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2018-04-01
Die Zeit der Populisten
EU-Gegner machen mobil
Ausgerechnet die EU-Gegner sind derzeit am besten in der Lage, einen europäischen Wahlkampf zu machen, weil sie ein Thema haben: den Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik - und die Vision der "Festung Europa". Von Ralph Sina.
Ausgerechnet die EU-Gegner sind derzeit am besten in der Lage, einen europäischen Wahlkampf zu machen, weil sie ein Thema haben: den Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik - und die Vision der "Festung Europa". Es ist noch nicht einmal sechs Monate her, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an der Sorbonne ein flammendes Europa-Plädoyer hielt: Nur Europa kann seinen Staaten den notwendigen Handelsspielraum in einer globalisierten Welt geben, lautete das Bekenntnis, das Macron den Brexit-Befürwortern und den kontinentaleuropäischen EU-Skeptikern entgegen setzt. Doch Macrons Ruck-Rede zur EU-Reform ist verklungen - und selbst jetzt, wo Macron im Berliner Kanzleramt wieder voll handlungsfähige Ansprechpartner hat, ist von einer EU-Reformeuphorie wenig zu spüren. EU-Gegner gewinnen Wahlen Macron hatte davor gewarnt, die Energie auf die innereuropäischen Differenzen und Meinungsunterschiede zu konzentrieren. Durch das starke Abschneiden von EU-Kontrahenten in Österreich und Italien ist das Lager der Orban-Unterstützer und Macron-Kritiker gestärkt worden. "Selbst mein Bundeskanzler Kurz behauptet, er sei pro-europäisch, um dann im nächsten Satz anti-europäische Politik zu formulieren", beobachtet der österreichische Politikwissenschaftler und EU-Experte Andreas Maurer. Macron, Angela Merkel und Jean-Claude Juncker läuft die Zeit für EU-Reformen davon, denn bereits in zwölf Monaten geht der Europawahlkampf in die heiße Phase. Und EU-Experte Maurer prophezeit den Rechtspopulisten bei der Europawahl im kommenden Mai gute Erfolgsaussichten. Reformpläne ohne Erfolgsaussichten Denn die von Macron geplante EU-Integration - mit einem Euro-Budget, einem gemeinsamen EU-Finanzminister und einer gemeinsamen europäischen Asylbehörde, mit länderübergreifenden Listen, über welche die Hälfte aller EU-Abgeordneten gewählt wird: Diese runderneuerte EU wird es in der Ära Juncker nicht geben - weil die Widerstände dagegen zu groß sind, am deutlichsten artikuliert von niederländischer Seite. Daran ändern auch die Schnecken im Dutzend und ein geschmorter Hase in Rotweinsauce nichts, die der niederländische Regierungschef Mark Rutte kürzlich in einem Den Haager Bistro dem französischen Präsidenten servieren ließ. Rutte hält wenig von der Vision einer zentralisierten Währungsunion à la Macron - sehr viel hingegen von einzelstaatlicher Verantwortung und betont: "Luftige Visionen schaffen weder Arbeit noch Sicherheit." Vielmehr ginge es um harte, schrittweise Arbeit. Front gegen Paris und Berlin Und in dieser Haltung wird Rutte von sieben nördlichen EU-Mitgliedern unterstützt, die vor einem Alleingang Deutschlands und Frankreichs warnen. Von dem Grundsatzstreit der EU-Befürworter profitieren die EU-Gegner, befürchtet Politikwissenschaftler Maurer von der Uni Innsbruck - und zwar bei der Europawahl 2019: "Wir werden damit zu tun haben, dass diese rechtsradikalen Fraktionen um die FPÖ und Marine Le Pen größer werden." Denn im Gegensatz zu den zerstrittenen EU-Befürwortern sind sich die EU-gegnerischen Parteien zumindest in ihren Parolen einig: "Sie können ein Plakat machen 'Für eine Festung Europa'."
/ausland/eu-populismus-101.html
2018-04-01
Syrien macht Israel verantwortlich
Angriff auf Militärbasis
Syrien und Russland haben Israel vorgeworfen, für den Raketenangriff auf eine syrische Militärbasis verantwortlich zu sein. Dabei starben in der Nacht 14 Menschen, darunter auch iranische Kämpfer. mehr
Syrien und Russland haben Israel vorgeworfen, für den Raketenangriff auf eine syrische Militärbasis verantwortlich zu sein. Dabei starben in der Nacht 14 Menschen, darunter auch iranische Kämpfer. Für den Raketenangriff auf eine syrische Militärbasis ist nach Darstellung Russlands und der Regierung in Damaskus Israel verantwortlich. Zwei F-15-Kampfjets der israelischen Armee hätten den Stützpunkt in der Nacht mit acht Raketen attackiert, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Die Raketen seien vom libanesischen Luftraum aus abgefeuert worden. Die israelischen Kampfjets seien nicht in den syrischen Luftraum eingedrungen. Zuvor hatten libanesische Medien berichtet, in der Nacht seien israelische Jets im Luftraum des Landes beobachtet worden. Ein israelischer Militärsprecher sagte, er könne sich zu den Angaben nicht äußern. Israel hatte in den vergangenen Monaten mehrfach Ziele in dem Bürgerkriegsland bombardiert. Die Angriffe richteten sich nach Einschätzung von Beobachtern vor allem gegen die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah, einen engen Verbündeten der syrischen Armee. Die bewaffnete Gruppe wird vom schiitischen Iran finanziert. 14 Tote durch Raketen In Syrien waren bei dem Angriff auf den Militärflughafen in der Provinz Homs nach Angaben von Aktivisten mindestens 14 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien auch iranische Kämpfer, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehrere Geschosse hatten in der Nacht den Flughafen Taifur im Zentrum des Landes getroffen. Washington dementiert Zuvor hatten syrische Medien berichtetet, es sei davon auszugehen, dass es sich um einen US-Angriff gehandelt habe. Dem widersprach die Regierung in Washington jedoch umgehend. "Derzeit führt das Verteidigungsministerium keine Luftschläge in Syrien durch", sagte ein Sprecher des Pentagon. "Allerdings beobachten wir die Situation weiterhin genau und unterstützen die diplomatischen Bemühungen, diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die Chemiewaffen in Syrien und anderswo einsetzen". Trump droht Damit bezog der Sprecher sich auf den mutmaßlichen Einsatz von Giftgas beim Bombardement der Rebellenhochburg Duma in Ost-Ghouta. Dabei sollen bis zu 150 Menschen ums Leben gekommen sein; Aufständische berichten, Regierungsjets hätten Bomben mit Chlorgas abgeworfen. Am Sonntag hatte US-Präsident Donald Trump den syrischen Diktator Baschar al-Assad für den Giftgaseinsatz verantwortlich gemacht. Assad und seine Unterstützer, Russland und Iran, müssten dafür einen hohen Preis zahlen, twitterte Trump. Vor einem Jahr hatte Trump einen Giftgaseinsatz des Assad-Regimes in Chan Scheichun bestraft, indem er einen syrischen Luftwaffenstützpunkt bombardieren ließ. Frankreich geht auch von Giftgaseinsatz aus Nach einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron erklärte auch der Élysée-Palast, man sei sich sicher, dass in Duma Giftgas eingesetzt worden sei. Ein "Austausch von Informationen und Analyseergebnissen" habe dies bestätigt. Nun gelte es, zu klären, wer dafür verantwortlich sei, hieß es. Die Internationale Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) untersucht den mutmaßlichen Giftgasangriff auf die Rebellenhochburg. Auf Grundlage der Berichte zu dem Vorfall sei bereits eine erste Analyse erstellt worden, sagte OPCW-Chef Ahmet Üzümcü. Nun würden weitere Informationen gesammelt, um zu prüfen, ob tatsächlich Chemiewaffen eingesetzt worden seien. Dazu befragen die Experten Zeugen und stellen Boden- und Gewebeproben sicher. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte derweil bei einer Pressekonferenz in Moskau, russische Experten hätten in Duma "keinerlei Spuren" von Giftgas gefunden. UN-Sicherheitsrat tagt zu Syrien Am Abend will sich der UN-Sicherheitsrat erneut mit dem Konflikt befassen. Die USA beantragten eine Dringlichkeitssitzung mit acht weiteren Staaten, darunter auch die ständigen Ratsmitglieder Frankreich und Großbritannien.
/ausland/syrien-angriff-sicherheitsrat-105.html
2018-04-01
Lehrerverbände für Kopftuchverbot
In Kindergärten und Grundschulen
Ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen? Die Überlegungen aus Nordrhein-Westfalen stoßen bei Lehrerverbänden auf breite Zustimmung. Auch Immigrantenverbände loben die Idee. mehr
Ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Grundschulen? Die Überlegungen aus Nordrhein-Westfalen stoßen bei Lehrerverbänden auf breite Zustimmung. Auch Immigrantenverbände loben die Idee. Lehrer- und Immigrantenverbände begrüßen Überlegungen der NRW-Landesregierung, ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren einzuführen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte der "Bild"-Zeitung, ein Kopftuchverbot würde dazu beitragen, Diskriminierung und Mobbing aus religiösen Gründen zumindest tendenziell den Boden zu entziehen. Er forderte, eine "bewusste Demonstration religiöser Symbole bei religionsunmündigen Kindern" zu unterlassen. An weiterführenden Schulen sei dies aber etwas anders, schränkte er ein. Es dürfe in einer Demokratie keine Unterordnung des einen Geschlechts unter das andere geben, sagte die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing. "Ein Kopftuch kann aber als Symbol dafür verstanden werden und hat deshalb im Unterricht nichts zu suchen", sagte sie der "Bild". Immigrantenverbände für Verbot Zustimmung erfährt der Vorstoß auch durch die Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (BAGIV). Entsprechende Pläne der Regierung in Österreich seien nachahmenswert, um muslimische Kleinkinder vor Diskriminierung zu schützen, erklärte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft, Ertan Toprak. "Es geht hier um eine Abwägung zwischen dem Erziehungsrecht und dem Kindeswohl", fügte Toprak hinzu. Staat und Gesellschaft seien unbedingt verpflichtet, dem Kindeswohl Vorrang zu geben. "Immer mehr Eltern verschleiern ihre Kinder bereits Jahre vor der Pubertät und legen eine sehr extreme Interpretation der Religion an den Tag." Darüber dürfe ein freiheitlich-demokratischer Staat nicht weiter hinwegsehen. Toprak verwies darauf, dass nach dem Koran ein Kopftuch ohnehin erst in der Pubertät vorgeschrieben sei. Vor allem Kleinkinder müssten "vor dem religiösen Totalitarismus der Eltern geschützt werden". Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte Anfang April angekündigt, mit dem Kopftuchverbot könnten "Parallelgesellschaften" vermieden werden. Kritik an Bevormundung Dagegen lehnte der thüringische Bildungsminister Helmut Holter ein Kopftuchverbot für Mädchen ab. "Alle Kinder sollen sich zu freien und selbstbestimmten Individuen entwickeln können", sagte der Politiker der Linkspartei der "Bild". Der derzeitige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz sprach sich dafür aus, stattdessen die Demokratiebildung in den Schulen stärken. Das NRW-Innenministerium hatte am Wochenende bestätigt, dass ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren geprüft wird. Kinder, die noch nicht religionsmündig seien, dürften nicht dazu gedrängt werden, aus religiösen Gründen ein Kopftuch zu tragen, erklärte Integrationsminister Stamp. Der Islamrat kritisierte das Vorhaben und nannte die Debatte "populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer".
/inland/kopftuchverbot-107.html
2018-04-01
Kein Kurde namens "Jens R. Handeln"
Gerüchte nach Auto-Attacke
Nach der Auto-Attacke von Münster hat die Polizei die Identität des Täters zweifelsfrei geklärt. Im Netz werden dennoch weiter Gerüchte verbreitet. Dazu kommen Fehler in der Berichterstattung. Von Patrick Gensing.
Nach der Auto-Attacke von Münster hat die Polizei die Identität des Täters zweifelsfrei geklärt. Im Netz werden dennoch weiter Gerüchte verbreitet. Dazu kommen Fehler in der Berichterstattung. Von Patrick Gensing, tagesschau.de Zwei Tage nach der Auto-Attacke von Münster blühen im Netz weiter die Spekulationen. Zunächst hatte unter anderem die AfD-Politikerin Beatrix von Storch mit ihren Tweets für Aufsehen und viel Kritik gesorgt. "Medien verschweigen" Doch auch nachdem es keinerlei Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund gibt, wird weiter versucht, eine Verbindung zwischen Islam und Täter zu konstruieren. So twitterte der AfD-Politiker Andre Poggenburg, es gebe Berichte, der Täter sei zum Islam konvertiert. Dies würden die deutschen Medien verschweigen. https://twitter.com/PoggenburgAndre/status/983066904381284352 Quellen für seine Behauptungen lieferte Poggenburg nicht. Doch wird von verschiedenen rechtsradikalen Blogs auf einen rumänischen TV-Sender verwiesen. Dieser habe berichtet, der Täter sei ein deutscher Staatsbürger mit kurdischen Wurzeln. Und tatsächlich hatte der Nachrichtensender B1 aus Bukarest dies am Samstag um 18:13 Uhr auf rumänisch gemeldet. Doch eine Quelle für diese Information wurde nicht genannt. Allerdings zitierte der Sender an anderer Stelle in dieser Meldung aus deutschen Medien - doch hier findet sich kein Hinweis auf einen kurdischen Hintergrund des Täters. Eine Anfrage des ARD-faktenfinders, auf welche Quelle man sich bezogen habe, beantwortete B1 bislang nicht. Allerdings erscheint es eher unwahrscheinlich, dass ein rumänischer TV-Sender bessere Quellen aus Münster hat als die zahlreichen Journalisten vor Ort. Wahrscheinlich handelte es sich schlicht um einen Übersetzungsfehler oder ein Missverständnis. In der folgenden Berichterstattung wiederholte B1 die Behauptung, es handele sich um einen Kurden, nämlich nicht mehr. Irreführender Screenshot Als weiterer vermeintlicher Beweis dafür, der Täter sei Muslim oder Kurde gewesen, wird im Netz ein Screenshot von einem Nachrichtensender aus Österreich gehandelt. Darauf ist ein Ausschnitt vom Livestream auf Oe24.tv zu sehen, darunter eine Texttafel mit der Schlagzeile: "Münster: Auto rast in Menschenmenge - mehrere Tote". Der Mann, der dort gezeigt wird, soll der Täter von Münster sein, wird auf Twitter behauptet. Hier handelt es sich um eine bewusst irreführende Darstellung - um Fake News. Um 18:04 Uhr, als der Screenshot angefertig wurde, hatte es noch keine Informationen zum Täter gegeben - geschweige denn ein Foto. In der Schlagzeile zu Münster wird auch gar nicht behauptet, es handele sich bei dem Mann um den Täter. Und Roland Daxenbichler, stellvertretender Chefredakteur von Oe24.tv, erklärte auf Anfrage des ARD-faktenfinders: Wir sind auch über diesen Screenshot gestolpert. Es handelt sich dabei NICHT um den Attentäter von Münster. Es handelt sich um einen Münsteraner, der unserem Fernsehsender Auskunft über die Stadt gegeben hat. Der Screenshot wurde in der kurzen Zeit gemacht, in der das Insert, um wen es sich wirklich auf dem Bild handelt, nicht zu sehen war. Zudem veröffentlichte OE24 mittlerweile eine Klarstellung, in dem es heißt, ein Screenshot werde für rechte Hetze missbraucht. Übersetzungsfehler Ein Fehler unterlief derweil mehreren großen Boulevard-Medien - darunter The Sun, Daily Mirror und Sunday Express. Sie berichteten, bei dem Täter handele es sich um einen Deutschen mit dem Namen "Jens R. Handeln" - oder nur "Jens Handeln". Offenkundig ein Übersetzungsfehler: Deutsche Medien hatten nämlich berichtet, bei dem Täter "soll es sich um Jens R. handeln". Aus dem abgekürzten Nachnamen R. wurde ein zweiter Vorname, "handeln" als Nachname missverstanden. Identität zweifelsfrei geklärt Die Polizei in Münster erklärte auf Anfrage des ARD-faktenfinders, man könne die Gerüchte überhaupt nicht bestätigen. Weder sei ein Foto eines mutmaßlichen Täters veröffentlicht worden, noch gebe es Zweifel an der Identität des 48-jährigen Deutschen Jens R., der unter psychischen Problemen gelitten haben soll. Es gebe keine Hinweise, dass es sich um einen zum Islam konvertierten Kurden gehandelt habe. Die Polizei appellierte erneut, keine Spekulationen und Gerüchte zu verbreiten.
/faktenfinder/muenster-taeter-101.html
2018-04-01
USA schließen Militäraktion nicht aus
Mutmaßlicher Giftgasangriff in Duma
Nach dem mutmaßlichen Einsatz von Giftgas in der syrischen Stadt Duma wächst der Druck auf Syrien und seine Verbündeten. Die USA schließen eine Militäraktion gegen die syrische Führung nicht aus. mehr
Nach dem mutmaßlichen Einsatz von Giftgas in der syrischen Stadt Duma wächst der Druck auf Syrien und seine Verbündeten. Die USA schließen eine Militäraktion gegen die syrische Führung nicht aus. Die USA schließen militärische Schritte gegen die syrische Führung nicht aus - als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff, bei dem in der Stadt Duma Dutzende Menschen getötet worden sein sollen. US-Präsident Donald Trump kündigte eine "bedeutende Entscheidung" seiner Regierung auf den "barbarischen" Angriff an. "Wir können solche Greueltaten nicht zulassen", so Trump. Alle Optionen würden in Betracht gezogen. Verteidigungsminister James Mattis schloss sich diesen Worten an: "Im Augenblick schließe ich nichts aus", sagte er. Trump erklärte, auch eine mögliche Beteiligung der iranischen und der russischen Regierung werde geprüft. Er schloss Konsequenzen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht aus. Wenn sich herausstelle, dass dieser eine Verantwortung für den Angriff trage, werde er wie jeder andere einen Preis dafür zahlen, sagte Trump. Russland sei seiner Verpflichtung zur Beendigung des syrischen Chemiewaffenprogramms nicht nachgekommen, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders. Umstände deuten auf Assads Führung Für die Bundesregierung erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert: "Auch bei diesem Giftgaseinsatz deuten die Umstände auf die Verantwortlichkeit des Assad-Regimes hin." Das Vorgehen des Regimes sei abscheulich, menschenverachtend und es verstoße gegen elementare Regeln des humanitären Völkerrechts. Es dürfe nicht ungesühnt bleiben. Seibert forderte Russland als Hauptunterstützer von Assad auf, seine "Blockadehaltung" im UN-Sicherheitsrat aufzugeben und eine Untersuchung von Chemiewaffeneinsätzen in Syrien zuzulassen. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich überzeugt, dass am Samstag in Duma Chemiewaffen eingesetzt wurden. "Fabrizierte Anschuldigungen" Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, wobei sie den mutmaßlichen Giftgasangriff verurteilte und Putin vor "Provokationen und Spekulationen" zum Thema warnte und Zurückhaltung anmahnte. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, das russische Militär habe keinen Hinweis auf einen Chemiewaffenangriff gefunden. Russische Sanitäter hätten Patienten in einem Krankenhaus in Duma untersucht. Dabei hätten sie keine Symptome einer Vergiftung festgestellt. Bereits am Sonntag hatte die russische Militärführung in Syrien von "fabrizierten Anschuldigungen" gesprochen. Generalmajor Juri Jewtuschenko sagte, Russland sei bereit, Experten nach Duma zu entsenden, sobald die Rebellen von dort vertrieben seien, um zu beweisen, dass die Berichte erfunden seien. Die Türkei mahnte eine Untersuchung der Vorkommnisse in Duma an. Dies sei Aufgabe internationaler Organisationen und besonders der Internationalen Organisation für ein Chemiewaffenverbot (OPCW). Die bislang vorliegenden Informationen legten nahe, dass chemische Waffen eingesetzt wurden. Die OPCW führt bereits eine Untersuchung durch. Militärbasis in Homs beschossen Russlands Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete es als gefährliche Entwicklung, dass in der Nacht eine syrische Militärbasis bei Homs beschossen worden sei. Russische und syrische Staatsmedien machten Israel für diesen Angriff verantwortlich. Israel äußerte sich dazu nicht. Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachterstelle für Menschenrechte wurden mindestens 14 Menschen getötet. Sowohl die USA als auch Frankreich wiesen eine Beteiligung an dem Angriff auf die Basis umgehend zurück. Macron hatte im Februar mit einem französischen Militärschlag gedroht, sollten syrische Regierungstruppen mit C-Waffen Zivilisten töten. Das syrische Staatsfernsehen hatte zunächst berichtet, der Angriff auf die Militärbasis gehe sehr wahrscheinlich auf die USA zurück. Trump hatte am Sonntag mit Vergeltung für den Angriff in Duma gedroht.
/ausland/syrien-angriff-sicherheitsrat-109.html
2018-04-01
Karlsruhe kippt Grundsteuer
Bundesverfassungsgericht
Die Basis für die Berechnung der Grundsteuer in Deutschland ist verfassungswidrig und muss bis Ende 2019 neu geregelt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. mehr
Die Basis für die Berechnung der Grundsteuer in Deutschland ist verfassungswidrig und muss bis Ende 2019 neu geregelt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Vorschriften für die Einheitsbewertung zur Berechnung der Grundsteuer in Deutschland sind verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Die Regelungen verstoßen gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Für eine Neuregelung gab das Gericht eine Frist bis Ende 2019 vor. Die Karlsruher Richter hatten schon während der Verhandlung im Januar bemängelt, dass die Einheitswerte für Grundstücke und Häuser im Westen seit 1964 bestehen und seitdem nicht angepasst worden sind. In den neuen Ländern gelten die Einheitswerte sogar seit 1935. Werte bilden nicht mehr die Wirklichkeit ab Seitdem haben sich die Grundstückswerte sehr unterschiedlich entwickelt. In Großstädten sind sie viel stärker gestiegen als auf dem Land. Sprich: Die Werte bilden längst nicht mehr die Wirklichkeit ab. Deshalb sei die Besteuerung verfassungswidrig, urteilten die Richter. Sobald die neuen Vorschriften gelten, müssen in einem zweiten Schritt alle Grundstücke neu bewertet werden. Bei 35 Millionen Grundstücken in Deutschland ist das ein immenser Aufwand. Neue Berechnungsart ist völlig offen Deshalb bekommen die Finanzämter und Gemeinden für die Neubewertung der Grundstücke weitere fünf Jahre Zeit. Spätestens 2025 darf bei der Grundsteuer aber nicht mehr mit den alten Grundstückswerten gearbeitet werden. Wie die neue Berechnung aussehen soll, für wen die Grundsteuer teurer oder günstiger wird, ist völlig offen. Das muss nun der Gesetzgeber in Berlin entscheiden. Vertreter von Ländern und Finanzverwaltungen hatten für lange Übergangsfristen plädiert. Die Gemeinden nehmen jährlich rund 14 Milliarden Euro mit der Grundsteuer ein. Die Abgabe trifft in Deutschland nicht nur Immobilienbesitzer, sondern über die Nebenkosten auch die Mieter. Mehrere Modelle mit unterschiedlich großem Aufwand Eine Neuregelung der Grundsteuer ist seit Langem geplant, wurde vor der vergangenen Bundestagswahl jedoch nicht mehr beschlossen. Die große Koalition hat eine Reform vereinbart. Es gibt mehrere Modelle mit unterschiedlich großem Aufwand bei der Neufestsetzung. Eine Neuregelung könnte je nach Art von Grundstück und Immobilie zu deutlichen Veränderungen der Steuerlast führen. (AZ: 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12) Mit Informationen von Klaus Hempel.
/inland/bundesverfassungsgericht-grundsteuer-101.html
2018-04-01
US-Drohung alarmiert syrische Armee
Mutmaßlicher Giftgasangriff
Noch ist nicht klar, wie die USA auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien reagieren. Präsident Trump sagte eine Auslandsreise ab, bis die Antwort feststeht. Die syrische Armee wurde "in höchste Alarmbereitschaft" versetzt. mehr
Noch ist nicht klar, wie die USA auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien reagieren. Präsident Trump sagte eine Auslandsreise ab, bis die Antwort feststeht. Die syrische Armee wurde "in höchste Alarmbereitschaft" versetzt. Gestern haben die USA mit Angriffen gedroht, heute ist die syrische Armee in "höchste Alarmbereitschaft" versetzt worden. Das berichtet die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehrere Stützpunkte in verschiedenen Landesteilen seien zudem angesichts möglicher Angriffe vorsorglich geräumt worden, berichtet die Beobachtungsstelle. "Die syrische Armee ist in voller Bereitschaft an allen Militärflughäfen, großen Stützpunkten in Damaskus und Außenbezirken, in Homs sowie in den Küstenregionen von Latakia und Tartus, aus Angst vor möglichen Angriffen der USA und anderer Staaten", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Sorge vor Konfrontation Russlands und der USA Alarmiert sind auch die UN. Der Sondergesandte Staffan de Mistura warnte vor einer internationalen militärischen Konfrontation als Folge des Syrien-Krieges. Eine Eskalation der derzeitigen Spannungen zwischen den Großmächten USA und Russland könnte verheerend und kaum vorstellbar sein, sagte de Mistura bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Russland hatte in der Sitzung die USA vor einem Angriff auf Stellungen des Assad-Regimes gewarnt. Die USA hatten militärische Schritte gegen die syrische Führung nicht ausgeschlossen - als Reaktion auf den mutmaßlichen Giftgasangriff, bei dem in der Stadt Duma Dutzende Menschen getötet worden sein sollen. Trump schließt Konsequenzen nicht aus "Wir können solche Gräueltaten nicht zulassen", so US-Präsident Donald Trump. Alle Optionen würden in Betracht gezogen. Verteidigungsminister James Mattis schloss sich diesen Worten an: "Im Augenblick schließe ich nichts aus", sagte er. Trump erklärte, auch eine mögliche Beteiligung der iranischen und der russischen Regierung werde geprüft. Er schloss Konsequenzen für den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht aus. Wenn sich herausstelle, dass dieser eine Verantwortung für den Angriff trage, werde er wie jeder andere einen Preis dafür zahlen, sagte Trump. Um "die amerikanische Antwort auf Syrien zu beaufsichtigen", wie es aus dem Weißen Haus hieß, sagte Trump nun seine Reise nach Lateinamerika ab. Diese war für Ende der Woche angesetzt: Trump wollte am Freitag nach Peru aufbrechen, um dort am Amerika-Gipfel teilzunehmen und mit seinem Kollegen Pedro Pablo Kuczynski zusammenzutreffen. Anschließend war ein Treffen mit Präsident Juan Manuel Santos in Kolumbien geplant. Russland lädt Chemiewaffenexperten ein Russland erklärte sich währenddessen nach Angaben eines ranghohen Abgeordneten zu einer internationalen Begutachtung des Orts des mutmaßlichen Giftgasangriffts in Syrien bereit. Man wolle, dass die Organisation für das Verbot chemischer Waffen "endlich damit anfängt, die Funktionen auszuüben, für die sie geschaffen wurde", sagte Jewgeni Serberennikow vom Verteidigungsausschuss des Föderationsrats der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Der syrische Machthaber Bashar al-Assad schloss sich der Einladung an: Ein Expertenteam der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) solle nach Duma reisen, um zu untersuchen, ob Giftgas eingesetzt wurde, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. "Fabrizierte Anschuldigungen" Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte mit Putin, wobei sie den mutmaßlichen Giftgasangriff verurteilte und Putin vor "Provokationen und Spekulationen" zum Thema warnte und Zurückhaltung anmahnte. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, das russische Militär habe keinen Hinweis auf einen Chemiewaffenangriff gefunden. Russische Sanitäter hätten Patienten in einem Krankenhaus in Duma untersucht. Dabei hätten sie keine Symptome einer Vergiftung festgestellt. Bereits am Sonntag hatte die russische Militärführung in Syrien von "fabrizierten Anschuldigungen" gesprochen. Generalmajor Juri Jewtuschenko sagte, Russland sei bereit, Experten nach Duma zu entsenden, sobald die Rebellen von dort vertrieben seien, um zu beweisen, dass die Berichte erfunden seien.
/ausland/syrien-angriff-armee-101.html
2018-04-01
Die Grundsteuer ist ungerecht - und nun?
Bundesverfassungsgericht
Die seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepassten Einheitswerte für Grundstücke sind "völlig überholt" und daher verfassungswidrig. Claudia Kornmeier mit Antworten auf wichtige Fragen rund um die Grundsteuer. mehr
Die seit mehr als 50 Jahren nicht mehr angepassten Einheitswerte für Grundstücke sind "völlig überholt" und daher verfassungswidrig, so die Richter in Karlsruhe. Bis 2019 muss der Gesetzgeber die Basis für die Grundsteuer neu regeln. Was ist die Grundsteuer? Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Etwa 13 Milliarden Euro spült sie den Städten und Gemeinden jährlich in die Kassen. Die Steuer betrifft so gut wie alle Bürgerinnen und Bürger, denn zahlen muss sie jeder Grundstückseigentümer. Vermieter legen sie meist über die Nebenkostenabrechnung auf die Mieter um. Warum entscheidet das Bundesverfassungsgericht darüber? Mehrere Grundstückseigentümer halten die Berechnung der Grundsteuer für ungerecht und damit verfassungswidrig. Der Hintergrund: Die Grundsteuer basiert auf dem Wert eines Grundstücks. Auf wertvolle Grundstücke sollte eine höhere Steuer gezahlt werden als auf billige. Allerdings wurde der Wert der Grundstücke seit Jahrzehnten nicht mehr festgestellt. In Westdeutschland basiert die Grundsteuer damit auf Werten von 1964, in Ostdeutschland sogar auf Werten von 1935. Da sich auf dem Immobilienmarkt seitdem einiges getan hat, kommt es teils zu erheblichen Wertverzerrungen. Zwei Grundstücke können 1964 gleich viel wert gewesen sein, sich heute im Wert aber ganz deutlich unterscheiden. Was damals unbegehrte Stadtrandlage oder in Berlin ein unattraktiver Mauerrandbezirk war, kann sich zum beliebten Wohnviertel entwickelt haben. Außerdem müssen Neubauten nach einem Maßstab von 1964 bewertet werden - eine etwas abstruse Lage. Gab es schon mal Reformvorschläge? Dass an diesem veralteten Zustand etwas geändert werden muss, darüber besteht in der Politik weitgehend Einigkeit. Eine Mehrheit der Bundesländer hatte deshalb 2016 ein neues Berechnungsverfahren vorgeschlagen. Demnach sollte es nicht mehr auf den Marktwert eines Grundstücks ankommen. Stattdessen sollte sich die Höhe der Grundsteuer unter anderem nach folgenden Kriterien richten: Größe, Lage und Verkehrsanbindung des Grundstücks sowie Grundfläche und Herstellungskosten des Gebäudes. An den alten Regeln wollte man nicht festhalten, weil eine Neubewertung der Grundstücke auf dieser Grundlage zu aufwändig gewesen wäre. Warum ist daraus nichts geworden? Hamburg und Bayern wollten nicht mitmachen. Beide Bundesländer befürchteten, dass die vorgeschlagene Neubewertung für ihre Bürger zu Steuererhöhungen führen könnte. Der Bund, der die Gesetzgebungskompetenz hat, wartete deshalb weiter ab. Erst sollten sich die Länder untereinander einig sein. Schließlich geht es um das Geld ihrer Gemeinden. Die Bundesregierung verteidigte bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe die derzeitige Berechnung der Grundsteuer. Für die überwiegende Mehrheit der Steuerzahler sei sie unproblematisch, sagte Michael Meister vom Bundesfinanzministerium. Nach der Anzahl der Einsprüche zu urteilen, sei es eine der am wenigsten strittigen Steuern. Das Ausmaß der Ungleichbehandlung sei zudem verhältnismäßig gering, weil die Steuerbelastung so gering sei. Karlsruhe hat das Gesetz gekippt - und nun? Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber eine Frist eingeräumt, damit er den verfassungswidrigen Zustand beheben kann. Das passiert häufig. Bis Ende 2019 muss die Grundsteuer neu geregelt sein. Nach Verabschiedung eines neuen Gesetzes soll eine Übergangsfrist bis Ende 2024 gelten. Damit berücksichtigen die Richter, dass eine Neubewertung der Grundstücke, wie sie die Bundesländer 2016 vorgeschlagen hatten, richtig lange dauern könnte. Es geht nämlich um 35 Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Gibt es alternative Modelle? Einfacher wäre es, lediglich Größe und Wert des unbebauten Grundstücks zugrunde zu legen.  Eine solche reine Bodensteuer fordert etwa eine Initiative unter Beteiligung des Deutschen Mieterbunds. Das würde Eigentümer von unbebauten Grundstücken verhältnismäßig stärker in die Pflicht nehmen. Wie ein mögliches neues Gesetz aussehen könnte, ist eine politische Frage. Das Bundesverfassungsgericht urteilt nur über Rechtsfragen zum aktuellen Gesetz. Droht eine Steuererhöhung? Die kommunalen Spitzenverbände betonen: Insgesamt soll es nicht zu einer höheren Belastung von Immobilienbesitzern kommen. Es könnte allerdings Verschiebungen geben. Das heißt: Wer heute wenig Grundsteuer zahlt, könnte künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Und umgekehrt. Wer am Ende mehr oder weniger zahlen würde, lässt sich im Detail aber kaum vorhersagen. Aktenzeichen 1 BvL 11/14, BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, 1 BvL 11/14
/inland/faq-grundsteuer-101.html
2018-04-01
OPCW will Experten nach Syrien schicken
Mutmaßlicher Giftgasangriff
Experten der OPCW sollen prüfen, ob in Duma Giftgas eingesetzt wurde. Eine neue Untersuchungskommission aber blockierte Russland im UN-Sicherheitsrat. Frankreichs Präsident Macron erwägt eine militärische Reaktion. mehr
Experten der OPCW sollen prüfen, ob in Duma Giftgas eingesetzt wurde. Eine neue Untersuchungskommission aber blockierte Russland im UN-Sicherheitsrat. Frankreichs Präsident Macron erwägt eine militärische Reaktion. Die Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) will eigene Experten nach Syrien schicken, um die Vorwürfe über den mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Duma zu prüfen. Die Organisation bat eigenen Angaben zufolge die syrische Regierung, die notwendigen Voraussetzungen für eine solche Reise zu schaffen. Wann das OPCW-Team aufbrechen soll, stehe aber noch nicht fest. Syrien und Russland laden Experten ein Die syrische Nachrichtenagentur Sana hatte zuvor bereits berichtet, Präsident Bashar al-Assad habe sich selbst für Untersuchungen der OPCW ausgesprochen und Mitarbeiter der Organisation eingeladen, nach Duma zu reisen. Auch Russland hatte sich dafür ausgesprochen, dass die OPCW die Vorwürfe über den Chemiewaffeneinsatz aufklärt. Die Organisation solle "endlich damit anfangen, die Funktionen auszuüben, für die sie geschaffen wurde", sagte Jewgeni Serberennikow vom Verteidigungsausschuss des Föderationsrats der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Syrien und sein Verbündeter Russland dementieren beide, dass in Duma Giftgas eingesetzt wurde. Hilfsorganisationen, die in der Rebellenhochburg aktiv sind, hatten am Samstag berichtet, eine Fassbombe mit Gas sei abgeworfen worden. Die sogenannten Weißhelme hatten von bis zu 150 Toten gesprochen, nun korrigierten sie die Zahlen jedoch stark nach unten auf mindestens 42 Todesopfer und rund 500 Verletzte. Die Vereinten Nationen sprechen derzeit von 49 Toten. Die syrische und die russische Regierung hatten die Berichte als "falsche Anschuldigungen" und gewollte Provokationen zurückgewiesen, mit denen die Rebellengruppen in Duma über die herben Rückschläge im Kampf um die Region Ost-Ghouta hinwegtäuschen wollten. Auch Macron erwägt militärisches Eingreifen Doch viele westliche Staaten machen Syrien und Russland für den möglichen Giftgaseinsatz verantwortlich. "Was wir glauben zu wissen ist, dass es eine Form von chemischer Waffe war, die bei diesem Angriff in Syrien eingesetzt wurde, und dass mindestens 85 Menschen getötet wurden, von denen wir bisher wissen", sagte US-Außenministeriumssprecherin Heather Nauert. Die USA wüssten, dass irgendeine Substanz benutzt wurde - "wir wissen nur noch nicht welche genau", sagte Nauert. Sie fügte hinzu: "Es ist klar, dass chemische Waffen benutzt wurden." US-Präsident Donald Trump hatte zuvor die "abscheuliche Tat" verurteilt und eine "harte Antwort" angekündigt. Wie diese aussehen soll, ließ die Regierung in Washington bislang offen - sie hatte jedoch auch militärische Schritte nicht ausgeschlossen. Trump sagte nun eine Reise nach Peru und Kolumbien ab, die am Ende der Woche angesetzt war. Er wolle in Washington bleiben, um die Reaktion der USA festzulegen. Rückhalt für ein mögliches militärisches Eingreifen erhielt Trump vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Er führte eventuell Angriffe auf "chemische Kapazitäten" an, betonte aber, dass eine Entscheidung erst in den nächsten Tagen fallen werde. Bereits in der Vergangenheit, etwa bei dem Einsatz von Giftgas im syrischen Chan Scheichun, hatte Macron Chemiewaffen als "rote Linie" bezeichnet - und ebenfalls mit militärischen Reaktionen gedroht. Russland schmettert neues Expertengremium ab Die USA hatten bei einer Sondersitzung des Sicherheitsrates der UN am Montagabend einen Resolutionsentwurf eingebracht, in dem sie fordern, eine neue Untersuchungskommission namens UNIMI einzusetzen. Das Gremium solle aufklären, wer in Syrien toxische Chemikalien wie Giftgas einsetze. Bislang lag solche Aufklärungsarbeit in den gemeinsamen Händen der OPCW und des zu den UN gehörenden Joint Investigative Mechanism (JIM). Deren Mandat lief jedoch im November aus: Russland hatte mit seinem Veto im Sicherheitsrat die Verlängerung verhindert. Und auch den Vorstoß für ein neues Expertengremium schmetterte Russland im UN-Sicherheitsrat mit seinem Veto ab. Der Entwurf der USA enthalte "einige inakzeptable Elemente", begründete der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja den Widerspruch. Syrische Armee in "höchster Alarmbereitschaft" Für viele Staaten, darunter Großbritannien und Deutschland, ist der Einsatz von Giftgas quasi erwiesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte erneut, dass "die Evidenz" für Chemiewaffen "sehr, sehr klar und sehr deutlich ist". "Es ist schon erschütternd, muss ich sagen, dass nach so vielen internationalen Diskussionen und Ächtungen immer wieder dort Chemiewaffen eingesetzt werden. Und davon müssen wir leider ausgehen", fügte Merkel hinzu und forderte die UN auf, diesbezüglich eine "sehr deutliche Sprache" zu sprechen. Die syrische Regierung versetzte unterdessen ihre Armee "in höchste Alarmbereitschaft", um auf eventuelle Angriffe - vor allem vonseiten der USA - reagieren zu können. Das berichtet die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehrere Stützpunkte in verschiedenen Landesteilen seien zudem angesichts möglicher Angriffe vorsorglich geräumt worden, berichtet die Beobachtungsstelle. "Die syrische Armee ist in voller Bereitschaft an allen Militärflughäfen, großen Stützpunkten in Damaskus und Außenbezirken, in Homs sowie in den Küstenregionen von Latakia und Tartus, aus Angst vor möglichen Angriffen der USA und anderer Staaten", sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.
/ausland/syrien-angriff-armee-103.html
2018-04-01
Reumütig, selbstbewusst und naiv
Zuckerberg vor US-Kongress
Seit Wochen gibt sich Facebook im Datenskandal reumütig. Bei seiner Aussage vor dem US-Kongress zeigte Chef Zuckerberg auch andere Seiten, darunter Ahnungslosigkeit bei kritischen Fragen. Von Dennis Horn.
Seit Wochen gibt sich Facebook im Datenskandal reumütig. Bei seiner Aussage vor dem US-Kongress zeigte Chef Zuckerberg auch andere Seiten, darunter Ahnungslosigkeit bei kritischen Fragen. Wenn es ernst wird, trägt Facebook-Chef Mark Zuckerberg Anzug. Und vor dem Handels- und Justizausschuss des US-Kongresses wurde es ernst: Zuckerberg stellte sich dort stundenlang den Fragen der Senatorinnen und Senatoren. Seine Strategie dabei offenbar: so viel Reue wie nötig. Der US-Kongress hatte Zuckerbergs Stellungnahme für die Anhörung schon am Montag öffentlich gemacht. Sie liest sich wie alle bisherigen Statements des Unternehmens zum Datenskandal: voll mit Entschuldigungen und der Einsicht, das Unternehmen habe seine Verantwortung nicht wahrgenommen. Facebook übernimmt Verantwortung Interessant war, wie sehr Zuckerberg diese Fehler an seine eigene Person band: "Es war mein Fehler, und es tut mir leid. Ich habe Facebook gestartet. Ich leite es und bin verantwortlich." Die eigene Naivität in den Vordergrund zu schieben, dürfte zur Krisenstrategie gehören: Immer wieder erwähnte Zuckerberg in der Anhörung, wie er sich die Facebook-Welt vor 14 Jahren im Studentenwohnheim vorgestellt habe. Die Mission hinter Facebook sei "idealistisch und optimistisch". Die Fehler auf sich zu beziehen und die zweite Reihe des Unternehmens nicht zu erwähnen, könnte Facebook auch in die Karten spielen, wenn es hart auf hart käme und Mark Zuckerberg seinen Posten räumen müsste. Vor allem die bisherige Geschäftsführerin Sheryl Sandberg wäre dann unbelastet. Um sie ist es im Datenskandal verhältnismäßig ruhig. Die zentrale Botschaft Zuckerbergs: Einen zweiten Fall wie den um Cambridge Analytica dürfe und werde es nicht geben. Auf die Fragen zu diesem Komplex wirkte Zuckerberg gut vorbereitet. Facebook habe schon jetzt eine Reihe von Maßnahmen getroffen und werde sie weiter durchführen. Künstliche Intelligenz als einfache Lösung? Eine Regulierung unterstütze er zwar "im Prinzip", so Zuckerberg, doch es müsse "die richtige Regulierung sein". Wenn es darum ging, scharfe Regeln zu vermeiden, war der Facebook-Chef selbstbewusst. Das galt auch für Momente, in denen Zuckerberg leicht genervt wirkte, weil er den wesentlich älteren Senatorinnen und Senatoren technische Grundlagen erklären musste. Nicht jede Frage zeugte von einem Grundverständnis, das für eine Befragung des Chefs eines Internetkonzerns nötig wäre. Besonders oft ging Zuckerberg auf die Rolle künstlicher intelligenter Systeme ein. Sie sollen in Zukunft dafür sorgen, problematische Inhalte von der Plattform zu verbannen. Facebook wolle sich nicht mehr allein auf Meldungen seiner Nutzer verlassen. Dass sich das Netzwerk damit neue Probleme schafft, erwähnte Zuckerberg nicht. Denn Maschinen, die mit automatisierten Filtersystemen überprüfen, was online zu sehen sein darf, wären ebenfalls gefährlich für den demokratischen Diskurs. Während der Anhörung blieb der Facebook-Chef oft im Ungefähren. Auf Fragen danach, welchen Weg die Daten nehmen, die Facebook speichert, antwortete Zuckerberg zum Beispiel, man habe über die Privatsphäre-Einstellungen die Kontrolle darüber, welche Menschen welche Inhalte sehen dürfen. Dass Facebook selbst trotzdem Zugriff auf alle Daten hat und sie zur Profilbildung nutzt - egal, ob sie öffentlich oder nur für die eigenen Freunde sichtbar sind - ließ er unerwähnt. Zuckerberg teils überraschend ahnungslos Bei einigen Fragen zeigte Zuckerberg eine überraschende Ahnungslosigkeit und kündigte immer wieder an, Informationen nach der Anhörung nachzuliefern. Das galt zum Beispiel für Fragen danach, welche Daten genau Cambridge Analytica in welcher Menge abgegriffen hat, oder wie Facebook seine Nutzerinnen und Nutzer über verschiedene Geräte hinweg verfolgt. Auch wie lange Daten im System bleiben, nachdem sie gelöscht wurden, konnte Zuckerberg nicht beantworten. Wirklich in die Enge trieben die Senatorinnen und Senatoren Zuckerberg allerdings nicht. Richtige Zugeständnisse machte er ebenfalls nicht. Je mehr Fragen gestellt wurden, desto mehr blieben am Ende offen - dazu gehört auch jene danach, welchen Effekt die Anhörung von Mark Zuckerberg am Ende haben wird.
/ausland/facebook-zuckerberg-us-kongress-101.html
2018-04-01
Weniger Acrylamid in Pommes & Co.
Neue EU-Verordnung
Acrylamid gilt als krebserregend und ist in Pommes, Chips und Backwaren enthalten. Um die Gefahr zu reduzieren, tritt nun eine EU-Verordnung in Kraft. Von Karin Bensch.
Acrylamid gilt als krebserregend und ist in Pommes frites, Chips und Backwaren enthalten. Um die Gefahr zu reduzieren, tritt nun eine EU-Verordnung in Kraft. Goldbraun und knusprig - so mögen viele Leute Pommes, Chips und Kekse am liebsten. Doch beim Frittieren, Rösten, Braten und Backen von Lebensmitteln, die viel Stärke enthalten, wie Kartoffeln und Getreidemehl, kann der gesundheitsgefährdende Stoff Acrylamid entstehen. Genau hier setzt die neue Verordnung an, die von heute an in der gesamten Europäischen Union gilt. Betroffen sind zum Beispiel Hersteller von Kartoffelprodukten, Brot und Feinbackwaren. Sie müssen sich nun an neue Vorschriften halten, um die Acrylamid-Werte ihrer Produkte zu senken. Dass die Unternehmen dies auch einhalten, sollen die Lebensmittelbehörden in den einzelnen EU-Ländern kontrollieren. Weniger Stärke in Kartoffeln "Ich halte die Verordnung für sinnvoll, weil wir ein echtes Gesundheitsproblem haben. Acrylamid ist in den Dosen, in denen viele Menschen, gerade junge Leute das zu sich nehmen, höchstwahrscheinlich krebserregend", sagt der CDU-Europapolitiker und Arzt Peter Liese. Damit die Richtwerte für Acrylamid eingehalten werden, sollen zum Beispiel die Hersteller von Pommes und Chips künftig Kartoffelsorten benutzen, die weniger Stärke enthalten. Darüber hinaus dürfen sie ihre Produkte nicht mehr so heiß und nicht mehr so lange frittieren oder rösten. Auch die richtige Lagerung der Kartoffeln ist wichtig, weil sie sonst mehr Zucker bilden, was die Bildung von Acrylamid begünstigt. Keine "Pommes-Polizei" Für Restaurants, Imbissbuden und Bäckereien sind die Vorgaben dagegen lockerer. Hier gelten lediglich Empfehlungen, wie die Nahrungsmittel zubereitet werden sollen, sagt Liese. "Aber es gibt eben keine konkreten Grenzwerte, wo man sagen kann, der Betrieb wird zugemacht oder es gibt hohe Strafen. Sondern da ist ein Prozess, dass man sich Schritt für Schritt an dieses Thema heranpirscht und versucht, das Acrylamid weiter zu reduzieren. Aber es gibt keine Pommes-Polizei", erklärt Liese. Dass es keine scharfen Grenzwerte gibt, bedauert der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling. Dennoch ist die neue Acrylamid-Verordnung auch seiner Ansicht nach ein Schritt in die richtige Richtung. "Es betrifft ja in erster Linie die großen Hersteller, also Chipsfabriken oder Pommesfabriken, nicht die kleinen Betriebe um die Ecke, die Pommes braten. Deshalb ist das richtig", so Häusling. Toast vergolden, nicht verkohlen Um sich gegen Acrylamid zu schützen, könne auch jeder selbst etwas zu Hause tun, sagt der CDU-Europaabgeordnete Liese: "Toast und Aufbackbrötchen vergolden, nicht verkohlen. Sie sollten nicht dunkelbraun sein, sondern goldgelb. Bei Pommes frites nicht mit 180 Grad frittieren, sondern mit 175 Grad. Dann reduziert man die Auswirkungen schon sehr stark. Wenn man sich daran halte, so meinen Fachleute, dann bleibt die Menge an Acrylamid in den Lebensmitteln ungefährlich und keiner müsse aus diesem Grund auf Pommes, Chips oder Kekse verzichten.
/ausland/acrylamid-verordnung-eu-101.html
2018-04-01
Brauchen wir die UN überhaupt?
#kurzerklärt
Zu träge, zu teuer, kaum handlungsfähig: Kritiker meinen, die Vereinten Nationen seien nicht effektiv genug. Warum wurden die UN überhaupt gegründet? Und brauchen wir sie noch? Von Alina Stiegler.
Zu träge, zu teuer, kaum handlungsfähig: Kritiker meinen, die Vereinten Nationen seien nicht effektiv genug. Warum wurden die UN überhaupt gegründet? Und brauchen wir sie noch?
/faktenfinder/vereinte-nationen-uno-101.html
2018-04-01
Neue Proteste gegen Regierung
Demonstrationen in der Slowakei
Erneut haben in der Slowakei mehrere Zehntausend Menschen gegen die Regierung demonstriert. Die Kabinettsumbildung geht ihnen nach dem Mord an dem Investigativjournalisten Kuciak nicht weit genug. mehr
Erneut haben in der Slowakei mehrere Zehntausend Menschen gegen die Regierung demonstriert. Die Kabinettsumbildung geht ihnen nach dem Mord an dem Investigativjournalisten Kuciak nicht weit genug. In einer weiteren Reaktion auf den Mord am Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten sind in der Slowakei erneut Zehntausende Menschen gegen die Regierung auf die Straße gegangen. Die Demonstranten forderten in der Hauptstadt Bratislava und zwei Dutzend anderen Städten des Landes eine gründliche und unabhängige Untersuchung der Bluttat vom 21. Februar. Kuciak hatte über Verbindungen einer italienischen Verbrecherorganisation bis in die Regierung recherchiert und in seinem letzten, unvollendeten Artikel auch Namen genannt. Nach Massenprotesten, die auf seine Ermordung und die seiner Verlobten Martina Kusnirova folgten, trat die Drei-Parteien-Regierung von Ministerpräsident Robert Fico zurück. Misstrauen gegenüber dem Polizeichef Staatspräsident Andrej Kiska vereidigte daraufhin im März ein neues Kabinett aus denselben drei Parteien. Es wird von Peter Pellegrini geführt, dem bisherigen Vizeministerpräsidenten. Viele Slowaken finden, dass die Veränderungen nicht weit genug gehen. Die Demonstranten äußerten insbesondere ihr Misstrauen gegenüber dem nationalen Polizeichef Tibor Gaspar und forderten seine Ablösung. Dafür sprach sich auch Staatspräsident Kiska aus.
/ausland/slowakei-demonstrationen-101.html
2018-04-01
Trump kündigt Raketenangriff an
Krieg in Syrien
US-Präsident Trump hat Russland via Twitter aufgefordert, sich auf einen Raketenangriff auf Syrien einzustellen. "Mach dich bereit Russland", twitterte er. Russland hatte zuvor bereits Vergeltung angekündigt. mehr
US-Präsident Trump hat Russland via Twitter aufgefordert, sich auf einen Raketenangriff auf Syrien einzustellen. "Mach dich bereit Russland", twitterte er. Russland hatte zuvor bereits Vergeltung angekündigt. Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien hat US-Präsident Donald Trump Russland damit gedroht, dass ein Militärschlag unmittelbar bevorstehe. "Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach' Dich bereit, Russland, denn sie werden kommen", schrieb Trump im Kurznachrichtendienst Twitter. Russia vows to shoot down any and all missiles fired at Syria. Get ready Russia, because they will be coming, nice and new and “smart!” You shouldn’t be partners with a Gas Killing Animal who kills his people and enjoys it! In einem weiteren Tweet bewertete er die Beziehungen zu Russland als schlechter als im Kalten Krieg. Dafür gebe es keinen Grund, schließlich brauche die russische Wirtschaft die Hilfe der USA, so Trump. Alle Nationen müssten zusammenarbeiten und das Wettrüsten beenden. Zuvor hatte Trump den möglichen Giftgasangriff als "abscheuliche Tat" verurteilt und eine "harte Antwort" angekündigt. Wie diese aussehen soll, ließ die Regierung in Washington bislang offen. Militärische Schritte schloss sie nicht aus. Eine geplante Reise nach Südamerika sagte Trump ab. Er wolle in Washington bleiben, um die Reaktion der USA festzulegen. Russland würde Abschussvorrichtungen angreifen Der russische Botschafter im Libanon hatte den USA mit Vergeltungsschlägen gedroht, sollten sie Syrien mit Raketen angreifen. Moskau ist im Bürgerkrieg ein enger Verbündeter der syrischen Regierung. "Wenn es einen Angriff der Amerikaner geben sollte, dann würden die Raketen abgeschossen", sagte Botschafter Alexander Sasypkin dem Hisbollah-Fernsehsender al-Manar. Es würden aber auch die Abschussvorrichtungen angegriffen, von denen aus die Raketen abgefeuert würden, sagte Sasypkin unter Berufung auf eine Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des russischen Armeechefs. Potenzielle Angriffsziele wären damit auch US-Kriegsschiffe in der Region, wenn von denen Marschflugkörper abgefeuert würden. Russland ermahnte die USA zur Vorsicht. Die Geschosse sollten in Richtung Terroristen und nicht auf rechtmäßige Regierungen fliegen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Der Einsatz "intelligenter Raketen" könne ein Versuch sein, Beweise für einen mutmaßlichen Angriff mit Chemiewaffen in Syrien zu zerstören. Syrien: "USA suchen Vorwand" Syriens Außenministerium wirft den USA laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens vor, mit Lügen einen Vorwand zu schaffen, um das Land ins Visier zu nehmen. Die Amerikaner sorgten gedankenlos für eine Eskalation. Überraschend sei das aber nicht. Bei dem gemeldeten Giftgaseinsatz auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghouta am Samstag sollen nach Angaben der Hilfsorganisation Weißhelme mindestens 42 Menschen getötet worden sein. Mehr als 500 Personen wurden demnach in Krankenhäusern behandelt. Frankreich prüft Einsatz in Syrien Unterstützung hatte Trump von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron bekommen. Angriffe auf "chemische Kapazitäten" in Syrien seien möglich, sagte Macron. Frankreich tausche sich mit Partnern aus, vor allem mit den USA und mit Großbritannien. "Wir werden unsere Entscheidung in den kommenden Tagen mitteilen." Auch mit Großbritanniens Premierministerin May hatte Trump telefoniert. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, dass "die Evidenz" für den Einsatz von Chemiewaffen "sehr, sehr klar und sehr deutlich ist". "Es ist schon erschütternd, dass nach so vielen internationalen Diskussionen und Ächtungen dort immer wieder Chemiewaffen eingesetzt werden.", so Merkel. Sie forderte die UN auf, diesbezüglich eine "sehr deutliche Sprache" zu sprechen.
/ausland/syrien-angriff-armee-109.html
2018-04-01
Viele Raketen, einige Widersprüche
Angriff auf Syrien
Etwa 100 Raketen haben amerikanische, britische und französische Schiffe und Flugzeuge auf Ziele in Syrien abgeschossen. War der Angriff effektiv? Und was wusste Russland vorab? tagesschau.de mit Antworten. mehr
Etwa 100 Raketen haben amerikanische, britische und französische Schiffe und Flugzeuge auf Ziele in Syrien abgeschossen. War der Angriff effektiv? Und was wusste Russland vorab? tagesschau.de mit Antworten. Was wurde angegriffen? In den frühen Morgenstunden haben die USA, Großbritannien und Frankreich gemeinsam mehrere Ziele in Syrien angegriffen. Die Regierungen in Washington und London sprachen jeweils von Präzisionsschlägen. Nach bestätigten Angaben wurde ein Forschungszentrum in Barsah, nördlich von Damaskus, sowie eine mutmaßliche Lagerstätte für chemische Waffen sowie eine Kommandoeinrichtung in Schien, westlich von Homs, bombardiert. Die französische Armee sprach ebenfalls von drei Zielen, bezeichnete diese allerdings als das Haupt-Forschungszentrum des Chemiewaffenprogramms sowie zwei wichtige Produktionsstätten. "Das Ziel ist einfach: das Regime daran hindern, erneut Chemiewaffen einzusetzen", machte die französische Verteidigungsministerin Florence Parly deutlich. US-Generalstabschef Joseph Dunford betonte, dass die Ziele so ausgewählt worden seien, dass russische Streitkräfte in Syrien nicht betroffen waren. Dies bestätigte die Regierung in Moskau. Die russischen Streitkräfte unterhalten in Tartus einen Marinestützpunkt und in Hmeimim einen Stützpunkt für die Luftwaffe. Außerdem sind Militärberater zusammen mit syrischen Verbänden eingesetzt. Wie wird der Angriff begründet? Am 7. April soll die syrische Armee in der Stadt Duma in der Region Ost-Ghouta Chemiewaffen gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt haben. Damit begründen die USA, Frankreich und Großbritannien ihren Angriff. Er verfüge über "verlässliche Informationen", dass die syrische Staatsführung hinter dem mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatz stecke, sagte Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian. Die Vereinten Nationen sprachen in Duma von mutmaßlich 49 Getöteten und Hunderten Verletzten. UN-Mitarbeiter in Syrien konnten die Berichte über einen Chemiewaffenangriff aber bislang nicht unabhängig bestätigen. Der freie Zugang für internationale Helfer oder Journalisten ist nicht möglich. Chemiewaffen-Experten der OPCW wollen ab heute vor Ort Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff beginnen. Dies soll trotz des Raketenangriffs weitergehen. Sie haben keinen Auftrag dafür, die Verantwortlichen zu ermitteln. Was wurde gegen die Ziele in Syrien eingesetzt? Nachdem die USA im vergangenen Jahr noch allein einen syrischen Luftwaffenstützpunkt mit Marschflugkörpern beschossen hatten, waren an diesem Angriff auch britische und französische Einheiten beteiligt. Un peu avant 3h du matin, une force maritime déployée en Méditerranée et un raid aérien parti de France en début de nuit ont tiré des missiles sur des objectifs stratégiques du programme chimique clandestin syrien. Un centre de recherche et des sites de production ont été visés. Nach russischen und syrischen Angaben sollen mehr als 100 Raketen gegen die Ziele in Syrien eingesetzt worden sein. Dies deckt sich mit Andeutungen des US-Militärs. Laut US-Verteidigungsminister James Mattis wurden etwa doppelt so viele Flugkörper abgefeuert wie vor einem Jahr - damals waren zwischen 50 und 60 "Tomahawks" gestartet worden. Neben Kriegsschiffen im Mittelmeer wurden dieses Mal auch vier britische "Tornado"-Kampfflugzeuge sowie französische "Mirage" und "Rafale"-Jets eingesetzt. Die USA feuerten nach eigenen Angaben von vierstrahligen B-1-Bombern Marschflugkörper ab. Waren die Angriffe effektiv? Das Chemiewaffen-Arsenal Syriens sei zum großen Teil zerstört worden - das teilte zumindest die französische Regierung mit. Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson lobte den Raketenangriff bereits als "sehr erfolgreich", ähnlich Äußerungen gibt es aus dem Pentagon. Die syrische Darstellung ist ganz anders. Die Luftverteidung habe die meisten Marschflugkörper abgeschossen, teilte ein Armeesprecher im staatlichen Fernsehen mit. Ein Geschoss habe das wissenschaftliche Forschungszentrum in Barse bei Damaskus getroffen und dabei ein Gebäude beschädigt. Die russische Armee macht noch genauere Angaben: 71 von 103 Raketen seien von den Syrern abgeschossen worden, die mit Abwehrsystem aus russischer Produktion ausgerüstet sind. Von den zwölf Marschflugkörpern, die auf einen Militärflughafen nahe Damaskus gezielt hätten, seien sogar alle abgeschossen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Russland hat moderne Flugabwehrsysteme zum Schutz der eigenen Basen in Syrien stationiert, die nach Angaben aus Moskau aber nicht eingesetzt wurden. Es seien keine Raketen der USA und ihrer Verbündeten in den "Verantwortungsbereich" der russischen Luftabwehr an den Stützpunkten Tartus und Hmeimim eingedrungen. Durch Radaranlagen am Boden und Aufklärungsflugzeuge mit ähnlichen Fähigkeiten wie die AWACS-Maschinen der NATO wird die russische Armee detailliert über die Situation informiert gewesen sein. Sowohl für die USA als auch für Russland ist die Effektivität der Angriffe eine Prestigefrage. US-Präsident Donald Trump hatte am Mittwoch in einem Tweet über die "neuen und intelligenten US-Raketen" geschwärmt und angedeutet, dass Russland diesen nicht gewachsen sein würde. Russia vows to shoot down any and all missiles fired at Syria. Get ready Russia, because they will be coming, nice and new and “smart!” You shouldn’t be partners with a Gas Killing Animal who kills his people and enjoys it! Die Effektivität der Angriffe ist auch deshalb zweifelhaft, weil die syrische Armee mehrere Tage Zeit hatte, sich darauf vorzubereiten. Es ist deshalb vorstellbar, dass wichtige Computer, Unterlagen und anderes Inventar aus dem Forschungszentrum entfernt wurde. Außerdem wurde die Luftabwehr in Alarmbereitschaft in versetzt. Was wusste Russland von den Angriffen? Es gibt widersprüchliche Aussagen darüber, ob Russland vorab über den Angriff informiert wurde. Frankreichs Verteidigungsministerin Parly betonte, ihr Land sei nicht auf Konfrontation aus, deshalb seien die Russen vor der Intervention gewarnt worden. Es soll auch ein Telefonat des französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin am Freitagabend stattgefunden haben. Dabei sollen nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters die Angriffe nicht angekündigt worden sein. Auch US-Generalstabschef Dunford betonte, die USA hätten den Angriff nicht mit Russland koordiniert. Es habe lediglich Kommunikation über den regulären Kanal zwischen dem russischen und amerikanischem Militär zur Vermeidung von Zwischenfällen gegeben. Details nannte er nicht. Gab es Tote und Verletzte? Nach syrischer Darstellung wurden in der Provinz Homs drei Zivilisten verletzt, Tote habe es keine gegeben. Alle eingesetzten Kampfflugzeuge sollen unbeschädigt zu ihren Basen zurückgekehrt sein. Wie reagierten andere Staaten auf die Angriffe? Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland, haben die Angriffe als angemessen bezeichnet. Auch die syrischen Nachbarstaaten Türkei und Israel begrüßten das Bombardement. Dagegen kam scharfe Kritik von der russischen und der iranischen Regierung, die enge Verbündete Syriens sind. Der russische Präsident Wladimir Putin forderte eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrates. Der Angriff der USA und ihrer Verbündeten werde die humanitäre Katastrophe in Syrien verschärfen, erklärte er. Die Regierung in Teheran verurteilte die Luft- und Raketenangriffe. Der Iran verurteile jeglichen Einsatz von chemischen Waffen. Das Thema hätte aber nicht als Vorwand für Angriffe auf einen Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen benutzt werden sollen, teilte das Außenministerium der Nachrichtenagentur Isna zufolge mit.
/ausland/syrien-luftangriffe-faq-101.html
2018-04-01
Zweiter Anlauf von "Reformer Macron"
Vor EU-Rede in Straßburg
Die EU-Vision von Frankreichs Präsident Macron wurde von vielen Politikern gelobt. Doch passiert ist wenig. Heute spricht Macron in Straßburg - wieder soll es um die EU gehen. Karin Bensch über die Erwartungen. mehr
Die EU-Vision von Frankreichs Präsident Macron wurde von vielen Politikern gelobt. Doch passiert ist wenig. Heute spricht Macron in Straßburg - wieder soll es um die EU gehen. Für Emmanuel Macron ist es eine Premiere und ein Heimspiel. Denn er wird heute zum ersten Mal vor dem Europaparlament in der französischen Stadt Straßburg eine Rede halten. Macrons Auftritt wird mit Spannung erwartet, denn viele Europaabgeordnete sehen in ihm noch immer einen Hoffnungsträger, der sich für ein modernes Europa und gegen Populismus und EU-Feindlichkeit stark macht. "Ich würde mir wünschen, dass Macron in seine Rede schwungvoll reingeht. Dass er mit Elan seine Reformvorschläge verteidigt", sagt Ska Keller, die Co-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament. In seiner Rede an der Pariser Sorbonne vor gut einem halben Jahr hatte der französische Präsident eine engere Zusammenarbeit in der Wirtschafts-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in Europa eingefordert. Sozial- und Steuersysteme sollten seiner Ansicht nach näher zusammenrücken. Es sollte künftig einen einheitlichen Mindestsatz für Unternehmensteuern geben. Und Macron sagte, er wolle ein europäisches Asylamt einführen, das die Verfahren beschleunigen und angleichen soll. Von hohem Reform-Tempo keine Spur Macron hat eine echte Vision für die Zukunft der EU, meint der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Als einer der ganz wenigen hochrangigen Politiker habe er grundlegende Vorschläge gemacht, wie die Europäische Union enger zusammenwachsen könne. Doch der französische Präsident erntet für seine  Reformvorschläge nicht nur Applaus. Seine Idee eines neuen Finanzministers, der für die 19 Länder zuständig sein soll, die den Euro als Währung haben, und sein Vorschlag eines eigenen Haushalts für die Eurozone stoßen bei vielen auf Widerstand - vor allem bei Abgeordneten von CDU und CSU im Europaparlament. Auch bei der geplanten Bankenunion sträubt sich Deutschland - besonders gegen eine gemeinsame Einlagensicherung. Im Juni will die Bundesregierung wieder in die Diskussion einsteigen, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel im März angekündigt. Von hohem Reform-Tempo also keine Spur. Merkel sieht bereits einen Fortschritt darin, dass der Euro-Rettungsschirm ESM nicht nur hin und wieder, sondern dauerhaft aufgespannt werden soll. "Ich glaube, dass wir schon einige strukturelle Ideen entwickeln konnten, gerade auch, dass der ESM umgebaut wird in eine neue Institution." Wunsch und Wirklichkeit Die Grünen im Europaparlament werfen der Bundesregierung Blockade-Politik vor. Union und SPD bremsten den Umbau der Euro-Zone und damit die Zukunft Europas. Wir brauchen dringend mehr Reformeifer in der Europäischen Union, fordert die Grünen-Politikerin Keller. Und genau dafür stehe Macron. Er könne klarmachen, dass es dringend Reformen brauche - "dass endlich mal was angegangen wird", hofft Keller. Echte Reformen gab es bislang nur wenige, wenn es ums große Geld ging. Und so wird Macron heute im Europaparlament in Straßburg wohl den Fortschritt und die Einheit Europas beschwören. Doch Wunsch und Wirklichkeit liegen hier noch weit auseinander.
/ausland/macron-eu-107.html
2018-04-01
Arbeiten in der Hochrisikozone
Entwicklungshilfe im Niger
Er wollte helfen - und wurde entführt. Im westafrikanischen Niger ist ein deutscher Entwicklungshelfer verschleppt worden. Solche Überfälle sind in diesem Gebiet ein Geschäft. Von Jens Borchers.
Er wollte helfen - und wurde entführt. Im westafrikanischen Niger ist ein deutscher Entwicklungshelfer verschleppt worden. Solche Überfälle sind in diesem Gebiet ein Geschäft. Nach der Entführung des deutschen Mitarbeiters der Hilfsorganisation HELP herrscht Ungewissheit. Wer den erfahrenen Mann gekidnappt haben könnte, muss jetzt der Krisenstab im Auswärtigen Amt herausfinden. Warum der Deutsche entführt wurde, das könnte schon offensichtlicher sein. Lori Théroux-Bénoni, Leiterin des Instituts für Sicherheitsstudien in Dakar, beschäftigt sich seit Jahren mit der Krisenregion Sahel. Entführungen und Lösegeld-Erpressung sind in diesem Gebiet ein Geschäft - und zwar ein kompliziertes: "Diejenigen, die Geiseln nehmen, sind nicht unbedingt auch diejenigen, die verhandeln und Forderungen stellen." Geiselnahmen und Lösegeld-Erpressungen seien in diesem Gebiet ein grenzüberschreitendes Geschäft, das zur organisierten, transnationalen Kriminalität gerechnet werden müsse. Hochgefährliches Grenzgebiet Im Oktober 2016 war ein US-amerikanischer Entwicklungshelfer in Niger entführt worden. Über sein Schicksal ist bis heute nichts öffentlich bekannt geworden. Im Nachbarland Mali hat es in den vergangenen Jahren ebenfalls Geiselnahmen gegeben. Das gesamte Grenzgebiet zwischen Niger, Mali und Burkina Faso ist eine Hochrisikozone. Immer wieder attackieren bewaffnete Gruppen dort Polizeistationen oder Militärposten. Im vergangenen Oktober wurden bei einem Feuergefecht im Westen von Niger vier US-Soldaten getötet. Bis heute ist nicht vollständig klar, in welcher Mission die Spezialkräfte der US-Armee genau unterwegs waren, als sie angegriffen und umgebracht wurden. Insgesamt sind etwa 800 US-Soldaten in Niger stationiert. Das begründet General Joseph Dunfort, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte, mit der Gefahr des sogenannten "Islamischen Staates": "Ich glaube, dass der "Islamische Staat" versuchen wird, außerhalb von Irak und Syrien ein neues Terrain zu finden, um sich dort einzurichten. Deshalb führen wir Operationen wie in Niger durch: Lokale Armeen sollen in die Lage versetzt werden, genau das zu verhindern." Dschihadismus nicht das einzige Problem Die US-Streitkräfte bilden Soldaten der nigrischen Armee aus - auch im Anti-Terrorkampf. Théroux-Bénoni meint, der Dschihadismus des IS oder von Al Kaida nahestehenden Gruppen ist nur eine Seite des Problems im Grenzgebiet von Niger, Mali und Burkina Faso: "Hinzu kommt transnationale Kriminalität. Hinzu kommen Konflikte innerhalb einzelner Bevölkerungsgruppen und Streitigkeiten zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Das alles vermischt sich miteinander.“ Und diese Mischung ist brandgefährlich. Regierung, Armee und Verwaltung der einzelnen Staaten der Region sind in den ausgedehnten Gebieten der Grenzregion nicht ausreichend präsent. Teilweise agieren sie auch in einer Weise, die die Bevölkerung in die Arme bewaffneter Gruppen treibt, die ihnen Schutz und wirtschaftliche Vorteile versprechen. Soldaten müssen Helfer schützen Das Gebiet ist dünn besiedelt, strukturschwach, wirtschaftlich arm, aber reich an Konfliktstoff. Rinaldo Depagne beobachtet die Region für die Denkfabrik International Crisis Group. Depagne war nicht überrascht, als er die Nachricht von der Entführung des Deutschen las: "Hilfsorganisationen können manchmal inoffizielle Absprachen mit bewaffneten Gruppen treffen, um Zugang zu bestimmten Gebieten zu bekommen. Manchmal geht das auch nicht." Mittlerweile würden viele Helfer nur noch mit Militäreskorten dorthin fahren. Es ist unklar, ob der deutsche Mitarbeiter der Hilfsorganisation HELP solchen Schutz hatte. Klar ist aber: In dieser Region können auch wohlmeinende Hilfsorganisationen schnell zwischen die Fronten geraten. Mit dramatischen Folgen.
/ausland/niger-entfuehrung-entwicklungshelfer-101.html
2018-04-01
Sieben Jahre Grauen
Chronologie des Syrien-Kriegs
Der Krieg in Syrien begann mit friedlichen Protesten. Daraus entwickelte sich ein Stellvertreterkrieg der regionalen Mächte im Nahen Osten, in den sich auch die USA und Russland ziehen ließen. mehr
Der Krieg in Syrien begann mit friedlichen Protesten. Daraus entwickelte sich ein Stellvertreterkrieg der regionalen Mächte im Nahen Osten, in den sich auch die USA und Russland ziehen ließen. 15. März 2011: Nach Tunesien, Ägypten und Libyen erreicht der arabische Frühling Syrien. Im Süden des Landes gehen die Menschen auf die Straße, wenig später auch in Damaskus. Die Regierung von Präsident Baschar al-Assad reagiert mit maximaler Härte. Sicherheitskräfte schießen scharf. Juni 2011: Oppositionelle bewaffnen sich und gründen gemeinsam mit desertierten Soldaten die "Freie Syrische Armee". In den folgenden Monaten liefern sich Armee und Oppositionelle erbitterte Kämpfe - vor allem in Stadtteilen von Homs nördlich von Damaskus. In der Handelsmetropole Aleppo bleibt es zu diesem Zeitpunkt ruhig. Erste Demonstrationen in Aleppo Februar 2012: Der UN-Sicherheitsrat diskutiert ein militärisches Eingreifen in Syrien. Doch die Resolution scheitert. Russland und China stimmen dagegen. Im selben Monat beginnen auch in Aleppo erste Demonstrationen. In der Hauptstadt Damaskus sind oppositionelle Kämpfer in einigen Außenbezirken aktiv. 21. August 2013: Bei einem Giftgasangriff nahe Damaskus sterben mehrere hundert Menschen. Nach russischer Vermittlung vernichtet die syrische Regierung ihre Chemiewaffen und verhindert so ein militärisches Eingreifen der USA. Teile der Stadt Aleppo werden inzwischen von bewaffneten Rebellen kontrolliert. Zur gleichen Zeit erobert die Terrormiliz des sogenannten "Islamischer Staat im Irak und in Syrien" (Isis) die Stadt Rakka. Später ändern die Dschihadisten ihren Namen in die verkürzte Form "Islamischer Staat" (IS). Russland greift in den Krieg ein September 2014: US-Präsident Obama beschließt, den sogenannten "Islamischen Staat" in Nordsyrien zu bombardieren. Zuvor hatten die USA bereits Stellungen des IS im Irak angegriffen, wo die Islamisten die Millionenmetropole Mosul erobert hatten. Die USA greifen damit erstmals offen in den syrischen Bürgerkrieg ein. September 2015: Russland greift an der Seite des syrischen Machthabers Assad in den Krieg ein. Vor allem die russische Luftwaffe unterstützt fortan Assad, verlorene Gebiete zurückzuerobern. November 2015: In Wien beschließt die Syrienkonferenz einen Friedensplan. Iran, Russland und die USA stimmen zu. Weitere Konferenzen folgen, bei denen Waffenruhen erst vereinbart und später gebrochen werden. Der Krieg in Syrien geht unvermindert weiter. Russland bombardiert Ziele in Nordsyrien. US-Raketen auf syrische Luftwaffenbasis 13. Dezember 2016: Die syrische Armee erobert mit Hilfe Russlands und des Iran das von Oppositionellen gehaltene Ost-Aleppo. Zehntausende Zivilisten fliehen. Die bewaffneten Gruppen - darunter auch islamistische Milizen - ziehen weiter in die Provinz Idlib, die noch immer von Oppositionellen kontrolliert wird. 23. Januar 2017: In Kasachstans Hauptstadt Astana halten Russland, die Türkei und der Iran eine Syrien-Konferenz ab. Das Ergebnis sind Waffenruhen für einzelne Gebiete, die in der Folge immer wieder gebrochen werden. 4. April 2017: Bei einem Luftangriff auf den nordsyrischen Ort Chan Scheichun sterben mindestens 70 Menschen. Experten zufolge wurde dabei der chemische Kampfstoff Sarin eingesetzt. Der Westen macht die Assad-Regierung dafür verantwortlich. Diese bestreitet eine Beteiligung. Als Reaktion auf den Vorfall feuert die US-Armee drei Tage später Tomahawk-Raketen auf eine syrische Luftwaffenbasis. "Islamischer Staat" verliert Rakka Oktober 2017: Die Terrormiliz IS verliert ihre inoffizielle Hauptstadt Rakka. Ein Verbund mit Unterstützung der USA und angeführt von kurdischen Kämpfern vertrieb die Islamisten aus ihrem Kerngebiet, in dem sie vier Jahre lang herrschten. In den folgenden Wochen verliert die Terrormiliz die Kontrolle in allen ihren nordsyrischen Städten. März 2018: Die türkische Armee erobert die nordsyrische Stadt Afrin. Dabei werden Erdogans Truppen von teils radikalen islamistischen Milizen unterstützt. Zehntausende Kurden müssen aus ihrer Heimat fliehen, die bis dahin eine der wenigen friedlichen Regionen Syriens war. 7. April 2018: Hilfsorganisationen berichten von einem Chlorgasangriff auf die Stadt Duma in Ost-Ghouta nahe Damaskus. Der Westen verdächtigt die syrische Regierung. Russische Militärs untersuchen den Ort und bezeichnen die Meldung als "Fake News". Seit Beginn des Syrien-Kriegs wurden mindestens 350.000 Menschen getötet. Millionen wurden zu Flüchtlingen. 14. April 2018: Nachdem US-Präsident Trump mit Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff gedroht hatte, bombardieren Briten, Franzosen und Amerikaner Ziele in Syrien. Nach Darstellung der Länder galten sie unter anderem einem Forschungszentrum in Damaskus und einem Chemiewaffenlager in Homs. Damit solle das Assad-Regime davon abgehalten werden, weiter Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen. Deutschland, Israel, die Türkei und die NATO begrüßten die Angriffe. Russland, der Iran und Syrien reagierten dagegen empört und warfen den USA Verbrechen und einen Bruch internationaler Regeln vor.
/ausland/chronologie-syrienkrieg-101.html
2018-04-01
"Wir müssen radikal und staatstragend sein"
Habeck zum Grünen-Programm
Weg von der reinen Öko-Partei hin zum "Vollsortiment": So stellt sich Parteichef Habeck die neuen Grünen vor. Im tagesschau.de-Interview erklärt er, wie das klappen soll und was das für das neue Grundsatzprogramm heißen könnte. mehr
Weg von der reinen Öko-Partei hin zum "Vollsortiment": So stellt sich Parteichef Habeck die neuen Grünen vor. Im tagesschau.de-Interview erklärt er, wie das klappen soll und was das für das neue Grundsatzprogramm heißen könnte. tagesschau.de: Die anderen Köpfe der Grünen-Spitze werden derzeit deutlich weniger wahrgenommen als Sie. Wie fühlt man sich als neuer grüner Shooting-Star? Robert Habeck: Das entspricht überhaupt nicht meiner Wahrnehmung. Gerade was Annalena Baerbock und mich betrifft arbeiten wir Hand und Hand. Wir konzentrieren uns auf die Arbeit und über alles andere mache ich mir keine Gedanken. "Wir spielen wirklich als Team" tagesschau.de: Trotzdem ist durch die personelle Erneuerung ja ein frischer Wind und eine Aufbruchstimmung in die Partei gekommen. Ist damit schon das Wichtigste geschafft, um die Grünen wieder nach vorne zu bringen? Habeck: Was wohl wirklich etwas anders ist und toll funktioniert, ist, dass Annalena und ich wirklich zusammen als Team spielen - ohne Flügeldebatten, dafür mit Vertrauen. Wir wollen es gemeinsam mit den Landesvorsitzenden und der Bundestagsfraktion schaffen, dass die Partei als Einheit wahrgenommen wird. tagesschau.de: Derzeit ist vielen Wählern nicht so ganz klar, wofür die Grünen stehen, auch was die politischen Konstellationen betrifft. Was bekommt man, wenn man grün wählt: Jamaika oder doch Rot-Rot-Grün? Habeck: Als Wähler weiß man tatsächlich im Moment nicht, welche Konstellation man bekommt, wenn man wählt. Das gilt aber für alle Parteien. Die SPD hat eine Große Koalition ausgeschlossen und ist dann doch da gelandet. Und die Lehre daraus ist, dass man sich die politische Landschaft nicht mehr in festen Blöcken Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün denken kann - Blöcke, die jeweils 40 Prozent ausmachen und um die unentschlossenen Wähler streiten, in der Hoffnung, es reicht dann für die absolute Mehrheit. Diese politische Welt des Kalten Krieges ist vorerst vorbei. Für uns bedeutet das umso stärker, ein klares eigenes Profil zu haben und gleichzeitig eine Bereitschaft zu signalisieren, dass man größere gesellschaftliche Verantwortung auf sich nimmt, als nur im eigenen Milieu zustimmungsfähig zu sein. Bei Jamaika hat man gesehen, wir sind bereit zu verhandeln. Aber das bedeutet nicht, sich im Kopf schon auf Bündnisse einzustellen und geschmeidig zu machen, sondern genau im Gegenteil: eigenständig und radikal ein eigenes Programm zu vertreten und dann zu schauen, wie man zueinander kommt. Bioethik, bewaffnete Konflikte, Hartz IV tagesschau.de: Warum braucht es jetzt ein neues Grundsatzprogramm? Welche Themen wollen Sie neu denken? Habeck: Das erste Grundsatzprogramm stammt aus der Zeit der Parteigründung 1980, das zweite aus dem Jahr 2002, wo angesichts der rot-grünen Regierung die Grundsätze aus Gründungstagen einem Realitätscheck unterzogen wurden. Heute haben wir eine neue Epoche, gerade was die globale und technische Entwicklung betrifft. Da steht es einfach an, den Kompass neu zu eichen. Beim Themenbereich Bioethik, Digitalisierung, Nanotechnologie hinken alle Parteien hinter der technischen Entwicklung her. Das sind lebensverändernde Techniken. Wo wir Grenzen setzen und wie die reguliert werden, ist politisch weitgehend undiskutiert. Zweitens haben wir in der Außen- und Sicherheitspolitik - beispielsweise in Syrien - die Situation, dass NATO-Partner sich bewaffnet gegenüberstehen. Darüber hinaus gibt es einen Konflikt zwischen atomaren Großmächten, der so real zu werden droht wie einst die Kuba-Krise. Was bedeutet es für Europa, wenn der amerikanische Schutzschirm wegfällt? Drittens sehen wir, dass auch der Kapitalismus digital wird und die klassischen Regulierungsmethoden nicht reichen, um die Macht von Digitalkonzernen wie Facebook und Google zu beschränken. Und auf der anderen Seite haben wir fast Vollbeschäftigung und dennoch Menschen, die - trotz Arbeit - in Armut leben, so dass wir auch das soziale Sicherungssystem und die Debatte um Hartz IV und das Grundeinkommen neu führen müssen. "Wir wollen uns nicht von der Angst leiten lassen" tagesschau.de: Beim Thema Gentechnik sind Sie in Ihrem Impulspapier für das neue Grundsatzprogramm von der früheren Anti-Haltung der Grünen abgerückt. Das ist bereits auf Widerstand in der Partei gestoßen. Haben Sie nicht Angst, grüne Stammwähler zu verprellen? Habeck: Wir wollen uns eben nicht von Angst leiten lassen. Das langweiligste aber sicherste wäre, wir würden einfach sagen, wir haben seit Jahrzehnten ein super Programm und es gibt überhaupt nichts zu diskutieren. Aber dann sind wir nur eine weitere Partei, die nicht auf Ballhöhe der Wirklichkeit ist. Und deshalb wimmelt es in dem Impulspapier, das der Bundesvorstand geschrieben hat, vor großen Fragezeichen. Da können sich überall Debatten entzünden. Gentechnik, wie wir sie kennen, mit massenweise Pestiziden und Oligopolen von Firmen, lehnen wir klar ab. Die Frage, die wir aufwerfen, ist eine andere: Der Klimawandel schreitet voran - und zwar im Kern durch das Verhalten und den Konsum des Westens. Ist es nicht westliche Hybris zu sagen, die Frage, wie sich Menschen in Regionen ohne Wasser oder mit versalzenen Böden durch den Meeresspiegelanstieg ernähren, lässt uns kalt? Ob die neuen Zuchtverfahren Gefahr oder Lösung sind, werden wir sehen. Und natürlich müssen wir Hunger auch besonders durch eine gerechtere Verteilung bekämpfen. Aber dass man die Fragen stellt, ist notwendig. Wir schreiben das Programm für die nächsten 20 Jahre. Unsere Politik muss jetzt 2040 vorbereiten. Und die Antworten, die wir 1980 gegeben haben sind nicht automatisch die Antworten von 2018. tagesschau.de: Seit das Thema Atomausstieg abgeräumt ist, sind die Grünen mit ihren Themen oft untergegangen. Das Soziale sehen die Wähler eher bei der SPD oder Linkspartei, Wirtschaftsthemen, innere Sicherheit und Flüchtlingspolitik bei der Union oder gar der AfD. Wie wollen Sie sich in Zukunft mehr Gehör verschaffen? Habeck: Indem wir gleichzeitig radikal und staatstragend sind. Wenn wir die Frage von Artenvielfalt und einer anderen Landwirtschaft lösen wollen, dann brauchen wir Regeln, die den Tieren mehr Platz geben und den Fleischkonsum insgesamt bremsen. Wir brauchen nicht bessere Menschen sondern eine andere Politik. Und auf der anderen Seite dürfen wir aber nicht aus dem Blick verlieren, dass die Bauern von diesem System leben. Einfach nur etwas wegnehmen, reicht nicht. Sondern man muss kompromissfähig sein und die Betroffenen zu Partnern machen. "Wir sind keine Öko-App, die man sich zusätzlich drauflädt" tagesschau.de: Was wird der neue grüne Markenkern? Habeck: Vollsortiment statt Nischenauslage. Wir sind nicht mehr eine Öko-App, die man sich einfach auf die Software draufladen kann. Sondern der Anspruch ist, ein eigenes Programm aufzulegen, das in sich stimmig ist, optimistisch, zukunftsversessen und leidenschaftlich: Wenn wir die ökologische Frage beantworten, müssen wir die soziale Dimension mitdenken. Wenn wir über sozialen Zusammenhalt reden, müssen wir die Auswirkungen unseres Lebensstils auf die Menschen außerhalb Europas mitdenken. Und in dem Sinne soll ein öko-soziales Programm entstehen, das im linksliberalen Spektrum die Lücke schließt, die die SPD in der Großen Koalition und die Linkspartei wegen ihrer nationalen Orientierung lässt. Das Interview führte Sandra Stalinski, tagesschau.de
/inland/interview-habeck-101.html
2018-04-01
Wie die Gewalt in Gaza eskalierte
Chronologie der Proteste
Erneut wollen Palästinenser heute an der Grenze zwischen Gazastreifen und Israel demonstrieren. Seit Beginn der Proteste kamen viele Menschen ums Leben. Benjamin Hammer zeichnet nach, wie die Gewalt eskalierte. mehr
Erneut wollen Palästinenser heute an der Grenze zwischen Gazastreifen und Israel demonstrieren. Seit Beginn der Proteste kamen viele Menschen ums Leben. Eine Chronologie, wie die Gewalt eskalierte. 17. Februar: Am Grenzzaun zwischen dem Gazastreifen und Israel explodiert ein Sprengsatz gezündet von militanten Palästinensern. Vier israelische Soldaten werden verletzt, zwei davon schwer. Sie werden mit Helikoptern ins Krankenhaus geflogen. Israel reagiert mit Luftangriffen auf Stellungen der Hamas im Gazastreifen. 25. Februar: Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge und ihre Nachkommen teilt mit, dass es schon in wenigen Wochen im Gazastreifen zu einer Hungersnot kommen könnte. Zuvor hatten die USA einen Großteil ihrer Zahlungen an das Hilfswerk eingestellt, weil sie die Palästinenser zu Verhandlungen mit den Israelis drängen wollten. Das UN-Hilfswerk versorgt im Gazastreifen mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Später heißt es: Die Versorgung ist bis zum Juli vorerst gesichert. Versöhnungsprozess zwischen Fatah und Hamas beendet 13. März: Der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah fährt vom Westjordanland in den Gazastreifen. Dort explodiert neben seinem Autokonvoi ein Sprengsatz. Hamdallah bleibt unverletzt. Die Fatah-Partei, der der Premierminister angehört, macht die Hamas für den Anschlag verantwortlich. Die islamistische Organisation kontrolliert den Gazastreifen. Der Versöhnungsprozess zwischen den rivalisierenden Parteien Hamas und Fatah ist nun endgültig beendet. 18. März: Am Grenzzaun zwischen dem Gazastreifen und Israel explodieren erneut Sprengsätze. Niemand wird verletzt. Die israelische Armee fliegt daraufhin Luftangriffe und zerstört eine Tunnelanlage der Hamas. In den folgenden Tagen gelingt es mehreren Palästinensern, durch den Grenzzaun nach Israel zu gelangen. Mitte März: Palästinenser im Gazastreifen kündigen eine große Demonstration an der Grenze zu Israel an. Nach Aussage des Organisators, Imad Salim, wollen sie damit ein Recht auf Rückkehr in Gebiete des heutigen Israels einfordern. Viele palästinensische Familien im Gazastreifen stammen aus der Region. Israel lehnt eine Rückkehr ab. Die Organisatoren der Proteste versprechen, dass sie friedlich demonstrieren werden. Durch Schüsse getötet 30. März: Rund 30.000 Palästinenser ziehen an die Grenze zwischen Gaza und Israel. Viele bleiben im Hintergrund und demonstrieren friedlich. Andere laufen direkt an den Grenzzaun. Sie werfen mit Brandsätzen und schleudern Steine. Nach Angaben der israelischen Armee nutzen sie vereinzelt auch Schusswaffen. Die Armee setzt Tränengas, aber auch scharfe Munition ein. Nach palästinensischen Angaben werden 16 Palästinenser getötet und hunderte Verletzt. Später steigen diese Zahlen an. 6. April: Erneut kommt es zu Zusammenstößen am Grenzzaun zwischen Gazastreifen und Israel. Die israelische Armee erschießt neun Palästinenser. 9. April: Israels Premier Benjamin Netanyahu sagt: "Wenn dir jemand schaden will, musst du ihm zuvorkommen und ihm schaden." Netanyahu bezieht sich auf den Gazastreifen. Doch am gleichen Tag gab es einen Luftangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt. Dass Israel dafür verantwortlich sei, bestätigt Netanyahu nicht. Beobachter halten dies jedoch für sehr wahrscheinlich.
/ausland/gaza-chronologie-101.html
2018-04-01
Ex-FBI-Chef vergleicht Trump mit Mafia-Boss
Comey veröffentlicht Buch
Ex-FBI-Chef Comey vergleicht US-Präsident Trump in einem neuen Buch mit einem Mafia-Boss. Trump fordere absolute Loyalität, sehe die ganze Welt gegen sich und lüge in jeder Hinsicht, schreibt er. mehr
Ex-FBI-Chef Comey vergleicht US-Präsident Trump in einem neuen Buch mit einem Mafia-Boss. Trump fordere absolute Loyalität, sehe die ganze Welt gegen sich und lüge in jeder Hinsicht, schreibt er. Der von Donald Trump gefeuerte Ex-FBI-Chef James Comey enthüllt in einem neuen Buch erstmals in der Öffentlichkeit Details über seine Begegnungen mit dem US-Präsidenten. Dabei vergleicht er ihn mit einem Mafia-Boss. Trump sei "unethisch, und nicht an die Wahrheit und institutionelle Werte gebunden", zitierten US-Medien vorab. Trumps Führungsstil beruhe auf Tauschhandel, sei von seinem Ego getrieben und es gehe ihm um persönliche Loyalität, schrieb der ehemalige Chef der US-Bundespolizei in dem Buch "A Higher Loyalty: Truth, Lies and Leadership" (deutscher Titel: "Größer als das Amt: Auf der Suche nach der Wahrheit - der Ex-FBI-Direktor klagt an"). Am Dienstag kommender Woche soll es in den USA erscheinen. Vernichtendes Bild vom Weißen Haus Comey zeichnet ein vernichtendes Bild vom Weißen Haus unter Trump. Der Präsident lebe in einem "Kokon einer alternativen Realität". Er habe sich an die Mafia erinnert gefühlt, zitierte ihn der Sender CNN. "Der Boss hat absolute Kontrolle. Die Treueschwüre. Die Wir-gegen-sie-Weltsicht. Das Lügen über alle Dinge, groß und klein, im Dienst eines Loyalitätskodexes, der die Organisation über die Moral und die Wahrheit stellt." Trump sehe die ganze Welt gegen sich, so Comey. Der US-Präsident sei ein Rüpel, der versucht habe, Ermittler wie ihn zu bedrängen und Ermittlungen zu beeinflussen. Mögliche Begegnungen mit Prostituierten Trump hatte Comey im Mai 2017 entlassen. Eine Folge dieser Entlassung war die Einsetzung von Sonderermittler Robert Mueller, der Vorwürfe um russische Einmischung in die US-Wahl 2016 und Zusammenarbeit des Trump-Lagers mit Moskau untersucht. Comey berichtet unter anderem über Gespräche zu einem Dossier eines britischen Agenten. Darin werden Anschuldigungen über Begegnungen Trumps mit Prostituierten in Russland erhoben. Trump habe diese Behauptungen entschieden zurückgewiesen und gesagt, diese verletzten seine Frau Melania. "Können Sie sich das vorstellen? Ich, Nutten?", habe Trump den Aufzeichnungen Comeys zufolge gefragt.
/ausland/comey-trump-107.html
2018-04-01
Kriegserklärung via Twitter?
US-Präsident Trump
Die Tweets des US-Präsidenten sorgen erneut für Beunruhigung: Kann Trump via Twitter einen Krieg erklären? Welche rechtlichen Schranken gibt es? Und welche Macht haben Berater und Minister? Von Silvia Stöber.
Die Tweets des US-Präsidenten sorgen erneut für Beunruhigung: Kann Trump via Twitter einen Krieg erklären? Welche rechtlichen Schranken gibt es? Und welche Macht haben Berater und Minister? Es war ein Tweet, der an die Führung in Moskau adressiert war: "Halte Dich bereit Russland, denn sie werden kommen, hübsch, neu und intelligent", schrieb Donald Trump. Diese Worte inmitten der angespannten Situation in Syrien ließen erneut die Alarmglocken läuten. https://twitter.com/realDonaldTrump/status/984022625440747520 Aber kann der US-Präsident per Twitter einen Krieg erklären? Gibt es keine Möglichkeit für andere Institutionen, den Staats- und Regierungschef der USA bei solchen riskanten Entscheidungen aufzuhalten? Grundsätzlich hat der US-Präsident einen großen Spielraum. Er gestaltet die Außen- und Sicherheitspolitik. Der zweite Artikel der Verfassung erklärt ihn zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Armee und der Flotte der Vereinigten Staaten und der Miliz der Einzelstaaten, wenn diese zur aktiven Dienstleistung für die Vereinigten Staaten aufgerufen wird; [...] Eine Kriegserklärung obliegt allerdings dem Kongress. Eine formale Kriegserklärung habe es jedoch seit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben, trotz zahlreicher Einsätze militärischer Gewalt - teils mit Zustimmung des Kongresses, wie Johannes Thimm von der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärt. Schranken ohne große Wirkung Der "War Powers Act", der nach dem Vietnam-Krieg 1973 verabschiedet wurde, soll dem Präsidenten Schranken auferlegen, falls er ohne Zustimmung des Kongresses einen Einsatz in einem Kriegsgebiet befehlen will. Demnach kann der Präsident nur in einem Notfall für 60 Tage Kampftruppen entsenden, ohne ein Mandat oder eine Kriegserklärung vom Kongress erwirkt zu haben. Diese Zeitspanne kann auf maximal 90 Tage ausgedehnt werden. Überschreitet der Präsident die Fristen, haben die Abgeordneten allerdings keine Sanktionsmöglichkeiten gegen ihn, außer über die Nichtgewährung von finanziellen Mitteln, da sie über das Staatsbudget bestimmen. Weitgehende Ermächtigung Ansonsten kann der Präsident Truppen ins Ausland entsenden, wenn der Kongress ihn per Resolution dazu autorisiert hat. Eine solche "Ermächtigung zum Einsatz militärischer Gewalt" erteilten die Abgeordneten mit überwältigender Mehrheit nach dem 11. September 2001 dem damaligen Präsidenten George W. Bush. Diese "Joint Resolution" erlaubten Vergeltungsschläge gegen "Staaten, Organisationen und Personen", die an der Planung und Durchführung der Terrorattacken beteiligt waren oder die solche Organisationen und Personen beherbergten. Dies war die Grundlage für den Einsatz gegen Al Kaida und ihre Unterstützer, die Taliban in Afghanistan. Eine weite Auslegung der "Beherbergung" von Personen und Organisationen diente in den vergangenen Jahren als Basis weiterer Einsätze. Die Regierung von Barack Obama ordnete beispielsweise die Terrormiliz "Islamischer Staat" als Verbündeten von Al Kaida ein, um gegen sie vorgehen zu können. Sie versuchte dann 2015, die Ermächtigung für den Kampf gegen Al Kaida durch eine neue, auf den IS zugeschnittene, zu ersetzen. Allerdings ohne Erfolg. "Joint Resolution" gilt weiter Nach dem Einsatz von Chemiewaffen im Jahr 2013, der nach Obamas Worten eine rote Linie überschritten hatte, bat der Demokrat den Kongress um eine Autorisierung für einen Militäreinsatz in Syrien - in dem Wissen allerdings, dass die Abgeordneten nicht zustimmen würden. Im vergangenen Herbst schlugen Abgeordnete von Republikanern und Demokraten beider Parlamentskammern vor, die "Joint Resolution" aufzuheben und eine neue zu verabschieden. Sie scheiterten jedoch. Daher kann Trump mit einer breiten Auslegung der Resolution von 2001 weiterhin Einsatzbefehle für Kriegsgebiete erteilen. "Der Kongress hat im Vorfeld eines Militärschlags keine Handhabe gegen Trump", sagt der Amerika-Experte Thimm. Schnelles Handeln bei Atomraketen Auch über den Einsatz von Atomraketen entscheidet der Präsident. Das während des Kalten Krieges entwickelte Procedere ist auf die Notwendigkeit schnellen Handelns innerhalb weniger Minuten ausgerichtet. Der Aktenkoffer mit Gebrauchsanleitung und Angriffszielen befindet sich immer in der Nähe des Präsidenten. Im Falle einer Entscheidung über einen Nukleareinsatz berät sich der Präsident mit dem Verteidigungsminister und dem Generalstab. Doch ein Veto gegen seinen Befehl können sie nicht einlegen. Bereits im Wahlkampf löste die Vorstellung, dass Trump unbeschränkte Befehlsgewalt über die Nuklearwaffen erlangen könnte, Debatten aus. Im vergangenen November diskutierten Senatoren in einer Sitzung, geleitet vom Republikaner Bob Corker, über die Befugnis des Präsidenten über die Nuklearwaffen - zum ersten Mal seit Jahrzehnten. Keine Befehlsverweigerung vorgesehen Wenige Tage später äußerte sich der für die US-Atomwaffen zuständige General bei einer internationalen Konferenz. John Hyten erklärte, er würde sich einem illegalen Befehl widersetzen. Er verwies darauf, dass die Ausführung eines gesetzeswidrigen Befehls eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen könne. Sollte Trump ihm ein solches Kommando erteilen, würde er dies dem Präsidenten vor Augen führen und ihm Optionen erläutern, sagte Hyten. Aus Hytens Aussagen wird deutlich, dass er den Präsidenten überzeugen müsste. Befehlsverweigerung sei aber nicht vorgesehen, betont der US-Experte Thimm. Er verweist in diesem Kontext auf den Raketenangriff auf Syrien nach dem Giftgas-Einsatz in Chan Scheichun vor einem Jahr. Dies sei offensichtlich eine umsichtig geplante und keine spontane Aktion gewesen: Das russische Militär war im Vorfeld informiert worden, um eine Eskalation zwischen den Großmächten zu verhindern. Das bombardierte Flugfeld war leer und der angerichtete Schaden nach kurzer Zeit behoben. So blieb es bei einem symbolischen Akt ohne schwere Nachwirkung. Kommunikation im Vorfeld entscheidend In den vergangenen Tagen verdeutlichen Vertreter Moskaus, dass sie ihre Reaktion auf einen möglichen US-Angriff in Syrien auf den Umfang, das Ziel und die Kommunikation im Vorfeld abstimmen würden. So hängt alles davon ab, ob die Berater und Minister von Trump auf abgewogene Entscheidungen setzen und den Präsidenten davon überzeugen können.
/faktenfinder/trump-syrien-105.html
2018-04-01
EU drängt Zuckerberg zur Aussage
Facebook-Datenaffäre
EU-Justizkommissarin Jourova hat Facebook aufgefordert, in der Datenaffäre vollständig mit EU-Ermittlern zusammenzuarbeiten. Sie erwarte auch, dass Konzernchef Zuckerberg persönlich in der EU aussage. Von Karin Bensch.
EU-Justizkommissarin Jourova hat Facebook aufgefordert, in der Datenaffäre vollständig mit EU-Ermittlern zusammenzuarbeiten. Sie erwarte auch, dass Konzernchef Zuckerberg persönlich in der EU aussage. Etwa eine halbe Stunde lang haben sie gestern Abend miteinander telefoniert. EU-Justizkommissarin Vera Jourova und Sheryl Sandberg, die Geschäftsführerin von Facebook. "Ich habe ihr empfohlen, dass Herr Zuckerberg die Einladung des Europäischen Parlaments annehmen soll", sagte die Justizkommissarin im Interview mit dem ARD-Studio Brüssel. "Selbstverständlich haben wir die Debatte im US-Kongress verfolgt, aber ich fand die Fragen ziemlich amerikanisch, wir haben unsere eigenen, europäischen Fragen an ihn", so Jourova. "Ich denke, die Sache ist es wert" Facebook müsse dringend Vertrauen in Europa erneuern. Man habe nicht nur ein starkes Interesse, sondern auch das Recht persönlich von Mark Zuckerberg zu hören, was den 2,7 Millionen betroffenen Europäern tatsächlich passiert sei, so Jourova. "Ich denke, die Sache ist es wert, dass er sich ein Flugticket kauft und nach Europa kommt." Doch wird der Gründer und Vorstandsvorsitzende von Facebook tatsächlich in seinen Privatjet steigen und nach Europa fliegen? Im Telefonat wollte die Geschäftsführerin nicht bestätigten, ob oder wann er kommen wird. Der Justizkommissarin sei es aber ziemlich wichtig gewesen, die Forderung zu stellen.  Beeinflussung beim Brexit? Nicht nur die EU-Kommission, auch zahlreiche Abgeordnete des Europaparlaments, machen viel öffentlich Druck auf Facebook, um den Konzern zu Zugeständnissen zu bewegen. Brüssel interessiert zum Beispiel sehr, ob der Datenskandal Einfluss auf das Brexit-Referendum hatte. "Ich habe die Facebook-Geschäftsführerin gedrängt, unbedingt mit den britischen Ermittlern zusammenzuarbeiten. Wir erwarten, dass der Konzern dort auf höchster Ebene kooperiert, und diese Aufforderung scheint Frau Sandberg verstanden zu haben", sagte Jourova. Einen Albtraum nennt Jourova die Vorstellung, dass Bürger von jemanden manipuliert würden, der all ihre privaten Daten kenne. Sie persönlich habe ihr halbes Leben unter der Herrschaft eines totalitären Regimes verbracht, mahnt die tschechische EU-Kommissarin. Freie Meinungsbildung im Vorfeld politischer Wahlen sei ein hohes Gut und dürfe nicht gefährdet werden. Zwar seien Tech-Unternehmen und totalitäre Regime nicht dasselbe, Gemeinsamkeiten gebe es ihrer Ansicht nach aber doch. Facebook nicht allein Im Skandal um illegal weiterverkaufte Nutzerdaten an politische Meinungsmacher steht bisher allein Facebook im Mittelpunkt. Dabei hat es sein Geschäftsmodell längst nicht mehr exklusiv: Auch Google, Twitter und andere Konzerne erstellen präzise Profile von Internetnutzern, ihren Gewohnheiten, Interessen und Vorlieben. So können sie Werbetreibenden den Zugang zu exakt zugeschnittenen Zielgruppen anbieten. Die Fehler von Facebook bis hin zu Gesetzesverstößen könnten deshalb auch andere Unternehmen begangen haben, meint die EU-Kommissarin. Facebook hat inzwischen angekündigt, auf seiner Plattform politische Werbung und deren Absender deutlich zu kennzeichnen. Außerdem werde das Netzwerk Teile der vergleichsweise strikten neuen Europäischen Datenschutzregeln weltweit anwenden. Solche Maßnahmen könnte auch die Konkurrenz ergreifen, erwartet die EU-Kommission. Dafür entscheidend seien die rechtlichen Rahmenbedingungen in den EU-Ländern. Wo diese nicht ausreichen, müsse nachgebessert werden. Volle Kontrolle über die Verwendung der eigenen Daten - ein großes Versprechen der EU, das durch den Fall Facebook nun erst recht Gewicht bekommen hat.
/ausland/jourova-zuckerberg-101.html
2018-04-01
Nur ein Warnschuss?
US-Luftangriff in Syrien
Experten sehen in dem US-Luftangriff in Syrien eine "Kehrtwende" in der Syrien-Politik des US-Präsidenten und eine "spontane Strafaktion" nach dem Giftgaseinsatz. Unklar sei, wie Trump nun weiter in Syrien verfahren will und ob jetzt eine Eskalation mit Russland zu erwarten ist. mehr
Experten sehen in dem US-Luftangriff in Syrien eine "Kehrtwende" in der Syrien-Politik des US-Präsidenten und eine "spontane Strafaktion" nach dem Giftgaseinsatz. Unklar sei, wie Trump nun weiter in Syrien verfahren will und ob jetzt eine Eskalation mit Russland zu erwarten ist. Der US-Luftangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt kam für Beobachter überraschend: Sie sehen darin eine komplette Kehrtwende der Syrien-Politik von US-Präsident Trump. Die Bilder von versehrten Kindern nach dem Giftgas-Angriff in der Region Idlib hätten Trump nach eigenen Angaben zum kompletten Umdenken bewegt, berichtet die Washington-Korrespondentin der ARD, Sandra Ratzow. Bislang konnte Assad der Chemiewaffeneinsatz nicht nachgewiesen werden. "Dennoch hatte Trump wohl das Gefühl, dass er jetzt in Syrien handeln muss", so Ratzow. Der Angriff auf die Militärbasis sei nun als Warnschuss zu verstehen. Der US-Präsident wolle damit ein Zeichen an Assad senden. NDR-Militärexperte Andreas Flocken sieht in der Kehrtwende "eine relativ schnelle und spontane Strafaktion". Trump wolle zeigen, dass er reagiert - nicht nur gegenüber Assad, auch nach innen. Dieses spontane Vorgehen Trumps bewertet der Politikwissenschaftler Michael Lüders sehr kritisch: "Trump öffnet damit die Büchse der Pandora." Denn in Syrien werde ein Stellvertreterkrieg zwischen den USA, den westlichen Staaten und den Golf-Staaten auf der einen Seite und Russland, Iran und China auf der anderen Seite geführt, sagte der Nahostexperte im Gespräch mit NDR Info. Ein solcher Angriff könne deshalb sehr schnell eskalieren. "Es besteht die Gefahr, dass die beiden Nuklearmächte USA und Russland in Syrien in eine ernsthafte Konfrontation geraten", warnt Lüders. Keine weitergehende Strategie Vieles spricht aus Sicht der Experten dafür, dass es Trump bei diesem einen Angriff belassen könnte. Denn laut Militärexperte Flocken war der Militärschlag mit Bedacht gewählt: "Es ist ein Luftwaffenstützpunkt angegriffen worden, von dem aus die Flugzeuge gestartet sein sollen, die Chemiewaffen abgefeuert haben sollen." Zudem hätten die USA bewusst auf Marschflugkörper gesetzt, die als zielgenau und aus militärischer Sicht sehr zuverlässig gelten. Wie Trump nun weiter in Syrien verfahren will, ist nicht klar. "Ihm fehlt die Strategie", so USA-Korrespondentin Ratzow. Dabei sei es ein risikoreicher Angriff gewesen. Denn sollte der Vergeltungsschlag verpuffen, könnten die USA bald zu weiteren militärischen Schritten gezwungen sein. Es sei auch möglich, dass der IS eine Schwäche des syrischen Regimes nutze, um die Vormacht in der Region zu erhalten. Politische Lösung oder Eskalation? Das weitere Vorgehen hängt aus Sicht von Militärexperte Flocken vor allem von der Reaktion Russlands ab. Schließlich habe sich Assad bisher sicher fühlen können, weil von Seiten der USA nichts passierte. Flocken rechnet damit, dass Russland Druck auf Assad hinter den Kulissen ausüben werde. "Denn Russland kann kein Interesse an einer weiteren Eskalation des Konfliktes und an einer Konfrontation mit den USA in Syrien haben." Insofern hält es Flocken nun für denkbar, "dass eine politische Lösung einen Impuls durch die Militärintervention erhalten könnte". Nahostexperte Lüders ist dabei deutlich pessimistischer: Der Giftgasangriff diene den USA "als Anlass, die amerikanischen Machtinteressen in Syrien zu unterstreichen". Es gehe den USA darum, "Russland und den Iran klein zu halten und Syrien ist das Schlachtfeld, wo dieser Kampf ausgetragen wird", so Lüders. Entscheidend sei nun, wie sich die anderen NATO-Staaten - und auch Deutschland - verhalten: "Letztendlich hoffe ich, dass es genügend politische und militärische Akteure in der NATO und in Europa gibt, die erkennen, dass Syrien ein brandgefährlicher Krisenherd ist und dass man hier die Eskalation vermeiden sollte."
/ausland/syrien-angriff-107.html
2018-04-01
Weniger Macht den Handelskonzernen?
EU will Landwirte schützen
Nachträglich geänderte Verträge, Last-Minute-Stornierungen: Landwirte in der EU klagen über unfaire Geschäftspraktiken großer Handelskonzerne. Jetzt schreitet die EU-Kommission ein. Von Pascal Lechler.
Nachträglich geänderte Verträge, Last-Minute-Stornierungen: Landwirte in der EU klagen über unfaire Geschäftspraktiken großer Handelskonzerne. Jetzt schreitet die EU-Kommission ein. Schutz vor unfairen Handelspraktiken - das soll der neue Gesetzesentwurf von EU-Agrarkommissar Phil Hogan garantieren. "Bei diesem Vorschlag geht es ganz grundsätzlich um Fairness und darum, wie die EU-Kommission auf Probleme reagiert, die die EU-Bürger alltäglich erleben", so Hogan. 20 EU-Staaten haben bereits mit nationalen Gesetzen auf unfaire Praktiken im Lebensmittelhandel reagiert. Jetzt legt die EU-Kommission nach. Sie will garantieren, dass in Spanien, Rumänien oder auch in Deutschland für alle die gleichen Bedingungen gelten. Landwirte als schwächstes Glied Vor allem zwei Gruppierungen sollen durch Hogans Neuregelung entlastet werden: Das sind die Bauern und die kleinen und mittleren Nahrungsmittelhersteller. "Mit dem heutigen Vorschlag wollen wir das schwächste Glied in der Kette besser schützen", so Hogan. Die Nahrungskette insgesamt solle gestärkt werden, "denn eine Kette ist sprichwörtlich nur so stark wie ihr schwächstes Glied." Künftig soll es nicht mehr möglich sein, dass große Supermärkte - in Deutschland vor allem die großen Discounter - ihre Marktmacht ausspielen und so Lieferanten wie Bauern unter Druck setzen. "Ist es beispielsweise gerecht, dass große Abnehmer offene Rechnungen vor allem kleiner Lieferanten monatelang nicht bezahlen? Das ist nicht fair und muss ein Ende haben. Ist es gerecht, dass Bauern große Mengen an Waren an Supermärkte liefern, um im letzten Moment zu erfahren, dass die Hälfte davon gar nicht gebraucht wird?" Einzelhändler in der Pflicht Diese Liste der unfairen Praktiken, die künftig verboten sein sollen, lässt sich fortsetzen. Supermärkte dürfen in Zukunft unverkaufte Ware nicht mehr einfach so an die Bauern zurückgeben. Eine Lösung für dieses Problem: Die Einzelhändler sollen nach den Vorstellungen des EU-Agrarkommissars ihre Einkaufspolitik besser auf die Nachfrage der Kunden abstimmen. Und noch eines will Hogan künftig unterbinden: dass Bauern, Molkereien oder Lebensmittelhersteller dafür zahlen müssen, um ihre Waren überhaupt an große Ketten liefern zu dürfen. Im Fachjargon spricht man hier von Listungsgebühren. Hogans Direktive müssen jetzt noch die EU-Staaten und das Europaparlament zustimmen. Sie können noch Änderungen vornehmen und auch die Verbotsliste erweitern. Offen ist noch die Frage von Sanktionen. Preise sollen nicht steigen Für die Verbraucher erwartet Hogan keine negativen Effekte: "Ich bin zuversichtlich, dass die Maßnahmen eine breite Unterstützung finden werden. Anders als die Vertreter der Handelsketten meinen, werden die Maßnahmen die Lebensmittelpreise nicht negativ beeinflussen. Nicht ohne Grund haben alle Verbraucherverbände auch im öffentlichen Anhörungsprozess ihre Zustimmung gegeben." Auch der Dachverband der europäischen Bauernverbände findet Hogans Vorstoß gut. Er spricht von einem Schritt in die richtige Richtung. Die Einzelhandelsverbände dagegen lehnen Hogans Papier erwartungsgemäß ab.
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2018-04-01
Vom Bürgerkrieg zum geopolitischen Konflikt
Akteure in Syrien
Seit 2011 ist in Syrien aus einem regionalen Bürgerkrieg ein geopolitischer Konflikt geworden, in den immer mehr Parteien hineingezogen wurden. Ein Überblick über die wichtigsten Akteure von Anna Osius. mehr
Seit 2011 ist in Syrien aus einem regionalen Bürgerkrieg ein geopolitischer Konflikt geworden, in den immer mehr Parteien hineingezogen wurden. Ein Überblick über die wichtigsten Akteure. Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat mittlerweile wieder große Gebiete Syriens unter seiner Kontrolle. Das liegt an seinen beiden starken Verbündeten: Iranische Truppen und Milizen unterstützen die syrische Armee am Boden, Russland hilft aus der Luft. Wende durch Beteiligung Russlands Der Eintritt Russlands in den Syrienkrieg im September 2015 gab dem Geschehen die entscheidende Wendung. Die Assad-Armee war bis dahin schwach und kämpfte an vielen Fronten gleichzeitig. Putins Kampfflieger brachten den syrischen Präsidenten wieder auf die Gewinnerseite. Der syrische Außenminister Walid al-Muallem lobte damals Russland: "Die Bekanntgabe des Beginns der russischen Luftangriffe in Syrien, die mit der syrischen Regierung koordiniert stattfinden, zeigt die Unterstützung für die syrischen Anstrengungen, den Terrorismus zu bekämpfen." Denn Russland half Assad nicht nur militärisch, sondern auch auf dem diplomatischen Parkett: Jeder Versuch des Westens, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen das brutale Vorgehen Assads einzubringen, wurde mit einem Veto Russlands blockiert. Radikalisierung der Regierungsgegner Bei den Regierungsgegnern handelt es sich schon längst nicht mehr um die gemäßigten Kräfte, die im sogenannten Arabischen Frühling 2011 Demokratie für Syrien forderten. Die Kämpfer radikalisierten sich - es gibt zahlreiche dschihadistische Gruppen, die teilweise Al-Kaida nahestehen. Auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) wurde in Syrien stark - und rief die internationale Anti-IS-Koalition auf den Plan: Die USA flogen Luftangriffe gegen die Extremisten. Am Boden unterstützte Amerika die demokratischen Kräfte Syriens im Kampf gegen den IS, ein Bündnis, das mehrheitlich kurdisch ist und von der kurdischen YPG angeführt wird. Kurden profitieren zunächst So wurden die Kurden im Norden Syriens stark - auch Assad hatte sie bei ihren Autonomiebestrebungen weitestgehend gewähren lassen, da im Gegenzug die Kurden Assad nicht infrage stellten. Das Erstarken der Kurden aber passte einem überhaupt nicht: dem türkischen Präsidenten Erdogan, der in der YPG und PYD als syrischen Ableger der PKK eine Terrororganisation sieht. Prompt marschierte die türkische Armee im Januar dieses Jahres nach Syrien und nahm nach heftigen Kämpfen die kurdische Enklave Afrin ein. Und damit nicht genug, kündigt Erdogan an: "Wir setzen unsere Afrin-Offensive fort, um die Gebiete in der Region dort unter Kontrolle zu bringen. Unsere Pläne bestehen fort." Die Kurden werden in ihrem Kampf gegen die Türkei von Assad nahestehenden Truppen unterstützt - es drohte kurzzeitig eine direkte Konfrontation der NATO-Partner Türkei und USA. US-Präsident Trump zeigt sich wankelmütig US-Präsident Donald Trump wurde die ganze Syrien-Sache offenbar langsam zu kompliziert. Auf einer Wahlkampfveranstaltung vor wenigen Wochen verkündete er: Sehr bald werde man Syrien verlassen. Später ruderte Trump zurück. Doch die Botschaft, auch an den syrischen Präsidenten Assad, blieb: Die USA ziehen sich aus Syrien zurück und überlassen damit Russland und Iran das Feld. Ein Zeichen der Schwäche Amerikas, das Beobachtern zufolge möglicherweise auch Assad bewogen haben könnte, Trump mit dem jüngsten mutmaßlichen Giftgasangriff zu testen - wenn der Giftgasangriff denn auf Assads Konto ging. Beweise gibt es dafür nicht, nur Indizien. Israel kämpft ebenfalls mit Und noch ein Akteur mischt in Syrien mit: Israel will die Ausbreitung des Iran in der Region mit allen Mitteln verhindern und bombardiert daher regelmäßig iranische Ziele auf syrischem Boden. So zuletzt am vergangenen Montag, als eine syrische Militärbasis mutmaßlich von den Israelis angegriffen wurde, um dort iranische Drohen zu zerstören. Kürzlich wurde ein israelischer Kampfjet von Syrien abgeschossen. Der Krieg in Syrien: Er ist schon längst Schauplatz zahlreicher internationaler Akteure und ein Schmelztiegel geopolitischer Konflikte.
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2018-04-01
"Sehr bald" - oder später
Trump zu Angriff in Syrien
Ein US-Raketenangriff in Syrien stehe bevor, kündigte Präsident Trump gestern an. Nun sagte er, einen Termin habe er nie genannt. Aus seiner Regierung heißt es: Ein Angriff sei noch nicht beschlossen. mehr
Ein US-Raketenangriff in Syrien stehe bevor, kündigte Präsident Trump gestern an. Nun sagte er, einen Termin habe er nie genannt. Aus seiner Regierung heißt es: Ein Angriff sei noch nicht beschlossen. Am Tag nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, dass ein Raketenangriff auf Syrien bevorstehe, ist das weitere Vorgehen der USA unklar. Jüngste Äußerungen aus der US-Regierung deuten darauf hin, dass der Militärschlag noch keine beschlossene Sache ist. Per Twitter legte Trump nun nach und erklärte, dass er sich nie zum Zeitpunkt eines Angriffs in Syrien geäußert habe. Dieser könne sehr bald oder auch nicht so bald erfolgen. Never said when an attack on Syria would take place. Could be very soon or not so soon at all! In any event, the United States, under my Administration, has done a great job of ridding the region of ISIS. Where is our “Thank you America?” Schon zuvor hatte Trumps Sprecherin die Deutung von dessen bisherigen Aussagen relativiert, die einen unmittelbar bevorstehenden Angriff erwarten ließen. "Der Präsident hat keinen Zeitplan vorgegeben", sagte Sarah Huckabee-Sanders. "Er behält sich auch noch andere mögliche Reaktionen vor. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen." Alle Optionen lägen auf dem Tisch. Den Angaben zufolge wurden im Weißen Haus die verschiedenen Möglichkeiten mit Verteidigungsminister Jim Mattis und CIA-Chef Mike Pompeo besprochen, der vor seiner Bestätigung als neuer Außenminister steht. "Einsatz möglich, wenn er angemessen erscheint" Mattis hielt sich am Abend alle Optionen offen. "Ein militärischer Einsatz ist möglich, wenn er angemessen scheint. So hat es der Präsident entschieden", sagte der Verteidigungsminister. Er machte zudem deutlich, dass die USA noch untersuchen, wer für den Angriff auf die syrische Stadt Duma verantwortlich ist und welcher Kampfstoff dabei eingesetzt wurde. "Wir werten immer noch unsere Geheimdienstinformationen dazu aus und die unserer Verbündeten", sagte Mattis. Dies ist insofern bemerkenswert, als der mutmaßliche Giftgasangriff, für den die US-Regierung das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad verantwortlich macht, Auslöser der Angriffsankündigung durch den US-Präsidenten war. Trump hatte gestern via Twitter erklärt: "Russland hat geschworen, alle Raketen abzuschießen, die auf Syrien abgefeuert werden. Mach' Dich bereit, Russland, denn sie werden kommen", schrieb Trump. Russia vows to shoot down any and all missiles fired at Syria. Get ready Russia, because they will be coming, nice and new and “smart!” You shouldn’t be partners with a Gas Killing Animal who kills his people and enjoys it! Direkte Gespräche zwischen Washington und Moskau Angesichts der drohenden direkten Konfrontation der beiden Supermächte stehen Russland und die USA nach Kreml-Angaben in direktem Kontakt. Die entsprechende Telefonleitung werde angesichts der Lage in Syrien von beiden Seiten genutzt, teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Vorerst sei aber kein Telefonat zwischen Präsident Wladimir Putin und Trump geplant. Putin hatte bereits gestern zur Zurückhaltung aufgerufen. Die Lage auf der Welt werde immer "chaotischer" und gebe Anlass zur "Sorge", sagte er in einer Rede im Kreml. "Dennoch hoffen wir, dass der gesunde Menschenverstand letztlich die Oberhand behält." Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im russischen Parlament, Wladimir Schamanow, rechnet trotz der Trump-Aussagen nicht mit einem US-Angriff in Syrien. "Dazu wird es nicht kommen. Bislang gibt es dafür keine Voraussetzungen", sagte er. Die Lage sei nicht einfach, aber bislang stabil. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums erklärte, die Raketen sollten auf "Terroristen" abgefeuert werden und nicht auf die "legitime Regierung" Syriens, die schon seit Jahren den "internationalen Terrorismus auf ihrem Staatsgebiet bekämpft". Kreml-Sprecher Dmitri Peskow rief bereits gestern dazu auf, Schritte zu unterlassen, die in Wirklichkeit "durch nichts gerechtfertigt" seien. Die Angaben zu einem Chemiewaffenangriff in Duma seien erfunden und "können nicht als Vorwand für irgendwelche gewaltsamen Handlungen dienen". Assad warnt vor Militäraktion Der syrische Präsident Assad warnte unterdessen vor einer Militäraktion des Westens. Dies würde nur weitere Instabilität in die Region bringen, sagt er nach einem Bericht des staatlichen Fernsehens. International wächst die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte davor, dass die Lage in Syrien "außer Kontrolle geraten" könnte. Dies müsse verhindert werden. Britisches Kabinett entscheidet über Vorgehen Die Verbündeten der USA reagieren bislang unentschlossen auf den angekündigten Raketenangriff. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, Angriffe auf "chemische Kapazitäten" in Syrien seien möglich. Frankreich tausche sich mit Partnern aus, vor allem mit den USA und mit Großbritannien. "Wir werden unsere Entscheidung in den kommenden Tagen mitteilen." Die britische Premierministerin Theresa May berief für den Nachmittag eine Kabinettssitzung ein. Die BBC berichtet, die Regierungschefin stehe bereit, die britische Beteiligung an einer Militäraktion zu genehmigen. Brexit-Minister David Davis betonte, die Regierung habe noch keine Entscheidung über ihr Vorgehen zu Syrien getroffen. "Wir müssen bei Syrien sehr vorsichtig und überlegt urteilen", sagte er. Maas deutet politische Unterstützung Deutschlands an Deutschland wurde nach Darstellung von Bundesaußenminister Heiko Maas bislang weder von den USA noch von Frankreich aufgefordert, sich an einem möglichen Militärschlag in Syrien zu beteiligen. "Bisher gibt es keine Anforderung an Deutschland", sagte er. Maas betonte aber, dass sich die westlichen Verbündeten in dieser Frage nicht auseinanderdividieren lassen dürften. "Wenn man den Druck auf Russland aufrecht erhalten will, dann können die westlichen Partner jetzt nicht auseinanderlaufen." Damit deutete er an, dass Deutschland einen Militärschlag zumindest politisch mittragen würde, wenn die drei großen Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien sich dafür entscheiden.
/ausland/syrien-angriff-armee-117.html
2018-04-01
Viele Kitas bleiben heute zu
Warnstreiks gehen weiter
In Stuttgart, Hannover und Wolfsburg stehen Busse und Bahnen still. In vielen Städten bleiben heute Kitas geschlossen. Die Folgen der Warnstreiks im öffentlichen Dienst sind für viele spürbar. mehr
In Stuttgart, Hannover und Wolfsburg stehen Busse und Bahnen still. In vielen Städten bleiben heute Kitas geschlossen. Die Folgen der Warnstreiks im öffentlichen Dienst sind für viele spürbar. Die Folgen der anhaltenden Warnstreiks im öffentlichen Dienst sind heute vor allem in Stuttgart sowie in Hamburg und Teilen Norddeutschlands zu spüren. In Stuttgart stehen seit Betriebsbeginn die Bahnen und Busse still. Nur die S-Bahnen verkehren. Auch in Hannover, Braunschweig und Wolfsburg bleiben Busse und Bahnen den ganzen Tag lang stehen. In diesen drei Städten sowie in Peine, Salzgitter und Einbeck sind auch die meisten Kitas geschlossen. In Bremen legten ebenfalls Mitarbeiter von Kitas die Arbeit nieder. In Hamburg legten am Morgen zunächst die Mitarbeiter der Stadtreinigung die Arbeit nieder. Das Personal der städtischen Kitas ist ebenfalls zu Warnstreiks aufgerufen. Von den Ausständen in der Hansestadt sind zudem die Hafenaufsicht, die Bücherhalle sowie der Zoll und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie betroffen. Schleuse am Nord-Ostsee-Kanal geschlossen Auch in Schleswig-Holstein machen die Gewerkschaften vor der womöglich entscheidenden Gesprächsrunde mit den Arbeitgebern Druck. Am Nord-Ostsee-Kanal ist seit dem Morgen die Schleuse in Brunsbüttel geschlossen. Das bestätigte die Verkehrszentrale. Viele Eltern vor allem in größeren Städten des Bundeslandes werden ihre Kinder nicht wie gewohnt in der Kita betreuen lassen können. In Kiel bleiben die meisten der 35 städtischen Einrichtungen ganz geschlossen. In Mecklenburg-Vorpommern sind Angestellte in Kommunal- und Bundesbehörden ebenfalls zu einem ganztätigen Warnstreik aufgerufen. Der Streik trifft unter anderen die städtischen Kitas. In dem Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen verlangen die Gewerkschaften für die 2,3 Millionen Beschäftigten sechs Prozent mehr Geld, mindestens aber 200 Euro mehr im Monat. Aus Sicht der Arbeitgeber sind die Forderungen zu hoch. Am Sonntag kommen beide Seiten zu einer weiteren Verhandlungsrunde zusammen, die bis Dienstag dauern soll. Als Verhandlungsführer des Bundes wird erstmals Innenminister Horst Seehofer dabei sein.
/wirtschaft/warnstreiks-im-oeffentlichen-dienst-101.html
2018-04-01
Erste Hilfe für Eltern
FAQ zu Kita-Streiks
Viele Kitas bleiben wegen erneuter Warnstreiks geschlossen. Jetzt ist das Organisationstalent der Eltern gefordert. Wohin mit den Kindern? Kann ich zu Hause bleiben? Antworten von K. Schwartz und F. Bräutigam.
Zahlreiche Kitas bleiben wegen erneuter Warnstreiks geschlossen. Jetzt ist das Organisationstalent der Eltern gefordert. Wohin mit den Kindern? Wie sage ich es meinem Chef? Kann ich zu Hause bleiben? Antworten, die helfen, alles unter einen Hut zu bringen. Von Kolja Schwartz und Frank Bräutigam, SWR Dürfen berufstätige Eltern einfach so zu Hause bleiben, weil sie ihre Kinder betreuen müssen? Einfach wegbleiben von der Arbeit geht auf keinen Fall. Das Wichtigste ist: mit dem Arbeitgeber sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Bei einem angekündigten Streik müssen Eltern das im Vorfeld tun. Wenn die Kita mal ganz spontan geschlossen bleibt, sollten Eltern so schnell wie möglich Kontakt zum Chef aufnehmen. Das gilt auch, wenn man wegen des Streiks zu spät kommen wird, weil man die Kinder zum Beispiel noch zur Oma bringen muss. Wer einfach so unentschuldigt zu spät kommt oder fehlt, dem droht eine Abmahnung. Darf man zu Hause bleiben, wenn man es dem Chef mitteilt? Nur dann, wenn ein Streik ganz spontan anberaumt wird und es auf die Schnelle tatsächlich keine andere Möglichkeit mehr gibt, das Kind betreuen zu lassen. Dann trifft die Eltern kein Verschulden. Unter diesen Voraussetzungen wird für den Tag der Lohn weitergezahlt, so sieht es das Gesetz vor. Auch hier gilt: den Chef auf jeden Fall informieren. Und wenn der Streik lange vorher angekündigt wurde? Wenn der Streik angekündigt wurde - so wie jetzt - dürfen Eltern nicht von der Arbeit fernbleiben. Sie sind in der Pflicht, einen Ersatz für die Kinderbetreuung zu finden, seien es andere Eltern, Großeltern oder auch einen Babysitter. Der kostet natürlich Geld, das aus eigener Tasche bezahlt werden muss. Das Geld dafür bekommt man leider nicht zurück. Auch eine Erstattung der Kita-Gebühren zu verlangen, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Welche anderen Möglichkeiten gibt es? Arbeitende Eltern "in Not" können für die Zeit des Streiks in Absprache mit dem Arbeitgeber entweder unbezahlt ein paar Tage frei nehmen oder Urlaub nehmen. Wenn keine wichtigen betrieblichen Gründe gegen den Urlaub sprechen, muss der Arbeitgeber ihn kurzfristig genehmigen. In Absprache mit dem Chef ist auch ein spontaner Abbau von Überstunden möglich. Eine weitere Möglichkeit ist das "Home-Office". Wenn der konkrete Job es zulässt und der Chef damit einverstanden ist, könnten Arbeitnehmer also vielleicht ein paar Tage von zuhause aus arbeiten. Einen Anspruch darauf hat man aber nicht. Dass man zu Hause dann auch wirklich seine Arbeit erledigt, versteht sich von selbst. Dürfen Eltern ihre Kinder mit zur Arbeit bringen? Ein Recht darauf haben sie nicht. Wenn der Arbeitgeber aber einverstanden ist und die Eltern trotz der Kinder arbeiten können, ist das möglich. An manchen Orten haben Kinder aus Sicherheitsgründen allerdings nichts zu suchen, und in manchem Großraumbüro können die Kolleginnen und Kollegen möglicherweise nicht mehr konzentriert arbeiten. Das alles ist zu berücksichtigen. Bekommt man die schon bezahlten Kita-Gebühren bei Streik zurück? Einen einheitlichen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht. Jede Kommune regelt unterschiedlich, ob und wie viel der Gebühren sie zurückzahlt. Häufig sind solche Gebührenerstattungen aufgrund eines Streiks in den Beitragssatzungen ausgeschlossen. In der Vergangenheit haben aber immer wieder Kita-Träger Geld zumindest teilweise erstattet, zum Beispiel in Karlsruhe. Nachfragen beim Träger lohnt sich also auf jeden Fall.
/wirtschaft/kitafaq-103.html
2018-04-01
Eskaliert der Syrien-Konflikt?
US-Militärschlag angekündigt
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff des syrischen Regimes wird der Ton zwischen den USA und Russland immer schärfer. Wie könnte ein Militärschlag in Syrien erfolgen? Und welche Rolle spielt Deutschland? mehr
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff des syrischen Regimes wird der Ton zwischen den USA und Russland immer schärfer. Wie könnte ein Militärschlag in Syrien erfolgen? Und welche Rolle spielt Deutschland? Nach der mutmaßlichen Giftgasattacke des Regimes auf die Rebellenhochburg Duma vor den Toren der Hauptstadt Damaskus am Wochenende attackierte US-Präsident Donald Trump Syriens Machthaber Bashar al-Assad und seine Verbündeten Russland und Iran. Er will Vergeltung und kündigte nun via Twitter einen Militärschlag in Syrien an. Russia vows to shoot down any and all missiles fired at Syria. Get ready Russia, because they will be coming, nice and new and “smart!” You shouldn’t be partners with a Gas Killing Animal who kills his people and enjoys it! Die Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt (Eurocontrol) mahnte internationale Fluggesellschaften wegen möglicher Luftangriffe bereits zu hoher Vorsicht im östlichen Mittelmeer. Die syrischen Streitkräfte räumten offenbar bereits mehrere Stützpunkte und große Flugplätze, darunter auch die Militärbasis Dmeir, von der aus zuletzt die Luftangriffe der Regierung auf die belagerte Rebellenhochburg Ost-Ghuta ausgeführt wurden. Das berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London. Wie könnte ein US-Vergeltungsanschlag aussehen? Denkbar ist ein begrenzter Angriff wie der im vergangenen Jahr. Damals hatte das US-Militär die syrische Luftwaffenbasis Al-Schairat mit Marschflugkörpern beschossen - als Reaktion auf den verheerenden Giftgasangriff mit Dutzenden Toten auf die Stadt Chan Scheichun, für den UN-Experten ebenfalls die Assad-Regierung verantwortlich machten. Der Angriff war aber weitgehend symbolisch und änderte an dem Kräfteverhältnis in Syrien nichts. Die "New York Times" berichtete, Trumps Regierung erwäge diesmal einen heftigeren Angriff, um ein deutlicheres Signal zu setzen. Eine Möglichkeit wäre, dass das US-Militär mehrere Ziele angreift. Derzeit ist unter anderem der Zerstörer "USS Donald Cook" im Mittelmeer unterwegs. Er ist Berichten zufolge mit Marschflugkörpern vom Typ "Tomahawk" ausgerüstet. Fraglich ist aber, ob die USA wirklich eine offene Konfrontation mit Russland provozieren wollen. Wie reagiert Russland? Der Kreml und andere Vertreter der Führung senden seit Wochen unterschiedliche Signale: Mal wird für Zurückhaltung geworben, der mutmaßliche Giftgasangriff als Fake News abgetan, dann werden scharfe Warnungen ausgestoßen. Die Geschosse sollten in Richtung Terroristen und nicht auf rechtmäßige Regierungen fliegen, teilte das Außenministerium heute in Moskau mit. Bereits Anfang der Woche hatte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja in einer Sitzung des Weltsicherheitsrats in New York gewarnt, ein US-Angriff gegen die "gesetzmäßige syrische Regierung" würde "sehr negative Konsequenzen". Vor allem dann, falls auch die in Syrien stationierten russischen Streitkräfte betroffen wären. Die Agentur Tass berichtet, dass der mutmaßliche Giftgas-Einsatz in Duma nach Ansicht des russischen Militärs von der syrischen Aktivistengruppe "Weißhelme"9 vorgetäuscht worden sei. Welche militärischen Optionen hat Russland? Ein Angriff dürfte die russische Raketenabwehr auf den Plan rufen, mit der Geschosse abgefangen werden könnten. Denkbar wäre aber auch, dass diejenigen Schiffe oder Flugzeuge angegriffen werden, von denen aus Ziele in Syrien beschossen werden. Als Schutzmacht von Syriens Machthaber Assad ist Russland in dem Bürgerkriegsland militärisch nach wie vor stark vertreten. Wie positioniert sich die Bundesregierung? Kanzlerin Angela Merkel hegt kaum einen Zweifel an einem Chemiewaffeneinsatz in Syrien. Es gebe schwere Indizien in Richtung syrisches Regime, sagte sie. Der Einsatz solcher Waffen sei aufs Schärfste zu verurteilen. Sie bedauere, dass es im UN-Sicherheitsrat zu keiner Einigung gekommen sei. Merkel verzichtete auf direkte Schuldzuweisungen in Richtung Russland. Gefragt nach ihrer Haltung zu einem möglichen Militärschlag gegen syrische Regierungstruppen sagte sie: "Über weitere Dinge möchte ich jetzt nicht spekulieren." Kann Deutschland in den Konflikt hineingezogen werden? Die Bundeswehr beteiligt sich seit Ende 2015 in Syrien und im Irak am Kampf gegen den IS - mit Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug. Die Tornados machen Bilder, mit deren Hilfe andere Verbündete wie die USA Luftangriffe gegen die Extremisten ausführen - aber eben nur gegen die Islamisten. Für eine Beteiligung an einem Angriff auf syrische Regierungstruppen fehlt der Bundeswehr die rechtliche Grundlage. Der Bundestag müsste also einen ganz neuen Einsatz beschließen oder das bestehende Mandat ausweiten. Welche Rolle spielt Frankreich? In der Syrien-Krise steuert Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron einen offensiven Kurs. Mehrfach bezeichnete der 40-Jährige den tödlichen Einsatz von Chemiewaffen als "rote Linie". Nun droht er mit Militärschlägen gegen die syrische Führung. Frankreich könnte Rafale-Jets von seiner Basis St. Dizier im Osten des Landes schicken, berichtet die Zeitung "Le Figaro". Flugzeuge seien auch in Jordanien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten stationiert. Eine andere Option ist demnach auch die mit Marschflugkörpern bewaffnete Fregatte "Aquitaine" im Mittelmeer. Welche Haltung hat London? Großbritannien zieht zwar mit den USA und Frankreich nach außen an einem Strang, agiert aber vorsichtiger. Premierministerin Theresa May betonte, dass die Verantwortlichen für die mutmaßliche Giftgasattacke "zur Rechenschaft gezogen" werden müssen. Sie sprach aber nicht von möglichen "Angriffen" wie Macron.
/ausland/syrien-angriff-armee-111.html
2018-04-01
Schutz für Whistleblower
Richtlinie vorgestellt
Für die einen sind Whistleblower Verräter, für die anderen Helden. Die EU will nun den Schutz der Hinweisgeber verbessern. Laut Gesetzentwurf sollen Angestellte, aber auch Praktikanten und Ehrenamtler profitieren. mehr
Für die einen sind Whistleblower Verräter, für die anderen Helden. Die EU will nun den Schutz der Hinweisgeber verbessern. Laut Gesetzentwurf sollen Angestellte, aber auch Praktikanten und Ehrenamtler profitieren. Die Europäische Kommission will Informanten, die schwere Missstände in Unternehmen oder öffentlichen Institutionen an die Öffentlichkeit bringen, künftig EU-weit schützen. "Whistleblower helfen dabei, Bedrohungen oder Schäden für das öffentliche Interesse aufzudecken", heißt es in einem Entwurf eines Gesetzesvorschlags, der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt. Der Vorschlag soll am Mittwoch vorgestellt werden. Viele Hinweisgeber würden laut dem Papier "oft davon abgehalten, aus Angst vor Vergeltung ihre Bedenken zu äußern". Möglichst viele Whistleblower schützen Das Europaparlament hatte bei einer Abstimmung im Oktober einen wirksamen EU-weiten Schutz von Informanten gefordert, die im Interesse der Allgemeinheit auf Missstände hinweisen. Ziel müsse ein einheitlicher Rechtsrahmen für den Schutz und die Unterstützung von Hinweisgebern sein. Wie gefordert, habe die Kommission den Begriff "Hinweisgeber" möglichst breit gefasst. So sollen nicht nur Angestellte in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, sondern auch unbezahlte Praktikanten oder ehrenamtlich Tätige geschützt werden, heißt es in dem Bericht. Studie: Hoher Schaden durch mangelnden Schutz Die EU-Staaten sollen sicherstellen, dass in Unternehmen "interne Kanäle und Verfahren für die Berichterstattung und Weiterverfolgung von Berichten" eingerichtet werden. Laut einer Studie der Kommission beträgt der finanzielle Schaden aufgrund des fehlenden Schutzes von Hinweisgebern allein im öffentlichen Auftragswesen EU-weit zwischen 5,8 und 9,6 Milliarden Euro pro Jahr.
/ausland/eu-whistleblower-101.html
2018-04-01
"Angst mit Fakten bekämpfen"
"March for Science"
Wissenschaftler sehen sich und ihre Forschung weltweit durch "alternative Fakten" und politischen Druck bedroht. Deshalb sind sie heute bereits zum zweiten Mal in zahlreichen Städten auf die Straße gegangen. mehr
Wissenschaftler sehen sich und ihre Forschung weltweit durch "alternative Fakten" und politischen Druck bedroht. Deshalb sind sie heute bereits zum zweiten Mal in zahlreichen Städten auf die Straße gegangen. Beim "March for Science" sind heute deutschlandweit mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen für die Freiheit von Forschung und Lehre und gegen Populismus zu setzen. Insgesamt waren Protestmärsche in 14 deutschen Städten geplant. Die größte war in Frankfurt am Main erwartet worden. Dort beteiligten sich nach Angaben der Polizei etwa 500 Wissenschaftler und Studenten an der Kundgebung. "Wir sind tolerant und weltoffen", sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). "Aber wir haben keinen Platz für Rassismus, Ausgrenzung, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamophobie". Hier noch mal eine Aktualisierung des heutigen Programms – die #ScienceArena beim @ScienceMarchFfm wollten wir nicht unterschlagen!😀 https://t.co/N7ymEDjTRK Wissenschaft gegen "alternative Fakten" Kundgebungen fanden auch in München, Köln und Münster statt. In Köln waren etwa 500 Menschen unterwegs, wie Kundgebungssprecher Jens Jäger sagte. "Einige stehen in Laborkitteln vor dem Dom." Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar rief den Demonstranten zu, sie sollten "die Angst mit den Fakten" bekämpfen. Als prominenter Redner trat dort auch ESA-Astronaut Reinhold Ewald auf. "Wenn der Wissenschaft und der internationalen Zusammenarbeit der Riegel vorgeschoben wird, wird unser aller Leben schlechter", sagte er. Zuvor erklärte der 61-Jährige im Radiosender WDR 5 seine Solidarität mit allen Wissenschaftlern, "die in ihren Heimatländern Repressionen ausgesetzt sind, weil die Wissenschaft zu einem Ergebnis führt, das die jeweilige Regierung nicht akzeptiert". Es gebe eine Tendenz, die Wissenschaft nicht mehr als Grundlage politischer Entscheidungen zu nutzen. Stattdessen werde über "alternative Fakten" geredet. Grüße aus der Antarktis Unterstützung gab es auch aus der Antarktis: Wissenschaftler der Forschungsstation Neumayer sendeten Solidaritätsbekundungen. "Wissen und Erkennen sind die Freude und die Berechtigung der Menschheit" – unsere Überwinterer an der Neumayer-Station III senden an alle Teilnehmer des #MarchForScience Unterstützungsgrüße aus der Antarktis! https://t.co/ZXxUIVwf9Y https://t.co/o7HrD0duYD Die Aktion war im vergangenen Jahr ins Leben gerufen worden. Besonders in den USA richtet sich die Bewegung gegen die Rhetorik von US-Präsident Donald Trump, der unter anderem die Erderwärmung mehrfach als Schwindel bezeichnet hat.
/inland/march-for-science-109.html
2018-04-01
Erste Fortschritte im Tarifstreit
Öffentlicher Dienst
In den Tarif-Gesprächen für den öffentlichen Dienst hat es erste Annäherungen gegeben. In Einzelfragen gibt es aber nach wie vor Differenzen. Bis heute sollten Arbeitsgruppen Lösungsvorschläge ausarbeiten. mehr
In den Tarif-Gesprächen für den öffentlichen Dienst hat es erste Annäherungen gegeben. In Einzelfragen gibt es aber nach wie vor Differenzen. Bis heute sollten Arbeitsgruppen Lösungsvorschläge ausarbeiten. Nach einem optimistischen Start in die wohl entscheidende Tarifrunde für den öffentlichen Dienst ist eine grundsätzliche Annäherung vorerst ausgeblieben. Die Verhandlungsführer beider Seiten zeigten sich jedoch optimistisch. "Es hat Annäherungen in Einzelfragen gegeben und es sind erste Fortschritte erzielt worden", teilten die Gewerkschaft ver.di, der Beamtenbund dbb, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und das Bundesinnenministerium mit. "Es muss noch viel gerechnet werden." Bei Höhe und Struktur eines möglichen Abschlusses gebe es aber nach wie vor unterschiedliche Positionen, sagte Innenminister Horst Seehofer in Potsdam. Er ist der Verhandlungsführer des Bundes bei dem Tarifpoker für 2,3 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. "Wir haben uns ein Stückchen nach vorne bewegt", sagte Seehofer. Aber: "Es muss noch viel gerechnet werden." Dennoch stehen die Zeichen nach den massiven Warnstreiks der vergangenen Tage auf Einigung. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zeigten angesichts der insgesamt anhaltenden gute wirtschaftliche Entwicklung optimistisch, dass ein Durchbruch gelingt. Montag wird weiterverhandelt In der Nacht sollen Arbeitsgruppen Vorschläge erarbeiten, auf deren Grundlage die Spitzengespräche dann am Montag fortgesetzt werden. Am Mittag wollen Bund und Kommunen als Arbeitgeber dann offenbar erste einzelne Angebote unterbreiten. Ver.di-Chef Frank Bsirske hatte zuvor gewarnt, die Abstände der Entgelte im öffentlichen Dienst zur Privatwirtschaft dürften nicht immer größer werden. "Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden." Das gelte besonders auch für Auszubildende. Seehofer habe offenbar dieser Verständnis dafür, dass gerade die unteren Einkommen bessergestellt werden sollten. In der vergangenen Woche hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Die Arbeitnehmer lehnen die Forderungen nach sechs Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro mehr, bisher ab.
/wirtschaft/tarifverhandlungen-oeffentlicher-dienst-105.html
2018-04-01
Russlands Propaganda-Feldzug geht weiter
Fall der 13-jährigen Russlanddeutschen
Längst ist klar: Das 13-jährige russlanddeutsche Mädchen wurde nicht von Migranten vergewaltigt - doch die russische Propaganda-Maschine läuft weiter. Mithilfe von Staatsmedien und Schauermärchen will Putin Merkel schwächen, berichtet Birgit Virnich. mehr
Längst ist klar: Das 13-jährige russlanddeutsche Mädchen wurde nicht von Migranten vergewaltigt - doch die russische Propaganda-Maschine läuft weiter. Mithilfe von Staatsmedien und Schauermärchen will Putin seine größte Gegenspielerin in Europa schwächen.
/ausland/russland-propaganda-101.html
2018-04-01
Verwirrung stiften
Russland und der Westen
Wie wird Russland auf den Syrien-Angriff reagieren? Der Westen ist verunsichert. Kein Zufall, erklärt Michael Stempfle. Denn genau das will Moskau - Verwirrung stiften. Dahinter steckt Strategie. mehr
Wie wird Russland auf den Syrien-Angriff reagieren? Der Westen ist verunsichert. Kein Zufall. Denn genau das will Moskau - Verwirrung stiften. Dahinter steckt Strategie. Die Luftschläge der USA, Großbritanniens und Frankreichs mögen primär einen symbolischen Wert gehabt haben. Die Botschaft: Wer Chemiewaffen einsetzt, muss mit der Vergeltung der internationalen Staatengemeinschaft rechnen. Doch die Militäraktion stellt auch das ramponierte Verhältnis des Westens zu Russland auf eine erneute Probe. Moskau steht an der Seite der syrischen Führung. Nicht Präsident Baschar al-Assad sei für den mutmaßlichen Giftgasangriff verantwortlich, so die Sichtweise Russlands, sondern die Aufständischen in Syrien hätten ihn inszeniert. Wie so oft geht es also auch bei diesem Schlagabtausch um die Deutungshoheit. Viele Beobachter in Berlin erkennen darin eine Strategie, die sie Russland auch bei vielen anderen Streitthemen unterstellen: Moskau wolle vor allem eines erreichen: Verwirrung stiften - gerade auch bei den Menschen im Westen, und damit Vertrauen in die Demokratie erschüttern. Keine Beweise im Fall Skripal Die britische Premierministerin Theresa May stellte heute einen Zusammenhang her - zwischen dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien einerseits und dem Anschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter Julia im südenglischen Salisbury Anfang März andererseits. May sagte nach der Militäraktion gegen Syrien: "Wir können nicht erlauben, dass der Gebrauch chemischer Waffen normal wird. Innerhalb Syriens, auf den Straßen Großbritanniens oder irgendwo sonst in unserer Welt." Nicht nur Großbritannien, viele westliche Länder - darunter auch die deutsche Bundesregierung - gehen davon aus, dass russische Kräfte für den Anschlag auf den Doppelagenten verantwortlich sind. Ein Argument: Skripal sollte mit dem Nervengift Nowitschok getötet werden. Einem Kampfstoff, der einst in der Sowjetunion hergestellt wurde. Und doch: Britische Geheimdienste konnten bislang nicht beweisen, dass Russland für den Mordversuch an Skripal verantwortlich ist. Geschweige denn, ob gar der russische Präsident den Auftrag dazu gegeben hat. Auch im politischen Berlin ist nicht von Beweisen, sondern von "Plausibilitätsketten" die Rede. Wer sonst hätte ein Interesse, den Mann zu töten, der sowohl für den russischen als auch den britischen Geheimdienst arbeitete? Kampf um die Deutungshoheit Doch es bleiben Fragen: Warum sollte Moskau Skripal gerade jetzt töten? In zwei Monaten beginnt die Fußball-WM in Russland, die der russische Präsident Wladimir Putin sicherlich auch für einen Image-Gewinn nutzen möchte. Wie passt das zusammen? Wieder also der Kampf um die Deutungshoheit. Und wieder - Verwirrung in der Öffentlichkeit. Viele Regierungen der westlichen Länder hätten sich gewünscht, dass Moskau alles dafür tut, den Fall Skripal auch von russischer Seite aus aufzuklären - am besten gemeinsam mit den Briten. Die zurückgelehnte Haltung Russlands aber empfinden viele im Westen so, als würde Moskau den anderen bewusst auf der Nase herumtanzen. Das Misstrauen ist groß - vor allem seit der Ukraine-Krise. Ein Grund: die sogenannten "grünen Männchen" oder "höfliche Menschen". Gemeint sind bewaffnete Kämpfer, die bei militärischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine auftauchten. Das Besondere: Auf ihren Kampfanzügen waren keine Hoheitsabzeichen zu erkennen und damit eben keine Symbole, die zeigen, für welchen Staat sie eigentlich kämpften und ihr Leben riskierten. "Hybride Kriegsführung" Karl-Heinz Kamp von der Bundesakademie für Sicherheit spricht von einer "hybriden Kriegsführung": Es standen sich nicht Soldaten gegenüber, die klar zuzuordnen gewesen wären. Stattdessen herrschte wieder einmal Verwirrung. Erst habe Russland bestritten, die "grünen Männchen" überhaupt zu kennen, sagt Kamp. Dann sei von russischen Soldaten die Rede gewesen, die mit Waffen Urlaub gemacht hätten. Und am Ende seien genau diese Kämpfer von Russland für ihre Tapferkeit ausgezeichnet worden. Solche hybriden Elemente nehmen die westlichen Länder längst nicht nur auf dem Schlachtfeld wahr, sondern auch in der digitalen Welt. Davon betroffen ist nach Ansicht des Verfassungsschutzes auch Deutschland. So sei der jüngste Hackerangriff auf das Datennetz des Bundes, der im Februar bekannt geworden ist, Russland zuzuordnen. "Wir haben es als einen Cyberangriff russischen Ursprungs wahrgenommen", sagte Verfassungschutz-Präsident Maaßen. Und wieder stellt sich die Frage: Wo sind die Beweise? Der russische Präsident selbst gibt Anlass dazu, über seine milde Haltung gegenüber Hackern zu spekulieren. Bereits im Juni 2017 verglich Putin Hacker mit Künstlern, die morgens aufstehen und ein gutes Bild malen wollten. Hackerangriffe, Fake News In der Tat sei Putin nicht dafür bekannt, mit großer Verve gegen inländische Hacker vorzugehen, die sich im Ausland betätigten, sagt Linus Neumann vom Chaos Computer Club. Er fügt jedoch hinzu: Hacker-Angriffe gebe es nicht nur von russischer, sondern auch von amerikanischer und chinesischer Seite. Dabei verfolgten diese Länder unterschiedliche Ziele. Während China vor allem Wirtschaftsspionage unterstellt werde, lautet der Vorwurf an die USA: Möglichst viel überwachen, möglichst viel sammeln. Russland wiederum werde nachgesagt, seine Hacking-Ergebnisse auch politisch auswerten zu wollen. Soll heißen: Russische Cyber-Operationen haben möglicherweise das besondere Ziel, dass Spionage-Ergebnisse am Ende veröffentlicht werden sollen, um Schaden anzurichten. All diese Zuschreibungen, betont Neumann, seien aber mit Vorsicht zu genießen. Zur hybriden Strategie gehören neben den Hackerangriffen auch Desinformationskampagnen, also das Verbreiten von Fake News. Deutschland bekam das im Jahr 2016 zu spüren. Im "Fall Lisa" ging es um Vorwürfe, die plötzlich im Internet kursierten, wonach eine 13-jährige Russlanddeutsche von südländisch aussehenden Männern entführt und vergewaltigt worden sei. Die Folge: Ein Streit zwischen Russland und Deutschland auf höchster Ebene. Auch der damalige Außenminister und jetzige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sah sich genötigt, sich einzuschalten und in Richtung Moskau zu sagen: Es gebe keinen Grund, den Fall für politische Propaganda zu nutzen. Einfluss nehmen mit günstigen Mitteln In den USA wird aktuell darüber diskutiert, wie groß der Einfluss Russlands auf die letzte US-Präsidentschaftswahl gewesen sein mag. Es gebe Beweise der Nachrichtendienste, so William Courney von der Denkfabrik Rand Corporation, dass sich Russland eingemischt habe und dass Putin die Einmischung höchstpersönlich angeordnet habe. Dabei seien die Aktivitäten in den sozialen Netzwerken, etwa auf Facebook, effektiv und kostengünstig gewesen. Putin könnte es also gelingen, Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen - auch mit relativ günstigen Mitteln. Ob er wirklich Auftraggeber ist, lässt sich oft nicht eindeutig beweisen. Eine Strategie, die nach Ansicht des Sicherheitspolitik-Experten Kamp einen Grund hat. Der russische Präsident habe den Zerfall der Sowjetunion als eine historische Katastrophe erlebt. Sein Ziel sei es, Russland wieder als Großmacht zu etablieren, so Kamp. Militärisch sei Russland den USA und seinen NATO-Partnern zwar unterlegen. Doch die vielen Mittel der modernen hybriden Bedrohung könnten ihm helfen, dass er mit Ländern wie den USA auf Augenhöhe wahrgenommen werde. In einer früheren Version war irrtümlich vom Tod des ehemaligen Doppelagenten Skripal die Rede. Wir haben den Fehler nachträglich korrigiert.
/ausland/russland-strategie-103.html
2018-04-01
Kindersegen im Land der Alten
Japan
Japans Bevölkerung altert rapide. Doch eine Gemeinde hat dank ungewöhnlicher Maßnahmen das Unmögliche geschafft: Es gibt wieder mehr Kinder. Von Gabor Halasz.
Japans Bevölkerung altert rapide. Doch eine Gemeinde hat dank ungewöhnlicher Maßnahmen das Unmögliche geschafft: Es gibt wieder mehr Kinder.
/ausland/japan-kindersegen-101.html
2018-04-01
Tarif-Durchbruch bis Dienstag?
Öffentlicher Dienst
Die wahrscheinlich entscheidende Tarifrunde für den öffentlichen Dienst hat begonnen. Beide Seiten gehen vorsichtig optimistisch in die Verhandlungen. Innenminister Seehofer will den Gewerkschaften ein Angebot machen. mehr
Die wahrscheinlich entscheidende Tarifrunde für den öffentlichen Dienst hat begonnen. Beide Seiten gehen vorsichtig optimistisch in die Verhandlungen. Innenminister Seehofer will den Gewerkschaften ein Angebot machen. In Potsdam hat die dritte und womöglich entscheidende Runde für die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst begonnen. Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite zeigten sich zuversichtlich, dass es in dieser Runde zu einem Ergebnis kommt. Der neue Verhandlungsführer des Bundes, Innenminister Horst Seehofer, sagte vor Beginn, die Gewerkschaften forderten zurecht, dass die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung im Lande teilhaben sollten. "Denn diese Beschäftigten erbringen für unser Land einen ganz wichtigen Dienst." Allerdings bekräftigte er zugleich, dass deren Forderungen - unter anderem nach sechs Prozent mehr Gehalt - zu hoch seien. Seehofer kündigte ein Angebot an die Gewerkschaften an. "Es wird eines geben", sagte er, ohne genauer darauf einzugehen. Kommunen und Bund gingen bei den Verhandlungen weiter "Schulter an Schulter" vor. "Ich hoffe, dass wir in dieser dritten Runde nach Möglichkeit fertig werden und dass es einen vernünftigen Abschluss gibt", sagte Seehofer. Würde es jetzt nicht gelingen, einen Durchbruch zu erzielen, "wäre das ein Zeichen für eine Eskalation des Konfliktes". Gewerkschaften zuversichtlich Ver.di-Chef Frank Bsirske warnte, die Abstände der Entgelte im öffentlichen Dienst zur Privatwirtschaft dürften nicht immer größer werden. "Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden." Das gelte besonders auch für Auszubildende. Zu Seehofer sagte Bsirske, offenbar habe dieser Verständnis dafür, dass gerade die unteren Einkommen bessergestellt werden sollten. Auch der Vorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, erwartete einen Durchbruch bis spätestens Dienstag. Seehofer könne "den Knoten durchschlagen", so Silberbach. Aber: "Sollten die Arbeitgeber sich einer vernünftigen, konstruktiven Lösung verweigern, dann werden wir weiter kämpfen für unsere berechtigten Forderungen. Dann würden wir die Arbeitskampfmaßnahmen natürlich nochmal verstärken müssen." Warnstreiks legten Teile des Nahverkehrs lahm Es geht um das Einkommen von 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. In den vergangenen Tagen hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Seehofer räumte ein, dass die Aktionen und auch die Haltung der Bevölkerung für mehr Einkommen im öffentlichen Dienst ihn durchaus beeindruckt hätten. Zu den Vorgesprächen trafen unter anderem Seehofer, Bsirske, Silberbach und der Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbands VKA, Thomas Böhle zusammen. Die dritte Runde ist bis Montag angesetzt, kann aber auch erst am Dienstag oder Mittwoch enden. Eine weitere Runde ist vorerst nicht geplant.
/wirtschaft/tarifverhandlungen-oeffentlicher-dienst-103.html
2018-04-01
Maas nimmt Russland in die Pflicht
Bericht aus Berlin zu Syrien
Nach den Luftangriffen auf Syrien dringt die Bundesregierung auf Verhandlungen. Im Bericht aus Berlin nannte Außenminister Maas Russland einen schwierigen Partner. Er forderte eine konstruktive Haltung. mehr
Nach den Luftangriffen auf Syrien dringt die Bundesregierung auf Verhandlungen. Im Bericht aus Berlin nannte Außenminister Maas Russland einen schwierigen Partner. Er forderte eine konstruktive Haltung. Die Situation in Syrien ist nach dem Raketenangriff der USA, Frankreichs und Großbritanniens nicht eskaliert. Dennoch hätten Russland und der Iran dem syrischen Regime unter Präsident Bashar al-Assad beistehen und militärisch reagieren können. Bundesaußenminister Heiko Maas legt den Schwerpunkt in der Auseinandersetzung jedoch woanders. Im Bericht aus Berlin sagte er, die Situation sei vor allem deshalb so brenzlig gewesen, weil in Syrien zum wiederholten Mal Chemiewaffen eingesetzt worden seien. "Das ist ein Punkt, mit dem sich die Staatengemeinschaft auseinandersetzen muss." "Die Tatsache, dass es in den letzten Tagen zu keiner Eskalation gekommen ist, sondern dass jetzt alle wieder von diplomatischen und politischen Lösungen reden, ist ja ein Hinweis darauf, dass sich etwas verändert haben muss", sagte Maas. "Und das muss man jetzt aufnehmen.“ Zwölf Mal Resolutionen verhindert Bedauerlicherweise habe es Russland zwölf Mal im UN-Sicherheitsrat verhindert, Resolutionen zu beschließen, die den Einsatz von C-Waffen ächten. Deshalb hätten sich die USA, Frankreich und Großbritannien zu den Angriffen auf Syrien entschieden, sagte Maas. Russland sei ein schwierigerer Partner geworden, so der Außenminister. Aber man müsse den Dialog mit dem Land fortsetzen. Allerdings erwarte er konstruktive Beiträge von der russischen Seite. Die Russen könnten nicht immer nur die schützende Hand über Assad halten. Vorschläge der Bundesregierung Zurzeit laufen Gespräche zwischen den USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland über das weitere Vorgehen in Syrien. Darüber hinaus befassen sich die Außenminister der EU auf einem Treffen in Luxemburg morgen mit dem Thema Syrien. "Wir würden da auch gerne ein paar Vorschläge zustande bringen“, sagte Maas. Erstmal müssten jedoch die Waffen schweigen. Erst dadurch könne die Voraussetzung geschaffen werden, dass man humanitär helfen könne. Maas forderte für Syrien eine Übergangsregierung, eine Verfassungsreform, „und am Schluss müssen dann Wahlen stehen“, sagte er. Alle Gruppen in Syrien müssten sich dann in einer Regierung wiederfinden. "Das müssen auch die Russen akzeptieren, die nur die Interessen des Regimes vertreten." Jeder Versuch, politische Lösungen herbeizuführen, müsse unter dem Dach der Vereinten Nationen geschehen, so Maas. "Ich hoffe, dass die Militärschläge nun allen deutlich gemacht haben, dass es die Notwendigkeit gibt, den politischen Dialog wieder aufzunehmen", sagte er. Russland müsse auch in die Lösung mit einbezogen werden. "Ob es uns gefallen mag oder nicht - der Syrien-Konflikt wird ohne Russland nicht zu lösen sein."
/inland/maas-bab-101.html
2018-04-01
Geglücktes Comeback für Djukanovic
Präsidentenwahl Montenegro
Djukanovic triumphiert bei der Präsidentenwahl in Montenegro: Der seit mehr als zwei Jahrzehnten entweder als Staats- oder Regierungschef amtierende Politiker hat es noch einmal geschafft. Von Srdjan Govedarica.
Djukanovic triumphiert bei der Präsidentenwahl in Montenegro: Der seit mehr als zwei Jahrzehnten entweder als Staats- oder Regierungschef amtierende Politiker hat es noch einmal geschafft. Das Comeback ist geglückt. Wahlsieger Milo Djukanovic tritt am späten Abend vor seine jubelnden Anhänger: "Es ist der Augenblick gekommen, sagen zu können, dass wir unsere Versprechen erfüllt  und einen weiteren wichtigen Sieg errungen haben für die europäische Zukunft Montenegros." Die Annäherung an die EU war das Leitmotiv des Wahlkampfes von Djukanovic. Trotz der engen Bindung seines Landes zu Russland will der 56-Jährige Montenegro stärker in Europa integrieren. Brüssel hält eine EU-Mitgliedschaft bis 2025 für möglich. "Dieses Wahlergebnis verstehe ich als eine Bestätigung der Entschlossenheit Montenegros seinen Weg in Richtung EU fortzusetzen, hin zu einer europäischen Lebensqualität für alle unsere Bürger, hin zur Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union", erklärte der Wahlsieger am Wahlabend. Wenig Gegenwind von der Opposition Die zersplitterte montenegrinische Opposition hatte Djukanovic wenig entgegenzusetzen. Insgesamt waren sechs weitere Kandidaten angetreten. Drei von ihnen bekamen weniger als ein Prozent der Stimmen. Der Zweitplatzierte parteilose Wirtschaftsexperte Milan Bojanic erreichte rund 34 Prozent der Stimmen, weil er von mehreren Oppositionsparteien unterstützt wurde. Am Wahlabend ging Bojanic hart mit dem Wahlsieger ins Gericht: "Ich werde nicht gratulieren, weil ich nicht weiß, wozu ich gratulieren sollte. Wäre ich an Djukanovics Stelle würde ich mich heute schämen und nicht feiern." Bojanic wirft Djukanovic vor, autoritär zu herrschen und in zweifelhafte Geschäfte verwickelt zu sein. Weil er mehr als ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen konnte gilt Bojanic für die zersplitterte Opposition nun als Hoffungsträger. Konkretes wollte Bojanic am Wahlabend nicht sagen, aber er erklärte: Ich werde meinen Kampf fortsetzen, um Montenegro von Djukanovics Diktatur zu befreien. Wie genau, werden wir noch sehen. Auf jeden Fall stehe ich bereit, den oppositionellen Kräften dabei zu helfen, die Bürde der Regierung Djukanovics abzuwerfen. 2016 als Ministerpräsident zurückgetreten Djukanovic war 2016 als Ministerpräsident zurückgetreten und hatte sein Amt an einen Vertrauten weitergegeben. Seine überraschende Kandidatur für das in Montenegro eher unbedeutende Präsidentenamt erklären Beobachter mit der Sorge seiner schwächelnden sozialistischen Partei vor einer Erosion nach einer möglicher Wahlschlappe. Deshalb habe man sich entschieden, den politischen Übervater ins Rennen zu schicken. Boris Raonic von der Nichtregierungsorganisation Bürgerallianz  aus Podgorica, erinnert daran, dass Djukanovic von 1998 bis 2002 schon einmal Staatspräsident war: "Damals war er mächtiger als der Ministerpräsident und seine Berater waren mächtiger als einige Minister. Diese Machtkonzentration wird in der kommenden Zeit sehr interessant sein." Djukanovic und seine Demokratische Partei der Sozialisten regieren Montenegro seit fast 30 Jahren. 2006 führten sie das Land zunächst zur Unabhängigkeit von Serbien und im vergangenen Jahr in die NATO. Noch-Staatspräsident Filip Vujanovic, der ebenfalls den Sozialisten angehört, ist wegen der Begrenzung der Amtszeiten nicht noch einmal bei der Wahl angetreten.
/ausland/montenegro-139.html
2018-04-01
Verbalattacken der Großmächte
Krieg in Syrien
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien stimmt sich US-Präsident Trump mit Frankreich und Großbritannien über eine Reaktion ab. Russland droht schon mal mit Vergeltung. Die europäische Luftraumüberwachung warnt. mehr
Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien stimmt sich US-Präsident Trump mit Frankreich und Großbritannien über eine Reaktion ab. Russland droht schon mal mit Vergeltung. Die europäische Luftraumüberwachung warnt. Nach dem jüngsten mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien hat sich die internationale Krise dramatisch zugespitzt. US-Präsident Donald Trump befeuerte Spekulationen über einen baldigen Militärschlag der USA. Eine geplante Reise nach Südamerika sagte er ab. Er wolle in Washington bleiben, um die Reaktion der USA festzulegen. Stattdessen werde Vizepräsident Mike Pence nach Südamerika reisen. Zuvor hatte Trump den möglichen Giftgasangriff als "abscheuliche Tat" verurteilt und eine "harte Antwort" angekündigt. Wie diese aussehen soll, ließ die Regierung in Washington bislang offen. Militärische Schritte schloss sie nicht aus. Russland würde Abschussvorrichtungen angreifen Der russische Botschafter im Libanon drohte den USA mit Vergeltungsschlägen, sollten sie Syrien mit Raketen angreifen. "Wenn es einen Angriff der Amerikaner geben sollte, dann würden die Raketen abgeschossen", sagte Botschafter Alexander Sasypkin dem Hisbollah-Fernsehsender al-Manar. Es würden aber auch die Abschussvorrichtungen angegriffen, von denen aus die Raketen abgefeuert würden, sagte er unter Berufung auf eine Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des russischen Armeechefs. Potenzielle Angriffsziele wären damit auch US-Kriegsschiffe in der Region, wenn von denen Marschflugkörper abgefeuert würden. Damit würde eine direkte Konfrontation der beiden Atommächte drohen. Noch am Vortag hatte Russlands Vize-Außenminister Michail Bogdanow die Gefahr einer militärischen Konfrontation als gering bezeichnet und erklärt, es gebe auf Arbeitsebene Kontakte zwischen Vertretern beider Mächte wegen Syrien. Er glaube, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen werde. Bei dem gemeldeten Giftgaseinsatz auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghouta am Samstag sollen nach Angaben der Hilfsorganisation Weißhelme mindestens 42 Menschen getötet worden sein. Mehr als 500 Personen wurden demnach in Krankenhäusern behandelt. Streit über rechtliche Grundlagen eines US-Angriffs In den USA wird darüber gestritten, ob Trump die rechtlichen Grundlagen für einen Militäreinsatz in Syrien hat. Mehrere US-Senatoren beider großer Parteien meldeten sich zu Wort. Die republikanische Seite vertrat mehrheitlich die Ansicht, Präsident Trump habe die Legitimation für einen begrenzten Angriff. Die meisten Demokraten erklärten hingegen, dies wäre ein Gesetzesbruch. Eine vom Kongress nach den Terroranschlägen in New York und Washington im Jahr 2001 erlassene und noch immer geltende Direktive erlaubt militärische Maßnahmen im Kampf gegen den islamistischen Terror. "Ich kann mir keine noch so große Menge an kreativer Juristerei vorstellen, die es erlauben würde, damit eine Intervention in Syrien abzudecken", sagte der unabhängige, jedoch den Demokraten zugeneigte Senator Angus King dem Sender CNN. Frankreich prüft Einsatz in Syrien Unterstützung bekam Trump von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Angriffe auf "chemische Kapazitäten" in Syrien seien möglich, sagte Macron. Frankreich tausche sich mit Partnern aus, vor allem mit den USA und mit Großbritannien. "Wir werden unsere Entscheidung in den kommenden Tagen mitteilen." Bereits in der Vergangenheit, etwa bei dem Einsatz von Giftgas im syrischen Chan Scheichun, hatte Macron Chemiewaffen als "rote Linie" bezeichnet - und ebenfalls mit militärischen Reaktionen gedroht. Trump telefoniert mit Macron und May Trump telefonierte wegen der Krise erneut mit Macron. Dabei bekräftigten beide ihren Wunsch nach einer entschlossenen Reaktion der internationalen Gemeinschaft, wie der Élyséepalast mitteilte. Trump telefonierte auch mit Großbritanniens Premierministerin Theresa May. Die beiden hätten sich darauf geeinigt, dass es keine weiteren Einsätze chemischer Waffen in Syrien geben dürfe, hieß es aus dem Weißen Haus. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, dass "die Evidenz" für den Einsatz von Chemiewaffen "sehr, sehr klar und sehr deutlich ist". "Es ist schon erschütternd, dass nach so vielen internationalen Diskussionen und Ächtungen immer wieder dort Chemiewaffen eingesetzt werden. Und davon müssen wir leider ausgehen", so Merkel. Sie forderte die UN auf, diesbezüglich eine "sehr deutliche Sprache" zu sprechen. Auch die NATO verturteilte den Angriff in Duma. "Jeder Einsatz von chemischen Waffen ist inakzeptabel und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Syrische Armee in Alarmbereitschaft Die USA machen die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad für den mutmaßlichen Giftgasangriff verantwortlich. Russland wies jegliche Anschuldigungen gegen die syrische Regierung zurück. Moskau erklärte, die Rebellen hätten den Angriff lediglich inszeniert. Russland ist im Syrien-Krieg ein enger Verbündeter der Regierung von Machthaber Assad. Die syrische Regierung versetzte ihre Armee "in höchste Alarmbereitschaft", um auf eventuelle Angriffe reagieren zu können. Das berichtet die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehrere Stützpunkte in verschiedenen Landesteilen seien zudem angesichts möglicher Angriffe vorsorglich geräumt worden, berichtet die Beobachtungsstelle. Warnung für Flüge im östlichen Mittelmeer Angesichts der Spannungen vor einem möglichen Militäreinsatz der USA und anderer Staaten gegen Syrien hat die Luftraumüberwachung Eurocontrol alle Airlines auf mögliche Probleme im östlichen Mittelmeer hingewiesen. In der gestern veröffentlichten Warnung hieß es, dass "innerhalb der nächsten 72 Stunden" Luftangriffe in Syrien sowie der Einsatz von Raketen und Marschflugkörpern möglich seien. Zuvor hatten bereits die Flugaufsichtsbehörden verschiedener Länder vor Flügen in den syrischen Luftraum gewarnt. Doch die Mitteilung von Eurocontrol umfasst mit einem Bezug zu der Gegend um Zypern ein größeres Gebiet. Eurocontrol bezog sich auf eine Mitteilung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA).
/ausland/syrien-angriff-armee-107.html
2018-04-01
Leere Worte - und keine Strategie
EU und der Syrien-Krieg
Diplomatie - das klingt gut. Doch für Syrien ist diese Karte, die die EU gerade zu spielen versucht, keine Option, meint Pascal Lechler. Denn die Politik des Westens ist gescheitert. mehr
Diplomatie - das klingt gut. Doch für Syrien ist diese Karte, die die EU gerade zu spielen versucht, keine Option. Denn die Politik des Westens ist gescheitert. Die USA, Frankreich und Großbritannien handeln und die EU muss sich mehr oder weniger mit der Rolle des außenstehenden Beobachters begnügen. Das ist nicht weiter verwunderlich - der EU fehlt es an Gewicht und vielleicht noch entscheidender an einer Strategie. Dabei geht es um einen Konflikt, direkt vor der eigenen Haustür. Jeden Tag wird die Union mit den Folgen konfrontiert. Denn immer noch kommen Flüchtlinge auch aus Syrien in der EU an - trotz des Flüchtlingspakts mit der Türkei. Die Verteilung dieser Flüchtlinge hat zu einem massiven Streit innerhalb der EU geführt. Man müsste also meinen, die Union setze schon aus eigenem Interesse alles dran, um den Konflikt in Syrien zu beenden. Ist die EU Teil der Lösung für Syrien? Zugegeben: Die EU spielt in der Frage der humanitären Hilfe im Syrien-Konflikt eine zentrale Rolle und diese will sie auch mit Blick auf eine politische Nachkriegsordnung spielen. Einen Trumpf habe die Union, so die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini vor einem Jahr in Brüssel. Die EU sei niemals Teil des Konflikts gewesen. Nur müsste man da Frau Mogherini nicht auch fragen, ob die EU jemals Teil der Lösung war?  Ende April wird es in Brüssel unter Führung der EU wieder eine Syrien-Konferenz geben. Beim Friedensprozess in Genf spielt die EU nur eine Nebenrolle. Und in Astana, dem dritten diplomatischen Schauplatz, ist die Union ganz außen vor. Die EU bringt in diesem verworrenen Konflikt einfach nicht genügend diplomatisches Gewicht auf die Waagschale. Heute werden sich in Luxemburg die EU-Außenminister treffen. Am Ende wird es ein gemeinsames Statement geben. Wohl abgewogene Worte, weil die 28 EU-Mitglieder sich in der Regel nicht einig sind, wie harsch sie Russland verurteilen sollen. Zu unterschiedlich sind die Beziehungen zu Moskau, zu unterschiedlich die Interessen.  Zeit der Diplomatie ist längst vorbei Am Wochenende rief die EU-Außenbeauftragte Mogherini Russland und den Iran dazu auf, auf Syriens Machthaber Bashar al-Assad einzuwirken, um ihn von einem weiteren Chemiewaffeneinsatz abzuhalten. Wieder ein Appell aus Brüssel und vermutlich auch nicht der letzte. Erschwerend kommt eben hinzu, dass Brüssel nie eine richtige Syrien-Strategie hatte. Erst ging es darum, die friedliche Revolution zu unterstützen, dann Assad zu Fall zu bringen, dann mit der Flüchtlingskrise klarzukommen und jetzt will man diplomatischen Druck aufbauen, wo die Diplomatie längst aufgehört hat. Keine Karten mehr im Spiel Nicht zu vergessen, dass der wichtigste Partner an der Seite der Europäer, die USA, in Syrien auch keine klare Strategie verfolgt. Das ermöglichte es anderen, insbesondere Russland, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen, in dem sie in das Vakuum stießen. Wie drückte es der ehemalige französische Außenminister Hubert Védrine kürzlich aus: Unsere Politik ist gescheitert. Der Westen hat keine Karten mehr im Spiel. Und man müsste hinzufügen: die EU sowieso nicht.
/kommentar/syrien-eu-101.html
2018-04-01
Ein kämpferischer Präsident
Macron zu Reformplänen
Macron gibt selten Fernsehinterviews - knapp ein Jahr nach der Wahl zum französischen Präsidenten war es gleich das zweite: In symbolträchtiger Kulisse verteidigte Macron seine Reformen trotz aller Proteste. mehr
Macron gibt selten Fernsehinterviews - knapp ein Jahr nach der Wahl zum französischen Präsidenten war es gleich das zweite: In symbolträchtiger Kulisse verteidigte Macron seine Reformen trotz aller Proteste. Es ist ein prestigeträchtiger Ort, an dem Emmanuel Macron sein Interview gab - knapp ein Jahr nach seiner Wahl zum französischen Präsidenten: Das Palais Chaillot liegt nicht nur direkt hinter dem Eiffelturm, der damit das perfekte Hintergrundbild für das Livegespräch bot. Das Gebäude ist zudem zur Pariser Weltausstellung 1937 gebaut worden. Und nicht zuletzt wurde genau hier die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948 unterzeichnet. Vier Tage nach seinem Interview im Fernsehsender TF1, für das Macron einen Klassenraum einer Grundschule gewählt und sich dementsprechend bürgernah präsentiert hatte, spielte dementsprechend nun im Gespräch mit dem Nachrichtensender BFM-TV und dem Internetportal "Mediapart" die Außenpolitik eine große Rolle. So rechtfertigte er die Angriffe auf Syrien und betonte zugleich, dass sich Frankreich um diplomatische Fortschritte bemühen wolle. Wie schon bei der Diskussion um Reformen innerhalb der EU wird deutlich: Macron strebt eine aktive Rolle Frankreichs in der Welt an. In den fast drei Stunden zeigte sich Macron selbstbewusst und kämpferisch - nicht zuletzt bei kritischen Fragen der Journalisten: "Sie sind die Fragensteller und ich bin der Präsident." Er kritsierte zudem Andeutungen beziehungsweise Unterstellungen seitens der beiden Interviewer. Auch innenpolitisch fand Macron deutliche Worte: So verteidigte er den Ansatz seiner Regierung, Arbeitnehmerrechte für einen wirtschaftlichen Aufwind zu beschneiden sowie Steuerkürzungen für Unternehmen und Reiche zu beschließen. "Ich will, dass wir wirtschaftlich erfolgreich sind, um wirklich soziale Politik zu machen." "Ich höre die Wut" Angesichts der Proteste gegen seine Reformpolitik versuchte Macron aber auch, auf die Sorgen der Bürger einzugehen: "Ich höre all diese Wut", sagte er insbesondere auf die Eisenbahner bezogen, die gegen die von ihm angestoßene Reform kämpfen. Diese will er dennoch auf jeden Fall bis zum Ende durchziehen. Macron will die staatliche Bahngesellschaft SNCF ab 2020 wie von der EU beschlossen für den Wettbewerb öffnen. Die Gewerkschaften fürchten eine Privatisierung und protestieren vor allem gegen die geplante Abschaffung des beamtenähnlichen Status der Bahnbeschäftigten. Zuletzt gab es deshalb massive Streiks. Kein Verständnis für Studentenproteste Zu den derzeitigen Studentenprotesten in Frankreich äußerte sich der Präsident jedoch kritisch: Die demonstrierenden Studenten stellten "eine Minderheit" dar, sagte Macron. Er wiederholte seinen Vorwurf, dass es mehrheitlich "professionelle Aufwiegler" seien, welche landesweit Universitäten besetzten. Die Studenten protestieren gegen eine Reform des Hochschulzugangs. Erst in der vergangenen Woche hatte die französische Polizei die renommierte Sorbonne-Universität in Paris geräumt, die von rund 200 Studenten besetzt worden war.
/ausland/macron-interview-reformen-101.html
2018-04-01
"Komplikationen" im Tarifstreit
Öffentlicher Dienst
Der Optimismus ist verflogen: Ver.di-Chef Bsirske spricht von "mäßiger Stimmung" bei den Tarifgesprächen für den öffentlichen Dienst. Jetzt sitzen die Verhandler wieder zusammen - unklar ist, wie lang. mehr
Der Optimismus ist verflogen: Ver.di-Chef Bsirske spricht von "mäßiger Stimmung" bei den Tarifgesprächen für den öffentlichen Dienst. Jetzt sitzen die Verhandler wieder zusammen - noch ist nicht klar, wie lang. Bei der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sind zwischen den Verhandlungspartnern Schwierigkeiten aufgetreten. Der Vorsitzende der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, sagte in Potsdam: "Es gibt Komplikationen, und wir müssen sehen, wie wir sie bewältigen." Weitere Angaben wollte Bsirske nicht machen. "Das ist es. Kein Kommentar", sagte er. "Die Stimmung ist mäßig." Einigung oder Scheitern? Eine Einigung wird nicht mehr für den heutigen Tag erwartet, sondern voraussichtlich erst für Dienstag oder Mittwoch. Auch ein vorläufiges Scheitern ist nicht ausgeschlossen. Seit Mittag wird die entscheidende Tarifrunde fortgesetzt. Bis dahin sollen Arbeitsgruppen Annäherungsmöglichkeiten ausloten. Vor allem der Verhandlungsführer des Bundes, Innenminister Horst Seehofer, hatte sich zunächst optimistisch geäußert, ebenso die Arbeitnehmervertreter. Bis Sonntagabend war eine grundsätzliche Annäherung in dem Tarifpoker für die 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen aber zunächst ausgeblieben. Warnstreiks störten Flugverkehr In der vergangenen Woche hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland behindert und den Flugverkehr gestört. Die Arbeitgeber lehnen die Forderungen nach sechs Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro mehr, bisher ab. Ver.di-Chef Frank Bsirske warnte, die Abstände der Entgelte im öffentlichen Dienst zur Privatwirtschaft dürften nicht immer größer werden. "Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden." Das gelte gerade auch für Auszubildende.  Der Vorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, erwartete einen Durchbruch bis Dienstag. Aber anders als Bsirske, der zunächst abwarten wollte, wie sich Seehofer in den Verhandlungen positioniert, wurde Silberbach deutlich: "Sollten die Arbeitgeber sich einer vernünftigen, konstruktiven Lösung verweigern, dann werden wir weiter kämpfen für unsere berechtigten Forderungen. Dann würden wir die Arbeitskampfmaßnahmen natürlich noch mal verstärken müssen."
/wirtschaft/tarifverhandlungen-oeffentlicher-dienst-109.html
2018-04-01
Zwischen Fiktion und Wirklichkeit
Krieg in Syrien
Nach dem mutmaßlichen Giftgas-Einsatz in Duma hat Moskau behauptet, der Angriff sei vom Westen inszeniert. Dabei werden die Grenzen zwischen Fiktion und Realität komplett verwischt. Von Patrick Gensing.
Nach dem mutmaßlichen Giftgas-Einsatz in Duma hat Moskau behauptet, der Angriff sei vom Westen inszeniert. Dabei werden die Grenzen zwischen Fiktion und Realität komplett verwischt. Schon seit Monaten tobt eine Propagandaschlacht um den Einsatz von Giftgas in Syrien: Fotos und Videos im Netz sollen beweisen, dass Aufnahmen von Attacken und Opfern nur gestellt seien und entsprechende Angriffe nie stattgefunden hätten. Derzeit wird über die Deutung des mutmaßlichen Angriffs mit Giftgas in Duma gerungen: In sozialen Netzwerken kursieren Bilder, die ein ganzes Filmset von Rebellen zeigen sollen: Angeblich werden dort Frauen und Kinder geschminkt und ausgestattet, um als Opfer eines Angriffs inszeniert zu werden. Diese Bilder werden bereits seit Anfang März verbreitet als vermeintlicher Beleg, dass es eine Medienindustrie gebe, um die syrische Armee zu dämonisieren. Set vom Spielfilm Tatsächlich zeigen diese Bilder ein Filmset - aber nicht von Hollywood oder Rebellen eingrichtet, sondern sie stammen von Dreharbeiten an dem syrischen Spielfilm "Revolution Man". Auf der Facebook-Seite zu der Produktion wurden die Bilder im Februar veröffentlicht, der Film selbst wurde Anfang März in Damaskus vorgestellt. Das Mobilfunkunternehmen Syriatel und das syrische Ministerium für Kultur förderten den Film. Der Regisseur Najdat Anzour ist nicht nur bekannt durch Film- und TV-Produktionen, sondern wurde 2017 auch zum Sprecher des syrischen Parlaments benannt und leitet bis heute diplomatische Delegationen. Inhaltlich geht es in diesem Film passenderweise um die Inszenierung von Krieg in Syrien - und zwar durch einen gewissenlosen und geltungssüchtigen westlichen Journalisten. Dieser Reporter reist illegal nach Syrien ein, um möglichst reißerisch zu berichten. Da er aber nicht die erwünschten Motive vorfindet, inszeniert er gemeinsam mit Rebellen chemische Attacken, so die Erzählung. Staatsfernsehen mit weiterer Verschwörung Die Fotos des Filmsets stammen also ohne Zweifel von den Dreharbeiten für "Revolution Man". Dennoch wird nun behauptet, die Rebellen in Syrien würden nicht nur einzelne Motive inszenieren, sondern hätten sogar das gesamte Set nachgeahmt. Diese abenteuerliche Theorie verbreiten nicht kleine Blogs im Netz, sondern das berichtete der russische Staatssender "Russia 1" am 9. April 2018 in seiner Hauptnachrichtensendung. "Russia 1" behauptet, die Bilder von dem Filmset stammten von den oppositionellen Weißhelmen in Syrien. Diese Gruppierung sei vom Westen gegründet worden und werde von dort aus finanziert. Die Weißhelme betrieben eine ganze Fake-Fabrik und seien die PR-Abteilung von Al Kaida in Syrien, so das russische Staatsfernsehen. Als vermeintlichen Beweis für das inszenierte Filmset führt "Russia 1" lediglich eine angeblich falsch beschriftete Regieklappe an. Diese soll beweisen, dass es sich um einen Fake der Weißhelme handelt. Das russische Staatsfernsehen erwähnt aber nicht, dass diese Regieklappe auf der Facebook-Seite zum Film "Revolution Man" zu sehen ist. Und es erwähnt auch nicht, dass eine namentlich genannte Regie-Assistentin des Filmteams diese Klappe hält. Diese Assistentin hat zahlreiche weitere Fotos von den Dreharbeiten und der Premiere des Films in Syrien veröffentlicht. Das russische Staatsfernsehen kann also kein belastbares Indiz für seine Behauptung liefern, wonach die Weißhelme ein ganzes Filmset inszeniert hätten. Dennoch behauptet "Russia 1", man habe die Gruppe demaskiert. Warum sollten aber die Rebellen überhaupt einen solchen Aufwand betreiben? "Russia 1" zufolge wollen die Weißhelme ihre eigenen Fake-Produktionen verschleiern, indem sie behaupten, Aufnahmen von inszenierten Opfern stammten von den Dreharbeiten für "Revolution Man". Kreml: Attacke war inszeniert Wenige Tage nach diesem Bericht von "Russia 1" nahm der russische Außenminister Sergej Lawrow dann die Unterstellung auf, die Attacke von Duma sei ein Fake: Wir haben unwiderlegbare Informationen, dass dies eine neuerliche Inszenierung von Geheimdiensten eines Staates war, der sich darum reißt, in der ersten Reihe der russophoben Kampagne zu stehen. Und der Sprecher der russischen Armee, Igor Konaschenkow, legte nach: London habe bei der Inszenierung des mutmaßlichen Giftgasangriffs "starken Druck" auf die Zivilschutzorganisation der Weißhelme ausgeübt. Angebliche "False-Flag-Operation" Anders ausgedrückt: Das Assad-Regime habe kein Giftgas eingesetzt, sondern solche Attacken seien vom Westen inszeniert, um Moskau schlecht aussehen zu lassen. Es handele sich um eine False-Flag-Operation - also eine Aktion unter falscher Flagge. Eine Verschwörungslegende, die ähnlich im Fall Skripal aufgestellt worden war. Russland inszeniert sich somit erneut als Opfer. Plausible Erklärungen, belastbare Indizien oder gar Beweise kann Moskau hingegen nicht benennen. Stattdessen verbreitet das russische Staatsfernsehen lupenreine Desinformation.
/faktenfinder/fake-syrien-revolutionman-101.html
2018-04-01
"Ohne Russland keine Lösung"
EU-Debatte zu Syrien
Beim Thema Syrien arbeitet die EU an zwei Problemen gleichzeitig: Geschlossenheit demonstrieren und dem Friedensprozess neues Leben einhauchen. Im Mittelpunkt steht dabei der Umgang mit Russland. Von Kai Küstner.
Beim Thema Syrien arbeitet die EU an zwei Problemen gleichzeitig: Geschlossenheit demonstrieren und dem Friedensprozess neues Leben einhauchen. Im Mittelpunkt steht dabei der Umgang mit Russland. Geht es nach der EU, dann schlägt wenige Tage nach den westlichen Luftangriffen in Syrien die große Stunde der Diplomatie: Berlin und Paris werben gemeinsam dafür, dem Friedensprozess für das Bürgerkriegsland neues Leben einzuhauchen. Das unterstrich der deutsche Außenminister Heiko Maas beim EU-Treffen in Luxemburg: "Ob es einem gefällt oder nicht: Ohne Russland wird man diesen Konflikt nicht lösen können." Der Fahrplan zum Frieden in Syrien, den Maas nun noch einmal beschrieb, ist eigentlich seit geraumer Zeit vorgezeichnet: Waffenstillstand, Zugang für Hilfsorganisationen zur Zivilbevölkerung, Übergangsregierung, eines fernen Tages auch Wahlen - so lauten die Etappen in der Theorie. Doch in der Praxis bewegte sich zuletzt nichts. Wohl auch, weil der syrische Machthaber Bashar al-Assad sich mit Hilfe Russlands militärisch auf der Siegerstraße befindet. An eine dauerhafte Beilegung des Konflikts mit Assad glaubt der deutsche Außenminister nicht: "Es wird eine Lösung geben, mit allen, die in dieser Region Einfluss haben. Dass jemand, der Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt, Teil dieser Lösung sein kann kann sich wohl niemand vorstellen." Luftangriffe als Signal Die EU schloss sich dem französisch-deutschen Friedens-Vorstoß an, indem sie in einer gemeinsamen Erklärung dafür warb, die "Dynamik der gegenwärtigen Situation zu nutzen", wie es wörtlich in dem Text heißt. Für die Europäische Union ist es unerlässlich, nach Außen Geschlossenheit zu demonstrieren, um glaubwürdig einen neuen Anstoß in Richtung Frieden geben oder gar als eine Art Vermittler auftreten zu können. Das versucht sie, indem sie sich nun in einer gemeinsamen Erklärung aller 28 Mitgliedstaaten einhellig hinter die Luftangriffe stellt. Allerdings bekundet die EU in dem Text nicht etwa ihre "volle Unterstützung", so wie die NATO das getan hatte. Es ist lediglich die Rede davon, dass man "Verständnis" für die amerikanisch-britisch-französischen Angriffe habe. Damit bleiben die Europäer in ihrer Wortwahl verhalten. Sie weichen auch von der Erklärung der Bundesregierung ab, die von einem "angemessenen und erforderlichen" Vorgehen gesprochen hatte. Der britische Außenminister Boris Johnson erklärte in Luxemburg noch einmal, dass die gezielten Angriffe "genau das Richtige" gewesen seien. Er warnte aber vor zu großen Erwartungen: "Dies ist nicht der Versuch, dem Krieg in Syrien eine Wende zu geben, das Regime auszuwechseln oder Präsident Assad loszuwerden. Ich fürchte, der Krieg wird in seiner fürchterlichen Art weitergehen. Aber es war das Signal der Welt: Wir haben genug von chemischen Waffen." Druck auf Russland, Druck auf Assad Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn warnte davor, zu glauben, dass die Luftschläge nun eine entscheidende Wende in diesem Bürgerkrieg herbeiführen würden. Asselborn bekundete seine Sympathie für die Äußerungen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der davor gewarnt hatte, alle Kanäle zu Moskau zu verschließen: "Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Russland aus diesem Morast raus will. Und dass wir als EU uns auf die Zähne beißen müssen, um wieder zu einem normalen, vernünftigen Verhältnis mit Russland zu kommen. Das ist das Einzige, was uns einer Lösung in Syrien näher bringt." Dass es allerdings innerhalb der EU im Umgang mit Russland viele unterschiedliche Ansätze gibt, ist kein Geheimnis. Die einen werben eher für eine Annäherung - wie Asselborn. Andere mahnen, nur aus einer Position der Stärke heraus könne man im Kreml wirklich etwas bewegen. Also muss die EU neben vielen anderen auch dieses Problem noch lösen: Wie hart oder sanft sie Präsident Putin eigentlich anpacken will. Nur eins dürfte klar sein: Eine Syrien-Lösung wird nicht möglich sein, ohne dass die EU Druck auf Moskau ausübt. Russland müsste dann wiederum Druck auf Assad ausüben, um ihn an den Verhandlungstisch zu bewegen.
/ausland/eu-syrien-105.html
2018-04-01
EU reicht Beschwerde bei WTO ein
US-Zölle auf Stahl und Aluminium
Die Europäische Union hat sich offiziell bei der WTO über die US-Zölle auf Stahl und Aluminium beschwert. Sie fordert den Beginn eines Schlichtungsverfahrens. mehr
Die Europäische Union hat sich offiziell bei der WTO über die US-Zölle auf Stahl und Aluminium beschwert. Die EU fordert den Beginn eines Schlichtungsverfahrens. Im Streit um die neuen US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte hat die EU die Welthandelsorganisation eingeschaltet. Die WTO veröffentlichte ein Dokument, in dem sich die Europäische Union offiziell über die US-Maßnahme beschwert und den Beginn eines Schlichtungsverfahrens verlangt. Vergeltungszölle auf US-Produkte? Es sieht zunächst Konsultationen der Streitparteien vor. Gleichzeitig hält sich die EU mit dem Schritt die Möglichkeit von Ausgleichsmaßnahmen offen. Dazu könnten zum Beispiel Vergeltungszölle auf US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans zählen. Als Grund für ihr Vorgehen nennt die EU die Begründung der USA für die Zölle. Nach EU-Auffassung wurden sie nämlich nicht wie von Washington behauptet aus Sicherheitsgründen, sondern zum Schutz von US-Unternehmen vor ausländischer Konkurrenz verhängt. Als Schutzmaßnahmen hätten die neuen Zölle auch bei der WTO gemeldet werden müssen, argumentiert die EU. Zollbefreiung läuft zum 1. Mai aus Die EU startete das Verfahren nun, obwohl ihre Mitgliedstaaten bislang noch von den neuen Zöllen ausgenommen sind. In Verhandlungen sollen die USA Zugeständnisse für eine dauerhafte Befreiung von den Abgaben fordern. Die aktuelle Befreiung von den Zöllen läuft zum 1. Mai aus. Über eine mögliche dauerhafte Ausnahmeregelung führt EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström seit einigen Wochen Gespräche mit der US-Regierung. Aus EU-Kreisen hieß es zuletzt allerdings, eine Einigung bis Ende dieses Monats sei kaum mehr realistisch. Möglicherweise könnte es eine befristete Verlängerung der Ausnahmeregelung geben. Wann die offiziellen WTO-Konsultationen zwischen der EU und den USA beginnen können, ist unklar.
/wirtschaft/wto-eu-zoelle-101.html
2018-04-01
Weitere Warnstreiks - noch bis zum Freitag
Öffentlicher Dienst
Vielerorts gehen die Warnstreiks des öffentlichen Dienstes heute weiter. Noch bis Freitag kommt es zu Ausständen. Am Dienstag legten laut ver.di mehr als 60.000 Beschäftigte die Arbeit nieder. mehr
Vielerorts gehen die Warnstreiks des öffentlichen Dienstes heute weiter. Noch bis Freitag kommt es zu Ausständen. Am Dienstag legten laut ver.di mehr als 60.000 Beschäftigte die Arbeit nieder. Auch heute gibt es wieder Arbeitsniederlegungen der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Die Ausstände dürften erneut für Einschränkungen in Kitas, Krankenhäusern, im Nahverkehr und in der Verwaltung sorgen. Bis Freitag sind regional unterschiedlich weitere Arbeitsniederlegungen geplant. So soll in Baden-Württemberg neben Kitas und Kliniken in einzelnen Städten auch der kommunale Nahverkehr bestreikt werden. Ausstände soll es auch in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen geben. Auch für Brandenburg sind Warnstreiks angekündigt. Am Donnerstag soll ein ganztägiger Streik den öffentlichen Nahverkehr in Hannover zum Erliegen bringen. Flughäfen sollen dagegen vorerst nicht mehr bestreikt werden. Flughafenfeuerwehr legte Arbeit nieder Am Dienstag waren Hunderte Flüge annulliert worden. Der Flughafen Köln-Bonn stellte den Luftverkehr am Morgen stundenlang komplett ein, weil die Flughafenfeuerwehr die Arbeit niederlegte. An den ebenfalls bestreikten Airports in München und Bremen wurden Hunderte Flüge gestrichen, so dass es in der Folge in Berlin und Leipzig/Halle ebenfalls zu Ausfällen kam. Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt wurden rund 660 von 1441 geplanten Starts und Landungen gestrichen. Allein die Lufthansa hatte angekündigt, mehr als 800 Flüge zu annullieren und damit über die Hälfte der geplanten Verbindungen. Betroffen sind rund 90.000 Passagiere. Auch der städtische Nahverkehr, Kitas, Kliniken, Verwaltungen und Hallenbäder waren vielerorts betroffen: Insgesamt hätten sich mehr als 60.000 Beschäftigte in acht Bundesländern im Warnstreik befunden, teilte die Gewerkschaft ver.di mit. Gespräche werden am Sonntag fortgesetzt Vor der nächsten Verhandlungsrunde rechtfertigte ver.di-Chef Frank Bsirske den erhöhten Druck auf die Arbeitgeber von Bund und Gemeinden: "Wann, wenn nicht jetzt, kann es deutliche Sprünge nach oben für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben - auch im öffentlichen Dienst?" Von Sonntag bis Dienstag wollen die Konfliktparteien in Potsdam ihre Gespräche fortsetzen. Bsirske sagte dazu: "Wenn wir nach der dritten Verhandlungsrunde am selben Punkt stünden wie heute nach den ersten zwei Verhandlungsrunden, dann stehen die Zeichen auf Konfrontation." Dann sei auch klar, "dass die Arbeitgeberseite die Konfrontation sucht".
/wirtschaft/streik-verdi-bilanz-101.html
2018-04-01
Korrupt bis hin zum Lohn
Wahl in Aserbaidschan
Die Präsidentschaftswahl in Aserbaidschan soll den Machtapparat um die Familie Alijew zementieren. Obwohl als korrupt bekannt, lassen sich Geschäftsleute auf Deals im Land ein, etwa die Trump Organization. Von Silvia Stöber.
Aserbaidschan hält eine Präsidentschaftswahl ab, die den Machtapparat um die Familie Alijew zementieren soll. Obwohl als autoritär und korrupt bekannt, lassen sich Geschäftsleute auf Deals im Land ein, darunter die Trump Organization. Weitere sieben Jahre für Ilham Alijew - so viel scheint sicher. Mit dem eigentlich demokratischen Instrument der Präsidentschaftswahl wird in Aserbaidschan ein Machtsystem legitimiert, an dessen Spitze seit Jahrzehnten eine Familie steht. Nicht nur löste Alijew 2003 seinen Vater im Amt ab. 2017 ernannte er auch seine Frau Mehriban zur Vizepräsidentin. Mittels eines umstrittenen Referendums stellte Alijew 2016 sicher, dass ihm sein damals 19-jähriger Sohn theoretisch schon in jungen Jahren nachfolgen kann: Er ließ das Mindestalter von 35 Jahren für Präsidentschaftskandidaten aufheben. Alijews Töchter Leyla und Arzu sind in zahlreiche Businessaktivitäten involviert. Kritiker werden diskreditiert Die Opposition wurde während der Präsidentschaft Alijews Schritt für Schritt diskreditiert und marginalisiert, unabhängige Journalisten und Aktivisten mit Prozessen überzogen - wenn sie nicht bereits ins Ausland, unter anderem nach Deutschland, geflohen waren. An ihre Stelle traten regierungsnahe Medien und "GoNGOs": von der Regierung gesteuerte Nichtregierungsorganisationen. Ein Gegengewicht zur Präsidentenfamilie bilden nicht Institutionen wie die Gerichte oder das Parlament. Es ist vielmehr die mächtige Präsidialadministration, die wie eine Parallelregierung neben den Ministerien agiert. Hinzu kommen machtvolle Clans aus den Regionen des Landes, in denen sie wie Adlige herrschen. Die Menschen vertrauen nicht den offiziellen Institutionen, sondern ihren persönlichen Beziehungen zu einflussreichen Personen, die sie bestechen müssen - so beschreiben Experten und Beobachter wie der Politikwissenschaftler Svante Cornell, der unter anderem an der John Hopkins University in Washington lehrt, das Gesellschaftssystem im Land. Junge Aserbaidschaner berichten, dass sie nur einen Teil ihres Lohns auf ihr Konto überwiesen bekamen. Einen anderen Teil erhielten sie in einem Umschlag. Wenn sie ihn annahmen, machten sie sich der Korruption schuldig und lieferten sich so der Willkür ihres Chefs aus. Internationale Investoren - angezogen von den Einnahmen aus Öl und Gas in den vergangenen Jahren - können in der Regel nur gemeinsam mit einer aserbaidschanischen Firma auf dem Markt aktiv werden. Trump-Tower in Baku Eine Firma, der sich auf diese Bedingungen einließ, war die Trump Organization. Das Unternehmen war involviert in den Bau eines Trump Towers in der Hauptstadt Baku. Bis Ende 2016 war an dem 33-stöckigen Gebäude am Heydar-Alijew-Prospekt weithin der Name Trump zu lesen. Doch das Fünf-Sterne-Hotel und eine Residenz im Gebäude wurde nie eröffnet, vor der Amtsübernahme Trumps wurden die Buchstaben vom Gebäude abmontiert und das Geschäft offiziell beendet. Vieles an den Geschäften der Trump Organization in Aserbaidschan bleibt unklar. Die soweit bekannten Informationen veranlassen den Ex-US-Botschafter in Baku und Professor an der George Mason University, Richard Kauzlarich, zumindest zu der Einschätzung, dass die Trump Organization bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner wenig Sorgfalt walten ließ. Gelder flossen nach Deutschland Auch andere lassen sich auf das weithin als korrupt und autokratisch bekannte System in Aserbaidschan ein und betreiben Lobbyismus für die Führung in Baku. Zu ihnen zählt der deutsche Ex-CSU-Abgeordnete Eduard Lintner. Das globale Netzwerk investigativer Journalisten "The Organized Crime and Corruption and Reporting Project" (OCCRP) fand in den Daten von Bankkonten einer Filiale der Danske Bank in Estland Belege über 19 Zahlungen an Lintner über Firmen, die in Großbritannien registriert waren. Lintner führte eine Firma, die wiederum Gelder an die CDU-Abgeordnete Karin Strenz zahlte, die im Europarat mehr oder weniger offen die Positionen der Führung in Aserbaidschan unterstützte. Strenz wurde vergangenen Herbst wieder in den Bundestag gewählt, ist aber nach politischen Druck nicht mehr Delegierte im Europarat.
/ausland/aserbaidschan-wahl-101.html
2018-04-01
EU will Staaten bei Finanzierung entgegenkommen
Flüchtlingspakt mit Türkei
Im Streit über den Flüchtlingspakt mit der Türkei will die EU ihre Mitgliedsstaaten entlasten. Man sei bereit, einen größeren Teil der Milliardenzahlung an die Türkei zu übernehmen, sagte Haushaltskommissar Oettinger. mehr
Im Streit über den Flüchtlingspakt mit der Türkei will die EU ihre Mitgliedsstaaten entlasten. Man sei bereit, einen größeren Teil der Milliardenzahlung an die Türkei zu übernehmen, sagte Haushaltskommissar Oettinger. Im Streit über die Finanzierung des Flüchtlingsabkommens mit der Türkei deutet die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten ein Entgegenkommen an. "Wir werden in den nächsten Wochen sehen, ob wir als Kommission gegebenenfalls zu einem etwas höheren Finanzbeitrag bereit sind", sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger dem "Tagesspiegel am Sonntag". Bei dem Streit geht es um die Frage, wer die zweite Tranche der mit Ankara vereinbarten Summe von drei Milliarden Euro übernimmt - die EU oder ihre Mitgliedsstaaten. Staaten sollen "nennenswerten Beitrag leisten" Bei der Auszahlung der ersten Tranche für Ankara, die ebenfalls drei Milliarden Euro betrug, hatten die Mitgliedsstaaten freiwillig zwei Milliarden Euro aufgebracht, während die übrige Summe aus dem EU-Haushalt stammte. Mitgliedsstaaten wie Deutschland erwarten mit Blick auf die zweite Tranche einen höheren Anteil aus dem EU-Haushalt. Oettinger forderte allerdings, dass auch die EU-Mitgliedsstaaten "einen nennenswerten Beitrag leisten" müssten. Die EU arbeitet seit zwei Jahren eng mit der Türkei in der Flüchtlingskrise zusammen. In einem Abkommen vom März 2016 verpflichtete sich Ankara, alle neu auf den griechischen Ägäis-Inseln ankommenden Flüchtlinge zurückzunehmen. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang der Ankunftszahlen in Griechenland. Die EU versprach im Gegenzug Milliardenhilfen, eine beschleunigte Visa-Erleichterung und die Modernisierung der Zollunion.
/ausland/eu-tuerkei-finanzstreit-101.html
2018-04-01
Politische Attrappe für Stammtische
EU-Pläne für Digitalwirtschaft
Das EU-Steuersystem muss an die Gegebenheiten der Industrie 4.0 angepasst werden. Die Pläne der EU-Kommission für eine Digitalsteuer sind aber nicht mehr als eine politische Attrappe, meint Samuel Jackisch. mehr
Das EU-Steuersystem muss an die Gegebenheiten der Industrie 4.0 angepasst werden. Die Pläne der EU-Kommission für eine Digitalsteuer sind aber nicht mehr als eine politische Attrappe. Allein schon das Wort: "Digitalsteuer". Das ist rhetorisch so präzise wie eine Schrotflinte beim Mikado. Der Begriff soll "irgendwas mit Internet" suggerieren und mit US-Konzernen: Facebook, Apple Amazon - es wird schon die richtigen treffen. Diese ganzen Datenkraken und Milliardenkonzerne! Das hat ordentlich Stammtischpotential: Alle, denen dieses ganze Internet ohnehin suspekt ist, besonders wenn es aus Amerika kommt, sollen glauben, die Europäische Kommission würde es Google und Co. jetzt mal so richtig zeigen, und den anglo-digitalen Golem besteuern bis er weint. Aber das ist nur heiße Luft. Welche Wirtschaft ist nicht digital? So etwas wie "digitale" Wirtschaft existiert nicht - weil es nämlich schon längst keine analoge mehr gibt. Die deutsche Industrie ist 4.0, nicht zuletzt dank staatlicher Subvention. Jeder Küchenhersteller entwickelt heute seine eigene App zur bequemen Kühlschrankfernsteuerung und sammelt Daten über unseren Joghurtverbrauch. Jeder Neuwagen ist ein fahrender Computer. Und auch die Herstellung von Backofen und Cabriolet läuft längst digital. Zweitens: Der Protektionismus an der Sache ist zu kurz gegriffen. Facebook und Google mögen ihre Hauptquartiere in den USA haben. Sie verstehen sich selbst, denken und handeln aber als globale Konzerne. Ihre Suchmaschinen, Netzwerke und Plattformen sind gerade deshalb so erfolgreich, weil sie regionale und nationale Kategorien überwinden und Grenzen überschreiten. BMW und Miele tun genau dasselbe, nur so können sie am Weltmarkt bestehen. Diese Unternehmen regional zu besteuern, kann nicht funktionieren. Vorgeschlagen, um zu scheitern Der Vorschlag ist nicht mehr als eine politische Attrappe. Natürlich weiß die EU-Kommission, dass es multilateral kaum Kompliziertes zu verhandeln gibt als internationales Steuerrecht. Trotzdem formuliert sie einen populären, vermeintlich einfachen Vorschlag, genießt den Applaus, wohlwissend, dass die Mitgliedsstaaten ihrer nationalen Wirtschaft verpflichtet sind und bei der Umsetzung scheitern werden.   Na klar ist es richtig, das Europas Steuersystem an die veränderte Welt anzupassen. Selbstverständlich haben Facebook & Co. gefälligst ihren Anteil zu leisten und ihre tatsächlichen Gewinne zu versteuern, statt sie trickreich auf die Bahamas zu verschieben. Gegen diesen Missstand helfen aber weder Protektionismus noch fortschrittfeindliche Ressentiments. Das ist politisch unredlich. Besser jemanden fragen, der sich auskennt Was genau vom Brüsseler Vorschlag zur Digital-Steuer übrig bleiben wird, verrät eine Tischvorlage der Bulgarischen Ratspräsidentschaft beim Treffen der Finanzminister in Sofia: Als Denkanstoß an die Minister steht dort wörtlich: "Sollten wir unsere Experten prüfen lassen, inwiefern es Verknüpfungen gibt, zwischen dem Kommissionsvorschlag einer Digital-Steuer und laufenden Verhandlungen der G20 und OECD?" Auf deutsch: Sollten wir, statt mit der EU Schwarzer Peter zu spielen, die Reform globaler Steuermodelle vielleicht lieber jemandem überlassen, der sich damit auskennt, weil er bereits seit Jahren daran arbeitet? Ich halte das für eine hervorragende Idee.
/kommentar/eu-digitalsteuer-101.html
2018-04-01
Brüssel für Gespräche mit Albanien und Mazedonien
EU-Erweiterung
Die EU-Kommission hat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Mazedonien empfohlen. Sie begründete dies mit "vielversprechenden Entwicklungen". Die Entscheidung liegt nun bei den Mitgliedstaaten. mehr
Die EU-Kommission hat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Mazedonien empfohlen. Sie begründete dies mit "vielversprechenden Entwicklungen". Die Entscheidung liegt nun bei den Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission hat sich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Mazedonien ausgesprochen. Die Behörde werde dies dem Rat der Mitgliedstaaten empfehlen, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Von den sechs Westbalkan-Staaten gibt es bisher nur Beitrittsverhandlungen mit Serbien und Montenegro. "Beide Länder haben viel in den vergangenen Monaten getan", sagte EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn. "Und das sollte anerkannt werden." Nun liege es an den Mitgliedstaaten, ob sie der Empfehlung folgen wollten. Dort gibt es derzeit vielfach Widerstand gegen weitere Erweiterungen. So sieht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine Reform der Europäischen Union als Bedingung für einen möglichen Beitritt der Westbalkanstaaten. Allerdings ziehen sich Beitrittsgespräche über viele Jahre. Sie bieten auch keine Garantie, EU-Mitglied zu werden. Hahn betonte, bei der Erweiterung gehe es nicht darum, "unseren Partnern einen Gefallen zu erweisen". Die Stabilisierung und Zusammenarbeit mit den Westbalkan-Staaten liege auch "im ureigenen Interesse" der EU. Für den 17. Mai ist ein Gipfel der EU mit den Westbalkan-Staaten in der bulgarischen Hauptstadt Sofia geplant. Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien Mazedonien ist seit Ende 2005 Beitrittskandidat. Die Aufnahme von Verhandlungen ist noch durch einen Namensstreit mit Griechenland blockiert. Athen sieht Ansprüche auf seine nördliche Region Makedonien erhoben, in der Alexander der Große geboren wurde. Deshalb soll Mazedonien nach dem Willen Athens in Neu- oder Nordmazedonien umbenannt werden. Unter Vermittlung von EU und UN wird derzeit eine Lösung gesucht. In der vergangenen Woche näherten sich die beiden Länder weiter an. In einigen Punkten habe es Fortschritte gegeben, sagte der mazedonische Außenminister Nikola Dimitrov nach einem Treffen mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Kotzias. Dieser erklärte: "Es gab positive Schritte." Die Regierung in Skopje ist grundsätzlich zu einer Namensänderung bereit, doch einige Details sind umstritten. Kommission sieht Fortschritte in Albanien Albanien wurde im Juni 2014 Kandidat. Die Kommission kritisierte bisher das weiterhin langsame und ineffektive Justizsystem sowie weitverbreitete Korruption, sieht nun aber Fortschritte. Auch organisiertes Verbrechen und Drogenhandel in dem südosteuropäischen Land sieht Brüssel als Problem. Dennoch gehört Albanien bereits seit 2009 der NATO an. Schlechtes Zeugnis für die Türkei Für die Türkei hingegen rückt ein EU-Beitritt in immer größere Ferne. In ihrem neuen Türkei-Bericht äußert die EU-Kommission deutliche Kritik an der Politik des islamisch-konservativen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Konkret ist zum Beispiel von deutlichen Verschlechterungen der Rechtsstaatlichkeit und der Presse- und Meinungsfreiheit die Rede. Eine Empfehlung, die praktisch bereits auf Eis liegenden Beitrittsgespräche mit der Türkei auch offiziell auszusetzen, sprach die Kommission allerdings nicht aus. Ein solcher Schritt könnte aus Sicht der Kommissionsspitze zum Beispiel die Vereinbarungen zur Flüchtlingskrise gefährden.
/ausland/eu-beitrittsgespraeche-101.html
2018-04-01
Mehr Geld in drei Stufen geplant
Öffentlicher Dienst
Drei Tage lang rangen Arbeitgeber und Gewerkschaften miteinander, dann kamen sie zu einem Ergebnis. In drei Schritten sollen die Beschäftigten mehr Geld bekommen. Allerdings haben noch nicht alle Gremien zugestimmt. mehr
Drei Tage lang rangen Arbeitgeber und Gewerkschaften miteinander, dann kamen sie zu einem Ergebnis. In drei Schritten sollen die Beschäftigten mehr Geld bekommen. Allerdings haben noch nicht alle Gremien zugestimmt. Die Verhandlungsführer der Gewerkschaften ver.di und Beamtenbund dbb sowie des Bundes und der Kommunen haben sich auf einen Vorschlag für einen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst geeinigt. Die 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen sollen nach einem vorläufigen Ergebnis der Tarifverhandlungen höhere Einkommen in drei Stufen erhalten. Wie mehrere Medien berichten, soll es rückwirkend zum 1. März 2018 im Schnitt 3,19 Prozent mehr geben, zum 1. April 2019 3,09 Prozent mehr und zum 1. März 2020 weitere 1,06 Prozent. Außerdem soll es bis zur Entgeltgruppe sechs eine Einmalzahlung von 250 Euro geben. Die Laufzeit des Tarifvertrages solle 30 Monate betragen. Kommunen stimmen zu Das geschnürte Tarifpaket wird derzeit noch von den Tarifkommissionen von ver.di und dbb beraten. Der kommunale Arbeitgeberverband VKA stimmte dem Vertragsentwurf nach längeren Beratungen zu. Dies sei mit der Zusage verbunden, Detailprobleme wie etwa die Bezahlung bei kommunalen Sparkassen im Nachgang zu klären, sagten Teilnehmer nach der VKA-Runde. "Komplexes Ergebnis" Die dritte Runde der Tarifverhandlungen hatte am Sonntag begonnen. Die Gewerkschaften hatten sechs Prozent mehr Einkommen sowie einen Mindestbetrag von 200 Euro gefordert. Bsirske sagte vor Beginn des entscheidenden, vorerst letzten Verhandlungstages, Arbeitgeber und Gewerkschaften seien "einer Einigung näher gekommen". Einige Hürden waren im Laufe des Tages noch zu nehmen. Das Ergebnis sei "sehr komplex".  Vor allem der von den Gewerkschaften geforderte Mindestbetrag für untere Lohngruppen galt als problematisch für die Arbeitgeber, vor allem die Kommunen. Aber auch die Forderung nach unterm Strich sechs Prozent mehr Geld war ihnen zu teuer. In der vergangenen Woche hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört.
/wirtschaft/oeffentlicher-dienst-115.html
2018-04-01
Starbucks macht für Schulungen Läden dicht
Nach Rassismus-Vorwürfen
Die Festnahme von zwei Schwarzen in einer Starbucks-Filiale hatte einen Sturm der Entrüstung entfacht. Nun reagiert die Café-Kette mit einer Mitarbeiter-Schulung und schließt dafür sogar Filialen. Von Reinhard Spiegelhauer.
Die Festnahme von zwei Schwarzen in einer Starbucks-Filiale hatte einen Sturm der Entrüstung entfacht. Nun reagiert die Café-Kette mit einer Mitarbeiter-Schulung und schließt dafür sogar Filialen. Starbucks-Chef Kevin Johnson war nach Philadelphia gereist, um sich über den Vorgang zu informieren: "Wir wollten wissen, was falsch gelaufen ist, und was wir tun müssen, um das in Zukunft zu verhindern". Jetzt sollen alle Mitarbeiter, die in einer Filiale arbeiten, die direkt von Starbucks geführt wird, eine Anti-Rassismus-Schulung erhalten. Mehr als 8000 Filialen mit 175.000 Mitarbeitern in den gesamten USA werden dafür am Nachmittag des 29. Mai geschlossen bleiben. Die angekündigte Schulung ist Konsequenz aus einem Vorfall in Philadelphia am vergangenen Donnerstag. Dort waren in einer Starbucksfiliale zwei Afroamerikaner festgenommen worden, nachdem sie die Toilette benutzen wollten, ohne etwas bestellt zu haben. Handyvideos verbreiteten sich im Internet Das Personal forderte die beiden Männer auf, zu gehen - als die das Café aber nicht verließen, rief ein Mitarbeiter die Polizei. Handyvideos der anschließenden Festnahme verbreiteten sich im Internet. Der Vorwurf: Zahlreiche Menschen hielten sich regelmäßig bei Starbucks auf, ohne etwas zu bestellen - zum Beispiel, um Freunde zu treffen oder das kostenlose WLAN zu nutzen. Die beiden Männer seien alleine wegen ihrer Hautfarbe diskriminiert worden. Der Mitarbeiter, der die Polizei gerufen hatte, hatte später gesagt, er habe nicht gedacht, dass es zu einer Festnahme kommen würde. Er ist mittlerweile entlassen worden.
/wirtschaft/starbucks-anti-rassismus-training-101.html
2018-04-01
"Bestes Ergebnis seit Jahren"
Einigung im Tarifkonflikt
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes haben sich die Konfliktparteien auf einen Kompromiss geeinigt. Der sieht eine dreistufige Erhöhung der Einkommen vor. Kritik an der Einigung kam aus den Kommunen. mehr
Im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes haben sich die Konfliktparteien auf einen Kompromiss geeinigt. Der sieht eine dreistufige Erhöhung der Einkommen vor. Kritik an der Einigung kam aus den Kommunen. Der Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen ist beigelegt. Arbeitgeber und Gewerkschaften erzielten in der Nacht einen Durchbruch in den Verhandlungen für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten. Laut Bundesinnenminister Horst Seehofer und ver.di-Chef Frank Bsirske beinhaltet die Vereinbarung über die gesamte Laufzeit von 30 Monaten Lohnsteigerungen von insgesamt rund 7,5 Prozent. "Es ist das beste Ergebnis seit vielen Jahren", sagte Bsirske. Besonders hohe Zuwächse gebe es in den Bereichen, in denen der öffentliche Dienst die größten Personalprobleme habe - wie etwa bei Fach- und Führungskräften, Technikern, Ingenieuren und IT-Fachleuten. Vorgesehen sind Lohnsteigerungen in drei Stufen bis zum Jahr 2020. Ab 1. März gibt es ein Plus von knapp 3,2 Prozent, zum April 2019 knapp 3,1 sowie zum März 2020 in der dritten Stufe knapp 1,1 Prozent. Die Bundestarifkommission von ver.di stimmte dem Kompromiss zu, nachdem zuvor schon die Tarifkommission des Beamtenbundes dbb sowie die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) grünes Licht gegeben hatten. 7,5 Milliarden Euro Kosten für die Kommunen Seehofer sprach von einer spürbaren Lohnerhöhung für die Beschäftigten verbunden mit strukturellen Verbesserungen bei den Entgelten. Um den öffentlichen Dienst attraktiver zu machen, würden etwa die Einstiegsgehälter in allen Entgeltgruppen bis 2020 um zehn Prozent angehoben. Den Bund koste das Ergebnis über die gesamten 30 Monate rund 2,2 Milliarden Euro. Die Kommunen kostet der Abschluss nach Angaben des Präsidenten der kommunalen Arbeitgeberverbände, Thomas Böhle, 7,5 Milliarden Euro. "Ich bin zufrieden, auch wenn es anstrengend war", sagte Seehofer, der zum ersten Mal als Verhandlungsführer des Bundes agierte. Zugleich kündigte er an, die Vereinbarung wie üblich auf die Beamten des Bundes zu übertragen. Kritik aus den Kommunen Weniger zufrieden zeigten sich die Vertreter der Kommunen - sie sehen die zusätzlichen Kosten von 7,5 Milliarden Euro als Problem. Der Deutsche Städtetag bezeichnete den Tarifabschluss zwar als "vertretbar", merkte aber auch zugleich an, dass die Mehrausgaben "vor allem für strukturschwache Städte mit hohen Sozialausgaben und Defiziten schwer zu verkraften" seien. Die kommunalen Haushalte würden durch die zusätzlichen Ausgaben finanziell deutlich belastet. Dennoch sei der Kompromiss richtig, um die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst an der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland teilhaben zu lassen. Landkreistagspräsident Reinhard Sager warnte angesichts der zusätzlichen Ausgaben, man müsse aufpassen, dass "wir uns nicht selbst eine allzu schwere Hypothek für die kommenden Jahre aufbürden". Die Einigung gehe "bis an die Grenze des Verkraftbaren". Auch Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge kritisierte die Einigung. Dem NDR sagte er, der Abschluss sei "eindeutig zu hoch. Viele Bürgerinnen und Bürger werden das bei den Gebühren merken". Die Mehrkosten für die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst müssten die Kommunen nämlich auf die Gebühren umlegen - etwa für die Müllabfuhr und die Straßenreinigung. "So steht es im Gesetz und so werden wir es auch machen", betonte Mädge. Seiner Ansicht nach steigt durch die höhere Belastung auch der Druck für Städte und Gemeinden, einige Bereiche umzustrukturieren und auszugliedern. Gewerkschaften hatten sechs Prozent mehr gefordert Die dritte Runde der Tarifverhandlungen hatte am Sonntag begonnen. Die Gewerkschaften hatten sechs Prozent mehr Einkommen, mindestens aber ein Plus von 200 Euro gefordert. Vor allem der von den Gewerkschaften geforderte Mindestbetrag für untere Lohngruppen galt als problematisch für die Arbeitgeber. In der vergangenen Woche hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört.
/wirtschaft/tarifkonflikt-durchbruch-101.html
2018-04-01
Deutschland gewährt am häufigsten Schutz
Asylbewerber in der EU
Von allen EU-Ländern hat Deutschland 2017 erneut mit Abstand den meisten Flüchtlingen Schutz gewährt - mit gut 60 Prozent aller Anerkennungen in der Union. Ganz anders sieht die Situation in Osteuropa aus. mehr
Von allen EU-Ländern hat Deutschland 2017 erneut mit Abstand den meisten Flüchtlingen Schutz gewährt - mit gut 60 Prozent aller Anerkennungen in der Union. Ganz anders sieht die Situation in Osteuropa aus. Auch im vergangenen Jahr hat Deutschland mit Abstand den meisten Asylbewerbern in der EU Schutz gewährt. Wie die Statistikbehörde Eurostat mitteilte, erkannten die 28 EU-Staaten insgesamt 538.000 Menschen als schutzberechtigt an. Auf Deutschland entfielen demnach mit 325.370 gut 60 Prozent aller anerkannten Bewerber. Es folgten Frankreich (40.575), Italien (35.130), Österreich (33.925) und Schweden (31.235). EU-weit gab es bei den Anerkennungen einen Rückgang um fast 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2016, so die Statistiker. Deutschland ist das bevölkerungsreichste EU-Land, war aber auch im Verhältnis zur Einwohnerzahl das Land mit den meisten Anerkennungen. Pro eine Million Einwohner wurde 3945 Menschen Schutz gewährt. Am wenigsten Anerkennungen gab es in den osteuropäischen Staaten Slowakei (zehn Anerkennungen pro eine Million Einwohner), Tschechien und Polen (je 15 Anerkennungen). Ungarn, das sich gleichfalls gegen eine EU-weite Umverteilung von Asylbewerbern wehrt, kam auf 130 Anerkennungen pro Million Einwohner. 33 Prozent aller Schutzberechtigten waren Syrer Von den anerkannten Schutzsuchenden erhielten Eurostat zufolge EU-weit rund 271.600 den Flüchtlingsstatus und 189.000 eingeschränkten subsidiären Schutz. 77.500 weitere bekamen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Die größte Gruppe waren weiterhin Syrer, die 33 Prozent aller anerkannt Schutzberechtigten stellen. Darauf folgten Afghanen (19 Prozent) und Iraker (12 Prozent).
/inland/asylbewerber-deutschland-103.html
2018-04-01
Viele Kanäle, viele Missverständnisse
Russland und die USA
Der Syrien-Konflikt soll diplomatisch gelöst werden. Aber wie funktioniert die Kommunikation mit Moskau? Kanäle gibt es viele, das Problem ist die Kommunikation an sich. Von Silvia Stöber.
Der Syrien-Konflikt soll diplomatisch gelöst werden. Aber wie kommunizieren die USA und Russland eigentlich? Kanäle gibt es viele, das Problem ist die Kommunikation an sich. Wenn US-Präsident Donald Trump auf Twitter seinen Gefühlen freien Lauf lässt, dann ist es oft notwendig, die Ernsthaftigkeit seiner Aussagen und die Absichten der US-Regierung zu klären. Immerhin veranlasst der Syrien-Konflikt viele Beobachter zu der Einschätzung, die Spannungen zwischen Washington und Moskau seien nicht mehr so groß gewesen wie seit der Kuba-Krise 1962. Damals herrschte ein Mangel an Kommunikation: Über die Gefühlslage auf der anderen Seite konnte zumeist nur spekuliert werden. Die Übertragung von Direktnachrichten dauerte Stunden. Nachdem die Kuba-Krise dank umsichtiger Entscheidungen gelöst werden konnte, unterzeichneten beide Seiten 1963 daher eine Vereinbarung über eine direkte Kommunikationsverbindung - bekannt als das "Rote Telefon" -, um das Risiko eines Nuklearkrieges zu verringern. Missverständnisse und Fehlkalkulation Nach dem Ende der Sowjetunion erschien eine direkte Konfrontation zwischen den USA und Russland zunehmend unwahrscheinlich - und die direkten Kommunikationskanäle für Krisenzeiten wurden vernachlässigt. Dies führte dazu, dass beispielsweise 2008 beim Krieg in Georgien die Kommunikation kaum funktionierte, wie die damalige US-Sicherheitsberaterin Fiona Hill in einem früheren Interview mit tagesschau.de sagte: Die Lage sei sehr angespannt gewesen, es habe wenige Kommunikationskanäle zwischen Russland und den USA gegeben. Missverständnisse und Fehlkalkulationen seien entstanden, weil Informationen spät in Washington eintrafen. Zudem seien falsche Informationen im Umlauf gewesen, da sei vieles erfunden worden, so Hill, die aktuell Sicherheitsberaterin unter Trump ist. Das Problem von falschen Informationen stellt sich heute mehr denn je. Doch die Art, wie die aktuellen US-Luftangriffe auf Syrien ausgeführt wurden und wie Russland darauf reagierte, weisen auf eine Abstimmung zwischen Moskau und Washington hin. Kommunikationskanäle zu Syrien Michael McFaul, US-Botschafter in Russland während Barack Obamas Amtszeit, bestätigte dem ARD-faktenfinder, in seiner Amtszeit sei eine direkte Verbindung zwischen den Verteidigungsministerien in Washington und Moskau zwecks Kommunikation zu Syrien eingerichtet worden. Diese sei noch heute in Betrieb. Andrej Kortunow, Kreml-naher Experte in Moskau, sagte dem ARD-faktenfinder: "Die Verbindung zwischen Weißem Haus und dem Kreml wird weiter verwendet, ebenso gibt es Kontakte zwischen den Militärs vor Ort in Syrien." Diese Verbindungen würden hauptsächlich zur Deeskalation und zum Krisenmanagement eingesetzt, so Kortunow. Die Bundesregierung verfügt ebenfalls über Verbindungen nach Moskau. Wann immer notwendig, werden Informationen mit den zuständigen Ansprechpartnern dort via E-Mail, SMS oder per Telefon ausgetauscht. Öffentlich bekanntgemacht werden nur Telefongespräche von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Wladimir Putin. Ausweisungen erschweren Kontakt zu russischen Sicherheitsbehörden Darüber hinaus gibt es direkte Kontakte über die deutsche Botschaft in Moskau zu den russischen Sicherheitsbehörden. Von der Diplomaten-Ausweisung im Zuge der Giftattacke auf den Ex-Agenten Sergej Skripal sollen allerdings jeweils ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes und des Bundesnachrichtendienstes sowie zwei Militärangehörige betroffen gewesen sein, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Eine offizielle Bestätigung gab es dazu nicht. Ausweisungen beziehen sich auf konkrete Personen, die Posten können in der Regel neu besetzt werden. Das heißt aber, dass die persönlichen Kontakte zu den russischen Sicherheitsbehörden vor Ort neu etabliert werden müssen, was die Kommunikation zunächst erschwert. Die Art der Kommunikation ist das Problem Kommunikationskanäle sind also durchaus vorhanden. Ebenso gibt es Gremien, in denen die jetzt lauter denn je geforderten diplomatische Lösungen gesucht werden können. Dazu zählen für Syrien die Genfer Gespräche und für die Ukraine das Normandie-Format. Darüber hinaus finden nicht nur regelmäßige Begegnungen im UN-Sicherheitsrat statt, sondern zum Beispiel auch bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in Wien. Dort herrsche allerdings eine Atmosphäre wie im Kalten Krieg, hatte bereits 2016 der damalige OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier beklagt. Gegenseitige Vorwürfe Eine Expertengruppe mit Vertretern aus Ost und West versuchte im Auftrag der OSZE, auf einen gemeinsamen Nenner für künftige diplomatische Bemühungen zu kommen. Doch nicht einmal auf einen Kompromiss hinsichtlich der Bewertung wichtiger Schlüsselereignisse in der jüngsten Vergangenheit konnte man sich einigen. Im Wesentlichen blieb es bei gegenseitigen Vorwürfen. Eine Einigung auf gemeinsam anzugehende Themen kam nicht zustande. Ähnliches berichten Diplomaten über Verhandlungen mit russischen Vertretern. Der Kreml-nahe Experte Kortunow sieht das Hauptproblem in der Abwesenheit einer strategischen und politischen Kommunikation. Außerdem führten multilaterale öffentliche Formate wie der UN-Sicherheitsrat kaum zu Ergebnissen. Kortunow meint: "Wir brauchen mehr persönliche, stärker fokussierte, bilaterale Gespräche auf hoher Ebene - befreit von politischer Propaganda."
/faktenfinder/russland-usa-rotes-telefon-101.html
2018-04-01
Applaus ja, Euphorie nein
Macrons Straßburg-Rede
Die erste Rede des französischen Präsidenten Macron vor dem Europaparlament wurde mit Spannung erwartet. Am Ende zeigte sie auch: Der Glanz der europäischen Lichtgestalt ist leicht verblasst. Von Karin Bensch.
Die erste Rede des französischen Präsidenten Macron vor dem Europaparlament wurde mit Spannung erwartet. Am Ende zeigte sie auch: Der Glanz der europäischen Lichtgestalt ist leicht verblasst. Mit viel Applaus wurde Emmanuel Macron empfangen. Es war seine erste Rede vor dem Europaparlament in Straßburg. Im blauen Anzug hinter einem blauen Rednerpult forderte Macron mehr Tempo bei den Reformen der Wirtschafts- und Währungsunion. Noch vor der Europawahl im nächsten Frühjahr müssen wir spürbare Ergebnisse erzielen, sagte der französische Präsident. Ursprünglich wollte Macron die Reform der Eurozone viel schneller vorantreiben. Er schlug unter anderem einen neuen Euro-Finanzminister und ein eigenes Budget für die Eurozone vor. Doch dagegen regte sich Widerstand aus einigen nordeuropäischen Ländern wie Dänemark und Finnland, aus den Niederlanden und auch aus Deutschland. Kritik an Merkel Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Udo Bullmann, kritisierte die zögerliche Haltung von Bundeskanzlerin Merkel. "'Madame No' in Berlin hat schon gezeigt, wie schwierig es wird, die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion zu betreiben", sagt er. "Und die vielen kleinen Mini-Schäubles, die sich da jetzt schon positionieren, werden ihnen das Geschäft nicht erleichtern."Kritik an Macrons Reformplänen kommt vor allem von den Konservativen im Europaparlament. Ihre Vision einer Europäischen Union mit einem größeren Haushalt, angeglichenen Unternehmenssteuern, einer vereinheitlichten Sozial- und Asylpolitik sei möglicherweise die richtige Vision für Frankreich, nicht aber für alle EU-Länder, sagte Syed Kamall von den konservativen Tories aus Großbritannien. Die wachsende Unzufriedenheit der Wähler gebe es nicht, weil die EU zu wenig Macht habe, sondern, weil sie zu viel habe, kritisierte der Brite. Gegen die "vergiftete Debatte" Applaus dagegen erntete Macron für seine Forderung, die "vergiftete Debatte" über den Umbau des Asylrechts und die Verteilung von Flüchtlingen endlich zu beenden. Er forderte ein europäisches Programm, das Städte und Kommunen direkt mit EU-Geldern bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen unterstützen soll. Sehr emotional warnte Macron vor einer Aushöhlung der Demokratie in Europa. Die Abkehr von den Grundwerten sei "der schwerste Fehler", den man begehen könne, sagte er mit Blick auf Länder wie Polen und Ungarn. Die Antwort ist nicht die autoritäre Demokratie, sondern die Autorität der Demokratie, sagte Macron.Applaus ja, Euphorie nein: Der anfängliche Glanz der europäischen Lichtgestalt Macron ist nach fast einem Jahr Amtszeit ein wenig verblasst. Denn Macrons theoretische Forderungen haben nun langsam praktische Konsequenzen, und die gehen einigen in der EU zu weit. Der Reformer ist in der Realität angekommen.
/ausland/macron-363.html
2018-04-01
Machtzentrum Präsident
Türkisches Präsidialsystem
Alle Macht dem Präsidenten: Künftig ist er nicht nur Staats-, sondern auch Regierungschef. Er regiert per Dekret und erhält Einfluss auf die Justiz. Das Präsidialsystem à la Erdogan im Überblick. mehr
Alle Macht dem Präsidenten: Künftig ist er nicht nur Staats-, sondern auch Regierungschef. Er regiert per Dekret und erhält Einfluss auf die Justiz. Das Präsidialsystem à la Erdogan im Überblick. Mit aller Macht wollte Präsident Recep Tayyip Erdogan den Systemwechsel - von der parlamentarischen Demokratie zum Präsidialsystem. Seit der knappen Zustimmung beim Referendum ist klar, dass er qua Verfassung zum einzigen starken Mann in der Türkei werden wird. Denn das Präsidialsystem à la Erdogan hebelt die Gewaltenteilung quasi aus - anders als etwa in Frankreich oder den USA. Erdogan ist künftig alles - Präsident (und damit "Hüter der Verfassung") und Regierungschef. Auch Parteichef kann er wieder werden, das Gebot der Überparteilichkeit fällt weg. Präsident ernennt Minister Das Amt des Ministerpräsidenten wird abgeschafft. Vize-Präsidenten kann er nach Belieben ernennen, sie stehen nicht mit ihm gemeinsam zur Wahl. Das gilt auch für Minister und hohe Staatsbeamte: Der Präsident wählt sie aus, eine Bestätigung des Parlaments ist nicht nötig. Künftig soll der Präsident selbst das Kabinett leiten. Die Zentralregierung unter dem Präsidenten ernennt auch die Gouverneure der 81 Provinzen, eine Zustimmung ist nicht nötig. Präsident kontrolliert Parlament Auch die Legislative hat der Präsident in der Hand. Da der Präsident einer Partei angehören darf und vermutlich ihr Vorsitzender sein wird, kontrolliert er als Mehrheitsführer das Parlament, das in der Türkei nur aus einer Kammer besteht. Zwar kann nur noch das Parlament Gesetzesentwürfe einbringen (eine Ausnahme bildet der Haushaltsentwurf). Der Präsident kann aber Dekrete mit Gesetzeskraft erlassen. Das Parlament kann die Dekrete mit Gesetzen zum Thema des jeweiligen Erlasses unwirksam machen. Gegen Dekrete kann vor dem Verfassungsgericht vorgegangen werden. Per Dekret kann der Präsident auch Ministerien errichten, abschaffen oder umorganisieren. Der Präsident bringt auch den Entwurf für den Staatshaushalt ein. Eine Zustimmung des Parlaments ist nötig. Sollte der Entwurf keine Mehrheit finden, gilt bis auf Weiteres der alte Haushalt mit einem Inflationsausgleich. Das Parlament kann die Arbeit der Regierung also durch ein Nein nicht zum Stillstand bringen - anders als zum Beispiel in den USA. Zwei Amtszeiten - vielleicht mehr Außerdem kann der Präsident eine Parlamentsneuwahl veranlassen, muss sich dann aber zeitgleich selber zur Wahl stellen. Dies soll sicherstellen, dass er derselben Partei angehört, die im Parlament die Mehrheit hat. Kritiker sehen in diesem Fall aber eine effektive Kontrolle der Regierung nicht mehr gewährleistet. Der Präsident darf nur für zwei je fünfjährige Amtszeiten gewählt werden. Diese Zählung würde aber erst nach Inkrafttreten der Reform 2019 neu beginnen, so dass Erdogan noch zwei Mal antreten könnte. Die Reform sieht zudem eine Hintertür vor: Wenn das Parlament in der zweiten Legislaturperiode des Präsidenten eine Neuwahl beschließt, darf er erneut kandidieren. Verfassungsexperten des Europarats kritisierten, es sei nicht ausgeschlossen, dass sich dieser Schritt beliebig oft wiederholen lasse. Die Zahl der Abgeordneten im Parlament soll von 550 auf 600 steigen. Künftig könnten sich zudem Bürger bereits mit 18 Jahren zur Wahl stellen - statt bisher mit 25. Die höchst umstrittene Zehn-Prozent-Hürde, die insbesondere prokurdische Parteien benachteiligt, bleibt. Einfluss auf Justiz Der Präsident bekommt auch mehr Einfluss auf die Justiz: Er bestimmt direkt oder indirekt sechs von 13 Mitgliedern des Rates der Richter und Staatsanwälte, der unter anderem für die Berufung und Abberufung von Richtern und Staatsanwälten zuständig ist. Die restlichen sieben Mitglieder bestimmt das Parlament, auf das der Präsident aber als mutmaßlicher Parteichef großen Einfluss haben dürfte. Der Präsident ernennt außerdem zwölf der 15 Verfassungsrichter, die eine Amtszeit von zwölf Jahren haben und im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand gehen. Schritte zur Einführung des Präsidialsystems Nach der Veröffentlichung des Endergebnisses des Referendums im Amtsanzeiger begann die schrittweise Umsetzung der Reformen. Zunächst traten nur drei von zahlreichen Änderungen in Kraft: So darf der Präsident wieder einer Partei angehören. Erwartungsgemäß wurde Erdogan bald nach Inkrafttreten der Änderung wieder Chef der Regierungspartei AKP. Außerdem wurden die Militärgerichte abgeschafft. Auch der Rat der Richter und Staatsanwälte wurde bereits reformiert. Der Ministerpräsident und die Regierung bleiben bis zur nächsten Wahl im Amt. Diese war ursprünglich für November 2019 geplant. Im April 2018 kündigte Erdogan aber an, dass sie auf den 24. Juni 2018 vorgezogen werden sollen. Bei dieser Abstimmung werden erstmals zeitgleich sowohl das Parlament als auch der Präsident gewählt. Erst danach wird der Präsident sowohl Staats- als auch Regierungschef sein und damit das neue Präsidialsystem voll eingeführt sein. Es wird erwartet, dass dann auch der seit 2016 bestehende Ausnahmezustand beendet werden wird, weil der Präsident dann viele Rechte per Verfassung haben wird, die ihm bislang unter den besonderen Umständen des Ausnahmezustands gewährt werden.
/ausland/tuerkei-praesidialsystem-105.html
2018-04-01
Weniger für die Tonne
EU zu Müllrecycling
Mit ehrgeizigen Recycling-Quoten will die EU gegen Müllberge in den Mitgliedstaaten ankämpfen. Auch Deutschland, das sich als Vorreiter der Wiederverwertung sieht, muss sich mehr anstrengen. mehr
Mit ehrgeizigen Recycling-Quoten will die EU gegen Müllberge in den Mitgliedstaaten ankämpfen. Auch Deutschland, das sich als Vorreiter der Wiederverwertung sieht, muss sich mehr anstrengen. Konsequenter sammeln, konsequenter trennen, konsequenter wiederverwerten: Die EU will ernst machen und mit ehrgeizigen Vorgaben den Müll in Europa reduzieren. Bis zum Jahr 2025 sollen mindestens 55 Prozent und bis 2030 mindestens 65 Prozent des Hausmülls in allen Mitgliedsstaaten recycelt werden. Ab 2025 sollen sogar nur noch zehn Prozent aller Abfälle auf der Deponie landen. Das sieht eine neue Verordnung zur Wiederverwertungsquote vor. Die Regelung war bereits im Dezember zwischen den EU-Ländern vereinbart worden und muss noch vom EU-Ministerrat gebilligt werden. Deutschland rechnete sich seine Recyclingquote schön Bislang müssen mindestens 44 Prozent des Mülls wiederverwertet werden. Um die neuen Quoten zu erfüllen, werden sich alle EU-Mitgliedsstaaten anstrengen müssen - auch der vermeintliche Recycling-Vorreiter Deutschland. In einer Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) gibt die Bundesrepublik ihre Wiederverwertungsquote zwar mit 66 Prozent an. Allerdings setzt sie dabei bislang andere Kriterien an, als die neue Quote vorsieht: Deutschland wertet alles als recycelt, was zur Wiederverwertung gesammelt oder vorsortiert wird. "In der Vergangenheit haben manche Mitgliedstaaten, auch Deutschland, an dieser Stelle sehr kreativ gearbeitet und bessere Recyclingquoten ermittelt als gerechtfertigt waren", sagt die FDP-Europaabgeordnete Gesine Meißner dazu. Künftig gilt nur das als recycelt, was die Sortierbetriebe tatsächlich als Rohstoff verlassen hat. Wenn keine Daten vorliegen, können die Mitgliedstaaten weiterhin Müll nach einem früheren Sortierungsprozess als recycelt angeben. Einzelverordnungen für Biomüll, Verpackung und Textilien Die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft schätzte zuletzt, dass in der Bundesrepublik höchstens 40 Prozent des Hausmülls tatsächlich stofflich recycelt werden. Zudem ist der in Deutschland produzierte Müllberg zwischen 2005 und 2016 um elf Prozent angestiegen - im gleichen Zeitraum ging er EU-weit zurück. Im Durchschnitt entfielen 2016 auf einen Bundesbürger 626 Kilo Müll. Damit erreicht Deutschland Platz vier der größten Müllproduzenten in der EU. Aber auch in der übrigen EU-sieht es nicht viel besser aus: Nur zehn der 28 Mitgliedstaaten würden bei ihren aktuellen Anstrengungen die Quote erreichen. Besonders viel zu tun haben Malta, Rumänien, Griechenland und Zypern: Dort werden nur 20 Prozent des Mülls recycelt. In Spanien, Estland und Lettland landet rund ein Drittel aller Abfälle im Recycling. Für bestimmte Abfallarten sollen Einzelverordnungen gelten: Verpackungsmüll soll schon 2025 zu 65 Prozent wiederverwertet werden. Bioabfälle müssen ab 2024 getrennt gesammelt werden, ab 2025 auch Textilien und gefährlicher Hausmüll (Sondermüll wie Batterien und Akkus). Bis 2030 sollen die EU-Staaten die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln auf die Hälfte reduzieren. Zehntausende zusätzliche Jobs in der Abfallwirtschaft Die kommunalen Entsorger in Deutschland werten den Beschluss des EU-Parlaments als wichtigen Schritt für den Umwelt- und Klimaschutz: "Weg von der linearen Wegwerf- hin zur Kreislaufwirtschaft", kommentierte Patrick Hasenkamp, Vizepräsident des Verbandes kommunaler Unternehmen. Der CDU-Europaabgeordnete Karl-Heinz Florenz sieht noch weitere Vorteile: "Das Abfallpaket ist zugleich ein Wirtschaftspaket", meinte er. Bis zu 80.000 Arbeitsplätze könnten in der Müllverwertung zusätzlich entstehen. Der SPD-Umweltpolitiker Jo Leinen verwies auf die Vorteile für Verbraucher durch langlebigere Produkte: "Abfalldeponien sollten zum Auslaufmodell werden, Recycling zum lohnenden Geschäftsmodell", sagte er.
/ausland/muell-recycling-eu-101.html
2018-04-01
Wer gewinnt, wer verliert?
Öffentlicher Dienst
Was verdient ein Müllmann künftig mehr? Und wie ist es mit den kommunalen Kliniken? Der Tarif-Durchbruch für den öffentlichen Dienst hat viele Facetten - und nicht alle sind begeistert. Ein Überblick. mehr
Was verdient ein Müllmann künftig mehr? Und wie ist es mit den kommunalen Krankenhäusern? Der Tarif-Durchbruch für den öffentlichen Dienst hat viele Facetten - und nicht alle sind begeistert. Ein Überblick. Für wen gilt der Tarifabschluss? Der Abschluss bringt Verbesserungen für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des Bundes und der Kommunen. Er gilt nicht für die Länder. Mit ihnen haben die Gewerkschaften im vergangen Jahr einen Tarifabschluss ausgehandelt, der noch bis kommendes Jahr läuft. Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte an, der Bund werde das Tarifergebnis auf seine Beamten übertragen. Der Abschluss wird in der Regel zeitversetzt auch von den kirchlichen Einrichtungen übernommen. Wer profitiert? Das hängt von der Berufsgruppe, der jeweiligen Position und den Entgeltgruppen ab. Das durchschnittliche Gehaltsplus von rund 7,5 Prozent gilt laut ver.di über die gesamte Entgelttabelle. Das Bundesinnenministerium beziffert das Plus für "alle Beschäftigten" mit "mindestens 6,8 Prozent". Manche bekommen demnach mehr, andere weniger als im Durchschnitt. Die Gehaltstabellen für die einzelnen Berufsgruppen wurden komplett überarbeitet und neu geordnet. So werden zum Beispiel Einstiegsgehälter in allen Entgeltgruppen bis 2020 um zehn Prozent angehoben. Aber auch berufserfahrene Beschäftigte bekommen mehr. Bisher unregelmäßige Stufen wurden geglättet und sollen dadurch gerechter werden. Die jeweilige Erhöhung wird in drei Schritten erfolgen: Rückwirkend zum 1. März 2018 sowie zum 1. April 2019 gibt es jeweils 42,5 Prozent der Erhöhung und zum 1. März 2020 dann 15 Prozent der Erhöhung. Bei der ersten Steigerung ist eine Mindestanhebung von rund 90 Euro vorgesehen - und von rund 80 Euro bei der zweiten Steigerung. Ein Müllwerker in der höchsten Gehaltsstufe bekommt beispielsweise rückwirkend zum März zunächst 82 Euro mehr, nämlich 2712 Euro. Ein Jurist (Entgeltgruppe 13, nach 15 Jahren) steigert sein Einkommen dann um knapp 160 Euro auf 5683 Euro. Was bekommen die unteren und mittleren Gehaltsgruppen? Beschäftigte in den unteren und mittleren Gehaltsgruppen (1 bis 6) machen einen Sprung, weil sie eine Mindesterhöhung von zehn Prozent und eine Einmalzahlung von 250 Euro bekommen. Die Gehälter von Berufseinsteigern (Entgeltgruppe 1) werden zudem überproportional um bis zu zwölf Prozent angehoben. Wie schneiden Führungskräfte ab? Besonders hohe Gehaltszuwächse gibt es in den Bereichen, in denen der öffentliche Dienst die größten Personalprobleme hat - etwa bei Fach- und Führungskräften in sozialen, technischen und IT-Berufen (Entgeltgruppen 9-13). Bei ihnen ist das Gefälle zu den Einkommen in der Wirtschaft bisher besonders groß. Mit dieser Forderung haben sich die Arbeitgeber durchgesetzt. Und die Azubis? Die Entgelte für Azubis und Praktikanten werden in zwei Schritten um insgesamt 100 Euro erhöht. Zudem wird ihr Urlaub um einen Tag auf 30 Tage angehoben. Was ist mit den kommunalen Krankenhäusern? Beschäftigten mit Nacht- und Wechselschichten im Krankenhaus wird der Zusatzurlaub zum Januar 2019, 2020 und zum 2021 jeweils um einen Tag erhöht. Derzeit bekommen sie bis zu sechs Tage Zusatzurlaub im Jahr. Der Nachtdienstzuschlag in den Krankenhäusern wird zudem von 15 auf 20 Prozent angehoben und damit an den übrigen öffentlichen Dienst angeglichen. Über eine Erhöhung des Zeitzuschlages bei Samstagsarbeit, bei Schicht- und Wechselschichtarbeit soll noch verhandelt werden. Zunächst wollen beide Seiten einen im Koalitionsvertrag angekündigten Schritt der Regierung abwarten: Die Personalkosten in der Pflege sollen den Kliniken im Vergleich zu heute besser bezahlt werden. Sind die Gewerkschaften zufrieden? Ver.di und der Beamtenbund dbb hatten für die Tarifbeschäftigten eigentlich sechs Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 200 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von nur zwölf Monaten. Trotzdem zeigen sich die Gewerkschaften jetzt erfreut über den Abschluss. Ver.di-Chef Bsirske sprach sogar vom "besten Abschluss seit Jahren". Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach zeigte sich überzeugt, dass die wochenlangen Proteste und mehr als 40 Stunden intensiver Verhandlungen sich gelohnt hätten. Der Beamtenbund habe geliefert, sagte er dem SWR. Es sei aber die Vereinbarung einer 30-monatigen Laufzeit erforderlich gewesen, um die Arbeitgeber zur Zustimmung zu bewegen.  Als einen "guten Abschluss" wertete die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) das Tarifergebnis. Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei, sprach von einem "Kraftakt", mit dem die Reform der Entgelttabellen gelungen sei. Wie reagieren Bund und Kommunen? CSU-Chef Seehofer, der zum ersten Mal als Verhandlungsführer des Bundes agierte, war "sehr zufrieden, auch wenn es anstrengend war". Für die Bediensteten des öffentlichen Dienstes komme es nun zu spürbaren Gehaltsverbesserungen sowie zu Verbesserungen bei den Entgeltstrukturen. Er sprach von einer "großen Reform", zu mehr Transparenz und Gerechtigkeit führen werde. Zwiespältig fallen die Reaktionen bei den Kommunen aus. Der kommunale Arbeitgeberpräsident Thomas Böhle, der die Tarifeinigung mit ausgehandelt hatte, bezifferte die Mehrbelastung durch den Tarifvertrag auf insgesamt etwa 7,5 Milliarden Euro. Das Ziel, die Kommunen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken, sei erreicht worden, sagte Böhle. Der Deutsche Städtetag bezeichnete den Abschluss zwar als "vertretbar", sein Präsident, der Münsteraner Oberbürgermeister Markus Lewe, wies aber auch darauf hin, dass die Mehrausgaben vor allem von strukturschwachen Städten mit hohen Sozialausgaben und Defiziten schwer zu verkraften seien. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager warnte, man müsse aufpassen, "uns nicht selbst eine allzu schwere Hypothek für die kommenden Jahre aufzubürden". Die Einigung gehe "bis an die Grenze des Verkraftbaren". Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge kritisierte den Abschluss als eindeutig zu hoch. Viele Bürger würden das merken, wenn die Gebühren ansteigen, sagte er dem NDR. Auch der Steuerzahlerbund warnt vor Finanzierungsproblemen für die Kommunen. Personalabbau, Sparmaßnahmen sowie höhere Steuern und Abgaben könnten die Folge sein.
/wirtschaft/faq-tarifabschluss-oeffentlicher-dienst-101.html
2018-04-01
Attackiert - weil sie Kippa tragen?
Empörung nach Vorfall in Berlin
Zwei Männer werden in Berlin angegriffen - offenbar nur, weil sie Kippa tragen. Die jüdische Kopfbedeckung trugen sie als Test, sagt einer der Männer später. Quer durch alle Parteien löste der Angriff Empörung aus. Nach den Tätern wird gefahndet. mehr
Zwei Männer werden in Berlin angegriffen - offenbar nur, weil sie Kippa tragen. Die jüdische Kopfbedeckung trugen sie als Test, sagt einer der Männer später. Quer durch alle Parteien löste der Angriff Empörung aus. Nach den Tätern wird gefahndet. Sie sprachen Arabisch. Eine erneute, offenbar antisemitische Attacke in Berlin hat Entsetzen und Empörung ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "ganz schrecklichen Vorfall". Der Kampf gegen solche antisemitischen Ausschreitungen müsse gewonnen werden. Die Bundesregierung werde alles dafür tun. Es müsse "mit aller Härte und Entschlossenheit" vorgegangen werden. Handy-Video zeigt Schläge mit Gürtel Drei Unbekannte hatten nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen am Dienstag zwei Kippa tragende junge Männer an einer Kreuzung der Lychener Straße im Stadtteil Prenzlauer Berg beleidigt und attackiert. Die Kippa ist die traditionelle Kopfbedeckung von Männern jüdischen Glaubens. Laut Polizei wurde eines der Opfer durch Schläge mit einem Gürtel verletzt. Eine couragierte Zeugin sei dazwischen gegangen und habe weitere Schläge des Täters verhindert, so ein Polizeisprecher. Von der Attacke gibt es ein Handyvideo eines der Opfer, das der Mann auf Facebook stellte. Darin ist unter anderem zu sehen, wie einer der mutmaßlichen Täter mit einem Gürtel auf den Filmenden einschlägt und ihn wiederholt als "Yahudi" (arabisch für "Jude") bezeichnet. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt und fahndet nach den bislang unbekannten Tätern. Kippa als Test getragen Bei den Opfern handelt es sich um einen 21-jährigen Israeli und seinen 24-jährigen deutschen Begleiter. Dem rbb und anderen Medien sagte der Israeli heute in Interviews, dass er selbst kein Jude sondern arabischer Israeli sei und die Kippa erst vor einigen Tagen als ein Geschenk eines Freundes aus Israel bekommen habe. Nach eigener Aussage habe mit dem Tragen der Kippa nur testen wollen, ob es wirklich so gefährlich ist, in Berlin eine Kippa zu tragen - wie es sein Freund aus Israel behauptet hatte. "Antisemitismus in Teilen der arabischen Community" Das American Jewish Committee (AJC) erklärte, der Vorfall reihe sich in eine lange Liste von Übergriffen ein, die nicht selten einen muslimischen Täter-Hintergrund hätten. "Wir dürfen die Augen vor dem immer häufiger auftretenden Antisemitismus in Teilen der arabischen und muslimischen Community nicht verschließen", sagte AJC-Direktorin Deidre Berger. Der Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, forderte ein klares und eindeutiges Zeichen der Justiz, dass es sich bei dem Vorfall nicht einfach nur um Körperverletzung handele. Sollte der Täter gefasst werden, sollte auch dessen Hintergrund ausgeleuchtet werden, um herauszufinden, warum es zu dieser antisemitischen Handlung gekommen sei. "Kein Mensch wird als Antisemit geboren", sagte Schuster. Der Sprecher des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA), Levi Salomon, erklärte, jüdische und nicht-jüdische Menschen sollten gerade jetzt die Kippa tragen. "Wir müssen diesen Kampf aufnehmen und in der Öffentlichkeit wieder sichtbar werden", sagte er. "Wir dürfen den öffentlichen Raum weder islamistischen noch rechtsextremen Antisemiten überlassen." Deutliche Zunahme antisemitischer Vorfälle Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, sagte, der Angriff zeige aufs Neue, wie wichtig es sei, Antisemitismus auf allen Ebenen entschieden entgegenzutreten und die Projekte und die Arbeit gegen Antisemitismus weiter zu stärken. Bundesaußenminister Heiko Maas sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wenn junge Männer bei uns attackiert werden, nur weil sie eine Kippa tragen, ist das unerträglich." Juden dürften sich in Deutschland nie wieder bedroht fühlen. Grünen-Bundeschef Robert Habeck warnte vor wachsendem Antisemitismus. Die Entwicklung sei "besorgniserregend". Vertreter von Linkspartei und AfD äußerten sich ebenfalls empört.  Nach Angaben der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin wurden im vergangenen Jahr in der Hauptstadt 947 antisemitische Vorfälle erfasst, 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Es handele sich um die höchste Zahl seit Beginn der Erfassung 2015.
/inland/antisemitismus-141.html
2018-04-01
Streitthema Balkan
Gespräche über EU-Erweiterung
Der EU-Kommissionsvorschlag, Beitrittsgespräche mit Albanien und Mazedonien aufzunehmen, hat eine heftige Debatte ausgelöst: Sollte sich die krisengeschüttelte EU wirklich vergrößern? Von Kai Küstner.
Der EU-Kommissionsvorschlag, Beitrittsgespräche mit Albanien und Mazedonien aufzunehmen, hat eine heftige Debatte ausgelöst: Sollte sich die krisengeschüttelte EU wirklich vergrößern? Die Debatte über Sinn oder Unsinn einer EU-Erweiterung kennt man in Europa zur Genüge. Besonders heftig wird sie stets dann geführt, wenn man sich über den Beitritts-Kandidaten Türkei zankt. Doch nun gibt es aus der Sicht von Skeptikern gleich zwei Anlässe, den Streit neu anzufachen: Seit nämlich am Dienstag die EU-Kommission empfohlen hat, Beitritts-Gespräche mit zwei Balkan-Staaten zu beginnen: mit Mazedonien und Albanien. "Dies ist wahrscheinlich das Land, das sich in den vergangenen Jahrzehnten in Europa am meisten verändert hat", lobte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bei einem Besuch in Albanien. Und lieferte damit die Begründung für die Entscheidung in Brüssel: Mazedonien und Albanien hätten sich so erfolgreich reformiert, dass man über einen Beitritt zumindest zu sprechen beginnen sollte. Doch Mogherinis Gastgeber, der albanische Regierungschef Edi Rama, weiß genau, dass dies nicht überall in der EU mit Jubelchören begleitet wird: "Es ist ja kein Geheimnis, dass es in einigen Mitgliedstaaten Personen und Kräfte gibt, die weder eine Erweiterung wollen noch es gerne sehen würden, dass die Region sich auf einen Beitritt hinbewegt", sagt er. Macron warnt vor schneller Erweiterung Mit den Balkanstaaten Serbien und Montenegro verhandelt die EU bereits. Ob tatsächlich auch Gespräche mit Mazedonien und Albanien begonnen werden, liegt letztlich bei den Hauptstädten der bisherigen Mitgliedstaaten. Auch der Bundestag müsste mit der Frage befasst werden. Klar ist, dass die Chancen Mazedoniens und Albaniens nach der jüngsten Macron-Rede im Europaparlament nicht unbedingt gestiegen sein dürften. Eine Erweiterung könne er erst gutheißen, wenn eine Vertiefung der Reformen in der jetzigen EU stattgefunden habe, betonte der französische Staatspräsident: "Ich will kein Europa, das schon Schwierigkeiten hat, mit 28 oder bald 27 Ländern zu funktionieren - und dann 30 oder 32 Länder umfasst und noch dieselben Regeln hat", so Macron. Dass der Balkan durchaus das Zeug hat, die EU zu spalten, zeigt sich noch an anderer Stelle: Nach Informationen des ARD-Studios Brüssel nämlich tobt derzeit hinter den Kulissen ein heftiger Streit um den für Mitte Mai vorgesehenen West-Balkan-Gipfel. "Geopolitisches Risiko" Zahlreiche EU-Staaten wünschen sich als sichtbares Signal eine gemeinsame Gipfel-Erklärung mit den sechs Balkan-Ländern. Doch Spanien und drei weitere EU-Staaten lehnen dies ab. Hintergrund ist unter anderem, dass Madrid das Kosovo, das die Erklärung mittragen müsste, nie als Staat anerkannt hat. Der Streit ist noch nicht entschieden. Und er wirft ein Schlaglicht darauf, wie hin- und hergerissen die EU mit Blick auf die Balkan-Region ist: "Es gibt ein geopolitisches Risiko - dass die Balkan-Staaten nämlich in Richtung Türkei oder Russland driften. Oder sogar zusammenbrechen", erklärte Frankreichs Präsident Macron in derselben Rede, in der er vor einer überhasteten Erweiterung warnte. Neben der Türkei und Russland hat auch China seine Aktivitäten in der Region verstärkt. Diesen Wettlauf dürfe man nicht verlieren, mahnen Erweiterungs-Befürworter. Und auch Macron findet es sinnvoll, den Balkan an Europa zu binden. Nur: Wie dicht genau sie welchen Staat wann an sich heranlassen will, das scheint die EU noch lange nicht entschieden zu haben.
/ausland/eu-erweiterung-mazdeonien-albanien-101.html
2018-04-01
Der Wille ist jedenfalls da
Facebooks neuer Datenschutz
Facebook führt eine neue Datenschutzverordnung ein. Damit setzt das Unternehmen Regeln der EU um. Marcus Schuler erklärt, was sich für den Nutzer des sozialen Netzwerks ändert. mehr
Facebook führt eine neue Datenschutzverordnung ein. Damit setzt das Unternehmen Regeln der EU um. Marcus Schuler erklärt, was sich für den Nutzer des sozialen Netzwerks ändert. Es sind fast mantra-hafte Botschaften, die man bei Facebook in Menlo Park zu hören bekommt. Rob Sherman, stellvertretender Datenschutz-Chef des Unternehmens, sagt: Wir haben gegenüber den Nutzern eine starke Verpflichtung, ihre Privatsphäre zu schützen." Und: "Wir wissen, dass sich die Menschen bei Facebook nicht wohlfühlen, wenn ihre Informationen nicht ausreichend geschützt sind. In den vergangenen Wochen ist die Botschaft an uns sehr deutlich geworden: Hier haben wir noch eine Menge zu tun. Facebook will Vertrauen zurückgewinnen. Ein erster Schritt ist, die EU-Datenschutzregeln nicht nur in Europa, sondern weltweit gelten zu lassen. Doch den Anfang macht das Unternehmen ausnahmsweise nicht auf seinem Heimatmarkt USA, sondern auf dem alten Kontinent. Politische Gesinnung, Religionszugehörigkeit, Beziehungsstatus In Europa nutzen rund 277 Millionen Menschen das soziale Netzwerk. Zum 25. Mai tritt hier die EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft. "Wir fangen in Europa an. Damit wollen wir sicherstellen, dass die Nutzer noch vor Inkrafttreten der neuen Regeln Zeit haben, sich die Abfragen anzusehen und sich zu informieren", so Sherman. Bereits in den kommenden Tagen werden die Facebook-Nutzer in der EU mehrere Formulare auf der Smartphone-App von Facebook oder im Web-Browser zu sehen bekommen - egal ob sie möchten oder nicht. Die Nutzer müssen entscheiden, welche Daten sie preisgeben wollen. Beispiele sind Profil-Infos zu politischer Gesinnung, Religionszugehörigkeit oder zum Beziehungsstatus. Wenn diese Information im Facebook-Profil angezeigt werden, will das Unternehmen die Nutzer darauf hinweisen, wie es diese Information verarbeitet. "Der User kann dann entscheiden, ob er diese Information weiter bei Facebook veröffentlichen will", sagt Sherman. Zielgerichtete Werbung Auf einem anderen Formular fragt Facebook, ob es für Werbeanzeigen auch die Daten von Partner-Webseiten verwenden darf. Das heißt: Wer sich in einem Online-Shop über ein Produkt informiert, und dieser Shop setzt einen Facebook-Like-Knopf ein, der kann grundsätzlich entscheiden, ob Facebook diese Informationen für seine zielgerichtete Werbung verwenden darf oder nicht. Mit den neuen EU-Regeln wagt Facebook auch einen neuen Anlauf für seine umstrittene Gesichtserkennung. Die gab es bislang in Europa nicht, dafür aber seit fast sechs Jahren im Rest der Welt. Die Gesichtserkennung sei freiwillig, sagt man bei Facebook. Mit der Funktion sollen sich künftig Betrugsversuche besser erkennen lassen. Ein Beispiel ist, wenn ein Betrüger ein fremdes Foto als sein Profilfoto benutzt. Der Nutzer habe die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob er diese Funktionalität will oder nicht, so Sherman. Einwilligung der Eltern Für die EU hat Facebook auch die Darstellung der Privatsphäre-Einstellungen deutlich überarbeitet und übersichtlicher gestaltet. Es finden sich unter einzelnen Punkten jetzt Sätze, die den jeweiligen Schalter und seine Auswirkungen erklären. Neu ist auch, dass Teenager zwischen 13 Jahren und 15 Jahren künftig die Einwilligung ihrer Eltern benötigen, wenn sie das Netzwerk nutzen wollen. Diese Funktion lässt sich jedoch leicht umgehen. Der Jugendliche soll nämlich die E-Mail-Adresse seiner Eltern angeben, die dann zustimmen müssen. Bei den anwesenden Journalisten in Menlo Park sorgte diese Funktion eher für Gespött. Facebook setzt um, was die EU fordert. Vor anderthalb Jahren habe man mit der Ausarbeitung der EU-Forderung begonnen, sagt Rob Sherman. Dass die Einführung der EU-Datenschutzgrundverordnung mit der größten Krise, die Facebook je erlebt hat, zusammenfällt, mag für EU und Facebook sogar etwas Positives haben. Die Europäer zeigen, dass sie Einfluss auf die großen Technologie-Unternehmen des Silicon Valley ausüben können, und Facebook kann beweisen, dass das Unternehmen vielleicht dieses Mal die Botschaft verstanden hat. Der Wille, so war in Menlo Park zu sehen, ist jedenfalls da.
/ausland/facebook-datenschutz-107.html
2018-04-01
Verteidigung hält Zschäpe nicht für Mittäterin
Plädoyer im NSU-Prozess
Immer wieder hatten sich die Plädoyers der Verteidiger im NSU-Prozess verzögert. Jetzt haben die Zschäpe-Anwälte ihre Schlussvorträge begonnen. Sie sehen in der Hauptangeklagten keine Mittäterin. mehr
Immer wieder hatten sich die Plädoyers der Verteidiger im NSU-Prozess verzögert. Jetzt haben die Zschäpe-Anwälte ihre Schlussvorträge begonnen. Sie sehen in der Hauptangeklagten keine Mittäterin. Die Verteidigung von Beate Zschäpe hält die Hauptangeklagte im NSU-Prozess nicht für eine Mittäterin. Was die Bundesanwaltschaft in ihren Plädoyers aufgezählt habe, reiche weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau aus, um eine Mittäterschaft seiner Mandantin zu begründen, sagte Zschäpes Vertrauensanwalt Hermann Borchert in seinem Plädoyer vor dem Münchner Oberlandesgericht. Die Beweiswürdigung der Bundesanwaltschaft sei "mangelhaft", weil sie sich nur einseitig mit den Beweismitteln auseinandergesetzt habe. Hinweise, die für seine Mandantin sprächen, seien nicht gewürdigt worden, sagte Borchert. Borchert ist einer von Zschäpes Anwälten. Mit ihren drei ursprünglichen Vertretern hatte sich die Angeklagte im Laufe des fünfjährigen Prozesses überworfen. Zschäpe gleichberechtigtes Mitglied des NSU? Die Bundesanwaltschaft und die Nebenkläger hatten ihre Plädoyers bereits Anfang Februar beendet. Die Anklagebehörde fordert für Zschäpe lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung. Die heute 43-Jährige war nach Überzeugung der Ankläger eines von drei gleichberechtigten Mitgliedern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) und sollte deshalb als Mittäterin an sämtlichen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun davon aus rassistischen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin. Mit den Verteidiger-Plädoyers soll das seit Mai 2013 laufende Mammutverfahren in die letzte Etappe gehen - auch wenn noch ein möglicher neuer Beweisantrag eines Mitangeklagten im Raum steht. Befangenheitsanträge und juristische Streitereien hatten deren Beginn in den vergangenen Wochen immer weiter verzögert. Die beiden Wunschverteidiger Zschäpes, Borchert und Mathias Grasel, werden für ihr Plädoyer nach eigener Aussage rund eineinhalb Prozesstage brauchen. Anschließend sollen die drei Altverteidiger Zschäpes das Wort für ihre Schlussvorträge bekommen, dann die Anwälte der insgesamt vier Mitangeklagten. Noch nicht entschieden hat das Gericht, ob das Verfahren gegen einen der vier Mitangeklagten, André E., abgetrennt werden soll. Das hatten die Bundesanwaltschaft und der Anwalt des mutmaßlichen Terrorhelfers Ralf Wohlleben beantragt. Bundesanwalt Herbert Diemer warf E.s neuem Anwalt Daniel Sprafke vor, den Prozess "bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag" verzögern zu wollen. "Das kann so nicht weitergehen", sagte Diemer. Auslöser für die neue Debatte waren neue Beweisanträge Sprafkes.
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2018-04-01
EU drohen Berge aus Plastikmüll
China lehnt Recycling künftig ab
Die EU hat ein Plastikmüll-Problem - ein großes, seit China Anfang des Jahres den Abfall nicht mehr annimmt. Denn in Europa fehlen Lagerplätze und Recyclinganlagen. Vor allem Deutschland droht in Bergen von Plastik zu versinken. Von Andreas Meyer-Feist.
Die EU hat ein Plastikmüll-Problem - ein großes, seit China Anfang des Jahres den Abfall nicht mehr annimmt. Denn in Europa fehlen Lagerplätze und Recyclinganlagen. Vor allem Deutschland droht in Bergen von Plastik zu versinken. Da sind doch schon enorme Mengen: 37 Kilo Plastikmüll produziert laut einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft im Durchschnitt jeder Bundesbürger im Jahr. Allein in den vergangenen zehn Jahren stieg der Pro-Kopf-Verbrauch an Plastik um sage und schreibe 30 Prozent, und nur knapp die Hälfte des Plastiks wird recycelt. Der Rest wird verbrannt oder eben auch exportiert. Bisher jedenfalls. Das Exportgeschäft war ein gutes Geschäft. Es entlastete die Recyclinganlagen, und aus dem Material wurden dann, zum Beispiel in China, neue Fensterrahmen gebaut, die wieder wieder nach Europa exportiert und hier eingesetzt wurden. Das war sozusagen ein globaler Plastikmüll-Kreislauf - doch der ist jetzt nachhaltig gestört. China will Europa keinen Plastikmüll mehr abkaufen. Das ist für die EU, gelinde gesagt, eine Entsorgungskatastrophe. Europaweit fehlen Recyclinganlagen Denn die kleinen Tüten und größeren Flaschen halten sich fast ewig. Es fehlen hier in Europa Lagerplätze. Es fehlen Recyclinganlagen. Es gibt viel zu viel Plastik, das nicht vernünftig wiederverwertet werden kann. China stoppte den Ankauf schon zu Jahresbeginn, um eigene Recyclingstrukturen aufzubauen. Man will also auf europäischen Müll verzichten. Das bedeutet: Deutschland wird in diesem Jahr auf Millionen Tonnen Plastikmüll sitzen bleiben. Denn die Bundesrepublik exportierte bisher ein Viertel ihres Mülls, unter anderem nach China. Und das ist jetzt ein Riesen-Entsorgungsproblem. Eine Lösung wäre, ganz einfach weniger Plastikmüll entstehen lassen. In Brüssel gehen zum Beispiel schon die Kontrolleure der EU-Kommission auf die Märkte, damit weniger Obst und Gemüse in Plastik verpackt wird. Deutschland weit vorn bei Plastik-Verbrauch Aber das reicht natürlich nicht. Es gibt neue EU-Richtlinien gegen den Kunststoffmüll, aber die greifen erst zum Jahresende und damit erst viel zu spät. Erst dann gelten auch in Deutschland höhere Recyclingquoten. Und Deutschland ist besonders betroffen. Die Bundesrepublik steht beim Plastikmüll an vierter Stelle in Europa. Hier sind Plastiktüten noch so beliebt wie sonst nur in Irland und in Estland. Und das müsste sich eben schnell ändern - schneller als geplant. Sonst ersticken wir wirklich im Plastikmüll.
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2018-04-01
Insektizidverbot zur Bienenrettung?
EU-Staaten stimmen ab
Die EU-Staaten stimmen heute über ein Freilandverbot für einige bienenschädliche Insektizide ab. Deutschland ist dafür, diese nur noch in Gewächshäusern zuzulassen. Umweltschützern reicht das nicht. Von Karin Bensch.
Die EU-Staaten stimmen heute über ein Freilandverbot für einige bienenschädliche Insektizide ab. Deutschland ist dafür, diese nur noch in Gewächshäusern zuzulassen. Umweltschützern reicht das nicht. Heute wird es spannend: Vertreter der EU-Länder wollen darüber entscheiden, ob das Versprühen von drei Chemikalien im Freiland künftig in Europa verboten wird. Es geht um Neonikotinoide, das sind Insektengifte. Diese Chemikalien sind höchstgefährlich für die Artenvielfalt, warnt der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häuslin: "Nicht nur für Honigbienen, sondern für alle Insekten, die da draußen herumschwirren. Das geht in erster Linie auch an die Wildbienen, die massiv gefährdet sind. 60 Prozent in Europa drohen zu verschwinden." Studie bestätigt Gefährlichkeit für Bienen Vor zwei Monaten hatte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit in einem neuen Bericht bestätigt, dass Neonikotinoide ein Risiko für Wildbienen, Honigbienen und Hummeln darstellen. Sie nehmen die Insektizide auf unterschiedliche Weise auf: über Blütenpollen und Nektar, durch aufgewirbelten Staub und Wasser. Gifte schaden Bienen auf vielfältige Weise Bauern nutzen Neonikotinoide, um das Saatgut zu beizen und damit die angebauten Pflanzen gegen Schädlinge zu schützen. Aber: Die Chemikalien sind auch für viele Bienen, Schmetterlinge und Insekten tödlich. Die Tiere, die überleben, verlieren ihr natürliches Navigationssystem. Sie werden desorientiert - dramatisch vor allem für Bienen, die nicht mehr zurück zu ihrem Stock finden. Auch die Fortpflanzung wird beeinträchtigt: Bienenköniginnen legen deutlich weniger Eier, was die Population stark verringert. "Das Bienen- und Insektensterben ist ein ernsthaftes Problem, und wir müssen alles tun, um es zu verhindern", fordert der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese: "Die Bienen sind wichtig für die Erhaltung der Natur, für die Bestäubung und letztlich auch für die Nahrungsmittelproduktion. Und deswegen unterstütze ich sehr, dass diese Neonikotinoide schnell vom Markt genommen werden." Noch viele Ausnahmen beim Verbot Der Einsatz von Neonikotinoiden in der EU wurde bereits Ende 2013 eingeschränkt. Aber es gibt viele Ausnahmen und Schlupflöcher. Nun soll das Versprühen im Freiland komplett verboten werden. In Gewächshäusern soll es dagegen weiterhin erlaubt sein. Das ist völlig inkonsequent, kritisiert der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling: "Es wird sich natürlich in Gewächshäusern ein Stück weit auf den Produkten ablagern. Und es verschwindet dann ja nicht, sondern es lagert sich ja auch im Boden ab. Mag sein, dass es da Druck gegeben hat von Seiten der Lobby, dass man das weiter einsetzen kann, aber konsequent ist das nicht." Unterschiedliche Interessenslagen in den einzelnen Staaten In Spanien und den Niederlanden zum Beispiel wird sehr viel Obst und Gemüse in riesigen Gewächshäusern angebaut. Gerade diese Länder waren bislang keine großen Befürworter eines Verbots von Neonikotinoiden. Spannend wird heute auch, wie bevölkerungsreiche Länder wie Italien und Polen abstimmen werden. Klar ist: Deutschland und Frankreich werden für ein Verbot stimmen. Auch Österreich und Großbritannien sind dafür. Unklar ist, ob die notwendige Mehrheit zusammen kommt. "Wir müssen dafür arbeiten, dass wenn nicht heute, dann bei nächstbester Gelegenheit, dieses Verbot beschlossen wird. Und wir machen vom Europäischen Parlament auch entsprechend Druck auf die Mitgliedsstaaten", sagt der CDU-Europapolitiker Peter Liese. Sollte die notwendige Mehrheit zustande kommen, dauert es anschließend noch etwa sechs Monate bis das Verbot gilt. Damit wäre das Versprühen der drei Neonikotinoide im Freiland vor Jahresende in Europa nicht mehr erlaubt.
/inland/eu-bienensterben-pestizide-101.html
2018-04-01
Was sich junge Syrer wünschen
Geberkonferenz
Als der Krieg ausbrach, waren sie noch Kinder: In Zukunft müssen die jungen Syrer ihr Land wieder aufbauen. Wie sie sich das vorstellen, erklären sie auf der Geberkonferenz in Brüssel. Von Samuel Jackisch.
Als der Krieg ausbrach, waren sie noch Kinder: In Zukunft müssen die jungen Syrer ihr Land wieder aufbauen. Wie sie sich das vorstellen, erklären sie auf der Geberkonferenz in Brüssel. Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig: Der junge Stahlbau-Ingenieur Ayham Maksoud aus Aleppo macht sich gerade selbstständig, als der Krieg in Syrien ausbricht. Seine junge Firma verlegt er nach Libyen. Zwei Jahre später wird auch dort mehr gebombt als gebaut. Er zieht weiter in die Türkei. Dort beschäftigt er heute 40 Angestellte, doch eigentlich möchte er am liebsten zurück nach Syrien. "In Syrien zu arbeiten, ist mein größtes Ziel", sagt er. "Das ist mein Land, das muss ich wieder aufbauen." Wenn der Konflikt zu Ende ist, dann will er zusätzlich zu seiner Arbeit in der Türkei wieder in Syrien anfangen.  "Wir nehmen die Dinge in die Hand" Solidarität sei wichtig, aber keine dauerhafte Lösung, sagen die jungen Syrerinnen und Syrer zur großen Geberkonferenz in Brüssel. Bei ihrem Treffen mit dem EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik, Johannes Hahn, hat dem konservativen Österreicher offenbar imponiert, dass viele den Eindruck vermittelt hätten: "Wir nehmen die Dinge in die Hand. Helft uns dabei, aber in unserem eigenen Selbstverständnis wollen wir nicht ewig von der Unterstützung anderer abhängig sein." Nicht nur Hilfsempfänger Zehn Milliarden Euro hat die EU bisher für humanitäre Projekte in Syrien und seinen Nachbarländern eingesammelt. Auch Zubeida Alrawi will die Region nicht nur als Hilfsempfänger präsentieren. Nach ihrer Flucht aus Syrien gründete die junge Frau ein Übersetzerbüro in der Türkei. Für ihre Heimat wünscht sie sich nicht weniger als einen gesellschaftlichen Neustart. "Wir haben so viele Qualifikationen, die wollen wir einsetzen", sagt sie. "Wir wollen unser eigenes Leben gestalten. Und zwar so, als wäre vorher nichts gewesen." Den Krieg müsse man vergessen und stattdessen ein neues Leben beginnen, mit neuen Jobs, neuen Geschäftsideen. "Wir müssen viel wirkungsvoller werden in allen Bereichen." An politische Bedingungen geknüpft Der Wiederaufbau ist das zweite große Thema der Syrien-Konferenz, neben der Hilfe für Menschen auf der Flucht. Geld für ein neues Syrien knüpft die EU jedoch an politische Bedingungen: Eine Regierung ohne Bashar al Assad lautet die wichtigste - und zugleich unrealistischste. Die jungen Syrer mit den großen Plänen hören das nicht gern, doch EU-Kommissar Hahn bleibt hart. "Wir haben auch eine Verpflichtung unseren Steuerzahlern gegenüber", sagt Hahn. "Wir können nicht einfach aufbauen, wenn nicht der Frieden einigermaßen gesichert ist und das Risiko besteht, dass das, was wir gerade aufgebaut haben, gleich wieder zerstört wird." Deshalb sei ein politischer Frieden unabdingbar. In den Wiederaufbau einbinden Den großen Wurf zum schnellen Frieden für Syrien erwartet kaum jemand von der Syrien-Konferenz. Die entscheidenden Akteure der Region verhandeln nicht gern auf großer Bühne - schon gar nicht in Brüssel. Ein Erfolg wäre bereits, weitere Hilfszusagen in Milliardenhöhe festschreiben zu können. Ayham, der Ingenieur mit dem unglücklichen Timing, würde das Geld vor allem in Bildung investieren. "Diejenigen, die Syrien wieder aufbauen werden, brauchen heute Training", sagt er. "Denn nach sechs Jahren Krieg sind die meisten Syrer heute arbeitslos." Viele mussten die Uni verlassen, ihre Ausbildung abbrechen. "Wenn wir für sie keine Lösung finden, wird es das nächste Desaster für Syrien geben", befürchtet er. Sie in den Wiederaufbau einzubinden, werde besonders wichtig. "Ich denke, die EU wird genau das ebenfalls erreichen wollen." Diplomatische Delegationen erwarten von der Konferenz zur Zukunft Syriens kaum mehr als den Austausch bekannter Positionen. Dagegen ist der Optimismus in Brüssel ausgerechnet bei denen am größten, die in ihrer Heimat kaum etwas anderes kennen - als Krieg.
/ausland/syrien-1249.html
2018-04-01
Woher rührt der Konflikt im Jemen?
Machtkampf in Nahost
Viele sehen im Jemen-Krieg einen Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Deshalb bombardieren die Saudis die Huthi-Rebellen. In Wirklichkeit ist dieser Krieg aber hausgemacht. Von Carsten Kühntopp. mehr
Viele sehen im Jemen-Krieg einen Stellvertreterkrieg zwischen Saudi-Arabien und dem Iran. Deshalb bombardieren die Saudis die Huthi-Rebellen. In Wirklichkeit ist dieser Krieg aber hausgemacht. Zehntausende Jemeniten versammelten sich Ende März in der Hauptstadt Sanaa zu einer Großkundgebung. Drei Jahre zuvor hatte eine von den Saudis geführte Allianz mit Luftangriffen auf den Jemen begonnen, mit dem Ziel, die international anerkannte Regierung des Landes wieder an die Macht zu bringen. Nun wollten die Menschen ihre Widerstandskraft demonstrieren: "Wir werden es bin Saud und diesen Juden und Agenten Amerikas nicht erlauben, unser Blut zu vergießen und uns zu belagern", sagt eine Frau. "Wir sagen der ganzen Welt, dass wir ein großartiges Volk sind, und uns der gesamten Welt entgegenstellen werden, selbst wenn sie weiterhin schweigt." Zaiditen, Huthis, Schiiten Die Teilnehmer dieser Kundgebung unterstützen "Ansar Allah", eine Gruppe, die nach ihrem Gründer auch als "die Huthis" bezeichnet wird. Nachdem sie 2014 die Hauptstadt und weitere Landesteile überrannten, eskalierte ein Konflikt, dessen Wurzeln mindestens ein Jahrzehnt zurückreichen - und bei dem es im Kern um eine behauptete Benachteiligung der Huthis geht, weil sie Zaiditen sind. Die Zaiditen sind eine Glaubensrichtung im Islam und haben eine eigene Rechtsschule. Vereinfacht werden sie als Schiiten bezeichnet. Fachleute lehnen diese Klassifizierung jedoch als zu grob ab. Und nicht alle Zaiditen im Jemen hängen den Huthis an. Ein Propagandavideo zeigt, wie Huthi-Rebellen Ende März ballistische Raketen Richtung Saudi-Arabien abfeuerten. In einer Fernsehansprache brüstete sich der Anführer der Aufständischen, Abdelmalik al-Houthi: "Im vierten Jahr (des Konflikts) kommen wir mit fortgeschrittenen Raketensystemen, die alle amerikanischen und nicht-amerikanischen Verteidigungssysteme überwinden - mit dem Badr-System, dem Burkan-System und mit anderen Systemen." Inner-jemenitischer Konflikt Die Huthi-Rebellen behaupten, ihre Raketen seien eigene Entwicklungen. In Wirklichkeit - so die Vereinten Nationen - sind sie jedoch iranischer Bauart. Deshalb ist es nicht ausgeschlossen, dass die Saudis irgendwann genug haben und den Iran angreifen. Allerdings behaupten die UN nicht, dass die Raketen vom Iran in den Jemen geliefert wurden. Ohnehin gibt es über Art und Umfang der iranischen Unterstützung für die Huthis keine verlässlichen Angaben. Experten weisen daraufhin, dass die Huthis nicht einfach nur als Stellvertreter oder Befehlsempfänger des Iran agieren - vielmehr sei der Jemen-Krieg nach wie vor vor allem ein inner-jementischer Konflikt. Mehr als zwei Millionen auf der Flucht Mehr als zehntausend Menschen hat der Krieg bisher das Leben gekostet, mehr als zwei Millionen sind auf der Flucht vor der Gewalt, und drei Viertel der Jemeniten brauchen Nothilfe. Geert Cappelaere von Unicef sagt, dass vor allem die Kinder leiden: "Wir bitten für 2018 um knapp 350 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe. Das sind Peanuts - nochmal: das sind Peanuts im Vergleich zu den Milliarden, die derzeit in den Krieg investiert werden." Wie es scheint, haben sich die Saudis verrannt, weil sie auch im Jemen den Iran am Werk sehen. Doch diese Sichtweise hat mit der Wirklichkeit des Konflikts wenig zu tun - und sie macht seine Lösung noch schwieriger.
/ausland/krieg-im-jemen-101.html
2018-04-01
Tatverdächtiger stellt sich
Attacke auf Männer mit Kippa
Wohl weil sie die jüdische Kopfbedeckung Kippa trugen, wurden zwei junge Männer in Berlin beleidigt und mit einem Gürtel attackiert. Nun hat sich ein Tatverdächtiger der Polizei gestellt. mehr
Wohl weil sie die jüdische Kopfbedeckung Kippa trugen, wurden zwei junge Männer in Berlin beleidigt und mit einem Gürtel attackiert. Nun hat sich ein Tatverdächtiger der Polizei gestellt. Zwei Tage nach einem offenbar antisemitischen Angriff auf einen Israeli und seinen Begleiter in Berlin hat sich ein mutmaßlicher Täter der Polizei gestellt. Am Mittag sei der junge Mann in Begleitung seiner Rechtsanwältin beim Landeskriminalamt erschienen, sagte ein Polizeisprecher. Demnach handelt es sich der Nachrichtenagentur dpa zufolge um einem 19-Jährigen aus Syrien. Er sei unter anderem aufgrund von Zeugenhinweisen ermittelt worden. Wie lange der Mann bereits in Deutschland ist und wo er lebt, teilte die Polizei nicht mit. Am Dienstag waren die beiden Kippa tragenden Männer an einer Kreuzung der Lychener Straße im Stadtteil Prenzlauer Berg von einer Gruppe arabisch sprechender Männer beleidigt und attackiert worden. Die Kippa ist die traditionelle Kopfbedeckung von Männern jüdischen Glaubens. Laut Polizei wurde eines der Opfer durch Schläge mit einem Gürtel verletzt. Eine couragierte Zeugin sei dazwischen gegangen und habe weitere Schläge des Täters verhindert, so ein Polizeisprecher. Von der Attacke gibt es ein Handyvideo, das eines der Opfer auf Facebook stellte. Kippa als Test Bei den Opfern handelt es sich um einen 21-jährigen Israeli und seinen 24-jährigen deutschen Begleiter. Dem rbb und anderen Medien sagte der Israeli in Interviews, dass er selbst kein Jude, sondern arabischer Israeli sei. Die Kippa habe er erst vor einigen Tagen als ein Geschenk eines Freundes aus Israel bekommen. Nach eigener Aussage wollte er mit dem Tragen der Kippa nur testen, ob es wirklich so gefährlich ist, in Berlin eine Kippa zu tragen - wie es sein Freund aus Israel behauptet hatte.
/inland/kippa-angriff-berlin-101.html
2018-04-01
Polnischer Urwald muss bleiben
Entscheidung am EuGH
Der Bielowieza-Urwald ist als Unesco-Weltnaturerbe anerkannt. Das hinderte die polnische Regierung jedoch nicht darin, den Wald massiv abzuholzen. Das EuGh hat jetzt entschieden: Die Aktion war illegal. mehr
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die massive Abholzung in einem polnischen Urwald nicht rechtens ist. Umweltschützer hatten den Fall vor Gericht gebracht. Die polnische Regierung hat mit der umfangreichen Abholzung in einem polnischen Urwald gegen Umweltgesetze verstoßen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden. In dem Urteil heißt es, dass mit der Abholzung des Waldes Polen nicht seiner Verpflichtung nachgekommen sei, Natur von "besonderem Interesse" zu schützen. Damit entsprach der Gerichtshof einer Klage der EU-Kommission gegen Polen in vollem Umfang. Ein Sprecher des polnischen Umweltministeriums erklärte, das Urteil des höchsten EU-Gerichts werde respektiert. Umweltschützer waren vor Gericht gezogen Polen hatte die Abholzung des Waldes damit begründet, einen Käferbefall eindämmen zu wollen. Umweltschützer waren im vergangenen Jahr vor Gericht gezogen. Sie hatten argumentiert, dass die Abholzung seltene Tiere und Pflanzen zerstören würde. Laut Urteil wurde im polnischen Bewirtschaftungsplan von 2015 nicht der Borkenkäfer als potenzielle Gefahr für das Naturschutzgebiet benannt, "sondern die Entfernung von ihm befallener hundertjähriger Fichten und Kiefern". Der EuGH kam deshalb zu dem Schluss, dass die großflächigen Abholzungen "zwangsläufig zur Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten" streng geschützter Käfer führen. Ursprünglichstes und artenreichstes Waldgebiet Der Bielowieza-Urwald gehört zu den ursprünglichsten und artenreichsten Waldgebieten im europäischen Flachland. Er erstreckt sich beidseits der polnisch-weißrussischen Grenze. Auf polnischer Seite steht ein kleinerer Teil des Waldes unter Naturschutz. Im größeren Teil sind Fällarbeiten bereits länger erlaubt. Die nationalkonservative Regierung hatte allerdings bereits 2016 die zum Einschlag freigegebene Menge verdreifacht. Nach Auffassung der EU-Kommission handelt es sich um einen der am besten erhaltenen Naturwälder Europas. Urwald-Streit ist Teil eines größeren Konflikts Bereits im vergangenen Jahr hatte der EuGH unter Strafandrohung einen einstweiligen Stopp der Fällarbeiten angeordnet. Gemäß der EU-Naturschutz-Richtlinie sind Mitglieder der Staatengemeinschaft verpflichtet, Maßnahmen zum Erhalt von Schutzgebieten zu treffen. Der Streit um den Urwald ist Teil eines größeren Konflikts zwischen der EU-Kommission und dem größten osteuropäischen EU-Mitglied Polen - insbesondere der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit
/ausland/polen-urwald-107.html
2018-04-01
Datenschutz - aber nicht für alle
Facebook-Regulierung
Ab Mai gelten in der EU strengere Regeln zum Schutz der Privatsphäre. Facebook lobt die Gesetze, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass sie für 1,5 Milliarden Nutzer nicht unmittelbar gelten. Von Christian Feld.
Ab Mai gelten in der EU strengere Regeln zum Schutz der Privatsphäre. Facebook lobt die Gesetze, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass sie für 1,5 Milliarden Nutzer nicht unmittelbar gelten. Facebook investiert viel Energie, um das eigene Image aufzupolieren und Vertrauen zurückzugewinnen. Dabei verweist das Unternehmen gerne auf die EU-Datenschutz-Verordnung, die am 25. Mai in Kraft tritt. "Neue EU-Gesetzgebung bedeutet mehr Schutz für Dich", hieß es kürzlich in ganzseitigen Anzeigen auch in deutschen Zeitungen. Wird das EU-Gesetz zur Blaupause, von der weltweit alle Facebook-Nutzer profitieren? Zweifel weckt daran ein Schritt des Unternehmens, über den zuerst die Nachrichtenagentur Reuters berichtet hatte. Nach dem Skandal um Cambridge Analytica stellen Kritiker wieder einmal die Frage: Was passiert mit persönlichen Informationen, die Nutzer dem sozialen Netzwerk anvertrauen? Firmenchef Mark Zuckerberg musste sich Befragungen im US-Kongress stellen und bat um Entschuldigung. Dort begrüßte er auch die neuen europäischen Gesetze: "Ich denke, es ist die richtige Regulierung." Die Europäer hätten "die Dinge richtig gemacht". Strengere Regeln - aber für wen gelten sie? Wenn es darum geht, wer unmittelbar von der neuen EU-Regulierung profitieren wird, ist eine Frage entscheidend: Welcher Facebook-Standort ist in Zukunft für welche User zuständig, und welche Auswirkungen hat das? Zurzeit ist ein Großteil der Nutzer - alle außerhalb der USA und Kanadas - der Niederlassung in Irland zugeordnet, für die bald die neue EU-Gesetzgebung gilt. Ab Mai sollen jedoch nur noch die 370 Millionen Nutzer in Europa der Irland-Niederlassung zugeordnet sein. Für rund eineinhalb Milliarden User würden die strengeren Regeln nicht gelten. Bei Verstößen gegen den Datenschutz drohen Unternehmen Strafen von bis zu vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Technologieberater Michael Veale vom University College London sagt, Facebook stelle mit der Neuaufteilung sicher, dass ein Großteil der den Dienst nutzenden Personen unter die milderen US-Datenschutzgesetze falle. Facebook: Gleiches Datenschutz-Niveau für alle Führt die Neuordnung dazu, dass viele Nutzer ihre Privatsphäre eingeschränkt kontrollieren können? Facebook sagt: Das sei falsch. Die Angebote an EU-Nutzer beim Datenschutz seien weltweit verfügbar. In einem Statement von Stephen Deadman, Deputy Chief Global Privacy Officer, heißt es: "Wir bieten jedem, der Facebook nutzt, das gleiche Niveau an Datenschutz und Einstellungsmöglichkeiten, egal wo sie wohnen." Außerdem wolle man in Zukunft besser auf regionale Normen und Rechtssysteme eingehen, mit den EU-Regeln würde das schwieriger. "Konsequenter Rechtsdurchsetzung entziehen" Der grüne EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht, der maßgeblich an der Entstehung der Datenschutz-Grundverordnung mitgearbeitet hat, kann in den Botschaften von Facebook keine klare Linie erkennen. Im Gespräch mit tagesschau.de sagt er: "Das Unternehmen will natürlich nicht sagen: Die Nutzer außerhalb der EU sind Nutzer zweiter Klasse. Trotzdem will man sich dem Risiko von konsequenter Rechtsdurchsetzung und harten Strafen entziehen." Albrecht hofft, dass weltweit Facebook-Nutzer früher oder später den Druck auf das Unternehmer erhöhen und beim Datenschutz das einfordern, was in Europa auch machbar sei.
/ausland/facebook-eu-datenschutz-101.html
2018-04-01
Fast jeder Zweite zweifelt an Nahles
DeutschlandTrend
Am Sonntag soll Nahles zur SPD-Chefin gewählt werden, doch etwa die Hälfte aller Bürger ist skeptisch, ob sie die Partei einen und nach vorne bringen kann. Auch der Rückhalt für die GroKo ist laut ARD-DeutschlandTrend gesunken. mehr
Am Sonntag soll Nahles zur SPD-Chefin gewählt werden, doch etwa die Hälfte aller Bürger ist skeptisch, ob sie die Partei einen und nach vorne bringen kann. Auch der Rückhalt für die GroKo ist laut ARD-DeutschlandTrend gesunken. Beim SPD-Parteitag am Sonntag soll Andrea Nahles zur neuen Parteichefin gewählt werden - sie steht vor der Aufgabe, die SPD aus der Personalkrise und aus dem Umfragetief zu führen. Die Frage, ob sie dafür die Richtige ist, beantworten die Bundesbürger jedoch zwiespältig: 47 Prozent der Deutschen sind laut ARD-DeutschlandTrend im Morgenmagazin skeptisch, ob sie als neue Vorsitzende die Sozialdemokraten einen und nach vorne bringen kann. Immerhin: Jeder Dritte traut es ihr zu. Etwas optimistischer sind die SPD-Anhänger unter den Befragten: Die Hälfte von ihnen denkt, dass sie die Partei aus ihrer schwierigen Lage herausführen kann. AfD und FDP legen bei Sonntagsfrage leicht zu Der Rückhalt der Bevölkerung in die Große Koalition ist gesunken: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden 32 Prozent die Union wählen, die SPD erhielte 17 Prozent der Stimmen - beide Koalitionsparteien haben damit seit dem DeutschlandTrend vom 5. April je einen Prozentpunkt verloren. Gewinner sind AfD und FDP, die in der Wählerzustimmung um je einen Prozentpunkt auf 15 beziehungsweise zehn Prozent zulegen. Zwölf Prozent der Bürger würden laut der Sonntagsfrage die Grünen wählen, zehn Prozent die Linke. Mehrheit gegen späteren Unterrichtsbeginn Jugendliche wären in der Schule deutlich aufnahmefähiger, wenn der Unterricht später beginnen würde - dessen sind sich viele Schlafforscher sicher. Die Mehrheit der Deutschen hält aber nichts davon, die Unterrichtszeiten dem Biorhythmus der Schulpflichtigen anzupassen: 57 Prozent sprechen sich gegen einen späteren Schulbeginn aus, 39 Prozent befürworten ihn. Unter den Befragten, bei denen Kinder unter 14 Jahren im Haushalt leben, ist nicht einmal ein Drittel für einen späteren Unterrichtsbeginn. 63 Prozent sind dagegen.
/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-1201.html
2018-04-01
Staat im Staat
Hisbollah im Libanon
Seit mehr als 30 Jahren ist die Hisbollah fest im Libanon verankert. Sie hat großen Einfluss auf die Politik des Landes, kontrolliert ganze Regionen. Das versucht der Iran für sich zu nutzen. Von Björn Blaschke.
Seit mehr als 30 Jahren ist die Hisbollah fest im Libanon verankert. Sie hat großen Einfluss auf die Politik des Landes, kontrolliert ganze Regionen. Das versucht der Iran für sich zu nutzen. In der Dakhiye, den südlichen Vororten der libanesischen Hauptstadt Beirut: Die Zufahrten kontrolliert die libanesische Armee. Die Straßen hinter den Checkpoints beherrscht allerdings eine andere Kraft. Und ihre Leute erkennen sofort jeden, der nicht hierher gehört. Männer in schwarzen Kampfanzügen klären, was Fremde in der Dakhiye zu suchen haben. Sie machen damit deutlich, wer über die Vororte herrscht: Allein die Hisbollah. Die Organisation ist berühmt berüchtigt: Viele haben schon vieles über sie geschrieben, wobei sich ihre Mitglieder so gut wie nie öffentlich äußern. Scheich Hassan Nasrallah, der Generalsekretär der Hisbollah, spricht als einziger für seine Organisation - meistens aus einem Versteck heraus per Video-Schaltung. Von Anfang an unter iranischem Einfluss So erklärte Nasrallah auch, warum die Hisbollah im Syrien-Krieg Partei für das Regime von Bashar al-Assad ergriffen hat. "Die Hisbollah sieht sich im Widerstand gegen Islamisten vom Schlage des IS und al-Qaidas, zum Wohle des Libanon und aller Libanesen - Christen, Sunniten, Schiiten", so Nasrallah in einer Ansprache. Widerstand und Libanon - zwei zentrale Begriffe der Hisbollah. In den 80er-Jahren gründeten Mitglieder verschiedener libanesischer Gruppen "die Partei Gottes", wie die Hisbollah auf Deutsch heißt. Mit dabei waren auch Kämpfer, die aus dem Iran geschickt worden waren: Gardisten von Ayatollah Khomeini, der 1979 mit seiner islamischen Revolution den Schah von Persien gestürzt hatte. Die meisten libanesischen Gründungsmitglieder sahen in der Hisbollah vor allem eine schlagfertige Widerstandskraft im Kampf gegen Israel, dessen Soldaten seinerzeit Teile des Libanon besetzt hatten. Und auch heute noch bezeichnet die Hisbollah sich so. Von Schiiten dominiert Aber: Die Hisbollah ist mehr als ihr militärischer Flügel. Sie ist eine soziale Kraft, bietet Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, zahlt Ausbildungshilfen und Renten. Außerdem vertritt sie ihre Anhänger im Parlament als politische Partei. Die Hisbollah ist ein Staat im Staat. Aber eben weil sie von Schiiten dominiert ist, weil sie von Anfang an enge Beziehungen zu Teheran unterhielt und weil sie von dort bis heute unter anderem finanzielle Unterstützung erhält, sehen ihre Kritiker in der Organisationen einen verlängerten Arm des Iran. Das hingegen sei die Hisbollah keinesfalls - sagt Karim al-Makdisi, Professor für Politikwissenschaft an der renommierten American University of Beirut: "Ja, ich denke, dass sie eine libanesische Kraft ist. Der Trend der vergangenen 30 Jahre zeugt davon, dass Hisbollah ganz sicher eine libanesische Organisation ist. Ihre Leute haben weit reichende Ansichten darüber, was Widerstand bedeutet. Und: Die Hisbollah hat bestimmte geopolitische Interessen. Aber sie ist weitgehend im Libanon verwurzelt", sagt er. Iran will mitmischen Klar ist: Der Iran versucht über die Schiiten im Libanon - insbesondere über die Hisbollah - Einfluss auf das Land auszuüben. Wobei es Teheran generell darum gehe, so heißt es allenthalben, den "Grünen Halbmond" zu schaffen: Ein schiitisches Einflussgebiet von Teheran, über Bagdad und Damaskus bis Beirut. Weil der Libanon aber ein Land ist, das verschiedene ethnische und religiöse Gruppen ihr Zuhause nennen, versuchen auch alle anderen Staaten der Region im Libanon mitzumischen. Neben dem Iran zum Beispiel auch Saudi Arabien. Das führt immer wieder zu Spannungen.
/ausland/hisbolla-libanon-101.html
2018-04-01
Affe hat kein Recht auf Copyright
Urteil zu Affen-Selfie
Ein Affe macht ein Selfie, das Bild geht um die Welt - was folgt, ist ein jahrelanger Rechtsstreit über die Bildrechte. Gehören sie dem Affen oder dem Besitzer der Kamera? Nun wurde ein Urteil gefällt. mehr
Ein Affe macht ein Selfie, das Bild geht um die Welt - was folgt, ist ein jahrelanger Rechtsstreit, darüber wem die Bildrechte gehören. Dem Affen oder dem Besitzer der Kamera? Nun hat ein US-Gericht ein Urteil gefällt. Der erbitterte Streit um ein Foto, auf dem ein Affe freundlich in die Kamera grinst, hat ein Ende gefunden. Ein US-Berufungsgericht in San Francisco urteilte, dass der Makake Naruto kein Recht hat, auf Urheberrechtsschutz zu klagen. Die Geschichte begann bereits im Jahr 2011, als der britische Wildtierfotograf David Slater auf die indonesische Insel Sulawesi reiste, um Schopfmakaken zu fotografieren. Eine Affenart, die vom Aussterben bedroht ist. Slater baute seine Kamera auf, ließ diese unbeaufsichtigt zurück und hatte Glück: Ein Tier kam seiner Kamera so nah wie nie zuvor - und drückte einfach selbst auf den Auslöser. Das grinsende Gesicht von Naruto ging um die Welt, im Internet wurde es tausendfach geteilt. Das brachte die Tierschutzorganisation Peta auf den Plan, die im Namen von Naruto vor Gericht zog. Peta wollte die Rechte an den Bildern Naruto zusprechen lassen. Was folgte, war ein jahrelanger Rechtsstreit darüber, wem das Bild gehört. Das Tier, welches das Foto macht oder der Naturfotograf, dem die Kamera gehört? Vergleich wurde abgelehnt Im Herbst 2017 einigten sich die Tierschützer und der Fotograf außergerichtlich auf einen Vergleich: 25 Prozent der Erlöse sollten für den Erhalt des Lebensraums der Affen gespendet werden. Doch diesen Vergleich lehnte nun das Berufungsgericht in San Francisco ab und bestätigte damit zugleich eine erstinstanzliche Entscheidung. Affen hätten nicht den Status, um gegen den Urheberrechtsschutz zu klagen. Urheberrechtsverletzungen können nur im Auftrag von Menschen geltend gemacht werden, urteilten die Richter. Es könne nur im Namen von Tieren geklagt werden, wenn dies ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sei. Im Falle von Maruto treffe das nicht zu. Peta kommt nicht gut weg Mit Peta ging das Urteil hart ins Gericht: Die Organisation sei im rechtlichen Sinne kein "enger Freund" des Affen. Peta habe nicht nachweisen können, eine signifikante Beziehung mit ihm zu haben. Zudem hätten die Tierschützer einen Vergleich mit Slater geschlossen und dann vergeblich versucht, das Gerichtsverfahren einstellen zu lassen. An diesem Vergleich war Naruto aber ausdrücklich nicht beteiligt. Peta habe wohl die eigenen Interessen vor die Narutos gestellt. Es sehe so aus, als nutze Peta Naruto als "ahnungslose Marionette" zur Verfolgung ihrer ideologischen Ziele. "Der Affe wird diskriminiert" Das Gericht entschied zudem, dass Peta die Anwaltsrechnung Slaters für das Berufungsverfahren tragen muss. Dieser begrüßte das Urteil. Der Fall habe emotional und finanziell enormen Tribut gefordert. Wieviel Geld er mit dem Affen-Selfie verdient hat, sagte er nicht. Nur soviel: Die Einnahmen seien "peinlich niedrig". "Naruto das Recht zu verweigern, Urheberrechte in Anspruch zu nehmen, betätigt Petas Einschätzung, dass der Affe diskriminiert wird, nur weil er ein ein Tier ist", sagte der Anwalt der Tierschutzorganisation, Jeff Karr. Man werde das Urteil sorgfältig prüfen.
/ausland/selfie-affe-101.html
2018-04-01
Deutschland nimmt 10.000 Flüchtlinge auf
EU-Umsiedlungsprogramm
Mehrere Tausend Flüchtlinge dürfen auf direktem Weg nach Deutschland kommen. Das verkündete die EU-Kommission. Sie sind Teil eines Umsiedlungsprogramms für besonders Schutzbedürftige. mehr
Mehrere Tausend Flüchtlinge dürfen auf direktem Weg nach Deutschland kommen. Das verkündete die EU-Kommission. Sie sind Teil eines Umsiedlungsprogramms für besonders Schutzbedürftige. Deutschland wird laut EU-Kommission im Rahmen eines EU-Umsiedlungsprogramms mehr als 10.000 Flüchtlinge aus Nordafrika und dem Nahen Osten aufnehmen. Eine entsprechende Zusage der Bundesregierung sei in dieser Woche eingegangen, sagte EU-Migrations- und Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der "Funke Mediengruppe". Weil aus anderen Mitgliedstaaten bereits die Zusage für die Aufnahme von 40.000 Flüchtlingen vorliege, sei das Ziel des "Resettlement-Programms" bereits erfüllt und werde wohl sogar übertroffen. "Die deutsche Regierung ist erneut zur Stelle, wenn es um internationale Solidarität geht", lobte der EU-Kommissar. Das Programm hatte die Kommission im vergangenen Sommer aufgelegt, um besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen einen direkten und sicheren Weg nach Europa zu öffnen. Bis Herbst 2019 sollen mindestens 50.000 Flüchtlinge vor allem aus Nordafrika in der EU angesiedelt werden. Die EU unterstützt die Aufnahmeländer mit einer halben Milliarde Euro. Kritik von Pro Asyl und AfD Die Hilfsorganisation Pro Asyl wertete die Ankündigung als moralisches Feigenblatt und kritisierte die EU-Flüchtlingspolitik. "Deutschland und die EU brüsten sich hier an der falschen Stelle", sagte Pro Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Zugleich werden Tausende Flüchtlinge zurück in libyschen Folterzentren geschickt." Er forderte ein Ende der Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel reagierte empört und kritisierte die Asylpolitik der Bundesregierung. "Der Zenit ist deutlich überschritten, wir fordern die Bundesregierung dazu auf, jegliche Zusagen an die EU zu unterlassen, die Grenzen zu kontrollieren und den Schaden zu beseitigen, den sie bereits angerichtet hat", erklärte sie. Kommission will Ende der Grenzkontrollen Avramopoulos wird heute in Berlin erwartet. Er trifft sich hier mit Bundesinnenminister Horst Seehofer. Der EU-Kommissar drängte Berlin zugleich, die in der Flüchtlingskrise eingeführten Grenzkontrollen bald wieder abzuschaffen. Er werde solchen Kontrollen "nicht für immer" zustimmen, sagte er. Deutschland hatte erst vor Kurzem angekündigt, die Kontrollen an der Grenze zu Österreich über die gesetzte Frist im Mai hinaus zu verlängern. Die EU-Kommission will hingegen ein möglichst rasches Ende.
/inland/eu-fluechtlinge-aufnahme-101.html
2018-04-01
Kernkraftgegner zeigen Kraftwerke an
Belgische Atomkraftwerke
Atomkraftgegner haben reihenweise Strafanzeigen gegen den belgischen Staat und den Betreiber der Kernkraftwerke Doel und Tihange erstattet. Wegen zahlreicher Störfälle wächst die Angst vor einem Atom-Unfall. mehr
Atomkraftgegner haben reihenweise Strafanzeigen gegen den belgischen Staat und den Betreiber der Kernkraftwerke Doel und Tihange erstattet. Wegen zahlreicher Störfälle wächst die Angst vor einem Atom-Unfall. Aus Angst vor einem schwerwiegenden Unfall haben Atomkraftgegner Anzeige gegen den belgischen Staat und die Betreiber der Kernkraftwerke Tihange und Doel erstattet. "Wir sind hier, um unsere Wut über und unseren Protest gegen die belgischen AKWs zu zeigen", sagte Jörg Schellenberg vom trinationalen Aktionsbündnis "Stop Tihange" im belgischen Eupen. Reaktoren seit Jahren in der Kritik Im belgischen Eupen nahe Aachen nahmen den Veranstaltern zufolge rund 100 Menschen an der Aktion teil. "Wir sind überrascht von der Resonanz", sagte der Leiter des Eupener Polizeikommissariats, Daniel Baltus. Auch in den belgischen Städten Tongeren und Namur wurde zu Aktionen aufgerufen. Die belgischen Pannen-Reaktoren Tihange und Doel stehen seit Jahren immer wieder in der Kritik. Vor allem Menschen im Dreiländereck Belgien, Deutschland und den Niederlanden sind wegen Haarrissen um ihre Sicherheit besorgt. Durch Tausende Risse in den Reaktordruckbehältern steige die Gefahr des Berstens, fürchten die Kernkraftgegner. Außerdem seien die Menschen verängstigt durch immer wiederkehrende Störfälle und Notabschaltungen. "Risse haben keinen negativen Einfluss" Die belgische Atomaufsicht (FANC) und der Betreiber Electrabel versuchen aber zu beschwichtigen: Die als Risse bezeichneten Wasserstoffflocken hätten "überhaupt keinen negativen Einfluss auf die Sicherheit der Reaktoren".
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2018-04-01
EU und Mexiko einig über Handelsabkommen
Warenverkehr
Während US-Präsident Trump den Protektionismus vorantreibt, rücken die EU und Mexiko näher zusammen: In Brüssel einigten sich beide auf ein neues Freihandelsabkommen, das zollfreien Handel ermöglicht. mehr
Während US-Präsident Trump den Protektionismus vorantreibt, rücken die EU und Mexiko näher zusammen: In Brüssel einigten sich beide auf ein neues Freihandelsabkommen, das zollfreien Handel ermöglicht. Die Europäische Union und Mexiko haben einen Durchbruch für ein runderneuertes Freihandelsabkommen erzielt. Es blieben allerdings noch Einzelheiten zu klären, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Kommissare Cecilia Malmström und Phil Hogan sowie des mexikanischen Wirtschaftsministers Ildefonso Guajardo Villarreal. Es geht um die Aktualisierung eines Handelsabkommens, das seit dem Jahr 2000 gilt. Es soll ausgeweitet und modernisiert werden. "Dies wird dazu beitragen, unsere Handelsbeziehungen bereit zu machen, um den Chancen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen", hieß es in der Erklärung. Mit dem erneuerten Abkommen können nach Angaben der EU-Kommission praktisch alle Waren zollfrei zwischen der EU und Mexiko gehandelt werden, auch landwirtschaftliche Güter. Einfachere Zollabfertigung soll europäischen Unternehmen nützen, so etwa der Pharmaindustrie und dem Maschinenbau. Zudem sagen beide Seiten zu, ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen zu erfüllen. Darüber hinaus sei es das erste Handelsabkommen, das auch Korruption im privaten und öffentlichen Sektor bekämpfe, hieß es weiter. "Mit dieser Einigung setzt sich Mexiko neben Kanada, Japan und Singapur auf die immer längere Liste von Partnern, die mit der EU zusammenarbeiten wollen, um offenen, fairen und regelbasierten Handel zu verteidigen", erklärte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Beschleunigte Verhandlungen Angesichts protektionistischer Töne von US-Präsident Donald Trump hatten beide Seiten ihre Verhandlungen im vergangenen Jahr beschleunigt. Das Handelsvolumen zwischen Mexiko und der EU betrug zuletzt rund 62 Milliarden US-Dollar (etwa 50 Milliarden Euro). Von 2000 bis 2015 flossen rund 156 Milliarden US-Dollar (127 Mi Euro) an Investitionen aus der EU nach Mexiko. Für Mexiko ist die EU drittgrößter Handelspartner. Für die EU liegt das Land auf Platz 15 der wichtigsten Partner.
/wirtschaft/eu-mexiko-handelsabkommen-101.html
2018-04-01
"Journalisten müssten zuerst verifizieren"
Interview mit Fake-News-Verbreiter
Fake News zu verbreiten sei das einfachste der Welt, sagt Tommaso Debenedetti im Interview mit dem ARD-faktenfinder. Er postet seit Jahren Fake-News bei Twitter: Dabei müssten Journalisten zuerst verifizieren, ob ein Account echt ist. mehr
Fake News zu verbreiten sei das einfachste der Welt, sagt Tommaso Debenedetti im Interview mit dem ARD-faktenfinder. Er postet seit Jahren Fake-News bei Twitter: Dabei müssten Journalisten zuerst verifizieren, ob ein Account echt ist. ARD-faktenfinder: Herr Debenedetti, ist es wirklich so einfach, Falschmeldungen zu verbreiten? Tommaso Debenedetti: Leider ist es total einfach. Ich hätte das auch nicht gedacht, aber ich habe schon mit den ersten falschen Twitter-Accounts, die ich angelegt habe - die Accounts von fünf Ministern der ersten Regierung von Mariano Rajoy – dass es unglaublich leicht ist. Vielleicht, weil es diesen Hunger gibt, schnelle Nachrichten zu bekommen, als erster die News zu haben, vielleicht, weil es eine gewisse Arglosigkeit gibt,  die man auch bei manchen wichtigsten Journalisten und Tageszeitungen findet. Fake News zu verbreiten, das habe ich mit meiner täglichen Arbeit als Hoaxer begriffen, ist das einfachste der Welt. "Der Betrug fliegt wenig später auf" ARD-faktenfinder: Wie funktioniert das denn genau? Debenedetti: Man legt einen Twitter-Account an. Dieser Twitter-Account bekommt die Identität einer bekannten Person, einer wichtigen Persönlichkeit – eines Ministers, eines berühmten Schriftstellers oder sogar eines Präsidenten. Es gibt dann sofort unglaublich viele Followers. Klar, der Betrug fliegt wenig später auf, aber zwischen dem Zeitpunkt des Anlegens und dem des Auffliegens, gibt es die Zeit eine Falschmeldung zu verbreiten. ARD-faktenfinder: Was waren denn ihre größten "Erfolge"? Debenedetti: Ende Juni 2016 habe ich von dem falschen Account eines amerikanischen Verlegers den Tod von Cormac McCarthy verkündet, eines berühmten Schriftstellers aus den USA. Die Nachricht wurde sogar von USA Today übernommen, einer der größten Zeitungen der Vereinigten Staaten. Sie lief über alle möglichen News-Webseiten und wurde mehr oder weniger von allen amerikanischen Zeitungen gebracht. Das dauerte ungefähr 20 Minuten, aber das war genug Zeit für eine regelrechte Explosion von Falschmeldungen. Ein anderer Fall: Vor etwa zwei Monaten habe ich den falschen Account des Erzbischofs von Salzburg erstellt. Darüber habe ich die Fake News über das Ableben von Papst Benedikt XVI., des Papstes emeritus, verbreitet. Diese Nachricht wurde allerdings nicht in Österreich und nicht in Deutschland aufgegriffen, obwohl der Erzbischof aus Salzburg war und ich die Nachricht auf Deutsch geschrieben hatte, sondern in Polen über die Webseite eines großen polnischen Fernsehsenders. In Polen war der arme Benedikt für etwa 20 Minuten für tot erklärt, aber nur in Polen. Dann gab es mein Dementi, denn ich schrieb auf meinem Account, dass sie ein Fake war. Damit kam wieder alles ins Gleis und ging nicht über die Grenzen Polens hinaus. Komischerweise erreichen die Nachrichten manchmal nur ein einziges Land und zwar nicht zwingend das Land, aus dem die Nachricht losgegangen ist. https://twitter.com/EduardHabsburg/status/965597709167083521 "Amüsement und Kampfansage" ARD-faktenfinder: Warum machen Sie das eigentlich? Debenedetti: Einerseits ist das ein Spiel, ein Amüsement. Eine Art, über Jahre in der Welt der Nachrichten zu bleiben. Auf der anderen Seite ist es aber auch eine Kampfansage. Die Dinge, die im internationalen Journalismus nicht funktionieren, sollen ans Licht gebracht werden. Es ist auch ein Mittel, um die Presse, die Journalisten auf ihre Verantwortung aufmerksam zu machen und vor den Risiken ihres Berufes zu warnen. ARD-faktenfinder: Würden Sie sagen, dass die sozialen Medien generell eine unzuverlässige Quelle sind? Debenedetti: Das Problem ist: Sie werden heute fast wie eine Presseagentur gesehen. Die Journalisten beziehen sich, ich weiß nicht warum, auf Nachrichten, die bei Twitter gepostet werden, als wäre Twitter eine Presseagentur. In Wirklichkeit sind die Social Media die unzuverlässigste, die unsicherste aller Presseagenturen, die es auf der Welt gibt. Wenn eine Nachricht auf Twitter oder Facebook erscheint, dann müssten, so denke ich, Journalisten als erstes verifizieren, ob es ein echter Account ist oder nicht. "Ein Alarmsignal für den Journalismus" ARD-faktenfinder: Warum fallen Medien trotzdem immer wieder darauf rein? Debenedetti: Das Problem heute ist die Eile, diese absolute Eile, mit der die Zeitungen und vor allen Dingen die Webseiten und das Fernsehen, den großen Nachrichten hinterherjagen, die ersten sein wollen, die eine Nachricht melden. Das ist zum Teil auch gut, denn es gehört zur journalistischen Arbeit und es ist für den Journalisten befriedigend, wenn er der Erste ist. Doch diese Schnelligkeit von heute, dieses ständige Aktualisieren, immer noch ein Update, noch eine Breaking News - dadurch entstehen kolossale Fehler. Sogar lächerliche Fehler. Wie kann man glauben, dass eine Persönlichkeit wie Ashton Carter, seine Ernennung zum amerikanischen Verteidigungsminister übers Internet bekannt gibt, über Twitter? Das ist unmöglich und trotzdem haben viele Menschen das geglaubt. Und dieser falsche Account von mir wurde sogar von Präsident Barack Obama wahrgenommen. Er sagte im Oval Office: "Ashton Carter ist in der Tat zum Verteidigungsminister ernannt worden, aber ich habe das bestimmt nicht über einen falschen Twitter-Account gemeldet." Das zeigt, wie viel Naivität hinter all dem steckt. https://twitter.com/gdebenedetti/status/539801380979240960 Wie kann man glauben, dass die Nachricht von dem Tod eines emeritierten Papstes, bedeutend wie Benedikt XVI., nicht direkt von der vatikanischen Pressestelle kommt, nicht vom Kardinalstaatsekretär, sondern über Twitter? Und dennoch glauben die Leute das immer noch. Das sollte ein Alarmsignal für den Journalismus von heute sein. ARD-faktenfinder: Wie kann man denn die Flut der Fake News bekämpfen? Debenedetti: Solange die sozialen Medien so organisiert sind, wie sie organisiert sind, also solange Twitter und Facebook es erlauben, dass jeder mitmachen kann, ohne dass ein Ausweis verlangt wird, solange die Zeitungen und die Journalisten den Nachrichten nachjagen und die ersten sein wollen - solange das passiert, wird es Fake News geben. Da nützen auch keine Task Forces, die Fake News aufdecken oder ein Trump, der jeden Tag dagegen anwettert. Das nützt gar nichts - solange wir keine Regeln haben, die natürlich die Meinungsfreiheit respektieren. Aber es muss Kontrollen der sozialen Medien geben, darüber, wie Accounts eröffnet werden, wie Nachrichten verbreitet werden. Aber: Auch die Konsumenten haben eine Verantwortung. Trollfabriken? Geldverschwendung ARD-faktenfinder: Sie sind ja, wenn Sie erlauben, eher auf einem privaten Level aktiv. Tatsächlich haben wir es heutzutage aber mit regelrechten Troll-Fabriken, zum Beispiel in Russland zu tun, die Falschmeldungen in industriellem Ausmaß produzieren. Debenedetti: Wenn ich von Trollfabriken höre, frage ich mich: Ist es nötig, eine Trollfabrik aufzubauen, die viel kostet? Wo doch jeder Fake News mithilfe der sozialen Medien, mithilfe des Internets generieren und Gehör finden kann? Vielleicht gibt es diese Trollfabriken ja wirklich, doch für mich sind sie eine große Verschwendung von Zeit und Geld. Das Interview führte Jan-Christoph Kitzler, ARD-Studio Rom
/faktenfinder/hoaxer-interview-101.html
2018-04-01
Wie die EU Whistleblower schützen will
Richtlinie vorgestellt
Wer Rechtsverstöße in Unternehmen oder Organisationen offenlegt, lebt gefährlich. Whistleblower riskieren, strafrechtlich verfolgt oder entlassen zu werden. Jetzt hat die EU eine Richtlinie zum Schutz vorgestellt. Von Samuel Jackisch.
Wer Rechtsverstöße in Unternehmen oder Organisationen offenlegt, lebt gefährlich. Whistleblower riskieren, strafrechtlich verfolgt oder entlassen zu werden. Jetzt hat die EU eine Richtlinie zum Schutz vorgestellt. Illegaler Handel mit Facebook-Daten, manipulierte Abgaswerte bei Diesel-Autos, Geldwäsche und Steuerhinterziehung rund um die Panama Papers: Viele Skandale, die in den vergangenen Jahren große Schlagzeilen und zahlreiche Gerichtsverfahren mit sich brachten, wären möglicherweise unentdeckt geblieben, wenn nicht Insider brisante Informationen öffentlich gemacht hätten. Dafür zahlen Hinweisgeber häufig einen hohen Preis, so EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans. Neue Richtlinie: drei Richtungen Zum besseren Schutz von Whistleblowern sieht eine neue Richtlinie der EU-Kommission drei Kanäle vor: Zunächst sollen Hinweisgeber intern die Möglichkeit haben, Rechtsverstöße anzuprangern. Dafür müssen Unternehmen und Behörden vertrauenswürdige Kommunikationswege schaffen - zum Beispiel in Form von Ombudsleuten. Die Regeln betreffen alle Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von zehn Millionen Euro. Wenn das Unternehmen auf Beschwerden nicht reagiert, sollen Whistleblower sich an staatliche Kontrollbehörden und Bürgerbeauftragte wenden. Im letzten Schritt sei der Gang an die Öffentlichkeit, über Journalisten und Medien legitim, so Timmermans. Beweislast beim Unternehmen In diesen Fällen sollen die Hinweisgeber nicht ihre Entlassung fürchten müssen oder andere Formen der Vergeltung. Kommt es doch dazu, muss das Unternehmen beweisen, dass etwa eine Versetzung oder Gehaltseinbußen nichts mit der Veröffentlichung zu tun haben. Nicht nur für Angestellte Dieser Schutz soll nicht nur Angestellten gewährt werden, sondern auch Auftragnehmern, Zulieferern, Praktikanten oder Bewerbern, erklärt Justizkomissarin Vera Jourova. Ein Whistleblower sei der Richtlinie zufolge jeder, der interne Informationen über EU-Rechtsverstöße offenlegt, die der Gesellschaft ernsthaft schaden. Die neue Richtlinie ist zunächst ein Vorschlag der EU-Kommission. Das Europäische Parlament fordert die neuen Regeln bereits seit langem. Schließlich müssen noch die Staats- und Regierungschefs zustimmen, bevor die Mitgliedstaaten den Schutz der Whistleblower in nationales Recht umsetzen müssen.
/ausland/whistleblower-eu-101.html
2018-04-01
"Gezielte Falschmeldung" aus Moskau
Auswärtiges Amt zum Fall Skripal
Gift aus den Arsenalen westlicher Armeen in den Proben der Skripals - das behauptete Russlands Außenminister Lawrow. Die OPCW dementierte, das Auswärtige Amt bezog klar Stellung. Von Silvia Stöber.
Gift aus den Arsenalen westlicher Armeen in den Proben der Skripals - das behauptete Russlands Außenminister Lawrow. Die OPCW dementierte, das Auswärtige Amt bezog klar Stellung. Von Silvia Stöber, tagesschau.de Es klang brisant, was Russlands Außenminister Sergej Lawrow am 14. April sagte: Das Schweizer Labor Spiez habe in den Proben zum Fall Skripal nicht nur einen Stoff gefunden, der zur Gruppe der Nowitschok-Gifte zähle. Es habe auch den Kampfstoff BZ entdeckt, der sich "im Arsenal der US-Armee, Großbritanniens und anderer NATO-Länder" befinde, so Lawrow. Für den Einsatz von BZ sprächen auch die Symptome, die Sergej Skripal und dessen Tochter gezeigt hätten. Labor Spiez ist OPCW-Kontrolllabor Das Labor Spiez untersteht dem Schweizer Bundesamt für Bevölkerungsschutz und zählt zu den wenigen ausgewählten Einrichtungen, die für die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) Analysen durchführen. So auch im Fall Skripal: Nach Aussagen von Lawrow analysierte das Labor Ende März Blut- und Umweltproben vom Anschlagsort in Salisbury. Seine Regierung habe vertrauliche Informationen dazu erhalten, so der russische Außenminister. Er kritisierte, dass die Informationen über den Kampfstoff BZ nicht in der Mitteilung der OPCW zwei Tage zuvor genannt worden sei, wie unter anderem die Agentur TASS berichtete. https://twitter.com/OPCW/status/984391003674234885 BZ nicht in Proben aus Salisbury Was Lawrow jedoch nicht sagte: Neben den zu untersuchenden Proben verschickt die OPCW immer auch Kontrollproben. Den Fachlabors ist nicht bekannt, welches die richtigen und welches die zusätzlichen Proben sind. So soll eine fehlerfreie Arbeit sichergestellt werden. Im Fall Skripal verschickte die OPCW in einer der Kontrollproben einen Vorläuferstoff von BZ. In der eigentlichen Probe aus Salisbury fand sich hingegen kein BZ, sondern ein Nowitschok-Gift. Dies wurde bei der Sitzung des OPCW-Exekutivrats vier Tage nach Lawrows Aussage mitgeteilt. In dem Leitungsgremium der Organisation sitzen Vertreter der 41 Staaten, die der Chemiewaffenkonvention beigetreten sind - darunter Russland. Lawrow brachte die OPCW und das Schweizer Labor in einer ohnehin schon aufgeheizten Atmosphäre in eine schwierige Lage, und er zog die neutrale Schweiz in den Fall hinein. Dennoch blieb seine Äußerung zunächst vier Tage unbeantwortet, was den strengen Regeln der OPCW geschuldet ist: Das Labor Spiez durfte aufgrund einer Geheimhaltungsklausel mit der Organisation nicht einmal angeben, ob es zu den Laboren gehörte, die die Proben im Fall Skripal untersucht haben. So blieb der Einrichtung nur, per Tweet zu erklären, dass allein die OPCW auf die Aussagen Lawrows reagieren dürfe. https://twitter.com/SpiezLab/status/985243574123057152 Davon abgesehen hatte ein hochrangiger Mitarbeiter des Instituts schon zehn Tage zuvor in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" erklärt, dass er keine Zweifel am Ergebnis des britischen Labors in Porton Down habe. Auch die britischen Experten hatten in den Proben aus Salisbury ein Nowitschok-Gift gefunden. "Inakzeptable Schwächung der OPCW" Die OPCW wartete mit einer Reaktion auf Lawrow bis zur Exekutivsitzung vier Tage nach dessen Aussage. Danach äußerte sich auch die Schweizer Vertreterin in dem Gremium: Sie zeigte Unverständnis über die Worte des russischen Außenministers. Dass er sich auf das Schweizer Labor bezogen habe, sei unstatthaft. Und es sei inakzeptabel, dass die Glaubwürdigkeit der OPCW geschwächt worden sei. https://twitter.com/SpiezLab/status/986607830508752896 OPCW-Generalsekretär Ahmet Üzümcü machte deutlich, dass die von den Referenzlabors gefundene BZ-Substanz nicht in den Proben aus Salisbury gefunden worden sei. Die Behauptung Lawrows ist demzufolge falsch. Auswärtiges Amt reagiert auf Gerüchte Zwei Tage später reagierte das Auswärtige Amt in Berlin auf die Behauptungen aus Moskau. Es veröffentlichte einen Text und einen Tweet. Unter der Überschrift "Falsche Gerüchte im Fall Skripal" wird das Prozedere der OPCW erläutert und erklärt, warum die Behauptung über einen angeblichen Fund des Kampfstoffes BZ in den Proben aus Salisbury falsch sei. Allerdings wird die Äußerung Lawrows in dem Text nicht erwähnt. Das Auswärtige Amt bezieht sich auf die Verbreitung "falscher Gerüchte" durch staatlich kontrollierte russische Auslandsmedien in sozialen Medien. Das Fazit: Dass die unabhängige OVCW Vergleichsproben mit anderen Stoffen benutzt, ist allen Seiten bekannt – auch Russland. Es handelt sich also um eine gezielte Falschmeldung. Auf Kommentare zum Tweet unter anderem vom russischen Auslandssender "RT Deutsch" ging das Auswärtige Amt nicht ein. https://twitter.com/AuswaertigesAmt/status/987314880398192640 Auswärtiges Amt soll "kampagnenfähig" werden Die Erläuterung sticht aus den sonstigen Mitteilungen des Auswärtigen Amtes heraus. "RT-Deutsch"-Chefredakteur Ivan Rodionov meinte am gleichen Tag einen "steigenden publizistischen Drang" des Auswärtigen Amtes unter dem neuen Außenminister Heiko Maas festzustellen. Tatsächlich hatte das Ministerium seine Öffentlichkeitsarbeit aber bereits Ende vergangenen Jahres ausgeweitet. So berichten seit Dezember 2017 hochrangige Mitarbeiter des Ministeriums auf eigenen Twitter-Accounts über ihre Arbeit. Eine Abteilung für Strategische Kommunikation soll das Auswärtige Amt "kampagnenfähig" machen, wie es Anfang des Jahres in einer Ausschreibung hieß. Ein Thema sei der Umgang mit globaler Propaganda. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte dazu, einen Zusammenhang gebe es nicht. Der Webseiten-Artikel und der zugehörige Tweet seien Teil der regulären Pressearbeit des Auswärtigen Amtes. Deutlicher als sein Vorgänger Sigmar Gabriel äußert sich Außenminister Maas jedoch gegenüber der russischen Regierung: Er spricht sich für einen Dialog mit ihr aus, fordert aber auch konstruktives Verhalten bei der Lösung der Konflikte.
/faktenfinder/russland-opcw-skripal-101.html
2018-04-01
"Antisemitismus wird wieder salonfähig"
Warnung von Kirchen und Politik
Nach einer Reihe von antisemitischen Vorfällen beklagt Justizministerin Barley zunehmende Judenfeindlichkeit in Deutschland. Mit Solidaritätsaktionen wollen Politiker und Verbände dem Einhalt gebieten. mehr
Nach einer Reihe von antisemitischen Vorfällen beklagt Justizministerin Barley zunehmende Judenfeindlichkeit in Deutschland. Mit Solidaritätsaktionen wollen Politiker und Verbände dem Einhalt gebieten. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht nach dem Angriff auf einen Israeli in Berlin eine neuen Qualität des Antisemitismus in Deutschland. Er hätte sich einen solchen Vorfall vor zehn Jahren nicht vorstellen können, sagte Schuster im Deutschlandfunk. Die rote Linie habe sich verschoben. Schuster äußerte sich auch besorgt über das Wiederauftauchen von antisemitischen Stereotypen wie einer "jüdischen Weltverschwörung". Er verwies darauf, dass das Problem nicht alleine aufgrund arabischer Migranten bestehe. Kippa tragen gegen Diskriminierung Die Jüdische Gemeinde in der Hauptstadt lädt für Mittwoch alle Berliner zu einer Solidaritätsaktion unter dem Motto "Berlin trägt Kippa" vor das Gemeindehaus Fasanenstraße ein. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller wird auf der Veranstaltung der Gemeinde sprechen. Er sei nicht bereit, die Vorfälle hinzunehmen, sagte er der "Welt". Antisemitismus offener, aggressiver, akzeptierter Justizministerin Katarina Barley beklagt eine zunehmende Judenfeindlichkeit in Deutschland. Das Bewusstsein, was Antisemitismus in diesem Land angerichtet habe, sei lange sehr stark gewesen. "Aber wir müssen feststellen, dass Antisemitismus wieder salonfähig wird", sagte Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Nach Ansicht des Berliner Rabbiners Daniel Alter tritt der Antisemitismus zunehmend aggressiver und offener zutage. Das gelte für Judenhass aus unterschiedlichen Kreisen und Ursachen, sagte der frühere Antisemitismusbeauftragte der Berliner Jüdischen Gemeinde dem RBB. EKD will Zeichen setzen Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland verurteilte die jüngsten antisemitischen Vorfälle und Übergriffe in Deutschland scharf. Nie wieder dürfe er sich in Deutschland ausbreiten oder gar salonfähig werden. "Wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland Gewalt und Beschimpfungen ausgesetzt sind und sich nicht mehr sicher fühlen, können wir das unter keinen Umständen hinnehmen." Die Rapper Farid Bang und Kollegah waren vor wenigen Tagen für ein als judenfeindlich kritisiertes Album mit dem Echo-Musikpreis ausgezeichnet worden. Für Empörung sorgte zudem ein judenfeindlicher Angriff auf einen jungen Mann, der eine Kippa trug, im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Täter bestreiten antisemitisches Motiv Gegen den mutmaßlichen Täter wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Laut Polizei handelt es sich um einen 19-jährigen Palästinenser aus Syrien. In einem auf Facebook veröffentlichten Video bestreiten er und ein weiterer Tatverdächtiger antijüdische Motive des Angriffs. "Wir sind nicht feindlich gegenüber Juden. Wir sind keine Antisemiten", erklären sie.
/inland/antisemitismus-145.html
2018-04-01
"Wo Bio draufsteht, muss Bio drin sein"
Schärfere EU-Regeln
Der Hunger auf Öko-Lebensmittel wächst. Aber ist Bio auch wirklich immer Bio? Gegen den Etikettenschwindel hat die EU neue Regeln gebilligt: Zukünftig gibt es strengere Kontrollen bei Produktion und Import. mehr
Der Hunger auf Öko-Lebensmittel wächst. Aber ist Bio auch wirklich immer Bio? Gegen den Etikettenschwindel hat die EU neue Regeln gebilligt: Zukünftig gibt es strengere Kontrollen bei Produktion und Import. Mit neuen Regeln für den Öko-Landbau will die EU künftig Etikettenschwindel bei Bio-Lebensmitteln weiter eindämmen. Das EU-Parlament billigte mit großer Mehrheit eine entsprechende neue Verordnung. Sie sieht strengere Kontrollen vor, die künftig neben der Produktion auch die Lieferkette abdecken sollen. Bei importierten Bio-Lebensmitteln aus Drittländern sollen die EU-Regeln strikter eingehalten werden. Auch müssen Bio-Landwirte darauf achten, dass ihre Produkte nicht mit Pestiziden oder anderen Chemikalien verunreinigt werden. Regeln sollen 2021 in Kraft treten Vertreter des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten hatten sich bereits im Juni 2017 nach jahrelangem Streit auf die Neuordnung geeinigt. Formal muss nun noch der Rat der Mitgliedsländer zustimmen, bevor die Regeln 2021 in Kraft treten sollen. "Wo Bio draufsteht, muss Bio drin sein", sagte der Grünen-Abgeordnete Martin Häusling, der über die neue Verordnung mitverhandelt hatte. Das neue Gesetz mache Bio-Siegel zu einer echten Marke für Qualität und schaffe Vertrauen bei Kunden, Bio-Landwirten und den Bio-Lebensmittelherstellern. Mehr Hunger auf Bio-Produkte Die Produktion von Öko-Lebensmitteln ist in der Europäischen Union in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Deutschland ist unter den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch. Im Jahr 2013 gab jeder Deutsche durchschnittlich 93 Euro für Bio-Nahrung aus. Ökologische Landwirtschaft findet sich bisher jedoch nur auf etwa sieben Prozent der Weiden und Felder der EU. Der steigende Hunger auf Öko-Produkte wird durch mehr Importe gestillt. Für diese Einfuhren sollen mit dem neuen Gesetz künftig strengere Regeln gelten. Auch Bio-Produkte aus dem außereuropäischen Ausland sollen eins zu eins den EU-Standards entsprechen. Lebensmittel, die davon abweichen, sollen nach Inkrafttreten der Verordnung nur noch fünf Jahre lang importiert werden dürfen. Ausnahmen kann es geben, falls Versorgungsengpässe drohen. Gefahr durch Pestizide des Nachbarn Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft lobt die neue Verordnung als ein Fundament, aus dem ein gutes Bio-Recht werden könne. Zentrale Regeln müssten allerdings noch ausgearbeitet werden, erklärte Geschäftsführer Peter Röhrig. Kritisch sieht er die Tatsache, dass Landwirte künftig ihr Bio-Label verlieren können, wenn ihre Produkte mit Chemikalien verunreinigt sind. Ökobauern dürften nicht für die Pestizidanwendungen ihrer Nachbarn haften, betont Röhrig. Die sozialdemokratische Europaabgeordnete Maria Noichl sieht durch diese Kontaminationsregel gar die Gefahr, dass der Bio-Sektor in die "Nische zurückgedrängt" werden könnte. Die Herstellung ökologischer Lebensmittel sei "unter einer Käseglocke nicht möglich", sagt Noichl. Mit den neuen Regeln müssten Bauern für die Pestizide gerade stehen, die auf dem konventionellen Nachbarhof eingesetzt würden.
/ausland/bio-lebensmittel-eu-101.html
2018-04-01
Chemiewaffenexperten nehmen Proben
OPCW-Untersuchung in Duma
Zwei Wochen sind bereits seit dem mutmaßlichen Giftgasangriff im syrischen Duma vergangen. Nun durften Chemiewaffenexperten vor Ort Proben nehmen. Diese werden in Labors der OPCW ausgewertet. mehr
Zwei Wochen nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma haben dort Experten der OPCW Proben genommen. Die Untersuchung in der syrischen Stadt war nach Schüssen auf UN-Mitarbeiter verschoben worden. Ein Team der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hat in der syrischen Stadt Duma Proben genommen, wie die OPCW mitteilte. Die Inspektoren suchen nach Belegen für den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen am 7. April. Ziel ist es aber nicht, den Urheber zu ermitteln. Die Proben würden in das OPCW-Labor im niederländischen Rijswijk und dann zur Analyse in ausgewählte Labore gebracht, hieß es in der Erklärung der OPCW. Nach einer Bewertung der Lage vor Ort werde über einen weiteren Besuch in Duma entschieden. Experten zufolge kann die Analyse der Proben zwei bis drei Wochen dauern. Tagelanges Warten auf die Fahrt nach Duma Die Experten waren bereits vor einer Woche in der Hauptstadt Damaskus eingetroffen. Sie erhielten jedoch keine Freigabe für die Fahrt nach Duma - aus Sicherheitsgründen, wie syrische und russische Vertreter der Sicherheitskräfte erklärten. Einmal wurde die Untersuchung verschoben, nachdem ein Sicherheitsteam der UN bei einer Erkundungsfahrt beschossen worden war. Russland als wichtiger militärischer Verbündeter von Präsident Bashar al-Assad hatte kurz nach Übernahme der Kontrolle von Duma erklärt, eigene Proben in Duma hätten keine Hinweise auf den Einsatz von Chemiewaffen gezeigt. Danach lieferte Russland verschiedene Versionen darüber, ob und vom wem Giftgas eingesetzt wurde. So hieß es unter anderem, der Giftgaseinsatz sei vom Westen inszeniert worden. Die syrische Regierung dementierte wiederholt den Einsatz chemischer Waffen. Kaum noch Spuren zu finden Westliche Diplomaten gehen davon aus, dass inzwischen alle Beweise am Ort des Angriffs beseitigt wurden, so dass die OPCW-Mission nur schwerlich gesicherte Erkenntnisse bringen werde. Nach Einschätzung von Experten könnten die OPCW-Inspektoren jedoch immer noch deutliche Spuren in Kleidern, an Wänden, Felsen und im Boden finden, wenn tatsächlich giftige Chemikalien eingesetzt wurden, auch wenn ihre Wirksamkeit mit der Zeit nachlässt.  Die USA, Großbritannien und Frankreich hatten vor einer Woche als Vergeltung für den mutmaßlichen Angriff Ziele in Syrien bombardiert. Syrien und Russland werfen den drei Staaten deswegen einen Bruch des Völkerrechts vor. Bei dem mutmaßlichen Giftgasangriff am 7. April wurden nach Angaben örtlicher Helfer mindestens 40 Menschen getötet. Kurz darauf willigten die Kämpfer der "Armee des Islam" in einen Abzug aus der Stadt ein.
/ausland/opcw-duma-syrien-103.html
2018-04-01
"EU-Haltung schadet den Menschen"
Russischer EU-Botschafter
Wer soll den Wiederaufbau in Syrien bezahlen? Der russische EU-Botschafter Tschischow fordert im ARD-Interview, dies solle zum großen Teil die EU übernehmen. Sie müsse ihre Position überdenken. mehr
Wer soll den Wiederaufbau in Syrien bezahlen? Der russische EU-Botschafter Tschischow fordert im ARD-Interview, dies solle zum großen Teil die EU übernehmen. Sie müsse ihre Position überdenken. ARD-Studio Brüssel: Wie viel Geld ist für den Wiederaufbau Syriens nötig? Wladimir Tschischow: Ich bin vorsichtig, Zahlen zu nennen. Es werden sicher Hunderte Milliarden Euro sein. ARD-Studio Brüssel: Wie sollte der Wiederaufbau ablaufen? Tschischow: Es gibt zwar einen breiten Konsens über humanitäre Hilfe. Aber wenn es um den Wiederaufbau geht, sind die Positionen sehr unterschiedlich. Es gibt die Schule, zu der auch die EU gehört - und die sagt, dass der Wiederaufbau erst beginnen kann, wenn es bestimmte politische Prozesse in Syrien gegeben hat (Anm. d. Red.: freie Wahlen). Wir wissen alle, wie zersplittert die syrische Gesellschaft ist. Es gibt immer noch Gegenden mit terroristischen Aktivitäten, es gibt Streitigkeiten zwischen den verschiedenen Gemeinschaften im Land. Jeder politische Prozess braucht Zeit - und währenddessen leidet die einfache Bevölkerung. "Ich hoffe, dass sich die Vernunft durchsetzt" ARD-Studio Brüssel: Sie sagen also: Wenn die EU auf politische Veränderungen in Syrien warten will, dann wird es so schnell keinen Wiederaufbau geben? Tschischow: Das ist die offizielle Position der EU. Ich hoffe, dass sich die Vernunft letztlich durchsetzt. Und dass die EU Wege findet und sich selbst aus dieser festgefahrenen Position herauszieht. ARD-Studio Brüssel: Was will denn Russland für den Wiederaufbau leisten? Tschischow: Russland hat - über bilaterale Wege - eine Reihe von Ausrüstungsgegenständen zur Verfügung gestellt. Um den Schutt wegzuräumen, um Häuser neu zu bauen, Strom- und Wasserversorgung. Schauen Sie sich Aleppo an. Aleppo kommt wieder zurück zum Leben. Und das passiert unter anderem - natürlich auch wegen der Anstrengungen der Syrer selbst - wegen der Hilfe von russischer Seite. "EU soll Haltung überdenken" ARD-Studio Brüssel: Was erwarten Sie von der Europäischen Union? Tschischow: Ich hoffe, dass der Moment kommt, an dem die EU ihre Haltung überdenkt: Humanitäre Hilfe ja; Wiederaufbau nein - bis es politische Veränderungen in Syrien gibt. Das erscheint mir zu diesem Zeitpunkt eine Sackgasse zu sein. Denn die EU wird sehr lange warten müssen, dass dieser Prozess stattfindet. Momentan sind die Differenzen der verschiedenen Konfliktparteien ziemlich groß. Diese Position der EU schadet heute den einfachen Leuten. ARD-Studio Brüssel: Aber der Schaden wurde ja durch russische Jets verursacht, die Bomben abwarfen. Wie kann man der europäischen Öffentlichkeit erklären, dass Europa nun für diesen Schaden zahlt? Tschischow: Natürlich haben wir Luftunterstützung für die Bodenoperationen der syrischen Armee geleistet. Ja, die russische Luftwaffe hat Stützpunkte von Terroristen zerstört, unter anderem ihre Hauptquartiere, ihre militärischen Einrichtungen, Tunnel - solche Sachen. ARD-Studio Brüssel: Aber auch Krankenhäuser. Tschischow: Nein. ARD-Studio Brüssel: Es wurden Krankenhäuser getroffen von russischen Flugzeugen. Tschischow: Nein. ARD-Studio Brüssel: Was für Gebäude waren das dann? Tschischow: Die einzigen Gebäude, die Ziele waren - und ich versichere Ihnen, wir hatten ausreichend Aufklärungsdaten und Quellen, um nicht die falschen Ziele zu treffen - also: die einzigen Ziele waren die, die zu Terrororganisationen gehörten. "Wir betteln nicht, dass die EU involviert ist" ARD-Studio Brüssel: Können Sie erklären, welches Interesse die EU haben sollte, sich am Wiederaufbau zu beteiligen? Tschischow: Weil sie selbst immer ziemlich laut sagt, dass sie in die Anstrengungen eingebunden werden sollte, den Syrien-Konflikt beizulegen. Es ist ihr eigener Wunsch, ihre Position. Wir betteln nicht, dass die EU involviert wird. Die EU möchte involviert sein. ARD-Studio Brüssel: Aber verstehen Sie, dass es schon etwas frech wirkt, wenn Sie sagen: Die EU soll zahlen, obwohl sie anders als Russland keine Bomben abgeworfen hat? Tschischow: Es ist meine tiefe Überzeugung, dass die EU selbst ein Interesse haben muss, an der Spitze der internationalen Bemühungen zu stehen, den Syrien-Konflikt zu beenden. Dazu zählt auch, sich am Wiederaufbau des Landes zu beteiligen. "Jeder Schritt verbessert Gesamtklima der Beziehungen" ARD-Studio Brüssel: Sehen Sie die Fragen des Wiederaufbaus auch als eine Art Brücke, die Beziehungen mit Russland wieder zu verbessern - auch auf anderen strittigen Gebieten? Tschischow: Jeder positive Schritt verbessert auch das Gesamtklima der Beziehungen. Aber in erster Linie wird es natürlich das Image der EU im Nahen Osten verbessern, was bislang ja nicht perfekt gewesen ist. ARD-Studio Brüssel: Warum kümmern Sie sich jetzt um das Image der EU im Nahen Osten? Was ist Ihr Problem, wenn Syrien nicht wieder aufgebaut wird? Tschischow: (lacht) Mein Problem, wenn Syrien nicht ausreichend aufgebaut wird, ist, dass in solchen harten Situationen der Keim für weitere Konflikte gelegt wird. Und was wir alle vermeiden wollen, ist die Verlängerung dieses Konflikts in Syrien - von ethnischen, kulturellen und religiösen Spaltungen.
/ausland/interview-tschischow-101.html
2018-04-01
Legal, direkt und sicher - auch genug?
EU-Umsiedlungsprogramm
Das europäisches Umsiedlungsprogramm soll schutzbedürftigen Flüchtlingen einen legalen Weg in sichere Asylländer bahnen. Die EU sieht es als Erfolg - Kritiker halten es für nicht ausreichend. Von Karin Bensch.
Das europäisches Umsiedlungsprogramm soll schutzbedürftigen Flüchtlingen einen legalen Weg in sichere Asylländer bahnen. Die EU sieht es als Erfolg - Kritiker halten es für nicht ausreichend. Oft wird der Europäischen Union vorgeworfen, dass sie sich gegen Flüchtlinge abschottet: mit Schlagbäumen, Grenzzäunen und Personenkontrollen. Das Umsiedlungsprogramm, auch Resettlement genannt, ist der Versuch, Flüchtlinge auf einem legalen, direkten und sicheren Weg nach Europa zu holen. Dabei geht es vor allem um Menschen aus Nordafrika und dem Nahen Osten, die besonders schutzbedürftig sind. Die EU-Kommission hatte dieses Programm im vergangenen Sommer gestartet. "Wir schlagen vor, dass es 50.000 Umsiedlungsplätze in den Mitgliedsländern geben soll, die wir mit einer halben Milliarde Euro unterstützen", sagte Dimitris Avramopoulos, der in der EU-Kommission für Migration zuständig ist. Nicht alle machen mit Avramopoulos fügte damals noch hinzu, dass er wirklich darauf zählt, dass die Mitgliedsländer mitmachen - und sie haben mitgemacht: Deutschland sicherte zu, 10.000 Flüchtlinge aus dem Umsiedlungsprogramm bei sich aufzunehmen. Auch andere EU-Länder machten bereits Zusagen. Frankreich will ebenfalls gut 10.000 schutzbedürftige Menschen aus Nordafrika zu sich holen. Direkt dahinter liegen Schweden mit knapp 9000 und Großbritannien mit fast 8000 Plätzen für Flüchtlinge, die aus Kriegsgebieten oder Flüchtlingslagern umgesiedelt werden. Noch keine Zusagen machten nach Auskunft der EU-Kommission Österreich und Lettland sowie Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei. Insgesamt aber ist die Zahl von 50.000 umzusiedelnden Menschen schon jetzt erreicht. Bis Herbst wäre dafür Zeit gewesen. Pro Asyl hält Programm für nicht ausreichend Die Hilfsorganisation Pro Asyl begrüßt zwar, dass die Europäische Union mehr legale Wege schafft. Die Zahl der Menschen, die aus Afrika in Europa aufgenommen werden, ist allerdings deutlich zu gering, sagte Karl Kopp dem ARD-Studio Brüssel: "50.000 ist ein Anfang, aber es reicht nicht aus. Weil wir alle wissen, dass es einen viel höheren Bedarf gibt." Kritik an Kooperation mit Libyen Zugleich würden Tausende aus Seenot gerettete Menschen wieder in Haft- und Folterlager in Libyen zurückgeschleppt werden. Pro Asyl fordert, dass die EU die Ausbildung und Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache sofort beendet. Das allerdings ist nicht in Sicht. Denn gerade durch die Kooperation mit den libyschen Küstenwächtern und den türkischen Grenzbeamten kontrolliert die EU den Zustrom von Flüchtlingen und Migranten - um dann gezielt einer kleinen Menge schutzbedürftiger Menschen den Zutritt nach Europa zu gestatten.
/inland/eu-fluechtlinge-aufnahme-103.html
2018-04-01
Robuste Mikroalgen in der Arktis
Studie zu Klimawandel
Wale, Robben, Fische - für viele Tiere der Arktis sind Mikroalgen eine wichtige Nahrungsgrundlage. Durch den Klimawandel könnten sie bedroht sein, dachten viele Forscher bislang. Doch die Algen sind robuster als angenommen. mehr
Wale, Robben, Fische - für viele Tiere der Arktis sind Mikroalgen eine wichtige Nahrungsgrundlage. Durch den Klimawandel könnten sie bedroht sein, dachten viele Forscher bislang. Doch die Algen sind robuster als angenommen. Mikroalgen bilden eine wesentliche Nahrungsgrundlage für viele Tiere der Arktis, unter anderem für Wale, Robben und kommerziell genutzte Fischarten. Damit sind sie für das gesamte Ökosystem am Nordpol von großer Bedeutung. Nun haben Wissenschaftler des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) herausgefunden, dass die Algen weniger anfällig für Folgen des Klimawandels als bislang angenommen. Dies werten sie als gutes Zeichen für den Lebensraum Arktis. Konkret scheint die Versauerung der Ozeane infolge des Klimawandels Mikroalgen-Gemeinschaften in arktischen Küstengewässern wenig zu beeinträchtigen. Vermutlich liegt das daran, dass das Phytoplankton in der Arktis bereits natürlicherweise extremen und sehr variablen Umweltbedingungen ausgesetzt ist, berichten die AWI-Forscher gemeinsam mit kanadischen Kollegen in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change". Starke natürliche Schwankungen Mikroalgen sind in der Arktis im Winter kompletter Dunkelheit, im Sommer durchgängig dem Tageslicht ausgesetzt. Des Weiteren befinden sie sich mal in klarem, salzhaltigem Meerwasser, mal im trüben Süßwasser aus Flüssen. Das Team um AWI-Forscherin Clara Hoppe zeigte nun, dass die Algen offenbar durch diese Umstände besonders widerstandsfähig werden. "Sie reagieren zum Beispiel weniger stark auf Ozeanversauerung als wir es von Experimenten aus dem Südpolarmeer oder den gemäßigten Breiten kennen", erläutert Hoppe. Das gelte sowohl für ihre Produktivität als auch die Zusammensetzung der Gemeinschaften. "Eine gute Nachricht", betonte Hoppe. Versauerung gefährdet Ozeane Die Wissenschaftler hatten mit natürlichen Mikroalgen-Gemeinschaften experimentiert und diese unterschiedlichen Temperaturen, Lichtverhältnissen oder pH-Werten ausgesetzt. Die zunehmende Versauerung der Ozeane ist eine Folge des Klimawandels: Durch den höheren Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre gelangt mehr Kohlendioxid in das Wasser. Dort reagiert es zu Kohlensäure - das Wasser wird saurer. Die Versauerung ist in der Arktis stärker ausgeprägt als in Regionen mit stabileren Umweltbedingungen. Zu weiteren Folgen des Klimwandels zählen die Erwärmung des Wassers und die durch den Meereisrückgang veränderten Lichtbedingungen.
/inland/mikroalgen-ozeane-101.html
2018-04-01
Richter erschweren Abschiebung
Straffällige EU-Einwanderer
EU-Bürger, die außerhalb der Heimat straffällig werden, können nicht ohne Weiteres ausgewiesen werden. Das hat der EuGH entschieden. Wer mindestens fünf Jahre da sei, habe ein Daueraufenthaltsrecht. mehr
EU-Bürger, die außerhalb der Heimat straffällig werden, können nicht ohne Weiteres ausgewiesen werden. Das hat der EuGH entschieden. Wer mindestens fünf Jahre da sei, habe ein Daueraufenthaltsrecht. Straffällig gewordene EU-Bürger dürfen nur unter besonderen Umständen abgeschoben werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden. Die Richter befanden: Wenn ein EU-Bürger fünf Jahre in einem anderen EU-Land lebt, hat er ein Daueraufenthaltsrecht erlangt. Das verfällt auch dann nicht zwangsläufig, wenn man straffällig wird. Eine Ausweisung sei dann nur bei "schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" erlaubt. Noch mehr Schutz haben EU-Bürger laut dem Gericht verdient, wenn sie in den vergangenen zehn Jahren in dem Aufnahmestaat lebten. Sie könnten dann nur aus "zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit" ausgewiesen werden. Grieche sollte aus Deutschland abgeschoben werden Über die Frage, inwieweit eine Haftstrafe die Zehnjahresfrist unterbricht und eine Ausweisung damit wieder erleichtert wird, hatte nun der EuGH unter anderem in einem deutschen Fall zu entscheiden. In dem Verfahren ging es um einen Griechen, der seit seinem dritten Lebensjahr in Deutschland lebt. Er hatte 2013 eine Spielhalle überfallen. Der damals 24-Jährige wurde anschließend zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und acht Monaten verurteilt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wollte ihn anschließend ausweisen. Der zehnjährige Daueraufenthalt sei durch die Haft unterbrochen worden. Maßstab ist die Integration im Aufnahmeland Das sahen die Richter anders: Eine Haft unterbreche nicht automatisch den rechtmäßigen zehnjährigen Daueraufenthalt. Dies hänge vom Einzelfall ab. Ein verstärkter Ausweisungsschutz könne danach weiterbestehen, wenn der EU-Bürger trotz seiner Haft im Aufnahmemitgliedstaat weiter integriert sei. Allerdings müssten auch die Art der Straftat und das Verhalten des Betroffenen während des Vollzugs berücksichtigt werden. Nach verbüßten Haftstrafen müsse im Zweifelsfall geprüft werden, ob dadurch die geknüpften Integrationsbande abgerissen seien, befanden die Richter weiter.
/ausland/eugh-ausweisung-101.html
2018-04-01
Sind die Statistiken irreführend?
Antisemitische Straftaten
Wie viele antisemitische Straftaten werden in Deutschland verübt? Und von wem? Die vorliegenden Statistiken weisen Schwächen auf. Kritiker meinen sogar, sie seien irreführend. Von Andrej Reisin.
Wie viele antisemitische Straftaten werden in Deutschland verübt? Und von wem? Die vorliegenden Statistiken weisen Schwächen auf. Kritiker meinen sogar, sie seien irreführend. Laut der vom Bundeskriminalamt jährlich veröffentlichten Statistik "Politisch Motivierte Kriminalität" (PMK) wurden im Berichtsjahr 2016 (die Zahlen für 2017 werden im Mai vorgestellt) bundesweit 1468 antisemitische Straftaten begangen. 1381 davon ordnete die Polizei Tätern mit politisch rechter Motivation zu, was gut 94 Prozent entspricht. Demnach wäre antisemitische Hasskriminalität nahezu vollständig ein Problem rechtsradikaler Tätergruppen. Demgegenüber steht eine Zahl, die der Studie "Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland" entstammt, die am Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld erstellt wurde. Dort gaben Opfer von antisemitischen Gewaltdelikten zu 81 Prozent an, dass die mutmaßlichen Täter einer "muslimischen Gruppe" angehört hätten. Zahlen widersprechen einander Diese beiden Zahlen stehen sich in der Debatte über Antisemitismus in Deutschland nahezu diametral gegenüber. Doch beide sind keinesfalls so belastbar, wie es zunächst den Anschein haben mag. Die Probleme der Statistik "Politische Motivierte Kriminalität" (PMK), die ein Sonderbericht zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist, sind bekannt: Der vom Bundestag eingesetzte "Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus", der auch die Bielefelder Studie beauftragt hatte, urteilt über die Probleme bei der polizeilichen Erfassung antisemitischer Straftaten folgendermaßen: Man darf […] die Zahlen der PMK-Statistik nicht als Abbild der Realität missverstehen, vielmehr ist aufgrund des Aufbaus des PMK-Erfassungssystems und der Routinen der polizeilichen Erhebungspraxis mit einer systematischen Unterschätzung antisemitischer Vorfälle zu rechnen. Dies hat verschiedene Gründe; der wichtigste ist, dass die Polizei nur über Taten berichten kann, die ihr bekannt werden. Es wird aber nicht jede antisemitische Beleidigung oder andere Straftat angezeigt oder von der Polizei selbst beobachtet und zur Anzeige gebracht. Wie bei jeder anderen Kriminalitätsform gibt es ein "Dunkelfeld", das nie Gegenstand polizeilicher Ermittlungen wird, weil diese nichts davon erfährt. Probleme bei der Erfassung Aber auch wenn entsprechende Straftaten zur Anzeige gebracht werden, tut sich die Polizei bisweilen schwer mit deren Einordnung. Im Fall rechtsmotivierter Straftaten kommen Behörden und Nicht-Regierungs-Organisationen häufig zu anderen Ergebnissen. So haben die unterschiedlichen Zahlen bei Tötungsdelikten mit politisch rechter Motivation in mehreren Bundesländern bereits zur Nachprüfung von umstrittenen Delikten geführt. Viele dieser Probleme betreffen die PKS insgesamt, weswegen sie von Kriminologen und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) kritisiert wird. Für den BDK ist die PKS "kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit, sondern eine je nach Deliktsart mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität. Die PKS ist lediglich eine Strichliste, ein Arbeitsnachweis ohne inhaltliche Bewertung des zeitlichen und ermittlungstaktischen Aufwands." Experten betonen zudem, dass die PMK-Statistik im Gegensatz zur Polizeilichen Kriminalstatistik eine Eingangsstatistik sei. Das heißt, sie enthält alle Verdachtsfälle, bei denen die Polizei einen politischen Hintergrund vermutet, während die PKS im Gegensatz dazu nur Fälle enthält, bei der die Polizei einen Täter ermittelt hat. Dies kann zu Verzerrungen führen. Kritik an offiziellen Zahlen Deidre Berger und Fabian Weißbarth vom American Jewish Committee (AJC) in Berlin kritisieren im "Tagesspiegel", dass "eine Parole wie 'Juden raus' fast ausschließlich dem Rechtsextremismus zugeordnet wird, obgleich man über die Hintergründe nur wenig weiß". Vorfälle mit NS-Bezug seien statistisch fast immer rechts, was dazu geführt habe, dass selbst "ein Hitlergruß von Hisbollah-Anhängern auf der islamistischen Al-Quds-Demo als rechtsextrem eingruppiert" worden sei. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Berlin kommt dann auch zu deutlich anderen Zahlen als die offiziellen Stellen: Ihr Bericht "Antisemitische Vorfälle 2017" weist allein für Berlin insgesamt 947 Delikte auf. Darunter sind 18 Angriffe, 23 Bedrohungen, 42 Sachbeschädigungen, 679 Fälle verletzenden Verhaltens (davon 325 online) sowie 185 weitere Propaganda-Vorfälle. RIAS dokumentiert auch Fälle, die entweder strafrechtlich nicht relevant sind oder bei denen die Opfer keine Anzeige erstattet haben. In diesen unterschiedlichen Zählweisen liegt wiederum ein Problem, auf das der Bericht des "Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus" hinweist: Anders als im Rahmen der staatlichen Erfassung von Straftaten, die - bei allen Mängeln - einer Systematik folgt, liegen dem Vorgehen der NGOs […] keine systematischen einheitlichen Kriterien zugrunde. Daher erscheinen die PMK-Zahlen bisher "als einzige 'belastbare' Statistik zum Ausmaß derjenigen antisemitischen Phänomene, die justiziabel sind". Klar ist: Im Schnitt mindestens vier Mal am Tag kommt es in Deutschland zu einem antisemitischen Vorfall, die Dunkelziffer dürfte weit darüber liegen. Der Antisemitismus musste keinesfalls erst nach Deutschland "importiert" werden, sondern ist seit Jahrhunderten virulent - mit dem Menschheitsverbrechen der Ermordung von sechs Millionen europäischen Jüdinnen und Juden als traurigem Höhepunkt. Doch einige der neu zugewanderten Gruppen zeigen laut Untersuchungen eine erhebliche Neigung zu Antisemitismus und antisemitischer Gewalt. Begrenzte Aussagekraft Doch die statistische Aussagekraft von 81 Prozent mutmaßlich muslimischen Tätern, die in der Bielefelder Studie von Gewalt-Opfern angegeben wurde, ist begrenzt. So merkten die Forscher selbst an: So kreuzten Befragte Beschreibungen an, die sich logisch ausschließen (z.B. Einzelperson, Jugendlicher und Erwachsener). Möglicherweise wurde hier also von einigen Befragten an mehrere Vorfälle gleichzeitig gedacht. Daher müssen die im Folgenden dargestellten Verteilungen mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden, wenngleich sie Tendenzen im Abbild der Erfahrungen der Befragten darstellen. […] Der deutsch aussehende Nachbar oder die deutsche Arbeitskollegin wird vermutlich eher als Nachbar bzw. Arbeitskollegin und nicht als christliche Person beschrieben, wohingegen ein Nachbar bzw. eine Arbeitskollegin, der oder die muslimisch ist oder vermeintlich so aussieht, eher als muslimische Person beschrieben wird. Dies kann hier zu Verzerrungen führen. Hinzu kommt, dass Mehrfachnennungen hinsichtlich der Tätergruppen möglich waren. Insgesamt bot die Studie den Teilnehmern die Auswahl aus 13 unterschiedlichen Kategorien zur Einordnung der Täter. Doch allein die Addition der vorgegebenen fünf Kategorien "unbekannte, linksextreme, rechtsextreme, muslimische oder christliche Person/Gruppe" ergibt 169 Prozent. Zudem berichteten "nur" 16 Befragte überhaupt von Gewalttaten. Dies mindert nicht die Tendenz in der Einschätzung der Betroffenen, aber damit lässt sich kaum belegen, dass 81 Prozent der antisemitischen Gewalttaten in Deutschland von Muslimen begangen werden, wie es in der Debatte teilweise geschieht. Experten fordern bessere Erfassung Der Expertenkreis Antisemitismus empfiehlt daher, die Erfassung von antisemtischen Delikten zu verbessern. So sollten Polizei und Justiz mit NGOs und anderen Organisationen kooperieren, um ein möglichst realistisches Bild der antisemitischen Straftaten in Deutschland schaffen zu können.
/faktenfinder/antisemitismus-147.html
2018-04-01
Ausnahme für die EU oder doch Zölle?
Handelskonflikt mit den USA
Müssen EU-Staaten ab nächste Woche in den USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium zahlen oder nicht? Die EU rechnet mit einer Verlängerung der Ausnahmeregel für EU-Staaten, die Bundesregierung nicht. mehr
Müssen EU-Staaten ab nächste Woche in den USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium zahlen oder nicht? Die EU rechnet mit einer Verlängerung der Ausnahmeregel für EU-Staaten, die Bundesregierung nicht. Am 1. Mai läuft die Ausnahmeregelung für die Erhebung von US-Strafzöllen auf Stahl und Aluminium für die EU-Staaten aus. Offen ist, ob die US-Regierung bei der Ausnahmeregel bleibt. Die EU-Kommission rechnet mit einer Verlängerung für die 28 EU-Staaten. "Unsere Erwartung bleibt, ausgenommen zu bleiben, aber falls nötig sind wir bereit", sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Man stehe in ständigem Kontakt mit der US-Administration und dränge auf eine "dauerhafte und bedingungslose Ausnahme". Deutsche Regierungskreise schätzen dies anders ein. Es sei wahrscheinlich davon auszugehen, dass die Zölle am 1. Mai kommen, hieß es. Für den Fall, dass die Zölle auf EU-Produkte verhängt werden, hatten die Europäer bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet. Die EU würde sich dann erneut an die Welthandelsorganisation (WTO) wenden. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte am 17. April Beschwerde bei der WTO eingereicht und ein Schiedsverfahren beantragt. Die EU hat so die Möglichkeit, Sonderzölle auf US-Produkte zu erheben. Eine Liste dazu wurde bereits angelegt. Kanzlerin reist am Nachmittag nach Washington Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Nachmittag nach Washington. Die Strafzölle werden ein Thema ihres Gesprächs mit US-Präsident Donald Trump sein. Es gehe darum, die "sehr guten und wichtigen" Wirtschaftsbeziehungen zu den USA "nicht nur zu erhalten, sondern zu vertiefen", hieß es aus den Regierungskreisen. Die Bundesregierung ist demnach bereit, die Industriezölle mit den USA neu zu verhandeln. Dabei dürfe es nicht nur um Zölle für Autos gehen. Man müsse über alle Industriezweige reden. "Die Welt hat sich seit 1994 verändert, als die Zölle verhandelt wurden." Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow betonte in einem Interview mit dem Sender CNBC noch einmal, dass die USA von der EU ein Entgegenkommen beim Thema Autos fordern. Industrie voller Sorge Die deutsche Industrie betrachtet die Entwicklung mit Sorge. "In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export. In der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite", sagte Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf. Kempf verlangte, Merkel sollte Trump auffordern, vollständig von den Importbeschränkungen auf Stahl und Aluminium abzusehen. "Sie sollte ihm verdeutlichen, welche Risiken von den US-Maßnahmen nicht nur für die Weltwirtschaft und den Welthandel, sondern auch für die US-Wirtschaft ausgehen: Angriffe auf den Freihandel gefährden Wohlstand und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks." Zugleich müsse über mehr gesprochen werden als nur über Zölle, forderte Kempf. "In den USA beschränken beispielsweise "Buy-America"-Regeln den Zugang für ausländische Unternehmen zum Vergabemarkt." Verhandlungen über Handelsbeziehungen Anfang März hatten die USA damit begonnen, weltweite Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent zu verhängen. Zunächst waren nur Mexiko und Kanada ausgenommen. Einen Tag vor Inkrafttreten der Regelungen gab Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer die vorläufigen Ausnahmeregelung für die Europäische Union bekannt. Dadurch sollte nach seinen Angaben die Zeit für weitere Verhandlungen mit den Europäern über die Handelsbeziehungen geschaffen werden. Mit Informationen von Holger Romann, ARD-Studio Brüssel
/wirtschaft/us-zoelle-eu-103.html
2018-04-01
Verteidiger fordern maximal zehn Jahre
Prozess gegen Zschäpe
Im NSU-Prozess haben die Verteidiger Zschäpes eine maximal zehnjährige Haftstrafe für ihre Mandantin gefordert. Zschäpe solle nur wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu Raubüberfällen verurteilt werden. mehr
Im NSU-Prozess haben die Verteidiger Zschäpes eine maximal zehnjährige Haftstrafe für ihre Mandantin gefordert. Zschäpe solle nur wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu Raubüberfällen verurteilt werden. Die Verteidigung der NSU-Hauptangeklagten Beate Zschäpe hat für die 43-Jährige eine Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zehn Jahren gefordert. Zschäpe sollte nur wegen besonders schwerer Brandstiftung und Beihilfe zu mehreren Raubüberfällen verurteilt werden, nicht aber wegen Mittäterschaft oder Beihilfe an den Morden und Bombenanschlägen des "Nationalsozialistischen Untergrunds", sagten ihre Vertrauensanwälte Hermann Borchert und Mathias Grasel am Ende ihres Plädoyers vor dem Münchner Oberlandesgericht. Auch die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung seien nicht erfüllt. Die zentralen Vorwürfe der Bundesanwaltschaft wiesen die Anwälte damit zurück: Zschäpe sei bei zehnfachem heimtückischen Mord und mehr als 30-fachem Mordversuch nicht Mittäterin gewesen. Sie habe sich auch nicht der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung NSU schuldig gemacht. Sie habe nichts gewusst von den Anschlägen und Morden, die Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos verübten, obwohl sie mit ihnen mehr als 13 Jahre im Untergrund lebte. Nach Borchert und Grasel sollen noch die drei Altverteidiger Zschäpes das Wort bekommen, Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Außerdem sprechen die Anwälte der insgesamt vier mitangeklagten mutmaßlichen Terrorhelfer. Wann es ein Urteil geben könnte, ist nach wie vor völlig offen. Bundesanwaltschaft fordert lebenslang Die Bundesanwaltschaft hatte für Zschäpe lebenslange Haft und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Nach Überzeugung der Anklage war Zschäpe eines von drei gleichberechtigten Mitgliedern des NSU und sollte deshalb als Mittäterin an allen Verbrechen der Gruppe bestraft werden. Dazu zählen zehn Morde, neun aus rassistischen Motiven, einer an einer deutschen Polizistin. Zschäpe soll alle Taten ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt gewollt und unterstützt haben - auch wenn sie bei den Morden und Anschlägen nicht dabei war. Die beiden Verteidiger bestritten diese Argumentation. "All diese Verbrechen wurden allein von Böhnhardt und Mundlos begangen", so Anwalt Grasel. Zschäpe sei an keinem der Tatorte anwesend gewesen, habe nie eine Waffe abgefeuert und sei nicht in die Tatplanungen eingebunden gewesen. Dass beide Täter tot seien und nicht zur Rechenschaft gezogen werden könnten, rechtfertige es nicht, nun seine Mandantin dafür verantwortlich zu machen. Zschäpe habe stets erst hinterher von den Taten erfahren und habe diese abgelehnt. Sie sei den beiden Uwes, und insbesondere ihrem Liebhaber Böhnhardt, jedoch so hörig gewesen, dass sie es nicht gewagt habe, auszusteigen. "Der Rechtsstaat wird es aushalten müssen, dass es Verbrechen gibt, für die die eigentlichen Täter nicht mehr belangt werden können", sagte Grasel. Mundlos und Böhnhardt hatten sich nach einem misslungenen Banküberfall im November 2011 das Leben genommen.
/inland/zschaepe-verteidiger-105.html
2018-04-01
Wohl keine Ausnahme mehr bei US-Zöllen
Handelskonflikt
Bisher waren die EU-Staaten von den Strafzöllen der USA auf Stahl und Aluminium ausgenommen. Die Bundesregierung rechnet nun offenbar damit, dass ab dem 1. Mai die Strafzölle auch die EU treffen. mehr
Bisher waren die EU-Staaten von den Strafzöllen der USA auf Stahl und Aluminium ausgenommen. Die Bundesregierung rechnet nun offenbar damit, dass ab dem 1. Mai die Strafzölle auch die EU treffen. Nach Einschätzung aus deutschen Regierungskreisen werden die US-Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe ab dem 1. Mai auch die EU treffen. Damit würden die Ausnahmen zugunsten der Europäischen Union nicht verlängert. Es sei wahrscheinlich davon auszugehen, dass die Zölle am 1. Mai kämen, hieß es. Kanzlerin reist am Nachmittag nach Washington Bundeskanzlerin Angela Merkel reist heute Nachmittag nach Washington. Bei ihrem Treffen mit US-Präsident Donald Trump am Freitag soll es unter anderem um die von den USA verhängten Zölle auf Aluminium und Stahl gehen. Bislang gilt für die Europäische Union eine Ausnahmeregelung bis zum 1. Mai. Für den Fall, dass die Zölle auf EU-Produkte verhängt werden, hatten die Europäer bereits Gegenmaßnahmen vorbereitet. Ein Ziel des Besuches der Kanzlerin in Washington ist nach Angaben aus deutschen Regierungskreisen, die "sehr guten und wichtigen" Wirtschaftsbeziehungen zu den USA "nicht nur zu erhalten, sondern zu vertiefen". Die Bundesregierung ist demnach dazu bereit, Industriezölle mit den USA neu zu verhandeln. "Wir können gerne über diese Dinge wieder reden", hieß es. Dabei dürfe es jedoch nicht nur um Zölle für Autos gehen. Das sei "nicht akzeptabel". Man müsse über alle Industriezweige reden. "Die Welt hat sich seit 1994 verändert, als die Zölle verhandelt wurden." Industrie voller Sorge Die deutsche Industrie betrachtet die Entwicklung mit großer Sorge. "In Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export. In der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite", sagte Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf. Kempf verlangte, Merkel sollte Trump auffordern, vollständig von den Importbeschränkungen auf Stahl und Aluminium abzusehen. "Sie sollte ihm verdeutlichen, welche Risiken von den US-Maßnahmen nicht nur für die Weltwirtschaft und den Welthandel, sondern auch für die US-Wirtschaft ausgehen: Angriffe auf den Freihandel gefährden Wohlstand und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks." Zugleich müsse über mehr gesprochen werden als nur über Zölle, forderte Kempf. "In den USA beschränken beispielsweise "Buy-America"-Regeln den Zugang für ausländische Unternehmen zum Vergabemarkt." Verhandlungen über Handelsbeziehungen Anfang März hatten die USA damit begonnen, weltweite Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von zehn Prozent zu verhängen. Zunächst waren nur Mexiko und Kanada ausgenommen. Einen Tag vor Inkrafttreten der Regelungen gab Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer die vorläufigen Ausnahmeregelung für die Europäische Union bekannt. Dadurch sollte nach seinen Angaben die Zeit für weitere Verhandlungen mit den Europäern über die Handelsbeziehungen geschaffen werden.
/wirtschaft/us-zoelle-eu-101.html
2018-04-01
Waffen im Informationskrieg
Russische Auslandssender
In den Debatten um Syrien oder den Fall Skripal wollen russische Medien wie RT als alternative Stimme wahrgenommen werden. Die Chefredakteurin sagt, Medien seien Waffen im "Informationskrieg". Von Silvia Stöber. mehr
In den Debatten um Syrien oder den Fall Skripal wollen russische Medien wie RT als alternative Stimme wahrgenommen werden. Die Chefredakteurin sagt, Medien seien Waffen im "Informationskrieg". Ob die Konflikte in der Ukraine und in Syrien, die Präsidentschaftswahl in Russland oder die Affäre Skripal - "Russia Today" (RT) als Flaggschiff der russischen Auslandsmedien berichtet genau das, was die Führung in Moskau der Welt mitteilen will. Gegründet wurde "Russia Today" im Jahr 2005 als klassisches außenpolitisches Instrument - vom Staat finanziert: Es ging darum, das Image Russlands im Ausland zu verbessern. Damals hatte es in mehreren Nachbarländern Massenproteste gegeben, die teils zu Machtwechseln führten, darunter in Georgien, der Ukraine und in Kirgistan. Die russische Führung sah eine Einflussnahme westlicher Staaten und wollte mit einer Medienoffensive etwas entgegensetzen. "Russia Today" startete mit einem englischsprachigen Programm, das später um Arabisch, Spanisch, Französisch und 2014 mit einer Website und einer TV-Sendung als "RT Deutsch" erweitert wurde. "Informationskrieg gegen die westliche Welt" Der Krieg 2008 in Georgien war ein Schlüsselmoment. Die russische Führung sah sich in den internationalen Medien zu wenig und falsch dargestellt. "Russia Today" führte einen "Informationskrieg" dagegen, wie Chefredakteurin Margarita Simonjan 2012 in einem Interview mit der russischen Zeitung Kommersant erklärte. Während das russische Verteidigungsministerium in Georgien gekämpft habe, habe sie mit ihren Kollegen den "Informationskrieg" gegen die ganze westliche Welt geführt. Bei diesem und einem anderem Interview 2013 mit der Website lenta.ru sagte sie, so wie das Verteidigungsministerium in Friedenszeiten Waffen für Kriege bereithalte, müsse auch die Informationswaffe für Krisenzeiten bereitstehen. Als Ziel nannte sie, mehr Publikum durch die Bereitstellung alternativer Nachrichten zu finden: Wenn ein kritischer Moment komme, dann werde man bereits ein Publikum haben, dass sich bei RT über die "andere Seite der Wahrheit" informiere, "und natürlich werden wir das nutzen". Manipulation als Kunst Vladislav Surkow ist bekannt als "Chefideologe des Kreml" und derzeit persönlicher Berater von Präsident Wladimir Putin. Er beschrieb das alte Mittel der "Polittechnologie" zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung als eine Kunst, bei der die Manipulation unerkannt bleibt. Die Manipulierten sollen sich der Illusion hingeben, sie seien selbstständig zu ihrer Meinung gelangt. Möglich werde dies durch ästhetische und emotionale Suggestion, aber nicht auf der Ebene der Vernunft. Die Umgestaltung von "Russia Today" ab 2008 kann in diesem Sinne verstanden werden: Der Sendername wurde zu RT verkürzt und damit seine Herkunft auf den ersten Blick weniger klar. Das Programm wurde professionalisiert und Muttersprachler eingestellt, so dass RT kaum noch von TV-Stationen wie CNN zu unterscheiden war. Sputnik und Ruptly ergänzen das Angebot 2014 wurde als Ergänzung das Online-Nachrichtenportal Sputnik in 30 Sprachen etabliert. In Nachbarländern wie Georgien erlangte es Relevanz auch durch Berichte zu internationalen Themen, die in einheimischen Medien kaum abgebildet werden. Die 2012 gegründete Agentur "Ruptly" stellt Bildmaterial bereit, dies oft von Protestaktionen in westeuropäischen Staaten, die den Eindruck von Chaos vermitteln. Am wenigsten als russisch zu erkennen, ist "In The Now", das als Talkshow begann und sich auf Inhalte für soziale Medien spezialisiert hat, die junge und wenig an Politik interessierte Menschen ansprechen. Geboten werden bunte, unterhaltsame Videos und daneben politische Stories, die Positionen der russischen Führung wiedergeben. https://www.youtube.com/watch?v=2uArjFAg1Jk Hohes Gehalt und Bildschirmpräsenz Jungen Journalisten aus Großbritannien oder den USA bot RT ein attraktives Angebot: Bereits am Anfang ihrer Karriere konnten sie bei üppigem Gehalt wichtige Aufgaben übernehmen und sich auf dem Bildschirm präsentieren. Das schrieb der russisch-britische Autor Peter Pomerantsew in einem Buch über seine Erfahrungen als Journalist in Russland. Für viele Briten und Amerikaner habe der Umstand eine Rolle gespielt, dass nach der Finanzkrise und dem Irak-Krieg das Vertrauen in ihre eigenen Regierungen und Medien gelitten habe, betont er. Doch habe sich herausgestellt, dass inhaltliche Entscheidungen von den Produzenten im Hintergrund getroffen werden. Es sei nicht nur um die "russische Sichtweise", sondern auch um die Verbreitung von Lügen gegangen. Der Brite William Dunbar berichtete, wie er im Krieg in Georgien ein russisches Bombardement auf Wohnhäuser verschweigen sollte und deshalb kündigte. Andere Journalisten erklärten vor laufender Kamera das Ende ihrer Mitarbeit. https://www.youtube.com/watch?v=2h79v9uirLY Instrument der "Dark Power" Je stärker die internationalen Spannungen in den vergangenen Jahren gewachsen sind, desto deutlicher wird, dass es RT nicht nur um die "russische Sichtweise" der Ereignisse geht. Der Westen solle mit einer aggressiven Berichterstattung untergraben und Probleme größer als real dargestellt werden, sagt der Experte Anton Shekhovtsov vom Institut für die Wissenschaften vom Menschen in Wien. RT sei kein Instrument der "Soft Power" mehr, man müsse vielmehr von "Dark Power" sprechen.   Nach der Präsidentschaftswahl im März beschrieb Chefredakteurin Simonjan ihr Selbstverständnis als Journalistin in einer Abfolge von Tweets. Über Putin schrieb sie: "Früher war er einfach unser Präsident und konnte abgelöst werden. Jetzt ist er unser großer Führer. Und wir lassen nicht zu, dass er abgelöst wird." Dem Westen warf sie vor, ihr Land umformen zu wollen. https://twitter.com/M_Simonyan/status/975692877325066240 Verschiedene deutsche Politiker geben "RT Deutsch" dennoch bereitwillig Interviews: von Sigmar Gabriel (SPD) über Oskar Lafontaine (Die Linke), Andrej Hunko (Die Linke) und Alexander Neu (Die Linke) bis hin zu Armin-Paul Hampel (AfD) und Alice Weidel (AfD). Experten wie der Mainzer Geograph Günter Meyer zitieren RT als Quelle. https://www.youtube.com/watch?v=sBtNQaaahX4 USA erklärt RT zu "ausländischen Agenten" In Großbritannien prüft die zuständige Aufsichtsbehörde Ofcom in sieben Fällen, ob RT bei der Berichterstattung über den Fall Skripal gegen Neutralitätsregeln verstoßen habe. In den USA wurden RT und Sputnik zu "ausländischen Agenten" erklärt. Dies rief Kritik hervor: Einerseits kann die russische Regierung damit Maßnahmen gegen Auslandsmedien in ihrem Land rechtfertigen. Andererseits erhält RT mehr Aufmerksamkeit. Über "RT Deutsch" sagte deren Moderatorin Jasmin Kosubek kürzlich in einem Interview, es handle sich nur um einen kleinen Kanal und die Debatten über den Sender machten "RT Deutsch" größer, als die Mitarbeiter es selbst vermocht hätten.
/faktenfinder/russian-rt-101.html
2018-04-01
Ein Verhaltenskodex für Facebook
Plan gegen Desinformation
Die EU-Kommission hat einen Aktionsplan gegen Desinformation vorgestellt. Online-Plattformen sollen sich dazu verpflichten, stärker gegen irreführende Inhalte vorzugehen. Von Patrick Gensing.
Die EU-Kommission hat einen Aktionsplan gegen Desinformation vorgestellt. Online-Plattformen sollen sich dazu verpflichten, stärker gegen irreführende Inhalte vorzugehen. Die EU-Kommission will künftig die Verbreitung von Desinformation und Manipulation von öffentlichen Debatten in sozialen Medien durch neue Standards verhindern. Die Kommission forderte die Online-Plattformen auf, ihre Bemühungen zur Bekämpfung von Desinformation spürbar zu verstärken. So sollen die europäischen Werte und das demokratische System geschützt werden, teilte EU-Digitalkommissarin Mariya Gabriel in Brüssel mit. Die Kommission schlägt einen Verhaltenskodex gegen Desinformation vor - geltend in der gesamten EU. Außerdem sollen journalistische Projekte unterstützt werden, die Fakten prüfen, über Desinformation aufklären und Instrumente für hochwertigen Journalismus entwickeln. Die Kommission schlägt vor, ein unabhängiges Netz von Faktenprüfern zu schaffen. Im Sommer sollen Online-Plattformen und Medien auf freiwilliger Basis einen Verhaltenskodex erarbeiten. Dieser solle bereits im Juli 2018 veröffentlicht werden. Bereits im Oktober sollen diese Maßnahmen messbare Ergebnisse liefern. Sollten sich die Ergebnisse als nicht zufriedenstellend erweisen, könnte die Kommission weitere - auch regulatorische - Maßnahmen vorschlagen. Vorgehen gegen Bots und Fake-Profile Der Verhaltenskodex solle sich auch auf Bots erstrecken, indem klare Kennzeichnungsregeln und -systeme festgelegt werden, damit gewährleistet ist, dass ihre Aktivitäten nicht mit menschlicher Interaktion verwechselt werden können. Auch Plattformen müssten ihre Bemühungen zur Schließung von Scheinkonten intensivieren und deren Wirksamkeit nachweisen. Die Kommission kündigte außerdem an, man werde eine Europäische Woche der Medienkompetenz veranstalten. Begriff Fake News zu ungenau Die Kommission betont, der Begriff Fake News sei nicht angemessen, um das komplexe Phänomen zu beschreiben. Sie spricht daher von Desinformation. Dazu zählten nicht journalistische Fehler und Satire. Zudem sei es wichtig, Transparenz bei Quellen zu schaffen, eine Medienvielfalt zu garantieren, Glaubwürdigkeit zu vermitteln und beim Kampf gegen Desinformation gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren nach Lösungen zu suchen. Desinformation untergräbt das Vertrauen in die Institutionen und in digitale und traditionelle Medien. Sie schadet unseren Demokratien, da die Bürger keine fundierten Entscheidungen mehr treffen können. Sie kann polarisieren, gesellschaftliche Spannungen hervorrufen oder vertiefen sowie Wahlsysteme unterminieren und sich so im weitesten Sinne auf die Sicherheit in Europa auswirken. (EU-Kommission zu ihren Maßnahmen) Expertengruppe hatte Vorschläge erarbeitet Die Vorschläge der EU-Kommission basieren auf Empfehlungen einer Expertenkommission, die Selbstverpflichtungen der sozialen Netzwerke und eine Stärkung von Qualitätsmedien mit vertrauenswürdigen Informationen gefordert hatten. Die Vorschläge der "High Level Group" mit 39 Experten - darunter Wissenschaftler, Journalisten und Vertreter von Konzernen wie Google, Twitter oder Facebook - hatte ausgeführt, Qualitätsjournalismus solle gefördert und Medienvielfalt erhalten bleiben, um Desinformation zu kontern. Möglich wären zum Beispiel Ausnahmen bei der Mehrwertsteuer oder andere Steuervorteile für Medien. Zudem plädieren die Experten dafür, dass soziale Netzwerke in Zusammenarbeit mit Medien die Inhalte glaubwürdiger Quellen für die Nutzer besser sichtbar machen. Dies soll Teil eines "Prinzipien-Kodex" sein, also einer Art Selbstverpflichtung. Darin sollten die Netzwerke auch zusagen, mehr Einblick in ihre Werbepraktiken und die Verarbeitung von Nutzerdaten zu geben. Auch sollten sie Benutzereinstellungen verfeinern. Wenn möglich, sollte neben Nachrichten auf ergänzende Angebote hingewiesen werden. Gezielte Falschnachrichten im Internet hatten zuletzt unter anderem in Wahlkämpfen für Unruhe gesorgt. Laut einer neuen Umfrage im Eurobarometer sind auch viele Bürger besorgt. So sagten 83 Prozent der rund 26.000 Teilnehmer, das Phänomen sei eine Bedrohung für die Demokratie. Traditionelle Medien gelten demnach als relativ glaubwürdige Nachrichtenquellen: Im Eurobarometer nannten 70 Prozent Radio, 66 Prozent Fernsehen und 63 Prozent Printmedien, während reine Onlinequellen nur bei 26 bis 27 Prozent Vertrauen genossen.
/faktenfinder/eu-group-desinformation-103.html
2018-04-01
Weiterer Warnschuss für May?
Streit um Zollunion
Großbritannien soll auch die Zollunion mit der EU verlassen - dabei bleibt Premierministerin May. Doch der Widerstand im Parlament wächst. Nach dem Oberhaus droht ihr auch im Unterhaus eine Niederlage. Von Jens-Peter Marquardt.
Großbritannien soll auch die Zollunion mit der EU verlassen - dabei bleibt Premierministerin May. Doch der Widerstand im Parlament wächst. Nach dem Oberhaus droht ihr auch im Unterhaus eine Niederlage. Der erste Warnschuss für Theresa May kam in der vergangenen Woche aus dem Oberhaus. Mit 348 zu 225 Stimmen forderten die Lords die konservative Regierung auf, alles dafür zu tun, dass Großbritannien nach dem Austritt aus der EU zumindest in der europäischen Zollunion bleibt. Auch zahlreiche konservative Lords stimmten mit der Opposition und damit gegen die eigene Premierministerin, die seit Monaten darauf beharrt, dass das Land sowohl aus dem europäischen Binnenmarkt als auch aus der Zollunion austritt. Zollunion - die große Unbekannte Lord John Kerr war einer von denen, die für den Verbleib in der Zollunion stimmten: "Ich kann mich an keine Debatte über die Zollunion vor dem Referendum erinnern. Das Land hat damals mit knapper Mehrheit für den Austritt aus der EU gestimmt, aber niemand kann sagen, dass er damals wissend dafür gestimmt habe, auch die Zollunion zu verlassen." Eigentlich hat bis vor kurzem kaum jemand gewusst, dass es so etwas wie eine europäische Zollunion gibt. Als Mitglied in der EU war Großbritannien automatisch Angehöriger eines Bundes von Staaten, die nach außen hin - im Handel mit Drittstaaten - die gleichen Zölle erheben. Die überzeugten Brexiters wollen mit dieser Zollunion aber nichts mehr zu tun haben, weil sie nur so eigene Handelsabkommen schließen und damit auch eigene Zollvereinbarungen treffen können. Weitere Niederlage für May? Die Labour-Opposition und auch einige EU-freundliche Konservative fühlen sich nach dem Beschluss des Oberhauses nun ermutigt, diese Auseinandersetzung auch in das letztlich entscheidende Unterhaus der gewählten Abgeordneten zu tragen. Sie haben für heute eine Unterhausdebatte über die Frage der Zollunion durchgesetzt - mit anschließender Abstimmung. Zu den Initiatoren gehört auch die frühere konservative Bildungsministerin Nicky Morgan. "Ich will das richtige Brexit-Abkommen für unser Land. Niemand würde es uns danken, wenn wir auf der irischen Insel wieder eine Grenze bauen und die Arbeitsplätze unserer Industrie bedrohen." Es ist nicht nur der zollfreie Zugang zum europäischen Markt, den die Befürworter der Zollunion behalten wollen. Sie wollen auch vermeiden, dass der alte Konflikt in Nordirland wieder ausbricht, wenn plötzlich eine Zollgrenze zwischen dem britischen Norden und der Republik Irland errichtet wird, eine EU-Außengrenze dort, wo es jetzt keine spürbare Grenze mehr gibt. Premierministerin bleibt hart Trotz all dieser Argumente: Die Premierministerin wiederholte auch gestern noch einmal, Großbritannien werde nicht nur den Binnenmarkt verlassen, sondern auch die Zollunion. Dafür hätten die Briten votiert, so May. Gut möglich, dass nach dem Oberhaus heute auch das Unterhaus der Premierministerin eine Niederlage bereitet und mit Mehrheit für den Verbleib in der Zollunion stimmt. Noch wird sie darüber nicht stürzen, denn die heutige Entschließung bindet die Regierung nicht. Erst in etwa einem Monat wird es zum Schwur kommen. Dann kommt das Brexit-Gesetz aus dem Oberhaus zurück ins Unterhaus, und dann findet hier die entscheidende Abstimmung über einen harten oder weichen Brexit statt. Gut möglich, dass dann die Premierministerin die Entscheidung mit der Vertrauensfrage verbindet. Dann steht nicht nur die Mitgliedschaft in der Zollunion auf dem Spiel, sondern auch die Zukunft der Konservativen als Regierungspartei.
/ausland/grossbritannien-eu-zollunion-101.html
2018-04-01
Keiner soll mehr an Krebs sterben müssen
Strategiepapier der EVP
Jedes Jahr sterben in der EU 1,3 Millionen Menschen an Krebs. Im Europaparlament wird deshalb ein ambitionierter Plan verfolgt: In 20 Jahren soll es in Europa keine Krebstoten mehr geben. Von Karin Bensch.
Jedes Jahr sterben in der EU 1,3 Millionen Menschen an Krebs. Im Europaparlament wird deshalb ein ambitionierter Plan verfolgt: In 20 Jahren soll es in Europa keine Krebstoten mehr geben "Krebs ist etwas, was fast jeden Menschen betrifft. Ich denke, fast jeder hat einen Freund, oder jemanden in der Familie, der an Krebs leidet oder sogar daran gestorben ist", sagt der CDU-Europapolitiker und Arzt Peter Liese. Krebs ist nach Herzkrankheiten die zweithäufigste Todesursache in Europa. Jedes Jahr sterben in der EU schätzungsweise mehr als 1,3 Millionen Menschen an der Krankheit. Um das langfristig zu ändern, hat die Europäische Volkspartei, also die Abgeordneten von CDU und CSU im Europaparlament, ein Strategiepapier vorgestellt. Das Hauptziel ist, "dass wir alles tun, was in unseren Kräften steht, damit in 20 Jahren niemand mehr in Europa an Krebs sterben muss", sagt Liese. Mehr Geld für Forschung, Medikamente und Therapie Vorbild ist die Bekämpfung von Aids. In den 1980er-Jahren war man dem Tode geweiht, wenn man sich mit dem HI-Virus infiziert hatte, erinnert sich der Arzt. 20 Jahre später gab es Medikamente, die dafür sorgten, dass eine HIV-Erkrankung kein Todesurteil mehr ist. Forscher sagen, dass das auch bei Krebs möglich ist. Doch dafür braucht es mehr Geld für die Wissenschaft, für wirksamere Medikamente und Therapien. In manchen Bereichen wird nicht geforscht, weil es sich für die Pharmaindustrie kommerziell nicht lohnt, erklärt der CDU-Politiker. Im Bereich Gesundheitspolitik hat Brüssel normalerweise nicht viel zu sagen, jedes EU-Land entscheidet für sich selbst. Wenn es um Krebs geht, sollten wir das ändern, meint Liese. Seine Fraktion fordert, dass doppelt so viel EU-Geld wie bisher in die Krebsforschung bis 2024 gesteckt wird, also 400 Millionen Euro. Behandlungen auch in anderen Ländern Darüber hinaus sollte es für Patienten deutlich einfacher werden, sich von Krebsspezialisten in anderen EU-Ländern behandeln zu lassen - zum Beispiel in Frankreich, Belgien, den Niederlanden oder Großbritannien. Auch sollten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, damit Forscher in Europa künftig länderübergreifend enger zusammenarbeiten können. Besonders wichtig ist diese Zusammenarbeit bei Krebs von Kindern, betont Liese. "Gottseidank leiden Kinder nicht so häufig an Krebs. Aber wenn das passiert, dann ist es für die Familie ein ganz besonders schlimmes Drama. Und wegen der geringen Fallzahlen können die Mitgliedsländer alleine die Forschung und die Therapien nicht optimal gestalten. Deshalb brauchen wir hier ganz besonders die Zusammenarbeit in Europa." Heilungsraten bei Kindern von über 90 Prozent In den vergangenen Jahren hat es bereits einige Fortschritte bei der Krebsbekämpfung gegeben, sagt der Arzt. Zum Beispiel gebe es bei Leukämie bei Kindern mittlerweile Heilungsraten von über 90 Prozent. "Hautkrebs-Melanom, da gab es in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte. Innerhalb von sieben Jahren haben wir die Heilungschancen beim sogenannten schwarzen Hautkrebs verzehnfacht. Und das ist doch ermutigend, dass sich die Forschung doch lohnt", sagt Liese weiter. Das Strategiepapier wird nun der EU-Kommission vorgelegt, die Gesetze vorschlagen kann. Und die EVP-Abgeordneten werden im eigenen Haus für ihre Ideen werben, damit sie eine breite Unterstützung dafür im Europaparlament bekommen. Nur, wenn alle an einem Strang ziehen, gibt es überhaupt eine Chance, dass in 20 Jahren kein Europäer mehr an Krebs sterben muss.
/ausland/krebs-117.html
2018-04-01
Winzige Plastikschnipsel in der Arktis
Verschmutzung der Meere
12.000 Teilchen pro Liter Meereis: Forscher haben in der Arktis so viel Mikroplastik gefunden wie nie zuvor - eine "Rekordkonzentration". Das hat selbst die Forscher überrascht. mehr
12.000 Teilchen pro Liter Meereis: Forscher haben in der Arktis so viel Mikroplastik gefunden wie nie zuvor - eine "Rekordkonzentration". Das hat selbst die Forscher überrascht. Im arktischen Meereis wimmelt es nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen von winzigen Plastikpartikeln. Mit Hilfe spektrometrischer Untersuchungen sei eine "Rekordkonzentration" von Mikroplastik in verschiedenen Eisproben nachgewiesen worden, berichteten Experten des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven. Die Ergebnisse haben die Forscher selbst erstaunt: Zum Teil seien mehr als 12.000 Mikroplastikteilchen pro Liter Meereis gefunden worden. "Die höchste Konzentration haben wir in der zentralen Arktis gefunden, wo ein unmittelbarer Eintrag von Flüssen ausgeschlossen werden kann", sagte Ilka Peeken, Autorin der im Fachmagazin "Nature Communications" veröffentlichten Studie. "Wir hatten nicht damit gerechnet, dass die Partikel so weit transportiert werden." Fünf Regionen um Nordpol untersucht Die Forscher untersuchten Proben aus fünf verschiedenen Regionen um den Nordpol, die bei Expeditionen des Forschungseisbrechers "Polarstern" 2014 und 2015 eingesammelt worden waren. Erstmals nutzten sie für die Analyse nach eigenen Angaben ein spezielles Infrarotspektrometer, das auch Partikel mit Durchmessern von einem Sechstel eines Haares noch nachweisen kann. Zwei- bis dreimal so hohe Konzentration Auf diese Weise sei eine zwei- bis dreimal so hohe Konzentration von Mikroplastik in den Proben gefunden worden als bei früheren Untersuchungen, berichtete AWI-Wissenschaftler Gunnar Gerdts, in dessen Labor die Messungen erfolgten. Überraschenderweise seien zwei Drittel der Kunststoffteilchen in den Proben der kleinsten Kategorie mit einer Größe unter 50 Mikrometer zuzuordnen gewesen. Bei den Untersuchungen gelang es den Experten auch, den chemischen Fingerabdruck der Partikel aus den Eisschollen zu analysieren und deren wahrscheinliche Herkunft zu klären. Sie fanden 17 Kunststoffarten. Darunter waren Verpackungsmaterialien wie Polyethylen und Polypropylen, aber auch Lacke oder Nylon sowie Celluloseazetat. Daraus bestehen etwa Zigarettenfilter. Verpackungsmüll, Fischernetze, Schiffslacke In Schollen, die in dem mit dem Pazifik verbundenen Kanadischen Becken schwammen, fand sich demnach besonders viel Polyethylen. Die Forscher vermuten, dass es sich um Reste von Verpackungen handelt, die im sogenannten Nordpazifischen Müllstrudel trieben. In Eisproben aus den Meeren vor der nordrussischen Arktisküste entdeckten sie im Gegensatz dazu vor allem Lackpartikel von Schiffsanstrichen und Nylonreste, die von Fischernetzen stammen. Die Mikroplastikkonzentration sei also nicht mehr nur auf Quellen außerhalb der Arktis zurückzuführen, erklärte die AWI-Biologin Peeken. Der zunehmende Schiffsverkehr und der Fischfang hinterließen inzwischen ebenfalls deutliche Spuren. "Sie deuten auf lokale Verschmutzungen in der Arktis hin." Die Eisschollen treiben mit der Eisdrift durch die Arktis und wachsen in dieser Zeit. Das dabei aufgenommene Plastik binden sie nach Angaben der Forscher in verschiedenen Schichten für zwei bis elf Jahre. Dann erreichen sie irgendwann die Framstraße bei Grönland und schmelzen. Das bedeute im Umkehrschluss auch, dass dieses Meeresgebiet stark mit Mikroplastik belastet werde. Für Menschen und Tiere gefährlich? Gerade der hohe Anteil sehr kleiner Kunststoffteilchen besorgt die Experten dabei. Da mehr als die Hälfte der Partikel eine Größe von weniger als einem Zwanzigstel eines Millimeters habe, könnten die Teilchen problemlos von Ruderfußkrebsen und Wimperntierchen gefressen werden. Bislang sei unklar, ob die Teilchen diesen schaden oder am Ende sogar Menschen gefährlich werden könnten. "Wir wissen aber inzwischen aus vielen Laborstudien, dass zum Beispiel Muscheln Entzündungsreaktionen und Fische Verhaltensänderungen zeigen", sagte Mitautorin Melanie Bergmann vom AWI. "Andere Tiere fressen und wachsen weniger und können sich weniger erfolgreich fortpflanzen." Auf der anderen Seite ist wahrscheinlich, dass die Plastikreste relativ schnell in Richtung Meeresboden sinken. Das liegt laut AWI-Fachleuten daran, dass sie von Algen und Bakterien besiedelt und immer schwerer werden. Für diese These sprächen auch Beobachtungen aus dem eigenen Arktis-Tiefseeoberservatorium in der Framstraße. Dort wurden in Proben vom Meeresboden schon hohe Konzentrationen der winzigen Mikrokunststoffteilchen nachgewiesen.
/wissen/klima/mikroplastik-arktis-101.html
2018-04-01
XXXLutz schluckt Möbelkette Poco
Einigung vor Gericht
Einigung im langjährigen Streit zwischen Möbelhändler XXXLutz und dem Steinhoff-Konzern um die Mehrheit an der Einrichtungskette Poco. Der Österreicher kauft Steinhoff die zweite Hälfte von Poco ab. mehr
Einigung im langjährigen Streit zwischen Möbelhändler XXXLutz und dem Steinhoff-Konzern um die Mehrheit an der Einrichtungskette Poco. Der Österreicher kauft Steinhoff die zweite Hälfte von Poco ab. Der österreichische Möbelhändler XXXLutz übernimmt vom Handelskonzern Steinhoff die deutsche Möbelkette Poco. Die XXXLutz-Gruppe habe sich mit dem deutsch-südafrikanischen Unternehmen Steinhoff entsprechend geeinigt, teilte die Firma im österreichischen Wels mit. Es gehe um 123 Einrichtungshäuser mit fast 8000 Mitarbeitern mit einem Gesamtumsatz von 1,6 Milliarden Euro. Poco werde weiter als eigenständiger Bereich innerhalb der XXXLutz-Gruppe mit eigenem Management geführt. Die Zentrale bleibe im nordrhein-westfälischen Bergkamen. Bilanzskandal und Kursverfall Der Handelskonzern Steinhoff ist in einen Bilanzskandal verwickelt. In verschiedenen Ländern wird gegen den Konzern ermittelt. Binnen eines Jahres wurden durch den nachfolgenden Kursverfall mehr als 90 Prozent des Börsenwertes vernichtet. Seitdem kämpft das Unternehmen um Schadensbegrenzung. Anfang April gestand Steinhoff ein, dass europäische Immobilien des Konzerns deutlich weniger wert sind als angenommen. Statt der von Steinhoff veranschlagten 2,2 Milliarden Euro sei das Portfolio von einem Immobilien-Experten mit nur 1,1 Milliarden Euro bewertet worden. Gerichtliche Einigung XXXLutz und Steinhoff waren geschäftlich verbunden, jedoch in Streit geraten. Alle Poco betreffenden Rechtsstreitigkeiten seien nun aber "in gutem Einvernehmen" beigelegt worden, teilte XXXLutz mit. Die Übernahme muss noch von den zuständigen Wettbewerbsbehörden genehmigt werden.
/wirtschaft/poco-moebelkette-101.html
2018-04-01
Neuer Zank um Seehofers "Ankerzentren"
Flüchtlingspolitik
Geht es nach Innenminister Seehofer, könnten schon bald "Ankerzentren" für Flüchtlinge öffnen. Doch dagegen regt sich massiver Widerstand - bei der Gewerkschaft der Polizei. Andrea Müller erklärt, warum. mehr
Geht es nach Innenminister Seehofer, könnten schon bald "Ankerzentren" für Flüchtlinge öffnen. Doch dagegen regt sich massiver Widerstand - bei der Gewerkschaft der Polizei. "Ankerzentren" - damit meint Bundesinnenminister Horst Seehofer Zentren, in denen Ankunft, Entscheidung und Rückführung von Flüchtlingen gebündelt organisiert werden. Über Details ist nichts bekannt. Doch die Gewerkschaft der Polizei hat ihre Position schon festgelegt. "Wir sagen als Gewerkschaft der Polizei - mit uns nicht", sagt Jörg Radek, Bundesvorsitzende der GdP in der Bundespolizei. Er kennt die Transitzentren in Manching und Eichstätt in Bayern - die Vorbilder für Seehofers Projekt. Seit er dort war, spricht Radek von "Lagern". Es gehe um Kasernierung über Monate, vielleicht sogar Jahre anstatt um Integration. Das sei gesellschaftspolitisch falsch, sagt der Bundespolizist. Er ist sicher: Es sei nicht Job der Bundespolizei, da die Verantwortung zu übernehmen. "Bundespolizei kann Kernaufgabe nicht nachkommen" Die Bundespolizei solle die Grenzen sichern - und wenn es dafür genug Personal gäbe, wären die "Ankerzentren" überflüssig, argumentiert Radek: "Die Bundespolizei - insbesondere an der österreichischen Grenze - nimmt keine Zurückweisungen vor. Für uns ist es daher paradox, auf der einen Seite die Kernaufgabe der Bundespolizei, den Grenzschutz, nicht durchführen zu können, und auf der anderen Seite wird von der Politik verlangt, dass wir möglicherweise diese Lager einrichten und betreiben sollen."   Noch ist völlig offen, was Seehofer konkret plant. Dass die Bundespolizei dabei eine Rolle spielt, hatte Innenstaatssekretär Stephan Mayer in einem Zeitungsinterview angekündigt. Denkbar ist aber auch, dass das Konzept zunächst ohne Gesetzesänderungen in Pilotzentren getestet wird. Das hatte Seehofer Anfang des Monats angedeutet. Denn: "Wenn wir erst die Rechtsänderungen durchführen und dann die 'Ankerzentren' einrichten, wird das ein 'Sankt- Nimmerleinsprozess'", so Seehofer damals. Details kommen später Ende Mai, Anfang Juni soll es Details geben, versichert Seehofers Sprecher Harald Neymanns. Bis dahin halten sich Unionsabgeordnete noch bedeckt, wie der Innenexperte Mathias Middelberg: "Wir sehen das ganz entspannt, weil es gar nicht geplant ist, die Bundespolizei in irgendeiner intensiveren Form einzubinden. Da sind überhaupt keine rechtlichen Änderungen geplant." Abwarten scheint auch die Devise bei der SPD. Seehofer hatte ihr die "Ankerzentren" in den Koalitionsverhandlungen abgerungen. Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider gibt sich wenig begeistert, aber vertragstreu: "Der Bundesinnenminister ist jetzt in der Pflicht, einen Vorschlag zu machen, wie er den Koalitionsvertrag umsetzen will - und dann werden wir uns dazu verhalten." Die Gewerkschaft der Polizei will trotz der klaren Absage mit der Politik ins Gespräch kommen. Die Grünen hat sie schon auf ihrer Seite. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnet die "Ankerzentren" als ideologisches Prestigeprojekt der CSU.
/inland/ankerzentren-101.html
2018-04-01
Der Traum vom "geordneten Haus"
Euroschau zur EZB
Die EZB steht vor dem personellen Wechsel - als Erster räumt Vize-Präsident Constâncio seinen Posten. Doch beim Kurswechsel von Krisen-Feuerwehr zurück zum Stabilitätsgarant stockt es. Von Klaus-Rainer Jackisch.
Die EZB steht vor dem personellen Wechsel - als Erster räumt Vize-Präsident Constâncio seinen Posten. Doch beim Kurswechsel von Krisen-Feuerwehr zurück zum Stabilitätsgarant stockt es. Er ist der Mann im Schatten von EZB-Präsident Mario Draghi. Während der Pressekonferenzen sitzt er immer zu seiner Rechten. Zu seinem Amt gehört mehr Geduld als Eitelkeit, denn er darf nur etwas sagen, wenn Draghi ihm das Wort erteilt. Dafür weiß man genau, was er denkt. Kaum jemand drückt mit seinem Gesichtsausdruck so klar aus, was in seinem Kopf vorgeht: Vítor Constâncio ist der stellvertretende Präsident der Europäischen Zentralbank. Oft unterschätzt, ist der 74-jährige Portugiese einer der erfahrensten und intelligentesten Notenbanker der EZB. Nur wenige waren wie er quasi von Anfang an mit dabei. Und kaum jemand kann Geldpolitik so wunderbar klar, plastisch und verständlich erklären wie der studierte Ökonom und langjährige Professor an verschiedenen Hochschulen in Lissabon. Abschied nach acht Jahren als Vize Constâncio, viele Jahre einflussreicher Politiker der portugiesischen Sozialdemokraten, Finanzminister und langjähriger Zentralbankchef in seiner Heimat ist ein Urgestein der EZB. Im Zentralbankrat gilt er als geldpolitische Taube, ist aber bereit, seinem Land auch die Leviten zu lesen, wenn es nötig ist. Bekannt und geschätzt ist der zweifache Familienvater für seine Fähigkeit zu Kompromissen. Diese Woche ist seine letzte Pressekonferenz, bei der er rechts im Schatten von Draghi sitzt. Denn Ende Mai endet seine achtjährige Amtszeit als bisher dritter Vizepräsident der EZB - dann übernimmt der frühere spanische Finanzminister Luis de Guindos seinen Posten. Constâncio macht den Auftakt für einen Generationenwechsel in der EZB: Kommenden Sommer endet die Amtszeit von Chefvolkswirt Peter Praet. Der Belgier gilt als einer der Architekten der außerordentlichen Maßnahmen der Zentralbank als Folge der Eurokrise. Im Herbst 2019 verlässt dann auch der EZB-Präsident selbst den Euro-Tower: Ende Oktober endet die Amtszeit von Draghi. Das hehre Ziel eines "geordneten Hauses" Großes Ziel der drei war und ist es, ihren Nachfolgern mit dem Stabwechsel auch ein "geordnetes Haus" zu hinterlassen: Eine Notenbank, in der nicht Krise und Notmaßnahmen den Takt angeben, sondern eine Notenbank, in die wieder Normalität eingekehrt ist. Ob das allen dreien vergönnt sein wird, ist allerdings mehr als fraglich. Denn von Normalität in der Geldpolitik ist die EZB immer noch weit entfernt - und ob diese Normalität jemals kommt, ist unklarer denn je. Am Ende steht möglicherweise die Einsicht, dass man sich verrannt hat: Verrannt in das vorgegebene Ziel, eine Inflationsrate von unter, aber nahe an zwei Prozent zu erreichen. Immer wieder betonen die drei, dass die EZB mit ihren Maßnahmen noch nicht da ist, wo man hin will. Wenn nicht jetzt, wann dann? Tatsächlich beträgt die Inflationsrate im Euroraum derzeit nur 1,4 Prozent. Aber das Ziel ist in Zeiten von Globalisierung und wirtschaftlicher Transparenz realistisch kaum noch erreichbar. Und: Wenn die Zwei-Prozent-Marke bislang nicht erreicht wurde, obwohl die Wirtschaft rund um den Globus brummt und Europas Konjunktur wieder deutlich angezogen hat - wann denn dann? Viel besser dürfte das Wirtschaftswachstum kaum noch ausfallen. Zwar sind die Konjunkturprognosen der führenden Forschungsinstitute und Institutionen für die nächsten Monate weiterhin positiv. Doch alle Experten machen auch deutlich: Das Ende der Fahnenstange ist langsam erreicht, die Luft nach oben wird dünner. Und die jüngsten Konjunkturdaten sind alles andere als berauschend. Der weiterhin nicht gelöste Handelskonflikt mit den USA, deutlich anziehende Ölpreise, politische Unsicherheiten rund um den Iran, ein unberechenbarer US-Präsident, ein nicht gelöster Konflikt um Nordkorea und eine Europäische Wirtschafts- und Währungsunion, die nur mit Klebeband zusammengehalten wird - all das sind nicht gerade Umstände, die das Wirtschaftsumfeld auf Dauer weiter verbessern. Die EZB muss daher jetzt handeln, wenn sie ihre Erfolge, die sie mit umstrittenen Mitteln erreicht hat, sichern will. Sie muss endlich das Anleihekaufprogramm stoppen, die Strafzinsen für Banken beenden und eine Perspektive bieten, wann die Leitzinsen wieder steigen. Denn wenn sie zu lange wartet und die Konjunktur wieder abflaut, wird sie noch mehr Probleme haben, die geldpolitische Wende zur Normalität einzuleiten: Wer will schon in einen wirtschaftlichen Abschwung hinein die Zinsen erhöhen? Rolle als Feuerwehr erfüllt Die EZB hat das erreicht, was ihr unter den widrigen Umständen möglich war. Sie hat ihr Mandat gedehnt und überschritten, auch weil die Politik sie in die Rolle der Feuerwehr gedrängt hat. Doch jetzt muss Schluss sein. Die EZB muss zurück zur Normalität, solange es noch geht. Wenn sie zu lange wartet, wird sich die Tür wieder schließen und dann bleiben der EZB kaum noch Mittel, um zu reagieren. Im Herzen weiß das auch Vítor Constâncio. Doch als Mann im Schatten des Präsidenten und Anhänger der lockeren Geldpolitik kann er das nicht sagen. So verlässt der erfahrene Notenbanker die EZB zu einem Zeitpunkt, an dem das Werk nicht vollendet ist. Zum Trost kann der Mann, der eigentlich mal Lokführer werden wollte, sich künftig seiner heimlichen Leidenschaft widmen - der Schauspielerei.
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2018-04-01
"Es fängt mit Kleinigkeiten an"
Antisemitismus
Bei Übergriffen auf Juden müsse schnell gehandelt werden, fordert der Antisemitismus-Beauftragte der Jüdischen Gemeinde, Königsberg, im tagesschau24-Interview.
Bei Übergriffen auf Juden müsse schnell gehandelt werden, fordert der Antisemitismus-Beauftragte der Jüdischen Gemeinde, Königsberg, im tagesschau24-Interview. tagesschau24: Außenminister Heiko Maas hat gesagt, wir dürfen niemals zulassen, dass Antisemitismus in Deutschland wieder alltäglich wird. Wie alltäglich ist Antisemitismus in Deutschland im Jahr 2018? Sigmount Königsberg:  Antisemitismus ist eine alltägliche Erfahrung, die wir jüdischen Bürger dieses Landes machen. Ganz oft findet man es in der Schule, es fängt mit Kleinigkeiten an. So wird bestritten, dass Juden zu Deutschland gehören. Einige werden auf Schulhöfen als "du Jude" beschimpft. Tägliche Angriffe sind noch die Ausnahme, aber sie werden häufiger. Aber die Erfahrung ist, Antisemitismus gehört zum Alltag. Meistens ist es sogar so, dass wir es schon fast überhören. "Aus verschiedenen Richtungen Angriffe" tagesschau24: Sie sagen, Antisemitismus hat zugenommen? Königsberg: Unsere Erfahrung ist, dass Antisemitismus in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen zugenommen hat. Es hat zum Beispiel damit zu tun, dass jetzt eine Partei in den Bundestag eingezogen ist, die sich nicht scheut, vom Ende des Schuldkults zu reden. Auf der anderen Seite müssen wir feststellen, dass an den Schulen viele unserer Kinder von muslimischen Kindern angegriffen, angemacht oder angepöbelt werden. Wir haben aus verschiedenen Richtungen Angriffe auf jüdisches Leben in Deutschland. tagesschau24: Der Kippa-Vorfall in Berlin: Es traf einen Araber aus Israel, der noch nie eine Kippa getragen hatte und Erfahrungen sammeln wollte. Warum glauben Sie, hat gerade dieses Ereignis so ein großes Echo hervorgerufen? Königsberg: Dieses Ereignis hat deswegen so ein großes Echo hervorgerufen, weil es von einem Passanten mit dem Handy aufgenommen wurde. Täter nicht in Anonymität verschwinden lassen tagesschau24: Hat das auch damit zu tun, dass es bei diesem Vorfall um Antisemitismus ging, der von Muslimen ausging? Königsberg: Antisemitismus von Muslimen ist ja nicht neu. Aber ich kann es nicht auf die Muslime reduzieren, es geht von mehreren Seiten aus. Das Erschreckendste an dem jüngsten Vorfall war, dass der Platz, auf dem dies geschah, mit Menschen gefüllt war. Eine einzige Frau hat eingegriffen. Antisemiten hätten dann keine Chance, wenn Passanten die Vorfälle mit dem Handy festhalten und diese dann der Jüdischen Gemeinde, der Polizei oder der Informationsstelle Antisemitismus zur Verfügung stellen würden. Dies würde eine Öffentlichkeit herstellen und die Täter abschrecken - wenn dokumentiert ist, dass sie nicht in der Anonymität verschwinden können. tagesschau24: Ein wirksames Mittel gegen Vorurteile wie Antisemitismus ist Bildung - gerade im Spiegel der deutschen Geschichte. Ist diese Aufgabe noch im Bewusstsein der Verantwortlichen in Deutschland oder sehen Sie, dass da mittlerweile viele einen Schlussstrich ziehen möchten? Soziales Handwerk in den Schulen Königsberg: Einen Schlussstrich möchten einige ziehen. Aber es muss weitergehen und es muss noch vertieft werden. Lehrerinnen und Lehrer müssen nicht nur Wissen vermitteln, sondern sie sollten in den Schulen und in den Klassen dafür sorgen, dass niemand diskriminiert wird. In der Lehrerausbildung ist es leider derzeit noch so, dass das soziale Handwerk, eine Klasse zusammenzuhalten, kaum gelehrt wird. Lehrer müssen das Handwerkszeug aber lernen, um Diskriminierungen abzubauen, Konflikte zu erkennen, präventiv zu arbeiten und im Falle von Zwischenfällen intervenieren zu können. Das ist eine große Aufgabe im Bildungsbereich. Von einem Schlussstrich kann also keine Rede sein. tagesschau24: Heute soll in einigen Städten in Deutschland gegen Antisemitismus protestiert werden - durch ein solidarisches Kippa-Tragen. Was halten Sie von dieser Idee? Königsberg: Ich finde, dass dies eine gute Idee ist. Zum einen kommen Menschen zusammen, die sonst mit der Jüdischen Gemeinde wenig zu tun haben. Sich kennenlernen ist ein erster Schritt, um Vorurteile abzubauen. Und es ist ein deutliches Zeichen der Allgemeinbevölkerung, an unserer Seite zu stehen. Das Interview führte Michail Paweletz, tagesschau 24
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