen der Anordnung" entschieden. Gegen das Urteil hat der Angeklagte, am 8. April 1974 Berufung eingelegt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Akten sind durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft der zuständigen 2. Strafkammer des Landgerichts Siegen am 16. Mai 1974 zugegangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Unter dem 8. Mai 1974 hatte der Angeklagte gegen die Haftfortdauerentscheidung Beschwerde eingelegt, die beim Amtsgericht am 14. Mai 1974 eingegangen und von diesem zu den beim Landgericht befindlichen Akten nachgesandt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluß vom 28. Mai 1974 hat die Strafkammer der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, der Angeklagte sei aus den Gründen des angefochtenen Urteils der ihm angelasteten Tat dringend verdächtig und es bestehe nach wie vor der in der Haftanordnung zutreffend begründete Haftgrund der Fluchtgefahr. Die Strafkammer hat die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde des Angeklagten übersandte.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Für eine solche Entscheidung das Senats ist kein Raum; die Sache war der Strafkammer zurückzugeben. Die Präge, wie die Haftbeschwerde in solchen Fällen des Übergangs auf ein anderes, zu erstinstanzlichen Haftentscheidungen berufenes Gericht verfahrensrechtlich zu behandeln ist, wird von obergerichtlicher Rechtsprechung und der Literatur nicht einhellig beantwortet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Entgegen OLG Karlsruhe, NJW 1972, 1723, hat das OLG Frankfurt mit Beschluß vom 26.10.1972 (NJW 1973, 478) dem hat sich die Strafkammer hier ersichtlich angeschlossen ein Beschwerderecht des Beschuldigten gegen die Haftfortdauerentscheidung des Amtsgerichts auch nach Erhebung der Anklage zum Landgericht bejaht und nicht das Landgericht, sondern das Oberlandesgericht in solchem Fall für sachentscheidungsbefugt gehalten. Es hat im wesentlichen hierin ausgeführt, aus §§ 117 Abs. 2, 304, 305 StPO ergebe sich zwingend, daß der Beschuldigte in jedem Stadium des Verfahrens das Haftbeschwerderecht habe; das könne mit dem Übergang der Haftkontrolle auf ein anderes Gericht nicht verlorengehen. Zuständig zur Entscheidung sei das OLG gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG, weil die Strafkammer nur zu erstinstanzlichen Haftentscheidungen, nicht gleichzeitig aber zu hier infrage kommenden Beschwerdeentscheidungen befugt sein könne, ohne daß dies zur Instanzenverwischung und zur Gefahr der Doppelzuständigkeit führe. Weil so die Zuständigkeit des Landgerichts entfallen sei, trete deshalb an seine Stelle das ihm übergeordnete Oberlandesgericht (so auch Dünnebier in MDR 1968, 185; Löwe-Rosenberg (-Dünnebier), § 125 Anm. 1 a.E.).</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es bedarf keiner Erörterung, daß auch im hier gegebenen Fall, des Übergangs durch das Rechtsmittel der Berufung das Landgericht für erstinstanzliche Haftentscheidungen zuständig wird, da insoweit auch für diesen Fall des Übergangs § 126 Abs. 2 StFO anwendbar ist, Mit der nach § 221 StPO bewirkten Obergabe der Akten an don Vorsitzenden den Berufungsgerichte ist dieses als "mit der Sache befaßt" in Sinne von § 126 Abs. 2 S. 1 StPO anzusehen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Senat vermag sich aber der Ansicht des OLG Frankfurt nicht anzuschließen. Er idt vielmehr mit dem OLG Karleruhe (vgl. Beschluß vom 11.4.1972 in NJW 1972, 1723 - OLGSt zu § 117 StPO, Seite 3) der Auffassung, daß die Beschwerde des Untersuchungshäftlings in solchen Fällen des Übergangs <u>als verfahrensrechtlich überholt</u> anzusehen ist (vgl. ferner OLG Oldenburg, in NJW 1957, 233; OLG Hamm vom 1.3.1957 in 3 Ws 71/57; dasselbe vom 27.1.1967 in 3 Ws 82/67). Maßgebend hierfür ist in erst er. Linie der Wortlaut des § 126 Abs. 2 S. 1 und 2 StFO, wonach für weitere erstinstanzliche Haftentscheidungen das jeweils mit der (Haupt-) Sache befaßte Gericht zuständig ist, außer im Falle der Einlegung der Revision, für den es bei der Haft Zuständigkeit des iudex a quo verbleibt; ganz ersichtlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Revisionsgericht als Beschwerdegericht für <u>weitere erstinstanzliche</u> Haftentscheidungen erhalten bleiben. Der Übergang der erstinstanzlichen Haftentscheidungen beinhaltet, daß anstelle des Amtsgerichts nunmehr die Strafkammer für Maßnahmen nach § 119 StPO zuständig wird, ebenso für die Durchführung der Haftprüfung - § 117 Abs. 1 StFO -, wenn der Untersuchungshäftling dies beantragt, Hierbei wäre die Strafkammer befugt zu entscheiden, ob die Aufhebung des Haftbefehls (§ 120 StPO) oder Maßnahmen nach § 116 StPO verantwortet werden können oder ob die Untersuchungshaft - unter eventueller Ergänzung der Haftvoraussetzungen wie der Haftgründe - fortzudauern habe. Bei dieser Lage ist eine Beschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidung des Amtsgerichte <u>in einen Antrag auf Haft</u>prüfung nach § 117 Abs. 1 StPO umzudeuten, der nach § 117 Abs. 2 StPO ohnehin vor der Beschwerde den Vorrang hat (so auch OLG Karlsruhe a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Eine solche Haftprüfung hat ... im vorliegenden Falle die Strafkammer, ersichtlich, wenn auch unter anderer Ansicht über die Verfahrenslage, vorgenommen. Sie hat sich Mit dem Beschluß von 28. Mai 1974 - unter Ergänzung der Haftvoraussetzungen durch Bezugnahme auf die Gründe des Urteils erster Instanz und unter besonderem Hinweis auf die fortdauernden Haftgründe - für die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entschieden, damit zum Ausdruck gebracht, daß sie nach Lage der Sache weder eine Aufhebung des Haftbefehls noch eine Aussetzung der Untersuchungshaft für geboten erachtet. Diese als Ergebnis ihrer nach § 117 Abs. 1 StPO erfolgten Haftprüfung anzusehende Entschuldung hat die Strafkammer, weil sie eine Nichtabhilfeentscheidung zu treffen meinte, daß Angeklagten aber noch nicht zugestellt. Das ist mit Bedacht auf § 117 Abs. 2 S. 2 StPO nachzuholen.</p>
|
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 3 S 35/74 | 1974-05-27T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:48 | 2019-03-27T09:41:31 | Urteil | ECLI:DE:LGAR:1974:0527.3S35.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg</p>
<p>auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 1974</p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p></p>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Dezember 1973 verkündete Urteil des Amtsgerichts Warstein wird auf seine Kosten zurückgewiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>____________</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist Eigentümer einer Wiese. Diese Wiese gehört zum Bezirk der Rüthener Waldjagd. Der Beklagte ist Pächter dieser Jagd. Laut Pachtvertrag ist er verpflichtet, Wildschäden zu ersetzten. Im Herbst und Winter 1971 sowie im Frühjahr 1972 richtete Schwarzwild auf der Wiese des Klägers Schaden an. Aus diesem Grunde fanden am 19.4. und 15.6.1972 Wildschadenstermine statt. In der Niederschrift über den Termin am Schadensort vom 19.4.1972 wird zum Schadensumfang festgestellt:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">"Starke Wildschäden durch Schwarzwild. 2 Morgen Totalschaden. 5000 qm á 0,20 DM, 5000 qm á 0,15 DM = 1.750,—DM".</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">In dem Protokoll über den Termin vom 15.6.1972 ist zum Unfang des Schadens vermerkt:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">"Die Besichtigung ergab, dass der Schaden wie beim ersten Termin in voller Höhe besteht. Eine gütliche Einigung (war) nicht zu erzielen."</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat an den Kläger 950,-- DM gezahlt. Der Kläger hat mit der am 29.1.1973 bei Gericht eingegangenen Klage den Ersatz des Schadens in dem Unfang verlangt, wie er in der Niederschrift im Termin vom 19.4.1972 genannt worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat behauptet, die Niederschriften über die Wildschadenstermine vom 19.4.1972 und 15.6.1972 seien ihm von der Amtsverwaltung erst am 12.2.1973 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Zur Stützung seiner Klageforderung hat er sich auf die Feststellungen zur Schadenhöhe der Niederschrift vom 19.4.1972 berufen. Er hat die Ansicht vertreten, dass diese Niederschrift ein den Vorschriften des Landesjagdgesetzes von Nordrhein-Westfalen (KJG NW) entsprechendes schriftliches Gutachten sei, und dass er das zur Klageerhebung notwendige Verfahren des LJG NW damit ordnungsgemäß abgewickelt habe.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">den Beklagten zu verurteilen, an ihn 800,-- DM nebst 4 & Zinsen seit dem 5.2.1973 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Er hat behauptet, der Bescheid über das Scheitern des 2. Wildschadenstermin vom 15.6.1972 sei dem Kläger durch die Amtsverwaltung bereits am 26.7.1972 zugestellt worden.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Vorverfahren leide deswegen an einem erheblichen Mangel, weil nach dem Fehlschlagen des Einigungsversuchs am 19.4.1972 in § 36 LJG NW vorgeschriebene schriftliche Gutachten eines Schadensschätzers nicht vorgelegen habe. Die Niederschrift vom 19.4.1972 erfülle diese Voraussetzungen nicht. Es fehle daher an einer Prozessvoraussetzung.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Im Übrigen hat er die Feststellungen in der Niederschrift vom 19.4.1972 zu Schadenshöhe bestritten. Der Schätzer habe die Qualität der Wiese falsch beurteilt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorverfahren zu Feststellung des Umfangs des Wildschadens nach dem LJG NW leide an einem wesentlichen Mangel. Ein schriftliches Gutachten des Schätzers fehle bzw. die vorhandene Niederschrift vom 19.4.1972 reichen nicht aus.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses am 16.1.1974 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14.2.1974, die er am 6.3.1974 begründet hat. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, das schriftliche Gutachten, das das LJG NW (§ 36) fordere, sei nur eine Weisung an den Schätzer und keine Voraussetzung für die Klagebefugnis des Geschädigten. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts brauche ein schriftliches Gutachten im 2. Termin zur Schadensfeststellung noch nicht vorzuliegen. Die vorhandenen Niederschriften vom 19.4.1972 und vom 15.6.1972 genügten den Anforderungen des gesetzlich vorgeschriebenen schriftlichen Gutachtens. Der 2. Termin vom 15.6.1972 wäre auch bei Vorhandensein eines schriftlichen Gutachtens gescheitert.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:106px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Schlussanträgen in I. Instanz zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><b>_____________________</b></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Gemäß § 35 Bundesjagdgesetz kann in Wild- und Jagdschadenssachen der ordentliche Rechtsweg erst bestritten werden, wenn ein Feststellungsverfahren gemäß § 33 – 35 des LJG NW vom 26.5.1964 durchgeführt ist. Dazu gehört die förmlich Feststellung des Schadens des Vorverfahrens gemäß § 36 LJG NW, was einem Vorbescheid entspricht, wie ihn die Bestimmungen anderer Länder vorsehen. Fehlt es an dieser förmlichen Feststellung, so ist eine unmittelbar erhobenen Klage ohne weitere Sachprüfung als unzulässig abzuweisen (Mitzchke, Schäfer, Kommentar zum BJG, 3. Aufl. 1971, Anm. 3 c aa zu § 35); Ferndau, das Jagdrecht NRW 1967, Erläuterungen zu § 33 LJG NW).</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat bereits in dem am 3.9.1973 verkündeten Urteil – 3 S 124/73 LG Arnsberg – festgestellt, daß die auch in diesem Verfahren vertretene Ansicht des Klägers, Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage vor dem ordentliche Gericht sei, daß das Vorverfahren überhaupt, nicht aber, daß es fehlerfrei durchgeführt worden sie, so allgemein nicht gefolgt werden kann. Diese Rechtsauffassung sein nur insofern richtig, als nicht jeder Fehler des Vorverfahrens zur Unzulässigkeit eine Klage im ordentlichen Rechtsweg führt. Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage ist, daß das Vorverfahren jedenfalls in seinen wesentlichen Bestandteilen durchgeführt sein muß. In dem genannten Urteil hat die Kammer bereits ausgeführt, das ein wesentliches Erfordernis des Vorverfahrens ist, daß eine gütliche Einigung erfolglos versucht und das Scheitern des Einigung förmlich festgestellt sein muß. Diese Feststellung ist im vorliegenden Fall durch die Nachricht über den Termin am 15.6.1972 getroffen worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß entsprechende beglaubigte Ablichtungen der Niederschriften dem Klägererst am 15.2.1973 zugestellt worden sind. Das ergibt sich aus der Auskunft der Amtsverwaltung Rüthen vom 5.4.1973. Die am 26.1.1973 erhobene Klage auf Ersatz des Wildschadens ist demnach nicht verspätet.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist dennoch unzulässig, weil das Vorverfahren am einem wesentlichen Mangel leidet.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Da in dem Gemäß § 34 LJG NW vorgesehenen Termin am Schadensort eine gütliche Einigung nicht herbeigeführt werden konnte, war der Schaden gemäß § 36 LJG NW zu schätzen. In die Schadenfeststellung ist ein Schätzer einzubeziehen, der den Schaden auf Grund der Verhandlungen über den Schaden festzustellen hat. Er hat ein schriftliches Gutachten abzugeben. Auf Grund dieses Gutachtens muß die Gemeinde einen neuen Einigungsversuch zwischen den Parteien unternehmen. Erst nach dem Scheitern dieses Einigungsversuchs kann das Scheitern der Verhandlungen zum Abschluß des Vorverfahrens in der in § 36 LJG NW vorgeschriebenen Form wirksam festgestellt werden. An einem derartigen schriftlichen Gutachten fehlt es hier. § 36 LJG stellt an das Gutachten ganz bestimmte Anforderungen. Es muß</p>
<span class="absatzRechts">31</span><ol class="absatzLinks"><li>die Bezeichnung und Kulturart des beschädigten Grundstücks,</li>
<li>die Wildart, die den Schaden verursacht hat,</li>
<li>den Umfang des Schadens nach Flächengröße und Anteil der beschädigten Fläche und </li>
<li>den Schadensbetrag enthalten.</li></ol>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Feststellungen im Gutachten sind mit besonderer Sorgfalt zu treffen und von der Schadenfeststellung im Termin zu trennen. Die Vorschrift des § 36 LJG NW ist ein Schwerpunkt des Vorverfahrens und keine Sollvorschrift oder gar nur eine Weisung an den Sachverständigen, wie der Kläger meint. Ohne ein Gutachten, das den Anforderungen des § 36 LJG NW entspricht, ist das Vorverfahren seines wesentliches Zweckes beraubt. Erstes Ziel des Vorverfahrens ist, eine Einigung der Parteien ohne Einschaltung der Gerichte herbeizuführen. Die Aussichten, eine derartige Einigung zu erzielen, werden aber, worauf das Amtsgericht zutreffen hinweist, im Vorverfahren wesentlich dadurch erhöht, daß sorgfältige und umfassende Feststellungen zu Schadenshöhe den Parteien vorgelegt werden können. Die Parteien könnten durch Kenntnis der Einzelheiten über Art, Umfang und Höhe der Schäden zu der Einsicht gelangen, daß ein im nachfolgenden streitigen Verfahren bestellter Sachverständiger zu selben Ergebnis kommen müßte.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Eine weitere wesentliche Aufgabe des Vorverfahrens ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, im anschließenden Prozeß ohne große Verzögerungen darüber entscheiden zu können, welche Ansprüche entstanden sind, wenn eine gütliche Einigung unter den Parteien nicht möglich ist. Eine solche Entscheidung würde wesentlich erschwert, oder gar unmöglich gemacht, wenn nicht alsbald nach Auftreten des Schadens sein Umfang festgestellt würde. Es liegt in der Natur der hier zu regulierenden Schäden, daß sie schon nach relativ kurzer Zeit nicht mehr exakt festgestellt werden können. Das Vorverfahren hat deshalb, worauf ebenfalls schon das angefochtene Urteil hinweist, als wesentliche Aufgabe eine Beweissicherungsfunktion. Auch diese Aufgabe könnte das Gutachten ohne die in § 36 LJG NW geforderten Angaben zum Schaden nicht erfüllen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Den Anforderungen, die an das Gutachten zu stellen sind, genügt die Niederschrift vom 19.4.1972 nicht. In der Niederschrift wird nur pauschal festgestellt, daß 2 Morgen Totalschaden entstanden sind. Es fehlt die Bezeichnung und die Kulturart des beschädigten Grundstücks. Ferner heißt es lediglich, einmal seien für 5000 qm 0,20 DM und einmal für 5000 qm 0,15 DM als Schaden einzusetzen. Das sind keine nachprüfbaren und ausreichenden Feststelllungen zum Schadensbetrag. Es ist nicht ersichtlich, warum der Schaden einmal 0,20 DM und einmal 0,15 DM pro qm betragen soll. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat im Gegensatz zur Ansicht des Klägers nicht darauf abgestellt, daß das Gutachten im 2. Termin zur Schadensfeststellung bereits vorliegen müsse. Es hat lediglich aufgeführt, daß auf Grund des Gutachtens die Gemeinde einen neuen Versuch zur gütlichen Einigung unternehmen müsse, ehe sie das endgültige Scheitern der Verhandlungen feststellen könnte. Da das Gutachten nach dem Wortlaut des § 36 LJG NW den entstandenen Schaden auf Grund der Verhandlungen festzustellen hat, wird es die Regel sein, daß das schriftliche Gutachten im 2. Termin nicht vorliegt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.</p>
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Ss OWi 253/74 | 1974-05-20T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:50 | 2019-03-27T09:41:31 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0520.4SS.OWI253.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird im Bußgeldausspruch aufgehoben. Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße von 100,00 DM festgesetzt. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.</p>
<p>Die Rechtsbeschwerdegebühr wird auf 2/3 ermäßigt und in dieser Höhe dem Betroffenen auferlegt. Die Auslagen des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen in dieser Instanz erwachsenen notwendigen Auslagen trägt zu 2/3 der Betroffene, zu 1/3 die Staatskasse.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe:</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit
gemäß §§ 34 Abs. 2, 69 a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, 24 StVG,
eine Geldbuße von 150,- DM festgesetzt. Es hat festgestellt, daß
der Betroffene seinen Lastkraftwagen mit einer Überschreitung des
zulässigen Gesamtgewichts um 16,42 % auf öffentlicher Straße
geführt hatte. Zur Bußgeldhöhe heißt es in dem Urteil:</p>
<br /><span class="absatzRechts">3</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td> </td>
<td><i>"Bei der hiernach gemäß § 24 StVG vorzunehmenden
Ahndung dieser Ordnungswidrigkeit ist das Gericht von dem Regelsatz des
bundeseinheitlichen Bußgeldkataloges ausgegangen, der für diese
Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 150,- DM vorschreibt. Hiervon
abzuweichen bestand kein Anlaß."</i></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die vom Senat zur Fortbildung des Rechts zugelassene Rechtsbeschwerde des
Betroffenen hat lediglich im Bußgeldausspruch Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><b>1.</b></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde enthält das Urteil in der
Beweiswürdigung keinen Verstoß gegen die Denkgesetze. Der Tatrichter
war, wie die Urteilsgründe eindeutig ergeben, überzeugt, daß die
Wägung des Fahrzeugs des Betroffenen auf einer nichtöffentlichen Waage
zum richtigen Ergebnis geführt hat. Damit liegt auch kein Verstoß gegen
den Grundsatz "in dubio pro reo" vor. Wenn der Tatrichter im Anschluß
an die Darlegung der Ausführungen des vernommenen Sachverständigen davon
spricht, es sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" davon
auszugehen, daß die technischen Voraussetzungen für eine richtige Wägung
gegeben gewesen seien, so liegt hierin kein Widerspruch. Entgegen der Auffassung der
Revision beinhaltet diese Formulierung (vgl. dazu BGHSt 10, 208; Gollwitzer in
Löwe-Rosenberg, 22. Aufl., Anm. 2 zu § 261 StPO m.w.Nachw.; Sarstedt,
Die Revision in Strafsachen, 4. Aufl., S. 251 f) keinen einer sicheren Überzeugung
entgegenstehenden, nicht überwundenen Zweifel. Hier hat der Tatrichter vielmehr
ersichtlich in der Erkenntnis, daß theoretisch Zweifel denkbar wären, aus
einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf die <u>Gewißheit</u> der
richtigen Wägung geschlossen, d.h., er ist auf diesem Wege zu der Überzeugung
einer solchen richtigen Wägung gelangt. Daran war er nicht gehindert
(vgl. BayObLG GA 1970, 186). Die richterliche Überzeugung setzt keine
mathematische, jede theoretische Möglichkeit des Gegenteils ausschließende
Gewißheit voraus.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Soweit die Rechtsbeschwerde im übrigen die Richtigkeit des Wiegeergebnisses
in Zweifel zieht, handelt es sich um einen unzulässigen Angriff auf die allein
dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung. Daß die Wägung nicht auf
einer <u>öffentlichen</u> Waage vorgenommen worden ist, kann aus Rechtsgründen
nicht beanstandet werden.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die auch sonst rechtsbedenkenfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch
(vgl. BayObLG VerkMitt. 1972, 25; OLG Hamm, 1 Ss OWi 808/73).</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><b>2.</b></p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsbeschwerde ist dagegen zuzugeben, daß das Amtsgericht bei der Bemessung
der Geldbuße von einer unzutreffenden Stelle des Bußgeldkataloges ausgegangen
ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zwar ist im Bußgeldverfahren die Bemessung der Sanktion ebenso wie im Strafrecht
Sache des Tatrichters. Die Sätze des Bußgeldkataloges binden die Gerichte nicht.
Sie sind Rahmenrichtlinien für Regel- und Durchschnittsfälle mit
ausschließlich interner Bedeutung für Polizei und Verwaltungsbehörden;
sie wenden sich nicht an die Gerichte. Eine starre, nicht am Einzelfall orientierte
Anwendung des Bußgeldkataloges wäre daher nicht statthaft. Das bedeutet aber
nicht, daß der Bußgeldkatalog ohne jede Bedeutung für die richterliche
Bußgeldzumessung ist. Der Bußgeldkatalog wurde erlassen, um bei bestimmten
Ordnungswidrigkeiten im Hinblick auf ihre Häufigkeit und Gleichartigekit eine
möglichst gleichmäßige Behandlung zu erreichen. An diesem Zweck kann
auch der Richter nicht vorbeigehen. Er ist gehalten, in seiner Rechtsfindung danach
zu streben, im wesentlichen gleiche Sachverhalte auch möglichst gleich zu behandeln.
Das ist eine Forderung der Gerechtigkeit. Dies gilt in besonderem Maße für
die massenweise vorkommenden Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. Eine wesentliche
Hilfe für eine möglichst gleichartige Beurteilung ist der Bußgeldkatalog.
Der Richter muß daher die Bußgeldsätze als Orientierungshilfen für
Düchschnitts- und Regelfälle in Rechnung stellen, auch wenn ihn dies
andererseits nicht von der eigenen Prüfung befreit, festzustellen, ob diese
Sätze dem Regelfall angemessen sind (vgl. Sen.Beschl. JMBl. NRW 1972, 70 und
DAR 1972, 336, jew. m.w.Nachw.).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wie die Ausführungen im angefochtenen Urteil ergeben, ist vorliegend der Tatrichter
sich der dargelegten Notwendigkeit der Berücksichtigung des Bußgeldkataloges
bewußt gewesen. Er ist jedoch ersichtlich von einem unzutreffenden Bußgeldsatz
ausgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Bußgeldkatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten enthält
in der ab 17. August 1972 bundeseinheitlich geltenden Fassung (Verkehrsblatt 1972, 662)
in Nr. 19 unter der Bezeichnung "Führen eines Fahrzeugs unter
Überschreiten der zulässigen Gewichte, Achslasten und Anhängelasten"
und unter Angabe des § 23 Abs. 1 StVO fünf je nach dem Maß der
Überschreitung von 50 bis 250,- DM gestaffelte Regelsätze. Nach Nr. 19.2
beträgt der Regelsatz für ein Überschreiten um mehr als 15 % nur 75,- DM.
Wenn das Amtsgericht von einem Regelsatz von 150,00 DM ausgegangen ist, so hat es hierbei
ersichtlich Nr. 27.2 des Bußgeldkataloges zugrunde gelegt. Das war nicht
angängig.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">In Nr. 27 wird als Ordnungswidrigkeit bezeichnet das "Anordnen oder Zulassen
der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Überschreiten der zulässigen Gewichte,
Achslasten und Anhängelasten"; hierbei sind die §§ 31 Abs. 2, 34,
42 StVZO angeführt. Sowohl aus der Bezeichnung der Ordnungswidrigkeit, als auch
aus der Anführung des § 31 <u>Abs. 2</u> StVZO ergibt sich, daß diese
Katalognummer nur dann in Betracht kommt, wenn der Fahrzeughalter (ggfls. auch eine
vom Halter beauftragte Person) anordnet oder zuläßt, daß ein <u>Dritter</u>
das vorschriftswidrig beladene Fahrzeug führt. (Das gleiche gilt für die
Nummern 25 im Verhältnis zu 18, 26 im Verhältnis zu 17.)</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Anwendung der Katalognummer 27 auf den Fall, daß der Halter nicht einen
anderen beauftragt, mit einem überladenen Fahrzeug zu fahren (oder solches
zuläßt), sondern selbst fährt stellt nach der Auffassung des Senats
unter diesen Umständen eine unzulässige Analogie zu Lasten des Betroffenen
dar.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zwar ist der Generalstaatsanwaltschaft zuzustimmen, daß die unterschiedlichen
Bußgeldandrohungen gegenüber Halter und Fahrer sich aus der Erwägung
erklären lassen, "daß den Halter als denjenigen, der in erster Linie
die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hat, in größerem Maße
ein Verschulden trifft als dessen Führer, der in der Regel - jedenfalls im gewerblichen
Verkehr - nur die Weisungen des Halters befolgt, der aus der Überladung auch den
eigentlichen Nutzen zieht". Aber selbst wenn man mit der Generalstaatsanwaltschaft
weiter davon ausgeht, daß diese Gründe für eine Besserstellung des
Fahrzeugführers nicht mehr durchgreifen, wenn er - wie hier - zugleich der Fahrzeughalter ist, so reicht dies angesichts des eindeutigen Wortlauts und der ebenso eindeutigen Paragraphenanführung zu einer ausdehnenden Anwendung der Katalognummer 27 auf den das Kraftfahrzeug selbst führenden Halter nicht aus, abgesehen davon, daß die in Nr. 27 enthaltene Verdoppelung der Sätze der Nr. 19 auch noch daraus gerechtfertigt werden kann, daß den Halter - zumindest im Falle der Anordnung - in der Regel zusätzlich der Vorwurf trifft, aus eigensüchtigen Motiven einen anderen erhöhter Unfallgefahr und der Gefahr von Sanktionen ausgesetzt zu haben. Führt der Halter sein Kraftfahrzeug selbst, so liegt dieses Erschwerungsmoment nicht vor.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Als Ausgangspunkt für die Bußgeldbemessung kommt somit, da der Bußgeldkatalog keine besonderen Sätze für das Führen eines überladenen (oder sonst verkehrsunsicheren) Fahrzeugs durch den Kraftfahrzeughalter selbst enthält, vorliegend allein Nr. 19 des Bußgeldkataloges (Führen eines überladenen Kraftfahrzeugs) in Betracht. Zwar ist dort als verletzte Rechtsnorm § 23 Abs. 1 StVO angegeben. Das ist jedoch lediglich insofern unrichtig, als die Vorschriften der §§ 30, 32 ff. StVZO als engere Sondervorschriften der genannten Bestimmung der StVO vorgehen (vgl. BayObLG VerkMitt. 1972, 25, OLG Hamm, 1 Ss OWi 808/73).</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hiernach ist gemäß Nr. 19.2 des Bußgeldkataloges von einem Regelsatz von 75,- DM auszugehen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Gleichwohl ist eine Zurückverweisung der Sache nicht erforderlich.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Auch bei einer erneuten Verhandlung vor dem Tatrichter sind keine neuen Feststellungen
zu erwarten, die für die Bemessung der Höhe des verwirkten Bußgeldes von
Bedeutung sein könnten. Der Senat entscheidet daher gemäß § 79 Abs.
6 OWiG selbst abschließend.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ebenso wie im Strafverfahren schärfend verwertet werden kann, daß der Täter
nicht bloß als Kraftfahrer, sondern auch als Fahrzeughalter pflichtwidrig gehandelt hat
(vgl. BGH VRS 17, 43), kann dies im Ordnungswidrigkeitenverfahren zu einer höheren als
der Regelbuße führen. Der Halter hat in solchem Falle, wie die
Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausführt, nicht nur die Voraussetzungen
für die Inbetriebnahme des überladenen Fahrzeugs geschaffen, sondern
dieses auch im Verkehr selbst geführt. Der Senat erachtet vorliegend eine
über dem Regelsatz von 75,- DM liegende Geldbuße für erforderlich.
Angesichts des Umstandes, daß die Überladung noch im unteren Bereich
der von der Katalognummer 19.2 umfaßten Überladungswerte (15 bis 20 %)
gelegen hat, erschien dem Senat eine Geldbuße von 100,00 DM angemessen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft hatte mit der Erwägung, der Betroffene müsse
sich gefallen lassen, wie jeder andere Fahrzeughalter, wenn nicht gar strenger, behandelt
zu werden, Verwerfung der Rechtsbeschwerde beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten und Auslgen des Rechtsbeschwerdeverfahrens
beruht auf §§ 473 Abs. 4 StPO, 46 Abs. 1 OWiG.</p>
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"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 4 Ss OWi 199/74 | 1974-05-16T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:51 | 2019-03-27T09:41:30 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0516.4SS.OWI199.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird auf seine Kosten verworfen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 1, 8 StVO ein Bußgeld in Höhe von 40,- DM festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Betroffene beabsichtigte, am 16. August 1973 gegen 11.55 Uhr auf dem Parkplatz ... in ... seinen Pkw zu parken. Als er den Parkplatz auf dem zu diesem führenden Zufahrtsweg gerade erreicht hatte, näherte sich auf dem in diesen einmündenden Abfahrtsweg von rechts ein Pkw. Als dessen Fahrerin, die nach Parken auf dem Parkplatz diesen verlassen wollte, nach links in den Zufahrtsweg einbog, kam es zu einem Zusammenstoß beider Kraftwagen. Der Pkw des Betroffenen stieß mit dem vorderen Aufbau gegen den linken Scheinwerfer des anderen Pkw's, wodurch nicht unerheblicher Sachschaden entstand.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde, die mit näheren Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts rügt und die der Senat zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat, konnte keinen Erfolg haben. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung nach §§ 1, 8 StVO. Die Frage - derentwegen der Senat die Rechtsbeschwerde allein zugelassen hat - ob die Vorfahrtregel "rechts vor links" auch auf Fahrspuren öffentlicher Parkplätze Anwendung findet, ist zu bejahen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Straßenverkehrsordnung wendet sich an den Fahrverkehr außerhalb der eigentlichen Straßen ausdrücklich in § 10 StVO; die Bestimmung betrifft das Verhalten beim Ausfahren aus Grundstücken, betrifft also den Übergang von Verkehrsnebenflächen in den eigentlichen Straßenverkehrsraum, nicht aber das Verkehrsverhalten auf solchen Nebenflächen selbst. Die Vorfahrtsregeln des § 8 StVO betreffen Kreuzungen und Einmündungen - im Wortsinne die Schnittflächen mindestens zweier Fahrbahnen verschiedener sich kreuzender oder aufeinander zulaufender <u>Straßen</u> (vgl. OLG Hamm vom 18.11.1968 in DAR 69, 279). Der Begriff der Straße setzt regelmäßig eine besondere öffentliche Widmung voraus. An solcher besonderen öffentlichen Widmung mag es bei innerstädtischen, der Allgemeinheit zugänglichen Parkplätzen häufig fehlen. Das steht nach Auffassung des Senats aber der <u>unmittelbaren</u> Anwendung der Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 StVO auf solchen Verkehrsnebenflächen nicht entgegen. Auf die äußerlich selten erkennbare öffentliche Widmung (vgl. Cramer, Straßenverkehrsrecht, Frankfurt 1971, zu § 8 Rz. 35 u. 65 ff,) kann es nicht entscheidend ankommen für die Frage, ob die Grundregel unmittelbar oder nur analog anzuwenden ist. Bei den hohen Frequenzen heutigen innerstädtischen Fahrzeugverkehrs kommt den der Allgemeinheit zugänglichen Parkflächen - ob es sich dabei um Parkhäuser oder Parkplätze handelt, kann dabei keinen Unterschied machen - eine solche Bedeutung zu, daß aus Gründen der Verkehrssicherheit gebeten ist, sie als Verkehrsraum anzusehen, der von den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts umfaßt wird (vgl. OLG Düsseldorf vom 27. 11. 1969 in VRS 39, 204 m.w.N.). Ihre immer wichtiger werdende Aufgabe ist es, die Innenstädte vom ruhenden Verkehr zu entlasten, wenn nicht gar vollends zu befreien. Ist der Kraftfahrer aber zunehmend auf diese Parkflächen angewiesen, vermehrt sich auch das verkehrssicherheitsbedingte Bedürfnis, sie den Verhaltensvorschriften des Gesamtverkehrs, und zwar auch über § 1 StVO hinausgehend zu unterwerfen. Aus diesem, den Gegebenheiten des Verkehrs resultierenden Zwang muß ihre faktische Öffentlichkeit als genügend angesehen werden; das ist unter anderen Gesichtspunkten von obergerichtlicher Rechtsprechung seit längerem bejaht worden (BGHSt 16, 7 = VHS 20, 453; im Anschluß an BGHZ vom 2. 4. 1957 in VRS 12, 414; OLH Düsseldorf a.a.O. zur Geltung des § 316 StGB auf Verkehrswegen eines Parkhauses; KG v. 2. 5. 1968 in VRS 35, 458 bei der - privaten - Zufahrtsstraße zu einem Industriegelände; vgl. auch zu Bahnhofsvorplätzen OLG Hamm v. 7. 8. 1973 (Leitsatz in NJW 73, 2117) - 3 Ss 56/73 - in VRS 45, 349). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob das Parken für den Kraftfahrer gebührenpflichtig ist, ob es sich hierbei um eine kommunale Einrichtung oder eine solche privater Art handelt; entscheidend, ist, daß sie der Allgemeinheit offensteht (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Zum Begriff der Straße gehört - zumindest im innerstädtischen Bereich - ferner, daß es sich um eine Wegeführung handelt, die durch ihre technische Konstruktion und Beschaffenheit geeignet ist, Fahrverkehr aufzunehmen und unmißverständlich zu leiten. An besonders ausgebauten oder markierten Wegführungen in diesem technischen Sinne fehlt es wiederum nicht selten bei innerstädtischen, der Allgemeinheit zugänglichen Parkplätzen. Soll die Regel "rechts vor links" auf einem Parkplatz gelten, so werden - entsprechend der Bezogenheit von § 8 Abs. 1 StVO auf Kreuzungen und Einmündungen im oben erörterten Sinne jedoch bestimmte Mindestanforderungen im Hinblick auf das Vorhandensein von Fahrspuren zu stellen sein. Fahrspuren auf Parkplätzen (ebenso wie in Parkhäuser und Tiefgaragen) haben den Sinn, den ein- und abfließenden Verkehr einerseits vom ruhenden Verkehr auf den Einstellplätzen zu trennen, beide Verkehrsarten leicht und übersichtlich zu ordnen; andererseits dienen sie dazu, daranliegende Einstellplätze schnell erreichen und verlassen zu können. Im besonderen hierdurch werden öffentliche Parkflächen ihrer besonderen Verkehrsbedeutung, innerstädtische Straßen zu entlasten, gerecht. Nach Auffassung des Senats macht dabei keinen Unterschied, ob die Kennzeichnung der verschiedenen Funktionsflächen - nämlich Wege und Einstellplätze - durch Farblinien, Pflasterstreifen, unterschiedliche Oberflächengestaltung, durch Kettenführung, Pflanzstreifen oder ähnliche Mittel vorgenommen ist. Wesentlich ist nur, daß die Kennzeichnung eine unmißverständliche Wegeführung, gleich der Fahrbahn einer Straße, ergibt. Den Gründen des angefochtenen Urteils kann entnommen werden, daß der hier in Frage stehende Parkplatz solcherlei Kennzeichnung aufweist.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Überschneiden sich solche Fahrspuren, entsteht eine kreuzungsgleiche Lage. Je nach Besetzung der Parkflächen oder nach der technischen Ausgestaltung der Gesamtanlage kann der Einblick in die kreuzende oder einmündende Fahrspur von einer anderen für den Kraftfahrer schwierig sein. Bei solcher Lage es dabei bewenden zu lassen, daß einander "begegnende" Kraftfahrer sich verständigen (vgl. Jagusch, 20. Aufl. zu § 8 StVO, Rz. 32) erscheint unzureichend. Nach Ansicht des Senats ist es ein unabweisbares Bedürfnis der Verkehrssicherheit, die Grundregel "rechts vor links" eingreifen zu lassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich bereits stark in Bewußtsein und Fahrverkehrsgewohnheit der Bevölkerung eingeprägt hat (vgl. Cramer a.a.O. zu § 8 Rz. 65). Zwar wird man davon ausgehen können, daß auf solchen Fahrspuren nicht besonders schnell gefahren wird; dennoch bringt die spezielle Verkehrssituation mit sich, daß die Aufmerksamkeit des Kraftfahrers von der Suche nach einem freien und geeigneten Einstellplatz gefangengenommen sein kann. Gerade dies nötigt aber dazu, ihm lediglich die Beachtung der eingeschliffenen Grundregel abzuverlangen. - Daß sich dies nur auf kreuzende Fahrspuren beziehen, nicht aber im Verhältnis der Fahrspur zu einem Einstellplatz und umgekehrt gelten kann, sei nur zur Klarstellung erwähnt; derjenige, der einen Einstellplatz auf die Fahrspur hin verlassen, die Situation ruhenden Verkehrs aufgeben will, hat bei solcher Lage dem fahrenden Verkehr auf dessen Spuren besondere Sorgfalt zuzuwenden, ihm Vorrang zu gewähren, auch dann, wenn dies der Grundregel des § 8 Abs. 1 StVO nicht entspricht. -</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit dieser hier vertretenen Ansicht weicht der Senat auch richt von der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 17. 4. 1973 - 1 Ss 201/73 - in VRS 45, 313 ab, die hervorhebt, daß "die unmittelbare und entsprechende Anwendung der Vorfahrtsregel "rechts vor links" dem fließenden Verkehr" auf markierten Fahrspuren größerer Plätze dienlich sei.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Da auch die Höhe des Bußgeldausspruches keinen Bedenken unterliegt, war die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 473 StPO, § 46 OWiG zu verwerfen.</p>
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"state": 12,
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<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Mai 1973 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgericht Duis-burg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.916,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1972 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges fallen zu 1/4 der Klägerin und zu 3/4 den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nach-gelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- DM abzuwenden.</p>
<p>Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässi-gen großen Bank oder Sparkasse erbracht werden.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px"><b><u>Tatbestand</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Am 03.06.1971 gegen 7 Uhr befuhr der in Diensten der Klägerin stehende Arbeiter X. mit seinem Moped die 7,8 m breite A. Straße in B. in Richtung C., und zwar außerhalb der geschlossenen Ortschaft. Die Geschwindigkeit war dort durch ein Verkehrszeichen auf 60 km/h beschränkt. X. hatte Alkohol genossen. Seine Blutalkoholkonzentration betrug 1,14 ‰. Der Beklagte zu 2 befuhr mit seinem Personenkraftwagen, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2, die A. Straße ebenfalls in Richtung C.. Als X. nach links in ein Gründstück abbog, stießen beide Fahrzeuge zusammen. X. wurde verletzt. Für die ersten sechs Wochen seiner Arbeitsunfähigkeit zahlte ihm die Klägerin 2.247,23 DM Lohn und 24,23 DM Sozialzulage. Außerdem führte sie in Höhe von 283,87 DM Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ab und zahlte in Höhe von 40,43 DM Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Mit der Klage verlangt sie von den Beklagten die Erstattung dieser Aufwendungen. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat vorgetragen:
X. habe die beabsichtigte Fahrtrichtungsänderung rechtzeitig angezeigt und sich dann nach links zur Straßenmitte eingeordnet. Er sei mit minimaler Geschwindigkeit weitergefahren, weil er einen entgegenkommenden Wagen habe passieren lassen müssen; dabei habe er weiterhin Zeichen gegeben. Der Beklagte zu 2, der sich der Unfallstelle mit erheblicher Geschwindigkeit genähert habe, habe offenbar den Mopedfahrer übersehen, obwohl er ihn bereits aus einer Entfernung von 100 m bis 130 m in der Straßenmitte hätte wahrnehmen könne.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 2.595,76 DM nebst Zinsen in Höhe von 3 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 10. Juli 1972 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben gebeten,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Sie haben vorgetragen: X. sei infolge seines erheblichen Alkoholgenusses und der daraus resultierenden absoluten Fahruntüchtigkeit plötzlich nach links gegen das Fahrzeug des Beklagten zu 2 gefahren. Dieser habe trotz starken Bremsens den Unfall nicht mehr verhindern können. X. habe kein Handzeichen gegeben. Die kritische Verkehrslage habe er offensichtlich in einer sehr kurzen Zeit zwischen zwei und drei Sekunden ausgelöst.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Vernehmung der Zeugen X. und Y. mit dem aus dem Sitzungsprotokoll vom 15.02.1973 ersichtlichen Ergebnis Beweis erhoben und durch Urteil vom 18.05.1973 die Klage mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs zugesprochen. Es hat ausgeführt: Der Beklagte zu 2 habe den Unfall durch Unaufmerksamkeit verschuldet. Ein Mitverschulden des Zeugen X. könne dagegen nicht festgestellt werden. Die Betriebsgefahr des Mopeds trete hinter der erheblich größeren Betriebsgefahr des Personenkraftwagens und dem Verschulden des Beklagten zu 2 völlig zurück. Gemäß § 4 LFG könne die Klägerin auch die Erstattung der an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge verlangen; denn diese Vorschrift erfasse alle Aufwendungen des Arbeitgebers, mit denen dieser auf Grund der Lohnfortzahlung belastet sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie die volle Abweisung des Anspruchs auf Erstattung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Begrenzung ihrer Haftung auf 3/4 der übrigen Schadensposten erstreben.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie tragen vor: X. müsse sich eine Mithaftung von 1/4 anrechnen lassen. Denn er sei ohne Fahrtrichtungsanzeige und ohne Rückschau nach links abgebogen und geradewegs vor das im Überholen befindliche Fahrzeug des Beklagten zu 2 geraten. Dieser habe das Abbiegemanöver des Mopedfahrers nicht rechtzeitig erkennen können. Der Zeuge Y. habe den Unfall unter ungünstigen Sichtbedingungen beobachtet und auch keine zuverlässige Erinnerung mehr an den Unfall gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit die Beklagten verurteilt sind, mehr als 1.916.50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1972 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">hilfsweise ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft, abzuwenden.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Inhalt der zur Information beigezogenen Akten 3 Cs 385/71 des Amtsgerichts Dinslaken, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><b><u>Entscheidungsgründe</u></b></p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Auf die Klägerin ist gemäß § 4 LFG der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls übergegangen, der dem Arbeiter X. infolge seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in den ersten sechs Wochen nach dem Unfall entstanden ist; denn die Klägerin hat ihm unstreitig sechs Wochen lang das Arbeitsentgelt nach dem Lohnfortzahlungsgesetz fortgezahlt und die darauf entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. X. kann aber von den Beklagten als Gesamtschuldnern nur 3/4 seines Verdienstausfalls ersetzt verlangen. Zu den übergangsfähigen Schadensposten, die diesen Verdienstausfall ausmachen, gehören nicht die von der Klägerin an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Da X. beim Betriebe des Karftfahrzeuges des Beklagten zu 2 verletzt worden ist, ergibt sich eine Haftung des Beklagten zu 2 aus § 7 StVG. Die Beklagte zu 1 haftet mit ihm als Gesamtschuldnerin gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Unfall war für den Beklagten zu 2 nicht unabwendbar im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG. Es ist unaufgeklärt geblieben, in welcher Entfernung sich der Beklagte zu 2 von dem Mopedfahrer befunden hat, als er dessen Abbiegeabsicht erkannt hat oder bei gebotener Sorgfalt hätte erkennen können. Die Aussagen der Zeugen X. und Y. bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass X. plötzlich und unter Verkürzung des Sicherheitsabstandes des Beklagten zu 2 von der Normalspur aus zur Straßenmitte gefahren ist. Die Möglichkeit, dass der Unfall bei sachgerechtem und geistesgegenwärtigem Verhalten des Beklagten zu 2 vermeidbar gewesen wäre, ist unter diesen Umständen nicht auszuschließen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Haftung der Beklagten wird durch eine Mithaftung des Arbeiters X. gemäß den §§ 7, 17 StVG eingeschränkt, weil sein Moped an dem Unfall beteiligt war. Es handelt sich hierbei, wie die Beklagten ohne Widerspruch der Klägerin vortragen, um ein Fahrzeug, das eine Geschwindigkeit von 40 kmh erreichen kann (S. 2 des Privatgutachtens des Sachverständigen Z., Bl. 68 d. A.), so dass es auf sich beruhen kann, ob für die Ausgleichspflicht § 17 StVG auch auf langsam fahrende, von den Vorschriften des § 7 StVG ausgenommene Kraftfahrzeuge im Sinne von § 8 StVG anwendbar ist (vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 20. Auflage, § 17 StVG, Anm. 1). Auch für den Mopedfahrer war der Unfall kein unabwendbares Ereignis. Es ist nämlich nicht bewiesen, dass er, wie nach § 9 Abs. 1 StVO geboten, seine Abbiegeabsicht rechtzeitig und deutlich angekündigt hat. Er selbst hat, wie er glaubhaft bekundet hat, an den Unfallhergang keine Erinnerung mehr. Auch der Aussage des Zeugen Y. lässt sich nicht entnehmen, dass X. vor dem Unfall ein Zeichen gegeben hat. Ein Handzeichen des Mopedfahrers wird zwar in der schriftlichen Äußerung des Beklagten zu 2 vom 01.07.1971 (Bl. 10 BA) erwähnt. Dort heißt es jedoch, X. habe die Hand erst gehoben, als der Beklagte zu 2 sich ihm bereits bis auf wenige Meter genähert habe.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Da zwei Kraftfahrzeuge an dem Unfall beteiligt waren und beide Halter grundsätzlich für die Unfallfolgen einzustehen haben, hängt nacht § 17 StVG die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz und der Umfang der zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden -vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Für die Fragen dieser Abwägung hat der eine Teil dem anderen die als Verschulden zu wertenden Umstände sowie das Mitwirken von dessen Fahrzeug-Betriebsgefahr und auch deren Ausmaß zu beweisen (vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 20. Auflage, § 17 StVG, Anm. 22 und die dort zitierte Rechtsprechung).</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Den Beklagten zu 2 trifft ein Verschulden an dem Unfall. Wie der Zeuge Y. am 15.02.1973 auf Grund unmittelbarer Erinnerung glaubhaft bekundet hat, ist der Mopedfahrer nicht in den Personenkraftwagen des Beklagten zu 2 hineingefahren, sondern von hinten von dem Personenkraftwagen angefahren worden. Der Beweis des ersten Anscheins spricht für ein Verschulden des Beklagten zu 2 an diesem Auffahrunfall. Dieser Anschein ist nicht ausgeräumt. Im Gegenteil lässt sich auf Grund der weiteren Aussage, die der Zeuge Y. nach Vorhalt seiner schriftlichen Aussagen vom 07.06.1971 und 10.08.1971 (Bl. 13 und 16 BA) gemacht hat, konkret feststellen, dass der Beklagte zu 2 den Unfall durch Unaufmerksamkeit verschuldet hat. Y. hat nämlich insoweit bekundet, er erinnere sich jetzt wieder daran, dass der Mopedfahrer zur Straßenmitte hin eingeordnet gewesen sei und dass zu dieser Zeit der Beklagte zu 2 noch ein ganzes Stück, nach der Schätzung des Zeugen vom 10.08.1971 100 m bis 130 m, hinter dem Mopedfahrer gewesen sei. Kann auch der Entfernungsangabe nicht gefolgt werden, die der Zeuge selbst als Schätzung bezeichnet und nicht durch konkrete Einzelbeobachtungen untermauert hat, so ist auf Grund dieser Aussage doch festzustellen, dass sich X. bereits mehrere Sekunden vor dem Unfall deutlich erkennbar zur Straßenmitte eingeordnet hat. Denn gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Y. sind keine Bedenken ersichtlich. Seine Aussage steht auch im Einklang mit dem eigenen Vorbringen der Beklagten, X. habe die kritische Verkehrslage in einer sehr kurzen Zeit zwischen zwei und drei Sekunden ausgelöst. Damit steht fest, dass der Beklagte zu 2 bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den zur Straßenmitte eingeordneten Mopedfahrer jedenfalls so rechtzeitig hätte erkenne könne, dass er auf der insgesamt 7,8 m breiten A. Straße noch rechts an ihm hätte vorbeifahren könne. Der Beklagte zu 2 hat somit den Unfall fahrlässig herbeigeführt.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Dagegen ist nicht bewiesen, dass er die an der Unfallstelle vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 60 kmh überschritten hat. Der Zeuge Y. hat zwar in seiner schriftlichen Aussage vom 23.06.1971 angegeben, der Personenkraftwagen sei dem Moped mit "scheinbar erhöhter Geschwindigkeit" näher gekommen (Bl. 13 Rs. BA). Er hat jedoch in der schriftlich Aussage vom 10.08.1971 ausdrücklich davon abgesehen, sich auf eine Geschwindigkeitsangabe festzulegen, und in seiner gerichtlichen Aussage die Geschwindigkeit des Wagens des Beklagten zu 2 nicht mehr erwähnt. Somit fehlen zuverlässige Anhaltspunkte für die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ein unfallursächliches Verschulden des Arbeiters X. liegt nicht vor. Das bedarf keiner näheren Begründung. Denn im zweiten Rechtszuge ist - abgesehen von der Erstattungsfähigkeit der Beiträge zur Berufsgenossenschaft - nur eine Mithaftungsquote des Arbeiters X. von 1/4 streitig. Eine Mithaftung des Genannten in dieser Höhe ergibt sich jedoch bereits aus der Betriebsgefahr seines Mopeds. Sie war durch das Abbiegen in ein Grundstück, das ein besonders gefährliches Fahrmanöver darstellt, erheblich gegenüber dem Durchschnitt erhöht. Deshalb kann im vorliegenden Falle die Betriebsgefahr des Mopeds gegenüber der Betriebsgefahr des Personenkraftwagens des Beklagten zu 2 nicht als geringfügig angesehen werden. Sie behält vielmehr sowohl gegenüber der Betriebsgefahr des bedeutend schnelleren und schwereren Personenkraftwagens als auch gegenüber dem nicht besonders schwer wiegenden Verschulden des Beklagten zu 2 ein erhebliches Gewicht und rechtfertigt es, die Haftung der Beklagten auf 3/4 zu beschränken.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann die Beiträge, die sie während der ersten sechs Wochen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeiters X. für diesen an die Berufsgenossenschaft entrichtet hat, nicht von den Beklagten ersetzt verlangen. Ob ein derartiger Anspruch des Arbeitnehmers gemäß § 4 LFG auf den Arbeitgeber übergeht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Frage wird zum Beispiel bejaht von Doetsch-Schnabel-Paulsdorf, Kommentar zum Lohnfortzahlungsgesetz, 2. Auflage, § 4 Anm. 2; Schmidt, VersR 1972, 28 ff., Betr. 1972 190 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen; LG Berlin VersR 1973, 570, und verneint von Kehrmann-Pelikan, Kommentar zum Lohnfortzahlungsgesetz, § 4 Anm. 4; Lange, VersR 1970, 486, 493; Marburger, BB 1972, 320 ff.; AG Duisburg-Hamborn VersR 1973, 477. Der Senat schließt sich im Ergebnis der verneinenden Ansicht an.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der geschädigte Arbeitnehmer kann nach § 249 BGB die Herstellung desjenigen Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand, in aller Regel ein Unfall, nicht eingetreten wäre. Gemäß den §§ 842, 843 BGB hat er auch Anspruch auf Ersatz der Nachteile, die für seinen Erwerb oder sein Fortkommen eintreten oder die in einer Vermehrung seiner Bedürfnisse bestehen. Nach keiner dieser Vorschriften kann der Geschädigte vom Schädiger die Zahlung von Beiträgen zur Unfallversicherung verlange. Denn ihm entsteht durch den Unfall kein Nachteil, der durch Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft ausgeglichen werden könnte. Der Schaden, der durch Weiterentrichtung der Beiträge zur Berufgenossenschaft verursacht wird, entsteht nicht in seiner Person, stellt vielmehr einen nicht erstattungsfähigen Drittschaden des Arbeitgerbers dar. Der Bundesgerichtshof hat das für Beiträge zur Berufsgenossenschaft, die nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs (BAT) während einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weiterentrichtet werden, überzeugend damit begründet, dass diese Lasten nicht zugunsten des Arbeitnehmers getragen werden (VersR 1966, 89). An dieser Entscheidung ist jedenfalls insoweit festzuhalten, als es sich um die Auslegung der bürgerlichrechtlichen Vorschriften über den Umfang des zu leistenden Ersatzes handelt.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Senat hält es nicht für ausschlaggebend, dass einer der Hauptzwecke der Unfallversicherung die Freistellung des Unternehmers von Ersatzpflichten gegenüber dem Arbeitsnehmer (§§ 636 ff. RVO) ist. Denn die Unfallversicherung löst nicht nur Ersatzpflichten des Arbeitgebers ab, sichert den Arbeitnehmer vielmehr überhaupt gegen Arbeitsunfälle und Unfälle auf dem Wege zwischen Wohnung und Arbeitstätte. Deshalb kann zwar allgemein gesagt werde, dass die gesetzliche Unfallversicherung schlechthin und auch die zu ihrer Aufrechterhaltung notwendige Beitragszahlung der Unternehmer den Arbeitnehmer zugute kommen. Für die Frage, in welchem Umfang der einzelne Arbeitnehmer durch einen Unfall geschädigt worden ist, kommt es jedoch darauf an, ob ihm die Fortzahlung der Beiträge während seiner Arbeitsunfähigkeit in irgendeiner Form zugute kommt. Diese Frage ist zu verneinen. Denn der Arbeitnehmer hat weder sofort noch in der Zukunft einen Vorteil davon, dass sein Arbeitgeber die Beiträge zur Berufsgenossenschaft für ihn weiterentrichtet. Umgekehrt würde er weder während seiner Arbeitsunfähigkeit noch später einen Nachteil erleiden, wenn die Beiträge während dieser Zeit nicht weitergezahlt würden. Das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes hängt ohnehin nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung nicht davon ab, dass innerhalb bestimmter Zeiten bestimmte Beiträge entrichtet werden sondern nur davon, dass eine unter die Unfallversicherung fallende Tätigkeit ausgeübt wird. Auch die konkrete Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses, insbesondere die Höhe der Leistungen, welche die Unfallversicherung im Versicherungsfall zu gewähren hat, ist unabhängig von der Dauer der Unfallversicherung und der Gesamthöhe der für den einzelnen Versicherten entrichteten Beiträge.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Da die Beiträge zur Berufsgenossenschaft ausschließlich von den Unternehmern aufgebracht werden (§ 723 RVO), kann man einen eigenen Schaden und dementsprechend einen übergangsfähigen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auch nicht mit der Begründung bejahen, dass infolge des Unfalls Aufwendungen des Arbeitnehmers weitergehend nutzlos geworden sind.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Schließlich lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Beiträge zur Berufsgenossenschaft auch nicht unmittelbar aus § 4 LFG herleiten. Allerdings kann man in dieser Vorschrift eine Regelung der früher umstrittenen Frage erblicken, ob auch die auf das weiter zu entrichtende Arbeitsentgelt entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung übergangsfähige Schadensposten darstellen. Die Wortauslegung der so verstandenen Vorschrift führt zu dem Ergebnis, dass sie zwar die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nicht aber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Denn die ersteren Aufwendungen sind "Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung". Hierunter können jedoch bei unbefangener Betrachtung die allein von den Arbeitgeber aufzubringenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht mitverstanden werden. Dieses Ergebnis entspricht genau der Rechtslage, wie sie bei Erlass des Lohnfortzahlungsgesetzes nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu beurteilen war. Nach Aufgabe der in BGHZ 7, 30 [53] begründeten Rechtsprechung waren nämlich die " Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung" (VersR 1965, 620, 622) unter Ausschluss der Beiträge zur Berufsgenossenschaft (VersR 1966, 89) übergangsfähige Schadensposten. Eben diese Aufwendungen werden präzise durch den in § 4 LFG verwandten Ausdruck "Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung" getroffen. Dass sich der Gesetzgeber der Unterschiede zwischen den verschiedenen Beiträgen zur Sozialversicherung bewusst war, ergibt sich eindeutig aus § 10 LFG, denn dort sind neben den Beiträgen zur Bundesanstalt für Arbeit die "Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung" aufgeführt. Hat somit der Gesetzgeber im Lohnfortzahlungsgesetz Wert auf eine rechtstechnische Bezeichnung der verschiedenen Beiträge zur Sozialversicherung gelegt und in § 4 LFG genau die bei Erlas des Gesetztes geltende Rechtslage umrissen, so liegt die Annahme fern, dass er mit dieser Vorschrift erstmalig die Erstattungsfähigkeit der Beiträge zur Berufsgenossenschaft habe anordnen wollen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Eine solche Auslegung des § 4 LFG ist auch nicht ein unabweisbares Gebot der Gerechtigkeit. Zwar können, wie der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen BGHZ 21, 112 [119] und VersR 1965, 620 [621] ausgeführt hat, vom Gesamtergebnis her die Auswirkungen der erheblichen Arbeitsausfälle, die vor allem durch Verkehrsunfälle herbeigeführt werden, billigerweise nur den Schädigern und nicht den Beschäftigungsbetrieben zur Last gelegt werden. Dieser Gesichtspunkt hat aber für die in Rede stehende Frage keine unmittelbare, sonder nur rechtspolitische Bedeutung. Zu den schädlichen Auswirkungen, die ein unfallbedingter Arbeitsausfall für den Arbeitgeber hat, gehört zwar die Fortzahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Diesen Beiträgen steht aber für die Zeit der Lohnfortzahlung nur ein sehr stark vermindertes Unfallrisiko gegenüber. Es beschränkt sich auf Ausnahmefälle wie zum Beispiel den von Schmidt (VersR 1972, 28, 30) erwähnten Fall, dass der arbeitsunfähige Arbeitnehmer bei der Abholung des Lohns auf dem Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verunglückt. Andererseits bestehen die Risiken der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung auch während der Zeit der Lohnfortzahlung unvermindert weiter. Angesichts dieser Unterschiede zwischen den einzelnen Arten der Sozialversicherung geht es nicht an, eine für die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sinnvoller weise geltende Regelung auf den Fall der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu übertragen, in welchem die Notwendigkeit dieser Regelung nicht ohne weiteres einleuchtet.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die übrigen Schadensposten belaufen sich unstreitig auf 2.555,33 DM.
3/4 dieses Betrages ergeben 1.916,50 DM. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 7 ZPO, die über den Vollstreckungsnachlass aus § 713 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Revision war zuzulassen, weil mit der Frage, ob der Arbeitgeber nach § 4 LFG von einem schadensersatzpflichtigen Dritten die Erstattung der während der Dauer der Lohnfortzahlung an die Berufsgenossenschaft entrichteten Beiträge verlangen kann, eine Rechtsfrage vorn grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 546 Abs. 2 ZPO).</p>
|
316,069 | olgham-1974-03-29-11-u-24673 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 11 U 246/73 | 1974-03-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:54 | 2019-03-27T09:41:30 | Schlussurteil | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0329.11U246.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Berufung der Klägerin wird das Versäumnisteil- und Schlußurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 11. Oktober 1973 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:</p>
<p>Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 7.606,- DM nebst 11,75 v.H. Zinsen von 5.870,40 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>
<p>Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 1/20 der Klägerin und 19/20 den Beklagten als Gesamtschuldnern, als das zweiten Rechtszuges zu 3/10 der Klägerin und zu 7/10 dem Beklagter als Gesamtschuldnern auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Tatbestand</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin, eine Kreditbank, gewährte den beiden Beklagten auf deren schriftlichen Kreditantrag
vom 18. Dezember 1971 einen Gesamtkredit von 8.696 DM, der sich wie folgt zusammensetzte:</p>
<br /><span class="absatzRechts">3</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>Darlehn</td>
<td>5.270,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Restbetrag</td>
<td>442,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Fremde Kosten</td>
<td>50,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Vita-Versicherung</td>
<td><u>841,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>6.603,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Kreditgebühr 0,85 % pro Monat</td>
<td>2.021,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>sonstige Kosten der Klägerin</td>
<td><u>72,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td><u>8.696,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dieser Betrag sollte vereinbarungsgemäß nach einem zwischen den Parteien getroffenen Zahlungsplan
in einer Rate von 226 DM am 15. Januar 1972 und in 35 weiteren Monatsraten von je 242 DM, fällig am 15.
eines jeden Monats, bis zum 15. Dezember 1974 zurückgezahlt werden. In den von der Klägerin
aufgestellten Kreditbedingungen, die - auf der Rückseite des Darlehnsformulars abgedruckt - Bestandteil
des Darlehnsvertrages der Parteien geworden sind, heißt es u.a.:</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><i>"8. Ist ein Kunde mit einer Rate mehr als eine Woche nach dem vereinbarten Fälligkeitstermin
ganz oder teilweise in Verzug, so erfolgt Anmahnung durch die Bank. Als Unkosten hierfür werden berechnet:
Mahngebühren DM 3,-, Porto- und Bearbeitungsgebühr DM 1,-. Bei Rückstand einer Rate von mehr als
zwei Wochen kann die Bank für den rückständigen Betrag 0,4 %o Verzugsgebühren pro Tag oder
1 % für jeden angefangenen Monat bis zur Zahlung berechnen. Für Stundungen, die nur in begründeten
Fällen gewährt werden können, wird neben der erwähnten Verzugsgebühr eine
Stundungsgebühr von DM 3,- berechnet. ./. Auch alle sonstigen Kosten, die durch Zahlungsverzug
veranlaßt sind (z.B. Einschaltung unserer Rechtsabteilung), gehen zu Lasten des Kreditnehmers.
Als Mindestsatz hierfür berechnet die Bank eine Unkostenpauschale von 5 % des beizutreibenden
Betrages und einen Materialkostenbeitrag von DM 3,-. Alle Zahlungen werden zunächst auf
rückständige Gebühren und Kosten verrechnet. 20. Gewährte Kredite sind ohne
Rücksicht auf die Fälligkeiten der Raten sofort fällig, wenn a) ein Kreditnehmer
mit einer Rate länger als 20 Tage in Verzug gerät; des gleichen wenn ein Käufer
erklärt, seine fälligen oder zukünftigen Verpflichtungen der Bank gegenüber
nicht erfüllen zu können. 21. Erfolgt bei Fälligkeit der Restforderung nicht unverzüglich
Regulierung, so ist die Bank berechtigt, die Sicherungsübereigneten Gegenstände im Namen und für
Rechnung der Kreditnehmer zu verwerten. Die Kreditnehmer verzichten auf den Einwand der verbotenen Eigenmacht.
Unabhängig vom Recht zur Abtretung an Dritte kann die Bank bei Zahlungsverzug ihre Rechte aus dem
Kreditvertrag an ein Inkasso-Institut abtreten. Die heraus entstehenden Kosten tragen die Kreditnehmer.
Bei unpünktlicher oder unvollständiger Rückzahlung berechnet die Bank für alle
Kreditnehmer einheitliche Erinnerungs-, Verzugs- bzw. Stundungsgebühren. Alle
Erinnerungs-Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten sind sofort fällig."</i></p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nachträglich beantragten die Beklagten, die Laufzeit des Darlehns um einen Monat bis zum 15. Januar
1975 zu verlängern. Die Klägerin gewährte die Verlängerung, wofür eine
Verlängerungsgebühr von 104 DM entstand.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten zahlten bis zum 20. Juni 1972 an die Klägerin auf den insgesamt geschuldeten Betrag
von 8.728 DM einen Betrag von 1.210 DM zurück. Danach leisteten sie trotz mehrfacher Mahnungen der
Klägerin keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben vom 2. November 1972 kündigte die Klägerin
den gesamten Restkredit.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagten schuldeten ihr noch einen Betrag von 7.988,40 DM,
der sich wie folgt errechne:</p>
<br /><span class="absatzRechts">9</span><table class="absatzLinks" width="100%" cellspacing="0" cellpadding="3" border="0">
<tr>
<td>Gesamtkredit</td>
<td>8.696,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Mahngebühren</td>
<td>18,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Verlängerungsgebühren</td>
<td><u>104,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>8.818,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Zahlungen der Beklagten</td>
<td><u>1.210,-</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td>7.608,-</td>
<td>DM</td>
</tr>
<tr>
<td>Unkostenpauschale gern. Ziff. 8 der Kreditbedingungen in Höhe von 5 % von 7.608,- DM</td>
<td><u>380,40</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
<tr>
<td> </td>
<td><u>7.988,40</u></td>
<td><u>DM</u></td>
</tr>
</table><br />
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Verzugszinsen in Höhe von 1 % für jeden angefangenen Monat von dem noch offenstehenden Kreditbetrag
abzüglich der Unkostenpauschale seien von den Beklagten gem. Ziff. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen,
also von 7.608,- DM, seit der Fälligstellung des Kredits zu entrichten.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben sich nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">durch Versäumnisurteil die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.988,40 DM nebst 12 %
Zinsen von 7,608,- DM seit dem 12. November 1972 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat durch Teilversäumnis- und Schlußurteil die Beklagten als Gesamtschuldner
verurteilt, an die Klägerin 7.602,- DM nebst 4 % Zinsen von 5.861,70 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen.
Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Nach dem
Vorbringen der Klägerin könne sie nur den zugesprochenen Betrag verlangen. Danach könne sie nicht
die von ihr geltend gemachte Unkostenpauschale beanspruchen, da diese nach den Kreditbedingungen der Klägerin
nur dann verlangt werden könne, wenn die Schuldner mit <u>einzelnen</u> Ratenzahlungen, nicht aber mit der
Zahlung des Gesamtkredits im Rückstand seien. Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen im Zusammenhang mit
den Absätzen 1 und 2 beschränke den Anspruch der Klägerin auf eine Unkostenpauschale von vornherein
auf die unmittelbaren Folgen des Ratenrückstandes. Auch könne die Klägerin nur Gebühren für
die drei üblichen Nahnungen in Höhe von je 4,- DM beanspruchen. Da in dem Betrag, von dem die Klägerin
Zinsen begehre, Kreditgebühren in Höhe von 1.740,24 DM enthalten seien und von diesen Kreditgebühren
wegen des Zinseszinsverbotes keine Zinsen beansprucht werden könnten, könne die Klägerin nur von
einem Betrag von 5.861,70 DM Zinsen verlangen. Diese betrügen 4 %. Da die Klägerin nicht dargetan habe,
daß sich die Beklagten vor der am 15. Mai 1973 erfolgten Zustellung des Zahlungsbefehls im Verzug befunden
hätten, könnte die Klägerin auch nur die Zinsen seit dem 15. Mai 1973 beanspruchen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Gegen das Urteil, auf dessen vorgetragenen Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt die Klägerin die Ansicht, entgegen der
Auffassung des Landgerichts regele Ziff. 8 Abs. 3 Satz 2 ihrer Kreditbedingungen schlechthin sämtliche Folgen
eines Verzuges der Beklagten, weshalb zwischen Verzug mit der Zahlung einer Einzelrate und Verzug mit der
Rückzahlung des gesamten Kreditbetrages nicht differenziert werden könne. Zumindest seien ihr aber
Verzugszinsen von 1 % pro Monat von den einzelnen Raten jeweils ab Fälligkeit zuzusprechen. Weiter
trägt die Klägerin vor, sie habe die Beklagten viermal gemahnt. Hilfsweise trägt sie zur
Begründung ihres Zinsanspruchs vor, sie habe während des gesamten Jahres 1973 die von den Beklagten
geschuldeten Beträge refinanzieren müssen, wofür sie 11,75 % an Zinsen habe zahlen müssen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere
384,40 DM nebst 12 %, jedenfalls aber 11,75 % Zinsen von 7.968,40 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten, die ordnungsgemäß zum Senatstermin geladen worden sind, haben sich durch keinen beim
Oberlandesgericht Hamm zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen und sind dem Termin am 27. März 1974
unentschuldigt ferngeblieben.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Versäumnisurteil gegen die Beklagten zu erlassen.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen des Vorbringens der Klägerin im einzelnen wird auf den von ihr vorgetragenen Inhalt der den Beklagten
übersandten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks"><b>Entscheidungsgründe</b></p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">über die Berufung der Klägerin war antragsgemäß nach § 542 Abs. 1 ZPO durch
Versäumnisurteil zu entscheiden. Nach § 542 Abs. 2 ZPO hat der Senat für seine Entscheidung das
tatsächliche mündliche Vorbringen der Klägerin für zugestanden zu erachten, soweit das festgestellte
Sachverhältnis nicht entgegensteht.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Nach diesem Vorbringen schulden die Beklagten der Klägerin über den bereits vom Landgericht zuerkannten
Betrag von 7.602,- DM hinaus nur noch weitere 4,- DM nebst weiteren 7,75 % Zinsen von 5.870,40 DM seit dem 15. Mai 1973.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Insoweit hat der Senat durch echtes Versäumnisurteil dem im zweiten Rechtszug weiterverfolgten Klagebegehren
stattgegeben.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Bezüglich des weitergehenden Klageantrags war unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin die Klage
abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin kann gemäß Ziff. 8 Abs. 1 Ihrer zum Bestandteil des zwischen den Parteien abgeschlossenen
Kreditvertrages gewordenen Kreditbedingungen an Mahngebühren noch einen Betrag von 4,- DM beanspruchen. Die
Klägerin hat im zweiten Rechtszug dargelegt, daß sie die Beklagten viermal gemahnt hat. Für jedes
Mahnschreiben steht ihr nach der genannten Bestimmung der Kreditbedingungen eine Gebühr von 4,- DM zu, mithin
insgesamt 16,- DM. Da das Landgericht der Klägerin nur 12,- DM zugesprochen hat, kann sie noch 4,- DM verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf die Unkostenpauschale gemäß Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen steht der
Klägerin jedoch nicht zu. Diese allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende Bestimmung ist nicht
rechtswirksam. Zwar ist eine Pauschalisierung des Verzugsschadens nach § 286 BGB durch die Klägerin
an sich dem Grunde nach nicht unbillig. Die Inhaltskontrolle der Klausel ergibt aber, daß die Unkostenpauschale
von 5 % des beizutreibenden Betrages nebst 3,- DM an Materialkostenbeitrag nicht mehr dem Gebot der Vertragsgerechtigkeit
entspricht, wonach der Unternehmer, der durch einseitige Aufstellung allgemeiner Geschäftsbedingungen die
Vertragsfreiheit für sich allein in Anspruch nimmt, gem. § 242 BGB verpflichtet ist, auf die Interessen
seiner künftigen Vertragspartner Rücksicht zu nehmen. Abweichungen von ausgewogenen Regelungen des
dispositiven Rechts über den Ausgleich widerstreitender Interessen der Vertragspartner sind nur zulässig,
wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Unternehmers vorliegt und die abweichende Klausel mit den berechtigten
Belangen des Kunden noch vereinbar ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 33. Aufl., Einführung vor § 145 Anm.
6 D c bb und d mit Rechtsprechungsnachweisen). Andernfalls ist die Klausel wegen Mißbrauchs der Vertragsfreiheit
nach § 242 BGB unverbindlich.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Bei der hiernach gebotenen Interessenabwägung ist zum einen zu berücksichtigen, daß die durch
Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen verdrängte Norm des dispositiven Rechts, nämlich § 286 BGB,
nicht lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern der Verwirklichung der Vertragsgerechtigkeit
zu dienen hat. Der in Verzug geratene Schuldner soll nämlich nur unter den engen Voraussetzungen der §§
284 ff. BGB dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dazu gehört auch, daß der Gläubiger
den Schaden, der ihm im Einzelfall entstanden ist, nachweisen muß.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Für die Kreditinstitute mit ihrem umfangreichen Geschäftsverkehr besteht zum anderen ein erhebliches
Interesse, vor allem zur schnelleren und reibungslosen Abwicklung von Kreditgeschäften, ihren Verzugsschaden
nicht bis in alle Einzelposten hinein darlegen und beweisen zu müssen. In diesem Zusammenhang ist ein berechtigtes
Interesse an einer Pauschalisierung des Verzugsschadens anzuerkennen.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Eine Unkostenpauschale von 5 % des beizutreibenden Betrages nebst Materialkostenbeitrag erscheint aber bei offenen
Restkrediten, die wie im vorliegenden Fall mehr als 7.000 DM betragen, bei weitem übersetzt. Denn es darf nicht
außer acht gelassen werden, daß die Klägerin alle erstattungsfähigen Kosten nach Nr. 8 Abs. 3 Satz
1 der Kreditbedingungen oder nach §§ 91 ff., 788 Abs. 1 ZPO ohnehin erhält sie außerdem Mahnungs-
und Stundungsgebühren verlangt und bei Abwicklung des Darlehnsvertrages im Rahmen des Zahlungsplanes auch
Verzugszinsen beanspruchen kann. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Klausel Nr. 8 Abs. 3 Satz 2
nicht mehr nach § 242 BGB als verbindlich anzuerkennen, weil sie werben Mißbrauchs der Vertragsfreiheit
infolge Außerachtlassens der Belange der Darlehnsnehmer unangemessen ist. Entspricht sie nicht mehr dem Gebot
der ausgleichenden Vertragsgerechtigkeit, so tritt an ihre Stelle die sonst verdrängte Norm des dispositiven
Rechts, da dem Gericht eine Bestimmung des Verzugsschadens entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB verwehrt ist.
Denn die Klausel Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen fällt ersatzlos weg, so daß ihre Umgestaltung
nicht in Frage kommen kann.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Muß sich die Klägerin danach aber auf die Verzugsvorschriften nach §§ 284 ff. BGB verweisen
lassen, so kann sie Ersatz ihres Verzugsschadens nur beanspruchen, wenn sie im Einzelfall ihren Schaden darlegt und
beweist. Das hat sie nicht getan, soweit sie den Betrag von 380,40 DM als Unkostenpauschale verlangt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Soweit die Klägerin anstelle der Unkostenpauschale Verzugszinsen fordert, kommt Nr. 8 Abs. 2 der vereinbarten
Kreditbedingungen als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt
hat, wird durch diese Klausel lediglich die Rechtsfolge im Falle das Verzuges des Kreditnehmers mit einer Rate von
mehr als zwei Wochen im Rahmen regulärer veiterer Abwicklung des Darlehnsverhältnisses unter Aufrechterhaltung
des vorgesehenen Zahlungsplanes geregelt, nicht dagegen die Verzugsfolge bei Fälligstellung des gesamten Kredits
gemäß Nr. 20 der Kreditbedingungen. Für diese gebotene Auslegung sprechen Wortlaut und Sinnzusammenhang
der Klausel. Wenn es darin heißt, bei "Rückstand einer Rate", so kann damit nur eine
Teilzahlungsrate ... im Rahmen des vereinbarten Zahlungsplanes gemeint sei. Wenn dagegen der Gesamtkredit fällig
gestellt wird, schuldet der Kreditnehmer nur noch die Gesamtsumme, nicht aber eine einzelne Rate. Wie aus Nr. 8 Abs. 2
der Kreditbedingungen und dem vorangestellten Abs. 1 erhellt, sollen durch diese Klauseln lediglich die Folgen des
Verzugs im Rahmen der Abwicklung des Darlehnsvertrages gemäß dem Zahlungsplan bei Eintritt des Rückstands
von einer Rate geregelt werden. Die Klausel Nr. 20 steht dazu in keinem erkennbaren Zusammenhang. Eine von der
Klägerin etwa angestrebte Anwendung der in Abs. 2 von Nr. 8 getroffenen Regelung auf die Klausel Nr. 20 ist
nicht, zumindest nicht klar ersichtlich und muß unberücksichtigt bleiben, da jede Unklarheit in den
Formularbedingungen die Klägerin zu vertreten hat, weil sie das Formular entworfen und in den Geschäftsverkehr
gebracht hat.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Verzugszinsen kann die Klägerin nur von der Restdarlehnssumme, den Mahnkosten und den Bearbeitungskosten
beanspruchen, nicht aber den von restlichen Kreditgebühren. Die Handhabung, Verzugszinsen von der Kreditgebühr
zu verlangen, verstößt gegen das Zinseszinsverbot des § 289 BGB. Die Kreditgebühren sind rechtlich
als Zinsen zu werten, da sie die Vergütung dafür sind, die der Darlehnsnehmer für die zeitweise
Überlassung des Darlehnskapitals zu entrichten hat. Daß aber ist genau das Wesensmerkmal von Zinsen (vgl.
Beschluß des erkennenden Senats vom 22. Januar 1973 in NJW 1973 S. 1002; OLG Köln NJW 66 S. 2217;
Ostler-Weidner, § 6 Abzahlungsgesetz Anm. 90 m.w.N.).</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten schulden der Klägerin an Darlehnskapital, Bearbeitungs- und Mahnkosten noch einen Betrag
von 5.782,40 DM. Ursprünglich schuldeten die Beklagten an Darlehnskapital 6.603 DM und an Kreditgebühren
2.021 DM, mithin insgesamt einen Betrag von 8.724 DM. Dieser Betrag erhöhte sich um die
Verlängerungsgebühren, die ebenfalls rechtlich als Zinsen zu werten sind, um 104 DM auf 8.728 DM.
Hierauf haben die Beklagten insgesamt einen Betrag von 1.210 DM bezahlt. Davon sind 820,60 DM als Rückzahlung
auf das Darlehnskapital und 389,40 DM als Zahlung auf die Kreditgebühren anzurechnen. Zwar bestimmt § 367
Abs. 1 BGB, daß, wenn der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten hat, eine zur
Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt
auf die Hauptleistung angerechnet wird. Die Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB kommt jedoch im vorliegenden Fall
nicht zur Anwendung. § 367 BGB ist keine zwingende Vorschrift, sondern enthält nachgiebiges Recht. Daraus
folgt, daß Gläubiger und Schuldner vor oder bei der Leistung Vereinbarungen über die Anrechnung
treffen können, die von der gesetzlichen Regelung abweichen (RG SeuffArch 78 Nr. 181; RGRK, BGB, 11. Aufl.,
Bd. I, 2. Teil, § 367 Anm. 3; Erman-Westermann, BGB, 5. Aufl., 1. Band, § 367 Anm. 2). Erklärung
und Einverständnis einer von § 367 Abs. 1 BGB abweichenden Anrechnung der Zahlungen des Schuldners sind
auch konkludent möglich. Hier haben die Parteien eine solche abweichende Regelung stillschweigend getroffen.
Die Klägerin hat mit Einverständnis der Beklagten die Kreditsumme, die Kreditgebühren und ihre sonstigen
Kosten in einem Betrag zusammengefaßt und einen Zahlungsplan aufgestellt, nach dem dieser Betrag in pauschalisierten
Teilbeträgen, nämlich in einer Rate von 226 DM und in 35 gleichbleibenden Raten von monatlich 242 DM
zurückzuzahlen war. Mit dieser Regelung haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, daß durch die jeweiligen
Ratenzahlungen die Gesamtforderung der Klägerin, also Haupt- und Nebenforderungen, gleichzeitig getilgt werden
sollen. Die Frage - in welcher Höhe dann die einzelnen Forderungen der Klägerin durch die jeweiligen
Ratenzahlungen der Beklagten getilgt wurden, beantwortet sich danach, was die Parteien vernünftigerweise gewollt
haben. Wenn mehrere Forderungen gleichzeitig in Raten getilgt werden, ohne daß die besondere Vorrangigkeit einer
Forderung betont worden oder ersichtlich ist, so entspricht es dem vernünftigen Willen der Parteien, daß in
einem solchen Falle jede Forderung verhältnismäßig getilgt wird. Dies steht in Einklang mit der vom
Gesetzgeber in § 366 Abs. 2 BGB getroffenen Regelung, die auch auf dem vermuteten, vernünftigen Parteiwillen
basiert (Erman-Westermann, a.a.O., § 366 Anm. 2).</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Bei einem Darlehnskapital von 6.603 DM, Kreditgebühren einschließlich der Verlängerungsgebühr
in Höhe von 2.125 DM und Zahlungen der Beklagten in Höhe von 1.210 DM ergibt die
Verhältnismäßigkeitsberechnung, daß die Beklagten 389,40 DM auf die Kreditgebühren und
820,60 DM auf die Darlehnsvaluta zurückgezahlt haben. Die von den Beklagten noch nicht beglichenen
Kreditgebühren belaufen sich danach auf 1.735,60 DM. Mithin schulden sie an Darlehnskapital noch einen
Betrag von 8.728 DM - 1.210 DM - 1.735,60 DM = 5.782,40 DM, der sich um Kosten der Klägerin von 72 DM und
Mahngebühren von 16 DM auf insgesamt 5.870,40 DM erhöht.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Von diesem Betrag kann die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 11,75 % verlangen. Die Klägerin hat
nunmehr dargelegt, daß sie ihrerseits wesentlich höhere Beträge als die von den Beklagten geschuldeten
im Jahre 1973 mit 11,75 % hat refinanzieren müssen. Daß der Klägerin ein Verzugsschaden in Höhe
von 12 % entstanden ist hat sie auch im zweiten Rechtszug nicht dargetan.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 ZPO.</p>
|
316,070 | olgham-1974-02-26-5-ss-374 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 5 Ss 3/74 | 1974-02-26T00:00:00 | 2019-03-13T15:22:56 | 2019-03-27T09:41:30 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0226.5SS3.74.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.</p>
<p></p>
<p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere große Strafkammer des Landgerichts Paderborn zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Schöffengericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlichen Vergehens gegen § 11 BetmG und § 398 AbgO zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe und zu 300,- DM Geldstrafe, ersatzweise zu weiteren zehn Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafkammer hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Diesem Urteil liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 13. September 1972 verhandelte der Angeklagte in einer Gastwirtschaft mit dem Zeugen ... wegen des Ankaufs von Haschisch. Beide kamen überein, daß der Angeklagte etwa 100 gr zu einem Preise von 3,- DM für 1 gr erwerben sollte. Das Haschisch war unverzollt eingeführt worden, was der Angeklagte wußte. Darauf führen beide in dem Pkw des Zeugen zu einer Schuttkuhle, in der dieser das Haschisch versteckt hatte. Er holte, während der Angeklagte in dem Pkw wartete, eine Platte Haschisch. Mit einer Briefwaage, die der Angeklagte mit sich führte, wogen sie das Haschisch ab, wobei sich ein Gewicht von etwa 115 gr ergab. Dann händigte der Zeuge dem Angeklagten das Haschisch aus. Den Preis von 300,- DM bezahlte der Angeklagte sofort. Auf dessen Wunsch stopfte der Zeuge sodann eine Pfeife mit etwas Tabak und Haschisch, um dieses auszuprobieren. Noch während beide rauchten, erschien eine Polizeistreife in Zivil. Der Zeuge, der die Polizeibeamten erkannt hatte, forderte den Angeklagten auf, das Haschisch schnell durch das Fenster zu werfen. Der Angeklagte versteckte es aber stattdessen unter seinem Sitz. Dort wurde es von den Polizeibeamten gefunden.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Revision des Angeklagten, die ohne nähere Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügt, mußte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Allerdings sind die Feststellungen zum Tathergang nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte sich dahin eingelassen, er habe kein Haschisch von dem Zeugen gekauft, sondern nur mit ihm von dessen Haschisch geraucht. Die Strafkammer hat sich mit dieser Einlassung in einer eingehenden Beweiswürdigung auseinandergesetzt und ist in rechtsfehlerfreier Weise zu den wiedergegebenen Feststellungen gelangt.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Schuldspruch gibt aber schon, wie noch darzulegen sein wird, zu Zweifeln Anlaß.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>1.)</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Rechtlich unhaltbar ist der Strafausspruch.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Strafkammer ist der Auffassung, die von dem Angeklagten erworbene Menge sei eine "nicht geringe Menge" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG und hat die Strafe aus dem erhöhten Strafrahmen des § 11 Abs. 4 BetmG entnommen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist die Menge Haschisch, die der Angeklagte erworben hat, sicherlich nicht gering. Gleichwohl ist sie noch keine "nicht geringe Menge" im Sinne dieser Bestimmung.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das BetmG verwendet im § 11 Abs. 5 den Begriff "geringe Menge", bei deren Besitz oder Erwerb zum eigenen Verbrauch das Gericht von Strafe absehen kann und im § 11 Abs. 4 Nr, 5 und Nr. 6a den Begriff "nicht geringe Menge", bei deren Einfuhr, Besitz oder Weitergabe ein besonders schwerer Fall mit einem erhöhten Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) gegeben ist. Aus dieser Begriffsverwendung kann aber nicht geschlossen werden, daß immer dann, wenn ein Täter eine Menge Betäubungsmittel besitzt, die die "geringe Menge" Übersteigt, schon der Besitz einer "nicht geringen Menge" gegeben ist mit der Folge, daß ein besonders schwerer Fall vorliegt. Das "nicht gering" schließt nicht nahtlos an "gering" an; denn dann bliebe kein Anwendungsbereich für den normalen Strafrahmen des § 11 Abs. 1 BetmG (vgl. BayObLG NJW 73/669).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Anwendungsbereich für den normalen Strafrahmen darf nicht zu eng bemessen werden. Das gilt insbesondere für den Fall des Besitzes von Betäubungsmitteln durch den Verbraucher. Mit der verschärften Strafandrohung des § 11 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6a BetmG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers vornehmlich die Händler, nicht so sehr die Verbraucher, erfaßt werden (BayObLG a.a.O.; Joachimski, Betäubungsmittelrecht, § 11 Rdz. 27). Daraus folgt, daß der Besitz einer bei einem Verbraucher üblichen Menge noch nicht einen besonders schweren Fall, also eine "nicht geringe Menge" darstellen soll. Davon kann erst dann die Rede sein, wenn allein aus der Menge der Betäubungsmittel der Schluß naheliegt, daß diese nicht mehr zum Eigenverbrauch, sondern zur Weitergabe an Dritte bestimmt sind (BayObLG a.a.O.).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nach Ansicht des BayObLG ist eine "nicht geringe Menge" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG dann gegeben, wenn der Konsumentenpreis mehr als 1.000 DM beträgt. Ob diese Wertgrenze in jedem Falle eine brauchbare Abgrenzungsfunktion erfüllt, mag offenbleiben. Denkbar wäre, daß die Unterscheidung nach dem "Genußwert" oder "Gebrauchswert" vorgenommen wird, den die in Betracht kommende Menge für einen Endverbraucher hat. Denn es könnte bei einem plötzlich - aus welchen Gründen auch immer - eintretenden Überangebot, einer Rauschgiftschwemme, ein eklatanter Preisverfall bei einer bestimmten Sorte von Betäubungsmitteln eintreten oder es könnte sich ein stark unterschiedliches Preisniveau zwischen mehreren Bezirken bilden. In solchen oder ähnlichen Lagen wäre der (Schwarzmarkt-)Preis kein zuverlässiges Kriterium, der eine gerechte und dem Sinne des Gesetzes entsprechende Abgrenzung der besonders schweren Fälle ermöglichte. Als "nicht geringe Menge" in diesem Sinne kommt vielmehr ein Quantum in Betracht, das bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes <u>deutlich</u> über den Vorrat hinausgeht, den ein Verbraucher normalerweise für den Eigenbedarf anzulegen pflegt. Damit wird zwar nicht für jeden den denkbaren Fall ein gleichsam wie aus einer Tabelle ablesbarer Beurteilungsmaßstab gewonnen; es werden aber sachlich ungerechtfertigte Ergebnisse vermieden, die bei einer starren Wertgrenze von 1.000 DM auftreten müssen, etwa, wenn es von der Höhe der Gewinnspanne abhängt, die der Händler bei der Weitergabe des "Stoffes" - z.B. wegen erhöhten Risikos - auf seinen Selbstkostenpreis aufschlägt, ob ein besonders schwerer Fall vorliegt oder nicht. Bei der Beurteilung dieser Präge kommt es in erster Linie darauf an, welche mögliche Gefährdung (nicht nur) Dritter von den in Betracht kommenden Betäubungsmitteln ausgeht, und nicht so sehr auf den Schwarzhandeiswert der Ware. Daher liegt es um so näher, es auf den Gebrauchs- oder Genußwert abzustellen, den die fragliche Menge des vom Täter verbotswidrig innegehabten Rauschgiftes für einen Endverbraucher hat. Damit wird zugleich eine Begünstigung des Verkehrs mit verunreinigten oder sonst qualitativ minderwertigen - und daher billigeren - Betäubungsmitteln vermieden, wie es bei Zugrundelegung einer bloßen Preisgrenze von 1.000,- DM (oder eines anderen Betrages) der Fall wäre (s. zu diesem Fragenkreis auch den Aufsatz von Wechsung und Hund in NJW 1973; 1729 mit abl. Kritik zu dem angeführten Urteil des BayObLG sowie den dort bezeichneten Beschluß des OLG Karlsruhe 3 Ws 74/72 vom 25.7.1972).</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Für den vorliegenden Fall ist allerdings ohne entscheidende Bedeutung, was als maßgebliches Abgrenzungskriterium zu gelten hat, denn der Erwerb von 115 gr Haschisch fällt sicherlich nicht so sehr aus dem Rahmen des Üblichen, daß dafür nur der Strafrahmen des § 11 Abs. 4 BetmG angemessen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Da wegen des Kaufpreises von 300,- DM auch nach der Auffassung des BayObLG noch keine "nicht geringe Menge" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG vorliegt, weicht der Senat bei seiner Entscheidung nicht von dem genannten Urteil ab, so daß eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG nicht erforderlich ist.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Strafkammer hat mithin die Strafe einem hier nicht in Betracht kommenden Strafrahmen entnommen, so daß das Urteil im Strafausspruch aufzuheben war. Es ist nicht auszuschließen, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, auch wenn der Strafrahmen des § 11 Abs. 1 BetmG Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren zuläßt.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><b>2.)</b></p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der Senat hat es für geboten erachtet, die Aufhebung des Urteils auch auf den Schuldspruch zu erstrecken, da dieser unklar ist.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Strafkammer hat lediglich festgestellt, daß der Angeklagte Haschisch erworben hat. Nach dem früheren Opiumgesetz wurde unter Haschisch das aus indischem Hanf gewonnene Harz und dessen Zubereitungen verstanden (§ 9 OpiumG). Inzwischen hat sich aber der Sprachgebrauch gewandelt. Neben diesem eigentlichen Haschisch werden auch die Blätter und Blüten des indischen Hanfs, die in getrocknetem Zustand zum Rauchen verwendet werden, als Haschisch bezeichnet (OLG Celle, NJW 1972, 349; BayObLG GA 73, 27; Joachimski, § 1 Rdz. 8). Der Begriff Haschisch ist also im allgemeinen Sprachgebrauch mehrdeutig. Das Betäubungsmittelgesetz verwendet ihn überhaupt nicht mehr. Es unterscheidet vielmehr zwischen "Blüten oder Fruchtständen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist, ausgenommen die mit solchen Ständen vermengten Samen sowie die Blätter, die kein Harz enthalten" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1d BetmG) und "Extrakte und Tinkturen" solcher Stoffe (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BetmG) einerseits, sowie zwischen "Rückständen des Rauchopiums, Cannabis-Harz und seinen Zubereitungen" (§ 1 Abs. 4 Nr. 3 BetmG) andererseits. Im ersten Fall besteht kein absolutes Veräußerungsverbot. Bei unerlaubtem Verkehr (§ 3 BetmG) mit diesen Produkten erfolgt die Bestrafung aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 BetmG. Im zweiten Fall, in dem ein absolute Verkehrsverbot ausgesprochen ist (§ 9 BetmG mit eng begrenzten Ausnahmen), erfolgt sie aus § 11 Abs. 1 Nr. 6 BetmG.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Strafkammer wird daher festzustellen haben, ob das Haschis aus getrockneten Pflanzenteilen oder aus Harz bestand. Wenn es aus getrockneten Pflanzenteilen bestand, muß zusätzlich festgestellt werden, daß keine Genehmigung nach § 3 BetmG vorgelegen hat, was sich sonst erübrigt. Die Feststellung der Beschaffenheit des Haschisch kann durch Augenschein oder Zeugenbeweis erfolgen, weil das Harz trotz üblicher Zusätze von Pflanzenteilen oder gar Sand zur Verminderung seiner Klebrigkeit seine feste Konsistenz; erkennbar behält, während die getrockneten Pflanzenteile als grünes bis braunes Pulver von tabakähnlicher Beschaffenheit sind (OLG Celle, a.a.O.; Joachimski, § 1 Rdz. 8). Dafür, daß das Haschisch hier Cannabis Harz enthielt, könnte die Tatsache sprechen, daß es in Form einer <u>Platte</u> in den Verkehr gebracht worden ist.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Nach alledem war das Urteil in vollem Umfange aufzuheben.</p>
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} | 20 W 22/73 | 1974-02-06T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:00 | 2019-03-27T09:41:30 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0206.20W22.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><u>Gründe:</u></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><b>I.</b></p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat gegen die Gemeinschuldnerin den Zahlungsbefehl des Amtsgerichts Münster vom 24. Februar 1971 - 2 B 2734/71 - erwirkt, die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 1. März 1971 Widerspruch eingelegt. Durch Beschluß vom 12. März 1971 ist der Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster verwiesen worden. Mit Schreiben vom 2. April 1971 teilte der Beklagte mit, daß über das Vermögen der Gemeinschuldnerin am 29. März 1971 das Konkursverfahren eröffnet und er zum Konkursverwalter bestellt worden war (54 N 37/71 AG Dortmund). Der Rechtsstreit war damit unterbrochen (§ 240 ZPO).</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Prüfungstermin vom 30. Juli 1971 ist die mit insgesamt 54.903,23 DM von der Klägerin angemeldete Forderung (davon Klageforderung: 27.175,28 DM und Zinsen) vom Konkursverwalter "vorläufig bestritten" worden. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 4. August 1971 den Beklagten zur Erklärung binnen 4 Wochen aufgefordert; der Beklagte hat den Grund seines Bestreitens der Forderung nicht angegeben. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17. Oktober 1971 (Bl. 46 d. A.) den Rechtsstreit gegen den Beklagten aufgenommen und die Feststellung der Hauptforderung von 27.175,28 DM und einer Zinsforderung von 947,40 DM zur Konkurstabelle begehrt. Nachdem der Beklagte gegen das von der Klägerin erlangte Versäumnisurteil vom 11. November 1971 (Bl. 53) Einspruch eingelegt hat, haben beide Parteien am 23. August 1973 übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt, da die Klageforderung zur Konkurstabelle festgestellt worden sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt. Es hat die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten nach § 146 Abs. III, Abs. I KO als unzulässig angesehen und von den gesamten Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten eine Quote nach dem Teil der Kosten auferlegt, die <u>vor</u> der Konkurseröffnung entstanden waren, weil die Gemeinschuldnerin Anlaß zu der bis zur Konkurseröffnung begründeten Klage gegeben habe. Auf den Beschluß wird verwiesen (Bl. 123 d. A.).</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluß richtet sich die zulässige Beschwerde des Beklagten mit dem Ziel der Abänderung. Der Beklagte ist der Ansicht, ihm hätten keine Kosten auferlegt werden dürfen, da die Parteien des Mahnverfahrens und des späteren Rechtsstreits nicht identisch seien; die Kosten des Rechtsstreits bis zur Konkurseröffnung seien zudem nur eine Konkursforderung, während die Kosten des gegen ihn gerichteten Rechtsstreits Masseschulden seien. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Beschwerde, da die gesamten Kosten des einheitlichen Rechtsstreits Massekosten seien.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><b>II.</b></p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">A) Die Kosten des Rechtsstreits können nicht nach dem Gesichtspunkt aufgeteilt werden, ob sie vor oder nach Konkurseröffnung entstanden sind.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, daß die bis zur Konkurseröffnung entstandenen Kostenerstattungsansprüche zunächst nur eine Konkursforderung sind und es auch bleiben, wenn der Rechtsstreit nicht nach §§ 146 Abs. III, 12 KO aufgenommen wird. Wird aber der Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter aufgenommen, dann sind die gesamten Prozeßkosten einheitlich zu behandeln (vgl. BAG, Urteil vom 2. November 1959 - 2 AZR 479/56 - AP Nr. 7 zu § 91 a ZPO; Böhle-Stamschräder, Konkursordnung, 10. Auflage 1971, Anm. 1 b) zu § 59 KO; Jäger-Lent, Konkursordnung, 8. Auflage 1958, Anm. 2 zu § 59; Mentzel-Kuhn, Konkursordnung, 7. Auflage 1962, Anm. 5 zu § 59). Soweit der Konkursverwalter in der Instanz unterliegt, trägt er daher die gesamten ihm auferlegten Kosten als Massekosten, und soweit der Konkursgläubiger unterliegt, fallen ihm die gesamten auferlegten Kosten zur Last, auch, soweit sie <u>vor</u> der Konkurseröffnung entstanden waren und ohne Fortsetzung des Rechtsstreits begründete Konkursforderungen gebildet hätten (vgl, Jäger-Lent a.a.O). Das ist die Folge daraus, daß die Kosten eines Rechtsstreits (oder zumindestens einer Instanz) ein einheitliches Ganzes bilden (vgl. Mentzel-Kuhn a.a.O).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">B) Eine Aufteilung der Kosten kommt auch im Rahmen des § 91 a ZPO nicht in Betracht, wenn zweifelhaft ist, ob die Aufnahme eines durch Konkurs unterbrochenen Rechtsstreits (§ 146 Abs. 3, 4 KO) zulässig oder unzulässig war.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Es kommt daher für den Erfolg der Beschwerde darauf an, ob nach § 91 a ZPO die Kosten der Klägerin oder dem Beklagten aufzuerlegen sind. Nach § 91 ZPO hat das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. War daher die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten nach nur "vorläufigem" Bestreiten der angemeldeten Forderung durch den Beklagten nach § 146 Abs. 3, 1 KO unzulässig, so konnte die Klage nach Feststellung zur Konkurstabelle nicht mehr zulässig werden, da die Forderung der Klägerin nicht im Sinne des § 146 Abs. 1 KO, "streitig geblieben" ist. In diesem Falle müßten die gesamten Kosten des Rechtsstreits die Klägerin treffen, die eine unzulässige Klage verfolgt hat. War dagegen die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten zulässig, so sind die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er ohne Rücknahme des "vorläufigen" Widerspruchs unterlegen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">C) Es kommt daher darauf an, ob eine "vorläufig bestritten" gebliebene Forderung eine streitig gebliebene Forderung im Sinne des § 146 Abs. I KO ist. Das ist entgegen der im angefochtenen Beschluß erwähnten Ansicht der Fall.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">1. Streitig geblieben im Sinne des § 146 Abs. 1 KO ist eine Forderung, wenn der Konkursverwalter oder ein Konkursgläubiger gegen sie im Prüfungstermin Widerspruch erhoben hat und der Widerspruch nicht durch Zurücknahme oder durch Verlust der Konkursgläubigerschaft des Bestreitenden (= Verlust der Widerspruchsbefugnis - § 144 Abs. I KO) beseitigt ist (vgl. Menzel-Kuhn a.a.O. Anm. 1 A I 1) zu § 146, Jäger-Weber, Konkursordnung, 8. Auflage 1973, Anm. 1 I 1) zu § 146). Während bei diesen Kommentatoren keine Differenzierung zwischen "Bestreiten" und "vorläufigem Bestreiten" gemacht wird, sieht eine neuere Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung in einem "vorläufigen" bestreiten durch den Konkursverwalter nur einen Vorbehalt gegen die Feststellung der angemeldeten Forderung des Inhalts, daß er die Forderung nicht endgültig geprüft, beschieden und bestritten habe. Bis zur endgültigen Prüfung könne daher die Forderung nicht als streitig "geblieben" im Sinne des § 146 Abs. I. KO angesehen werden (vgl. Robrecht, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 2/1969 S. 67 ff.; Böhle-Stamschräder a.a.O. Anm. 1 zu § 146 KO; LG Koblenz, Urteil vom 8. Dezember 1966, - 3 S 148/66 -, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 4/1966 S. 254; AG Detmold, Beschluß vom 26. Juli 1969 - 3 C 5o3/69 -, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 1/1971 S. 60).<i> </i>Gegen diese zuletzt dargestellte Ansicht wendet sich ausdrücklich Hoffmann (NJW 1961 S. 1343).</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">2. Der Auffassung, eine nur "vorläufig" bestrittene Forderung sei nicht im Sinne des § 146 Abs. I KO "streitig geblieben", kann nicht gefolgt werden. Auch das nur "vorläufige" Bestreiten ist praktisch ein Bestreiten der angemeldeten Forderung (so auch Robrecht a.a.O, S. 68); es ist nur der Vorbehalt gemacht, das Bestreiten aufzugeben. Unter diesem Vorbehalt steht aber auch ein Bestreiten der angemeldeten Forderung, wenn es nicht nur als "vorläufig" bezeichnet wird; die Rücknahme des Bestreitens ist jederzeit und unabhängig von einem Prüfungstermin möglich (vgl. Böhle-Stamschräder a.a.O Anm. 2 zu § 144; soweit ersichtlich, völlig einheitliche Meinung). Der Sinn des nur "vorläufigen" Bestreitens kann daher nur dahin gehen, die Prüfung der Forderung im Prüfungstermin zu unterlassen und sie einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten. Das ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Prüfungstermin vom Konkursgericht nicht vertagt wird.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">a) Die Konkursordnung geht davon aus, daß die Klärung, ob eine angemeldete Konkursforderung festgestellt oder bestritten wird, im Prüfungstermin zu erfolgen hat (vgl. Robrecht a.a.O, S. 68, LG Koblenz a.a.O S. 255/256). Nach der Konkursordnung sollen hinsichtlich aller rechtzeitig angemeldeten und der nach § 142 Abs. 1 KO mit zu prüfenden nachträglich angemeldeten Forderungen mit Abschluß des Prüfungstermins feststehen, inwieweit sie festgestellt und inwieweit sie vom Konkursverwalter oder einem Konkursgläubiger bestritten sind. Nur diesem Zwecke dient der Prüfungstermin. Nur wenn ein unabweisliches Bedürfnis besteht, dem Konkursverwalter die Prüfung der angemeldeten Forderung über den Prüfungstermin hinaus offen zu halten, kann man ein "vorläufiges" Bestreiten nicht als Bestreiten der Forderung im Prüfungstermin und demgemäß den Klageweg nach § 146 Abs. 1, 3 KO noch nicht als eröffnet ansehen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b) Bei der Prüfung, ob dem Konkursverwalter die Prüfung angemeldeter Forcierung über den Prüfungstermin hinaus offenzuhalten ist, ist zu berücksichtigen, daß nach § 138 KO der Prüfungstermin spätestens 5 Monate nach der Konkurseröffnung stattzufinden hat, da die Anmeldefrist höchstens 3 Monate beträgt (§ 138 Satz 1 KO) und die Frist zwischen Ablauf und Anmeldefrist und dem allgemeinen Prüfungstermin höchstens 2 Monate betragen soll (§ 138 Satz 2 KO). Diese Fristen mögen zur Zeit des Erlasses des Gesetzes ausgereicht haben (10. Februar 1877). Durch die wirtschaftlichen Veränderungen in der Zwischenzeit wird diese Frist insbesondere bei größeren Konkursen mit zahlreichen Konkursgläubigern und Forderungen, denen ein komplizierter Sachverhalt zugrunde liegt, in einer ordnungsgemäßen, gründlichen Prüfung <u>aller</u> Konkursforderungen durch den Konkursverwalter oft nicht ausreichen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß bei den Gemeinschuldnern häufig die Buchführung in erheblichem Rückstand ist und die Geschäftsunterlagen nicht immer geordnet vorliegen, auch die bisherigen Bearbeiter dem Konkursverwalter nicht immer zur Aufklärung zur Verfügung stehen. Hinzu kommt, daß geeignete Konkursverwalter für umfangreiche Konkursverfahren meist schwierig zu haben und auch durch andere Aufgaben überlastet sind. Wäre aber der Konkursverwalter gezwungen, sich zu ungenügend geprüften Forderungen zu erklären, so würden die Ziele des Konkursverfahrens beeinträchtigt. Werden unberechtigte Forderungen festgestellt, so erhöht sich die Schuldenmasse zum Nachteil der Gläubigergemeinschaft, wird berechtigten Forderungen widersprochen, so droht eine Schmälerung der Teilungsmasse durch Prozeßkosten als Masseschulden.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber steht nicht nur das Interesse des anmeldenden Gläubigers, an der Konkursmasseverteilung teilzunehmen, worauf es das Landgericht Koblenz (a.a.O. S. 256) abstellt. Von der Feststellung der Forderung ist auch das Stimmrecht des Konkursgläubigers abhängig (§ 95 Abs. 1 Satz 1 KO). Mangels einer Einigung mit dem Widersprechenden ist der Gläubiger auf eine Ermessensentscheidung des Konkursgerichts angewiesen (§ 95 Abs. 1 Satz 3 KO). Wird die Forderung als ungeprüft behandelt, so gilt Entsprechendes (§ 95 Abs. 2 KO). Das kann erhebliche Bedeutung haben, wenn es zur Abstimmung über einen Zwangsvergleich nach § 182 KO kommt. Das spricht dagegen, zuzulassen, daß der Konkursverwalter durch Erklärung eines "vorläufigen" Widerspruchs die Feststellung der Forderung zur Konkurstabelle praktisch unkontrolliert lange hinauszögern kann. Denn <u>weitere </u>Prüfungstermine sind nach dem Gesetz nur zur Prüfung solcher Forderungen vorgesehen, die nach Ablauf der Anmeldefrist angemeldet sind (§ 142 KO). In einem solchen besonderen Prüfungstermin ist der Konkursverwalter nicht gezwungen, sich zu rechtzeitig angemeldeten Forderungen zu erklären.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">c) Ein nur "vorläufiges" Bestreiten einer angemeldeten Forderung im Sinne des § 146 Abs. 1 KO anders als ein Bestreiten zu behandeln kann danach nur in Betracht kommen, wenn anders dem überwiegenden Interesse der Gläubigergemeinschaft und des Konkursverwalters an einer ordnungsgemäßen Prüfung der angemeldeten Forderungen nicht Rechnung getragen werden kann. Davon gehen Robrecht (a.a.O.) und das Landgericht Koblenz im Urteil vom 8. Dezember 1966 (a.a.O.) aus, jedoch zu Unrecht. Einmal ist es bei besonders großen Konkursverfahren zulässig, den Prüfungstermin unter Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenze aus § 138 KO anzusetzen, um so die zur Prüfung der Forderungen notwendige Vorbereitungszeit zu erhalten (vgl. Jäger-Weber, a.a.O. Anm. 7 zu § 138; Bohle-Stamschräder a.a.O. Anm. 3 zu § 138). Weiter besteht aber auch die Möglichkeit, den Prüfungstermin aus wichtigem Grund gemäß §§ 72 KO, 136 Abs. 3, 227 Abs. 3 ZFO zu vertagen (vgl. Jäger-Weber a.a.O Anm. 12 zu § 138). Ein solcher Grund ist immer vorhanden, wenn erhebliche Unterlagen entgegen § 139 Abs. 3 KO vom Gläubiger nicht vorgelegt und beim Gemeinschuldner nicht aufgefunden sind oder noch Nachfragen nach dem Sachverhalt bei ehemaligen Angestellten des Gemeinschuldners erforderlich sind und nicht durchführbar waren. Es sind keine Bedenken dagegen ersichtlich, daß das Konkursgericht im ersten Prüfungstermin die Prüfung solcher Forderungen offenläßt und den Termin zur Prüfung dieser Forderungen vertagt, damit die Prüfung weiter vorbereitet werden kann. Damit wird vermieden, daß der Zeitpunkt der Prüfung dem Konkursverwalter überlassen bleibt, und der Zeitpunkt der Prüfung wird vom Gericht unter pflichtgemäßer Abwägung der Belange aller Beteiligten festgesetzt.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">D) Hier kann offen bleiben, ob die Tatsache, daß der Konkursverwalter ausdrücklich nur "vorläufig" bestritten hat, den Konkursgläubiger nötigt, vor Erhebung einer Klage gemäß § 146 KO eine außergerichtliche Klärung mit dem Konkursverwalter herbeizuführen (§ 242 BGB), insbesondere dann, wenn er entgegen § 139 Abs. 3 KO Urkunden nicht vorgelegt hat. Die Klägerin hat das mit ihrem Schreiben vom 4. August 1971 versucht, ohne innerhalb angemessener Frist Antwort zu erhalten. Unter diesen Umständen ist die vom Landgericht vorgenommene Belastung des Beklagten mit 1/3 der Prozeßkosten auf jeden Fall gerechtfertigt, ohne daß es darauf ankommt, ob die im Prozeß von der Klägerin vorgelegten Unterlagen bei der Gemeinschuldnerin vorhanden und auffindbar waren oder nicht.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt sind, ist die Entscheidung nicht angefochten.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><b>III.</b></p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde war danach mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.</p>
|
316,073 | lg-krefeld-1974-01-17-1-s-20373 | {
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"city": 448,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 1 S 203/73 | 1974-01-17T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:02 | 2019-03-27T09:41:30 | Urteil | ECLI:DE:LGKR:1974:0117.1S203.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vorn 29. Mai 1973 wird zurückgewiesen. </p>
<p>Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d: </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau deren Haus in Krefeld, Krüllsdyk, das bis zum 30.11.1971 aber eine Freileitung der Beklagten mit Strom versorgt wurde. Wegen gestiegener Bedürfnisse und aus wirtschaftlichen Gründen stellte die Beklagte im Sommer 1971 die Stromversorgung der Anlieger des Krüllsdyk auf eine Erdkabelleitung um, wobei die Hausanschlüsse einheitlich in die Keller verlegt wurden. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen erklärte sich der Kläger gemäß Vereinbarung vom 2.9.1971 mit der entsprechenden Umstellung des Anschlusses einschließlich der Anbringung des Zählers im Keller einverstanden. Die Arbeiten sollten in der Zeit vom 15. bis 20.11.1971 durchgeführt werden. Die Beklagte verpflichtete sich, die Arbeiten einschließlich notwendiger Renovierungen kostenlos durchzuführen Als der Kläger in der Folgezeit den Beauftragten der Beklagten das Betreten des Grundstücks verbot, kündigte die Beklagte den Stromlieferungsvertrag und sperrte am 30.11.1971 die Stromzufuhr Haus der Ehefrau des Klägers ab. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Im Dezember 1.971. suchte der Kläger um den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte nach mit dem Antrag, </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">der Antragsgegner im Wege eine einstweiligen Verfügung zu verurteilen, bei Meidung einer Geld- oder Haftstrafe für den Fall der Nichtbefolgung den Anschluß des Antragstellers an das Stromnetz der Stadt Krefeld sofort wieder herzustellen, und zwar in der bisherigen Form einer Freileitung. </p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 27.4.1971 (1 S 12/72 LG Krefeld -3 C 718/71 AG Krefeld ) wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Ende des Jahres 1971 und im Jahr 1972 wurde zwischen den Parteien eine umfangreiche Korrespondenz geführt. Der Kläger wandte sich auch an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte ist nach wie vor bereit, das vom Kläger bewohnte Haus der Vereinbarung vom 2.9.1971 entsprechend an das Stromnetz anzuschließen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat die Meinung vertreten, er sei beim Abschluß der Vereinbarung vom 2.9.1971 von Vertretern der Beklagten getäuscht worden. Man habe ihn nicht darüber aufgeklärt, daß die Anbringung des Zählerkastens im Keller für den Fall, daß eine Ölheizung im Keller eingerichtet werde, möglicherweise besonderer Vorkehrungen bedürfe oder aber ganz unzulässig sei. Die Einrichtung einer Ölheizung sei inzwischen geplant. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">9</span><ol class="absatzLinks" type="I"><li>a) durch Urteil zu bestimmen, daß die StromabsteIlung im Hause Krüllsdyk xx aufgrund eines Vertragsbetruges erfolgte, vorgenommen durch die Angehörigen der Stadtwerke B und G, </li></ol>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">b) ferner zu bestimmen durch Urteil, daß dieser mittels Betrug und Täuschung verursachte Vertrag benutzt wurde zur weiteren Täuschung des Gerichtes in Krefeld in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem AG und LG Krefeld AZ 1 S 12/72 -3 C 718/71;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">c) ferner zu bestimmen durch Gerichtsurteil, daß die Stromabsperrung auch ohne den Vertragsbetrug einen Monopolmißbrauch darstellt als Verstoß gegen § 22 GWB; </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">d) ferner durch Urteil zu bestimmen, daß dieser Stromabschluß mit den daraus resultierenden Anwürfen in der Öffentlichkeit einen Verstoß gegen Art. 1 GG darstellt gemäß Urteil OVG Lüneburg VI 1 45/68; </p>
<span class="absatzRechts">13</span><ol class="absatzLinks" type="I" start="2"><li>a) durch Urteil zu bestimmen, den Elektroanschluß an den Zähler herzustellen, wie bereits im Verfahren LG 1 S 12/72 vorgetragen, bis zu dem Zeitpunkt eines geplanten Umbaues, wo der Anschluß in ein von außen zu begehendes Gehäuse gelegt wird; </li></ol>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">b) bei Nichterfüllung den Stadtwerken aufzuerlegen, die Mietkosten zu tragen für die Ermietung eines gleichwertigen Hauses außerhalb der Einflußmöglichkeiten der Stadtwerke Krefeld. </p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">c) Weiter wird ein Schadensersatz beantragt für die Minderung und Diffamierung in der Öffentlichkeit </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">die mittels Vertragsbetrug am 30.11.1971 vorgenommene Stromabsperrung. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">d) Weiter wird beantragt, den Stadtwerken aufzuerlegen, den Nachweis zu erbringen, daß in sämtlichen Häusern am Krüllsdyk die Stromzähler in den Keller gelegt wurden und daß fernerhin eine Stromversorgung mit Ablesung von 1 mal im Jahr nur möglich sei, wenn die im Keller angebracht seien. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">e) Weiter wird beantragt, den Stadtwerken und der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft durch Urteil zu untersagen, weiterhin in Schriftsätzen, auch an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf zu behaupten, daß der bereits im Verfahren 1 S 12/72 begehrte über die Außenwand an den Zähler im 1. Stock eine Feuergefahr bedeuten würde. </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Nach Erlaß eines klageabweisenden Versäumnisurteils und hat der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">unter Aufhebung des Versäumnisurteils nach seinem zu erkennen. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Sie hat geltend gemacht, soweit die Klageanträge auf Feststellung und auf künftige Leistungen gingen, seien sie unzulässig. Im übrigen sei der Kläger an die Vereinbarung vom 2.9.1971 gebunden; von einer Täuschung könne keine Rede sein. Schließlich sei der Kläger, der nicht Hauseigentümer sei, für die Geltendmachung der Ansprüche nicht aktiv legitimiert. </p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten. </p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufungeingelegt und diese rechtzeitig begründet. </p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Er trägt vor, er verlange einen Stromanschluß, wie er den Vorschriften entspreche. Jedenfalls könne ihm nicht zugemutet werden:, die Verlegung des Hausanschlusses zu dulden, die ihm nur Belästigung, der Beklagten jedoch keinen Vorteil bringe. Im Keller sei wegen der geplanten Ölfeuerungsanlage keine geeignete Stelle für die Anbringung des Zählers.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt, </p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:36px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Anträgen aus dem ersten Rechtszug zu erkennen. </p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bittet um</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"> Zurückweisung der Berufung. </p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auf das angefochtene Urteil, die Schriftsätze der Parteien sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><u> Entscheidungsgründe:</u></p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist teils unzulässig, teils unbegründet. </p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Mit den unter Ziffer I. zusammengefassten vier Anträgen begehrt der Kläger bestimmte Feststellungen. Gegenstand dieser Feststellungen sind jedoch keine Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien, vielmehr Vorfragen, die für bestimmte Rechtsbeziehungen der Parteien von Bedeutung sein könnten, so, ob sich die Beklagte einer Täuschung des Klägers und des Gerichts schuldig gemacht hat, sowie, ob das Verhalten der Beklagten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten rechtmässig war oder nicht. Derartige Tatbestandselemente, die zusammen mit anderen Umständen ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründen oder inhaltlich bestimmen könnten, können nicht selbständig Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Vorliegend ist auch kein besonderes Interesse des Klägers an den erbetenen Feststellungen gegeben, da der Kläger gleichzeitig alle denkbaren, aus den behaupteten Rechtsverstößen der Beklagten herzuleitenden Ansprüche im Wege der Leistungsklage geltend macht. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die unter Ziffer I.a) bis d) genannten Klageanträge sind mithin gemäß § 256 ZPO unzulässig. </p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Mit dem Klageantrag zu II a) begehrt der Kläger offenbar - wie Verweisung auf seinen Vortrag im Verfahren 1 S 12/72 LG Krefeld zeigt - den Wiederanschluß an das Stromnetz der Beklagten in der früheren Form, also mittels einer Freileitung. Der Kläger trägt zwar auch vor, er habe gegen einen Anschluß über ein Erdkabel nichts einzuwenden, wenn nur der Zähler im Haus nicht in den Keller verlegt werde. Es mag also auch eine Auslegung des Antrags des Klägers dahin möglich sein, daß der Kläger Anschluß an ein Erdkabel nebst Hausanschluß, etwa - wie er vorgeschlagen hat - durch eine äußere Steigleitung, begehrt. Dies kann aber dahinstehen. </p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch des Klägers auf Anschluß an das Stromnetz der Beklagten in einer anderen Form, als sie die Beklagte dem Vertrag vom 2.9.1971 entsprechend anbietet, hat der Kläger nicht. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Es kann dahinstehen, ob der Kläger, der nicht Hauseigentümer ist, überhaupt zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Anschluß an das Stromnetz der Beklagten aktivlegitimiert ist, ebenso, ob der Stromlieferungsvertrag durch die Kündigung der Beklagten beendet ist oder nicht. </p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Vereinbarung der Parteien vom 2.9.1971 ist verbindlich. Dem Vortrag des Klägers läßt sich nicht entnehmen, inwiefern er beim Abschluß dieses Vertrages von den Vertretern der Beklagten arglistig getäuscht worden wäre. Von der Einrichtung einer Ölfeuerungsanlage war weder damals noch auch im Vorprozeß die Rede. Die Vertreter der Beklagten hatten keinerlei Veranlassung dem Kläger sämtliche technischen Regeln für den Stromanschluß mitzuteilen, soweit diese nicht ersichtlich eine Rolle spielten. Von einer arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) kann also keine Rede sein. </p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Kläger kann den Vertrag vom 2.9.1971 auch nicht wegen Irrtums anfechten (§ 119 BGB). Sollte der Kläger von falschen Vorstellungen ausgegangen sein – welchen auch immer -, so haben diese allenfalls als Motiv eine Rolle gespielt. Über das, was er erklärte, war sich der Kläger im klaren. Es kommt hinzu, daß bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles seinerzeit niemals anders gehandelt hätte als der Kläger. </p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Klägers zu II b) ist als Klage auf eine künftige Leistung gemäß § 259 ZPO nicht zulässig. Zwar kann die künftige Leistung bedingt, sie muß jedoch bestimmt sein; das trifft auf den Klageantrag nicht zu. </p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Auch als Feststellungsklage verstanden, ist der Antrag zu II b) nicht zulässig. Der Kläger kann nicht gleichzeitig auf Erfüllung und Feststellung klagen, daß der Beklagte im Falle der Nichterfüllung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Nur ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein. </p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Da der Anspruch des Klägers an dessen Nichterfüllung er seine Schadensersatzforderung knüpft nicht besteht, ist der geltendgemachte Schadensersatzanspruch in jedem Fall auch unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Mit dem Antrag zu II c) macht der Kläger einen bereits eingetretenen Schaden geltend, ohne diesen zu beziffern. Als Leistungsklage ist ein derartiger Antrag gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO nicht zulässig, Als Feststellungsklage ist der Antrag unzulässig, weil der Kläger nicht dartut, inwiefern er einen bereits eingetretenen Schaden nicht beziffern kann. </p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, fehlt dem Antrag auch die sachliche Begründung.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Klägers zu II d) hat eine Leistung zum Gegenstand, die zwischen den Prozeßparteien nicht geschuldet sein kann. Es gibt keine Pflicht einer Partei dem Gegner gegenüber, einen bestimmten Beweis zu führen; es gibt nur eine Beweisführungslast. Es geht auch nicht um eine Auskunftserteilung, allenfalls um die Beibringung von Prozeßstoff durch die Beklagte. aus dem der Kläger Rechte herleiten möchte. Die allgemeine Wahrheits- und Aufklärungspflicht der Parteien im Zivilprozeß bedeutet nicht, daß die Partei einen klagbaren Anspruch gegen den Gegner auf eine bestimmte Sachdarstellung hätte. </p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Für den Unterlassungsanspruch (II e)) hat der Kläger, wie das Amtsgericht bereits zutreffend festgestellt hat, nichts dazu vorgetragen, daß eine Wiederholungsgefahr bestünde. Es ist auch keine Rechtsverletzung des Klägers zu erkennen. </p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. </p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><u>Streitwert des Berufungsrechtszugs</u>: 1.500,-- DM</p>
|
316,074 | olgham-1973-12-06-1-ss-owi-143773 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 1 Ss OWi 1437/73 | 1973-12-06T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:03 | 2019-03-27T09:41:29 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1973:1206.1SS.OWI1437.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>1) </p>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p>
<p></p>
<p>2) </p>
<p>Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das Rechtsamt der Stadt Dortmund hat gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen §§ 6 Abs. 2; 8
Abs. 1 Ziff. 3 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung einen Bußgeldbescheid erlassen und eine
Geldbuße von 90,- DM festgesetzt. Es legt ihm zur Last, in Zeitungsanzeigen am 11.3.1972, 15.3.1972 und
1.11.1972 Wohnraum angeboten zu haben, ohne hierbei die Bezeichnung als Wohnungsvermittler und den geforderten
Mietpreis einschließlich etwaiger Nebenkosten anzugeben. Auf den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht
in der Hauptverhandlung am 12.9.1973 das Verfahren hinsichtlich der Inserate vom 11.3. und 15.3.1972 vor der
Urteilsverkündung wegen Verjährung eingestellt und den Betroffenen sodann von dem Vorwurf der Ordnungswidrigkeit
wegen der Anzeige vom 1.11.1972 freigesprochen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Betroffene am 1.11.1972 in der Tageszeitung ... in ... folgende
Anzeige einrücken lassen:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><i>"Bungalow, ... 150 qm, sofort zu vermieten durch: ...".</i></p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Betroffene stehe hinter der in der Anzeige angegebenen Anschrift. Nach Auffassung des Amtsgerichts hat
der Betroffene mit diesem Inserat nicht gegen § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz verstoßen. Soweit
er nach dieser Bestimmung bei einem Wohnungsangebot durch Zeitungsinserat die Bezeichnung als Wohnungsvermittler
anzugeben habe, sei dieser Verpflichtung dadurch Genüge getan, daß er durch die Angabe ... ausreichend
darauf hingewiesen habe, als Wohnungsvermittler tätig zu werden. Da ein Mietpreis für die angegebene
Wohnung noch nicht bestimmt gewesen sei, weil sie auftragsgemäß zum höchsterzielbaren Mietpreis
ausgehandelt werden sollte, habe dies den Betroffenen von der Verpflichtung, den Mietpreis zu benennen, befreite.
Der Betroffene wäre sonst in eine Zwangssituation gebracht worden, die sich weder mit seiner kaufmännischen
Betätigung noch mit den vom Gesetz eigentlich zu schützenden Interessen der Mieter in Einklang bringen
lasse. Er wäre vor die Alternative gestellt gewesen, entweder einen möglichst niedrigen Preis zu benennen,
um überhaupt Interessenten zu bekommen oder den Preis so hoch anzusetzen und damit den Interessen seines
Auftraggebers entgegen zu können, daß möglicherweise keine oder nur wenig Interessenten kommen
würden. Beide Möglichkeiten hätten nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen geführt. Nach
dem Gesetzeswortlaut könne davon ausgegangen werden, daß nur der Mietpreis angegeben werden solle, der
nach den Vorstellungen des Inserenten bereits feststehe. Da dies hier nicht der Fall gewesen sei, sei in dem
Verhalten des Betroffenen eine Ordnungswidrigkeit nicht zu erkennen. Weil der Mietpreis nicht habe angegeben
werden können, hätten auch die von diesem als Hauptleistung abhängigen Nebenleistungen nicht
mitgeteilt werden können.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und diese auch in
zulässiger Weise begründet.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Sie ist
auch begründet.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Da die beanstandete Anzeige von der ... somit einer juristischen Person, aufgegeben ist und diese der eigentliche
Normadressat für die Beachtung des § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz ist, läßt das Urteil
nicht mit, der erforderlichen Klarheit erkennen, inwieweit der Betroffene für die Anzeige verantwortlich ist.
Allein die Feststellungen, daß der Betroffene "hinter der in dieser Anzeige angegebenen Anschrift
steht", reicht dazu nicht aus. Sie läßt offen, ob der Betroffene z.B. Geschäftsführer
oder nur Anteilseigner ist.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz darf der Wohnungsvermittler öffentlich, insbesondere in
Zeitungsanzeigen pp., nur unter Angabe seines Namens und der Bezeichnung als Wohnungsvermittler Wohnraum anbieten
..., bietet er Wohnraum an, so hat er auch den Mietpreis der Wohnräume anzugeben und darauf hinzuweisen, ob
Nebenleistungen besonders zu vergüten sind. Gegen diese Bestimmung verstößt die Anzeige teilweise.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Amtsgericht ist allerdings zuzugeben, daß es der (genauen wörtlichen) Bezeichnung als
Wohnungsvermittler nicht bedarf, wenn in der Anzeige in anderer Weise für jedermann erkennbar deutlich zum
Ausdruck kommt, daß das Inserat von einem gewerbsmäßigen Wohnungsvermittler aufgegeben ist und
daß diesem Erfordernis in dem beanstandeten Inserat genügt ist. Anbieter ist nach dem Wortlaut des
Inserats die ... In dieser Firmenbezeichnung wird ausführlich der Gegenstand der Firma als der eines ...
gekennzeichnet. In Verbindung mit dem Hinweis auf die Mitgliedschaft im ... des Inserenten wird seine ... Funktion
als Immobilien<u>makler</u> kenntlich gemacht. Hinzu könnt noch, daß es in dem Inserat heißt:
"zu vermieten durch:". Insgesamt betrachtet, kommt so die Bezeichnung als Wohnungsvermittler hinreichend
zum Ausdruck, so daß der Zweck des Gesetzes in dieser Hinsicht erfüllt ist.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Andererseits unterliegt das Urteil jedoch rechtlichen Bedenken, soweit es den Betroffenen, obgleich er als
Wohnungsvermittler in einer Zeitungsanzeige Wohnraum anbietet, nicht für verpflichtet hält, gemäß
§ 6 Abs. 2 des Wohnungsvermittlungsgesetzes den Mietpreis anzugeben und darauf hinzuweisen, ob Nebenkosten
besonders zu vergüten sind, weil er den Auftrag gehabt habe, die Wohnung gegen Höchstpreis zu vermieten.
Für eine solche Auslegung gibt das Gesetz keinen Anlaß. Es läßt insbesondere keine
Einschränkung nach dem Auftrag des Vermieters zu und verlangt schlechthin die Angabe des Mietpreises
und den Hinweis, ob Nebenleistungen besonders zu vergüten sind (vgl. auch Bundestagsdrucksache VI/1549,
Nr. 24 der Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu). Diese Bestimmung
dient dem Schutz des potentiellen Mieters, der vor Übervorteilung geschützt werden soll und, ohne mit
dem Wohnungsvermittler in näheren Kontakt treten zu müssen, und dann durch ihn beeinflußt zu werden,
allein schon auf Grund des in der Anzeige genannten Mietpreises und des Hinweises auf etwaige Nebenleistungen
entscheiden können soll, ob das Angebot seinen Vorstellungen entspricht. Wenn der Mietpreis überhaupt
nicht abgegeben werden kann, muß der Wohnungsvermittler von einem öffentlichen Angebot durch
Zeitungsanzeigen Abstand nehmen. Die Zeitungsanzeige kann daher angesichts der in § 6 Abs. 2
Wohnungsvermittlungsgesetz getroffenen Regelung auch nicht als Mittel zur Mietpreisermittlung benutzt werden,
das kann nur außerhalb der in dieser Bestimmung erfaßten Publikationsmöglichkeiten geschehen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der aufgezeigten Mängel konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war aufzuheben und
die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an
das Amtsgericht Dortmund zurückzuverweisen.</p>
|
316,075 | lagk-1973-11-22-3-tabv-2273 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 3 TaBV 22/73 | 1973-11-22T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:05 | 2019-03-27T09:41:29 | Beschluss | ECLI:DE:LAGK:1973:1122.3TABV22.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 24. August 1973 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichtes Köln - 7 BV 39/73 - abgeändert:</p>
<p>Der Antrag wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Gründe</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte Dr. L ist beim Landgericht in Köln als Rechtsanwalt zugelassen, Er schloß am 22.5./8.6.1973 mit der Antragsgegnerin einen schriftlichen Arbeitsvertrag, nach dem er als juristischer Mitarbeiter in die Rechtsabteilung eingestellt wurde. Sein Dienstverhältnis begann am 15.6.1973. Die ersten sechs Monate der Tätigkeit sollten als Probezeit gelten.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Unter dem 22.5.1973 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller Kenntnis von der Einstellung des Beteiligten Dr. L. Sie wies dabei auf § Io5 BetrVG 1972 hin. Am 23.5.1973 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, der Personalfragebogen werde nachgereicht. Das geschah am 12.6.1973. Daraufhin erklärte der Antragsteller der Antragsgegnerin unter dem l4.6<sub>.</sub>1973, bei der Einstellung des Dr. L  handele es sich um eine personelle Einzelmaßnahme nach § 99 Abs. l BetrVG 1972, zu der der Betriebsrat zustimmen müsse. Der Streit der Beteiligten geht demnach um die Frage, ob der Beteiligte Dr. L   leitender Mitarbeiter nach § 5 Abs. 3 Hr. 3 BetrVG 1972 ist.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der Antragsgegnerin seien nicht schlechthin leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972. Die Antragsgegnerin könne wohl nicht behaupten wollen, ein soeben von ihr in die Rechtsabteilung eingestellter Arbeitnehmer berate sie in Grundsatzentscheidungen der Organisation, Planung und Investition. Es werde zudem entschieden bestritten, daß der Beteiligte nach Dienststellung und Dienstvertrag im wesentlichen eigenverantwortlich Aufgaben wahrnehme, die ihm regelmäßig wegen deren besonderer <strong>Bedeutung</strong> für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes übertragen zu werden pflegten.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Damit stehe aber fest, daß es sich beim Beteiligten Dr. L  nicht um einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG handele. Die Antragsgegnerin sei also verpflichtet gewesen, den Antragsteller bei der Einstellung hinzuzuziehen und seine Zustimmung einzuholen. Dagegen habe sie bewußt verstoßen, so daß die Einstellung unwirksam sei und aufgehoben werden müsse,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat daher beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">gemäß § Io2 BetrVG die Einstellung des juristischen Mitarbeiters Dr. L aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">den Antrag zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Meinung vertreten, der Beteiligte Dr. L  sei leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972. Die Zustimmung des Betriebsrates zu seiner Einstellung nach § 99 Abs. l BetrVG sei daher nicht erforderlich gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Einmal habe Dr. L  die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse, die nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 vorausgesetzt würden. Es sei auch nicht zweifelhaft, daß die Tätigkeit eines juristischen Mitarbeiters in der Rechtsabteilung eines großen Luftverkehrsunternehmens eine Aufgabe darstelle, die für den Bestand und die Entwicklung dieses Betriebes von besonderer Bedeutung sei. Dr. L   übe auch eine im wesentlichen eigenverantwortliche Tätigkeit aus. Er müsse sich als Jurist seine eigene Auffassung erarbeiten, zu Sach- und Rechtsfragen abschließend Stellung nehmen, Vorschläge und Maßnahmen in eigener <strong>Verantwortung</strong> ergreifen, ohne auf einen anderen Mitarbeiter, der ihm diese <strong>Verantwortung</strong> abnehmen könne, auszuweichen. Im Verfahren könne Dr. L  die Antragsgegnerin in unbeschränkter Höhe durch Anerkenntnis und Vergleich verpflichten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Im Einzelfalle habe er bis <em>zu</em> DM 5.ooo,— alleinige Entscheidungsbefugnis.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach Anhörung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht mit seinem Beschluß vom 24.8.1973 nach dem Antrag erkannt und der Antragsgegnerin aufgegeben, die Einstellung des juristischen Mitarbeiters Dr. L   aufzuheben.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">In den Entscheidungsgründen des Beschlusses wird diese Entscheidung darauf gestützt, daß Dr. <em>L</em>  nicht zum Kreise der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Kr. 3 BetrVG 1972 gehöre, zu seiner wirksamen Einstellung also die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972 unerläßlich gewesen sei. Dr. L   nehme nämlich nach Dienststellung und Dienstvertrag nicht eigenverantwortlich Aufgaben wahr, die den Tatbestandsmerkmalen des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG entsprächen. Seine Aufgaben seien zunächst nicht solche, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von großer Wichtigkeit und Bedeutung seien. Auch der Aufgabenkreis, der Dr. L   übertragen sei, lasse nicht erkennen, daß er zu der übrigen Arbeitnehmerschaft so weitgehend in einem Interessengegensatz stehe, daß eine gemeinsame Interessenwahrnehrnung nicht mehr möglich sei.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen des weiteren Inhaltes des angefochtenen Beschlusses wird auf Blatt 26 bis 33 d.A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Gegen den am 25.9.1973 zugestellten Beschluß hat die Antragsgegnerin am 9.1o<sub>.</sub>1973 Beschwerde eingelegt, die gleichzeitig begründet wurde.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin meint, die vorn Arbeitsgericht vertretene Auffassung sei nicht haltbar. Die Zuordnung von Dr. <em>L </em> zur Rechtsabteilung als juristischer Mitarbeiter bringe ihn in einen Personenkreis, der dem Vorstand der Antragsgegnerin für unternehmenswesentliche Entscheidungen die entsprechenden Grundlagen liefern müsse. Diese Grundlagen müßten auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet werden. Es genüge daher für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs„ 3 Nr. 3 BetrVG 1972, wenn der Beteiligte Dr. L</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">der Unternehmensführung als Berater eine wesentliche Entscheidungshilfe biete. Das aber tue er. Hinzu komme, daß Dr. L   als Mitarbeiter in der Rechtsabteilung mit der aktuellen Interessenvertretung des Unternehmens befaßt sei und tagtäglich sich bei seiner Arbeit mit den Interessen des Unternehmens zu identifizieren habe. Gerade die dem Beteiligten übertragenen Gebiete EWG-Recht und Kartellrecht brächten ihn in eine Position, bei der seine rechtlichen Vorarbeiten die Geschäftspolitik der Antragsgegnerin weitreichend und erheblich beeinflussen würden. Eine solide und zuverlässige Rechtsberatung auf diesen Rechtsgebieten sei für die Antragsgegnerin unumgänglich und von ausschlaggebender Notwendigkeit. Daß der Beteiligte die Antragsgegnerin in Prozessen verpflichten könne, sei außer Streit. Daß im Innenverhältnis diese Befugnis auf DM 5.000,— beschränkt sei, besage nichts für seine Stellung als leitender Angestellter. Im übrigen sei Dr. <em>L </em> auch für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zuständig, außer Kündigungsschutzverfahren, so daß er hier aufs Schärfste in einen Interessengegensatz zur Arbeitnehmerschaft und den Betriebsrat kommen könne.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Das rechtfertige seine Stellung als leitender Angestellter. Damit entfalle aber die Unterrichtungspflicht und das Zustimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Antragsgegnerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses den Antragsteller mit seinem Antrag abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die Beschwerde zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Er halt die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe nicht für geeignet, die zutreffende Auffassung des Arbeitsgerichts zum Begriff des leitenden Angestellten</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">nach § 5 Abs„ 3 Nr. 3 BetrVG 1972, der hier allein im Streit sei, zu erschüttern. Der Beteiligte Dr. L  könne im übrigen schon deswegen kein leitender Angestellter sein, weil er dem Referatsleiter Dr. V  in allen Sachen Vortrag halten müsse, der dann entscheide, welche seiner Arbeitsergebnisse an das Hauptreferat Recht und Sicherheit weitergegeben würden. Auch einen Eingriff durch die Arbeit des Dr. L  in das Spannungsverhältnis Betriebsrat- Arbeitgeber scheide aus. In Wirklichkeit führe Dr. L  nur aus, was der Arbeitgeber bereits entschieden habe. Dr. L  habe nicht einmal die Möglichkeit, den Vorstand der Antragsgegnerin in Grundsatzentscheidungen zu beraten.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Eine Anhörung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz ist erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Wegen ihres Ergebnisses wird auf Blatt 5 4- d.A. verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Vertrages der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitig gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">II</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ <em>87</em> Abs. l ArbGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also zulässig (§ 89 ArbGG). In der Sache mußte sie Erfolg haben.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte Dr. L  ist leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr 3 BetrVG 1972, so daß die Antragsgegnerin mit ihrer Unterrichtung über die Einstellung des Beteiligten nach § Io5 BetrVG ihrer insoweit bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtung genügt hat.  Die Anwendung des § 99 Abs. l BetrVG 1972 scheidet demnach aus, so daß auch der Antrag des Antragstellers als unbegründet <strong>zurückzuweisen war.</strong></p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1.</span> Das Beschwerdegericht hat eine abgesonderte Verhandlung über die Eigenschaft des Beteiligten Dr. L   angeordnet.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Frage, ob eine solche abgesonderte Verhandlung in der Beschwerdeinstanz des Beschlußverfahrens überhaupt zulässig ist, läßt sich in eindeutiger <em>Weise</em> aus dem Arbeitsgerichtsgesetz nicht entnehmen. Jedoch ergibt sich aus § 87 Abs. 2 ArbGG, daß für das Beschwerdeverfahren die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften über die Verhandlung vor der Kammer gelten. Damit verweist der § 87 Abs. 2 ArbGG auf § 523 ZPO, also sind danach die im ersten Rechtszug vor den Landgerichten geltenden Verfahrensvorschriften zumindest in so weit anwendbar, als sich aus dem Arbeitsgerichtsgesetz und den Vorschriften der §§ 523 ff ZPO nichts anderes ergibt. Damit muß aber auch im Beschwerdeverfahren nach § 87 ArbGG die Möglichkeit bestehen, über Zwischenstreite im Sinne des § 3o3 ZPO abgesondert zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Zwischenentscheidung über den Streit, ob der Beteiligte Dr. L  leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 ist oder nicht, bietet sich im übrigen bei den Rechtsfolgen, die mit einer sofortigen Entscheidung über die Beschwerde eintreten könnten an. Das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung l ABR 13/72 vom 6.4.1973 (in BB 1973, 941) einen ähnlichen Weg gegangen, um Rechtsnachteile von den dort betroffenen Arbeitnehmern abzuwenden (Seite 12/13 der Entscheidungsgründe). Es hat im Verfahren der Rechtsbeschwerdeinstanz den § 538 Abs. l Nr. 3 ZPO analog angewendet, obwohl nach § 96 Abs<sub>0</sub> l Satz 2 ArbGG eine Zurückverweisung ausgeschlossen ist.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Hier in diesem Verfahren geht es bei dem gestellten Antrag darum, ob die Antragsgegnerin den Beteiligten Dr. L   nach rechtskräftigem Abschluß dieses Verfahrens noch weiterbeschäftigen darf.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Würde rechtskräftig festgestellt, daß der Antrag in der gestellten Form begründet ist, müßte die Antragsgegnerin das dann bis dahin bestehende faktische Arbeitsverhältnis zum Beteiligten nach § loo Abs. 3 Satz 2 BetrVG beenden; denn die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung des Beteiligten nach § 99 Abs. l BetrVG wäre Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluß eines Arbeitsvertrages mit ihm gewesen. Diese fehlt; denn die Antragsgegnerin glaubt ihrer nicht zu bedürfen und ist nach § Io5 BetrVG 1972 vorgegangen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Es bleibt jedoch zu erwarten, daß die Antragsgegnerin das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß abwickeln würde, wenn in diesem Zwischenstreit die Eigenschaft des Beteiligten als leitender Angestellter verneint würde. Ein dann feststehender Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 99 Abs. l BetrVG könnte unter diesen Umständen nicht als ein Gesetzesverstoß im Sinne des § 99 Abs. l Nr. l BetrVG 1972 angesehen werden; denn die Antragsgegnerin wollte sich - wie ihr Verhalten zeigt - im Rahmen des Gesetzes bei der Einstellung des Beteiligten bewegen. Deswegen klärt dieser Zwischenstreit die zwischen den Parteien aufgetretene betriebsverfassungsrechtliche Streitfrage,</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über den Zwischenstreit muß in analoger Anwendung der Grundsätze des § 275 ZPO erfolgen. Würde festgestellt, daß der Beteiligte keine leitender Angestellter ist, so müßte der erstinstanzliche Beschluß aufgehoben und das Verfahren in die erste Instanz zurückverwiesen werden. Ergibt sich seine Eigenschaft als leitender Angestellter, so ist zur Sache zu entscheiden und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses der Antrag zurückzuverweisen.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2.</span>  Der Beteiligte Dr. L   ist leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 5 BetrVG 1972. a) Die Kammer geht nach der Anhörung der Beteiligten von folgendem Sachverhalt aus, der ihrer Entscheidung zugrunde liegt:</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsreferate der Antragsgegnerin sind wie folgt in ihre Organisation eingegliedert: Zuständiges Vorstandsmitglied für die Rechtsreferate ist der Vorstandsvorsitzende Dr. C   . Zwischen diesen. Vorstandsvorsitzenden und das Hauptreferat Recht und Sicherheit ist die Direktion "Zentralbüros" zwischengeschaltet, unter dieser Direktion. "Zentralbüros" arbeitet das Hauptreferat Recht und Sicherheit mit dem Hauptreferatsleiter H   . Diesem Hauptreferat Recht und Sicherheit sind organisatorisch als Referate zugeordnet; das Rechtsreferat l, in dem der Beteiligte Dr. L  beschäftigt wird und das Rechtsreferat 2./Primus inter pares im Rechtsreferat l ist der Angestellte Dr. V  .Die einzelnen Aufgabengebiete innerhalb der Rechtsreferate sind nach Sachgebiete; den einzelnen dort tätigen Angestellten zugewiesen. Bis auf den Herrn H  sind alle dort tätigen Beschäftigte zugelassene Rechtsanwälte. Der Beteiligte Dr. L  ist nach dieser Aufteilung der Arbeitsgebiete innerhalb des Rechtsreferates l zuständig für Fragen des EWG-Rechtes, des Kartellrechtes im Luftverkehr, für Betriebsunfälle, Darlehensverträge und Werkswohnungen, für Personalversicherungen, für Abfertigungsverträge und für Kaufverträge (ausgenommen Flugzeugkaufverträge und Kaufverträge für Flugzeugzubehör und technischer Einkauf</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Es trifft nicht zu, daß der Beteiligte Dr. L  bei der Bearbeitung dieses Sachgebietes von den Entscheidungen des Angestellten Dr. <em>V </em> abhängig ist, diesem Vortrag zu halten hat und nur Dr V  Entscheidungen trifft. Der Beteiligte hat bei seiner Anhörung klar dargestellt, daß er bei seinen Entscheidungen völlig frei ist. Er allein ist für eine sachgerechte Bearbeitung seiner Aufgabengebiete ausschließlich zuständig. Ergebnisse seiner Arbeiten werden weder von Herrn Dr. V  noch von einem anderen Mitarbeiter des Rechtsreferates überprüft, bevor sie an den Vorstand oder die anderen vorliegenden Abteilungen weitergegeben werden.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Auf dem Gebiete der Rechtsberatung arbeitet Dr. L  selbständig. Er entscheidet darüber, ob Kaufverträge, die ihm vorgelegt werden, juristisch einwandfrei sind und abgeschlossen werden können. Sein positives Votum für den Abschluß von Kaufverträgen ist endgültig und bedarf keiner nochmaligen Prüfung durch einen anderen Mitarbeiter. Diese selbständige Entscheidungsbefugnis steht dem Beteiligten auch in den sogenannten "Abfertigungsverträgen" zu<sub>.</sub> Hier geht es um die Bodendienstleistungen der Antragsgegnerin in der ganzen Welt, also z.B. die Bordverpflegung, die Wartungs- und Betankungsverträge der Antragsgegnerin.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Der Aufgabenkreis des Beteiligten umfaßt die Beratung des Vorstandes und der anderen Referate der Antragsgegnerin in den bereits genannten Fragen: EWG-Recht -Kartellrecht im Luftverkehr-Betriebsunfälle-Darlehensverträge und Werkswohnungen-Personalversicherungen-Abfertigungsverträge-Kaufverträge. Diese umfassenden Aufgabengebiet bearbeitet er auch bei der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Antragsgegnerin. Er muß sich zwar bei Rechtstreitigkeiten, die den landgerichtlichen Streitwert erreichen, eines am Sitze des betreffenden Landgerichts zugelassenen Rechtsanwaltes bedienen. Dennoch leistet er die Vorarbeiten für diese zivilgerichtlichen Verfahren und hält den Gang der Prozesse in seiner Hand.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Führt er Prozesse selbst, ist er in der Lage, die Antragsgegnerin durch Anerkenntnisse und Vergleiche zu verpflichten. Im Innenverhältnis ist seine Befugnis, die Antragsgegnerin zu verpflichten, auf DM 5.ooo,— beschränkt.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span> Dieser Aufgabenbereich erfüllt die Voraussetzungen für die Einordnung des Beteiligten Dr. L  in den Kreis der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr.3 BetrVG.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">aa) Daß <em>der</em> Beteiligte Dr. L  aus der Rechtsabteilung in absehbarer Zeit ausscheidet, hat für die Entscheidung in diesem Verfahren keinen Einfluß. Die Entscheidung wirkt nämlich auf den Zeitpunkt der Einstellung zurück. Auch wenn Dr. L  aus der Rechtsabteilung ausscheidet und in eine andere Abteilung überwechseln würde, stellt sich die hier streitige Frage nach der Beteiligung und Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972. Im übrigen steht offensichtlich nur die Tatsache des Ausscheidens aus dem Rechtsreferat, nicht der Zeitpunkt fest, so daß das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an der begehrten Entscheidung nicht streitig sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">bb) Für den Begriff des "leitenden Angestellten" nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 kommt es nach der bisher vorliegenden Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte nach dem Inkrafttreten des BetrVG 1972 (LAG Düsseldorf / Köln in EzA § 5 BetrVG 1972, Entscheidung Nr. 3 = DB 1973, 576; LAG Hamm in DB 1973, 2353 Kauf folgende Voraussetzungen an:</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">-Der betreffende Arbeitnehmer muß leitender Angestellter im Sinne der Verkehrsanschauung sein.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">-Der betreffende Angestellte muß für das Unternehmen bedeutsame Aufgaben wahrnehmen, die im Rahmen der arbeitsvertraglich, herausragenden Stellung ausgeübt werden,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes wesentliche Bedeutung haben und</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">aus diesen Gründen ihm regelmäßig mit Rücksicht auf seine besonderen Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">-Die  Stellung des leitenden Angestellten muß durch im wesentlichen eigenverantwortliche Arbeitsweise geprägt sein.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">-Seine Stellung muߠ zudem eine Identifikation mit den Interessen des Arbeitgebers erkennen lassen und einen Gegnerbezug zum Betriebsrat ausweisen,,</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Dieser Gegnerbezug kann - wie das LAG Köln in der bereits genannten Entscheidung festgestellt hat - entweder direkt, aber auch indirekt sein. Von einem direkten Gegnerbezug wird man zu sprechen haben, wenn der leitende Angestellte personelle Leitungsfunktionen und eine Vorgesetztenstellung innehat. Ein indirekter Gegnerbezug liegt dann vor, wenn sich der Angestellte durch seine Beratungsfunktionen und seine der Unternehmensleitung gebotenen Entscheidungshilfen mit den Unternehmenszielen und Unternehmenszwecken identifizieren muß. Mit Recht hat das LAG Köln es in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 14.11.1972 darauf abgestellt, daß ein Angestellter, der das Unternehmen in Grundsatzentscheidungen der Organisation, Planung und Investition berät, damit der Unternehmer Grundsatzentscheidungen überhaupt zu fällen in der Lage ist, zu den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 gezählt werden müsse. Diese strikte Unterscheidung zwischen direktem und indirektem Gegnerbezug nimmt auch das LAG Hamm in seinem bereits genannten Beschluß auf (DB 1973,2354). Sein Hinweis auf die Entscheidung des LAG Köln beweist im übrigen, daß es von den Grundsätzen, die dieses Gericht vertreten hat, nicht abweichen möchte, sondern diese mit seiner Entscheidung weiter ausbauen und ergänzen will.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Diese von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien eines leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr.3 BEtrVG 1972 von einem Angestellten nach § 5 Abs. l BetrVG sind auch für die betriebliche Praxis brauchbare Entscheidungshilfen bei der unklaren Fassung des § 5 Abs. 3 Hr. 3 BetrVG 1972. Sie müssen daher auch in diesem Verfahren zur Anwendung kommen.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">cc) Eine Bewertung der Tätigkeit des Beteiligten</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Dr. L… unter  diesen Gesichtspunkten ergibt, daß er</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Dr. L  ist zunächst nach der Verkehrsanschuung ein "leitender Angestellter". Er ist kein "einfacher" Angestellter, der Routinearbeiten für seinen Arbeitgeber macht. Er hat selbständig als Syndikusanwalt<sub>7</sub> also als ein anerkanntes Organ der Rechtspflege - bestimmte Aufgaben, die sich mit der juristischen Beratung und der Durchführung von Rechtsstreitigkeiten befassen, für die Antragsgegnerin zu erledigen. Er ist aus der Masse der Angestellten der Antragsgegnerin durch diese Aufgabenzuweisung herausgehoben und damit als ein "leitender Angestellter" gekennzeichnet, was sich auch in der Höhe der gewährten Vergütung ausdrückt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dr<sub>.</sub> L  nimmt auch Aufgaben wahr, die für den Bestand und die Entwicklung der Antragsgegnerin wesentliche Bedeutung haben und die ihm nur mit Rücksicht auf seine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen übertragen worden sind. Es bedarf keiner weiteren Erwägung, daß der Beteiligte nur aufgrund seiner besonderen Erfahrungen vor allem auf dem Gebiete des Kartell- und EWG-Rechtes den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich übertragen bekommen hat. Er ist innerhalb des Unternehmens für diese beiden Rechtsgebiete der Spezialist, der das Unternehmen hierin berät und seine Entscheidungen präjudiziert. Daß vor allein Entscheidungen in diesen beiden Rechtsgebieten den Bestand und die Entwicklung der Antragsgegnerin beeinflussen kann, steht außer Zweifel. Gerade auf dem Gebiete des Kartell- und des EWG-Rechtes bedarf ein Unternehmen, das die Grenzen der BR Deutschland überschreitet, einer zuverlässigen und sorgfältigen Beratung.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Dr. L  arbeitet im w e s e n t l i c h e n eigenverantwortlich. Das hat die Anhörung der Beteiligten in diesem Verfahren zur Überzeugung des Gerichts ergeben. Der Beteiligte ist Syndikusanwalt. Nach dieser seiner Stellung ist er bereits verpflichtet, eigenverantwortlich seine</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Aufgaben als Anwalt in die Dienste des Unternehmens zu stellen.  Daß er dabei nicht letztverantwortlich für alle von ihm zu treffenden Entscheidungen ist, hat für seine Stellung als leitender Angestellter keine Bedeutung. Das Gesetz selbst spricht in § 5 Abs<sub>.</sub> 3 Nr. 3 BetrVG 1972 nicht von einer letztlich völlig eigenverantwortlichen Tätigkeit, sondern einer im wesentlichen eigenverantwortlichen. Tätigkeit. Das, was der leitende Angestellte erarbeitet, muß seine  e i g e n e,  von keinem anderen zu überprüfende Arbeit sein. In diesem Sinne arbeitet jedoch der Beteiligte Dr. L  eigenverantwortlich (so auch Dietz-Richardi, BetrVG 1972 § 5 Anm.l2o).</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Schließlich muß auch ein Gegnerbezug zum Betriebsrat bestehen. Der Beteiligte Dr. L  muß sich bei seiner eigenverantwortlichen Arbeit so sehr mit den Interessen der Antragsgegnerin identifiziert haben, daß er in ganz betontem Sinne eben Vertreter der Antragsgegnerin ist. Hierzu ist festzustellen, daß er in diesen Interessengegensatz zum Betriebsrat schon direkt kommen muß bei der eigenverantwortlichen Bearbeitung von Betriebsunfällen, von Darlehensverträgen und Werkswohnungen, aber auch von Personalversicherungen. Innerhalb dieser Bereiche sind die Interessen der Antragsgegnerin mit denen des Betriebsrates schon vom Zweck der zu treffenden Feststellungen und Regelungen nicht identisch. Aber auch ein indirekter Gegnerbezug wird anzunehmen sein bei den anderen Arbeitsbereichen, die dem Beteiligten zugewiesen sind. Bei seiner Beratung in Fragen des EWG- und Kartellrechtes, der Abfertigungs- und Kaufverträge identifiziert er sich so sehr mit den Interessen und Belangen der Antragsgegnerin, daß damit seine Eigenschaft als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 bejaht werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Ist aber der Beteiligte Dr. L  leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG 1972, dann hat die Antragsstellerin zu Recht den Betriebsrat nur von der beabsichtigten Einstellung des Beteiligten nach § Io5 BetrVG 1972 unterrichtet. Ein Zustimmungsrecht nach § 99 Abs. l BetrVG</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">1972 besteht demnach nicht, so <em>daß</em> der gestellte Antrag keinen Erfolg haben konnte.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses war daher der Antrag des Antragstellers als unbegründet zurückzuweisen<sub>.</sub></p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, welche Abgrenzungsmerkmale für den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BEtrVG 1972 von Belang sind, zuzulassen.</p>
|
316,076 | lg-duisburg-1973-03-29-8-o-5373 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": 408,
"state": 12,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 53/73 | 1973-03-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:06 | 2019-03-27T09:41:29 | Urteil | ECLI:DE:LGDU:1973:0329.8O53.73.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d und E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat gegen die Beklagten Klage auf Beseitigung eines Rohrmattenzaunes an der gemeinsamen Grenze ihrer Grundstücke erhoben; im Laufe des Verfahrens hat er mit Zustimmung der Beklagten seine Klage zurückgenommen.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben widerklagend die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt seien, an der Grenze entlang einen Sicht- und Einwirkungsschutz aus Rohrmattengeflecht oder ähnlichem Material zu errichten. Den Widerklageantrag hat der Kläger im Verhandlungstermin vom 15. März 1973 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Es ist daraufhin ein entsprechendes Anerkenntnisurteil ergangen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Nunmehr streiten die Parteien über die Kostentragungspflicht.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen wechselseitig,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">sich die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Kläger aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Soweit durch seine Klage Kosten entstanden sind, hat er sie gemäß § 271 Abs. 3 ZPO zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kosten auf die Widerklage entfallen, hat der Kläger sie gemäß §§ 91, 91 a entsprechend, 93 ZPO zu tragen. Er hat nämlich zur Erhebung der Widerklage Veranlassung gegeben. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Rohrmattenzaun, auf dessen Beseitigung der Kläger geklagt hatte, Ende November 1972 bereits infolge der Einwirkung eines Sturmes nicht mehr vorhanden war. Gleichwohl hat der Kläger seine auf Beseitigung gerichtete Klage aufrechterhalten. Die Beklagten mussten daher, da der Kläger die Hauptsache nicht für erledigt erklärte, damit rechnen, dass eine Entscheidung über den Klageantrag erging, die zu der Frage, ob die Beklagten zur Errichtung und Unterhaltung des Rohrmattenzaunes berechtigt waren, deshalb keine Stellung nehmen konnte, weil der Gegenstand, dessen Beseitigung gefordert wurde, ohnehin nicht mehr vorhanden war. Eine Klärung der Streitfrage konnte mithin nur durch die von den Beklagten erhobene Feststellungswiderklage erreicht werden. Damit liegen die Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht vor. Dem Kläger waren als dem Unterliegenden die Kosten des Rechtsstreits somit insgesamt aufzuerlegen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Nr. 4 ZPO.</p>
|
316,077 | ovgnrw-1972-11-27-2-a-90569 | {
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"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
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} | 2 A 905/69 | 1972-11-27T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:08 | 2019-03-27T09:41:28 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1972:1127.2A905.69.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>
</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"> Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin betreibt in Exxx die Zeche "Kxxx "; sämtliche Abwässer
(einschließlich des Grubenwassers), die auf diesem Betriebsgrundstück anfallen,
werden in den EExxx Bach eingeleitet, der früher SExxx Bach hieß.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Wegen der Entwässerung dieses Betriebsgrundstücks zog der Beklagte die
Klägerin für das Rechnungsjahr 1968 zu Entwässerungsgebühren heran. Mit ihrer
hiergegen erhobenen Anfechtungsklage macht die Klägerin geltend, der EExxx Bach
sei kein Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, sondern ein
oberirdisches Gewässer (natürlicher Wasserlauf), in das sie ihre Abwässer auf Grund
einer ihr vom Oberbergamt eingeräumten wasserrechtlichen Erlaubnis einleiten
dürfe, ohne daß der Beklagte sie hierfür zu Entwässerungsgebühren heranziehen
könne. Demgegenüber ist der Beklagte der Ansicht, daß der EExxx Bach infolge
völliger Umgestaltung, insbesondere Verrohrung, seine Eigenschaft als natürlicher
Wasserlauf verloren habe und zu einem Bestandteil der städtischen
Entwässerungsanlage geworden sei. Selbst wenn es sich bei dem EExxx Bach noch
um einen natürlichen Wasserlauf handele, sei er, so meint der Beklagte, gleichzeitig
Bestandteil der städtischen Entwässerungsanlage, und die Gebührenheranziehung
sei dann aus diesem Grund gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Exxx Bach hat seinen Ursprung aus drei Quellzuflüssen, die im Lageplan (Bl.
67 der Gerichtsakten, Anlage Nr. 6) mit Nr. 1, 3 und 4 bezeichnet sind. Das
Quellgebiet liegt in den früher teilweise selbständigen, inzwischen aber in die Stadt
Exxx eingemeindeten Ortsteilen xxx, xxx und xxx . Ursprünglich verlief der Exxx
Bach in seinem Unterlauf durch die Innenstadt von xxx und mündete anschließend in
die xxx .</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ein im Jahre 1928 aufgestellter Regulierungsplan (Blatt 317 der Gerichtsakten,
Anlage I Nr. 5) führte in der Folgezeit zu einer völligen Verlegung des Unterlaufs des
Exxx Baches. Dieser wurde aus der Innenstadt von Sxxx herausgenommen und von
der im Norden von Sxxx befindlichen Straße Hxxx (Haus Nr. xxx ), die an dieser
Stelle an die Straße Rxxx angrenzt, in südlicher Richtung unterirdisch durch
Bergwerksstollen bis zur Mündung in die xxx geleitet. Die Strecke oberhalb des
Grundstücks Hxxx Nr. xxx/Dxxx wurde in den Jahren 1951 bis 1956 verrohrt und
erhielt teilweise eine andere Streckenführung als das frühere Bachbett. Vorher war
diese Strecke zum Zwecke der Abwasserableitung in einem offenen Profil mit
Sohlenschalen ausgebaut gewesen. Gelegentlich der Verrohrung wurde neben das
Bett des Exxx Baches und seiner Zuflüsse eine zusätzliche Abwassersammelleitung
verlegt, die jedoch an ihrem Beginn und Ende mit dem Exxx Bach verbunden blieb.
Auf diese Weise wird das aus dem Quellgebiet (vgl. Lageplan Bl. 67 der
Gerichtsakten) durch Teiche in drei offenen Betten abfließende Quellwasser
nunmehr einer bis zur Mündung in die Rxxx völlig verrohrten Wasserführung
zugeleitet.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die auf dem Grundstück der Klägerin (Zeche Kxxx) anfallenden Abwässer
werden an der im Lageplan (Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A gekennzeichneten
Stelle, die zwischen zwei Quellzuflüssen liegt (im Lageplan mit Nr. 1 und 3
bezeichnet) in den an dieser Stelle inzwischen verrohrten Exxx Bach eingeleitet und
von dort aus einer vor der Einmündung in die Rxxx gelegenen und vom Rxxxverband
betriebenen Kläranlage zugeführt. Für die Reinigung der Abwässer in dieser
Kläranlage wird die Klägerin vom Rxxxverband zu Genossenschaftsbeiträgen
herangezogen, die für die Zeche Kxxx in dem dem angefochtenen Bescheid
zugrunde liegenden Zeitraum 44.720,-- DM betragen haben.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Neben der Ableitung der Abwässer aus dem Zechenbetrieb der Klägerin nimmt
der Exxx Bach gemeindliche Abwässer aus Stadtteilen der Stadt Exxx auf, die an ihn
angrenzen. Die Abwässer der bis zum Jahre 1929 selbständigen Stadt Sxxx wurden
schon vor 1920 (nach dem Vorbringen des Beklagten seit 1912) in den Exxx Bach
eingeleitet. Danach erfolgte die Anschließung der Siedlungsgebiete am Oberlauf des
Exxx Baches. Hierbei handelt es sich nach dem Vorbringen des Beklagen um den in
den Jahren 1920/21 erfolgten Anschluß des Siedlungsgebietes Fxxx, sowie um den
im Jahre 1934/35 vorgenommenen Anschluß des Ortsteils Fxxx Hxxx. Das
Siedlungsgebiet "Zxxx Gxxx" wurde ab 1954, die Parksiedlung Hxxx wurde im Jahre
1958 und das Wohngebiet Lxxx/Mxxx wurde im Jahre 1964 mit seinen
Abwasserleitungen an den Exxx Bach angeschlossen.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Bis zum Jahre 1957 war der Exxx Bach gemäß § 4 des preußischen
Wassergesetzes vom 7.April 1913 (PrGS 53) - PrWG - im Wasserlaufverzeichnis als
natürlicher Wasserlauf zweiter Ordnung eingetragen und zwar vom Grundstück Hxxx
Nr. xxx (Mühle Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx . Die Ufergrundstücke des Exxx
Baches stehen verschiedenen Eigentümern zu; neben natürlichen Personen sind u.a.
die Stadt Exxx, die Dxxx, Bxxx und die Klägerin Eigentümer.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach einer im Jahre 1929 auf Grund der §§ 186 bis 188 PrWG erfolgten
Eintragung im Wasserbuch des Sxxx Baches stand der Rechtsvorgängerin der
Klägerin gemäß § 379 Abs. 2, 4 a PrWG das Recht zu, Grubenabwässer sowie die
Wasch- und Kohlenwäscheabwässer der Zeche Kxxx nach vorangegangener Klärung
in einer jährlichen Durchschnittsmenge von 75.000 cbm in den Sxxx Bach
einzuleiten.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Auf Grund der §§ 2 und 7 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes vom
27. Juli 1957, BGBl. I 1110, in Kraft getreten am 1. März 1960 (WHG), wurde der
Klägerin vom Oberbergamt in Dxxx als der gemäß § 14 Abs. 2 WHG zuständigen
Behörde durch Bescheid vom 17. Mai 1962 die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt,
ihre auf der Zeche Kxxx anfallenden Grubenabwässer sowie Wasch- und
Kohlenwäscheabwässer in einer Menge bis zu 3.150.000 cbm pro Jahr in den Exxx
Bach (Sxxx Bach) einzuleiten. Diese Erlaubnis enthält Bedingungen, die qualitative
und quantitative Anforderungen an die Abwassereinleitung stellen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Im Jahre 1920 hatte der auf Grund des Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni
1913 (PrGS 305) für die Reinhaltung der Rxxx zuständige Rxxxverband beim
Regierungspräsidenten in Dxxx die Genehmigung zur Einrichtung eines
Regenauslasses des Exxx Baches an der Mündung in die Rxxx beantragt, wobei er in
seinem Antragschreiber den Exxx Bach als Teil der Kanalisation von Sxxx bezeichnet
und angeregt hatte, von einer Auslegung des Entwurfs gemäß §§ 164 - 170 PrWG
abzusehen, weil die Gemeinden Sxxx und Kxxx sowie die Gutsbesitzer Wxxx und
Lxxx mit dem Entwurf einverstanden seien und weitere Beteiligte nicht in Frage
kämen (Bl. 317 der Gerichtsakten, Anlage I Nr. 1). Im Jahre 1928 beantragte der
Rxxxverband beim Regierungspräsidenten in Dxxx die landespolizeiliche
Genehmigung und vorläufige Planfeststellung zur Regelung des Exxx Baches. Nach
einem Aktenvermerk des Sachbearbeiters beim Regierungspräsidenten handelte es
sich hierbei um den Ausbau sowie die Verlegung und streckenweise Kanalisierung
des Baches und um die Einleitung in die Rxxx an einer neu zu schaffenden
Mündung.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Ab 1928 fanden zwischen dem Rxxxverband und der Rechtsvorgängerin der
Klägerin Verhandlungen statt, deren Gegenstand der Ausbau des Exxx Baches war.
Hierbei bewilligte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband am 6. März
1930 gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark das Recht, auf einer ihr
gehörenden Parzelle "einen Bachlauf zu unterhalten und zu betreiben". Der
Rxxxverband übertrug diese und andere ihm übertragene Dienstbarkeiten gleichen
Inhalts im Jahre 1948 auf die Stadt Exxx.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Durch einen im Jahre 1940 abgeschlossenen Vertrag gestattete die
Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband, auf einem ihrer Grundstücke
Faulschlamm abzulagern. Hierbei verpflichtete sich der Rxxxverband gegenüber der
Klägerin, den Exxx Bach, der an dieser Stelle noch ein offenes Bett hatte, zu
verrohren, um Schlammabsetzbecken anlegen zu können. In der Folgezeit hat der
Rxxxverband am Oberlauf des Exxx Baches oberhalb der Straßen Hxxx und Dxxx
mehrere Schlammabsetzbecken errichtet.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Am 9. und 12. März 1955 schlossen die Dxxx Exxx, die Stadt Exxx und die
Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Vertrag, in dem die beabsichtigte Verrohrung
eines von den Parteien dieses Rechtsstreits als Teil des Exxx Baches bezeichneten
(Bl. 25, 87 und 100 der Gerichtsakten) offenen Grabens vereinbart wurde, um eine
zwischen den Schienensträngen der Pxxx entstandene sumpfige Mulde verfüllen zu
können. In diesem Vertrag heißt es, die Vertragschließenden seien sich dahin einig,
daß der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Stadt Exxx auf Grund des
preußischen Wassergesetzes ein Ableitungsrecht in den Exxx Bach zustehe. Sodann
heißt es in § 5 dieses Vertrages, daß die Stadt die Reinigung des verrohrten Grabens
einschließlich der Einsteigeschächte durchführe und daß die Kosten dieser Reinigung
von der Stadt und der Rechtsvorgängerin der Klägerin je zur Hälfte zu tragen seien,
soweit es sich um den Streckenabschnitt unterhalb der Einleitungsstelle der
Abwässer der Zeche Kxxx handele. Die Unterhaltung und Erneuerung der Anlage
habe die Stadt durchzuführen; die hierdurch entstehenden Kosten seien von den
Vertragschließenden je zu 1/3 zu tragen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Bescheid vom 5. Juli 1968 zog der Beklagte die Klägerin für das
Rechnungsjahr 1968 zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 275.256,40 DM heran.
In diesem Betrag ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien ein
Betrag von 182.407,74 DM enthalten, der in dieser Höhe dem auf die Zeche Kxxx
entfallenden Anteil an Entwässerungsgebühren entspricht.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 8. August
1968) hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und zur Begründung im
wesentlichen geltend gemacht: Sie benutze für die Ableitung der auf der Zeche Kxxx
anfallenden Abwässer keine Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, so daß sie wegen
der Ableitung dieser Abwässer vom Beklagten auch nicht zu Entwässerungsgebühren
auf Grund der Entwässerungssatzung der Stadt Exxx vom 27. September 1967
(Entwässerungssatzung) herangezogen werden dürfe. Vielmehr leite sie ihre
Abwässer in den Exxx Bach ein, der nach wie vor ein natürlicher Wasserlauf im Sinne
des früher geltenden preußischen Wassergesetzes und nunmehr ein oberirdisches
Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG sei. Auf Grund des ihr schon von früher
zustehenden Rechts und der ihr am 17. Mai 1962 erneut bewilligten
wasserrechtlichen Erlaubnis sei sie zum Einleiten dieser Abwässer kraft
Wasserrechts befugt. Der Exxx Bach falle unter die Bestimmungen des
Wasserhaushaltsgesetzes und des preußischen Wassergesetzes, weil er trotz seiner
Verrohrung und streckenweisen Verlegung ein oberirdisches Gewässer (Wasserlauf)
geblieben sei; das ergebe sich vor allem aus seiner bis zum Jahre 1957 bestehenden
Eintragung im Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung. Die Stadt Exxx habe
durch das Einbeziehen des Exxx Baches in ihr Entwässerungssystem die Eigenschaft
des Exxx Baches ein oberirdisches Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes
(Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes) zu sein, nicht beseitigen
können. Denn abgesehen von der hierfür erforderlichen, jedoch nicht eingeholten
Zustimmung der Wasseraufsichtsbehörde sei hierfür ihre Zustimmung als
Eigentümer des Exxx Baches erforderlich gewesen, die sie jedoch nie erteilt habe.
Der Hinweis des Beklagten auf die dem Rxxxverband eingeräumten und auf die
Stadt Exxx übergegangenen Dienstbarkeiten gehe fehl. Denn dadurch habe sie nur
dem Betreiben eines natürlichen Wasserlaufes, nicht jedoch der Umwandlung des
Exxx Baches in eine städtische Entwässerungsanlage zugestimmt.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Beklagten könne ein oberirdisches Gewässer
(natürlicher Wasserlauf) nicht gleichzeitig Bestandteil einer städtischen
Entwässerungsanlage als einer gemeindlichen Veranstaltung im Sinne von § 4 des
Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, PrGS 152/ PrGS NW 7 - KAG 1893 -
sein.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Schließlich sei die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende
Gebührenregelung materiell ungültig, weil der hierbei angewandte
Wasserverbrauchsmaßstab bei ihr wie auch anderen Wassergroßverbrauchern kein
zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab sei.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 1968 und den
Widerspruchsbescheid vom 8. August 1968 insoweit aufzuheben, als sie hiermit für die
Einleitung der Abwässer und des Grubenwassers ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach
zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 182.407,74 DM herangezogen worden
ist.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Er hat vorgetragen: Die Klägerin leite ihre im Betrieb der Zeche Kxxx
anfallenden Abwässer in die städtische Entwässerungsanlage ein. Denn der Exxx
Bach habe durch die an ihm vorgenommenen baulichen Umgestaltungen seine
Eigenschaft, ein Gewässer (Wasserlauf) zu sein, verloren. Die Stadt Exxx unterhalte
diesen Bach und habe ihn planmäßig in ihre Entwässerungsanlage einbezogen, was
nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung genüge, um seine
Gewässereigenschaft zu beseitigen. Die der Klägerin erteilte wasserrechtliche
Erlaubnis regele daher nur den Umfang und den zulässigen Verschmutzungsgrad der
eingeleiteten Abwässer, nicht jedoch werde die Klägerin dadurch von
Entwässerungsgebühren freigestellt. Schon der Rxxxverband habe den Exxx Bach als
Abwasserkanal betrieben und sei hierzu berechtigt gewesen, wie die in den Jahren
1920 und 1928 eingeholten Erlaubnisse des Regierungspräsidenten in Dxxx und das
damals eingeleitete vorläufige Planfeststellungsverfahren beweisen würden. In der
von der Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband eingeräumten
Dienstbarkeit, die die Stadt Exxx übernommen habe, liege zudem die Erlaubnis der
Klägerin als Eigentümer zu diesen vom Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen,
die die Umgestaltung des Exxx Baches in eine Abwasserleitung zur Folge gehabt
hätten. Denn der Inhalt dieser Dienstbarkeit ergebe sich auch aus der
Zweckbestimmung des Rxxxverbandes, die dahin gehe, die Rxxx reinzuhalten. Dem
diene der Ausbau des Exxx Baches zu einer Abwasseranlage, weil dadurch die Rxxx
von Abwässern freigehalten werde. Infolge Verrohrung habe der Exxx Bach zudem
die charakteristische Eigenschaft eines Gewässers, Vorfluter seines Gebietes zu sein,
verloren. Denn das Niederschlagswasser werde nur noch insoweit aufgenommen, als
es durch besondere Straßenabflüsse in die Abwässer gelange.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Da die Stadt Exxx seit dem Jahre 1948 Berechtigte aus der dem Rxxxverband
eingeräumten Dienstbarkeit sei, stehe ihr nunmehr das Recht zu, diese vom
Rxxxverband geschaffene Anlage als Teil ihrer eigenen Entwässerungsanlage weiter
zu betreiben. Diese Umwandlung des Exxx Baches zu einer städtischen
Entwässerungsanlage sei somit schon vor Inkrafttreten des
Wasserhaushaltsgesetzes abgeschlossen gewesen Deshalb könne dahingestellt
bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein oberirdisches Gewässer nach
dem Wasserhaushaltsgesetz in eine gemeindliche Entwässerungsanlage
umgewandelt werden könne. Der äußere Ablauf der am Exxx Bach getroffenen
Veränderungen lasse auch - wie dies von der Rechtsprechung gefordert werde - den
sicheren Schluß auf die Planmäßigkeit der Einbeziehung des Exxx Baches in die
städtische Entwässerungsanlage zu. Das Preußische Oberverwaltungsgericht habe
z.B. in seinem Beschluß vom 2. März 1933 wegen der getroffenen
Ausbaumaßnahmen die Wasserlaufeigenschaft der das Gebiet der Stadt Exxx
durchfließenden Bxxx verneint. Im vorliegenden Fall- verhalte es sich ebenso. Auch
die Klägerin leite die Abwässer der Zeche Kxxx keinen Meter weit in einen offenen
Lauf des Exxx Baches. Vielmehr führe sie die Abwässer mittels einer Rohrleitung in
den städtischen Abwassersammler ein, der weit oberhalb dieser Einleitungsstelle
Abwasser aus Stadtteilen von xxx aufnehme und diese bis zu der an der xxx
gelegenen Kläranlage in einem geschlossenen Abwasserrohr ableite.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn der Exxx Bach ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG
geblieben sei, schließe dies nach der Rechtsprechung des Preußischen
Oberverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht aus, daß
es sich hierbei um einen Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx
handele. Schließlich rüge die Klägerin zu Unrecht den in der Gebührenregelung
angewandten Wasserverbrauchsmaßstab. Denn die in der Satzung vorgesehene
degressive Gebührenstaffelung führe zu einem hinreichenden Ausgleich der höheren
Belastung der Wassergroßverbraucher infolge Nichtberücksichtigung des
Regenwassers.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Gründe zur Vermeidung von
Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage
stattgegeben. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Exxx Bach ein Gewässer im
Sinne von § 1 WHG und daß die Klägerin kraft Wasserrechts befugt sei,
Zechenabwässer in den Exxx Bach einzuleiten, ohne daß sie deshalb vom Beklagten
zu Entwässerungsgebühren herangezogen werden dürfe.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er sein
erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt: Zu
Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, daß es sich bei dem Exxx Bach
noch um ein oberirdisches Gewässer handele. Die auf dem Zechengelände der
Klägerin anfallenden Abwässer würden vielmehr in einen verrohrten Kanal
abgeleitet, der an der Einleitungsstelle bereits die Abwässer von Siedlungsgebieten
der Stadt Exxx mit sich führe. Bei dem ehemaligen Quellgebiet des Exxx Baches
handele es sich nur noch um unbedeutende Rinnsale und Tümpel, deren Wasser
ebenfalls in den Röhrenkanal eingeleitet würden. Diese Rinnsale und Tümpel
würden von der Stadt Exxx nur aus Gründen einer ansprechenderen
Landschaftsgestaltung offen gehalten. Es wäre für sie ein leichtes, sie sofort durch
Rohre in den städtischen Entwässerungskanal abzuleiten. Denn die aus diesen
offenen Zuflüssen anfallende Wassermenge sei im Verhältnis zur Gesamtmenge der
in den Röhrenkanal abgeleiteten Abwässer völlig unbedeutend. Durch das
Vorhandensein dieser wenigen Rinnsale bleibe auch auf keinen Fall die
Vorflutereigenschaft für den gesamten verrohrten Kanal erhalten. Diese
unbedeutenden Vorfluter endeten an ihren jeweiligen Einleitungsstellen in die
städtische Entwässerungsleitung.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Aus der vom Oberbergamt Dxxx erteilten Einleitungserlaubnis könne entgegen
der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht der Schluß gezogen werden, daß der Exxx
Bach noch ein Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes und des
Landeswassergesetzes sei. Die trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen
erteilte Erlaubnis vermöge weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Verhältnisse
zu ändern, auf die es bei der Beurteilung der Gewässereigenschaft allein ankomme.
Im übrigen habe die Stadt Exxx schon bei den dieser Erlaubniserteilung
vorangegangenen Verhandlungen im Jahre 1959 mit Nachdruck die Auffassung
vertreten, daß für die Erteilung einer solchen wasserrechtlichen Erlaubnis kein Raum
sei, weil der Exxx Bach zur städtischen Kanalisation gehöre.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Soweit es nach dem preußischen Wassergesetz für die Umwandlung des Exxx
Baches in eine Kanalisationsanlage einer wasserbehördlichen Erlaubnis bedurft
habe, sei diese ordnungsgemäß erteilt worden. Für den Unterlauf des früheren Exxx
Baches habe nämlich der Rxxxverband diese Erlaubnisse eingeholt. Die noch offene
Strecke am früheren Oberlauf des Exxx Baches sei in den Jahren 1951 bis 1955 mit
Genehmigung des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserbehörde verrohrt
worden. Schließlich müsse er erneut darauf hinweisen, daß der Exxx Bach schon
durch die vom Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen, zu denen dieser auf Grund
der ihm eingeräumten Dienstbarkeiten und der vom Regierungspräsidenten erteilten
Genehmigungen befugt gewesen sei, in einen Schmutzwassersammelkanal
umgestaltet worden sei. Diesen Schmutzwassersammelkanal habe die Stadt Exxx
vom Rxxxverband übernommen und in ihre Entwässerungsanlage
eingegliedert.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:
Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei dem Exxx Bach nicht um
einen Bestandteil der städtischen Entwässerungsleitung, sondern um ein verrohrtes
Gewässer im Sinne von § 1 WHG. Es entspreche auch nicht den tatsächlichen
Verhältnissen, daß das Quellgebiet des Exxx Baches nur aus wenigen Rinnsalen und
Tümpel bestehe; vielmehr befänden sich dort größere Teiche. Der Exxx Bach sei
daher an der Stelle, an der sie die Abwässer der Zeche Kxxx einleite, nach wie vor
ein Gewässer dritter Ordnung. Es treffe auch nicht zu, daß der Exxx Bach seine
Vorflutereigenschaft verloren habe. Denn zumindest werde der größte Teil der
Abflußkapazität des verrohrten Exxx Baches für die Ableitung von Niederschlägen
bereitgehalten. Der Beklagte könne nicht beweisen, daß das Niederschlagswasser
auf andere Weise abgeleitet werde. Das Verwaltungsgericht sei daher zu Recht zu
dem Ergebnis gelangt, daß sie, die Klägerin, ihre Abwässer in ein Gewässer im Sinne
von § 1 WHG einleite. Hierzu sei sie kraft wasserrechtlicher Erlaubnis befugt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Vertreter des Öffentlichen Interesses stellt keinen förmlichen Antrag. Er
trägt unter Bezugnahme auf einen Erlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft
und Forsten vom 11. November 1969 (III A 4 - 605/1 - 16102) vor, daß ein
natürlicher Wasserlauf zugleich Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage
sein könne. In dem Erlaß heiße es unter anderem, daß das eventuelle Fehlen einer
wasserrechtlichen Erlaubnis dem nicht entgegenstehe. Vielmehr könne der faktisch
bestehende Zustand durch eine nachträglich erteilte Erlaubnis seine
Rechtsgrundlage erhalten.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
Inhalt der Gerichtsakten sowie der Vorprozeßakten Verwaltungsgericht
Gelsenkirchen 3 K 1015/65 und 5 K 554/67, ferner auf den Inhalt der vom Beklagten
vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Satzungsunterlagen, auf die Lagepläne (Bl.
67 der Gerichtsakten dieses Streitverfahrens und Bl. 49 der Vorprozeßakte 3 K
1015/65), sowie die Verwaltungsvorgänge des BergamtesE xxx, die sämtlich
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist unbegründet.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Bescheid beruht auf formell gültigem Ortsrecht. Die ihm
zugrunde liegende Entwässerungssatzung wurde vom Rat der Stadt Exxx am 27.
September 1967 beschlossen, am 24. Oktober 1967 aufsichtsbehördlich genehmigt,
vom Oberbürgermeister am 27. Oktober 1967 zwecks Bekanntmachung
unterzeichnet und sodann entsprechend den Anforderungen der
Veröffentlichungsvorschrift der Hauptsatzung vom 10. Juni 1953 im Amtsblatt der
Stadt Exxx veröffentlicht.</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Der Bescheid ist jedoch im Umfang der von der Klägerin erklärten Anfechtung
materiell rechtswidrig, weil die Klägerin den der Heranziehung zugrunde liegenden
Gebührentatbestand des § 16 Abs. 1 der Entwässerungssatzung nicht verwirklicht
hat. Indem sie nämlich die Abwässer ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach einleitet,
der sie dem Klärwerk des xxx Verbandes zuführt, benutzt die Klägerin keine
Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, wie dies § 4 Abs. 1 KAG 1893 als die dem § 16
Abs. 1 der Entwässerungssatzung zugrunde liegende Ermächtigungsnorm
voraussetzt. Vielmehr leitet die Klägerin diese Abwässer in ein oberirdisches
Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG ein. Die Eigenschaft des Exxx Baches
als oberirdisches Gewässer schließt es aus, daß er gleichzeitig Bestandteil einer
städtischen Entwässerungsanlage sein kann. Wenn § 1 Abs. 4 der
Entwässerungssatzung auch die von der Stadt Exxx unterhaltenen Wasserläufe in
die städtische Abwasseranlage einbezieht und durch § 16 Abs. 1 dieser Satzung
deren Benutzung der Gebührenpflicht unterwirft, so verstößt diese
Satzungsbestimmung, soweit es sich um ein oberirdisches Gewässer wie den Exxx
Bach handelt, gegen höherrangiges Recht.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">I. Der Beklagte macht vor allem geltend, der Exxx Bach sei schon beim
Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes kein oberirdisches Gewässer im Sinne
von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG gewesen. Vielmehr sei er unter Verlust seiner
Gewässereigenschaft in die städtische Abwasseranlage eingegliedert worden. Das
sei - so meint der Beklagte - hinsichtlich des Oberlaufs des Exxx Baches spätestens
im Jahre 1956 geschehen, als dessen Verrohrung vollendet gewesen sei. In seinem
Unterlauf (unterhalb der früheren Mühle Dxxx ) habe der Exxx Bach schon vor dieser
Zeit seine Gewässereigenschaft verloren gehabt.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1. Dieses Vorbringen des Beklagten verkennt die Rechtslage. Vor dem
Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes (1. März 1960), zu der Zeit also, in den
der Exxx Bach nach Ansicht des Beklagten seine Gewässereigenschaft verloren
haben soll, galt das preußische Wassergesetz. § 1 Abs. 1 PrWG bestimmt, daß
Wasserläufe diejenigen Gewässer sind, die in natürlichen oder künstlichen Betten
beständig oder zeitweilig oberirdisch abfließen, einschließlich ihrer oberirdischen
Quellen und Teiche, Weiher oder ähnlicher Wasseransammlungen, aus denen sie
abfließen, sowie ihrer etwa unterirdisch verlaufenden Strecken. Nach Abs. 4 dieser
Gesetzesbestimmung gilt ein natürlicher Wasserlauf als solcher auch nach einer
künstlichen Veränderung.</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Während § 1 Abs. 1 Nr. 1 and 2 WHG die Gewässer in oberirdische Gewässer
und das Grundwasser unterteilt (abgesehen von der Erwähnung der Küstengewässer
in Nr. 1a), unterscheidet § 1 Abs. 1 PrWG bei den oberirdisch fließenden Gewässern
zwischen solchen mit natürlichen und mit künstlichen Betten. Diese abweichende
Unterteilung der oberirdisch fließenden Gewässer ist aber im hier zu entscheidenden
Fall ohne Bedeutung. Denn eine dem natürlichen Wasserkreislauf zugehörige
Gewässerstrecke, in der Wasser in einem Bett abfließt, fällt nach beiden Gesetzen
unter den Begriff des Gewässers. Sie zählt zu den oberirdischen Gewässern im Sinne
von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG und zu den Wasserläufen im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG.
Ist somit der Exxx Bach ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des preußischen
Wassergesetzes, dann fällt er zugleich unter den Begriff des oberirdischen
Gewässers im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Daß der Exxx Bach beim Inkrafttreten des § 1 des preußischen Wassergesetzes
im Jahre 1913 ein natürlicher Wasserlauf im Sinne dieses Gesetzes war, der seinen
Zufluß aus dem im Lageplan bezeichneten Quellgebieten erhielt, wird auch vom
Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Als Wasserlauf fiel der Exxx Bach unter eine der
drei Gruppen, in die § 2 PrWG die Wasserläufe je nach ihrer größeren oder
geringeren Bedeutung für die Wasserwirtschaft einteilt: Wasserläufe erster Ordnung
sind hiernach die in dem Gesetz als Anlage beigefügten Verzeichnis aufgeführten
Strecken der Wasserläufe (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 PrWG). Zu den Wasserläufen zweiter
Ordnung gehören die Strecken natürlicher und künstlicher Wasserläufe, die in dem
nach § 4 PrWG vom Oberpräsidenten geführten Verzeichnis der Wasserläufe zweiter
Ordnung genannt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PrWG), Die übrigen, weder unter Nr. 1 noch
unter Nr. 2 des § 2 Abs. 1 PrWG fallenden Strecken natürlicher oder künstlicher
Wasserläufe gehören zur Gruppe der Wasserläufe dritter Ordnung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3
PrWG); hierbei handelt es sich zumeist um Strecken von Wasserläufen, die für die
Wasserwirtschaft von geringerer Bedeutung sind.</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Wie sich aus dem im Amtsblatt der Bezirksregierung in Dxxx vom 26. April 1957
auf S. 129 abgedruckten Erlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und
Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1957 ergibt (Fotokopie Bl. 30
der Gerichtsakten), ist der bis dahin mit seiner Teilstrecke ab Grundstück Hxxx Nr.
xxx (Mühle Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx im Verzeichnis der natürlichen
Wasserläufe zweiter Ordnung unter dem Namen Sxxx Bach eingetragen gewesene
Exxx Bach vom Zeitpunkt dieses Erlasses an aus dem Wasserlaufverzeichnis
gestrichen worden. Es heißt aber in diesem Erlaß, daß der Exxx Bach als Wasserlauf
dritter Ordnung weitergelten solle.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Diese bis zum Jahre 1957 bestehende Eintragung im Verzeichnis der
Wasserläufe zweiter Ordnung war auf Grund eines förmlichen Verfahrens erfolgt, in
dem auch die Stadt Exxx und die früher selbständige Stadte Sxxx Einwendungen
hätten erheben können, wenn sie der Auffassung gewesen wären, der Exxx Bach sei
in seinem gesamten Verlauf oder zumindest in seinem Unterlauf kein natürlicher
Wasserlauf mehr (vgl. § 5 PrWG). Für die Stadt Exxx hätte selbst nach erfolgter
Eintragung die Möglichkeit bestanden, bei dem Oberpräsidenten oder - nach 1945 -
bei dem an dessen Stelle zuständig gewordenen Landesminister eine Änderung der
Eintragung im Wasserlaufverzeichnis anzuregen, wenn sie zu der Auffassung gelangt
war, der Exxx Bach sei in der Folgezeit wegen völliger Umgestaltung kein natürlicher
Wasserlauf mehr. sondern Bestandteil der städtischen Abwasseranlage.</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, Nachdruck der
dritten und vierten Auflage, Berlin und Köln 1955, § 6 Anm. 2.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Solange aber der Exxx Bach in dem Verzeichnis eingetragen blieb, stand mit
Geltung für jedermann fest, daß dieser Bach im Verlauf der in der Eintragung
angegebenen Strecke ein Wasserlauf zweiter Ordnung und ein natürlicher
Wasserlauf war. Denn die Aufnahme in dieses Verzeichnis entschied, sowohl in
privatrechtlicher als auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht, endgültig über die
Zugehörigkeit des Wasserlaufs zu einer der Ordnungen des § 2 Abs. 1 PrWG und
über seine Eigenschaft, ein natürlicher oder ein künstlicher Wasserlauf zu sein.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 10, § 2 Vorbem. c und d, § 5 Anm.
13.</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Diese endgültige, Privatpersonen sowie Gerichte und Behörden bindende
Wirkung der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis war erforderlich, weil für die
Wasserläufe der drei Ordnungen zum Teil verschiedene Vorschriften (insbesondere
hinsichtlich der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse, sowie der
Unterhaltungspflichten) galten.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 2 Vorbem. h.</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Durch die in § 2 PrWG getroffene Regelung wollte der Gesetzgeber einen Streit
über die Zugehörigkeit eines Wasserlauf zu einer der drei Ordnungen oder eine
Ungewißheit darüber, ob es sich um einen natürlichen oder einen künstlichen
Wasserlauf handelt, von vornherein ausschließen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Wassergesetzes in: Sammlung der
Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, V.
Session 1912/13, Drucksache Nr. 9 B, zu §§ 2 bis 4 (Spalte 58).</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis des § 4 PrWG
entscheidet somit ausschließlich und bindend über die Einreihung eines Wasserlaufs
in die Gruppe der Wasserläufe zweiter Ordnung sowie darüber, ob ein natürlicher
oder künstlicher Wasserlauf vorliegt. Das gilt selbst dann, wenn ein eingetragener
Wasserlauf von Anfang an kein Gewässer im Sinne von § 1 PrWG gewesen und nur
fälschlicherweise in das Wasserlaufverzeichnis eingetragen worden wäre.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 17, § 2 Vorbem. d.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Da der Exxx Bach bis zum Jahre 1957 als natürlicher Wasserlauf im Verzeichnis
der Wasserläufe zweiter Ordnung eingetragen war, ist er somit bis zu diesem
Zeitpunkt in dem in der Eintragung angegebenen Streckenabschnitt ein natürlicher
Wasserlauf zweiter Ordnung gewesen. Mindestens bis zu diesem Zeitpunkt kommt
es daher auf die vom Beklagten behaupteten Änderungen der tatsächlichen
Verhältnisse, insbesondere die völlige Verrohrung und die unterirdische Verlegung
des Exxx Baches in seinem Unterlauf für die Frage der Wasserlaufeigenschaft nicht
an (§ 1 Abs. 4 PrWG). Der Exxx Bach ist somit bis zum Jahre 1957 in seinem
Streckenabschnitt Mühle Dxxx bis zur Mündung in die Rxxx ein natürlicher
Wasserlauf zweiter Ordnung gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an Hand der
Lagepläne klargestellt haben, befand sich die im Wasserlaufverzeichnis genannte
Mühle und Ziegelei Dxxx etwa dort, wo heute in Exxx-Sxxx die Straße Dxxx in die
Straße Hxxx einmündet (Hxxx Haus Nr. xxx ). Die Klägerin leitet die. Abwässer ihrer
Zeche Kxxx oberhalb dieser Stelle in den Exxx Bach ein und zwar an dem im
Lageplan (Anlage 6 zu Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A bezeichnetem Punkt, der
zwischen den mit 1 und 3 in diesem Lageplan gekennzeichneten Quellzuflüssen des
Exxx Baches liegt. Somit werden diese Abwässer an einer Stelle in den Exxx Bach
eingeleitet, die von der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis topografisch nicht mehr
erfaßt wird. Hieraus läßt sich jedoch zu Gunsten des Beklagten nicht herleiten, der
Exxx Bach sei oberhalb der Mühle Dxxx kein natürlicher Wasserlauf, sondern eine
städtische Abwasserleitung gewesen, etwa die Fortsetzung der vom Stadteil Fxxx
ausgehenden und in den Exxx Bach einmündenden Hauptsammler. Auch wenn nur
der Unterlauf eines Gewässers in das Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung
eingetragen ist, so kann es doch in seinem Oberlauf ein Wasserlauf dritter Ordnung
sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG), der als solcher in kein Wasserlaufverzeichnis
eingetragen wird, gleichwohl aber ebenfalls zu den Wasserläufen im Sinne von § 1
PrWG gehört. Das ist bei dem Oberlauf des Exxx Baches der Fall. Durch die
Eintragung im Wasserlaufverzeichnis steht fest, daß er im Unterlauf ein natürlicher
Wasserlauf ist. Ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des § 1 Abs. 1 PrWG setzt jedoch
u.a. voraus, daß er einen ständigen naturgegebenen Zufluß aus einem Quellgebiet
hat.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 a.</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Das naturgegebene Quellgebiet des Exxx Baches sind die im Lageplan (Bl. 67
der Gerichtsakten, Anl. 6) mit 1, 2, 3, 4 und 5 bezeichneten Quellen und Teiche. Die
Tatsache, daß die Zuflüsse 4 und 5 sich erst an der Stelle mit den übrigen
Quellzuflüssen, des Exxx Baches vereinigen, an der die im Wasserlaufverzeichnis
eingetragene Strecke des Exxx Baches beginnt (Haus Hxxx Nr. xxx ), läßt vermuten,
daß der Exxx Bach nur deshalb erst von dieser Stelle ab in das
Wasserlaufverzeichnis eingetragen wurde, weil die eintragende Behörde
(Oberpräsident) die oberhalb des Hauses Hxxx Nr. xxx befindlichen Zuflüsse als
einheitliche Quellzuflüsse des Exxx Baches betrachtete, die sich erst am Grundstück
Hxxx Nr. xxx zu einem zusammenhängenden Wasserlauf mit einem sämtliche
Zuflüsse umfassenden Bachbett vereinigten. Gemäß § 1 Abs. 1 PrWG sind aber
Quellen, Teiche, Weiher und ähnliche Wasseransammlungen, aus denen Gewässer
abfließen, Bestandteil des Wasserlaufs, den sie bilden. Sie unterliegen denselben
Rechtsnormen wie der von ihnen gebildete Wasserlauf, weil ein Wasserlauf seiner
Zweckbestimmung für die Allgemeinheit nur erhalten werden kann, wenn die ihn
speisenden Zuflüsse in gleicher Weise wie er selbst durch die Vorschriften des
Wasserrechts geschützt werden.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 5 b.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Ist somit der Exxx Bach schon kraft Eintragung im Wasserlaufverzeichnis ein
natürlicher Wasserlauf, dann kann für die ihn speisenden Quellen und Teiche wegen
§ 1 Abs. 1 PrWG nichts anderes gelten.</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Bereits die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis hat daher zur
Folge, daß der Exxx Bach auch an der Stelle ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von
§ 1 Abs. 1 PrWG ist, an der die Klägerin die Abwässer ihrer Zeche Kxxx
einleitet.</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">2. Wegen der vorherigen Eintragung im Wasserlaufverzeichnis könnte der Exxx
Bach seine Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG zu
sein, erst nach dem 19. März 1957 verloren haben. Auch dies ist jedoch nicht der
Fall.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">In der vom Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes
Nordrhein-Westfalen zur Änderung des Wasserlaufverzeichnisses gegebenen
Begründung (vgl. den o.a. Erlaß, Fotokopie Bl. 30 der Gerichtsakten), heißt es, der
Exxx Bach solle als Wasserlauf dritter Ordnung weitergelten. Diese von dem
sachkundigen Fachminister gegebene Begründung läßt erkennen, daß die Streichung
aus dem Wasserlaufverzeichnis nicht - etwa auf Anregung der Stadt Exxx - zu dem
Zweck erfolgt ist, eine unrichtige, den tatsächlichen Verhältnissen widersprechende
Eintragung zu ändern, oder aber, um rechtlich die Gewässereigenschaft des Baches
zu beseitigen und seine vollzogene Einbeziehung in die städtische Abwasseranlage
nachträglich zu legalisieren; deshalb kann hier dahingestellt bleiben, unter welchen
Voraussetzungen letzteres rechtlich möglich gewesen wäre.</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsauffassung des Ministers, daß der Exxx Bach auch nach 1957 ein
Wasserlauf bleibe, steht im Einklang mit dem vor allem für die Abgrenzung der
natürlichen von den künstlichen Wasserläufen im preußischen Wassergesetz
geltenden Grundsatz, daß ein natürlicher Wasserlauf im Zweifel auch weiterhin
solange als solcher anzusehen ist, als nicht das Gegenteil erwiesen ist.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 b.</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Das muß umso mehr gelten, wenn, wie hier bis zum Jahre 1957, die
Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf zu sein, kraft Eintragung im
Wasserlaufverzeichnis unwiderleglich feststeht.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Der Exxx Bach ist somit auch über das Jahr 1957 hinaus ein natürlicher
Wasserlauf geblieben, sofern nicht die Wasserlaufeigenschaft nach dem 19. März
1957 durch eine nach dem preußischen Wassergesetz rechtswirksame Maßnahme
beseitigt worden ist oder aber die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche
Beseitigung schon vor 1957 sämtlich erfüllt gewesen sind und diese lediglich wegen
der entgegenstehenden Eintragung im Wasserlaufverzeichnis nicht hatten
rechtswirksam werden können. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn zur Umwandlung
eines Wasserlaufs in eine Abwasserleitung hätte es der Zustimmung der Eigentümer
und Nutzungsbefugten sowie der zuständigen Wasserbehörde bedurft.</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Urteil vom 25. April 1962 - III A 857/59 -
, Der Gemeindehaushalt (Gemht) 1962, 239 = Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ)
1962, 173; Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 4 mit weiteren Nachweisen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Es genügt nicht, daß der Beklagte den Exxx Bach durch einseitige Maßnahmen
planmäßig mit der Absicht baulich verändert hat, ihn in die städtische
Abwasseranlage einzugliedern. Auch der vom Beklagten zitierte Beschluß des
Preußischen Oberverwaltungsgerichts (PrOVG) vom 2. März 1933</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">- V.W. 201.31 - (unveröffentlicht, Fotokopie in Vorprozeßakte 3 K 1015/65, Bl. 54
ff)</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">betreffend die Wasserlaufeigenschaft der die Stadt Exxx durchfließenden Bxxx
hält es für erforderlich (aaO S. 3), daß die bauliche Veränderung und die
Eingliederung eines früheren Wasserlaufs "mit Zustimmung der zuständigen
Polizeibehörde" ausgeführt wurde, womit nur die Wasserpolizeibehörde gemeint
sein kann.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, daß die Eigentümer und
Nutzungsbefugten sowie die Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsicht) vor oder nach
dem Jahre 1957 der Umwandlung des Exxx Baches in einen Bestandteil der
städtischen Abwasseranlage zugestimmt haben. Auf keinen Fall hat die Klägerin, die
gemäß § 8 Abs. 1 PrWG als Eigentümerin eines Ufergrundstücks zu den Eigentümern
des Exxx Baches gehört, sich mit seiner Einbeziehung in die städtische
Abwasseranlage unter Verlust der Wasserlaufeigenschaft einverstanden
erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte glaubt zwar hinsichtlich des Erfordernisses der Zustimmung der
Klägerin als Eigentümerin auf die von ihr dem Rxxxverband eingeräumte
Dienstbarkeit vom 6. März 1930 (Fotokopie der Eintragungsbewilligung Bl. 291 der
Gerichtsakten) verweisen zu können, die, wie er vorträgt, spätestens seit 1948 auf
die Stadt Exxx übergegangen sei. Die Einräumung dieser Dienstbarkeit habe - so
meint der Beklagte - zur Folge, daß die Klägerin dadurch einer Entwidmung des Exxx
Baches als Wasserlauf und seiner Umwandlung in einen Abwasserkanal zugestimmt
habe, so daß darin auch ihre Zustimmung zur späteren Eingliederung in die
städtische Abwasseranlage liege.</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Diese Auffassung des Beklagten ist jedoch unzutreffend. Denn die dem
Rxxxverband am 6. März 1930 eingeräumte Dienstbarkeit, bei der es sich um eine
beschränkte persönliche Dienstbarkeit handelt (Bl. 317 der Gerichtsakten, Anlage VI
Nr. 4), geht dahin, "gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark einen
Bachlauf zu unterhalten und zu betreiben". Von der Unterhaltung eines
Abwasserkanals, der (als Folge der Ausübung der Dienstbarkeit) an die Stelle des
bis dahin vorhandenen natürlichen Wasserlaufs treten solle, ist keine Rede.
Derartiges ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Dienstbarkeit. Sie
soll vielmehr den Rxxxverband in die Lage, versetzen, die nach § 2 des
Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni 1913 (PrGS 305 PrGS UW 210) - RRG -
vorgesehenen Anlagen herzustellen, zu unterhalten und zu betreiben, die
erforderlich sind, um eine nach den Vorschriften des preußischen Wassergesetzes
nicht erlaubte Verunreinigung der Rxxx und ihrer Nebenflüsse zu verhindern. Dem
entspricht das Recht des Rxxxverbandes, zur Erreichung dieses Zwecks Wasserläufe
auszubauen und zu benutzen (§ 2 Abs. 2 RRG). Aufgabe und Zweck des
Rxxxverbandes bestehen demnach nicht nur, wie der Beklagte vorträgt, darin, die
xxx reinzuhalten, sondern auch deren Nebenflüsse; das Ausbau- und
Benutzungsrecht des Rxxxverbandes umfaßt deshalb sämtliche das
Genossenschaftsgebiet durchfließende Wasserläufe (§ 2 Abs. 2 RRG).</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Dieser Zweckbestimmung des Rxxxverbandes entspricht der Inhalt der
Dienstbarkeit vom 6. März 1930. Wenn dort vom Unterhalten und Betreiben eines
"Bachlaufs" die Rede ist, so ist damit schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ein
natürlicher Wasserlauf gemeint. Im übrigen gehört es zu den Aufgaben des
Rxxxverbandes, auch einen Bachlauf von Verunreinigungen freizuhalten (§ 2 Abs. 1
RRG). Das Ruhrreinhaltungsgesetz und der sich aus dieser Ermächtigungsgrundlage
ergebende Zweck des Rxxxverbandes sprechen somit dagegen, daß die vom
Rxxxverband auf der Grundlage dieses Gesetzes getroffenen Maßnahmen sich auf
die Reinhaltung des Wassers der Rxxx beschränken mit der Folge, daß die
Nebenflüsse der Rxxx zu Abwasserleitungen werden können und ihre Eigenschaft,
natürlicher Wasserlauf zu sein, verloren geht. Das wäre auch abwassertechnisch
kaum sinnvoll, weil die Reinhaltungsmaßnahmen eines Abwasserverbandes so nahe
wie möglich an der Stelle wirksam werden müssen, an der der natürliche
Wasserkreislauf durch Abwassereinleitungen beeinträchtigt wird.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Welchen Zwecken die von der Klägerin und anderen Eigentümern des Exxx
Baches zu Gunsten des Rxxxverbandes eingeräumten Dienstbarkeiten dienten,
ergibt sich aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlagen III Nr. 2 und
Anlagen I Nr. 14 bis 17 zu Bl. 317 Gerichtsakten). Die Dienstbarkeit sollte einmal
dem Rxxxverband den Zugang zum Exxx Bach an jeder Stelle des Bachlaufs sichern,
sowie zum anderen die Bedienung der Vorkläranlagen (z.B. Zecheneinlaufbauwerke)
und vor allem die Anlegung von Schlammtrockenplätzen ermöglichen, deren Lage
(mit grüner Schraffierung) im Lageplan (Bl. 49 Vorprozeßakte 3 K 1015/65)
angegeben ist. Es handelt sich dabei um Maßnahmen, die nicht nur bei einem
Abwasserkanal, sondern erst recht bei einem natürlichen Wasserlauf notwendig sein
können, um das Gewässer von Verunreinigungen freizuhalten oder eingetretene
Verunreinigungen zu beseitigen oder abzuschwächen.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Diese dem Rxxxverband von der Klägerin eingeräumte Dienstbarkeit konnte
zwar gemäß § 1 des Gesetzes über die Veräußerung von Nießbrauchsrechten und
beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten vom 13. Dezember 1935 (RGBl I 1468)
auf die Stadt Exxx übertragen werden. Wie jedoch § 3 dieses Gesetzes ausdrücklich
hervorhebt, konnte die Stadt Exxx durch die Übertragung der Dienstbarkeit nicht
mehr Rechte am Grundstück der Klägerin erwerben, als dem Rxxxverband
zustanden. Dessen Recht war jedoch durch den Inhalt der Dienstbarkeit (einen
Bachlauf, d.h. einen natürlichen Wasserlauf zu betreiben) begrenzt. Abgesehen vom
Inhalt der Eintragung darf zwar der Nutzungsumfang einer beschränkten
persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des
Berechtigten bestimmt werden (vgl. § 1091 BGB), weshalb dem Beklagten darin
beizupflichten ist, daß der Inhalt der Dienstbarkeit auch vom Zweck des
Rxxxverbandes her ausgelegt werden müsse. Der Beklagte läßt jedoch außer
Betracht, daß der Zweck dieses Verbandes gerade dahin geht, die Rxxx und ihre
Nebenflüsse von Verunreinigungen, die nach dem preußischen Wassergesetz nicht
erlaubt sind, freizuhalten, d.h. Abwässer aus dem natürlichen Wasserkreislauf zu
beseitigen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RRG). Dem würde es widersprechen, wenn der
Rxxxverband wasserbauliche oder andere Maßnahmen treffen würde, um den Exxx
Bach von einem natürlichen Wasserlauf in einen Abwasserkanal umzuwandeln.
Insoweit unterscheidet sich die Interessenlage des Rxxxverbandes (Reinhaltung der
Rxxx und deren Nebenflüsse) grundlegend von dem fiskalischen Interesse der Stadt
Exxx an einer kostensparenden Beseitigung der städtischen Abwässer durch
Einleiten in natürliche Vorfluter. Für die Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeit (§
1091 BGB) ist jedoch ausschließlich das Interesse des Rxxxverbandes maßgeblich,
weil diesem die Dienstbarkeit eingeräumt wurde. Aus der im Jahre 1930 bestellten
Dienstbarkeit läßt sich daher nicht herleiten, daß die Klägerin als Eigentümerin einer
Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische Abwasseranlage unter Verlust seiner
Wasserlaufeigenschaft zugestimmt hat.</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Ebensowenig hat der Beklagte den Nachweis erbringen können, daß die
zuständige Wasserpolizeibehörde zu einer solchen Maßnahme ihre Zustimmung
erteilt hat. Soweit der Beklagte auf die durch den Rxxxverband in den Jahren 1920
und 1928 bei den Regierungspräsidenten in xxx und xxx beantragten Erlaubnisse
und eingeleiteten Planfeststellungsverfahren verweist, kann auf das bereits
Ausgeführte Bezug genommen werden, wonach der Rxxxverband keinesfalls die
Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft des Exxx Baches betrieben hat. Derartiges
läßt sich auch nicht mittelbar den Unterlagen betreffend das im Jahre 1920 bei den
Regierungspräsidenten in xxx und xxx durch den Rxxxverband eingeleitete Verfahren
(Entwurf eines Regenauslasses des Exxx Baches) entnehmen. Der Vorsitzende des
Rxxxverbandes bezeichnet zwar in seinem Schreiben an den Regierungspräsidenten
vom 30. April 1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 1) diesen projektierten
Regenauslaß als Teil der Kanalisation von xxx . Aus dem zweiten Absatz seines
Schreibens geht jedoch unmißverständlich hervor, daß er den Exxx Bach nach wie
vor als Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes ansieht und daß er
deshalb die Zustimmung der nach diesem Gesetz am Bach Berechtigten zum Bau
des Regenauslasses für erforderlich hält. Dem entspricht das Antwortschreiben des
Regierungspräsidenten in vom 14. August 1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I
Nr. 2), in dem dem Rxxxverband aufgegeben wird, für eine geregelte Reinigung des
Baches zu sorgen, und in dem es desweiteren heißt: "Der Entwurf (eines
Regenauslasses) ist nur als vorläufige Aushilfe anzusehen, nicht aber als Ersatz für
eine geordnete Kanalisation." Für den Fall, daß Mißstände durch den Betrieb des
Regenauslasses entstehen, verpflichtet der Regierungspräsident den Rxxxverband zu
deren alsbaldiger Beseitigung. Wäre der Exxx Bach schon damals in einen
Abwasserkanal umgewandelt worden, so hätte es dieser Hinweise nicht bedurft. Der
Regierungspräsident erinnert hier an die sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 RRG ergebende
gesetzliche Verpflichtung des Rxxxverbandes, eine "nach den Vorschriften des
Wassergesetzes nicht erlaubte Verunreinigung" der Rxxx und ihrer Nebenflüsse zu
verhindern; hieraus folgt, daß der Exxx Bach auch in seinem Unterlauf vom
Regierungspräsidenten weiterhin als Wasserlauf im Sinne des preußischen
Wassergesetzes angesehen worden ist und daß der Regierungspräsident deshalb
damals seiner Umwandlung in eine Abwasserleitung unter Verlust der
Wasserlaufeigenschaft nicht zugestimmt haben kann.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Nicht anders verhält es sich mit den Unterlagen betreffend den vom
Rxxxverband am 10. Februar 1928 dem Regierungspräsidenten in xxx vorgelegten
Entwurf für die Regelung des Exxx Baches (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 3).
Wie sich aus dem handschriftlichen Randvermerk des Sachbearbeiters beim
Regierungspräsidenten ergibt, handelte es sich hierbei um den beabsichtigten
Ausbau sowie die Verlegung und streckenweise Kanalisierung des "Baches", mithin
um Maßnahmen, wie sie im preußischen Wassergesetz für natürliche Wasserläufe
vorgesehen sind, und die hier u.a. zur Verlegung des Exxx Baches aus dem
Stadtgebiet von Sxxx geführt haben. Dementsprechend heißt es in dem vom
Regierungspräsidenten im Mai 1928 gefertigten Entwurf des Antwortschreibens an
den Rxxxverband (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 4), daß die sich aus § 29
RRG ergebenden . Ansprüche (d.h. die sich aus dem preußischen Wassergesetz im
Falle einer Veränderung des Wasserstandes und der Vorflut oder der Verunreinigung
des Wassers zugunsten der Eigentümer und Nutzungsbefugten ergebenden
Ansprüche) erhalten bleiben. Die Erhaltung derartiger wasserrechtlicher Ansprüche
wäre aber gegenstandslos. wenn ein Wasserlauf unter Verlust seiner
Wasserlaufeigenschaft künftig ein Abwasserkanal sein soll.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Daß selbst der Beklagte noch im Jahre 1952 in zutreffender Beurteilung der
Rechtslage den Exxx Bach in dem Streckenabschnitt hinter dem Parkfriedhof, also
dem Quellgebiet oberhalb des Geländepunktes Exxx als Wasserlauf im Sinne des
preußischen Wassergesetzes angesehen hat, folgt aus seinem am 11. Juni 1952 an
die Dxxx Bxxx gerichteten Schreiben (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 9), in
dem der Beklagte ausdrücklich in seiner Eigenschaft "als Wasseraufsichtsbehörde"
die Bxxx auf die ihr als Eigentümerin des Exxx Baches gemäß § 115 PrWG
obliegende Verpflichtung hinweist und wasseraufsichtsbehördliche Maßnahmen
ankündigt. Eine Zuständigkeit der Wasserbehörde wäre aber nicht gegeben
gewesen, wenn es sich bei dem Exxx Bach damals um eine städtische
Abwasserleitung gehandelt hätte. In ihrem Antwortschreiben vom 22. November
1952 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 10) hat die Dxxx Bxxx ebenfalls die
Auffassung vertreten, daß es sich um einen natürlichen Wasserlauf handelt. Sie
weist darauf hin, daß sie (als Eigentümerin) gemäß § 40 Abs. 2 Ziff. 2 PrWG
berechtigt sei, Abwässer in den Exxx Bach einzuleiten und führt aus, daß sie diese
Abwässer möglichst gereinigt dem Bachlauf zuführe. Sodann bittet sie den
Beklagten als Wasseraufsichtsbehörde, die Einführung von Fäkalienabwässern von
der Zeche Kxxx und den an den Exxx Bach angeschlossenen Wohnsiedlungen zu
unterbinden.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Wenn der Beklagte schließlich geltend macht, die am Exxx Bach zwecks
Umwandlung in einen Abwasserkanal durchgeführten Wasserbaumaßnahmen seien
mit Beteiligung des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserpolizeibehörde
(Wasseraufsicht) erfolgt, so kann hierin nicht die nach dem preußischen Wasserrecht
erforderliche Zustimmung der für eine solche Maßnahme zuständigen
Wasserpolizeibehörde zur Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft gesehen werden.
Bereits der Erlaß der Minister für öffentliche Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für
Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Ministers des Innern vom 13. Juli
1914,</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung, 75. Jahrgang, 1914, S.
248,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">schränkte die nach dem preußischen Wassergesetz an sich auch für Gemeinden
bestehende Möglichkeit, Abwässer in Wasserläufe einzuleiten, stark ein. Dieser Erlaß
regelte einmal den Fall, daß eine Gemeinde gemäß § 23 PrWG die Einleitung von
Abwässern größerer Ortsteile oder ganzer Ortschaften der Wasserpolizeibehörde
anzeigte. Der Erlaß bestimmte für diesen Fall, daß die Wasserpolizeibehörde die von
den Gemeinden eingereichten Pläne der Abwasseranlage durch den
Regierungspräsidenten dem preußischen Ministerium des Innern vorzulegen hatte,
um, wie es in dem Erlaß heißt, "auf eine gleichmäßige Handhabung der Grundsätze
für die Reinhaltung der Wasserläufe hinwirken" zu können. Für den Fall, daß eine
Gemeinde statt einer Anzeige nach § 23 PrWG einen Antrag auf Verleihung des
Rechts zur Einleitung ihrer Abwässer gemäß § 46 PrWG stellen sollte, wies dieser
Erlaß die Wasserpolizeibehörde an, gegebenenfalls vom Recht des Widerspruchs
Gebrauch zu machen, um auf diese Weise eine Entscheidung der Ministerialinstanz
herbeizuführen. Dieser Erlaß war, wie sich aus der Kommentierung von</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 23 Anm. 7</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">ergibt, auch in der Folgezeit noch anzuwenden. Daraus folgt, daß die nach
preußischem Recht zuständigen Minister die Übung der Stadt Exxx (vgl. die
Bekundungen des Leiters der Stadtentwässerung in der mündlichen Verhandlung vor
dem Senat), im Stadtgebiet vorhandene natürliche Wasserläufe an die städtische
Kanalisation anzuschließen und abwassertechnisch der städtischen Abwasseranlage
einzugliedern, nicht billigten, wenn dadurch - was bei dem Exxx Bach der Fall
gewesen sein dürfte - gegen die Grundsätze über die Reinhaltung der natürlichen
Wasserläufe verstoßen wurde. Die Minister hielten derartige Eingriffe in einen unter
§ 1 Abs. 1 PrWG fallenden Wasserlauf für so schwerwiegend, daß sie die
Entscheidung über die Zulässigkeit der Einleitung und über die Verleihung des
Rechts zur Einleitung von Abwässern nicht ausschließlich den nach dem preußischen
Wassergesetz zuständigen Wasserpolizei- und Verleihungsbehörden überließen,
sondern generell von ihrer Zustimmung abhängig machten. Das städtische
Tiefbauamt war also nach dem Erlaß zur Erteilung der erforderlichen
wasserbehördlichen Zustimmung zur Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft allein
nicht befugt; daraus ist zu schließen, daß das Tiefbauamt eine wasserpolizeiliche
Entscheidung überhaupt nicht hat treffen wollen, zumal das Tiefbauamt in den vom
Beklagten vorgelegten Unterlagen niemals als Wasserpolizeibehörde
(Wasseraufsichtsbehörde) nach außen hin aufgetreten ist. Dagegen bezeichnet sich
in dem bereits erwähnten Schreiben an die Bxxx vom 11. Juni 1952 die damals tätig
gewordene Dienststelle des Beklagten ausdrücklich "als
Wasseraufsichtsbehörde".</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß weder die Klägerin als
Teileigentümerin des Wasserlaufs noch die zuständigen Behörden die zur
Umwandlung des Exxx Baches in eine Abwasserleitung erforderliche Einwilligung
erteilt haben. Der Exxx Bach ist daher auf jeden Fall bis zum 1. März 1960 ein
natürlicher Wasserlauf im Sinne des § 1 Abs. 1 PrWG geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">3. Ab 1. März 1960 gilt das Wasserhaushaltsgesetz, das preußische
Wassergesetz trat außer Kraft, soweit es sich um Materien handelte, die im
Wasserhaushaltsgesetz geregelt sind. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG findet das
Wasserhaushaltsgesetz Anwendung auf das ständig oder zeitweilig in Betten
fließende oder stehende Wasser (oberirdische Gewässer). Der Exxx Bach ist ein
oberirdisches Gewässer in diesem Sinne. Da § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG nicht mehr wie §
1 Abs. 1 PrWG zwischen natürlichen und künstlichen Wasserläufen unterscheidet, ist
schon aus diesem Grunde die Verrohrung und teilweise unterirdische Verlegung des
Exxx Baches ohne Einfluß auf seine Eigenschaft, ein oberirdisches Gewässer zu
sein.</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz, 2. Aufl., § 1 Anm. 2.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Sammelleitungen einer städtischen Abwasseranlage gehören allerdings nicht zu
den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG fallenden oberirdischen Gewässern. Denn ein
Gewässer in diesem Sinne setzt voraus, daß es durch Ableiten von Quell-, Grund-
oder Niederschlagswasser zu einem Gewässer am natürlichen Wasserkreislauf
teilnimmt.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Gieseke-Wiedemann, § 1 Anm. 2.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Das in Abwassersammelleitungen enthaltene Wasser ist dagegen zuvor dem
natürlichen Wasserkreislauf zum hauswirtschaftlichen oder gewerblichen Gebrauch
entnommen worden. Es wird in der Abwasseranlage gesammelt, zu einem
natürlichen Vorfluter transportiert und erst dort dem natürlichen Wasserkreislauf
wieder zugeführt.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber leitet der Exxx Bach nach wie vor das aus seinem Quellgebiet
fließende Wasser ab, er ist der natürliche Vorfluter für das in seinem Gebiet
anfallende Niederschlagwasser, auch wenn dieses zum Teil nicht unmittelbar,
sondern durch Straßenabläufe in ihn eingeleitet wird. Da der Bach insoweit am
natürlichen Wasserkreislauf teilnimmt, kommt es nicht darauf an, ob das in ihn
abgeleitete Abwasser quantitativ überwiegt. Der Exxx Bach fällt vielmehr unter § 1
Abs. 1 Nr. 1 WHG.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Ein dieser Gesetzesbestimmung unterliegendes Gewässer kann seine
Gewässereigenschaft nur dann verlieren und zu einem Bestandteil einer städtischen
Abwasseranlage werden, wenn es durch ein förmliches Planfeststellungsverfahren
als Gewässer beseitigt wird (§ 31 WHG). Zuständig für die Durchführung eines
solchen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 WHG ist nach § 67 Abs. 4 Satz 1 IWG
die obere Wasserbehörde, der Regierungspräsident (§ 96 LWG). Über den Inhalt des
Planfeststellungsverfahrens enthält § 31 Abs. 2 WEG zwingende Bestimmungen. Ein
solches Verfahren zwecks Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische
Abwasseranlage ist jedoch weder vom Beklagten beantragt, noch vom
Regierungspräsidenten durchgeführt worden. Ohne ein solches
Planfeststellungsverfahren konnte aber die Eigenschaft des Exxx Baches, ein unter §
1 WHG fallendes oberirdisches Gewässer zu sein, nicht beseitigt werden.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 31 Anm. 2 b.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Der Exxx Bach ist daher auch heute noch ein oberirdisches Gewässer im Sinne
von § 1 WHG. Der Senat kommt somit zu demselben Ergebnis wie der
Regierungspräsident in xxx (obere Wasserbehörde), der in seinem Schreiben an die
Klägerin vom 10. November 1961 (Bl. 31 der Gerichtsakten) entgegen der früher von
ihm vertretenen Auffassung ausgeführt, der Exxx Bach habe seine Eigenschaft, ein
natürlicher Wasserlauf (Gewässer) zu sein, nicht verloren. Ebenso geht das
Oberbergamt in xxx als die im Rahmen des § 14 Abs. 1 WHG bei Zechenbetrieben
für wasserrechtliche Erlaubnisse zuständige Behörde in der von ihm am 17. Mai 1962
erteilten Einleitungserlaubnis (§ 7 WHG) davon aus, daß der Exxx Bach auch heute
noch ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG ist.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">II. Die Eigenschaft des Exxx Baches als oberirdisches Gewässer im Sinne von §
1 WHG schließt es aus, daß dieser zugleich Bestandteil einer städtischen
Abwasseranlage sein kann, mit der Folge, daß die Stadt für seine Benutzung
Gebühren verlangen kann. Der Senat vermag der vom Oberverwaltungsgericht
Lüneburg, Urteil vom 28, April 1954</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">- III OVG A 109/53 -, Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und
Lüneburg (OVGE) 8, 385 = KStZ 1955, 64,</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">sowie im Schrifttum zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-
Westfalen (KAG NW)</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Bauernfeind-Zimmermann, KAG NW, 1969, § 7 RdNr. 12 und Dahmen-Küffmann,
KAG NW, 1970, § 7 Anm. 4 (S. 341),</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">ferner im Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des
Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. November 1969, III A 4 - 605/1 - 16102 (Bl.
238 der Gerichtsakten) vertretenen gegenteiligen Auffassung (der sogenannten
Zweinaturentheorie), der sich in diesem Streitverfahren der Vertreter des
öffentlichen Interesses angeschlossen hat,</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">anderer Meinung: Abt. Zeitschrift für Wasserrecht (ZfW) 1964, 210; Gieseke-
Wiedemann, § 1 Anm. 2a (am Ende); vgl. auch Zimmermann, Wasser und Boden
(WuB) WO, 330 (331), der eine Trennung zwischen natürlichen Wasserläufen und
Kanalisationsanlagen mit dem Ziel, die Wasserläufe wieder abwasserfrei zumachen,
für erforderlich hält,</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">nicht zufolgen. Denn sie verkennt, daß nach § 4 KAG 1893 Gebühren nur für die
Benutzung einer gemeindlichen Veranstaltung (Anlage, Einrichtung) erhoben werden
dürfen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Vermeidung von Wiederholungen Urteil des Senats vom 22. März 1971 -
II A 554/69 -, OVGE 26, 204 = KStZ 1972, 50 = ZfW 1972, 173.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG (ebenso ein Wasserlauf im Sinne von § 1
Abs. 1 PrWG) ist jedoch keine von der Gemeinde zur Verfügung gestellte
Einrichtung. Vielmehr steht das Gewässer den Gewässereigentümern zu, wobei
allerdings die Eigentümerrechte durch den jedermann zustehenden Gemeingebrauch
und durch die vom Träger der staatlichen Gewässerhoheit kraft Wasserrechts
gewährten Erlaubnisse und Bewilligungen beschränkt sind, die das private Eigentum
am Gewässer überlagern.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 4. Juli 1969 - VII C 26.65 -,
ZfW 1970, 148 (149); Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VIII Anm. 2 und 3; Salzwedel,
ZfW 1962, 73; H.J. Wolff, Verwaltungsrecht I, 8. Aufl. § 57 I 2.</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Ein Gewässer wird daher kraft privaten Rechts (Eigentum) oder öffentlichen
Rechts (Gemeingebrauchs Erlaubnis, Bewilligung) auf Grund der Rechte genutzt, die
Wasserhaushaltsgesetz und Landeswassergesetz gewähren. Um diese sich bereits
aus den Wassergesetzen ergebenden Befugnisse (hier die der Klägerin durch das
Oberbergamt am 17. Mai 1962 erteilte Erlaubnis zur Einleitung von
Zechenabwässern) nutzen zu können, bedarf es nicht einer Zulassung oder einer
Vermittlung dieser Befugnis durch die Gemeinde, wie dies bei der Benutzung einer
gemeindlichen Einrichtung im Sinne von § 4 KAG 1893 begriffsnotwendig ist. Die
Stadt Exxx kann nicht dem Benutzer eines unter § 1 WHG fallenden Gewässers
gewähren, was ihn bereits kraft Wasserrechts zusteht. Die am Gewässer auf Grund
des Wasserrechts bestehenden oder zu bewilligenden Befugnisse sind der
Verfügungsgewalt der Gemeinde entzogen. Es ist deshalb ausgeschlossen, die kraft
Wasserrechts erfolgende Benutzung des Gewässers (hier die Einleitung der
Zechenabwässer in den Exxx Bach, der sie dem Klärwerk des Rxxxverbandes
zuführt) als das Ergebnis einer eigenen Leistung der Stadt Exxx zu behandeln. Nur
bei Vorliegen einer solchen besonderen Leistung der Gemeinde könnte aber eine
Benutzungsgebühr im Sinne von § 4 KAG 1893 als spezielle Vergütung für diese
Leistung erhoben werden.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Vgl. das o.a. Urteil des Senats vom 22. März 1971, aaO.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Die Stadt Exxx ist auch nicht die alleinige Eigentümerin des Exxx Baches. Da es
sich bei ihm um ein Gewässer dritter Ordnung handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 LWG), steht
der Bach im Eigentum der Eigentümer der Ufergrundstücke (§ 4 Abs. 1 LWG, ebenso
§ 8 PrWG). Wie zwischen den Parteien unstreitig ist und sich aus dem vom
Beklagten im Vorprozeß überreichten Eigentümerverzeichnis ergibt (vgl. Bl. 41 ff 3 K
1015/65, sowie Anlage III Nr. 1 zu Bl. 317 der Gerichtsakten des nunmehr
anhängigen Streitverfahrens), ist streckenweise auch die Klägerin Eigentümerin des
Baches, und zwar nicht nur im Bereich der Ufergrundstücke, von dem aus sie die
Abwässer der Zeche Kxxx 3/6 in den Exxx Bach einleitet, sondern auch weiterer
Ufergrundstücke. Soweit die Klägerin im Rahmen des geltenden Wasserrechts und
der sich daraus für den Eigentümer ergebenden Beschränkungen diesen Bach nutzt,
übt sie ebenso wie die Stadt Exxx und die übrigen Eigentümer des Exxx Baches ihr
Eigentumsrecht aus. Sie ist daher nicht auf eine Vermittlung dieser Nutzung durch
einen anderen angewiesen wie dies bei dem Benutzer einer gemeindlichen
Einrichtung der Fall wäre, dem die Gemeinde erst durch Zulassung zu der
Einrichtung die Nutzung ermöglicht.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">Dasselbe gilt auch, soweit die Klägerin nicht nur von ihrem Gewässereigentum,
sondern darüber hinaus von der ihr gemäß § 7 WHG erteilten Befugnis zur Einleitung
ihrer Zechenabwässer Gebrauch macht. Auch hier stützt sie sich auf eine Befugnis,
die ihr bereits auf Grund des Wasserhaushaltsgesetzes gewährt worden ist, ohne
daß sie bei Ausübung dieser Befugnis einer der Stadt Exxx kraft Gemeinderechts
vorbehaltenen Zulassung bedarf. Als Eigentümerin von Gewässerstrecken des Exxx
Baches (d.h. nicht als Trägerin einer gemeindlichen Einrichtung) muß aber die Stadt
gemäß § 12 LWG die Benutzung dieses Baches seitens der Klägerin in dem durch die
Erlaubniserteilung zulässigen Umfang unentgeltlich dulden.</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 7 Anm. 3 e, § 8 Anm. 4 d; Burghartz,
Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1962,
§ 12 LWG, Anm. 1.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn also der Beklagte tatsächlich den Exxx Bach abwasser- und
haushaltstechnisch als Teil der städtischen Abwasseranlage behandelt und hierfür
Aufwendungen aus dem Abwassergebührenhaushalt verwendet, ist eine
Gebührenheranziehung auf der Grundlage des § 4 KAG 1893 nicht gerechtfertigt.
Denn § 4 KAG 1893 eröffnet den Gemeinden die Befugnis zur Gebührenerhebung
lediglich für die Benutzung rechtmäßig errichteter Anlagen. Zwar kommt das
Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Errichtung einer gemeindlichen Anlage im
Wortlaut des § 4 KAG 1893 nicht zum Ausdruck; dies aber nur deswegen nicht, weil
die Rechtmäßigkeit der Anlage, für deren Benutzung die Gemeinde Gebühren
fordern will, im Gesetz als selbstverständlich vorausgesetzt ist. Denn die Bindung
der Gemeindeverwaltung an Gesetz und Recht war schon bei Erlaß des preußischen
Kommunalabgabengesetzes ein selbstverständlicher Grundsatz und ist heute auch in
anderen Normen gesetzlich verankert (Art. 78 Abs. 4 Satz 1 Verfassung des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 1950 - SGV NW 100; § 106 Abs. 1 GO NW). Die
unter Verletzung der Rechte der Eigentümer oder anderer Nutzungsbefugter oder
ohne die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Wasserbehörde bloß faktisch
erfolgte Eingliederung eines unter § 1 WHG fallenden Gewässers in eine
Kanalisationsanlage rechtfertigt daher keine Gebührenerhebung nach § 4 KAG 1893
wegen der Einleitung von Abwasser in diesen widerrechtlich gebildeten Teil der
"Kanalisationsanlage".</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Entgegen der vom Vertreter des öffentlichen Interesses in diesem
Streitverfahren vorgetragenen Auffassung (Bl. 233 der Gerichtsakten) kann auch
eine nachträglich von der Wasserbehörde erteilte Erlaubnis oder Bewilligung eine
zuvor erfolgte faktische Eingliederung eines Gewässers in eine gemeindliche
Abwasseranlage nicht legalisieren. Vielmehr kann ein Gewässer nur nach
Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 31 WHG als Gewässer
beseitigt und dann die bisherige Gewässerstrecke der gemeindlichen
Abwasseranlage eingegliedert werden.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">Dieses Ergebnis entspricht allein dem vom Gesetzgeber mit dem
Wasserhaushaltsgesetz verfolgten Zweck, den natürlichen Wasserhaushalt zu
ordnen und vor allem die Gewässer vor Verunreinigungen zu schützen.</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VI Anm. 2; Sieder-Zeitler,
Wasserhaushaltsgesetz, 1970, Vorbem. RdNr. 6.</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Das Wasserhaushaltsgesetz will die Erhaltung der Gewässer in ihrer natürlichen
Funktion sicherstellen, um sie als Gewässer in möglichst weitem Umfang für den
Bedarf des Menschen nutzbar zu erhalten. Aufgabe des im Wasserhaushaltsgesetz
und im Landeswassergesetz geregelten Gewässerschutzes ist es, die natürliche
Beschaffenheit der Gewässer (insbesondere ihre biologischen und chemischen
Eigenschaften) zu bewahren. Die begrenzte Menge des für den menschlichen
Gebrauch nutzbaren Wassers muß weitestgehend erhalten bleiben. Je stärker (etwa
in industriellen Ballungsgebieten) der Wasserschatz beansprucht ist und je mehr der
Wasserbedarf steigt und die Gefahr der Verschmutzung des vorhandenen Wassers
zunimmt, umso mehr müssen die im Wasserhaushaltsgesetz und im
Landeswassergesetz zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen wirksam
werden. Mit diesem durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz
verfolgten Zwecke, den größtmöglichen Nutzen für den Menschen mit dem
bestmöglichen Gewässerschutz zu koordinieren,</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 2; Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 6,</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">ist es unvereinbar, daß ein Gewässer zugleich als Teil einer gemeindlichen
Abwasseranlage genutzt wird. Denn die vom Wasserhaushaltsgesetz geschützte
Gewässerfunktion steht in unvereinbarem Gegensatz zur Funktion einer
Abwasserleitung. Durch den Zusammenschluß mit einer Abwasseranlage wird
insbesondere die biologische Beschaffenheit des im Gewässerbett vorhandenen
Wassers in einer Weise beeinflußt, daß es entgegen seiner Zweckbestimmung für
den Menschen nicht mehr zu verwenden ist. Deshalb schreiben die für den
Gewässerschutz im Lande Nordrhein-Westfalen maßgeblichen "Richtlinien für die
Erteilung von Erlaubnissen und Bewilligungen zum Einleiten von Abwasser in
oberirdische Gewässer"</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Runderlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 5.12.1966 - VA - 602/2 -14071 VC - 9274, in MBl. NW
1966, 2278 = SMBl. NW 770</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">unter Ziff. 1.3 folgendes vor: </p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">"Abwassereinleitungen dürfen nur zugelassen werden, soweit überwiegende
Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit (§§ 6, WHG, 13, 14 LWG) nicht
entgegenstehen. Sie sollen einzeln und in ihrer Gesamtheit so beschränkt werden, daß
die Gewässer geeignet sind, vor allem der öffentlichen Wasserversorgung, der
Gesundheit der Bevölkerung, der Land- und Forstwirtschaft, der gewerblichen
Wirtschaft, dem Verkehr und der Fischerei zu dienen und Natur und Landschaft zu
beleben.</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Diese Belange gebieten, die oberirdischen Gewässer gesund zu erhalten oder
gesunden zu lassen.</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">An diesem Ziel sind alle Einflüsse der Abwassereinleitung, die geeignet sind,
nachteilige Wirkungen für die physikalische, chemische oder biologische
Beschaffenheit des Gewässers auszulösen, zu messen. Dabei muß jeder Faktor in
seiner Wechselwirkung mit dem anderen aus der Sicht des Gewässers beurteilt
werden".</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Aus diesen Richtlinien und den ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen der
Wassergesetze ergibt sich, daß die Wasserbehörde Abwassereinleitungen auch der
Gemeinden nur unter Wahrung der Funktion des Gewässers als Bestandteil des
natürlichen Wasserhaushalts zulassen darf. Die Übernahme der zusätzlichen
Funktion eines Abwassersammelkanals ist mit der naturgegebenen Funktion des
Gewässers nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">Schließlich steht auch der Gemeingebrauch einer formlosen Einbeziehung eines
Gewässers in eine gemeindliche Kanalisationseinrichtung entgegen. Gemäß § 23
WEG darf jedermann oberirdische Gewässer in einem Umfang benutzen, wie dies
das Landesrecht als Gemeingebrauch gestattet, soweit es mit den Befugnissen
anderer oder deren Eigentümer- oder Anliegergebrauch vereinbar ist. Nach § 31
LWG, der den Gemeingebrauch landesrechtlich regelt, darf jedermann natürliche
oberirdische Gewässer (mit Ausnahme der Talsperren) u.a. zum Baden, Waschen,
Viehtränken, Schwemmen oder Schöpfen mit Handgefäßen, zum Eissport usw.
benutzen, soweit nicht Rechte anderer entgegenstehen und Befugnisse oder der
Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer dadurch nicht beeinträchtigt werden.
Unter denselben Voraussetzungen ist jedermann die Entnahme von Wasser mittels
fahrbarer Behältnisse und die Einleitung nicht verschmutzten und nicht erwärmten
Wassers gestattet. Das Entnehmen von Wasser in geringen Mengen für die
Landwirtschaft, die Forstwirtschaft oder den Gartenbau oder für gewerbliche
Betriebe kann durch ordnungsbehördliche Verordnung als Gemeingebrauch
zugelassen werden. Schließlich kann nach § 32 LWG die Wasserbehörde die
Ausübung des Gemeingebrauchs regeln, beschränken oder verbieten, allerdings nur,
um eine Beeinträchtigung anderer oder eine nachteilige Veränderung der
Wassereigenschaft oder eine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu
verhindern.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Diese durch die Wassergesetze im Rahmen des jedermann zustehenden
Gemeingebrauchs eingeräumten Benutzungsmöglichkeiten werden aber bei der von
den Vertretern der Zweinaturenlehre bejahten Möglichkeit einer zusätzlichen
Übernahme der Funktion einer gemeindlichen Abwasserleitung faktisch
ausgeschlossen. Da § 32 LWG die Regelung oder gar das Verbot des
Gemeingebrauchs nur zu dem Zweck gestattet, eine Beeinträchtigung anderer sowie
eine solche des Wasserhaushalts, insbesondere der Wassereigenschaften, zu
verhindern, liegt es auch nicht in der Regelungsbefugnis der Wasserbehörde, die
Einleitung von Abwasser in einer Weise zuzulassen, daß infolge der verschlechterten
Wasserqualität jede andere mit dem Gemeingebrauch nach dem
Wasserhaushaltsgesetz und dem Landeswassergesetz übereinstimmende Benutzung
des Gewässers ausgeschlossen wird.</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">Vgl. Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 14.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Letzteres wäre auch mit dem im Wasserrecht herrschenden Grundsatz der
Gemeinverträglichkeit der Gewässerbenutzung</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 3</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">nicht zu vereinbaren.</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Darüber hinaus wären bei einer Einbeziehung eines oberirdischen Gewässers in
die städtische Kanalisationsanlage auch die gemäß § 7 und 8 WHG durch Erteilung
einer Erlaubnis oder Bewilligung zu gewährenden Befugnisse oder Rechte, ein
oberirdisches Gewässer nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 WHG zu
benutzen, worunter z.B. auch das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus
oberirdischen Gewässern gehört, praktisch ausgeschlossen; auch der durch § 24
WHG gestattete Eigentümer- und Anliegergebrauch, der in dem dort umschriebenen
Umfang die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder
den durch ihn Berechtigten oder gemäß Landesrecht durch den Anlieger (vgl. § 33
LWG) ohne behördliche Erlaubnis oder Bewilligung gestattet, könnte nicht mehr
verwirklicht werden. Die in § 1 Abs. 4 Nr. 1 von der Stadt Exxx in ihrer
Entwässerungssatzung getroffene Regelung, wonach "die von der Stadt
unterhaltenen ... Wasserläufe, soweit sie zur Ableitung des Schmutzwassers aus den
angeschlossenen Grundstücken vorgesehen sind, zu den Abwasseranlagen gehören",
widerspricht somit höherrangigem Recht und ist unwirksam.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">§ 1 Abs. 4 der vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen
herausgegebenen Mustersatzung über die Entwässerung der Grundstücke und den
Anschluß an die öffentliche Abwasseranlage</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">Runderlaß vom 20. September 1972, MBl. NW 1972, 1698,</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">erwähnt zwar entgegen dem ursprünglichen Entwurf</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">abgedruckt in Bauernfeind-Zimmermann, aaO, Seite 328,</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">nicht mehr ausdrücklich auch die Gewässer (natürliche Wasserläufe) als
mögliche Bestandteile einer öffentlichen Abwasseranlage. In der Anmerkung.2 zu §
1 Abs. 4 der Mustersatzung von 1972 heißt es jedoch, daß auch Gewässer zur
Abwasseranlage gehören können, wenn sie in das Entwässerungsnetz einbezogen
sind. Wenn mit dieser Anmerkung zur Mustersatzung zum Ausdruck gebracht werden
sollte, daß ein Gewässer unter Aufrechterhaltung seiner Gewässereigenschaft
zugleich Bestandteil der gemeindlichen Abwasseranlage sein könnte, so ist dies
nach den obigen Ausführungen nicht haltbar. Wird dagegen ein Gewässer unter
Beachtung des in § 31 WHG vorgeschriebenen Verfahrens als Gewässer beseitigt
und die frühere Gewässerstrecke in ein gemeindliches Abwassernetz einbezogen,
dann liegt ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG nicht mehr vor.</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">Die in Spezialgesetzen (z.B. im Emschergenossenschaftsgesetz vom 14.7.1904
und im Ruhrreinhaltungsgesetz vom 5.6.1913 - SGV NW 77 - usw.) u.U. vorgesehene
abweichende Regelung der Einbeziehung von Gewässern in Anlagen
wasserrechtlicher Sonderverbände ist in diesem Verfahren nicht zu
untersuchen.</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Beklagten führt dieses vom Senat gewonnene
Ergebnis nicht dazu, daß die Belange des Allgemeinwohls mißachtet und
industriellen Großeinleitern wie der Klägerin eine kostensparende Ableitung ihrer
Abwässer zu Lasten der Allgemeinheit ermöglicht wird. Schon im Rahmen des
Erlaubnis- und des Bewilligungsverfahrens hat die Wasserbehörde vor allem zu
prüfen ob und inwieweit eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu
erwarten ist (§ 6 WHG). Die Erlaubnis oder Bewilligung kann gemäß § 4 WHG unter
Auflagen erteilt werden, wobei § 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG der Wasserbehörde die
Möglichkeit gibt, dem durch die Erlaubnis oder die Bewilligung begünstigten
Unternehmer angemessene Beiträge zu den Kosten von Maßnahmen einer
Körperschaft des öffentlichen Rechtes aufzuerlegen, die dazu dienen, eine mit der
Benutzung verbundene Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten
oder auszugleichen.</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu im einzelnen Gieseke-Wiedemann, § 4 Anm. 12 ff.</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Desweiteren sieht das Landeswassergesetz in § 51 die Erhebung von Beiträgen
zu Lasten der nach § 48 Nr. 2 LWG zur Unterhaltung des Gewässers Verpflichteten
vor. Unterhaltungspflichtig nach dieser Vorschrift sind im Falle des Exxx Baches u.a.
die Gewässereigentümer, also neben anderen auch die Klägerin und die Stadt Exxx .
Sollte der Stadt Exxx darüber hinaus zugleich gemäß § 50 Nr. 1 LWG die Erfüllung
der Unterhaltungspflicht für den Exxx Bach obliegen, so kann sie gemäß § 51 Abs. 2
LWG ihren Unterhaltungsaufwand auf die Unterhaltungspflichtigen umlegen.</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu Richtlinien zur Unterhaltung der Gewässer zweiter und dritter Ordnung
- Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1.3.1970 -
SMBl. NW 770 Nr. 8.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Die Berechnung der Umlage des Unterhaltungsaufwandes auf die
Unterhaltungspflichtigen ist in § 51 LWG geregelt. Diese Vorschrift wird durch Nr. 7
der Richtlinien erläutert, wobei Nr. 7.424 u.a. auch die Abwassereinleitung
"berücksichtigt und unter Nr. 7.4242 einen besonderen "Beschaffenheitsbeiwert" für
unverschmutztes Kühlwasser, für mechanisch-biologisch behandeltes Abwasser,
mechanisch behandeltes Abwasser und unbehandeltes Abwasser festlegt. Ferner ist
unter Nr. 7.425 die Beitragsberechnung für die Einleitung von gesammeltem
Niederschlagswasser geregelt und erläutert.</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">Das geltende Recht gibt also sowohl durch die Vorschriften des
Landeswassergesetzes als auch durch § 4 WHG den Behörden die Möglichkeit,
Maßnahmen zu finanzieren, die dem Schutz des Wasserhaushalts dienen. Anders als
die Kanalbenutzungsgebühren nach § 4 KAG 1893 kommen aber die auf Grund
dieser Bestimmungen zu beschaffenden Finanzierungsmittel ausschließlich dem
benutzten Gewässer (hier dem Exxx Bach) zugute und dürfen nicht für andere
Zwecke verwendet werden. Damit ist in besonderer Weise sichergestellt, daß die
von den Gewässerbenutzern aufgebrachten Mittel dem Schutz des betreffenden
Gewässers und damit den Interessen des "Gemeinwohls dienen, die oberirdischen
Gewässer zu erhalten oder gesunden zu lassen" (Richtlinien vom 5.12.1966 Ziff.
1.3). Auf diesem Wege haben die nach den Wassergesetzen zuständigen Behörden
die Belange des Allgemeinwohls zu wahren und den bestmöglichen Gewässerschutz
zum größtmöglichen Nutzen des Menschen zu verwirklichen.</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Die Berufung war daher mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden
Kostenentscheidung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Die Revision ist nicht zuzulassen weil die Voraussetzungen hierfür nach § 132
Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">
</p>
|
316,078 | lg-dortmund-1972-10-05-8-o-15272 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 8 O 152/72 | 1972-10-05T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:09 | 2019-03-27T09:41:28 | Urteil | ECLI:DE:LGDO:1972:1005.8O152.72.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Klage wird. abgewiesen.</p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits werden den</p>
<p>Klägern auferlegt.</p>
<p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung</p>
<p>in Höhe von 600,— DM durch die Beklagten</p>
<p>vorläufig vollstreckbar.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kläger betreiben als Gesellschaft bürgerlichen</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Rechts ein Maler- und Anstreichergeschäft in</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">I. Sie hatten geschäftlich wiederholt mit dem</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vater der beklagten Ehefrau, Herrn C, zu tun,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">der bis zu seinem Tode am 9.10.1971 Bauführer im</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Architektenbüro Brückner war, dem vom Staatshochbau-</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">amt die Bauleitung über den Neubau der Jugendvoll-</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">zugsanstalt in Hennen übertragen worden war. Herrn</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">C oblag es unter anderem, die Abschlagsrechnungen</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">der dort arbeitenden Handwerker zu prüfen und zur</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zahlung weiterzugeben. Er hatte sich wiederholt</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">dafür eingesetzt, daß Abschlagszahlungen der eben-</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">falls dort tätigen Kläger vom Staatshochbauamt</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">prompt reguliert wurden. Die Kläger hatten sich</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">dafür auch schon erkenntlich gezeigt und </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">kleinere Anstreicherarbeiten in seiner</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Wohnung kostenlos erledigt.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Als die Beklagten sich Ende 1970 auch auf Drängen</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">von Herrn C zum Bezug einer größeren Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">entschlossen hatten, die vor ihrem Einzug voll-</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">ständig renoviert werden sollte, trat dieser an</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">den Kläger D heran und fragte, ob sie</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">die dort anfallenden Anstreicherarbeiten machen</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">könnten. D sagte nach anfänglichem Zögern</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">wegen zahlreicher anderer vorliegender Aufträge zu</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">und traf sich dann mit Herrn C und den Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">zu einer Besprechung in ihrer neuen Vierzimmerwohnung.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dort wurde im einzelnen abgestimmt, welche Arbeiten</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">ausgeführt werden sollten, wie und in welcher Reihen-</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">folge, ohne daß dabei aber von Preisen und Kosten</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">oder davon gesprochen worden wäre, wer denn nun</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Auftraggeber sein solle.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Kläger führten die festgelegten Arbeiten aus</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">und übermittelten den Beklagten 1 1/4 Jahre später</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">unter dem 1.3.1972 eine nach Material- und Zeitauf-</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">wand zusammengestellte Rechnung im Gesamtbetrage</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">von 6.850,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Kläger behaupten, daß sie den zugrundeliegenden</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Auftrag von den Beklagten erhalten hätten und ver-</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">langen von ihnen den Rechnungsbetrag als ortsüblichen</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Werklohn. Zur Verringerung des Prozeßrisikos verlangen</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">sie hier nur 80 % des Rechnungsbetrages.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen daher,</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die Beklagten als Gesamtschuldner</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">zu verurteilen, an sie 5.480,40 DM</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">nebst 10 % Zinsen seit dem 21.3.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">1972 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten beantragen,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Klageabweisung.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Sie bestreiten, die Kläger mit der Ausführung dieser</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Arbeiten beauftragt zu haben. Auftraggeber sei viel-</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">mehr ihr Vater bzw. Schwiegervater gewesen. Dieser</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">habe ihnen seinerzeit gesagt, sie sollten ihm</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">3.000,-- DM geben, dann würde er mit Hilfe ihm</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">beruflich nahestehender Handwerker die neue Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">vollständig renovieren lassen. Damit seien sie einver-</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">standen gewesen und hätten ihm auch die 3.000,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">bezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Auch der Kläger D habe genau gewußt, daß</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">sein Auftraggeber hier Herr C gewesen sei. Als die</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">aufwendig und sorgfältig ausgeführten Arbeiten nämlich</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">schon geraume Zeit im Gange gewesen und ihnen Beden-</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">ken wegen der Kosten gekommen seien, habe der von ihnen</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">darauf angesprochene Herr D sie beruhigt und</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">ihnen gesagt, das koste sie gar nichts, das werde</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">er alles mit "Opa C" regeln. Mit diesem habe er</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">wahrscheinlich sogar vereinbart, diese Arbeiten unent-</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">geltlich auszuführen, denn das habe er Frau C er-</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">zählt und hinzugefügt, er mache das bei den Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">umsonst aus Dankbarkeit, weil Herr C ihm in geschäft-</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">lichen Schwierigkeiten geholfen habe. Für die Unentgelt-</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">lichkeit spreche im übrigen auch, daß die Kläger zu</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Lebzeiten von Herrn C weder an diesen noch an</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">sie wegen der Bezahlung dieser Arbeiten herangetreten</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">seien.</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Vorsorglich bestreiten die Beklagten auch die</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Üblichkeit des geforderten Werklohnes. Sie hätten</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">den Wert der von den Klägern ausgeführten Arbeiten</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">durch einen Fachmann schätzen lassen, der dabei auf</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">nur ca. 2.900,.-- DM gekommen sei.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Kläger bestreiten, mit Herrn C die unentgeltliche</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Ausführung dieser Arbeiten vereinbart zu haben.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Sie hätten das weder zu den Beklagten noch zu Frau</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">C gesagt.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Mit der Übersendung ihrer Rechnung an die Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">hätten sie nur auf Wunsch von Herrn C so lange</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">gewartet, der sie wiederholt gebeten habe, den Be-</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">klagten Zeit zu lassen, weil diese noch zahlreiche</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">andere Anschaffungen zu bezahlen hätten.</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Die auf die §§ 631, 632 BGB gestützte Klage ist unbe-</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">gründet.</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Schuldner der geltend gemachten Werklohnforderung</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">ist nach § 631 Abs. l BGB jeweils nur der Besteller,</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">i d.h. der Auftraggeber. Die Kläger haben hier</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">angesichts des Bestreitens der Beklagten und der von</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">ihnen gegebenen Darstellung des Verlaufs der Auf-</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">tragsverhandlungen und ihres Hintergrundes nicht</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">hinreichend substantiiert dargetan, daß sie den Auf-</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">trag zur Ausführung der Malerarbeiten von den Be-</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">klagten erhalten haben. Nach ihrer eigenen Darstellung</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">haben sie vor Beginn der Arbeiten und auch während</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">ihrer Ausführung weder gesagt noch sonstwie klarge-</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">stellt, daß sie die Beklagten als ihre Auftraggeber</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">ansehen. Ihre Kontakte mit ihnen beschränkten sich auf</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks">die Abstimmung von Ausführungsart und-zeit. Als die</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Beklagten die Tapeten aussuchten und bei den Arbeiten</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks">jeweils bestimmten, welche Farbtöne die verschiedenen</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">Decken und Wände haben sollten, ist nicht zwingend</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks">auf sie als Auftraggeber schließen, weil es sich dabei</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">nicht um rechtsgeschäftliche Willenserklärungen</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">sondern um rein tatsächliche Anweisungen zur Durchführung</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">der Arbeiten handelte.</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Es ist allerdings richtig, daß nach der allgemeinen</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Lebenserfahrung bei der Ausführung von Anstreicher-</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks">arbeiten in Wohnungen regelmäßig der Wohnungsinhaber</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Auftraggeber und damit Schuldner des Werklohnes für</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">alle Arbeiten ist, die in seiner Wohnung ausgeführt</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">werden. Arbeitet ein Malermeister in der Wohnung</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">eines Kunden, so wird er es in der Regel auf Grund</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">eines Werkvertrages mit diesem tun. Deswegen sind</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">auch die Kläger hier möglicherweise als selbstver-</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">ständlich davon ausgegangen daß die Beklagten ihre</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">Auftraggeber seien und eine besondere Klarstellung</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">gar nicht für erforderlich hielten. Dieser der</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Regel-</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">fall liegt hier aber gerade nicht vor. Hier ist</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">es nach dem unstreitigen Sachverhalt ebensogut</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks">möglich, daß Auftraggeber der Vater der beklagten</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Ehefrau, der verstorbene Herr C war. Er ist zuerst</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks">an die Kläger herangetreten und hat sie gebeten,</p>
<span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">diese Arbeiten in der Wohnung seiner Kinder auszu-</p>
<span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks">führen. Er legte Wert darauf, daß diese die neue</p>
<span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Wohnung bezogen, obwohl sie Bedenken gegen die damit</p>
<span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks">auf sie zukommenden erheblichen Renovierungskosten</p>
<span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">hatten. Er stand mit den Klägern beruflich in Ver-</p>
<span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks">bindung und war ihnen wiederholt gefällig gewesen.</p>
<span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Die Kläger waren an einer weiteren guten Zusammenarbeit</p>
<span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks">mit ihm naturgemäß sehr interessiert. In solchen</p>
<span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">fällen widerspricht es keineswegs der Lebenserfahrung,</p>
<span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">daß ein Handwerker auch für Familienangehörige</p>
<span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">eines ihm so wichtigen Mannes Arbeiten ausführt,</p>
<span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">sei es unentgeltlich oder für einen mit ihm auszu-</p>
<span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">handelnden Vorzugspreis.</p>
<span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">So gesehen spricht hier genausoviel oder genauso-</p>
<span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">wenig für die Behauptung der Kläger, die Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">seien ihre Auftraggeber gewesen, wie für die Be-</p>
<span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks">hauptung der Beklagten, nicht sie, sondern Herr</p>
<span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">C habe die bei ihnen ausgeführten Arbeiten bei</p>
<span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks">den Klägern in Auftrag gegeben. Unter diesen Umständen</p>
<span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">erschien es auch nicht sinnvoll, die vom Kläger in</p>
<span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks">seinem Schriftsatz vom 2.10.1972 angebotenen</p>
<span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">drei Zeugen darüber zu vernehmen, daß Auftrag-</p>
<span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks">geber der Kläger hier die Beklagten gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Die Kläger haben keine Tatsachen, sondern lediglich</p>
<span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks">eine Rechtsfolge in ihr Wissen gestellt und dem-</p>
<span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">entsprechend hat auch der Kläger D in der</p>
<span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks">mündlichen Verhandlung bestätigt, daß Zeugen</p>
<span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Tatsachen, die auf eine Bestellereigenschaft im</p>
<span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks">Sinne des § 631 BGB schließen lassen, nicht bekunden</p>
<span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">können.</p>
<span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks">Da schließlich auch nicht feststellbar ist, daß zwischen</p>
<span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">den Parteien hinsichtlich der Bestellerqualifikation</p>
<span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks">ein Dissens vorgelegen hat mit der Folge, daß ein</p>
<span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Werkvertrag über die Arbeiten nicht zustande gekommen</p>
<span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks">ist und die Beklagten die in ihrer Wohnung geleisteten</p>
<span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Arbeiten wenigstens aus dem Gesichtspunkt der unge-</p>
<span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">rechtfertigten Bereicherung bezahlen müssen, war die</p>
<span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; der Aus-</p>
<span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">spruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf</p>
<span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">§ 710 ZPO.</p>
|
316,079 | olgk-1972-10-02-7-u-11571 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 7 U 115/71 | 1972-10-02T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:11 | 2019-03-27T09:41:28 | Beschluss | ECLI:DE:OLGK:1972:1002.7U115.71.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der Tenor des Urteils vom 24. August 1972 wird gemäß § 319 ZPO von Amts wegen dahin ergänzend berichtigt, dass der Absatz: "Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen" nunmehr lautet: </p>
<p></p>
<p>"Die weitergehende Klage wird abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen." </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">G r ü n d e:</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">In den Entscheidungsgründen des Urteils ist ausgesprochen und im
einzelnen dargelegt, dass die Klage nicht begründet ist, soweit sie
über den im zweiten Absatz des Urteilsausspruchs unter Ziff. l) und
2) umschriebenen Umfang hinausgeht. Eine diesen Urteilsgründen
entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ist bei der
Formulierung des Urteilstenors versehentlich unterblieben. Diese
offenbare Unvollständigkeit war daher nach § 319 ZPO zu
berichtigen.</p>
|
316,080 | olgk-1972-01-13-10-u-10471 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 10 U 104/71 | 1972-01-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:12 | 2019-03-27T09:41:27 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1972:0113.10U104.71.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Mal 1971 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn -8 O 36/71- wird zurückgewiesen. </p>
<p></p>
<p>Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte. </p>
<p></p>
<p>Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">T a t b e s t a n d:</span></b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin ist ein Versandhaus. Am 20. September 1966 kauften
die Beklagte und ihr damaliger Ehemann bei der Klägerin Möbel und
sonstige Hausratsgegenstände. Der Gesamtkaufpreis betrug 1.687,--
DM. Zuzüglich eines Kreditaufschlages von 404,88 DM (1% pro Monat
für 24 Monate) belief sich der Kreditrestbetrag auf 2.091,88 DM.
Für diese Summe hafteten die Beklagte und ihr damaliger Ehemann
nach den getroffenen Vereinbarungen als Gesamtschuldner.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Ihre Ehe ist etwa Mitte des Jahres 1967 geschieden worden. Nach
Darstellung der Beklagten hat bei der Scheidung ihr Ehemann ihr
gegenüber die Erfüllung der Forderung der Klägerin allein
übernommen.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf die Gesamtschuld von 2.091,88 DM sind bisher vor Erlass des
Zahlungsbefehls insgesamt 213,-- DM gezahlt worden, und zwar 163,--
DM im Jahre 1967, 20,-- DM im Jahre 1968 10,-- DM im Jahre 1969 und
weitere 20,-- DM im Jahre 1970.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach § 2 der vereinbarten Lieferbedingungen kann die Klägerin
für jeden angefangenen Monat 1% des Gesamtkreditbetrages anstelle
von Verzugsschaden und Unkostenersatz verlangen.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit
ihrem bereits durch Vollstreckungsbefehl verurteilten geschiedenen
Ehemann ebenfalls zu verurteilen, an sie 1.878,88 DM nebst 1%
Zinsen seit dem 1. Januar 1967 zu zahlen, und zwar abzüglich am 17.
November 1970 gezahlter weiterer 20,-- DM und am 19. Dezember 1970
gezahlter weiterer 77,-- DM.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Klägerin mit ihrer Klage
abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht
vertreten, die Klageforderung sei mit Ende des Jahres 1968 verjährt
gewesen. Die Forderung stamme aus dem Jahre 1966 und unterliege der
zweijährigen Verjährung; die Klägerin habe aber ihren
Zahlungsbefehl - wie unstreitig ist - erst am 27. Oktober 1970
beantragt.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber hat sich die Klägerin auf die Unterbrechung der
Verjährung durch die geleisteten Zahlungen berufen. Dazu hat die
Klägerin behauptet, die Überweisungen im Jahre 1967 seien durch die
Beklagte, die Tilgungen in den Jahren 1968, 1969 und 1970 seien
dagegen durch deren geschiedenen Ehemann erfolgt (Beweis Zeugnis
der Herren R. und B.) .</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat bestritten, an die Klägerin irgendwann Geld
gezahlt zu haben (Beweis: Parteivernehmung des Inhabers der
Klägerin ). Bereits kurze Zeit nach dem Kauf der Gegenstände am 20.
September 1966 habe sie sich von ihrem damaligen Ehemann getrennt.
Sie sei auch nicht im Besitz der Möbel; die gekauften Sachen habe
vielmehr ihr geschiedener Ehemann veräußert.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ohne weitere Beweisaufnahme die Klage
zugesprochen. Es hat ausgeführt, die Einrede der Verjährung sei
nicht begründet. Vielmehr sei die Verjährung durch die
Ratenzahlungen in den Jahren 1967 bis 1970 immer wieder
unterbrochen worden. Dabei könne unentschieden bleiben, ob die
Beklagte oder ihr geschiedener Ehemann die Geldbeträge überwiesen
hätten. Denn auch die durch ihren früheren Ehemann herbeigeführten
Unterbrechungen der Verjährung wirkten gegenüber der Beklagten.
Belanglos sei auch, wann die Beklagte geschieden worden sei.
Maßgebender Zeitpunkt für den Inhalt des zwischen den Parteien
bestehenden Schuldverhältnisses sei vielmehr der Augenblick der
Begründung der vertraglichen Beziehungen. Eine andere Auffassung
könne allenfalls dann erwogen werden, falls die Klägerin von der
Scheidung der Ehe erfahren hätte und aus diesem Grunde auf eine
einverständliche Abäderung des ursprünglichen Schuldverhältnisses
geschlossen werden könne. Dies habe die Beklagte aber nicht
behauptet. Unerheblich sei schließlich ihre Einwendung, bei der
Scheidung habe ihr Ehemann die Schuld allein übernommen. Denn eine
solche Absprache sei zwischen den Prozessparteien
bedeutungslos.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses ihr am 9. Juli 1971 zugestellte Urteil hat die
Beklagte mit einem am 21. Juli 1971 eingegangenen Schriftsatz
Berufung eingelegt und diese mit einem am 6. Oktober 1971
eingegangenen Schriftsatz begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer
Klageabweisung weiter. Sie behauptet, zwischen Mai und Juni 1967
habe der Inhaber der Klägerin wiederholt ihre - der Beklagten -
Mutter aufgesucht. Dabei sei er über ihre bereits erfolgte
Scheidung informiert worden (Beweis: Zeugnis ihrer Mutter).
Außerdem sei der Inhaber der Klägerin von ihr - der Beklagten -
gebeten worden, die damals bei Dritten abgestellten Möbel dort
heraus - zuholen und ihr - der Beklagten - zu verschaffen. Unter
dieser Voraussetzung habe sie sich bereit erklärt gehabt, die
Möbelrechnung selbst zu begleichen (Beweis: Zeugnis ihrer Mutter
und der Frau M.). Nach Ansicht der Beklagten ergibt sich aus ihrer
Darstellung eine zumindest stillschweigende einverständliche
Abänderung des Inhalts des ursprünglichen Schuldverhältnisses
zwischen ihr und dem Inhaber der Klägerin. Im übrigen wiederholt
die Beklagte ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszuge.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">das angefochtene Urteil abzuändern und
die Klägerin mit ihrer Klage abzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfsweise: ihr - der Beklagten -
Vollstreckungsschutz zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">die Beklagte mit ihrer Berufung
zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:71px">hilfsweise: ihr - der Klägerin -
Vollstreckungsschutz (auch durch die Bürgschaft einer Bank oder
öffentlichen Sparkasse) zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hält die Rechtsausführungen des angefochtenen
Urteils für zutreffend. Sie bestreitet, daß sie von der Scheidung
der Beklagten Kenntnis bekommen habe. Im übrigen sei diese
Behauptung der Beklagten unerheblich. Insbesondere habe sie - die
Klägerin - niemals zum Ausdruck gebracht, daß sie das ursprüngliche
Vertragsverhältnis inhaltlich abändern wolle.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf
ihre vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><b><span style="text-decoration:underline;">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></b></p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form-
und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 516, 518
und 519 ZPO). In der Sache kann sie jedoch keinen Erfolg haben. Das
Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, den noch
ausstehenden Rest- betrag aus der Bestellung Vom 20. September 1966
in Höhe von 1.878,88 DM gesamtschuldnerisch mit ihrem geschiedenen
Ehemann zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Einrede der Verjährung ist nicht begründet. Die geltend
gemachte Forderung wäre der Beklagten gegenüber selbst dann nicht
verjährt, falls sie persönlich in den Jahren 1967 bis 1970 keine
Geldbeträge an die Klägerin überwiesen hätte. Denn zutreffend hat
das Landgericht bereits ausgeführt, daß die Zahlungen ihres
früheren Ehemannes auch ihr gegenüber den Lauf der zweijährigen
Verjährungsfrist unterbrochen hätten (§§ 196 Abs. 1 Nr. 1; 201 Satz
1; 208 BGB). Richtig ist zwar, daß bei einer Gesamtschuldnerschaft
die Unterbrechung der Verjährung nur gegen den Gesamtschuldner
wirkt, in dessen Person sie eintritt (§ 425 BGB). Diese Rechtsfolge
gilt aber nur, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein
anderes ergibt (§ 425 Abs. 1 BGB). Das ist hier aber der Fall.
Verpflichten sich nicht getrennt lebende Eheleute. den Kaufpreis
und den Kreditaufschlag für auf Raten gekaufte Möbel und sonstige
Gegenstände des gemeinsamen Haushalts gesamtschuldnerisch zu
tilgen, so ergibt sich aus dem zwischen ihnen und der Verkäuferin
begründeten Schuldverhältnis, daß die von einem der Ehegatten durch
Abschlagszahlungen herbeigeführte Unterbrechung der Verjährung auch
gegenüber dem anderen Ehegatten wirkt (ebenso Soergel-Siebert 1967,
§ 425, Randnummer 5; früher schon OLG Stuttgart, Das Recht 1911,
Nr. 1715). Eine solche Regelung ist stillschweigender Inhalt des
Vertragsverhältnisses. Denn sie entspricht dem Sinn und Zweck der
vereinbarten Gesamtschuldnerschaft, der beiderseitigen
Interessenlage und somit dem an Treu und Glauben mit Rücksicht auf
die Verkehrssitte orientierten Parteiwillen (§§ 157, 242 BGB). Zwar
entspricht der Grundsatz des § 425 BGB der auch bei einem
Gesamtschuldverhältnis regelmäßig bestehen bleibenden rechtlichen
Selbständigkeit der einzelnen Verpflichtungen und bezweckt den
Schutz der Gesamtschuldner. Diese beiden Gründen treten zugunsten
des Gläubigers aber zurück, wenn die Gesamtschuldner besonders eng
verbunden sind, dem Gläubiger gegenüber wirtschaftlich eine Einheit
darstellen und dieser deshalb häufig praktisch nicht einmal prüfen
kann, wer von den Gesamtschuldnern den Betrag überwiesen und
dadurch die Verjährung unterbrochen hat. Das Interesse des
Gläubigers an einem gemeinsamen rechtlichen Schicksal der beiden
gesamtschuldnerischen Verpflichtungen ist dann höher zu bewerten,
als das Interesse der Schuldner an einer Trennung.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Eine spätere Scheidung der Ehe und die bloße Kenntnisnahme davon
durch den Gläubiger ändern an dieser eingetretenen Rechtslage hier
nichts. Denn der zunächst begründete Inhalt des Schuldverhältnisses
kann einseitig durch die Gesamtschuldner nicht abgeändert werden.
Und die Mitteilung der erfolgten Ehescheidung an den Gläubiger und
dessen bloße Kenntnisnahme davon kann noch nicht als Einverständnis
zu einer inhaltlichen Änderung des Vertragsverhältnisses angesehen
werden. Ein derartiger Geschäftswille des Gläubigers ist nicht
erkennbar. Unerheblich ist deshalb die Behauptung der Beklagten,
der Inhaber der Klägerin sei zwischen Mai und Juni 1967 von ihrer
Mutter über die inzwischen ausgesprochene Scheidung informiert
worden; die Richtigkeit dieser unter Beweis gestellten Behauptung
kann demnach zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Ohne
entscheidende Bedeutung ist schließlich auch, daß die Beklagte nach
ihrem Vortrag den Inhaber der Klägerin gebeten habe. die bei
Dritten abgestellten Möbel dort herauszuholen und ihr - der
Beklagten - zu verschaffen. Für diesen Fall wolle sie die
Möbelrechnung selbst begleichen. Die Richtigkeit auch dieser unter
Beweis gestellten Behauptung würde an der Entscheidung des
Rechtsstreits ebenfalls nichts ändern: die Beklagte selbst trägt
nicht vor, daß der Inhaber der Klägerin ihr Angebot angenommen und
sich somit einverstanden erklärt habe. Einseitig konnte die
Beklagte aber ihr am 20. September 1966 mit der Klägerin
begründetes Vertragsverhältnis nicht abändern. Auch für eine</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">stillschweigende einverständliche Änderung trägt die Berufung
keine ausreichenden Tatsachen vor.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist aus § 2 der Lieferbedingungen
gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 und 708 Nr. 7 ZPO.
Eine Anordnung nach § 713 Abs. 2 ZPO ist nicht ergangen, weil die
Voraussetzungen, unter denen die Revision gegen dieses Urteil
stattfindet, nach dem Ermessen des Senats unzweifelhaft nicht
vorliegen (§ 713 a ZPO).</p>
|
316,081 | olgham-1971-12-01-15a-w-51171 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": null,
"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 15a W 511/71 | 1971-12-01T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:13 | 2019-03-27T09:41:27 | Beschluss | ECLI:DE:OLGHAM:1971:1201.15A.W511.71.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Minden vom 16. Oktober 1970 werden abgeändert.</p>
<p>Das Amtsgericht Minden wird angewiesen, den am 4. März 1963 über den Nachlaß des Erblassers erteilten gemeinschaftlichen Erbschein einzuziehen.</p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><b>Gründe</b></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser war Eigentümer eines Hofes in ... Nach dem 1. Weltkrieg hatte er für die deutsche Reichsangehörigkeit optiert, konnte aber seinen Wohnsitz auf seinem Hof in ... behalten. Am 20. Januar 1945 verließ der damals 82-jährige Erblasser infolge der Kriegsereignisse seinen Hof und flüchtete nach Westen. Am 26. Februar 1945 verstarb er in .... Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind seine Söhne, die Beteiligten zu 4) bis 7) die Erben seines im Jahre 1964 verstorbenen Sohnes .... Ein weiterer Sohn ... ist im Jahre 1955 verstorben; seine Erben sind nicht bekannt. Die zweite Ehefrau des Erblassers ist am 18. Februar 1946 in ... verstorben.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 3) beantragte im Februar 1963 zu Lastenausgleichszwecken beim Amtsgericht Minden die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins des Inhalts, daß gesetzliche Erben des Erblassers seine zweite Ehefrau zu 1/4 und seine fünf Söhne (die Beteiligten zu 1) bis 3), sowie ... und ...) zu je 3/20 geworden sind. Das Amtsgericht Minden erteilte am 4. März 1963 den beantragten Erbschein.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Juli 1970 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, diesen Erbschein als unrichtig einzuziehen, da ihn der Erblasser in einem wirksamen Testament zum alleinigen Erben eingesetzt habe. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 16. Oktober 1970 zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1) hat Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das nach §27 FGG statthafte, formgerecht eingelegte Rechtsmittel ist begründet; denn die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes. Die Vorinstanzen haben übersehen, daß der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 entweder von einem unzuständigen Gericht erteilt worden ist oder, falls die Zuständigkeit bejaht werden könnte, nicht als unbeschränkter Erbschein hätte ausgestellt werden dürfen, mithin in jedem Falle seine Einziehung zu erfolgen hat. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob das Landgericht dadurch, daß es die Beteiligten zu 5) bis 7) an seinem Verfahren nicht beteiligt und die Erben des im Jahre 1955 verstorbenen ... nicht ermittelt und zugezogen hat, einen weiteren Rechtsfehler begangen hat.</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Für das Einziehungsverfahren war das Amtsgericht Minden international und örtlich zuständig, ohne Rücksicht darauf, ob seine internationale und Örtliche Zuständigkeit für die Erbscheinserteilung gegeben war, weil es den Erbschein, dessen Einziehung jetzt in Frage steht, erteilt hat (BayObLGZ 1961, 292; KGJ 44, 104; Staudinger-Firsching, BGB, 11. Aufl., §2353 Rdn. 35; Palandt-Keidel, BGB, 30. Aufl., §2361 Anm. 3).</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach §2361 Abs. 1 BGB hat das Nachlaßgericht einen Erbschein einzuziehen, wenn sich ergibt, daß er unrichtig ist. Grundsätzlichrechtfertigen im Erteilungsverfahren begangene Verfahrensfehler die Einziehung nicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Gericht, das den Erbschein erteilt hat, örtlich unzuständig war; dann ist er ohne Rücksicht auf seine inhaltliche Richtigkeit einzuziehen. Da die örtliche Zuständigkeit von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachten ist, hat das Beschwerdegericht die Einziehung selbst dann anzuordnen, wenn die Unzuständigkeit nicht gerügt worden ist (OLG Köln, JMBl. NRW 1957, 15; KGJ 53, 88; Staudinger-Firsching a.a.O., §2353 Rdn. 53 und §2361 Rdn. 8; Palandt-Keidel a.a.O., §2361 Anm. 2; Jansen, FGG, 2. Aufl., §84 Rdn. 12; Keidel, FGG, 9. Aufl., §7 Rdn. 36). Das Landgericht hat die Frage, ob das Amtsgericht Minden für die Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins vom 4. März 1963 örtlich zuständig war, nicht geprüft, obwohl dazu Anlaß bestanden hätte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Erblasser besaß, wie das Landgericht mit Recht im Hinblick auf die bei den Akten befindliche Abschrift seiner Optionsurkunde vom 27. Januar 1922 angenommen hat, die deutsche Staatsangehörigkeit. Deshalb richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Erteilung eines Erbscheins nach §73 Abs. 1 und 2 FGG. Maßgebend ist in erster Linie der Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Hatte er keinen inländischen Wohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte. Ist auch dies zu verneinen, so ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Der Erblasser hatte bis zu seiner Flucht am 20. Januar 1945 seinen Wohnsitz in ..., die damals zum Deutschen Reich gehörte. Infolge der Kriegsereignisse hat er am 20. Januar 1945 ... verlassen und ist nach Westen geflüchtet. Am 26. Februar 1945 befand er sich in ..., wo er verstarb. Daß der Erblasser in der kurzen Zeit zwischen dem 20. Januar und dem 26. Februar 1945 einen neuen Wohnsitz begründet hat, kann unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse ausgeschlossen werden. Während dieser Zeit hatten die Truppen der UdSSR die östlichen Grenzen des Deutschen Reiches erreicht und waren bis an die Oder vorgedrungen. Dort war ihr Vormarsch zunächst zum Stillstand gekommen. Erst Anfang März 1945 setzte eine neue Offensive ein, die schließlich zur Besetzung Mitteldeutschlands und ... führte. Der Erblasser war vor den heranrückenden Truppen der UdSSR und den Kampfhandlungen geflohen. Als er starb, war ungewiß, ob er im ..., wo er sich gerade aufhielt, bleiben, oder ob er seine Flucht fortsetzen würde; das hing wesentlich von den künftigen Ereignissen ab. Unter diesen Umständen fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß der Erblasser bis zu seinem Tode an einem anderen Ort einen neuen Wohnsitz begründet hat.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Indessen hätte der Erblasser nach §7 Abs. 3 BGB durch seine Flucht seinen Wohnsitz in ... aufgegeben haben können, ohne einen neuen begründet zu haben. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß er den Willen gehabt hätte, seinen bisherigen Wohnsitz aufzugeben. Daß er ... tatsächlich verlassen hat, ohne zu wissen, wann er zurückkehren würde, würde der Fortdauer des Wohnsitzes nicht entgegenstehen, wenn er nur den Willen gehabt hätte, seinen bisherigen Wohnsitz beizubehalten. Entscheidend ist also, ob der Erblasser, als er ... verließ, beabsichtigte, diesen Ort nicht mehr als Mittelpunkt seines Lebens zu betrachten. Das läßt sich weder generell noch auf Grund des bisherigen Inhalts der Akten feststellen. Im allgemeinen haben Deutsche, die ihre Heimatorte in den reichsdeutschen Gebieten östlich der Oder-Neisse-Linie im Januar 1945 verlassen haben, nur damit gerechnet, daß dies vorübergehend bis zur Beendigung der Kampfhandlungen erforderlich sein würde. Nicht zuletzt auf Grund der Propaganda der damaligen Regierung haben sie im allgemeinen darauf vertraut, alsbald wieder in ihre Heimatorte zurückkehren zu können. Deshalb wird man bei deutschen Flüchtlingen, die ihre im Reichsgebiet liegenden Heimatorte verlassen haben, für die Zeit bis zum Ende des Krieges im Zweifel nicht annehmen können, daß sie den Willen gehabt hätten, ihren bisherigen Wohnsitz aufzugeben, sofern sich für den konkreten Einzelfall keine Umstände feststellen lassen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Insoweit gelten die gleichen Erwägungen, die die Rechtsprechung für Juden, die ihre deutsche Heimat aus Furcht vor Verfolgungsmaßnahmen verlassen haben, angewandt hat (z.B. BVerwG 32, 66; BGH LM Nr. 2 zu §7 BGB). Daß die in den Gebieten östlich der Oder-Neisse-Linie ansässigen Deutschen, die nach Beendigung des Krieges infolge von Vertreibungsmaßnahmen ihre Heimatorte verlassen haben, damit im allgemeinen auch ihren Wohnsitz verloren haben (so Jansen a.a.O., §73 Rdn. 9 im Anschluß an RGZ 152, 60), steht dem nicht entgegen; denn hierbei handelte es sich um zwangsweise angeordnete und durchgeführte Maßnahmen, die infolge des aufgenötigten Willens die Aufgabe des Wohnsitzes herbeigeführt haben (RGRK-BGB, 11. Aufl. §7 Anm. 7). Ob im vorliegenden Falle konkrete Anhaltspunkte gegeben sind, die auf einen Willen des Erblassers, seinen Wohnsitz in ... aufzugeben, hindeuten, läßt sich den Akten nicht entnehmen. Allerdings ist bisher auch nicht versucht worden, insoweit eine Klärung herbeizuführen, weil die Vorinstanzen die Frage nicht erkannt hatten. Immerhin ist es möglich, daß der Erblasser damit gerechnet hat, nicht mehr nach ... zurückzukehren, er also den Willen hatte, seinen bisherigen Wohnsitz aufzugeben. Insoweit könnten weitere Ermittlungen durch Anhörung der Beteiligten, besonders des Beteiligten zu 3), der zur gleichen Zeit wie der Erblasser ... verlassen hat, zu einer Klärung des Sachverhalts führen. Indessen bedarf es dieser Ermittlungen für die Frage, ob der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 einzuziehen ist, nicht; dem unabhängig von ihrem Ergebnis müßte der Erbschein in jedem Falle eingezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Würde sich ergeben, daß der Erblasser bis zu seinem Tode am 26. Februar 1945 seinen Wohnsitz in ... behalten hat, dann wäre das Amtsgericht Minden für die Erteilung des Erbscheins örtlich unzuständig gewesen. Da am Sitze des für ... zuständigen Nachlaßgerichts deutsche Gerichtsbarkeit nicht mehr ausgeübt wird, wäre nach §7 Abs. 1 Satz 1 ZustErgG jedes Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Nachlaßgegenstände befinden, für die Erteilung des Erbscheins zuständig gewesen. Im Bezirk des Amtsgerichts Minden befinden sich jedoch keine Nachlaßgegenstände. Der Erbschein wurde lediglich zur Geltendmachung von Lastenausgleichsansprüchen benötigt. Da der Erblasser vor dem 1. April 1952 verstorben ist, sind diese Ansprüche gem. §12 Abs. 6, §229 Abs. 2, §232 LAG in der Person der Erben bzw. der weiteren Erben entstanden. Der Erblasser selbst hat keine Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz, da er sich zu keiner Zeit im Gebiet der Bundesrepublik oder Westberlins aufgehalten hat. Die Ansprüche konnten also nur in der Person der Erben entstehen; sie sind mithin keine Nachlaßgegenstände, die eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Minden hätten begründen können (KG OLGZ 1966, 127; 1968, 474; Beschl. d. Sen. v. 15.9.1970 - 15 W 281/70 und vom 5.10.1971 - 15 a Sbd. 16/71 -; Jansen, a.a.O., §73 Rdn. 10; Keidel a.a.O., §73 Rdn. 21; mißverständlich OLG Celle - Rpfleger 1971, 318, das ohne die Frage der Staatsangehörigkeit des Erblassers zu klären, die Zuständigkeit des Nachlaßgerichts am Sitz des Ausgleichsamt bejaht; dies kann aber nur für Erblasser mit ausländischer Staatsangehörigkeit gelten).</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mithin ist nicht ersichtlich, daß sich im Geltungsbereich des ZustErgG Nachlaßgegenstände befinden. In diesem Falle ist, da der Erblasser Deutscher war, das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Auch §7 Abs. 2 ZustErgG führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach ist, wenn ein Nachlaßgericht tätig geworden ist, dieses Gericht für den gesamten Nachlaß ausschließlich zuständig. Die Vorschrift setzt voraus, daß mehrere nach §7 Abs. 1 Satz 1 örtlich zuständige Nachlaßgerichte vorhanden sind, weil sich Nachlaßgegenstände in den Bezirken mehrerer Amtsgerichte befinden, und eines der hiernach zuständigen Gerichte tätig geworden ist. Deshalb schließt das Tätigwerden eines örtlich unzuständigen Nachlaßgerichts die Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg nicht aus (OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, JMBl. NRW 1957, 116; KG OLGZ 1966, 127; Jansen a.a.O., §73 Rdn. 11; Keidel, a.a.O., §23 Rdn. 22).</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Würden hingegen anzustellende Ermittlungen ergeben, daß der Erblasser seinen Wohnsitz in ... aufgegeben hätte, dann wäre für die örtliche Zuständigkeit sein Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes maßgebend. Da er sich in ..., dem Gebiet der heutigen DDR, aufhielt, wäre das Gericht oder das staatliche Notariat, zu dessen Bezirk ... gehört, für die Erteilung des Erbscheins zuständig. Indessen ist hierbei die grundlegende Entscheidung des BGH vom 20. Mai 1969 (BGHZ 52, 123 = NJW 1969, 1428 = Rpfleger 1969, 292 = MDR 1969, 738 = FamRZ 1969, 480 = DNotZ 1970, 665), der der Senat in vollem Umfang gefolgt ist (Beschl. v. 5.10.1971 - 15 a Sbd. 16/71 -) zu beachten. Danach ergibt sich sowohl die interlokale als auch die örtliche Zuständigkeit für den Fall, daß der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt im Gebiet der DDR gehabt hat, daß sich im Gebiet der Bundesrepublik und Westberlin Nachlassgegenstände nicht befinden und der Erbschein lediglich zur Geltendmachung von Lastenausgleichsansprüchen beantragt wird, aus der entsprechenden Anwendung des §73 Abs. 3 FGG. Die in §73 FGG getroffene Zuständigkeitsregelung geht von einem deutschen Staat mit einheitlicher Rechtsordnung aus. Nach dem Auseinanderfallen dieses Staates in zwei Teilgebiete mit unterschiedlicher Rechtsordnung und Beschränkung der Hoheitsgewalt jedes Teiles auf das jeweilige Teilgebiet müssen die Begriffe "Deutscher" und "Inland" in §73 FGG so verstanden werden, daß sie sich nur auf die Bewohner und das Gebiet der Bundesrepublik sowie Westberlins beziehen. Damit kann der Erblasser in der hier allein in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Beziehung nicht den für die Bewohner der Bundesrepublik und Westberlins geltenden Bestimmungen unterworfen werden, sondern den für Ausländer geltenden. Dies bedeutet, daß in einem solchen Fall nicht §73 Abs. 2, sondern Abs. 3 dieser Vorschrift entsprechend anzuwenden ist. Wenn auch die Lastenausgleichsansprüche nicht zum Nachlaßvermögen gehören, sondern erst in der Person der Erben bzw. weiteren Erben entstehen, so haben sie doch ihre Wurzel darin, daß das Vermögen des Erblassers von Vertreibungsschäden betroffen worden ist. Es bestehen daher keine Bedenken, solche Lastenausgleichsansprüche bei der Bestimmung der interlokalen und örtlichen Zuständigkeit des Nachlaßgerichts wie Nachlaßgegenstände zu behandeln.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Ansicht des Kammergerichts (OLGZ 70, 96 = NJW 1969, 2101 = MDR 1970, 52 = FamRZ 1969, 611 = DNotZ 1970, 672 = Rpfleger 1969, 387), das in einem solchen Fall §73 Abs. 2 FGG anzuwenden ist, kann nicht gefolgt werden. Es ist nicht konsequent, wenn das Kammergericht für den Fall, daß sich Nachlaßvermögen eines mit letztem Wohnsitz in der DDR verstorbenen Erblassers in der Bundesrepublik oder in Westberlin befindet, den Erblasser verfahrensrechtlich einem Ausländer gleichstellt und daher - in Übereinstimmung mit dem BGH - §73 Abs. 3 FGG anwendet, während es für den Fall, daß in der Bundesrepublik oder in Westberlin lediglich Lastenausgleichsansprüche geltend gemacht werden, den Erblasser Verfahrensrechtlich einem Bewohner der Bundesrepublik gleichstellt und daher für die Bestimmung des örtlich zuständigen Nachlaßgerichts §73 Abs. 2 FGG anwendet. Diese unterschiedliche Betrachtungsweise läßt sich auch nicht durch die vom Kammergericht dargelegten Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die entsprechende Anwendung von §73 Abs. 3 FGG führt zwar zu der Annahme, daß sich im Bezirk des Amtsgerichts Minden, das den Erbschein vom 4. März 1963 erteilt hat, in Gestalt der Lastenausgleichsansprüche Nachlaßgegenstände befunden haben. Jedoch ergibt sich daraus die weitere Konsequenz, daß das Amtsgericht Minden nur in Ansehung dieser Ansprüche eine Zuständigkeit erlangt hat. Dies bedeutet, daß kein allgemeiner, unbeschränkter Erbschein, wie im vorliegenden Falle geschehen, hätte erteilt werden dürfen, sondern nur ein auf die im Gebiet der Bundesrepublik befindlichen Nachlaßgegenstände, also die Lastenausgleichsansprüche beschränkter Erbschein, wie er in §2369 BGB vorgesehen ist, hätte ausgestellt werden dürfen. Da der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 diese Beschränkung nicht enthält, muß er als unrichtig eingezogen werden (Palandt-Keidel a.a.O., §2369 Anm. 3). Der Ansicht des Landgerichts Berlin (NJW 1970, 203), wonach die Entscheidung des BGH vom 20. Mai 1969 (BGHZ 52, 123) nicht dazu nötige, einen vor diesem Zeitpunkt wirksam erteilten allgemeinen Erbschein einzuziehen, vermag der Senat nicht zu folgen. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, auf die sich das Landgericht Berlin stützt, können nicht dazu führen, einen Erbschein, dem die nach §2369 BGB erforderlichen Beschränkungen fehlen, weiter als ein richtiges und im Rechtsverkehr gültiges Zeugnis über das Erbrecht aufrechterhalten.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Erbschein wirkt kraft seines öffentlichen Glaubens auch in die Zukunft hinein, so daß es nicht angeht, die Frage seiner Richtigkeit danach zu beurteilen, ob er vor oder nach dem 20. Mai 1969 ausgestellt worden ist. Entweder der Erbschein ist - und zwar nach der zur Zeit der Entscheidung geltenden Auffassung - richtig oder er ist unrichtig; im letzteren Falle muß er nach §2361 BGB eingezogen werden.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach alledem ergibt sich, daß der vom Amtsgericht Minden am 4. März 1963 erteilte gemeinschaftliche Erbschein in jedem Falle als unrichtig eingezogen werden muß. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind somit abzuändern und das Amtsgericht ist anzuweisen, die Einziehung des Erbscheins vorzunehmen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Von einer Kostenentscheidung nach §13 a Abs. 1 Satz 1 FGG hat der Senat abgesehen. Keiner der Beteiligten ist durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten. Sollten einem Beteiligten durch das Verfahren gleichwohl Kosten entstanden sein, so entspricht es der Billigkeit, daß er diese selbst trägt.</p>
|
316,082 | olgk-1971-09-21-9-u-6271 | {
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<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. Januar 1971 verkündete Grundurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 0 138/70 - wird zurückgewiesen.</p>
<p>Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrene zu tragen.</p>
<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der jetzt 27 Jahre alte Kläger erlitt mit 12 Jahren, am 16. November 1956, in F auf der Lstraße einen schweren Unfall. Auf dem Fahrrad fahrend, wurde er am Kopf von einen Sprengring getroffen, der sich von einem Rad eines dem Vater und Rechtsvorgänger der Beklagten gehörenden landwirtschaftlichen Schleppers gelöst hatte.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">In einem längeren Rechtsstreit wurde um die Verantwortlichkeit des Rechtsvorgängers der Beklagten am Zustandekommen des Unfalls sowie über das Ausmaß des vom Kläger erlittenen Schadens gestritten ( 1 0 3/58 LG Bonn). Im Herbst 1960 erstellte der Sachverständige Professor Dr. R ein Gutachten, wonach der Kläger wegen Kopf- und Gehirnverletzungen zu 50 % erwerbsgemindert sei.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsvorgänger der Beklagten erklärte sich schließlich bereit, dem Kläger unter anderem neben einem Schmerzensgeld allen Schaden zu ersetzen, den dieser durch den Unfall künftig erleiden würde.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger setzte nach einer längeren, durch die Unfall folgen bedingten Unterbrechung seinen Schulbesuch fort und wurde im Frühjahr 1958 aus dem 8. Schuljahr der Volksschule entlassen. Er trat sodann bei dem Elektromeister K eine Elektrolehre an, bestand jedoch die Gesellenprüfung nicht. Das Abschlußzeugnis der gewerblichen Berufsschule des Kreises F vom 31. März 1962 trägt den Vermerk: " Die Folgen eines schweren Unfalls behinderten F F trotz große Anstrengungen sachlich mitzuarbeiten. "</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Einige Zeit danach sah sich der Kläger nach seiner Behauptung nicht mehr in der Lage, seinen Beruf oder irgend eine andere Tätigkeit auszuüben. Er erhält von der Landesversicherungsanstalt der Rheinprovinz eine Erwerbsunfähigkeitsrente und den Differenzbetrag bis zu einem von der Beklagten anerkannten Verdienstausfall von zur Zeit 751,-- DM monatlich von der Beklagten sowie von deren Haftpflichtversicherung.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage für die Zeit vom 1. Februar 1969 bis zum 30. Juni 1970 einen weiteren monatlichen Verdienstausfall von jeweils 494,-- DM geltend gemacht und dazu vorgetragen, er hätte spätestens bis zum 1. Februar 1969 ohne die durch den Unfall erlittenen Körperschäden seine Meisterprüfung abgelegt und alsdann einen monatlichen Verdienst von mindestens 1.200,-- DM erhalten. Vor dem Unfall sei er ein überdurchschnittlich guter Schüler gewesen; er hätte ohne den durch den Unfall eingetretenen Abfall seines Leistungsvermögens die Elektromeisterprüfung bestanden, zumal er durch sein Elternhaus - sein Vater ist Fernmeldeobersekretär bei der Bundespost - wie auch durch seinen Lehrherrn, dessen Geschäft er später habe übernehmen sollen, den erforderlichen Antrieb zum Ablegen der Meisterprüfung erhalten hätte.</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.633,--DM nebst 4 % Zinsen seit der Klagezustellung zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie hat bestritten, daß der Kläger die Meisterprüfung mit Erfolg abgelegt hätte und hat auch die Höhe der Klageforderung für übersetzt gehalten.</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat ohne Beweiserhebung die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und ausgeführt, die Beklagte müsse dem Kläger eine noch zu ermittelnde Rente nach dem Lohnniveau eines Elektromeisters zahlen. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, daß jeder Handwerksgeselle mit durchschnittlichen Intelligenz, Ehrgeiz und Fleiß die Meisterprüfung mit Erfolg  ablegen könne. Die Schulzeugnisse des Klägers hätten vor dem Unfall in den wesentlichen Fächern die Zensuren befriedigend und gut gezeigt. Ein ordentliches Elternhaus hätte dem Kläger auch günstige Umweltbedingungen zur Entwicklung von Fleiß und Ehrgeiz gegeben, zumal der Anreiz hinzugekommen sei, später das Geschäft seines Lehrherrn zu übernehmen, der keine männlichen Abkömmlinge habe.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat gegen dieses am 12. Januar 1971 verkündete und am 29. Januar 1971 zugestellte Grundurteil am 25. Februar 1971 Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 25. April 1971 am 26. April 1971, einem Montag, begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dargetan, daß er ohne den Unfall mit der Vollendung des 25. Lebensjahres die Meisterprüfung im Elektrohandwerk abgelegt haben würde.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Von 100 jungen Leuten, die eine Handwerkslehre begännen, beständen nämlich nur rund 75 die Gesellenprüfung. Lediglich 25 % der Gesellen, nicht einmal 20 % der Berufsanfänger, unterzögen sich mit Erfolg der Meisterprüfung ( Beweis: Auskunft des statistisch Landesamts und der Handwerkskammer). Es komme hinzu, daß die Schulzeugnisse des Klägers nicht gerade überdurchschnittlich gewesen seien.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte bestreitet auch, daß der Kläger begründete Aussicht gehabt habe, irgendwann einmal das Geschäft seines Lehrherrn zu übernehmen.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, notfalls ihr Vollstreckungsnachlaß zu gewähren.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">notfalls ihm, der sich vorsorglich zur Sicherheitsleistung erbietet nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden und zu gestatten, daß diese durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beruft sich auf seinen früheren Vortrag und auf die Begründung des angefochtenen Urteils. Er behauptet, bei seinen in der Schule vor dem Unfall gezeigten Leistungen sowie bei den bei ihm vorliegenden <em>günstigen</em> Umweltsbedingungen hätte er auf jeden Fall die Meisterprüfung abgelegt.</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Im übrigen wird auf den Vortrag der Parteien nach Maßgabe der gewechselten Schriftsätze sowie auf die vom Kläger überreichten Schul- und Lehrzeugnisse verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgründe:</span></p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die an sich statthafte, in rechter Form und Frist eingelegte und begründete Berufung hat keinen Erfolg.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das Landgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"> Der Kläger hat unstreitig gemäß §§ 843, 842 BGB einen Anspruch darauf, im Wege einer Geldrente Ersatz für die Nachteile zu erhalten, die er infolge des Unfalls vom Jahre 1956 erlitten hat. Dennoch ist der Kläger, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, gemäß § 252 BGB so zu stellen, wie wenn er im Alter von 25 Jahren<sub>,</sub> also spätestens bis zum 1. Februar 1969, die Meisterprüfung im Elektrohandwerk mit Erfolg abgelegt hätte. Zwar hat der Kläger nicht zur vollen Gewißheit dartun können er hätte bis zu dem angeführten Zeitpunkt die Prüfung als Elektromeister bestanden, da er bereits mit 12 Jahren den seine Intelligenz und sein Leistungsvermögen erheblich mindernden Unfall erlitten hat. Dem Kläger kommt aber die Beweiserleichterung des § 252 Abs. 2 BGB zugute, wonach als entgangen auch der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten oder Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann ( BGH NJW l 964, 662 mit weiteren Belegen; BGB (VersR 1967, 903, VersR 1969, 376, VersR 1970, 76 ). Hiernach muß die den Schadensersatz fordernde Partei für die Ausgangssituation des Schadens greifbare Tatsachen vorbringen<sub>d</sub> aus denen sich anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen läßt, wie die Dinge wenn das als Schaden stiftende Ereignis nicht eingetreten wäre, sich nach menschlicher Erfahrung weiter entwickelt haben würden.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dies hat der Kläger getan. Er hat nachgewiesen, daß seine intellektuellen Fähigkeiten vor dem Unfall weit über dem vergleichbaren Durchschnitt seiner Altersgenossen lagen. Die letzten drei Schulzeugnisse vor dem Unfall weisen Zensuren aus, die im wesentlichen um befriedigend liegen, in <em>den</em> Hauptfächern Deutsch und Rechnen teilweise sogar darüber. Gerade im Hinblick auf sein Berufsziel - Elektrotechniker - ist von Belang, daß der Kläger sich - bei dem gleichen Lehrer - im Rechnen und Naturkunde in seinem letzten Zeugnis vor dem Unfall auf gut verbesserte. Nach dem Unfall verschlechterten sich seine Leistungen erheblich, teilweise um mehr als eine Zensur und lagen nur noch um ausreichend, teilweise waren sie sogar schlechter.</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">In Rechnen und Naturkunde erhielt er jetzt, im Zeugnis vom 31. Oktober 1957, nur noch ausreichend. Hiernach wird es verständlich, weshalb der Kläger die Elektrogesellenprüfung nicht bestand, zumal er nach dem Zeugnis seines Lehrherrn wegen seines Gesundheitsstands nur zur Hälfte einsatzfähig war.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Weiter rechtfertigen die persönlichen Eigenschaften des Klägers sowie seine Umweltbedingungen den Schluß, daß er auch den notwendigen Ansporn bekommen und den erforderlichen Ehrgeiz entwickelt hätte, seinen intellektuellen Fähigkeiten zum Bestehen der Meisterprüfung auszunutzen. Der Kläger hatte vor dem Unfall in seinem Schulzeugnissen<sub>,</sub>in Führung, Beteiligung am Unterricht und Fleiß gute und befriedigende Noten. Erst nach dem Unfall wird im Zeugnis über ein Nachlassen der Beteiligung am Unterricht geklagt. Immerhin besaß der Kläger jetzt noch die Energie, eine weitere Ausbildung, somit die Elektrolehre, anzutreten, die er allerdings aufgrund der unfallbedingten Leistungsminderung nicht mit Erfolg abschließen konnte. Ob sich für den Kläger als weiterer Ansporn zum Ablegen der Meisterprüfung die Übernahme des Geschäftes seines Lehrherrn ergeben hätte, hat der Senat nicht für beweiserheblich angesehen. Wohl aber ist zu berücksichtigen, daß der Kläger einer Familie entstammt, mit eigenem Hausgrundbesitz. Der Vater hat sich bis zum Fernmelde-Obersekretär bei der Bundespost hochgearbeitet, hat somit auch vom Beruf her eine Berührung mit dem Elektrozweig. Ein Bruder des Klägers, mit einer Schlosserausbildung, befindet sich, wie die Beklagte nicht bestreitet, in einer vergleichbaren sozialen Stellung.</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist überzeugt, daß ein 12jähriges Kind anstelle des Klägers mit seinen befriedigenden schulischen Leistungen und guten Leistungen in <em>Rechnen</em> und Naturkunde, mit überdurchschnittlichem Fleiß und Energie und aus der Umwelt eines bürgerlich-strebsamen Elternhauses heraus, bei dem Vater und Bruder technische Berufe eingeschlagen haben, durchweg alle Voraussetzungen zu einem späteren Ablegen der Meisterprüfung im Elektrohandwerk besitzt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, daß nur 20 % derjenigen, die eine Elektrolehre beginnen, später auch die Meisterprüfung mit Erfolg ablegen. Dem Senat kommt es hierbei auch nicht darauf an, zu ermitteln, wie hoch die Durchfallquote selbst bei der Meisterprüfung ist, ob nicht - wofür die Lebenserfahrung spricht - nur ein geringer Teil der Gesellen diese Prüfung anstrebt. Entscheidend ist, daß der Kläger nach Überzeugung des Senats wegen seiner überdurchschnittlichen intellektuellen und persönlichen Fähigkeiten und wegen des günstigen Umwelteinflusses seines Elternhauses, ohne das Unfallereignis zu jenen 20 % der Berufsanfänger gehört hätte, die die Meisterprüfung bestanden haben würden. Daß der Kläger den vollen Nachweis nicht führen kann, liegt allein an dem vom Rechtsvorgänger der Beklagten verursachten Unfall.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Dieser Umstand nimmt der Beklagten aber nach Treu und Glauben die Möglichkeit, sich darauf zu berufen, der Kläger habe nicht zu den 20 % Berufsanfängern gehört, die die Meisterprüfung ablegen. Es hätte an der Beklagten gelegen, Umstände aufzuführen und zu beweisen die dafür sprechen, daß der Kläger trotz der dargelegten günstigen Voraussetzungen nicht zu jener Gruppe von Elektrolehrlingen gehört hätte, die die Meisterprüfung bestehen. Derartige Umstände hat die Beklagte indes nicht aufgezeigt.</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat also zu Recht die Klage dem Grunde nach zugesprochen, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht wird das Verfahren wegen des <em>An</em>spruchs der Höhe nach fortzusetzen haben.</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die prozessualen Nebenansprüche beruhen auf §§ 97 Abs. 2, 708 Ziff. 7, 713 <em>a</em> ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.633,-- DM.</p>
|
316,083 | olgk-1971-04-28-2-u-11270 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
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"state": 12,
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | 2 U 112/70 | 1971-04-28T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:17 | 2019-03-27T09:41:27 | Urteil | ECLI:DE:OLGK:1971:0428.2U112.70.00 | <h2>Tenor</h2>
<br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline;"><b>T a t b e s t a n d</b></span></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger hatten durch den Beklagten
1966 ein Wohnhaus nachgewiesen bekommen und kauften es notariell
von der Eigentümerin Frau Ursula C. in K.H. . Wegen dieses Kaufes
kam es zu einem Rechtsstreit zwischen den Klägern und Frau C. . Die
Kläger erhoben zunächst eine Vollstrek-kungsgegenklage (6 U 37/67
LG Köln), die auf An-fechtung wegen arglistiger Täuschung gestützt
war. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Prozeßver-gleich vom 2.
März 1967, durch den der notarielle Grundstückskaufvertrag unter
Vorbehalt von Ersatz-ansprüchen der Kläger einverständlich
aufgehoben wurde. Anschließend machten die Kläger in einem neuen
Prozeß (4 O 159/67 LG Köln = 2 U 5/68 OLG Köln) Ersatzansprüche
gegen Frau C. geltend und berechneten dabei folgenden Schaden:</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zahlung der Maklergebühr an den
Beklagten</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">dieses Prozesses 4.680,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Notarkosten 1.055,08 DM</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gerichtskosten 145,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sonderwünsche wegen einer</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nirosta-Spüle 75,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nutzlose Anschaffung von Gardinen-</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">brettern 323,20 DM</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zinsen aus Kaufpreisvorauszahlung
in</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Höhe von 50.000,00 DM 2.083,33 DM</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Bereitstellungszinsen 99,37 DM</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">8.460,98 DM</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">===========</p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Auch dieser Rechtsstreit endete mit
einem Pro-zeßvergleich, der am 26.02.1969 vor dem Senat geschlossen
wurde. Die Eigentümerin Frau C. verpflichtete sich darin, zum
Ausgleich aller An-sprüche der Kläger an diese 4.360,00 DM zu
zahlen. Vor Abschluß dieses Vergleichs - im Schriftsatz vom
23.01.1969 - hatten die Kläger ihre Schadens-berechnung gegenüber
Frau C. ermäßigt und noch folgende Positionen in Rechnung
gestellt:</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Maklergebühren 4.680,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Notargebühren 1.055,08 DM</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gerichtskosten f. Grundbucheintra-</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">gungen 161,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nirosta-Spüle 75,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4 % Zinsen von 50.000 DM für die</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Zeit vom 1.9.66 bis 1.7.67 1.666,65
DM</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gebäudeversicherung 103,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">7.740,73 DM</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Im vorliegenden Verfahren verlangen die
Kläger nunmehr vom Beklagten die an diesen gezahlten
Mak-lergebühren in Höhe von 4.680,00 DM zurück.</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Sie haben behauptet, der Beklagte habe
sie durch wissentlich falsche Angaben über die Wohnfläche des
angebotenen Hauses arglistig getäuscht und dadurch zum Kaufabschluß
und zur späteren Rückgän-gigmachung des Kaufes bewogen. Er habe
deshalb und auch aus dem Gesichtspunkt der positiven
Vertrags-verletzung die Maklergebühren zurückzuzahlen. In-soweit
sei von Bedeutung, daß der Beklagte seine Maklerpflichten weiter
dadurch verletzt habe, daß er auch für die Verkäuferin tätig
geworden sei und unter Zurücksetzung der Interessen der Kläger auch
deren Interessen wahrgenommen habe.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">den Beklagten zu verurteilen, an die
Kläger 4.680,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.11.1966 zu
zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Er hat behauptet, die von ihm
weitergegebenen An-gaben über die Wohnfläche des vermittelten
Hauses habe er von dem für die Verkäuferin aufgetretenen Zeugen P.
erfahren. Da er die Kläger nicht arg-listig getäuscht habe, berühre
die spätere Rück-gängigmachung des Kaufvertrages seinen Maklerlohn
nicht.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen aller Einzelheiten des
erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die vor dem Landgericht
ge-wechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Das Landgericht hat durch Urteil vom
27.07.1970 die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt des Urteils wird
Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Gegen das am 20.08.1970 zugestellte
Urteil haben die Kläger am 18.09.1970 Berufung eingelegt und diese
nach entsprechender Fristverlängerung am 19.11.1970 (gesetzlicher
Feiertag) begründet.</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger wiederholen ihr
erstinstanzliches Vor-bringen. Sie gehen davon aus, der Beklagte
habe seinen Maklerlohn verwirkt, weil er dem Inhalt des Vertrages
zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen sei. Daher müsse er
den empfangenen Maklerlohn wegen ungerechtfertigter Bereicherung
zurückerstatten. Darüber hinaus habe er es ver-säumt, die Kläger
vertragsgemäß zu informieren und über die wirklich benutzbare
Wohnfläche zu unter-richten.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger haben beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">unter Abänderung des angefochtenen
Ur-teils nach den Schlußanträgen der Klä-ger in erster Instanz zu
erkennen, notfalls den Klägern zu gestatten, die
Zwangsvollstreckung durch Sicherheits-leistung, welche auch durch
Bürgschaft einer im Währungsgebiet ansässigen Bank oder
öffentlichen Sparkasse er-bracht werden kann, abzuwenden; zur
Sicherheitserklärung gemäß § 713 Abs. 2 ZPO (auch durch
Bankbürgschaft) erklären sich die Kläger bereit.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">die Berufung zurückzuweisen,
hilfswei-se Vollstreckungsschutz.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Er geht davon aus, daß dem
Klagebegehren bereits der in dem Rechtsstreit 4 O 159/67 = 2 U 5/68
OLG Köln geschlossene Vergleich vom 26.02.1969 entge-genstehe, da
damit der Anspruch der Kläger aus Rückzahlung der Maklerprovision
abgegolten sei. Darüber hinaus entfalle ein Rückzahlungsanspruch
deshalb, weil der Beklagte sich keiner haftungsbe-gründenden
Vertragsverletzungen gegenüber den Klä-gern schuldig gemacht
habe.</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Wegen der Einzelheiten des
zweitinstanzlichen Vor-bringens wird auf den Inhalt der von den
Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Akten 6 O 37/67 LG Köln und 4 O
159/67 LG Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung; sie
sind zu Informationszwecken beigezogen worden; der Inhalt der
Beiakten ist von beiden Parteien vorge-tragen bzw. in Bezug
genommen worden.</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d
e</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die form- und fristgerecht eingelegte
Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">1.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">In Höhe eines Betrages von mindestens
2.588,50 DM ist die Klage unschlüssig, da es nach dem eigenen
Vorbringen der Kläger an einem Schaden fehlt. Im Vorprozeß 4 O
159/67 machte der Anteil der Scha-densposition "Maklergebühr" mit
4.680,00 DM einen Prozentsatz von 55,31 % des Klagebegehrens aus.
55,31 % der Vergleichssumme von 4.360,00 DM ent-fielen daher
zumindest auf die Schadensposition "Maklergebühren". Insoweit ist
der von den Kläger behauptete Schaden bereits durch die Zahlung der
Frau Ursula C. abgegolten. Daß die Kläger diese Kosten nicht von
ihrer ursprünglichen Verkäuferin und darüber hinaus vom Beklagten,
also doppelt zurückverlangen dürfen, ist außer Zweifel, da sie die
Maklerkosten auch nur einmal bezahlt haben.</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Kläger hatten im Vorprozeß 4 O
159/67 LG Köln mit Schriftsatz vom 10.01.1969 ihre
Schadensfor-derung gegenüber der Verkäuferin auf 7.740,73 DM
herabgesetzt. Ob infolgedessen der auf die Scha-densposition
"Maklergebühr" erfallende Vergleichs-betrag nicht noch höher
anzusetzen ist oder ob gar - wie der Beklagte meint - durch den
Vergleich vom 26.02.1969 jeglicher Erstattungsanspruch gegen den
Beklagten ausgeräumt worden ist, braucht hier nicht erörtert und
entschieden zu werden. Auch die nach der vorstehenden, den Kläger
günstig-sten Berechnung allenfalls noch verbleibende
Kla-geforderung von (4.680 DM minus 2.588,50 DM =) 2.091,50 DM muß
in Übereinstimmung mit dem Landge-richt verneint werden.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">2.</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Ein Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung des Beklagten nach § 812 BGB entfällt. Zwischen den
Klägern und der Grundstückseigentümerin war ein notarieller Vertrag
abgeschlossen worden. Dieser Vertrag ist durch einen
Prozeßvergleich, also durch einen weiteren Vertrag im Rechtsstreit
6 O 37/67 LG Köln aufgehoben worden. Die
Entste-hungsvoraussetzungen des Makleranspruches des Be-klagten
sind davon unberührt geblieben. Inwieweit neben der vertraglichen
Aufhebung des Grundstücks-kaufvertrages noch die Berufung darauf
möglich ist, dieser Vertrag sei auch wegen arglistiger Täuschung
anfechtbar gewesen, kann dahinstehen. Eine arglistige Täuschung der
Verkäuferin Frau C. , die allein die Anfechtung des
Grundstücks-kaufvertrages hätte rechtfertigen können, ist im
Vorprozeß 4 O 159/67 LG Köln nicht bewiesen wor-den. Die Kläger
können daher auch dem Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten,
derjenige Grund-stückskaufvertrag, für dessen Vermittlung eine
Maklerprovision gezahlt worden sei, sei rückwir-kend vernichtet
worden.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">3.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Positive Vertragsverletzung des
Beklagten scheidet entgegen der Auffassung der Kläger als
Anspruchs-grundlage ebenfalls aus. Einen dahingehenden Be-weis
haben die Kläger nicht geführt. Das Beweiser-gebnis im Vorprozeß 4
O 159/67 hatte zu einem non liquet geführt. Diese Beweiswürdigung
ändert sich nicht dadurch, daß die Kläger auf der Grundlage der
Beweisaufnahme des Vorprozesses nunmehr den Beklagten in Anspruch
nehmen. Es ist nicht einmal nachgewiesen, daß der Maklerauftrag
unter Aus-schluß aller anderen Objekte auf 150 qm Wohnfläche
gerichtet war. Aus dem Maklerangebot vom 7.8.1966 (Bl. 21 d.A.)
folgt das entgegen der Auffassung der Kläger nicht. Unklar ist
weiter nach wie vor, was die Kläger sich unter dem Begriff
"Quadrat-meter" beim Hauserwerb vorgestellt haben. Reine Wohnfläche
kann damit schwerlich gemeint gewesen sein. Dann hätte das von den
Klägern gesuchte Haus eine bautechnisch berechnete Wohnfläche von
annähernd 200 qm haben müssen. Dielen, Toilet-ten, Nebenräume und
dergleichen werden nämlich bei der Wohnflächenberechnung
berücksichtigt. Die Beweisaufnahme im Vorprozeß 4 O 159/67
begründet auch nicht die gemäß § 286 ZPO notwendige, an Si-cherheit
grenzende Wahrscheinlichkeit, daß der Be-klagte die Kläger
schuldhaft irregeführt hat. Der Beklagte war als Makler nicht
gehalten, das ange-botene Wohnhaus auszumessen. Es ist sogar
zweifel-haft, ob er dazu technisch überhaupt in der Lage gewesen
wäre; derartige Aufgaben gehören in den Bereich der
Architektenleistungen. Darüber hinaus kann nicht übersehen werden,
daß die Kläger das von dem Beklagten nachgewiesene Objekt
besichtigt und sogar bezogen haben. Sie waren also zumindest ebenso
genau über die tatsächlichen Verhältnisse informiert wie der
Beklagte. Selbst wenn sie von einer falschen Wohnflächenberechnung
ausgegangen sind, muß mit Rücksicht auf ihr eigenes Verhalten davon
ausgegangen werden, daß sie das Haus dennoch als angemessen
ansahen. Nach der Lebenserfahrung erkennt normalerweise jemand
nicht erst nach dem Einzug, daß ein Haus um 30 % zu wenig
Wohnfläche hat. Alle diese und weitere konkrete Umstände müs-sen
gem. § 286 ZPO bei der Beweiswürdigung berück-sichtigt werden und
stehen der Annahme der Kläger entgegen, die Beweislage stütze ihre
Rechtsauffas-sung völlig.</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Entgegen der Annahme der Kläger sind
auch die Voraussetzungen des § 654 BGB nicht gegeben. Nach dieser
Vorschrift ist der Anspruch auf den Makler-lohn ausgeschlossen,
wenn der Makler dem Inhalt des Vertrages zuwider auch für den
anderen Teil tätig gewesen ist. Daß dies geschehen sei, schlie-ßen
die Kläger daraus, daß der Beklagte sich auch von der Verkäuferin
eine Vergütung ausbedungen habe und auf sein Anraten hin der
Kaufpreis um 1.000,00 DM erhöht worden sei, um diese Vergütung
aufzubringen. Auch wenn man davon ausgeht, fehlt es an einem
"Tätigwerden" für die andere Partei im Sinne des § 654 BGB. Die
enge Auslegung, die die Kläger dieser Vorschrift geben, ist nicht
mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum zu
vereinbaren. So heißt es etwa im BGB-Kommentar von Soergel-Mormann,
10. Aufl. § 654 Anm. 1, der hier statt vieler angeführt sei: "Dem
Nachweismakler ist es nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nicht
verwehrt, auch für die Gegenpartei tätig zu werden, dem
Vermittlungsmakler nicht, sich von der Gegenpartei eine Provision
für den Nachweis versprechen zu lassen". Im Streitfall ist - vom
Vorbringen der Kläger ausgehend - seitens des Be-klagten nur das
Aufbringen der Verkäuferprovision ermöglicht worden. Der vom
Beklagten beschrittene Weg ist im Maklergewerbe üblich. Fast alle
Makler, insbesondere auch diejenigen, die im Ring Deut-scher Makler
zusammengeschlossen sind, arbeiten heute mit Vergütungen von 3 + 3
% bis 5 + 5 %. Das heißt, Grundstückskäufer und
Grundstücksver-käufer müssen je 3 bis 5 % Provision zahlen. Der
Verkäufer ist häufig nicht dazu bereit, weil dies seinen Kaufpreis
mindern würde. Deshalb wird des öfteren der dem Verkäufer
vorgeschriebene Mindest-kaufpreis um den ihn belastenden
Provisionssatz - im Streitfall 1.000,00 DM - erhöht. Richtig ist
zwar, daß auf diese Weise der Käufer unter Umstän-den die
Mehrprovision tragen muß, ebenso wie er ja auch die Notar- und
sonstigen Nebenkosten al-leine aufzubringen hat. Der Verkäufer kann
diesen Berechnungsmodus aber jedenfalls dann durchsetzen, wenn das
von ihm angebotene Haus wegen seiner Lage oder sonstiger Vorzüge
auf Interesse stößt und er anderenfalls an einen sonstigen Erwerber
veräußern kann. Der Aufschlag von 1.000,00 DM auf seiten der
Verkäuferin kann unter diesen Umständen nicht als eine mit § 654
BGB unvereinbare Vertragswidrigkeit gewertet werden, die die
Provisionszahlung der Kläger von 4.680,-- DM wegen Verwirkung
völlig entfallen ließe.</p>
<span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">5.</p>
<span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Abgesehen von den vorstehend unter
Ziffer 2. bis 4. erörterten Gründen muß der durch den Vergleich im
Vorprozeß 4 O 159/67 LG Köln nicht befriedigte restliche
Zahlungsanspruch der Kläger in Höhe von allenfalls 2.091,50 DM
jedenfalls wegen Mitver-schuldens (§ 254 BGB) verneint werden.
Unstreitig haben die Kläger das Haus vor dem Erwerb besich-tigt,
die Baupläne eingesehen und sogar ihrer Ver-wunderung über die
niedrige Geschoßhöhe im unteren Bereich des Hauses Ausdruck
gegeben. Selbst wenn man dem Beklagten ein zum Ersatz
verpflichtendes schuldhaftes vertragswidriges Verhalten vorwerfen
will, muß die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen
Sorgfalt in den eigenen Angelegen-heiten der Kläger diese nach §
254 Abs. 1 BGB mitbelasten. Darüber hinaus ist den Klägern auch der
Vorwurf zu machen, daß sie es entgegen § 254 Abs. 2 BGB unterlassen
haben, den nach ihrer An-sicht drohenden Schaden abzuwenden.
Bereits zu ei-nem Zeitpunkt, in dem zwischen den Klägern und der
Verkäuferin die Streitigkeiten begonnen hatten, nämlich Ende 1966,
konnten die Kläger das Haus zum Preise von 156.000,-- DM, also für
ihren eigenen Kaufpreis an einen Dritten verkaufen. Der Zeuge F.D.
hat im Vorprozeß (Bl. 97 d.A. 4 O 159/67) ausgesagt: "Ich hatte
mich dem Kläger gegenüber bereit erklärt, das Haus zu kaufen gegen
Zahlung von 156.000,-- DM. Der Kläger wollte jedoch auch seine
Umzugskosten von mir übernommen haben. Dazu war ich nicht bereit".
Das heißt, die Kläger hätten durch Verzicht auf Erstattung der
Umzugskosten den nach ihrer Darlegung erheblichen Schaden aus dem
Hauserwerb im wesentlichen abwen-den können. Daß sie dies
unterlassen haben, müssen sie sich nach § 254 Abs. 2 BGB als
Mitverschulden anrechnen lassen.</p>
<span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Der Mitverschuldensanteil der Klägerin
müßte je-denfalls mit 1/2 angesetzt werden. Dann ergibt sich
folgende Schadensberechnung:</p>
<span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Von den Klägern gezahlte Maklergebühr
4.680,-- DM 1/2 davon entfielen nach § 254 BGB auf die</p>
<span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Kläger 2.340,-- DM</p>
<span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">gezahlt worden sind im Vorprozeß</p>
<span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">4 O 159/67 auf den Schadensposten</p>
<span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">"Maklergebühr" mindestens 2.588,50
DM.</p>
<span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Soweit den Klägern also überhaupt ein
Schadener-satzanspruch zugestanden werden könnte, wäre er auf jeden
Fall unter Berücksichtigung ihres Mit-verschuldens durch die
vergleichsweise Zahlung im Vorprozeß 4 O 159/67 abgegolten.</p>
<span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">6.</p>
<span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Nach den vorstehenden Ausführungen kann
der Klage im Ergebnis aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt
stattgegeben werden. Das landgerichtliche Urteil ist deshalb zu
bestätigen.</p>
<span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§
97, 708 Nr. 7, 713 a ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:10px">##blob##nbsp;</p>
<span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:20px">Streitwert: 4.680,00 DM.</p>
|
316,084 | ovgnrw-1971-01-19-6-a-102669 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
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} | 6 A 1026/69 | 1971-01-19T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:19 | 2019-03-27T09:41:26 | Urteil | ECLI:DE:OVGNRW:1971:0119.6A1026.69.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung wird auf Kosten des Klägers</p>
<p>zurückgewiesen.</p>
<p>Die Kostenentscheidung ist vorläufig voll‑</p>
<p>streckbar.</p>
<p>Die Revision wird zugelassen.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Kläger geboren im Januar 1903  erlangte im März 1920 die OberSekundareife. In der Zeit bis März 1922 arbeitete er 20 1/2 Monate "praktisch". Vom Sommersemester 1926              •bis zum Wintersemester 1932/33 studierte er an der Bauingenieurwesen. Am 28 November 1932 bestand er die Schlußprüfung in der Bauingenieurabteilung dieser Hochschule. Vom 8. Mai 1933 bis zum 31. Dezember 1936 stand er in einem Angestelltenverhältnis zur Stadt    , anschließend bis zum 30. November 1938 zur Stadt    .</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Im Oktober 1960 berief der Finanzminister des beklagten Landes - im Folgenden Beklagter genannt - den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Im Mai 1962 bat der Kläger, seine Studienzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen und die Gesamtzeit seiner ruhegehaltfähigen Dienstjahre anzugeben. Durch Verfügung vom 19. November 1962 genehmigte die Oberfinanzdirektion      ., "das unter der Voraussetzung des Gleichbleibens der Rechtslage von Ihrer Studienzeit bei der Berechnung der Versorgungsbezüge die Zeit vom 1. April 1926 bis 31. März 1930 als Mindeststudienzeit und die Zeit vom 290 August bis 280 November 1932 als übliche Prüfungszeit und die Zeit vom 1. Oktober 1921 bis 31. März 1922 als Zeit einer erforderlichen praktischen Tätigkeit bei Eintritt des Versorgungsfalles gemäß § 124 LBG als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden".</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter dem 22. Dezember 1962 schrieb sie dem Kläger:</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">".... teile ich Ihnen mit, daß eine Berechnung, Ihrer ruhegehaltfähigen Dienstzeiten und Festsetzung Ihrer Pensionsbezüge erst bei Eintritt des Versorgungsfalles erfolgt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach einer überschläglichen Berechnung. haben Sie bei Berücksichtigung der jetzigen Rechtslage und Anrechnung Ihrer Studienzeiten zur Zeit einen Ruhe gehaltssatz von 70 v.H. erreicht".</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Im Oktober 1964 bat der Kläger die damalige Zentrale Besol dungs- und Versorgungsstelle im Geschäftsbereich. des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen ZBFIN - um "verbindlicher Angabe seiner ruhegehaltfähigen Dienstjahren. Unter dem 17. November 1964 schrieb die ZBFIN 'dem Kläger</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">"Ihre ruhegehaltfähige Dienst2eit beträgt bis einschließlich 31. Dezember 1964 29 Jahre und 104 Tage; das entspricht einem Ruhegehaltssatz von 69 v.H. Die Dienstzeit berechnet sich wie folgt:</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1. Oktober 1921 bis 31. März 1922 praktische Tätigkeit (§ 124 LBG)  Jahre 182  Tage</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">1. April 1926 bis 31. März 1930 • Studienzeit (§ 124 LBG)</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">29. August 1932 bis 28. November 1932 übliche Prüfungszeit</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">(§ 124 LBG) 92 "</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">8. Mai 1933 bis 31. Dezember 1936 Angestellter bei der</p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Stadtverwaltung 3 Jahre 238 Tage</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">zur Hälfte (§ 122 Abs. 2 LBG)   1 Jahr  301,5 "</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">1. Januar 1937 bis 30. November 1938</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Angestellter bei der Stadtverwaltung 1 Jahr 334 Tage</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">zur Hälfte  Jahre 349,5 "</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1. Dezember 1938 bis 80 Mai 1945. Beamter bei der Stadtverwal‑</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">tung <strong>(§</strong> 119 LBG)   6 Jahre 159 Tage</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">9. Mai 1945 bis 31. März 1951 Kriegsgefangenschaft und amtlose Zeit (§ 227 Abs. 3 LGB) 5 Jahre 327 Tage</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">1. August 1955 bis 31. Dezember 1964 im Dienste der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen, bis 2. Oktober 1960 als Angestellter,</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">ab 3. Oktober 1960 als Beamter (§§ 227 Abs.3 und 119 LBG)</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">zusammen  25 Jahre 1.564 Tage</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">oder              29 Jahre 104 Tage</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats, in. dem. Sie das 65. Lebensjahr vollenden, erhöht sich der Ruhegehaltssatz auf 72 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Beide Prozentangaben gehen von der Annahme aus, daßdie Zeiten. vom 8. Mai 1933 bis 310 Dezember 1936 und vom</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">10. Januar 1937 bis 30. November 1938 bei der Rentenberechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als" versicherungspflichtige Zeiten angerechnet werden.</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Im übrigen weise ich auf das›Schreiben der Oberfinanzdirektion        . vom 22. Dezember 1962 ... hin."</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Mit Ablauf des Monats  Oktober 1965 versetzte der Finanzminister des Beklagten den Kläger in den Ruhestand. Durch Bescheid vom 22. September 1965 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung NW die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Dabei berücksichtigte es u.a. die Zeiten</p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">vom 1. Oktober. 1921 bis zum  März 1922 (praktische Tätigkeit),</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 (Mindeststudienzeit) und<sup>.</sup></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">vom 29. August.1932 bis zum 28. November 1932  (übliche Prüfungszeit)</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">8. Mai 1933 bis zum 31. Dezember 1936</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">(Stadtverwaltung        <strong>und vom</strong> 1. Januar 1937 bis zum 30. November 1938 (Stadtverwaltung <strong>)</strong></p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Daraus ergaben sich 33 volle Dienstjahre und damit gemäß § 126 LBG ein Ruhegehaltssatz von 73 v.H. Diesem Bescheid entsprechend wurde in der Folgezeit das Ruhegehalt an den Kläger gezahlt.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Seit Februar 1968 bezieht der Kläger ein Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung. Dessen Höhe ergab sich zunächst aus einem Bescheid:der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 6..Februar1968. Dieser Bescheid und zwei Änderungsbescheide wurden aufgehoben. Maßgebend ist jetzt ein Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. Januar 1969. Danach hat die Rente des Klägers für den Monat Februar 1968 - vor Abzug des Krankenversicherungsbeitrages - 410,50 DM betragen. Von diesem Betrag beruht ein Teil von 5,24 DM monatlich auf einer Höherversicherung des Klägers. Die verbleibende Rente berechnet sich nach Werteinheiten. DieSumme der Werteinheiten für freiwillige Beiträge Pflichtbeltrege, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten beträgt 3.499,72 , die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge <em>479,31.</em></p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Durch einen "berichtigten Bescheid" vom 7. März 1968 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Versorgungsbezüge des Klägers für die Zeit ab 1. Februar 1968 neu fest. Dabei berücksichtigte es vor dem 8. Mai 1933 liegende Zeiten nicht mehr. Insgesamt ergaben sich 25 volle Dienstjahre und damit ein Ruhegehaltssatz von. 65 v.H. Dazu führte das Landesamt aus Der Wegfall der vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten ergebe sich aus Richtlinie. 7 zu § 124 LBG iVm Richtlinie 302 zu § 123 LBC die Gesamtversorgung des Klägers (seine beamtenrechtliche Versorgung und seine bereinigte Rente aus der Angestelltenversicherung) übersteige auch ohne Berücksichtigung der bisher berücksichtigten, vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten die fiktive Höchstgrenze im Sinne der Richtlinie 302 zu § 123 LBG.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger die Nichtberücksichtigung der bisher berücksichtigten vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten. Durch Bescheid vom 7. Januar 1969 wies das Landesamt den Widerspruch zurück.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage hat der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">1.           den Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1969 insoweit aufzuheben, als darin seine (des Klägers) Vordienstzeiten im. Sinne des § 124 LBG nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden,</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">2.           den Beklagten für verpflichtet zu erklären, die Zeit vom 1. Oktober 1921 bis zum 31. März 1922, vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 und vom 29. August 1932 bis zum 280 November 1932 als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.</p>
<span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat, beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 2. Juli 1969 hat das Verwaltungsgericht in Düsseldorf den Besdleid vom 7. März 1968 und den Widerspruchsbescheid insoweit aufgehoben, als sie sich auf die Zeit vor dem 1. April 1968 erstrecken und. Versorgungsbezüge für die Monate Februar und März 1968 einbehalten; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es dargetan:</p>
<span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Soweit das LBV im Bescheid vom 7. März 1968 vor dem 8. Mai 1933 liegende Zeiten nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtige, liege in diesem Bescheid die Rücknahme (der Wiederruf) der Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965. Diese beiden, Bescheide stellten begünstigende Verwaltungsakte dar. Dem Bescheid vom 19. November 1962 liege eine rechtsbegründende Ermessensentscheidung nach § 124 LBG zugrunde die, von der Festsetzung des Ruhegehalts zu trennen sei. Soweit der Bescheid vom 22. September 1965 auf dem Bescheid vom 19. Jahuar 1962 beruhe, komme ihm also lediglich feststellende Bedeutung zu. Gleichwohl sei der Bescheid vorn 22. September 1965 als begünstigender Verwaltungsakt anzusehen, weil er den Versorgungsanspruch des Klägers konkretisiere. Der Widerruf dieser begünstigenden Verwaltungsakte mit Wirkung für die, Zukunft sei zulässig.. Zwar könne sich der Beklagte auf den Vorbehalt des Gleichbleibens der Rechtslage (§ 165 Abs. 2 Satz 2 LBG) nicht berufen, weil § 124 LBG seit November 1962 keine Änderung erfahren habe. Doch seien die Bescheide Vom 19. November 1962 und vom 22 September 1965 ohne den Vorbehalt ergangen, der ihnen nach den einschlägigen Vorschriften (den Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu dem versorgungsrechtlichen Teil des Landesbeamtengesetzes sowohl in der Fassung vom 27. August 1962, MBl  NW 1539, als auch in der Neufassung vom 17. August 1967, MBl NW1483) hätte beigefügt werden müssen. Beide Bescheide seien daher insoweit ermessenäfehlerhaft:und rechtswidrig. Sie könnten deshalb für die Zukunft zurückgenommen werden, obwohl sie unanfechtbar geworden seien..Das Interesse des Klägers an ihrer Aufrechterhaltung müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes zurücktreten.</p>
<span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufung gegen<sup>.</sup>dieses Urteil bringt der Kläger vor:</p>
<span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Nach den "Richtlinien" dürfe die Berücksichtigung der in §<sup>-</sup>124 LBG aufgezählten Zeiten nicht dazu führen, daß die Gesamtversorgung des Beamten höher sei als die Versorgung, die er erhalten würde, wenn er die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten, soweit sie nach Vollendung des 17. Lebensjahres abgeleistet worden sind, bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Die streitigen Zeiten vom 1. Oktober 1921 bis zum 31. März 1922, vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 und vom 29. August 1932 bis zum 28. November 1932 seien aber für die Berechnung seines Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung nicht maßgebend. Diese Zeiten würden bei der Bemessung seines Altersruhegeldes nicht angerechnet. Sein Altersruhegeld würde genauso hoch sein, wenn er die genannten Zeiten bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Die Richtlinien wollten aber ausschließlich verhindern, daß bestimmte Zeiten sowohl bei. der Berechnung der Sozialrente als auch bei der Bemessung des Ruhegehalts berücksichtigt würden.</p>
<span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965 seien nicht deshalb rechtswidrig, weil sie ohne. den Vorbehält ergangen seien, der ihnen nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften hätte beigefügt werden müssen, Diese Verwaltungsvorschriften hätten gegenüber dem Bürger nur insoweit Bedeutung, als sie diese begünstigten. Dadurch, daß die Behörden des Beklagten sie im Falle des Klägers nicht angewendet hätten, sei Art. 3 des Grundgesetzes nicht verletzt. Die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gestatteten nur die Rücknahme.gesetzwidriger Verwaltungsakte, nicht auch die Rücknahme von Verwaltungsakten, die nicht gegen irgendeine Rechtsnorm verstießen, bei deren Erlaß die Behörde vielmehr nur gegen sie bindende Verwaltungsvorschriften verstoßen habe. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verlange deshalb die Rübknahme der Bescheide vom 19. Januar.1962 und 22. September 1965 nicht. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz verböten vielmehr die Rücknahme dieser Verwaltungsakte. Hätte er gewußt, daß sein Ruhegehalt von 1968 ab nur 65 v.H0 betragen würde, hätte er nicht seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand erbeten, sondern wäre er bis zum 31. Januar 1968 im Dienst geblieben.</p>
<span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils seinen Klageanträgen im ersten Rechtszug in vollem Umfang stattzugeben.</p>
<span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Er führt aus</p>
<span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Die einschlägigen Verwaltungsvorschriften hätten nicht den engen Sinn, den der Kläger ihnen beilege. Sie bezweckten vielmehr, einen Beamten, der ® wie der Kläger - eine zeitraubende Vorbildung oder eine besondere praktische Tätigkeit nachweisen müsse, nicht schlechter zu stellen als einen Beamten, der sich von Beginn seiner beruflidhen Tätigkeit an im Beamtenverhältnis <span style="text-decoration:underline">befunden</span>  habe. Daraus ergebe sich, daß eine Anrechnung von Vordienstzeiten nicht möglich sei,<sup>-</sup> wenn sie zu einer Überschreitung des Höchstsatzes der Versorgung von 75 v.H. führen würde. Darauf, ob die in Rede stehenden Zeiten bei der Berechnung der Sozialrente berücksichtigt worden seien, komme es deshalb.nicht an. Es werde auch bestritten, daß diese Zeiten bei der Berechnung der Sozialrente nicht berücksichtigt worden seien.</p>
<span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Rechtswidrig sei ein Verwaltungsakt auch dann, wenn eine: im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung nicht ermessensfehlerfrei getroffen worden sei. Eine Entscheidung gemäß §•124 LBG, die im Ermesben der Behörde stehe, dürfe nur in dem Rahmen bleiben, der den Anrechnungsbestimmungen unausgesprochen zugrundeliege. Zu diesem Rahmen gehöre der Grundsatz; daß eine Doppelversorgung vermieden werden müsse.</p>
<span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des .Sachverhalts und des Vorbringens der<sup>.</sup> Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Von dem Beklagten vorgelegten, die Versorgung und die Personalien des Klägers betreffenden Vorgänge Bezug genommen. •</p>
<span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Die Parteien haben erklärt, sie seien damit-einverstanden, daß ohne. mündliche Verhandlung entschieden werde.</p>
<span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger keinen Rechtsanspruch darauf hat, daß die im Klageantrag genannten Zeiten auch für die Zeit seit April 1968 als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden (I), und der Bescheid vom 7. März 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig ist (II).</p>
<span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">I.</p>
<span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Ein geschriebener Rechtssatz, der den genannten Anspruch begründet, ist nicht ersichtlich. Er wird auch vom Kläger nicht bezeichnet. Die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965, die früher den genannten Anspruch begründet, haben mögen, rechtfertigen ihn jedenfalls deshalb nicht mehr, weil sie durch den Bescheid vom 7. März 1968 bzw. durch den Widerspruchsbescheid mit Wirkung vom 1. April 1968</p>
<span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">aufgehoben worden sind. Allerdings ist zweifelhaft, ob der Bescheid vom 19. November 1962 bereits durch den streitigen Bescheid des Landesamtes. vom 7. März 1968 aufgehoben worden ist. Dieser Bescheid erwähnt den<sup>.</sup> Bescheid vom 19. November 1962 nicht. Er stellt die Sach- und Rechtslage so dar, wie es auch geschehen wäre, wenn es den.Bescheid vom 19."Dezember 1962 nicht gäbe. Diese Zweifelsfrage kann jedoch dahinstehen, weil man in den folgenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1969 die Änderung des Bescheides vom 19. November 1962 mit Wirkung vom 1. April 1968 sehen muß:</p>
<span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">"Mit Bescheid vom-19. November 1962 erfolgte die Voranerkennung der Zeiten im Sihne des § 124 LBG. Dieser Bescheid ist nach Ablauf eines Jahres gem. § 58 VwGO unanfechtbar geworden. Es muß daher geprüft werden, ob dieser Bescheid von der Verwaltung abgeändert werden kann. Diese Frage wird durch die Fassung der Verwaltungsrichtlinien zu § 124 LBG eindeutig bejaht. Die Richtlinien zu § 124 LBG stellen auch materielles Recht dar, weil sie die "Kann"- Vorschrift des § 124 LBG auslegen. Die darin angeordneten Sachentscheidungen wären für ein Gericht nur insoweit nicht bindend, als ein Ermessensmißbrauch des Verordnungsgebers nachgewiesen würde. Davon kann jedoch keine Rede sein.</p>
<span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Da die Richtlinien zu § 124 LBG materiell-rechtlich Bestandteil des § 124 LBG selbst sind, steht der Voranerkennungsbescheid, auch wenn es nicht, ausdrücklich gesagt wird, unter dem Vorbehalt der nach RL 7 zu § 124 LBG zu berücksichtigenden Verhältnisse. Eine Änderung dieses Bescheides ist daher auch insoweit möglich, als die in RL 7 zu § 124 LBG iVm RL 3.2 zu § 123 LBG genannten Tatbestände eintreten."</p>
<span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Die Aufhebung des Bescheides vom 22. September 1965 wird in dem streitigen Bescheid vom 7. März 1968 ausdrücklich auch nicht ausgesprochen. Die entsprechende Änderung des Bescheides vom 22. September 1965 ergibt sich jedoch aus der Überschrift des Bescheides vom 7. März 1968 ("Berichtigter Bescheid"), aus dem in ihm enthaltenen Satz "Der Wegfall der Zeiten gem. § 124 LBG ergibt sich aus RL 7 zu § .124 LBG iVm mit RL 3.2 zu § 123 LBG" sowie daraus, daß der Bescheid vom 7. März 19'68 zu dem Bescheid vom 22. September 1965 in Widerspruch steht.</p>
<span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Berücksichtigung der im Klageantrag aufgeführten Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit steht dem Kläger für die Zeit seit April 1968 aber auch nicht deshalb zu, weil sich seine Rechtsstellung, die sich im Hinblick auf § 124 LBG ergibt, zu einem Rechtsanspruch verdichtet hätte, jede andere Entscheidung als die nach dieser Vorschrift mögliche Berücksichtigung der streitigen Zeiten ermessensfehlerhaft wäre..</p>
<span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">§ 124 LBG lautet:</p>
<span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">"Die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres liegende Zeit</p>
<span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">1. einer für die Ablegung der ersten Staats- oder  Hochschulprüfung erforderlichen praktischen Tätigkeit oder eines Studiums an einer Hochschule oder</p>
<span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">2. einer für die Ablegung der Abschlußprüfung  an einer Fachschule erforderlichen praktischen Tätigkeit oder eines Besuchs dieser Schulen</p>
<span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">kann im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit, berücksichtigt werden, wenn diese Vorbildung erfolgreich abgeschlossen ist und für die Wahrnehmung des dem Beamten übertragenen Amtes gefordert wird. Die Zeit einer praktischen Tätigkeit nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres und nach Abschluß. der Vorbildung kann als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, soweit sie<sub>.</sub> in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften für die Berufung in das Beamtenverhältnis gefordert wird oder an die Stelle des Vorbereitungsdienstes tritt oder auf Vorbereitungsdienst angerechnet worden ist."</p>
<span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Zweck der den Dienstherrn durch diese Regelung erteilten Ermächtigung ist offenbar die Berücksichtigung dann zu ermöglichen, wenn sie angemessen ist, und sie dann zu verhindern, wenn die  Berücksichtigung nicht angemessen ist.</p>
<span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Zur Handhabung des § 124 LBG haben der. Finanz.und der: .Innenminister des Beklagten Richtlinien erlassen (Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu dem versorgungsrechtlichen Teil des Landesbeamtengesetzes vom 27. August 1962 MBl. NW/ 1539). Diese Richtlinien haben unter dem 17. August 1967 eine Neufassung erhalten (MBl NW 1483) von der hier auszugehen ist.</p>
<span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Die Richtlinie 7 zu § 124 LBG bestimmt:</p>
<span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">"Die RL 3.2 zu § 123 gelten entsprechend." Die Richtlinie 3.2 zu § 123 LBG lautet:</p>
<span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">"Die. Berücksichtigung darf nicht dazu führen, daß die Gesamtversorgung (beamtenrechtliche Versorgung,</p>
<span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder einer zusätzlichen Alters-  und Hinterbliebenenversorgung) des Beamten oder der Hinterbliebenen höher ist als die Versorgung, die sie erhalten würden, wenn der Beamte die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten, soweit sie nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres abgeleistet worden sind, bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Diesem Grundsatz ist durch teilweise Berücksichtigung oder durch Nichtberücksichtigung der Vordienstzeit Rechnung zu tragen. Renten und Rententeile im Sinne des § 170 a Abs. 3 u. 4 bleiben bei der Gegenüberstellung unberücksichtigt. Die vorgenommene Anrechnung der Vordienstzeit<sub>.</sub>ist zu überprüfen, wenn eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder in Altersruhegeld umgewandelt wird, oder wenn eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt wird. Die auf Grund der Vergleichsberechnung bei der Versorgung des Ruhestandsbeamten vorgenommene Anrechnung der Vordienstzeit bleibt auch für die spätere Hinterbliebenenversorgung maßgebend.</p>
<span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Beispiel .......;</p>
<span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Daß unter den Voraussetzungen des Satzes 1 dieser Richtlinien die Nichtberücksichtigung der in § 124 LBG aufgeführten Zeiten angemessen ist, liegt auf der Hand.</p>
<span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Der Fall, den die Richtlinie 3.2 zu § 123 LBG verhindern will ist hier gegeben.</p>
<span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers - bezogen auf den Monat Februar 1968 - betragen 2.226,- DM. Das Höchstruhegehalt beträgt demnach 75 vom Hundert von 2226,- DM 1669,50 DM. Diesen Betrag würde der Kläger höchstens als Versorgung erhalten, wenn er "die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte". Höher als dieser Betrag darf also die Summe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und des Ruhegehalts nicht sein.</p>
<span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Rente für den Monat Februar 1968 hat - vor Abzug des Krankenversicherungsbeitrages - 410,50 DM betragen (BA 9 Bl. 87) Nach Satz 3 der Richtlinien 3.2 zu § 123 LBG bleiben bei der Gegenüberstellung Rententeile im Sinne des § 170 a Abs. 4 LBG unberücksichtigt. Das sind die Teile der Rente die</p>
<span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">1.           wenn sich - wie hier - die Rente nach Werteinheiten berechnet, dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten entsprechen,</p>
<span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">2.           auf einer Höherversicherung beruhen.</p>
<span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Auf der Höherversicherung des Klägers beruht ein Betrag von 62,81 DM jährlich (BA 9 Bl. 86) = 5,24 DM monatlich. Die monatliche Rente des Klägers ohne die Leistung der Höherversicherung beträgt also 405,26 DM.</p>
<span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten beträgt 3.499,72 (BA 9 Bl. 85), die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge 479,31 (BA 9 Bl. 85). Der Teil der Rente, der dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten überhaupt entspricht, ergibt sich anhand folgender Formel.</p>
<span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">Rente x Werteinheiten              -</p>
<span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">für freiwillige Beiträge =</p>
<span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">Summe 405 26 x 479, 31    =           55,50 DM.</p>
<span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">Summe aller Werteinheiten  =            3.499,72</p>
<span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">Die bereinigte Rente beträgt also (405,26 - 55,50 DM =) 349,76 DM. (Das Landesamt für Besoldung und Versorgung geht in seiner Vergleichsberechnung BA 1 Bl. 31 von für den Kläger günstigeren Zahlen, im Ergebnis yon 314,34 DM monatliche Rente aus.)</p>
<span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks">Die Summe aus Rente (349,76 DM) und Ruhegehalt ohne Berücksichtigung der streitigen Zeiten, d.h. auf Grund einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 65 Vom Hundert(1.446,90 DM) übersteigt somit das Höchstruhegehalt von 1.669,50 DM. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Zeiten entspricht deshalb der Vorschrift in Satz 2 der Richtlinien 302 zu § 123 LBG, ist also nicht ermessensfehlerhaft.</p>
<span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">II.</p>
<span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Der streitige 'Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965 zu Unrecht aufgehoben worden wären.</p>
<span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">1. Als begünstigender Verwaltungsakt darf der Bescheid vom 19. November 1962 nur widerrufen werden, wenn</p>
<span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">a)        er rechtswidrig ist,</p>
<span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">b)       das öffentliche Interesse daran, daß der rechtmäßige Zustand hergestellt wird, stärker ist als das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des Bescheides.</p>
<span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Beide Voraussetzungen liegen vor. Zwar ist ein Verstoß gegen irgendeinen Satz des geschriebenen Rechts - abgesehen von dem sogleich zu erörternden Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) - nicht zu erkennent Dagegen liegt ein Verstoß gegen 1.2 der Richtlinien zu § 124 LBG (Fassung der Richtlinien <sup>.</sup>vom 27. August 1962) vor. Diese Bestimmung lautet</p>
<span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">"Entscheidungen über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten sind unter einem Vorbehalt im</p>
<span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Sinne der Richtlinie 3.2 zu treffen."</p>
<span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Ein solcher Vorbehalt fehlt im Bescheid vom 19. November 1962. Damit verstößt dieser Bescheid zunächst gegen die genannte Richtlinie. In dem Verstoß gegen diese Richtlinie liegt jedoch zugleich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG, da anzunehmen ist, daß der Beklagte in ständiger Übung nach den genannten Richtlinien verfährt. Unter diesem Blickwinkel erscheint der Bescheid vom 19. November 1962 rechtswidrig.</p>
<span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Vgl. die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in dessen Urteil vom 27. Juni 1955 - III C 25.54 -, Entscheidungen deäundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 2, 163 (167 unten, 168 oben).</p>
<span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Das öffentliche Interesse daran, daß der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, liegt auf der Hand. Das Interesse des Klägers ist demgegenüber weniger schutzwürdig. Dafür, daß er aus, irgendwelchen Gründen darauf angewiesen sei, daß Ruhegehalt in Höhe von 73 v.H. der ruhgehaltfähigen Dienstbezüge zuzüglich der Rente zu beziehen, daß er seinen Lebensstandard entsprechend eingerichtet habe, hat er nichts vorgetragen.</p>
<span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks">Das gilt selbst dann, wenn der Kläger im Vertrauen auf die Richtigkeit des. Bescheides vom 19. November 1962 davon abgesehen haben sollte, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres im Dienst zu bleiben. Dann ist zwar sein Vertrauen darauf enttäuscht, er werde vom Beginn des 66. Lebensjahres ab sein Ruhegehalt in Höhe von 73 v.H. in Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und eine Rente aus der Sozialversicherung erhalten. Auch dieses Vertrauen ist aber gegenüber dem Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes weniger schutzwürdig.</p>
<span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen für den Widerruf des Bescheides vom 19. November 1962 für die Zukunft liegen also vor. Oben ist</p>
<span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">ausgeführt, daß die Aufhebung des Bescheides vom 19. November 1962 erst durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 1969 erfolgt ist. Soweit der Widerruf den Zeitraum von April bis Dezember 1968-betrifft,  handelt es sich also um einen Widerruf mit Rückwirkung. Dieser war zulässig, da der Kläger vor dem 1. April 1968 den Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 und seither nur das diesem Bescheid entsprechende Ruhegehalt erhalten hat. Sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides vom 19. November 1962 für die Zeit von April 1968 bis Dezember 1968 ist deshalb nicht sonderlich schutzwürdig, weil er für diese Zeit-auf den Weiterbestand des Bescheides<sup>.</sup> vom 19. November 1962 nicht mehr vertrauen durfte,</p>
<span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">2. Bezüglich des Widerrufs des Bescheides vom 22. September 1965 kann auf die Ausführungen<sup>.</sup> zu 1. verwiesen werden. Der Widerruf des Bescheides vom 22. September 1965 ist nach dem oben Gesagten jedoch in dem Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 zu sehen. Einer besonderen Erörterung für der Zeitraum von April bis Dezember 1968 bedarf es also nicht.</p>
<span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960, BGBl I 17, (VwG0),  die bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 7 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Die Revision mußte zugelassen werden, weil der Rechtstreit grundsätzliche Bedeutung hat (zu vgl. den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 1970 - II B 42.70 -).</p>
|
316,085 | lg-dusseldorf-1970-08-07-13-s-5070 | {
"id": 808,
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} | 13 S 50/70 | 1970-08-07T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:20 | 2019-03-27T09:41:26 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1970:0807.13S50.70.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>In dem Rechtsstreit</p>
<p></p>
<p></p>
<p></p>
<p>wegen Ansprüchen aus einem Wärmelieferungsvertrag </p>
<p></p>
<p>hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 1970 </p>
<p></p>
<p>für Recht erkannt:</p>
<p></p>
<p></p>
<p>Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. 11.1969 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 17 C 1217/69 - geändert und neu gefasst:</p>
<p></p>
<p>Die Klage wird abgewiesen.</p>
<p></p>
<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. </p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand:</p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten sind Mieter in einem Haus der T . Das Haus ist im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues gefördert worden. Die Versorgung der Wohnung mit Wärme erfolgt durch das örtliche Fernheizwerk der Klägerin, einer Tochtergesellschaft der F AG, die ihrerseits mit den Beklagten unter dem 15. Feb. 1967 einen Wärmelieferungsvertrag geschlossen hatte. Die Verpflichtung zur Abnahme der Wärme von der Klägerin war den Beklagten bereits durch den Mietvertrag (§ 4) mit der T bekannt geworden. Die Beklagten hatten vor Unterzeichnung des Vertrages die Abnahmeverpflichtung und die Undurchsichtigkeit des Vertrages gegenüber der Vermieterin beanstandet. Diese hatte sich jedoch geweigert, einen anderen als den vorgedruckten Formularvertrag mit den Beklagten zu schliessen. Da die Beklagten fürchteten, die Wohnung nicht zu bekommen, unterzeichneten sie den Miet- und Wärmelieferungsvertrag. </p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat Heizkosten für die Heizperiode 1966/67, 1967/68, sowie Abschlagszahlungen für 1968/69 verlangt. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Sie hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 703,83 DM nebst 2 % Zinsen über den jeweiligen Diskontsatz der Bundesbank, mindestens jedoch 6 % Zinsen von 635,70 DM seit dem 21. Mai 1969, von weiteren 68,13 DM seit dem 14. Okt. 1969 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Sie haben die Ansicht vertreten, der zwischen ihnen und der Klägerin abgeschlossene Wärmelieferungsvertrag sei sittenwidrig. Sie seien unter Zwang und Druck zum Abschluss dieses Vertrages genötigt worden, da anderenfalls die Vermieterin ihnen die Wohnung nicht gegeben hätte. Die Klägerin habe bezüglich der Bedingungen des Vertrages ihre Monopolstellung ausgenützt. Sie, die Beklagten, seien von der T über die tatsächlichen Kosten für die Wärmeversorgung getäuscht worden. Die Klägerin habe sich hinsichtlich der Preise nicht an die bestehenden Richtlinien und Verordnungen für den sozialen Wohnungsbau gehalten. Die Quadratmeterzahlen für die Wohnung seien nicht zutreffend ermittelt, da man auch den Balkon eingerechnet habe. Die Klägerin weigere sich, den Mietern Einsicht in ihre Berechnungsunterlagen zu geben und sie überprüfen zu lassen. </p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 29. Nov. 1969 der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen. </p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil haben die Beklagten frist- und formgerecht Berufung eingelegt und die Berufung auch rechtzeitig begründet. </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie wiederholen im wesentlichen ihre, im ersten Rechtszuge vertretene Rechtsauffassung und weisen erneut auf die Sittenwidrigkeit des Wärmelieferungsvertrages hin.</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Sie beantragen, unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. </p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt ebenfalls im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des weiteren Vortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien und die von ihnen überreichten Urkunden verwiesen. </p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe:</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die zulässige Berufung ist gerechtfertigt. </p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Gültigkeit des Wärmelieferungsvertrages vom 1. März 1967 kann dahinstehen. Auch braucht nicht erörtert zu werden, ob insoweit die Klägerin im ausreichendem Masse ihrer Behauptungspflicht nach § 138 ZPO nachgekommen ist. </p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Selbst wenn der Klägerin Ansprüche aus §§ 433 ff. BGB gegen die Beklagten zustünden, so wären diese gemäss § 273 Abs. 1 BGB berechtigt, die geschuldete Leistung zu verweigern; sie haben nämlich einen durch IV. der Allgemeinen Lieferungsbedingungen der "F" gesicherten Anspruch auf Rechnungslegung. Ihm kommt die Klägerin nicht durch Übersendungen von Rechnungen nach, die sie allein für ausreichend und durchschaubar hält. Die Bestimmung des § 259 BGB verpflichtet sie vielmehr, erstens eine geordnete Zusammenstellung von Ein- und Ausgaben in einer solchen Weise vorzulegen, dass ein durchschnittlich gebildeter Schuldner sie begreifen und ohne mathematischen Hilfsmittel nachprüfen kann, und zweitens Belege dafür vorzulegen, soweit sie erteilt zu werden pflegen. </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die von der Klägerin (ohne "Allgemeine Hinweise") vorgelegten Rechnungsablichtungen (Bl. 13, 14, 19) reichen weder nach ihrem Inhalt selbst noch nach dem Zusammenhange mit den Schriftsätzen der Parteien aus, um sie auf ihre sachliche Richtigkeit sowie auf ihre Übereinstimmung mit § 2 des Wärmelieferungsvertrages und die Kosten der Wärmeherstellung zu überprüfen, welche die Klägerin selbst in V. AGB zur Grundlage ihrer variablen Preisberechnung gemacht hat. Ob Dritte ("Neue Heimat", Gemeinden, Kartellamt) die Berechnungsmethode und die von der Kägerin ermittelten Rechnungswerte billigen, ist unerheblich. Jeder Staatsbürger hat ein Recht darauf, dass wenigstens das ordentliche Gericht -notfalls- mit Hilfe gerichtlich </p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">vereidigter Sachverständiger in den Stand gesetzt wird, eine Rechnung auf ihren wirklichen Gehalt nachzuprüfen. Das setzt aber nach dem Willen des Gesetzgebers (§ 138 ZPO) die Kundgabe von ins Einzelne gehenden Angaben voraus u. a. über die Bemessung der Geal-Werte sowie der Arbeits- und Grundpreise. Grundlagen der Rechtsfindung können -nicht privatgutachtliche Meinungsäusserungen sondern- nur exakte Tatsachen sein, die bei Bestreiten einer Beweiserhebung durch das Gericht standhalten müssen. </p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Aber selbst wenn man annehmen wollte, die Kägerin hätte das Erfordernis einer nachprüfbaren Rechnung erfüllt, so würde das ohne Vorlage von Rechnungsbelegen zur Stützung ihrer Angaben nicht ausreichen. Ob die Erteilung von Belegen bei Wärmelieferungsverträgen üblich ist, mag zweifelhaft sein. Im vorliegenden Falle entspricht es aber einer vertraglichen Treuepflicht aus § 242 BGB, dass die Klägerin die Unterlagen über ihre Wirtschaftslichkeitsberechnungen gegenüber solchen Mietern nicht zurückhält, sie sich durch Sonderregelungen des "sozialen" Wohnungsbaues und durch eine Vermieterin geschützt fühlen dürfen, die ihr Unternehmen als "gemeinnützig" bezeichnet. Freilich hat eine solche, auf "gute Sitten" gegründete Anstandspflicht auch ihre Grenze; diese mag z. B. dann erreicht sein, wenn eine zu ihrer Überprüfung befugte staatliche Dienststelle (etwa das Arbeits- und Sozialministerium oder das Wohnungsbauministerium NW) im Interesse der Wahrung des Rechtsfriedens und der Gleichbehandlung die Berechnungsunterlagen objektiv auf ihre Übereinstimmung mit der derzeit gültigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen geprüft und gebilligt hat. Ein Anlass aber, fliessenden Leistungsberechnungen eines Wärmelieferwerkes blindlings zu vertrauen, findet weder im Gesetz noch in dem zwischen Parteien abgeschlossenen Vertrage eine Stütze. </p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die im schuldrechtlichen Verhältnis der Parteien zueinander sicherlich wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Nov. 1968 (JZ. Nr. 10/69, Seite 334) hat unter den vorstehenden Umständen auf die getroffene Entscheidung keinen Einfluss. Wohl aber schliesst sich das erkennende Gericht im übrigen vollinhaltlich den Entscheidungen des Landgerichts Mannheim vom 29. Juli 1969 (6 T 8/69) und des </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Landgerichts Hamburg vom 14. April 1959 (16 T 88/59) an; sie stehen nicht im Gegensatz zu den Vorentscheidungen des Landgerichts Düsseldorf in 13 S 388/68 und 14 S 65/69, deren Sachverhalt sich mit dem der vorliegenden Sache nicht deckt. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf § 27 ZPO. </p>
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316,086 | lagd-1970-05-08-3-sa-8970 | {
"id": 793,
"name": "Landesarbeitsgericht Düsseldorf",
"slug": "lagd",
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"state": 12,
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | 3 Sa 89/70 | 1970-05-08T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:22 | 2019-03-27T09:41:26 | Urteil | ECLI:DE:LAGD:1970:0508.3SA89.70.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Oktober 1969 verkündete Urteil des Arbeitsgerichtes Köln - <strong>8 Ca 2329/69 -</strong> wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: unverändert.</p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Tatbestand</p><span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Kläger war vom 1.1o.1966 an als Verkaufsfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Sein letztes Monatsentgelt betrug 7oo,—I netto Der Kläger hatte ausserdem eine Kaution in Höhe von 643,27 DM bei der Beklagten stehen.</p><span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Am 2O.2.1969 gab der Kläger - wie es im Betrieb der Beklagten üblich ist - seinen Urlaubswunsch zur Eintragung in die Urlaubsliste schriftlich für die Zeit vom 2.6.1969 bis 25.6.1969 an. Dieser Urlaubswunsch des Klägers wurde in die Urlaubsliste eingetragen. Eine Entscheidung darüber, daß der Kläger diesen Urlaub nicht nehmen könne,fällte die Beklagte bis 2o.5.1969 nicht. Ende Mai 1969 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältni zur Beklagten fristgerecht zum 3o.6.1969 auf. Nach dem Zugang der Kündigung teilte die Beklagte dem Kläger am 2o.5.1969 mit, daß ihm infolge seiner Kündigung der Urlaub aus betrieblichen in der von ihm am 2o.2.1969 erbetenen Zeit nicht gewährt werde könne. Am 22.5.1969 bat der Kläger schriftlich darum, ihm seinen Urlaub in der Zeit vom 2.6.1969 bis 25.6.1969 zu gewähren. Er begründete seine Bitte damit, daß er zusammen mit seiner Frau den Urlaub bereits geplant habe und ihm durch die Streichung seines Urlaubs beträchtliche Kosten entstehen würden. Eine Entscheidung der Beklagten über diesen Antrag des Klägers vom 22.5.1969 fällte sie nicht.</p><span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Kläger trat daraufhin am 2.6.1969 seinen Urlaub an. Mit ihrem Schreiben vom 1 o.6.1969 kündigte die Beklagte das Arbeit Verhältnis zum Kläger rückwirkend zum 31.5.1969 auf.</p><span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kläger ist der Meinung, die fristlose Kündigung              der Beklag-ten sei unwirksam. Er habe Anspruch auf Fortzahlung              seines Gehalts für den Monat Juni 1969 in Höhe von 7oo,— DM              zuzüglichder einbehaltenen Kaution in Höhe von 643,27 DM.</p><span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Kläger hat beantragt</p><span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">die Beklagte zur Zahlung von 1.343,27 DM nebst 4 <em>%</em> Zinsen seit dem 7.7.1969 zu verurteilen.</p><span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Sie ist der Meinung, ihre fristlose Kündigung sei berechtigt. Der Kläger habe weder Anspruch auf Zahlung des Entgelts für d Monat Juni 1969 noch auf Auszahlung der einbehaltenen Kaution. da er Arbeitsvertragsbruch begangen habe.</p><span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 31.1o. 1969 die Beklagte verurteilt 1.343,27 DM netto zu zahlen und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.</p><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die fristlose Kündigung sei unwirksam. Der Kläger habe daher Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts für den Monat Juni 1969 sowie auf Auszahlung der einbehaltenen Kaution. Die Beklagte habe nämlich keine Gründe dafür vorgetragen, daß dem rechtzeitig angemeldeten Urlaubsbegehren des Klägers in der streitigen Zeit dringende betriebliche Belange entgegen gestanden hätten.</p><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entschei dung wird auf Blatt 31/32 der Akten Bezug genommen.</p><span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 19.2.197O zugestellte Urteil hat die Beklagte durch ihren Anwalt am 6.3.1970 Berufung eingelegt, die verspätet war. Sie hat mit Schriftsatz vom 9.3.197o ihre Berufung wiederholt und gleichzeitig um Wiedereinsetzung in den voriger. Stand gebeten. Bezüglich des Wiedereinsetzungsantrages trägt die Beklagte vor und macht glaubhaft, daß am 5.3.197o, dem Tag des Ablaufens der Berufungsfrist Rechtsanwalt H die Fristsachen, zu denen auch die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren gehörte, persönlich auf der Geschäftsstelle der betreffenden Gerichte habe einreichen müssen. Dafür sei in seiner Postmappe ein besonderes Fach eingerichtet. Die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren habe er nicht darin vorgefunden. Sie sei offensichtlich an irgendeinem Schriftstück angeheftet oder zwischen die Blätter eingeschoben gewesen; denn die Berufungsschrift sei am 5.3.197o beim Landgericht Köln eingegangen, von dort aber unmittelbar der Kanzlei wieder zurückgegeben worden. Pur diese Fehlleitung der Berufungsschrift könne ihm kein Verschulden angelastet werden, da er die Berufungsschrift in seiner Fristenmappe - vor allem in dem Fach für Terminsachen - nicht habe feststellen können. Sei: Büro werde laufend überwacht und habe bisher zu Beanstandungen.</p><span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">keinen Anlaß gegeben. Er habe sich darauf verlassen können, da die Berufungsschrift ordnungsgemäß in dem Fach für Terminsachen seiner Gerichtspostmappe sich befand. Der verspätete Eingang der Berufung beim Berufungsgericht sei also für ihn auf einen unabwendbaren Zufall zurückzuführen, so daß ihm Wiedereinsetzung gewährt werden müsse.</p><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zur Sache selbst bleibt die Beklagte dabei, daß der Kläger sein Arbeitsverhältnis durch den eigenmächtigen Antritt des Urlaubs am 2.6.1969 gebrochen habe. Er habe daher weder Anspruch auf sein Gehalt für den Monat Juni 1969 noch auf Auszahlung der zurückbehaltenen Kaution. Die Verweigerung des Urlaubs beruhe durchaus auf dringenden betrieblichen Erfordernis sen. Der Kläger habe nämlich nach seiner Kündigung die Verpflichtung gehabt, seinen Nachfolger einzuarbeiten, was ihm nicht möglich gewesen sei, wenn er zu der beantragten Zeit in Urlaub gegangen wäre.</p><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt</p><span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">1)       ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Standwegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren,</p><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2)       unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteilsden Kläger mit seiner Klage abzuweisen.</p><span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der Kläger beantragt</p><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Berufung zurückzuweisen.</p><span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Er ist der Meinung, daß ein Wiedereinsetzungsgrund nach dem Vortrag der Beklagten nicht vorliege. Im übrigen müsse in der Sache der erstinstanzlichen Entscheidung zugestimmt werden.</p><span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze verwiesen.</p><span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Entscheidungsgründe</p><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Beklagten ist zwar verspätet. Ihr war jedoch auf ihren form- und fristgerechten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Die Begründung der verspäteten Berufung erfolgte frist</p><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">gemäß.</p><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">I.</p><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten war wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren, da sie glaubhaft gemacht hat, daß sie durch ein für sie unabwendaberes Ereignis an der rechtzeitige: Einlegung der Berufung gehindert worden war.</p><span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">X "Unabwendbarer Zufall" im Sinne des § 233 ZPO ist jedes Ereignis, das auch durch die äußerste, den Umständen nach angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt von der betroffenen Partei oder ihren Prozeßbevollmächtigten weder abgewendet noch in seinen schädlichen Folgen verhindert werden kann (SAG in AP Nr. 6 zu § 232 ZPO und dann in ständiger Rechtsprechung).</p><span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Dem Kläger ist zuzustimmen, daß der Beklagten die Wiedereinsetzung nach der gefestigten Rechtsprechung der Kölner Kammern. des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf hätte versagt werden müssen, wenn sie nur vorgetragen und glaubhaft gemacht hätte, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsschrift in das Fach der Arbeitsgerichte bei der Briefverteilungsstelle des Landgerichtes Köln eingelegt hätte und dadurch die Berufungsschrift verspätet zum Landesarbeitsgericht gekommen wäre (so zuletzt</p><span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Beschluß der 13. Kammer vom 23.2.197o (13 (8) Sa 565/69).</p><span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Beklagtenvertreter macht einen anderen Sachverhalt glaubhaf Er trägt vor, daß er von seinem Büro eine Mappe mit den Schrif Sätzen erhalten habe, die in der Briefverteilungsstelle einzusortieren waren. In dieser Briefmappe befinde sich ein besonderes Fach für Terminsachen, die unmittelbar auf der betreffenden Geschäftsstelle des Gerichtes abzugeben seien. In diesem Fach "Terminsachen" habe sich die Berufungsschrift, die er persönlich abgeben wollte, nicht befunden. Sie sei dann zwar beim Landgericht Köln mit einem Eingangsstempel versehen worden, jedoch ihm unmittelbar wieder zurückgereicht worden.</p><span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dieser Vortrag des Prozeßbevollmächtigten läßt die Annahme zu, daß er selbst an der Versäumung der Frist kein Verschulden trägt. Es muß ihm abgenommen werden, daß er beim Einlegen der Gerichtspost beim Landgericht Köln die Berufungsschrift nicht</p><span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">dort abgab. Nach seinem glaubhaft gemachten Vortrag, daß sich im Terminsfach die Berufungsschrift nicht befand, ist es tatsächlich nicht auszuschließen, daß die Post im Büro falsch zusammengeheftet, gefaltet oder auch die Berufungsschrift nur zufällig an ein anderes Schriftstück angeklammert war. Ein etwaiges Verschulden seines geschulten und ständig überwachte. Personals steht jedoch der Wiedereinsetzung nicht entgegen (BAG in AP Nr. 98 zu § 242 BGB (Ruhegehalt); AP Nr. 16 zu § 232 ZPO)o Auf die ordnungsgemäße Zusammenstellung seiner Gerichtspost - getrennt nach Terminsachen und normalen Schriftstücken - durch das eingearbeitete und bewährte Personal mußt: sich der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten verlassen können. Ein der Beklagten zurechenbares Verschulden ihres Prozeßbevoll mächtigten im Sinne des § 232 Abs. 2 ZPO scheidet daher aus.</p><span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Der Beklagten war demnach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren.</p><span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">II.</p><span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">In der Sache konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben. Der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichtes war beizutreten.</p><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">1) Die Berechtigung der von der Beklagten am 1o.6.1969 erklärten und auch erst ab dem Tage des Zuganges wirksam gewordenen - nicht rückwirkend wirkenden - fristlosen Kündigung hängt davon ab, ob der Kläger den Urlaub, den er im Februar 1969 ab 2.6.1969 beantragt hatte, gegen den Widerspruch der Beklagten antreten konnte.</p><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht die Auffassung vertreten, daß ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 BGB in dem Urlaubsantritt des Klägers bei der Besonderheit der Verhältnisse, die diesem von der Beklagte, nicht gebilligten Urlaubsantritt des Klägers vorausgingen, nicht gesehen werden kann. Auf keinen Fall wurde der <strong>Beklagten.</strong> durch das Verhalten des Klägers die Fortsetzung des ohnehin vom Kläger zum 3o.6.1969 ordentlich gekündigten Dienstverhältnisses unzumutbar.</p><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Kläger selbst stellt gar nicht in Abrede, daß seine im Februar 1969 gemachte Eintragung in die Urlaubsliste, die auf seinen Antrag vom 2o.2.1969 für die Zeit vom 2.6. bis 25.6. 1969 erfolgte, noch keine Bewilligung des Urlaubs für diesen Zeitraum enthält. Mit der Eintragung in diese Urlaubsliste ist auch tatsächlich die Lage des Urlaubes noch nicht festgelegt. Das folgt daraus, daß es Sinn dieser Urlaubsliste ist, dem Arbeitgeber eine Grundlage zu geben, wie die Urlaubswünsch der einzelnen Arbeitnehmer sich aufeinander abstimmen lassen und mit den betrieblichen Belangen in Einklang zu bringen sin: (Dersch-Neumann § 7 BUrlG Anm. 24; Stahlhacke, BUrlG, 2. Aufl, § 7 Anm. 13; Schelp-Herbst, BUrlG § 7 Anm. 25). Wünscht allerdings der Arbeitgeber zu Beginn des Kalenderjahres von seiner. Arbeitnehmern die Angabe ihrer Urlaubswünsche und setzt er diese in seine Urlaubsliste ein, so ist diese Eintragung nicht ohne Bedeutung. Vom Arbeitgeber wird verlangt werden müssen, i daß er entweder in angemessener Zeit den Urlaubswünschen seine Arbeitnehmers widerspricht, wenn er nicht beabsichtigt, dem Arbeitnehmer den Urlaub in der beantragten Zeit zu gewähren. Erfolgt dieser Widerspruch nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne, so darf der Arbeitnehmer davon ausgehen, daß sein Urlaub entsprechend seinem Urlaubswunsche als gewährt gilt (so schon LAG Frankfurt in Betrieb 1956, 647). Als "angemessene Zeitspanne" wird ein Zeitraum von einem Monat nach Vorlage des Urlaubswunsches oder der Eintragung in die Urlaubsliste anzusehen sein.</p><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Ist der Urlaub einerseits durch die Eintragung in die Urlaubsliste und andererseits entweder durch ausdrückliche Genehmi-</p><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">gung oder durch den genannten Zeitablauf einmal erteilt, so gelten für die</p><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Verlegung des Urlaubes die allgemeinen Grundsätze. Es bedarf dann in der Regel einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, wenn der Urlaub verlegt werden soll. Nur bei ganz unvorhergesehenen betrieblichen Ereignissen wird dem Arbeitgeber das Recht zugestanden werden können, den einmal erteilten Urlaub einseitig zu widerrufen. Auch aus der Tatsache der Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht notwendigerweise das Recht folgen, den Urlaub zu verlegen oder überhaupt nicht in natura zu gewähren und abzugelten, etwa deswegen, weil das Ausschei-</p><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">den des Arbeitnehmers im Laufe des Urlaubs Jahres bei dessen Beginn noch nicht bekannt war.</p><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Im zu entscheidenden Fall steht fest, daß der Kläger seinen Ur laubswunsch am 2o.2.1969 bekanntgegeben hat und die Beklagte</p><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">die von ihm beantragte Urlaubszeit auch in ihre Urlaubsliste</p><span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">eingetragen hat .Bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung Mitte Mai 1969 hat die Beklagte gegen die vom Kläger beantragt Lage seines Urlaubes keine Einwendungen erhoben. Sie hat in keiner Weise erkennen lassen, daß der Gewährung des Urlaubes in der angegebenen Zeit betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUr.lG) Seit dem Antrag des Klägers, seinen Urlaub in der Zeit vom 2.6. bis 25.6.1969 zu legen, sind also drei Monate vergangen, ohne daß die Beklagte dem Kläger mitteilte, er könne mit der Urlaubserteilung in dieser Zeit nicht rechnen. Damit war dem Kläger der Urlaub in dieser Zeit erteilt„ Die Beklagte konnte den Urlaub des Klägers nicht mehr einseitig widerrufen. Auch di Tatsache, daß der Kläger Mitte Mai 1969 ordentlich zum 3o.6. 1969 kündigte, rechtfertigte nicht den einseitigen Widerruf de dem Kläger erteilten Urlaubes. Die Beklagte stützt ihren Widerruf darauf, daß mit dem Ausscheiden des Klägers zum 3o.6.1969 eine neue betriebliche Situation entstanden sei, die den noch so berechtigten persönlichen Belangen des Klägers auf Urlaub entgegenstehe. Der Kläger sei nämlich Fahrverkäufer, er müsse seinen Nachfolger im Falle seines Ausscheidens einarbeiten, weil nur er die Kunden, die er regelmäßig auf suche, genau kenne. Diese Einarbeitung müsse bis 3o.6.1969 erfolgt sein. Die Beklagte gesteht zu, daß sie zur Einarbeitung eines Nachfolgers des Klägers durch diesen allenfalls einen Zeitraum von 14 Tage benötigt. Es wäre daher der Beklagten zuzumuten gewesen, dem Kläger - wenn sie ihn schon nicht in vollem Umfange den Urlaub in natura gewähren wollte - so doch für die überwiegende Zeit Urlaub zu gestatten, sich im übrigen jedoch mit ihm zu einige.. in welcher Weise er, notfalls unter Beschneidung des ihm bewilligten Urlaubes, seinen Nachfolger einarbeiten werde. Der Kläger hat dazu der Beklagten in seinem Schreiben vom 22.5.196 die nötige Handhabe gegeben. Er hat in diesem Schreiben darauf hingewiesen, daß er zusammen mit seiner berufstätigen Frau den.</p><span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Urlaub in der von ihm beantragten Form geplant habe und ihm <em>e</em></p><span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><em>r r</em></p><span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">hebliche Unkosten entstehen würden, wenn er nicht in der vorg sehenen Zeit fahren könne. Sein Schreiben schließt mit den Worten, er hoffe, daß ihm die Beklagte "Verständnis entgegenbringe und auf eine wohlwollende Äusserung in seiner kritisch Lage".</p><span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Es wäre in dieser Situation Sache der Beklagten gewesen, dein Kläger Vorschläge zu machen, wie trotz seines Ausscheidens sowohl seine Urlaubszeit als auch die Einarbeitung eines Nachfolgers unter ein Dach zu bringen waren. Mit dem einseitigen und bei Sachlage willkürlichen Widerruf des Urlaubes konnte und durfte die Beklagte die erst nach der Kündigung des Kläger aufgetretenen Differenzen um die Urlaubsgewährung nicht lösen.</p><span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Aus all dem folgt, daß die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aus einem wichtigen Grunde im Sinne des § 626 BGB gerechtfertigt war.</p><span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">2) Die getroffene Entscheidung rechtfertigt sich auch dann, wenn man davon ausgeht, daß die fristlose Kündigung mit ihrem Zugang - also frühestens am 11.6.1969 - das Arbeitsverhältnis beendet hat.</p><span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Es würde zwar gemäß §§ 11 Abs. 1, 3, 6 KSchG- a.P. feststehen, daß die ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam wäre. Der Kläger befand sich aber zu diesem Zeitpunkt berechtigterweise in Urlaub, wie sich aus der Darstellung zu Ziffer II, 1 der Entscheidungsgründe ergibt. Er hatte solange Anspruch auf sein Gehalt. Sein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die restlichen 12 Werktage (Urlaubstage), die zusammen mit seinem Entgeltanspruch bis 11.6.1969 die volle Höhe eines Monatsgehaltes erreichen würde, wäre nicht nach § 7 Abs. 4 BUrlG verwirkt, da die fristlose Kündigung nicht aus einem wichtigen Grunde gerechtfertigt war.</p><span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Von der Möglichkeit der Zurückverweisung des Rechtsstreites an_ das Arbeitsgericht, das die Vorschrift des § 5 Satz 2 KSchG a.F. übersehen hat, bestand unter diesen Umständen kein Anlaß</p><span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">(vgl. dazu BAG in AP Nr. 3 zu § 5 KSchG).</p><span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch der Beklagten auf Vertragsstrafe nach Ziffer XIV des Anstellungsvertrages, für die die Kaution in Höhe von 643,27 DM einbehalten wurde, steht ihr nicht zu; denn der Verfall der Vertragsstrafe setzt einen rechtswidrigen schuldhaft Vertragsbruch oder eine begründete fristlose Entlassung voraus. An der Erfüllung dieses haftungsbegründenden Tatbestandes fehl es jedoch.</p><span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Es war daher zu erkennen wie geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert ist unverändert geblieben.</p>
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316,087 | lg-dusseldorf-1970-04-29-14-s-2770 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | 14 S 27/70 | 1970-04-29T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:23 | 2019-03-27T09:41:26 | Urteil | ECLI:DE:LGD:1970:0429.14S27.70.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts in Opladen vom 26. November 1969 wird auf Kosten der Klägerin zurückge-wiesen, jedoch im Zinspunkt mit der Maßgabe, daß die Klägerin verurteilt wird, an den Beklagten 4 % Zinsen seit dem 17. März 1969 zu zahlen.</p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>T a t b e s t a n d </u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte stellte für die Klägerin eine Zwischendecke aus Dämmplatten und einen Holzfußboden in einem Büroraum her. Der Fußboden splitterte an einer T ab, auf welcher ein mit kleinen Rädern versehener Bürostuhl steht. Die Klägerin zahlte die vom Beklagten für die Zwischendecke und den Holzfußboden verlangte Vergütung.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte lieferte der Klägerin auf deren Bestellung weiterhin einen Fensterrahmen. Er berechnete hierfür gemäß Rechnung vom 9. Mai 1968 insgesamt 250,-- DM. Die Klägerin zahlte den Betrag nicht. Der Beklagte seinerseits kaufte von der Klägein Autodecken zum Preise von 168,60 DM. Die Klägerin erteilte hierfür am 20. August 1968 Rechnung. Der Beklagte erklärte gegenüber den Kaufpreisforderung mit seinem Anspruch laut Rechnung vom 9. Mai 1968 die Aufrechnung. </p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Mit der Klage begehrt die Klägerin Bezahlung ihrer Rechnung vom 20. August 1968. Sie hat die Ansicht vertreten, die vom Beklagten erklärte Aufrechnung greife nicht durch, da die von ihm zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung einredebehaftet sei. Hierzu hat die Klägerin behauptet: Der Beklagte habe den Holzfußboden nicht handwerksgerecht verlegt. Bei ordnungsgemäßer Auswahl des Holzes und bei fachgerechter Anbringung der Holzdielen sei es ausgeschlossen, dass Spanabhebungen aufträten. Hierbei sei es ohne Bedeutung, dass der Fußboden nicht gestrichen und Belastungen von Möbelstücken, Aktenböcken und Rollstühlen ausgesetzt sei.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">den Beklagten zu verurteilen, an sie 168,60 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 20. September 1968 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klage abzuweisen </p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">und widerklagend,</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Klägerin zu verurteilen, an ihn 81,40 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16.Oktober 1968 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat behauptet:</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Er habe den Holzfußboden antragsgerecht verlegt. Da er bei der Auftragserteilung nicht davon unterrichtet worden sei, dass der Fußboden besonderen Belastungen ausgesetzt sei, habe er eine normale nordische Ausführung gewählt. Die aufgetretenen Beschädigungen seien auschließlich darauf zurückzuführen, dass an der Schadensstelle der Bürostuhl mit kleinen Rädern unter Belastung hin und her bewegt werde. Um einer solchen Belastung ohne Schäden standhalten zu können, habe der C in jedem Falle mit einer harzgebundenen Farbe versehen werden müssen. Hierzu sei ihm aber kein Auftrag erteilt worden. </p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Widerklage abzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht in Opladen hat auf Grund des Beweisbeschlusses vom 30. April 1969 Beweis erhoben.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschriften vom 17. Juli 1969 und 16. Oktober 1969 Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Durch Urteil vom 26. September 1969 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage hin die Klägerin verurteilt, </p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">an den Beklagten 81,40 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 17. März 1969 zu zahlen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">In seinen Entscheidungsgründen, auf deren vorgetragenen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt:</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung sei nicht mit einer Einrede behaftet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass an dem Fußboden keine vom Beklagten zu vertretenden Mängel vorhanden seien. Da die Gegenforderung einredefrei bestehe, sei die Klageforderung durch die Aufrechnung erloschen und die Widerklage begründet.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegen das am 26. November 1969 verkündete und am 24. Dezember 1969 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Januar 1970 Berufung eingelegt, die sie am selben Tage begründet hat. </p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Sie rügt, dass das Amtsgericht ihre auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und auf Durchführung einer Ortsbesichtigung gerichteten Beweisantritte nicht berücksichtigt habe. </p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Ergänzend behauptet sie:</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein Schreibtischrollstuhl T für einen handwerksgerecht angefertigten Holzfußboden keine besondere Beanspruchung dar. Im übrigen ist die Klägerin der Ansicht, die Aussagen des Zeugen H seien widerspruchsvoll und deshalb nicht geeignet, die Behauptungen des Beklagten zu beweisen.</p>
<span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren Schlussanträgen aus erster Instanz zu erkennen.</p>
<span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:35px">die Berufung zurückzuweisen.</p>
<span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen und tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen. </p>
<span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Wegen des weitergehenden Vortrages der Parteien wird ergänzend auf deren bei den Akten befindlichen Schriftsätze sowie auf die mitüberreichten Unterlagen Bezug genommen.</p>
<span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><u>E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e </u></p>
<span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. In der Sache selbst bleibt dem Rechtsmittel im wesentlichen jedoch der Erfolg versagt.</p>
<span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts hat bis auf den Ausspruch im Zinspunkt Bestand.</p>
<span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist nicht begründet. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist durch Aufrechnung erloschen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht mit der Einrede des Zurückbehaltungsrechts behaftet. Der Klägerin steht wegen angeblicher Mängel an dem Fußboden kein Zurückbehaltungsrecht zu. Denn die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und auf Grund ihrer eigenen Sachkenntnis der Überzeugung , dass der Beklagte den Fußboden handwerksgerecht verlegt hat. </p>
<span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der als Zimmemeister sachkundige Zeuge H hat seiner Aussage zufolge bei einer Besichtigung des Fußbodens festgestellt, dass dieser handwerksgerecht verlegt ist und nur infolge der besonderen Beanspruchung durch den Schreibtischstuhl mit Rollen an einer T ausblättert.</p>
<span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Einer weiteren Erhebung der von der Klägerin angebotenen Beweis bedarf es nicht. Das bisherige Beweisergebnis deckt sich in vollem Umfang mit den gerichtsbekannten und damit nicht beweisbedürftigen Tatsachen hinsichtlich des Verhaltens eines ungestrichenen Holzfußbodens bei der Belastung durch mit Rollen versehene Bürostühle. Aus eigener vielfältiger Erfahrung ist der Kammer bekannt, dass eine erhöhte Druckbelastung auf kleiner Druckfläche zu Beschädigungen von Holzfußböden führt, auch wenn diese nach handwerklichen Regeln angefertigt worden sind. Typisch sind diese Schäden beim Begehen von Holzfußböden mit Stöckelschuhen, beim Aufstellen von Schränken mit schmalem Fuß sowie beim Befahren mit Aktenkarren und bei der Benutzung von Stühlen, welche mit Rädern versehen sind. Daß die aufgetretenen Schäden vorliegend durch eine übermäßige, von der Klägerin selbst zu vertretende Überlastung einer bestimmten Bodenstelle verursacht worden ist, wird durch einen weiteren Umstand bestätigt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Schäden nur an der T aufgetreten sind, die der besonderen Belastung durch den Bürostuhl ausgesetzt ist. </p>
<span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Steht aber der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht zu, so greift die Aufrechnung durch mit der Folge, dass der Klageanspruch nicht gerechtfertigt ist.</p>
<span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Demgegenüber ist die Wideklage, mit der der Beklagte die Zahlung des durch die Aufrechnung nicht erloschenen Teiles seines Vergütungsanspruchs begehrt, aus den bereits angeführten Gründen gerechtfertigt.</p>
<span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Zinsanspruch ist gem. § 291, 288 BGB in Höhe von 4 % jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung begründet. Bei dem Auftrag, einen Fensterrahmen herzustellen, handelt es sich nicht um ein beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne von § 352 HGB. Die Höhe des Zinsanspruches bemisst sich deshalb nach § 246 BGB. </p>
<span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Da die Berufung im wesentlichen zurückzuweisen war, folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Streitwert für das Berufungsverfahren: 200,-- bis 300,-- DM.</p>
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316,088 | ag-aachen-1970-04-13-14-c-75069 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": 380,
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"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 14 C 750/69 | 1970-04-13T00:00:00 | 2019-03-13T15:23:25 | 2019-03-27T09:41:25 | Urteil | ECLI:DE:AGAC1:1970:0413.14C750.69.00 | <h2>Tenor</h2>
<p>Es wird festgestellt, dass der Beklagte als Vater der Klägerin gilt. </p>
<p>Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom Tage der Geburt (2.8.1968) bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres als Unterhalt eine im voraus zu entrichtende Geldrente von monatlichen 120,00 DM, die rück-ständigen Beträge sofort, die künftig fällig werdenden am zweiten Tage eines jeden Lebensmonats zu zahlen. </p>
<p> Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.</p>
<p></p>
<p>Das Urteil ist, soweit es den Unterhaltsanspruch bis August 1969 ein-schließlich betrifft, gegen Sicherheitsleistung von 1.600,00 DM, im übri-gen ohne eine solche vorläufig vollstreckbar; der Beklagte kann die Voll-streckung durch 1.500,00 DM Sicherheit abwenden. </p>
<p></p>
<p></p><br style="clear:both">
<span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><u>Tatbestand</u></p>
<span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin wurde am 2.8.1968 von der Verkäuferin H geb. I, geboren. Die Ehe der Kindesmutter mit dem Dreher H aus F ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B2 vom 28.11.1967 (1 R 404/67) geschieden worden. Auf die Ehelichkeitsanfechtungsklage des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B2 vom 03. Juni 1969 (12 R 345/68) festgestellt worden, dass die Klägerin nicht dessen eheliches Kind ist.</p>
<span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit (5.10.1967 – 3.2.1968) beigewohnt.</p>
<span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin verlangt vom Beklagten den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt.</p>
<span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px">festzustellen, dass der Beklagte als der Vater gelte, und ihn zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 120,00 DM vom Tage der Geburt an bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu verurteilen.</p>
<span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p>
<span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px">die Klage abzuweisen, hilfsweise: ihm zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwensen.</p>
<span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Er bestreitet seine Vaterschaft und behauptet, die Kindesmutter habe innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt (Beweis: Vernehmung der Zeugen B und C aus B2). Er sei unmöglich der Vater (Beweis: Einholung eines erbbiologischen Gutachtens).</p>
<span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Über die Behauptung des Beklagten ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Kindesmutter als Zeugin und durch Einholung eines Blutgruppengutachtens des Prof. Dr. T aus B2.</p>
<span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf die Sitzungsniederschrift vom 3.2.1970 und das schriftlich erstattet Gutachten wird Bezug genommen. Verwiesen wird auch auf die zu Beweiszwecken beigezogenen Akten 12 R 345/68 des LG B2.</p>
<span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks" style="margin-left:142px"><u>Entscheidungsgründe</u></p>
<span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Der Feststellungsantrag ist gem. § 256 ZPO zulässig.</p>
<span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet.</p>
<span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 1708 Abs. 1 i. V. mit § 1710 BGB. Der Beklagte ist der Vater der Klägerin. Er hat unstreitig der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt (§ 1717 BGB). Die Behauptung des Beklagten, die Kindesmutter habe innerhalb dieser Zeit auch mit anderen Männern verkehrt, ist durch die Beweisaufnahme widerlegt. Die Kindesmutter hat bekundet, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Der Aussage der Kindesmutter kommt besonderer Beweiswert zu, weil sie diese Angaben auch schon im Ehelichkeitsanfechtungsprozess des geschiedenen Ehemannes gegen die Klägerin gemacht hat. Die Aussage der Zeugin wird zudem bestätigt durch das Gutachten von Prof. Dr. T. Der Sachverständige konnte an Hand der Verteilung aller untersuchten Blut- und Serummerkmale die Vaterschaft des Beklagten nicht nur nicht ausschließen, sondern positiv feststellen. Lange Zeit konnte ein positiver Vaterschaftsnachweis nur durch ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten geführt werden, während das Blutgruppengutachten lediglich zum Ausschluß eines präsumtiven Erzeuges führten konnte. Zu neuerer Zeit sind jedoch neben die klassischen Blutgruppen zahlreiche neuentdeckte Blutmerkmale getreten, so dass im Einzelfall aufgrund der festgestellten Merkmalskonstellation und der statistischen Häufigkeit der einzelnen Merkmale in der Bevölkerung unter Umständen eine so hohe Wahrscheinlichkeit der Erzeugerschaft eines bestimmten Mannes ermittelt werden kann, dass der positive Vaterschaftsbeweis als erbracht angesehen werden muß.</p>
<span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Insbesondere erlaubt die serostatistische Auswertung von Blutgruppengutachten nach der Methode von Esser-Möller die Wahrscheinlichkeit einer Vaterschaft korrekt zu berechnen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzueweisen, dass sich Bluteigenschaften zum Teil besser für erbkundliche Untersuchungen eignen als die äußerlich erkennbaren Körpermerkmale, auf die sich die Anthropologen stützen, weil sie genau identifizierbar und klassifizierbar sind, in der Regel beim Neugeborenen bereits voll entwickelt, von Alter, Geschlecht und Umwelt unabhängig und keinen Mutationen unterworfen sind. Das Verfahren nach Esser-Möller ergibt einen Hinweis auf eine Vaterschaft, wenn der Eventualvater ein Blutgruppenmerkmal besitzt, welches auch beim Kind nachzuweisen ist, das aber die Mutter nicht besitzt. Je seltener sich ein Merkmal in der Bevölkerung findet, umso höhere Hinweiswerte liefert dieses Merkmal. Mit der Anzahl der Merkmale, in denen Kind und der in Anspruch genommene Mann übereinstimmen, nimmt der Verdacht zu, dass letzterer tatsächlich der wirkliche Erzeuger ist; die Vaterschaftswahrscheinlichkeit steigt entsprechend an.</p>
<span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Der nach dem Verfahren nach Esser-Möller ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad gibt an, in wie viel von 100 gleich gelagerten Fällen ein Richter die Wahrheit träfe, wenn er regelmäßig den in Anspruch genommenen Mann als Erzeuger deklarierte.</p>
<span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Prof. Dr. T hat in seinem Gutachten anhand der gewonnenen Blut- und Serumsformeln die Vaterschaftswahrscheinlichkeit errechnet und ist zu einem Wert von 99,9 % gelangt. Ein solcher Wert kommt einer naturwissenschaftlichen Sicherheit nahe und ist vom Sachverständigen mit dem Prädikat "praktisch erwiesen" belegt worden. Bei einem solchen Wahrscheinlichkeitswert ist die Möglichkeit eines Irrtums so gering, dass aus der festgestellten Vaterschaftswahrscheinlichkeit mit einem für die Erfordernisse des praktischen Lebens ausreichenden Grad der Gewissheit auf die Abstammung anerkannten Rechtssatz, dass an den juristischen Beweis weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als an den naturwissenschaftlichen.</p>
<span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die dem Gericht durch das Gutachten von Prof. Dr. T vermittelte Überzeugung, dass der Beklagte der Vater der Kläger ist, könnte durch ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten nicht erschüttert werden wegen der bereits hervorgehobenen Möglichkeit einer exakteren Feststellung des Bluteigenschaften als Grundlage der Berechnung gegenüber den äußeren Körpermerkmalen. Auf die Einholung eines solchen Gutachtens wurde daher verzichtet.</p>
<span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es versteht sich unter den gegebenen Umständen von selbst, dass es auf die Vernehmung der vom Beklagten benannten Mehrverkehrszeugen ohnehin nicht mehr ankam.</p>
<span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Der Unterhaltsanspruch ist auch in der geforderten Höhe berechtigt; dies wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.</p>
<span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 6 und § 713 Abs. 2 ZPO.</p>
<span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 2.400,00 DM</p>
<span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Schnitzler</p>
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